Gewerbesteuergesetz: Kommentar 9783504384890

Zielgerichtet, tiefgehend und ausgewogen erläutert das Werk alle wichtigen Fragen im Gewerbesteuerrecht und den angrenze

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Gewerbesteuergesetz: Kommentar
 9783504384890

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Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann Gewerbesteuergesetz Kommentar

Gewerbesteuergesetz Kommentar herausgegeben von

Michael Wendt Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof in München

Markus Suchanek Steuerberater in Düsseldorf

Dr. Peter Möllmann Rechtsanwalt und Steuerberater in Berlin

Dr. Peter Heinemann Ministerialrat Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf

2019

Bearbeiter Dr. Malte Bergmann, LL.M. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht in Hamburg Prof. Dr. Marc Desens Universität Leipzig Thomas Dieterich, LL.M. Oberverwaltungsrat Landeshauptstadt München ab Mai 2017 Richter, Landgericht Ellwangen Dr. Andreas Erdbrügger Rechtsanwalt und Steuerberater in Berlin Tobias Franke Regierungsrat Fachhochschule für Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen in Nordkirchen Dr. Christian Graw Richter am Finanzgericht Düsseldorf Dr. Peter Heinemann Ministerialrat Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf Dr. Christian Herbst Rechtsanwalt und Steuerberater in Berlin Anja Hesse Steuerberaterin in Düsseldorf Thorsten Kontny Regierungsdirektor Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf Katharina Leister Steueramtsfrau Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf

Dr. Peter Möllmann Rechtsanwalt und Steuerberater in Berlin Dr. Christian Pitzal Rechtsanwalt und Steuerberater in Hamburg Dr. Oliver Rode, LL.M. Richter am Finanzgericht Düsseldorf Gary Rüsch Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität zu Köln Prof. Dr. Joachim Schiffers Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Düsseldorf Dr. Michael Schulze Regierungsoberrat Hessisches Ministerium der Finanzen in Wiesbaden Markus Suchanek Steuerberater in Düsseldorf Dr. Thomas Wagner Steuerberater in Düsseldorf Gabriele Wanninger Oberverwaltungsrätin Landeshauptstadt München Michael Wendt Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof in München

Zitierempfehlung: Autor in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2019, § … Rz. … oder Anh. … Rz. …

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-25081-2 ©2019 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany

Vorwort Wer heute einen neuen Kommentar zum Gewerbesteuergesetz auf den Markt bringt, muss davon überzeugt sein, dass diesem Gesetz noch eine lange Zukunft beschieden sein wird. Die Herausgeber dieses Werks sind zwar keineswegs davon überzeugt, dass es die Gewerbesteuer in ihrer heutigen Form noch lange geben müsste. Sie sind aber Realisten genug, um anzunehmen, dass alle Anläufe, die Gewerbesteuer zu schleifen, auch in den nächsten Jahren scheitern werden. Zu abhängig sind die Kommunen von dieser Steuer und zu unvorhersehbar sind die Wirkungen einer Neuordnung der Kommunalfinanzierung ohne eine Gewerbesteuer traditioneller Art. Auch von der Rechtsprechung gehen derzeit keine Impulse aus, die die Gewerbesteuer in ihren Grundfesten erschüttern und dadurch eine größere Reform anstoßen könnten. Wenn man sich also mit der Gewerbesteuer abfinden muss, wirft ihre derzeitige gesetzliche Ausgestaltung so viele Fragen auf, dass deren Erörterung einen gewichtigen Handkommentar problemlos füllen kann. Herausgeber und Verlag haben sich also entschlossen, die „Blaue Reihe“ der steuerrechtlichen Handkommentare im Verlag Dr. Otto Schmidt KG um einen weiteren Band zum Gewerbesteuergesetz zu ergänzen. Dazu konnten sie namhafte Experten aus allen praktisch und wissenschaftlich mit dem Gewerbesteuerrecht befassten Berufsgruppen gewinnen: Steuerberater und Rechtsanwälte, Beamte aus Landesfinanzverwaltungen, Wissenschaftler, Richter der Finanzgerichtsbarkeit und – besonders hervorzuheben – auch Mitarbeiter kommunaler Steuerverwaltungen. Damit soll eine Brücke zwischen den meist getrennten Welten bei der Verwaltung der Gewerbesteuer auf Ebene der Länder und der Kommunen geschlagen werden. Die hiermit präsentierte Erstauflage dieses Kommentars hat – wie bei Erstauflagen eines gebundenen Kommentars nicht ungewöhnlich – längere Zeit in Anspruch genommen als ursprünglich veranschlagt. Zuletzt waren es Rechtsprechung, Gesetzgeber und Europäische Kommission, die ein weiteres Hinausschieben des Erscheinungstags erforderlich machten – sollten doch die Erläuterungen zur Erfassung von Sanierungsgewinnen als Bestandteil des Gewerbeertrags auf den neuesten Stand gebracht werden, wofür zunächst Klarheit über die Gültigkeit des neuen § 7b GewStG bestehen musste. Nun dürfte diese Klarheit geschaffen sein. Zwar hat die Europäische Kommission nicht die Feststellung getroffen, dass § 3a EStG und § 7b GewStG keine Beihilfen oder aber mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen darstellen, wovon nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen das Inkrafttreten der beiden Normen abhängig gemacht worden ist. Durch einen sog. „comfort-letter“ hat die Kommission aber wissen lassen, dass sie nicht von einem Verstoß gegen das Beihilfenverbot ausgeht. Deshalb wird die das Inkrafttreten von § 3a EStG und § 7b GewStG bislang zurückstellende Regelung voraussichtlich in Kürze aufgehoben werden (BR-Drucks. 372/18 [Beschluss] v. 21.9.2019, S. 37). Dies erschien Herausgebern und Verlag als ausreichender Anlass dafür, den Kommentar nun mit einer vollständigen Kommentierung des § 7b GewStG der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dank für die intensive Erarbeitung der Kommentierungen und die geduldige Mitwirkung in der langen Zeit bis zum Erscheinen des Werks gebührt selbstverständlich den Mitautoren Malte Bergmann, Marc Desens, Thomas Dieterich, Andreas Erdbrügger, Tobias Franke, Christian Graw, Christian Herbst, Anja Hesse, Thorsten Kontny, Katharina Leister, Christian Pitzal, Oliver Rode, Gary Rüsch, Joachim Schiffers, Michael Schulze, Thomas Wagner und Gabriele Wanninger. Zu Dank verpflichtet sind wir aber natürlich auch dem Verlag Dr. Otto Schmidt KG und insbesondere seinen Mitarbeitern Wolfgang Lingemann und Georg Hecl, ohne die das Projekt des neuen Kommentars nicht hätte verwirklicht werden können und die mit großem Engagement und ebenfalls großer Geduld alles unternommen haben, um das jetzige Erscheinen zu ermöglichen. Berlin/Düsseldorf/München, im Oktober 2018

Die Herausgeber

VII

Bearbeiterverzeichnis Dr. Malte Bergmann, LL.M. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Hamburg

§ 8 Nr. 5, § 9 Nr. 2a, 7 und 8

Prof. Dr. Marc Desens Universität Leipzig

§ 7b

Thomas Dieterich, LL.M. Oberverwaltungsrat, Landeshauptstadt München ab Mai 2017 Richter, Landgericht Ellwangen

§§ 4, 16, 29, 30, 34, 35a

Dr. Andreas Erdbrügger Rechtsanwalt und Steuerberater, Berlin

§ 3 Nr. 6, § 8 Nr. 9, § 9 Nr. 5

Tobias Franke Regierungsrat Fachhochschule für Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, Nordkirchen

§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, § 7 Sätze 2 und 3

Dr. Christian Graw Richter am Finanzgericht Düsseldorf

§ 8 Nr. 1 Buchst. a, b und c

Dr. Peter Heinemann Ministerialrat Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

§ 1, § 2 Abs. 4 und 5, § 5

Dr. Christian Herbst Rechtsanwalt und Steuerberater, Berlin

§ 2 Abs. 1 Satz 3, Abs. 6 und 7, § 9 Nr. 3, § 10

Anja Hesse Steuerberaterin, Düsseldorf

§ 3 Nr. 5 und 8, § 10a

Thorsten Kontny Regierungsdirektor Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

§ 2 Abs. 2 Satz 2, § 8 Nr. 4, § 9 Nr. 2b, § 35b

Katharina Leister Steueramtsfrau Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

§§ 7a, 28, 31, 33

Dr. Peter Möllmann Rechtsanwalt und Steuerberater, Berlin

§ 7 Sätze 4 bis 6, § 8 Nr. 10

Dr. Christian Pitzal Rechtsanwalt und Steuerberater, Hamburg

§ 8 Nr. 8 und 12, § 9 Nr. 2, Anhang 1

Dr. Oliver Rode, LL.M. Richter am Finanzgericht Düsseldorf

§ 8 Nr. 1 Buchst. d, e und f

Gary Rüsch Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität zu Köln

§ 3 Nr. 1 bis 3, 7, 9 bis 13, 19 bis 31, § 36

Prof. Dr. Joachim Schiffers Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Düsseldorf

§ 6, § 7 Sätze 1 und 7 bis 9, §§ 18, 19, 20, 21

IX

Bearbeiterverzeichnis

Dr. Michael Schulze Regierungsoberrat Hessisches Ministerium der Finanzen, Wiesbaden

§§ 11, 14, 14a, 14b, 15, Anhang 2

Markus Suchanek Steuerberater, Düsseldorf

§ 10a

Dr. Thomas Wagner Steuerberater, Düsseldorf

§ 2a, § 3 Nr. 14, 15 und 17, § 9 Nr. 1

Gabriele Wanninger Oberverwaltungsrätin Landeshauptstadt München

§§ 31, 33

Michael Wendt Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof, München

Einleitung, § 35c

X

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Bearbeiterverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XV

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abschnitt I Allgemeines §1 §2 § 2a §3

Steuerberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuergegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befreiungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1 [Staatliche Unternehmen mit Monopolcharakter] . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2 [Bestimmte Banken] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3 [Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben] . . . . . . . . . . . . . Nr. 4 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 5 [Realgemeinden] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 6 [Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken] . Nr. 7 [Betriebe der Hochsee- und Küstenfischerei] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 8 [Landwirtschaftliche Nutzungs-, Leistungs-, Verwertungs- und Beratungsgenossenschaften und -vereine] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 9 [Soziale Kassen] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 10 [Vermögensverwaltung für Berufsverbände] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 11 [Öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 12 [Gemeinschaftliche Tierhaltung] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 13 [Private Schulen und andere allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 14 [Land- und forstwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften und -vereine] . Nr. 15 [Vermietungsgenossenschaften und -vereine] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 16 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 17 [Gemeinnützige Siedlungsunternehmen] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 18 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 19 [Pensions-Sicherungs-Verein] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 20 [Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflege- sowie Rehabilitationseinrichtungen] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 21 [Entschädigungs- und Sicherungseinrichtungen für Kreditinstitute, Versicherungen und Wohnungsgenossenschaften] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 22 [Bürgschaftsbanken] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 23 [Unternehmensbeteiligungsgesellschaften] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 24 [Kapitalbeteiligungsgesellschaften] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 25 [Wirtschaftsförderungsgesellschaften] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 26 [Gesamthafenbetriebe] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 23 113 121 127 130 131 131 132 133 143 144 147 149 150 151 152 155 158 160 160 162 162 163 166 168 169 171 173 174 XI

Inhaltsverzeichnis Seite

§4 §5 §6

Nr. 27 [Zusammenschlüsse zum Ausgleich von Versorgungslasten] Nr. 28 [Medizinische Dienste] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 29 [Gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien] . . . Nr. 30 [Auftragsforschung] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 31 [Global Legal Entity Identifier Stiftung] . . . . . . . . . . . . Hebeberechtigte Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besteuerungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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205 273

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287 299 314 342 349 359 375 382 399 400 400 410 419 419 423 424 429 429 433 434 485 498 515 518 539 539 549 549 563 567 569 577 665

Abschnitt II Bemessung der Gewerbesteuer § 7 Gewerbeertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 7a Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft . . . § 7b Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 8 Hinzurechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1 Buchst. a [Schuldentgelte] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1 Buchst. b [Renten und dauernde Lasten] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1 Buchst. c [Stille Gewinnanteile] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1 Buchst. d [Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien] . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1 Buchst. e [Miet- und Pachtzinsen bei Immobilien] . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1 Buchst. f [Konzessions- und Lizenzgebühren] . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1 [Freibetrag] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2, 3 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 4 [KGaA-Gewinnanteile] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 5 [Begünstigte Gewinnanteile nach EStG/KStG] . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 6, 7 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 8 [Mitunternehmer-Verlustanteile] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 9 [Spenden] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 10 [Ausschüttungs-/abführungsbedingte Gewinnminderungen] . . . . . . . . . Nr. 11 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 12 [Ausländische Steuern] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 9 Kürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1 [Grundbesitz] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2 [Mitunternehmer-Gewinnanteile] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2a [Inländische Schachtelerträge] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2b [KGaA-Gewinnanteile] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3 [Ausländische Betriebsstätte] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 4 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 5 [Spenden und Mitgliedsbeiträge] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 6 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 7 [Ausländische Schachtelerträge] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 8 [DBA-Schachtelerträge] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 9 und 10 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 10 Maßgebender Gewerbeertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 10a Gewerbeverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 11 Steuermesszahl und Steuermessbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XII

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Inhaltsverzeichnis Seite

Abschnitt III §§ 12,13 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

684

Abschnitt IV Steuermessbetrag § 14 § 14a § 14b § 15

Festsetzung des Steuermessbetrags Steuererklärungspflicht . . . . . . . Verspätungszuschlag . . . . . . . . . Pauschfestsetzung . . . . . . . . . . .

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685 697 705 713

Abschnitt V Entstehung, Festsetzung und Erhebung der Steuer § 16 Hebesatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 17 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . § 18 Entstehung der Steuer . . . . . . . . . . . § 19 Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . § 20 Abrechnung über die Vorauszahlungen § 21 Entstehung der Vorauszahlungen . . . . §§ 22–27 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . .

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717 727 729 733 743 747 748

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749 765 777 787 801 803 813 816

§ 35a Gewerbesteuer der Reisegewerbebetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

817

Abschnitt VI Zerlegung § 28 § 29 § 30 § 31 § 32 § 33 § 34 § 35

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zerlegungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung . . . . . (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zerlegung in besonderen Fällen . . . . . . . . . . . . Kleinbeträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abschnitt VII Gewerbesteuer der Reisegewerbebetriebe

Abschnitt VIII Änderung des Gewerbesteuermessbescheids von Amts wegen § 35b Änderung des Gewerbesteuermessbescheids von Amts wegen . . . . . . . . . . . . . . . . .

825

XIII

Inhaltsverzeichnis Seite

Abschnitt IX Durchführung § 35c Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

837

Abschnitt X Schlussvorschriften § 36 Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

843

Anhang 1 Gewerbesteuer bei Umwandlungen nach dem UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

847

Anhang 2 Gewerbesteuer bei Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

893

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

941

XIV

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Bergemann/Wingler Blümich Deloitte D/P/M Eisgruber2 Ernst & Young FK-InsO9 Frotscher/Drüen Gehling/Kirchner/Küch/ Preuß/Scheuer/Wüstenhöfer/Zbanyszek Glanegger/Güroff9 Gosch3 Groels Haase/Hruschka2 Haritz/Menner4 H/H/R H/H/Sp Hidien/Pohl/Schnitter15 Jachmann Kayser/Thole9 Kirchhof17 Klein13 Kronawitter K/S/M Lademann2 Landmann/Rohmer Lenski/Steinberg Lippross/Seibel Meyer-Scharenberg/Popp/ Woring2 Mössner/Seeger3 Obermüller/Preithner Petzold4 Reichert4 R/H/N R/H/vL2 Rössler/Troll Schmidt37 Schmitt/Hörtnagl/ Stratz7 Schnitger/Fehrenbacher2

Bergemann/Wingler, Kommentar Gewerbesteuer: GewStG, 2012 Blümich, EStG – KStG – GewStG, Kommentar, 5 Bände, Band 4: GewStG, Loseblatt Deloitte & Touche GmbH, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 2009 Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, Kommentar zum KStG, UmwStG und zu den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften der Anteilseignerbesteuerung, Loseblatt Eisgruber, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2018 Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, Loseblatt Wimmer, Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 9. Aufl. 2018 Frotscher/Drüen, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, Loseblatt Gehling/Kirchner/Küch/Preuß/Scheuer/Wüstenhöfer/Zbanyszek, Steuerrecht I, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer/Besteuerung der Gesellschaften, Gewerbesteuer, 2009 Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2017 Gosch, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2015 Groels, Körperschaft- und Gewerbesteuer, Lehrbuch, 2002 Haase/Hruschka, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2017 Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl. 2015 Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, Loseblatt Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Loseblatt Hidien/Pohl/Schnitter, Gewerbesteuer, Lehrbuch, 15. Aufl. 2014 Jachmann, Gewerbesteuerreform, 2003 Kayser/Thole, Insolvenzordnung, Kommentar, 9. Aufl. 2018 Kirchhof, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 17. Aufl. 2018 Klein, Abgabenordnung, Kommentar, 13. Aufl. 2016 Kronawitter, Gewerbesteuer (GewStG), Kommentar, 2012 Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Loseblatt Lademann, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2016 Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Kommentar, Loseblatt Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, Loseblatt Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, Loseblatt Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, Gewerbesteuer-Kommentar, 2. Aufl. 1996 Mössner/Seeger, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2017 Obermüller/Preithner, Gewerbesteuer, Kommentar, Loseblatt Petzold, Gewerbesteuer, Hand- und Lehrbuch, 4. Aufl. 1991 Reichert, Lehrbuch der Gewerbesteuer, 4. Aufl. 2014 Rödder/Herlinghaus/Neumann, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2015 Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2013 Rössler/Troll, BewG, Kommentar, Loseblatt Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 37. Aufl. 2018 Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 7. Aufl. 2016 Schnitger/Fehrenbacher, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2017 XV

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Spangemacher13 Stöhr/Stange Tipke/Kruse Uhlenbruck14 Waza/Uhländer/Schmittmann11 Widmann/Mayer Wüstenhöfer6 Zenthöfer/Alber16 Zitzelsberger

XVI

Spangemacher, Gewerbesteuer, Lehrbuch, 13. Aufl. 2000 Stöhr/Stange, Reform der Gewerbesteuer, 2003 Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Loseblatt Uhlenbruck, Insolvenzordnung, Kommentar, 14. Aufl. 2015 Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 11. Aufl. 2015 Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, Loseblatt Wüstenhöfer, Gewerbesteuer, Lehrbuch, 6. Aufl. 2005 Zenthöfer/Alber, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, Lehrbuch, 16. Aufl. 2013 Zitzelsberger, Die Grundlagen der Gewerbesteuer. Eine steuergeschichtliche, rechtsvergleichende, steuersystematische und verfassungsrechtliche Untersuchung, 1990

Abkürzungsverzeichnis aA aaO ABl. Abs. Abschn. Abt. abzgl. AdV aE AEAO AEUV aF AfA AG AktG allg. Alt. aM AMBlFin. AmtshilfeRLUmsG

AO AöR AO-StB arg.e. Arge Art. AStG AufbrG Aufl. AufsRSt. ausf. AusfAnw. AusfBest. AusFördG ausländ. AV AVAVG Az.

anderer Ansicht am angeführten Ort Amtsblatt Absatz Abschnitt Abteilung abzüglich Aussetzung der Vollziehung am Ende Anwendungserlass zur Abgabenordnung Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Absetzung für Abnutzung Aktiengesellschaft Aktiengesetz allgemein Alternative anderer Meinung Amtliches Mitteilungsorgan der Verwaltung für Finanzen Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809 Änderungsgesetz Anhang Anmerkung Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000 Abgabenordnung Anstalt des öffentlichen Rechts AO-Steuerberater Argument aus Arbeitsgemeinschaft Artikel Außensteuergesetz Aufbringungsgesetz Auflage Aufsichtsratsteuer ausführlich Ausführungsanweisung Ausführungsbestimmungen Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr ausländisch Anlagevermögen Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Aktenzeichen

BaFin. BAG BAGE Banz. BauGB Ba.-Wü.

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundesanzeiger Baugesetzbuch Baden-Württemberg

ÄndG Anh. Anm. Anti-BEPS-Gesetz I

XVII

Abkürzungsverzeichnis

Bay. BayFMBl. BayLfSt. BayVBl. BB BbauG BC Bdb. BdF Begr. BEPS-UmsG Besch. Beschl. betr. BewDV BewG Bf(in) bf. BFH BFHE BFH/NV BFH/PR BFM BgA BGB BGBl. BGH BGHZ BilMoG BlStA BMF BP BR BRD BR-Drucks. BsGaV Bsp. bspw. BStBl. BT BT-Drucks. Buchst. BV BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE BW bzgl. bzw. XVIII

Bayern Bayerisches Finanzministerialblatt Bayerisches Landesamt für Steuern Bayerische Verwaltungsblätter Betriebs-Berater Bundesbaugesetz Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling Brandenburg Bundesminister der Finanzen Begründung Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000 Bescheid Beschluss betreffend Bewertungs-Durchführungsverordnung Bewertungsgesetz Beschwerdeführer(in) beschwerdeführend Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BFH-Richter kommentieren für die Praxis – Die Kommentierungssammlung zu BFH/NV Bundesfinanzministerium Betrieb gewerblicher Art Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des BGH in Zivilsachen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht Bundesministerium der Finanzen Aus Beruf und Praxis Bundesrat Bundesrepublik Deutschland Bundesrats-Drucksache Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung v. 13.10.2014, BGBl. I 2014, 1603 Beispiel beispielsweise Bundessteuerblatt Bundestag Bundestags-Drucksache Buchstabe Betriebsvermögen Bundesverfassungsgericht Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverfassungsgerichtsgesetz Bundesverwaltungsgericht Sammlung von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Baden-Württemberg bezüglich beziehungsweise

Abkürzungsverzeichnis

DB DBA DDR ders. dgl. DGO DGStZ dh. dies. Diss. DK DM DMBG DMEB DNotZ DÖV DStJG DStPr. DStR DStRE DStRK DStZ DStZ/A DStZ/B DStZ/E DurchfAO Düss. DVO DVR

Der Betrieb Doppelbesteuerungsabkommen Deutsche Demokratische Republik derselbe dergleichen Deutsche Gemeindeordnung Deutsche Gemeinde-Steuerzeitung (bis 1979, ab 1980 ZfK) das heißt dieselbe Dissertation Der Konzern Deutsche Mark D-Markbilanzgesetz DM-Eröffnungsbilanz Deutsche Notar-Zeitschrift Die Öffentliche Verwaltung Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. Deutsche Steuer-Praxis Deutsches Steuerrecht DStR-Entscheidungsdienst Deutsches Steuerrecht kurzgefaßt Deutsche Steuerzeitung Deutsche Steuerzeitung, Ausgabe A (bis 1979) Deutsche Steuerzeitung, Ausgabe B – Eildienst (bis 1979) Deutsche Steuerzeitung – Eildienst (1980 bis 1989, ab 1990 StEd) Durchführungsanordnung (Verwaltungsanordnung) Düsseldorf Durchführungsverordnung Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau

ECLI EFG eG EG EGAO EGBGB EGV EinfG EinfGRealStG EinhWFortschrG Einspr. eK Entsch. ErbSt ErbStG ErgAnw. ErgRichtl. erk. Senat Erl. ESt EStB EStDV EStG EStH EStR

European Case Law Identifier, Europäischer Rechtsprechungs-Identifikator Entscheidungen der Finanzgerichte eingetragene Genossenschaft Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zur Abgabenordnung Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Vertrag zur Gründung der EG Einführungsgesetz Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen Einheitswertforschreibungsgesetz Einspruch eingetragener Kaufmann Entscheidung Erbschaftsteuer Erbschaftsteuergesetz Ergänzungsanweisung Ergänzungsveranlagungsrichtlinien erkennender Senat Erlass Einkommensteuer Der Ertrag-Steuer-Berater Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Hinweise Einkommensteuer-Richtlinien XIX

Abkürzungsverzeichnis

EU EuGH EuGHE

eV evtl. EWG EWIV EZ

Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 9.12.2014, BGBl. I 2014, 3310 Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 8.4.2010, BGBl. I 2010, 386 eingetragener Verein eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Erhebungszeitraum

f. FA, FÄ ff. FG FGO FinArch. FinAusglG FinBeh. FinMin. FinSen. FinVerw. FlaggRG Fn. FR FS FVG

folgende Finanzamt, Finanzämter fortfolgende Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Finanzarchiv Finanzausgleichsgesetz Finanzbehörde Finanzminister/ium Finanzsenator Finanzverwaltung Flaggenrechtsgesetz Fußnote Finanz-Rundschau Festschrift Gesetz über die Finanzverwaltung

G oder Ges. GA GAV GBl. GbR gem. GemV GenG GewArch GewO GewSt GewStAndG GewStDV GewStG gewstl. gewstpfl. GewStPfl. GewStR GewStRG GewStVVO

Gesetz; auch bei zusammengesetzten Abkürzungen Generalanwalt Gewinnabführungsvertrag Gesetzblatt Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Gemeinnützigkeitsverordnung Genossenschaftsgesetz Gewerbe Archiv Gewerbeordnung Gewerbesteuer Gewerbesteueränderungsgesetz Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz gewerbesteuerlich gewerbesteuerpflichtig Gewerbesteuerpflicht Gewerbesteuer-Richtlinien Gewerbesteuerrahmengesetz VO über die Erhebung der Gewerbesteuer in vereinfachter Form v. 31.3.1943 (RGBl. I, 237) Grundgesetz gegebenenfalls gegenüber

EURLUmsG EUUmsG

GG ggf. ggü. XX

Abkürzungsverzeichnis

GHBetrG glA GmbH GmbH & Co. KG GmbHG GmbHR GmbHStB GoB grds. GrESt GrS GrSt GrStG GVBl.

Gesetz über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) v. 3.8.1950, BGBl. I 1950, 352 gleicher Ansicht Gesellschaft mit beschränkter Haftung Kommanditgesellschaft mit GmbH als Komplementärin Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Der GmbH-Steuer-Berater Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung grundsätzlich Grunderwerbsteuer Großer Senat Grundsteuer Grundsteuergesetz Gesetzes- und Verordnungsblatt

HAG Hbg. Hess. HFR HGB hM Hrsg.

Hausarbeitsgesetz Hamburg Hessen, hessisch Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber

idF idR iErg. IFSt iHd. IHKG iHv. INF inkl. inländ. insbes. InsO InvStG iRd. iRv. iS iSd. IStR IStR-LB iSv. iÜ iVm. iZm.

in der Fassung in der Regel im Ergebnis Institut Finanzen und Steuern in Höhe des/der Gesetz über die Industrie- und Handelskammern in Höhe von Die Information über Steuer und Wirtschaft inklusive inländisch insbesondere Insolvenzordnung Investmentsteuergesetz im Rahmen der/des im Rahmen von im Sinne im Sinne des/der Internationales Steuerrecht Internationales Steuerrecht Länderbericht im Sinne von im Übrigen in Verbindung mit im Zusammenhang mit

JbFfSt. jM jPdöR JStErgG JStG jurisPR-SteuerR JW

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht juris – Die Monatszeitschrift juristische Person des öffentlichen Rechts Jahressteuer-Ergänzungsgesetz Jahressteuergesetz juris PraxisReport Steuerrecht Juristische Wochenschrift XXI

Abkürzungsverzeichnis

KAG KapErtrSt KapGes. Kartei KBV KFR KG KGaA KiSt Kj. KomAbgG Komm. KommJur KöR KÖSDI KraftStG KRG krit. Kroatien-AnpG KSt KStDV KStG KStPfl. KStR KStZ KSVG KVStG KWG LAG LFA Lfg. LfSt LizenzboxG Ls. LSt LStDV LStR Ltd. m.a.W. MdI mE MinBlFin. MoMiG Mrd. MStb. MüKo MV mwN

XXII

Kommunalabgabengesetz Kapitalertragsteuer Kapitalgesellschaft Steuerrechtsprechung im Karteiformat von 1919–1944 Kleinbetragsverordnung Kommentierte Finanzrechtsprechung Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kirchensteuer Kalenderjahr Kommunalabgabengesetz Kommentar Kommunaljurist Körperschaft des öffentlichen Rechts Kölner Steuerdialog Kraftfahrzeugsteuergesetz Kontrollratsgesetz kritisch Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266 Körperschaftsteuer Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuerpflicht(iger) Körperschaftsteuer-Richtlinien Kommunale Steuerzeitung Künstlersozialversicherungsgesetz Kapitalverkehrsteuergesetz Kreditwesengesetz Lastenausgleichsgesetz Landesfinanzamt Lieferung Landesamt für Steuern Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen v. 27.6.2017, BGBl. I 2017, 2074 Leitsatz Lohnsteuer Lohnsteuer-Durchführungsverordnung Lohnsteuer-Richtlinien Limited mit anderen Worten Minister des Innern meines Erachtens Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Milliarde Mitteilungsblatt der Steuerberater Münchener Kommentar Mecklenburg-Vorpommern mit weiteren Nachweisen

Abkürzungsverzeichnis

Nds. nF NJW Nr. nrkr. NRW NSt. nv. NVwZ NWB NZB NZI

Niedersachsen, niedersächsisch neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Nummer nicht rechtskräftig Nordrhein-Westfalen Neues Steuerrecht von A-Z nicht veröffentlicht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Wirtschafts-Briefe Nichtzulassungsbeschwerde Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht

oa. oÄ OECD-MK OFD OFH OFPräs. OG og. OHG OT OVG OVGSt.

oben angeführt oder Ähnliches Musterkommentar der OECD Oberfinanzdirektion Oberster Finanzgerichtshof Oberfinanzpräsident Organgesellschaft oben genannt Offene Handelsgesellschaft Organträger Oberverwaltungsgericht Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts in Staats-Steuersachen

p.a. PIStB Präs. PrOVG PrVBl.

per annum Praxis Internationale Steuerberatung Präsident; auch bei zusammengesetzten Abkürzungen Preußisches Oberverwaltungsgericht Reichs- und Preußisches Verwaltungsblatt

R RAO RBewG RdErl. RdF RealSt RegAmtsBl. RegE Rev. RFBl. der RFinBl. RFH RFHE RFM RG RGBl. RGRK RGZ RhPf./Rh.-Pf. rkr. RL RMBl. Rs.

Richtlinie der Gewerbesteuer-Richtlinien Reichsabgabenordnung Reichsbewertungsgesetz Runderlass Recht der Finanzinstrumente Realsteuer Regierungsamtsblatt Regierungsentwurf Revision Amtsblatt der Reichsfinanzverwaltung Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Reichsfinanzministerium Reichsgericht Reichsgesetzblatt Kommentar der Reichsgerichtsräte Sammlung von Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rheinland-Pfalz rechtskräftig Richtlinie Reichsministerialblatt Rechtssache XXIII

Abkürzungsverzeichnis

Rspr. RStBl. RVO RWP-Blattei Rz.

Rechtsprechung Reichssteuerblatt Reichsversicherungsordnung Rechts- und Wirtschaftspraxis Randziffer

s. S. Sa.-Anh. Saarl. Sachs. SäumnZuschl. Schl.-Holst. SchRegO SEStEG

siehe Seite Sachsen-Anhalt Saarland Sachsen Säumniszuschlag Schleswig-Holstein Schiffsregisterordnung Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782 Sozialgesetzbuch Soforthilfeabgabe so genannt Spalte Steuer Steueränderungsgesetz Standortsicherungsgesetz Steueranpassungsgesetz Steuerbereinigungsgesetz Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten Die Steuerberatung Steuerberater-Jahrbuch (mit Jahrgang) Die steuerliche Betriebsprüfung Steuerberater-Woche Steuer-Eildienst (ab 1990, bis 1989 DStZ/E) Steuererlasse in Karteiform Steuerentlastungsgesetz Steuer und Studium Steuer-Euroglättungsgesetz Steuerrecht kurzgefaßt Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 8.4.2010, BGBl. I 2010, 386 Strafgesetzbuch Steuerrecht in Kurzform steuerlich Das Steuer-Lexikon Gesetz zur Neuordnung von Steuern Der Steuerpraktiker Steuerpflicht; Steuerpflichtiger Steuerreformgesetz Steuerrechtsprechung in Karteiform (ab 1944) Anmerkungen zur Steuerrechtsprechung in Karteiform ständige Rechtsprechung Steuersäumnisgesetz Steuersenkungsgesetz Steuern und Bilanzen Steuern und Finanzen

SGB SHA sog. Sp. St StÄndG StandOG StAnpG StBereinG StBerG Stbg. StbJb. StBp. StBW StEd StEK StEntlG SteuerStud StEuglG SteuK StEUVUmsG StGB StK stl. StLex. StNG StP StPfl. StRefG StRK StRK-Anm. st. Rspr. StSäumG StSenkG StuB StuF XXIV

Abkürzungsverzeichnis

StuW StuZBl. StVergAbG StVj StWa. StWK

Steuern und Wirtschaft Steuer- und Zollblatt Steuervergünstigungsabbaugesetz Steuerliche Vierteljahresschrift Steuerwarte Steuer- und Wirtschafts-Kurzpost

Thür.

Thüringen

u. ua. uÄ Überl. Ubg UBGG uE UG UmstG UmwG UmwStE UmwStG UntStFG UntStRefG UntStRFoG UR Urt. USt UStDB UStDV UStG UStR usw. uU UV

und unter anderem und Ähnliches Überleitung Die Unternehmensbesteuerung Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften unseres Erachtens Unternehmensgesellschaft Umstellungsgesetz Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuererlass Umwandlungssteuergesetz Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts Unternehmenssteuerreformgesetz Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform Umsatzsteuer-Rundschau Urteil Umsatzsteuer Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuer-Richtlinien und so weiter unter Umständen Umlaufvermögen

v. VAG

vom Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016, BGBl. I 2016, 1679 Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer Die Versicherungswirtschaft Verwaltungsblatt Verfügung Verwaltungsgericht verdeckte Gewinnausschüttung Verwaltungsgerichtshof vergleiche vom Hundert Vierteljahresschrift für Steuer- und Finanzrecht Verordnung Verspätungszuschlag Vermögensteuer Vermögensteuergesetz vom Tausend

VerfModG VermBG VersW VerwBl. Vfg. VG vGA VGH vgl. vH VJSchrStFR VO VSpZl. VSt VStG vT

XXV

Abkürzungsverzeichnis

VwGO VwZG VZ

Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungszustellungsgesetz Veranlagungszeitraum

WEG WG WGewStG WGG WGGDV WiB WiGBl. Wj. WkwVO WM WoBauFG WoBauG Wpg. WPO WRV WT

Wohnungseigentumsgesetz Wirtschaftsgut Gesetz über die Besteuerung des Wandergewerbes Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes Wirtschaftsrechtliche Beratung Gesetzblatt der Verwaltung des vereinigten Wirtschaftsgebietes Wirtschaftsjahr Verordnung über die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken Wertpapier-Mitteilungen Wohnungsbauförderungsgesetz Wohnungsbaugesetz Die Wirtschaftsprüfung Wirtschaftsprüferordnung Weimarer Reichsverfassung Der Wirtschaftstreuhänder

ZAG zB ZerlG ZfIR ZfK ZfZ Ziff. ZInsO ZKF Zollkodex-AnpG

Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten zum Beispiel Zerlegungsgesetz Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ab 1980, bis 1979 DGStZ) Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern Ziffer Zeitschrift für das gesamte Insolvenz- und Sanierungsrecht Zeitschrift für Kommunalfinanzen Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417 Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil zuzüglich zur Zeit

ZPO ZRP zT zzgl. z.Zt.

XXVI

Einleitung A. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . .

1

I. Vorläufer des heutigen Gewerbesteuergesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Verfassungsrechtliche Grundfragen der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . .

5

1

I. Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . .

5

II. Gewerbesteuergesetz 1936 des Deutschen Reichs als Grundlage des heutigen Rechts . .

II. Gleichheitssatz . . . . . . . . . . . . . . . .

6

2

C. Gewerbesteuer als Real- oder Objektsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

D. Verhältnis der Gewerbesteuer zur Einkommen- und Körperschaftsteuer . . . .

8

E. Reformvorhaben . . . . . . . . . . . . . . .

9

III. Übernahme des Gewerbesteuergesetzes 1936 in das Recht der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

IV. Änderungen des Gewerbesteuerrechts seit dem GewStG 1950 . . . . . . . . . . . . . . .

4

Literatur: Zitzelsberger, Die Grundlagen der Gewerbesteuer. Eine steuergeschichtliche, rechtsvergleichende, steuersystematische und verfassungsrechtliche Untersuchung, Köln 1990; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band II, 2. Aufl., Köln 2003; Schulte, Gewerbesteuer, in Kube/Mellinghoff/Morgenthaler/Palm/Puhl/Seiler (Hrsg.), Leitgedanken des Rechts, FS P. Kirchhof, Heidelberg 2013, 2057; P. Kirchhof, Die Gewerbesteuer – historische Vorgabe und gegenwärtige Aufgabe, in Lüdicke/Mellinghoff/Rödder (Hrsg.), Nationale und internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, FS Gosch, München 2016, 193; Sarrazin in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Einleitung, Rz. 1 ff. (Stand: März 2016).

A. Historische Entwicklung I. Vorläufer des heutigen Gewerbesteuergesetzes Die GewSt hat sich aus mittelalterlichen Gebühren und Abgaben für den Zugang zu Märkten ins- 1 besondere in freien Städten entwickelt. Noch als Gebühr und nicht allgemein geltend war die GewSt ausgestaltet, die in Preußen durch ein Edikt zur Gewerbefreiheit vom 2.11.1810 erhoben wurde. Aus ihr entwickelte sich die preußische GewSt, die im Gefolge der Reform der kommunalen Selbstverwaltung mit Gesetz vom 30.5.1820 eingeführt wurde, allerdings nicht alle Gewerbebetriebe, sondern nur ausgewählte Gewerbearten betraf und auch noch nicht konkret an Ertrag oder Kapital des Betriebs, sondern an Klassenmerkmale und Ortsgröße anknüpfte. Erstmals mit der Miquel’schen Steuerreform wurde die GewSt in Preußen durch Gesetz vom 24.6.1891 zu einer Gewerbeertrag und Gewerbekapital belastenden Steuer umgestaltet, die neben die seinerzeit auch noch die Körperschaften umfassende ESt trat und an die einkommensteuerliche Gewinnermittlung anknüpfte. Zunächst stand die Steuer dem Staat zu, wurde aber ab 1895 den Gemeinden zugewiesen. Zusätzlich durften die Gemeinden auch noch eigene, das Gewerbe belastende Steuern erheben. Andere Länder schlossen sich zum Teil der Entwicklung in Preußen an (Hessen), zum Teil erhoben sie eine staatliche GewSt oder verzichteten noch ganz auf eine GewSt (Sachsen). Mit Überführung der ESt und KSt auf das Reich durch die Erzberger’sche Finanzreform wurde den Ländern die Erhebung gleichartiger Steuern untersagt, insbesondere von Steuern, die an die persönliche Leistungsfähigkeit des StPfl. anknüpften. Die Steuern vom Grundvermögen und vom Gewerbebetrieb wurden zugleich durch das Landessteuergesetz vom 30.3.1920 den Ländern zugewiesen, woraufhin auch in allen Ländern eine Gewerbesteuer erhoben wurde, allerdings weiter nach unterschiedlichen Kriterien.

II. Gewerbesteuergesetz 1936 des Deutschen Reichs als Grundlage des heutigen Rechts Nachdem der Versuch der Vereinheitlichung der Gewerbesteuergesetze durch ein Rahmengesetz des 2 Reichs gescheitert war, entschloss sich das Reich zu einer grundlegenden Realsteuerreform, die zum

Wendt

1

Einleitung Rz. 3 A. Historische Entwicklung Inkrafttreten des GewStG vom 1.12.19361 führte. Ab April 1937 durften die Gemeinden die GewSt nur noch aufgrund dieses Gesetzes erheben. Die Besteuerung knüpfte an den Gewerbeertrag, an das Gewerbekapital und an eine Lohnsumme an. Mit Ausnahme der Belastung des Gewerbekapitals und der Lohnsumme sind die Grundzüge dieses Gesetzes bis heute beibehalten worden. Bis 1943 war Erhebungszeitraum der GewSt der Zeitraum vom 1.4. bis zum 31.3. des Folgejahrs. Ab 1943 wurde auf das Kalenderjahr umgestellt. Diese Änderung hat bis heute Bestand, während viele andere im Jahr 1943 kriegsbedingt durch zwei Verordnungen vorgenommene „Vereinfachungen“ nach dem Untergang des Deutschen Reichs nicht übernommen wurden.

III. Übernahme des Gewerbesteuergesetzes 1936 in das Recht der Bundesrepublik Deutschland 3 Die Bundesländer führten die GewSt ab 1948 nach bisherigem Muster durch Landesgesetze wieder

ein, was später durch Bundesgesetz vom 14.7.19502 bestätigt und in Bundesrecht übernommen wurde. Mit Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts vom 27.12.19513 wurde das GewStG 1936 geändert und als Bundesgesetz eingeführt. Zugleich wurden die Vereinfachungsverordnungen aus dem Jahr 1943 aufgehoben und das Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen vom 1.12.1936 geändert. In seiner neuen Fassung wurde das GewStG anschließend am 30.4.1952 als GewStG 19504 bekannt gemacht. Gleichzeitig erging die Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (GewStDV 1950).5 Durch Art. 9 des Vermögensteuerreformgesetzes vom 17.4.19746 wurde schließlich das Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen vom 1.12.1936 aufgehoben. Damit war der Transformationsprozess des Gewerbesteuerrechts in Bundesrecht abgeschlossen. In der DDR hatte sich ein eigenständiges Gewerbesteuerrecht entwickelt. Zuletzt galt dort ein Gesetz vom 18.9.1970, das nach dem Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 31.8.1990 im sog. Beitrittsgebiet noch bis Ende 1990 in Kraft blieb. Ab dem Erhebungszeitraum 1991 gilt auch dort das GewStG der Bundesrepublik.

IV. Änderungen des Gewerbesteuerrechts seit dem GewStG 1950 4 Seit der Neufassung des Gesetzes als GewStG 1950 machten zahlreiche Änderungsgesetze immer wie-

der Neufassungen des GewStG erforderlich, die bis 1999 jeweils mit der Jahresangabe versehen wurden. Die letzte Neufassung stammt vom 15.10.2002 und wurde als GewStG 20027 bekannt gemacht. Durch Art. 4 Nr. 1 des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16.5.20038 wurde der Jahreszusatz beseitigt; seither trägt das GewStG keinen Jahreszusatz mehr. Mit Art. 5 Nr. 1 desselben Gesetzes wurde auch aus der zuletzt am 15.10.2002 als GewStDV 2002 bekannt gemachten GewStDV9 der Jahreszusatz gestrichen. Allein schon die Auflistung aller Änderungsgesetze und Neufassungen würde den Rahmen dieses Handkommentars sprengen. Das gilt erst recht für eine Darstellung der jeweils vorgenommenen Änderungen. Eine vollständige Übersicht findet sich etwa bei Sarrazin in Lenski/Steinberg.10 Hervorzuheben bleiben lediglich zwei Gesetze, mit denen gewichtige strukturelle Änderungen des GewStG vorgenommen wurden:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

RGBl. I 1936, 976. BGBl. 1950, 324. BGBl. I 1951, 996. BGBl. I 1952, 270. BGBl. I 1952, 279. BGBl. I 1974, 949. BGBl. I 2002, 4167. BGBl. I 2003, 660. BGBl. I 2002, 4180. Einleitung Rz. 8 (Änderungsgesetze) und Rz. 12 (Neufassungen).

2

Wendt

B. Verfassungsrechtliche Grundfragen der Gewerbesteuer

Rz. 6 Einleitung

– Das StÄndG 1979 vom 30.11.19781 enthielt in Art. 2 Nr. 13 die Abschaffung der bis dahin in §§ 23 bis 27 GewStG geregelten Lohnsummensteuer. – Mit dem Gesetz zur Fortsetzung der UntStRef vom 29.10.19972 folgte dann auch die Abschaffung der GewSt auf das Gewerbekapital, indem durch Art. 4 die bisherigen §§ 12 und 13 GewStG aufgehoben und die übrigen Regelungen des GewStG daran angepasst wurden.

B. Verfassungsrechtliche Grundfragen der Gewerbesteuer I. Finanzverfassung Das Gesetzgebungsrecht für die GewSt fällt nach Art. 105 Abs. 2 iVm. Art. 72 Abs. 2 GG in den Bereich 5 der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Von dieser Gesetzgebungshoheit hat der Bund Gebrauch gemacht. Eingeschränkt ist das Gesetzgebungsrecht des Bundes allerdings dadurch, dass Art. 106 Abs. 6 Satz 2 iVm. Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG den Gemeinden das Recht zur Bestimmung des Hebesatzes garantiert. Das Hebesatzrecht folgt grds. bereits aus der Finanzautonomie der Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, wird durch die im Jahr 1994 eingeführte Regelung in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG aber noch verstärkt. Der Schutz geht allerdings nicht so weit, dass die Wahl des Hebesatzes vollkommen freigestellt ist, weshalb der einfache Bundesgesetzgeber einen Mindesthebesatz (§ 16 Abs. 4 GewStG) vorschreiben durfte.3 Die Ertragshoheit für die GewSt liegt bei den Gemeinden, was Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG gewährleistet. Wenn damit zugleich die GewSt selbst verfassungsrechtlich garantiert wäre, könnte die GewSt ohne Verfassungsänderung nicht abgeschafft und durch eine andere wirtschaftskraftbezogene Steuer der Gemeinden ersetzt werden. Art. 106 GG, der lediglich die Verteilung des Aufkommens der Steuern regeln will, kann eine so weitreichende Garantie nach uE zutreffender hM nicht entnommen werden.4 Im Zusammenhang mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer im Jahr 1997 wurde den Gemeinden mit Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG allerdings der Erhalt einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle gesichert. Die Ertragshoheit der Gemeinden (Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG) hatte zunächst zur Disposition der Länder gestanden (Art. 106 Abs. 2 GG aF), wurde aber 1956 verfassungsrechtlich abgesichert. Die Verwaltung der GewSt obliegt nach Art. 108 Abs. 2 GG grds. den Landesfinanzbehörden. Nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG können die Länder jedoch die Verwaltung den Gemeinden ganz oder teilweise übertragen, wovon die Flächenländer jeweils Gebrauch gemacht haben. Dort gilt jeweils eine gespaltene Zuständigkeit für die Verwaltung, indem die Festsetzung des Messbetrags (§ 14 GewStG) und die Zerlegung (§ 28 GewStG) von den Landesfinanzbehörden durchgeführt werden, während Festsetzung und Erhebung der GewSt den Gemeinden obliegen.

II. Gleichheitssatz Dass die GewSt nur Gewerbetreibenden auferlegt wird, verletzt den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 6 GG nach ständiger Rspr. des BVerfG nicht. Zwar ergibt sich nicht bereits aus der finanzverfassungsrechtlichen Billigung der GewSt in ihrer Grundstruktur als neben die ESt und KSt tretende ertragsorientierte Objektsteuer deren Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz.5 Der Gesetzgeber hat aber seinen weiten Spielraum bei der Bestimmung des Steuergegenstands mit der Anknüpfung allein an Gewerbebetriebe nicht überschritten. Seither haben sich die Verhältnisse auch noch nicht in einem solchen Maße verändert, dass die Unterscheidung zwischen Gewerbebetrieben einerseits und Betrieben mit Einkünften aus selbstständiger Arbeit oder Land- und Forstwirtschaft andererseits mittler-

1 2 3 4 5

BGBl. I 1978, 1849. BGBl. I 1997, 2590. BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04, 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141. Vgl. etwa Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2. Aufl. 2003, § 19 Rz. 2.1. BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 = FR 2008, 818 m. Anm. Keß.

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Einleitung Rz. 7 C. Gewerbesteuer als Real- oder Objektsteuer weile als willkürlich anzusehen wäre.1 Hierfür wird ua. noch immer an die ursprüngliche äquivalenztheoretische Rechtfertigung der GewSt angeknüpft, wonach die GewSt einen Ausgleich für die von Industrie, Handel und Handwerk verursachten besonderen Lasten der Gemeinden schaffen soll. Zwar ist das Gewicht dieser Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung gesunken. Eine zusätzliche Rechtfertigung wird aber in den zwischenzeitlich geschaffenen Tarifvorschriften des EStG gesehen, die zu einer erheblichen Milderung der Doppelbelastung mit GewSt und ESt bis hin sogar zu deren vollständiger Beseitigung führen (heute § 35 EStG). Das Leistungsfähigkeitsprinzip, insbesondere in seiner Ausprägung als objektives Nettoprinzip, wird von der GewSt besonders durch die Vorschriften über die Hinzurechnung (§ 8 GewStG) tangiert, die iErg. bestimmte Betriebsausgaben bei der Bemessungsgrundlage der GewSt unberücksichtigt lassen. Nach Auffassung des FG Hamburg in einem Vorlagebeschluss an das BVerfG2 ist die GewSt als heute alleinige Gewerbeertragsteuer wie die ESt am Leistungsfähigkeitsprinzip zu messen. Abzustellen sei dabei auf die Ist-Leistungsfähigkeit, die durch Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG verletzt werde. Dies könne weder mit dem Objektsteuercharakter, dem Äquivalenzprinzip noch mit der Finanzierungsneutralität der GewSt gerechtfertigt werden. Das BVerfG ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Nach seiner Auffassung ist die GewSt als ertragsorientierte Objektsteuer nicht an der Ist-Leistungsfähigkeit zu messen.3 Das Objektsteuerprinzip ist vom BFH auch in Bezug auf den eingeschränkten Verlustausgleich nach § 10a GewStG als Rechtfertigungsgrund herangezogen worden.4

C. Gewerbesteuer als Real- oder Objektsteuer 7 Historisch überkommen wurde zwischen Personen- und Realsteuern unterschieden, wobei die Vor-

stellung herrschte, die Realsteuer belaste eine Sache im Sinne einer Reallast. Dies betraf insbesondere den Grund und Boden, aber auch den Betrieb. GrSt und GewSt wurden deshalb als Realsteuern bezeichnet. In ihrer neuzeitlichen Ausprägung sollen aber sowohl GrSt als auch GewSt den Ertrag aus Grund und Boden bzw. Betrieb belasten, zumindest in Gestalt eines Sollertrags. Die StPfl. ist zudem nicht unmittelbar mit dem Besteuerungsobjekt verbunden, sondern trifft den Eigentümer bzw. Unternehmer. Der Begriff Realsteuer wird deshalb heute als Synonym für Objektsteuer verstanden. Als Gesetzesbegriff umfasst er nur die GrSt und die GewSt (§ 3 Abs. 2 AO). Der Objektsteuercharakter der GewSt ist nicht ausdrücklich gesetzlich definiert. Er zeigt sich an verschiedenen Einzelregelungen, etwa bei der Bestimmung des Betriebs als Steuergegenstand in § 2 Abs. 1 GewStG und den Normen zur Bemessung eines von der Person des Unternehmers und seiner Finanzkraft unabhängigen Gewerbeertrags. Allerdings lassen weder die ausdrücklichen Regelungen des Gesetzes noch die Auslegung des Gesetzes durch die Rspr. ein systemtragendes Konzept einer Objektsteuer erkennen. Eine Entobjektivierung ergibt sich bspw. aus dem von der Rspr. entwickelten Erfordernis der Unternehmeridentität für den Verlustausgleich nach § 10a GewStG oder aus der Anknüpfung des vom BVerfG als verfassungskonform beurteilten5 § 7 Satz 2 GewStG an die Rechtsnatur des Gesellschafters einer Personengesellschaft für die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen.

D. Verhältnis der Gewerbesteuer zur Einkommen- und Körperschaftsteuer 8 Die GewSt tritt als Objektsteuer neben die ESt und KSt als Personensteuern. Da sowohl GewSt als

auch ESt/KSt an den Gewinn als Bemessungsgrundlage anknüpfen, kommt es systembedingt zu einer Belastung des Gewinns mit beiden Steuern. Als Betriebssteuer mindert die GewSt zwar handelsrecht-

1 BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 = FR 2008, 818 m. Anm. Keß; im Grundsatz wohl für die Folgezeit bestätigt durch BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, BStBl. II 2016, 557. 2 FG Hbg. v. 29.2.2012 – 1 K 138/10, EFG 2012, 960. 3 BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, BStBl. II 2016, 557, insoweit unter Hinweis auf BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser. 4 BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132. 5 BVerfG v. 14.4.2018 – 1 BvR 1236/11.

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E. Reformvorhaben

Rz. 9 Einleitung

lich den Gewinn. Durch § 4 Abs. 5b EStG wird jedoch der stl. Abzug der GewSt als Betriebsausgabe (für nach dem 31.12.2007 endende EZ) verhindert. Auf die ESt wird die GewSt jedoch pauschaliert nach § 35 EStG angerechnet, sodass im Idealfall eine Doppelbelastung vollständig verhindert wird. Dazu kann es aber nur bei Hebesätzen bis zu ca. 380 % kommen (bei Einbeziehung des Solidaritätszuschlags 400 %). Bei Personengesellschaften kann die volle Anrechnung außerdem an der fehlenden Abgestimmheit der einkommensteuerlichen Gewinnzurechnung und der Aufteilung des nach § 35 EStG anzurechnenden Betrags scheitern. Im Anwendungsbereich des KStG kommt es zu einer ungemilderten Doppelbelastung, die vom Gesetzgeber beabsichtigt ist und bei der Festlegung der Steuersätze berücksichtigt wurde. Bei identischer Bemessungsgrundlage (also ohne Kürzungen und Hinzurechnungen) übersteigt die GewSt ab einem Hebesatz von 430 % die KSt. Die Bedeutung der GewSt im Verhältnis zur ESt/KSt lässt sich auch an dem Aufkommen ablesen: Das GewSt-Aufkommen betrug ausweislich der vom BMF veröffentlichten Statistiken im Jahr 2016 geschätzte 41,8 Mrd. Euro im Vergleich zur KSt mit einem Aufkommen von 27,4 Mrd. Euro und zur veranlagten ESt mit einem Aufkommen von 53,8 Mrd. Euro.

E. Reformvorhaben Seit Jahrzehnten haben sich Kommissionen mit Modellen zur Reform der GewSt befasst,1 die immer 9 Ausstrahlung auf das gesamte System der Gemeindefinanzierung haben werden und deshalb nicht isoliert betrachtet werden können. Wenn auch verfassungsrechtlich die Ersetzung der GewSt durch eine andere Gemeindesteuer mit Hebesatzrecht zulässig wäre, sind bisher alle darauf gerichteten Versuche gescheitert. Schon aus Sorge, beim Aufkommen zu den „Verlierern“ der Reform zu gehören, werden Gemeinden solchen Projekten nicht aufgeschlossen gegenüberstehen. Kein Reformmodell würde bezogen auf jede Gemeinde schließlich exakt dieselben Aufkommenswirkungen erzeugen wie die GewSt in ihrer jetzigen Gestalt. Gegen den Widerstand der Gemeinden lässt sich eine grundlegende Reform der Kommunalfinanzierung aber nicht gestalten. Die Aussichten auf einen Systemwechsel sind deshalb gering, jedenfalls so lange, wie das GewSt-Aufkommen nicht infolge sinkender Erträge der Unternehmen dramatisch sinkt. Sinkendes GewSt-Aufkommen kann allerdings auch den Effekt einer ganz anders gearteten „Revitalisierung“ der GewSt haben. Ohne grundlegenden Systemwechsel könnte die GewSt etwa auf Bezieher anderer Gewinneinkünfte erstreckt werden, wie es in Bezug auf Einkünfte aus selbstständiger Arbeit mit einem Gesetzentwurf zur Schaffung einer Gemeindewirtschaftssteuer bereits vorgeschlagen worden ist.2 Auch eine „Verstetigung“ des GewSt-Aufkommens durch weitere Verstärkung ertragsunabhängiger Elemente der Bemessungsgrundlage, wie sie zuletzt im Jahr 2008 stattgefunden hat,3 wäre in einer solchen Situation denkbar, würde aber erneut Verfassungsfragen aufwerfen.

1 Vgl. zu den verschiedenen Reformmodellen näher Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 150 ff. 2 BT-Drucks. 15/1517, 6 ff. 3 Durch das UntStRefG 2008 (BGBl. I 2007, 1912).

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Abschnitt I Allgemeines

§ 1 Steuerberechtigte Die Gemeinden erheben eine Gewerbesteuer als Gemeindesteuer. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . .

1

II. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . .

2

III. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . .

4

IV. 1. 2. 3. 4.

. . . . .

5 5 6 7 8

V. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

9

B. Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinden als Gemeindesteuer . . . . . . .

10

Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . Verhältnis zu §§ 4, 35a GewStG . . . . . . Verhältnis zu § 4 EStG . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu § 35 EStG . . . . . . . . . . . Verhältnis zu § 6 GemeindefinanzreformG

I. Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erhebung der Gewerbesteuer . . . . . . . . 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ertragsberechtigung . . . . . . . . . . . b) Verwaltungskompetenz . . . . . . . . . 2. Steuererhebungspflicht . . . . . . . . . . . 3. Gesetzesbindung der Gemeinden . . . . . . 4. Erhebung im Rahmen des Besteuerungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . b) Ablauf des Besteuerungsverfahrens . . . aa) Gewerbeanmeldung, Steuererklärungspflicht . . . . . . . . . . . . . bb) Messbetragsverfahren . . . . . . . cc) Zuteilungs- und Zerlegungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . .

c)

d) e)

10

. . . . . .

14 14 14 19 22 24

. . .

27 27 28

. .

28 31

.

36

f)

III. 1. 2. 3.

dd) Festsetzungsverfahren . . . . . . . ee) Erhebungsverfahren . . . . . . . . ff) Vollstreckung . . . . . . . . . . . . Billigkeitsmaßnahmen im Gewerbesteuerverfahren . . . . . . . . . . . . . . aa) Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen . . . . . . . (1) Abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags durch die Finanzämter . . . . . . . . . . . (2) Abweichende Steuerfestsetzung durch die Gemeinden . . . . . . . bb) Stundung, Erlass . . . . . . . . . . Niederschlagung . . . . . . . . . . . . . Rechtsschutz des Steuerpflichtigen . . . aa) Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . bb) Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuermessbescheiden . . cc) Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuerbescheiden . . . . . Rechte der Gemeinden im Rahmen des Besteuerungsverfahrens . . . . . . . . . aa) Beteiligung der Gemeinden im Messbetragsverfahren . . . . . . . . bb) Rechtsmittel der Gemeinden . . .

Gewerbesteuer als Gemeindesteuer . . Steuer im Sinne des § 3 Abs. 1 AO . . Gemeindesteuer . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftliche Bedeutung für die Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 39 41 42 42 42 51 52 53 54 54 59 64 65 65 70

. . . . . . . . .

74 74 76

. . .

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Literatur: R. Wendt, Abschaffung und Ersetzung der Gewerbesteuer aus verfassungsrechtlicher und verfassungspolitischer Sicht, BB 1987, 1677; Tipke, Vom Konglomerat herkömmlicher Steuern zum System gerechter Steuern, BB 1994, 437; Seer, Gewerbesteuer im Visier des Verfassungsrechts – Anmerkungen zu dem Vorlagebeschluss des FG Niedersachsen v. 24.6.1998, FR 1998, 1022; Hey, Kommunale Einkommen- und Körperschaftsteuer, StuW 2002, 314; Walz/Süß, Verfassungswidrigkeit der gewerbesteuerlichen Änderungen durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz?, DStR 2003, 1637; Otting, Verfassungsrechtliche Grenzen der Bestimmung des Gewerbesteuerhebesatzes durch Bundesgesetz, DB 2004, 1222; Suck, Das Auskunfts- und Teilnahmerecht der Gemeinden nach § 21 Abs. 3 FVG am Beispiel der Gewerbesteuer, DStZ 2009, 402; Jonas, Gewerbesteuer – eine schlechte Gemeindesteuer, FR 2010, 976; Oestreicher, Die Reform der kommunalen Steuerfinanzierung, FR 2010, 965; Drüen, Kommunale Informationsrechte im staatlichen Besteuerungsverfahren, DÖV 2012, 493; Beuschel, Teilnahmeberechtigung von Gemeindebediensteten an Außenprüfungen der Landesfinanzbehörden auf Grundlage von § 21 Abs. 3 FVG, ZKF 2014, 217; Krumm, Sanierungsgewinne und Gewerbesteuer, DB 2015, 2714; Sistermann/Beutel, Unternehmenssanierungen nach der Grundsatzentscheidung des Großen Senats des BFH, DStR 2017, 1065; Rainers, Sanierungsgewinn – Status Quo aus Sicht der Kommunalverwaltung, ZKF 2018, 25.

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§ 1 Rz. 1 Steuerberechtigte

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand 1 § 1 erklärt die Gemeinden zu Berechtigten der GewSt und legt fest, dass diese die GewSt erheben. Zu-

dem ordnet § 1 die GewSt als eine Gemeindesteuer ein.

II. Bedeutung und Telos 2 Indem § 1 GewStG den Gemeinden die Steuerberechtigung zuweist und die GewSt als Gemeinde-

steuer qualifiziert, erfüllt er das den Gemeinden verfassungsrechtlich garantierte Recht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG, soweit dieser den Gemeinden eine eigene kommunale Steuerquelle zusichert, und normiert einfachgesetzlich die finanzverfassungsrechtlich festgelegte Ertragshoheit der Gemeinden für die GewSt nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG. 3 Das Merkmal „erheben“ bezeichnet darüber den Abschnitt des Besteuerungsverfahrens, der die Einzie-

hung der Steuer betrifft. Indes wird insoweit durch § 1 GewStG die Verwaltungszuständigkeit der Gemeinden nur unzureichend beschrieben. In sämtlichen Flächenländern wurden den Gemeinden Verwaltungskompetenzen für das Gewerbesteuerverfahren übertragen (vgl. Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG). Dort haben die Gemeinden die GewSt nicht nur in dem vorgenannten Sinn zu erheben, sondern sie setzen die GewSt auch fest (s. Rz. 21). Hingegen obliegt in den Stadtstaaten die Einziehung der GewSt den Landesfinanzbehörden und nicht den Gemeinden.

III. Geltungsbereich 4 § 1 GewStG gilt für das Besteuerungsverfahren sämtlicher StPfl., die der GewSt unterliegen.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu §§ 4, 35a GewStG 5 § 1 GewStG legt fest, dass die Gemeinden Berechtigte sind. Zur Bestimmung, welche Gemeinde im

Einzelfall konkret Gläubigerin der GewSt ist, bedarf es des Rückgriffs auf die §§ 4 und 35a GewStG. 2. Verhältnis zu § 4 EStG 6 Die GewSt stellt für den Steuerschuldner eine Betriebsausgabe iSd. § 4 Abs. 4 EStG dar.1 Seit dem VZ

2008 mindert sie jedoch gem. § 4 Abs. 5b EStG nicht mehr den Gewinn. Nach R 5.7 Abs. 1 Satz 2 EStR ist gleichwohl eine GewSt-Rückstellung zu bilden, deren gewinnmindernde Wirkung außerbilanziell zu korrigieren ist. Als Ausgleich für die Einführung des § 4 Abs. 5b EStG hat der Gesetzgeber die Anrechnungsmöglichkeit auf die ESt nach § 35 EStG erhöht, indem er den Anrechnungsfaktor vom 1,8auf das 3,8-Fache des Gewerbesteuermessbetrags heraufgesetzt hat. Zur Vermeidung einer Überkompensation wurde gleichzeitig die Anrechnungsmöglichkeit auf die tatsächlich zu zahlende GewSt beschränkt. In diesem Zusammenhang wurde zudem die Gewerbesteuermesszahl gem. § 11 Abs. 2 GewStG von 5 % auf 3,5 % gesenkt. 3. Verhältnis zu § 35 EStG 7 Die GewSt kann nach Maßgabe des § 35 EStG auf die auf gewerbliche Einkünfte entfallende ESt ange-

rechnet werden. Begünstigt werden hierdurch insbes. Einzelunternehmer, Mitunternehmer oder persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA. Für Körperschaftsteuersubjekte ist keine vergleichbare Re-

1 Loschelder in Schmidt37, § 4 EStG Rz. 618.

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B. Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinden als Gemeindesteuer

Rz. 12 § 1

gelung erforderlich, da § 35 EStG dazu dient, typisierend die Unternehmenssteuerbelastung von Einkommensteuer- und Körperschaftsteuersubjekten anzugleichen.1 4. Verhältnis zu § 6 GemeindefinanzreformG Aufgrund der nach § 6 GemeindefinanzreformG erhobenen Gewerbesteuerumlage stehen Teile des 8 Gewerbesteueraufkommens dem Bund und den Ländern zu. Die Gewerbesteuerumlage lässt die Ertragsberechtigung der Gemeinden und den Charakter der GewSt als Gemeindesteuer unberührt (s. Rz. 17 und 80).

V. Rechtsentwicklung Seit dem GewStG 19362 wurde die GewSt, die bis dahin den Ländern und deren alleiniger Gesetz- 9 gebung unterlag, nach einem reichseinheitlichen Gesetz erhoben.3 Gemäß § 1 GewStG 1936 waren die Gemeinden berechtigt, eine GewSt als Gemeindesteuer zu erheben. Diese Regelung wurde in § 1 GewStG 1950 übernommen.4 Die heutige Regelung des § 1 GewStG wurde mit dem G zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze v. 23.12.2003 eingeführt.5 Danach sind die Gemeinden seit 2004 zur Erhebung der GewSt verpflichtet (s. Rz. 22).

B. Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinden als Gemeindesteuer I. Gemeinde Gemeinden iSd. § 1 GewStG sind Gebietskörperschaften in ihrer kleinsten Einheit.6 Als Gebietskör- 10 perschaften sind sie juristische Personen des öffentlichen Rechts, die auf ihrem Hoheitsgebiet, dem Gemeindegebiet, Gebietshoheit besitzen. Das Gemeindegebiet umfasst die Gesamtheit der zu einer Gemeinde gehörenden Grundstücke. Zu den Gemeinden iSd. § 1 GewStG gehören sowohl kreisangehörige als auch kreisfreie Gemeinden. Die Stadtstaaten Berlin und Hamburg sind jeweils Gemeinden und Land in einem. Das Land Bremen umfasst die Städte Bremen und Bremerhaven.7 Gemeindebezirke sind Teile einer Gemeinde.8 Sie sind daher selbst nicht zur Erhebung der GewSt 11 berechtigt.9 Gemeindeverbände (zB landesrechtliche Landkreise, Landschaftsverbände, Zweckverbände) sind kei- 12 ne Gemeinden.10 Sie sind kommunale Körperschaften, in denen sich mehrere Gemeinden zusammengeschlossen haben. Sie sind somit nicht berechtigt, eine GewSt zu erheben.11 Die Differenzierung zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden folgt aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG, der für die Gemeindeverbände das Selbstverwaltungsrecht gesondert regelt, mithin zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden differenziert.12

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Wacker in Schmidt37, § 35 EStG Rz. 2. G v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 21. GewStG 1950 in der Fassung v. 30.4.1952, BGBl. I 1952, 270. BGBl. I 2003, 2922. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 25. Art. 143 Abs. 1 Bremische Verfassung. Drüen in Blümich, § 1 GewStG Rz. 20; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 7, jeweils unter Hinweis auf BVerfG v. 31.10.1990 – 2 BvF 3/89, BVerfGE 83, 60. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 7. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 7. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 30. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 30.

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§ 1 Rz. 13 Steuerberechtigte 13

Gemeindefreie Gebiete sind Gebiete, die nicht im Bezirk einer Gemeinde liegen und in denen der Bund oder ein Land sein Hoheitsrecht ausübt. Gemäß § 4 Abs. 2 GewStG wird auch dort die GewSt erhoben (§ 4 GewStG Rz. 12 ff.).

II. Erhebung der Gewerbesteuer 1. Begriff a) Ertragsberechtigung 14

Nach der amtlichen Überschrift zu § 1 GewStG steht die Berechtigung zur Erhebung der GewSt den Gemeinden zu. In der Zusammenschau mit § 4 GewStG bedeutet „Erhebung“ zudem Ausübung des gemeindlichen Gewerbesteuerheberechts und verdeutlicht somit die Ertragsberechtigung der Gemeinden.

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Damit erfüllt die Vorschrift das Recht der Gemeinden aus Art. 28 GG. Dieser gewährt den Gemeinden das Recht zur Selbstverwaltung. Dieses umfasst die Garantie der Finanzhoheit und damit das Recht, eigene Abgaben zu erheben. Namentlich sichert Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG den Gemeinden eine kommunale, wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht zu.

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§ 1 GewStG normiert einfachgesetzlich die verfassungsrechtliche Ertragshoheit für die GewSt nach Art. 106 GG. Die GewSt steht nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG den Gemeinden zu. Bestehen, wie in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin, in einem Land keine Gemeinden, steht das Aufkommen dem Land zu (Art. 106 Abs. 6 Satz 3 GG). Da in den Fällen von Hamburg und Berlin Land und Gemeinde zusammenfallen, steht § 1 GewStG zu Art. 106 Abs. 6 Satz 3 GG nicht im Widerspruch, wenn er die Gemeinden als Steuergläubiger festlegt.

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Gemäß Art. 106 Abs. 6 Satz 4 GG können Bund und Länder durch eine Umlage am Gewerbesteueraufkommen beteiligt werden. Bund und Länder sind seit 1970 gem. § 6 GemeindefinanzreformG v. 8.9.19691 durch eine Umlage am Gewerbesteueraufkommen beteiligt. Die Gewerbesteuerumlage begründet zugunsten von Bund und Ländern keine Ertragshoheit.2 Sie ist eine Finanzierungslast; gem. § 7 GemeindefinanzreformG führen die Gemeinden den Bundes- und Länderanteil an das zuständige FA ab. Die Gewerbesteuerumlage diente zunächst als Ausgleich dafür, dass die Gemeinden an der LSt und der veranlagten ESt beteiligt wurden (s. Art. 106 Abs. 5 GG). Sie wurde erhöht, als die Gemeinden ab 1998 zusätzlich an der USt beteiligt wurden (s. Art. 106 Abs. 5a GG). Seit 1991 hat die Gewerbesteuerumlage zusätzlich die Funktion des föderalen Finanzausgleichs, indem die alten Länder an den Lasten der deutschen Einigung beteiligt wurden. Ab dem Jahr 2020 wird diese Funktion entfallen.3 In Hamburg und Berlin entfällt der länderseitige Anteil. Die Städte Bremen und Bremerhaven führen eine Umlage an die Freie Hansestadt Bremen und den Bund ab.

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Welcher konkreten Gemeinde das Gewerbesteueraufkommen im Einzelfall zusteht, bestimmt sich bei stehenden Gewerbebetrieben nach § 4 GewStG und bei Reisegewerbebetrieben nach § 35a GewStG. Die Ertragsberechtigung beschränkt sich danach grds. auf das jeweilige Gemeindegebiet. Unterhält ein Gewerbebetrieb Betriebsstätten in mehreren Gemeinden, ist eine Zerlegung nach den §§ 28 ff. GewStG durchzuführen. b) Verwaltungskompetenz

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Nach § 1 GewStG erheben die Gemeinden die GewSt. Im Kontext mit § 16 Abs. 1 GewStG und der Überschrift zu Abschnitt V bezeichnet der Begriff „Erhebung“ den Abschnitt des Besteuerungsverfahrens, der die Einziehung der Steuer betrifft. Insoweit beschreibt § 1 GewStG die Verwaltungszuständigkeit der Gemeinden jedoch nur unzureichend. 1 BGBl. I 1969, 1587; zur Kritik s. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 43 und 53 mwN. 2 BVerfG v. 25.1.2005 – 2 BvR 2185/04, BVerfGE 112, 221; R 1.1. Satz 3 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 10. 3 Zu den Einzelheiten Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 50.

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B. Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinden als Gemeindesteuer

Rz. 26 § 1

Gemäß Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG verwalten grundsätzlich die Länderfinanzbehörden die GewSt. 20 In den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen sind die FÄ für das gesamte Besteuerungsverfahren zuständig (s. § 4 GewStG Rz. 20). Mithin sind dort die Gemeinden nicht mit der Erhebung betraut. Gemäß Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG können die Länder die Verwaltung der GewSt auch ganz oder zum 21 Teil auf die Gemeinden übertragen. Hiervon haben sämtliche Flächenländer insoweit Gebrauch gemacht, als die FÄ für das Messbetrags- und das Zerlegungs- bzw. Zuteilungsverfahren zuständig sind, während die Gemeinden die Festsetzung und die Erhebung einschließlich Stundung, Niederschlagung und Erlass der GewSt und der Vorauszahlungen übernommen haben.1 In den Flächenländern geht die Verwaltungszuständigkeit der Gemeinden somit über die in § 1 GewStG beschriebene Erhebung hinaus. 2. Steuererhebungspflicht Gemäß § 1 GewStG erheben die Gemeinden eine GewSt. Sie sind zur Steuererhebung somit nicht 22 nur berechtigt, sondern verpflichtet.2 Diese Verpflichtung besteht seit dem EZ 2004. Bis dahin regelte § 1 GewStG, dass die Gemeinden „berechtigt“ waren, eine GewSt zu erheben. Der Gesetzgeber hat diese Verpflichtung mit einem Mindesthebesatz von 200 % flankiert (§ 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG). Mit der verpflichtenden Erhebung der GewSt verfolgt er das Ziel, inländ. Gewerbesteueroasen zu verhindern. Zudem möchte er Ausfälle bei der Gewerbesteuerumlage vermeiden. Der Mindesthebesatz soll zudem verhindern, dass gravierende regionale Unterschiede bei der Besteuerung entstehen.3 Angesichts dieser Zielsetzung hat das BVerfG die Regelungen zu Recht als verfassungskonform beurteilt.4 Entgegen dem Wortlaut des § 1 GewStG dürfen die Gemeinden nicht irgendeine Gewerbesteuer erhe- 23 ben. Sie besitzen insoweit keine Rechtsetzungskompetenz. Das ergibt sich daraus, dass nach Art. 105 Abs. 2 iVm. Art. 72 Abs. 2 GG die Gesetzgebungskompetenz für das materielle Gewerbesteuerrecht als konkurrierende Gesetzgebung beim Bund liegt, der von seinem Recht durch das GewStG Gebrauch gemacht hat (s. Einleitung Rz. 5). 3. Gesetzesbindung der Gemeinden Die Gemeinden müssen die GewSt nach dem GewStG erheben (s. Rz. 22). Sie sind an die Vorschrif- 24 ten dieses Gesetzes gebunden (s. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG). Steuervereinbarungen, die das Besteuerungsrecht ausdehnen, beschränken oder abändern, sind unwirksam.5 Gemäß Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG kann der Bundesgesetzgeber Verfahrensvorschriften erlassen, die 25 für Länder und Gemeinden bindend sind. Soweit die GewSt von den FÄ verwaltet wird, finden sich Verfahrensvorschriften in der AO und im GewStG. Soweit die Gemeinden die GewSt verwalten, finden sich zusätzlich Verfahrensvorschriften in den jeweiligen Landesgesetzen (vgl. § 1 Abs. 2 AO zur entsprechenden Anwendung bestimmter Abschnitte der AO durch die Gemeinden). Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur GewSt darf die Bundesregierung mit Zustimmung des Bun- 26 desrats erlassen (Art. 108 Abs. 7 GG). Auf Grundlage des Art. 108 Abs. 7 GG erlässt die Bundesregierung die Gewerbesteuerrichtlinien. Die Richtlinien haben normenkonkretisierenden Charakter und binden die Bundes- und Landesfinanzverwaltung sowie die Gemeinden, nicht hingegen StPfl. und Gerichte.6

1 R 1.2 Abs. 1 GewStR 2009. 2 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Einführung einer Gemeindewirtschaftssteuer in BR-Drucks. 561/03, 32. 3 Vgl. BT-Drucks. 15/1517, 19. 4 BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04, 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141; aA Walz/Süß, DStR 2003, 1637; Otting, DB 2004, 1222. 5 BFH v. 5.10.1990 – III R 19/88, BStBl. II 1991, 45; BVerwG v. 18.4.1975 – VII C 15.73, BStBl. II 1975, 679; eine Ausnahme bildet insoweit § 33 Abs. 2 GewStG; Drüen in Blümich, § 1 GewStG Rz. 23. 6 Drüen in Blümich, § 1 GewStG Rz. 8; aA hinsichtlich der Bindung der Gemeinden Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 17.

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§ 1 Rz. 27 Steuerberechtigte 4. Erhebung im Rahmen des Besteuerungsverfahrens a) Vorbemerkung 27

Das Besteuerungsverfahren der GewSt umfasst mehrere, nachfolgend dargestellte Verfahrensabschnitte. In den Flächenländern sind die FÄ zuständig für das Messbetrags- und das Zuteilungs- bzw. Zerlegungsverfahren, während Steuerfestsetzung und -erhebung den Gemeinden obliegen (s. Rz. 21). Insoweit ist das Verfahren dort zweistufig mit jeweils unterschiedlich zuständigen Gebietskörperschaften ausgestaltet. In den Stadtstaaten liegt die Zuständigkeit für das gesamte Besteuerungsverfahren bei den FÄ. b) Ablauf des Besteuerungsverfahrens aa) Gewerbeanmeldung, Steuererklärungspflicht

28

Das Besteuerungsverfahren beginnt regelmäßig mit der Gewerbeanmeldung. Gemäß § 138 Abs. 1 und 3 AO und § 14 GewO hat derjenige, der einen gewerblichen Betrieb oder eine Betriebsstätte eröffnet, dies innerhalb eines Monats auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck der Gemeinde mitzuteilen, in der der Betrieb oder die Betriebsstätte eröffnet wird. Die Gemeinde hat unverzüglich das nach § 22 Abs. 1 AO zuständige FA zu unterrichten.1 Wegen weiter gehender Einzelfragen zur örtlichen Zuständigkeit der FÄ s. R 1.3 GewStR 2009.

29

Wird die Eröffnung, Aufgabe oder Verlegung eines Betriebes oder einer Betriebsstätte nicht ordnungsgemäß angezeigt, kann das FA nach § 328 AO Zwangsmittel anwenden. Die Befugnis der Gemeinden zur Anwendung von Zwangsmitteln bestimmt sich nach landesrechtlichen Vorschriften (arg. e. § 1 Abs. 2 AO).

30

Gemäß § 14a GewStG und § 25 GewStDV hat der StPfl. bei dem FA, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Gewerbebetriebs befindet (§ 22 AO iVm. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO), eine Gewerbesteuererklärung abzugeben. In Zerlegungsfällen ist zusätzlich eine Zerlegungserklärung abzugeben (§ 25 GewStDV, § 28 GewStG). Für Organgesellschaften hat der Organträger als Steuerschuldner eigene Steuererklärungen abzugeben (vgl. § 25 Abs. 1 Nr. 2 GewStDV). bb) Messbetragsverfahren

31

Gegenstand des Messbetragsverfahrens, das stets von den FÄ durchgeführt wird, ist die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage und die Entscheidung über die sachliche und persönliche Steuerpflicht (s. § 184 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO).

32

Besteuerungsgrundlage der GewSt ist der Gewerbeertrag. Dieser ist gem. § 7 GewStG nach den Vorschriften des EStG oder KStG zu ermitteln. Das gewstl. Messbetragsverfahren ist allerdings unabhängig von dem ESt- oder KSt-Verfahren.2 Der dort ermittelte Gewinn ist für die Ermittlung des Gewerbeertrags nicht bindend. Der ESt-/KSt- oder Gewinnfeststellungsbescheid ist auch kein Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuermessbescheid.3 Auch haben Gerichtsurteile in einem ESt- oder KStVerfahren keine Bindungswirkung für die GewSt.4 Zur Bindungswirkung des § 35b GewStG s. § 35b GewStG Rz. 8 ff.

33

Der Messbetrag wird durch einen Gewerbesteuermessbescheid festgesetzt. Dieser ist ein Steuerbescheid iSd. AO (s. § 184 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 155 Abs. 1 AO). Daher hat das FA die Vorschriften der AO – insbes. zu Form, Inhalt, Bestimmtheit sowie Bekanntgabe und Bestandskraft von Steuerbescheiden – zu beachten. Besteht eine gewstl. Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG), setzt das FA den Messbetrag nur gegen den Organträger fest, da für Betriebsstätten kein eigenständiger Messbetrag festgesetzt wird.

1 R 1.9 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. 2 BFH v. 30.7.1964 – IV 403/61 U, BStBl. III 1964, 534; v. 18.4.2012 – X R 34/10, BStBl. II 2012, 647 = FR 2012, 921 m. Anm. Wendt; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 28. 3 BFH v. 5.7.2011 – X B 222/10, BFH/NV 2011, 1843. 4 BFH v. 30.8.2012 – X B 214/11, BFH/NV 2013, 85.

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B. Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinden als Gemeindesteuer

Rz. 40 § 1

Der Gewerbesteuermessbescheid ist Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuerbescheid (§§ 184 34 Abs. 1 Satz 4, 182 AO). In Zerlegungsfällen iSd. §§ 28 ff. GewStG ist der Gewerbesteuermessbescheid Grundlagenbescheid für den Zerlegungsbescheid. Beläuft sich der Messbetrag auf 0 Euro, ergeht ein sog. Freistellungsbescheid. Im Messbetragsverfahren kann zudem ein Verlustfeststellungsbescheid ergehen. Sofern die Festsetzung und Erhebung der GewSt den Gemeinden obliegt, teilt das FA der jeweiligen Gemeinde den Inhalt des Gewerbesteuermessbescheids mit, § 184 Abs. 3 AO. Die FÄ können sich bei der Fertigung des Gewerbesteuermessbescheids der Hilfe der Gemeinden be- 35 dienen. Hierzu übermittelt das FA nach Maßgabe gesetzlicher Vorschriften die Daten des Gewerbesteuermessbescheids der Gemeinde, damit diese den Messbescheid fertigt. Ebenso können sich die FÄ bei der Übersendung der Messbescheide der Hilfe der Gemeinden bedienen.1 Die Einspruchsfrist beginnt im letztgenannten Fall mit der Bekanntgabe der Messbescheide durch die Gemeinde.2 Die Gemeinde hat die fristgerechte Absendung sicherzustellen, damit die Festsetzungsfrist gewahrt wird.3 Soweit ersichtlich, fertigen bislang nur in Nordrhein-Westfalen die Gemeinden die Gewerbesteuermessbescheide für die FÄ und geben diese bekannt.4 Ab dem 1.1.2019 werden auch dort Gewerbesteuermessbescheide ausschließlich von den FÄ bekannt gegeben werden.5 cc) Zuteilungs- und Zerlegungsverfahren Den festgesetzten Messbetrag hat das FA der hebeberechtigten Gemeinde (§ 4 GewStG) zuzuteilen. 36 Ein Streit darüber, wem der Steuermessbetrag in voller Höhe zusteht, entscheidet das FA durch Zuteilungsbescheid (§ 190 AO). Bestehen mehrere hebeberechtigte Gemeinden, ist der Messbetrag mittels Zerlegungsbescheid zu zerlegen (§§ 28 ff. GewStG, §§ 185–190 AO). dd) Festsetzungsverfahren In den Flächenstaaten ist die Festsetzung der GewSt den hebeberechtigten Gemeinden übertragen. In 37 den Stadtstaaten einschließlich Bremen setzen die FÄ die GewSt fest (s. Rz. 27). Im Festsetzungsverfahren werden auch die Gewerbesteuervorauszahlungen festgesetzt (§ 19 Gew- 38 StG). Die Festsetzung erfolgt durch Vorauszahlungsbescheide (§ 155 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 AO). Die Vorauszahlungen sind grds. vierteljährlich zu entrichten (§ 19 Abs. 1 GewStG) und bemessen sich nach der Steuer, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat (§ 19 Abs. 2 GewStG). Gemäß § 20 GewStG werden die Vorauszahlungen auf die Steuerschuld des EZ angerechnet. ee) Erhebungsverfahren Im Erhebungsverfahren zieht die hebeberechtigte Gemeinde bzw. in den Stadtstaaten das FA die GewSt 39 ein, überzahlte Beträge werden erstattet oder mit aktuellen Vorauszahlungen verrechnet. Die Erhebung erfolgt nach den §§ 218 ff. AO. Ist die Erhebung, wie in den Flächenländern, den Gemeinden übertragen, folgt dies aus § 1 Abs. 2 Nr. 5 AO. GewSt-Nachforderungen und GewSt-Erstattungsansprüche werden gem. § 233a AO verzinst. Zins- 40 berechnung, Festsetzung und Erhebung erfolgen durch die Gemeinden (in den Stadtstaaten durch das FA). Das FA teilt die hierfür erforderlichen Daten der Gemeinde mit.6

1 R 1.4 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009; zu der Frage, ob es insoweit einer gesetzlichen Aufgabendelegation bedarf, s. § 14 GewStG Rz. 14. 2 R 1.4 Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009. 3 R 1.4 Abs. 2 Satz 4 GewStR 2009. 4 G über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern v. 16.12.1981, GV.NW.1981, 732. 5 Entwurf eines G zur Aufhebung des G zur Stärkung des Kreistags und zur Änderung kommunalrechtlicher, haushaltsrechtlicher und steuerrechtlicher Vorschriften v. 2.7.2018, Landtag-Drucks. (NRW) 17/2994, 56. 6 R 1.8 GewStR 2009.

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§ 1 Rz. 41 Steuerberechtigte ff) Vollstreckung 41

Ist die Erhebung der GewSt den Gemeinden übertragen, gelten für ein etwaiges Vollstreckungsverfahren nicht die Vorschriften der Abgabenordnung (s. § 1 Abs. 2 AO). Stattdessen gelten für Beitreibung und Niederschlagung die jeweils landesrechtlichen Regelungen.1 c) Billigkeitsmaßnahmen im Gewerbesteuerverfahren aa) Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen (1) Abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags durch die Finanzämter

42

Gemäß § 184 Abs. 2 Satz 1 AO sind die FÄ berechtigt, bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO zu gewähren, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, der obersten Bundesfinanzbehörde oder einer obersten Landesbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind. Die Billigkeitsmaßnahmen können darin bestehen, dass zur Vermeidung unbilliger Härten bei bestimmten Gruppen gleich gelagerter Fälle entweder der Gewerbesteuermessbetrag niedriger festgesetzt wird oder dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, die den Gewerbesteuermessbetrag erhöhen, außer Betracht gelassen werden.2 Der Mitwirkung der hebeberechtigten Gemeinden bedarf es in einem solchen Fall nicht.3

43

Sind Billigkeitsregelungen iSd. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO in BMF-Schreiben auf dem Gebiet der ESt oder KSt enthalten, finden diese Billigkeitsregelungen auch bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags Eingang, soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.4

44

Ist eine allgemeine Verwaltungsvorschrift in dem vorgenannten Sinn nicht ergangen, kann das FA den Steuermessbetrag niedriger festsetzen, wenn die zur Festsetzung und Erhebung der GewSt befugte Gemeinde dieser Maßnahme zugestimmt hat5 oder wenn das FA selbst auch für Festsetzung und Erhebung der GewSt zuständig ist.6

45

Die Besteuerungsfolgen, die aus der Hinzurechnung der Mieten und Pachten für weitervermietete oder -verpachtete Immobilien zum Gewinn aus Gewerbebetrieb gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 idF des UntStRefG 2008 resultieren, entsprechen im Regelfall den gesetzgeberischen Wertungen und rechtfertigen daher grds. keine niedrigere Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und keinen Erlass der GewSt wegen sachlicher Unbilligkeit.7

46

§ 163 Abs. 1 Satz 2 AO ermöglicht es den FÄ, mit Zustimmung des StPfl. einzelne Besteuerungsgrundlagen zeitlich zu verlagern. Soweit sie die Steuer erhöhen, können sie bei der Steuerfestsetzung zu einem späteren Zeitpunkt, und soweit sie die Steuer mindern, schon zu einem früheren Zeitpunkt berücksichtigt werden. Gemäß § 184 Abs. 2 Satz 2 AO wirkt eine solche Maßnahme, soweit sie die gewerblichen Einkünfte iRd. ESt oder KSt beeinflusst, auch für den Gewerbeertrag als Grundlage für den Gewerbesteuermessbetrag.

47

Gemäß § 184 Abs. 3 AO sind die FÄ verpflichtet, die nach § 163 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO getroffenen Billigkeitsmaßnahmen den Gemeinden mitzuteilen. Sie haben Art, Umfang und Zeitraum dieser Maßnahmen sowie ihre Auswirkung auf den festgesetzten Steuermessbetrag anzugeben.8

1 2 3 4 5 6 7 8

Hinsichtlich der Niederschlagung s. R 1.6 Abs. 1 GewStR 2009. R 1.5. Abs. 1 Satz 2 GewStR. R 1.5 Abs. 1 Satz 1 GewStR. H 1.5 Abs. 1 „Billigkeitsregelungen in BMF-Schreiben“ GewStH 2009; zu der Streitfrage, ob für Gewerbesteuerzwecke BMF-Schreiben allg. Verwaltungsvorschriften iSd. § 184 Abs. 2 sind, s. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 81 mwN. BFH v. 9.1.1962 – I 101/60 S, BStBl. III 1962, 238; v. 8.11.1962 – IV 162/62 S, BStBl. III 1963, 143; v. 24.10.1972 – VIII R 32/67, BStBl. II 1973, 233; H 1.5 Abs. 1 GewStH 2009; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 83. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 83. BFH v. 4.6.2014 – I R 21/13, BStBl. II 2015, 293 = FR 2015, 27. R 1.5 Abs. 3 GewStR 2009.

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B. Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinden als Gemeindesteuer

Rz. 50 § 1

Die Befugnis zu Billigkeitsmaßnahmen in Sanierungsfällen nach dem sog. Sanierungserlass des BMF1 48 ist auch nach Änderung des § 184 Abs. 2 Satz 1 AO durch das Zollkodex-AnpG2 nicht auf die FÄ übergegangen. Sie liegt weiterhin bei den Gemeinden, sofern ihnen die Festsetzung und Erhebung der GewSt übertragen wurde.3 Die Gemeinden sind nicht an den Sanierungserlass gebunden.4 Die Zuständigkeit der FÄ für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen aufgrund des Sanierungserlasses kann nicht mit § 184 Abs. 2 Satz 1 AO in der Fassung des Zollkodex-AnpG5 begründet werden. Danach sind die FÄ zwar befugt, Billigkeitsmaßnahmen iSd. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO zu gewähren, soweit hierfür in einer allg. Verwaltungsvorschrift der obersten Bundesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt sind. Der Sanierungserlass des BMF ist zwar eine derartige Verwaltungsvorschrift des BMF, mithin der obersten Bundesfinanzbehörde.6 Er sieht indes keine Maßnahmen iSd. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO vor. In einem ersten Schritt werden zunächst alle vorhandenen Verluste und Verlustvorträge im Steuerfestsetzungsverfahren bis zur Höhe des Sanierungsgewinns mit dem Sanierungsgewinn verrechnet. Ausgleichs- und Verlustverrechnungsbeschränkungen, insbes. die Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG, werden dabei nicht berücksichtigt. Insofern hat ggf. eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO zu erfolgen, da einzelne steuermindernde Besteuerungsgrundlagen zu einem früheren Zeitpunkt berücksichtigt werden, nicht aber eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO. Auch für diese Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO sind die FÄ nicht zuständig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 184 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Verrechnung von Gewerbesteuerverlusten erfolgt nach § 10a GewStG und beeinflusst nicht die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuer vom Einkommen. Gleiches gilt für die übergesetzliche Verlustverrechnung unter Anwendung des § 163 Abs. 1 Satz 2 AO.7 Da § 184 AO lediglich das Festsetzungsverfahren betrifft, kann sich eine Zuständigkeit der FÄ iÜ auch nicht für die im Sanierungserlass ebenfalls vorgesehenen, den Erhebungsbereich betreffenden Stundungs- und Erlassmaßnahmen nach §§ 222 und 227 AO ergeben.8 Mit dem am 8.2.2017 veröffentlichten Beschl. v. 28.11.2016 (GrS 1/15) hat der Große Senat des BFH 49 entschieden, dass der Sanierungserlass des BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.9 Für Altfälle (grds. Schuldenerlass bis einschließlich 8.2.2017 oder verbindliche Auskunft vor dem 8.2.2017) soll der Sanierungserlass nach Auffassung der FinVerw. gleichwohl weiter anwendbar sein. Einzelheiten hat das BMF in seinem Schreiben vom 27.4.2017 geregelt.10 Soweit der BFH entschieden hat, die von der FinVerw. getroffenen Übergangsregelungen seien nicht zulässig,11 wendet die FinVerw. diese Entscheidungen nicht an.12 Als Reaktion auf die Entscheidung des Großen Senats hat der Gesetzgeber Regelungen für die Be- 50 handlung von Sanierungsfällen verabschiedet (§§ 3a, 3c EStG nF, §§ 8, 8c, 8d, 15 KStG nF, § 7b GewStG nF).13 Nach § 7b GewStG nF soll ein Sanierungsertrag von der GewSt freigestellt werden, 1 BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140-8/03, BStBl. I 2003, 240, ergänzt durch BMF v. 22.12.2009 – IV C 6 - S 2140/07/10001-01, BStBl. I 2010, 18. 2 G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417. 3 OFD NRW v. 6.2.2015 – S 2140 - 2010/0018 - St 142, DStR 2015, 1014; aA Krumm, DB 2015, 2714. 4 OVG Sachs. v. 21.10.2013 – 5 A 847/10, juris; VGH Hess. v. 18.7.2012 – 5 A 293/12, juris; OVG Berlin-Bdb. v. 11.2.2008 – 9 S 38/07, juris; offengelassen in: OVG Lüneburg v. 1.4.2011 – 9 M.E. 216/10, NVwZ-RR 2011, 508; Krumm, DB 2015, 2714; Rainer, ZKF 2018, 25. 5 G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417. 6 Zum Streitstand, ob § 184 Abs. 2 Satz 1 AO nF mit Art. 84 Abs. 2, 108 Abs. 7 GG vereinbar ist, s. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 81 mwN. 7 OFD NRW v. 6.2.2015 – S 2140 - 2010/0018 - St 142, DStR 2015, 1014. 8 OFD NRW v. 6.2.2015 – S 2140 - 2010/0018 - St 142, DStR 2015, 1014. 9 BFH v. 28.11.2016 – GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393 = FR 2017, 296. 10 BMF v. 27.4.2017 – IV C 6 - S 2140/13/10003 – DOK 2017/0322100, BStBl. I 2017, 741; hierzu Sistermann/ Beutel, DStR 2017, 1065. 11 BFH v. 23.8.2017 – I R 52/14, BStBl. II 2018, 232; v. 23.8.2017 – X R 38/15, BStBl. II 2018, 236 = FR 2018, 21 m. Anm. Kanzler. 12 BMF v. 29.3.2018 – IV C 6 - S 2140/13/10003 – DOK 2018/0193836, BStBl. I 2018, 588; hiergegen BFH v. 16.4.2018 – X B 13/18, DStR 2018, 1283; v. 8.5.2018 – VIII B 124/17, juris. 13 LizenzboxG v. 27.6.2017, BGBl. I 2017, 2074.

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§ 1 Rz. 51 Steuerberechtigte ohne dass es hierzu einer Billigkeitsmaßnahme der Gemeinden bedarf. Die Neuregelungen stehen jedoch unter dem Vorbehalt, dass die EU-Kommission durch Beschluss feststellt, dass die Regelungen keine staatliche Beihilfe darstellen oder mit dem Binnenmarkt vereinbar sind (Art. 6 Abs. 2 des LizenzboxG v. 27.6.20171). Ein solcher Beschluss liegt bislang nicht vor. (2) Abweichende Steuerfestsetzung durch die Gemeinden 51

Obliegt den Gemeinden die Festsetzung der GewSt, können sie gem. § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO treffen. Zu den nach § 163 AO in Betracht kommenden Maßnahmen s. Rz. 42 und 46. Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO kommen in Betracht, soweit keine allg. Verwaltungsvorschrift iSd. § 184 Abs. 2 Satz 1 AO vorliegt. Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO kann die Gemeinde treffen, soweit diese nicht bereits die Ermittlung der gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuer vom Einkommen beeinflussen (vgl. § 184 Abs. 2 Satz 2 AO). Eine Billigkeitsmaßnahme der Gemeinde nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO iVm. § 163 AO macht es erforderlich, den durch das FA im Gewerbesteuermessbescheid festgesetzten Gewerbeertrag nach Maßgabe der Billigkeitsentscheidung zu korrigieren.2 bb) Stundung, Erlass

52

Sind die Gemeinden für die Erhebung der GewSt zuständig (so in den Flächenländern), entscheiden sie entsprechend der §§ 222 und 227 AO iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 5 AO über Stundung und Erlass.3 In den Stadtstaaten sind die Finanzämter für die Erhebung und damit für die Entscheidung über Stundung und Erlass zuständig.4 Im Rahmen der Prüfung von Stundungs- und Erlassvoraussetzungen sind sachliche und persönliche Billigkeitsgründe zu berücksichtigen.5 Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen kann nicht mit Erfolg damit begründet werden, dass gleichartige Betriebe in benachbarten Gemeinden aufgrund unterschiedlicher Hebesätze der Gemeinden unterschiedlich hoch mit GewSt belastet werden.6 d) Niederschlagung

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Ist der Gemeinde die Erhebung der GewSt übertragen, ist sie auch für die Niederschlagung zuständig. Die Niederschlagung richtet sich nicht nach § 261 AO (arg. e. § 1 Abs. 2 AO), sondern nach landesrechtlichen Vorschriften.7 e) Rechtsschutz des Steuerpflichtigen aa) Rechtsmittel

54

Aus § 1 Abs. 2 AO ergibt sich, dass gegen den Gewerbesteuermessbescheid, einen Verlustfeststellungsbescheid und einen Zerlegungsbescheid sowie einen Zuteilungsbescheid (§ 190 AO) der Einspruch (§ 347 Abs. 1 Nr. 1 AO) statthaft ist, während gegen den Gewerbesteuerbescheid und einen Vorauszahlungsbescheid Widerspruch eingelegt werden kann, sofern die Verwaltung der GewSt der Gemeinde übertragen wurde und soweit das jeweilige Landesrecht den Widerspruch zulässt. Hat in einem Stadtstaat das FA einen Gewerbesteuerbescheid oder einen Vorauszahlungsbescheid erlassen, ist hiergegen der Einspruch statthaft.

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BGBl. I 2017, 2074. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 100 und 102. Vgl. BVerfG v. 8.11.1983 – 1 BvR 479/83, BStBl. II 1984, 249. Wegen weiterer Einzelheiten zur Zuständigkeit der FÄ s. R 1.6 Abs. 2 GewStR 2009 und die Zuständigkeitsregelungen der gleich lautenden Ländererlasse v. 17.12.2015, BStBl. I 2015, 1079. 5 Rüsken in Klein13, § 222 AO Rz. 16. 6 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 106; vgl. auch BVerwG v. 13.2.1976 – VII C 7.74, HFR 1976, 476. 7 R 1.6 Abs. 1 GewStR 2009.

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B. Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinden als Gemeindesteuer

Rz. 62 § 1

Ein Zuteilungsbescheid iSd. § 190 AO oder ein Zerlegungsbescheid gem. § 188 AO beschweren den 55 StPfl. dann nicht, wenn die Gemeinde, die er für berechtigt hält, einen höheren Hebesatz hat als die begünstigte Gemeinde.1 Ebenfalls keine Beschwer liegt vor, wenn in den streitigen Gemeinden die gleichen Hebesätze gelten, da dann die Steuerschuld gleich hoch bleibt.2 In einigen Ländern wurde das Widerspruchsverfahren abgeschafft, wobei es zT für kommunale Steu- 56 ern Ausnahmen gibt, wodurch in Gewerbesteuerangelegenheiten der Widerspruch statthaft ist (zB § 8a Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AGVwGO Sachsen-Anhalt). In einigen Ländern gibt es auch ein fakultatives Widerspruchsverfahren, sodass die StPfl. das Wahlrecht haben, ob sie zunächst Widerspruch einlegen oder unmittelbar Klage erheben (zB Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 AGVwGO Bayern).3 Einwendungen gegen den Gewerbesteuermessbescheid können im Verfahren gegen den Gewerbe- 57 steuerbescheid nicht mit Erfolg vorgebracht werden (§ 351 Abs. 2 AO). Das gilt auch dann, wenn das FA beide Bescheide erlassen hat.4 Bleibt der Einspruch ohne Erfolg, kann der StPfl. Anfechtungsklage vor dem FG erheben. Wird dem 58 Widerspruch nicht abgeholfen oder ist ein Widerspruch nicht erforderlich, kann Anfechtungsklage vor dem VG erhoben werden (§ 40 Abs. 1 VwGO, § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO). bb) Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuermessbescheiden Hat der StPfl. den Gewerbesteuermessbescheid angefochten, ist gem. § 361 Abs. 2 Satz 1 AO das Fi- 59 nanzamt und unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 3 und 4 FGO das FG für die Entscheidung über einen Antrag auf AdV des Gewerbesteuermessbescheids zuständig. Die FÄ haben Anträge auf AdV als Eilsachen zu behandeln.5 Gemäß § 361 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 6 AO ist bei einer durch das FA gewährten AdV des 60 Gewerbesteuermessbescheids auch der Gewerbesteuerbescheid als dessen Folgebescheid von Amts wegen auszusetzen. Entsprechendes gilt gem. § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO für die AdV des Gewerbesteuermessbescheids durch das FG. Daher hat das FA die hebeberechtigte Gemeinde bzw. in Zerlegungsfällen jede der hebeberechtigten Gemeinden von seiner Entscheidung über den Antrag auf AdV des Gewerbesteuermessbescheids zu unterrichten.6 Das FA soll die Gemeinde auch dann unterrichten, wenn es über den Antrag auf AdV nicht in angemessener Frist entscheiden kann.7 Das FA kann über einen Antrag auf AdV des Gewerbesteuermessbescheids auch dann entscheiden, 61 wenn die Gemeinde bereits einen Gewerbesteuerbescheid erlassen hat und dieser rechtskräftig ist. Die Gemeinde ist insoweit an die Entscheidung des FA gebunden.8 Eine Folgeaussetzung kommt gem. § 361 Abs. 3 AO auch im Verhältnis des ESt-/KSt-/Gewinnfest- 62 stellungsbescheids zu einem Gewerbesteuermessbescheid in Betracht, da wegen § 35b GewStG zwischen diesen Bescheiden ein dem Grundlagenbescheid und Folgebescheid vergleichbares Verhältnis besteht.9 Diese Bindung bedeutet allerdings nicht, dass ein angefochtener Gewerbesteuermessbescheid nicht selbstständig ausgesetzt werden kann. Denn § 35b GewStG dient nicht dazu, die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten des StPfl. zu beschränken.10 Aufgrund des mit § 35b GewStG verfolgten Vereinfachungszwecks kommt die Folgeaussetzung auch dann in Betracht, wenn der Gewerbesteuermessbescheid nicht angefochten oder bereits bestandskräftig ist.11 Auch kann der Antrag auf AdV eines Ratschow/Rüsken in Klein13, § 190 AO. Boeker in H/H/Sp, § 188 AO Rz. 8; aA Gosch in Blümich, § 4 AO Rz. 12 – ohne Begründung. S. Landtag-Drucks. (Bayern) 15/7252, 10. BFH v. 10.6.1987 – I R 301/83, BStBl. II 1987, 816 = FR 1987, 536. R 1.7 Abs. 2 GewStR 2009. AEAO zu § 361, Nr. 5.4.3. AEAO zu § 361, Nr. 5.4.1. BFH v. 19.7.1960 – I 126/59 S, BStBl. III 1960, 393; H 1.7 „unanfechtbarer Gewerbesteuerbescheid“ GewStH 2009. 9 St. Rspr.: BFH v. 23.8.1966 – I B 1/66, BStBl. III 1966, 651; v. 21.12.1993 – VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300 = FR 1994, 194. 10 BFH v. 21.12.1993 – VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300 = FR 1994, 194. 11 BFH v. 21.12.1993 – VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300 = FR 1994, 194. 1 2 3 4 5 6 7 8

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§ 1 Rz. 63 Steuerberechtigte Gewerbesteuermessbescheids mit Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines ESt- oder KSt-Bescheids oder eines Feststellungsbescheids begründet werden, dessen Änderung gem. § 35b Abs. 1 GewStG zu einer Änderung des Gewerbesteuermessbescheids führen würde.1 63

Über eine Sicherheitsleistung entscheiden grds. die Gemeinden, soweit sie für die Festsetzung der GewSt zuständig sind.2 Gemäß § 361 Abs. 3 Satz 3 AO kann das Finanzamt jedoch bei der AdV des Gewerbesteuermessbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausschließen. Das kann der Fall sein, wenn der Rechtsbehelf des StPfl. wahrscheinlich Erfolg haben wird, da in einem solchen Fall die Sicherheitsleistung unzumutbar ist.3 cc) Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuerbescheiden

64

Die AdV eines gemeindlichen Gewerbesteuerbescheids richtet sich nach § 80 Abs. 4 (Gemeinde oder Widerspruchsbehörde) und § 80 Abs. 5 Satz 3 (VG) VwGO. f) Rechte der Gemeinden im Rahmen des Besteuerungsverfahrens aa) Beteiligung der Gemeinden im Messbetragsverfahren

65

§ 21 Abs. 3 FVG eröffnet den Gemeinden das Recht, sich über die für die GewSt erheblichen Vorgänge bei dem für das Messbetragsverfahren zuständigen FA zu unterrichten, soweit diesem die Verwaltung der GewSt obliegt. Die Verwaltung kann sich beziehen auf die Messbetragsfestsetzung, die Zerlegung und die Zuteilung der Messbeträge.

66

Akteneinsichts- und Auskunftsrecht. Der Gemeinde steht ein Akteneinsichtsrecht zu und das Recht auf mündliche und schriftliche Auskunft.4 Die FÄ haben in diesem Zusammenhang ggü. den Gemeinden grds. das Steuergeheimnis zu beachten (§ 30 AO).5 Den Gemeinden dürfen mithin nur gewstl. relevante Sachverhalte zugänglich gemacht werden.6 In Zerlegungsfällen steht der Gemeinde das Auskunftsrecht grds. nur zu, wenn ein positiver Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt worden ist. Beträgt der Gewerbesteuermessbetrag 0 Euro, besitzt die Gemeinde kein Rechtsschutzbedürfnis.7

67

Teilnahmerecht an Außenprüfungen.8 Da den Gemeinden die Verwaltung der GewSt hinsichtlich der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags nicht übertragen ist, führen die Landesfinanzbehörden Außenprüfungen durch (s. § 195 Satz 1 AO). Unterhält der Stpfl. in einer Gemeinde eine Betriebsstätte und führt das FA eine Außenprüfung im dortigen Gemeindebezirk durch, hat die betreffende Gemeinde das Recht, durch ihre Bediensteten an der Außenprüfung teilzunehmen.9 Das Teilnahmerecht gem. § 21 Abs. 3 FVG ist eine interne Befugnis im Verhältnis der Gemeinden zur FinVerw.10 Denn das Finanzverwaltungsgesetz regelt als Organisationsgesetz nur die Verhältnisse und Zuständigkeiten der Finanzbehörden untereinander und gewährt der Gemeinde keine nach außen wirkenden Ansprüche gegen den Bürger.11 § 21 Abs. 3 FVG gewährt das Recht zur Anwesenheit eines Bediensteten, der Informations- und Auskunftsrechte ggü. dem Betriebsprüfer besitzt. Ferner hat dieser das Recht auf Äußerung seiner Rechtsauffassung.12 Der Außenprüfer ist nicht verpflichtet, der Auffas-

1 2 3 4 5 6 7 8 9

BFH v. 21.12.1993 – VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300 = FR 1994, 194. H 1.7 „Allgemeines“ GewStH 2009. AEAO zu § 361, Nr. 9.2.4; BFH v. 22.12.1969 – V B 115–116/69, BStBl. II 1970, 127. H 1.2 Abs. 3 GewStH 2009. FinMin. NRW v. 20.6.1996 – S 0403 - 7 - V C 5, FG Berlin v. 12.12.1995 – V 348/95, DB 1996, 1446. Zur Reichweite des § 30 AO Suck, DStZ 2009, 402; krit. Drüen, DÖV 2012, 493. Suck, DStZ 2009, 402. Zum verstärkten Aufbau kommunaler Steuerprüfungsdienste s. Westermann/Beuschel, ZKF 2014, 217. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 2 FVG besteht kein Teilnahmerecht des Gemeindeprüfers, wenn die Prüfung außerhalb des Gemeindebezirks – etwa in einer auswärtigen Geschäftsleitungsbetriebsstätte – stattfindet; R 1.2 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009; FG Köln v. 14.1.2016 – 13 K 1398/13, rkr., EFG 2016, 737; aA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 90; Westermann/Beuschel, ZKF 2014, 217. 10 FinMin. NRW v. 20.6.1996 – S 0403 - 7 - V C 5, FG Berlin v. 12.12.1995 – V 348/95, DB 1996, 1446. 11 BVerwG v. 27.1.1995 – 8 C 30/92, BStBl. II 1995, 522. 12 Drüen, DÖV 2012, 493; Suck, DStZ 2009, 402.

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B. Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinden als Gemeindesteuer

Rz. 73 § 1

sung des Gemeindebediensteten zu folgen.1 Ohne weitere Sachverhaltsermittlungen feststellbare Fehler, auf die der Gemeindebedienstete hinweist, sind allerdings durch die Betriebsprüfung aufzugreifen.2 Der Gemeindebedienstete darf mithin nicht selbst als Prüfer auftreten und weder Prüfungshandlungen noch Ermittlungen gem. § 200 AO vornehmen.3 Da § 21 Abs. 3 FVG keine Außenwirkung entfaltet, darf die Gemeinde ihre Teilnahme nicht durch ei- 68 nen Verwaltungsakt gegenüber dem StPfl. anordnen.4 Ihr Teilnahmeanspruch richtet sich ausschließlich gegen die FinVerw.5 Diese hat der Gemeinde die Teilnahme zu ermöglichen und ihr die damit verbundenen Informationsbefugnisse zu sichern. Das Teilnahmerecht der Gemeinde ist iRd. Prüfungsanordnung des FA entsprechend § 197 AO durch 69 Mitteilung von Namen und Zeit ggü. dem StPfl. zu verwirklichen.6 Hat der StPfl. Einwendungen gegen die Person des Gemeindebediensteten oder gegen die Teilnahme der Gemeinde, muss er dies ggü. dem FA auf dem hierfür vorgesehenen Rechtsweg vorbringen.7 Er muss mithin Einspruch einlegen und ggf. Anfechtungsklage vor dem FG erheben. Hat die Gemeinde eine Teilnahmeanordnung erlassen, ist der Widerspruch statthaft und im Anschluss der Rechtsweg zu den VG eröffnet.8 bb) Rechtsmittel der Gemeinden Die Gemeinden haben im Regelfall nicht das Recht, Gewerbesteuermessbescheide des Finanzamtes 70 anzufechten, da sie nicht unmittelbar in ihren rechtlich geschützten Interessen beschwert, sondern mittelbar wirtschaftlich betroffen sind.9 Nur in Ausnahmefällen kann sich ein Klagerecht der Gemeinde aus § 40 Abs. 3 FGO ergeben, soweit das Land die GewSt gleichzeitig verwaltet und schuldet, und insoweit eine Interessenkollision vorliegt.10 Ein Antrag der Gemeinde auf AdV ist daher idR mangels Rechtsschutzbedürfnisses ebenfalls unzulässig.11 Den Gemeinden steht gegen einen Zerlegungsbescheid der Einspruch zu, wenn sie insoweit als Steu- 71 ergläubiger am Zerlegungsverfahren beteiligt sind (§ 186 Nr. 2 AO).12 Wird dem Einspruch nicht abgeholfen, kann die Gemeinde Klage erheben. Im Zerlegungsverfahren kann nicht geprüft werden, ob eine gewstl. Organschaft zu Recht unberück- 72 sichtigt geblieben ist. Über das Bestehen einer gewstl. Organschaft wird verbindlich im Messbetragsverfahren entschieden. Da in diesem Verfahren der Rechtsschutz der Gemeinden eingeschränkt ist, kann über die Berücksichtigung der Organschaft auch nicht am Zerlegungsverfahren mit dem Argument entschieden werden, dass der Gemeinde andernfalls kein effektiver Rechtsschutz zusteht.13 Dem Schutz des StPfl. in seinem Vertrauen auf die Bestandskraft von Steuerbescheiden und die Rechtssicherheit wird damit Vorrang vor dem Rechtsschutz der Gemeinden eingeräumt.14 Die am Zerlegungsverfahren ebenfalls beteiligten Gemeinden sind im Einspruchsverfahren hinzuzu- 73 ziehen (§ 360 Abs. 3 AO) und im Klageverfahren beizuladen (§ 60 Abs. 3 FGO).15 Sind die Hebesät1 Suck, DStZ 2009, 402; Westermann/Beuschel, ZKF 2014, 217. 2 BVerwG v. 27.1.1995 – 8 C 30/92, BStBl. II 1995, 522; FinMin. NRW v. 20.6.1996 – S 0403 - 7 - V C 5, DB 1996, 1446. 3 BVerwG v. 27.1.1995 – 8 C 30/92, BStBl. II 1995, 522. 4 BVerwG v. 27.1.1995 – 8 C 30/92, BStBl. II 1995, 522; R 1.2 Abs. 3 GewStR 2009; Westermann/Beuschel, ZKF 2014, 217; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 36; aA Bartone in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 21. Aufl. 2015, § 21 FVG Rz. 4. 5 Drüen, DÖV 2012, 493. 6 BVerwG v. 27.1.1995 – 8 C 30/92, BStBl. II 1995, 522. 7 BVerwG v. 27.1.1995 – 8 C 30/92, BStBl. II 1995, 522. 8 Gosch in Gosch, AO/FGO, § 195 AO Rz. 31; wegen weiterer Einzelheiten s. FinMin. NRW v. 20.6.1996 – S 0403 - 7 - V C 5, FG Berlin v. 12.12.1995 – V 348/95, DB 1996, 1446. 9 St. Rspr.: BFH v. 25.5.1962 – I 129/59 S, BStBl. III 1962, 497; v. 30.1.1976 – III R 60/74, BStBl. II 1976, 426. 10 BFH v. 17.10.2000 – I B 6/01, BStBl. II 2002, 91; v. 21.6.2017 – IV B 8/16, BFH/NV 2017, 1323; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 48 mwN. 11 BFH v. 4.10.1996 – I B 54/96, BStBl. II 1997, 136. 12 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 118. 13 FG Münster v. 23.9.1997 – 7 K 3613/92 G, rkr., EFG 1998, 226. 14 BFH v. 9.10.1975 – IV R 114/73, BStBl. II 1976, 123. 15 BFH v. 15.5.1975 – IV R 197/71, BStBl. II 1975, 828.

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§ 1 Rz. 74 Steuerberechtigte ze der beteiligten Gemeinden gleich hoch, ist der StPfl. nicht zwingend beizuladen, da dessen Gewerbesteuerschuld nicht von dem anzuwendenden Zerlegungsmaßstab abhängt.1

III. Gewerbesteuer als Gemeindesteuer 1. Steuer im Sinne des § 3 Abs. 1 AO 74

Die GewSt erfüllt die Voraussetzungen einer Steuer gem. § 3 Abs. 1 AO. Zwar dient die GewSt als pauschalierter Ausgleich für die unmittelbaren und mittelbaren Lasten, die Gewerbebetriebe in den Gemeinden verursachen (Äquivalenzprinzip),2 gleichwohl ist sie damit kein Beitrag. Ein Beitrag wird erbracht für den Erhalt einer besonderen Leistung der Verwaltung (sog. Gegenleistungsabgabe).3 Die GewSt soll indes durch den Gewerbebetrieb entstehende Kosten und Aufwendungen ausgleichen. Mit ihr ist keine Gegenleistung der Gemeinde verbunden.4

75

Nach der Rspr. des BVerfG ist die GewSt als solche verfassungsgemäß.5 Nach der Rspr. des BFH verstößt die GewSt als Ganzes auch nicht gegen Europarecht.6 2. Gemeindesteuer

76

Die GewSt ist eine Gemeindesteuer, da die Ertragshoheit für die GewSt bei den Gemeinden liegt (s. Rz. 14). Der Anspruch der Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 Satz 3, Abs. 2 GG auf eine mit Hebesatzrecht verbundene wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle, die zudem den Vorgaben des Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG genügt, wird derzeit nur durch die GewSt erfüllt. Die GewSt kann daher nicht zulasten der Gemeinden ersatzlos entfallen.7

77

Die GewSt wird durch die Gewerbesteuerumlage nicht zu einer Gemeinschaftssteuer iSd. Art. 106 Abs. 3 Satz 1 GG.8 Denn die Gewerbesteuerumlage begründet zugunsten von Bund und Ländern keine Ertragshoheit.9 Sie ist eine Finanzierungslast. Gem. § 7 GemeindefinanzreformG führen die Gemeinden den Bundes- und Länderanteil an das zuständige FA. Die GewSt steht den Gemeinden nicht nur zu, sie sind auch zu deren Erhebung verpflichtet (Rz. 22).

78

Aus dem Begriff der Gemeindesteuer lässt sich nicht ableiten, dass die GewSt in gemeindefreien Gebieten, also solchen, die nicht im Bezirk einer Gemeinde liegen und dem Hoheitsgebiet des Bundes oder eines Landes unterstehen, nicht erhoben wird. Aus Gründen der Gleichbehandlung ordnet § 4 Abs. 2 GewStG die Erhebung auch in gemeindefreien Gebieten an. 3. Wirtschaftliche Bedeutung für die Gemeinden

79

Die GewSt ist nach der USt, der LSt und der ESt die aufkommensstärkste Steuer in Deutschland. 2016 beliefen sich die Steuereinnahmen aus der GewSt auf 50,097 Mrd. Euro. Das Gewerbesteueraufkommen ist seit der Unternehmenssteuerreform 200810 mit Ausnahme des Jahres 2009 kontinuierlich gestiegen.

1 FG Nürnberg v. 28.10.2010 – 4 K 1962/2008, rkr., EFG 2011, 559. 2 Begr. zum GewStG 1936, RStBl. 1937, 693; BT-Drucks. v. 4.5.1972, IV/3418, 51; zur Kritik Drüen in Blümich, § 1 GewStG Rz. 14 f. mwN. 3 Drüen in Tipke/Kruse, § 3 AO Rz. 19, 25. 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 13. 5 AA Tipke, BB 1994, 437; R. Wendt, BB 1987, 1677; Seer, FR 1998, 1022; Hey, StuW 2002, 314. 6 BFH v. 18.9.2003 – X R 2/00, BStBl. II 2004, 17 = FR 2004, 82 m. Anm. Keß, zur Vereinbarkeit der GewSt mit der Warenverkehrsfreiheit, der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 23; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 146. 7 BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04, 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141; BT-Drucks. 13, 8488, 5. 8 AA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 5. 9 BVerfG v. 25.1.2005 – 2 BvR 2185/04, BVerfGE 112, 216 (221); R 1.1. Satz 3 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 10. 10 G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912.

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B. Erhebung der Gewerbesteuer durch die Gemeinden als Gemeindesteuer

Rz. 82 § 1

Da Bund und Länder über die Gewerbesteuerumlage (Rz. 17, 77) am Aufkommen der GewSt beteiligt 80 werden (Art. 106 Abs. 6 Sätze 4 und 5 GG), mindert sich das Aufkommen der Gemeinden. Die Umlage belief sich im Jahr 2016 auf 7,831 Mrd. Euro, sodass von dem gesamten Gewerbesteueraufkommen iHv. 50,097 Mrd. Euro letztlich 42,266 Mrd. Euro bei den Kommunen verblieben. Die GewSt ist damit eine der wichtigsten Finanzierungsquellen der Gemeinden, die ihnen nach den 81 Vorgaben der Art. 28 Abs. 2 Satz 3, Abs. 2, Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG auch nicht ersatzlos entzogen werden kann. Aufgrund ihres Hebesatzrechts (vgl. Art. 28 Abs. 2 Satz 3, Art. 106 Abs. 2 Satz 3 GG) haben die Gemeinden zudem in den Grenzen des § 16 GewStG die Möglichkeit, das Gewerbesteueraufkommen zu beeinflussen und durch die Bestimmung der Höhe der Gewerbesteuerbelastung der ortsansässigen Unternehmen Standortpolitik zu betreiben.1 Die GewSt ist seit Langem erheblicher Kritik ausgesetzt. Sie gilt aufgrund ihrer ertragsabhängigen 82 Komponenten als volatil. Zudem verteilt sich das Gewerbesteueraufkommen im Bundesgebiet sehr unterschiedlich.2 Auch die Rechtswissenschaft übt seit Jahren zum Teil erhebliche steuersystematische und verfassungsrechtliche Bedenken.3 Gleichwohl hat sich die GewSt bislang in ihren Grundstrukturen als reformresistent erwiesen. Insbesondere der Deutsche Städtetag hält an der GewSt in ihrer derzeitigen Form nach wie vor fest.4

1 2 3 4

Zur Entwicklung der Hebesätze Andrae, IFSt-Schrift Nr. 504. S. hierzu zB Jonas, FR 2010, 976. Zu den Reformvorschlägen s. die Übersicht bei Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 149 ff. Deutscher Städtetag, Die Gewerbesteuer – eine gute Gemeindesteuer, 30.

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§ 2 Steuergegenstand (1) 1Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. 2Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. 3Im Inland betrieben wird ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland oder auf einem in einem inländischen Schiffsregister eingetragenen Kauffahrteischiff eine Betriebsstätte unterhalten wird. (2) 1Als Gewerbebetrieb gilt stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung), Genossenschaften einschließlich Europäischer Genossenschaften sowie der Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit. 2Ist eine Kapitalgesellschaft Organgesellschaft im Sinne der § 14 oder § 17 des Körperschaftsteuergesetzes, so gilt sie als Betriebsstätte des Organträgers. (3) Als Gewerbebetrieb gilt auch die Tätigkeit der sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und der nichtrechtsfähigen Vereine, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (ausgenommen Land- und Forstwirtschaft) unterhalten. (4) Vorübergehende Unterbrechungen im Betrieb eines Gewerbes, die durch die Art des Betriebs veranlasst sind, heben die Steuerpflicht für die Zeit bis zur Wiederaufnahme des Betriebs nicht auf. (5) 1Geht ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über, so gilt der Gewerbebetrieb als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt. 2Der Gewerbebetrieb gilt als durch den anderen Unternehmer neu gegründet, wenn er nicht mit einem bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird. (6) Inländische Betriebsstätten von Unternehmen, deren Geschäftsleitung sich in einem ausländischen Staat befindet, mit dem kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, unterliegen nicht der Gewerbesteuer, wenn und soweit 1. die Einkünfte aus diesen Betriebsstätten im Rahmen der beschränkten Einkommensteuerpflicht steuerfrei sind und 2. der ausländische Staat Unternehmen, deren Geschäftsleitung sich im Inland befindet, eine entsprechende Befreiung von den der Gewerbesteuer ähnlichen oder ihr entsprechenden Steuern gewährt, oder in dem ausländischen Staat keine der Gewerbesteuer ähnlichen oder ihr entsprechenden Steuern bestehen. (7) Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil 1. an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort a) die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden, b) andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder c) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und 2. am Festlandsockel, soweit dort a) dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder

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§ 2 Steuergegenstand b) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und 3. der nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil eines grenzüberschreitenden Gewerbegebiets, das nach den Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als solches bestimmt ist. §§ 1 bis 8 GewStDV § 1 Stehender Gewerbebetrieb Stehender Gewerbebetrieb ist jeder Gewerbebetrieb, der kein Reisegewerbebetrieb im Sinne des § 35a Abs. 2 des Gesetzes ist.

§ 2 Betriebe der öffentlichen Hand (1) 1Unternehmen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind gewerbesteuerpflichtig, wenn sie als stehende Gewerbebetriebe anzusehen sind; für den Umfang des Unternehmens ist § 4 Abs. 6 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden. 2Das gilt auch für Unternehmen, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen. (2) 1Unternehmen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 1 Satz 2 nicht zu den Gewerbebetrieben. 2Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus.

§ 3 (weggefallen) § 4 Aufgabe, Auflösung und Insolvenz (1) Ein Gewerbebetrieb, der aufgegeben oder aufgelöst wird, bleibt Steuergegenstand bis zur Beendigung der Aufgabe oder Abwicklung. (2) Die Gewerbesteuerpflicht wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers nicht berührt.

§ 5 Betriebsstätten auf Schiffen Ein Gewerbebetrieb wird gewerbesteuerlich insoweit nicht im Inland betrieben, als für ihn eine Betriebsstätte auf einem Kauffahrteischiff unterhalten wird, das im sogenannten regelmäßigen Liniendienst ausschließlich zwischen ausländischen Häfen verkehrt, auch wenn es in einem inländischen Schiffsregister eingetragen ist.

§ 6 Binnen- und Küstenschifffahrtsbetriebe Bei Binnen- und Küstenschifffahrtsbetrieben, die feste örtliche Anlagen oder Einrichtungen zur Ausübung des Gewerbes nicht unterhalten, gilt eine Betriebsstätte in dem Ort als vorhanden, der als Heimathafen (Heimatort) im Schiffsregister eingetragen ist.

§ 7 (weggefallen) § 8 Zusammenfassung mehrerer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe Werden von einer sonstigen juristischen Person des privaten Rechts oder einem nichtrechtsfähigen Verein (§ 2 Abs. 3 des Gesetzes) mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten, so gelten sie als ein einheitlicher Gewerbebetrieb. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

3. Verhältnis zu Vorschriften anderer Gesetze .

12

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

4

B. Voraussetzungen für die sachliche Gewerbesteuerpflicht (Abs. 1 Satz 1) . . .

13

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 1. GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. GewStDV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 7 8

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . .

13 14 14

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zum Verfassungsrecht . . . . . . . 2. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 9

II. Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Formen des Gewerbebetriebs . . . . . . . . 2. Rangverhältnis der verschiedenen Formen des Gewerbebetriebs . . . . . . . . . . . . .

15

III. „Stehender“ Gewerbebetrieb . . . . . . . .

17

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Steuergegenstand

§2

18

C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Bestimmung des Begriffs „Betriebsstätte“ für Zwecke der Gewerbesteuer . . . . . . .

88

19

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

III. Bestimmung des Begriffs „Inland“ für Zwecke der Gewerbesteuer . . . . . . . . .

99

II. Maßgeblichkeit des Begriffs des Gewerbebetriebs iSd. EStG . . . . . . . . . . . . . .

20

IV. Sonderfälle bei Schifffahrtsunternehmen (Abs. 1 Satz 3 Alt. 2, §§ 5, 6 GewStDV) . .

104

E. Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . .

110

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . .

110

IV. Betrieb im Inland . . . . . . . . . . . . . . .

III. Einzelheiten zum Begriff des Gewerbebetriebs iSd. EStG . . . . . . . . . . . . . 1. Natürliche Personen . . . . . . . . . . . . . a) Gleichzeitiges Betreiben mehrerer Gewerbebetriebe . . . . . . . . . . . . . . . b) Betreiben verschiedener Gewerbebetriebe nacheinander . . . . . . . . . . . 2. Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines zum Betriebsbegriff bei einer Mitunternehmerschaft . . . . . . b) Einheitlicher Gewerbebetrieb . . . . . . c) Betreiben verschiedener Gewerbebetriebe nacheinander . . . . . . . . . . . d) Gewerblich geprägte Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . bb) Einheitlicher Gewerbebetrieb . . . cc) Betreiben verschiedener Gewerbebetriebe nacheinander . . . . . . e) Doppelstöckige Personengesellschaft . 3. Betriebe der öffentlichen Hand . . . . . . . 4. Körperschaften (ohne Betriebe der öffentlichen Hand) . . . . . . . . . . . . . . . . .

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22 22

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22

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25 28

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28 30

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35

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37 37 38

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39 41 42

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45

IV. Beginn und Beendigung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei Gewerbebetrieben iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelprobleme zur Aufnahme bzw. Einstellung der werbenden Tätigkeit . . . . . . . . . a) Handelsunternehmen . . . . . . . . . . . b) Produktionsunternehmen . . . . . . . . . c) Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . d) Gewerblicher Grundstückshandel . . . . e) Leasingunternehmen . . . . . . . . . . . f) Schifffahrtsunternehmen . . . . . . . . . g) Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Originär gewerblich tätige Mitunternehmerschaften . . . . . . . . . . . . . . b) Gewerblich geprägte Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten bei Körperschaften . . . . . 5. Berücksichtigung von Vorlauf- und Abwicklungskosten bei einer Teilbetriebseröffnung/-beendigung . . . . . . . . . . . . . 6. Auswirkung der zeitlichen Begrenzung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht auf die Ermittlung des Gewerbeertrags . . . . . .

47 47 52 52 54 57 58 60 64 67 68 68 73 76 78 83

D. Inländischer Gewerbebetrieb (Abs. 1 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

I. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . .

86

II. Anwendungsbereich (Gesellschaften iSd. Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaften deutschen Rechts sowie Europäische Gesellschaften und Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesellschaften ausländischen Rechts . . . 3. Vorgründungs- und Vorgesellschaft einer AG, KGaA oder GmbH . . . . . . . . . . .

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111

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111 113

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115

III. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fiktion des Gewerbebetriebs . . . . . . . . 2. Beginn und Beendigung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . .

120 120 121

F. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . .

123

I. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . .

123

II. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Anwendung der §§ 14 und 17 KStG . Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . Organträger . . . . . . . . . . . . . . . Finanzielle Eingliederung . . . . . . . Inlandsbezug . . . . . . . . . . . . . . Gewinnabführungsvertrag . . . . . . . Ausländische Einkünfte im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

124 124 125 129 136 137 138

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139

III. Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Reichweite der Betriebsstättenfiktion . . . . 2. Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ermittlung des Gewerbeertrags . . . . . . . 4. Die Korrekturen im Einzelnen . . . . . . . a) Gewinnabführungen . . . . . . . . . . . b) Hinzurechnungen und Kürzungen iSv. §§ 8 und 9 GewStG . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . bb) Entgelte für Schulden . . . . . . . . cc) Miet- und Pachtzinsen . . . . . . . dd) Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG . . . . . . . . . . . . c) Teilwertabschreibung und Teilwertaufholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verlustbedingte Teilwertabschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abführungsbedingte Teilwertabschreibung . . . . . . . . . . . . cc) Teilwertaufholung . . . . . . . . . d) Veräußerung einer Organbeteiligung . .

Franke u.a.

140 140 143 144 145 145 146 146 147 149 151 153 153 154 155 156

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§ 2 Steuergegenstand e) Keine Korrektur bei Schachteldividenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 5. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 6. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 G. Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (Abs. 3) . . . . . . . . . . 163 I. 1. 2. 3. 4.

Anwendungsbereich . . . . . . . . Vorbemerkung . . . . . . . . . . . Rechtsformen iSd. Abs. 3 . . . . . Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb Keine Land- und Forstwirtschaft .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

163 163 164 169 173

II. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Fiktion des Gewerbebetriebs . . . . . . . . . 174 2. Beginn und Beendigung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . 176 H. Vorübergehende Unterbrechung des Gewerbebetriebs (Abs. 4) . . . . . . . . . . 179 I. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . . 179 II. Betrieb eines Gewerbes . . . . . . . . . . . . 180 III. 1. 2. 3.

Vorübergehende Unterbrechung . . . . . . . Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . Absicht zur Wiederaufnahme des Betriebs . Wiederaufnahme in gleicher oder ähnlicher Weise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zeitraum der Betriebsunterbrechung . . . .

182 182 184 186 190

IV. Unterbrechung aufgrund der Eigenart des Betriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 V. Rechtsfolge: Keine Aufhebung der Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 I. Übergang des Gewerbebetriebs im Ganzen (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 I. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . . 194 II. Betriebseinstellung infolge eines Betriebsübergangs im Ganzen (Abs. 5 Satz 1) . . . . 197 1. Betriebsübergang im Ganzen . . . . . . . . . 197

2. Übergang auf einen anderen Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übergang auf einen Einzelunternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Betriebsübertragung unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften . . . . . . . . c) Betriebsübertragung unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften . . . . . . 3. Betriebseinstellung . . . . . . . . . . . . . .

210 215

III. Betriebsneugründung infolge einer Betriebsübertragung im Ganzen (Abs. 5 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Betriebsvereinigung . . . . . . . . . . 2. Betriebsneugründung . . . . . . . . . . . .

217 217 219

J. Inbound-Konstellationen ohne DBA (Abs. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

222

I. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . .

222

II. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

223

III. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . .

230

K. Erweiterung des Inlandsbegriffs (Abs. 7)

233

I. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . . II. Ausschließliche Wirtschaftszone (Abs. 7 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . 2. Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung bzw. Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen (Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a) . . . . . . . . . 3. Andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung (Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b) . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Errichtung bzw. Nutzung von künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerken (Abs. 7 Nr. 1 Buchst. c) . . . . . . . . . . . . . . . .

203 203 205

233 235 235 237 241 242

III. Festlandsockel (Abs. 7 Nr. 2) . . . . . . . .

243

IV. Grenzüberschreitende Gewerbegebiete (Abs. 7 Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . .

247

Literatur: Wortmann, Das Ende der Gewerbesteuerpflicht des Einzelunternehmers, DB 1987, 2008; Korn, Gewerbesteuerprobleme in der Beratungspraxis, KÖSDI 1988, 7099; Glanegger, Ausgewählte Fragen des Gewerbesteuerrechts, FR 1990, 469; Seer, Inhalt und Funktion des Begriffs „Betrieb gewerblicher Art“ für die Besteuerung der öffentlichen Hand (Teil II), DStR 1992, 1790; Felix, Sterbende Unternehmen: Ende der Gewerbesteuerpflicht infolge Betriebseinstellung, KÖSDI 1995, 10340; Gosch, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 22.11.1994 – VIII R 44/92, StBp. 1995, 69; Roser/Tesch, Begrenzung der Gewerbesteuerpflicht von Kapitalgesellschaften, FR 1998, 183; Schumacher, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag einer KG & atypisch Still, DStR 1998, 840; Hüttemann, Verpächterwahlrecht bei gemeinnützigen Körperschaften?, BB 2007, 2324; Hartmann, Bestandsschutz für die Gewerbesteuer, BB 2008, 2490; Keß, Anmerkung zum Beschluss des BVerfG v. 15.1.2008, FR 2008, 829; Neumayer/Obser, Gewerbesteuer bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen – Implikationen für Unternehmenstransaktionen bei der GmbH & Co. KG, EStB 2008, 445; Apitz, Gewerbesteuer-Richtlinien und Gewerbesteuer-Hinweise 2009, StBW 2010, 558; Baldauf, Verpachtungsbetriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts – Diskus steuerrelevanter Aspekte und Betrachtungsweisen, DStZ 2010, 523; Fuhrmann, Streifzug durch die Gewerbesteuer-Richtlinien 2009, KÖSDI 2010, 16970; Wendt, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, FR 2010, 667; Korte, Anmerkung zum Urteil des FG Köln v. 19.1.2011 – 7 K 4997/06, EFG 2011, 905; Behrendt/Lache/Scheewe, (Keine) Nutzung gewerbesteuerlicher Anlaufverluste von Personengesellschaften, DB 2013, 249; Hamacher/Neu, Beendigung einer Personengesellschaft: (Keine) Betriebsaufgabe iSv. § 7 Satz 2 GewStG? – Zugleich Anmerkung zu BFH v. 30.8.2012, FR 2013, 843; Dißars, Beginn und Ende eines Gewerbebetriebs bei Gewinnermittlung nach § 5a EStG, NWB 2014, 3614; Selder, Verfassungsrechtliche Aspekte der Gewerbesteuer als Objekt-

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Franke u.a.

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 2 § 2

steuer, FR 2014, 174; Roser, Vor- und Nachlaufkosten – Gewerbesteuerliches Niemandsland?, Ubg 2015, 582; Köhler, Vermeidung gewerbesteuerlicher Anlaufverluste – Prüfungsfeld „verdeckte Anlaufkosten“, StBp. 2016, 66; Linkermann, Anmerkung zum Urteil des FG Baden-Württemberg v. 28.9.2015 – 10 K 2178/12, EFG 2016, 1184; Schiffer, Besteuerung von Beteiligung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts an einer Personengesellschaft – Bestandsaufnahme auf Basis der aktuellen Rechtsprechung und der fehlenden Positionierung der Finanzverwaltung, DStZ 2016, 535; Wendt, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 12.5.2016 – IV R 1/13, FR 2017, 24. Verwaltungsanweisungen: R 2 GewStR 2009; H 2 GewStH 2016; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303; v. 21.6.2017 – IV C 2 - S 2706/14/10001, BStBl. I 2017, 880.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 2 GewStG regelt den Besteuerungsgegenstand der GewSt (sachliche GewStPfl.).1 Als Besteuerungs- 1 gegenstand wird der „Gewerbebetrieb“ bestimmt, weswegen sich aus § 2 GewStG das sog. Objektsteuerprinzip der GewSt ergibt.2 Der Besteuerung unterliegt danach der Gewerbebetrieb als solcher und nicht der Unternehmensinhaber; die GewSt ist folglich eine Objektsteuer und keine Personensteuer. Auf die persönlichen Verhältnisse und die persönliche Beziehung des Betriebsinhabers zum Steuerobjekt kommt es grundsätzlich nicht an.3 Aus § 2 GewStG ergibt sich außerdem die territoriale Begrenzung des GewSt auf das Inland.4 § 2 GewStG ist im Einzelnen wie folgt aufgebaut: 2 – Abs. 1 Satz 1 regelt die Voraussetzungen für die sachliche GewStPfl. Danach unterliegt der GewSt der „stehende Gewerbebetrieb“. Die sachliche GewStPfl. wird auf den im Inland betriebenen Gewerbebetrieb begrenzt („soweit“). Abs. 1 Satz 1 ist die Kernvorschrift des § 2 GewStG; die weiteren Regelungen des § 2 beziehen sich auf einzelne Tatbestandsmerkmale des Abs. 1 Satz 1 und definieren diese bzw. enthalten Sonderregelungen zu deren Anwendung (vgl. zB Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 zum Begriff des Gewerbebetriebs iSd. Abs. 1 Satz 1). – Abs. 1 Sätze 2 und 3 enthalten Erläuterungen zu den in Satz 1 aufgeführten Voraussetzungen der sachlichen GewStPfl. Abs. 1 Satz 2 bestimmt, dass der Begriff des „Gewerbebetriebs“ iSd. Satzes 1 nach Maßgabe des EStG auszulegen ist. Abs. 1 Satz 3 definiert, dass die territoriale Begrenzung der GewSt auf das Inland betriebsstättenbezogen zu verstehen ist. – Abs. 2 Satz 1 enthält eine Sonderregelung zum Tatbestandsmerkmal des „Gewerbebetriebs“ iSd. Abs. 1 Satz 1. Danach wird die Tätigkeit der KapGes., Genossenschaften einschließlich Europäischer Genossenschaften sowie der Versicherungs- und Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit als „Gewerbebetrieb“ definiert (GewStPfl. kraft Rechtsform). Abs. 1 Satz 2, wonach der Begriff des „Gewerbebetriebs“ iSd. Satz 1 nach Maßgabe des EStG auszulegen ist, gilt insoweit nicht; Abs. 2 Satz 1 hat Vorrang (s. Rz. 15). Die weiteren Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 („stehender“ Gewerbebetrieb, Betrieb im Inland) müssen auch bei den unter die Fiktion des Abs. 2 Satz 1 fallenden StPfl. erfüllt sein. – Abs. 2 Satz 2 regelt die gewstl. Organschaft. Eine KapGes. gilt nach Abs. 2 Satz 2 als Betriebsstätte des Organträgers, wenn sie „Organgesellschaft iSd. §§ 14 oder 17 KStG“ ist. Die Voraussetzungen der gewstl. Organschaft sind daher vollständig an die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft angeglichen.5 – Abs. 3 enthält – ähnlich wie Abs. 2 Satz 1 – eine Sonderregelung zum Tatbestandsmerkmal des „Gewerbebetriebs“ iSd. Abs. 1 Satz 1. Die Tätigkeit der sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und der nicht rechtsfähigen Vereine gilt danach im Wege der Fiktion als Gewerbebetrieb, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten (ausgenommen Land- und

1 2 3 4 5

BFH v. 11.8.1993 – III R 83/89, BFH/NV 1994, 263. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 Tz. II.1.b = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = FR 2004, 644. BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3502.

Franke

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§ 2 Rz. 3 Steuergegenstand









Forstwirtschaft). Der Begriff des Gewerbebetriebs ist für diese StPfl. nicht nach den Vorschriften des EStG, sondern nach § 14 AO auszulegen (s. Rz. 169 ff.). Abs. 4 erweitert die sachliche GewStPfl. in zeitlicher Hinsicht. Im Fall einer vorübergehenden Unterbrechung im Betrieb eines Gewerbes, die durch die Art des Betriebs veranlasst ist, wird die sachliche GewStPfl. nicht unterbrochen (gewstl. Betriebsunterbrechung).1 Es kommt im Zeitpunkt der vorübergehenden Betriebseinstellung zu keiner Beendigung und im Zeitpunkt der Wiederaufnahme der gewerblichen Tätigkeit zu keinem (Neu-)Beginn der sachlichen GewStPfl.; die StPfl. besteht im Zwischenzeitraum der gewerblichen Inaktivität fort. Abs. 5 bestimmt, dass es im Fall der Übertragung des Gewerbebetriebs auf einen anderen Unternehmer zu einer Beendigung der sachlichen GewStPfl. durch den bisherigen Betriebsinhaber und grds. zu einer Neubegründung der sachlichen GewStPfl. durch den neuen Betriebsinhaber kommt (sog. Unternehmerwechsel).2 Abs. 6 schränkt die sachliche GewStPfl. ein, indem bestimmte inländ. Betriebsstätten von Unternehmen, deren Geschäftsleitung sich im Ausland befindet, von der Besteuerung ausgenommen werden. Voraussetzung ist, dass mit dem ausländ. Staat, in dem sich die Geschäftsleitung befindet, kein DBA besteht. Die Einkünfte der inländ. Betriebsstätte müssen iRd. beschränkten Einkommensteuerpflicht steuerfrei sein (Abs. 6 Nr. 1). Außerdem muss im Verhältnis zum ausländ. Staat Gegenseitigkeit3 bestehen (Abs. 6 Nr. 2). Abs. 6 flankiert die Vorschrift des § 49 Abs. 4 EStG, um den Abschluss besonderer DBA für die Schiff- und Luftfahrt entbehrlich zu machen.4 Abs. 7 erweitert den Inlandsbegriff für Zwecke der GewSt. Die Vorschrift steht iZm. Abs. 1 Sätze 1 und 3 sowie Abs. 6 und der dort beschriebenen territorialen Begrenzung der GewSt auf im Inland unterhaltene Betriebsstätten.

3 Die zu § 2 GewStG ergangenen Vorschriften der GewStDV haben folgenden Inhalt:

– § 1 definiert das Tatbestandsmerkmal des „stehenden“ Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG und grenzt diesen vom Reisegewerbebetrieb ab. – § 2 enthält nähere Bestimmungen zur GewStPfl. von jPdöR. – § 4 regelt, dass die sachliche GewStPfl. bis zur Beendigung der Aufgabe oder Abwicklung des Gewerbebetriebs nicht beendet wird und durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt wird (s. hierzu Anh. 2 Rz. 5 ff.). Die Vorschrift ist – ohne dass sich dies aus dem Wortlaut ergeben würde – nur bei Gewerbebetrieben kraft Rechtsform iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG anzuwenden.5 – §§ 5 und 6 enthalten Sonderregelungen zum Vorhandensein einer inländ. Betriebsstätte bei Kauffahrteischiffen sowie Binnen- und Küstenschifffahrtsbetrieben. – § 8 bezieht sich auf die nach § 2 Abs. 3 GewStG gewstpfl. sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und nicht rechtsfähigen Vereine. Es wird bestimmt, dass alle unterhaltenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe als ein einheitlicher Gewerbebetrieb gelten.

II. Anwendungsbereich 4 Sachlicher Geltungsbereich. § 2 GewStG regelt den Besteuerungsgegenstand der GewSt abschließend.

Sofern die Voraussetzungen des § 2 GewStG nicht erfüllt sind, kann ein Unternehmen nicht zur GewSt herangezogen werden. Eine Ausnahme hiervon gilt für Reisegewerbebetriebe iSd. § 35a GewStG, die unter den Voraussetzungen des § 35a Abs. 1 GewStG gewstpfl. sind. 5 Zeitlicher Geltungsbereich von § 2 GewStG. § 2 GewStG geht auf das Gewerbesteuergesetz v.

1.12.19366 (GewStG 1936) zurück. Im Einzelnen gilt für die zeitliche Anwendung der kommentierten Fassung des § 2 GewStG Folgendes: 1 2 3 4 5

BFH v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735 = FR 1998, 1004. BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 6001. Lieber in H/H/R, § 49 EStG Anm. 1400; Wied in Blümich, § 49 EStG Rz. 238. Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 255; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4616; Wortmann, DB 1987, 2008 (2011). 6 RGBl. I 1936, 979.

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Franke

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 7 § 2

– Abs. 1 ist seit dem GewStG 1936 nicht verändert worden. – Abs. 2 Satz 1 gilt erstmals im EZ 2006.1 Die Vorschrift geht allerdings in weiten Teilen auf das GewStG 1936 zurück. – Abs. 2 Satz 2 ist erstmals für den EZ 2012 anzuwenden.2 – Abs. 3 ist seit dem GewStG 1936 nicht verändert worden. – Abs. 4 ist erstmals im EZ 1950 anzuwenden.3 – Abs. 5 gilt erstmals im EZ 1961.4 – Abs. 6 (bis EZ 1990 Abs. 7)5 ist erstmals im EZ 1974 anzuwenden.6 – Abs. 7 ist erstmals im EZ 2016 anzuwenden.7 Zeitlicher Anwendungsbereich von §§ 1, 2, 4 bis 6 und 8 GewStDV. Die Vorschriften gehen in Tei- 6 len auf die VO der Bundesregierung v. 24.3.19548 zurück. Zur zeitlichen Anwendung der kommentierten Fassung der GewStDV gilt Folgendes: – § 1 (vormaliger § 1 Abs. 2 GewStDV) ist erstmals im EZ 1961 anzuwenden.9 – § 2 ist ab dem EZ 1977 anzuwenden.10 Der durch das JStG 2009 v. 19.12.200811 eingeführte § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewStDV ist auch für EZ vor 2009 anzuwenden.12 – § 4 gilt erstmals für den EZ 1998.13 – § 5 ist erstmals für den EZ 1955 anzuwenden.14 – § 6 ist erstmals für den EZ 1955 anzuwenden.15 – § 8 (vormaliger § 8 Abs. 3 GewStDV) ist erstmals im EZ 1961 anzuwenden.16

III. Rechtsentwicklung 1. GewStG § 2 GewStG geht auf das Gewerbesteuergesetz v. 1.12.193617 (GewStG 1936) zurück. § 2 idF des 7 GewStG 1936 enthielt drei Absätze; § 2 Abs. 1 und 3 GewStG sind bis heute unverändert geblieben. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG idF des GewStG 1936 regelte, dass die Tätigkeit einer Mitunternehmerschaft stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, und entsprach damit im Wesentlichen dem heu1 § 36 Abs. 2 Satz 1 GewStG idF des JStG 2007 (BGBl. I 2006, 2878). 2 § 36 Abs. 2 Satz 4 GewStG idF des G zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013 (BGBl. I 2013, 285). 3 Art. VI § 8 Abs. 1 Satz 1 des G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951 (BGBl. I 1951, 996). 4 Art. 7 Abs. 1 des G zur Änderung des EStG, des KStG, des GewStG, des BewG, des VStG, des Steuersäumnisgesetzes, der Reichsabgabenordnung, des StAnpG, des G zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) und anderer Gesetze v. 13.7.1961 (BGBl. I 1961, 981). 5 Neu verortet in Abs. 6 durch das G zu dem Vertrag v. 31.8.1990 zwischen der BRD und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertragsgesetz – und die Vereinbarung v. 18.9.1990 v. 23.9.1990 (BGBl. I 1990, 885). 6 § 36 Abs. 1 Nr. 1 GewStG idF des G zur Änderung des Vermögensteuerrechts und zur Änderung anderer Steuergesetze v. 17.4.1974 (BGBl. I 1974, 949). 7 § 36 Abs. 1 GewStG idF des StÄndG 2015 v. 2.11.2015 (BGBl. I 2015, 1834). 8 BGBl. I 1956, 152. 9 § 36 GewStDV idF der VO der Bundesregierung zur Änderung der GewStDV v. 30.5.1962 (BGBl. I 1962, 370). 10 § 36 GewStDV idF VO der Bundesregierung v. 6.4.1977 (BGBl. I 1977, 557). 11 BGBl. I 2008, 2794. 12 § 36 Abs. 2 GewStDV idF des JStG 2009 v. 19.12.2008 (BGBl. I 2008, 2794). 13 § 36 Abs. 1 GewStG idF des G zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform v. 29.10.1997 (BGBl. I 1997, 2590). Das G zur Änderung des EinfG zur Insolvenzordnung und anderer Gesetze v. 19.12.1998 (BGBl. I 1998, 3836), mit dem § 4 GewStDV geändert worden ist, sieht keine Übergangsregelung vor, sodass die vormals geltende Fassung des § 36 Abs. 1 GewStDV maßgebend ist. 14 § 36 GewStDV idF der VO der Bundesregierung v. 24.3.1954 (BGBl. I 1956, 152). 15 § 36 GewStDV idF der VO der Bundesregierung v. 24.3.1954 (BGBl. I 1956, 152). 16 § 36 GewStDV idF der VO der Bundesregierung zur Änderung der GewStDV v. 30.5.1962 (BGBl. I 1962, 370). 17 RGBl. I 1936, 979.

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§ 2 Rz. 7 Steuergegenstand tigen § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GewStG idF des GewStG 1936 enthielt – wie der heutige § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG – eine Fiktion des Gewerbebetriebs für KapGes. und bestimmte weitere Körperschaften. In § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG war die gewstl. Organschaft geregelt. Tatbestandlich wurde dabei darauf abgestellt, dass ein (abhängiges) Unternehmen dem Willen eines anderen Unternehmens derart untergeordnet ist, dass es keinen eigenen Willen mehr hat. Die seinerzeit beschriebene Rechtsfolge „gilt … als Betriebsstätte“ entsprach im Ergebnis bereits der des heutigen § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG. Mit dem G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.19511 (StÄndG v. 27.12.1951) wurde § 2 Abs. 4 GewStG (gewstl. Betriebsunterbrechung) in das GewStG aufgenommen, der seitdem unverändert geblieben ist. Der Gesetzgeber hat weiterhin in § 2 Abs. 5 GewStG idF des StÄndG v. 27.12.1951 Einzelheiten zur Inlandsbegrenzung der GewSt aufgrund der nachkriegsbedingten Teilung Deutschlands geregelt. Dabei wurde zwischen Betriebsstätten, die im damaligen Geltungsbereich des GG lagen, und Betriebsstätten, die außerhalb des damaligen Geltungsbereichs des GG lagen, differenziert. § 2 Abs. 5 GewStG geht zurück auf § 5 Abs. 2 GewStG 1951, mit dem der Gesetzgeber die Regelung des § 1 der Zweiten GewSt-VereinfachungsVO übernommen hatte. Danach galt im Fall des Übergangs eines ganzen Gewerbetriebs dieser als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt und durch den Betriebsübernehmer als neu gegründet, wenn er nicht mit einem bestehenden Betrieb vereinigt wurde.2 Die Neuregelung in § 2 Abs. 5 GewStG war erforderlich geworden, da der BFH die Regelung des § 5 Abs. 2 GewStG aufgrund ihrer systematischen Stellung nur auf die Steuerschuldnerschaft bezogen hatte.3 Ursprünglich war der Unternehmerwechsel in § 5 Abs. 2 GewStG 19364 geregelt und hatte keine Auswirkung auf die sachliche StPfl. des Betriebs. Der Unternehmerwechsel führte lediglich zu einem Wechsel des Steuerschuldners. Die Steuerschuld war so aufzuteilen, dass bis zum Ende des Kalendermonats, in dem der Wechsel eintrat, der bisherige Unternehmer und vom Beginn des folgenden Monats der neue Unternehmer Steuerschuldner war. Mit dem G zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 26.7.19575 (StÄndG v. 26.7.1957) wurde die Vorgängerregelung des heutigen § 2 Abs. 6 GewStG (Ausnahme von bestimmten inländ. Betriebsstätten aus der Besteuerung) eingeführt (§ 2 Abs. 6 GewStG idF des StÄndG v. 26.7.1957). Der Anwendungsbereich war damals noch auf Unternehmen der Schifffahrt und Luftfahrt beschränkt; auch das heute in § 2 Abs. 6 Nr. 2 GewStG geregelte Prinzip der Gegenseitigkeit sowie die Beschränkung auf Staaten, mit denen kein DBA besteht, galten noch nicht. Durch das G zur Änderung des EStG, des KStG, des GewStG, des BewG, des VStG, des Steuersäumnisgesetzes, der Reichsabgabenordnung, des StAnpG, des G zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) und anderer Gesetze v. 13.7.19616 (StÄndG 1961) wurde der heutige § 2 Abs. 5 GewStG (Unternehmerwechsel) im GewStG verankert. Die Regelung wurde bis heute nicht verändert. Die damaligen § 2 Abs. 5 und 6 GewStG wurden zu § 2 Abs. 6 und 7 GewStG. Die durch das StÄndG v. 26.7.1957 eingeführte Vorgängerregelung des heutigen § 2 Abs. 6 GewStG (Ausnahme von bestimmten inländ. Betriebsstätten aus der Besteuerung) war daher (vorübergehend) in § 2 Abs. 7 GewStG verortet. Mit dem G zur Änderung des KStG und anderer Gesetze v. 15.8.19697 (KSt-ÄndG v. 15.8.1969) wurden die Voraussetzungen der gewstl. Organschaft neu geregelt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 und 3 GewStG idF des KSt-ÄndG). In § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG idF des KSt-ÄndG v. 15.8.1969 wurde die Anerkennung einer gewstl. Organschaft durch Verweis auf den damaligen § 7a Abs. 1 Nr. 1 und 2 KStG von der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung abhängig gemacht; zuvor regelte dies § 3 GewStDV idF der VO der Bundesregierung v. 24.3.1954.8 Mit § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 GewStG idF des KSt-ÄndG v. 15.8.1969 wurde die Organschaft zu einem ausländ. Organträger 1 2 3 4 5 6 7 8

BGBl. I 1951, 996. RGBl. I 1943, 684. BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210. G v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. BGBl. I 1957, 848. BGBl. I 1961, 981. BGBl. I 1969, 1182. BGBl. I 1956, 152.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 7 § 2

mit einer im Handelsregister eingetragenen inländ. Zweigniederlassung ermöglicht. Durch das KStÄndG v. 15.8.1969 wurde weiterhin § 2 Abs. 7 GewStG (Ausnahme von bestimmten inländ. Betriebsstätten aus der Besteuerung, heutiger § 2 Abs. 6 GewStG) geändert. Hiernach wurde erstmals das Prinzip der Gegenseitigkeit im GewStG verankert (§ 2 Abs. 7 Nr. 2 KStG idF des KSt-ÄndG v. 15.8.1969, entspricht im Wesentlichen dem heutigen § 2 Abs. 6 Nr. 2 KStG). Als Folgeänderung des KörperschaftsteuerreformG v. 31.8.19761 wurde § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GewStG durch das EinfG zum KörperschaftsteuerreformG v. 6.9.19762 (EGKStRG v. 6.9.1976) geändert. Da die Voraussetzungen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung fortan im damaligen § 14 Nr. 1 und 2 KStG geregelt waren, wurde der bisherige Verweis auf § 7a Abs. 1 Nr. 1 und 2 KStG in einen Verweis auf § 14 Nr. 1 und 2 KStG umgeschrieben. Mit dem G zur Änderung des Vermögensteuerrechts und zur Änderung anderer Steuergesetze v. 17.4.19743 (VStRG) wurde § 2 Abs. 7 GewStG (Ausnahme von bestimmten inländ. Betriebsstätten aus der Besteuerung, heutiger § 2 Abs. 6 GewStG) neu gefasst und erhielt die noch heute geltende Fassung. Neu aufgenommen wurde die Beschränkung auf Staaten, mit denen kein DBA besteht. Die zuvor geltende Beschränkung auf Unternehmen der Schifffahrt und Luftfahrt ist entfallen. Durch das Zweite SteueränderungsG 1973 v. 18.7.19744 (Zweites StÄndG 1973) wurde im neu eingeführten § 2 Abs. 8 GewStG (heutiger § 2 Abs. 7 GewStG) erstmals festgelegt, dass zum Inland iSd. GewStG auch der der BRD zustehende Anteil am Festlandssockel gehört, soweit dort Naturschätze des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes erforscht und ausgebeutet werden. Mit dem SteuerbereinigungsG 1983 v. 19.12.19855 (StBereinG) wurde § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Abfärbewirkung gewerblicher Einkünfte) in das EStG aufgenommen. Da die Vorschrift über § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auch für die GewSt gilt (s. Rz. 30), war der damalige § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG überflüssig geworden. Der Gesetzgeber hat ihn folglich iRd. StBereinG v. 19.12.1985 aufgehoben; § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 bis 3 GewStG wurden zu § 2 Abs. 2 Satz 1 bis 3 GewStG. Als Folge der Wiedervereinigung und der Ausweitung des räumlichen Geltungsbereichs des GG wurde der damalige § 2 Abs. 6 GewStG (Inlandsbegrenzung der GewSt aufgrund der nachkriegsbedingten Teilung Deutschlands) durch das G zu dem Vertrag v. 31.8.1990 zwischen der BRD und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands – EinigungsvertragsG – und die Vereinbarung v. 18.9.1990 vom 23.9.19906 (EinVertrG) aufgehoben. Der damalige § 2 Abs. 7 GewStG (Ausnahme von bestimmten inländ. Betriebsstätten aus der Besteuerung) wurde zu § 2 Abs. 6 GewStG; § 2 Abs. 8 GewStG (Inlandsbegriff) wurde zu § 2 Abs. 7 GewStG. Durch das G zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze v. 25.2.19927 (StÄndG 1992) wurde in § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG im Klammerzusatz hinter dem Wort „Kapitalgesellschaften“ das Wort „Kolonialgesellschaften“ gestrichen. Im SteuerentlastungsG 1999/2000/2002 v. 24.3.19998 (StEntlG 1999/2000/2002) wurde der Verweis in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG auf den damaligen § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KStG um § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG ergänzt. Durch die Bezugnahme auf § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG aF wurde festgelegt, dass gewstl. Organträger eine unbeschränkt stpfl. natürliche Person, eine nicht steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland oder eine Personengesellschaft iSd. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland sein muss. Durch das G zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften v. 22.12.19999 (StBereinG 1999) wurde in § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG im Klammerzusatz hinter dem Wort „Kapitalgesellschaften“ das Wort „bergrechtliche Gewerkschaften“ gestrichen.

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BGBl. I 1976, 2597. BGBl. I 1976, 2641. BGBl. I 1974, 949. BGBl. I 1974, 1489. BGBl. I 1986, 2436. BGBl. I 1990, 885. BGBl. I 1992, 297. BGBl. I 1999, 402. BGBl. I 1999, 2601.

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§ 2 Rz. 7 Steuergegenstand Mit dem G zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung v. 23.10.20001 (StSenkG) wurde der Verweis in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG dahingehend ergänzt, dass er sich auf § 14 KStG idF der Bekanntmachung v. 22.4.19992 bezieht. Hintergrund war die Änderung des § 14 KStG durch das StSenkG. Das bisher in § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG geregelte Erfordernis der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung war danach entfallen; die bisherigen § 14 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG wurden zu § 14 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 KStG idF des StSenkG. Durch die Änderung des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG wurde sichergestellt, dass die Voraussetzungen der gewstl. Organschaft durch das StSenkG unberührt blieben (insbes. kein Erfordernis des Abschlusses eines GAV sowie Beibehaltung der Voraussetzung der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung). Die Voraussetzungen für die gewstl. Organschaft wurden mit dem G zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts v. 20.12.20013 (UntStFG) vollständig an die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft angeglichen, indem in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG idF des UntStFG fortan an die Voraussetzungen der §§ 14, 17 oder 18 KStG angeknüpft wurde. Hiernach war für eine gewstl. Organschaft erstmals der Abschluss eines GAVerforderlich; die Voraussetzungen der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung sind entfallen. Durch § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG idF des UntStFG wurde festgelegt, dass in Fällen der sog. Mehrmütterorganschaft iSd. damaligen § 14 Abs. 2 KStG die Personengesellschaft Organträger ist. Diese Regelung war nach § 36 Abs. 2 GewStG idF des UntStFG rückwirkend auch für EZ vor 2001 anzuwenden. Mit dem G zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen v. 16.5.20034 (StVergAbG) wurde die Mehrmütterorganschaft sowohl im KStG als auch im GewStG abgeschafft. Der bisherige § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG wurde ersatzlos aufgehoben. § 2 Abs. 7 GewStG wurde durch das G zu dem Dritten Zusatzprotokoll v. 4.6.2004 zum Abkommen v. 16.6.1959 zwischen der BRD und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete v. 15.12.20045 neu gefasst. Das gewstl. Inlandsgebiet wurde danach in bestimmten Fällen grenzüberschreitender Gewerbegebiete erweitert (Einfügung des § 2 Abs. 7 Nr. 2 GewStG, entspricht wortgleich dem heutigen § 2 Abs. 7 Nr. 3 GewStG). Durch das G über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7.12.20066 (SEStEG) wurden in § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG im Klammerzusatz hinter dem Wort „Kapitalgesellschaften“ die Wörter „insbesondere Europäische Gesellschaften“ eingefügt. Durch die Verwendung des Worts „insbesondere“ sollte klargestellt werden, dass auch solche KapGes. nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG kraft Rechtsform gewstpfl. sein können, die nach ausländ. Recht gegründet worden sind, aber nach ihrem Gründungsstatus einer KapGes. entsprechen.7 Außerdem wurde die Europäische Genossenschaft in den Katalog der Gewerbebetriebe kraft Rechtsform iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG aufgenommen. Mit dem JStG 2007 v. 13.12.20068 wurden Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit in den Katalog der Gewerbebetriebe kraft Rechtsform iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG aufgenommen. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG erhielt damit seine heute gültige Fassung. Im JStG 2008 v. 20.12.20079 wurde der damalige § 2 Abs. 7 Nr. 1 GewStG ergänzt. Hiernach wurde festgelegt, dass der der BRD zustehende Anteil am Festlandssockel auch insoweit zum Inland iSd. GewStG gehört, als er der Energieerzeugung unter Nutzung erneuerbarer Energien dient. Der Verweis in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG auf die §§ 14, 17 oder 18 KStG wurde durch das G zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekosten-

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BGBl. I 2000, 1433. BGBl. I 1999, 817. BGBl. I 2001, 3858. BGBl. I 2003, 660. BGBl. I 2004, 1653. BGBl. I 2006, 2782. BT-Drucks. 16/2710, 34. BGBl. I 2006, 2878. BGBl. I 2007, 3150.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 8 § 2

rechts v. 20.2.20131 durch einen Verweis auf die §§ 14 oder 17 KStG ersetzt und erhielt seine heute gültige Fassung. Hintergrund war die Streichung des § 18 KStG, der aufgrund der Neufassung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG, wonach nicht mehr zwischen in- und ausländ. Organträgern differenziert wird, überflüssig geworden war.2 Durch das Kroatien-AnpG v. 25.7.20143 wurde der gewstl. Inlandsbegriff erweitert. In das Inland iSd. § 2 Abs. 7 GewStG einbezogen wurde der der BRD zustehende Anteil an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort Energieerzeugungsanlagen errichtet oder betrieben werden, die erneuerbare Energien nutzen. Mit dem StÄndG 2015 v. 2.11.20154 wurde § 2 Abs. 7 GewStG neu gefasst und der gewstl. Inlandsbegriff erneut erweitert. Neben der Energieerzeugung unter Nutzung erneuerbarer Energien gehören danach auch andere wirtschaftliche Tätigkeiten im Bereich des der BRD zustehenden Anteils am Festlandsockel und an der ausschließlichen Wirtschaftszone – wie zB die gewerbliche Fischzucht – zum Inland und unterliegen der GewSt.5 Der bisherige § 2 Abs. 7 Nr. 2 GewStG (grenzüberschreitendes Gewerbegebiet nach DBA) wurde im Zuge der Neufassung zu § 2 Abs. 7 Nr. 3 GewStG. 2. GewStDV Die GewStDV geht auf die VO der Bundesregierung v. 24.3.19546 zurück. § 1 Abs. 1 GewStDV ent- 8 hielt damals noch eine Definition des Gewerbebetriebs, die im Wesentlichen den gleichen Inhalt wie der heutige § 15 Abs. 2 GewStG hatte. § 1 Abs. 2 GewStDV war im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem heutigen § 1 GewStDV, wobei noch auf den Begriff des Wandergewerbebetriebs und nicht des Reisegewerbebetriebs abgestellt wurde. § 2 GewStDV regelte schon damals Einzelheiten zur GewStPfl. von Betrieben der öffentlichen Hand. § 3 GewStDV enthielt ergänzende Vorschriften zur gewstl. Organschaft und stellte damals das Erfordernis der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung der Organgesellschaft auf. § 4 GewStDV entsprach im Wesentlichen dem heutigen § 4 GewStDV. §§ 5 und 6 GewStDV wurden seit 1954 nicht geändert. § 7 GewStDV enthielt Regelungen zur Inlandsbegrenzung der GewSt aufgrund der nachkriegsbedingten Teilung Deutschlands. § 8 Abs. 1 GewStDV entsprach wörtlich dem heutigen § 14 Satz 1 und 2 AO; § 9 GewStDV dem heutigen § 14 Satz 3 AO. In § 8 Abs. 2 GewStDV war geregelt, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nur insoweit gewstpfl. ist, als er über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Durch die VO der Bundesregierung zur Änderung der GewStDV v. 30.5.19627 wurde im damaligen § 1 Abs. 2 GewStDV das Wort „Wandergewerbebetrieb“ durch das Wort „Reisegewerbebetrieb“ ersetzt. § 1 Abs. 2 GewStDV entsprach damit wörtlich dem heutigen § 1 GewStDV. Außerdem wurde in § 8 GewStDV ein weiterer Abs. 3 aufgenommen, der wortgleich mit dem heutigen § 8 GewStDV ist. § 3 GewStDV wurde durch die VO der Bundesregierung zur Änderung der GewStDV v. 25.8.19698 gestrichen. Hintergrund war die Änderung des § 2 GewStG durch das G zur Änderung des KStG und anderer Gesetze v. 15.8.1969,9 wonach sich die Voraussetzungen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung für die Anerkennung einer gewstl. Organschaft fortan aus einem Gesetzesverweis in § 2 GewStG auf die Vorschriften des KStG ergaben. Mit der VO der Bundesregierung zur Änderung der GewStDV v. 6.4.197710 wurde § 2 GewStDV geändert und erhielt – mit Ausnahme der Ergänzung durch das JStG 2009 v. 19.12.200811 – seine noch heute geltende Fassung. § 8 Abs. 1 und 2 GewStDV sowie § 9 GewStDV wurden aufgehoben; mit Blick auf die Einführung des § 14 AO durch die AO 197712 waren die Vorschriften überflüssig ge1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

BGBl. I 2013, 285. BT-Drucks. 17/10774, 21. BGBl. I 2014, 1266. BGBl. I 2015, 1834. BT-Drucks. 18/4902, 48. BGBl. I 1956, 152. BGBl. I 1962, 370. BGBl. I 1969, 1418. BGBl. I 1969, 1182. BGBl. I 1977, 557. BGBl. I 2008, 2794. BGBl. I 1976, 613.

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§ 2 Rz. 9 Steuergegenstand worden. § 8 Abs. 3 GewStDV wurde ohne eine Veränderung des Wortlauts zu § 8 GewStDV und ist seitdem nicht mehr geändert worden. § 1 Abs. 1 GewStDV wurde durch die Zweite VO der Bundesregierung zur Änderung der GewStDV v. 24.11.19861 aufgehoben. Hintergrund war die Einführung des § 15 Abs. 2 EStG durch das G zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen v. 22.12.19832 (StEntlG 1984), der über § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auch für die GewSt gilt (s. Rz. 20). Eine Definition des Begriffs des Gewerbebetriebs im GewStG bzw. der GewStDV war daher nicht mehr erforderlich. § 1 Abs. 2 GewStDV wurde ohne eine Veränderung des Wortlauts zu § 1 GewStDV und ist seitdem nicht mehr geändert worden. Als Folge der Wiedervereinigung wurde § 7 GewStDV durch das G zu dem Vertrag v. 31.8.1990 zwischen der BRD und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands – EinigungsvertragsG – und die Vereinbarung v. 18.9.1990 v. 23.9.19903 (EinVertrG) aufgehoben. Durch das Gesetz zur Änderung des EinfG zur Insolvenzordnung und anderer Gesetze v. 19.12.19984 (EGInsOÄndG) wurde in § 4 Abs. 2 GewStDV das Wort „Konkursverfahrens“ durch das Wort „Insolvenzverfahrens“ ersetzt. In § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStDV wurde durch das JStG 2009 v. 19.12.20085 der Zusatz aufgenommen, dass für den Umfang des Unternehmens von jPdöR § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG entsprechend anzuwenden ist. Die Änderung erfolgte mit stl. Rückwirkung.6

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zum Verfassungsrecht 9 Gewerbesteuerfreiheit von Einkünften aus der Land- und Forstwirtschaft gem. § 13 EStG und

Einkünften aus selbständiger Arbeit gem. § 18 EStG. Die Beschränkung der GewStPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auf „Gewerbebetriebe“ – und damit auf gewerbliche Einkünfte iSd. § 15 EStG – verstößt nach st. Rspr. des BFH7 und des BVerfG8 nicht gegen den Gleichheitssatz gem. Art. 3 GG. Zuletzt hat das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuerfreiheit von Einkünften aus Landund Forstwirtschaft und Einkünften aus selbständiger Arbeit in seinem Beschl. v. 15.1.20089 bestätigt. Die Rechtfertigung für die Beschränkung der GewStPfl. auf Gewerbebetriebe iSd. § 15 Abs. 2 EStG sieht das BVerfG im sog. Äquivalenzprinzip, wonach die GewSt einen Ausgleich für die besonderen Infrastrukturlasten der Gemeinden darstellt, welche die Betriebe der Industrie, des Handels und des Handwerks verursachen. Der Gesetzgeber könne unabhängig von den Annäherungen der freien Berufe und der Gewerbetreibenden in einzelnen Berufsbildern weiterhin davon ausgehen, dass die freien Berufe im Regelfall weniger personal- und produktionsintensiv seien und demnach geringere Infrastrukturlasten der Gemeinden auslösten. Etwas anderes gelte erst, wenn in Zukunft offen zutage trete, dass im Hinblick auf den Steuergegenstand und die wesentlichen Besteuerungsmerkmale keine tragfähigen Unterschiede mehr zwischen den Berufsgruppen bestünden. Hierbei komme es nicht auf einzelne Berufsbilder, sondern den Typus des freien Berufs bzw. der übrigen Gewerbebetreibenden an. Die Entsch. des BVerfG wird im Schrifttum kritisiert.10 Dabei wird die typisierende Annahme des BVerfG infrage gestellt, dass Freiberufler für die Gemeinden geringere Infrastrukturlasten als Gewer1 2 3 4 5 6 7

BGBl. I 1986, 2073. BGBl. I 1983, 1583. BGBl. I 1990, 885. BGBl. I 1998, 3836. BGBl. I 2008, 2794. § 36 Abs. 2 GewStDV idF des JStG 2009 v. 19.12.2008 (BGBl. I 2008, 2794). BFH v. 20.3.1997 – III B 152/96, BFH/NV 1997, 802; v. 18.9.2003 – X R 2/00, BStBl. II 2004, 17 = FR 2004, 82 m. Anm. Keß; v. 14.7.2008 – VIII B 179/07, BFH/NV 2008, 1874. 8 BVerfG v. 13.5.1969 – 1 BvR 25/65, BStBl. II 1969, 424; v. 25.10.1977 – 1 BvR 15/75, BStBl. II 1978, 125; v. 17.12.1998 – 1 BvL 19/98, BWGZ 1999, 451; v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BGBl. I 2008, 1006 = FR 2008, 818 m. Anm. Keß. 9 BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BGBl. I 2008, 1006 = FR 2008, 818 m. Anm. Keß. 10 Hartmann, BB 2008, 2490; Keß, FR 2008, 829 (830); Selder, FR 2014, 174 (178).

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 10 § 2

betreibende verursachten.1 Es wird außerdem bestritten, dass das Äquivalenzprinzip ein tauglicher Rechtfertigungsgrund für die GewSt sein könne.2 Stellungnahme. Da dem BVerfG diese Argumente bei seiner Beschlussfassung bekannt waren, dürfte die Begrenzung der GewStPfl. nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auf Gewerbebetriebe iSd. § 15 EStG auf absehbare Zeit Bestandsschutz genießen. Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG. Nach st. Rspr. des BFH3 10 und des BVerfG4 ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Tätigkeit der KapGes. gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets – und damit auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG nicht erfüllt sind – als Gewerbebetrieb gilt. Art. 3 GG enthalte kein allg. Verfassungsgebot einer rechtsformneutralen Besteuerung. Die rechtsformbezogenen Unterschiede zwischen KapGes. einerseits sowie Einzelunternehmern und Personengesellschaften andererseits rechtfertigten eine unterschiedliche gewstl. Behandlung. Zu diesen rechtformbezogenen Unterschieden zählen nach Auffassung des BFH bzw. des BVerfG zB die Ausstattung von KapGes. mit einem bestimmten Mindestkapital,5 die Unabhängigkeit von KapGes. in ihrem Bestand von Art und Umfang der Mitglieder6 sowie die beschränkte Haftung der Gesellschafter einer KapGes.7 Auch diese Rspr. wird im Schrifttum kritisiert.8 Es gebe keine Rechtfertigung dafür, bei KapGes. stets von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen. Die rechtsformbezogenen Unterschiede zwischen Personenunternehmen und KapGes. beschrieben lediglich die eigenständige Rechtspersönlichkeit einer juristischen Person. Stellungnahme. Im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008, durch die eine von der Rechtsform unabhängige Belastung bei Personenunternehmen und KapGes. erreicht werden sollte, wurde die Gesamtsteuerbelastung von KapGes. unter Berücksichtigung der GewSt kalkuliert.9 Bei einer Ausnahme von land- und forstwirtschaftlich, freiberuflich bzw. vermögensverwaltend tätigen KapGes. aus der GewStPfl. würde deren Steuerbelastung daher – auch unter Berücksichtigung der Ausschüttungsbelastung der erzielten Gewinne – regelmäßig unter die Einkommensteuerbelastung von land- und forstwirtschaftlich, freiberuflich oder vermögensverwaltend tätigen natürlichen Personen sinken. KapGes. würden ggü. natürlichen Personen bevorteilt. Bei dieser Ausgangslage ist Art. 3 GG ab dem EZ 2008 bereits im Ansatz nicht geeignet, aus Gleichheitsgründen die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG infrage zu stellen. Umgekehrt stellt sich die Frage, ob gewstl. Begünstigungen, die historisch eine Angleichung der Steuerbelastung von KapGes. an natürliche Personen zum Ziel hatten, noch berechtigt sind bzw. seit dem EZ 2008 als Verstoß gegen Art. 3 GG anzusehen sind. Das gilt zB für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.10

1 Keß, FR 2008, 829 (830). 2 Hartmann, BB 2008, 2490 (2494 f.). 3 BFH v. 20.10.1976 – I R 148/74, BStBl. II 1977, 10; v. 8.6.1977 – I R 40/75, BStBl. II 1977, 668; v. 3.12.2003 – IV B 192/03, BStBl. II 2004, 303 = FR 2004, 466. 4 BVerfG v. 21.3.1977 – 1 BvR 1/77, HFR 1977, Nr. 264; v. 23.12.1977 – 1 BvR 715/77, HFR 1978, Nr. 78; v. 24.3.2010 – 1 BvR 2130/09, HFR 2010, 756 = FR 2010, 670. 5 BFH v. 3.12.2003 – IV B 192/03, BStBl. II 2004, 303 = FR 2004, 466. 6 BFH v. 3.12.2003 – IV B 192/03, BStBl. II 2004, 303 = FR 2004, 466. 7 BVerfG v. 24.3.2010 – 1 BvR 2130/09, HFR 2010, 756 = FR 2010, 670. 8 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3014; vgl. auch Roser/Tesch, FR 1998, 183 zur unterschiedlichen Behandlung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen bei GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG. 9 BT-Drucks. 16/5377, 1. 10 Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die von einem kraft Rechtsform gewstpfl. Unternehmen erzielten Erträge aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der GewSt freizustellen, um eine Gleichstellung insbes. mit natürlichen Personen zu erreichen, die (gewerbesteuerfreie) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen; vgl. BFH v. 24.1.2012 – I B 136/11, BFH/NV 2012, 1176 mwN. Infolge der Unternehmensteuerreform 2008 bleibt die Gesamtsteuerbelastung von Körperschaften, die die erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen, aber deutlich hinter der Einkommensteuerbelastung von natürlichen Personen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zurück. Aus einer der Gleichbehandlung dienenden Vorschrift ist damit faktisch eine Subventionsnorm für grundstücksverwaltende Körperschaften geworden.

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§ 2 Rz. 11 Steuergegenstand 2. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 11

Verhältnis zu § 2a GewStG. Die sachliche GewStPfl. von Arbeitsgemeinschaften, deren alleiniger Zweck in der Erfüllung eines einzigen Werkvertrags oder Werklieferungsvertrags besteht, wird durch § 2a Satz 1 GewStG aufgehoben (Fiktion des Nichtvorliegens eines Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Verhältnis zu § 5 GewStG. Die sachliche GewStPfl. iSd. § 2 GewStG ist von der persönlichen GewStPfl. iSd. § 5 GewStG abzugrenzen. Während § 2 GewStG den Besteuerungsgegenstand der GewSt regelt und damit eine unmittelbare Auswirkung auf die Ermittlung des Gewerbeertrags hat, bestimmt § 5 GewStG, wem der Besteuerungsgegenstand und die damit verbundene Steuerschuld zuzurechnen sind.1 Die persönliche GewStPfl. bestimmt demnach, wer die Folgen aus der sachlichen GewStPfl. (Zahlung der GewSt) zu tragen hat. Verhältnis zu § 7 Satz 1 GewStG. Die unterschiedlichen Regelungen zur sachlichen GewStPfl. bei Gewerbebetrieben iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG (Gewerbebetrieb iSd. EStG), Gewerbebetrieben iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG (Gewerbebetrieb kraft Rechtsform) und Gewerbebetrieben iSd. § 2 Abs. 3 GewStG (Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb) wirken sich unmittelbar auf die Ermittlung des Gewerbeertrags iSd. § 7 Satz 1 GewStG aus. Das gilt zB für die Berücksichtigung von vorweggenommenen Betriebsausgaben, die nur bei Gewerbebetrieben iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG in den Gewerbeertrag einzubeziehen sind.2 Gleiches gilt für die GewStPfl. von Betriebsveräußerungsund Betriebsaufgabegewinnen, die – unbeschadet von § 7 Satz 2 GewStG – nur bei Gewerbebetrieben iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG zum Gewerbeertrag gehören.3 Verhältnis zu § 7 Satz 2 GewStG. Die in § 7 Satz 2 GewStG angeordnete GewStPfl. von Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinnen bei Mitunternehmerschaften wirkt sich nicht auf den Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung der sachlichen GewStPfl. iSd. § 2 GewStG einer Mitunternehmerschaft aus.4 Verhältnis zu § 7 Satz 7 bis 9 GewStG. Die Anwendung des § 7 Satz 7 bis 9 GewStG setzt – nicht anders als die Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG5 – die Existenz eines Besteuerungssubjekts iSd. § 2 GewStG voraus. Eine inländ. Betriebstätte iSd. § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG wird durch § 7 Satz 7 bis 9 GewStG nicht fingiert.6 Der in § 7 Satz 7 bzw. 8 GewStG angeordnete Einbezug von Hinzurechnungsbeträgen iSd. § 10 Abs. 1 AStG bzw. von Betriebsstätteneinkünften iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG in den Gewerbeertrag greift daher nur, wenn das betroffene Unternehmen eine inländ. Betriebsstätte iSd. § 12 AO hat, mit der es nach § 2 GewStG sachlich gewstpfl. ist. Verhältnis zu § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG. § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG setzt die Inlandsbegrenzung der GewSt um, indem der auf nicht im Inland belegene Betriebsstätten entfallende Teil des Gewerbeertrags von der Ausgangsgröße iSd. § 7 Satz 1 GewStG gekürzt wird.7 Da ausländ. Betriebsstätten schon gem. § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 GewStG nicht in die sachliche GewStPfl. einzubeziehen sind, hat § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG nur deklaratorische Bedeutung und ergänzt insoweit das Territorialitätsprinzip (vgl. auch § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 1 und 8).8 Verhältnis zu § 10a GewStG. Das sich aus § 2 GewStG ergebende Objektsteuerprinzip der GewSt ist Rechtsgrund dafür, das Merkmal der Unternehmensidentität beim gewstl. Verlustabzug zu prüfen.9 Die Regelungen zum gewstl. Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG sind durch den Verweis in § 10a Satz 8 GewStG zudem Grundlage für das zum gewstl. Verlustabzug erforderliche Merkmal der Unternehmeridentität.10 1 BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 29. 2 BFH v. 5.3.1998 – IV R 23/97, BStBl. II 1998, 745 mwN. 3 BFH v. 5.9.2001 – I R 27/01, BStBl. II 2002, 155 = FR 2002, 39 m. Anm. Wendt. 4 BFH v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt. 5 Vgl. BFH v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 Rz. 35 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt. 6 Vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 419 mwN. 7 BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743. 8 BFH v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140. 9 BFH v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81 mwN; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 mwN. 10 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616.

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B. Voraussetzungen für die sachliche Gewerbesteuerpflicht (Abs. 1 Satz 1)

Rz. 15 § 2

Verhältnis zu § 35a GewStG. Abweichend von § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG gilt bei Reisegewerbetreibenden vorrangig § 35a GewStG (lex specialis) (vgl. § 35a GewStG Rz. 6).1 § 35a GewStG erweitert den Kreis der GewStPfl. um die Reisegewerbebetriebe. § 35a GewStG hat unmittelbare Auswirkung auf das Tatbestandsmerkmal des „stehenden“ Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG, weil nach § 1 GewStDV jeder Gewerbebetrieb einen stehenden Gewerbebetrieb darstellt, der kein Reisegewerbebetrieb iSd. § 35a Abs. 2 GewStG ist. 3. Verhältnis zu Vorschriften anderer Gesetze Verhältnis zu § 12 AO. Der Begriff der Betriebsstätte iSd. § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG ergibt sich aus 12 § 12 AO und ist grds. deckungsgleich auszulegen (s. Rz. 88 f.). Verhältnis zu § 14 AO. Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs iSd. § 2 Abs. 3 GewStG ergibt sich aus § 14 AO und ist deckungsgleich auszulegen (s. Rz. 169 ff.). Verhältnis zu § 15 EStG. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG nimmt Bezug auf das Vorliegen eines gewerblichen Unternehmens iSd. EStG, sodass der einkommensteuerliche Begriff des Gewerbebetriebs grds. maßgebend für die sachliche GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG ist (s. Rz. 20). Verhältnis zum InvStG. Investmentfonds iSd. InvStG gelten gem. § 15 Abs. 1 InvStG als sonstige juristische Personen des privaten Rechts nach § 2 Abs. 3 GewStG.

B. Voraussetzungen für die sachliche Gewerbesteuerpflicht (Abs. 1 Satz 1) I. Vorbemerkung Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt der GewSt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im 13 Inland betrieben wird. Es handelt sich um die Kernvorschrift des § 2 GewStG, aus der sich die Voraussetzungen für die sachliche GewStPfl. ergeben (s. Rz. 2).

II. Gewerbebetrieb 1. Formen des Gewerbebetriebs Was unter einem Gewerbebetrieb iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GewStG. Danach sind drei Formen des Gewerbebetriebs zu unterscheiden: – Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG), – Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG), – Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 2 Abs. 3 GewStG). 2. Rangverhältnis der verschiedenen Formen des Gewerbebetriebs Der Gewerbebetrieb kraft Rechtsform iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG ist ggü. dem Gewerbebetrieb 15 kraft Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG vorrangig. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG sind bei den unter § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG fallenden StPfl. nicht zu prüfen.2 § 2 Abs. 3 GewStG gilt im Verhältnis zu § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG nur subsidiär. Liegen die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG vor, ist die Anwendung des § 2 Abs. 3 GewStG ausgeschlossen.3

1 Hofmeister in Blümich, § 35a GewStG Rz. 3; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35a GewStG Rz. 6. 2 BFH v. 8.6.1977 – I R 40/75, BStBl. II 1977, 668; v. 8.10.1986 – I R 155/84, BFH/NV 1987, 564; v. 22.8.1990 – I R 67/88, BStBl. II 1991, 250 = FR 1991, 152. 3 BFH v. 5.6.1985 – I S 2/85, I S 3/85, BFH/NV 1986, 433; R 2.1 Abs. 5 Satz 2 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 204.

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§ 2 Rz. 16 Steuergegenstand Die Anwendungsbereiche des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG und des § 2 Abs. 3 GewStG schließen sich aus, weil § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG und § 2 Abs. 3 GewStG für unterschiedliche Körperschaften gelten; § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG insbes. für KapGes., Genossenschaften und Versicherungs- und Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit (s. Rz. 111 ff.) und § 2 Abs. 3 GewStG insbes. für rechtsfähige und nicht rechtsfähige Vereine sowie rechtsfähige Stiftungen (s. Rz. 164 ff.). 16

Zu den Folgen des Wechsels zwischen der GewStPfl. nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und der GewStPfl. nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG bei der Vorgesellschaft einer AG, KGaA oder GmbH s. Rz. 115 ff. Zu den Folgen des Wechsels zwischen der GewStPfl. nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und der GewStPfl. nach § 2 Abs. 3 GewStG bei Körperschaften iSd. § 2 Abs. 3 GewStG s. Rz. 178. Zur Zusammenfassung von Gewerbebetrieben und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben von Körperschaften iSd. § 2 Abs. 3 GewStG s. Rz. 46, 175.

III. „Stehender“ Gewerbebetrieb 17

„Stehender“ Gewerbebetrieb iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist gem. § 1 GewStDV jeder Gewerbebetrieb, der kein Reisegewerbebetrieb iSd. § 35a Abs. 2 GewStG ist. Das Tatbestandsmerkmal dient daher lediglich der Negativabgrenzung zum Reisegewerbebetrieb und ist für die Beantwortung der Frage, ob ein Unternehmen der GewSt unterliegt, letztlich irrelevant. Sofern im Rahmen eines einheitlichen Gewerbebetriebs sowohl ein stehendes Gewerbe als auch ein Reisegewerbe betrieben wird, ist gem. § 35a Abs. 2 Satz 2 GewStG der Betrieb in vollem Umfang als stehendes Gewerbe – und damit als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG sachlich gewstpfl. Unternehmen – zu behandeln.1 Bei der Beurteilung der Frage, ob ein stehendes Gewerbe und ein Reisegewerbe einen einheitlichen Gewerbebetrieb bilden, sind die allg. Grundsätze zur Abgrenzung selbstständiger Gewerbebetriebe anzuwenden (s. Rz. 22 ff. zum Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, Rz. 120 zum Gewerbebetrieb kraft Rechtsform iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG und Rz. 174 zum Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs iSd. § 2 Abs. 3 GewStG).2

IV. Betrieb im Inland 18

Die GewSt ist territorial auf das Inland begrenzt.3 Das GewStG kennt im Unterschied zum EStG und zum KStG keine Abgrenzung zwischen unbeschränkter und beschränkter StPfl.;4 auch ein „Weltgewerbeertragsprinzip“ gibt es nicht (vgl. den Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG: „soweit er im Inland betrieben wird“).5 Es unterliegt vielmehr jeder Gewerbebetrieb nur mit dem auf inländ. Betriebsstätten entfallenden Gewerbeertrag der GewSt, gleich, ob der Unternehmensinhaber seinen Sitz im In- oder Ausland hat.6 Der Begriff des „Betriebs im Inland“ wird im Einzelnen in § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG definiert.

C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2) I. Vorbemerkung 19

§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG enthält eine Definition des Begriffs des Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG (s. Rz. 14). Zum Rangverhältnis zu den Begriffen des Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG bzw. § 2 Abs. 3 GewStG s. Rz. 15. Zur Verfassungsmäßigkeit der Ausnahme von Ein1 2 3 4 5

R 2.1 Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009; H 2.1 Abs. 3 „Allgemeines“ GewStH 2016. R 2.1 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009 iVm. H 2.1 Abs. 3 „Einheitlicher Gewerbebetrieb“ GewStH 2016. BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743. Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 35. Vgl. BFH v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140 zur lediglich deklaratorischen Wirkung des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG; vgl. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 13, der aufgrund der Inlandsbegrenzung der GewSt davon ausgeht, dass gewerbesteuerrechtlich stets eine beschränkte StPfl. besteht. 6 Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 35.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 21 § 2

künften Land- und Forstwirtschaft gem. § 13 EStG und Einkünften aus selbstständiger Arbeit gem. § 18 EStG aus der GewStPfl. s. Rz. 9.

II. Maßgeblichkeit des Begriffs des Gewerbebetriebs iSd. EStG Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist unter einem Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen iSd. 20 EStG zu verstehen. Maßgebend ist danach der Begriff des Gewerbebetriebs iSd. § 15 Abs. 2 EStG.1 Mithin gelten die allg. einkommensteuerlichen Grundsätze für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs.2 Es muss sich um eine selbstständige nachhaltige Betätigung handeln, die mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird und sich als Beteiligung am allg. wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Es darf sich nicht um Land- und Forstwirtschaft iSd. § 13 EStG, um selbstständige Arbeit iSd. § 18 EStG oder um Vermögensverwaltung handeln. Auf die entsprechenden Kommentierungen zum EStG wird verwiesen. Folge der Anknüpfung an den Begriff des Gewerbebetriebs iSd. § 15 Abs. 2 EStG ist zB, dass das Besitzunternehmen bei einer Betriebsaufspaltung der GewSt unterliegt.3 Gleiches gilt für eine Tätigkeit, die aufgrund der Abgrenzungskriterien zum gewerblichen Grundstückshandel als gewerblich einzuordnen ist.4 Nicht der GewSt unterliegen – vorbehaltlich des § 2 Abs. 4 GewStG – ruhende Gewerbebetriebe iSd. 21 EStG, und zwar auch dann, wenn die entsprechenden Einkünfte einkommensteuerlich als gewerbliche Einkünfte iSd. § 15 EStG erfasst werden. Das gilt sowohl für Fälle der Betriebsverpachtung im Ganzen (Betriebsunterbrechung im weiten Sinne)5 als auch im Fall einer bloßen Betriebsunterbrechung (Betriebsunterbrechung im engen Sinne);6 § 16 Abs. 3b EStG gilt demnach für die GewSt nicht.7 Hintergrund ist, dass im Fall einer Betriebsverpachtung bzw. einer bloßen Betriebsunterbrechung die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG nicht erfüllt sind. Es wird keine werbende Tätigkeit mehr ausgeübt;8 außerdem überschreitet die Vermietung bzw. Verpachtung eines Betriebs für sich genommen nicht die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung.9 Sofern die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG im Fall eines verpachteten Gewerbebetriebs aus anderen Gründen – wie zB aufgrund einer Betriebsaufspaltung oder einer gewerblichen Prägung iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG – erfüllt sind, unterliegt der Betrieb nach allg. Grundsätzen der GewSt.10 Auch Gewinne und Verluste aus einer Teilbetriebsverpachtung unterliegen grds. nicht der GewSt.11 Das gilt nicht, wenn die Verpachtung des Teilbetriebs iRd. gesamten Gewerbebetriebs vorgenommen 1 BFH v. 29.10.1997 – X R 112/94, X R 153/94, BFH/NV 1998, 853; v. 27.11.2008 – IV R 72/06, BFH/NV 2009, 791; v. 20.2.2013 – GrS 1/12, BStBl. II 2013, 441 = FR 2013, 810; R 2.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 2; Sarrazin in Lenki/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 56. 2 H 2.1 Abs. 1 „Begriffsmerkmale“ GewStH 2016. 3 ZB BFH v. 28.1.1982 – IV R 100/78, BStBl. II 1982, 479 = FR 1982, 309; 7.9.2005 – I R 119/04, BFH/NV 2006, 606; v. 19.3.2009 – IV R 78/06, BStBl. II 2009, 803 = FR 2009, 1060. 4 ZB BFH v. 20.2.2003 – III R 10/01, BStBl. II 2003, 510 = FR 2003, 717; v. 18.3.2004 – III R 25/02, BStBl. II 2004, 787 = FR 2004, 1001; v. 17.12.2008 – IV R 77/06, BStBl. II 2009, 791 = FR 2009, 864 m. Anm. Kanzler. 5 Vgl. zum Begriff der Betriebsverpachtung im Ganzen zB BFH v. 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. III 1964, 124; v. 28.8.2003 – IV R 20/02, BStBl. II 2004, 10 = FR 2003, 1166; v. 11.10.2007 – X R 39/04, BStBl. II 2008, 220 = FR 2008, 424 m. Anm. Kanzler; Wacker in Schmidt37, § 16 EStG Rz. 690 ff. mwN; vgl. zur fehlenden sachlichen GewStPfl. in entsprechenden Fällen: BFH v. 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. III 1964; v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735 = FR 1998, 1004; R 2.2 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 252; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5008; Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1057. 6 Vgl. zum Begriff der bloßen Betriebsunterbrechung zB: BFH v. 26.2.1997 – X R 31/95, BStBl. II 1997, 561; Wacker in Schmidt37, § 16 EStG Rz. 181 ff. mwN; vgl. zur fehlenden GewStPfl. in entsprechenden Fällen: FG BerlinBdb. v. 14.5.2014 – 7 K 7195/10, rkr., EFG 2014, 1690; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 577. 7 Vgl. BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 37 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. 8 BFH v. 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. III 1964; v. 3.4.2014 – X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038. 9 BFH v. 8.11.1971 – GrS 2/71, BStBl. II 1972, 63; v. 4.4.2007 – I R 55/06, BStBl. II 2007, 725 = FR 2007, 925. 10 H 2.2 „Verpachtung eines Betriebs im Ganzen oder eines Teilbetriebs als Gewerbebetrieb“ GewStH 2016 mwN. 11 RFH v. 24.3.1937 – VI A 495/36, RStBl. 1937, 939; BFH v. 5.10.1976 – VIII R 62/72, BStBl. II 1977, 42; v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735 = FR 1998, 1004; R 2.2 Satz 1 f. GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5605.

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§ 2 Rz. 22 Steuergegenstand wird und damit Bestandteil des weiterhin gewerblich tätigen „Restbetriebs“ ist.1 Hiervon ist auszugehen, wenn ein wesentlicher wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem verpachteten Teilbetrieb und dem „Restbetrieb“ des Verpächters bestehen bleibt und der Verpächter einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Pächters ausüben kann.2 Bei Mitunternehmerschaften, die nach der Verpachtung des Teilbetriebs weiterhin eine (andere) originär gewerbliche Tätigkeit iSd. § 15 Abs. 2 EStG ausüben, kommt aufgrund von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG eine „Steuerfreistellung“ von Gewinnen bzw. Verlusten aus einer Teilbetriebsverpachtung nicht in Betracht.3

III. Einzelheiten zum Begriff des Gewerbebetriebs iSd. EStG 1. Natürliche Personen a) Gleichzeitiges Betreiben mehrerer Gewerbebetriebe 22

Ein Einzelunternehmer kann aufgrund der Objektbezogenheit der GewSt mehrere Gewerbebetriebe gleichzeitig betreiben, die jeweils für sich genommen gewstpfl. sind.4 Hierbei kommt es auf die sachliche Selbstständigkeit des Unternehmens an.5

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Rechtsprechung des BFH. Relevante Merkmale, die für einen einheitlichen Gewerbebetrieb sprechen, sind insbes. die Gleichartigkeit der Betätigung, die Möglichkeit, dass sich die verschiedenen Tätigkeiten ergänzen, sowie die räumliche Nähe der Betriebe.6 Ebenfalls zu berücksichtigen ist, ob eine gesonderte Verwaltung und Geschäftsführung, eine selbstständige Organisation, ein eigenes Rechnungswesen, eigene Arbeitnehmer und eigenes Anlagevermögen gegeben sind.7 Ein einheitlicher Gewerbebetrieb liegt vor, wenn unter Berücksichtigung der genannten Merkmale im Rahmen einer Gesamtwürdigung ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den Betätigungen besteht.8 Dem Merkmal des wirtschaftlichen Zusammenhangs, der bei gleichartigen oder sich ergänzenden Tätigkeiten vorliegt, kommt dabei eine besondere Bedeutung zu;9 bei ungleichartigen und sich auch nicht ergänzenden Tätigkeiten ist eine Zusammenfassung zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb ausgeschlossen.10 Gleichartige und in räumlicher Nähe ausgeübte gewerbliche Tätigkeiten sind als eigenständige Gewerbebetriebe einzuordnen, wenn keine Verbindung wirtschaftlicher, finanzieller und organisatorischer Art gegeben ist.11 Verwaltungsauffassung. Es ist insbes. auf die Gleichartigkeit bzw. Ungleichartigkeit der Betätigung abzustellen. Bei Betrieben verschiedener Art ist – auch wenn diese in einer Gemeinde betrieben werden12 – grds. von selbstständigen Gewerbebetrieben auszugehen;13 eine Ausnahme wird für verschiedenartige Tätigkeiten innerhalb einer Gemeinde angenommen, die sich ergänzen.14 Bei Betrieben gleicher Art geht die Verwaltung von einem einheitlichen Gewerbebetrieb aus, wenn die Betriebe eine wirtschaftliche Einheit darstellen.15 Sofern sich die Betriebe in verschiedenen Gemeinden befinden, 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

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BFH v. 5.10.1976 – VIII R 62/72, BStBl. II 1977, 42. BFH v. 5.10.1976 – VIII R 62/72, BStBl. II 1977, 42. BFH v. 13.10.1977 – IV R 174/74, BStBl. II 1978, 73; krit. hierzu Behrens/Braun, BB 2013, 926 (929). BFH v. 25.4.1989 – VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261; v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29; R 2.4 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 36. R 2.1 Abs. 1 Satz 3 f. GewStR 2009. BFH v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29; v. 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252. BFH v. 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. II 1997, 573 = FR 1997, 540; v. 15.9.2010 – X R 21/08, BFH/NV 2011, 235; v. 28.12.2009 – III B 266/08, BFH/NV 2010, 642. BFH v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; v. 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252; vgl. zu den Begriffen des wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Zusammenhangs Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 40. BFH v. 20.3.2013 – X R 38/11, BFH/NV 2013, 1125. BFH v. 31.1.2006 – III B 29/05, BFH/NV 2006, 1152. BFH v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29. R 2.4 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. R 2.4 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009. R 2.4 Abs. 1 Satz 3 GewStR 2009. R 2.4 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 25 § 2

soll hiervon auszugehen sein, wenn sich die wirtschaftlichen Beziehungen über die Grenzen der politischen Gemeinden hinaus erstrecken.1 Stellungnahme. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Verwaltung hiermit qualitativ von der Rspr. des BFH abweichen möchte. Soweit ersichtlich, werden die zu der Thematik ergangenen BFH-Urt. von der Verwaltung allg. angewandt. Hauptkriterien iRd. vorzunehmenden Gesamtwürdigung sind sowohl nach der Rspr. des BFH als auch nach der Verwaltungsauffassung die räumliche Nähe und die Gleichartigkeit/Ungleichartigkeit der Tätigkeiten, wobei sich ergänzende Tätigkeiten wie gleichartige Tätigkeiten zu behandeln sind. Einzelfälle aus der Rechtsprechung des BFH. 24 – Das Betreiben einer Fotovoltaikanlage auf dem Betriebsgebäude eines Einzelhandels hat der BFH aufgrund der Ungleichartigkeit der Tätigkeiten als selbstständige Gewerbebetriebe beurteilt. Im Streitfall war der erzeugte Strom vollständig an den örtlichen Energieversorger abgegeben worden.2 – Dagegen ist der BFH beim Betreiben eines Elektroinstallationsunternehmens und einer Fotovoltaikanlage von einem einheitlichen Gewerbebetrieb ausgegangen. Der Streitfall wies die Besonderheit auf, dass der Einzelunternehmer über sein Elektroinstallationsunternehmen zugleich Fotovoltaikanlagen vertrieb und montierte. Der BFH ist deswegen von sich wechselseitig ergänzenden Tätigkeiten ausgegangen.3 – Beim Betrieb zweier Tankstellen mit getrennter Buchführung, getrenntem Personal, getrenntem Wareneinkauf und selbstständig genutzten Betriebsanlagen ist der BFH unabhängig davon, dass die Tankstellen in einer Gemeinde lagen, von getrennten Gewerbebetrieben ausgegangen.4 – Den Betrieb mehrerer Edeka-Läden in einer Gemeinde mit gemeinsamem Einkauf, gemeinsamer Werbung und gegenseitiger Aushilfe mit Waren und Personal hat der BFH als einheitlichen Gewerbebetrieb beurteilt. Als unmaßgebend hat der BFH dabei die getrennte Buchführung, das Führen eines gesonderten Bankkontos und die Betrauung einer gesonderten Filialleitung angesehen.5 – Den Betrieb eines Tabakwareneinzelhandels nebst Zeitschriftenverkauf und einer Toto-/Lottoannahmestelle in einem Ladenlokal mit gemeinsamen Personal, aber getrennter Kassenführung und getrennten Aufzeichnungen hat der BFH als einheitlichen Gewerbebetrieb beurteilt.6 – Einen Betrieb zur Herstellung von Bratwürsten und einen Großhandel Heilpflanzen hat der BFH insbes. aufgrund der Ungleichartigkeit der Tätigkeiten als getrennte Gewerbebetriebe behandelt. Der Aufstellung eines einheitlichen Jahresabschlusses hat der BFH keine Bedeutung beigemessen, weil das lediglich die Rechtsauffassung des Unternehmers dokumentiere und nichts an den objektiven Gegebenheiten ändere.7 – Beim Betreiben mehrerer Münzwaschsalons, einer Rohrbiegerei und der Entwicklung von Flugzeugmotoren hat der BFH drei selbständige Gewerbebetriebe angenommen. Bei ungleichartigen Betätigungen könne ein einheitlicher Gewerbebetrieb nur vorliegen, wenn sich die verschiedenen Betätigungen einander ergänzten, wofür es im Streitfall keine Anhaltspunkte gab.8 b) Betreiben verschiedener Gewerbebetriebe nacheinander Sofern sich die Geschäftstätigkeit eines Einzelunternehmens verändert bzw. der Betrieb an einen an- 25 deren Ort verlegt wird, ist zu prüfen, ob die zeitlich nacheinander ausgeübten Tätigkeiten einen einheitlichen Gewerbebetrieb oder voneinander getrennte Gewerbebetriebe darstellen.9 Hierfür ist da1 2 3 4 5 6 7 8 9

R 2.4 Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009. BFH v. 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252. BFH v. 15.9.2010 – X R 21/08, BFH/NV 2011, 235. BFH v. 25.4.1989 – VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261. BFH v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29. BFH v. 19.11.1985 – VIII R 310/83, BStBl. II 1986, 719. BFH v. 20.3.2013 – X R 38/11, BFH/NV 2013, 1125. BFH v. 31.1.2006 – III B 29/05, BFH/NV 2006, 1152. BFH v. 24.6.1976 – IV R 200/72, BStBl. II 1976, 672; v. 11.3.1982 – IV R 25/79, BStBl. II 1982, 707 = FR 1982, 489; v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt.

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§ 2 Rz. 26 Steuergegenstand nach abzugrenzen, ob eine Aufgabe der bisherigen Tätigkeit und eine Neueröffnung eines neuen Betriebs gegeben ist (zwei sachlich gewstpfl. Betriebe) oder ob eine identitätswahrende Betriebsverlegung bzw. Betriebsumstellung vorliegt (ein durchgängig sachlich gewstpfl. Betrieb). Nach der Rspr. des BFH ist darauf abzustellen, ob der „bisherige“ und der „neue“ Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung identisch sind.1 Die hierbei anzuwendenden Kriterien entsprechen denjenigen, die auch bei der Beantwortung der Frage maßgebend sind, ob ein Einzelunternehmer mehrere Betriebe gleichzeitig betreibt (s. Rz. 22 ff.).2 So spricht eine fehlende Gleichartigkeit der Betätigungen dagegen, dass die neue und die alte Tätigkeit einen einheitlichen Gewerbebetrieb bilden.3 Zu berücksichtigende Faktoren können außerdem die Übernahme von Kunden in den neuen Betrieb, die räumliche Entfernung des alten und des neuen Firmensitzes, die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern sowie die Übernahme des Warenbestands und des AV sein.4 Die Frage, ob zwei nacheinander ausgeübte Tätigkeiten einen einheitlichen oder zwei voneinander zu trennende Gewerbebetriebe darstellen, prüft der BFH vielfach iRd. Verlustabzugs nach § 10a GewStG beim Merkmal der Unternehmensidentität5 bzw. bei der Beantwortung der Frage, ob ein nicht der GewSt unterliegender Veräußerungs- oder Aufgabegewinn6 vorliegt. Grund hierfür ist, dass Rechtfertigung sowohl für das Merkmal der Unternehmensidentität als auch für den Nichteinbezug von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen in den Gewerbeertrag die Begrenzung der sachlichen GewStPfl. auf den einzelnen Gewerbebetrieb ist (Objektsteuerprinzip).7 UE sind die Merkmale deswegen „einheitlich“ auszulegen. Dh.: Ein Verlust der Unternehmensidentität iSd. § 10a GewStG und eine gewstl. Begünstigung eines Veräußerungs- und Aufgabegewinns kommen – von Übertragungen/Aufgaben von Mitunternehmeranteilen bzw. Teilbetrieben abgesehen – nur in Betracht, wenn gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Beendigung der sachlichen GewStPfl. aufgrund einer Betriebseinstellung vorliegen (s. dazu auch § 7 GewStG Rz. 57 ff.). 26

Einzelfälle aus der Rechtsprechung des BFH: – Im Fall eines Versicherungsvertreters, der nach seinem Ausscheiden als Bezirksdirektor noch geringfügige Provisionen für Neuvermittlungen erhalten hat, hat der BFH zwei getrennte Gewerbebetriebe angenommen, ua., weil der Kundenstamm auf die Versicherung übertragen, die bisherigen Büroräume aufgegeben und die Geschäftseinrichtung veräußert worden waren und weil die Tätigkeiten nicht gleichartig gewesen seien.8 – Im Fall eines Wechsels vom Betrieb einer Großgaststätte zu einem Selbstbedienungsrestaurant in verschiedenen Räumlichkeiten innerhalb einer Gemeinde ist der BFH aufgrund der Gleichartigkeit der Tätigkeiten (Abgabe von Speisen und Getränken), der Übernahme eines Teils der Arbeitnehmer und des AV sowie der unveränderten Geschäftsleitung zu dem Ergebnis gelangt, dass ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegt.9

1 BFH v. 11.3.1982 – IV R 25/79, BStBl. II 1982, 707 = FR 1982, 489; v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt. 2 BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425. 3 BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. II 1997, 573 = FR 1997, 540. 4 Vgl. BFH v. 24.6.1976 – IV R 200/72, BStBl. II 1976, 672; v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. II 1997, 573 = FR 1997, 540. 5 ZB BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666; v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 7.11.2006 – VIII R 30/05, BStBl. II 2007, 723 = FR 2007, 708 m. Anm. Wendt. 6 ZB BFH v. 24.6.1976 – IV R 200/72, BStBl. II 1976, 672; v. 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. II 1997, 573 = FR 1997, 540. 7 Vgl. zum Merkmal der Unternehmensidentität: BFH v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138; vgl. zum Nichteinbezug von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen in den Gewerbeertrag: BFH v. 20.12.1963 – VI 336/62 U, BStBl. III 1964, 248; v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 = FR 1988, 79; v. 4.3.1998 – X R 56/95, BFH/NV 1998, 1354; v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761. 8 BFH v. 18.12.1996 – XI R 63/96, BStBl. II 1997, 573 = FR 1997, 540. 9 BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 27 § 2

– Den Tätigkeitswechsel von einem Kaufhaus zu einer Immobilienvermittlung1 bzw. von einem Großhandel zu einer Maklertätigkeit2 hat der BFH jeweils als Beendigung des alten Betriebs und Neugründung eines neuen Betriebs gewürdigt. – Bei der Verlegung eines Lebensmittelgeschäfts an einen mehr als 10 km entfernten Ort hat der BFH getrennte Gewerbebetriebe angenommen. Er hat dabei ua. darauf abgestellt, dass bei der Verlegung eines Lebensmittelgeschäfts um diese Entfernung die bisherige Kundschaft verloren geht.3 Dementsprechend hat der BFH in einem weiteren Fall, in dem ein neuer Markt in ca. 600 km Entfernung errichtet worden war, ebenfalls zwei getrennte Gewerbebetriebe angenommen.4 In seinem Urt. v. 17.3.2010 hat der BFH5 darauf hingewiesen, dass regelmäßig keine Betriebseinstel- 27 lung vorliegt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen, insbes. WG mit erheblichen stillen Reserven, ohne Realisierung dieser Reserven in den neuen Betrieb überführt werden. Hierdurch werde die wirtschaftliche Identität der ursprünglichen und der jetzigen Betätigung gewahrt. Es handle sich um den nämlichen Betrieb. Nach den Urteilsgrundsätzen wäre bei zwei nacheinander ausgeübten Tätigkeiten in der Regel von einem einheitlichen Gewerbebetrieb auszugehen, wenn eine funktional oder quantitativ wesentliche Betriebsgrundlage ohne Aufdeckung der stillen Reserven in den „neuen Betrieb“ überführt wird. Stellungnahme. Der Rspr. ist nicht zuzustimmen. Die Tatsache, dass ein funktional wesentliches WG des AV im „neuen Betrieb“ weiterhin benutzt wird, kann ein Indiz dafür sein, dass der bisherige Gewerbebetrieb nicht eingestellt worden ist, sondern ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegt. Gleichwohl muss es bei der erforderlichen Gesamtbeurteilung aller Umstände bleiben. Wenn selbst den Merkmalen der räumlichen Nähe und der Gleichartigkeit der Tätigkeiten nur eine – wenn auch starke – Indizwirkung zukommt, kann für den Fall der Übernahme eines oder der WG des AV nichts anderes gelten. Es ist nicht sachgerecht, hierin ein quasi alleinentscheidendes Merkmal für die Abgrenzung zwischen einer Betriebseinstellung und -fortführung zu erkennen. Letztlich kann es für die Frage, ob eine Betriebseinstellung oder -fortführung vorliegt, nicht darauf ankommen, ob die stillen Reserven in den wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgedeckt worden sind. Das ist nur für Zwecke der §§ 16, 34 EStG aufgrund deren besonderem Normzweck von Bedeutung (s. § 7 GewStG Rz. 57 ff.). Für die Frage, ob gewstl. eine Betriebseinstellung vorliegt, ist dagegen auf die Einstellung der tatsächlichen gewerblichen Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 Abs. 2 EStG abzustellen. Im Übrigen verträgt sich die Rspr. nicht mit der Rspr. des BFH zu § 6 Abs. 3 EStG, wonach eine nach § 6 Abs. 3 EStG begünstigte Übertragung einer betrieblichen Sachgesamtheit auch bei gleichzeitiger Entnahme oder (Buchwert-)Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen vorliegt, sofern die betriebliche Sachgesamtheit als funktionsfähige betriebliche Einheit beim Übernehmer erhalten geblieben ist.6 Beispiel: A ist Inhaber eines Einzelunternehmens, zu dessen BV ein funktional wesentliches Grundstück gehört. A überträgt das Einzelunternehmen mit Ausnahme des Grundstücks am 1.1.01 auf seinen Sohn B, der das Unternehmen iÜ unverändert auf einem neuen Betriebsgrundstück fortführt. Das alte Betriebsgrundstück überlässt A ab dem 1.1.01 an die B-GmbH, deren Alleingesellschafter er ist. Die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung liegen vor, das Grundstück geht gem. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG zum Buchwert in das Besitzunternehmen über. Lösung: Nach der Rspr. des BFH liegt einkommensteuerlich eine nach § 6 Abs. 3 EStG begünstigte Betriebsübertragung auf den Sohn vor, da das Einzelunternehmen beim B als funktionsfähige betriebliche Einheit erhalten bleibt (Betriebsfortführung durch B). Gewerbesteuerlich geht der BFH dagegen wohl davon aus, dass der Betrieb von A selbst fortgeführt wird, weil das alte Betriebsgrundstück zum Buchwert in das Besitzunternehmen überführt worden ist (Betriebsfortführung durch A). UE widersprechen sich diese Annahmen. Auch gewstl. ist dem Grunde nach eine Betriebsfortführung durch den B anzunehmen; nur aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 5 GewStG kommt es zu einer Beendigung der sachlichen GewStPfl. beim A und zu einem Neubeginn der sachlichen GewStPfl. bei B.

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BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666. BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65. BFH v. 24.6.1976 – IV R 200/72, BStBl. II 1976, 672. BFH v. 7.11.2006 – VIII R 30/05, BStBl. II 2007, 723 = FR 2007, 708 m. Anm. Wendt. BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt. BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, FR 2012, 1113 m. Anm. Kanzler = BFH/NV 2012, 2053; v. 9.12.2014 – IV R 29/14, FR 2015, 457 m. Anm. Wendt = BFH/NV 2015, 415; v. 30.6.2016 – IV B 2/16, BFH/NV 2016, 1452.

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§ 2 Rz. 28 Steuergegenstand 2. Personengesellschaften a) Allgemeines zum Betriebsbegriff bei einer Mitunternehmerschaft 28

Ob eine Personengesellschaft gewstl. einen Gewerbebetrieb gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG unterhält, bestimmt sich nach den allg. Grundsätzen des einkommensteuerlichen Betriebsbegriffs bei einer Mitunternehmerschaft.1 Danach liegt bei einem auf Ebene einer Personengesellschaft betriebenen Gewerbebetrieb ein Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG vor, der von mehreren (Mit-)Unternehmern betrieben wird.2 Bei der Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind, ist auf die von den Mitunternehmern gemeinsam ausgeübte Tätigkeit abzustellen (Personengesellschaft als Steuerrechtssubjekt bei der Feststellung der Einkunftsart).3 Sofern einkommensteuerlich von einer gewerblichen Mitunternehmerschaft auszugehen ist, unterliegt der von den Mitunternehmern gemeinsam betriebene Gewerbebetrieb grds. der GewSt, so zB auch im Fall einer atypisch stillen Gesellschaft4 oder einer BGB-Innengesellschaft iSd. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.5 Da die sachliche GewStPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG an das Vorhandensein eines Gewerbebetriebs anknüpft (Objektsteuerprinzip), liegt nur ein Besteuerungssubjekt iSd. § 2 GewStG vor.

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Auch eine Mitunternehmerschaft, an der eine jPdöR beteiligt ist, unterfällt § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG.6 § 2 GewStDV ist auf den Gewerbebetrieb der Mitunternehmerschaft nicht anzuwenden.7 b) Einheitlicher Gewerbebetrieb

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Die Bezugnahme in § 2 Abs. 1 Satz 2 EStG auf den einkommensteuerlichen Gewerbebetriebsbegriff umfasst auch die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, wonach die mit Einkunftserzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer OHG, KG oder anderen Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielt.8 Danach unterliegen alle über eine Personengesellschaft erzielten Einkünfte der GewSt, wenn die Gesellschaft zumindest teilweise gewerbliche Einkünfte erzielt. Auf die Kommentierungen zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG wird verwiesen.

31

Aus § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG folgt für Personengesellschaften, die in den Anwendungsbereich der Abfärberegelung fallen, dass diese nur einen einheitlichen Gewerbebetrieb haben (vgl. den Einleitungssatz des § 15 Abs. 3 EStG: „Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang …“).9 Die Grundsätze, nach denen mehrere zeitlich nebeneinander betriebene Gewerbebetriebe iSd. § 15 Abs. 2 EStG bei einem Einzelunternehmer voneinander abzugrenzen sind (s. Rz. 22 ff.), gelten bei Gesellschaften iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht. Für Gemeinschaften, die nicht in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG fallen – wie zB die Erbengemeinschaft10 und die eheliche Gütergemeinschaft,11 – sind sie dagegen zu beachten. Aus der Verknüpfung des Umfangs des Gewerbebetriebs einer Personengesellschaft mit dem Zivilrecht folgt andererseits, dass die Tätigkeiten mehrerer – auch gesellschafteridentischer – Personen-

1 Vgl. zB BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker. 2 BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 38 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2010. 3 BFH v. 11.4.2005 – GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679 = FR 2005, 1026 m. Anm. Kempermann. 4 ZB BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler. 5 BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355. 6 BMF v. 21.6.2017 – IV C 2 - S 2706/14/10001, BStBl. I 2017, 880 Rz. 12. 7 BMF v. 21.6.2017 – IV C 2 - S 2706/14/10001, BStBl. I 2017, 880 Rz. 12. 8 ZB BFH v. 30.8.2001 – IV R 43/00, BStBl. II 2002, 152 = FR 2002, 282; v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681 = FR 2008, 1017 m. Anm. Keß; v. 3.11.2015 – VIII R 62/13, BStBl. II 2016, 381 = FR 2016, 729. 9 ZB BFH v. 25.6.1996 – VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202 = FR 1997, 16; v. 25.7.2000 – XI B 41/00, BFH/NV 2001, 204; v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 39 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt; R 2.4 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 26 ff.; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 45. 10 BFH v. 23.10.1986 – IV R 214/84, BStBl. II 1987, 120 = FR 1987, 65. 11 R 15.8 Abs. 5 Satz 3 EStR 2012; Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 187.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 33 § 2

gesellschaften keinen einheitlichen Gewerbebetrieb bilden.1 Auch die Zusammenfassung der Tätigkeiten einer KapGes. oder eines Einzelunternehmens mit der Tätigkeit einer Personengesellschaft sind ausgeschlossen.2 Besonderheiten gelten bei Innengesellschaften wie der atypisch stillen Gesellschaft und der BGB-In- 32 nengesellschaft.3 Insofern ist zu unterscheiden, ob sich die atypisch stille Beteiligung auf das gesamte (s. Rz. 33) oder nur einen Teil (bestimmte Geschäfte oder bestimmter Geschäftsbereich, s. Rz. 34) des Unternehmens des Geschäftsinhabers bezieht. Beteiligung am gesamten Unternehmen. In diesem Fall liegt gewstl. ein einheitlicher Gewerbe- 33 betrieb vor; das gilt auch dann, wenn mehrere zivilrechtlich selbstständige atypisch stille Beteiligungen bestehen, die sich jeweils auf das gesamte Unternehmen des Geschäftsinhabers beziehen.4 Bezüglich der Frage, ob der Geschäftsinhaber daneben einen eigenen Gewerbebetrieb unterhält, ist zu differenzieren: – Sofern Geschäftsinhaber keine KapGes. und keine Personengesellschaft ist (zB Beteiligung am Handelsgewerbe eines Einzelunternehmens), unterhält der Geschäftsinhaber keinen eigenen Gewerbebetrieb. Er ist stl. – genauso wie die atypisch still Beteiligten – „lediglich“ Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft. – Sofern Geschäftsinhaber eine Personengesellschaft ist, liegt nach dem Urt. des IV. Senats des BFH v. 8.12.20165 auf Ebene des Geschäftsinhabers – der Personengesellschaft – ein weiterer Gewerbebetrieb vor, dessen einziger Gegenstand das Halten des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft ist. Der IV. Senat hat seine Entscheidung mit der Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG begründet, wonach die Tätigkeit einer Personengesellschaft, die auch gewerbliche Einkünfte iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielt, in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hat der IV. Senat dabei – soweit ersichtlich – ohne weiter gehende Prüfung unterstellt. Letzteres erscheint indes nicht zweifelsfrei. So hat der I. Senat des BFH in seinem Urt. v. 12.10.20166 die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht als erfüllt angesehen, wenn sich die Geschäftstätigkeit einer Personengesellschaft auf das Halten der Anteile an einer Mitunternehmerschaft beschränkt. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG erfordere, dass neben Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart erzielt werden. Das sei bei einer Personengesellschaft, die ausschließlich gewerbliche Einkünfte iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielt, nicht der Fall. Sofern man der Rspr. des I. Senats folgt, ist sie uE auf Fälle der atypisch stillen Beteiligung am gesamten Handelsgewerbe einer Personengesellschaft zu übertragen. Aus stl. Sicht erzielt die Personengesellschaft als Inhaberin des Handelsgewerbes ausschließlich gewerbliche Einkünfte aus der Beteiligung an der atypisch stillen Gesellschaft. Weitere Einkunftsquellen hat sie nicht, sodass – der Rspr. des I. Senats folgend – § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht einschlägig ist. Bei dieser Ausgangslage ist die Frage, ob im Fall der Beteiligung am gesamten Handelsgewerbe einer Personengesellschaft auf Ebene der Personengesellschaft ein weiterer sachlich gewstpfl. Gewerbebetrieb vorliegt, noch nicht als durch die Rspr. des BFH geklärt anzusehen. Die Entscheidungen des I. und des IV. Senats widersprechen sich im Ergebnis. Die Senate haben sich nicht von der Entsch. des jeweils anderen Senats abgegrenzt. UE ist der am Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG orientierten Argumentation des I. Senats zuzustimmen. Auf Ebene der beteiligten Personengesellschaft liegt daher – entgegen der Auffassung des IV. Senats – kein weiterer Gewerbebetrieb vor. Vgl. zu der Thematik auch das nachfolgende Beispiel (s. Rz. 34). 1 BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1980, 465; v. 10.11.1983 – IV R 56/80, BStBl. II 1984, 150 = FR 1984, 237. 2 R 2.4 Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009. 3 Vgl. zur Übertragbarkeit der für atypisch stille Gesellschaften geltenden Grundsätze auf die BGB-Innengesellschaft BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355. 4 BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764 = FR 1995, 789; v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler; R 2.4 Abs. 5 Satz 1 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2257. 5 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker. 6 BFH v. 12.10.2016 – I R 92/12, BFH/NV 2017, 685.

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§ 2 Rz. 34 Steuergegenstand – Sofern Geschäftsinhaber eine KapGes. ist, unterhält die KapGes. uE einen eigenen selbstständigen Gewerbebetrieb, der neben dem Gewerbebetrieb der atypisch stillen Gesellschaft steht und das Halten des Anteils an der atypisch stillen Gesellschaft zum Gegenstand hat. Die GewStPfl. der KapGes. ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG, wonach die Tätigkeit der KapGes. stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Regelung nicht anwendbar sein sollte, wenn eine KapGes. ihre Tätigkeit auf das Halten eines Anteils an einer Mitunternehmerschaft beschränkt. 34

Beteiligung am Teil des Unternehmens. Sofern sich die atypisch stille Beteiligung nur auf einen Teil des Unternehmens des Geschäftsinhabers bezieht – wie zB bestimmte Geschäfte oder einen bestimmten Geschäftsbereich –, liegen getrennt zu beurteilende gewerbliche Tätigkeiten vor.1 Die Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft bildet in diesem Fall einen selbstständigen Gewerbebetrieb; der Geschäftsinhaber betreibt einen weiteren selbstständigen Gewerbebetrieb, dessen Gegenstand der „Restbetrieb“ (= Teil des Geschäftsbetriebs, auf den sich die atypisch stille Beteiligung nicht bezieht) sowie das Halten des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft ist. Voraussetzung für das Vorliegen von getrennten Gewerbebetrieben ist, dass der betroffene Geschäftsbereich von den weiteren Tätigkeitsfeldern des Unternehmens hinreichend sachlich abgegrenzt ist;2 andernfalls liegt – wie bei einer atypisch stillen Beteiligung am gesamten Unternehmen des Geschäftsinhabers – nur ein Gewerbebetrieb vor. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine hinreichende sachliche Abgrenzung der Geschäftsbereiche/Tätigkeitsfelder gegeben ist, sind die Maßstäbe anzuwenden, die bei der Abgrenzung von mehreren zeitgleich von einem Einzelunternehmer betriebenen Gewerbebetrieben gelten (s. Rz. 22 ff.).3 Beispiel: Die A-KG betreibt einen Gebrauchtwagenhandel und eine Kfz-Werkstatt. Die Geschäftsbereiche sind sachlich voneinander abgrenzbar. Weitere Tätigkeiten übt die A-KG nicht aus. Am Geschäftsbereich „Gebrauchtwagenhandel“ sind B und C auf Grundlage getrennter Gesellschaftsverträge atypisch still beteiligt. Am Geschäftsbereich „Kfz-Werkstatt“ ist D atypisch still beteiligt. Lösung: Aufgrund der atypisch stillen Beteiligungen am Geschäftsbereich „Gebrauchtwagenhandel“ liegt ein selbstständiger Gewerbebetrieb vor, dessen Mitunternehmer die A-KG, B und C sind. Der Zusammenfassung der atypisch stillen Beteiligungen des B und C steht nicht entgegen, dass es sich zivilrechtlich um selbstständige Gesellschaften handelt. Der Geschäftsbereich „Kfz-Werkstatt“ stellt ebenfalls einen selbstständigen Gewerbebetrieb dar, der auf Ebene einer atypisch stillen Gesellschaft betrieben wird. Mitunternehmer dieses Gewerbebetriebs sind die A-KG und D. Ob die A-KG als Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft daneben einen weiteren eigenständigen Gewerbebetrieb unterhält, dessen Gegenstand das Halten der beiden atypisch stillen Beteiligungen an den Mitunternehmerschaften „Geschäftsbereich Gebrauchtwagenhandel“ und „Geschäftsbereich Kfz-Werkstatt“ ist, ist strittig (s. Rz. 33). UE liegt auf Ebene der A-KG kein weiterer Gewerbebetrieb vor, weil die A-KG keine anderen als gewerbliche Einkünfte erzielt, sodass die Voraussetzungen § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht erfüllt sind.

c) Betreiben verschiedener Gewerbebetriebe nacheinander 35

Eine Personengesellschaft kann mehrere Gewerbebetriebe nacheinander betreiben.4 Hierbei gelten die gleichen Maßstäbe, die bei der Abgrenzung mehrerer nacheinander von einem Einzelunternehmer ausgeübter Tätigkeiten gelten; es ist zu prüfen, ob die nacheinander ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten eigenständige Gewerbebetriebe iSd. § 15 Abs. 2 EStG sind (s. Rz. 25 ff.). Sofern eigenständige Gewerbebetriebe vorliegen, sind bei einem unterjährigen Tätigkeitswechsel für beide Gewerbebetriebe selbstständige Messbetragsbescheide zu erlassen, auf die die Vorschriften des GewStG jeweils

1 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 = FR 1996, 293; R 2.4 Abs. 5 Satz 2 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2257. 2 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler. 3 Vgl. BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 unter II.3.b.bb.aaa = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler; der BFH weist darauf hin, dass sich das Erfordernis der Abgrenzung sachlich selbstständiger Betätigungen aus § 15 Abs. 2 EStG – und damit aus dem allg. Begriff des Gewerbebetriebs – ergibt. 4 BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 Rz. 18 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt; 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 Rz. 74 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678 Rz. 30; v. 13.10.2016 – IV R 21/13, BStBl. II 2017, 475 Rz. 44 = FR 2017, 925 m. Anm. Wendt.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 38 § 2

getrennt anzuwenden sind.1 Das hat zB zur Folge, dass der Freibetrag gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG jeweils in voller Höhe gewährt wird2 und ein Verlustausgleich zwischen den Gewerbeerträgen der beiden Gewerbebetriebe nicht möglich ist. Die Annahme, dass eine Mitunternehmerschaft mehrere Gewerbebetriebe nacheinander betreiben 36 kann – und damit insoweit wie ein Einzelunternehmer behandelt wird –, steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zu dem aus § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG abgeleiteten Grundsatz, dass eine Mitunternehmerschaft – im Unterschied zu einem Einzelunternehmer – zeitgleich nur einen einheitlichen Gewerbebetrieb unterhalten kann (s. Rz. 31). Sofern die „neue“ Tätigkeit schon vor der Einstellung der „alten“ Tätigkeit aufgenommen wird, verschmelzen die Tätigkeiten in der Übergangszeit zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb. Die Einstellung der „alten“ Tätigkeit stellt dann uE keine – zur Beendigung der sachlichen GewStPfl. führende – Betriebseinstellung, sondern eine – den Fortbestand der sachlichen GewStPfl. nicht berührende – Betriebsumstellung dar. Die Frage, ob die „alte“ und die „neue“ Tätigkeit vorübergehend zeitgleich ausgeübt wird, ist uE nach den Grundsätzen des Beginns und der Beendigung der sachlichen GewStPfl. zu beantworten. Dh.: Wird die werbende Tätigkeit des „neuen“ Betriebs aufgenommen, bevor die werbende Tätigkeit des „alten“ Betriebs eingestellt wird, besteht die sachliche GewStPfl. fort (s. Rz. 47 ff.). Beispiel 1: Geschäftsgegenstand der A-KG ist der Betrieb einer Kfz-Werkstatt. Die Kfz-Werkstatt wird mit Wirkung zum 30.9.01 eingestellt. Am 1.10.01 eröffnet die A-KG einen Supermarkt. Lösung: Der Betrieb der Kfz-Werkstatt und des Supermarktes stellen zwei selbstständige Gewerbebetriebe dar, die jeweils getrennt sachlich gewstpfl. sind. Für den EZ 01 ergehen zwei Gewerbesteuermessbetragsbescheide. Beispiel 2: Wie Beispiel 1, aber der Supermarkt wird bereits am 1.9.01 eröffnet. Lösung: In der Zeit vom 1.9.01 bis zum 30.9.01 liegt gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, der sowohl den Betrieb der Kfz-Werkstatt als auch den Betrieb des Supermarktes umfasst. Sowohl die Eröffnung des Supermarktes als auch die Veräußerung der Kfz-Werkstatt stellen eine bloße Betriebsumstellung dar, die die sachliche GewStPfl. der A-KG nicht berühren. Für den EZ 01 ergeht nur ein Gewerbesteuermessbetragsbescheid.

d) Gewerblich geprägte Personengesellschaft aa) Vorbemerkung Der Verweis in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auf den Begriff des Gewerbebetriebs iSd. EStG erfasst auch 37 die gewerblich geprägte Personengesellschaft iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, die damit ebenfalls der GewSt unterliegt.3 Voraussetzung für die sachliche GewStPfl. ist danach, dass die Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt sind. Das ist nach einkommensteuerlichen Grundsätzen zu beurteilen. Auf die Kommentierungen zum EStG wird verwiesen. bb) Einheitlicher Gewerbebetrieb Bezüglich des Umfangs des Gewerbebetriebs ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nach 38 den gleichen Grundsätzen wie eine originär gewerblich tätige Personengesellschaft zu behandeln. Sie kann gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nur einen einzigen Gewerbebetrieb – und nicht zeitgleich mehrere Gewerbebetriebe – unterhalten (vgl. den Einleitungssatz des § 15 Abs. 3 EStG: „Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang …“).4 Alle Einkünfte der Mitunternehmerschaft werden außerdem in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert.

1 Vgl. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 unter II.1.b = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; vgl. Neumayer/Obser, EStB 2008, 445 (449) für den vergleichbaren Fall eines vollständigen Unternehmerwechsels iSd. § 2 Abs. 5 GewStG bei einer Mitunternehmerschaft. 2 Vgl. Neumayer/Obser, EStB 2008, 445 (449) für den vergleichbaren Fall eines vollständigen Unternehmerwechsels iSd. § 2 Abs. 5 GewStG bei einer Mitunternehmerschaft. 3 BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = FR 2004, 644; v. 25.9.2008 – IV R 80/05, BStBl. II 2009, 266 = FR 2009, 530 m. Anm. Kempermann; v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt; H 2.1 Abs. 2 „Umfassender Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft“ 2. Spiegelstrich GewStH. 4 H 2.1 Abs. 2 „Allgemeines“ GewStH 2016; Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 231.

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§ 2 Rz. 39 Steuergegenstand cc) Betreiben verschiedener Gewerbebetriebe nacheinander 39

Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft kann – genauso wie eine originär gewerblich tätige Personengesellschaft – mehrere jeweils selbstständig der GewSt unterliegende Gewerbebetriebe nacheinander betreiben (s. Rz. 35 f.).1 Der Wechsel von einer originär gewerblichen zu einer vermögensverwaltenden Tätigkeit führt für sich genommen nicht zu einer Beendigung und einem Neubeginn der sachlichen GewStPfl.2 Die Abgrenzung der Frage, ob ein Tätigkeitswechsel auf Ebene einer Mitunternehmerschaft zu einer Betriebsbeendigung und Neugründung geführt hat oder lediglich eine Betriebsumstellung vorliegt, die die sachliche GewStPfl. nicht berührt, richtet sich im Grundsatz nach den allg. Maßstäben, die auch bei Einzelunternehmern und Mitunternehmerschaften gelten (s. Rz. 25 ff.; s. Rz. 35 f.).3

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Von besonderer Bedeutung ist dabei die Rspr. des BFH, wonach regelmäßig keine Betriebseinstellung vorliegt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen, insbes. WG mit erheblichen stillen Reserven, ohne Realisierung dieser Reserven in den neuen Betrieb überführt werden (s. Rz. 27). Der BFH hat vor diesem Hintergrund das Vorliegen einer Betriebseinstellung und Neugründung abgelehnt, wenn eine zunächst originär gewerblich tätige Personengesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks veräußert und das Betriebsgrundstück fortan als gewerblich geprägte Personengesellschaft an die Erwerberin vermietet.4 In Abgrenzung hierzu soll nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung eine Betriebsbeendigung und Neugründung vorliegen, wenn eine originär gewerblich tätige Personengesellschaft ihren gesamten Gewerbebetrieb unter Aufdeckung der stillen Reserven veräußert und fortan das aus dem Veräußerungserlös stammende Kapitalvermögen verwaltet.5 Bei einer Vermögensumschichtung einer (durchgehend) gewerblich geprägten Personengesellschaft ist der BFH bei einem Übergang von einer Vermietungstätigkeit zur Verwaltung von Kapitalvermögen von einer fehlenden Nämlichkeit der Betriebe und damit einer Betriebsbeendigung und Neugründung ausgegangen.6 Das FG Köln ist im Fall einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die alleinige Gesellschafterin einer KapGes. war, davon ausgegangen, dass die Veräußerung der Geschäftsanteile gegen Übernahme einer Darlehensforderung, aus der in der Folgezeit Zinserträge erzielt worden sind, zu keiner Betriebsbeendigung und anschließenden Neugründung geführt hat.7 Zur Begründung hat das FG Köln insbes. auf den Gesellschaftszweck der Klägerin hingewiesen, der sich auf „die Verwaltung eigenen Vermögens“ erstrecke; bei wirtschaftlicher Betrachtung handle es sich danach bei dem Halten der Anteile an der KapGes. sowie der Vergabe bzw. Übernahme der Darlehensforderungen um eine einheitlich zu beurteilende Tätigkeit. Stellungnahme. Die Rspr. des BFH, wonach im Fall der Überführung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in den neuen Betrieb ohne Aufdeckung der stillen Reserven grds. keine Betriebseinstellung vorliegt, ist uE krit. zu sehen (s. Rz. 27). In Fällen einer vollständigen Vermögensumschichtung auf Ebene einer gewerblich geprägten Personengesellschaft sollte iÜ regelmäßig von einer Betriebseinstellung und Neueröffnung auszugehen sein, wenn man von Fällen absieht, in denen zB eine Kapitalfor-

1 BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 Rz. 19 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt. 2 BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 Rz. 29 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt; aA noch FG München v. 27.5.1998 – 9 K 2400/95, rkr., EFG 1998, 1480. 3 BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 Rz. 18 f. = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt. 4 BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt. 5 Wendt, FR 2010, 667 (669). 6 BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 Rz. 30 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt. Die Argumentation des BFH in seinem Urt. v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464, war zunächst nicht eindeutig. Einerseits hat er dort hervorgehoben, dass die GewStPfl. der Klägerin durch die Veräußerung des vermieteten Grundstücks nicht geendet habe – von einer Betriebsbeendigung und anschließenden Neueröffnung sprach er nicht. Andererseits zog er in Erwägung, dass der Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks – als gewstl. begünstigter Betriebsveräußerungsgewinn – nicht der GewSt unterliegen dürfte. Eben das setzt aber eine Betriebsbeendigung und Neueröffnung durch den Tätigkeitswechsel voraus. In seinem Urt. v. 17.3.2010 interpretiert der BFH seine vorangegangene Entsch. v. 20.11.2003 deshalb so, dass in dem zugrunde liegenden Sachverhalt keine Nämlichkeit der Betriebe vorgelegen habe. 7 FG Köln v. 19.1.2011 – 7 K 4997/06, EFG 2011, 905 m. Anm. Korte (NZB als unbegründet zurückgewiesen, BFH v. 24.5.2012 – IV B 35/11, BFH/NV 2012, 1484).

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 42 § 2

derung nur neu angelegt wird. So geht der BFH auch bei originär gewerblichen Tätigkeiten davon aus, dass gleichartige Tätigkeiten eigenständige Gewerbebetriebe sind, wenn keine Verbindung wirtschaftlicher, finanzieller und organisatorischer Art gegeben ist (s. Rz. 23). Im Fall der Verlegung eines Lebensmittelmarktes an einen mehr als 10 km entfernten Ort hat der BFH getrennte Gewerbebetriebe angenommen (s. Rz. 26). Warum zB für den Fall etwas anderes gelten sollte, dass eine gewerblich geprägte Mitunternehmerschaft ihr einziges vermietetes Grundstück veräußert, in ein neues Grundstück an anderer Stelle mit anderen Mietern reinvestiert und sich die Identität der „alten“ und der „neuen“ Vermietungstätigkeit letztlich auf die Beibehaltung der Geschäftsführung auf Ebene der KG beschränkt, ist nicht ersichtlich. Gäbe man den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags außerdem eine solche Bedeutung, wie es das FG Köln getan hat, könnten die Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft durch eine allg. Festlegung, dass „Geschäftsgegenstand der Gesellschaft jegliche Vermögensverwaltung“ ist, den Grundsatz, dass auch gewerblich geprägte Personengesellschaften nacheinander unterschiedliche Gewerbebetriebe ausüben können, faktisch vollständig aushebeln. e) Doppelstöckige Personengesellschaft Die Obergesellschaft und die Untergesellschaft unterhalten eigenständige Gewerbebetriebe; eine Zu- 41 sammenfassung kommt nicht in Betracht. Sie sind daher grds. jeweils selbstständig sachlich gewstpfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG.1 Eine Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft, die nicht gewerblich geprägt iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist und deren Geschäftstätigkeit sich auf das Halten eines oder mehrerer Mitunternehmeranteile an Untergesellschaften beschränkt, unterhält abweichend hiervon uE keinen Gewerbebetrieb iSd. § 15 EStG und ist daher nicht sachlich gewstpfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Diese Auffassung entspricht der Rspr. des I. Senats des BFH, wonach die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht erfüllt sind, wenn sich die Geschäftstätigkeit einer Personengesellschaft auf das Halten der Anteile an einer Mitunternehmerschaft beschränkt.2 Entsprechende Gesellschaften sind daher nicht anders zu behandeln als eine natürliche Person, die einen Mitunternehmeranteil hält. Hierin liegt kein „eigener“ Gewerbebetrieb der natürlichen Person, sondern nur die Beteiligung an einem auf Ebene der Mitunternehmerschaft betriebenen Gewerbebetrieb. Die vorstehende Auffassung steht allerdings im Konflikt zur Rspr. des IV. Senats des BFH, der bei einer atypisch stillen Beteiligung am gesamten Handelsgewerbe einer Personengesellschaft auf Ebene der Personengesellschaft einen eigenständigen Gewerbebetrieb annimmt (s. Rz. 33 f.).3 3. Betriebe der öffentlichen Hand § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG gilt auch für Unternehmen von jPdöR; sie sind gewstpfl., wenn sie einen Ge- 42 werbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG betreiben.4 § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStDV stellt das klar. Im Unterschied zu einem BgA iSd. § 4 Abs. 1 KStG setzt § 15 Abs. 2 EStG zusätzlich voraus, dass die Merkmale der Gewinnerzielungsabsicht und der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfüllt sind. Nicht jeder BgA unterliegt folglich der GewSt;5 die Voraussetzungen der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerpflicht sind getrennt voneinander zu prüfen. Eine Abweichung ergibt sich zB in Fällen einer Betriebsverpachtung. Gemäß § 4 Abs. 4 KStG gilt diese als BgA und ist damit grds. körperschaftsteuerpflichtig; gewstl. liegen die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und damit der sachlichen GewStPfl. dagegen grds. nicht vor (s. Rz. 21).6 Bei Kantinen, die nur für die

1 2 3 4

Vgl. zB BFH v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt. BFH v. 12.10.2016 – I R 92/12, BFH/NV 2017, 685. BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker. BFH v. 22.8.1984 – I R 102/81, BStBl. II 1985, 61 = FR 1985, 54; v. 3.2.1988 – I R 264/8, BFH/NV 1989, 388; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 95; Baldauf, DStZ 2010, 523 (530); Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 92. 5 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 380; Seer, DStR 1992, 1790 (1793); Schiffers, DStZ 2016, 535 (541). 6 Baldauf, DStZ 2010, 523 (530); Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1561.

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§ 2 Rz. 43 Steuergegenstand Angehörigen eines Betriebs eingerichtet und zugänglich sind, geht die Verwaltung davon aus, dass mangels Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr kein Gewerbebetrieb vorliegt.1 Nach der Verwaltungsauffassung ist ein Betrieb der öffentlichen Hand nur gewstpfl., wenn er die Voraussetzungen eines Betriebs gewerblicher Art iSd. § 4 KStG und R 4.1 KStR 2015 und eines Gewerbebetriebs iSd. § 15 Abs. 2 EStG erfüllt.2 Die körperschaftsteuerlichen Regelungen und darauf aufbauenden Verwaltungsanweisungen zum Vorliegen eines BgA – wie zB der Jahresumsatz von 35.000 Euro iSd. R 4.1 Abs. 5 Satz 1 KStR 2015 – sollen daher auch gewstl. maßgebend sein; es wird nur zusätzlich geprüft, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind. Zur Beteiligung einer jPdöR an einer Mitunternehmerschaft s. Rz. 29. Zur Beteiligung einer jPdöR an einer KapGes. s. Rz. 110. 43 Unternehmen von jPdöR, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (Hoheitsbetrie-

be), gehören gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStDV nicht zu den Gewerbebetrieben und unterliegen daher nicht der GewSt. Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- und Monopolrechte gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStDV nicht aus. Die Regelung entspricht im Wesentlichen § 4 Abs. 5 KStG, der eine entsprechende Ausnahme für BgA vorsieht. Unternehmen, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen (Versorgungs- und Verkehrsbetriebe), unterliegen gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStDV iVm. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV auch dann der GewSt, wenn sie überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen. § 4 Abs. 3 KStG enthält eine vergleichbare Regelung für BgA. Versorgungs- und Verkehrsbetriebe iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG sind gleichwohl – wie alle Betriebe von jPdöR – nur dann gewstpfl., wenn sie die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen, also insbes. mit Gewinnerzielungsabsicht tätig werden und am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen.3 § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV enthält keine Fiktion des Gewerbebetriebs, sondern hat nur die Funktion, die Qualifikation eines Versorgungs- bzw. Verkehrsbetriebs als Hoheitsbetrieb zu verdrängen.4 44

Der GewSt unterliegt grds. jeder einzelne von einer jPdöR unterhaltene Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG.5 Bezüglich der Frage, ob eine jPdöR mehrere Gewerbebetriebe nebeneinander oder nacheinander ausübt, gelten damit grds. die gleichen Grundsätze wie bei einem Einzelunternehmer (s. Rz. 22 ff.).6 Ergänzend sind gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStDV die Grundsätze der Zusammenfassung mehrerer wirtschaftlicher Tätigkeiten einer jPdöR gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zu beachten. Dh., sofern eine jPdöR mehrere Tätigkeiten iSd. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfasst, stellt die zusammengefasste Tätigkeit zugleich einen Gewerbebetrieb und damit einen Besteuerungsgegenstand iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG dar. Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind, ist in diesem Fall in Bezug auf die zusammengefasste Tätigkeit zu beurteilen.7 4. Körperschaften (ohne Betriebe der öffentlichen Hand)

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Die GewStPfl. von Körperschaften kann sich alternativ aus § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 GewStG ergeben, wobei die GewStPfl. gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 ggü. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG vorrangig und die GewStPfl. gem. § 2 Abs. 3 GewStG ggü. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG nachrangig ist (s. Rz. 15). Demnach ist nur für die nicht unter § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG fallenden Körperschaften (s. Rz. 111 ff.) zu prüfen, ob diese einen Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG betreiben und demnach gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG der GewStPfl. unterliegen. Das sind insbes. Vereine, Stiftungen, Zweckvermögen des privaten Rechts und ausländ. Körperschaften, die mangels Rechtsfähigkeit im Inland nicht in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG fallen.8 Sofern bei einer Kör1 2 3 4 5 6 7

R 2.1 Abs. 6 Satz 2 GewStR 2009. R 2.1 Abs. 6 Satz 1 GewStR 2009. BFH v. 12.3.1975 – I R 255/72, BStBl. II 1975, 549; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 381. BFH v. 12.3.1975 – I R 255/72, BStBl. II 1975, 549; aA Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1567. Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1527, 1625. Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1629. R 2.1 Abs. 6 Satz 3 GewStR 2009; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 98; Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1631. 8 R 2.1 Abs. 4 Satz 5 GewStR 2009.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 47 § 2

perschaft iSd. § 2 Abs. 3 GewStG (nicht rechtsfähige Vereine, rechtsfähige Vereine und rechtsfähige Stiftungen, s. Rz. 164 ff.) die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG nicht vorliegen, sind (hilfsweise) die Voraussetzungen der GewStPfl. gem. § 2 Abs. 3 GewStG zu prüfen. § 8 GewStDV, wonach mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe einer Körperschaft iSd. § 2 Abs. 3 46 GewStG (s. Rz. 175) als einheitlicher Gewerbebetrieb gelten, gilt uE auch für nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG der GewSt unterliegende Gewerbebetriebe, die von einer Körperschaft iSd. § 2 Abs. 3 GewStG betrieben werden. Die Voraussetzungen des § 8 GewStDV sind auch in diesem Fall erfüllt, weil der Gewerbebetrieb ein Unterbegriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs iSd. § 14 AO ist.1 Jeder Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG ist damit zugleich ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb iSd. § 14 AO und fällt damit – sofern Unternehmerin eine Körperschaft iSd. § 2 Abs. 3 GewStG ist – in den Anwendungsbereich des § 8 GewStDV. Aus dem gleichen Grund sind Gewerbebetriebe iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und Gewerbebetriebe iSd. § 2 Abs. 3 GewStG einer Körperschaft iSd. § 2 Abs. 3 GewStG zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammenzufassen, dessen GewStPfl. sich dann „teilweise“ aus § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und „teilweise“ aus § 2 Abs. 3 GewStG ergibt. Für die nicht in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG bzw. § 2 Abs. 3 GewStG fallenden Körperschaften (insbes. nicht rechtsfähige Stiftungen, nicht rechtsfähige Zweckvermögen des privaten Rechts, nicht rechtsfähige ausländ. Körperschaften)2 gibt es keine § 8 GewStDV entsprechende Regelung, sodass jeder Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG getrennt der GewSt unterliegt. Bei der Abgrenzung selbstständiger Gewerbebetriebe gelten die allgemeinen, auch bei Einzelunternehmern maßgebenden Grundsätze (s. Rz. 22 ff.).

IV. Beginn und Beendigung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei Gewerbebetrieben iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG 1. Allgemeines Da die sachliche GewStPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG an das Vorhandensein eines Ge- 47 werbebetriebs iSd. EStG anknüpft, beginnt sie – wenn man von dem Fall absieht, dass ein bereits bestehender Gewerbebetrieb in das Inland verlegt wird – in dem Zeitpunkt, in dem erstmals alle Voraussetzungen erfüllt sind, die zur Annahme eines Gewerbebetriebs iSd. EStG erforderlich sind.3 Sie endet spiegelbildlich, wenn eine der Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs iSd. EStG wegfällt.4 Der 1 BFH v. 5.6.1985 – I S 2/85, I S 3/85, BFH/NV 1986, 433 mwN. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 540. 3 ZB BFH v. 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900 = FR 1995, 116 m. Anm. Schmidt; v. 14.4.2011 – IV R 52/09, BStBl. II 2011, 929 = FR 2011, 826; v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt; v. 4.3.2015 – IV R 38/12, BFH/NV 2015, 984; v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt; R 2.5 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009. Der BFH weist darauf hin, dass die sachliche GewStPfl. beginnt, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs erfüllt sind und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist. Hierdurch wird suggeriert, dass es neben den Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG zusätzlich auf die Ingangsetzung des Gewerbebetriebs ankommt. Tatsächlich dürfte die Ingangsetzung des Gewerbebetriebs (= Aufnahme der werbenden Tätigkeit) lediglich ein Teilmerkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr iSd. § 15 Abs. 2 EStG sein (vgl. Hidien, StBp. 2008, 125 [126]). Dh.: Ohne eine Aufnahme der werbenden Tätigkeit liegt keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr iSd. § 15 Abs. 2 EStG vor, sodass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG nicht erfüllt sind. Die Ingangsetzung des Gewerbebetriebs/Aufnahme der werbenden Tätigkeit stellt daher letztlich keine zusätzliche Voraussetzung für den Beginn der sachlichen GewStPfl. dar. Vgl. auch BFH v. 20.3.1990 – VIII R 47/86, BFH/NV 1990, 799; v. 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900 = FR 1995, 116 m. Anm. Schmidt; in diesen Entsch. weist der BFH darauf hin, dass die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr für den Beginn bzw. das Ende der sachlichen GewStPfl. maßgebend sei; ebenso Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 236 und Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 565. AA offensichtlich Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 255, wonach die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr für die sachliche GewStPfl. nicht genüge und eine werbende Tätigkeit (zusätzlich) erforderlich sei. 4 ZB BFH v. 24.4.1980 – IV R 68/77, BStBl. II 1980, 658 = FR 1980, 549; v. 20.3.1990 – VIII R 47/86, BFH/NV 1990, 799; R 2.6 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009.

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§ 2 Rz. 48 Steuergegenstand Zeitraum der GewStPfl. ist danach kürzer als der Zeitraum, in dem einer natürlichen Person einkommensteuerlich gewerbliche Einkünfte zugerechnet werden. Während die ESt als Personensteuer alle betrieblichen Vorgänge von den ersten Vorbereitungshandlungen zur Betriebseröffnung bis zur Veräußerung oder Entnahme des letzten betrieblichen WG berücksichtigt, ist Gegenstand der GewSt als Objektsteuer nur der laufende Betrieb.1 48

Bei GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG beginnt die sachliche GewStPfl. – von gewerblich geprägten Personengesellschaften iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG abgesehen – in dem Zeitpunkt, in dem erstmals alle Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind; sie endet, wenn ein Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 2 EStG entfällt. Hiernach können zB folgende Ereignisse/Handlungen zum Beginn bzw. zur Beendigung der sachlichen GewStPfl. führen: – Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht/Übergang zur Liebhaberei (Beendigung der sachlichen GewStPfl.),2 – Strukturwandel von einer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit zur gewerblichen Tätigkeit (Beginn der sachlichen GewStPfl.),3 – Übergang von einer gewerblichen zu einer vermögensverwaltenden Tätigkeit (Beendigung der sachlichen GewStPfl.),4 – Übergang zur Betriebsverpachtung im Ganzen (Beendigung der sachlichen GewStPfl., s. Rz. 21),5 – Wegfall der Voraussetzungen des § 18 EStG, etwa aufgrund der erstmaligen Mithilfe von fachlich vorgebildeten Arbeitskräften, deren Tätigkeit nicht iSd. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG überwacht wird (Beginn der sachlichen GewStPfl.).

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Das in der Praxis bedeutendste, den Beginn und die Beendigung der sachlichen GewStPfl. kennzeichnende Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 2 EStG ist das der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Sie erfordert eine Tätigkeit, die gegen Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird;6 die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr betrifft demnach Handlungen des Unternehmers auf dem Absatzmarkt und nicht auf dem Beschaffungsmarkt.7 Entscheidend ist, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme entspricht.8 Der Unternehmer muss hierfür iS einer werbenden Tätigkeit in Erscheinung treten.9 Demzufolge markiert der Zeitpunkt der Aufnahme bzw. Einstellung der werbenden Tätigkeit zumeist den Beginn und das Ende der sachlichen GewStPfl.10

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Der Zeitpunkt des Beginns bzw. des Endes der werbenden Tätigkeit kann nicht generell definiert werden. Er ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein.11 Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem verfolgten Geschäftszweck. 1 BFH v. 19.8.1977 – IV R 107/74, BStBl. II 1978, 23; v. 27.10.1992 – VIII R 30/90, BFH/NV 1993, 264; v. 4.3.2015 – IV R 38/12, BFH/NV 2015, 984. 2 Vgl. BFH v. 11.5.2016 – X R 61/14, FR 2016, 1043 m. Anm. Kanzler = BFH/NV 2016, 1371. 3 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 267. 4 Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 248. 5 FG Köln v. 12.3.2009 – 10 K 399/06, rkr., EFG 2009, 1244; H 2.6 Abs. 1 „Betriebsverpachtung im Ganzen“ GewStR 2009. 6 BFH v. 19.2.2009 – IV R 10/06, BStBl. II 2009, 533 = FR 2009, 814 m. Anm. Kanzler. 7 Vgl. Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 20 mwN, der darauf hinweist, dass der StPfl. als Anbieter von Gütern und Leistungen am Markt gegen Entgelt und für Dritte auftreten muss. 8 BFH v. 10.3.2005 – X B 182/03, BFH/NV 2005, 1068 mwN. 9 Vgl. BFH v. 20.3.1990 – VIII R 47/86, BFH/NV 1990, 799; v. 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900 = FR 1995, 116 m. Anm. Schmidt; das Vorliegen einer „werbenden Tätigkeit“ ist uE Teilmerkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr iSd. § 15 Abs. 2 EStG und kein eigenständiges (zusätzliches) Prüfungskriterium für den Beginn bzw. das Ende der sachlichen GewStPfl. (s. Fn. 3 auf S. 51). 10 ZB BFH v. 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900 = FR 1995, 116 m. Anm. Schmidt; v. 5.3.1998 – IV R 23/97, BStBl. II 1998, 745; v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678; v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt. 11 BFH v. 14.4.2011 – IV R 52/09, BStBl. II 2011, 929 = FR 2011, 826; v. 5.3.1998 – IV R 23/97, BStBl. II 1998, 745 mwN.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 52 § 2

Maßgeblich ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit; formellen Verlautbarungen über die Geschäftstätigkeit – wie etwa in einem Gesellschaftsvertrag – kommt nur indizielle Bedeutung zu.1 Bei der Beurteilung der Frage, ob eine werbende Tätigkeit vorliegt oder diese noch nicht aufgenommen bzw. bereits eingestellt wurde, sind sowohl die nach außen in Erscheinung tretenden Umstände (zB die Entlassung der Betriebsangehörigen oder Einstellung des Verkaufs) als auch die inneren Vorgänge (zB die Absicht der endgültigen Betriebseinstellung)2 zu berücksichtigen.3 Bei Unternehmen, die im Handelsregister einzutragen sind, ist der Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister ohne Bedeutung für den Beginn bzw. das Ende der sachlichen GewStPfl. (zur Ausnahme bei gewerblich geprägten Personengesellschaften s. Rz. 73 f.).4 Die werbende Tätigkeit ist von gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen abzugrenzen, wie zB die Anmietung eines Geschäftslokals, die Errichtung eines Fabrikgebäudes oder eines Hotels, mit dessen Betrieb erst nach dessen Fertigstellung begonnen wird.5 Gleiches gilt für gewstl. nicht mehr relevante Abwicklungstätigkeiten, wie die Versilberung der vorhandenen Betriebsgegenstände und die Einziehung einzelner rückständiger Forderungen;6 § 4 Abs. 1 GewStDV, wonach ein aufgegebener oder aufgelöster Gewerbebetrieb Steuergegenstand bis zur Beendigung der Aufgabe oder Abwicklung bleibt, ist bei GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG nicht anzuwenden.7 Der Wegfall einer Gewerbesteuerbefreiung führt nach der Rspr. des RFH bzw. BFH sowie der Ver- 51 waltungsauffassung zum Beginn der GewStPfl.8 Spiegelbildlich soll im Fall des Eintritts einer Gewerbesteuerbefreiung die GewStPfl. genauso wie bei einer tatsächlichen Betriebseinstellung enden.9 Hieraus folgt nach der Rspr. des BFH und der Verwaltungsauffassung aber nicht, dass eine Gewerbesteuerbefreiung den Wegfall/die Einstellung des bisherigen Gewerbebetriebs zur Folge hat. Der Gewerbebetrieb als Gewerbesteuersubjekt bleibe vielmehr bestehen, mit der Folge, dass zB die Merkmale der Unternehmens- und Unternehmeridentität iSd. § 10a GewStG gewahrt sind.10 Stellungnahme. Eine Gewerbesteuerbefreiung wirkt sich uE nicht auf die sachliche GewStPfl. aus. Der Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG bleibt bestehen, sodass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG (weiterhin) erfüllt sind. Dass es aufgrund der Gewerbesteuerbefreiung letztlich zu keiner Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags kommt, ist unerheblich. Der Rspr. des BFH und der Verwaltungsauffassung, dass zB Gewerbeverluste, die vor Eintritt der Gewerbesteuerbefreiung entstanden sind, mit positiven Gewerbeerträgen, die nach Wegfall der Gewerbesteuerbefreiung entstanden sind, verrechnet werden können, ist daher iErg. zuzustimmen. 2. Einzelprobleme zur Aufnahme bzw. Einstellung der werbenden Tätigkeit a) Handelsunternehmen Beginn der Gewerbesteuerpflicht. Eine werbende Tätigkeit liegt ab dem Zeitpunkt vor, in dem der 52 Unternehmer seine Leistungen am Markt anbietet, also mit Beginn des tatsächlichen Verkaufs, etwa 1 BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = FR 2004, 644; v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt. 2 FG Hbg. v. 23.6.1980 – VI 132/78, rkr., EFG 1981, 31. 3 R 2.6 Abs. 1 Satz 8 f. GewStR 2009. 4 BFH v. 26.3.1985 – VIII R 260/81, BStBl. II 1985, 433 = FR 1985, 595; R 2.5 Abs. 1 Satz 3 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4554. 5 BFH v. 26.3.1985 – VIII R 260/81, BStBl. II 1985, 433 = FR 1985, 595; v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt; v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt; R 2.5 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. 6 RFH v. 29.6.1938 – VI 395/38, RStBl. I 1938, 910; H 2.6 Abs. 1 „Zeitpunkt der Einstellung des Betriebs“ GewStH 2016. 7 Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 255; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4616; Wortmann, DB 1987, 2008 (2011). 8 RFH v. 23.2.1943 – I 117/42, RStBl. I 1943, 801; BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733 = FR 1999, 1080; R 2.5 Abs. 4 GewStR 2009. 9 RFH v. 23.2.1943 – I 117/42, RStBl. I 1943, 801; BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733 = FR 1999, 1080; H 2.6 Abs. 1 „Eintritt einer Gewerbesteuerbefreiung“ GewStH 2016. 10 BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733 = FR 1999, 1080; H 2.6 Abs. 1 „Eintritt einer Gewerbesteuerbefreiung“ GewStH 2016.

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§ 2 Rz. 53 Steuergegenstand durch Öffnung des Ladenlokals.1 Bei Gewerbebetrieben, die über kein Geschäftslokal verfügen, entscheidet der Zeitpunkt des anderweitigen Beginns des Außenvertriebs, etwa durch Werbung, Anbringung eines Firmenschildes, Versenden von Angeboten, Preislisten und Reklame, Kundenbesuche oder die Freischaltung der Homepage eines Internethandels.2 Erwerb der Waren. Der BFH hat in einzelnen Entscheidungen, die zum Beginn der GewStPfl. bei Schifffahrtsunternehmen (s. Rz. 64 ff.) ergangen sind, darauf hingewiesen, dass schon der Erwerb der Waren zum Beginn der sachlichen GewStPfl. führt.3 Dieser Rspr. ist uE nicht zu folgen (s. auch Rz. 55 zu der vergleichbaren Frage, ob die sachliche GewStPfl. bei einem Produktionsunternehmen den Zeitraum der Herstellung umfasst). Die Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr iSd. § 15 Abs. 2 EStG setzt eine Tätigkeit voraus, die gegen Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird.4 Hierunter fallen grds. nur Maßnahmen auf der Absatzseite und keine Maßnahmen auf der Beschaffungsseite.5 Sofern man schon den Erwerb der zu veräußernden Waren als werbende Tätigkeit ansähe, verkäme der Grundsatz, wonach die sachliche GewStPfl. erst mit dem tatsächlichen Verkauf beginnt, außerdem zur Ausnahme. Die meisten Ladenlokale öffnen schließlich erst, nachdem die Regale gefüllt sind, also die zu verkaufenden Produkte beschafft worden sind. 53

Ende der Gewerbesteuerpflicht. Die werbende Tätigkeit endet spiegelbildlich mit der Schließung des Ladenlokals bzw. mit Einstellung der Verkaufsbemühungen.6 Der Räumungsverkauf im Einzelhandel ist noch als Bestandteil der werbenden Tätigkeit anzusehen;7 der Verkauf der verbliebenen Ware nach Schließung des Ladenlokals an andere Einzelhändler bzw. der Rückverkauf an Großhändler unterfällt dagegen nicht mehr der sachlichen GewStPfl.8 Bei einem Großhändler gilt Entsprechendes: Der Ausverkauf an Einzelhändler ist noch Bestandteil der werbenden Tätigkeit; der Verkauf des Restwarenbestands an gleichartige Großhändler oder den Produkthersteller dagegen nicht.9 b) Produktionsunternehmen

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Übertragung der Grundsätze bei Handelsunternehmen. Beginn und Ende der werbenden Tätigkeit sind regelmäßig nach den gleichen Grundsätzen wie bei Handelsunternehmen zu bestimmen (s. Rz. 52 f.). Maßgebend ist der tatsächliche Beginn bzw. die tatsächliche Beendigung des Verkaufs. Die Einstellung der Produktion führt für sich genommen nicht zum Ende der sachlichen GewStPfl.10

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Merkmal der Liefer- bzw. Leistungsfähigkeit. Der BFH hat in seinem Urteil vom 22.11.199411 darauf hingewiesen, dass der Abschluss von ersten Lieferverträgen mit Endabnehmern nicht zum Beginn der sachlichen GewStPfl. führt, wenn der Betrieb mangels Fertigstellung der Produktionsmittel nicht liefer- bzw. leistungsfähig ist (fehlende „Marktteilhabe“12). Die Verwaltung hat sich dieser Auffassung zuletzt in den GewStH 2016 angeschlossen. Sie vertritt dort in einem Beispielsfall, der das Unternehmen eines Herstellers von Sonnenkollektoren betrifft, die Auffassung, dass die sachliche GewStPfl. erst mit Erlangung der Lieferfähigkeit beginnt.13 Hierfür wird die Verwaltung kritisiert. Sie habe den BFH missinterpretiert; die GewStPfl. beginne in dem Zeitpunkt, in dem ein Unternehmen

1 BFH v. 19.8.1977 – IV R 107/74, BStBl. II 1978, 23. 2 Vgl. Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 236; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 569. 3 BFH v. 26.9.2013 – IV R 45/11, BStBl. II 2015, 296 = FR 2014, 387 m. Anm. Nöcker; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678. 4 BFH v. 19.2.2009 – IV R 10/06, BStBl. II 2009, 533 = FR 2009, 814 m. Anm. Kanzler. 5 Vgl. Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 20 mwN, der darauf hinweist, dass der StPfl. als Anbieter von Gütern und Leistungen am Markt gegen Entgelt und für Dritte auftreten muss. 6 RFH v. 21.8.1938 – VI 526/38, RStBl. I 1938, 911; R 2.6 Abs. 1 Satz 5 GewStR 2009; Korn, KÖSDI 1988, 7099 (7100). 7 Felix, KÖSDI 1995, 10340 (10342); krit. Wortmann, DB 1987, 2008 (2010). 8 RFH v. 21.8.1938 – VI 526/38, RStBl. I 1938, 911. 9 RFH v. 21.8.1938 – VI 526/38, RStBl. I 1938, 911. 10 Felix, KÖSDI 1995, 10340 (10341). 11 BFH v. 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900 = FR 1995, 116 m. Anm. Schmidt; ebenso FG BerlinBdb. v. 23.3.2017 – 4 K 4153/16, EFG 2017, 1009 im Fall des Betriebs einer Windkraftanlage. 12 Vgl. Gosch, StBp. 1995, 69 (70). 13 H 2.5 Abs. 1 „Beginn der Gewerbesteuerpflicht eines Personenunternehmens“ GewStH 2016.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 56 § 2

nach Abschluss der Vorbereitungshandlungen nach außen werbend auftrete, selbst wenn sich das Produkt in diesem Zeitpunkt noch in der Entwicklung befinden sollte.1 Stellungnahme. Die Interpretation der BFH-Rspr. durch die Verwaltung ist zutreffend; die Entwicklungsphase eines Produkts gehört auch dann zu den gewstl. irrelevanten Vorbereitungsmaßnahmen, wenn bereits erste Lieferverträge abgeschlossen werden. Die Entwicklung eines Produkts kann nicht anders als der Bau eines Fabrikgebäudes beurteilt werden. Beide Maßnahmen dienen dazu, die spätere Herstellung des am Markt angebotenen Produkts zu gewährleisten. Etwas anderes gilt nur im Fall der „Auftragsentwicklung“ für ein anderes Unternehmen, wenn also die Entwicklung des Produkts selbst Gegenstand der werbenden Tätigkeit ist. Zu beachten ist allerdings, dass der BFH den Zeitraum der Herstellung eines Produkts bereits als Gegenstand des gewerblichen Betriebs und damit der werbenden Tätigkeit ansieht.2 Dh., die Lieferbzw. Leistungsfähigkeit wird bereits in dem Zeitpunkt erlangt, in dem die Entwicklungsphase des Produkts abgeschlossen worden ist, die Produktionsmittel fertiggestellt worden sind und mit der Produktion begonnen wird. Auf den Zeitpunkt, in dem erstmals ein fertiges Produkt ausgeliefert werden kann, kommt es dagegen nicht an. UE – wohl entgegen der Rspr. des BFH3 – ist aber auch in diesem Fall zusätzliche Voraussetzung für den Beginn der sachlichen GewStPfl., dass das Unternehmen bereits ggü. Dritten werbend auftritt, also seine Ausgangsleistungen am Markt anbietet (s. Rz. 52 zur vergleichbaren Frage, ob bei einem Handelsbetrieb der Erwerb der Ware zum Beginn der sachlichen GewStPfl. führt).4 Andernfalls würde dem Grundsatz, wonach der Beginn der sachlichen GewStPfl. vom tatsächlichen Beginn des Verkaufs abhängig ist (s. Rz. 49, 52), nahezu vollständig der Boden entzogen. Der Beginn der sachlichen GewStPfl. würde dann letztlich immer vom Beginn der Herstellung abhängen. Beispiel 1: A errichtet eine Fabrik zur Herstellung von Gasturbinen. Nach Abschluss der Entwicklungsphase und Errichtung des Fabrikgebäudes beginnt die Herstellung der ersten Gasturbine am 1.11.01. Diese kann am 1.10.02 ausgeliefert werden. Um Endabnehmer für die Gasturbinen hat sich A seit dem 1.3.01 bemüht. Lösung: Die sachliche GewStPfl. beginnt am 1.11.01, da A in diesem Zeitpunkt lieferfähig ist (Beginn der Herstellung der Gasturbine) und bereits vor diesem Zeitpunkt die Gasturbinen am Markt angeboten hat. Beispiel 2: Gegenstand des Unternehmens des B ist der Verkauf von selbst gemachter Marmelade, die er ausschließlich in einem eigenen Ladenlokal vertreibt. Mit der Marmeladenproduktion beginnt A am 1.10.01. Das Ladenlokal öffnet B am 1.11.01. Lösung: Die sachliche GewStPfl. beginnt am 1.11.01 mit der Öffnung des Ladenlokals. Die vorherige Aufnahme der Marmeladenproduktion führt uE nicht zu einer Vorverlegung des Beginns der sachlichen GewStPfl., da B die Marmelade im Oktober noch nicht aktiv am Markt angeboten hat. Der Fall ist nicht anders zu behandeln, als wenn ein Einzelhandelsunternehmen seine Warenregale vor Öffnung des Ladenlokals füllt; auch das führt uE nicht zum früheren Beginn der sachlichen GewStPfl. (s. Rz. 52).

Probelauf. Nach der Verwaltungsauffassung5 führt ein kurzzeitiger Probelauf von Betriebsanlagen 56 nicht zum Beginn der GewStPfl. Im Fall eines Unternehmens, das eine Biogasanlage betreibt, soll das auch gelten, wenn infolge der kurzzeitigen Inbetriebnahme des Blockheizkraftwerks mit Biodiesel Strom eingespeist wird.6 Der BFH hat in einer Entsch., in der es um den Beginn der GewStPfl. eines

1 Apitz, StBW 2010, 558 (559); Fuhrmann, KÖSDI 2010, 16970 (16971); jeweils in Bezug auf die GewStH 2009, in denen das Bsp. bereits wortgleich enthalten war; vgl. H 2.5 Abs. 1 „Beginn der Gewerbesteuerpflicht eines Personenunternehmens“ GewStH 2009. 2 BFH v. 10.1.1964 – III 282/61, HFR 1964, 233; v. 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900 = FR 1995, 116 m. Anm. Schmidt; v. 26.9.2013 – IV R 45/11, BStBl. II 2015, 296 = FR 2014, 387 m. Anm. Nöcker; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/ NV 2015, 678. 3 Vgl. insbes. BFH v. 10.1.1964 – III 282/61, HFR 1964, 233. Der BFH weist insoweit darauf hin, dass (lediglich) das erklärte oder offenkundige Ziel vorliegen müsse, die erzeugten Gegenstände später in den Handel zu bringen. Eine tatsächliche werbende Tätigkeit ggü. Dritten verlangt er nicht. 4 Vgl. BFH v. 10.3.2005 – X B 182/03, BFH/NV 2005, 1068 mwN. 5 R 2.5 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. 6 OFD Münster v. 13.12.2007 – G 1400 - 69 - St 12 - 33; OFD Rheinland v. 13.12.2007 – G 1400 - St 157, beide Vfg. in StEK GewStG § 2 Abs. 1 Nr. 182; in den Vfg. wird auf eine vorangegangene Erörterung des Bundes und der obersten FinBeh. der Länder hingewiesen.

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§ 2 Rz. 57 Steuergegenstand Unternehmens ging, das einen Windpark betreibt, dagegen in Erwägung gezogen, in einem Probelauf die Aufnahme der werbenden Tätigkeit zu sehen, wenn in erheblichem Umfang Strom produziert und in das Netz eingespeist wird und die daraus erzielten Erlöse dem Unternehmer zugerechnet werden.1 c) Dienstleistungsunternehmen 57

Die werbende Tätigkeit beginnt regelmäßig mit der tatsächlichen Tätigkeitsaufnahme, so zB im Fall eines Hotels mit dessen Eröffnung.2 Der Beginn der werbenden Tätigkeit setzt damit wie bei Produktionsunternehmen die Leistungsfähigkeit des Unternehmers voraus (s. Rz. 55), weswegen – bezogen auf das Bsp. des Hotelbetriebs – zB Werbemaßnahmen und die Entgegennahme von Reservierungen vor der Hoteleröffnung nicht zum Beginn der sachlichen GewStPfl. führen. Die Erlangung der Leistungsfähigkeit setzt uE – wiederum in Anlehnung an die bei Produktionsunternehmen geltenden Grundsätze (s. Rz. 55) – nicht voraus, dass bereits fertiggestellte Leistungen an einzelne Abnehmer übergeben werden können. Sie liegt vielmehr bereits mit Beginn der Leistungserstellung vor, sofern das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt bereits ggü. Dritten werbend auftritt, also seine Ausgangsleistungen aktiv am Markt anbietet. So wird die sachliche GewStPfl. zB bei einem Unternehmen, das seinen Kunden umfangreiche Bauplanungen anbietet, regelmäßig mit dem Beginn der ersten Auftragsplanung und nicht mit deren Abschluss und Übergabe der ersten Planung an den Kunden beginnen. d) Gewerblicher Grundstückshandel

58 Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Einkommensteuerlich beginnt der gewerbliche

Grundstückshandel in dem Zeitpunkt, in dem der StPfl. mit Tätigkeiten beginnt, die objektiv erkennbar auf die Grundstücksgeschäfte gerichtet sind.3 Im Fall des Erwerbs und der Veräußerung von Grundstücken ist das regelmäßig der Zeitpunkt des Grundstückserwerbs, sofern in diesem Zeitpunkt zumindest eine bedingte Verkaufsabsicht anzunehmen ist.4 In Errichtungs-, Modernisierung- und Sanierungsfällen stellt die Verwaltung auf die Stellung des Bauantrags bzw. den Beginn der Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen ab.5 Auf die GewSt sind diese Grundsätze uE nicht übertragbar.6 Es ist nach allg. Grundsätzen auf den Beginn der werbenden Tätigkeit abzustellen (s. Rz. 49); das ist der Zeitpunkt, in dem das erste Grundstück aktiv am Markt zur Veräußerung angeboten wird. Auf den Erwerb, die Errichtung, die Modernisierung bzw. die Sanierung des Grundstücks/Gebäudes kann es uE nicht ankommen, weil es sich um Maßnahmen auf der Beschaffungsseite und nicht der Absatzseite handelt, die keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr iSd. § 15 Abs. 2 EStG begründen.7 Soweit der BFH in einzelnen Entscheidungen darauf hingewiesen hat, dass schon der Erwerb der Waren bzw. deren Herstellung zum Beginn der sachlichen GewStPfl. führt,8 ist dieser Rspr. uE nicht zu folgen (s. Rz. 52 und 55). Falls ein Objekt in der Zeit bis zur Veräußerung vermietet wird, ist Gegenstand des Gewerbebetriebs auch die Vermietung von Grundstücken. In diesem Fall beginnt die sachliche GewStPfl. uE bereits im Zeitpunkt des Beginns der Nutzungsüberlassung.

1 BFH v. 14.4.2011 – IV R 52/09, BStBl. II 2011, 929 Rz. 34 = FR 2011, 826. 2 BFH v. 26.3.1985 – VIII R 260/81, BStBl. II 1985, 433 = FR 1985, 595. 3 BFH v. 21.6.2001 – III R 27/98, BStBl. II 2002, 537 mwN = FR 2001, 1169; BMF v. 26.3.2004 – IV A 6 - S 2240 - 46/04, BStBl. I 2004, 434 Rz. 31. 4 BFH v. 21.6.2001 – III R 27/98, BStBl. II 2002, 537 mwN = FR 2001, 1169; BMF v. 26.3.2004 – IV A 6 - S 2240 - 46/04, BStBl. I 2004, 434 Rz. 31. 5 BMF v. 26.3.2004 – IV A 6 - S 2240 - 46/04, BStBl. I 2004, 434 Rz. 31; vgl. zur Rspr. die Nachweise von Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 131 sowie Nöcker in Lenski/Steinberg, 2 GewStG Rz. 1410 ff. 6 Vgl. auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 201. 7 Vgl. Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 20 mwN, der darauf hinweist, dass der StPfl. als Anbieter von Gütern und Leistungen am Markt gegen Entgelt und für Dritte auftreten muss. 8 BFH v. 26.9.2013 – IV R 45/11, BStBl. II 2015, 296 = FR 2014, 387 m. Anm. Nöcker; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 62 § 2

Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Die GewStPfl. endet mit der Veräußerung bzw. Entnah- 59 me des letzten Grundstücks, weil hiermit die werbende Tätigkeit aufgegeben wird.1 Das entspricht grds. dem Zeitpunkt, in dem einkommensteuerlich eine Betriebsaufgabe durch Beendigung des gewerblichen Grundstückshandels vorliegt.2 Die Grundstücksveräußerungen iZm. der Beendigung des gewerblichen Grundstückshandels sind dabei noch der werbenden Tätigkeit zuzuordnen und unterfallen daher der sachlichen GewStPfl.3 Im Unterschied zu anderen Handelsunternehmen (s. Rz. 53) kommt es dabei nicht darauf an, ob der Erwerber der Grundstücke ein Endabnehmer oder ein anderer gewerblich tätiger Grundstückshändler ist.4 Der BFH geht insoweit davon aus, dass der gewerbliche Grundstückshandel keine bestimmten für die steuerrechtliche Beurteilung signifikanten Handelsstufen kennt. e) Leasingunternehmen Bei Leasingunternehmen ist danach zu unterscheiden, ob das Leasinggut dem Leasinggeber (= Lea- 60 singunternehmen) oder dem Leasingnehmer zuzurechnen ist.5 61 Zurechnung beim Leasinggeber/Leasingunternehmen (Operatives Leasing). – Grundsatz. Die werbende Tätigkeit des Leasinggebers/Leasingunternehmens beginnt mit dem Beginn der Nutzungsüberlassung des nutzbaren – vollständig angeschafften bzw. hergestellten und abgenommenen – Leasingguts.6 Die Beschaffung des Leasingguts stellt eine gewstl. irrelevante Vorbereitungsmaßnahme dar; das gilt auch im Fall des „Sale-and-lease-back“-Leasings.7 Die werbende Tätigkeit endet spiegelbildlich, wenn die Nutzungsüberlassung endet und nicht erst mit der Veräußerung des Leasingguts. – Ausnahme bei Verklammerung von Erwerb, Vermietung und Veräußerung. Die Veräußerung des Leasingguts fällt in die sachliche GewStPfl., wenn der Erwerb, die Vermietung und die Veräußerung des Leasingguts aufgrund eines einheitlichen Geschäftskonzepts miteinander verklammert sind.8 Die werbende Tätigkeit des Leasinggebers/Leasingunternehmens beschränkt sich dann nicht auf die Überlassung des Leasingguts, sondern schließt den Handel mit dem Leasinggut ein. Ein einheitliches Geschäftskonzept liegt vor, wenn der Verkauf des vermieteten WG vor Ablauf dessen betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer von vornherein geplant ist und die Erzielung eines Totalgewinns dessen Verkauf notwendig macht.9 Der Erwerb des Leasingguts stellt uE auch in diesem Fall eine gewstl. irrelevante Vorbereitungsmaßnahme dar, da das Leasingunternehmen insoweit keine Leistungen am Markt ggü. Dritten anbietet, sondern lediglich auf dem Beschaffungsmarkt tätig wird (s. Rz. 58 zur vergleichbaren Frage, wann die sachliche GewStPfl. bei einem gewerblichen Grundstückshandel beginnt).

Zurechnung beim Leasingnehmer (Finanzierungsleasing/Spezialleasing). Bei wirtschaftlicher Be- 62 trachtung stellt der Leasingvertrag einen Ratenkauf dar. Er ist darauf gerichtet, dem Leasingnehmer das wirtschaftliche Eigentum an dem Leasinggut zu verschaffen. Die werbende Tätigkeit des Leasinggebers/Leasingunternehmens beginnt folglich bereits mit der Überlassung des Besitzes an dem noch 1 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 204. 2 BMF v. 26.3.2004 – IV A 6 - S 2240 - 46/04, BStBl. I 2004, 434 Rz. 35; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 204; Nöcker in Lenski/Steinberg, 2 GewStG Rz. 1430. 3 BFH v. 5.7.2005 – VIII R 65/02, BStBl. II 2006, 160 mwN = FR 2006, 287 m. Anm. Kempermann; BMF v. 26.3.2004 – IV A 6 - S 2240 - 46/04, BStBl. I 2004, 434 Rz. 35; Nöcker in Lenski/Steinberg, 2 GewStG Rz. 1431. 4 BFH v. 5.7.2005 – VIII R 65/02, BStBl. II 2006, 160 = FR 2006, 287 m. Anm. Kempermann. 5 Behrens/Braun, BB 2013, 926 (927 f.). 6 BFH v. 5.3.1998 – IV R 23/97, BStBl. II 1998, 745; Behrens/Braun, BB 2013, 926 (928). 7 BFH v. 5.3.1998 – IV R 23/97, BStBl. II 1998, 745. 8 Vgl. BFH v. 26.6.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289 = FR 2007, 1075. Der BFH hat zwar lediglich unmittelbar entschieden, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Leasingguts zum laufenden Gewerbeertrag gehört. Er hebt jedoch hervor, dass die Veräußerungsgeschäfte dem laufenden Tätigkeitsfeld – und damit der werbenden Tätigkeit – des Leasingunternehmens zuzurechnen seien. Für die Bestimmung des Beginns und des Endes der sachlichen GewStPfl. kann nichts anderes gelten. 9 BFH v. 26.6.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289 = FR 2007, 1075; BMF v. 1.4.2009 – IV C 6 - S 2240/08/10008, BStBl. I 2009, 515 Rz. 5.

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§ 2 Rz. 63 Steuergegenstand nicht gebrauchsfähigen Leasinggut an den Leasingnehmer.1 Sie endet uE, wenn der „Ratenkauf“ abgeschlossen ist; maßgebend ist also der Zeitpunkt, in dem der Leasingnehmer alle Forderungen des Leasinggebers beglichen hat. Das entspricht regelmäßig dem Zeitpunkt des Ablaufs des Leasingvertrags. 63

Sofern es sich bei dem Leasingunternehmen um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft handelt, müssen zusätzlich die Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt sein (s. Rz. 73 f.). f) Schifffahrtsunternehmen

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Bei Schifffahrtsunternehmen ist danach zu unterscheiden, ob Gegenstand des Unternehmens (vorrangig) der Betrieb oder die Veräußerung des Schiffs ist.2 Letzteres – also die Veräußerung des Schiffs als Unternehmensgegenstand – ist nur bei einer unbedingten und nicht bei einer nur latenten Veräußerungsabsicht anzunehmen.3

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Unternehmenszweck „Betrieb“ des Schiffs. Die sachliche GewStPfl. beginnt in diesem Fall erst mit der Ablieferung/Fertigstellung des Schiffs und dessen Indienststellung;4 sie endet spiegelbildlich regelmäßig mit der Außerdienststellung des Schiffs. Die Anschaffung bzw. Herstellung des Schiffs sowie Bemühungen um Fracht- oder Charterverträge stellen gewstl. irrelevante Vorbereitungsmaßnahmen dar.5 Sofern das Schifffahrtsunternehmen in der Bauphase des Schiffs die Eigenbetriebsabsicht aufgibt und das Schiff veräußert, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob es damit übergangslos von der (noch) nicht gewerbesteuerbaren Vorbereitungs- in die Abwicklungsphase tritt oder ob es eine andere werbende Tätigkeit beginnt und damit der GewSt unterliegt.6 Die bloße Übertragung der aus den schon abgeschlossenen Verträgen resultierenden Rechte und/oder des aufgrund des Bauvertrags fertiggestellten Schiffs sind dabei regelmäßig als unmittelbarer Übergang zur Abwicklungsphase anzusehen.7 Die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit ist nach Auffassung des BFH dagegen zB anzunehmen, wenn sich das Schifffahrtsunternehmen ggü. dem Erwerber zur Übernahme der Bauaufsicht verpflichtet, ohne nach dem Bauvertrag hierzu verpflichtet zu sein.8 Entsprechendes gilt, wenn sich das Schifffahrtsunternehmen ggü. dem Erwerber nicht lediglich zur Übertragung des dem Bauvertrag entsprechend fertiggebauten Schiffs verpflichtet, sondern darüber hinaus auch dazu, dieses betriebsbereit auszurüsten.9

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Unternehmenszweck „Veräußerung“ des Schiffs (Schiffshandel). Die sachliche GewStPfl. beginnt nach der Rspr, des BFH mit dem Beginn des Baus des Schiffs bzw. dessen Anschaffung.10 UE ist dieser Rspr. nicht zu folgen, weil Maßnahmen auf der Beschaffungsseite keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr iSd. § 15 Abs. 2 EStG darstellen, sodass keine werbende Tätigkeit vor1 BFH v. 5.3.1998 – IV R 23/97, BStBl. II 1998, 745; Behrens/Braun, BB 2013, 926 (928). 2 BFH v. 26.9.2013 – IV R 45/11, BStBl. II 2015, 296 = FR 2014, 387 m. Anm. Nöcker; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678. 3 BFH v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678; v. 13.10.2016 – IV R 21/13, BStBl. II 2017, 475 = FR 2017, 925 m. Anm. Wendt. 4 BFH v. 5.11.1957 – I 325/56 U, BStBl. III 1957, 448; v. 17.4.1986 – IV R 100/84, BStBl. II 1986, 527 = FR 1986, 470; v. 27.11.1991 – II R 123/87, BStBl. II 1992, 277; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678; v. 13.10.2016 – IV R 21/13, BStBl. II 2017, 475 = FR 2017, 925 m. Anm. Wendt. 5 BFH v. 17.4.1986 – IV R 100/84, BStBl. II 1986, 527 = FR 1986, 470; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 13.10.2016 – IV R 21/13, BStBl. II 2017, 475 = FR 2017, 925 m. Anm. Wendt. 6 BFH v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678. 7 BFH v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678. 8 BFH v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678; v. 13.10.2016 – IV R 21/13, BStBl. II 2017, 475 = FR 2017, 925 m. Anm. Wendt; krit. hierzu Dißars, NWB 2014, 3614 (3619). 9 BFH v. 13.10.2016 – IV R 21/13, BStBl. II 2017, 475 = FR 2017, 925 m. Anm. Wendt. 10 BFH v. 26.9.2013 – IV R 45/11, BStBl. II 2015, 296 = FR 2014, 387 m. Anm. Nöcker; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 68 § 2

liegt (s. Rz. 52 und 55). Die sachliche GewStPfl. sollte vielmehr erst in dem Zeitpunkt beginnen, in dem sich das Schifffahrtsunternehmen ggü. Dritten am Markt um Verkaufsverträge für die Schiffe bemüht. Zusätzliche Voraussetzung ist die Liefer- bzw. Leistungsfähigkeit (s. Rz. 55). Die sachliche GewStPfl. endet mit der Veräußerung des letzten Schiffs. g) Betriebsaufspaltung Die sachliche GewStPfl. des Besitzunternehmens beginnt in dem Zeitpunkt, in dem erstmals die Vo- 67 raussetzungen der Betriebsaufspaltung – also die personelle und sachliche Verflechtung – erfüllt sind.1 Sie endet spiegelbildlich, wenn die sachliche oder personelle Verflechtung entfällt, sodass die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung nicht mehr vorliegen.2 Danach können unterschiedliche Vorgänge den Beginn bzw. das Endes der sachlichen GewStPfl. begründen, die jeweils zum Entstehen oder zum Wegfall der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung führen. Der häufigste Fall dürfte dabei der Zeitpunkt der erstmaligen bzw. letztmaligen Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage sein (Entstehung bzw. Wegfall der sachlichen Verflechtung). Hierbei genügt es nach der Rspr. des BFH, wenn eine bloße Nutzungsmöglichkeit besteht; auf die tatsächliche Nutzung der wesentlichen Betriebsgrundlage durch die Betriebsgesellschaft soll es nicht ankommen.3 Die zur ESt ergangene Rspr. des BFH,4 wonach der gewerbliche Betrieb des Besitzunternehmens bereits in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der spätere Besitzunternehmer Tätigkeiten aufnimmt, die auf die Vorbereitung der Überlassung von wesentlichen Betriebsgrundlagen gerichtet sind, ist gewstl. nicht anzuwenden.5 Es handelt sich aus Sicht der GewSt um irrelevante Vorbereitungsmaßnahmen in Bezug auf die werbende Tätigkeit des Besitzunternehmens, die in der Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlage an das Betriebsunternehmen liegt. Sofern zunächst eine wesentliche Betriebsgrundlage überlassen wird und die Voraussetzungen der personellen Verflechtung erst später erfüllt werden, beginnt die sachliche GewStPfl. erst mit Entstehen der personellen Verflechtung, also in dem Zeitpunkt, in dem eine Person oder Personengruppe erstmals das Betriebs- und Besitzunternehmen beherrscht, da erst in diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG vorliegen. Beispiel: A überlässt der B-GmbH ein Grundstück. Das Grundstück stellt eine wesentliche Betriebsgrundlage dar. A ist seit dem 1.1.01 Alleingesellschafter der B-GmbH. Die Nutzungsüberlassung des Grundstücks beginnt am 1.1.02. Lösung: Die sachliche GewStPfl. beginnt am 1.1.02 mit dem Beginn der Nutzungsüberlassung des Grundstücks (Entstehen der sachlichen Verflechtung). Abwandlung: A erwirbt die Anteile an der B-GmbH erst am 1.1.03. Lösung: Die sachliche GewStPfl. beginnt am 1.1.03, weil erst in diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung erfüllt sind (Entstehen der personellen Verflechtung).

3. Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften a) Originär gewerblich tätige Mitunternehmerschaften Der Beginn und das Ende der sachlichen GewStPfl. sind nach den gleichen Grundsätzen wie bei Ein- 68 zelunternehmen zu beurteilen, und zwar auch dann, wenn an der Mitunternehmerschaft Körperschaften oder Mitunternehmerschaften beteiligt sind. Die in § 7 Satz 2 GewStG angeordnete 1 BFH v. 15.1.1998 – IV R 8/97, BStBl. II 1998, 478 = FR 1998, 697; v. 19.3.2002 – VIII R 57/99, BStBl. II 2002, 662 = FR 2002, 670 m. Anm. Kempermann; Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1291; ähnlich Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 377, der einschränkend darauf hinweist, dass die GewStPfl. des Besitzunternehmens nicht zeitlich vor der GewStPfl. des Betriebsunternehmens beginnen könne. 2 Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1292. 3 BFH v. 15.1.1998 – IV R 8/97, BStBl. II 1998, 478 = FR 1998, 697; v. 19.3.2002 – VIII R 57/99, BStBl. II 2002, 662 = FR 2002, 670 m. Anm. Kempermann. 4 BFH v. 12.4.1991 – III R 39/86, BStBl. II 1991, 773 = FR 1991, 454. 5 Vgl. BFH v. 15.1.1998 – IV R 8/97, BStBl. II 1998, 478 Rz. 2 = FR 1998, 697; der BFH weist insoweit ausdrücklich darauf hin, dass das Urt. nur in Anlehnung an den einkommensteuerlichen – und nicht den gewstl. – Betriebsbeginn ergangen ist.

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§ 2 Rz. 69 Steuergegenstand GewStPfl. von Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinnen wirkt sich nicht auf den Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung der sachlichen GewStPfl. iSd. § 2 GewStG einer Mitunternehmerschaft aus.1 69

Mit Blick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs einer Personengesellschaft gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (s. Rz. 30 ff.) beginnt die sachliche GewStPfl. einer Personengesellschaft bereits in dem Zeitpunkt, in dem die „erste“ werbende (Teil-)Tätigkeit aufgenommen wird. Voraussetzung ist dabei, dass die „erste“ aufgenommene Teiltätigkeit gewerblich iSd. § 15 EStG ist.2 Sie endet spiegelbildlich erst mit der Einstellung der „letzten“ werbenden (Teil-)Tätigkeit.3 Das soll einen gewissen Gestaltungsspielraum eröffnen; Anlaufverluste einer Mitunternehmerschaft könnten dadurch gewstl. nutzbar gemacht werden, dass eine weitere (ggf. geringfügige) gewerbliche Tätigkeit frühzeitig aufgenommen wird.4 UE ist in entsprechenden Fällen zu prüfen, ob die verschiedenen (Teil-)Tätigkeiten als Teilbetriebe der Mitunternehmerschaft einzuordnen sind; ist das der Fall, können die Anlaufverluste des später aufgenommenen Teilbetriebs gewstl. auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn sie nach der Aufnahme der werbenden Tätigkeit des „ersten“ Teilbetriebs angefallen sind (s. Rz. 78 ff.). Beispiel: Geschäftsgegenstand der A-KG ist der Betrieb eines Gaskraftwerks und einer Windkraftanlage. Die Windkraftanlage wird am 1.7.01 in Betrieb genommen, das Gaskraftwerk am 1.11.03. In der Zeit vom 1.7.01 bis zum 30.10.03 entstehen Vorlaufkosten für das Gaskraftwerk iHv. 30 Mio. Euro. Lösung: Die sachliche GewStPfl. der A-KG beginnt am 1.7.01 mit der Inbetriebnahme der Windkraftanlage. Maßgebend ist die Aufnahme der „ersten“ werbenden Teiltätigkeit. Die gewstl. Berücksichtigung der Anlaufverluste ist uE davon abhängig, ob das Gaskraftwerk und das Windkraftwerk Teilbetriebe darstellen (s. Rz. 78 ff.).

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Bei einem Tätigkeitswechsel auf Ebene der Mitunternehmerschaft (s. Rz. 35 f.) führt die Einstellung der bisher ausgeübten Tätigkeit nur dann zu einer Beendigung der sachlichen GewStPfl., wenn auf Ebene der Personengesellschaft eine Betriebseinstellung und anschließende Betriebsneugründung anzunehmen sind, sodass zwei selbstständige Gewerbebetriebe vorliegen.

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Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft. Sind Gesellschaftszweck und tatsächliche Betätigung einer Obergesellschaft ausschließlich auf die Beteiligung an gewerblichen Untergesellschaften gerichtet, so ist für die Bestimmung des Beginns der werbenden Tätigkeit der Obergesellschaft nach der Rspr. des IV. Senats des BFH an den Beginn der werbenden Tätigkeit der (ersten) Untergesellschaft anzuknüpfen.5 Das Ende der sachlichen GewStPfl. müsste danach spiegelbildlich durch die Einstellung der werbenden Tätigkeit bei der (letzten) Untergesellschaft bestimmt werden. Stellungnahme. UE ist die Obergesellschaft in entsprechenden Fällen – vorbehaltlich einer gewerblichen Prägung iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG – nicht sachlich gewstpfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, sodass die Frage des Beginns bzw. des Endes der werbenden Tätigkeit dahingestellt bleiben kann (s. Rz. 41).

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Verhältnis zu § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Der Zeitpunkt des Beginns der sachlichen GewStPfl. einer originär gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft ist nach der Rspr. des BFH nicht deshalb nach vorne zu verlegen, weil die Mitunternehmerschaft zugleich die Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt. Die Mitunternehmerschaft werde nicht für die Zeit, in der sie ihre werbende Tätigkeit lediglich vorbereitet, als gewerblich geprägte Personengesellschaft angesehen.6 Das soll auch dann gelten, wenn aus der Verwaltung der Gründungseinlagen vorübergehend Kapitalerträge erzielt werden und hierin kein eigenständiger – über die angestrebte originär gewerbliche Tätigkeit hinausgehender 1 BFH v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt; krit. hierzu Behrend/Lache/ Scheewe, DB 2013, 249. 2 BFH v. 20.12.2000 – XI R 8/00, BStBl. II 2002, 478 = FR 2001, 537; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4550. 3 BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 35, 39 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. 4 Behrendt/Scheewe/Lache, DB 2013, 249 (254); vgl. auch Köhler, StBp. 2016, 66; Roser, Ubg 2015, 582 (583), die darauf hinweisen, dass Anlaufverluste bei einer Betriebserweiterung nutzbar gemacht werden können. 5 BFH v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt. 6 BFH v. 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 900 = FR 1995, 116 m. Anm. Schmidt; v. 5.3.1998 – IV R 23/97, BStBl. II 1998, 745; v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = FR 2004, 644; v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 73 § 2

– Gesellschaftszweck liegt.1 Überschreiten die vermögensverwaltenden Tätigkeiten allerdings das Maß dessen, was zur Aufnahme der originär gewerblichen Tätigkeit erforderlich und üblich ist, handelt es sich bei diesen Tätigkeiten nicht mehr um bloße Vorbereitungshandlungen der noch nicht aufgenommenen originär gewerblichen Tätigkeit, sondern um die Ingangsetzung eines Gewerbebetriebs, der mit der Aufnahme der Vermögensanlage beginnt.2 Beispiel 1: Geschäftsgegenstand der A-GmbH & Co. KG ist der Betrieb einer Kfz-Werkstatt sowie die Vermietung eines Mehrfamilienhauses. Die A-GmbH & Co. KG erfüllt die Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Die Wohnungen des Mehrfamilienhauses vermietet sie ab dem 1.3.01. Die Kfz-Werkstatt wird am 1.10.01 eröffnet. Lösung: Die sachliche GewStPfl. beginnt am 1.3.01 mit der Aufnahme der Vermietungstätigkeit. Es handelt sich um keine Vorbereitungshandlung des Betriebs der Kfz-Werkstatt, sondern um eine Tätigkeit von eigenem wirtschaftlichem Gewicht. Die Eröffnung der Kfz-Werkstatt führt gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu einer Erweiterung des bisherigen Gewerbebetriebs und zu keiner Eröffnung eines weiteren Gewerbebetriebs der A-GmbH & Co. KG. Beispiel 2: Geschäftsgegenstand der A-GmbH & Co. KG ist der Betrieb einer Kfz-Werkstatt. Die A-GmbH & Co. KG erfüllt die Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Die Kfz-Werkstatt wird am 1.10.01 eröffnet. Bereits seit dem 1.6.01 hat die A-GmbH & Co. KG Kapitalerträge aus der vorübergehenden Anlage der Gründungseinlagen erzielt. Lösung: Die sachliche GewStPfl. beginnt nach der Rspr. des BFH am 1.10.01 mit der Aufnahme der werbenden Tätigkeit der Kfz-Werkstatt. Die in der Zeit bis zum 30.9.01 erzielten Kapitalerträge sind nicht gewerbesteuerbar.

Stellungnahme. Für den Fall, dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, deren Geschäftszweck die Verwaltung von Bürogebäuden ist, vor Beginn der Vermietungstätigkeit Kapitalerträge aus der Verwaltung der Gründungseinlagen erzielt, hat der BFH entschieden, dass die sachliche GewStPfl. bereits mit der Anlage des Kapitalvermögens beginnt.3 Es ist uE nicht konsequent, eine entsprechende Tätigkeit sodann bei einer originär gewerblich tätigen Personengesellschaft, die die Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt, als gewstl. irrelevante Vorbereitungshandlung anzusehen.4 Wenn die vorübergehende Kapitalanlage der Gründungseinlagen keine Vorbereitungshandlung einer grundstücksverwaltenden Tätigkeit ist, sollte das auch bei einer später ausgeübten originären gewerblichen Tätigkeit gelten. b) Gewerblich geprägte Personengesellschaften Zu den Auswirkungen eines Tätigkeitswechsels auf Ebene der gewerblich geprägten Personenge- 73 sellschaft s. Rz. 39; zu den Auswirkungen des § 7 Satz 2 GewStG auf den Beginn und das Ende der sachlichen GewStPfl. s. Rz. 68. Zur Behandlung von Fällen, in denen eine Gesellschaft iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG eine originär gewerbliche Tätigkeit ausübt s. Rz. 72. Voraussetzungen für den Beginn der sachlichen GewStPfl. sind, dass – die Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt sind (s. Rz. 74)5 und – die Gesellschaft in Bezug auf die ausgeübte (vermögensverwaltende) Tätigkeit werbend tätig wird, ihren Gewerbebetrieb also in Gang gesetzt hat (s. Rz. 75).6 Darauf, dass die Personengesellschaft die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt, also zB am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, kommt es dagegen nicht an, da kennzeichnend für eine gewerblich geprägte Personengesellschaft gerade ist, dass sie keine originär gewerbliche Tätigkeit ausübt.7

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BFH v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt. BFH v. 13.4.2017 – IV R 49/15, FR 2017, 1022 m. Anm. Nöcker = BFH/NV 2017, 1129. BFH v. 23.2.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354 Rz. 33. AA ggf. Wendt, FR 2017, 24 (28), der die unterschiedliche Behandlung der Fallkonstellationen durch den BFH kritiklos darstellt. 5 BFH v. 23.2.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354 Rz. 30; Behrens/Braun, BB 2013, 926 (927). 6 BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = FR 2004, 644; v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt; R 2.5 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009; Korn, KÖSDI 1988, 7099 (7101). 7 BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = FR 2004, 644.

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§ 2 Rz. 74 Steuergegenstand Die sachliche GewStPfl. einer gewerblich geprägten Personengesellschaft endet spiegelbildlich, wenn entweder die Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG entfallen oder die werbende Tätigkeit eingestellt wird. 74

Erfüllung der Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Auf die Kommentierungen zu § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG wird verwiesen. Hervorzuheben ist, dass die Handelsregistereintragung einer Gesellschaft iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG – im Unterschied zu Einzelunternehmen und originär gewerblichen Personengesellschaften (s. Rz. 50) – rechtsbegründend für den Beginn der sachlichen GewStPfl. sein kann.1 Beispiel : Geschäftsgegenstand der A-KG ist die Vermietung von Grundbesitz. Alleiniger Kommanditist ist B. Komplementärin ist die B-GmbH, der auch die ausschließliche Geschäftsführungsbefugnis obliegt. Die Gesellschaft wird am 1.1.01 gegründet (Abschluss des Gesellschaftsvertrags). Am 1.2.01 nimmt sie ihre Vermietungstätigkeit auf. Die Eintragung im Handelsregister erfolgt am 1.5.01. Lösung: Die sachliche GewStPfl. der A-KG beginnt am 1.5.01. Zivilrechtlich entsteht eine KG, die kein Handelsgewerbe iSd. § 1 Abs. 2 HGB betreibt oder die nur eigenes Vermögen verwaltet, erst im Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister (§ 161 Abs. 2 HGB iVm. § 105 Abs. 2 HGB). Zuvor stellt sie eine GbR dar, für deren Verbindlichkeiten die Gesellschafter persönlich haften.2 Damit erfüllt die A-KG die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erst ab dem 1.5.01. Der Zeitpunkt der Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit (1.2.01) ist für die Bestimmung des Beginns der sachlichen GewStPfl. unmaßgeblich. Abwandlung: Alleinige Kommanditistin ist die C-GmbH. Lösung: In diesem Fall erfüllt die A-KG schon vor der Handelsregistereintragung am 1.5.01 die Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, weil an ihr nur KapGes. beteiligt sind. Es kommt nicht darauf an, dass die A-KG bis zum 1.5.01 eine GbR ist.3 Die sachliche GewStPfl. beginnt mit der Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit am 1.2.01.

Bei der Liquidation einer KG ist zu beachten, dass die Geschäftsführungsbefugnis mit Beginn der Liquidation auf die Liquidatoren übergeht (§ 161 Abs. 2 HGB iVm. § 149 HGB). Liquidatoren sind gem. § 161 Abs. 2 HGB iVm. § 146 Abs. 1 Satz 1 HGB alle Gesellschafter, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht oder ein abweichender Gesellschafterbeschluss nicht gefasst worden ist. Der Liquidationsbeschluss kann folglich einen Wegfall der Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG4 und damit eine Beendigung der sachlichen GewStPfl. zur Folge haben,5 wenn eine an der KG beteiligte natürliche Person mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag/Gesellschafterbeschluss Liquidator wird. Stellungnahme. Die Annahme, dass der Beginn der sachlichen GewStPfl. von der Erfüllung der Prägevoraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und damit ggf. von der Handelsregistereintragung der Personengesellschaft abhängt, steht uE im Konflikt zur Rspr. des BFH zur gewstl. Behandlung der Vorgesellschaft einer AG, KGaA oder GmbH (s. Rz. 115 ff.). Es erscheint wenig stringent, eine noch nicht im Handelsregister eingetragene vermögensverwaltende KapGes. bereits als sachlich gewstpfl. zu behandeln und bei einer noch nicht im Handelsregister eingetragenen vermögensverwaltenden KG das Vorliegen der Voraussetzungen der sachlichen GewStPfl. zu verneinen. 75

Werbende Tätigkeit. Die werbende Tätigkeit ist wie bei Einzelunternehmen und originär gewerblich tätigen Mitunternehmerschaften von gewstl. irrelevanten Vorbereitungshandlungen abzugrenzen. Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem von der Gesellschaft verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit. Maßgebend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit; dem im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens kommt nur indizielle Bedeutung zu.6

1 BFH v. 23.2.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354 Rz. 30; Behrens/Braun, BB 2013, 926 (927); Keß in Lenski/ Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2141. 2 BFH v. 4.2.2009 – II R 41/07, BStBl. II 2009, 600 = FR 2009, 973. 3 Vgl. BFH v. 17.1.2002 – IV R 51/00, BStBl. II 2002, 873 = FR 2002, 724 m. Anm. Wendt; Güroff in Glanegger/ Güroff9, § 2 GewStG Rz. 433, 447; Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 215. 4 BFH v. 24.4.1980 – IV R 68/77, BStBl. II 1980, 658 = FR 1980, 549. 5 Vgl. Korn, KÖSDI 1988, 7099 (7101). 6 BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = FR 2004, 644; v. 12.5.2016 – IV R 1/13, BStBl. II 2017, 489 = FR 2017, 24 m. Anm. Wendt.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 77 § 2

Einzelfälle. Bei einer grundstücksverwaltenden Tätigkeit beginnt die werbende Tätigkeit grds. mit der Aufnahme der Vermietungstätigkeit und endet mit deren Beendigung.1 Bei Kapitalanlagen wie gewährten Darlehen ist auf den Beginn bzw. das Ende der Darlehensgewährung abzustellen.2 Bei Gesellschaften iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, die Beteiligungen an KapGes. verwalten, ist auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an der „ersten“ Kapitalgesellschaftsbeteiligung (Beginn der sachlichen GewStPfl.) bzw. der „letzten“ Kapitalgesellschaftsbeteiligung (Ende der sachlichen GewStPfl.) abzustellen.3 Die Erzielung von Kapitalerträgen aus der Anlage der Gründungseinlagen führt auch dann zum Beginn der sachlichen GewStPfl., wenn der Geschäftsgegenstand der Gesellschaft sich eigentlich auf eine andere vermögensverwaltende Tätigkeit – wie zB die Grundstücksverwaltung – bezieht (s. Rz. 72 zur abweichenden Beurteilung bei originär gewerblich tätigen Mitunternehmerschaften).4 Zu den Folgen einer Vermögensumschichtung auf den Beginn und das Ende der sachlichen GewStPfl. bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft s. Rz. 40. In diesem Fall führt die Einstellung der bisher ausgeübten vermögensverwaltenden Tätigkeit nur dann zu einer Beendigung der sachlichen GewStPfl., wenn auf Ebene der Personengesellschaft eine Betriebseinstellung und anschließende Betriebsneugründung anzunehmen sind, sodass zwei selbstständige Gewerbebetriebe vorliegen. Zum Beginn/Ende der sachlichen GewStPfl. bei Leasingunternehmen s. Rz. 60 ff. 4. Besonderheiten bei Körperschaften Sofern sich die GewStPfl. bei einer Körperschaft aus § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ergibt (s. Rz. 42 ff. und 76 45 f.), gelten für die Bestimmung des Beginns und des Endes der sachlichen GewStPfl. dieselben Grundsätze wie bei Einzelunternehmen.5 Dh., die sachliche GewStPfl. beginnt in dem Zeitpunkt, in dem alle Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind, und endet, wenn eine Voraussetzung des § 15 Abs. 2 EStG entfällt. Bei Körperschaften iSd. § 2 Abs. 3 GewStG (insbes. nicht rechtsfähige Vereine, rechtsfähige Vereine 77 und rechtsfähige Stiftungen, s. Rz. 164 ff.), deren Gewerbebetriebe und wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gem. § 8 GewStDV als einheitlicher Gewerbebetrieb gelten (s. Rz. 46), beginnt die sachliche GewStPfl. in dem Zeitpunkt, in dem der „erste“ Gewerbebetrieb oder der „erste“ wirtschaftliche Geschäftsbetrieb seine Tätigkeit aufgenommen hat. Sie endet, wenn kein Tätigkeitsbereich der Körperschaft iSd. § 2 Abs. 3 GewStG mehr die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfüllt. Zur Bestimmung des Beginns und des Endes der sachlichen GewStPfl. von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben gem. § 2 Abs. 3 GewStG s. Rz. 176 f. Zu den Folgen des Wechsels zwischen der sachlichen StPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und § 2 Abs. 3 GewStG – etwa wenn bei einem von einem Unternehmen iSd. § 2 Abs. 3 GewStG unterhaltenen Gewerbebetrieb die Gewinnerzielungsabsicht wegfällt – s. Rz. 178. Die Zusammenfassung mehrerer Gewerbebetriebe und wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb gem. § 8 GewStDV hat indes uE nicht zur Folge, dass Vorlauf- bzw. Abwicklungskosten eines Gewerbebetriebs gewstl. nutzbar gemacht werden könnten, indem ein anderer Gewerbebetrieb oder wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zunächst aufrechterhalten wird. Die sachliche GewStPfl. ist bei Körperschaften iSd. § 2 Abs. 3 GewStG auf die tatsächlich unterhaltenen Gewerbebetriebe bzw. wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe beschränkt. Dh., ein noch nicht bzw. nicht mehr tätiger Gewerbebetrieb oder wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nicht mehr Bestandteil des nach § 8 GewStDV zusammengefassten einheitlichen Gewerbebetriebs, sodass die insoweit angefallenen Aufwendungen nicht in die Ausgangsgröße iSd. § 7 Satz 1 GewStG eingehen.

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Vgl. BFH v. 18.5.2017 – IV R 30/15, BFH/NV 2017, 1191 Rz. 18, 20 f. Vgl. BFH v. 23.2.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354 Rz. 33. FG Düss. v. 3.8.1999 – 8 K 5495/97 G, rkr., EFG 1999, 1300; Behrens/Braun, BB 2013, 926. BFH v. 23.2.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354 Rz. 33. Vgl. für Betriebe der öffentlichen Hand Nöcker in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1658.

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§ 2 Rz. 78 Steuergegenstand 5. Berücksichtigung von Vorlauf- und Abwicklungskosten bei einer Teilbetriebseröffnung/ -beendigung 78

Die Eröffnung eines (weiteren) Teilbetriebs bzw. die Beendigung eines Teilbetriebs berühren die sachliche GewStPfl. nicht.1 Lediglich der Umfang des Gewerbebetriebs wird verändert.2 Nach der Rspr. des BFH ist indes eine Reihe gewstl. Beschränkungen/Begünstigungen, die sich aus dem Objektsteuercharakter der GewSt und damit aus § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG ergeben, auf Teilbetriebe entsprechend anzuwenden: – So unterliegen Gewinne aus einer Teilbetriebsveräußerung oder -aufgabe seit jeher – genauso wie Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines ganzen Gewerbebetriebs – nicht der GewSt.3 – Gleiches gilt für Erträge aus einer Teilbetriebsverpachtung (s. Rz. 21).4 – Weiterhin geht der auf einen Teilbetrieb entfallende Gewerbeverlust im Fall der Veräußerung des Teilbetriebs nach neuerer Rspr. des BFH unter und kann nicht mit positiven Gewerbeerträgen des „Restbetriebs“ verrechnet werden (Verlust der Teilunternehmensidentität).5 Rechtsgrund für die Übertragung der jeweils eigentlich nur für ganze Betriebe geltenden Beschränkungen/Begünstigungen auf Teilbetriebe ist nach der Rspr. des BFH die weitgehende Verselbstständigung eines Teilbetriebs im Rahmen des gesamten Gewerbebetriebs.6 Der BFH behandelt Teilbetriebe insoweit wie ein selbstständiges Besteuerungssubjekt iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. An anderer Stelle lehnt der BFH eine Gleichstellung von ganzen Gewerbebetrieben und Teilbetrieben allerdings ab: – So ist ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Teilbetrieben uneingeschränkt möglich.7 – Weiterhin sollen – allerdings nach vergleichsweise alter Rspr. des BFH – Gewinne und Verluste aus der allmählichen Abwicklung eines Teilbetriebs der GewSt unterliegen (s. § 7 GewStG Rz. 64).8

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Folge der zeitlichen Begrenzung der sachlichen GewStPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG auf den lebenden Gewerbebetrieb ist das gewstl. Abzugsverbot von vorweggenommenen und nachträglichen Betriebsausgaben und -einnahmen (s. Rz. 83 ff.). Fraglich ist, ob auch insoweit ein teilbetriebsbezogenes Verständnis maßgebend ist, ob also vorweggenommene und nachträgliche Betriebsausgaben und -einnahmen iZm. einer Teilbetriebseröffnung bzw. Teilbetriebsbeendigung – genauso wie bei der Eröffnung oder Beendigung eines ganzen Betriebs – nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehen sind. Der BFH hat in einzelnen Urt. darauf hingewiesen, dass „unter dem Gesichtspunkt der Objektsteuer Vorgänge aus Anlass der Gründung und der Veräußerung des Betriebs/Teilbetriebs [gewerbesteuerlich] nicht erfasst werden“ (Hervorhebung durch Verfasser).9 Entscheidungserheblich waren diese Ausführungen – soweit ersichtlich – aber jeweils nicht. Von praktischer Bedeutung ist die Problematik vor allem bei Mitunternehmerschaften, die aufgrund von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nur einen Gewerbebetrieb haben und deswegen den Beginn bzw. das Ende der sachlichen GewStPfl. vergleichsweise einfach durch die frühzeitige Aufnahme bzw. Fortführung einer weiteren (ggf. unwesentlichen) gewerblichen Tätigkeit steuern können (s. Rz. 69).

1 R 2.7 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5622 f. 2 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5623. 3 RFH v. 21.5.1940 – I 132/40, RStBl. 1940, 557; BFH v. 1.6.1967 – IV R 47/66, BStBl. III 1967, 730; v. 23.11.1988 – X R 1/86, BStBl. II 1989, 376 = FR 1989, 278; v. 25.11.2009 – X R 23/09, BFH/NV 2010, 633. 4 RFH v. 24.3.1937 – VI A 495/36, RStBl. 1937, 939; BFH v. 5.10.1976 – VIII R 62/72, BStBl. II 1977, 42; v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735 = FR 1998, 1004; R 2.2 Satz 1 f. GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5605. 5 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. 6 Vgl. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt, zum Merkmal der Teilunternehmensidentität, sowie v. 25.11.2009 – X R 23/09, BFH/NV 2010, 633 zur Begünstigung von Gewinnen/ Verlusten aus einer Teilbetriebsveräußerung/-aufgabe. 7 RFH v. 21.5.1940 – I 132/40, RStBl. 1940, 557; BFH v. 1.6.1967 – IV R 47/66, BStBl. III 1967, 730; v. 23.11.1988 – X R 1/86, BStBl. II 1989, 376 = FR 1989, 278; v. 25.11.2009 – X R 23/09, BFH/NV 2010, 633. 8 BFH v. 20.12.1963 – VI 336/62 U, BStBl. III 1964, 248. 9 BFH v. 24.10.1990 – X R 64/89, BStBl. II 1991, 358 = FR 1991, 213; v. 4.3.1998 – X R 56/95, BFH/NV 1998, 1354.

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C. Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (Abs. 1 Satz 2)

Rz. 82 § 2

Stellungnahme. Teilbetriebe sind auch in Bezug auf vorweggenommene und nachträgliche Betriebs- 80 ausgaben und -einnahmen wie selbstständige Besteuerungssubjekte iSd. § 2 GewStG zu behandeln, sodass entsprechende Aufwendungen und Erträge nicht in den Gewerbeertrag des „Restbetriebs“ einzubeziehen sind. Hierfür spricht insbes. die Rechtsprechung des BFH,1 wonach der auf einen Teilbetrieb entfallende Gewerbeverlust im Fall der Veräußerung des Teilbetriebs untergeht. Danach gilt für Betriebsausgaben des untergegangenen Teilbetriebs, die vor der Teilbetriebsbeendigung angefallen sind und nicht mit positiven Gewerbeerträgen verrechnet werden konnten, ein faktisches Abzugsverbot. Für Betriebsausgaben, die nach der Teilbetriebsbeendigung anfallen, muss Entsprechendes gelten. Genauso wenig wäre es folgerichtig, einen vortragsfähigen Verlust eines Teilbetriebs im Zeitpunkt der Teilbetriebseinstellung untergehen zu lassen und sodann nachträgliche Betriebseinnahmen eben jenes Teilbetriebs bei demselben Unternehmer mit GewSt zu belasten. Beispiel: Die A-KG betreibt eine Kfz-Werkstatt und einen Supermarkt. Es handelt sich um selbstständige Teilbetriebe. Für die A-KG wurde zum 31.12.02 ein vortragsfähiger Gewerbeverlust iHv. 200.000 Euro festgestellt, der ausschließlich auf Verluste der Kfz-Werkstatt zurückzuführen ist. Mit Wirkung zum 31.12.03 wird die Kfz-Werkstatt veräußert. In 04 fallen Schuldzinsen für ein iZm. der Kfz-Werkstatt aufgenommenes Darlehen an, das der Erwerber der Kfz-Werkstatt nicht übernommen hat und von der A-KG aus dem Veräußerungserlös nicht getilgt werden konnte. Lösung: Die Veräußerung der Kfz-Werkstatt hat nach der Rspr. des BFH einen Untergang des vortragsfähigen Gewerbeverlustes der A-KG zur Folge.2 Die Betriebsausgaben, die zur Entstehung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes geführt haben, können daher nicht mit positiven Gewerbeerträgen aus dem Betrieb des Supermarktes verrechnet werden und wirken sich iErg. gewstl. nicht aus. Für die nach der Veräußerung der Kfz-Werkstatt angefallenen Schuldzinsen kann nichts anderes gelten. Sie sind gewstl. nicht abziehbar, weil sie nach der Einstellung der werbenden Tätigkeit der Kfz-Werkstatt durch die A-AG am 31.12.03 entstanden sind. Abwandlung: Die A-KG kann im Jahr 04 unerwartet eine ausstehende Forderung aus einer Kfz-Reparatur vereinnahmen, die sie im Jahr 01 abgeschrieben hatte. Lösung: Es handelt sich um eine nachträgliche Betriebseinnahme des Teilbetriebs „Kfz-Werkstatt“. Diese unterliegt nicht der GewSt, weil sie nach der Einstellung der werbenden Tätigkeit der Kfz-Werkstatt durch die A-AG am 31.12.03 entstanden ist. Es ist nicht sachgerecht, einen Gewerbeverlust bei einer Teilbetriebsveräußerung – der Rspr. des BFH folgend3 – vom Verlustabzug auszuschließen und nachträgliche Betriebseinnahmen des nämlichen Teilbetriebs sodann der GewSt zu unterwerfen.

In der vorstehenden Auffassung liegt kein Widerspruch zu dem einschränkenden Hinweis des BFH 81 in seinem Urt. v. 7.8.2008, wonach ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Teilbetrieben unbeschränkt möglich ist. Hierbei kann es sich nur um den Verlustausgleich zwischen Teilbetrieben handeln, die ihren Geschäftsbetrieb bereits aufgenommen und noch nicht eingestellt haben und damit gewstl. existent sind. Fraglich ist allerdings, ob die Annahme eines gewstl. Abzugs-/Ansatzverbots von Aufwendungen und 82 Erträgen iZm. einer Teilbetriebseröffnung bzw. Teilbetriebseinstellung mit der (vergleichsweise alten) Rspr. des BFH vereinbar ist, wonach Gewinne und Verluste aus der allmählichen Abwicklung eines Teilbetriebs der GewSt unterliegen.4 Denn auch entsprechende Erträge und Aufwendungen sind begrifflich nachträgliche Betriebsausgaben und -einnahmen des Teilbetriebs. Stellungnahme. UE sollte der BFH an seiner Rspr. nicht weiter festhalten (s. § 7 GewStG Rz. 63 f.). Die gewstl. Begünstigung eines Gewinns aus der Aufgabe eines Teilbetriebs hängt nicht davon ab, ob aus einkommensteuerlicher Sicht eine gem. §§ 16, 34 EStG begünstigte Teilbetriebsaufgabe oder eine nicht begünstigte allmähliche Abwicklung des Teilbetriebs vorliegt (s. § 7 GewStG Rz. 57). Maßgebend ist vielmehr, dass der Gewinn iZm. einer gewstl. Teilbetriebseinstellung realisiert wird (s. § 7 GewStG Rz. 63 f.). Vor diesem Hintergrund sind Gewinne und Verluste, die iZm. einer allmählichen Abwicklung eines Teilbetriebs anfallen, uE entgegen der Rspr. des BFH nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehen. Gleiches gilt für vorweggenommene und nachträgliche Betriebsausgaben bzw. -einnahmen iZm. einer Teilbetriebseröffnung oder Teilbetriebseinstellung.

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BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. BFH v. 20.12.1963 – VI 336/62 U, BStBl. III 1964, 248.

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§ 2 Rz. 83 Steuergegenstand 6. Auswirkung der zeitlichen Begrenzung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht auf die Ermittlung des Gewerbeertrags 83

Kein Ansatz vorweggenommener/nachträglicher Betriebsausgaben/-einnahmen. Infolge der zeitlichen Begrenzung der sachlichen GewStPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG auf den lebenden Gewerbebetrieb sind Betriebsausgaben, die vor Beginn bzw. nach Beendigung der sachlichen StPfl. anfallen, gewstl. nicht abziehbar.1 Entsprechendes gilt für vorweggenommene bzw. nachträgliche Betriebseinnahmen; sie unterliegen nicht der GewSt.2

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Abgrenzung vom laufenden Gewinn. Die Frage, ob ein Aufwand/Ertrag zum laufenden Gewinn oder den gewstl. irrelevanten vorweggenommenen/nachträglichen Betriebsausgaben/-einnahmen zuzurechnen ist, richtet sich nach der Rspr. des BFH ausschließlich nach einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Grundsätzen.3 Dh., soweit eine Betriebsausgabe bzw. -einnahme nach einkommen-/ körperschaftsteuerlichen Grundsätzen vor dem Beginn bzw. nach dem Ende der sachlichen GewStPfl. realisiert wird, ist sie nicht in die Ausgangsgröße iSd. § 7 Satz 1 GewStG einzubeziehen; wird sie dagegen während des Bestehens der sachlichen GewStPfl. realisiert, gehört sie grds. zum laufenden Gewinn. Zur Abgrenzung des laufenden Gewinns von einem nicht der GewSt unterliegenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn s. § 7 GewStG Rz. 81. Die Höhe der vorweggenommenen/nachträglichen Betriebsausgaben/-einnahmen kann danach in Abhängigkeit von der gewählten Gewinnermittlungsart abweichen; einen Grundsatz der gewstl. Gesamtgewinngleichheit gibt es nicht.4 Im Fall der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kommt nach der Rspr. des BFH im Zeitpunkt der gewstl. Betriebseinstellung infolge des Übergangs zur Liebhaberei ein isolierter Übergang zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich für gewstl. Zwecke nicht in Betracht.5 Die Verwaltung geht dagegen beim Übergang zur Betriebsverpachtung im Ganzen – uE mit Blick auf die vorgenannte Rspr. des BFH zum Übergang zur Liebhaberei unzutreffend – davon aus, dass speziell für die GewSt ein Wechsel zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich zu unterstellen ist.6

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Die Höhe der gewstl. irrelevanten vorweggenommenen/nachträglichen Betriebsausgaben/-einnahmen kann durch die Ausübung von Bilanzierungs- und Abschreibungswahlrechten in gewisser Hinsicht gesteuert werden7 – etwa indem Fremdkapitalzinsen iSd. § 255 Abs. 4 Satz 2 HGB, die in der Zeit vor dem Beginn der sachlichen GewStPfl. angefallen sind, aktiviert werden.8 Die Wahlrechte sind dabei nach der Rspr. des BFH einheitlich für einkommen-/körperschaftsteuerliche und gewstl. Zwecke auszuüben.9 In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass diese Rspr. mit der Umsetzung der eingeschränkten Maßgeblichkeit durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) v. 25.5.200910 überholt sei.11 Dem ist uE nicht zuzustimmen. Der BFH hat seine Rspr. zur einheitlichen Ausübung von Bilanzierungs- und Abschreibungswahlrechten damit begründet, dass sich aus § 7 Satz 1 GewStG eine Bindung an die einkommensteuerrechtlich zulässigen konkreten Ansätze in der Steuerbilanz ergebe.12 Warum die Einschränkung des Maßgeblichkeitgrundsatzes durch das BilMoG diese Begründung infrage stellen sollte, ist nicht ersichtlich. 1 BFH v. 19.8.1977 – IV R 107/74, BStBl. II 1978, 23; v. 27.10.1992 – VIII R 30/90, BFH/NV 1993, 264; v. 4.3.2015 – IV R 38/12, BFH/NV 2015, 984; krit. hierzu Hidien, StBp. 2008, 125. 2 BFH v. 10.7.1973 – VIII R 34/71, BStBl. II 1973, 786; v. 11.5.2016 – X R 61/14, FR 2016, 1043 m. Anm. Kanzler = BFH/NV 2016, 1371. 3 Vgl. zB BFH v. 10.7.1973 – VIII R 34/71, BStBl. II 1973, 786; v. 11.5.2016 – X R 61/14, FR 2016, 1043 m. Anm. Kanzler = BFH/NV 2016, 1371. 4 BFH v. 4.12.2012 – VIII R 41/09, BStBl. II 2014, 288 Rz. 29; v. 11.5.2016 – X R 61/14, FR 2016, 1043 m. Anm. Kanzler = BFH/NV 2016, 1371 Rz. 46. 5 BFH v. 10.7.1973 – VIII R 34/71, BStBl. II 1973, 786; v. 11.5.2016 – X R 61/14, FR 2016, 1043 m. Anm. Kanzler = BFH/NV 2016, 1371. 6 R 2.2 Satz 8 GewStR 2009. 7 Behrendt/Schewe, DB 2013, 249 (253); Köhler, StBp. 2016, 66. 8 R 6.3 Abs. 5 EStR 2012. 9 BFH v. 25.4.1985 – IV R 83/83, BStBl. II 1986, 350 = FR 1985, 537; v. 9.8.1989 – X R 110/87, BStBl. II 1990, 195 = FR 1990, 113; v. 6.9.2000 – XI R 18/00, BStBl. II 2001, 106 = FR 2001, 148; v. 17.7.2013 – X R 40/10, BStBl. II 2013, 883 = FR 2013, 1001 m. Anm. Nöcker. 10 BGBl. I 2009, 1102. 11 Roser, Ubg 2015, 582 (587). 12 BFH v. 9.8.1989 – X R 110/87, BStBl. II 1990, 195 = FR 1990, 113.

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D. Inländischer Gewerbebetrieb (Abs. 1 Satz 3)

Rz. 86 § 2

In der Literatur wird weiterhin die Auffassung vertreten, dass aufgrund des unterschiedlichen einkommensteuerlichen und gewstl. Betriebsbeginns eine autonome gewstl. Eröffnungsbilanz aufzustellen sei, in der gesonderte Einlagewerte ausgewiesen bzw. die vor Beginn der sachlichen GewStPfl. angefallenen Aufwendungen als immaterielle WG aktiviert werden.1 Dem ist uE aufgrund der in § 7 Satz 1 GewStG angeordneten Verknüpfung mit dem nach den Vorschriften des EStG oder des KStG ermittelten Gewinn nicht zuzustimmen. Genauso wenig kommt eine gewstl. Entstrickungsbesteuerung in Betracht, wenn die gewstl. Betriebseinstellung vor dem Zeitpunkt der einkommensteuerlichen Betriebsaufgabe liegt.2

D. Inländischer Gewerbebetrieb (Abs. 1 Satz 3) Literatur: Schröder, Die Betriebsstätte im deutschen Außensteuerrecht, StBp. 1978, 169; Riemenschneider, Zum Seminar H: Betriebsstättenfragen in Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Rohrleitungen, IStR 2002, 561; Elser/ Dürrschmidt, Die deutsche Immobilien-GmbH mit Geschäftsleitung im Ausland, IStR 2010, 79; Mensching/Tyarks, Vermeidung der deutschen Gewerbesteuer ohne Aufdeckung der stillen Reserven, GmbHR 2010, 466; Behrendt/Wischott/Krüger, Praxisfragen zu deutschen Besteuerungsrechten im Zusammenhang mit Offshore-Windparks in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone, BB 2012, 1827; Bier, Die Gewerbesteuer aus Sicht der Unternehmen, DStJG 35 (2012), 219; Waldhoff/Engler, Die Küste im deutschen Ertragsteuerrecht – am Beispiel der Besteuerung von Offshore-Energieerzeugung, FR 2012, 254; Weber/Hammler/Kleinschmidt, Grundlegende ertrag- und umsatzsteuerliche Aspekte bei der Errichtung/dem Betrieb von Onshore- sowie Offshore-Windkraftanlagen, BB 2012, 1836; Maciejewski/Theilen, Steuern an ihren Grenzen: Der (erweiterte) Inlandsbegriff im deutschen Ertragsteuerrecht und seine völkerrechtlichen Bezüge, IStR 2013, 846; Reiser/Cortez, Betriebsstättenbegriff im Wandel – Zur veränderten Bedeutung des Kriteriums der Verfügungsmacht, IStR 2013, 6; Becker, Gewerbesteuerliche Behandlung von Offshore-Windkraftanlagen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) unter Berücksichtigung des StÄnd-AnpG-Kroatien, BB 2014, 2270; Kußmaul/Delarber/Müller, BetriebsstättengewinnaufteilungsverordnungEntwurf – Tief gebohrt, IStR 2014, 573; Hawlitschek, Gedanken zur geplanten (vermeintlichen) Erweiterung des Inlandsbegriffs für die Ertragsteuern, IStR 2015, 413; Ditz, Besonderheiten bei Förder- und Explorationsbetriebsstätten, ISR 2016, 341; Kahle/Baschnagel/Kindich, Aktuelle Aspekte der Ertragsbesteuerung von Server-Betriebsstätten, FR 2016, 193; Maciejewski/Theilen, Von vermeintlichen Klarstellungen und zunehmenden Besteuerungsrechten: Der reformierte erweiterte Inlandsbegriff, IStR 2016, 401; Quassowsky/Reinhold, Art. 5 Abs. 4 des neuen DBA zwischen Deutschland und den Niederlanden – eine Vorschrift ohne tatsächlichen Anwendungsbereich?, IStR 2016, 241; Wassermeyer, Die Besteuerung des Hinzurechnungsbetrags auf der Grundlage des Referentenentwurfs zum Gesetz zur Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie v. 31.5.2016, IStR 2016, 517; Kollruss, Hinzurechnungsbesteuerung: Overkill durch Kodifizierung einer allgemeinen gewerbesteuerlichen Erfassung?, IStR 2017, 522; Schulz-Trieglaff, Die Auslegung des Betriebsstättenbegriffs in § 9 Nr. 3 GewStG, IStR 2017, 406.

I. Bedeutung und Telos § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG stellt eine Konkretisierung des Objektsteuer- und Territorialitätsprinzips 86 (vgl. Rz. 1) für internationale Sachverhalte dar, indem die sachliche GewStPfl. des inländ. Gewerbebetriebs in sachlicher und territorialer Hinsicht eine Betriebsstätte voraussetzt, die sich im Inland (erste Alternative) oder auf einem qualifizierten Kauffahrteischiff (zweite Alternative) befindet. Damit sind persönliche Besteuerungsmerkmale – anders als im EStG bzw. KStG zur Abgrenzung der unbeschränkten und beschränkten StPfl. – nicht maßgeblich. Dh., die sachliche GewStPfl. ist insbes. unabhängig davon zu bestimmen, wo der Unternehmer ansässig ist. Wird die Schwelle zur Begründung einer inländ. Betriebsstätte nicht überschritten, sind im Inland ausgeübte oder verwertete Tätigkeiten nicht gewstpfl. Im Umkehrschluss unterfällt die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten im Ausland nicht der GewSt, soweit die Tätigkeit auf eine im Ausland belegene Betriebsstätte entfällt. Hierzu können grds. zwei Fallgruppen unterschieden werden: – Bei einem im Ausland ansässigen Unternehmer (Inbound-Konstellation) unterliegen nur die in quantitativer Hinsicht („soweit“) der inländischen Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinne der 1 Vgl. Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 130; Glanegger, FR 1990, 469 (470) zum Ansatz eigenständiger gewstl. Einlagewerte; vgl. Roser, Ubg 2015, 582 (587 f.) zur Aktivierung von gewstl. Vorlaufkosten. 2 Vgl. Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 36 mwN.

Franke/Herbst

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§ 2 Rz. 87 Steuergegenstand GewSt.1 Hiervon sieht Abs. 6 eine Ausnahmeregelung vor, die an die einkommensteuerliche Steuerbefreiung iRd. beschränkten StPfl. anknüpft. – Auch wenn sich aus innerstaatlicher Sicht durch die Tätigkeit des ausländ. Unternehmens im Inland ein stl. Nexus in Gestalt einer Betriebsstätte manifestiert und damit grds. eine sachliche GewStPfl. begründet wird, kann das deutsche Besteuerungsrecht durch ein DBA eingeschränkt sein. Ist nach der meist restriktiveren Betriebsstättenfiktion des jeweiligen DBA – im Gegensatz zum innerstaatlichen Recht – (noch) keine Betriebsstätte im Inland anzunehmen (zB bei der Wahrnehmung von bloßen Hilfstätigkeiten im Inland iSd. Art. 5 Abs. 4 Buchst. e OECD-MA [vgl. jedoch Rz. 95]), weist eine dem Art. 7 Satz 1 OECD-MA entsprechende Regelung dem Ansässigkeitsstaat des Unternehmens das ausschließliche Besteuerungsrecht zu.2 – Bei einem im Inland ansässigen Unternehmer (Outbound-Konstellation) unterliegen grds. ebenfalls nur die auf die inländ. Betriebsstätte entfallenden Gewinne der GewSt.3 Allerdings wird (zunächst) über die Regelungstechnik des § 7 Satz 1 GewStG der nach EStG und KStG ermittelte Gewinn – unter Beachtung des Welteinkommensprinzips einschließlich des Gewinns aus einer ausländ. Betriebsstätte – der Ermittlung des Gewerbeertrags zugrunde gelegt. Hieran anschließend sieht § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG die Kürzung für den Gewinnanteil vor, der nicht auf eine inländ. Betriebsstätte entfällt. Mithin wird durch die (deklaratorische) Kürzungsvorschrift das Territorialitätsprinzip in Outbound-Konstellationen systemkonform umgesetzt (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 1, 25 ff.). Die Kürzung umfasst auch finale Auslandsverluste. Diese sind nicht in die sachliche GewStPfl. einzubeziehen (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 16).4 Diese Systematik wird durch § 7 Sätze 7 und 8 GewStG durchbrochen, die für den Hinzurechnungsbetrag bzw. die Einkünfte iSd. § 20 Abs. 2 AStG eine Einbeziehung eines nicht auf eine inländ. Betriebsstätte entfallenden Gewinns in Form einer Zuordnungsfiktion vorsehen (vgl. § 7 GewStG Rz. 168 f.). Die durch das BEPS-UmsG neu eingeführten Regelungen höhlen damit auf den ersten Blick das Territorialitätsprinzip aus, finden aber ihre Rechtfertigung über den Rechtsgedanken der Hinzurechnungsbesteuerung (Missbrauchsbekämpfung) (vgl. § 7 GewStG Rz. 167). In den Outbound-Konstellationen kann sich eine Einschränkung des deutschen Besteuerungsrechts insbes. für Zwecke der GewSt in den Fällen ergeben, in denen nach der Betriebsstättenfiktion des jeweiligen DBA – im Gegensatz zum innerstaatlichen Recht – (bereits) eine Betriebsstätte im Ausland anzunehmen ist (zB bei einem ständigen Vertreter im Ausland iSd. Art. 5 Abs. 5 OECD-MA [vgl. Rz. 97]). 87

Die Reichweite von § 7 Satz 7 GewStG („… Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen“) und § 7 Satz 8 GewStG („Einkünfte … gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt“) erstreckt sich rechtsfolgenseitig auf die Zuordnung der betroffenen Einkünfte zu einer inländ. Betriebsstätte, ohne jedoch selbst eine Betriebsstätte zu fingieren (vgl. § 7 GewStG Rz. 168 f.).5 Dh., für die Anwendung des § 7 Sätze 7 und 8 GewStG wird eine bereits existierende inländ. Betriebsstätte vorausgesetzt. Denn § 7 GewStG regelt – und beschränkt sich damit auf – die Ermittlung des Gewerbeertrags, wobei die in § 2 GewStG normierte sachliche GewStPfl. vorausgesetzt wird.6 Andernfalls hätte der Gesetzgeber eine entsprechende Erweiterung des Betriebsstättenbegriffs iRd. § 2 Abs. 1 GewStG vornehmen müssen (wie dies zB in § 2 Abs. 1 Satz 2 AStG vorgesehen ist).

II. Bestimmung des Begriffs „Betriebsstätte“ für Zwecke der Gewerbesteuer 88

Wesentliches Tatbestandsmerkmal von § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist der Begriff der „Betriebsstätte“ als territorialer Anknüpfungspunkt des Gewerbebetriebs.7 Das GewStG selbst enthält keine Definiti1 2 3 4 5 6 7

BFH v. 2.12.1992 – I R 165/90, BStBl. II 1993, 577. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2825. BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743. AA Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2506. Wassermeyer, IStR 2016, 517; Kollruss, IStR 2017, 522. BFH v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 Rz. 27 ff. = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt. Der Begriff der Betriebsstätte hat daneben auch eine zentrale Bedeutung für die Aufteilung der GewSt unter den hebeberechtigten Gemeinden gem. §§ 4, 28 GewStG.

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D. Inländischer Gewerbebetrieb (Abs. 1 Satz 3)

Rz. 90 § 2

on für die gewstl. Betriebsstätte.1 Gleichlaufend mit dem EStG und dem KStG ist auch im GewStG die in § 12 AO normierte Betriebsstättenfiktion maßgeblich,2 wobei sich insbes. eine am Abkommensrecht orientierte Auslegung des Betriebsstättenbegriffs verbietet (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 19).3 Die Beantwortung der Abgrenzungsfragen findet damit regelmäßig bereits iRd. einkommensteuerlichen bzw. körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung bzw. der Begründung der beschränkten StPfl. (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) statt. Entsprechend der Legaldefinition in § 12 Satz 1 AO wird vorausgesetzt, dass – bei einer festen Bezie- 89 hung zur Erdoberfläche – eine Geschäftseinrichtung oder Anlage gegeben ist, die von einer gewissen Dauer ist, über die der StPfl. eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat und die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Die grundlegende Definition in § 12 Satz 1 AO wird über den nicht abschließenden Katalog des § 12 Satz 2 AO mit Bsp. unterlegt und zum Teil auch – insoweit konstitutiv – erweitert.4 Hiernach sind insbes. als Betriebsstätte anzusehen: – Stätte der Geschäftsleitung (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO), dh. nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung, – Zweigniederlassungen iSv. § 13 HGB (§ 12 Satz 2 Nr. 2 AO), – Geschäftsstellen (§ 12 Satz 2 Nr. 3 AO), – Fabrikations- oder Werkstätten (§ 12 Satz 2 Nr. 4 AO), – Warenlager (§ 12 Satz 2 Nr. 5 AO), – Ein- oder Verkaufsstellen (§ 12 Satz 2 Nr. 6 AO), – Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen (§ 12 Satz 2 Nr. 7 AO) und – Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn die einzelne Bauausführung oder Montage oder eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen länger als sechs Monate dauern (§ 12 Satz 2 Nr. 8 AO). Für Zwecke des § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist unter besonderer Berücksichtigung des Objektsteuercha- 90 rakters der GewSt grds. jede Betriebsstätte für sich genommen zu beurteilen (isolierte Betrachtungsweise). Voneinander unabhängige Bauausführungen oder Montagen, die gleichzeitig oder aufeinander folgend ausgeführt werden, können dementsprechend nicht zusammengezogen werden, sondern sind grds. jeweils an den Betriebsstättenkriterien des § 12 Satz 2 Nr. 8 AO zu messen (insbes. an der sechs Monate überschreitenden Dauer).5 Allerdings können mehrere Bauausführungen dann zusammenzufassen sein, wenn von zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen zumindest eine die Sechs-Monats-Grenze überschreitet (§ 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. b AO) oder die einzelnen Bauausführungen ohne zeitliche Unterbrechung aufeinanderfolgen (§ 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. c AO) und ein besonderer wirtschaftlicher und geografischer Zusammenhang besteht (einheitliche Betrachtung als

1 BFH v. 13.9.2000 – X R 174/96, BStBl. II 2001, 734 = FR 2001, 420; v. 12.2.2004 – IV R 29/02, BStBl. II 2004, 602 = FR 2004, 756 m. Anm. Kempermann; v. 16.12.2009 – I R 56/08, BFH/NV 2010, 753. 2 R 2.9 Abs. 1 GewStR 2009; BFH v. 13.9.2000 – X R 174/96, BStBl. II 2001, 734 = FR 2001, 420; v. 12.2.2004 – IV R 29/02, BStBl. II 2004, 602 = FR 2004, 756 m. Anm. Kempermann; v. 16.12.2009 – I R 56/08, BFH/NV 2010, 753; v. 20.7.2016 – I R 50/15, BStBl. II 2017, 230 = ISR 2016, 424 m. Anm. Kahlenberg; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 2 Rz. 112; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 300; Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 459; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 135; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2512. 3 BFH v. 20.7.2016 – I R 50/15, BStBl. II 2017, 230 = ISR 2016, 424 m. Anm. Kahlenberg; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 2 Rz. 112; diesbezüglich wohl missverständlich AEAO zu § 12 Tz. 4; nach Schulz-Trieglaff, IStR 2017, 406, lege die Verwaltungsanweisung lediglich fest, dass im Anwendungsbereich anderer Regelungen (zB eines DBA) eine dort enthaltene Definition der allg. Vorschrift des § 12 AO vorgehe. 4 BFH v. 28.7.1993 – I R 15/93, BStBl. II 1994, 148 = FR 1994, 58 m. Anm. Kempermann; v. 17.9.2003 – I R 12/02, BStBl. II 2004, 396 = FR 2004, 291; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 147; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 617; Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 472; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 338; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2591 f.; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 25. 5 R 2.9 Abs. 2 Sätze 3 ff. GewStR 2009; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 158; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 636.

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§ 2 Rz. 91 Steuergegenstand Gesamtprojekt).1 Werden iZm. Bauausführungen feste Geschäftseinrichtungen oder Anlagen errichtet (zB Baukantinen, Geräteschuppen, Unterkunftsbaracken usw.), begründen diese für sich genommen keine Betriebsstätte.2 Anders verhält es sich hingegen mit Geschäftseinrichtungen oder Anlagen, die unabhängig von der Bauausführung errichtet werden.3 91

Ausgangspunkt zur Bestimmung, ob eine Betriebsstätte gegeben ist, bildet die Existenz einer örtlich fixierten Geschäftseinrichtung oder Anlage von gewisser Dauer.4 Demgegenüber genügt ein nicht verselbstständigter Teil der unternehmerischen Betätigung des Gesamtunternehmens – also eine bloße Ausübung einer Tätigkeit oder ihre Verwertung im Inland ohne die territoriale Manifestation – nicht für die Annahme einer Betriebsstätte.5 Nicht erforderlich ist allerdings, dass besondere Räume oder gewerbliche Vorrichtungen vorgehalten werden.6 Dh., die Begründung einer Betriebsstätte kann auch in den folgenden Fällen dem Grunde nach in Betracht zu ziehen sein: – bewegliche Geschäftseinrichtungen mit vorübergehend festem Standort (zB fahrbare Verkaufsstätten mit wechselndem Standplatz, Schuhputzer oder Taxistände),7 – Anmietung von Stellplätzen auf einem Parkplatz (auch ohne Zuweisung eines festen Stellplatzes),8 – Ferienwohnungen, wenn ihre Vermietung als gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist,9 – fortschreitende (zB im Straßenbau) oder schwimmende Baustellen.10

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Hinsichtlich der festen Geschäftseinrichtung oder Anlage setzt die Betriebsstättendefinition weiterhin voraus, dass der Unternehmer eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht innehat („Verwurzelung“). Erforderlich ist, dass der Unternehmer eine Rechtsposition einnimmt, die ihm nicht ohne Weiteres entzogen werden kann.11 Regelmäßig ergibt sich die Rechtsposition aus einem vertraglich eingeräumten Nutzungsrecht (zB bei einem Mietverhältnis). Darüber hinaus kann im Einzelfall auch eine faktische Verfügungsmacht bereits als ausreichend erachtet werden, soweit diese für die Durchführung der betreffenden unternehmerischen Tätigkeit notwendig ist (zB bei personeniden-

1 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.3.5. (mit Bsp.); demgegenüber beschränkt R 2.9 Abs. 2 Sätze 3 ff. GewStR 2009 das Zusammenziehen auf den rein geografischen Zusammenhang „in einer Gemeinde“; BFH v. 16.12.1998 – I R 74/98, BStBl. II 1999, 365 = FR 1999, 662; v. 16.5.2001 – I R 47/00, BStBl. II 2002, 846 = FR 2001, 1067; v. 9.7.2003 – I R 4/02, BFH/NV 2004, 83; v. 19.11.2003 – I R 3/02, BStBl. II 2004, 932; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 158; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 636; Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 480. 2 H 2.9 Abs. 2 „Montage“, erster Spiegelstrich GewStH 2009, mit Verweis auf RFH v. 22.1.1941 – VI B 7/40, RStBl. 1941, 90; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2666. 3 H 2.9 Abs. 2 „Montage“, zweiter Spiegelstrich GewStH 2009, mit Verweis auf BFH v. 27.4.1954 – I B 136/53 U, BStBl. III 1954, 179. 4 Das zeitliche Element ist einzelfallabhängig zu würdigen und kann jedenfalls bei einem Überschreiten der 6-Monats-Grenze als erfüllt angesehen werden; BFH v. 28.8.1986 – V R 20/79, BStBl. II 1987, 162; v. 19.5.1993 – I R 80/92, = BStBl. II 1993, 655 = FR 1993, 614 m. Anm. Kempermann; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 139; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 614; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 320, 333; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2527 ff.; ausf. Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 466 mwN. 5 Beispielhaft BFH v. 13.9.2000 – X R 174/96, BStBl. II 2001, 734 = FR 2001, 420 mwN, zur Tätigkeit eines Bezirksschornsteinfegers; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2524, 2537 f., 2565. 6 R 2.9 Abs. 1 Satz 5 GewStR 2009. 7 R 2.9 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009; H 2.9 Abs. 1 „Feste Geschäftseinrichtung oder Anlage“, vierter und fünfter Spiegelstrich GewStH 2009; AEAO zu § 12 Tz. 2; RFH v. 15.4.1942 – VI B 4/42, RStBl. 1942, 469; BFH v. 18.10.1962 – IV 319/60 U, BStBl. III 1963, 38; v. 9.10.1974 – I R 128/73, BStBl. II 1975, 203; v. 7.3.1979 – I R 145/76, BStBl. II 1979, 527; v. 8.3.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735; v. 28.7.1993 – I R 15/93, BStBl. II 1994, 148 = FR 1994, 58 m. Anm. Kempermann; v. 17.9.2003 – I R 12/02, BStBl. II 2004, 396 = FR 2004, 291; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 323; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2523, 2536. 8 BFH v. 18.3.2009 – III R 2/06, GmbHR 2009, 1005 = BFH/NV 2009, 1457. 9 R 2.9 Abs. 1 Sätze 6 f. GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 326, Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2567. 10 R 2.9 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 348. 11 BFH v. 17.3.1982 – I R 189/79, BStBl. II 1982, 624 = FR 1982, 548; v. 3.2.1993 – I R 80/91, I R 81/91, BStBl. II 1993, 462; v. 30.6.2005 – III R 76/03, BStBl. II 2006, 84 = FR 2006, 95; v. 18.3.2009 – III R 2/06, BFH/NV 2009, 1457 mwN; v. 24.8.2011 – I R 46/10, BStBl. II 2014, 764 = FR 2012, 39 m. Anm. Elser/Bindl; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 16 ff.; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 11 ff.; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 322, 325; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2530; Reiser/Cortez, IStR 2013, 6.

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D. Inländischer Gewerbebetrieb (Abs. 1 Satz 3)

Rz. 94 § 2

tischen Organen oder aufgrund der Rechtsstellung).1 Eine alleinige Verfügungsmacht wird nicht vorausgesetzt, vielmehr genügt auch eine Mitverfügungsmacht im Sinne einer gemeinschaftlichen Dispositionsbefugnis (abzugrenzen von der tatsächlichen Mitbenutzung2 und dem bloßen Tätigwerden in Räumlichkeiten des Vertragspartners3).4 Besondere gewstl. Relevanz kommt der Behandlung von ausländ. Immobiliengesellschaften5 zu. Die 93 auf das Inland gerichtete Vermietertätigkeit wird für Zwecke der ESt bzw. KSt grds. iRd. beschränkten StPfl. erfasst (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG), unterfällt jedoch regelmäßig nicht der GewSt, da die bloße Eigentümerstellung bzw. der bloße Besitz von im Inland belegenen Grundbesitz grds. noch keine inländ. (Belegenheits-)Betriebsstätte begründet.6 An Vermietungsobjekten erhält grds. allein der jeweilige Mieter kraft des geschlossenen Mietvertrags die Verfügungsmacht, trotz eines ggf. vom Vermieter vorbehaltenen Rechts zum Betreten der Mieträume.7 Auch während der Leerstandszeiten wird keine Betriebsstätte begründet. Zwar wird die Verfügungsmacht nicht mittels Mietvertrags ausgeschlossen, jedoch dient das Grundstück während der Leerstandszeiten nicht der Tätigkeit des Unternehmens. Darüber hinaus reichen auch die mit der Vermietung verbundenen Verwaltungsarbeiten regelmäßig für die Annahme einer Betriebsstätte am Ort des Mietobjekts nicht aus (anders ggf. bei inländ. Vertreter [vgl. Rz. 97]).8 In diesen Konstellationen ist die Vermietungstätigkeit mangels territorialem Anknüpfungspunkt im Inland der im Ausland belegenen Geschäftsleitungsbetriebsstätte (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO) zuzurechnen. Nach den gleichen Grundsätzen begründet auch eine Betriebsverpachtung (ebenso wie die bloße 94 Verpachtung einer Geschäftseinrichtung oder Anlage) regelmäßig nur eine Betriebsstätte des Pächters, nicht aber (zugleich) eine Belegenheitsbetriebsstätte des Verpächters.9 Dies kann ausnahmsweise anders sein, wenn der Verpächter iRd. Betriebsverpachtung eine eigenbetriebliche Tätigkeit entfaltet, die eine gewisse Nachhaltigkeit aufweist und über punktuelle und einzelfallbezogene Maßnahmen hinausgeht.10 Eine derartige eigenbetriebliche Tätigkeit liegt jedoch noch nicht vor, wenn der Verpäch1 BFH v. 24.8.2011 – I R 46/10, BStBl. II 2014, 764 Tz. II.2.b = FR 2012, 39 m. Anm. Elser/Bindl, zur Erheblichkeit des Umfangs der übertragenen Aufgaben bei Einschaltung einer Managementgesellschaft; Reiser/Cortez, IStR 2013, 6. 2 BFH v. 18.3.1976 – IV R 168/72, BStBl. II 1976, 365; v. 7.3.1979 – I R 145/76, BStBl. II 1979, 527; v. 8.3.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735; v. 11.10.1989 – I R 77/88, BStBl. II 1990, 166 = FR 1990, 230; v. 10.11.1998 – I B 80/97, BFH/NV 1999, 665; v. 23.5.2002 – III R 8/00, BStBl. II 2002, 512 = FR 2002, 1321. 3 BFH v. 4.6.2008 – I R 30/07, BStBl. II 2008, 922 = FR 2009, 192; v. 22.4.2009 – I B 196/08, BFH/NV 2009, 1588 Rz. 3. 4 BFH v. 14.7.2004 – I R 106/03, BFH/NV 2005, 154. 5 Neben grundbesitzenden Gesellschaften mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland kommen auch Gesellschaften mit Sitz in Deutschland und einem Ort der Geschäftsleitung im EU-Ausland in Betracht (doppelansässige Gesellschaften), Elser/Dürrschmidt, IStR 2010, 79, sowie durch ausländ. KapGes. gewerblich geprägte (deutsche) Personengesellschaften, Frotscher in Frotscher/Maas, § 2 Rz. 113. 6 H 2.9 Abs. 3 „Keine Betriebsstätte wegen fehlender Betätigung für das Unternehmen“, dritter Spiegelstrich GewStH 2009; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 1.2.1.1.; LfSt Bayern v. 9.2.2010 – G 1450.1.1-2/7 St31; OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 - St 45-32, Tz. I.5; BFH v. 30.8.1960 – I B 148/59 U, BStBl. III 1960, 468; v. 6.7.1978 – IV R 24/73, BStBl. II 1979, 18; v. 19.3.1981 – IV R 49/77, BStBl. II 1981, 538 = FR 1981, 468; v. 10.3.1982 – I R 1/79, BStBl. II 1982, 562; FG Nds. v. 20.10.2009 – 15 K 30359/06, rkr., EFG 2010, 386; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 142; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 623; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 326; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2552; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 18; Elser/Dürrschmidt, IStR 2010, 79; Mensching/Tyarks, GmbHR 2010, 466. 7 BFH v. 30.6.2005 – III R 47/03, BStBl. II 2006, 78 = FR 2006, 95; v. 30.6.2005 – III R 76/03, BStBl. II 2006, 84 = FR 2006, 95; FG Nds. v. 20.10.2009 – 15 K 30359/06, rkr., EFG 2010, 386; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 18. 8 BFH v. 30.6.2005 – III R 47/03, BStBl. II 2006, 78 = FR 2006, 95; v. 30.6.2005 – III R 76/03, BStBl. II 2006, 84 = FR 2006, 95. 9 BFH v. 30.8.1960 – I B 148/59 U, BStBl. III 1960, 468; v. 16.8.1962 – I B 223/61 S, BStBl. III 1962, 477; v. 18.3.1965 – IV B 411/62 U, BStBl. III 1965, 324; v. 28.10.1977 – III R 77/75, BStBl. II 1978, 116; v. 13.6.2006 – I R 84/05, BStBl. II 2007, 94 = FR 2007, 140 m. Anm. Kanzler; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 621; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2559, 2562 f.; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 326; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 15; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 18 mwN. 10 BFH v. 30.8.1960 – I B 148/59 U, BStBl. III 1960, 468; v. 30.6.2005 – III R 76/03, BStBl. II 2006, 84 = FR 2006, 95 mwN; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 623; Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 469; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 326.

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71

§ 2 Rz. 95 Steuergegenstand ter über die Kontrolle der verpachteten Anlagen hinaus berechtigt ist, auch die Betriebsführung des Pächters zu kontrollieren.1 Auch in den Fällen der Betriebsaufspaltung ist eine eigengewerbliche Tätigkeit – bei isolierter Betrachtung – abzulehnen, da lediglich die Einkünfte des Besitzunternehmen durch den Zusammenhang zur Betriebsgesellschaft umqualifiziert werden.2 Vollautomatisch arbeitende Einrichtungen bilden im Fall ihrer langfristigen Vermietung (Verpachtung) weder selbst eine Betriebsstätte des Vermieters (Verpächters), noch sind sie einer solchen zuzurechnen.3 95

Die in der Geschäftseinrichtung oder Anlage ausgeübte Tätigkeit muss dem Unternehmen dienen.4 Hierbei können nach dem gewstl. Begriffsverständnis – in Abgrenzung zum Abkommensrecht (vgl. Rz. 88) – auch Tätigkeiten, die für sich genommen nicht als gewerblich zu qualifizieren sind (zB reine Vermögensverwaltung, Kontroll- und Koordinierungsaufgaben oder auch bloße Hilfs- sowie Nebenhandlungen kaufmännischer, buchhalterischer, technischer oder handwerklicher Art von untergeordneter Bedeutung), geeignet sein, eine Betriebsstätte zu begründen.5 Ein bloßes mittelbares Dienen – wie zB bei sozialen oder hygienischen Zwecken (Umkleideräume, Wohn-, Erholungs- oder Sporteinrichtungen für Mitarbeiter) – reicht grds. nicht aus,6 wobei eine Abgrenzung zu einem betrieblichen Förderzusammenhang im Einzelfall schwierig sein kann.7

96

Nicht erforderlich ist der Einsatz von eigenem Personal in der Geschäftseinrichtung bzw. Anlage. Dh., auch Anschlagsstellen (zB Plakatsäulen und – flächen)8 und rein mechanische Anlagen (zB Spielund Verkaufsautomaten, Server,9 Windkraftanlagen, Lärmmessstationen, Satellitenempfangsanlagen,10 Gleisanlagen und Pipelines11) dienen grds. dem Unternehmen und können – unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen von § 12 AO – Betriebsstätten darstellen.12 Die Bedienung dieser Einrichtungen kann dabei automatisch oder durch Fernsteuerung erfolgen. In Abgrenzung dazu wird eine Betriebsstätte nicht begründet, wenn zwar eine Geschäftseinrichtung oder Anlage vorhanden ist, in ihr aber keine dem Unternehmen dienenden Tätigkeiten ausgeübt werden (zB stillgelegte Fabrikanlage).13

97

Grundsätzlich qualifiziert ein ständiger Vertreter iSd. § 13 AO für sich genommen nicht als (inländ.) Betriebsstätte und bildet damit keinen GewSt-relevanten territorialen Anknüpfungspunkt. Ein ständiger Vertreter ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt, dh. insbes. für ein Unternehmen nachhaltig Verträge abschließt bzw. vermittelt oder Aufträge einholt bzw. einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt, ohne sich jedoch in das Unternehmen des Vertretenen einzugliedern. 1 BFH v. 18.3.1965 – IV B 411/62 U, BStBl. III 1965, 324. 2 Drüen in Blümich, § 2 Rz. 327; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2697. 3 BFH v. 23.5.1986 – III B 68/85, BStBl. II 1986, 918; v. 25.5.2000 – III R 20/97, BStBl. II 2001, 365 = FR 2000, 1150 m. Anm. Kanzler; v. 30.6.2005 – III R 76/03, BStBl. II 2006, 84 = FR 2006, 95; v. 13.6.2006 – I R 84/05, BStBl. II 2007, 94 = FR 2007, 140 m. Anm. Kanzler. 4 BFH v. 10.2.1988 – VIII R 159/84, BStBl. II 1988, 653 = FR 1988, 398; v. 30.10.1996 – II R 12/92, BStBl. II 1997, 12. 5 R 2.9 Abs. 3 Sätze 1 f. GewStR 2009; BFH v. 30.8.1960 – I B 148/59 U, BStBl. III 1960, 468; v. 10.5.1961 – IV 155/60 U, BStBl. III 1961, 317; v. 8.12.1971 – I R 3/69, BStBl. II 1972, 289; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 331; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 141; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2521, 2553, 2568; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 22 mwN; aA Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 469. 6 R 2.9 Abs. 3 Satz 5 GewStR 2009; BFH v. 16.6.1959 – I B 214/58 U, BStBl. III 1959, 349; v. 29.11.1960 – I B 222/59 U, BStBl. III 1961, 52; Frotscher in Frotscher/Maas, § 2 Rz. 117; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 145; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 622; Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 468; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2571, 2668; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 21. 7 Ebenso differenzierend Drüen in Blümich, § 2 Rz. 335 mwN; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 22; wohl auch Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2572. 8 BFH v. 13.5.1958 – I B 49/58 U, BStBl. III 1958, 379. 9 Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 471; ausf. Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 11.21 ff.; Kahle/Baschnagel/Kindich, FR 2016, 193. 10 BFH v. 25.5.2000 – III R 20/97, BStBl. II 2001, 365 = FR 2000, 1150 m. Anm. Kanzler. 11 AEAO zu § 12 Tz. 2; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.8.; BFH v. 30.10.1996 – II R 12/92, BStBl. II 1997, 12. 12 R 2.9 Abs. 3 Satz 4 GewStR 2009; BFH v. 12.10.1977 – I R 227/75, BStBl. II 1978, 160; v. 30.10.1996 – II R 12/92, BStBl. II 1997, 12; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 624; Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 471; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 334; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2517, 2556, 2625; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 22. 13 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2557 ff.

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D. Inländischer Gewerbebetrieb (Abs. 1 Satz 3)

Rz. 99 § 2

Als ständiger Vertreter kommt auch ein selbstständiger Gewerbetreibender in Betracht, wenn er neben seiner Tätigkeit im eigenen Gewerbebetrieb Geschäfte für einen anderen Unternehmer besorgt, unabhängig davon, ob er diese Handlungen im Rahmen seines Gewerbebetriebs oder außerhalb desselben vornimmt.1 Anders als für Zwecke des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (beschränkte StPfl.), des § 34d Nr. 2 Buchst. a EStG (ausländ. Einkünfte) und des Art. 5 Abs. 5 OECD-MA (abkommensrechtliche Betriebsstättendefinition) genügt es bei § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG nicht, wenn der Vertreter in den eigenen Räumlichkeiten tätig wird, da dem vertretenen Unternehmen insoweit keine Verfügungsmacht zukommt (außer bei explizit von diesen Grundsätzen abweichender Vereinbarung).2 Der Vertreter kann ausnahmsweise dem Vertretenen eine Betriebsstätte vermitteln, wenn er an die geschäftlichen Weisungen des Vertretenen gebunden ist (zB im Rahmen eines Dienstvertrags).3 Bezogen auf ausländ. Immobiliengesellschaften hat das FG Baden-Württemberg4 entschieden, dass 98 eine inländ. Betriebsstätte begründet wird, wenn die mietenden Betriebsgesellschaften oder ein im Inland ansässiger einzelvertretungsberechtigter Prokurist als abhängige Vertreter der Grundbesitzgesellschaft angesehen werden können,5 dh., wenn sie über die Mieterpflichten hinaus die wirtschaftlichen Interessen des Vermieters in Bezug auf Instandhaltung, Erneuerung oder Erweiterung des vermieteten Grundbesitzes (einvernehmlich) wahrnehmen.6 Der Auffassung des FG ist insoweit zuzustimmen, als die Tätigkeiten durch eigenes Personal ausgeübt werden. Anders verhält es sich aber – wie im strittigen Sachverhalt – bei dem Einsatz von fremdem Personal. Zu der Annahme einer betriebsstättenbegründenden Tätigkeit müssen in diesen Fällen zusätzlich eigene betriebliche Handlungen des Vermieters – zumindest eine nachhaltige Überwachungstätigkeit – vor Ort hinzutreten, die über punktuelle und nur einzelfallbezogene Maßnahmen hinausgehen.7

III. Bestimmung des Begriffs „Inland“ für Zwecke der Gewerbesteuer Anders als im UStG ist der Inlandsbegriff weder im EStG, KStG noch im GewStG gesetzlich geregelt.8 99 Ausgehend von dem Grundsatz, dass die Besteuerungsbefugnis des Staates an die Zuordnung zu seinem Herrschaftsgebiet im staatsrechtlichen Sinne (allg. Staatsgebiet bzw. bezogen auf die BRD entsprechend des Geltungsbereichs des GG das Bundesgebiet) gebunden ist, kann für Auslegungszwecke maßgeblich auf die staats- und völkerrechtliche Begriffsbestimmung zurückgegriffen werden. Damit ist der Inlandsbegriff (im engeren Sinne) für Zwecke der GewSt – ebenso wie für Zwecke der ESt9 und der KSt10 – hoheitsrechtlich auszulegen.11 Die Beantwortung der Abgrenzungsfragen findet damit regelmäßig bereits iRd. einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Abgrenzung der unbeschränkten von der beschränkten StPfl. bzw. der Begründung der beschränkten StPfl. (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) statt. Darüber hinaus sind in Abs. 7 (vgl. Rz. 121 ff.) besondere Erweiterungen des Inlandsbegriff normiert (Inlandsbegriff im weiteren Sinne).

1 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 1.1.2.; BFH v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2697. 2 R 2.9 Abs. 4 „Ständiger Vertreter“, vierter Spiegelstrich GewStH 2009; BFH v. 14.7.1971 – I R 127/68, BStBl. II 1971, 776; v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785; v. 30.1.1974 – I R 87/72, BStBl. II 1974, 327; v. 18.3.1976 – IV R 168/72, BStBl. II 1976, 365; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 328; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2534, 2698 ff. 3 R 2.9 Abs. 4 Sätze 2 ff. GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 Rz. 626. 4 FG Ba.-Wü. v. 21.4.2004 – 12 K 252/00, rkr., EFG 2004, 1384. 5 Zu denken wäre auch an den Einsatz von Managementgesellschaften; OFD Nds. v. 25.1.2010 – G 1450 - 30 St 252, DB 2010, 700. 6 Vom Sinn und Zweck her sollten regelmäßige Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten von geringem Umfang ausgenommen werden, soweit ihnen kein besonderes wirtschaftliches Gewicht beizumessen ist. 7 LfSt Bayern v. 9.2.2010 – G 1450.1.1-2/7 St31; OFD Nds. v. 25.1.2010 – G 1450 - 30 - St 252, DB 2010, 700; BFH v. 13.6.2006 – I R 84/05, BStBl. II 2007, 94 = FR 2007, 140 m. Anm. Kanzler. 8 Die mangelnde gesetzliche Klarstellung war politisch durch die Existenz der DDR motiviert, hat aber seit 1990 keine Bedeutung mehr; Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz. 57. 9 Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz. 57; Gosch in Kirchhof17, § 1 EStG Rz. 6; Rauch in Blümich, § 1 EStG Rz. 132. 10 Hummel in Gosch3, § 1 KStG Rz. 45. 11 BFH v. 13.2.1974 – I R 218/71, BFHE 111, 416; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2801 ff.

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§ 2 Rz. 100 Steuergegenstand 100 Völkerrechtlich erstreckt sich das Staatsgebiet auch auf den an das Landesgebiet innerhalb einer 12-

Seemeilen-Zone (ca. 22 km) angrenzenden Küstenstreifen (Küstenmeer) einschließlich des Meeresbodens und Meeresuntergrundes.1 Darüber hinaus darf grds. keine Staatsgewalt mehr ausgeübt werden, sodass an dieser Grenze das Staatsgebiet der BRD und mithin auch das Inland iSd. GewStRechts endet. Damit gehört neben den internationalen Gewässern auch der Festlandsockel nicht zum Inland (im engeren Sinne), da der BRD als Anrainerstaat lediglich eine begrenzte Souveränität in der Form eines ausschließlichen Kontroll- und Verfügungsrechts über die lebenden und nicht lebenden Ressourcen des Meeres (zB Fische und Bodenschätze) zusteht.2 Im Gegensatz zu den Einschränkungen des umsatzsteuerlichen Inlandsbegriffs (§ 1 Abs. 2 Satz 1 UStG) gehören für Zwecke der GewSt insbes. auch Büsingen, die Insel Helgoland und die deutschen Freihäfen3 zum Inland, da die Zollgrenzen nicht maßgeblich sind.4 101 Mangels steuerrechtlicher Ex-Territorialität ändert sich die Zuordnung diplomatischer oder kon-

sularischer Vertretungen nicht. Dh., eine ausländ. Botschaft auf einem im Inland belegenen Grundstück stellt Inland iSd. GewSt-Rechts dar.5 102 Schiffe, welche die deutsche Flagge (gem. §§ 1, 2 FlaggRG)6 führen, unterliegen auf hoher See dem

deutschen Hoheitsrecht7 und gelten damit als Inland.8 Dies gilt auch, solange sie sich in inländ. Gewässern (Küstenmeer) befinden. In Abgrenzung dazu stellen sie nicht mehr Inland dar, wenn sie der Souveränität eines ausländ. Staates unterliegen.9 103 Der auf das Bundesgebiet entfallende Teil von grenzüberschreitenden Gewerbegebieten ist nicht als

Ausland zu behandeln, da eine zu § 2 Abs. 7 Nr. 3 GewStG korrespondierende Regelung fehlt. Dh., das entsprechende Gebiet ist weiterhin als Inland zu behandeln, sodass bei einem inländ. Gewerbetreibenden insbes. die Kürzung für nicht im Inland belegene Betriebsstätten (§ 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG) nicht – auch nicht analog – anzuwenden ist (keine fingierte Outbound-Konstellation). Ist der Gewerbetreibende im Ausland ansässig (dh., der Ort der Geschäftsleitung ist im Ausland belegen), so ist das deutsche Besteuerungsrecht für eine in dem inländ. Teil der grenzüberschreitenden Gewerbegebiete belegene Betriebsstätte grds. ausgeschlossen. Hierzu fingiert bspw. Art. 7 Abs. 4 DBA DeutschlandNiederlande,10 dass eine im grenzüberschreitenden Gewerbegebiet (iSd. Art. 3 Abs. 1 Buchst. j DBA Deutschland-Niederlande)11 belegene Betriebsstätte abkommensrechtlich nicht als Betriebsstätte gilt 1 G zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. II 1994, 1798, Teil II, Abschn. 1 und 2, sowie Proklamation der Bundesregierung v. 19.10.1994, BGBl. I 1994, 3428; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.6.1. 2 G zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. II 1994, 1798, Teil V, sowie Proklamation der Bundesregierung v. 25.11.1994 (BGBl. I 1994, 3770) über die Errichtung einer ausschließlichen Wirtschaftszone der BRD in der Nordsee und in der Ostsee; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.6.1. 3 Freizonen des Kontrolltyps I nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des ZollverwaltungsG befinden sich derzeit in Bremerhaven und Cuxhaven. 4 Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz. 57 mwN. 5 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2820; Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz. 57; Gosch in Kirchhof17, § 1 EStG Rz. 6; Rauch in Blümich, § 1 EStG Rz. 141. 6 FlaggRG v. 8.2.1951, BGBl. I 1951, 79, idF der Bekanntmachung v. 26.10.1994, BGBl. I 1994, 3140, geändert durch Art. 4 Abs. 134 des G v. 18.7.2016, BGBl. I 2016, 1666. 7 G zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. II 1994, 1798, Art. 91 Abs. 1. 8 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2807; Maciejewski/Theilen, IStR 2013, 846 mwN. 9 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.6.2.; BFH v. 13.2.1974 – I R 218/71, BFHE 111, 416; v. 13.2.1974 – I R 219/71, BStBl. II 1974, 361; v. 5.10.1977 – I R 250/75, BStBl. II 1978, 50; v. 12.11.1986 – I R 38/83, BStBl. II 1987, 377 = FR 1987, 121; Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz. 57; Gosch in Kirchhof17, § 1 EStG Rz. 6; Rauch in Blümich, § 1 EStG Rz. 133; differenzierend Maciejewski/Theilen, IStR 2013, 846; aA Schröder, StBp. 1978, 169, der einen Vorrang des Flaggenrechts befürwortet. 10 Abkommen zwischen der BRD und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen v. 12.4.2012, BGBl. II 2012, 1414. 11 Umfasst sind insbes. die Gewerbegebiete Aachen-Heerlen durch VO v. 25.5.2007, BGBl. II 2007, 778 (Avantis European Science and Business Park) und Herzogenrath-Kerkrade durch VO v. 7.1.2008, BGBl. II 2008, 30 (Eurode Business Center); daneben sind weitere grenzüberschreitende Gewerbegebiete geplant (zB der GVZ Europark in Coevorden-Emlichheim und der Gewerbepark VeNeTe in Venlo-Nettetal-Tegelen).

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D. Inländischer Gewerbebetrieb (Abs. 1 Satz 3)

Rz. 107 § 2

und dementsprechend das Besteuerungsrecht über die Grundregel des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 DBA Deutschland-Niederlande ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Unternehmens (also den Niederlanden) zugewiesen wird. Die abkommensrechtliche Freistellung ist auch für Zwecke der GewSt zu beachten (vgl. zu Inbound-Konstellationen Rz. 86).

IV. Sonderfälle bei Schifffahrtsunternehmen (Abs. 1 Satz 3 Alt. 2, §§ 5, 6 GewStDV) Kauffahrtei- und sonstige Seeschiffe qualifizieren – auch auf hoher See – als Inland iSd. GewSt-Rechts, 104 wenn sie unter deutscher Flagge fahren (vgl. Rz. 102). Allerdings begründet ein fahrendes Schiff grds. keine Betriebsstätte iSd. Betriebsstättendefinition des § 12 Satz 1 AO; es stellt weder eine feste Geschäftseinrichtung noch eine Anlage dar, da diesbezüglich eine feste Beziehung zur Erdoberfläche gefordert wird (vgl. auch § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 23).1 Um auch Betriebsstätten, die auf einem in einem inländ. Schiffsregister eingetragenen Kauffahrteischiff unterhalten werden, in die sachliche GewStPfl. einzubeziehen, bedarf es daher einer spezialgesetzlichen Regelung. Zu diesem Zweck dehnt § 2 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 GewStG die sachliche GewStPfl. entsprechend aus und reduziert normspezifisch für den bestimmten Ausnahmefall die Betriebsstättendefinition um das Merkmal „feste Beziehung zur Erdoberfläche“.2 Eine weiter gehende Reichweite ist § 2 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 GewStG – insbes. für Zwecke der abkommensrechtlichen Auslegung3 – abzusprechen. Ein Kauffahrteischiff ist ein Seeschiff, das mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Keine Kauf- 105 fahrteischiffe sind damit insbes. Schiffe der deutschen Marine und der Küstenwache. Ein Seeschiff ist – in Abgrenzung zu Binnenschiffen – zum Einsatz auf hoher See (Seefahrt) bestimmt.4 In begrifflicher Abgrenzung dazu versteht man unter einem Handelsschiff (im engeren Sinne) ein 106 zur gewerblichen Beförderung von Personen und Gütern dienendes Schiff (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 37 f. zu § 9 Nr. 3 Satz 4 GewStG), unabhängig von der Einordnung als See- oder Binnenschiff5 bzw. der Zugehörigkeit zur „einheitlichen Handelsflotte“ iSd. Art. 27 GG. Keine Handelsschiffe – gleichwohl ggf. Kauffahrteischiffe – sind dementsprechend Fischereischiffe, Bohr- und Forschungsschiffe sowie Sportboote. Schiffsregister werden von den Amtsgerichten getrennt nach See- und Binnenschiffsregister geführt 107 (§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 SchRegO) und haben eine grundbuchähnliche Funktion. In das Seeschiffsregister werden grds. alle Kauffahrteischiffe und andere zur Seefahrt bestimmten Schiffe (Seeschiffe) eingetragen, die nach § 1 oder § 2 des Flaggenrechtsgesetzes die Bundesflagge zu führen haben oder führen dürfen (§ 3 Abs. 1 SchRegO), also insbes. Seeschiffe, deren Eigentümer Deutsche (iSv. Art. 116 GG) mit inländ. Wohnsitz (§ 1 Abs. 1 FlaggRG), Personengesellschaften mit mehrheitlich deutscher Geschäftsführung sowie Gesellschafterbeteiligung oder KapGes. mit mehrheitlich deutscher Geschäftsführung (§ 1 Abs. 2 FlaggRG) sind.6 Ein Schiff kann nur entweder in ein in- oder ein ausländ. Schiffsregister eingetragen sein (§ 14 Abs. 1 SchRegO). Bei einer (unrichtigen) Eintragung eines Kauffahrteischiffes in ein Binnenschiffsregister kann der Eigentümer dieses Schiffes sich nicht mehr darauf berufen, dass es ein Seeschiff ist (§ 6 Abs. 2 SchRegO). Gleichwohl bleibt die Einordnung als Kauffahrteischiff iSd. § 2 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 GewStG von der unrichtigen Eintragung unberührt. Der Eintragung kommt insoweit lediglich Indizfunktion zu.7 1 BFH v. 3.2.1974 – I R 219/71, BStBl. II 1974, 361; v. 13.2.1974 – I R 218/71, BFHE 111, 416; v. 26.6.1996 – XI R 18/94, BStBl. II 1998, 278; v. 22.12.2015 – I R 40/15, BStBl. II 2016, 537 Rz. 16 = ISR 2016, 237 m. Anm. Kahlenberg = FR 2016, 724 m. Anm. Nöcker; FG Hbg. v. 27.5.2009 – 6 K 102/08, rkr., EFG 2009, 1665; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.5.1.; Ziehr in Deloitte, § 2 Rz. 460; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2525; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 Rz. 166; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 7b. 2 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2838. 3 BFH v. 13.2.1974 – I R 218/71, BFHE 111, 416. 4 Gosch in Kirchhof17, § 49 EStG Rz. 19; Lieber in H/H/R, § 49 EStG Rz. 432. 5 Lieber in H/H/R, § 49 EStG Rz. 432; aA zwar BFH v. 10.8.2016 – I R 60/14, ISR 2017, 6 m. Anm. Rauert = FR 2017, 400 = DStR 2016, 2749, jedoch sollte sich die Reichweite des Urt. hinsichtlich der normspezifischen Auslegung des Begriffs des Handelsschiffes für Zwecke des § 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 GewStG erschöpfen. 6 Voß in H/H/R, § 5a EStG Rz. 17, zu weiteren Einzelheiten. 7 Lieber in H/H/R, § 49 EStG Rz. 432 mwN.

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§ 2 Rz. 108 Steuergegenstand 108 Eine Ausnahme zu der sachlichen GewStPfl. statuiert § 5 GewStDV für diejenigen Kauffahrteischiffe

iSd. § 2 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 GewStG, die im regelmäßigen Liniendienst ausschließlich zwischen ausländischen Häfen verkehren. In diesen Fällen besteht regelmäßig außer der Eintragung in einem deutschen Schiffsregister kein weiterer territorialer Anknüpfungspunkt, sodass eine Betriebsstätte an Bord des Schiffes (insoweit) nicht der deutschen GewSt unterliegt. 109 Ergänzend zu § 2 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 GewStG sieht auch § 6 GewStDV eine Erweiterung der sachli-

chen GewStPfl. vor und dient zugleich der Verwaltungsvereinfachung.1 Haben Binnen- oder Küstenschifffahrtsunternehmen keine feste örtliche Geschäftseinrichtung oder Anlage, so gilt die Betriebsstätte als in dem Heimathafen bzw. Heimatort belegen (Betriebsstättenfiktion). Der Heimathafen ergibt sich aus der Eintragung in das Schiffsregister (§ 4 SchRegO). Regelmäßig kommt § 6 GewStDV nicht zur Anwendung, wenn der Schifffahrtsunternehmer insbes. mit seiner Wohnung an Land eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO) begründet. Dies ist der Fall, wenn von der Wohnung aus dauernd betriebliche Handlungen vollzogen werden; hierfür nicht genügen sollen Telefongespräche von der Wohnung aus, Fahrten mit dem Kraftwagen zur Verbindung zwischen dem privaten und dem betrieblichen Bereich sowie ein (privates) Bankkonto zur Aufnahme der betrieblichen Überschüsse.2 Daneben kann auch ein Schiffsanleger (zB eine Anlegestelle mit Fahrkartenverkauf) eine Betriebsstätte begründen.3 Die Grundsätze des § 6 GewStDV können im Wege der Analogie auch auf Gewerbebetriebe angewandt werden, die auf Binnen- oder Küstenschiffen unterhalten werden (zB Restaurationsbetriebe, Kantinen, Andenkenläden).4

E. Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (Abs. 2 Satz 1) I. Vorbemerkung 110 § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG fingiert die Tätigkeit bestimmter Gesellschaften als Gewerbebetrieb iSd. § 2

Abs. 1 Satz 1 GewStG (s. Rz. 14). Zum Rangverhältnis der Begriffe des Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und § 2 Abs. 3 GewStG s. Rz. 15. Zur Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG s. Rz. 10. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt auch für Unternehmen iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG, die von einer jPdöR gehalten werden (zB GmbH, deren Alleingesellschafterin eine Kommune ist).5

II. Anwendungsbereich (Gesellschaften iSd. Abs. 2 Satz 1) 1. Gesellschaften deutschen Rechts sowie Europäische Gesellschaften und Genossenschaften 111 Als Gewerbebetrieb iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gelten folgende Gesellschaften:

– KapGes. (Europäische Gesellschaften, AG, KGaA, GmbH), – Genossenschaften einschließlich Europäischer Genossenschaften, – Versicherungs- und Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit. Nicht erfasst sind GmbH & Co. KG6 sowie die PartG mit beschränkter Berufshaftung.7

1 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2710. 2 H 2.9 Abs. 1 „Binnen- und Küstenschifffahrtsbetriebe“, dritter Spiegelstrich GewStH 2009; BFH v. 7.6.1966 – I B 124/64, BStBl. III 1966, 548; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2523, 2711. 3 BFH v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201; Drüen in Blümich, § 2 Rz. 325; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 2627 f. 4 Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 13. 5 BFH v. 28.10.1987 – I R 126/83, BStBl. II 1988, 70 = FR 1988, 49. 6 BFH v. 10.11.1983 – IV R 56/80, BStBl. II 1984, 150 = FR 1984, 237; v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619; v. 17.4.1986 – IV R 221/84, BFH/NV 1988, 116. 7 OFD NRW v. 12.12.2013 – Kurzinformation ESt 30/2013, FR 2014, 141.

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E. Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (Abs. 2 Satz 1)

Rz. 114 § 2

Voraussetzung für die GewStPfl. gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG ist die Zivilrechtsfähigkeit/Erlan- 112 gung der Rechtspersönlichkeit.1 Hierbei gelten die folgenden Grundsätze: – Europäische Gesellschaften: Maßgebend ist die Eintragung in das vom Sitzstaat der Europäischen Gesellschaft bestimmte Register.2 In Deutschland ist das gem. § 3 SEAG das Handelsregister. Bei Europäischen Gesellschaften, die ihren Sitz im Ausland haben, ist auf das vom Sitzstaat bestimmte Register abzustellen. – AG/KGaA/GmbH: Die Rechtspersönlichkeit wird gem. § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG (AG), gem. § 278 Abs. 3 AktG iVm. § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG (KGaA) bzw. § 11 Abs. 1 GmbHG (GmbH) mit der Eintragung im Handelsregister erlangt.3 – Genossenschaften: Maßgebend ist gem. § 13 GenG die Eintragung im Genossenschaftsregister.4 – Europäische Genossenschaft: Maßgebend ist die Eintragung in das vom Sitzstaat der Europäischen Genossenschaft bestimmte Register.5 In Deutschland ist das gem. § 3 Satz 1 SCEAG das Genossenschaftsregister. Bei Europäischen Genossenschaften, die ihren Sitz im Ausland haben, ist auf das vom Sitzstaat bestimmte Register abzustellen. – Versicherungs- und Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit: Die Rechtspersönlichkeit wird gem. § 171 VAG durch die Erlaubnis der Aufsichtsbehörde zum Geschäftsbetrieb erlangt.6 2. Gesellschaften ausländischen Rechts § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt auch für ausländ. Unternehmen, die ihrer Rechtsform nach einem in- 113 länd. Unternehmen iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG entsprechen (sog. Rechtsformvergleich) und im Inland rechtsfähig sind.7 Der Rechtsformvergleich ist nach allg. Grundsätzen und daher zB wie für Zwecke des § 1 KStG durchzuführen. Maßgebend ist, dass das ausländ. Rechtsgebilde bei Gesamtwürdigung der maßgeblichen ausländ. Bestimmungen rechtlich und wirtschaftlich einem inländ. Unternehmen iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG entspricht.8 Rechtsfähigkeit im Inland. Bei Unternehmen, die ihren Sitz iSd. § 11 AO und ihre Geschäftsleitung 114 iSd. § 10 AO im Ausland haben, bestimmt sich die Rechtsfähigkeit im Inland ausschließlich nach dem Recht des ausländ. Staats.9 Gleiches gilt für nach dem Recht eines anderen EU-Staats gegründete Unternehmen, deren Geschäftsleitung iSd. § 10 AO sich im Inland befindet; die Eintragung in das deutsche Handels- bzw. Genossenschaftsregister ist bei diesen Unternehmen unmaßgeblich.10 Dagegen erlangen nach dem Recht eines Drittstaats gegründete Unternehmen, die ihre Geschäftsleitung iSd. § 10 AO im Inland haben, die Rechtsfähigkeit im Inland erst mit der Eintragung in das jeweilige 1 Vgl. BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972; v. 13.12.1989 – I R 98/86, I R 99/86, BStBl. II 1990, 468; jeweils zur vergleichbaren Frage der Körperschaftsteuersubjektfähigkeit; vgl. auch R 2.1 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009; R 2.5 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3058. 2 Art. 16 Abs. 1 iVm. Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001. 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 458 ff.; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3033. 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 461; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3308. 5 Art. 18 Abs. 1 iVm. Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl. EG Nr. L 207 v. 18.8.2003. 6 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3350, 3352. 7 BFH v. 28.7.1982 – I R 196/79, BStBl. II 1983, 77 mwN = FR 1983, 23; H 2.1 Abs. 4 „Gewerbesteuerpflicht ausländischer Kapitalgesellschaften“ GewStH 2016; für KapGes. wird dies durch das Wort „insbesondere“ im Klammerzusatz des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG verdeutlicht, vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3008, 3054. Die entsprechende Ergänzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7.12.2006 (BGBl. I 2006, 2782) hatte indes nur klarstellenden Charakter, vgl. BT-Drucks. 16/2710, 34. 8 BFH v. 6.11.1980 – IV R 182/77, BStBl. II 1981, 220 = FR 1981, 174; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 466; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3055. 9 R 2.1 Abs. 4 Satz 2 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 120; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3059. 10 R 2.1 Abs. 4 Satz 4 GewStR 2009; Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 20.5.2005, BStBl. I 2005, 727.

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§ 2 Rz. 115 Steuergegenstand deutsche Register.1 Ist das Unternehmen im Inland nicht rechtsfähig, sind die Voraussetzungen der GewStPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG bzw. § 2 Abs. 3 GewStG zu prüfen.2 3. Vorgründungs- und Vorgesellschaft einer AG, KGaA oder GmbH 115 Begriffsdefinition. Eine noch nicht im Handelsregister eingetragene AG, KGaA oder GmbH ist ab

dem Zeitpunkt der notariellen Feststellung der Satzung (AG und KGaA), des Abschlusses des notariellen Gesellschaftsvertrags (GmbH mit mindestens zwei Gesellschaftern) bzw. der Abgabe einer notariellen Erklärung (Einmann-GmbH)3 bis zur Eintragung im Handelsregister sog. Vorgesellschaft.4 In der Zeit vor der notariellen Feststellung der Satzung, des notariellen Abschlusses des Gesellschaftsvertrags bzw. der Abgabe der notariellen Erklärung spricht man von einer sog. Vorgründungsgesellschaft.5 116 Gewerbesteuerliche Behandlung der Vorgesellschaft. Nach der Rspr. des BFH unterliegt die Vor-

gesellschaft der sachlichen GewStPfl., wenn die Eintragung in das Handelsregister nachfolgt und die Vorgesellschaft eine nach außen in Erscheinung tretende geschäftliche Tätigkeit aufgenommen hat.6 Sie bildet dann zusammen mit der später eingetragenen KapGes. einen einheitlichen Steuergegenstand.7 Das hat zB zur Folge, dass im Jahr der Eintragung in das Handelsregister nur ein Messbetragsbescheid für die Vorgesellschaft und die KapGes. ergeht und negative Gewerbeerträge, die vor der Eintragung in das Handelsregister entstanden sind, mit positiven Gewerbeerträgen, die nach der Eintragung in das Handelsregister entstanden sind, verrechnet werden können. 117 Die sachliche GewStPfl. der Vorgesellschaft ist nach Auffassung des BFH nicht davon abhängig, dass

die Vorgesellschaft eine gewerbliche Tätigkeit iSd. § 15 EStG aufgenommen hat.8 Auch vermögensverwaltende Tätigkeiten der Vorgesellschaft könnten zu einem Beginn der sachlichen GewStPfl. führen. Das gelte aber nur für solche Tätigkeiten, die nicht als gewstl. irrelevante Vorbereitungshandlungen einzuordnen sind. Es sei danach zu unterscheiden, ob die vermögensverwaltenden Tätigkeiten durch die Gesellschaftsgründung veranlasst sind oder mit ihnen geschäftliche Tätigkeiten ggü. Dritten aufgenommen wurden.9 Von einer gewstl. irrelevanten Vorbereitungshandlung geht der BFH aus, wenn die Vorgesellschaft ihre Tätigkeit auf die bloße Verwaltung der eingezahlten Teile des Stammkapitals beschränkt.10 Stellungnahme. Die Rspr. des BFH ist krit. zu sehen. Die sachliche GewStPfl. gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG setzt die Zivilrechtsfähigkeit/Erlangung der Rechtspersönlichkeit voraus (s. Rz. 112), die eine Vorgesellschaft aufgrund der fehlenden Eintragung im Handelsregister nicht hat.11 Vor diesem Hintergrund ist es uE zutreffend, die sachliche GewStPfl. einer Vorgesellschaft ausschließlich nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG zu prüfen und vom Unterhalten eines Gewerbebetriebs iSd. § 15 Abs. 2 EStG bzw. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG abhängig zu machen.

1 BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972; R 2.1 Abs. 4 Satz 3 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 120; nach Auffassung von Keß ist aufgrund eines DBA-Diskriminierungsverbots ggf. auf das Erfordernis einer Eintragung im deutschen Handelsregister zu verzichten, vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3059, 3062. 2 R 2.1 Abs. 4 Satz 4 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 120. 3 Vgl. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 471. 4 BFH v. 8.11.1989 – I R 174/86, BStBl. II 1990, 91 = FR 1990, 230; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3085. 5 BFH v. 8.11.1989 – I R 174/86, BStBl. II 1990, 91 = FR 1990, 230; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3086. 6 BFH v. 18.7.1990 – I R 98/87, BStBl. II 1990, 1073 = FR 1991, 94; v. 24.1.2017 – I R 81/15, BStBl. II 2017, 1071 = FR 2017, 1027; jeweils mwN. 7 BFH v. 14.10.1992 – I R 17/92, BStBl. II 1993, 352; v. 24.1.2017 – I R 81/15, BStBl. II 2017, 1071 = FR 2017, 1027; jeweils mwN. 8 BFH v. 24.1.2017 – I R 81/15, BStBl. II 2017, 1071 = FR 2017, 1027. 9 BFH v. 24.1.2017 – I R 81/15, BStBl. II 2017, 1071 = FR 2017, 1027. 10 BFH v. 18.7.1990 – I R 98/87, BStBl. II 1990, 1073 = FR 1991, 94; ausdrücklich bestätigt durch BFH v. 24.1.2017 – I R 81/15, BStBl. II 2017, 1071 = FR 2017, 1027. 11 Behrens/Braun, BB 2013, 926 (929).

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E. Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (Abs. 2 Satz 1)

Rz. 120 § 2

Es erscheint problematisch, die GewStPfl. von vermögensverwaltenden Einkünften einer Vorgesellschaft von einem ungewissen zukünftigen Ereignis – der Eintragung im Handelsregister – abhängig zu machen. Weiterhin hat sich der BFH bei der Frage, ab welchem Zeitpunkt eine gewerblich geprägte Personengesellschaft gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG gewstpfl. ist, gegen eine Einbeziehung von Einkünften in den Gewerbeertrag ausgesprochen, die eine KG vor der Handelsregistereintragung erzielt hat (s. Rz. 74).1 Es ist nicht stringent, bei vermögensverwaltenden Einkünften einer Vorgesellschaft anders zu verfahren. Gleichwohl dürften Versuche, den BFH von einer Änderung seiner Rspr. zu überzeugen, derzeit kaum erfolgsversprechend sein. Das FG Ba.-Wü. hatte sich zuletzt in seinem Urt. v. 28.9.2015 dafür ausgesprochen, die GewStPfl. der Vorgesellschaft nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG zu beurteilen.2 Dem hat sich der BFH nicht angeschlossen.3 Gewerbesteuerliche Behandlung der Vorgründungsgesellschaft. Die Vorgründungsgesellschaft ist 118 nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG sachlich gewstpfl., wenn sie also einen Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG bzw. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG aufgenommen hat. Sie bildet aber mit dem Gewerbebetrieb der Vorgesellschaft und der später entstehenden KapGes. keinen einheitlichen Steuergegenstand.4 Die notarielle Feststellung der Satzung, der notarielle Abschluss des Gesellschaftsvertrags bzw. die Abgabe der notariellen Erklärung führen daher in diesem Fall zu einer Beendigung der sachlichen GewStPfl. der Vorgründungsgesellschaft und zu einem Beginn des einheitlichen Gewerbebetriebs der Vorgesellschaft und später eingetragenen KapGes., wenn die Vorgründungsgesellschaft den Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG bzw. iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG bereits aufgenommen hatte. Beispiel: Geschäftsgegenstand der A-GmbH ist der Betrieb einer Kfz-Werkstatt. Gesellschafter der A-GmbH sind B und C. Die Kfz-Werkstatt öffnet am 1.3.01. Der notarielle Gründungsvertrag wird am 1.5.01 abgeschlossen; die Handelsregistereintragung erfolgt am 1.7.01. In 01 werden folgende Verluste erzielt: 1.1.01 bis 28.2.01: ./. 1.000 Euro (Vorlaufkosten) 1.3.01 bis 30.4.01: ./. 5.000 Euro 1.5.01 bis 30.6.01: ./. 6.000 Euro 1.7.01 bis 31.12.01: ./. 8.000 Euro Lösung: Die bis zum 28.2.01 angefallenen Vorlaufkosten sind gewstl. irrelevant. Die Vorgründungsgesellschaft ist in der Zeit vom 1.3.01 bis zum 30.4.01 sachlich gewstpfl. Der Gewerbeverlust iHv. 5.000 Euro geht mit Beendigung der sachlichen GewStPfl. am 30.4.01 unter. Die Vorgesellschaft und die am 1.7.01 mit der Eintragung im Handelsregister rechtlich entstandene A-GmbH bilden einen einheitlichen Steuergegenstand iSd. § 2 GewStG, für den zum 31.12.01 ein vortragsfähiger Gewerbeverlust iHv. 14.000 Euro festzustellen ist.

Keine Eintragung in das Handelsregister. Sofern es nicht zur Eintragung der AG, KGaA bzw. GmbH 119 in das Handelsregister kommt, sind die (unechte) Vorgründungsgesellschaft und die (unechte) Vorgesellschaft unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG gewstpfl.5 Die Betätigung der (unechten) Vorgründungsgesellschaft und der (unechten) Vorgesellschaft bilden in diesem Fall uE einen einheitlichen Steuergegenstand iSd. § 2 GewStG, wenn der Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG bzw. iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG schon von der (unechten) Vorgründungsgesellschaft aufgenommen worden ist.

III. Rechtsfolge 1. Fiktion des Gewerbebetriebs § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG fingiert das Vorhandensein eines Gewerbebetriebs („Als Gewerbebetrieb 120 gilt …“) und damit eine der Voraussetzungen der sachlichen GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG 1 2 3 4

BFH v. 23.2.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354 Rz. 30. FG Ba.-Wü. v. 28.9.2015 – 10 K 2178/12, EFG 2016, 1184 m. Anm. Linkermann – Rev. I R 81/15. BFH v. 24.1.2017 – I R 81/15, BStBl. II 2017, 1071 = FR 2017, 1027. Vgl. BFH v. 8.11.1989 – I R 174/86, BStBl. II 1990, 91 = FR 1990, 230; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 119; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3087. 5 Vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3088.

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§ 2 Rz. 121 Steuergegenstand (s. Rz. 13 ff.). Als Gewerbebetrieb gilt dabei die gesamte Tätigkeit der Unternehmen iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG („… stets und in vollem Umfang die Tätigkeit …“), sodass es nicht darauf ankommt, ob die ausgeübte Tätigkeit der Art nach gewerblich ist oder unter eine der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG fällt.1 Bei Unternehmen iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs. Sie können weder nebeneinander noch nacheinander mehrere Gewerbebetriebe unterhalten, da die GewStPfl. ausschließlich an die Rechtsform geknüpft ist.2 2. Beginn und Beendigung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht 121 Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Bei KapGes. (AG/KGaA/GmbH) ist auf die Eintra-

gung im Handelsregister abzustellen;3 zur Vorverlegung des Beginns der sachlichen GewStPfl. aufgrund einer bereits von der Vorgesellschaft aufgenommenen Tätigkeit s. Rz. 115 ff. Bei Genossenschaften kommt es auf die Eintragung in das Genossenschaftsregister an.4 Bei Versicherungs- und Pensionsvereinen auf Gegenseitigkeit ist der Zeitpunkt der behördlichen Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb maßgebend.5 Sofern ein ausländ. Unternehmen in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG fällt, beginnt die sachliche GewStPfl. im Zeitpunkt der Erlangung der Rechtsfähigkeit im Inland6 bzw. im (späteren) Zeitpunkt der Begründung einer inländ. Betriebsstätte (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 GewStG). 122 Beendigung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Gem. § 4 Abs. 1 GewStDV bleibt der Gewerbe-

betrieb bis zur Beendigung der Aufgabe oder Abwicklung Steuergegenstand. Die Liquidationsphase fällt daher in den Zeitraum des Bestehens der sachlichen GewStPfl.7 Die Einstellung der werbenden Tätigkeit führt für sich genommen genauso wenig zu einem Ende der sachlichen GewStPfl. wie die Löschung im Handels- bzw. Genossenschaftsregister.8 Maßgebend ist vielmehr das Aufhören jeglicher Tätigkeit überhaupt mit Beendigung der Abwicklung.9 Das entspricht dem Zeitpunkt, in dem das Vermögen verwertet bzw. an die Gesellschafter verteilt worden ist, sodass das Unternehmen iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG kein Vermögen mehr besitzt.10 Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass bei der Vermögensverteilung Beträge zur Begleichung von Steuerschulden zurückbehalten werden, die erst nach Beendigung der Abwicklung festgesetzt werden können.11 Die vorstehenden Grundsätze gelten gleichermaßen für ausländ. Unternehmen. Alternativ kann in diesem Fall aber auch die Aufgabe der inländ. Betriebstätte zur Beendigung der sachlichen GewStPfl. führen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 GewStG). Zu den Folgen des Wegfalls bzw. des Eintritts einer Gewerbesteuerbefreiung auf die sachliche GewStPfl. s. Rz. 51.

1 BFH v. 8.6.1977 – I R 40/75, BStBl. II 1977, 668; v. 22.8.1990 – I R 67/88, BStBl. II 1991, 250 = FR 1991, 152; v. 27.4.2009 – I R 76/03, BFH/NV 2010, 1118; H 2.1 Abs. 4 „Allgemeines“ GewStH 2016; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 121. 2 BFH v. 22.6.2011 – I R 59/10, BFH/NV 2012, 61; R 2.4 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 468; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3125. 3 BFH v. 16.2.1977 – I R 244/74, BStBl. II 1977, 561; R 2.5 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3082. 4 R 2.5 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 241. 5 R 2.5 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 241. 6 Vgl. Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 241. 7 BFH v. 29.11.2000 – I R 28/00, BFH/NV 2001, 816; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 474. 8 BFH v. 29.11.2000 – I R 28/00, BFH/NV 2001, 816; R 2.6 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3091 f. 9 BFH v. 6.7.1983 – I R 12/79, juris; v. 29.11.2000 – I R 28/00, BFH/NV 2001, 816; v. 25.9.2012 – I B 29/12, BFH/NV 2013, 84; R 2.6 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009. 10 RFH v. 12.12.1939 – I 342/39, RStBl. 1940, 435; BFH v. 29.11.2000 – I R 28/00, BFH/NV 2001, 816; v. 25.9.2012 – I B 29/12, BFH/NV 2013, 84; R 2.6 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg § 2 GewStG Rz. 3090, 3092. 11 RFH v. 12.12.1939 – I 342/39, RStBl. 1940, 435.

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F. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 2 Satz 2)

Rz. 123 § 2

F. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 2 Satz 2) Literatur: Mersmann, Die steuerliche Behandlung der Konzerne, StbJb. 1963/1964, 55; Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975; Goutier, § 8 Nr. 10 GewStG n.F. und die gewerbesteuerliche Organschaft, DB 1989, 244; Mösbauer, Haftung bei körperschaftsteuerlicher Organschaft, FR 1989, 473; Pöllath/Wenzel, Gewerbesteuerliche Teilwertabschreibungen bei Organschaften, DB 1989, 797; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Ros, Ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung – ein Stolperstein für den BFH, DB 1997, 184; Kohlhaas, Gewerbesteuerliche Behandlung der abführungsbedingten Teilwertabschreibung im Organkreis erneut auf dem Prüfstand, DStR 1998, 5; Prinz, Unternehmenssteuerreform 2001 – Organschaftsbesteuerung im Wandel, FR 2000, 1255; Fey/Neyer, Veräußerungsgewinne und -verluste im gewerbesteuerlichen Organkreis: Bedeutung eines Ergebnisabführungsvertrags, DB 2001, 2009; Dierichs/Seifried, Vermeidung einer doppelten Gewinnberücksichtigung bei Beendigung der gewerbesteuerlichen Organschaft, DStR 2002, 2068; Orth, Die Organschaftsbesteuerung nach der 2. Reformstufe, DB 2002, 811; Blumers/Goerg, Gewerblichkeit von Organträger-Personengesellschaften, BB 2003, 2203; Fatouros, Körperschaftsteuerliche Änderungen nach dem StVergAbG, DStZ 2003, 179; Herzig, Organschaft – laufende und aperiodische Besteuerung, nationale und internationale Aspekte, Hinweise zum EU-Recht, 2003; Ley/Strahl, Steuerlicher Handlungsbedarf zum Jahreswechsel 2003/2004 (Teil I), DStR 2003, 2145; Rödder/Schumacher, Das Steuervergünstigungsabbaugesetz, DStR 2003, 805; von Groll, Irrungen und Wirrungen um die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht – mit Folgen auch im formellen Recht, DStR 2004, 1193; Haase, Personengesellschaften als Organträger – Zweifelsfragen bei der Auslegung des § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG n.F., DB 2004, 1580; Wassermeyer, Widersprüchlichkeiten bei der Organschaft, DStR 2004, 214; Wolf, Gewerbesteuerliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Immobilienvermietung zwischen verbundenen Unternehmen, StBp. 2012, 149; Bäuml, Personengesellschaften als Organträger in der Gestaltungs- und Unternehmenspraxis, FR 2013, 1121; Benecke/Schnitger, Wichtige Änderungen bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft, IStR 2013, 143; Hageböke, Nochmals: GmbH & atypisch Still, DK 2013, 334; Jesse, Neuregelungen zur ertragsteuerlichen Organschaft, FR 2013, 629; Pyszka, Die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei Grundstücksgesellschaften, GmbHR 2013, 132; Schaden/Polatzky, Neuregelung der Verlustausgleichsbeschränkung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG, IStR 2013, 131; Schneider/Schmitz, Ausschluss der Verlustberücksichtigung bei Organschaft, GmbHR 2013, 281; Teiche, Verfahrensrechtliche Aspekte nach der Organschaftsreform, DStR 2013, 2197; Wagner/Liekenbrock, Organschaft und Ausschluss der doppelten Verlustberücksichtigung im In- und Ausland nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG n.F., Ubg 2013, 133; Adrian, Gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden bei Organschaft, BB 2015, 1113; Brinkmann, Stille Beteiligung an einer Organgesellschaft möglich?, StBp. 2015, 277; Demuth, Versagung der erweiterten Kürzung des Gewinns für Grundstücksunternehmen im Organkreis – Anm. zu BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, ZfIR 2015, 219; Hageböke/Schmidt, Organträgereigenschaft der atypisch stillen Gesellschaft nach § 14 KStG n.F., DStR 2015, 761; Broemel, Gewerbesteuerliche Befreiungen in der Organschaft – Stolpersteine und Gestaltungspotenzial, DK 2016, 321; Gehm, Die Haftung bei Organschaft gem. § 73 AO – Risikoprofil in der Praxis, StBp. 2016, 37; Micker, Betriebsaufspaltung – Aktuelle Entwicklungen und Praxisfragen, DB 2016, 1041; Müller/Stöcker/Lieber, Die Organschaft, 10. Aufl. 2017.

I. Bedeutung und Telos § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG regelt den Anwendungsbereich und die Rechtsfolgen einer gewstl. Organ- 123 schaft. Die Voraussetzungen sind aufgrund des Verweises auf die §§ 14 und 17 KStG mit denen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft identisch. Rechtsfolge einer gewstl. Organschaft ist die Fiktion der OG als Betriebsstätte des OT (Betriebsstättenfiktion). Die Fiktion einer Betriebsstätte im Rahmen einer gewstl. Organschaft hat den Zweck, die beteiligten Kommunen bei einheitlich gesteuerten Unternehmen vor willkürlichen Gewinnverlagerungen zu schützen und ihnen ihren Anteil am einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag unter Vermeidung einer doppelten (Nicht-)Erfassung gleicher Erträge zu erhalten.1 Damit ermöglicht die Betriebsstättenfiktion, bei der Zerlegung auf die Gemeinden die OG nicht als selbstständiges Gewerbesteuersubjekt und -objekt zu behandeln.2

1 BFH v. 6.10.1953 – I 29/53, BStBl. III 1953, 329; v. 29.5.1968 – I 198/65, BStBl. II 1968, 807. 2 Pöllath/Wenzel, DB 1989, 797.

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§ 2 Rz. 124 Steuergegenstand

II. Anwendung der §§ 14 und 17 KStG 1. Vorbemerkung 124 Die Voraussetzungen der gewstl. Organschaft sind mit denen der körperschaftsteuerlichen Organ-

schaft identisch.1 Dies ergibt sich aus dem Verweis des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG auf die §§ 14 und 17 GewStG. Damit müssen neben der Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen durch die beteiligten Rechtsträger auch die weiteren Tatbestandsmerkmale der §§ 14 und 17 KStG erfüllt sein.2 Hierzu gehören: – die finanzielle Eingliederung der OG, – der Inlandsbezug und – das Vorliegen und die ordnungsgemäße Durchführung eines GAV. 2. Organgesellschaft 125 Bei der gewstl. OG muss es sich um eine eingegliederte KapGes. iSv. § 14 oder § 17 KStG handeln. Er-

fasst sind damit Europäische Gesellschaften, AG und KGaA oder andere Gesellschaften, die die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 KStG erfüllen. Unter § 17 Abs. 1 KStG fällt als typischer Anwendungsfall die GmbH. Aufgrund der „Aufgabe des sog. „doppelten Inlandsbezugs“ bei Organgesellschaften ab dem EZ 20123 muss sich nur die Geschäftsleitung im Inland befinden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und § 17 KStG). Der Sitz der Gesellschaft kann in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens liegen. 126 Im Gegensatz zum OT (vgl. Rz. 129) muss die eingegliederte KapGes. selbst nicht gewerblich tätig

sein;4 § 14 KStG enthält insoweit keine besonderen Anforderungen an die Tätigkeit der OG.5 Zur Inanspruchnahme einer persönlichen, gewstl. Befreiungsvorschrift (zB § 3 Nr. 20 GewStG) müssen die entsprechenden Voraussetzungen aber in der Person der OG erfüllt sein. Eine Steuerbefreiung erstreckt sich nicht auf andere Organgesellschaften desselben Organkreises, soweit bei diesen die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Dies gilt auch dann, wenn sich die Tätigkeiten der Gesellschaften gegenseitig ergänzen.6 127 Eine Personengesellschaft scheidet als OG aus. Dies gilt auch für kapitalistisch strukturierte Gesell-

schaften in Form einer GmbH & Co. KG.7 Die Komplementär-GmbH kann demgegenüber grds. gewstl. OG sein.8 Eine GmbH, an deren Handelsgewerbe ein atypisch stiller Gesellschafter beteiligt ist, kann ebenfalls nicht gewstl. OG sein. Der Gewerbeertrag ist bei der atypisch stillen Gesellschaft zu erfassen und kann daher nicht dem OT zugerechnet werden. Die Besteuerung der Mitunternehmerschaft hat damit Vorrang ggü. der Organschaft.9 128 Die Eignung als OG beginnt bei einer KapGes. im Gründungsstadium mit Abschluss des notariellen

Gesellschaftsvertrags, als sog. Vorgesellschaft.10 Bis zu diesem Zeitpunkt ist sie in der Regel als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, mit dem gemeinsamen Zweck zur Errichtung einer KapGes., anzusehen (sog. Vorgründungsgesellschaft). Sie ist weder mit der Vorgesellschaft noch mit der anschließend gegründeten KapGes. identisch.11

1 Müller/Stöcker/Lieber, Organschaft, 10. Aufl. 2017, 246. 2 Vgl. ausf. Rödder/Liekenbrock in R/H/N, § 14 KStG Rz. 87 ff. 3 G zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 4 R 2.3 Abs. 1 Satz 6 GewStR 2009; BFH v. 8.12.1971 – I R 3/69, BStBl. II 1972, 289. 5 Vgl. Rödder/Liekenbrock in in R/H/N, § 14 KStG Rz. 151. 6 BFH v. 4.6.2003 – I R 100/01, BStBl. II 2004, 244 = FR 2003, 1235 m. Anm. Wendt. 7 BFH v. 17.1.1973 – I R 253/71, BStBl. II 1973, 269; v. 7.3.1973 – I R 119/71, BStBl. II 1973, 562. 8 BFH v. 8.12.1971 – I R 3/69, BStBl. II 1972, 289; v. 2.3.1983 – I R 85/79, BStBl. II 1983, 427 = FR 1983, 335. 9 BFH v. 25.10.1995 – I R 76/93, BFH/NV 1996, 504; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3547. 10 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 499; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 139. 11 BFH v. 8.11.1989 – I R 174/86, BStBl. II 1990, 91 = FR 1990, 230.

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F. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 2 Satz 2)

Rz. 133 § 2

3. Organträger Organträger kann ungeachtet der Rechtsform jeder Betrieb sein, der ein gewerbliches Unternehmen 129 betreibt.1 Dieses Erfordernis ergibt sich aus §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Satz 1 KStG. Zwar fehlt in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG hinsichtlich der Eignung als OT ein Verweis auf diese Vorschriften des KStG. Allerdings erlangen die §§ 14 und 17 KStG aufgrund des für Organgesellschaften vorgesehenen Verweises notwendigerweise auch Geltung ggü. dem OT.2 Die gewerbliche Tätigkeit des OT muss nicht bereits zu Beginn des Wj. der OG ausgeübt werden.3 Körperschaften sind gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG kraft Rechtsform stets als gewerbliche Unterneh- 130 men anzusehen und müssen daher nicht originär gewerblich tätig sein.4 Sie dürfen allerdings nicht von der KSt befreit sein, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG. Dies gilt grds. nur hinsichtlich einer persönlichen Steuerbefreiung (zB nach § 5 Abs. 1 KStG), die den Rechtsträger als solchen insgesamt von der Besteuerung ausnimmt. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG soll lediglich verhindern, dass grds. stpfl. Einnahmen einer (Organ-)Gesellschaft durch die Begründung einer Organschaft der Besteuerung entzogen werden.5 Körperschaften, die nur hinsichtlich eines bestimmten Teils ihrer Tätigkeit oder ihres Ertrags von der StPfl. ausgenommen sind (sog. sachliche [zB nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG] oder beschränkt persönliche Steuerbefreiung), kommen grds. als OT in Betracht, soweit nicht die Beteiligung an der OG den steuerbefreiten Aktivitäten zuzuordnen ist. Der dem OT zuzurechnende Gewerbeertrag der OG wird in diesem Fall nicht von der sachlichen Gewerbesteuerbefreiung des OT umfasst.6 Auch natürliche Personen sind zulässige OT. Eine unbeschränkte StPfl. ist ab dem EZ 2012 nach 131 § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG nicht mehr erforderlich.7 Bei einer OT-Personengesellschaft muss die eigene Tätigkeit originär gewerblich iSv. § 15 Abs. 1 132 Nr. 1 EStG sein.8 Eine gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG allein reicht daher nicht aus.9 Auch Personengesellschaften, die nur aufgrund der sog. „Abfärberegelung“ des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG wegen Überschreitung der durch den BFH aufgestellten Grenzen iHv. 3 % des Nettoumsatzes oder 24.500 Euro absolut gewerbliche Einkünfte erzielen,10 erfüllen nicht ohne Weiteres die Voraussetzungen des § 14 KStG.11 Hierdurch soll verhindert werden, dass mithilfe einer Personengesellschaft ohne eine substanzielle originäre gewerbliche Tätigkeit das stl. Ergebnis einer ab dem EZ 2003 abgeschafften Mehrmütterorganschaft erreicht wird.12 Auch eine Besitzpersonengesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung kann OT sein, da ihr 133 die gewerbliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft zugerechnet wird.13 Demgegenüber wird eine vermögensverwaltende Personengesellschaft nicht allein deshalb gewerblich tätig iSv. § 14 KStG, weil sie

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

BFH v. 10.11.1998 – I R 91/97, BStBl. II 1999, 306. BFH v. 10.11.1998 – I R 91/97, BStBl. II 1999, 306; so auch Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3570. BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = FR 2014, 28. R 2.3 Abs. 1 GewStR 2009. Vgl. Rödder/Liekenbrock in R/H/N, § 14 KStG Rz. 173. BFH v. 10.3.2010 – I R 41/09, BStBl. II 2011, 181 = FR 2010, 846 m. Anm. Wendt; Broemel, DK 2016, 321. G zur Änderung und Vereinfachung des Unternehmenssteuerrechts und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. R 14.3 KStR 2015; BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038. R 2.3 Abs. 3 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 14; Glanegger in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 492; Blumers/Goerg, BB 2003, 2203; aA Orth, DB 2002, 811; Prinz, FR 2000, 1255. BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/11, BStBl. II 2015, 999 = FR 2015, 512 m. Anm. Kanzler; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 6/12, BStBl. II 2015, 1002; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 16/11, BStBl. II 2015, 996 = FR 2015, 512; BFH v. 16.7.2014 – VIII R 41/12, BStBl. II 2015, 216 = FR 2015, 618 m. Anm. Kanzler. OFD Frankfurt v. 29.6.2015 – S 2770 A - 39 - St 51, GmbHStB 2015, 319; Glanegger in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 492; aA Ley/Strahl, DStR 2003, 2145; Rödder/Schumacher, DStR 2003, 805; Haase, DB 2004, 1580; Kolbe in H/H/R, § 14 KStG Rz. 164; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3579. BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038. R 2.3 Abs. 3 GewStR 2009; BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272 = FR 2014, 28; zustimmend Micker, DB 2016, 1046.

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§ 2 Rz. 134 Steuergegenstand an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt ist und aufgrund dessen gewerbliche Einkünfte erzielt.1 134 Besteht am Handelsgewerbe einer GmbH eine atypisch stille Beteiligung, die als Mitunternehmer-

schaft zu qualifizieren ist, kann die atypisch stille Personengesellschaft kein OT sein. Sie ist zum einen nicht Trägerin des gewerblichen Unternehmens; das Unternehmen wird durch die KapGes. betrieben.2 Darüber hinaus fehlt es an der finanziellen Eingliederung im Verhältnis zur (atypisch stillen) Personengesellschaft. Hierbei ist auf zivilrechtliche Maßstäbe abzustellen. Mangels Gesamthandsvermögens der lediglich als Innengesellschaft strukturierten Gesellschaft kann eine finanzielle Eingliederung nicht erfolgen.3 Gegen diese Auffassung wird eingewendet, dass der Gesetzeswortlaut des § 14 KStG gerade keine Zugehörigkeit zum Gesamthandsvermögen erfordere, sondern allenfalls eine finanzielle Eingliederung im Verhältnis zur Personengesellschaft. Damit könne auch eine stl. Zuordnung gemeint sein. Eine Maßgeblichkeit des Zivilrechts bestehe anders als bei der Beurteilung eines GAV nicht.4 Indes findet sich in der Begründung5 des G zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen6 der Hinweis, dass die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung „künftig nur noch dann erfüllt ist, wenn sich die Anteile an der OG im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft befinden.“ Der Gesetzgeber ist demnach bei der Abfassung des Gesetzes von einer zivilrechtlichen Betrachtung ausgegangen.7 Diese Betrachtung entspricht iErg. auch dem Zweck des G, welches ua. eine Abschaffung der sog. Mehrmütterorganschaft zum Ziel hatte. 135 Zulässiger OT ist auch nicht die KapGes., an deren Handelsgewerbe die stille Beteiligung besteht.8

Steuerliches Zurechnungsobjekt des Organeinkommens (atypisch stille Gesellschaft) und OT (GmbH) würden ansonsten auseinanderfallen. Dies ist mit dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht vereinbar.9 4. Finanzielle Eingliederung 136 Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG muss die OG finanziell in den OT eingegliedert sein. Das

bedeutet, dass dem OT von Beginn des Wj. bis zum Ende des Wj.10 ununterbrochen die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der OG zusteht. Bei mittelbaren Beteiligungen ist eine durchgehende finanzielle Eingliederung, dh. eine Mehrheitsbeteiligung des OT an den vermittelnden Gesellschaften nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG über alle Beteiligungsstufen hinweg11 erforderlich.12 Beispiel:13 Die M-GmbH ist zu 20 % an der E-GmbH und zu 80 % an der P-GmbH beteiligt, die ihrerseits wiederum zu 50 % an der E-GmbH beteiligt ist. Die finanzielle Eingliederung liegt vor, da die unmittelbare und die mittelbare Beteiligung der M aufgrund der Stimmrechtsmehrheit der M an P zu addieren sind. Eine mehrheitliche

1 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038; aA Bäuml, FR 2013, 1121, der keinen Differenzierungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung einer Betriebsaufspaltung und einer Gesellschaft mit gewerblicher Beteiligung sieht. 2 Vgl. Kolbe in H/H/R, § 14 KStG Rz. 58. 3 BMF v. 20.8.2015 – IV C 2 - S 2770/12/10001, BStBl. I 2015, 649; Neumann in Gosch3, § 14 KStG Rz. 80b; aA Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3547; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 141. 4 Schmidt/Hageböke, DStR 2005, 761; Frotscher in Frotscher/Drüen, § 14 KStG Rz. 169; Dötsch, DB 2005, 2541. 5 BT-Drucks. 15/119. 6 StVergAbG v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660 – ua. Abschaffung der Mehrmütterorganschaft. 7 §§ 718 f. BGB. 8 BMF v. 20.8.2015 – IV C 2 - S 2770/12/10001, BStBl. I 2015, 649. 9 Neumann in Gosch3, § 14 KStG Rz. 80b. 10 R 14.4 KStR 2015. 11 Neumann in Gosch3, § 14 KStG Rz. 140 mwN, wonach nur das Erfordernis einer Stimmrechtsmehrheit an den vermittelnden Gesellschaften auf jeder Stufe der Beteiligungskette es dem OT ermöglicht, seinen Willen bei der OG durchzusetzen. 12 R 14.2 Satz 3 KStR 2015; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 503. 13 Nach R 14.2 KStR 2015.

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F. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 2 Satz 2)

Rz. 139 § 2

Beteiligung der P-GmbH an der OG ist hingegen nicht erforderlich, da der M-GmbH über ihre mittelbare und unmittelbare Beteiligung die erforderliche Stimmenmehrheit in der E-GmbH zusteht.1

5. Inlandsbezug Nach Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs ist ab dem EZ 20122 nur noch ein „einfacher“ Inlands- 137 bezug erforderlich. Die Organbeteiligung bzw. bei einer mittelbaren Beteiligung die Anteile an der vermittelnden Gesellschaft müssen während der gesamten Dauer der Organschaft ununterbrochen einer inländ. Betriebsstätte iSd. § 12 AO zuzuordnen sein (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG). Eine inländ. Betriebsstätte liegt gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG vor, wenn die der Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte sowohl nach innerstaatlichem Recht als auch nach den Regelungen der anzuwendenden DBA der inländ. Besteuerung unterliegen. 6. Gewinnabführungsvertrag Mit dem UntStFG v. 20.12.20013 wurde die gewstl. Organschaft durch einen uneingeschränkten Ver- 138 weis auf § 14 und § 17 KStG auch hinsichtlich des Erfordernisses eines GAV iSd. § 291 Abs. 1 AktG zwischen OG und OT an die körperschaftsteuerliche Organschaft angeglichen.4 Die OG muss sich mittels GAV verpflichten, ihren ganzen Gewinn an ein anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Der GAV muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden.5 7. Ausländische Einkünfte im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG Fraglich ist, ob der durch das G zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung 139 und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.20136 neu gefasste § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG Geltung für die GewSt hat. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG bleiben negative Einkünfte unberücksichtigt, soweit sie in einem anderen Staat iRd. Besteuerung des OT, der OG oder einer anderen Person berücksichtigt werden. Als Gewinnermittlungsvorschrift findet § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG über § 7 Satz 1 GewStG grds. Anwendung.7 In weiten Teilen der Literatur wird gleichwohl, wie bereits unter Geltung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG aF,8 eine Anwendung für die GewSt mit der Begründung verneint, dass aufgrund des Territorialitätsprinzips der GewSt eine Regelung nicht notwendig sei, um die doppelte Berücksichtigung von Verlusten auszuschließen.9 Für eine Anwendung in Fällen, in denen eine Verlustberücksichtigung bei einer vergleichbaren ausländ. GewSt erfolgt, spricht jedoch der Sinn und Zweck der Vorschrift, da10 insoweit eine doppelte Verlustberücksichtigung im In- und Ausland vermieden wird.11

1 Neumann in Gosch3, § 14 KStG Rz. 143. 2 G zur Änderung und Vereinfachung des Unternehmenssteuerrechts und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285. 3 BGBl. I 2001, 3858. 4 R 14.5 KStR 2015; BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437. 5 Ausf. Rödder/Liekenbrock in R/H/N, § 14 KStG Rz. 305 ff. 6 BGBl. I 2013, 285. 7 So auch Benecke, IStR 2013, 143; Jesse, FR 2013, 629; aA Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, 133; Schneider/ Schmitz, GmbHR 2013, 281. 8 UntStFG v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858. 9 Frotscher in Frotscher/Drüen, § 14 KStG Rz. 53 f.; Schaden/Polatzky, IStR 2013, 131; Wagner/Liekenbrock, Ubg 2013, 133; Rödder/Liekenbrock in R/H/N, § 14 KStG Rz. 476; Dötsch in D/P/M, § 14 KStG Rz. 650; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3781. 10 Vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, BT-Drucks. 17/10774, 20. 11 Jesse, FR 2013, 629; zu vergleichbaren ausländ. Formen der GewSt vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3781, der allerdings iErg. eine Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG bei der GewSt ablehnt.

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§ 2 Rz. 140 Steuergegenstand

III. Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers 1. Reichweite der Betriebsstättenfiktion 140 Nach der durch den BFH entwickelten1 und auch durch die FinVerw. vertretenen2 sog. „gebroche-

nen“ bzw. „eingeschränkten Einheitstheorie“3 führt die Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG nicht dazu, dass die eingegliederte KapGes. (OG) und der OT als einheitliches Unternehmen behandelt werden. Sie behalten als eigene Gewerbebetriebe ihre Selbstständigkeit für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags. Bilanzierung und Ermittlung des Gewerbeertrags erfolgen getrennt voneinander.4 Erst anschließend sind die zunächst selbstständig ermittelten gewstl. Ergebnisse des OT und der OG, die in demselben EZ enden,5 beim OT zusammenzurechnen („Poolung“).6 Hier erfolgt auch die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags. Die persönliche GewStPfl. der OG geht während des Bestehens der Organschaft auf den OT über.7 Obwohl es der BFH in einer Entsch.8 durchaus als zweifelhaft erachtet hat, ob der im Gesetz nicht ausdrücklich genannte Schutz gemeindlicher Interessen (vgl. Rz. 123) eine so weitgehende Auslegung der Norm zulässt, rückte er nicht von der eingeschränkten Einheitstheorie ab. Von der aktuellen Rspr. des BFH wird die „eingeschränkte Einheitstheorie“ weiterhin vertreten.9 Auch der Gesetzgeber sieht hierin die Grundlage für die Ermittlung des Gewerbeertrags einer gewstl. Organschaft.10 141 Der noch vom RFH vertretenen „(uneingeschränkten) Filialtheorie“11 oder Angestelltentheorie,12

die auf die Rspr. des Preußischen OVG Ende des 19. Jahrhunderts zurückgeht,13 wird nicht mehr gefolgt. Diese sah noch unter Geltung eines teilweise abweichenden Wortlauts, bei allerdings gleicher Rechtsfolge („Eine Kapitalgesellschaft, die derart dem Willen eines anderen Unternehmens unterworfen ist, daß sie keinen eigenen Willen hat, gilt als Betriebsstätte des OT.“),14 in der OG nur einen gewstl. unselbstständigen Teil des Gesamtunternehmens nach Art einer Geschäftsabteilung. Danach war der Gesamtertrag der verbundenen Unternehmen beim OT nach dessen Besteuerungsmerkmalen zur GewSr heranzuziehen. Da aber auch der RFH davon ausging, dass eine einheitliche Ermittlung mangels Konzernbilanz praktisch kaum durchführbar sei,15 beschränkte sich die Wirkung der Filialtheorie im Wesentlichen auf das Erfordernis des einheitlichen Vorliegens von Besteuerungsmerkmalen im Organkreis.16 142 Die Bedeutung der gewstl. Organschaft unter Zugrundelegung der „eingeschränkten Filialtheorie“

führt iErg. zu einer Vermeidung doppelter Be- und Entlastungen, die eine Zusammenrechnung der Einzelergebnisse der Unternehmen mit sich bringt, wenn diese Aufwendungen und Erträge aus Ge-

1 BFH v. 6.10.1953 – I 29/53, BStBl. III 1953, 329; v. 31.1.1956 – I 254/55, BFHE 62, 246; v. 27.9.1960 – I 162/60, BStBl. III 1960, 471; v. 23.3.1965 – I 338/60, BStBl. III 1965, 449; v. 18.9.1996 – I R 44/95, BStBl. II 1997, 181 = FR 1997, 159. 2 R 2.3 Abs. 1 GewStR 2009. 3 Auch als „eingeschränkte Filialtheorie“ bezeichnet. 4 R 7.1 Abs. 5 Sätze 1 und 2 GewStR 2009. 5 R 7.1 Abs. 5 Satz 11 GewStR 2009. 6 Pöllath/Wenzel, DB 1989, 797. 7 BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916. 8 BFH v. 23.3.1965 – I 338/60, BStBl. III 1965, 449; ebenfalls zweifelnd an einer ausreichenden Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG für die Ermittlung eines eigenen Gewerbesteuerertrags bei der OG: Wassermeyer, DStR 2004, 214; von Groll, DStR 2004, 1193; ebenfalls krit. Montag in Herzig, Organschaft, 2003, 296. 9 BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. 10 Vgl. Begründung des BEPS-UmsG in BT-Drucks. 18/9536, 60: „§ 7a GewStG lässt die gebrochene Einheitstheorie sowie die allgemeinen Grundsätze der Ermittlung von Gewerbeerträgen bei Organträger und Organgesellschaft unberührt.“ 11 RFH v. 23.1.1940 – I 226/39, RFHE 48, 113; v. 6.5.1942 – VI 210/41, RStBl. 1942, 546. 12 Herzig in Herzig, Organschaft, 2003, 4; zu den verschiedenen Theorien auch Mersmann, StbJb. 1963/64, 55 ff. und Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, 1975, 39 ff. 13 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, 766 mwN. 14 GewStG v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. 15 RFH v. 6.5.1942 – VI 210/41, RStBl. 1942, 546. 16 BFH v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582.

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F. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 2 Satz 2)

Rz. 145 § 2

schäftsbeziehungen zwischen OG oder zwischen OG und OT enthalten.1 Eine doppelte Be- oder Entlastung wird durch Herausrechnung der jeweiligen Beträge iRd. Ermittlung und Zusammenrechnung auf Grundlage des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG verhindert. 2. Steuerpflicht Die OG ist aufgrund ihrer Rechtsform grds. Gewerbebetrieb iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG. Die sach- 143 liche Gewerbesteuerpflicht der OG endet für die Dauer der Organschaft nicht, sondern wird lediglich dem OT zugerechnet; er ist insoweit Steuerschuldner iSd. § 5 GewStG.2 Bei Beendigung des Organschaftsverhältnisses wird die sachliche StPfl. der bisherigen OG damit auch nicht neu begründet.3 Auch der Wechsel des OT hat keinen Einfluss auf die StPfl. der OG,4 da der Gewerbeertrag sowohl vor als auch nach dem Wechsel der GewSt beim jeweiligen OT unterliegt. 3. Ermittlung des Gewerbeertrags Die Ermittlung der Gewerbeerträge von OG und OT erfolgt nach der „gebrochenen Einheitstheorie“ 144 in einem zweistufigen Verfahren. Auf der ersten Stufe der Ermittlung ist der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) für jedes Unternehmen des Organkreises unter Berücksichtigung von Hinzurechnungen und Kürzungen nach den §§ 8 und 9 GewStG getrennt zu ermitteln. Auch der Freibetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG findet jeweils für jede Gesellschaft des Organkreises Anwendung.5 Das Ergebnis der OG, dh. vor einer Berücksichtigung der Gewinnabführung und einschließlich eines nur bei der KSt vorhandenen eigenen Einkommens der OG iHd. geleisteten Ausgleichszahlungen,6 wird auf der zweiten Stufe dem OT zugerechnet und bei der Ermittlung seines Gewerbesteuermessbetrags berücksichtigt.7 Die Zusammenrechnung der Gewerbeerträge hat die Wirkung, dass die Ergebnisse nur einmal der GewSt unterliegen.8 Die Gewerbeerträge der Wj. des OT und der OG, die in demselben EZ enden, sind beim OT zusammenzurechnen. Handels- und steuerrechtliche Zurechnungen können daher in Fällen von abweichenden Wj. differieren.9 Auf beiden Ermittlungsstufen unterliegen die einzelnen Ergebnisse darüber hinaus Korrekturen, um doppelte Be- und Entlastungen zu vermeiden – abhängig davon, um welche Einzelposten es sich handelt. Rechtsgrundlage für diese Korrekturen ist § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG.10 Eine Kürzung des Gewerbeertrags der OG um Fehlbeträge, die sich vor dem Beginn der Organschaft ergeben haben, ist nach § 10a Satz 3 GewStG ausgeschlossen. 4. Die Korrekturen im Einzelnen a) Gewinnabführungen Der Gewerbeertrag der OG wird (nur) mit dem vom OT selbst erzielten Gewerbeertrag zusammen- 145 gerechnet.11 Hierdurch wird eine doppelte Erfassung beim OT vermieden („Verbot der doppelten Er-

1 BFH v. 6.10.1953 – I 29/53, BStBl. III 1953, 329: zB Mieten, Dauerschuldzinsen, Teilwertabschreibungen; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3511. 2 BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. I 1990, 916. 3 R 2.3 Abs. 1 GewStR 2009. 4 BFH v. 16.2.1977 – I R 183/74, BStBl. II 1977, 560. 5 Gleich lautender Ländererlass v. 2.7.2012, BStBl. I 2012 654 Rz. 45. 6 R 7.1 Abs. 5 Satz 10 GewStR 2009. 7 BFH v. 6.10.1953 – I 29/53, BStBl. III 1953, 329; v. 29.5.1968 – I 198/65, BStBl. II 1968, 807; v. 30.7.1969 – I R 21/67, BStBl. II 1969, 629; v. 5.5.1977 – IV R 186/72, BStBl. II 1977, 701; v. 2.3.1983 – I R 85/79, BStBl. II 1983, 427 = FR 1983, 335; v. 6.11.1985 – I R 56/82, BStBl. II 1986, 73 = FR 1986, 216; v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916; v. 29.1.2003 – I R 50/02, BStBl. II 2003, 768 = FR 2003, 1045; v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. 8 BFH v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630. 9 R 7.1 Abs. 5 Satz 10 GewStR 2009. 10 BFH v. 6.11.1985 – I R 56/82, BStBl. II 1986, 73 = FR 1986, 216; v. 2.2.1994 – I R 10/93, BStBl. II 1994, 768 = FR 1994, 332; v. 30.7.1969 – I R 21/67, BStBl. II 1969, 629. 11 R 7.1 Abs. 5 Satz 10 GewStR 2009.

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§ 2 Rz. 146 Steuergegenstand fassung“).1 Technisch erfolgt dies bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 7 GewStG durch Kürzung der Gewinnabführung vom handelsrechtlichen Gewinn des OT.2 Gleiches gilt, wenn die OG ihren Gewinn zunächst in eine Rücklage eingestellt hat und erst später an den OT abführt.3 b) Hinzurechnungen und Kürzungen iSv. §§ 8 und 9 GewStG aa) Grundsatz 146 Hinzurechnungen und Kürzungen i.S.v. §§ 8 und 9 GewStG unterbleiben ebenfalls, soweit sie zu ei-

ner doppelten steuerlichen Be- oder Entlastung führen.4 bb) Entgelte für Schulden 147 Entgelte für Schulden sind nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG dem Gewinn aus Gewerbe-

betrieb (§ 7 GewStG) wieder hinzuzurechnen. Besteht das Schuldverhältnis zwischen dem OT und der OG, unterbleibt eine Hinzurechnung auf Grundlage des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, da die Entgelte bereits in einem der zusammenzurechnenden Gewerbeerträge enthalten sind. Die zur Hinzurechnung von Dauerschuldentgelten nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG aF ergangene Rspr.5 gilt auch für die aktuelle Fassung.6 Eine Hinzurechnung unterbleibt ebenfalls, wenn das Schuldverhältnis zwischen zwei Organgesellschaften desselben OT besteht. Beispiel: Die OG X erhält von der OG Y des gemeinsamen OT Z Zinsen iHv. 100 aus einer Darlehensforderung. Die Zinsen stellen bei der X-Gesellschaft Ertrag iHv. 100 und bei der Y-Gesellschaft einen entsprechenden Aufwand dar. Aufwand und Ertrag werden in dem der Z zugerechneten Gewerbeertrag der OG berücksichtigt und fließen in den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag ein. Würde der Zinsaufwand bei der Y nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags teilweise wieder hinzugerechnet, ergäbe sich insoweit eine doppelte stl. Belastung. Diese wird durch Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG vermieden.

148 Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG erfolgt hingegen, wenn eines der beiden Unter-

nehmen aufgrund einer Steuerfreistellung nicht der StPfl. unterliegt. Eine Korrektur nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG ist insoweit nicht erforderlich, da die Gefahr einer doppelten Erfassung nicht besteht.7 Gleiches gilt bei Schuldverhältnissen zwischen Schwestergesellschaften, die nicht beide dem gewstl. Organkreis angehören, da insoweit keine Zusammenrechnung beim OT erfolgt.8 cc) Miet- und Pachtzinsen 149 Bis einschließlich EZ 2007 wurde die gewstl. Doppelbelastung bei Pachtverhältnissen zwischen OG

und OT durch § 8 Nr. 7 GewStG und § 9 Nr. 4 GewStG vermieden. Eine Anwendung von § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG kam aufgrund dieser speziellen gesetzlichen Normierung nicht in Betracht, auch wenn sich hierdurch bei der OG ein negativer Gewerbeertrag ergab und infolgedessen ein vororganschaftlicher Verlust der OG nicht abgesetzt werden konnte.9 Beide Normen wurden allerdings durch das UntStRefG10 mit Wirkung ab dem EZ 2008 aufgehoben. 1 So auch BFH v. 26.1.1972 – I R 171/68, BStBl. II 1972, 358; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 174; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 527. 2 Vgl. R 7.1 Abs. 1 Satz 2 KStR 2015 „Ermittlungsschema“; anders wohl Neumann in Gosch3, § 14 KStG Rz. 26 „Schema der Einkommens-/Gewinnermittlung beim OT“, wonach das zuzurechnende Einkommen der OG den vom OT „zu versteuernden Gewinn“ und damit die Bemessungsgrundlage iSv. § 7 GewStG erhöht. Insoweit wäre danach eine Korrektur über § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG notwendig, um eine doppelte Erfassung zu vermeiden. Zur Kritik an der ungenauen Verwendung der Begrifflichkeiten seitens der FinVerw. in R 7.1 Abs. 1 KStR 2015 vgl. Herlinghaus in R/H/N, § 7 KStG Rz. 24. 3 BFH v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630 = FR 1992, 490; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3767. 4 R 7.1 Abs. 5 Satz 3 GewStR 2009. 5 BFH v. 23.10.1974 – I R 182/72, BStBl. II 1975, 46; v. 29.7.2004 – I B 69/03, BFH/NV 2005, 72. 6 So auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 525. 7 BFH v. 9.10.1974 – I R 5/73, BStBl. II 1975, 179. 8 BFH v. 29.7.2004 – I B 69/04, BFH/NV 2005, 72. 9 BFH v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630 = FR 1992, 490. 10 BGBl. I 2007, 1912.

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F. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 2 Satz 2)

Rz. 153 § 2

Aktuell erfolgt die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. d 150 bis f GewStG. Mangels gegenläufiger Korrektur beim Vermieter/Verpächter nach Art des § 9 Nr. 4 GewStG ist eine Korrektur gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG geboten. Eine Hinzurechnung im Organkreis unterbleibt somit.1 dd) Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an die Stelle der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG (1,2 % 151 des Einheitswerts des betrieblichen Grundvermögens) auf Antrag die sog. erweiterte Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Werden alle Grundstücke einer Organgesellschaft an eine Schwester-Organgesellschaft desselben Organkreises vermietet, ist eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG allerdings ausgeschlossen.2 Mieterträge und -aufwendungen gleichen sich nach Zurechnung des Gewerbeertrags der OG auf Ebene des OT aus. Dieser Ausgleich würde durch die Anwendung der sog. erweiterten Kürzung beeinträchtigt, da zwar bei der Vermietungsgesellschaft die Mieterträge gekürzt würden, der entsprechende Mietaufwand der Schwestergesellschaft jedoch weiterhin in den Gewerbesteuermessbetrag des OT einbezogen würde.3 Beispiel: Die A-GmbH ist OT der B-GmbH und der C-GmbH. Die B-GmbH verpachtet ein Gebäude an die C-GmbH. Die Pacht stellt Aufwand der C-GmbH dar. Würde der Pachtertrag bei der B-GmbH der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unterfallen, wäre er iErg. nicht der GewSt zu unterwerfen, obwohl die korrespondierenden Aufwendungen gewerbesteuermindernd abgezogen werden könnten. Eine Anwendung der einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG steht dem nicht entgegen, da diese eine von Satz 2 abweichende Zwecksetzung verfolgt und lediglich die Doppelbelastung von Mieterträgen mit GrSt und GewSt vermeiden soll.4 Die sog. erweiterte Kürzung dient hingegen vornehmlich dazu, Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform der GewSt unterliegen, vermögensverwaltenden Einzel- und Personenunternehmen gleichzustellen.5

Erfüllt der OT in eigener Person die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 152 Satz 2 GewStG, kann die Kürzung nicht aus dem Grund versagt werden, dass die OG eine „schädliche“ Tätigkeit iSd. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausübt. Die Voraussetzungen der Kürzung sind beim OT und bei der OG selbstständig zu überprüfen. Nach der eingeschränkten Filialtheorie bewirkt § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG gerade nicht die Behandlung des Organkreises als einheitliches Unternehmen.6 Allerdings greift in Fällen der Vermietung von Immobilien von der OG an den OT insoweit § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG (§ 9 Nr. 1 GewStG Rz. 126 ff.).7 Die erweiterte Kürzung ist in diesem Fall zu versagen. c) Teilwertabschreibung und Teilwertaufholung aa) Verlustbedingte Teilwertabschreibung Zur Vermeidung einer doppelten Berücksichtigung von Verlusten im Organkreis sind bilanzsteuerlich 153 anzuerkennende, verlustbedingte Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen an OG durch die Erhöhung des Gewerbeertrags des OT nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG auszugleichen, soweit diese betragsmäßig den erlittenen Verlusten der OG entsprechen.8 Dabei gilt grds. die Vermutung, dass die Wert1 Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 173; andeutungsweise: Güroff in Glanegger/Güroff, § 2 GewStG Rz. 387. 2 BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt = GmbHR 2011, 999 m. Anm. Herbst; aA Pyszka, GmbHR 2013, 132, der keine ungerechtfertigte, sondern eine gewollte stl. Entlastung annimmt; BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 = ZfIR 2015, 219 m. Anm. Demuth; Roser in Lenski/ Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 191. 3 Krit. Wendt, FR 2011, 968 (Anm. zu BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10), wegen der Durchbrechung der Abschirmwirkung von KapGes. im Unterschied zur Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG bei nicht organschaftlich verbundenen Unternehmen. 4 BFH v. 11.2.1966 – VI 269/64, BStBl. III 1966, 316. 5 BFH v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, BStBl. II 2006, 434 = FR 2006, 554 m. Anm. Wendt. 6 BFH v. 30.7.1969 – I R 21/67, BStBl. II 1969, 629. 7 Demuth, ZfIR 2015, 219 (Anm. zu BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11); aA wohl wegen der Abschirmwirkung der KapGes. bei Vermietungen zwischen Schwestergesellschaften, wobei sich das Besitzunternehmen außerhalb des Organkreises befindet, vgl. Wolf, StBp. 2012, 149. 8 R 7.1 Abs. 5 Sätze 6 und 7 GewStR 2009; BFH v. 6.11.1985 – I R 56/82, BStBl. II 1986, 73.

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§ 2 Rz. 154 Steuergegenstand minderung der Beteiligung, die zu einer Teilwertabschreibung geführt hat, auf einem vorangegangenen negativen Jahresergebnis der OG beruht.1 Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Ist der Teilwert nachweislich aus anderen Gründen, zB aufgrund einer schlechten Rentabilitätsprognose, gesunken, findet keine Hinzurechnung der Teilwertabschreibung statt.2 Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG kommt hingegen nicht in Betracht, da insoweit nur ausschüttungs- bzw. abführungsbedingte Teilwertabschreibungen erfasst werden.3 Gleiches gilt für Teilwertabschreibungen auf Darlehensforderungen des OT gegen eine OG, soweit die Teilwertabschreibung durch erlittene Verluste bedingt ist.4 Diese Auffassung beruht auf der Rspr. des BFH zur Rechtslage in EZ vor 2002, als eine gewstl. Organschaft noch ohne Ergebnisabführungsvertrag zulässig war. Unter Berücksichtigung der geltenden Rechtslage ist eine Teilwertabschreibung auf Darlehensforderungen allerdings nicht schon deshalb gerechtfertigt, weil die OG Verluste erwirtschaftet.5 Eine doppelte Berücksichtigung der nämlichen Gewinnminderung scheidet daher häufig aus. Eine Korrektur nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG ist zudem beim OT in der Rechtsform einer KapGes. nach Einführung des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG (ab 2002) und § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG (ab 2008) nicht erforderlich, da Teilwertabschreibungen auf Anteile oder Darlehen bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, den Gewerbeertrag nicht mindern und somit nicht zu einer doppelten Entlastung führen können. Übrig bleiben damit nur Fälle, die unter § 8b Abs. 7 und 8 KStG fallen. Bei natürlichen Personen als OT einer gewstl. Organschaft findet § 3c Abs. 2 EStG (Teileinkünfteverfahren, für Anteile ab 2009, für Darlehen ab 2015) oder § 3 Nr. 40 Satz 3 EStG (vollständige Berücksichtigung) Anwendung. Für Personengesellschaften ist § 7 Satz 4 GewStG zu beachten. bb) Abführungsbedingte Teilwertabschreibung 154 Teilwertabschreibungen an einer Körperschaft sind, soweit sie auf einer organschaftlichen Gewinn-

abführung beruhen, ab dem EZ 19996 nach § 8 Nr. 10 GewStG hinzuzurechnen.7 Dies gilt auch für Gewinnminderungen aus der Veräußerung von Anteilen.8 Eine auf § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG gestützte Korrektur ist nicht vorzunehmen. Die bis einschließlich EZ 1998 durch die Rspr. entwickelte Auffassung zur Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG9 ist damit überholt. cc) Teilwertaufholung 155 Der Gewerbeertrag des OT ist bei Teilwertaufholungen auf Anteile an OG nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 2

GewStG zu mindern, auch wenn eine vorausgegangene ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf die Anteile den Gewerbeertrag nicht gemindert hat. Eine dem § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG vergleichbare Korrespondenzregelung ist im GewStG nicht enthalten.10 Eine Anwendung von § 9 Nr. 2a GewStG oder § 8 Nr. 10 GewStG analog reziprok scheidet ebenfalls aus (§ 8 Nr. 10 GewStG Rz. 15). Beispiel: Die X-GmbH ist alleinige Anteilseignerin der Y-GmbH. Zwischen den Gesellschaften besteht eine gewstl. Organschaft. 1989 veräußert die Y-GmbH ihr Vermögen und führt den daraus resultierenden Veräußerungsgewinn 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

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R 7.1 Abs. 5 Satz 8 GewStR 2009. BFH v. 22.4.1998 – I R 109/97, BStBl. II 1998, 748 = FR 1998, 1040. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3768. BFH v. 5.11.2009 – IV R 57/06, BStBl. II 2010, 646 = FR 2010, 279 m. Anm. Wendt; aA Deichs/Seifried, DStR 2002, 2068, aufgrund der Gefahr der gewstl. Doppelerfassung, wenn die Wertaufholung einer Forderung erst nach Beendigung der Organschaft stattfindet. R 14.7 KStR 2015; Behrens, BB 2010, 485 (Anm. zu BFH v. 5.11.2009 – IV R 57/06), hält eine Teilwertabschreibung weiterhin für denkbar, zB bei Verflüchtigung des Geschäftswerts, der im Beteiligungsansatz beim OT enthalten ist; ebenso Dötsch/Pung in D/P/M, § 14 KStG Rz. 761 f. StRefG 1990 v. 25.7.1988, BGBl. I 1990, 1093. Krit. Goutier, DB 1989, 244. Für eine entsprechende Anwendung des § 8 Nr. 10 GewStG auch auf Ausschüttungen aus vororganschaftlicher Zeit: Roser in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 10 GewStG Rz. 18 mwN. BFH v. 30.1.2002 – I R 73/01, BStBl. II 2003, 354 = FR 2002, 783 m. Anm. Prinz; v. 2.2.1994 – I R 10/93, BStBl. II 1994, 768 = FR 1994, 332; zur früher möglichen ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung vgl. Ros, DB 1997, 1844 und Kohlhaas, DStR 1998, 5. BFH v. 7.9.2016 – I R 9/15, BFH/NV 2017, 485; zur alten Rechtslage so schon BFH v. 23.9.2008 – I R 19/08, BStBl. II 2010, 301; krit. hierzu Wendt, FR 2009, 542.

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F. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 2 Satz 2)

Rz. 158 § 2

an die X-GmbH ab. Die X-GmbH nimmt im Jahresabschluss 1989 eine Teilwertabschreibung auf die Anteile an der Y-GmbH vor, die – aufgrund der damaligen Rechtslage – zu einer Minderung des körperschaftsteuerlichen Gewinns führt. Aufgrund der Anwendung von § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG (keine doppelte Entlastung) kommt es insoweit jedoch nicht zu gewstl. Auswirkungen. Im Jahr 2003 wird der Bilanzgewinn der X-GmbH aufgrund einer (betragsgleichen) Wertaufholung der Anteile iSv. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG wieder erhöht. Die Wertaufholung erhöht das Einkommen der X-GmbH gem. § 8 KStG. Sie ist nach § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG nicht steuerfrei, da der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen wurde. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags iSv. § 7 GewStG wird die Wertaufholung ebenfalls berücksichtigt. § 8b Abs. 2 KStG ist für Gewerbesteuerzwecke nicht in der Weise anzuwenden, „dass das Tatbestandsmerkmal ‚steuerwirksam‘ auf die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer abzielt“. Eine Korrektur durch Hinzurechnungsoder Kürzungsvorschriften iSv. § 8 und § 9 KStG sieht das Gesetz nicht vor. Es fehlt eine der Regelung in § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG vergleichbare Korrespondenz.1 Eine Korrektur nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG scheidet ebenfalls aus, da die Wertaufholung nur den Gewerbeertrag der OG berührt und nur durch Vorgänge bei der OT verursacht wurde.

d) Veräußerung einer Organbeteiligung Veräußerungsgewinne aus Anteilen an der OG erhöhen beim OT den Gewerbeertrag. Eine Korrektur 156 der Veräußerungsgewinne ist auch insoweit nicht notwendig, wie bei einer OG organschaftliche Rücklagen gebildet wurden, die entsprechenden Beträge in den Vorjahren bereits im Gewerbeertrag der OG erfasst wurden und so beim OT der Besteuerung mit GewSt unterlegen haben. Da in Fällen einer gewstl. Organschaft auch immer eine körperschaftsteuerliche Organschaft vorliegt, ist in der Steuerbilanz des OT iHd. Teils der versteuerten Rücklagen ein aktiver Ausgleichsposten zu bilden, der dem Verhältnis der Beteiligung des OT am Nennkapital der OG entspricht.2 Bei der Veräußerung der OG ist der Ausgleichsposten dann gewinnmindernd aufzulösen.3 Einer Korrektur des Veräußerungsgewinns über § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG bedarf es daher nicht.4 Wurde auf die Anteile an der OG trotz verlustbedingter Wertminderung keine Teilwertabschreibung 157 vorgenommen (zu den Auswirkungen einer verlustbedingten Teilwertabschreibung vgl. Rz. 153) und wird ein entsprechend geringerer Verkaufspreis erzielt, erfolgt eine Hinzurechnung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG iHd. bei der Zusammenrechnung der Gewerbeerträge vormals berücksichtigten Verlusts der OG.5 e) Keine Korrektur bei Schachteldividenden Bei einer OG sind vereinnahmte Gewinne aus Anteilen an ausländ. KapGes. bei der Berechnung des 158 Kürzungsbetrags nach § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG nicht nach § 9 Nr. 7 Satz 3 iVm. § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG um fiktive nicht abziehbare Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 5 KStG zu kürzen. Beim OT bedeutet dies wiederum, dass in dem ihm nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG zugerechneten Gewerbeertrag kein Gewinn aus Kapitalanteilen iSv. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG enthalten ist, welcher zu einer Hinzurechnung von nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG führen würde. Die Ausschüttung an die OG bleibt damit iErg. bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des OT vollständig außer Ansatz.6 Die Rechtsfolge gilt auch für inländ. Ausschüttungen, die unter § 9 Nr. 2a GewStG fallen.7 1 2 3 4

BFH v. 7.9.2016 – I R 9/15, BFH/NV 2017, 485. R 14.8 Abs. 1 KStR 2015. R 14.8 Abs. 3 KStR 2015. Anders wohl R 7.1 Abs. 5 Satz 5 KStR 2015 und Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3767. Die dort dargestellte Auffassung entspricht der Entsch. des BFH v. 26.1.1972 – I R 171/68, BStBl. II 1972, 358 Rz. 13; diese betrifft allerdings das Streitjahr 1958 und damit einen Zeitraum vor dem Gleichlauf von körperschaftsteuerlicher und gewstl. Organschaft, sodass insoweit ein Ausgleich über § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG notwendig war. Das stl. Ergebnis ist nach beiden Auffassung jedoch gleich. 5 R 7.1 Abs. 5 Satz 9 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3768. 6 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser; die gegenteilige Auffassung der FinVerw. (Anh. 7 GewStR 2009) ist damit überholt; zustimmend: Adrian, BB 2015, 1113; Keß in Lenski/ Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3764. 7 Hielscher, BB 2015, 871, Anm. zu BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14.

Kontny

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§ 2 Rz. 159 Steuergegenstand 159 Der BFH sieht in der Nichtberücksichtigung von Beträgen iSv. § 8b Abs. 5 KStG auch keine über § 2

Abs. 2 Satz 2 GewStG zu schließende „Hinzurechnungslücke“. Die doppelte Nichterfassung beruht danach nicht auf der zunächst erfolgten getrennten Ermittlung der Gewerbeerträge, sondern auf der aus Sicht des BFH unsystematischen Entsch. des Gesetzgebers, die Anwendung von § 8b Abs. 1 bis 3 und 5 KStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der OG auszusparen und erst beim OT nach Zurechnung des Gewerbeertrags anzusetzen.1 Die Auffassung entspricht der bisherigen Rspr. des BFH, nur Korrekturen im Organkreis vorzunehmen, die eine doppelte Be- oder Entlastung bei Rechtsverhältnissen zwischen OT und OG oder zwischen verschiedenen OG aufgrund der getrennten Ermittlung vermeiden sollen. Für die Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG kommt es demnach nicht darauf an, ob sich ohne eine Korrektur für den OT eine höhere oder niedrigere GewSt ergeben würde als diejenige, die sich ergibt, wenn die betroffenen Gesellschaften nicht Teil des Organkreises wären.2 Der Gesetzgeber sieht in der BFH-Rspr. eine ungerechtfertigte Besserstellung von Dividenbezügen einer OG im Vergleich zu denen einer Gesellschaft, die nicht OG ist.3 Mit der Neuregelung in § 7a GewStG4 soll künftig diese Besserstellung durch einen komplexen zweistufigen Berechnungsmechanismus verhindert werden. Nach § 7a GewStG erfolgt die Ermittlung von Gewerbeerträgen zwar weiterhin nach den allg. Grundsätzen iSd. gebrochenen Einheitstheorie, dh., § 8b KStG findet iRd. Gewinn-/Einkommensermittlung auf Ebene der OG weiterhin keine Anwendung (§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG). Die Dividenden sind folglich im Ausgangspunkt im Gewerbeertrag der OG enthalten. Auf einer ersten Stufe (§ 7a Abs. 1 Satz 1 GewStG) findet dann jedoch zunächst keine Kürzung nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG statt.5 Auf der zweiten Stufe erfolgt nach § 7a Abs. 2 GewStG nunmehr die entsprechende Anwendung von § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ff. KStG auf den Gewerbeertrag der OG durch Anwendung des § 8b KStG (bei OT-Körperschaften) oder § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG (OTPersonenunternehmen). § 8 Nr. 1 und § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG sind nunmehr ebenfalls entsprechend anzuwenden. Durch die vorrangige Anwendung des § 8b KStG kommt es allerdings insoweit nicht mehr zu einer Kürzung nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG. Im Anschluss an die Berechnung erfolgt dann eine Zurechnung beim OT (ausf. § 7a GewStG Rz. 24 ff.). 5. Verfahren 160 Die Betriebsstättenfiktion führt nicht dazu, dass die im Organkreis verbundenen Unternehmen wie

ein einheitliches Unternehmen zu behandeln sind. Sie bleiben selbstständige Gewerbebetriebe, deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind. Die Organschaft bewirkt jedoch eine Zurechnung der persönlichen Gewerbesteuerpflicht der OG für die Dauer der Organschaft beim OT.6 Der beim OT zusammenzurechnende Gewerbesteuermessbetrag ist dann für alle zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe ggü. dem OT festzusetzen.7 Er wird nach Maßgabe des § 28 GewStG auf alle Gemeinden zerlegt, in denen im EZ Betriebsstätten des Organkreises unterhalten werden.8 161 Trotz der zunächst getrennten Ermittlung der Gewerbeerträge von OG und OT kann unter den Vo-

raussetzungen des § 35b Abs. 1 GewStG nicht nur bei einer Änderung des originären Gewerbeertrags des OT, sondern auch bei einer Gewinnänderung auf der Ebene der OG eine Änderung bestandskräftiger Gewerbesteuermessbescheide des OT erfolgen.9 Das ab 201410 geltende gesonderte Feststellungsverfahren für das Einkommen der OG nach § 14 Abs. 5 KStG gilt indessen nicht für die

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Siehe auch Roser, FR 2015, 472, Anm. zu BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14. BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227. BT-Drucks. 18/9536, 60 f. BGBl. I 2016, 3000. S. ergänzend auch § 7a Abs. 1 Satz 2 GewStG. BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916. BFH v. 22.4.1998 – I R 109/97, BStBl. II 1998, 748 = FR 1998, 1040. R 28.1 GewStR 2012; BFH v. 17.2.1993 – I R 19/92, BStBl. II 1993, 679 = FR 1993, 614. BFH v. 21.10.2009 – I R 29/09, BStBl. II 2010, 644 = FR 2010, 527; zu den Einzelheiten möglicher Änderungen vgl. § 35b GewStG Rz. 17 ff. 10 G zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285.

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Kontny

G. Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (Abs. 3)

Rz. 164 § 2

GewSt. Ausweislich der Gesetzesbegründung1 sah der Gesetzgeber aufgrund der Änderungsmöglichkeit nach § 35b GewStG keine Notwendigkeit für eine gesonderte Feststellung bei der GewSt.2 6. Haftung Die OG haftet nach § 73 AO auch für Steuern des OT, für welche die Organschaft zwischen ihnen stl. 162 von Bedeutung ist; bei einer gewstl. Organschaft mithin auch für die GewSt.3 Die Haftung ist mittels Haftungsbescheids nach § 191 AO geltend zu machen. Sie ist nach dem Wortlaut der Norm auf gegen den OT gerichtete, durch das konkrete Organschaftsverhältnis bestimmte Steueransprüche und damit auf das jeweilige (zweipersonale) Organschaftsverhältnis beschränkt4 und erstreckt sich damit nicht auf sog. gestufte Organschaftsverhältnisses. Beispiel: Die A-GmbH ist gewstl. OT der B-GmbH, die wiederum gewstl. OT der C-GmbH ist. Die C-GmbH kann nicht nach § 73 AO für rückständige GewSt der A-GmbH in Anspruch genommen werden. Die Haftung ist jeweils auf das zweipersonale Organschaftsverhältnis (hier: B-GmbH zur A-GmbH) beschränkt.

G. Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (Abs. 3) I. Anwendungsbereich 1. Vorbemerkung § 2 Abs. 3 GewStG fingiert einen Gewerbebetrieb iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG (s. Rz. 14). Tatbe- 163 standsmerkmale des § 2 Abs. 3 GewStG sind – die Erfüllung der rechtsformabhängigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 GewStG (s. Rz. 164 ff.) sowie – das Unterhalten eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (s. Rz. 169 ff.). – Bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darf es sich außerdem um keine Land- oder Forstwirtschaft handeln (s. Rz. 173). § 2 Abs. 3 GewStG ist ggü. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG subsidiär (s. Rz. 15 und 45). 2. Rechtsformen iSd. Abs. 3 In den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 GewStG fallen die sonstigen juristischen Personen des pri- 164 vaten Rechts sowie nicht rechtsfähige Vereine. Sonstige juristische Personen des privaten Rechts sind rechtsfähige Stiftungen und rechtsfähige Vereine, mit Ausnahme der in § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG genannten Versicherungs- und Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit.5 Von § 2 Abs. 3 GewStG nicht erfasst sind öffentlich-rechtliche Körperschaften,6 nicht rechtsfähige Stiftungen und Zweckvermögen7 sowie die in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG fallenden Körperschaften.8

1 BT-Drucks. 17/10774, 21. 2 Teiche, DStR 2013, 2197, mit Verweis auf vorhandene Änderungslücken, wenn eine Änderung nach § 35b GewStG nicht greift. 3 BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916; Jatzke in Beermann/Gosch, § 73 AO Rz. 11 ff.; Rüsken in Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 73 Rz. 6; Mösbauer, FR 1989, 473; Gehm, DStR 2016, 37, spricht sich für eine verursacherbezogene Beschränkung der Haftung iRd. Ermessensausübung aus; zur Rechtsbehelfsbefugnis der OG gegen den Haftungsbescheid aufgrund der Haftung nach § 73 AO vgl. Müller/Stöcker/Lieber, Organschaft, 10. Aufl. 2017, 254. 4 BFH v. 31.5.2017 – I R 54/15, BStBl. II 2018,54 = FR 2018, 141 m. Anm. Marx. 5 Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 205; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 540; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4006. 6 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 540. 7 H 2.1 Abs. 5 „Gewerbesteuerpflicht nichtrechtsfähiger Stiftungen und nichtrechtsfähiger Zweckvermögen“ GewStH 2016; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 540. 8 R 2.1 Abs. 5 Satz 1 GewStR 2009.

Kontny/Franke

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§ 2 Rz. 165 Steuergegenstand Die Frage, ob eine juristische Person dem privaten Recht oder dem öffentlichen Recht angehört, entscheidet der Tatbestand ihrer Entstehung und nicht die Art der ihr übertragenen Aufgaben.1 165 Auch ausländ. Rechtsgebilde fallen unter § 2 Abs. 3 GewStG, wenn sie nach dem Rechtsformver-

gleich einem nicht rechtsfähigen Verein, einem rechtsfähigen Verein oder einer rechtsfähigen Stiftung entsprechen.2 Bei ausländ. Vereinen und Stiftungen ist für die Vergleichbarkeit mit einem inländ. rechtsfähigen Verein oder einer inländ. rechtsfähigen Stiftung die Rechtsfähigkeit im Inland zusätzliche Voraussetzung für die GewStPfl. gem. § 2 Abs. 3 GewStG; zur Beurteilung der Rechtsfähigkeit ist auf das Recht des Staats abzustellen, in dem der Verein oder die Stiftung seinen/ihren Verwaltungssitz hat.3 166 Rechtsfähige Stiftung. Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung sind gem. § 80 BGB ein Stif-

tungsgeschäft iSd. § 81 BGB bzw. § 83 BGB und die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes erforderlich, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll. Die Rechtsfähigkeit wird mit der Anerkennung durch die zuständige Behörde erlangt.4 167 Rechtsfähiger Verein. Bei rechtsfähigen Vereinen ist zwischen nicht wirtschaftlichen Vereinen iSd.

§ 21 BGB und wirtschaftlichen Vereinen iSd. § 22 BGB zu unterscheiden. Nicht wirtschaftliche Vereine werden gem. § 21 BGB mit der Eintragung im Vereinsregister rechtsfähig; bei wirtschaftlichen Vereinen ist gem. § 22 BGB auf die staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit durch das Bundesland abzustellen, in dessen Gebiet der Verein seinen Sitz hat. Sofern ein Verein nach Maßgabe der §§ 21, 22 BGB noch nicht rechtsfähig ist, ist zu prüfen, ob dieser als nicht rechtsfähiger Verein in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 GewStG fällt.5 168 Nicht rechtsfähige Vereine. Der nicht rechtsfähige Verein ist von Personengesellschaften und hier

insbes. von der GbR abzugrenzen.6 Die stl. Einordnung folgt dabei dem Zivilrecht.7 Entscheidend ist danach die körperschaftliche Struktur eines Vereins, der als selbstständige und ggü. seinen Mitgliedern gleichgeordnete Einrichtung erscheint und sich nach außen erkennbar als Träger eigenen Vermögens und Einkommens darstellt. Der Verein als organisatorische Einheit ist im Unterschied zur GbR von dem Bestand und der Einzelpersönlichkeit seiner Mitglieder unabhängig. Er handelt durch seine Organe, den Vorstand und die Mitgliederversammlung. Aufgrund der fehlenden Rechtsfähigkeit haften allerdings diejenigen, die im Namen eines nicht rechtsfähigen Vereins handeln, ggü. dem Dritten persönlich. Im Übrigen entspricht die Struktur des nicht eingetragenen Vereins derjenigen des eingetragenen Vereins.8 3. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb 169 Maßgebend ist der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs iSd. § 14 AO.9 Ein wirtschaftlicher

Geschäftsbetrieb ist danach eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (§ 14 Satz 1 AO). Im Gegensatz zum Begriff des Gewerbebetriebs gehören weder die Gewinnerzielungsabsicht noch die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zu den Voraussetzungen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.10 Außerdem reicht die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit iSd. § 18 EStG für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb aus.11 Der Gewerbebetrieb ist ein Unterbegriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.12 Auf die Kommentierungen zu § 14 AO wird verwiesen. 1 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4004. 2 BFH v. 6.11.1980 – IV R 182/77, BStBl. II 1981, 220 = FR 1981, 174; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 544. 3 BFH v. 6.11.1980 – IV R 182/77, BStBl. II 1981, 220 = FR 1981, 174. 4 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4020. 5 Vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4013. 6 Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 113; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4100. 7 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619. 8 Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 113; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4105 ff. 9 BFH v. 3.2.2016 – V B 122/15, BFH/NV 2016, 1062; H 2.1 Abs. 5 „Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs“ GewStH 2016. 10 R 2.1 Abs. 5 Satz 6 GewStR 2009. 11 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4200. 12 BFH v. 5.6.1985 – I S 2/85, I S 3/85, BFH/NV 1986, 433 mwN.

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Franke

G. Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (Abs. 3)

Rz. 175 § 2

Die FinVerw. geht bei Betätigungen, wie dem Betrieb einer Kantine, eines Kasinos, einer Druckerei, 170 eines Kreditinstituts, eines Versicherungsunternehmens, der Herausgabe einer Zeitschrift oder der Erhebung von Eintrittsgeld bei Veranstaltung einer Festlichkeit stets vom Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs aus.1 Dagegen geht die Betätigung von Unterstützungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren, nach der Verwaltungsauffassung im Regelfall nicht über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinaus.2 Nach der Rspr. des BFH und der Verwaltungsauffassung wird ein zuvor selbst geführter wirtschaftli- 171 cher Geschäftsbetrieb so lange in der Form des Verpachtungsbetriebs fortgeführt, bis der Verpächter die Betriebsaufgabe erklärt.3 Der bei der sachlichen GewStPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG geltende Grundsatz, wonach eine Betriebsverpachtung im Ganzen nicht der GewSt unterliegt (s. Rz. 21), solle daher iRd. § 2 Abs. 3 GewStG nicht gelten. UE ist das zweifelhaft, weil eine Betriebsverpachtung im Ganzen stl. der Vermögensverwaltung iSd. § 14 Satz 3 AO zuzurechnen ist,4 sodass die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs iSd. § 14 AO nicht erfüllt sind.5 Die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO, wonach wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steuerbe- 172 günstigter Körperschaften nicht zur GewSt heranzuziehen sind, wenn die Einnahmen einschließlich USt aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, insgesamt 35.000 Euro im Jahr nicht übersteigen, ist zu beachten.6 Auf die Kommentierungen zu § 64 AO wird verwiesen. 4. Keine Land- und Forstwirtschaft Aus der GewStPfl. gem. § 2 Abs. 3 GewStG ausgenommen ist die Land- und Forstwirtschaft (vgl. den 173 Klammerzusatz in § 2 Abs. 3 GewStG: „(ausgenommen Land- und Forstwirtschaft)“).7 Die Land- und Forstwirtschaft ist dabei nach einkommensteuerlichen Grundsätzen vom Gewerbe abzugrenzen.8

II. Rechtsfolge 1. Fiktion des Gewerbebetriebs § 2 Abs. 3 GewStG fingiert das Vorhandensein eines Gewerbebetriebs („Als Gewerbebetrieb gilt …“). 174 Im Unterschied zu § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG ist die sachliche GewStPfl. allerdings auf die unterhaltenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe beschränkt („… soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb [ausgenommen Land- und Forstwirtschaft] unterhalten“). Im Ergebnis unterliegt daher nur die gewerbliche sowie die iSd. § 18 EStG selbstständige Betätigung der in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 GewStG fallenden Unternehmen der GewSt; die Vermögenseinkünfte und Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft werden nicht erfasst.9 Noch nicht eröffnete bzw. bereits beendete wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterfallen nicht § 2 Abs. 3 GewStG, sodass Vorlauf- bzw. Abwicklungskosten eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gewstl. nicht dadurch nutzbar gemacht werden können, dass ein weiterer wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb betrieben wird (s. Rz. 77). Sofern von einem Unternehmen iSd. § 2 Abs. 3 GewStG mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe 175 unterhalten werden, gelten diese gem. § 8 GewStDV als ein einheitlicher Gewerbebetrieb.10 Das gilt uE auch für den Fall, dass ein Unternehmen iSd. § 2 Abs. 3 GewStG „teilweise“ nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG (Unterhalten eines oder mehrerer Gewerbebetriebe) und „teilweise“ nach § 2 Abs. 3 GewStG 1 R 2.1 Abs. 5 Satz 7 GewStR 2009. 2 R 2.1 Abs. 5 Satz 7 GewStR 2009. 3 BFH v. 4.4.2007 – I R 55/06, BStBl. II 2007, 725 = FR 2007, 925; H 2.1 Abs. 5 „Verpachtung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs“ GewStH 2016. 4 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4228. 5 Krit. auch Hüttemann, BB 2007, 2324. 6 BFH v. 4.4.2007 – I R 55/06, BStBl. II 2007, 725 = FR 2007, 925. 7 R 2.1 Abs. 5 Satz 4 f. GewStR 2009. 8 Vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4232 iVm. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 261 ff. 9 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4244 f. 10 R 2.4 Abs. 4 Satz 2 f. GewStR 2009.

Franke

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§ 2 Rz. 176 Steuergegenstand (Unterhalten eines oder mehrerer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe) gewstpfl. ist; die Gewerbebetriebe und wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe sind dann ebenfalls zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammenzufassen (s. Rz. 46). 2. Beginn und Beendigung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht 176 Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Die sachliche GewStPfl. beginnt mit Aufnahme des

wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs,1 also mit dem ersten tatsächlichen Tätigwerden.2 Vorbereitungshandlungen führen genauso wie bei der GewStPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG nicht zum Beginn der sachlichen GewStPfl. Daneben müssen die rechtsformabhängigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 GewStG erfüllt sein. Sofern zB eine Stiftung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb vor der Erlangung ihrer Rechtsfähigkeit eröffnet, beginnt die sachliche GewStPfl. erst im Zeitpunkt der Erlangung der Rechtsfähigkeit. 177 Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht. Die sachliche GewStPfl. endet spiegelbildlich im Zeit-

punkt der tatsächlichen Einstellung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.3 Die Abwicklung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs fällt nicht mehr in den Zeitraum der sachlichen GewStPfl.; § 4 GewStDV findet keine Anwendung. Zur Berücksichtigung von Vorlauf- bzw. Abwicklungskosten eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, wenn ein weiterer wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb betrieben wird, s. Rz. 77. 178 Der Wechsel zwischen der sachlichen StPfl. gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und § 2 Abs. 3 GewStG

– etwa weil bei einem von einem Unternehmen iSd. § 2 Abs. 3 GewStG unterhaltenen Gewerbebetrieb die Gewinnerzielungsabsicht wegfällt – führt uE nicht zu einer Beendigung und einem anschließenden Neubeginn der sachlichen GewStPfl. Die Identität des Gewerbebetriebs ist in diesem Fall gewahrt. Zu den Folgen der Zusammenfassung mehrerer Gewerbebetriebe bzw. wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb gem. § 8 GewStDV auf den Beginn bzw. das Ende der sachlichen GewStPfl. s. Rz. 77. Zu den Folgen des Wegfalls bzw. des Eintritts einer Gewerbesteuerbefreiung auf die sachliche GewStPfl. s. Rz. 51.

H. Vorübergehende Unterbrechung des Gewerbebetriebs (Abs. 4) I. Bedeutung und Telos 179 Vorübergehende Unterbrechungen im Betrieb eines Gewerbes, die durch die Art des Betriebs ver-

anlasst sind, heben gem. § 2 Abs. 4 GewStG die sachliche StPfl. für die Zeit bis zur Wiederaufnahme des Betriebs nicht auf. Die Regelung ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass die sachliche GewStPfl. eines Betriebs fortbesteht, solange der Betrieb nicht eingestellt ist (s. Rz. 122 zur Beendigung eines Betriebs).

II. Betrieb eines Gewerbes 180 § 2 Abs. 4 GewStG betrifft in sachlicher Hinsicht Gewerbebetriebe kraft gewerblicher Betätigung

(§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG), mithin insbes. Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die als Mitunternehmerschaften einen Gewerbebetrieb unterhalten, sowie wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gem. § 2 Abs. 3 GewStG.4

1 R 2.5 Abs. 3 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 242. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 585. 3 R 2.5 Abs. 3 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 257; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 585. 4 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4243.

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Franke/Heinemann

H. Vorübergehende Unterbrechung des Gewerbebetriebs (Abs. 4)

Rz. 187 § 2

Hingegen ist die sachliche StPfl. der in § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG genannten Gewerbebetriebe kraft 181 Rechtsform (zB AG und GmbH) nicht davon abhängig, dass die Merkmale eines gewerblich tätigen Betriebs erfüllt sind. § 2 Abs. 4 GewStG hat für Gewerbebetriebe kraft Rechtsform daher keine Bedeutung.1 Diese können nicht unterbrochen werden, da bei ihnen das Bestehen des Betriebs fingiert wird.

III. Vorübergehende Unterbrechung 1. Vorbemerkung Die Unterbrechung ist vorübergehend, wenn im Zeitpunkt der Einstellung der werbenden Tätigkeit 182 die Absicht erkennbar ist, dass die Betätigung wahrscheinlich innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleicher oder ähnlicher Weise wieder aufgenommen wird.2 Die vorübergehende Unterbrechung ist abzugrenzen von der tatsächlichen Einstellung des Betriebs 183 oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Im Gegensatz zur tatsächlichen Einstellung beendet eine vorübergehende Unterbrechung der betrieblichen Betätigung nicht die sachliche GewStPfl. Während der Unterbrechung besteht die GewStPfl. bis zur Wiederaufnahme unverändert fort. In der Ruhenszeit anfallende Aufwendungen und Erträge unterliegen daher der GewSt. Eine Betriebseinstellung liegt vor, wenn die werbende Tätigkeit „für alle Zeiten“ oder zumindest für eine gewisse Dauer nicht mehr ausgeübt wird.3 2. Absicht zur Wiederaufnahme des Betriebs Die Absicht zur Wiederaufnahme des Betriebs ist eine innere Tatsache, auf deren Vorliegen im Einzel- 184 fall anhand äußerlich erkennbarer Umstände zu schließen ist.4 Die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der Einstellung der werbenden Tätigkeit vorzunehmen.5 Bleibt ungewiss, ob der Betrieb wieder aufgenommen wird, liegt keine vorübergehende Unterbrechung, sondern eine Beendigung der StPfl. vor.6 Eine Betriebsverpachtung führt zur Beendigung der GewStPfl. und begründet keine Betriebsunter- 185 brechung, da es an einer werbenden Tätigkeit des Verpächters fehlt.7 Der lebende Gewerbebetrieb geht in einem solchen Fall auf den Pächter über. Für die gewstl. Beurteilung ist unerheblich, ob die Betriebsverpachtung einkommensteuerlich als Betriebsunterbrechung (im weiteren Sinn) anzusehen ist, weil der verpachtete Betrieb eines Tages möglicherweise wieder selbst bewirtschaftet wird. Das Verpachtungsunternehmen unterliegt somit nicht der GewSt. 3. Wiederaufnahme in gleicher oder ähnlicher Weise Die Wiederaufnahme des ruhenden Betriebs in gleicher oder ähnlicher Weise setzt voraus, dass der 186 Betrieb vorher und nachher nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch ist.8 Bleiben die wesentlichen Betriebsgrundlagen ohne Umgestaltung und jederzeit gebrauchstauglich 187 erhalten, spricht dies regelmäßig für die Absicht der Wiederaufnahme des Betriebs in gleicher oder ähnlicher Weise. Wirtschaftliche Identität liegt auch vor, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen zwar zerstört wurden, aber funktionsgleiche Wirtschaftsgüter neu beschafft oder hergestellt werden, um den Betrieb im Anschluss wieder aufzunehmen (zB abgebranntes Kinogebäude).9 1 2 3 4 5 6 7

BFH v. 8.10.1986 – I R 155/84, BFH/NV 1987, 564. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5003. R 2.6 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. BFH v. 17.10.1991 – IV R 97/89, BStBl. II 1992, 392 = FR 1992, 160. BFH v. 17.10.1991 – IV R 97/89, BStBl. II 1992, 392 = FR 1992, 160. BFH v. 10.7.1962 – I 110/61 U, BStBl. III 1962, 394; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5000. R 2.2 GewStR 2009; BFH v. 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. III 1964, 124; v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735 = FR 1998, 1004. 8 Vgl. BFH v. 9.11.2017 – IV R 37/14, BStBl. II 2018, 227; v. 24.6.1976 – IV R 200/72, BStBl. II 1976, 672. 9 BFH v. 17.10.1991 – IV R 97/89, BStBl. II 1992, 392 = FR 1992, 160.

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§ 2 Rz. 188 Steuergegenstand 188 Bei einem Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen gehören zu den wesentlichen Grundlagen des Be-

triebs neben dem Warenbestand und dem Inventar des Geschäfts der örtliche Wirkungskreis und der damit einhergehende Kundenkreis. Daher geht bei einer Betriebsverlegung eines solchen Unternehmens an einen 10 km entfernten Ort die betriebliche Identität verloren, wenn von dem neuen Betriebsort aus nicht mehr dieselbe Kundschaft wie bisher erreicht wird.1 Geht bei der Verlegung eines Betriebs innerhalb einer Gemeinde eine Veränderung des namensmäßig abgegrenzten Kundenkreises einher, muss dies nicht zur Betriebsbeendigung führen, wenn sich im Einzelfall aufgrund der Umsatzzahlen keine Anhaltspunkte dafür bieten, dass der neu eröffnete Betrieb Schwierigkeiten hat, die für einen neu eröffneten Betrieb typisch sind.2 189 Wirtschaftliche Identität liegt nicht vor, wenn eine Personengesellschaft ihren Einzelhandelsbetrieb

einstellt und die Gesellschafter nach Gründung einer weiteren Personengesellschaft an einem anderen Ort einen Betrieb mit demselben Unternehmensgegenstand, aber mit anderem Personal und anderer Geschäftsausstattung eröffnen.3 4. Zeitraum der Betriebsunterbrechung 190 Eine Betriebsunterbrechung setzt begrifflich voraus, dass der Zustand des Ruhens zeitlich begrenzt

ist. Eine absolute zeitliche Grenze bis zu Wiederaufnahme des Betriebs sieht das Gesetz nicht vor. Es kommt auf die Verhältnisse des Einzelfalls an.4 Saisonbetriebe (Bauhandwerk, Bauindustrie, Kurortbetriebe, Zuckerfabriken oÄ) sind während ihrer „toten Zeit“ vorübergehend unterbrochen.5 Eine Betriebsunterbrechung aufgrund einer Betriebsverlegung ist vorübergehender Natur, wenn der Betrieb nur für die Dauer des Umzugs unterbrochen ist.6 Eine rund 15-monatige Veränderung der Vermietungsbedingungen mit anschließender Rückkehr zu den bisherigen Bedingungen für eine zunächst gewerblich vermietete Ferienwohnung kann eine vorübergehende Betriebsunterbrechung begründen.7 Wird die gewerbliche Tätigkeit mehr als sechs Jahre nicht ausgeübt, ist die Unterbrechung nicht mehr vorübergehend.8

IV. Unterbrechung aufgrund der Eigenart des Betriebs 191 Gemäß § 2 Abs. 4 GewStG hebt eine vorübergehende Betriebsunterbrechung, die in der Art des Be-

triebs begründet ist, die sachliche StPfl. nicht auf. Diese Voraussetzungen erfüllen insbes. Saisonbetriebe (Bauhandwerk, Bauindustrie, Kurortbetriebe, Zuckerfabriken oÄ) während ihrer „toten Zeit“.9 Die Rspr. legt die Norm weit aus. So soll ebenfalls ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 4 GewStG vorliegen, wenn nicht beeinflussbare Ereignisse einen vorübergehenden Stillstand des Betriebs erfordern,10 etwa infolge einer Naturkatastrophe oder einer zeitweiligen behördlichen Betriebsuntersagung.11 Ferner soll die Vorschrift auch für von vornherein als vorübergehend gedachte Unterbrechungen – zB wegen Renovierung der Betriebsräume oder wegen der Einlegung von Betriebsferien – gelten.12 Entscheidend sei, dass im Zeitpunkt der Einstellung der werbenden Tätigkeit anhand objektiver Umstände erkennbar sei, dass diese Tätigkeit wieder aufgenommen werde.13 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

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BFH v. 24.6.1976 – IV R 200/72, BStBl. II 1976, 672. BFH v. 3.10.1984 – I R 116/81, BStBl. II 1985, 131 = FR 1985, 160. BFH v. 7.11.2006 – VIII R 30/05, BStBl. II 2007, 723 = FR 2007, 708 m. Anm. Wendt. BFH v. 9.11.2017 – IV R 37/14, BStBl. II 2018, 227. R 2.6 Abs. 1 Satz 4 GewStR. BFH v. 3.10.1984 – I R 116/81, BStBl. II 1985, 131 = FR 1985, 160. BFH v. 19.1.1990 – III R 31/87, BStBl. II 1990, 383 = FR 1990, 315. BFH v. 10.7.1962 – I 110/61 U, BStBl. III 1962, 394. R 2.6 Abs. 1 Satz 4 GewStR; BFH v. 27.7.1961 – IV 234/60 U, BStBl. III 1961, 470; v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. BFH v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735; Wendt, FR 1998, 264. Wendt, FR 1998, 264. BFH v. 27.7.1961 – IV R 234/60 U, BStBl. III 1961, 470; v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. So auch Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5002 ff.; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 264; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 577.

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I. Übergang des Gewerbebetriebs im Ganzen (Abs. 5)

Rz. 197 § 2

Die weite Auslegung der Rspr. ist iErg. sachgerecht. Insbesondere trägt sie dem Grundsatz Rechnung, dass die sachliche GewStPfl. eines Betriebs fortbesteht, solange der Betrieb nicht eingestellt ist (s. Rz. 122 zur Beendigung eines Betriebs). Vor diesem Hintergrund normiert § 2 Abs. 4 GewStG letztlich bestimmte Anwendungsfälle einer vorübergehenden Betriebsunterbrechung, regelt die Voraussetzungen einer vorübergehenden Betriebsunterbrechung indes nicht abschließend.1 An einer Unterbrechung aufgrund der Eigenart des Betriebs fehlt es, wenn zeitweise die Vorausset- 192 zungen der gewerblichen „Abfärberegelung“ des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht erfüllt werden und mit dem Verlust der Abfärbung nicht eine vorübergehende Einstellung einer gewerblichen Tätigkeit einhergeht. In einem solchen Fall entfällt lediglich die in § 15 Abs. 3 EStG angeordnete Fiktion der Gewerblichkeit der Einkünfte.2 Eine Betriebsunterbrechung aufgrund der Eigenart des Betriebs kann indes vorliegen, wenn der genuin gewerbliche Tätigkeitsbereich betriebsbedingt zeitweise eingestellt und anschließend wieder aufgenommen wird.

V. Rechtsfolge: Keine Aufhebung der Steuerpflicht Liegt eine vorübergehende Betriebsunterbrechung vor, wird die sachliche StPfl. bis zur Wiederauf- 193 nahme des Betriebs nicht aufgehoben. Sämtliche Erträge und Aufwendungen während der Betriebsunterbrechung unterfallen daher der GewSt.

I. Übergang des Gewerbebetriebs im Ganzen (Abs. 5) I. Bedeutung und Telos Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG gilt ein Gewerbebetrieb als eingestellt, wenn er im Ganzen auf einen 194 anderen Unternehmer übergeht. Wird der Gewerbebetrieb nicht mit einem bestehenden Gewerbebetrieb des Übernehmers vereinigt, gilt er als neu gegründet. Gemäß § 2 Abs. 1 GewStG bildet der jeweilige Gewerbebetrieb den Gegenstand der Besteuerung. Der 195 Bestand eines Gewerbebetriebs hängt in tatsächlicher Hinsicht nicht davon ab, welcher Inhaber das Unternehmen betreibt. Da somit auch unerheblich ist, ob der Unternehmer wechselt, dürfte der Wechsel des Unternehmers an sich nicht zu einer Änderung der sachlichen StPfl. führen. § 2 Abs. 5 GewStG fingiert indes für den Fall eines Unternehmerwechsels den Unternehmenswechsel. Infolge dessen ist die sachliche StPfl. des Gewerbebetriebs sowohl von der Identität des Unternehmens als auch seiner Unternehmer abhängig. Der Gesetzgeber verfolgt mit § 2 Abs. 5 GewStG letztlich einen Vereinfachungszweck. Die Vorschrift soll die mitunter schwierige Feststellung entbehrlich machen, ob bei einem Unternehmerwechsel der Betrieb im Wesentlichen fortgeführt wird.3 Die Regelung modifiziert die grds. objektbezogene Ausgestaltung der GewSt. Die GewSt lässt sich 196 aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 5 GewStG als personenbezogene Objektsteuer charakterisieren.

II. Betriebseinstellung infolge eines Betriebsübergangs im Ganzen (Abs. 5 Satz 1) 1. Betriebsübergang im Ganzen Der Gesetzeswortlaut enthält keine Vorgaben für die zivilrechtliche Ausgestaltung der Betriebsüber- 197 tragung.4 Sowohl Einzel- als auch Gesamtrechtsnachfolge können daher einen Betriebsübergang begründen. Insbesondere Umwandlungstatbestände und die Anwachsung nach § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB werden somit von § 2 Abs. 5 GewStG erfasst.5 1 2 3 4 5

So auch Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5002. BFH v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735 = FR 1998, 1004. BFH v. 18.5.1972 – I R 153/70, BStBl. II 1972, 775. H 2.7 GewStH 2009. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5600, 5610, 5612.

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§ 2 Rz. 198 Steuergegenstand 198 Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es auch nicht darauf an, ob der Übergang entgeltlich oder

unentgeltlich erfolgt.1 Mithin erfasst § 2 Abs. 5 GewStG auch unentgeltliche Betriebsübertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG durch Schenkung oder Erbfolge.2 199 Eine Betriebsverpachtung führt im Regelfall zu einem Übergang des lebenden Betriebs auf einen an-

deren Unternehmer.3 Die Verpachtung eines Betriebs ist grds. nicht als Gewerbebetrieb anzusehen und unterliegt nicht der GewSt.4 Insbesondere führt die Ausübung des Verpächterwahlrechts nicht zum Fortbestand des Gewerbebetriebs. Es hat nur für Zwecke der ESt Auswirkung auf die Qualifikation der Einkünfte als gewerbliche Einkünfte.5 Auch § 16 Abs. 3b EStG gilt daher nicht für die GewSt (s. § 2 GewStG Rz. 21).6 Es liegt kein Fall der Betriebsunterbrechung nach § 2 Abs. 4 GewStG vor, da der lebende Betrieb nicht unterbrochen, sondern auf den Pächter verlagert wird.7 Gleiches gilt für eine unentgeltliche Betriebsüberlassung.8 200 Der Betrieb muss nach dem Gesetzeswortlaut im Ganzen übergehen. Das Gesetz lässt offen, unter

welchen Voraussetzungen eine Übertragung im Ganzen vorliegt. Dem Vereinfachungszweck des § 2 Abs. 5 dürfte es entsprechen, für die Bestimmung des Betriebsübergangs im Ganzen auf den Übergang der funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen abzustellen.9 Denn die Vorschrift soll die Prüfung entbehrlich machen, ob der Betrieb im Wesentlichen fortgeführt wird. 201 Eine Teilbetriebsübertragung erfüllt nicht den Tatbestand des § 2 Abs. 5 GewStG. Der bisherige Un-

ternehmer stellt hierdurch seinen Gewerbebetrieb nicht ein.10 Die Teilbetriebsübertragung hat daher für die Veranlagung des übertragenden Unternehmers zur Folge, dass der Festsetzung des Steuermessbetrags der Gewerbeertrag des verkleinerten Unternehmens zugrunde gelegt wird.11 Der übertragende Unternehmer kann zudem die Anpassung der GewSt-Vorauszahlung beantragen.12 Auf Ebene des neuen Unternehmers sind im Falle einer Betriebsvereinigung ebenfalls die Vorauszahlungen anzupassen oder erstmalig festzusetzen, sofern der Teilbetrieb als eigenständiger, mithin neu gegründeter Betrieb fortgeführt wird.13 202 Der Übergangszeitpunkt bestimmt sich grds. nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums.

In Umwandlungsfällen ist die Rückwirkungsfiktion des § 2 UmwStG für Gewerbesteuerzwecke zu beachten (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). 2. Übergang auf einen anderen Unternehmer a) Übergang auf einen Einzelunternehmer 203 Die Übertragung des ganzen Betriebs an einen anderen Einzelunternehmer stellt einen Betriebsüber-

gang iSd. § 2 Abs. 5 GewStG dar. 204 Gehört ein Gewerbebetrieb zum Gesamtgut einer ehelichen Gütergemeinschaft, liegt kein Betriebs-

übergang vor, wenn die Eheleute den bisherigen Güterstand aufheben und Gütertrennung vereinbaren und einer der Ehegatten den Betrieb allein weiter betreibt. Denn solange einer der bisherigen 1 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5600. 2 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5610. 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 591; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5606; aA Drüen in Blümich § 2 GewStG Rz. 278. 4 R 2.2 Satz 1 GewStR 2009; zu den Ausnahmen s. H 2.2 „Verpachtung eines Betriebs im Ganzen oder eines Teilbetriebs als Gewerbebetrieb“ GewStH 2009. 5 R 2.2 Satz 2 GewStR 2009. 6 Vgl. auch BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 37 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. 7 BFH v. 18.5.1972 – I R 153/70, BStBl. II 1972, 775. 8 BFH v. 7.8.1979 – VIII R 153/77, BStBl. II 1980, 181 = FR 1980, 147. 9 So auch Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 277; ähnlich auch Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5602 und 5611, der wohl zusätzlich die quantitativ wesentlichen Betriebsgrundlagen berücksichtigt; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 591, der den Übergang der identischen Tätigkeit ggü. dem identischen Kundenkreis fordert. 10 R 2.7 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 591. 11 R 2.7 Abs. 3 Satz 3 GewStR 2009. 12 R 2.7 Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009. 13 R 2.7 Abs. 3 Satz 4 GewStR 2009.

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I. Übergang des Gewerbebetriebs im Ganzen (Abs. 5)

Rz. 211 § 2

Unternehmer den Betrieb unverändert fortführt, geht dieser nicht im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über.1 Zur Betriebsübertragung zwischen Einzelunternehmern und KapGes. oder als Mitunternehmerschaften betriebenen Personengesellschaften s. die nachfolgenden Ausführungen. b) Betriebsübertragung unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften Da KapGes. selbst Unternehmer sind, kann die Übertragung des Betriebs auf eine andere KapGes. 205 die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG erfüllen. Erfolgt die Übertragung durch Verschmelzung (§§ 11 ff. UmwStG), liegen die Voraussetzungen des 206 § 2 Abs. 5 GewStG vor, da ein ganzer Betrieb auf einen anderen Unternehmer übergeht. Allerdings enthält § 19 UmwStG Spezialregelungen, die § 2 Abs. 5 GewStG in seinen Wirkungen verdrängen. Die Einbringung eines Betriebs in eine KapGes. erfüllt die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG, 207 da der eingebrachte Betrieb auf die aufnehmende KapGes. und damit einen anderen Unternehmer übergeht. Allerdings enthalten die §§ 20 bis 23 UmwStG Spezialregelungen, die § 2 Abs. 5 GewStG verdrängen.2 Der Formwechsel von einer Körperschaft in eine Körperschaft anderer Rechtsform führt nur zu ei- 208 nem Wechsel des Rechtskleids, nicht zu einem Unternehmerwechsel. § 2 Abs. 5 GewStG ist daher nicht anwendbar.3 Kein Unternehmerwechsel liegt beim Wechsel der Gesellschafter einer KapGes. vor, da nicht deren 209 Gesellschafter, sondern die Gesellschaft selbst Unternehmer ist. Zur Betriebsübertragung unter Beteiligung einer KapGes. und einer als Mitunternehmerschaft betriebenen Personengesellschaft s. nachfolgend Rz. 210 ff. c) Betriebsübertragung unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften Besonderheiten ergeben sich bei der Betriebsübertragung unter Beteiligung von Personengesellschaf- 210 ten, deren Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind. Da die Mitunternehmer der Personengesellschaft Unternehmer des Betriebs der Personengesellschaft sind (arg.e. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG), setzt eine Betriebsübertragung im Ganzen insoweit voraus, dass ein vollständiger Wechsel der Gesellschafter stattfindet, die bisher Mitunternehmer waren.4 Wird der Gewerbebetrieb somit von mindestens einem der bisherigen Mitunternehmer fortgeführt, liegt kein Betriebsübergang im Ganzen vor. Ein Unternehmerwechsel liegt daher insbes. in folgenden Fällen vor: 211 – Veräußern alle bisherigen Mitunternehmer zeitgleich ihre Mitunternehmeranteile oder geben sie diese zeitgleich auf, findet ein vollständiger Unternehmerwechsel statt. – Bei Umwandlung einer Personenhandelsgesellschaft in eine KapGes. durch Verschmelzung kommt es zu einem vollständigen Unternehmerwechsel, wenn sämtliche Mitunternehmer ihre Position als Unternehmer des Betriebs der Personengesellschaft verlieren. Insoweit ist zu beachten, dass bei der Umwandlung auf eine KapGes. Unternehmer des Betriebs die KapGes. wird, wodurch grds. ein Unternehmerwechsel gem. § 2 Abs. 5 GewStG eintreten kann.5 Erfolgt die Verschmelzung auf eine KapGes. gegen Gewährung von Anteilen, wird § 2 Abs. 5 GewStG jedoch durch die spezielleren §§ 20 bis 23 UmwStG verdrängt. Ein Unternehmerwechsel liegt nicht vor, soweit eine Personengesellschaft aufwärts auf eine Mutterkapitalgesellschaft verschmolzen wird, da insoweit kein 1 2 3 4

BFH v. 18.5.1972 – I R 153/70, BStBl. II 1972, 775. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5618. R 10a.3 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5613. St. Rspr.: BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann; R 2.7 Abs. 2 GewStR 2009; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5514 f.; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 67a; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 595. 5 Nach Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 282, erfüllt der Formwechsel nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG, da es aus zivilrechtlicher Sicht an einem Vermögensübergang fehlt.

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§ 2 Rz. 212 Steuergegenstand Unternehmerwechsel stattfindet. Für den Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine KapGes. (§ 25 UmwStG), der an sich die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG erfüllt, enthalten die §§ 20 bis 23 UmwStG ggü. § 2 Abs. 5 GewStG vorrangige Spezialregelungen. – Bei Umwandlung einer KapGes. in eine Personenhandelsgesellschaft durch Verschmelzung (§§ 3 ff. UmwStG) oder Formwechsel (§ 9 UmwStG), da nach der Umwandlung nicht mehr die KapGes., sondern die Mitunternehmer der aufnehmenden Personengesellschaft Unternehmer des Betriebs sind. Allerdings wird § 2 Abs. 5 GewStG in seinen Wirkungen durch den spezielleren § 18 UmwStG verdrängt.1 – Die Einbringung des Betriebs einer Personengesellschaft in eine KapGes. führt zu einem Unternehmerwechsel gem. § 2 Abs. 5 GewStG, der allerdings durch §§ 20 bis 23 UmwStG verdrängt wird. 212 Kein Unternehmerwechsel liegt bspw. in folgenden Fällen vor:

– Ein Wechsel im Gesellschafterbestand durch Ausscheiden2 oder Übertragung eines Mitunternehmeranteils führt nicht zu einem Unternehmerwechsel gem. § 2 Abs. 5 GewStG, sofern mindestens ein Altgesellschafter in der Personengesellschaft verbleibt (sog. partieller Unternehmerwechsel). Auch wenn durch mehrfachen Gesellschafterwechsel der ursprüngliche Gesellschafterbestand im Zeitverlauf vollständig ausgetauscht wird, kommt es somit nicht zu einem Unternehmerwechsel. Ein vollständiger Wechsel der Mitunternehmer liegt bei einer GmbH & Co. KG auch dann nicht vor, wenn zu einem Zeitpunkt sämtliche Kommanditisten und sämtliche Gesellschafter der am KG-Vermögen nicht beteiligten Komplementär-GmbH wechseln.3 – Kein vollständiger Unternehmerwechsel erfolgt bei der Übertragung des Betriebs einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft, an der mindestens ein Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft beteiligt ist. Es liegt ebenfalls nur ein partieller Unternehmerwechsel vor, der die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG nicht erfüllt. – (Entgeltliche) Übertragung eines Einzelunternehmens auf eine Personengesellschaft, an der der Einzelunternehmer beteiligt ist, da keine Übertragung an einen anderen Unternehmer, sondern eine Veräußerung an sich selbst vorliegt (§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG). Dass weitere Mitunternehmer vorhanden sind, ändert hieran nichts. Insoweit liegt ein partieller Unternehmerwechsel vor.4 Entsprechendes gilt für die Übertragung des Betriebs einer KapGes. auf eine ihr nachgeordnete Personengesellschaft. – Einbringung eines Einzelunternehmens gem. § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft. Dass weitere Mitunternehmer vorhanden sind, ändert hieran nichts. Insoweit liegt ein partieller Unternehmerwechsel vor.5 Entsprechendes gilt für die Einbringung des Betriebs einer KapGes. nach § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft. – Anwachsung einer Personengesellschaft auf ihren letzten verbliebenen Gesellschafter und (Mit-) Unternehmer, da einer der ursprünglichen Unternehmer des Betriebs der Personengesellschaft Unternehmer bleibt. Auch die Anwachsung auf eine KapGes. führt nicht zu einem Unternehmerwechsel, und zwar auch dann nicht, wenn die Anwachsung auf die am Vermögen nicht beteiligte Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG erfolgt.6 1 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5616. 2 Auch der Tod eines Mitunternehmers führt zu einem partiellen Unternehmerwechsel, BFH v. 7.12.1993 – VIII R 160/86, BStBl. II 1994, 331 = FR 1994, 266. 3 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 21.2.1996 – I B 135/94, BFH/NV 1996, 576; FG BW v. 18.5.2017 – 1 K 3691/15, EFG 2017, 1183 – Rev. IV R 8/17. 4 Soweit das Urt. des BFH v. 24.10.1972 – VIII R 32/67, BStBl. II 1973, 233, dem entgegensteht, wendet die FinVerw. dieses über den entschiedenen Einzelfall hinaus zutreffend nicht an (H 2.7 „Partieller Unternehmerwechsel bei Personengesellschaften“ GewStH 2009), da es nicht zu einem Unternehmerwechsel kommt; so auch Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5510. 5 Soweit das Urt. des BFH v. 24.10.1972 – VIII R 32/67, BStBl. II 1973, 233, dem entgegensteht, wendet die FinVerw. dieses über den entschiedenen Einzelfall hinaus zutreffend nicht an (H 2.7 „Partieller Unternehmerwechsel bei Personengesellschaften“ GewStH 2009), da es nicht zu einem Unternehmerwechsel kommt; so auch Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5510. 6 So auch zum Wechsel sämtlicher Kommanditisten einschließlich sämtlicher Gesellschafter der nicht am Vermögen der KG beteiligten Komplementär-GmbH: BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 21.2.1996 – I B 135/94, BFH/NV 1996, 576.

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I. Übergang des Gewerbebetriebs im Ganzen (Abs. 5)

Rz. 217 § 2

– Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Personengesellschaft anderer Rechtsform, da nicht sämtliche Unternehmer in einem Zeitpunkt ausgetauscht werden. – Bei der Verschmelzung von Personengesellschaften kommt § 2 Abs. 5 zur Anwendung, wenn ein vollständiger Unternehmerwechsel eintritt. Führt mindestens ein an der übertragenden Gesellschaft beteiligter Unternehmer den Betrieb fort, liegt lediglich ein partieller Unternehmerwechsel vor. Wegen der Besonderheiten bei doppelstöckigen Personengesellschaften s. die nachfolgenden Ausführungen. Doppelstöckige Personengesellschaft. Nach der Rspr. des BFH liegt kein Unternehmerwechsel vor, 213 wenn eine Oberpersonengesellschaft ihren Betrieb in eine Unternehmerpersonengesellschaft einbringt.1 Letztlich hält der BFH es für ausreichend, dass der Mitunternehmer der Oberpersonengesellschaft infolge der Einbringung mittelbar Unternehmer der Unterpersonengesellschaft bleibt. Der BFH stützt seine Auffassung im Wesentlichen auf die Vergleichbarkeit der Einbringung von der Ober- in die Unterpersonengesellschaft mit der Einbringung des Betriebs eines Einzelunternehmers in eine Personengesellschaft, die ebenfalls nicht zu einem Unternehmerwechsel führt. Die Entscheidung sollte vor diesem Hintergrund nicht dahingehend zu verstehen sein, dass der BFH in mehrstöckigen Personengesellschaftsstrukturen generell eine Unternehmeridentität bei mittelbarer Mitunternehmerstellung anerkennt. Dafür spricht jedenfalls, dass der BFH im Fall der Verschmelzung einer Mutter- auf ihre Tochterpersonengesellschaft es für die Unternehmeridentität bzgl. der Tochtergesellschaft nicht als ausreichend erachtet, dass der Mitunternehmer der Muttergesellschaft vor der Verschmelzung mittelbar an der Tochtergesellschaft beteiligt war.2 Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für Mitunternehmerschaften in Form einer Innengesell- 214 schaft (atypisch stille Gesellschaft), sofern diese aus zivilrechtlicher Sicht an den genannten Umstrukturierungsmaßnahmen teilnehmen können.3 3. Betriebseinstellung Liegen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG vor, gilt der Gewerbebetrieb als durch den 215 bisherigen Betriebsinhaber eingestellt. Das Gesetz fingiert damit die Betriebseinstellung. Aus Satz 2 ergibt sich zudem, dass der Betrieb durch den neuen Unternehmer als neu gegründet gilt, sofern nicht eine Betriebsvereinigung stattfindet. Der Zeitpunkt des Betriebsübergangs wird als Zeitpunkt der Einstellung und als Zeitpunkt der 216 Neugründung angesehen (zur Bestimmung dieses Zeitpunkts s. Rz. 202).4 In diesem Zeitpunkt erlischt die sachliche StPfl.5

III. Betriebsneugründung infolge einer Betriebsübertragung im Ganzen (Abs. 5 Satz 2) 1. Keine Betriebsvereinigung Nur wenn der nach § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG übergegangene Betrieb bei dem Betriebsübernehmer 217 nicht mit einem bereits bestehenden Betrieb vereinigt wird, gilt er gem. § 2 Abs. 5 Satz 2 GewStG als durch den Übernehmer neu gegründet. Das setzt voraus, dass der Übernehmer keinen weiteren Betrieb unterhält oder keine Vereinigung mit einem bestehenden Betrieb stattfindet. Zu den Voraussetzungen der Zusammenfassung verschiedener gewerblicher Betätigungen zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb einer natürlichen Person s. Rz. 22 ff.

1 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 2 BFH v. 12.5.2016 – IV R 29/13, BFH/NV 2016, 1489. 3 Zur objektiven GewStPfl. der atypisch stillen Gesellschaft s. BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244. 4 R 2.7 Abs. 1 Satz 3 GewStR 2009. 5 R 2.7 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009.

Heinemann

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§ 2 Rz. 218 Steuergegenstand 218 Die Tätigkeit von Personengesellschaften ist auch bei verschiedenen Tätigkeiten stets als einheitlicher

Gewerbebetreib zu beurteilen.1 Die Tätigkeit von Gewerbebetrieben kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 GewStG) gilt stets und in vollem Umfang als einheitlicher Geschäftsbetrieb.2 Zur Differenzierung bei einer atypisch stillen Gesellschaft s. R 2.4 Abs. 5 GewStR 2009. 2. Betriebsneugründung 219 Liegt eine Betriebsübertragung gem. § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG vor und findet bei dem neuen Unter-

nehmer keine Betriebsvereinigung statt, ergibt sich aus § 2 Abs. 5 Satz 2 GewStG, dass der Betrieb durch den neuen Unternehmer als neu gegründet gilt. Das Gesetz fingiert somit in Ergänzung zu der in § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG vorgesehenen Betriebseinstellung die Betriebsneugründung. 220 Erfolgt die Betriebsübertragung innerhalb des Besteuerungszeitraums, entstehen somit zwei selbst-

ständige Gewerbebetriebe, die jeweils für sich der Besteuerung unterliegen. Für jeden der Gewerbebetriebe sind die Vorschriften des GewStG selbstständig anzuwenden.3 Da unterschiedliche Besteuerungsgegenstände vorliegen, ist der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) und der Gewerbesteuermessbetrag (§ 11 GewStG) für jeden der Gewerbebetriebe gesondert zu ermitteln. Zudem sind insbes. Freibeträge (zB nach § 8 Nr. 1 GewStG oder § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG) für jeden der Betriebe jeweils in voller Höhe zu berücksichtigen. Auswirkungen ergeben sich auf die Nutzung von Fehlbeträgen nach Maßgabe des § 10a GewStG, da der neue Unternehmer den Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen darf, die sich bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des übertragenen Betriebs ergeben haben. 221 Zudem ist der Steuerschuldner (§ 5 Abs. 1 GewStG) für jeden der Betriebe gesondert zu ermitteln.

Mit dem Unternehmerwechsel geht im Regelfall auch ein Wechsel der Steuerschuldnerschaft einher (s. § 5 GewStG Rz. 54). Zu den Besonderheiten des Wechsels der persönlichen Steuerschuldnerschaft iZm. der Besteuerung von Personengesellschaften s. § 5 GewStG Rz. 55 ff.

J. Inbound-Konstellationen ohne DBA (Abs. 6) I. Bedeutung und Telos 222 Abs. 6 normiert eine Ausnahme vom Territorialitätsprinzip (vgl. Rz. 86) für bestimmte Inbound-

Konstellationen, die von der sachlichen GewStPfl. ausgenommen werden. Damit flankiert die Regelung (derzeit) die Steuerbefreiung des § 49 Abs. 4 EStG, die selbst nicht auf die GewSt „durchschlägt“. Gesetzgeberische Intention der unilateralen Freistellungsregelungen ist es, den Abschluss besonderer DBA für die Schiff- und Luftfahrt entbehrlich zu machen.4

II. Tatbestand 223 Dem Anwendungsbereich des Abs. 6 unterfallen nur Unternehmen, die über eine inländ. Betriebs-

stätte verfügen (vgl. Rz. 88 ff.). Dies ist insofern bedeutsam, als die betroffenen Unternehmen der Schifffahrts- und Luftverkehrsindustrie oftmals keine Betriebsstätte im Inland unterhalten. Insbesondere ein fahrendes Schiff qualifiziert – abgesehen von dem Ausnahmefall einer auf einem in einem inländ. Schiffsregister eingetragenen Kauffahrteischiff unterhaltenen Betriebsstätte (vgl. Rz. 104 ff.) – nicht als Betriebsstätte iSd. Betriebsstättendefinition des § 12 Satz 1 AO. es stellt weder eine feste Geschäftseinrichtung noch eine Anlage dar, da diesbezüglich eine feste Beziehung zur Erdoberfläche gefordert wird (zur Anwendung des § 12 AO s. Rz. 88; vgl. auch § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 19).5 1 2 3 4 5

R 2.4 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009. R 2.4 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009. Vgl. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. Lieber in H/H/R, § 49 EStG Rz. 1400; Wied in Blümich, § 49 EStG Rz. 238. BFH v. 3.2.1974 – I R 219/71, BStBl. II 1974, 361; v. 13.2.1974 – I R 218/71, BFHE 111, 416; v. 22.12.2015 – I R 40/15, BStBl. II 2016, 537 Rz. 16 = ISR 2016, 237 m. Anm. Kahlenberg = FR 2016, 724 m. Anm. Nöcker; FG Hbg. v. 27.5.2009 – 6 K 102/08, rkr., EFG 2009, 1665; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076

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Heinemann/Herbst

J. Inbound-Konstellationen ohne DBA (Abs. 6)

Rz. 227 § 2

Der Ort der Geschäftsleitung bestimmt sich für Zwecke des Abs. 6 nach der Legaldefinition in § 10 224 AO, dh., entscheidend ist der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung.1 Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls ist dementsprechend zu ermitteln, wo der für die Geschäftsführung maßgebende Wille gebildet wird, also die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftliche Handlungen getätigt werden, die der gewöhnliche Betrieb des Unternehmens mit sich bringt (Tagesgeschäfte).2 Insbesondere bei einem Schifffahrtsunternehmen kann sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung in den Geschäftsräumen eines ausländ. Geschäftsführers befinden, wenn von dort aus die laufenden Geschäfte maßgeblich beeinflusst werden.3 Für KSt-Subjekte vollzieht sich diese Prüfung regelmäßig bereits iRd. Abgrenzung von beschränkter und unbeschränkter KStPfl. Abs. 6 erfasst lediglich Inbound-Konstellationen, in denen kein DBA zwischen Deutschland und 225 dem Staat besteht, in dem das Unternehmen seinen Ort der Geschäftsleitung hat. Besteht ein DBA4 bzw. ein besonderes Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung aus dem Betrieb von Schiffen und/oder Luftfahrzeugen,5 wird regelmäßig über eine spezielle, dem Art. 8 OECD-MA entsprechende Regelung das Besteuerungsrecht – auch für Zwecke der GewSt – dem ausländ. Ansässigkeitsstaat zugewiesen.6 Der Wortlaut des Abs. 6 Nr. 1 verweist dynamisch auf die im EStG iRd. beschränkten StPfl. vorgese- 226 henen Steuerbefreiungen, dh. (derzeit lediglich) auf die Steuerbefreiung des § 49 Abs. 4 EStG. Mithin sind nicht umfasst persönliche bzw. sachliche Steuerbefreiungen (zB § 3 EStG) bzw. Steuerbefreiungen nach dem KStG (zB § 5 KStG).7 § 49 Abs. 4 EStG erstreckt sich auf den Betrieb von eigenen und gecharterten Seeschiffen und Luft- 227 fahrzeugen, ohne sich auf den internationalen Verkehr zu beschränken.8 Anders als für Zwecke des § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG wird damit auch der rein auf das Inland bezogene Betrieb von Seeschiffen (zB Beförderung von Personen oder Gütern zwischen inländ. Häfen) umfasst. Zudem setzt § 49 Abs. 4 EStG – wie auch Abs. 6 – eine Gegenseitigkeit in Bezug auf die Gewährung einer korrespondierenden Steuerbefreiung voraus.9 Grundsätzlich kann sich eine solche Gegenseitigkeit bereits aus einer dem Art. 8 OECD-MA entsprechenden Regelung des jeweiligen DBA (bezogen auf internationale Beförderungsleistungen) oder einem besonderen Seeschifffahrt- und/oder Luftfahrtabkommen ergeben.10 Soweit eine abkommensrechtliche Zuweisung des ausschließlichen Besteuerungsrechts bzw. Freistellung der entsprechenden Einkünfte angeordnet wird, bedarf es der Freistellung des § 49 Abs. 4 EStG allerdings nicht. Liegt kein Abkommen vor oder unterliegen die Einkünfte nicht der abkommensrechtlichen Freistellung, ist im Einzelfall zu prüfen, ob Gegenseitigkeit gegeben ist. Dies kann sich aus einer deklaratorischen Feststellung des BMF (regelmäßig basierend auf einem Notenwechsel mit dem ausländ. Staat) ergeben.11 In Abgrenzung zu Abs. 6 verlangt § 49 Abs. 4 EStG zusätzlich eine Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, um insbes. eine verkehrspolitisch unerwünschte Begünstigung von Schiffen zu vermeiden, die unter den

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Tz. 4.5.1; geändert durch BMF v. 20.11.2000 – IV B 4 - S 1300 - 222/00, BStBl. I 2000, 1509; v. 25.8.2009 – IV B 5 - S 1341/07/10004, BStBl. I 2009, 888; v. 16.4.2010 – IV B 2 - S 1300/09/10003, BStBl. I 2010, 354; v. 20.6.2013 – IV B 2 - S 1300/09/10006, BStBl. I 2013, 980; v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003, BStBl. I 2014, 1258; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 166; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 7b. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 6002; Musil in H/H/Sp, § 10 AO Rz. 9. Drüen in Tipke/Kruse, § 10 AO Rz. 1 ff.; Musil in H/H/Sp, § 10 AO Rz. 14 ff. BFH v. 3.7.1997 – IV R 58/95, BStBl. II 1998, 86 = FR 1998, 212, mit ausf. Tätigkeitskatalog. Zum Stand der DBA BMF v. 18.1.2017 – IV B 2 - S 1301/07/10017-08, BStBl. I 2017, 140 Tz. I.1. BMF v. 18.1.2017 – IV B 2 - S 1301/07/10017-08, BStBl. I 2017, 140 Tz. I.3. Wingler in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 339; aA wohl Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 6004, der keine Tatbestandseinschränkung für Sonderabkommen betr. Einkünfte und Vermögen von Schifffahrt- und LuftfahrtUnternehmen vorsieht. AA Wingler in Bergemann/Wingler, § 2 Rz. 341. Lieber in H/H/R, § 49 EStG Rz. 431 ff., zu Einzelheiten in Bezug auf den Betrieb von eigenen und gecharterten Seeschiffen und Luftfahrzeugen. Zu Einzelheiten Lieber in H/H/R, § 49 EStG Rz. 1420. Übersicht bei Hemmelrath in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl. 2015, Art. 8 OECD-MA Rz. 35. BMF v. 18.1.2017 – IV B 2 - S 1301/07/10017-08, BStBl. I 2017, 140; Übersicht bei Hemmelrath in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl. 2015, Art. 8 OECD-MA Rz. 35.

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§ 2 Rz. 228 Steuergegenstand „billigen Flaggen“ fahren.1 Diese restriktivere Anwendungsvoraussetzung des § 49 Abs. 4 EStG schlägt damit auch auf Abs. 6 durch. 228 Unter Berücksichtigung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 49 Abs. 4 EStG2 und dem Stand der

DBA3 erfasst Abs. 6 derzeit Unternehmen, die ihren Ort der Geschäftsleitung insbes. in einem der folgenden Staaten haben: Äthiopien4 (Verhandlungen über erstmaligen DBA-Abschluss), Afghanistan,5 Brasilien6 (Verhandlungen über erstmaligen Abschluss eines Sonderabkommens für Schiff- und Luftfahrtunternehmen), Chile,7 Fidschi,8 Irak,9 Jordanien10 (Verhandlungen über erstmaligen DBA-Abschluss), Katar11 (Verhandlungen über erstmaligen DBA-Abschluss), Kongo12 (vormals Zaire), Libanon,13 Malediven,14 Papua-Neuguinea,15 Seychellen16 und Sudan.17 229 Abs. 6 Nr. 2 setzt voraus, dass der ausländ. Staat keine der GewSt vergleichbare Steuer erhebt18 oder

bei einer korrespondierenden Outbound-Konstellation der ausländ. Staat ebenfalls eine Steuerbefreiung gewährt (hypothetische Betrachtungsweise). Dieses sog. Gegenseitigkeitskriterium ist für die GewSt eigenständig zu prüfen. Auch wenn das Gegenseitigkeitskriterium bereits für Zwecke des § 49 Abs. 4 EStG geprüft worden ist, entbehrt dies somit nicht einer gesonderten Prüfung für Zwecke des Abs. 6 (insbes. beziehen nicht alle Gegenseitigkeitsfeststellungen des BMF auch die GewSt ein).

III. Rechtsfolge 230 Qualifiziert die gesamte, in der inländ. Betriebsstätte ausgeübte Tätigkeit als steuerbefreite Tätigkeit

iRd. beschränkten ESt-Pflicht (dh. als Betrieb von eigenen oder gecharterten Schiffen und Luftfahrzeugen iSd. § 49 Abs. 4 EStG), unterliegt das ausländ. Unternehmen in Gänze nicht der deutschen GewStPfl. („wenn“). 231 Bei Mischbetrieben erstreckt sich die Rechtsfolge von Abs. 6 – also die faktische GewSt-Freistellung –

aufgrund des in quantitativer Hinsicht einschränkenden „soweit“ auf denjenigen Ergebnisanteil der inländ. Betriebsstätte, der im In- bzw. Ausland freizustellen ist bzw. wäre. Andere Einkunftsquellen sind nicht umfasst. Eine Abgrenzung des freizustellenden Ergebnisanteils kann entsprechend der Grundsätze zur Ermittlung des Kürzungsbetrags nach § 9 Nr. 3 Satz 3 Halbs. 2 GewStG (gesonderte Ermittlung bei Mischbetrieben) vorgenommen werden (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 42 f.). Dh., auch das Ergebnis von Neben- und Hilfsgeschäften unterfällt der GewSt-Freistellung. 232 Abs. 6 kommt unabhängig davon zur Anwendung, ob die inländ. Betriebsstätte einen Gewinn oder

Verlust erzielt. Diese symmetrische Betrachtungsweise entspricht dem Grundgedanken der Vorschrift, qualifizierte Tätigkeiten von Schiff- und Luftfahrtunternehmen nicht der GewSt zu unterwerfen. 1 Lieber in H/H/R, § 49 EStG Rz. 1421. 2 Lieber in H/H/R, § 49 EStG Rz. 1430, zum faktischen Anwendungsbereich von § 49 Abs. 4 EStG. 3 BMF v. 18.1.2017 – IV B 2 - S 1301/07/10017-08, BStBl. I 2017, 140, insbes. Fn. 5; in Abgrenzung dazu listet Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 6004, explizit diejenigen Staaten auf, mit denen kein DBA besteht. 4 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1962, 536. 5 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1964, 411. 6 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Schiff- und Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 2006, 216; allerdings existiert bereits ein Sonderabkommen für Schifffahrtunternehmen v. 17.8.1950, BGBl. II 1951, 11. 7 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1977, 350. 8 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Schifffahrtunternehmen, BStBl. I 2015, 1087. 9 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Schiff- und Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1972, 490. 10 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1976, 278. 11 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 2006, 3. 12 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Schiff- und Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1990, 178. 13 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Schiff- und Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1959, 198. 14 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 2015, 675. 15 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1989, 115. 16 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1998, 582. 17 Gegenseitigkeitsvereinbarung zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen, BStBl. I 1983, 370. 18 Nach Bier, DStJG 35 (2012), 219, haben nur vier weitere EU-Staaten (Italien, Luxemburg, Polen und Ungarn) eine vergleichbare, von Gemeinden beeinflussbare Steuer. Da mit diesen Staaten jeweils DBA bestehen, unterfallen sie allerdings nicht dem Anwendungsbereich des Abs. 6.

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K. Erweiterung des Inlandsbegriffs (Abs. 7)

Rz. 236 § 2

K. Erweiterung des Inlandsbegriffs (Abs. 7) I. Bedeutung und Telos Der im hoheitsrechtlichen Sinne zu verstehende Inlandsbegriff iSd. § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG (Inlands- 233 begriff im engeren Sinne [vgl. Rz. 99]) wird in Abs. 7 um die ausschließliche Wirtschaftszone und den Festlandsockel (beides Begriffe des Seevölkerrechts) sowie die grenzüberschreitenden Gewerbegebiete iSd. Abkommensrechts auf Grundlage einer „quasi-territorialen Regelungsbefugnis“1 erweitert (Inlandsbegriff im weiteren Sinne). Zusätzlich bedarf es hinsichtlich sowohl der ausschließlichen Wirtschaftszone als auch des Festlandssockels einer funktionalen Verknüpfung („soweit“) zu den dort stattfindenden Aktivitäten.2 Die systematische Erweiterung des Inlandsbegriffs trägt der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung dieser Gebiete Rechnung, insbes. vor dem Hintergrund der fortschreitenden technischen Möglichkeiten (zB im Bereich der erneuerbaren Energien und der gewerblichen Fischzucht). Im Ergebnis soll damit die Besteuerungssituation von Aktivitäten ausländ. StPfl. im Offshore-Bereich derjenigen von inländ. StPfl. gleichgestellt und hierdurch die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sichergestellt werden.3 Andere Tätigkeiten im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels (zB Tourismus, Restaurationsbetrieb, bloße Transitleistungen) fallen mangels tatbestandlicher Bezugnahme der funktionalen Verknüpfung (bisher) nicht in den Anwendungsbereich von § 2 Abs. 7 GewStG. Eine erhöhte Bedeutung kommt dabei der Abgrenzung der Haupt- von den Hilfs-/Nebentätigkeiten zu, wenn diese von demselben Unternehmer erbracht werden (zB Förderung von Erdgas mit anschließendem Transport, vgl. Rz. 236 und 246). Den völkerrechtlichen Rahmen für die Erweiterung des Inlandsbegriffs bildet das Seerechtsüberein- 234 kommen der Vereinten Nationen,4 an welchem der Gesetzgeber auch den Wortlaut der Norm entsprechend ausgerichtet hat. Das Seerechtsübereinkommen ist als durch ein Vertragsgesetz ratifizierter völkerrechtlicher Vertrag bereits geltendes Bundesrecht und kann zur Begriffsbestimmung herangezogen werden.5 Bis auf die Einbeziehung der grenzüberschreitenden Gewerbegebiete weicht der Wortlaut von Abs. 7 nicht von demjenigen des § 1 Abs. 1 Satz 2 EStG sowie § 1 Abs. 3 KStG ab. Die Beantwortung von Auslegungsfragen findet damit regelmäßig bereits iRd. Bestimmung der einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Abgrenzung der unbeschränkten von der beschränkten StPfl. bzw. der Begründung der beschränkten StPfl. (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) statt.

II. Ausschließliche Wirtschaftszone (Abs. 7 Nr. 1) 1. Begriffsbestimmung Jenseits des zum Inland gehörenden Küstenmeeres (außerhalb der 12-Meilen-Zone) hat die BRD als 235 Anrainerstaat in der sich anschließenden 200-Seemeilen-Zone6 (ausschließliche Wirtschaftszone) noch eine beschränkte Souveränität in Form eines ausschließlichen Kontroll- und Verfügungsrechts über die lebenden und nicht lebenden Ressourcen des Meeres (zB Fische und Bodenschätze).7 Die ausschließliche Wirtschaftszone ist geografisch deckungsgleich mit dem Festlandsockel,8 liegt aber „über“ diesem.9 Die Erweiterung des Inlandsbegriffs in § 2 Abs. 7 Nr. 1 GewStG setzt hinsichtlich der ausschließlichen 236 Wirtschaftszone eine weiter gehend spezifizierte funktionale Verknüpfung („soweit dort“) voraus. 1 Maciejewski/Theilen, IStR 2013, 846. 2 BT-Drucks. 7/1470, 238, zu dem Erfordernis des „unmittelbaren sachlichen Zusammenhangs“ bei § 1 Abs. 2 EStG; Maciejewski/Theilen, IStR 2013, 846; Maciejewski/Theilen, IStR 2016, 401. 3 BT-Drucks. 18/4902, 41. 4 G zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. II 1994, 1798. 5 Hawlitschek, IStR 2015, 413. 6 Ungefähr 370 km. 7 G zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. II 1994, 1798, Teil V, sowie Proklamation der Bundesregierung v. 25.11.1994 (BGBl. I 1994, 3770) über die Errichtung einer ausschließlichen Wirtschaftszone der BRD in der Nordsee und in der Ostsee. 8 BT-Drucks. 18/1529, 63. 9 Drüen in Blümich, § 2 Rz. 364.

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§ 2 Rz. 237 Steuergegenstand Die in der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübte Tätigkeit1 muss sich erstrecken auf: die Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung bzw. Bewirtschaftung der lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds (Buchst a), eine andere Tätigkeit zur wirtschaftlichen Erforschung bzw. Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone, zB die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind (Buchst. b) oder die Errichtung bzw. Nutzung von künstlichen Inseln2 oder Anlagen bzw. Bauwerken für die in den Buchst. a und b genannten Zwecke (Buchst. c). Die Einbeziehung der vorbezeichneten (Haupt-)Tätigkeiten in die sachliche GewStPfl. umfasst auch Neben- und Hilfstätigkeiten desselben Unternehmers (zB Wartungsarbeiten, Restaurationsbetriebe),3 nicht aber andere Haupttätigkeiten bzw. Haupttätigkeiten eines anderen Unternehmers.4 Diese am Wortlaut orientierte Auslegung wird von der Entstehungsgeschichte der Norm (systematische Erweiterung um spezifische Ausnahmetatbestände) sowie vom gesetzgeberischen Willen (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) getragen (vgl. Rz. 233). 2. Erforschung, Ausbeutung, Erhaltung bzw. Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen (Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a) 237 § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a GewStG folgt grds. der Terminologie von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a des See-

rechtsübereinkommens der Vereinten Nationen.5 Anders als bei § 2 Abs. 7 Nr. 2 Buchst. a GewStG ist tatbestandsseitig keine Legaldefinition für die Begriffe der „lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen“ vorgesehen, wobei aber die Begrifflichkeiten zugunsten eines einheitlichen Rechtsverständnisses anhand der Legaldefinitionen auszulegen sind. Können Einzelfälle nicht zweifelsfrei unter § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a GewStG subsumiert werden, ist nachfolgend die Anwendung der Auffangvorschrift des § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b GewStG zu beachten. Mithin ist Auslegungsfragen iRd. § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a GewStG regelmäßig keine praktische Bedeutung beizumessen.6 238 Die Ausbeutung lebender natürlicher Ressourcen wurde in § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a GewStG ins-

bes. zu dem Zweck aufgenommen, die gewerbliche Fischzucht und Fischfarmen in der ausschließlichen Wirtschaftszone zu erfassen.7 Auch Algen gelten iZm. der ausschließlichen Wirtschaftszone als lebende natürlichen Ressourcen, anders als für Zwecke des § 2 Abs. 7 Nr. 2 Buchst. a GewStG (vgl. Rz. 245).8 Über die Erweiterung des Inlandsbegriffs unterfällt grds. zwar auch die Meeresfischerei innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone der sachlichen GewStPfl., sie ist jedoch regelmäßig unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 7 GewStG steuerbefreit (vgl. § 3 Nr. 7 GewStG Rz. 3). 239 Als nicht lebende natürliche Ressourcen kommen Bodenschätze Betracht. Nach der Legaldefinition

in § 3 Abs. 1 BBergG sind Bodenschätze – mit Ausnahme von Wasser – alle mineralischen Rohstoffe in festem oder flüssigem Zustand und Gase, die in natürlichen Ablagerungen oder Ansammlungen (Lagerstätten) in oder auf der Erde, auf dem Meeresgrund, Meeresuntergrund oder im Meerwasser vorkommen.9 Hierzu gehören bspw. Erdöl, Erdgas und Erze.10 Werden zu ihrer Gewinnung schwimmende Stätten eingesetzt (zB Bohrinseln/-schiffe oder Saugbagger), so können diese gem. § 12 Satz 2 1 Tiede in H/H/R, § 1 EStG Anm. 99; Levedag in R/H/N, § 1 KStG Rz. 122; so wohl auch Lehner/Waldhoff in K/S/M, § 1 EStG Rz. B 56; zur Abgrenzung iRd. StPfl. nach § 1 EStG ähnlich Rauch in Blümich, § 1 EStG Rz. 138; aA Maciejewski/Theilen, IStR 2013, 846; Maciejewski/Theilen, IStR 2016, 401, die – entgegen des Wortlauts der Vorschrift – eine Bezugnahme der funktionalen Verknüpfung nicht auf die vor Ort ausgeübte Tätigkeit, sondern die Zweckbestimmung der Bauwerke und Anlagen befürworten. 2 Soweit ersichtlich, existieren keine künstlichen Inseln im Gebiet der ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz. 104. 3 Gosch in Kirchhof17, § 1 EStG Rz. 6f; Maciejewski/Theilen, IStR 2013, 846; Maciejewski/Theilen, IStR 2016, 401; zweifelnd Behrendt/Wischott/Krüger, BB 2012, 1827; aA wohl Tiede in H/H/R, § 1 EStG Anm. 99; und wohl auch Lehner/Waldhoff in K/S/M, § 1 EStG Rz. B56. 4 Behrendt/Wischott/Krüger, BB 2012, 1827; aA Maciejewski/Theilen, IStR 2013, 846. 5 G zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. II 1994, 1798. 6 Klein in H/H/R, § 1 KStG, Rz. J 15-5. 7 BT-Drucks. 18/4902, 41. 8 Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 32; ausf. auch Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz. 99, zur Auslegung des Begriffs der „lebenden natürlichen Ressourcen“. 9 König in König, AO, 3. Aufl. 2014, § 12 Rz. 30. 10 Zu weiteren Bsp. Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 32; Kußmaul/Delarber/Müller, IStR 2014, 573 mwN.

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K. Erweiterung des Inlandsbegriffs (Abs. 7)

Rz. 240 § 2

Nr. 7 AO eine Betriebsstätte darstellen.1 Diesbezüglich kommt es für „deutsche“ Kauffahrteischiffe infolge der normspezifischen Reduktion der Betriebsstättendefinition in § 2 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 GewStG nicht auf die feste Beziehung zum Meeresboden an.2 Ob in den anderen Fällen eine Verbindung zur Erdoberfläche durch die Fördertätigkeit gegeben ist, ist im Einzelfall zu prüfen.3 Nicht erfüllt wird demgegenüber die Betriebsstättendefinition iSd. § 12 Satz 2 Nr. 7 AO, soweit ein schwimmender (Nass-)Bagger zur (bloßen) Ausbaggerung der Fahrrinne eingesetzt wird.4 Differenzierter ist die Prospektions- bzw. Explorationstätigkeit5 zu betrachten. Diese unterfällt grds. 240 der von § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a bzw. b GewStG geforderten funktionalen Verknüpfung (Erforschung natürlicher Ressourcen). Entscheidungserheblich für die Begründung einer Betriebsstätte iSd. § 12 AO ist im Weiteren, wer die Tätigkeit mit welchen Mitteln – etwa mit Schiffen (zB für seismische Messungen) oder mit schwimmenden Stätten (zB für Probebohrungen) – betreibt. Der Einsatz eines „deutschen“ Kauffahrteischiffs für die Explorationstätigkeit begründet stets eine inländ. Betriebsstätte (iSv. § 12 Satz 1 AO).6 Setzt ein auf die Exploration spezialisiertes Unternehmen kein in einem inländ. Schiffsregister eingetragenes Kauffahrteischiff ein, wird eine inländ. Betriebsstätte regelmäßig nicht begründet, da weder die Voraussetzungen des § 12 Satz 2 Nr. 7 AO (kein unmittelbarer Bezug zur Gewinnung von Bodenschätzen)7 noch des § 12 Satz 2 Nr. 8 AO (keine Bauausführung oder Montage8) erfüllt sein werden. Bei rohstofffördernden Unternehmen stellt die Prospektions- bzw. Explorationstätigkeit eine Hilfs-/Nebentätigkeit der Haupttätigkeit dar.9 Bei erfolgreicher Prospektions- bzw. Explorationstätigkeit (wirtschaftliche Fündigkeit) werden diese „vorbereitenden“ Tätigkeiten bereits durch die nachfolgende Gewinnung der Bodenschätze „infiziert“ und können dementsprechend der Förderbetriebsstätte zugerechnet werden.10 Sie begründen allerdings in zeitlicher Hinsicht keine gesonderte „Explorationsbetriebsstätte“ vor der Förderbetriebsstätte.11 Dieses Verständnis wird insbes. auch durch den § 35 Abs. 1 BsGaV („Betriebsstätte, die zur Förderung von Bodenschätzen entsteht“) gestützt. In der sich an die Explorationsphase anschließenden Aufbauphase kann eine Betriebsstätte iSd. § 12 Satz 2 Nr. 8 AO (Bau- und Montagebetriebsstätte) gegeben sein,12 durch welche ebenfalls die Voraussetzungen von § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. c GewStG erfüllt sind. Wird bei dem Einsatz einer schwimmenden Stätte die für die Bau- und Montagebetriebsstätte relevante Sechs-Monats-Grenze nicht überschritten, sollte eine Betriebsstätte nach § 12 Satz 2 Nr. 7 AO anzunehmen sein, soweit eine gewisse Mittelbarkeit der Tätigkeit zur Gewinnung von Bodenschätzen als ausreichend erachtet wird.13 Hierfür spricht insbes. im Rahmen eines einheitlichen Rechtsverständnisses die ebenfalls genügende Zweckausrichtung bei § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. c GewStG unter Bezugnahme auf die Tätigkeiten in § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a und b GewStG. 1 Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 30; König in König, AO, 3. Aufl. 2014, § 12 Rz. 30; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 33 38; aA Schröder, StBp. 1978, 169, der einen Vorrang des Flaggenrechts befürwortet. 2 Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 30. 3 Ditz, ISR 2016, 341; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 30, 34; aA Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 25, 33, 38, der bereits die allg. Betriebsstättendefinition des § 12 Satz 1 AO entsprechend für Zwecke des § 12 Satz 2 Nr. 7 AO reduziert; ebenso wohl auch Klein in H/H/R, § 1 KStG 91. 4 Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 32; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 30. 5 Zu den einzelnen Phasen der Suche und Förderung von Bodenschätzen BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.7; Ditz, ISR 2016, 341. 6 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.6.2; Gersch in Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 12 Rz. 16. 7 Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 33; König in König, AO, 3. Aufl. 2014, § 12 Rz. 30; Kußmaul/Delarber/Müller, IStR 2014, 573. 8 Der Begriff der Bauausführungen erfasst Arbeiten aller Art, die unmittelbar zur Errichtung von Hoch- und Tiefbauten an Ort und Stelle ausgeführt werden; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 36. Nach der hier vertretenen Ansicht ist insbes. eine Versuchsbohrung nicht als Bauausführung anzusehen, da die Handlung nicht – anders als Versuchs-/Probebohrungen bei der Errichtung von Gebäuden – mit einer (bereits konkretisierten) Bauausführung in einem unmittelbaren Zusammenhang steht; aA R 2.9 Abs. 2 Satz 9 GewStR 2009; AEAO zu § 12 Tz. 3; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 36, 38; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 32; Kußmaul/Delarber/Müller, IStR 2014, 573. 9 Ditz, ISR 2016, 341. 10 Hierfür sprechen auch die Zuordnungsregelungen hinsichtlich des Explorationsrechts nach § 36 BsGaV. 11 König in König, AO, 3. Aufl. 2014, § 12 Rz. 30; Kußmaul/Delarber/Müller, IStR 2014, 573. 12 Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 33. 13 Ablehnend Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 33.

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§ 2 Rz. 241 Steuergegenstand 3. Andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung (Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b) 241 Von der Auffangvorschrift des § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. b GewStG („andere Tätigkeiten“) werden als

Regelbeispiel die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind sowie die entsprechenden Neben- und Hilfstätigkeiten in der ausschließlichen Wirtschaftszone erfasst.1 Denn diese Tätigkeiten werden regelmäßig nicht auf dem Meeresgrund bzw. im Meeresuntergrund, sondern oberhalb der Wasseroberfläche ausgeübt (wobei die entsprechenden Anlagen regelmäßig auf dem Meeresgrund verankert sind). Typische Beispiele für Betriebsstätten in der ausschließlichen Wirtschaftszone bilden damit Windkraftanlagen und Gezeitenkraftwerke. Bereits deren Bau kann eine Betriebsstätte begründen (Bau- und Montagebetriebsstätte).2 Beispiel: Ein niederländischer Unternehmer ohne Betriebsstätte im deutschen Hoheitsgebiet transportiert (mehrfach) vorgefertigte Einzelteile aus einem deutschen Hafen zu einem Ziel innerhalb der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone, um diese Einzelteile vor Ort zu einer Windkraftanlage zusammenzufügen.3 Insgesamt dauern der Transport und die Errichtung der Anlage mehr als sechs Monate. Lösung: Die Tätigkeit des niederländischen Unternehmers ist grds. geeignet, eine im Inland der sachlichen GewStPfl. unterliegende Montagebetriebsstätte (§ 12 Satz 2 Nr. 8 AO) zu begründen. Hierbei sind die Zeiten für die Errichtung und den Transport (als Neben-/Hilfstätigkeit) zusammenzurechnen. Abkommensrechtlich gilt zwar die Montagetätigkeit nicht als Betriebsstätte iSd. Art. 5 Abs. 3 DBA Deutschland-Niederlande,4 da die Dauer von zwölf Monaten nicht überschritten wird. Allerdings normiert Art. 5 Abs. 4 DBA Deutschland-Niederlande5 (sog. Offshore-Artikel) eine Ausnahme für Tätigkeiten vor der Küste. Eine Betriebsstätte wird in diesem Sinne bereits dann angenommen, wenn die Tätigkeiten vor der Küste an mehr als 30 Tagen innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten ausgeübt werden. Mithin steht in der vorbezeichneten Sachverhaltskonstellation das Besteuerungsrecht der BRD über Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 DBA Deutschland-Niederlande zu. Im Ergebnis kann der Offshore-Artikel aber auch bei einer Tätigkeitsdauer von über 30 Tagen – jedoch unter sechs Monaten – zu einer Nichtbesteuerung der entsprechenden Einkünfte führen, da in diesen Fällen zwar abkommensrechtlich Deutschland das Besteuerungsrecht zugewiesen wird, ohne dass jedoch das Besteuerungsrecht innerstaatlich (mangels Überschreitens der Betriebsstättenschwelle) ausgefüllt wird.6

4. Errichtung bzw. Nutzung von künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerken (Abs. 7 Nr. 1 Buchst. c) 242 Komplettierend zu § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a und b GewStG wird auch die Errichtung bzw. Nutzung

von künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerken für Zwecke der Erweiterung des Inlandsbegriffs erfasst. Die Vorschrift folgt der Terminologie von Art. 56 Abs. 1 Buchst. b des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen7 und bildet damit für Zwecke der GewSt die Rechtsgrundlage, um die fiskalischen Hoheitsbefugnisse entsprechend Art. 60, 80 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen auszuüben. Als künstliche Inseln, Anlagen und Bauwerke werden grds. alle von Menschen geschaffenen Gebilde verstanden, welche keine nähere Verbindung zum Inland aufweisen und in Abgrenzung zu Schiffen dazu bestimmt sind, dauerhaft an einem Ort im Meer zu verbleiben.8

1 BT-Drucks. 18/1529, 63; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 6503 mwN; Klein in H/H/R, § 1 KStG Rz. J 14-4, mwN, jeweils zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Kroatien-AnpG v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266; auch Waldhoff/Engler, FR 2012, 254; Maciejewski/Theilen, IStR 2013, 846; Becker, BB 2014, 2270; zweifelnd Behrendt/Wischott/Krüger, BB 2012, 1827. 2 Weber/Hammler/Kleinschmidt, BB 2012, 1836; aA Behrendt/Wischott/Krüger, BB 2012, 1827. 3 Dem Fallbeispiel 2 bei Quassowsky/Reinhold, IStR 2016, 241, nachgebildet. 4 Abkommen zwischen der BRD und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen v. 12.4.2012, BGBl. II 2012, 1414. 5 IdF des Protokolls zur Änderung des Abkommens v. 12.4.2012 zwischen der BRD und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, BGBl. II 2016, 868. 6 Quassowsky/Reinhold, IStR 2016, 241. 7 G zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. II 1994, 1798. 8 Waldhoff/Engler, FR 2012, 254.

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K. Erweiterung des Inlandsbegriffs (Abs. 7)

Rz. 246 § 2

III. Festlandsockel (Abs. 7 Nr. 2) Auch zum Inland iSd. GewSt-Rechts gehört der an die BRD grenzende Teil des Festlandsockels bei 243 entsprechender funktionaler Verknüpfung zu einer der spezifizierten Tätigkeiten (vgl. Rz. 236). Als Festlandsockel wird der unter dem Meeresspiegel liegende Meeresboden und -untergrund bis zu einer Tiefe von 200m bezeichnet.1 Die beschränkte Souveränität eines Staates kann sich nach dem Seerechtsübereinkommen grds. auf ein Gebiet von bis zu 350 Seemeilen (ca. 648 km) vor der Küste erstrecken, soweit es sich um die Erforschung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes handelt.2 Faktisch gilt für die BRD eine Begrenzung von 200 Seemeilen (ca. 370 km), da der Festlandrand diese Grenze nicht überschreitet. Die genauen Grenzen des deutschen Festlandsockels in der Nordsee ergeben sich aus den Staatsverträgen mit den Niederlanden,3 Dänemark,4 Großbritannien,5 Polen6 und Schweden.7 Jenseits des Festlandsockels, also im Bereich der Tiefsee, besteht keine nationale Hoheits- und Verfügungsgewalt. Ebenso wie iZm. der ausschließlichen Wirtschaftszone setzt die Erweiterung des Inlandsbegriffs eine 244 funktionale Verknüpfung voraus, dh., die ausgeübte Tätigkeit muss sich auf die Erforschung bzw. Ausbeutung natürlicher Ressourcen erstrecken (Buchst. a) oder ein räumlicher Bezugspunkt errichtet bzw. genutzt werden (Buchst. b). Die Formulierung von § 2 Abs. 7 Nr. 2 Buchst. b GewStG ist wortlautidentisch mit derjenigen des § 2 Abs. 7 Nr. 1 Buchst. c GewStG (vgl. Rz. 242). Aufgrund der – insoweit dem Wortlaut von Art. 77 Abs. 4 des Seerechtsübereinkommens der Verein- 245 ten Nationen8 nachempfundenen – Legaldefinition in § 2 Abs. 7 Nr. 2 Buchst. a GewStG sind tatbestandlich neben den Mineralien (zB Erze) auch organische Bodenschätze (zB Erdgas, Erdöl und Kohle) und bodengebundene Lebewesen (zB Korallen und Muscheln, nicht aber Algen oder Krustentiere9) natürliche Ressourcen. Im Gebiet des Festlandsockels können auch (unterirdische) Rohrleitungen (sog. Feldesleitungen) 246 oder Pumpstationen iZm. der Förderung von Erdgas und Erdöl Betriebsstätten iSd. § 12 Satz 2 Nr. 7 AO begründen.10 Entscheidend ist hierbei die funktionale Verknüpfung mit einer der in § 2 Abs. 7 Nr. 2 spezifizierten Tätigkeiten, sodass sich das Durchleiten als Neben- bzw. Hilfsleistung darstellt. Ein bloßes Durchleiten als Haupttätigkeit (sog. Transitleitungen) sollte mangels funktionaler Verknüpfung keine Erweiterung des Inlandsbegriffs rechtfertigen (vgl. Rz. 236).11

1 BFH v. 5.10.1977 – I R 250/75, BStBl. II 1978, 50. 2 G zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. II 1994, 1798, Teil VI. 3 Vertrag zwischen der BRD und dem Königreich der Niederlande über die seitliche Abgrenzung des Festlandsockels in Küstennähe v. 1.12.1964, BGBl. II 1965, 1141, sowie der Vertrag zwischen dem Königreich der Niederlande und der BRD über die Abgrenzung des Festlandsockels unter der Nordsee v. 28.1.1971, BGBl. II 1972, 889. 4 Vertrag zwischen der BRD und dem Königreich Dänemark über die Abgrenzung des Festlandsockels in Küstennähe v. 9.6.1965, BGBl. II 1966, 205, sowie der Vertrag zwischen der BRD und dem Königreich Dänemark über die Abgrenzung des Festlandsockels unter der Nordsee v. 28.1.1971, BGBl. II 1972, 882; Vertrag und Protokoll zwischen der DDR und dem Königreich Dänemark über die Abgrenzung des Festlandsockels und der Fischereizonen v. 14.9.1988, GBl. der DDR II 1989, 147. 5 Vertrag zwischen dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland und der BRD über die Abgrenzung des Festlandsockels unter der Nordsee zwischen den beiden Ländern v. 25.11.1971, BGBl. II 1972, 897. 6 Vertrag zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen über die Abgrenzung der Seegebiete in der Oderbucht v. 22.5.1989, GBl. der DDR II, 1989, 150, bestätigt durch Vertrag zwischen der BRD und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze v. 14.11.1990, BGBl. II 1991, 1329. 7 Vertrag und Protokoll zwischen der DDR und dem Königreich Schweden über die Abgrenzung des Festlandsockels v. 22.6.1978, GBl. der DDR II 1979, 38. 8 G zu dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. II 1994, 1798. 9 Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 32; Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz. 101 mwN. 10 Zur grundsätzlichen Eignung von Rohrleitungen oder unterirdischen Pumpstationen als Betriebsstätten BFH v. 30.10.1996 – II R 12/92, BStBl. II 1997, 12; v. 7.7.1997 – I B 26/97, BFH/NV 1998, 19; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.8; Musil in H/H/Sp, § 12 AO Rz. 33. 11 Klein in H/H/R, § 1 KStG Rz. 88; Riemenschneider, IStR 2002, 561; entsprechend BFH v. 30.10.1996 – II R 12/92, BStBl. II 1997, 12.

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§ 2 Rz. 247 Steuergegenstand

IV. Grenzüberschreitende Gewerbegebiete (Abs. 7 Nr. 3) 247 Der erweiterte Inlandsbegriff erstreckt sich gem. § 2 Abs. 7 Nr. 3 GewStG auch auf den nicht zur BRD

gehörenden Teil von grenzüberschreitenden Gewerbegebieten.1 Diese Erweiterung ist aufgrund der Inlandsradizierung der GewSt (Territorialitätsprinzip) erforderlich, da anders als für Zwecke der ESt bzw. KSt nicht das Welteinkommensprinzip zur Anwendung kommt. In der Praxis betrifft der Anwendungsbereich von Abs. 7 derzeit lediglich deutsch-niederländische Gewerbegebiete. Nach der abkommensrechtlichen Definition in Art. 3 Abs. 1 Buchst. j DBA Deutschland-Niederlande2 ist ein grenzüberschreitendes Gewerbegebiet ein räumlich abgeschlossenes Gebiet, das sich sowohl auf deutsches als auch auf niederländisches Hoheitsgebiet erstreckt und durch das die gemeinsame Grenze der beiden Staaten verläuft, sofern das Gebiet einvernehmlich als grenzüberschreitendes Gewerbegebiet bestimmt wird.3 Diesbezüglich fingiert Art. 7 Abs. 4 DBA Deutschland-Niederlande, dass eine im grenzüberschreitenden Gewerbegebiet belegene Betriebsstätte abkommensrechtlich nicht als Betriebsstätte gilt und dementsprechend das Besteuerungsrecht über die Grundregel des Art. 7 Abs. 1 Satz 1 DBA Deutschland-Niederlande ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Unternehmens zugewiesen wird. Folglich steht bei einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmen mit einer Betriebsstätte im niederländischen Teil des grenzüberschreitenden Gewerbegebiets das diesbezügliche Besteuerungsrecht den Niederlanden zu. Aufgrund der vorrangigen Anwendung des Abkommensrechts läuft in diesen „Quasi-Inbound-Konstellationen“ die Erweiterung des Inlandsbegriffs gem. § 2 Abs. 7 Nr. 3 GewStG leer. Als Anwendungsfall der Vorschrift verbleiben damit die „Quasi-Inlandsfälle“, dh. die Erstreckung der sachlichen GewStPfl. auf Betriebsstätten von im Inland ansässigen Unternehmen, die im niederländischen Teil des grenzüberschreitenden Gewerbegebiets belegen sind.

1 Insoweit ist § 2 Abs. 7 Nr. 3 GewStG wie folgt zu lesen: „Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch […] der nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil eines grenzüberschreitenden Gewerbegebiets, das nach den Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als solches bestimmt ist.“ 2 Abkommen zwischen der BRD und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen v. 12.4.2012, BGBl. II 2012, 1414. 3 Umfasst sind insbes. die Gewerbegebiete Aachen-Heerlen durch die Erste VO v. 25.5.2007, BGBl. II 2007, 778 (Avantis European Science and Business Park) und Herzogenrath-Kerkrade durch die Zweite VO v. 7.1.2008, BGBl. II 2008, 30 (Eurode Business Center); daneben sind weitere grenzüberschreitende Gewerbegebiete geplant (zB der GVZ Europark in Coevorden-Emlichheim und der Gewerbepark VeNeTe in Venlo-Nettetal-Tegelen).

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§ 2a Arbeitsgemeinschaften 1Als

Gewerbebetrieb gilt nicht die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaften, deren alleiniger Zweck in der Erfüllung eines einzigen Werkvertrags oder Werklieferungsvertrags besteht. 2Die Betriebsstätten der Arbeitsgemeinschaften gelten insoweit anteilig als Betriebsstätten der Beteiligten. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

B. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . .

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

I. Arbeitsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . .

13

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

5

II. Zweck der Arbeitsgemeinschaft . . . . . . .

18

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

6

C. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG . . 3. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . 4. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . .

7

I. Kein Gewerbebetrieb der Arbeitsgemeinschaft (Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

II. Anteilige Betriebsstätten der Beteiligten (Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

. . . . . . .

. . . .

. . . .

7 9 10 12

13

Literatur: Bichel, Fragen zu Arbeitsgemeinschaften iSd. §§ 215 Abs. 5 AO, 2a GewStG und 98 BewG, StBp. 1975, 133; Bichel, Voraussetzungen für die Annahme der Vertragserfüllung innerhalb von 3 Jahren iSd. §§ 215 Abs. 5 AO, 2a GewStG und 98 BewG, StBp. 1975, 279; Knigge, Die Abstellung von Arbeitnehmern an eine baugewerbliche Arbeitsgemeinschaft, DB 1982, 4. Beilage zu Heft 7; Albrod, Die ertragsteuerliche Behandlung von Arbeitsgemeinschaften in der Bauwirtschaft, StBp. 1994, 6; Barth, Einzelprobleme bei der einkommensteuerlichen Behandlung von inländischen „kleinen“ Arbeitsgemeinschaften im Baugewerbe, StBp. 1994, 153; Hebestreit, Bau-Arbeitsgemeinschaften und HFA-Stellungnahme 1/1993, DStR 1994, 834; Depping, Gestaltungsberatung zur gewerbesteuerlichen Behandlung von Bau-Arbeitsgemeinschaften, INF 1995, 551; Koeble/Schwärzel-Peters, Gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung einer Arbeitsgemeinschaft am Beispiel der „Bau-Arbeitsgemeinschaft“, DStR 1996, 1734; Paus, Besteuerung von „kleinen“ Arbeitsgemeinschaften, FR 1998, 994; Thierau/Messerschmidt, Die Bau-ARGE, NZBau 2007, 129; Orth, Zur Gewerbesteuerbefreiung von Kooperationen gemeinnütziger Körperschaften, DStR 2012, 116.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck Grundsätzlich unterliegen gewerblich tätige Arbeitsgemeinschaften (Argen) als Personengesellschaf- 1 ten (Mitunternehmerschaften) nach § 2 GewStG selbst der GewSt. Nach § 2a Satz 1 GewStG gilt jedoch die Tätigkeit einer allein auf die Erfüllung eines einzigen Werk- oder Werklieferungsvertrags gerichteten Arge nicht als Gewerbebetrieb. Satz 2 der Vorschrift fingiert die Betriebsstätten der Arge als anteilige Betriebsstätten der an der Arge Beteiligten. Damit normiert § 2a GewStG in Durchbrechung des Grundsatzes eine gewstl. Transparenz bestimmter gewerblicher Personengesellschaften. Nicht nur im Gewerbesteuerrecht hat der Gesetzgeber sog. „kleine Argen“1 steuerrechtlichen Son- 2 derregelungen unterworfen. Auch nach anderen Gesetzen erfolgt keine Anwendung der für Personengesellschaften geltenden Grundsätze, so etwa in § 180 Abs. 4 AO oder mit Geltung bis zum 22.12.20012 in § 98 BewG. Zweck der Vorschrift des § 2a GewStG ist vor allem die Vereinfachung in Gestalt der Vermeidung zu- 3 sätzlicher Deklarationspflichten.3 Daneben hat § 2a GewStG bei gewerblich tätigen Beteiligten aber auch noch praktische Bedeutung für die gewstl. Verlustverrechnung. Dadurch, dass die Tätigkeit

1 BMF v. 27.1.1998 – IV B 2 - S 2241 - 5/98, BStBl. I 1998, 251. 2 § 98 BewG wurde aufgehoben durch G v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3794. 3 Schumann/Salevic in Deloitte, § 2a GewStG Rz. 1; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 6; Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 3.

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§ 2a Rz. 4 Arbeitsgemeinschaften der unter § 2a GewStG fallenden Argen anteilig den Beteiligten zugerechnet wird, kommt es insoweit zu einer gewstl. Ergebniskonsolidierung. Bei Argen, an denen neben gewerblichen Unternehmen auch Freiberufler (zB Architekt als Beteiligter einer Bau-Arge) beteiligt sind, verhindert § 2a GewStG zudem für Zwecke der GewSt eine gewerbliche Infektion des freiberuflichen Unternehmens und die GewStPfl. der anteilig iRd. Arge erzielten Einkünfte (umstritten, s. Rz. 21). 4 Die Rechtsfolge des § 2a Satz 2 GewStG in Gestalt einer Betriebsstättenfiktion für die Beteiligten

soll den Anteil der betreffenden Gemeinden am Gewerbesteueraufkommen der Arge sicherstellen.1

II. Anwendungsbereich 5 Der sachliche Anwendungsbereich des § 2a GewStG ist nicht auf Argen einer bestimmten Branche

beschränkt. Die Vorschrift ist jedoch insbes. für Argen im Bauwesen von besonderer praktischer Bedeutung.2 Da § 2a GewStG eine Einschränkung des § 2 darstellt, kommt eine Anwendung nur auf solche Argen in Betracht, welche die Merkmale eines Gewerbebetriebs iSd. § 2 GewStG erfüllen. Für nicht gewerbliche Argen, die jedoch zugleich die Voraussetzungen des § 2a GewStG erfüllen, ist § 2a GewStG nur deklaratorisch.3 Die Gewerblichkeit einer Arge scheitert indes nicht an mangelnder Nachhaltigkeit, wenn die Arge zwar nur einen einzigen Werk(lieferungs)vertrag erfüllt, hierfür aber über einen längeren Zeitraum zahlreiche und unterschiedliche Einzeltätigkeiten erforderlich sind.4

III. Rechtsentwicklung 6 Bereits vor Einführung des § 2a GewStG wurde die gewerbliche Tätigkeit von Argen den Gewerbe-

betrieben der Beteiligten anteilig zugerechnet. Die auf einen Erlass des Reichsministers der Finanzen5 und Rechtsprechung des RFH6 zurückgehende Verwaltungsauffassung7 wurde bis zum Beginn des EZ 1965 angewandt,8 obwohl mit Urteil vom 23.2.1961 zwischenzeitlich der BFH von der Ansicht des RFH abgerückt war.9 Als Reaktion auf die Rechtsprechungsänderung des BFH wurde die bisherige Verwaltungsauffassung mit der Einführung des § 2a GewStG durch das StÄndG 196510 gesetzlich kodifiziert. Die Vorschrift war erstmalig auf Argen anzuwenden, die nach dem 31.12.1964 gegründet worden sind.11 Mit Wirkung zum 1.1.1980 erfolgte durch das StÄndG 197912 eine Anpassung (Streichung der nunmehr überflüssigen Abgrenzung „für die Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital“) an die Abschaffung der Lohnsummensteuer, für die § 2a GewStG bis dato ohnehin nicht gelten sollte. Durch das StBerG 198613 erfolgte eine redaktionelle Anpassung an die Änderung des § 2 Abs. 2 GewStG. Obwohl der eindeutige Bezug zu Personengesellschaften damit verloren ging, sollte mit der Änderung des Wortlauts keine Änderung des Regelungsgehalts verbunden sein.14

1 Vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 51; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 32. 2 Vgl. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 24; Schumann/Salevic in Deloitte, § 2a GewStG Rz. 1; Werner in Bergemann/Wingler, § 2a GewStG Rz. 3. 3 Frotscher in Frotscher/Drüen, § 2a GewStG Rz. 4. 4 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 22, 47. 5 RdF v. 5.6.1942, RStBl. 1942, 617. 6 RFH v. 7.10.1942 – VI R 217/42, RStBl. 1942, 1044. 7 Abschn. 16 Abs. 4 GewStR 1951. 8 FinMin. NRW v. 31.1.1964 – L 1401 - 1 - V A 2, S 2150 - 2 - V B 1, StEK GewStG § 2a Abs. 2 Nr. 11. 9 BFH v. 23.2.1961 – IV 313/59 U, BStBl. III 1961, 194. 10 G v. 14.5.1965, BGBl. I 1965, 377. 11 § 32 Abs. 2 idF des StÄndG 1965 v. 14.5.1965, BGBl. I 1965, 377. 12 G v. 30.11.1978, BGBl. I 1978, 1849. 13 G v. 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2436. 14 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 7.

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B. Voraussetzungen

Rz. 13 § 2a

Durch das StMBG1 wurde die seit dem EZ 19952 geltende Fassung des § 2a GewStG eingeführt. Die Änderung betraf die Abschaffung einer Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs der Vorschrift. Zuvor war die Anwendung des § 2a GewStG auf Argen begrenzt, die auf die Erfüllung eines Werk(lieferungs)vertrags gerichtet waren, der innerhalb von drei Jahren erfüllt wurde. Diese zeitliche Begrenzung gibt es seitdem nicht mehr.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG § 2a GewStG ist lex specialis zu § 2 GewStG. Durch die enge Auslegung des Begriffs „Arge“ (Begren- 7 zung auf Personengesellschaften, Rz. 11) stellt § 2a GewStG eine Einschränkung des § 2 Abs. 1 GewStG dar. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist auf Argen iSd. § 2a GewStG nicht anwendbar; jeder Beteiligte ist für 8 sich Steuerschuldner.3 Es gibt keine Gesamtschuldnerschaft oder Steuerhaftung für die durch die Arge induzierte GewSt. 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG § 2a GewStG setzt eine Arge in Form einer gewerblichen Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Satz 1 9 Nr. 2 EStG) voraus. § 2a GewStG hat keine Bedeutung für die einkommensteuerliche Einkünftequalifikation. 3. Verfahrensrecht Die Arge ist nicht Gewinnermittlungssubjekt. Wegen der gleichlaufenden Vorschrift des § 180 Abs. 4 10 AO trifft dies auch für die übrigen Ertragsteuern zu.4 § 180 Abs. 4 AO und § 2a GewStG sind verfahrensrechtlich nicht miteinander verknüpft – insbes. besteht kein Grundlage-/Folgeverhältnis. Aufgrund der identischen Formulierung wird man jedoch davon ausgehen können, dass Argen iSv. § 180 Abs. 4 AO zugleich auch solche iSv. § 2a GewStG sind – und umgekehrt. Die Auslegung des Arge-Vertrags ist eine Tatsachenfrage und daher im Klageverfahren zwingend in 11 der Tatsacheninstanz zu klären.5 4. Umsatzsteuer Die etwaige Unternehmereigenschaft der Arge für Zwecke der Umsatzsteuer bleibt unberührt.6

12

B. Voraussetzungen I. Arbeitsgemeinschaft Der Begriff der Arge ist nicht legal definiert. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, 13 welcher der Auslegung bedarf. Allgemein wird unter einer Arge der Zusammenschluss mehrerer Unternehmer zum Zweck der gemeinsamen Leistungserbringung im Rahmen eines Auftrags verstanden.7 Voraussetzung ist, dass die gemeinsame Erfüllung eines Werk- oder Werklieferungsvertrags an1 2 3 4 5 6 7

G v. 21.12.1993, BGBl. I 1993, 2310. § 36 Abs. 1a GewStG idF des StMBG v. 21.12.1993, BGBl. I 1993, 2310. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 45, 48. Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 33. Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 22; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 27. Abschn. 2.1 Abs. 4 UStAE; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 34. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 20; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 15; Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 5; Werner in Bergemann/Wingler, § 2a GewStG Rz. 4.

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§ 2a Rz. 14 Arbeitsgemeinschaften gestrebt wird. Der Zweck der Arge kann also entweder in einer gemeinsamen Verpflichtung im Außenverhältnis oder in einer Verpflichtung der Beteiligten untereinander (im Innenverhältnis) bestehen. Eine Arge liegt folglich nicht vor, wenn mehrere Unternehmer im Rahmen eines Gesamtprojekts lediglich Teilleistungen schulden. Dagegen ist das Tatbestandsmerkmal der Arge gegeben, wenn eine im Außenverhältnis geschuldete Leistung im Innenverhältnis unter den Beteiligten in Teilleistungen aufgeteilt wird.1 14

Zivilrechtlich ist eine Arge grds. eine Personengesellschaft;2 regelmäßig wird eine GbR (§ 705 BGB)3 in der Form einer Gelegenheitsgesellschaft vorliegen.4 In der zivilrechtlichen Rspr. und Literatur ist seit der Handelsrechtsreform 1998 umstritten, ob eine Arge die Rechtsform einer OHG haben kann.5 Für die steuerliche Einordnung als Gewerbebetrieb kommt es jedoch auf die zivilrechtliche Kaufmannseigenschaft nicht an; entsprechend gilt § 2a GewStG unabhängig von der konkreten Rechtsform für jede Arge, die stl. als gewerbliche Mitunternehmerschaft qualifiziert.6 Eine Anwendung von § 2a GewStG auf KapGes. scheidet dagegen aus.7 Für diese enge Auslegung findet sich zwar kein expliziter Hinweis im aktuellen Gesetzeswortlaut. Eine Anwendung des § 2a GewStG (Ergebniskonsolidierung) auch auf KapGes. würde jedoch grundlegenden Prinzipien der Besteuerung widersprechen, insbes. dem Trennungs- und dem Leistungsfähigkeitsprinzip.8 Zudem ist ein eindeutiger alleiniger Bezug auf Mitunternehmerschaften dem vor dem EZ 1986 geltenden Wortlaut der Vorschrift zu entnehmen.9 Der Ausschluss von KapGes. aus dem Anwendungsbereich des § 2a GewStG folgt nicht aus § 2 Abs. 2 GewStG,10 denn § 2a GewStG stellt systematisch eine Ausnahmeregelung (lex specialis) dar, welche – soweit ihr Anwendungsbereich reicht – § 2 GewStG (lex generalis) derogiert; und nicht umgekehrt. Die Begrenzung des § 2a GewStG auf Mitunternehmerschaften ergibt sich allein aus der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs.

15

Es kann sich bei einer Arge iSd. § 2a GewStG sowohl um eine Innen- als auch eine Außengesellschaft handeln.11 Auch eine atypische stille Gesellschaft kann Arge iSd. § 2a GewStG sein.12 Es ist also weder ein Auftreten nach außen noch eine nach außen erkennbare Organisation erforderlich.13 Ferner erfordert § 2a GewStG keine eigene Buch- oder Rechnungsführung.14 Ebenso wenig sind ein Gesamthandsvermögen15 der Arge oder die Beschäftigung eigener Arbeitnehmer erforderlich.16 Umgekehrt ist das Vorliegen der vorgenannten Merkmale aber auch nicht schädlich.17 Unerheblich ist die Bezeichnung/Firma einer Personengesellschaft als „Arge“.

1 Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 24. 2 BFH v. 2.12.1992 – I R 165/90, BStBl. II 1993, 577. 3 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 21; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 17; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2a GewStG Rz. 3; Frotscher in Frotscher/Drüen, § 2a GewStG Rz. 4; Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 5, 6. 4 BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355; v. 13.10.1998 – VIII R 61/96, BFH/NV 1999, 463; wegen der unterschiedlichen zivilrechtlichen Ausprägungen der Argen in der Praxis s. Knigge DB 1982, Beilage 4; Thierau/Messerschmidt, NZBau 2007, 129 (131 ff.). 5 Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 17 mwN. 6 Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 18, aA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 21. 7 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 21; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 19; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2a GewStG Rz. 3; Werner in Bergemann/Wingler, § 2a GewStG Rz. 4. 8 So wohl auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 21. 9 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2a GewStG Rz. 3. Die Änderung des Wortlauts sollte keine sachliche Änderung bewirken, vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 7. 10 So Werner in Bergemann/Wingler, § 2a GewStG Rz. 4. 11 BFH v. 10.7.1974 – I R 248/71, BStBl. II 1974, 752; v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 21; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 18; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2a GewStG Rz. 3; aA Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 6. Auch eine Innengesellschaft kann grds. gewstpfl. sein, vgl. BFH v. 15.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355; v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 = FR 1997, 179. 12 BFH v. 10.7.1974 – I R 248/71, BStBl. II 1974, 752; FG München v. 7.2.1996 – 5 K 1782/95, EFG 1996, 877. 13 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 37. 14 Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 15. 15 Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 15; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 37. 16 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 37. 17 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 37.

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B. Voraussetzungen

Rz. 21 § 2a

Auf die Rechtsform der an der Arge Beteiligten kommt es nicht an.1 § 2a GewStG ist auch anwend- 16 bar, wenn ausländische Unternehmen an der Arge beteiligt sind.2 Selbst eine Arge kommt als Beteiligte einer anderen Arge in Betracht.3 Nach Ansicht des FG Hamburg ist aber notwendige Voraussetzung für die Qualifikation als Arge iSd. § 2a GewStG, dass es sich bei den Beteiligten um selbstständige gewerbliche Unternehmer handelt.4 Eine Begründung ist nicht ersichtlich. Nach eigener Auffassung können auch nicht gewerbliche Unternehmer Beteiligte an einer Arge iSd. § 2a GewStG sein.5 Unerheblich ist auch die Zahl der an der Arge Beteiligten.6 Arge iSd. § 2a GewStG kann auch ein gemeinsamer Zweckbetrieb mehrerer gemeinnütziger Körper- 17 schaften sein.7 Ebenso kann eine Arge iSd. § 2a GewStG vorliegen, wenn sich eine KapGes. in Form einer atypischen stillen Gesellschaft an einer anderen KapGes. beteiligt.8

II. Zweck der Arbeitsgemeinschaft Der Zweck der Arge muss in der Erfüllung eines einzigen Werkvertrags oder Werklieferungsver- 18 trags bestehen. Ob es sich bei dem maßgeblichen Vertragsverhältnis um einen der beiden geforderten Vertragstypen handelt, bestimmt sich nach den Vorschriften des Zivilrechts (§§ 631, 351 BGB). Ausgeschlossen ist angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift eine Anwendung auf andere Vertragstypen, bspw. auf Dienstverträge. Dies schließt auch typengemischte Verträge oder Verträge eigener Art ein, die andere als die typischen Vertragselemente eines Werk(lieferungs)vertrags enthalten. Kaufvertragliche Elemente, die zu einem Werklieferungsvertrag gehören, sind unschädlich.9 Auf die zivilrechtliche Wirksamkeit bzw. das zivilrechtlich wirksame Zustandekommen des Werk- 19 oder Werklieferungsvertrags sollte es nicht ankommen. Der Wortlaut der Vorschrift („Erfüllung eines Werkvertrags oder Werklieferungsvertrags“) impliziert nicht, dass tatsächlich eine Verpflichtung besteht. Er erfasst vielmehr auch Fälle, in denen der Zweck der Arge auf die Erfüllung eines noch abzuschließenden Vertrags gerichtet ist, bspw. bei der Teilnahme an einer Ausschreibung. Das angestrebte Vertragsverhältnis muss aber hinreichend konkret sein und es darf nur die Absicht zum Abschluss eines einzigen, nicht aber mehrerer Werk(lieferungs)verträge bestehen. Nicht relevant ist des Weiteren, ob der zu erfüllende Werk(lieferungs)vertrag letztendlich tatsächlich erfüllt wird. Unerheblich ist seit dem EZ 95 die zeitliche Dauer bis zur Erfüllung des maßgeblichen Vertragsver- 20 hältnisses (Rz. 6). § 2a GewStG erfordert sowohl hinsichtlich des Zwecks als auch hinsichtlich des zu erfüllenden Vertrags 21 Exklusivität. Die Erfüllung eines „einzigen“ Werk(lieferungs)vertrags muss der „alleinige“ Zweck der Arge sein. Entsprechend ist § 2a GewStG nicht anzuwenden, wenn entweder ein weiterer Zweck durch die Arge verfolgt wird oder ein weiterer Vertrag erfüllt wird bzw. erfüllt werden soll. Ist die erforderliche doppelte Exklusivität nicht gegeben, ist die Anwendung des § 2a GewStG auf die Arge insgesamt und nicht nur anteilig ausgeschlossen.10 Unschädlich sind lediglich iRd. Erfüllung des einzigen Werk(lieferungs)vertrags stattfindende Hilfsgeschäfte, zB Personaleinstellungs-, Versicherungs- und Sachbeschaffungsverträge. Schädlich ist dagegen jeder Nebenzweck.11

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 23; Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 11. BFH v. 2.12.1992 – I R 165/90, BStBl. II 1993, 577. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 13; Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 11. FG Hbg. v. 27.2.2012 – 6 K 162/10, BeckRS 2012, 95061; ebenso Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 23; aA Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 15. So auch Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 17; zur Rechtsfolge s. Rz. 23. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 23, 37. Orth, DStR 2012, 116 (118). FG München v. 7.2.1996 – 5 K 1782/95, EFG 1996, 877. Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 13. FG Hbg. v. 27.2.2012 – 6 K 162/10, BeckRS 2012, 95061; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 26. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 26; Blümich, § 2a GewStG Rz. 23; Frotscher/Drüen, § 2a GewStG Rz. 3; Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 12.

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§ 2a Rz. 22 Arbeitsgemeinschaften Beispiele: Eine Koproduktion für Film und Fernsehen qualifiziert nicht als Arge iSd. § 2a GewStG, wenn sie keine Auftragsproduktion ausführt, sondern zur Eigenverwertung produziert.1 Eine Gemeinschaft, die einen nicht der Erfüllung eines einzigen Werk(lieferungs)vertrags dienenden Einkauf unterhält, ist keine Arge iSd. § 2a GewStG.2 Dient die Arge der Erfüllung einer Bauträgervereinbarung, die auch die Vermarktung und Übertragung von Ferienappartements zum Gegenstand hat, ist § 2a GewStG nicht anwendbar.3 Unterhält eine Arge ein betriebsfremdes Bankkonto, ist ebenfalls die Anwendung des § 2a GewStG zu versagen.4

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Der Zweck der Arge ergibt sich aus einer Würdigung der tatsächlichen Gesamtumstände, insbes. (aber nicht ausschließlich)5 durch Auslegung des Arge-Vertrags.6 Erforderlich ist aber eine klare und eindeutige Feststellbarkeit des Zwecks; im Zweifel ist die Anwendung des § 2a GewStG zu versagen.7 Entsprechende Sorgfalt ist bereits bei der Ausgestaltung des Arge-Vertrags erforderlich.8 Ein besonderes Formerfordernis besteht für den Arge-Vertrag aber nicht.9

C. Rechtsfolgen I. Kein Gewerbebetrieb der Arbeitsgemeinschaft (Satz 1) 23

Rechtsfolge des § 2a Satz 1 GewStG ist eine gesetzliche Fiktion. Die Tätigkeit der Arge gilt nicht als Gewerbebetrieb. Dies bedeutet, dass die unter § 2a GewStG fallende Personengesellschaft als gewstl. nicht existent bzw. transparent10 behandelt wird. Es erfolgt eine anteilige Zurechnung der in einem ersten Schritt als nicht gewerblich qualifizierten Tätigkeit der Arge an ihre Beteiligten. Auf Ebene des jeweiligen Beteiligten erfolgt dann für gewstl. Zwecke die Einkünftequalifikation.11 Im Falle von gewerblich tätigen Beteiligten ergibt sich also eine gewstl. Ergebniskonsolidierung. Bei einem nicht der GewSt unterliegenden Beteiligten wird der Anfall von GewSt auf die Arge-Einkünfte sowie eine gewerbliche Infektion für Zwecke der GewSt vermieden.12 Diese Rechtsfolge ergibt sich nicht explizit aus dem Wortlaut des § 2a Satz 1 GewStG. Sie kann aber indirekt aus der Rechtsfolge des § 2a Satz 2 GewStG (Rz. 28) abgeleitet werden und entspricht dem Normzweck. Denn die Betriebsstätten der Arge gelten nach § 2a Satz 2 GewStG anteilig, dh. entsprechend der jeweils erbrachten Tätigkeit, als Betriebsstätten der Beteiligten, sodass keine Infektion zulasten des nicht gewerblich Beteiligten stattfindet, solange seine iRd. Arge erbrachte Tätigkeit selbst nicht als gewerbliche Tätigkeit qualifiziert. Der maßgebliche Betriebsstättenbegriff des § 12 AO erfasst neben gewerblichen auch freiberufliche sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebsstätten.13

24

Die Zurechnung der Tätigkeiten der Arge an ihre Beteiligten erfolgt anhand des Arge-Vertrags bzw. der tatsächlichen Gegebenheiten, insbes. anhand der durch die Beteiligten geleisteten Beiträge.14

25

Eine sachliche Gewerbesteuerbefreiung des durch die Arge erzielten Gewerbeertrags normiert § 2a Satz 1 GewStG nicht.15 Eine solche Auslegung stünde dem Telos der Norm entgegen und würde zu

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

BMF v. 23.2.2001 – IV A 6 - S 2241 - 8/01, BStBl. I 2001, 175 Tz. 30. R 2a Satz 2 GewStR 2009. BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355. FG Düsseldorf v. 18.4.1996 – 10 K 6465/92 F, EFG 1997, 207. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 27; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 22, nennt als Bsp. die Korrespondenz der Beteiligten. BFH v. 2.12.1992 – I R 165/90, BStBl. II 1993, 577. BFH v. 2.12.1992 – I R 165/90, BStBl. II 1993, 577; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 27. Zur gewstl. Gestaltungsberatung vgl. Depping, INF 1995, 551. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 27. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 43; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 31; Frotscher in Frotscher/Drüen, § 2a GewStG Rz. 6; Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 18. Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 17. Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 17. Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 12 Rz. 17. AA Frotscher in Frotscher/Drüen, § 2a GewStG Rz. 6, die von einer zwingenden Gewinnverteilung nach Köpfen ausgeht. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 44; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 31; Frotscher in Frotscher/Drüen, § 2a GewStG Rz. 5; Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 15.

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C. Rechtsfolgen

Rz. 29 § 2a

einer stl. Begünstigung von Argen führen, für die sachliche Gründe nicht ersichtlich sind und die wohl auch unter verfassungs- und beihilferechtlichen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen wäre. Die Gewinne der Arge sind nach den allgemein für Mitunternehmerschaften geltenden Vorschriften 26 zu ermitteln.1 Insbes. erfolgt eine Zurechnung der WG des Gesamthandsvermögens über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.2 Außerdem erfolgt nach Verwaltungsauffassung eine Behandlung der Leistungsbeziehungen der Beteiligten zur Arge als Fremdleistungen.3 Bei den Beteiligten treten sämtliche gewstl. Konsequenzen ein, auch etwaige anteilige Hinzurechnun- 27 gen und Kürzungen.4 Die Beteiligten sind selbst Steuerschuldner der auf den anteiligen Gewerbeertrag der Arge entfallenden GewSt.5

II. Anteilige Betriebsstätten der Beteiligten (Satz 2) Nach § 2a Satz 2 GewStG gelten die Betriebsstätten der Arge anteilig als Betriebsstätten der Beteilig- 28 ten. Die anteiligen Betriebsstätten sind gegebenenfalls in eine Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags wie eigene Betriebsstätten des jeweiligen Beteiligten mit einzubeziehen. § 2a GewStG kann bei einer inländischen Betriebsstätte auch eine GewStPfl. eines Steuerausländers begründen.6 Falls die Tätigkeit einer Arge nicht in einer (inländischen) Betriebsstätte ausgeübt wird, wird durch 29 § 2a Satz 2 GewStG auch keine solche Betriebsstätte fingiert.7 Insbes. bei im Ausland belegenen Betriebsstätten der Arge begründet § 2a Satz 2 GewStG keine GewStPfl. im Inland.8

1 Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 31. 2 Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 31. 3 BMF v. 27.1.1998 – IV B 2 - S 2241 - 5/98, BStBl. I 1998, 251; Schumann/Salevic in Deloitte, § 2a GewStG Rz. 9; Kessler/Kröner/Köhler, Konzernsteuerrecht, 2. Aufl. 2008, § 4 Rz. 174; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 31; krit. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 44. 4 Gleichlautende Ländererlasse v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Tz. 2; BFH v. 2.12.1992 – I R 165/90, BStBl. II 1993, 577; v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355; v. 13.10.1998 – VIII R 61/96, BFH/NV 1999, 463; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 44; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 31. 5 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2a GewStG Rz. 45; Drüen in Blümich, § 2a GewStG Rz. 31. 6 Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 10. 7 Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 19. 8 Rosarius in eKomm, § 2a GewStG Rz. 20. Wegen Auswirkungen des Anti-BEPS-Gesetzes 1 auf die gewstl. Behandlung ausländischer Betriebsstätten s. § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 9.

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§ 3 Befreiungen Von der Gewerbesteuer sind befreit … (Die Fortsetzung des Gesetzestextes mit den einzelnen Befreiungstatbeständen ist deren jeweiliger Kommentierung unmittelbar vorangestellt.) A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

C. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . .

19

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

10

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . .

20 20

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10

I. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht . .

II. Juristische Personen des öffentlichen Rechts .

11

II. Befreiungen außerhalb des GewStG . . . .

21

III. Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . .

13

III. Verhältnis zu Vorschriften des GewStG . .

26

IV. Gewerbliche Abfärbung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IV. Verhältnis zu Vorschriften des EStG . . . .

27

14

V. Verhältnis zu Vorschriften des KStG . . . .

29

V. Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) . . .

15

VI. Verhältnis zu Vorschriften des UStG . . . .

30

VI. Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) . . . . . . . . . . .

18

E. Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . .

31

A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 GewStG enthält in 31 Nummern – 28 sind derzeit besetzt – Befreiungen von der GewSt. Es han- 1 delt sich um eine abschließende, aber nicht vollständige Aufzählung, da außerhalb des GewStG weitere Befreiungstatbestände existieren (s. Rz. 21 ff.). Die Reihenfolge der Aufzählung in § 3 GewStG ist chronologisch bedingt. Zudem stimmen viele Tatbestände durch Verweis oder inhaltsgleiche Ausgestaltung mit den Befreiungen des § 5 Abs. 1 KStG überein (s. dazu Rz. 29). Gerechtfertigt werden die Ausnahmen überwiegend aus öffentlichem Interesse an der begünstigten 2 Tätigkeit. Teilweise handelt es sich um wirtschaftspolitische Maßnahmen, mithin Subventionen für bestimmte Wirtschaftszweige.1 In Betracht kommen auch sozialpolitische Erwägungen, die Schaffung von Rechtssicherheit oder Gleichbehandlungsgründe. Im steuerrechtlichen Sprachgebrauch werden je nach Anknüpfungspunkt der Norm persönliche und 3 sachliche Befreiungen unterschieden. Teilweise erfolgt diese Einordnung jedoch uneinheitlich. Auch die verwendeten Begrifflichkeiten variieren.2 Zusätzlich werden persönliche Befreiungen zumeist in „uneingeschränkte“ oder „eingeschränkte“ Befreiungen unterteilt (daneben findet sich auch die Formulierung „unbeschränkte“ und „beschränkte“), wobei der BFH bspw. beschränkt-persönliche mit sachlichen Befreiungen gleichsetzt.3 Die Unterscheidung in persönliche und sachliche Befreiungen ist jedoch nur von geringer Relevanz. 4 Aus ihr lässt sich nur bedingt der tatsächliche Umfang einer Befreiung erkennen, da persönliche Befreiungen eben sachlich auf bestimmte Tätigkeiten eingeschränkt sein können oder die Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten zu einer vollständigen Versagung der Befreiung führen kann. Materiell-rechtliche Bedeutung hat die Unterscheidung – soweit ersichtlich – einzig in der Frage der Organträgerfähigkeit eines steuerbefreiten Gewerbebetriebs (s. dazu Rz. 16). Präziser wäre lediglich eine Unterscheidung von uneingeschränkten und eingeschränkten Befreiungen. 5 In diesem Sinne befreien uneingeschränkte Befreiungen durch die explizite Nennung des StPfl. oder einer Gruppe von StPfl. grds. vorbehaltslos die gesamten Einkünfte,4 in der Folge entfällt die persönli1 Vgl. auch den 26. Subventionsbericht der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/13456. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 8 ff. (Stand: März 2018), unterscheidet bspw. neben persönlichen bzw. sachlichen auch faktische Befreiungen. 3 Vgl. nur BFH v. 24.1.2012 – I B 34/11, BFH/NV 2012, 1175. 4 S. aber auch hier für eine mögliche Einschränkung Rz. 6.

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§ 3 Rz. 6 Befreiungen che GewStPfl. (inkl. der Erklärungspflicht, s. zu Verfahrensfragen Rz. 31 ff.). Die Befreiung erstreckt sich in diesen Fällen nur auf die genannten Unternehmen. Eingeschränkte Befreiungen begünstigen hingegen nur die Einkünfte aus bestimmten Tätigkeiten. 6 Zu diskutieren ist, ob tatsächlich „echt“ uneingeschränkt wirkende Befreiungen existieren. Denn

persönliche Befreiungen werden regelmäßig nur für öffentlich-rechtliche Unternehmen gewährt, deren Tätigkeitsfeld bereits auf Grundlage außersteuerlicher Regelungen eingeschränkt ist. Es spricht demnach viel dafür, dass sich auch der Umfang einer persönlichen Befreiung letztlich stets auf die gesetzliche Zweckbestimmung beschränkt.1 Der BFH deutet dies bereits 1958 an, indem er die Befreiung für die damals noch bestehende Deutsche Bundesbahn bejaht, weil sie mit der in Rede stehenden Tätigkeit noch „in dem ihr obliegenden Aufgabenkreis“2 verbleibt. In einer jüngeren Entscheidung wird der BFH noch konkreter, wonach die in § 3 Nr. 11 GewStG enthaltene uneingeschränkte Befreiung „nur insoweit ausgeschlossen“ sei, als die Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen „Erträge aus Tätigkeiten außerhalb ihrer öffentlichen Aufgaben“ erzielen würden.3 7 Die Rechtsfolgen von § 3 GewStG (s. dazu Rz. 8) treten ein, sobald die persönlichen und/oder sachli-

chen sowie zeitlichen Voraussetzungen (s. Rz. 10) einer Befreiung erstmals vorliegen. Sie enden, sobald eine Voraussetzung entfällt. Fällt dieser Zeitpunkt (der Beginn oder das Ende einer Befreiung) in den laufenden EZ, ist zur Abgrenzung der gewerbesteuerfreien Einkünfte teilweise die Erstellung einer Schluss- bzw. Anfangsbilanz verpflichtend.4 Wird keine Schlussbilanz erstellt,5 sind die Einkünfte auf die unterschiedlichen (steuerfreien und stpfl.) Zeiträume im Idealfall direkt oder im Verhältnis der Umsätze aufzuteilen. Eine Schätzung kommt uE nur hilfsweise in Betracht.6 Bei der Ausübung gemischter (dh. gleichzeitig steuerfreien und stpfl.) und deshalb oftmals voneinander verschiedenen Tätigkeiten kann die Aufteilung idR der eigenständigen Buchführung entnommen werden. 8 Die Gewerbesteuerfreiheit bezieht sich auf die betreffenden Einkünfte, nicht auf den entsprechen-

den Gewerbeertrag.7 Hierbei geht es um die Frage, auf welcher Stufe § 3 GewStG anzuwenden ist (vor oder nach der Gewerbeertragsermittlung). Sie ist bei StPfl. von Bedeutung, die nur einen Gewerbebetrieb iSd. § 2 GewStG unterhalten können,8 aber zugleich stpfl. und steuerfreien Tätigkeiten nachgehen, was eine Aufteilung der Einkünfte bzw. des Gewerbeertrags erforderlich macht. Irrelevant ist sie bei uneingeschränkten Befreiungen, weil hier in Gänze keine GewSt anfällt. Die Frage lässt sich gesetzlich nicht eindeutig beantworten, weil der Eingangssatz von § 3 GewStG lediglich allgemein anordnet „Von der GewSt sind befreit …“.9 Auch die sich hieran anschließenden eingeschränkten Befreiungen stellen nicht etwa „… die Einkünfte aus …“, sondern lediglich bestimmte Tätigkeiten steuerfrei. In jedem Fall gemeint ist eine Nettogröße, weil sich die Befreiung einer „Tätigkeit“ immer auf ein Ergebnis und nicht auf eine Bruttogröße (also Einnahmen) bezieht. Gleichwohl ist nicht unmittelbar ersichtlich, ob bei eingeschränkten Befreiungen Teile der Einkünfte oder des Gewerbeertrags von der GewSt auszunehmen sind. 9 Der Bezug von § 3 GewStG zu Einkünften ergibt sich uE steuersystematisch, weil Steuerbefreiungen

nicht erst auf Ebene der Bemessungsgrundlage zur Anwendung kommen. Dies könnte bei der GewSt aufgrund der Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8 u. 9 GewStG sogar zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, mindestens aber ein aufwendigeres Berechnungsschema erforderlich machen, als es 1 Hierfür sprechen sich auch Hidien/Pohl/Schnitter15, 451, aus; aA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 8 (Stand: März 2018). 2 BFH v. 19.8.1958 – I 182/57 U, BStBl. III 1958, 429 (431). 3 BFH v. 9.2.2011 – I R 47/09, BStBl. II 2012, 601 = FR 2011, 969. 4 Bei den § 3 Nr. 1–3, 6, 8–11, 15–19 GewStG aufgrund von § 13 Abs. 1 KStG und der zu § 5 KStG inhaltsgleichen Ausgestaltung. 5 Keine Verpflichtung besteht für § 3 Nr. 5, 7, 12–18, 20, 23 und 24; aA wohl Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 6 (Stand: März 2018). 6 Zur schätzweisen Aufteilung bei Schulen für § 3 Nr. 13 GewStG vgl. BFH v. 27.3.1996 – I R 182/94, BStBl. II 1997, 449 = FR 1996, 638. 7 GlA Frotscher in Frotscher/Drüen, § 3 GewStG Rz. 2 und 7 (Stand: Januar 2011); aA Bührer in Bergemann/ Wingler, § 3 GewStG Rz. 3, der (ohne nähere Begründung) auf die Freistellung des Gewerbeertrags abstellt. 8 Im Gegensatz zu Einzelunternehmern können KapGes. gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG und Personengesellschaften (außerhalb eines Liebhabereibetriebs) gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nur einen Gewerbebetrieb unterhalten. 9 § 3 EStG spricht dagegen explizit von „Steuerfreien Einnahmen“.

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B. Anwendungsbereich

Rz. 12 § 3

bei der Herausnahme auf Ebene der Einkünfte (also vor der Gewerbeertragsermittlung) nötig ist. Sind also bei gemischten, dh. steuerfreien und stpfl. Tätigkeiten, bspw. Zinszahlungen der begünstigten Tätigkeit zuzuordnen, sind sie nicht mehr im Rahmen von § 8 GewStG wieder hinzuzurechnen. Ist eine direkte Zuordnung nicht möglich, sind die steuerfreien Einkünfte uE im Verhältnis der steuerfreien zu den stpfl. Einnahmen zu ermitteln. Mit diesem Schlüssel lassen sich sodann auch die für die §§ 8, 9 GewStG relevanten Größen abschichten.

B. Anwendungsbereich I. Allgemeines Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich einer Befreiung ergibt sich aus den Tatbestands- 10 voraussetzungen der jeweiligen Norm. Logische Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Steuerbefreiungen ist zuvor die StPfl. der betreffenden Einkünfte, also das Bestehen eines Gewerbebetriebs iSd. § 2 GewStG. Der zeitliche Anwendungsbereich einer Befreiung richtet sich nach der allgemeinen oder speziellen Anwendungsregel in § 36 GewStG (s. § 36 GewStG Rz. 1 ff.). Besonderheiten gelten ggf. für den Beginn und das Ende einer Befreiung (s. Rz. 7). Darüber hinaus ist eine Befreiung nur bei demjenigen Gewerbebetrieb anzuwenden, der selbst die Voraussetzungen der infrage kommenden Befreiung erfüllt bzw. selbst die begünstigte Tätigkeit unmittelbar ausübt.1 In bestimmten Konstellationen dehnt sich eine Steuerfreiheit allerdings auch auf andere Gewerbebetriebe oder Unternehmensteile aus (s. Rz. 13 ff.).

II. Juristische Personen des öffentlichen Rechts Öffentlich-rechtliche Unternehmen. Viele Vorschriften in § 3 GewStG befreien juristische Personen 11 des öffentlichen Rechts (jPdöR).2 Diese sind mit ihrer hoheitlichen (die durch Gesetz zugewiesene) und mit ihrer iSd. § 14 Satz 3 AO vermögensverwaltenden Tätigkeit bereits dem Grunde nach nicht stpfl., womit eine Selbstbesteuerung des Staates verhindert wird.3 Die staatliche Tätigkeit hat idR auch keine Wettbewerbsrelevanz. Werden jPdöR durch namentliche Nennung befreit, ist die Befreiung im Hinblick auf die vorgenannten Tätigkeiten daher grds. nur deklaratorisch. Handelt es sich bei der Tätigkeit jedoch um eine wirtschaftlich bedeutsame,4 wird hierdurch regelmäßig5 ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) begründet (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG bzw. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStDV),6 dessen Einkünfte zu versteuern sind, um eine Wettbewerbsbeeinträchtigung zu vermeiden. Durch eine Befreiungsnorm kann eine StPfl. jedoch auch in diesen Fällen verhindert werden, was gleichheitsrechtlich zu rechtfertigen ist (s. Rz. 20). Oftmals enthalten die Befreiungen für jPdöR jedoch selbst Ausnahmen für die Tätigkeit von BgA. Öffentlich-rechtliche Trägerschaft. Neben einer unmittelbaren Befreiung von jPdöR kommt eine 12 Begünstigung von durch jPdöR betriebenen Einrichtungen in Betracht. Für unselbstständige Organisationformen (zB sog. „Regiebetriebe“) oder in öffentlich-rechtlicher Rechtsform tätige Einrichtungen gelten die vorherigen Ausführungen (Rz. 11) entsprechend. Eine privatrechtliche Gesellschaft ist hingegen nicht bereits deswegen begünstigt, weil sie zu 100 % der öffentlichen Hand gehört (s. hierzu 1 Bspw. gilt die Befreiung des § 3 Nr. 7 GewStG nicht für den Verpächter, der einen begünstigten Fischereibetrieb verpachtet; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 309 (Stand: März 2018). 2 Bspw. die in § 3 Nr. 1 GewStG genannten Unternehmen (s. § 3 Nr. 1 GewStG Rz. 1). 3 Zur Selbstbesteuerung des Staates als Rechtsproblem ausf. Hidien in Hidien/Jürgens, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, 2017, 170 ff. 4 Ab einem Jahresumsatz von 35.000 Euro wird von der FinVerw. eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit angenommen; vgl. R 4.1 Abs. 5 Satz 1 KStR 2015. 5 Zu den BgA gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe); vgl. § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG bzw. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStDV. 6 Für die GewSt ist im Unterschied zur KSt nicht nur eine Einnahmen-, sondern eine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich. In der Praxis wird es aber wohl regelmäßig zu einem Gleichlauf der stl. Rechtsfolgen kommen; vgl. zB zu dauerdefizitären BgA BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341.

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§ 3 Rz. 13 Befreiungen zB § 3 Nr. 1 GewStG Rz. 6). Es ist stets ein unmittelbares Betreiben erforderlich.1 Für rechtlich selbstständige oder in privatrechtlicher Rechtsform tätige Einrichtungen (zB sog. „Eigenbetriebe) bedarf es einer eigenständigen Befreiungsnorm.

III. Betriebsaufspaltung 13

Bei einer Betriebsaufspaltung erzielt das Besitzunternehmen nicht mehr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb.2 Ist das Betriebsunternehmen jedoch mit der Tätigkeit, der auch die wesentliche Betriebsgrundlage zuzuordnen ist, über § 3 GewStG von der GewSt befreit, dehnt sich die Befreiung des Betriebsunternehmens – entsprechend zur vorherigen Ausdehnung der GewStPfl. – auch auf die Vermietungseinkünfte des Besitzunternehmens aus.3 In der Folge werden die grds. gewstpfl. Vermietungseinnahmen wieder gewerbesteuerfrei vereinnahmt. Die Befreiung gilt allerdings nicht für andere, eigenständig gewstpfl. Tätigkeiten des Besitzunternehmens.

IV. Gewerbliche Abfärbung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) 14

Durch die Abfärberegelung können Mitunternehmerschaften nicht zugleich gewerbliche und nicht gewerbliche Einkünfte erzielen, da die gewerblichen Einkünfte gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die nicht gewerblichen Einkünfte infizieren. Fällt die gewerbliche Tätigkeit jedoch unter § 3 GewStG, „infiziert“ auch die Befreiung die durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gewstpfl. Tätigkeit.4 Dadurch bleibt es bei der Gewerbesteuerfreiheit der nicht gewerblichen Einkünfte.

V. Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) 15

Allgemeines. Zentrales Merkmal der gewstl. Organschaft ist, dass – trotz der Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG – die Organgesellschaften sachlich eigenständige Steuersubjekte bleiben und nur die persönliche StPfl. dem Organträger zufällt (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie, s. § 2 GewStG Rz. 140).5 Infolge der gebrochenen Einheitstheorie erfolgt somit keine Ausdehnung einer Befreiung des Organträgers oder der Organgesellschaft auf andere Unternehmen des Organkreises.6

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Organträger. Uneingeschränkt befreite Gewerbebetriebe scheiden als Organträger in Ermangelung einer persönlichen GewStPfl. (s. Rz. 5) aus,7 da andernfalls eine Besteuerung der auf der Ebene des Organträgers zusammenzufassenden Gewerbeerträge der Organgesellschaften unterbleiben würde. Eingeschränkt befreite Gewerbebetriebe können hingegen als Organträger eingesetzt werden, soweit die Organgesellschaftsbeteiligung nicht der steuerbefreiten Tätigkeit des Organträgers zuzuordnen ist.8

1 Aufgrund der unmittelbaren Trägerschaft durch den Bund oder die Länder handelt es sich hierbei zumeist um sog. bundes- bzw. landesunmittelbare KöR oder AöR. 2 Vgl. aus der jüngeren Rspr. zB BFH v. 14.7.2016 – IV R 34/13, DStR 2016, 2697 (2703) Rz. 49. 3 BFH v. 29.3.2006 – X R 59/00, BStBl. II 2006, 661, Rz. 34 zu § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG; v. 19.10.2006 – IV R 22/02, FR 2007, 240 m. Anm. Kanzler = BFH/NV 2007, 149 Rz. 21, zu § 3 Nr. 6 GewStG; v. 20.8.2015 – IV R 26/13, BStBl. II 2016, 408 = FR 2016, 30 m. Anm. Wendt, zu § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG; aA für § 3 Nr. 13 GewStG Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 461 ff. (Stand: März 2018), weil die Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens dem in § 3 Nr. 14 GewStG iVm. § 4 Nr. 21 UStG begünstigten Zweck nicht wie gefordert „unmittelbar“ diene. 4 BFH v. 30.8.2001 – VI R 43/00, BStBl. II 2002, 152 Rz. 25. 5 Vgl. erstmalig BFH v. 6.10.1953 – I 29/53, BStBl. III 1953, 329; aus der jüngeren Rspr. BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser; zur historischen Entwicklung der verschiedenen Organschaftstheorien und deren Rechtsfolgen vgl. auch Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 871 (872 ff.). 6 BFH v. 4.6.2003 – I R 100/01, BStBl. II 2004, 244 Rz. 13 = FR 2003, 1235 m. Anm. Wendt. 7 Vgl. auch § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG iVm. § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG. 8 BFH v. 10.3.2010 – I R 41/09, BStBl. II 2011, 181 Rz. 18 = FR 2010, 846 m. Anm. Wendt.

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D. Verhältnis zu anderen Vorschriften

Rz. 20 § 3

Organgesellschaften. Sämtliche unter § 3 GewStG fallende Gewerbebetriebe können als Organgesell- 17 schaft eingesetzt werden. Die gewerbesteuerfreien Einkünfte werden zwar aufgrund der Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG beim Organträger erfasst. Die Steuerfreiheit bleibt aber dort aufgrund der gebrochenen Einheitstheorie erhalten, auch wenn der Organträger selbst stpfl. ist.1

VI. Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) Gem. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ist die erweiterte gewstl. Kürzung nicht anzuwenden, wenn der 18 Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient (s. dazu § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 126 ff.). Dies gilt jedoch nicht, wenn der das Grundstück nutzende Gewerbebetrieb einer uneingeschränkten Befreiung des § 3 GewStG unterfällt.2

C. Rechtsentwicklung Strukturprägend für § 3 GewStG war das Preußische GewStG v. 24.6.1891,3 das in den §§ 3 und 4 be- 19 reits elf Ausnahmen von der GewSt vorsah, die teilweise noch mit heutigen Befreiungen vergleichbar sind. § 3 GewStG in seiner aktuellen Fassung basiert auf der Ausfertigung des GewStG v. 1.12.1936.4 Über die Jahre wurde der Katalog der Befreiungen auf derzeit 31 Nummern ausgeweitet.5 Zur Rechtsentwicklung der einzelnen Befreiungstatbestände s. die jeweilige Kommentierung.

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften I. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht Grundgesetz. Steuerbefreiungen bedürfen einer Rechtfertigung.6 Dies gilt insbes. bei Wettbewerbsbe- 20 einträchtigungen.7 Als Rechtfertigung können „finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen“8 herangezogen werden. Bei den Tatbeständen des § 3 GewStG besteht oftmals ein öffentliches Interesse an der begünstigten Tätigkeit. Europarecht. Steuerbefreiungen können als unzulässige Beihilfen iSd. § 107 Abs. 1 AEUV zu qualifizieren sein.9 Hierfür muss ua. eine Wettbewerbsbeeinträchtigung vorliegen, was insbes. bei der Befreiung von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen oftmals nicht erfüllt sein dürfte, da diese nur zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben tätig sein und nur die hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Geschäfte betreiben dürfen. Gleiches gilt für privatwirtschaftliche Einrichtungen, die einer im öffentlichen Interesse stehenden und nicht wettbewerbsrelevanten Tätigkeit nachgehen.10 Liegt eine Wettbewerbsbeeinträchtigung vor, sind sog. „bestehende Beihilfen“ zu unterscheiden, die die Kommission nach ihrer Gewährung (Einführung) zehn Jahre nicht zurückgefordert hat.11 Diese 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Frotscher in Frotscher/Drüen, § 3 GewStG Rz. 11 (Stand: Januar 2011). BFH v. 26.6.2007 – IV R 9/05, BStBl. II 2007, 893 = FR 2008, 43 m. Anm. Wendt. Abrufbar unter www.jstor.org/stable/40904491. RGBl. I 1936, 979. Ausf. zur Rechtsentwicklung ab dem Jahr 1951 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 3 ff. (Stand: März 2018). Vgl. zB BFH v. 9.2.2011 – I R 47/09, BStBl. II 2012, 601 = FR 2011, 969 (zu § 3 Nr. 11 GewStG); ausf. Hey in Tipke/Lang, 22. Aufl. 2015, § 19 Rz. 1 ff. In vielen Fällen ist aber bereits eine Wettbewerbsbeeinträchtigung zu verneinen, weil die begünstigten Einrichtungen nur eingeschränkt gewerblich tätig werden dürfen. BFH v. 27.8.1996 – VII R 14/95, BFHE 181, 243. Vgl. zB EuGH v. 10.1.2006 – Rs. C-222/04 – Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-289. Wie zB die zuletzt (im EZ 2014) eingeführte Befreiung in § 3 Nr. 31 GewStG für die Global Legal Entity Identifier Stiftung (s. § 3 Nr. 31 GewStG Rz. 1). Art. 17 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EU) 2015/1589, ABl. 2015 L 248, 9; dazu Cremer in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 108 AEUV Rz. 3; Rusche in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2016, Band 3, Beihilfenverfahrens-VO, Rz. 5.

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§ 3 Rz. 21 Befreiungen unterliegen nicht dem innerstaatlich unmittelbar anzuwendenden Durchführungsverbot (Sperrwirkungsregel) des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV,1 dh., dass diese Beihilfen weiter durchgeführt werden können, solange die Kommission nicht ihre Unvereinbarkeit mit Art. 107 AEUV feststellt.

II. Befreiungen außerhalb des GewStG 21

Allgemeines. Sehen andere Gesetze oder Verordnungen Befreiungen von der GewSt vor, sind diese gem. R 3.0 GewStR 2009 auch ohne eine entsprechende Verweisungsnorm in § 3 GewStG anzuwenden. Zu den Folgen der Befreiungen in § 3 EStG s. Rz. 27, zu § 5 KStG s. Rz. 29.

22

GewStDV. Von der GewSt werden gem. § 12a GewStDV kleinere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit iSd. § 210 VAG befreit, wenn sie unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 4 KStG iVm. § 4 KStDV von der KSt befreit sind. In § 13 GewStDV wird die Tätigkeit „der Einnehmer einer staatlichen Lotterie“ befreit (s. dazu § 3 Nr. 1 GewStG Rz. 8).

23

InvStG. Gem. § 15 Abs. 2 und 3 InvStG sind Investmentfonds und gem. § 29 Abs. 4 InvStG auch Spezial-Investmentfonds von der GewSt befreit.

24

REITG. Gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 REITG ist eine REIT-Aktiengesellschaft, die die Voraussetzungen der §§ 8 bis 15 REITG erfüllt, von der GewSt befreit.

25 KAGG aF und VRG. Auf zwei weitere Befreiungen im Bereich des KAGG2 aF und des VRG3 wird in

H 3.0 GewStH 2009 verwiesen.

III. Verhältnis zu Vorschriften des GewStG 26

§ 10a GewStG. Bei unveränderter Unternehmer- und Unternehmensidentität führt der Beginn oder das Ende einer Befreiung (Rz. 7) nicht zu einem Wegfall des vortragsfähigen Gewerbeverlusts nach § 10a GewStG.4

IV. Verhältnis zu Vorschriften des EStG 27

§ 3 EStG. Über § 7 GewStG wirken sich die (sachlichen)5 Befreiungen des § 3 EStG grds. auch bei der GewSt aus. Eine Abweichung vom einkommensteuerrechtlichen Einkommen ist nur insoweit möglich, als sich unmittelbar aus dem GewStG etwas anderes ergibt oder soweit die Vorschriften des Einkommensteuerrechts mit dem besonderen Charakter der GewSt als Objektsteuer nicht in Einklang stehen.6 Allerdings werden in § 3 EStG fast ausschließlich Einnahmen begünstigt, die ohnehin nicht gewstpfl., also im Gewinn aus Gewerbebetrieb als Ausgangsgröße des § 7 GewStG nicht enthalten sind. Die Anwendung von § 3 Nr. 40 EStG wurde dagegen in § 7 Satz 4 GewStG explizit normiert.7

28

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. S. dazu Rz. 14.

V. Verhältnis zu Vorschriften des KStG 29

§ 5 KStG. Viele Tatbestände von § 3 GewStG stimmen durch Verweis oder inhaltsgleiche Ausgestaltung mit den Befreiungen des § 5 KStG überein. Aufgrund von § 7 GewStG könnte daher auf eine erneute Aufführung dieser Befreiungen in § 3 GewStG verzichtet werden. Verfahrensrechtlich besteht 1 2 3 4 5

Khan in Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2017, Art. 108 Rz. 17. Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften. Vorruhestandsgesetz. BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733 = FR 1999, 1080. Persönliche Befreiungen existieren in der ESt seit dem Jahr 1919 bzw. 1945 nicht mehr; vgl. dazu Birtel/Richter, DStR 1993, Beihefter zu Heft 27, 1 (2, Fn. 27). 6 BFH v. 12.1.1978 – IV R 84/74, BStBl. II 1978, 267. 7 Dessen Anwendung war zuvor zweifelhaft, vgl. dazu Töben, FR 2002, 361.

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Staatliche Unternehmen mit Monopolcharakter

§ 3 Nr. 1

in den Fällen von Verweisvorschriften keine Bindung an die KSt-Festsetzung.1 Es handelt sich nicht um ein Grundlagen-/Folgebescheidverhältnis iSd. § 171 Abs. 10 AO, vielmehr wird gem. § 184 Abs. 1 Satz 2 AO eigenständig iRd. Steuermessbetragsfestsetzung über die persönliche und sachliche GewStPfl. entschieden. Das erweckt den Vorteil, dass im GewSt-Messbetragsverfahren eine von der KSt abweichende Wertung getroffen werden könnte (zB bei einer unzutreffenden und bereits festsetzungsverjährten KSt-Festsetzung). Da aber regelmäßig dasselbe FA für die KSt und den GewSt-Messbetrag zuständig ist,2 wird es wohl mehrheitlich zu einem Gleichlauf kommen.3 Fehlt eine mit § 5 KStG vergleichbare Befreiung in § 3 GewStG, wirken sich die körperschaftsteuerlichen Befreiungen über § 7 GewStG dennoch bei der GewSt aus (zu einer möglichen Ausnahme s. Rz. 27).

VI. Verhältnis zu Vorschriften des UStG Entsprechendes (Rz. 29) gilt für die mit § 4 UStG vergleichbaren Befreiungen in § 3 GewStG.

30

E. Verfahrensfragen Verfahrensrechtlich wird gem. § 184 Abs. 1 Satz 2 AO iRd. Festsetzung der Steuermessbeträge über 31 die persönliche und sachliche StPfl. entschieden. Ein Rechtsbehelf ist daher gegen den GewSt-Messbescheid und nicht gegen den GewSt-Bescheid zu richten.4 Die Beschwer ergibt sich (auch bei einem Messbetrag von null) aus der Feststellung der StPfl.5 Bei rechtswidriger Nichtbesteuerung oder zu niedriger Besteuerung kann im Übrigen eine Konkurrentenklage zulässig sein.6 Zur Bindungswirkung der KSt- oder USt-Festsetzung bei mit § 5 KStG oder § 4 UStG gleichlaufen- 32 den Befreiungen s. Rz. 29 f. Wird der Gewerbebetrieb aufgrund einer uneingeschränkten Befreiung insgesamt befreit, ist für den 33 Zeitraum der Befreiung keine GewSt-Erklärung abzugeben.7 Bei gemischten (steuerfreien und stpfl.) Tätigkeiten einer Personen- oder Kapitalgesellschaft sind nur die gewstpfl. Einkünfte erklärungspflichtig.8

§ 3 Nr. 1 [Staatliche Unternehmen mit Monopolcharakter] Von der Gewerbesteuer sind befreit 1. das Bundeseisenbahnvermögen, die Monopolverwaltungen des Bundes, die staatlichen Lotterieunternehmen, die zugelassenen öffentlichen Spielbanken mit ihren der Spielbankenabgabe unterliegenden Tätigkeiten und der Erdölbevorratungsverband nach § 2 Abs. 1 des Erdölbevorratungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2509); … 1 Teilweise aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 5. 2 Bspw. ist für die Betriebsstätte und das Stammhaus idR das Betriebs-FA zuständig (§ 18 Abs. 1 Nr. 2, § 22 Abs. 1 Satz 1 AO). 3 So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 16 (Stand: März 2018); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 5. 4 Bührer in Bergemann/Wingler, § 3 GewStG Rz. 10. 5 Vgl. zB BFH v. 14.9.1994 – I R 153/93, BStBl. II 1995, 499 (500), zu einem KSt-Bescheid von null. 6 BFH v. 18.9.2007 – I R 30/06, BStBl. II 2009, 126 = FR 2008, 526. 7 § 14a GewStG iVm. § 25 Abs. 1 GewStDV; aA Frotscher in Frotscher/Drüen, § 3 GewStG Rz. 18 (Stand: Januar 2011). 8 AA Hidien/Pohl/Schnitter15, 444, die generell von einem Erlöschen der persönlichen StPfl. bei einer Anwendbarkeit von § 3 GewStG sprechen und auf H 2.6 GewStH 2009 verweisen. Darin wird auf RFH v. 23.2.1943 – I 117/42, RStBl. 1943, 801 verwiesen. Dieses Urt. hat jedoch nicht die gemischte Tätigkeit einer Personen- oder KapGes. zum Gegenstand.

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§ 3 Nr. 1 Rz. 1 Staatliche Unternehmen mit Monopolcharakter § 13 GewStDV § 13 Einnehmer einer staatlichen Lotterie Die Tätigkeit der Einnehmer einer staatlichen Lotterie unterliegt auch dann nicht der Gewerbesteuer, wenn sie im Rahmen eines Gewerbebetriebs ausgeübt wird. A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

2

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 1 GewStG befreit verschiedene monopolistische Unternehmen von der GewSt. Innerhalb der

Aufzählung zu unterscheiden sind öffentlich-rechtliche Unternehmen,1 die „besondere staatswirtschaftliche Aufgaben“ übernehmen und daher im öffentlichen Interesse handeln, womit die Begünstigung gerechtfertigt wird.2 Für die hoheitliche Tätigkeit der genannten Unternehmen hat die Befreiung nur deklaratorische Bedeutung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 11). Technisch handelt sich um eine uneingeschränkte Befreiung, die sämtliche Einkünfte umfasst. Aufgrund des gesetzlich festgelegten Aufgabenkreises öffentlich-rechtlicher Unternehmen werden aber letztlich nur bestimmte Einkünfte begünstigt (s. dazu § 3 GewStG Rz. 6). Die Befreiung ist im Hinblick auf die öffentlich-rechtlichen Unternehmen inhaltsgleich mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 KStG, weshalb aufgrund von § 7 GewStG und der Anknüpfung an das körperschaftsteuerliche Ergebnis auf die Wiederholung in § 3 GewStG hätte verzichtet werden können. Von den öffentlich-rechtlichen Unternehmen zu unterscheiden sind die von § 3 Nr. 1 GewStG ebenfalls erfassten öffentlichen Spielbanken, für die das Vorgenannte nicht gilt (zur Sonderstellung s. Rz. 9).

B. Anwendungsbereich 2 Bundeseisenbahnvermögen. Es handelt sich gem. § 1 BEZNG3 um nicht rechtsfähiges und zweck-

gebundenes Sondervermögen des Bundes (sog. „Extrahaushalt“), das im Zuge der Bahnreform 1994 (durch das BEZNG) errichtet wurde. Zu seinen wesentlichen Aufgaben gehört gem. § 3 Abs. 2 Nr. 3 u. 5 BEZNG die Personalverwaltung der bei den ehemaligen Staatsbahnen eingesetzten Beamten und die Betreuung der nicht für den Eisenbahnbetrieb notwendigen Immobilien. 3 Bereits § 4 Nr. 6 des PrGewStG 1891 v. 24.6.18614 enthielt eine Befreiung für den „Betrieb der Eisenbahnen“. Ab dem GewStG 1930 v. 1.12.19305 wurde stets die jeweilige staatliche Bahngesellschaft befreit. Seit dem GewStG 1936 v. 1.12.19366 enthält § 3 Nr. 1 GewStG die Befreiung. Seit § 3 Nr. 1 GewStG idF v. 27.12.19937 ist die Befreiung aufgrund der Bahnprivatisierung auf das Bundeseisenbahnvermögen beschränkt.

4 Monopolverwaltungen des Bundes. Es handelt sich um sog. Bundesoberbehörden, einen Bereich

der unmittelbaren Staatsverwaltung. Zuletzt existierte nur noch die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BfB).8 Sie wurde mit Wirkung zum 31.12.2018 aufgelöst,9 weil ihre Tätigkeit als EUrechtswidrige Beihilfe10 bis zum 31.12.2017 befristet war.11

1 Das Bundeseisenbahnvermögen, die Monopolverwaltungen des Bundes, die staatlichen Lotterieunternehmen und der Erdölbevorratungsverband. 2 BT-Drucks. 7/1470, 337, zur Begründung der identischen Vorschrift in § 5 Abs. 1 Nr. 1 KStG. 3 Bundeseisenbahnneugliederungsgesetz. 4 Abrufbar unter www.jstor.org/stable/40904491. 5 RGBl. I 1930, 517 (538). 6 RGBl. I 1936, 979. 7 BGBl. I 1993, 2378 (2411). 8 Ausf. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 21 (Stand: März 2018). 9 BGBl. I 2017, 420. 10 VO (EU) Nr. 1234/2010, ABl. EU 2010 Nr. L 346, 11. 11 BGBl. I 2013, 1650.

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B. Anwendungsbereich

Rz. 9 § 3 Nr. 1

Bereits § 6 Nr. 1 des GewStG 1930 v. 1.12.19301 enthielt eine Befreiung für die „Monopolverwaltungen des Reichs“. Seit dem GewStG 1936 v. 1.12.19362 enthält § 3 Nr. 1 GewStG diese Befreiung in materiell-rechtlich unveränderter Form.

5

Staatliche Lotterieunternehmen. Mit Lotterien sind öffentliche Glücksspiele mit finanziellem Ein- 6 satz gemeint.3 Zu den befreiten Lotterien gehören das klassische Lotto, das Fußballtoto4 und das Zahlenlotto.5 Die Lotterie ist nur dann staatlich, wenn sie das Land6 unmittelbar selbst (durch einen sog. Regiebetrieb) oder in Form einer AöR betreibt.7 Unseres Erachtens müsste hierfür auch der Betrieb in Form einer landesunmittelbaren KöR ausreichend sein. Nicht ausreichend ist die Tätigkeit im Rahmen einer dem Land zu 100 % gehörenden privatrechtlichen Gesellschaft.8 Die „besonderen staatswirtschaftlichen Aufgaben“9 liegen hier vor allem in der Suchtprävention.10 Mit der Befreiung wird aber auch die Verhinderung einer Doppelbelastung mit GewSt und Lotteriesteuer bezweckt.11 Nicht befreit werden nicht staatliche Lotterieunternehmen12 oder staatliche, aber nur lotterieähnliche Glücksspiele.13 Bereits § 6 Nr. 1 des GewStG 1930 v. 1.12.193014 enthielt eine Befreiung für die „staatlichen Lottierunternehmungen“. Seit dem GewStG 1936 v. 1.12.193615 enthält § 3 Nr. 1 GewStG diese Befreiung in materiell-rechtlich unveränderter Form.

7

§ 13 GewStDV enthält eine Befreiung für die „Einnehmer einer staatlichen Lotterie“, auch wenn 8 diese Tätigkeit in Form eines Gewerbebetriebs ausgeübt wird. Mit „Einnehmer“ sind insbes. die Inhaber von Lotto-Annahmestellen gemeint, welche die Lotteriegeschäfte als unmittelbarer Vermittler mit den Kunden abschließen. Darüber hinausgehende Tätigkeiten sind nicht befreit.16 Auch hier gilt, dass es sich um eine staatliche (Rz. 6) Lotto-Annahmestelle handeln muss.17 Öffentliche Spielbanken. Die Befreiung erfasst öffentliche Einrichtungen, in denen mit behördlicher 9 Erlaubnis Glücksspiele betrieben werden. Die genannten Einrichtungen nehmen aus mehreren Gründen eine Sonderstellung in § 3 Nr. 1 GewStG ein: Es handelt sich nicht um öffentlich-rechtliche, sondern um privatwirtschaftlich betriebene Unternehmen, die allerdings nur mit einer behördlichen Erlaubnis nach den jeweiligen Spielbankgesetzen errichtet werden können. Die Befreiung ist nicht deklaratorisch, da Monopolrechte (die staatliche Konzession) keinen Hoheitsbetrieb begründen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStDV). Eine KSt-Befreiung existiert nicht, weil mit der gewstl. Befreiung lediglich die Zusatzbelastung durch die Spielbankabgabe kompensiert werden soll.18 Sie ist daher auf die Ein-

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

RGBl. I 1930, 517 (538). RGBl. I 1936, 979. Für die allgemeinen Begriffsbestimmungen s. § 3 GlüStV. BFH v. 25.11.1954 – IV 118/53 U, BStBl. III 1955, 75. BFH v. 13.11.1963 – GrS 1/62 S, BStBl. III 1964, 190. Die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen ist Ländersache, vgl. auch § 2 GlüStV. BFH v. 24.10.1984 – I R 158/81, BStBl. II 1985, 223 = FR 1985, 166; v. 4.3.2013 – III B 64/12, BFH/NV 2013, 985. BFH v. 14.3.1961 – I 240/60 S, BStBl. III 1961, 212; v. 13.11.1963 – GrS 1/62 S, BStBl. III 1964, 190. BT-Drucks. 7/1470, 337. § 1 Nr. 1 GlüStV. BFH v. 1.12.2010 – IV R 18/09, BStBl. II 2011, 368 = FR 2011, 684. BFH v. 1.12.2010 – IV R 39/07, BFH/NV 2011, 842. Die Ungleichbehandlung staatlicher und nicht staatlicher Lotterien ist verfassungs- und europarechtskonform; BFH v. 1.12.2010 – IV R 18/09, BStBl. II 2011, 368 = FR 2011, 684. ZB das sog. Prämiensparen der Sparkassen. RGBl. I 1930, 517 (538). RGBl. I 1936, 979. Entwicklung sog. „Systemreihen“, Anwerben von Spielern, Gründen von Spielgemeinschaften, Ermitteln von einzelnen Gewinnanteilen; vgl. zu allen BFH v. 1.12.2010 – IV R 18/09, BStBl. II 2011, 368 = FR 2011, 684. BFH v. 4.3.2013 – III B 64/12, BFH/NV 2013, 985; v. 14.3.1961 – I 240/60 S, BStBl. III 1961, 212; v. 19.11.1985 – VIII R 310/83, BStBl. II 1986, 719; v. 1.12.2010 – IV R 18/09, BStBl. II 2011, 368 = FR 2011, 684. BT-Drucks. 13/3084, 25.

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§ 3 Nr. 1 Rz. 10 Staatliche Unternehmen mit Monopolcharakter künfte beschränkt, die der Spielbankabgabe1 unterliegen2 bzw. die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind. Dies erklärt auch, warum es sich um die einzige eingeschränkte Befreiung in § 3 Nr. 1 GewStG handelt. Nicht begünstigt sind private Spielbankbetreiber oder Spielgerätebetreiber, weil diese nicht mit der Spielbankabgabe belastet werden.3 10

Die Befreiung wurde erst durch das JStErgG 1996 v. 18.12.19954 eingefügt, galt per Rechtsverordnung aber bereits seit dem Jahr 19385 und war daher lediglich deklaratorischer Natur.6

11

Erdölbevorratungsverband. Es handelt sich gem. § 2 Abs. 1 ErdölBevG7 um eine bundesunmittelbare KöR. Die „besonderen staatswirtschaftlichen Aufgaben“8 liegen hier in der sog. „strategischen Ölreserve“. Befreit ist allerdings nur der Erdölbevorratungsverband „nach § 2 Abs. 1 ErdölBevG idF der Bekanntmachung v. 8.12.1987 (BGBl. I S. 2509)“. Das vorgenannte Gesetz wurde jedoch 1998 neu gefasst9 und 2012 vollständig aufgehoben.10 Die Änderungen sollten wohl keine Auswirkungen auf die Befreiung haben. De lege ferenda wäre der Verweis auf „i.d.F. der Bekanntmachung v. 8.12.1987“ jedoch zu streichen oder mittels dynamischen Verweises auf „in seiner jeweils gültigen Fassung“ zu ändern.11

12

Die Befreiung wurde durch das ErdölBevG v. 25.7.197812 eingeführt und besteht seitdem in unveränderter Form. Sie war – in Ermangelung einer gesonderten Anwendungsvorschrift – erstmals für den EZ 1978 anzuwenden.

§ 3 Nr. 2 [Bestimmte Banken] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 2. die Deutsche Bundesbank, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Landwirtschaftliche Rentenbank, die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung, die Niedersächsische Gesellschaft für öffentliche Finanzierungen mit beschränkter Haftung, die Bremer Aufbau-Bank GmbH, die Landeskreditbank Baden-Württemberg – Förderbank, die Bayerische Landesbodenkreditanstalt, die Investitionsbank Berlin, die Hamburgische Investitions- und Förderbank, die NRW. Bank, die Investitions- und Förderbank Niedersachsen, die Saarländische Investitionskreditbank Aktiengesellschaft, die Investitionsbank Schleswig-Holstein, die Investitionsbank des Landes Brandenburg, die Sächsische Aufbaubank – Förderbank –, die Thüringer Aufbaubank, die Investitionsbank Sachsen-Anhalt – Anstalt der Norddeutschen Landesbank – Girozentrale –, die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, das Landesförderinstitut MecklenburgVorpommern – Geschäftsbereich der Norddeutschen Landesbank Girozentrale –, die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen – rechtlich unselbständige Anstalt in der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale und die Liquiditäts-Konsortialbank Gesellschaft mit beschränkter Haftung; …

1 S. zB § 12 Spielbankgesetz NRW. 2 Nicht begünstigt ist zB der Betrieb eines Restaurants (BFH v. 21.1.1954 – V D 1/53 S, BStBl. III 1954, 122) oder die Verpachtung von Flächen zum Betrieb einer Bar (BFH v. 30.10.2014 – IV R 2/11, FR 2015, 529 = BFH/NV 2015, 273). 3 Aus diesem Grund verstößt die Ungleichbehandlung von staatlichen und privaten Betreibern auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG; vgl. BFH v. 29.3.2001 – III B 80/00, BFH/NV 2001, 1294. 4 BGBl. I 1995, 1959 (1964). 5 VO v. 27.7.1938, RStBl. 1938, 955. 6 BT-Drucks. 13/3084, 25 m.w.N. 7 Erdölbevorratungsgesetz. 8 BT-Drucks. 7/1470, 337. 9 BGBl. I 1998, 679. 10 BGBl. I 2012, 74 (89). 11 GlA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 27 (Stand: März 2018). 12 BGBl. I 1978, 1073 (1083).

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Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben

Rz. 2 § 3 Nr. 3

§ 3 Nr. 2 GewStG befreit öffentlich-rechtliche Kreditinstitute von der GewSt.1 Die genannten Unter- 1 nehmen sind mehrheitlich als rechtlich selbstständige AöR organisiert (s. dazu § 3 GewStG Rz. 11).2 Handelt es sich um eine privatrechtliche Rechtsform, befinden sich die Anteile unmittelbar oder mittelbar in öffentlicher Hand. Die Unternehmen nehmen staatliche Aufgaben war (zB die Abwicklung öffentlicher Förderprogramme) und stehen daher grds. nicht in Wettbewerb zu anderen Kreditinstituten.3 Die Tätigkeit der genannten Einrichtungen ist im öffentlichen Interesse, womit die Begünstigung gerechtfertigt werden kann. Technisch handelt es sich um eine uneingeschränkte Befreiung, die sämtliche Einkünfte umfasst. Aufgrund des gesetzlich festgelegten Aufgabenkreises öffentlichrechtlicher Unternehmen werden letztlich aber auch hier nur bestimmte Einkünfte begünstigt (s. dazu § 3 GewStG Rz. 6). Die Vorschrift ist inhaltsgleich mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 KStG, weshalb aufgrund von § 7 GewStG und der Anknüpfung an das körperschaftsteuerliche Ergebnis auf die Wiederholung in § 3 GewStG hätte verzichtet werden können. Eine Befreiung für die „Reichsbank“ enthielt bereits das PrGewStG 1891 v. 24.6.1861.4

§ 3 Nr. 3 [Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 3. die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben; … § 3 Nr. 3 GewStG befrei die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) von der 1 GewSt. Die BvS ist als AöR organisiert und im Jahr 1995 aus der Namensänderung der Treuhandanstalt hervorgegangen.1 Sie übernimmt staatliche Aufgaben und steht nicht in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Unternehmen. Die Tätigkeit der BvS ist im öffentlichen Interesse, womit die Begünstigung gerechtfertigt werden kann. Technisch handelt es sich um eine uneingeschränkte Befreiung, die sämtliche Einkünfte umfasst. Aufgrund des gesetzlich festgelegten Aufgabenkreises werden aber letztlich auch hier nur bestimmte Einkünfte begünstigt (s. dazu § 3 GewStG Rz. 6). Allerdings hat die BvS bereits zum 1.1.2001 ihre operative Tätigkeit eingestellt. Sie besteht seitdem nur noch als Rechtsund Vermögensträgerin fort und wird seit dem 1.1.2004 abgewickelt.2 Die Vorschrift ist inhaltsgleich mit § 5 Abs. 1 Nr. 2a KStG, weshalb aufgrund von § 7 GewStG und der Anknüpfung an das körperschaftsteuerliche Ergebnis auf die Wiederholung in § 3 GewStG hätte verzichtet werden können. Die ursprüngliche Befreiung für die Treuhandanstalt wurde durch Gesetz v. 23.9.19903 eingefügt. Durch das JStG 1997 v. 20.12.19964 wurde § 3 Nr. 3 GewStG aufgrund der og. Namensänderung neu gefasst.

§ 3 Nr. 4

(weggefallen)

1 Ausf. zu den befreiten Unternehmen Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 30 ff. (Stand: März 2018). 2 Ausnahmen: Deutsche Bundesbank (bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts); Bremer Aufbau-Bank GmbH, Saarländische Investitionskreditbank AG und Liquiditäts-Konsortialbank GmbH (juristische Personen des Zivilrechts); Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern und Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (rechtlich unselbstständige Geschäftsbereiche). 3 Vgl. dazu die sog. Wettbewerbsenquete, BT-Drucks. V/3500; kritisch Hidien/Pohl/Schnitter15, 451. 4 Abrufbar unter www.jstor.org/stable/40904491. 1 § 1 TreuhUmbenV. 2 BGBl. I 2003, 2081. 3 BGBl. II 1990, 885. 4 BGBl. I 1996, 2049.

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§ 3 Nr. 5 Rz. 1 Realgemeinden

§ 3 Nr. 5 [Realgemeinden] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 5. Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden. 2Unterhalten sie einen Gewerbebetrieb, der über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinausgeht, so sind sie insoweit steuerpflichtig; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 5 GewStG befreit Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften sowie ähnliche Realge-

meinden im Wege einer subjektiven Befreiung von der GewSt. Unterhält eine Realgemeinde jedoch einen Gewerbebetrieb, der über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinausgeht, besteht insoweit eine GewStPfl. 2 Die Parallelvorschrift im KStG ist § 3 Abs. 2 KStG,1 wonach Realgemeinden insoweit körperschaft-

steuerpflichtig sind, als sie einen Gewerbebetrieb unterhalten oder verpachten, der über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinausgeht. Eine rechtliche Verbindung zwischen der Vorschrift im KStG und im GewStG ist nicht gegeben. So entfaltet § 3 Abs. 2 KStG insbes. keine Grundlagenwirkung iSd. § 171 Abs. 10 AO für § 3 Nr. 5 GewStG. Ferner besteht ein innerer Zusammenhang zwischen § 3 Nr. 5 GewStG und § 13 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 Nr. 1 EStG, die die Einkünfte der Realgemeinden als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft definieren. Unabhängig von der Organisationsform der Realgemeinde hat die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 5 GewStG daher nur klarstellenden Charakter, da Realgemeinden ihrem Wesen nach grundsätzlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beziehen.2

B. Anwendungsbereich 3 Hauberg-, Wald, Forst und Laubgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden. Realgemeinden

sind Personenzusammenschlüsse des älteren agrarwirtschaftlichen Genossenschaftsrechts, bei denen mit der Mitgliedschaft das Recht auf gemeinsame land- oder forstwirtschaftliche Nutzung des Grund und Bodens im Wege der Selbstbewirtschaftung verbunden ist.3 Zu den Realgemeinden gehören ua. die Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften, die nur regional begrenzt vorkommen und deren genossenschaftlicher Zweck die gemeinsame Waldbewirtschaftung ist. Der Zusammenschluss kann in Form einer rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen oder privaten Rechts sowie im Rahmen eines nicht rechtsfähigen Vereins erfolgen. Ob demnach eine Realgemeinde in vorstehendem Sinne vorliegt, ist gemäß dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung für jeden EZ zu prüfen,4 sodass eine zur Nutzung eines gemeinschaftlichen Besitzes berechtigte Personengemeinschaft jedenfalls dann nicht als Realgemeinde iSd. § 3 Nr. 5 GewStG angesehen werden kann, wenn sie den Besitz durch besondere Maßnahmen so umstellt, dass seine Nutzungen nicht mehr als land- und forstwirtschaftlich gelten können.5 4 Befreiung von der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 5 Satz 1 GewStG). § 3 Nr. 5 Satz 1 GewStG ordnet eine

persönliche Steuerbefreiung für die dort genannten Rechtsgebilde an. Ist die Realgemeinde eine 1 2 3 4 5

Zur Befreiungsvorschrift im KStG s. Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Rz. 35 ff. (Stand: Juli 2015). Vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 59 (Stand: März 2018). RFH v. 31.5.1938 – I 383/37, RStBl. 1938, 736. FG Bremen v. 16.3.2004 – 1 K 413/02 (1), rkr., EFG 2004, 1551. RFH v. 29.5.1934 – I A 408/32, RStBl. 1934, 1060, zu § 9 Abs. 1 Nr. 6 KStG 1925 als Vorgängervorschrift von § 3 Abs. 2 KStG.

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Hesse

§ 3 Nr. 6

Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken

jPdöR, unterliegt schon in sachlicher Hinsicht nach den Vorschriften des GewStG (§ 2 Abs. 1 GewStG iVm. § 2 GewStDV) nur der gewerbliche Bereich der GewSt. Handelt es sich um eine juristische Person des privaten Rechts oder um einen nicht rechtsfähigen Verein, bestimmt § 2 Abs. 3 GewStG für die objektive StPfl., dass nur der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb mit Ausnahme eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gewstpfl. ist. Gewerbebetrieb über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinaus (§ 3 Nr. 5 Satz 2 GewStG). Die 5 GewSt-Befreiung ist auf die land- und forstwirtschaftliche Nutzung des Grund und Bodens beschränkt. Unterhält die Realgemeinde zusätzlich einen Gewerbebetrieb, der über den Rahmen eines Nebenbetriebs der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit hinausgeht, ist sie insoweit (beschränkt auf den Gewerbebetrieb) gewstpfl. Ein Nebenbetrieb liegt nur dann vor, wenn die Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Hauptbetrieb der Land- und Forstwirtschaft steht (s. § 13 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG). Übersteigt die gewerbliche Tätigkeit den Rahmen eines Nebenbetriebs und liegt ein gewerblicher Hauptbetrieb vor, greift die Gewerbesteuerbefreiung für diesen Teil der Einkünfte nicht.

§ 3 Nr. 6 [Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 6. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). 2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb – ausgenommen Land- und Forstwirtschaft – unterhalten, ist die Steuerfreiheit insoweit ausgeschlossen; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und Zweck . . . . . . .

1

II. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

3

III. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4 4 5

B. Vorliegen einer steuerbegünstigten Körperschaft iSd. §§ 51–63 AO (Satz 1) . . . .

6

I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

II. Steuerbegünstigung nur von Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anerkannte Körperschaften . . . . . . . . . . 2. Beginn und Ende der Steuerbegünstigung . .

2. Ausschließlichkeit (§ 56 AO) . . . . . . . . 3. Unmittelbarkeit (§ 57 AO) . . . . . . . . . 4. Ausnahmen (§§ 58, 62 AO) . . . . . . . . .

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VI. Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Bestehen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gem. § 14 AO (Satz 2) . .

28

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . .

28

II. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb . . . . . .

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11 11 13

III. Ausländische Körperschaften und Auslandsaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Rückausnahmen/besondere Regelungen für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steuerbegünstigter Körperschaften nach §§ 64–68 AO . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

14

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . .

33

IV. 1. 2. 3.

. . . .

15 15 18 19

II. Modifikationen und Erleichterungen gem. § 64 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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V. Art und Weise der Zweckverfolgung . . . . . 1. Selbstlosigkeit (§ 55 AO) . . . . . . . . . . .

20 20

III. Steuerbefreite wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (Zweckbetriebe) . . . . . . . . . .

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Hesse/Erdbrügger

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Keine Vermögensverwaltung . Vorbemerkung . . . . . . . . . Vermietung und Verpachtung . Halten von Beteiligungen . . .

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Steuerbegünstigte Zwecke Gemeinnützige Zwecke . Mildtätige Zwecke . . . . Kirchliche Zwecke . . . .

III. 1. 2. 3.

§ 3 Nr. 6 Rz. 1 Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken Literatur: Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, München, 3. Aufl. 2010; Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, Achim, 11. Aufl. 2015; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, Köln, 3. Aufl. 2015. Verwaltungsanweisungen: H 3.6 GewStH 2016; AEAO zu §§ 51–68.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und Zweck 1 § 3 Nr. 6 GewStG befreit steuerbegünstigte Körperschaften iSd. §§ 51 bis 68 AO von der GewSt. Die

Befreiung gilt allerdings nicht, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gem. § 14 AO unterhalten wird. Bei den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben steuerbegünstigter Körperschaften sind allerdings die §§ 64 bis 68 AO zu beachten, aus denen sich wiederum Steuerbefreiungen bzw. -vergünstigungen im Bereich der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe ergeben. Daraus ergibt sich folgende Prüfungsreihenfolge aus Sicht des Gewerbesteuerrechts: – Vorliegen einer steuerbegünstigten Körperschaft iSd. §§ 51 bis 63 AO; – Bestehen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gem. § 14 AO; – Rückausnahmen/besondere Regelungen für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steuerbegünstigter Körperschaften nach §§ 64 bis 68 AO. 2 Aus der gesetzlichen Systematik folgt eine Aufteilung der steuerbegünstigten Körperschaften in meh-

rere ertragsteuerliche Sphären. Soweit eine Körperschaft bereits keine Einnahmen im ertragsteuerlichen Sinne erzielt (sog. ideeller Bereich, zB Spenden, Mitgliedsbeiträge), unterfällt sie nicht der StPfl. Einnahmen im sog. vermögensverwaltenden Bereich (zB Kapitalanlagen, Grundstücksvermietungen) zählen nicht als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 Satz 3 AO) und sind damit ebenfalls steuerbefreit. Steuerpflichtig sind dagegen Einnahmen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, nicht jedoch, wenn es sich um einen gemeinnützigen Zweckbetrieb gem. §§ 65 bis 68 AO handelt.

II. Rechtsentwicklung 3 § 3 Nr. 6 GewStG ist seit der Einführung der Abgabenordnung zum 1.1.1977 unverändert geblieben.

III. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 4 Nach § 2 Abs. 2 GewStG gilt die Tätigkeit von KapGes. stets und in vollem Umfang als Gewerbe-

betrieb. Bei den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts gilt dies nach § 2 Abs. 3 GewStG nur, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. In diesen Fällen bestehen gewerbliche Einkünfte selbst dann, wenn kein Gewerbebetrieb vorliegt, da ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb lediglich eine Einnahmeerzielungsabsicht, nicht jedoch eine Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt.1 Es ist umstritten, ob die Regelungen sich steuerpflichtbegründend auswirken, sodass Einkünfte aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ohne Gewinnerzielungsabsicht gewstpfl. sind.2 Mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gelten gem. § 8 GewStDV als einheitlicher Gewerbebetrieb.

1 R 2.1 Abs. 5 Satz 2 GewStR 2009. 2 Ablehnend Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz. 6.88 mwN, der darauf verweist, dass keine neue Einkunftsart begründet werden soll und die Vorschrift nur bis zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer eine Bedeutung hatte; befürwortend Seeger/Brox in Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Rz. 4.3.

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B. Vorliegen einer steuerbegünstigten Körperschaft iSd. §§ 51–63 AO (Satz 1)

Rz. 10 § 3 Nr. 6

In § 3 sind weitere Gewerbesteuerbefreiungen im Sozialbereich vorgesehen, die nicht an die Gemeinnützigkeit anknüpfen, zB private Schulen (Nr. 13), Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime (Nr. 20) oder Auftragsforschungseinrichtungen (Nr. 30). Zuwendungen an steuerbegünstigte Körperschaften sind nach § 9 Nr. 5 GewStG für die Spender abzugsfähig (vgl. § 9 Nr. 5 GewStG Rz. 1). Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG wird der Gewerbeertrag der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe der nach § 3 Nr. 6 GewStG befreiten Einrichtungen um einen Freibetrag von 5.000 Euro gekürzt. 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG Die Vorschrift selbst bezieht sich in starkem Maße auf die §§ 51 bis 68 AO. 5 Mit § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG existiert eine weitgehend gleichlautende Steuerbefreiung von der KStPfl. Unterschiede bestehen nur bzgl. der Land- und Forstwirtschaft. In zahlreichen weiteren Steuergesetzen sind Vergünstigungen für steuerbegünstigte Körperschaften iSd. §§ 51 bis 68 AO vorgesehen.

B. Vorliegen einer steuerbegünstigten Körperschaft iSd. §§ 51–63 AO (Satz 1) I. Überblick Während in § 3 Nr. 6 GewStG als Rechtsfolge die Gewerbesteuerbefreiung ausgesprochen wird, er- 6 geben sich die einzelnen Tatbestandsmerkmale für die Steuerbefreiung aus den §§ 51 bis 63 AO. Diese Regelungstechnik besteht auch bei anderen Steuerarten, zB in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG. Die §§ 51 bis 63 AO fungieren somit als „allgemeiner Teil“ des stl. Gemeinnützigkeitsrechts, über den nachfolgend ein Überblick gegeben werden soll. In § 51 Abs. 1 AO wird die Verbindung zwischen den stl. Einzelgesetzen und dem allgemeinen Teil 7 des stl. Gemeinnützigkeitsrechts geregelt. Soweit ein Gesetz eine Steuerbegünstigung mit Blick auf die Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke ausspricht, gelten nach § 51 Abs. 1 Satz 1 AO die §§ 51 bis 68 AO. Zudem wird vorgegeben, dass nur Körperschaften iSd. KStG begünstigungsfähig sind. § 51 Abs. 2 AO befasst sich mit der in den letzten Jahren immer bedeutender gewordenen Frage der internationalen Anwendung des stl. Gemeinnützigkeitsrechts. Eine weitere zentrale Vorschrift ist § 59 AO. Danach erfordert die Steuerbegünstigung, dass die Sat- 8 zung der Körperschaft den formellen Anforderungen des Gesetzes (formelle Satzungsmäßigkeit) und die tatsächliche Geschäftsführung den Satzungsregelungen entspricht (tatsächliche Geschäftsführung). Die formelle Satzungsmäßigkeit kann nach § 60a AO auf Antrag bereits im Vorfeld geprüft werden. Im Übrigen wird sie, ebenso wie die tatsächliche Geschäftsführung, iRd. Veranlagungsverfahrens überprüft. Sie muss bei der KSt und GewSt während des gesamten EZ vorliegen (§ 60 Abs. 2 AO). Die steuerbegünstigten Zwecke sind abschließend in den §§ 52 bis 54 AO aufgezählt. Begünstigt 9 sind nur gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke. Die steuerbegünstigten Zwecke müssen auf eine bestimmte Art und Weise verfolgt werden, die in den §§ 55 bis 57 AO geregelt ist. Gefordert ist demnach, dass die steuerbegünstigten Zwecke selbstlos, ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden. Rückausnahmen von diesen Anforderungen ergeben sich aus den §§ 58 und 62 AO. Mit Feststellung der formellen Satzungsmäßigkeit kann die Körperschaft neben § 3 Nr. 6 GewStG zahl- 10 reiche stl. Vergünstigungen in Anspruch nehmen. Dies sind insbes. die Körperschaftsteuerbefreiung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, die Umsatzsteuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG, die Befreiung von Erbschaft- und Schenkungsteuer in § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG sowie Grundsteuerbefreiungen gem. § 3 GrStG. Mit Feststellung der formellen Satzungsmäßigkeit können zudem Spendenbescheinigungen ausgestellt werden, die den Spendern einen Spendenabzug nach den § 10b EStG, § 9 KStG sowie § 9 Nr. 5 GewStG ermöglichen. Die Feststellung dient auch als Nachweis für die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuereinbehalt.

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§ 3 Nr. 6 Rz. 11 Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken

II. Steuerbegünstigung nur von Körperschaften 1. Anerkannte Körperschaften 11

In § 51 Abs. 1 Satz 2 AO wird durch Verweis auf das KStG definiert, welche Körperschaften begünstigt sein können. Dies sind – Kapitalgesellschaften (wie SE, AG, KGaA, GmbH einschließlich UG); – Genossenschaften (wie SCE und eG); – Versicherungen und Pensionsfonds auf Gegenseitigkeit; – Sonstige juristische Personen des Privatrechts (wie e.V., Stiftung); – Nicht-rechtsfähige Anstalten, Vereine, Stiftungen und andere Zweckvermögen des Privatrechts; – Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Nach § 51 Abs. 1 Satz 3 AO werden funktionale Untergliederungen von Körperschaften (zB Fußballabteilung eines Großsportvereins) nicht als selbstständige Körperschaften behandelt, auch wenn sie rechtlich an sich selbstständig wären. Hintergrund der recht unbestimmt gefassten Regelung ist, dass insbesondere Großvereine nicht aufgespalten werden sollen, um stl. Vorteile wie die Bagatellregelungen in § 64 Abs. 3 und § 67a AO in Anspruch zu nehmen.1 Regionale Untergliederungen sollen davon nicht erfasst sein.2

12

Neben den deutschen Rechtsformen sind auch die im Inland ansässigen Körperschaften nach ausländischem Recht anerkennungsfähig, soweit diese gesellschaftsrechtlich im Inland als solche rechtsfähig sind (zB Limited, S.a.r.l.). Im Ausland ansässige Körperschaften können unter Beachtung des § 51 Abs. 2 AO anerkannt werden. Nicht begünstigungsfähig sind im Umkehrschluss natürliche Personen und Personengesellschaften, einschließlich der GmbH & Co. KG.3 2. Beginn und Ende der Steuerbegünstigung

13

Die Steuerbefreiung beginnt mit den ersten ernsthaften und objektiv nachweisbaren Vorbereitungshandlungen zur Verwirklichung der Satzungszwecke. Die Absicht zur Satzungsverwirklichung muss sich konkret ergeben.4 Bei KapGes. kann bereits die Vorgesellschaft steuerbegünstigt sein, aber nicht eine Vorgründungsgesellschaft.5 Auch eine Vorstiftung kann nicht begünstigt sein.6 Die Steuerbefreiung endet mit der Einstellung der Tätigkeit. Die Begünstigung kann iRd. Liquidation bereits verloren gehen, da bloß vermögensverwaltende Tätigkeiten nicht steuerbegünstigt sind.7

III. Ausländische Körperschaften und Auslandsaktivitäten 14

Nach Auffassung des EuGH waren die früheren Regelungen des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts nicht unionsrechtskonform, da sie Körperschaften mit Sitz in anderen EU-Mitgliedstaaten benachteiligt haben.8 Für Körperschaften im Drittland (Nicht-EU) greift diese EuGH-Rspr. nicht.9 1 BT-Drucks. 11/5582, 31. 2 AEAO zu § 51 Abs. 1 Nr. 2. 3 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619; krit. dazu Leisner-Egensperger in FS Isensee, 2007, 895 (904); speziell zu Kooperationen gemeinnütziger Körperschaften Orth, DStR 2012, 116. 4 BFH v. 23.7.2003 – I R 29/02, BStBl. II 2003, 930 = FR 2004, 159. 5 BFH v. 14.10.1992 – I R 17/92, BStBl. II 1993, 352; v. 11.2.2015 – X R 36/11, BStBl. II 2015, 545 = FR 2015, 719. 6 BFH v. 11.2.2015 – X R 36/11, BStBl. II 2015, 545 = FR 2015, 719. 7 BFH v. 16.5.2007 – I R 14/06, BStBl. II 2007, 808 = FR 2007, 1117; AEAO zu § 51 Abs. 1 Nr. 6; aA Jachmann/ Unger in Beermann/Gosch, § 51 AO Rz. 24; differenzierend bei Insolvenz Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 55 AO Rz. 234. 8 EuGH v. 14.9.2006 – C-386/04 – Stauffer, FR 2007, 242 = DStR 2006, 1736 zu beschränkt stpfl. Einkünften; v. 18.12.2007 – C-281/06 – Jundt, DStRE 2008, 666 zur Übungsleiterpauschale; v. 27.1.2009 – C-318/07 – Persche, BStBl. II 2010, 440 = FR 2009, 230 zum Spendenabzug bei Auslandsspenden. 9 FG Ba.-Wü. v. 23.4.2015 – 3 K 1766/13, IStR 2015, 701 zur Schweiz. Mangels Entscheidungserheblichkeit geht die Revisionsentsch. (BFH v. 15.11.2017 – I R 39/15, IStR 2018, 321) nicht näher darauf ein.

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B. Vorliegen einer steuerbegünstigten Körperschaft iSd. §§ 51–63 AO (Satz 1)

Rz. 17 § 3 Nr. 6

Ausgangspunkt und Maßstab der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft ist allein das deutsche Recht. Dies gilt unabhängig davon, ob die jeweilige Körperschaft im In- oder Ausland ansässig ist. Es besteht keine Verpflichtung Deutschlands, den nach einer anderen Rechtsordnung bestehenden Gemeinnützigkeitsstatus anzuerkennen.1 Die aktuelle Fassung des § 51 Abs. 2 AO sieht nunmehr vor, dass die Tätigkeit der begünstigten Körperschaft entweder inländische Personen fördern soll oder aber zumindest die Tätigkeit der Förderung des „Ansehens Deutschlands“ dienen kann. Die Forderung nach einer Ansehenssteigerung ist so unbestimmt, dass praktisch nur Tätigkeiten ausgeschlossen sind, die von vornherein keinerlei Bezug zu Deutschland haben. Da der EuGH aber gerade keine solche Einschränkung vorgesehen hat, bestehen erhebliche Zweifel an der Unionsrechtskonformität der Neufassung.2 Körperschaften mit Sitz in der EU oder dem EWR sind im Spendenabzugsrecht den inländischen Körperschaften gleichgestellt, wenn die Amtshilfe und Beitreibung sichergestellt sind (§ 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c, Sätze 3 bis 6 GewStG iVm. § 5 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 Nr. 2 KStG).

IV. Steuerbegünstigte Zwecke 1. Gemeinnützige Zwecke Gemeinnützig ist nach § 52 AO die selbstlose Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geisti- 15 gem oder sittlichem Gebiet. Mit der Allgemeinheit ist keine Förderung der gesamten Bevölkerung gemeint, die Steuerbegünstigung kann allerdings nicht gewährt werden, wenn der Kreis der geförderten Personen zu eng begrenzt ist (zB Familien- oder Betriebsangehörige). Die gemeinnützigen Zwecke werden in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 25 AO abschließend definiert (zB Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, das öffentliche Gesundheitswesen). Weitere Zwecke können als gemeinnützig anerkannt werden, wenn sie die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet in vergleichbarer Weise fördern wie die in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 25 AO genannten Zwecke (§ 52 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO).3 Die Bedeutung des Abs. 2 liegt darin, dass darin die Wertung des Gesetzgebers über die Förderung der Allgemeinheit verbindlich zum Ausdruck kommt. Der Rechtsanwender kann die – teilweise widersprüchlich anmutenden – Wertungen nicht mithilfe der allgemeinen Definition wieder außer Kraft setzen (zB die gleichzeitige Förderung von Umweltschutz und Motorsport, die Förderung von Freizeitaktivitäten wie Schach und „Hundesport“).4 In der Satzung muss nicht nur angegeben werden, welcher der nach § 52 AO begünstigten Zwecke 16 verfolgt werden soll, sondern auch wie genau dieser verwirklicht werden soll (§ 60 Abs. 1 AO). Soweit eine Körperschaft bestimmte Satzungszwecke nicht verfolgt, kann dies einen Verstoß gegen die tatsächliche Geschäftsführung (§ 63 AO) begründen, es sei denn, dass hierfür besondere Gründe – wie zB eine Anlaufphase – bestehen.5 Ebenso ist die Verfolgung anderer gemeinnütziger Zwecke als der in der Satzung angegebenen schädlich.6 Nach § 51 Abs. 3 AO wird die Steuerbegünstigung generell nicht gewährt, soweit eine Körperschaft 17 extremistische Ziele verfolgt oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. Hierfür soll es – widerlegbar – darauf ankommen, ob die Körperschaften im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt werden. Hierfür reicht allerdings nicht jede Erwähnung aus.7

1 BFH v. 25.10.2016 – I R 54/14, BStBl. II 2017, 1216 = FR 2017, 797. 2 FG Köln v. 20.1.2016 – 9 K 3177/14, EFG 2016, 653 (Rev. X R 5/16); Seer in Tipke/Kruse, § 51 AO Rz. 8; Helios in Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 22 Rz. 47. 3 BFH v. 9.2.2017 – V R 70/14, BStBl. II 2017, 1106. 4 BFH v. 29.10.1997 – I R 13/97, BStBl. II 1998, 9 = FR 1998, 210; Schauhoff in Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 6 Rz. 51. 5 BFH v. 23.7.2003 – I R 29/02, BStBl. II 2003, 930 = FR 2004, 159. 6 Außer bei Ausnahmeregelungen, wie zB derjenigen zur Flüchtlingshilfe, BMF v. 22.9.2015 – IV C 4 – S 2223/07/0015 :015, BStBl. I 2015, 745. 7 BFH v. 11.4.2012 – I R 11/11, BStBl. II 2013, 146.

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§ 3 Nr. 6 Rz. 18 Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken 2. Mildtätige Zwecke 18

Mildtätig ist nach § 53 AO die Förderung körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftiger Menschen. Körperlich hilfsbedürftig sind Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Dies wird bei Personen, die das 75. Lebensjahr vollendet haben, ohne weitere Nachprüfung unterstellt (AEAO zu § 53 Nr. 4). Wirtschaftlich hilfsbedürftig sind Menschen, deren Bezüge bestimmte Grenzen, die sich am Sozialhilferecht orientieren, nicht überschreiten (bei Alleinstehenden zB aktuell 2.080 Euro) und deren Vermögen weniger als 15.500 Euro beträgt (unter Berücksichtigung eines Schonvermögens). Letzteres gilt nicht bei akuten Notlagen, wie zB Flutkatastrophen. 3. Kirchliche Zwecke

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Kirchliche Zwecke verfolgt, wer eine öffentlich-rechtlich verfasste Kirche fördert. Die Vorschrift betrifft weder die Tätigkeit der Kirche selbst (die nur mit ihren BgA der Ertragsteuer unterliegt) noch die Förderung anderer Religionsgemeinschaften, die nicht öffentlich-rechtlich iSv. Art. 140 GG sind (deren Förderung kann nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO gemeinnützig sein).

V. Art und Weise der Zweckverfolgung 1. Selbstlosigkeit (§ 55 AO) 20

Von der Selbstlosigkeit ist auszugehen, wenn eine Körperschaft nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Ziele verfolgt und sie bei der Mittelverwendung die in § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AO näher konkretisierten Voraussetzungen erfüllt. Entgegen der früheren Rspr. (sog. Geprägetheorie) steht es nach der neueren Rspr. der Selbstlosigkeit nicht entgegen, wenn eine begünstigte Körperschaft durch vermögensverwaltende oder wirtschaftliche Tätigkeiten Mittel einwirbt, um die Verwirklichung ihrer begünstigten Zwecke damit zu finanzieren.1 Dies darf nur nicht ein eigenständiger Hauptzweck sein.2 Gegen die Selbstlosigkeit spricht allerdings eine Tätigkeit im Interesse der Mitglieder oder Gesellschafter der Körperschaft. Dies ist bspw. anzunehmen, wenn die Tätigkeit ausschließlich durch verzinsliche Darlehen der Mitglieder finanziert wird3 oder wenn die Mitglieder sich infolge der Tätigkeit eigene Aufwendungen ersparen,4 wobei aber ideelle Vorteile – wie zB bei Sportvereinen – hingenommen werden.5 Unschädlich ist es auch, wenn die Mitglieder lediglich reflexartig bzw. als notwendiges Nebenprodukt von der steuerbegünstigten Tätigkeit profitieren. Die Körperschaft handelt erst dann nicht selbstlos, wenn der Eigennutz der Mitglieder in den Vordergrund tritt.6

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Nach dem Gebot der satzungsmäßigen Vermögensverwendung dürfen die Mittel der Körperschaft nur für begünstigte Zwecke verwendet werden. Insbesondere dürfen keine Verluste aus den Bereichen der Vermögensverwaltung und der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe ausgeglichen werden.7 Mitglieder oder Gesellschafter dürfen – auch verdeckt – keine Zuwendungen erhalten. Es dürfen auch keine unangemessenen Verwaltungsaufwendungen getätigt werden.8 Abgesehen von der Einlagenrückgewähr dürfen den Mitgliedern oder Gesellschaftern keine weiteren Zuwendungen eingeräumt werden. Soweit aber die Einlage als Spende behandelt wird, kann sie nicht zurückgewährt werden.9 Die Körperschaft darf keine Personen durch zweckfremde Ausgaben oder unangemessen hohe Ver-

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BFH v. 4.4.2007 – I R 76/05, BStBl. II 2007, 631 = FR 2007, 963. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz. 4.69. AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 1. BFH v. 7.3.2007 – I R 90/04, BStBl. II 2007, 628 = FR 2007, 931. Leichinger in Buchna/Leichinger/Brox/Seeger, 11. Aufl. 2015, Rz. 2.5.1, dort jedoch Beschränkung des Spendenabzugs, vgl. § 9 Nr. 5 Satz 12 GewStG. BFH v. 27.11.2013 – I R 17/12, BStBl. II 2016, 68 = FR 2014, 846. AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 4 ff. BFH v. 23.9.1998 – I B 82/98, BStBl. II 2000, 320 = FR 1998, 1033 m. Anm. Kempermann. AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 4 Nr. 23.

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B. Vorliegen einer steuerbegünstigten Körperschaft iSd. §§ 51–63 AO (Satz 1)

Rz. 26 § 3 Nr. 6

gütungen begünstigen.1 Dies betrifft insbes. die Vergütung von Organen, wobei eine solche Vergütung – auch wenn sie angemessen ist – nur zulässig ist, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist.2 Von besonderer Bedeutung ist der Grundsatz der Vermögensbindung. Demnach ist bei Auflösung 22 oder Aufhebung der Körperschaft satzungsmäßig zu gewährleisten, dass die Mittel weiter nur für begünstigte Zwecke verwendet werden (zB durch eine andere steuerbegünstigte Körperschaft). Eine Aufhebung der Vermögensbindung führt nach § 61 AO zu einer erheblichen Nachversteuerung. Schließlich sind die Mittel einer stl. begünstigten Körperschaft zeitnah – dh. innerhalb der folgen- 23 den zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahre nach Zufluss – für begünstigte Zwecke zu verwenden. Dh., sie dürfen nicht beliebig thesauriert werden. § 62 AO enthält hiervon Ausnahmen. 2. Ausschließlichkeit (§ 56 AO) Ausschließlichkeit bedeutet, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft nur die begünstigten Zwecke 24 verfolgen darf. Sie darf also nicht in einem Teilbereich gemeinnützig und in einem anderen Teilbereich gewerblich tätig sein. Dies hindert eine steuerbegünstigte Körperschaft jedoch nicht daran, Einnahmen aus Vermögensverwaltung oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben zu erwirtschaften, solange dies kein Selbstzweck ist und lediglich der Finanzierung der steuerbegünstigten Tätigkeit dient.3 Dies lässt sich ua. aus der Rückausnahme gem. § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG ersehen, die als Folge des Unterhaltens eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht den Wegfall der Steuerbefreiung insgesamt, sondern lediglich dessen Besteuerung vorsieht. Außer bei wirtschaftlichen Aktivitäten kann die Ausschließlichkeit auch bei politischen Betätigungen infrage stehen.4 3. Unmittelbarkeit (§ 57 AO) Wesentlicher Inhalt des Unmittelbarkeitsgebots ist, dass eine Körperschaft nur begünstigt werden 25 kann, wenn sie selbst die begünstigten Zwecke verwirklicht. Sie kann sich aber bei der eigenen Verwirklichung verschiedener Hilfspersonen bedienen, solange ihr deren Wirken als eigenes zugerechnet werden kann. Denkbar ist zB die Tätigkeit eigener Mitglieder, Gesellschafter, Angestellter oder Dritter als Dienstleister. Auch die Tätigkeit von gestelltem Personal lässt sich zurechnen.5 Insbes. muss nicht jeder Tätigkeitsaspekt selbst erbracht werden.6 Entscheidend ist allerdings, dass sich nach der rechtlichen und tatsächlichen Gestaltung das Wirken der Hilfspersonen der begünstigten Körperschaft zurechnen lässt. Dh., die Körperschaft muss anhand von Vereinbarungen nachweisen, dass sie den Inhalt und den Umfang der Tätigkeit der Hilfsperson im Innenverhältnis bestimmen kann, insbes., dass die Hilfsperson im Einklang mit der Satzung der Körperschaft tätig wird.7 Dies erfordert keine Weisungs-, aber eine Überwachungsbefugnis. 4. Ausnahmen (§§ 58, 62 AO) Ausnahmen von den Geboten der Selbstlosigkeit, der Ausschließlichkeit und der Unmittelbarkeit sind 26 in § 58 und § 62 AO geregelt. Eine wichtige Ausnahme ist, dass andere begünstigte Körperschaften finanziell oder mit Sachmitteln unterstützt werden können (§ 58 Nr. 2 bis 5 AO). Zudem können Mittel nach § 62 AO zurückgelegt werden, sodass sie nicht zeitnah zu verwenden sind.

1 Nach FG MV v. 21.12.2016 – 3 K 272/13, EFG 2017, 1137 (Rev. V R 5/17) kann zur Prüfung der Angemessenheit des Geschäftsführergehalts auf die Grundsätze über die verdeckte Gewinnausschüttung zurückgegriffen werden. 2 AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 3 Nr. 24. 3 AEAO zu § 56 Nr. 1. 4 BFH v. 9.2.2011 – I R 19/10, BFH/NV 2011, 1113. 5 BFH v. 26.4.1995 – I R 35/93, BStBl. II 1995, 767 = FR 1995, 787. 6 BFH v. 18.12.2002 – I R 60/01, BFH/NV 2003, 1025. 7 AEAO zu § 57 Nr. 2.

Erdbrügger

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§ 3 Nr. 6 Rz. 27 Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken

VI. Verfahrensfragen 27

Über das Bestehen der formellen Satzungsmäßigkeit und der tatsächlichen Geschäftsführung (§ 59 AO) wird grds. iRd. Veranlagungsverfahrens entschieden. Die formelle Satzungsmäßigkeit muss bei der KSt und GewSt während des gesamten EZ bestanden haben (§ 60 Abs. 2 AO). Ist dies nicht der Fall, kommt für den gesamten EZ keine Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft in Betracht. Nach § 63 AO dienen die Feststellungen iRd. Veranlagungsverfahrens als zeitlich befristeter Nachweis für die Abstandnahme vom Kapitalertragsteuereinbehalt und für die Berechtigung zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen, die den Spendern einen Spendenabzug (vgl. § 9 Nr. 5 GewStG) ermöglichen. Bei der Gründung einer steuerbegünstigten Körperschaft oder auch bei einer Änderung der Satzungsvorschriften besteht nach § 60a AO die Möglichkeit, auf Antrag des StPfl. ein gesondertes Feststellungsverfahren durchzuführen, in dem die formelle Satzungsmäßigkeit festgestellt wird. Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid gem. § 182 AO für die spätere Veranlagung. Die Bindungswirkung erstreckt sich indes nur auf die formelle Satzungsmäßigkeit, nicht auf die tatsächliche Geschäftsführung, die ausschließlich iRd. Veranlagungsverfahrens überprüft wird.

C. Bestehen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gem. § 14 AO (Satz 2) I. Vorbemerkung 28

Die Steuerbefreiung gilt nach Satz 2 nicht, soweit die steuerbegünstigte Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb außerhalb der Land- und Forstwirtschaft unterhält. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb führt demnach nicht zum Verlust der Steuerbegünstigung insgesamt, sondern lediglich zu einer partiellen Besteuerung. Diese dient vor allem dem Wettbewerbsschutz. Die Definition des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und dessen Abgrenzung zur steuerfreien Vermögensverwaltung ergeben sich aus § 14 AO.

II. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb 29

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt gem. § 14 Satz 1 AO vor, wenn eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit mit Einnahmeerzielungsabsicht betrieben wird, die über die Vermögensverwaltung hinausgeht. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nach § 14 Satz 2 AO nicht erforderlich. Der Begriff der Selbstständigkeit bezieht sich, anders als iRd. § 15 EstG, nicht auf die persönliche Selbstständigkeit. Vielmehr geht es um die sachliche Selbstständigkeit, also darum, dass sich die als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb infrage kommende Tätigkeit von der gemeinnützigen Tätigkeit der steuerbegünstigten Körperschaft abgrenzen lässt und nicht untrennbar mit ihr verbunden ist. Eine organisatorische Abgrenzung ist dabei nicht erforderlich.1 Eine Tätigkeit wird nachhaltig betrieben, wenn sie auf Dauer bzw. auf Wiederholung angelegt ist, um als ständige Einnahmequelle zu dienen.2 Für die Einnahmeerzielung reicht bereits ein Aufwendungsersatz aus, sodass jede auch nur kostendeckende Tätigkeit als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb qualifiziert. In § 14 Satz 2 AO ist klargestellt, dass es auf die Erzielung von Gewinnen nicht ankommt. Spenden, Zuschüsse sowie Gesellschafter- und Mitgliedsbeiträge sind keine Einnahmen in diesem Sinne. Allerdings kann eine Gegenleistung in Form einer Sachleistung vorliegen (Tauschgeschäft).

1 BFH v. 7.5.2014 – I R 65/12, BFHE 245, 517. 2 BFH v. 26.2.1992 – I R 149/90, BStBl. II 1992, 693.

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Erdbrügger

C. Bestehen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gem. § 14 AO (Satz 2)

Rz. 32 § 3 Nr. 6

III. Keine Vermögensverwaltung 1. Vorbemerkung Eine Tätigkeit, die an sich die Kriterien eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfüllt (selbstständig, 30 nachhaltig, Einnahmeerzielung), qualifiziert gleichwohl nicht als solcher, wenn sie sich noch iRd. Vermögensverwaltung vollzieht. In § 14 Satz 3 AO werden als Regelbeispiele die verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen und die Vermietung von Grundstücken genannt. Daraus wird allgemein hergeleitet, dass eine Vermögensverwaltung vorliegt, wenn die Fruchtziehung aus einer zu erhaltenden Substanz im Vordergrund steht.1 2. Vermietung und Verpachtung Die Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen ist nach § 14 Satz 3 AO grds. als vermögens- 31 verwaltend zu qualifizieren. Eine vermögensverwaltende Tätigkeit ist – entsprechend der allgemeinen Prinzipien – jedoch dann nicht mehr anzunehmen, wenn zusätzlich zur Vermietung zB erhebliche zusätzliche Leistungen erbracht werden oder häufige Nutzerwechsel vorkommen, die eine gewerbliche Organisation erfordern.2 Schließlich ist bei der Umschichtung von Grundvermögen die DreiObjekte-Grenze zur Abgrenzung des gewerblichen Grundstückshandels zu berücksichtigen.3 3. Halten von Beteiligungen Beim Halten von Beteiligungen wird danach unterschieden, ob eine Beteiligung an einer Personenge- 32 sellschaft oder an einer KapGes. besteht. Die Beteiligung an einer mitunternehmerischen Personengesellschaft soll grds. einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründen.4 Die Beteiligung an einer KapGes. stellt sich dagegen grds. als vermögensverwaltend dar, auch bei einer Beteiligung von 100 %.5 Bezüglich des Haltens von Beteiligungen an KapGes. ergeben sich zwei wesentliche Ausnahmen: – Soweit eine Beteiligung gehalten wird und die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung gegeben sind, wird eine Beteiligung dem Bereich des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zugeordnet. Dies entspricht bzgl. der Voraussetzungen und der Rechtsfolgen grds. den allgemein zu § 15 EStG entwickelten Rechtsgrundsätzen.6 – Darüber hinaus nimmt die wohl hM an, dass eine Beteiligung auch dann dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugerechnet werden muss, wenn eine Personalunion zwischen der steuerbegünstigten Körperschaft und der Beteiligungsgesellschaft besteht oder auf andere Weise eine einheitliche Unternehmenspolitik aktiv verfolgt wird. Grund dafür ist die Annahme, dass die steuerbegünstigte Körperschaft dann über ihre Beteiligung selbst am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.7 Im Schrifttum wird diese Auffassung zu Recht kritisiert, da sie die stl. Abgrenzung zwischen der steuerbegünstigten Körperschaft und ihrer Beteiligung nicht beachtet.8 Die Unterscheidung ist nach § 8b Abs. 4 KStG bzw. § 9 Nr. 2a GewStG bzgl. der Streubesitzanteile und temporär bzgl. der Kapitalertragsteuer relevant. Eine bedeutende Rückausnahme ist die Beteiligung an einer KapGes., die rein vermögensverwaltend tätig ist. Eine solche Beteiligung wird als vermögensverwaltend angesehen, auch wenn zB eine Personalunion besteht.9 Soweit eine Beteiligung an einer KapGes. im vermögensverwaltenden Bereich gehalten wird, kann es gleichwohl nach § 17 bzw. § 20 Abs. 2 EStG zu einer Besteuerung von Veräußerungserlösen kommen.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

BFH v. 26.2.1992 – I R 149/90, BStBl. II 1992, 693. Gersch in Klein, 13. Aufl. 2016, § 14 AO Rz. 14. BFH v. 7.3.1996 – IV R 2/92, BStBl. II 1996, 369 = FR 1996, 525. BFH v. 25.5.2011 – I R 60/10, BStBl. II 2011, 858 = FR 2011, 811 m. Anm. Kirchhain. BFH v. 25.8.2010 – I R 97/09, BFH/NV 2011, 312. BFH v. 25.8.2010 – I R 97/09, BFH/NV 2011, 312. BFH v. 25.8.2010 – I R 97/09, BFH/NV 2011, 312. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz. 6.133. AEAO zu § 64 Abs. 1 Nr. 3.

Erdbrügger

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§ 3 Nr. 6 Rz. 33 Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken Bei der Beteiligung an gewerblichen Personengesellschaften besteht ausnahmsweise kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, wenn es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft iSv. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelt, da diese lediglich vermögensverwaltend tätig ist.1

D. Rückausnahmen/besondere Regelungen für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steuerbegünstigter Körperschaften nach §§ 64–68 AO I. Vorbemerkung 33

Soweit eine steuerbegünstigte Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, ergibt sich daraus gem. § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG grds. eine partielle StPfl. Aus §§ 64 bis 68 AO ergeben sich allerdings besondere Modifikationen bzw. Steuerbefreiungen, die nur steuerbegünstigten Körperschaften gem. §§ 51 ff. AO offenstehen.

II. Modifikationen und Erleichterungen gem. § 64 AO 34

Nach § 64 Abs. 2 AO bilden sämtliche wirtschaftliche Geschäftsbetriebe einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dies bedeutet, dass es zu einer Ergebnisverrechnung der verschiedenen wirtschaftlichen Ergebnisse kommt. Die Zusammenfassung aller wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe wirkt sich auch iRd. praktisch sehr bedeutenden Bagatellgrenze des § 64 Abs. 3 AO aus. Nach dieser Norm unterbleibt bei Einnahmen (nicht: Gewinn) von bis zu 35.000 Euro im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine Besteuerung. Dh., obwohl die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs an sich gegeben sind, unterbleibt eine Besteuerung.

35

Bereits aus § 51 Abs. 1 Satz 3 AO ergibt sich, dass eine Aufteilung einer Körperschaft in rechtlich selbstständige Untergliederungen stl. nicht anerkannt wird, damit die Bagatellgrenze nicht durch eine Aufsplitterung erreicht werden kann. § 64 Abs. 4 AO ergänzt dies und versagt einer Aufteilung zum Zwecke einer mehrfachen Inanspruchnahme der Bagatellgrenze die stl. Anerkennung. Die Bagatellgrenze gilt von Gesetzes wegen, sodass zB keine Verlustvorträge aus EZ mit geringeren Umsätzen in späteren EZ geltend gemacht werden können.2 Nach § 64 Abs. 5 AO gilt eine vereinfachte (und begünstigende) Gewinnermittlung bei Altmaterialsammlungen. Gem. § 64 Abs. 6 AO werden steuerbegünstigten Körperschaften bei der Gewinnermittlung bestimmter wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe Vergünstigungen gewährt. Hervorzuheben ist hierbei die pauschale Gewinnermittlung mit 15 % der Einnahmen bei Werbung.

III. Steuerbefreite wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (Zweckbetriebe) 36

Nach § 64 Abs. 1 AO iVm. §§ 65 bis 68 AO sind wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steuerbegünstigter Körperschaften steuerbefreit, wenn es sich um Zweckbetriebe handelt. Die Regelung wird dem Umstand gerecht, dass steuerbegünstigte Körperschaften ihre gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke nicht nur durch Spenden, Mitgliedsbeiträge oder Zuschüsse finanzieren können. Vielmehr ist es ihnen auch erlaubt, Einnahmen zu erzielen, ohne dadurch eine StPfl. auszulösen. Diese Steuerbefreiung ist wettbewerbsmäßig – ua. beihilferechtlich – besonders problematisch, da bei Tätigkeiten mit Einnahmeerzielung ein Wettbewerb denkbar ist. Insoweit ergibt sich eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Förderung steuerbegünstigter Körperschaften einerseits und einer öffentlichen Förderung des Wettbewerbs andererseits. Diese Abwägung wird iRd. §§ 65 bis 68 AO vorgenommen.

37 § 65 AO enthält eine allgemeine Zweckbetriebsdefinition, während in den §§ 66 bis 68 AO beson-

dere Zweckbetriebe geregelt werden. Nach § 65 AO liegt ein Zweckbetrieb vor, wenn die Tätigkeit 1 BFH v. 25.5.2011 – I R 60/10, BStBl. II 2011, 858 = FR 2011, 811 m. Anm. Kirchhain. 2 AEAO zu § 64 Abs. 3 Nr. 24.

142

Erdbrügger

Betriebe der Hochsee- und Küstenfischerei

Rz. 2 § 3 Nr. 7

der satzungsmäßigen Zweckbestimmung der steuerbegünstigten Körperschaft entspricht, dieser Zweck nur durch die wirtschaftliche Tätigkeit erreicht werden kann und diese nicht in einem vermeidbaren Wettbewerb zu nicht steuerbegünstigten Anbietern steht. Demnach kommen nur Tätigkeiten für die Begünstigung in Betracht, mit denen gemeinnützige Zwecke iSd. § 52 AO verfolgt werden, nicht jedoch solche, die der Mittelbeschaffung dienen. Der Interessenausgleich zwischen der Förderung der begünstigten Körperschaft und der Wettbewerbsgleichheit wird insbes. iRd. Prüfung, ob ein vermeidbarer Wettbewerb besteht, vorgenommen. § 66 AO enthält eine besondere Regelung für Zweckbetriebe im Wohlfahrtsbereich. Dort kommt es nicht auf das Wettbewerbskriterium an, sondern darauf, dass zwei Drittel der Leistungen bedürftigen Personen iSd. § 53 AO zugutekommen. § 67 regelt einen Unterfall der Wohlfahrtsbetriebe, und zwar die Krankenhäuser. Auch dort kommt es nicht auf ein Wettbewerbskriterium an, sondern darauf, dass in 40 % der Behandlungsfälle die gesetzliche Krankenhausvergütung nicht überschritten wird (zB durch Wahlleistungen). In wettbewerblicher Hinsicht ist diese Steuerbegünstigung besonders problematisch. Nach § 67a AO gibt es eine besondere Zweckbetriebsdefinition für Sportvereine, die vornehmlich der Vereinfachung dient. Schließlich wird in § 68 AO eine Reihe von gesetzlichen Zweckbetrieben aufgezählt, die verschiedene gemeinnützige Bereiche betreffen, insbes. jedoch Wohlfahrtsbetriebe.

§ 3 Nr. 7 [Betriebe der Hochsee- und Küstenfischerei] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 7. Hochsee- und Küstenfischerei, wenn sie mit weniger als sieben im Jahresdurchschnitt beschäftigten Arbeitnehmern oder mit Schiffen betrieben wird, die eine eigene Triebkraft von weniger als 100 Pferdekräften haben; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 7 GewStG befreit die Hochsee- und Küstenfischerei von der GewSt. Es handelt sich um eine 1 wirtschaftspolitische Maßnahme, um kleine und mittlere Fischereibetriebe zu erhalten.1 Sie wird als sog. „Erhaltungshilfe“ im Subventionsbericht der Bundesregierung aufgeführt.2 Die Befreiung wird aber auch aus Gleichbehandlungsgründen gewährt, weil „gewöhnliche“ Binnenfischereibetriebe Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG), die nicht gewstpfl. sind. Es handelt sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (s. Rz. 3) befreit. Eine vergleichbare KSt-Befreiung existiert nicht. Bereits § 4 Nr. 1 des PrGewStG 1891 v. 24.6.18613 enthielt eine Befreiung für „die Fischzucht“. Die heutige Vorschrift geht inhaltlich auf § 6 Nr. 5 des GewStG 1930 v. 1.12.19304 zurück und findet sich seit dem GewStG 1936 v. 1.12.19365 in § 3 Nr. 7 GewStG in unveränderter Form.

1 2 3 4 5

BFH v. 19.7.1978 – I R 118/76, BStBl. II 1979, 49. BT-Drucks. 18/13456, 259. Abrufbar unter www.jstor.org/stable/40904491. RGBl. I 1930, 517 (538). RGBl. I 1936, 979.

Erdbrügger/Rüsch

143

2

§ 3 Nr. 7 Rz. 3 Betriebe der Hochsee- und Küstenfischerei

B. Anwendungsbereich 3 Begünstigte Tätigkeit. Die Befreiung gilt nur für die Hochsee- und Küstenfischerei (§ 3 Nr. 7 Gew-

StG). Nicht erfasst ist daher der Fischfang in Binnengewässern (Flüsse, Seen).1 Die Einkünfte sind nur unter der Voraussetzung befreit, dass für die Fischereitätigkeit im Jahresdurchschnitt weniger als sieben, dh. maximal sechs Arbeitnehmer eingesetzt werden. Ein kurzzeitiges Überschreiten kann daher unschädlich sein. Der Arbeitnehmerbegriff richtet sich nach § 1 LStDV.2 Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit ist nach dem Wortlaut irrelevant, weshalb auch Teilzeitkräfte in die Berechnung voll einzubeziehen sind. Unseres Erachtens wäre der Jahresdurchschnitt sinnvollerweise mit Vollzeitäquivalenten zu berechnen.3 Wird die maximale Arbeitnehmeranzahl überschritten, wird die Befreiung auch dann gewährt, wenn sämtliche für die Fischereitätigkeit eingesetzten Schiffe maximal über 99,9 PS (ca. 73,48 kW) verfügen.4 Eine Aufteilung der darüber liegenden Schiffe (ab 100 PS) in einen zweiten Fischereibetrieb hilft nicht, wenn es sich hiernach weiterhin um einen einheitlichen Gewerbebetrieb handelt (s. zu den Kriterien § 2 GewStG Rz. 22 ff.). Für die Befreiung ist ausreichend, nur eine der Voraussetzungen (Arbeitnehmeranzahl oder Leistung der eingesetzten Schiffe) zu erfüllen. 4 Nicht begünstigte Tätigkeit. Einkünfte aus anderen Tätigkeiten sind für die Befreiung unschädlich,5

aber auch nicht begünstigt (zur Ergebnisaufteilung s. § 3 GewStG Rz. 9).

§ 3 Nr. 8 [Landwirtschaftliche Nutzungs-, Leistungs-, Verwertungs- und Beratungsgenossenschaften und -vereine] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 8. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 14 des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Wirkung zwischen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . .

4

C. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

5

2. 3. 4. 5. 6.

Zweckgeschäft . . . . . . . . . . . . Gegengeschäft . . . . . . . . . . . . Hilfsgeschäft . . . . . . . . . . . . . Nebengeschäft . . . . . . . . . . . . Begünstigte und nicht begünstigte Geschäfte . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

7 8 9 10

. . . . .

11

I. Begünstigte Geschäftsbetriebe iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG . . . . . . . . . . .

5

III. Partielle oder volle Steuerpflicht . . . . . .

12

II. Begünstigte Geschäftsarten . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . .

6 6

IV. Ausnahmeregelung . . . . . . . . . . . . . .

14

1 Dieser ist (außerhalb von § 2 Abs. 2 GewStG) als Land- und Forstwirtschaft (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG iVm. § 62 BewG) ohnehin nicht gewstpfl. Zu der befreiten Küstenfischerei gehört jedoch auch die Fischerei auf dem Unterlauf der Weser und der Elbe und die Hafffischerei (R 3.7 GewStR), außerdem die Fischerei auf den Boddengewässern des Landes Mecklenburg-Vorpommern (OFD Rostock v. 2.4.1996 – G 1440 - 0/96 - St 242, FR 1996, 330). 2 GlA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 310 (Stand: März 2018). 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 322, und Frotscher in Frotscher/Drüen, § 3 GewStG Rz. 37 (Stand: Januar 2011), stellen (uE unzutreffend) für die Berechnung auf weniger als 84 Arbeitsmonate (weil weniger als 7 Arbeitnehmer × 12 Monate = 84 Monate) ab; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 310 (Stand: März 2018), hält maximal 72 Arbeitsmonate (maximal 6 Arbeitnehmer × 12 Monate = 72 Monate) für maßgeblich. 4 RFH v. 14.12.1937 – I 410/37, RStBl. 1938, 428. 5 BFH v. 19.7.1978 – I R 118/76, BStBl. II 1979, 49.

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Rüsch/Hesse

Landwirtschaftliche Genossenschaften und Vereine

Rz. 5 § 3 Nr. 8

A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 8 GewStG befreit Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine iSd. § 5 Abs. 1 1 Nr. 14 KStG von der GewSt, soweit sie auch von der KSt befreit sind. Eingeführt wurde die Befreiungsvorschrift, um land- und forstwirtschaftliche Betriebe und dabei insbes. kleinbäuerliche Betriebe im Wettbewerb mit Großbetrieben zu unterstützen, indem der Zusammenschluss als Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft oder Verein von der KSt (§ 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG) sowie von der GewSt befreit wird. Durch die Befreiung auf Ebene der Genossenschaften kommt es somit nur noch auf Mitgliederebene zu einer Ertragsbesteuerung. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG sind Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine von der 2 KSt befreit, soweit sich ihr Geschäftsbetrieb auf bestimmte begünstigte Tätigkeiten beschränkt. Übt das Unternehmen jedoch eine nicht begünstigte Tätigkeit aus, die 10 % der gesamten Einnahmen übersteigt, so tritt die volle KStPfl. ein. Entscheidend für die Befreiung sind somit die Rechtsform und die Art der Tätigkeit. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sind Zusammenschlüsse, deren Zweck darauf gerichtet 3 ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (§ 1 GenG). Unter den Begriff Vereine fallen sowohl rechtsfähige Vereine iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG als auch nicht rechtsfähige Vereine iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG.

B. Wirkung zwischen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer Die Gewerbesteuerbefreiung tritt nur ein, soweit die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft sowie 4 der Verein auch von der KSt befreit sind, sodass die entsprechenden Befreiungen von ihrem Umfang deckungsgleich sind.1 Dabei besteht jedoch keine Bindungswirkung der KSt-Befreiung für die GewSt-Befreiung im Sinne einer Grundlagenfunktion nach § 171 Abs. 10 AO.2 Ist ein KSt-Bescheid hinsichtlich der Steuerbefreiung materiell-rechtlich nicht zutreffend, aber bestandskräftig, so kann die GewSt-Befreiung dennoch berücksichtigt oder ein entsprechender GewSt-Messbescheid geändert werden, sofern er selbst nicht formell bestandskräftig ist.

C. Anwendungsbereich I. Begünstigte Geschäftsbetriebe iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG Unter die Begünstigungsvorschrift des § 3 Nr. 8 GewStG fallen nur solche Erwerbs- und Wirtschafts- 5 genossenschaften sowie Vereine iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG, der die begünstigten Tätigkeiten abschließend aufzählt. Die Aktivitäten der Genossenschaft oder des Vereins müssen sich beschränken auf – die gemeinschaftliche Benutzung land- und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände (Nutzungsgenossenschaft/-verein, § 5 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. a KStG), – Leistungen im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen für die Produktion land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Betriebe der Mitglieder, wenn die Leistungen im Bereich der Landund Forstwirtschaft liegen; dazu gehören auch Leistungen zur Erstellung und Unterhaltung von Betriebsvorrichtungen, Wirtschaftswegen und Bodenverbesserungen (Dienstleistungs- und Werksgenossenschaften, § 5 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b KStG), – die Bearbeitung oder die Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, wenn die Bearbeitung oder die Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt (Bearbeitungs- und Verwertungsgenossenschaften und -vereine, § 5 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. c KStG), oder 1 Ähnlich Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 312 (Stand: März 2018). 2 Vgl. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 313 (Stand: März 2018).

Hesse

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§ 3 Nr. 8 Rz. 6 Landwirtschaftliche Genossenschaften und Vereine – die Beratung für die Produktion oder Verwertung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse der Betriebe der Mitglieder (Beratungsgenossenschaften und -vereine, § 5 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. d KStG).

II. Begünstigte Geschäftsarten 1. Vorbemerkung 6 Nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG sind nur bestimmte Tätigkeiten mit den Mitgliedern der Genossen-

schaft von der KSt und somit nach § 3 Nr. 8 GewStG auch von der GewSt befreit. Jedoch ist dabei zu unterscheiden, um welche Geschäftsart es sich handelt.1 Nicht jede Geschäftsart unterliegt der Begünstigungsvorschrift. Hierbei ist wie folgt zu differenzieren: 2. Zweckgeschäft 7 Zweckgeschäfte sind alle Geschäfte, die der Erfüllung des satzungsmäßigen Gegenstands des Unter-

nehmens der Genossenschaft dienen und die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder bezwecken (§ 1 GenG). Sie können entweder Mitgliedergeschäfte, die mit den Mitgliedern der Genossenschaft als Vertragspartnern durchgeführt werden, oder Nichtmitgliedergeschäfte, die mit Nichtmitgliedern als Vertragspartnern der Genossenschaft durchgeführt werden, sein. Als Mitglieder gelten die in die Mitgliederliste eingetragenen Personen, wobei es ausreichend ist, wenn der Genossenschaft zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses die Beitrittserklärung vorliegt. 3. Gegengeschäft 8 Gegengeschäfte sind Geschäfte, die zur Durchführung der Zweckgeschäfte erforderlich sind. Ohne

diese Geschäfte wären die Zweckgeschäfte nicht möglich. Unter die Gegengeschäfte fallen bspw. bei Bezugsgenossenschaften der Einkauf der Waren, bei Nutzungsgenossenschaften der Ankauf eines Mähdreschers, bei Absatzgenossenschaften der Verkauf der Waren. 4. Hilfsgeschäft 9 Hilfsgeschäfte sind Geschäfte, die zur Abwicklung der Zweckgeschäfte und Gegengeschäfte not-

wendig sind und die der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft mit sich bringt. Der Einkauf von Büromaterial, der Verkauf von überflüssig gewordenem Inventar oder Verpackungsmaterial, die Lieferung von Molkereibedarfsartikeln können bei Genossenschaften oder Vereinen als Hilfsgeschäfte qualifiziert werden. 5. Nebengeschäft 10

Nebengeschäfte sind alle sonstigen Geschäfte. Zu den Nebengeschäften zählen auch die Einnahmen aus Beteiligungen an KapGes. oder Personengesellschaften. 6. Begünstigte und nicht begünstigte Geschäfte

11

Einnahmen aus Zweckgeschäften mit Mitgliedern und Gegengeschäfte und Hilfsgeschäfte, die sich auf den nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG steuerfreien Geschäftsbereich beziehen, sind begünstigte Tätigkeiten. Nicht begünstigt sind Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern sowie Nebengeschäfte. Außerdem gelten Hilfsgeschäfte, die zum nicht steuerbefreiten Bereich gehören, ebenfalls nicht als begünstigt.

1 Siehe hierzu Abschn. 5.11 Abs. 6 KStR 2015.

146

Hesse

Soziale Kassen

Rz. 1 § 3 Nr. 9

III. Partielle oder volle Steuerpflicht Die GewSt-Befreiung des § 3 Nr. 8 GewStG setzt voraus, dass die Einkünfte der Genossenschaft oder 12 des Vereins körperschaftsteuerbefreit sind. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 2 KStG ist die KSt-Befreiung ausgeschlossen, wenn die Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten 10 % der gesamten Einnahmen übersteigen. Übersteigen die Einnahmen diese Grenze, ist sowohl die KSt- als auch die GewSt-Befreiung vollständig ausgeschlossen. Liegen die Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten unter 10 %, ist die Genossenschaft bzw. der Verein nur mit den schädlichen Einkünften partiell körperschaftsteuer- und damit auch gewstpfl. Begründet wird die partielle Steuerbefreiung damit, dass das eigene wirtschaftliche Interesse der Genossenschaft oder des Vereins zu groß ist, sofern die Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten höher als 10 % sind. In diesem Fall wird das Unternehmen zur Konkurrenz anderer stpfl. Unternehmen. Mit Änderung des § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG und des § 3 Nr. 8 GewStG durch das Wohnungsbauför- 13 derungsgesetz v. 22.12.19891 wurde die Steuerbefreiungsregelung ausgeweitet. Unternehmen sind, wie vorstehend beschrieben, mit ihren Tätigkeiten auch dann nicht körperschaft- und gewstpfl., wenn sie in geringem Umfang andere Tätigkeiten ausüben. Im Zusammenhang mit der Gesetzesänderung wurde mit dem heutigen § 34 Abs. 2 KStG2 auch die Möglichkeit eingeräumt, durch eine bis zum 31.12.1991 abzugebende Erklärung auf die Steuerbefreiung zu verzichten, da ein Übergang in die Steuerfreiheit zwangsläufig die Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven zur Folge hatte. Sofern vom Verzicht der KSt-Befreiung Gebrauch gemacht wurde, ist auch eine vollständige GewStPfl. für die Genossenschaft oder den Verein gegeben.

IV. Ausnahmeregelung Die KSt- und GewSt-Befreiung wird bei Genossenschaften und Vereinen, deren Geschäftsbetrieb sich 14 überwiegend auf die Durchführung von Milchqualitäts- und Milchleistungsprüfungen oder auf die Tierbesamung beschränkt, bei Zweckgeschäften mit Nichtmitgliedern von mehr als 10 % nicht versagt. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, dass Genossenschaften und Vereine, die im öffentlichen Interesse in erheblichem Umfang Geschäfte mit Nichtmitgliedern und Nichtlandwirten machen, die Steuerbefreiung nicht verlieren.

§ 3 Nr. 9 [Soziale Kassen] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 9. rechtsfähige Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie die für eine Befreiung von der Körperschaftsteuer erforderlichen Voraussetzungen erfüllen; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 9 GewStG befreit Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen iSd. § 5 Abs. 1 1 Nr. 3 KStG (s. Rz. 3) von der GewSt, soweit sie die für eine Befreiung von der KSt erforderlichen Vo1 BGBl. I 1989, 2408. 2 Eingeführt durch UntStFG v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858.

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§ 3 Nr. 9 Rz. 2 Soziale Kassen raussetzungen erfüllen. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der KSt-Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Die genannten Kassen übernehmen bestimmte Versorgungsleistungen für ihre Empfänger. Die Befreiung erfolgt daher aus sozialpolitischen Gründen. Es handelt sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4) befreit. 2 Die Befreiung geht auf § 9 der GewStDV v. 26.2.19371 zurück und wurde mit Gesetz v. 27.12.19512 in nahezu identischer Form als § 3 Nr. 9 in das GewStG eingefügt. Die heutige Fassung besteht seit dem EGKStRG v. 6.9.19763 in unveränderter Form.

B. Anwendungsbereich 3 Rechtsfähige Kassen. Trotz des Verweises auf das KStG muss es sich bereits gem. § 3 Nr. 9 GewStG

um rechtsfähige Kassen, dh. eigenständige Rechtssubjekte handeln. Die Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG unterscheidet sodann zwei Kassenarten: Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen müssen ihren Leistungsempfängern einen Rechtsanspruch auf die Versorgungsleistung gewähren. Im Gegensatz dazu dürfen Unterstützungskassen ihren Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch auf die Leistung gewähren (was bei Unterstützungskassen bereits gesetzlich ausgeschlossen ist).4 Ob die Befreiung für den EZ an- oder nicht mehr anzuwenden ist, richtet sich danach, ob die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG und der §§ 1–3 KStDV am 31.12. des jeweiligen EZ vor- bzw. nicht mehr vorlagen.5 Eine Aufteilung der Einkünfte bei einer unterjährigen (Nicht-)Erfüllung der Voraussetzungen erfolgt – außerhalb von § 6 KStG – also nicht (s. Rz. 6). 4 Begünstigte Tätigkeit. Die Versorgungsleistungen müssen auf einen bestimmten Empfängerkreis be-

schränkt sein (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG), alternativ muss es sich bei den Kassen um soziale Einrichtungen6 handeln (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KStG). Die Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten führt zum vollständigen Entfall der Befreiung. 5 Vermögens- und Überschussverwendung. Das Vermögen und die erzielten Überschüsse dürfen aus-

schließlich (100 %) und unmittelbar nur für satzungsmäßige Zwecke der Kasse verwendet werden (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG). Die Geschäfte dürfen über den Rahmen einer Vermögensverwaltung (§ 14 Satz 3 AO) nicht hinausgehen.7 Ein Verstoß gegen die strikt zweckgebundene Vermögensbindung oder die Überschussverwendung führt zum vollständigen Verlust und uE auch zur rückwirkenden Aufhebung der Steuerbefreiung gem. § 175 Abs. 2 AO.8 6 Vermögenshöhe. Die Kasse darf nicht mehr Vermögen besitzen, als sie zur Erfüllung ihrer Verpflich-

tungen benötigt (keine Überdotierung des Vermögens, s. § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d und e KStG). Übersteigt das Vermögen diese Beträge, ist die Kasse mit dem Anteil, der auf das übersteigende Vermögen entfällt, partiell stpfl. Für Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen richtet sich die Berechnung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d KStG und die anteilige StPfl. nach § 6 Abs. 1–4 KStG. Unterstützungskassen haben § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. 4 KStG iVm. § 6 Abs. 5 und 5a KStG zu beachten.

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RGBl. I 1937, 259. BGBl. I 1951, 996. BGBl. I 1975, 2641. Hintergrund ist, dass die Unterstützungskasse ansonsten als Versicherungsunternehmen zu bewerten und dadurch der Versicherungsaufsicht unterliegen würde. Das hätte zur Folge, dass Zuwendungen an die Unterstützungskasse für Arbeitnehmer als Einkommen zu versteuern wären. Aufgrund der Subsidiärhaftung des Arbeitgebers (§ 1 Abs. 1 BetrAVG) ist der fehlende Rechtsanspruch für die Leistungsempfänger ohne Bedeutung. R 5.2 Abs. 2 KStR 2015. S. hierfür § 1 KStDV. Zur Befreiung von Pensionskassen bei mitunternehmerischer Beteiligung an gewerblichen Personengesellschaften Brinkhaus/Bielins, DStR 2015, 2358. Als Vergleich dient die Vermögensbindung des § 61 Abs. 3 AO. Ein Verstoß hiergegen stellt ebenfalls einen Fall von § 175 Abs. 2 AO dar; s. v. Groll in H/H/Sp, § 175 AO Rz. 401 (Stand: September 2014).

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Vermögensverwaltung für Berufsverbände

Rz. 4 § 3 Nr. 10

§ 3 Nr. 10 [Vermögensverwaltung für Berufsverbände] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 10. Körperschaften oder Personenvereinigungen, deren Hauptzweck die Verwaltung des Vermögens für einen nichtrechtsfähigen Berufsverband im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes ist, wenn ihre Erträge im Wesentlichen aus dieser Vermögensverwaltung herrühren und ausschließlich dem Berufsverband zufließen; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 10 GewStG befreit Körperschaften oder Personenvereinigungen (s. Rz. 3), deren Hauptzweck 1 die Vermögensverwaltung für einen nicht rechtsfähigen Berufsverband iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG (s. Rz. 4) darstellt. Der Grund für die Ausnahme von der KSt liegt darin, dass die Verbände, wie die mit hoheitlichen Aufgaben ausgestatteten öffentlich-rechtlichen berufsständischen Vertretungen, im öffentlichen Interesse tätig werden.1 Sie sind häufig als nicht rechtsfähige Personenzusammenschlüsse (zB als nicht rechtsfähiger Verein) organisiert. Gewstl. werden diese Rechtsformen gem. § 2 Abs. 3 GewStG nur im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe erfasst. Die Vermögensverwaltung dieser Berufsverbände wird dagegen häufig von rechtsfähigen Gesellschaften übernommen. Damit auch in diesen Fällen keine StPfl. eintritt, enthält § 5 Abs. 1 Nr. 6 KStG eine Befreiung von KSt und § 3 Nr. 10 GewStG in nahezu wortgleicher Form2 die Befreiung von der GewSt (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Es handelt sich um eine eingeschränkte Befreiung3 (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4) befreit. Die Befreiung war in nahezu identischer Form (lediglich beschränkt auf GmbHs) bereits in § 6 Nr. 7 GewStG v. 1.12.19304 enthalten, wurde aber nicht in das GewStRG v. 30.6.19355 übernommen. Erst mit Gesetz v. 27.12.19516 fand die Vorschrift in § 3 Nr. 10 erneut Einzug in das GewStG.

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B. Anwendungsbereich Körperschaften oder Personenvereinigungen. Es muss sich gem. § 3 Nr. 10 GewStG um Körper- 3 schaften (bspw. AG, GmbH, e.G.) oder Personenvereinigungen (vor allem nichtrechtsfähige Vereine) handeln. Nicht erfasst sind aufgrund des eindeutigen Wortlauts Stiftungen,7 weil es sich hierbei um Vermögensmassen bzw. Zweckvermögen handelt. Begünstigte Tätigkeit. Hauptzweck muss gem. § 3 Nr. 10 GewStG die Vermögensverwaltung (§ 14 4 Satz 3 AO) für einen nicht rechtsfähigen Berufsverband iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG sein. Hauptzweck bedeutet, dass die Erträge im Wesentlichen aus der Vermögensverwaltung resultieren. Beide Formulierungen zeigen, dass die Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten unschädlich (und ebenfalls befreit) ist, wenn diese unwesentlich sind. Die zulässige Höhe von Einnahmen aus anderen Tätigkeiten 1 BFH v. 29.11.1967 – I 67/65, BStBl. II 1968, 236; v. 28.1.1988 – V R 48/85, DB 1989, 156; v. 22.7.1952 – I 44/52 U, BStBl. III 1952, 221 (223). 2 § 5 Abs. 1 Nr. 6 KStG verwendet statt der Formulierung „wenn“ das Wort „sofern“. Dies hat keine materiellrechtliche Bedeutung; glA Frotscher in Frotscher/Drüen, § 3 GewStG Rz. 68 (Stand: Januar 2011). 3 AA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 386 (persönliche Befreiung). 4 RGBl. I 1930, 517 (538). 5 RGBl. I 1935, 830. 6 BGBl. I 1951, 996. 7 GlA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 416 (Stand: März 2018); aA Bührer in Bergemann/Wingler, § 3 GewStG Rz. 106.

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§ 3 Nr. 11 Rz. 1 Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen ist umstritten. Unseres Erachtens erscheinen maximal 5 bis 10 % sachgerecht.1 Die erzielten Erträge müssen allerdings ausschließlich (dh. zu 100 %) dem Berufsverband zufließen. Ein mittelbarer Zufluss (zB bei Treuhandverhältnissen) sollte uE unschädlich sein.2

§ 3 Nr. 11 [Öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 11. öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen, deren Angehörige auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder dieser Einrichtungen sind, wenn die Satzung der Einrichtung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Zwölffache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden. 2Sind nach der Satzung der Einrichtung nur Pflichtmitgliedschaften sowie freiwillige Mitgliedschaften, die unmittelbar an eine Pflichtmitgliedschaft anschließen, möglich, so steht dies der Steuerbefreiung nicht entgegen, wenn die Satzung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Fünfzehnfache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

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B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 11 GewStG befreit öffentlich-rechtliche (s. § 3 GewStG Rz. 11) Versicherungs- und Versor-

gungseinrichtungen von Berufsgruppen (s. Rz. 3 ff.) von der GewSt. Gemeint sind die Versorgungswerke für freie Berufe, die mit einer Pflichtmitgliedschaft in der zugehörigen Berufskammer und dem Versorgungswerk verbunden sind (sog. Kammerberufe, zB Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, Architekten, Ärzte). Mit der Befreiung wird (aufgrund vergleichbarer Aufgaben) eine Gleichbehandlung mit den Sozialversicherungsträgern (insbes. der allgemeinen Rentenversicherung) bezweckt, die als Hoheitsbetriebe ebenfalls nicht stpfl. sind.1 Es handelt sich um eine uneingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 5 f.).2 Sie ist (nahezu) wortgleich mit § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG.3 2 Die Befreiung wurde durch das StÄndG 1965 v. 14.5.19654 als § 3 Nr. 11 GewStG neu eingefügt und beschränkte sich zu diesem Zeitpunkt auf Satz 1 der heutigen Fassung. Mit Gesetz v. 15.8.19695 wurde der heutige Satz 2 eingefügt.6

1 Für 10 % spricht sich Bührer in Bergemann/Wingler, § 3 GewStG Rz. 108, aus. 2 GlA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 418 (Stand: März 2018); Bührer in Bergemann/Wingler, § 3 GewStG Rz. 108. 1 BT-Drucks. IV/3189, 10. 2 BFH v. 9.2.2011 – I R 47/09, BStBl. II 2012, 601 = FR 2011, 969. 3 Lediglich in Satz 2 besteht ein Unterschied in der Wortwahl („Ermöglicht die Satzung“ statt „Sind nach der Satzung“), der ohne materiell-rechtliche Bedeutung bleibt. 4 BGBl. I 1965, 377 (383). 5 BStBl. I 1969, 471 (473). 6 Ausf. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 426 ff. (Stand: März 2018).

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Gemeinschaftliche Tierhaltung

Rz. 1 § 3 Nr. 12

B. Anwendungsbereich Öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen. Es muss sich gem. § 3 Nr. 11 3 GewStG um öffentlich-rechtliche Einrichtungen handeln (s. dazu § 3 GewStG Rz. 11). Versorgungswerke sind häufig als rechtlich selbstständige AöR organisiert, zum Teil als rechtlich unselbstständige Sondervermögen der jeweiligen – ebenfalls als AöR organisierten – Berufskammer. Zwangsmitgliedschaft. Weitere Voraussetzung ist eine gesetzliche Zwangsmitgliedschaft einer be- 4 stimmten Berufsgruppe (freie Berufe, zB Apotheker, Architekten, Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Tierärzte, Wirtschaftsprüfer, Zahnärzte) in den genannten Einrichtungen. Freiwillige Mitgliedschaften sind gem. § 3 Nr. 11 Satz 2 GewStG unschädlich. Beitragszahlungen. Der Höchstbetrag der jährlich möglichen Beitragszahlungen muss satzungsmäßig 5 eingeschränkt sein. Der Jahreshöchstbetrag darf das Zwölffache der verdoppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen.1 Dadurch soll eine Konkurrenz zu privaten Versicherungen vermieden werden.2 Sind im Versorgungswerk nur Pflichtmitglieder und sich an die Pflichtmitgliedschaft anschließende freiwillige Mitglieder zugelassen (Satz 2), erhöht sich der Höchstbetrag auf das Fünfzehnfache. Ein Verstoß gegen den Höchstbetrag führt zu einem vollständigen Verlust der Steuerbefreiung. Gem. H 3.11 GewStH 2009 ist es jedoch entsprechend zu § 187a SGB VI unschädlich, wenn – neben den festgelegten Höchstbeträgen – Leistungen aus einer vom Arbeitgeber gezahlten Entlassungsentschädigung wegen Altersteilzeit, zur Reduzierung des versicherungsmathematischen Abschlags beim vorgezogenen Altersruhegeld, in die berufsständische Versorgungseinrichtung entrichtet werden.3 Begünstigte Tätigkeit. Die Steuerbefreiung erstreckt sich auch auf die gewerblichen Einkünfte, die 6 aus der gesetzlich erlaubten Anlage des Vermögens erzielt werden. Bei den gesetzlichen Sozialversicherungsträgern können entsprechende Anlagen als Gewerbebetrieb zu beurteilen und der GewSt zu unterwerfen sein. Der BFH sieht in der Freistellung dieser Einkünfte bei § 3 Nr. 11 GewStG jedoch keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.4

§ 3 Nr. 12 [Gemeinschaftliche Tierhaltung] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 12. Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind, sowie Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, soweit die Gesellschaften und die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften eine gemeinschaftliche Tierhaltung im Sinne des § 51a des Bewertungsgesetzes betreiben; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

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B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 12 GewStG befreit die Einkünfte bestimmter Gesellschaften (s. Rz. 3) aus gemeinschaftlicher 1 Tierhaltung iSd. § 51a BewG (s. Rz. 4) von der GewSt. Sie wird als wirtschaftspolitische Maßnahme gewährt, um die landwirtschaftliche Tierhaltung gegenüber der gewerblichen Tierhaltung zu fördern. Eine vergleichbare KSt-Befreiung existiert jedoch nicht. Es handelt sich um eine eingeschränk1 2 3 4

Siehe die jeweilige im BGBl. I veröffentlichte VO über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung. Bührer in Bergemann/Wingler, § 3 GewStG Rz. 110. BMF v. 20.10.2003 – IV A 2 - S 2728 - 4/03, BStBl. I 2003, 558. BFH v. 9.2.2011 – I R 47/09, BStBl. II 2012, 601 = FR 2011, 969.

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§ 3 Nr. 12 Rz. 2 Gemeinschaftliche Tierhaltung te Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4) befreit. 2 Die Befreiung wurde gleichzeitig mit § 51a BewG durch das BewÄndG v. 21.7.19711 als § 3 Nr. 12 GewStG neu eingefügt und besteht seitdem in unveränderter Form.

B. Anwendungsbereich 3 Gesellschaften. Die Befreiung gilt gem. § 3 Nr. 12 GewStG nur für zwei Gesellschaftstypen. Erfasst wer-

den Mitunternehmerschaften iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (insbes. GbR, OHG, KG), nicht jedoch die GmbH & Co. KG, weil es sich für eine gemeinschaftliche Tierhaltung gem. § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c BewG bei allen Gesellschaftern um Landwirte iSd. § 1 Abs. 2 ALG (also natürliche Personen) handeln muss. Darüber hinaus sind Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften begünstigt. Hierbei handelt es sich um Gesellschaften iSd. § 1 GenG, also eG. Nicht eingetragene Genossenschaften können als GbR wiederrum unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begünstigt sein. In § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG finden sich weitere Voraussetzungen für die Gesellschafterstruktur der begünstigten Gesellschaften.2 Nicht erfasst sind die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3 KStG genannten Gesellschaften (insbes. KapGes.).3 Sonstige juristische Personen des privaten Rechts iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG (rechtsfähige Vereine und Stiftungen) und Gesellschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG (zB nicht rechtsfähige Vereine) sind ebenfalls nicht genannt, aber im Falle einer gemeinschaftlichen Tierhaltung als Land- und Forstwirtschaft (§ 34 Abs. 6a BewG) bereits nach § 2 Abs. 3 GewStG nicht gewstpfl. 4 Begünstigte Tätigkeit. Es muss sich gem. § 3 Nr. 12 GewStG um gemeinschaftliche Tierhaltung

iSd. § 51a BewG handeln. Hierfür enthält § 51a Abs. 1 Nr. 2 BewG bestimmte Grenzen hinsichtlich der zulässigen Vieheinheiten, die zur Abgrenzung einer gewerblichen Tierhaltung nicht nachhaltig überschritten werden dürfen. Die Betriebe dürfen zudem gem. § 51a Abs. 1 Nr. 3 BewG nicht mehr als 40 km von der Produktionsstätte entfernt liegen. Unschädlich ist gem. § 51a Abs. 2 BewG, wenn die gemeinschaftliche Tierhaltung ohne regelmäßig landwirtschaftlich genutzte Flächen betrieben wird. Es finden sich weitere Voraussetzungen in § 51a Abs. 3 bis 5 BewG, ua. hinsichtlich der Berechnung der zuvor genannten Grenzen. 5 Nicht begünstigte Tätigkeit. Einkünfte aus anderen Tätigkeiten sind für die Befreiung unschädlich,4

aber auch nicht begünstigt (zur Ergebnisaufteilung s. § 3 GewStG Rz. 7).

§ 3 Nr. 13 [Private Schulen und andere allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 13. private Schulen und andere allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen, soweit ihre Leistungen nach § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes von der Umsatzsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Private Schulen und andere allgemeinoder berufsbildende Einrichtungen . . . . .

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III. Steuerfreie Leistung nach § 4 Nr. 21 UStG .

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1 BGBl. I 1971, 1157 (1160). 2 Zu den Einzelheiten Eisele in Rössler/Troll, BewG, § 51a Rz. 3 ff. (Stand: Oktober 2015). 3 Darin liegt keine Ungleichbehandlung iSd. Art. 3 Abs. 1 GG, vgl. BFH v. 5.11.2009 – IV R 13/07, BFH/NV 2010, 652, für KapGes. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. 4 BFH v. 5.11.2009 – IV R 13/07, BFH/NV 2010, 652.

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Private Schulen und andere Einrichtungen

Rz. 6 § 3 Nr. 13

A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 13 GewStG befreit private Schulen und andere allgemein- oder berufsbildende Einrichtun- 1 gen von der GewSt, soweit ihre Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG von der USt befreit sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher auch der USt-Befreiung in § 4 Nr. 21 UStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der USt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 30). Die Befreiung erfolgt zur Förderung der schulischen und beruflichen Aus- und Fortbildung, also aus öffentlichem Interesse an der Tätigkeit der genannten Einrichtungen. Mit der Befreiung wird aber auch eine Gleichbehandlung mit öffentlichen Einrichtungen bezweckt,1 die als Hoheitsbetriebe nicht stpfl. sind. Eine vergleichbare KStBefreiung existiert jedoch nicht. Es handelt sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (Rz. 7 ff.) befreit. Die Befreiung wurde durch Gesetz v. 27.8.19712 eingefügt und enthielt den Zusatz „soweit der Gewerbebetrieb unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dient“. Dieser Halbsatz wurde durch das StMBG v. 21.12.19933 infolge eines BFH-Urteils4 und mit lediglich klarstellender Wirkung gestrichen.5

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B. Anwendungsbereich I. Vorbemerkung Gem. § 3 Nr. 13 GewStG werden private Schule (Rz. 5) und andere allgemein- oder berufsbildende 3 Einrichtungen (Rz. 6) befreit, soweit ihre Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG (Rz. 7 ff.) von der USt befreit sind.

II. Private Schulen und andere allgemein- oder berufsbildende Einrichtungen Allgemeines. Die Begriffe stammen aus der umsatzsteuerlichen Befreiungsvorschrift in § 4 Nr. 21 4 UStG. Für die Rechtsform des Trägers bestehen keine Voraussetzungen. Auf freiberuflich betriebene Einrichtungen wird nicht verwiesen, weil diese bereits dem Grunde nach nicht der GewSt unterliegen.6 Gemeinnützige Einrichtungen sind aufgrund von § 3 Nr. 6 GewStG befreit (s. § 3 Nr. 6 GewStG Rz. 1 ff.). Private Schulen. Bei Schulen handelt es sich häufig um rechtlich unselbstständige, aber organisato- 5 risch eigenständige Einrichtungen. Was allgemein unter dem Begriff „Schule“ zu verstehen ist und welche Anforderungen an deren Betrieb zu stellen sind, ist den Schulgesetzen der jeweiligen Bundesländer zu entnehmen. „Privat“ meint Schulen in freier (also nicht öffentlich-rechtlicher) Trägerschaft (sog. Ersatzschulen), die öffentlich-rechtliche Schulen ersetzen. Sie bedürfen bereits gem. Art. 7 Abs. 4 GG einer staatlichen Genehmigung bzw. nach den Schulgesetzen der jeweiligen Bundesländer einer entsprechenden Erlaubnis. Auch § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG enthält diese Voraussetzung. Die Anforderungen an den Betrieb einer Schule sind höher als die für den Betrieb einer allgemein- oder berufsbildenden Einrichtung. Allgemein- oder berufsbildende Einrichtungen können ebenfalls rechtlich unselbstständig sein, müs- 6 sen in diesem Fall aber im Verhältnis zu ihrem Trägerunternehmen eine organisatorische und wirtschaftliche Verselbständigung aufweisen.7 Die Befreiung bezieht sich auf sog. Ergänzungsschulen in freier Trägerschaft, die keine Ersatzschulen sind. Sie bedürfen ebenfalls einer staatlichen Anerkennung nach Maßgabe der landesrechtlichen Schulgesetze. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ver-

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BFH v. 27.8.1998 – V R 73/97, BStBl. II 1999, 376; aA Stadie, UStG, 3. Aufl. 2015, § 4 Nr. 21 Rz. 1 mwN. BGBl. I 1971, 1425. BGBl. I 1993, 2310 (2334). BFH v. 14.4.1993 – I R 33/92, BStBl. II 1993, 764 = FR 1993, 614. BT-Drucks. 12/5940, 14. Klarstellend H 3.13 GewStH 2009. BFH v. 27.3.1996 – I R 182/94, BStBl. II 1997, 449 = FR 1996, 638.

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§ 3 Nr. 13 Rz. 7 Private Schulen und andere Einrichtungen langt für die Befreiung zudem eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, dass die genannten Einrichtungen eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung oder auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereiten.

III. Steuerfreie Leistung nach § 4 Nr. 21 UStG 7 Allgemeines. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG werden iRd. Festsetzung des Gewerbesteuer-

messbetrags eigenständig geprüft, eine generelle Bindungswirkung an die USt-Veranlagung besteht nicht (zur Bindungswirkung der USt-Festsetzung s. auch § 3 GewStG Rz. 30).1 Gewstl. sind nicht nur die umsatzsteuerfreien Einnahmen, sondern auch die mit den umsatzsteuerfreien Leistungen zusammenhängenden Ausgaben, also die Einkünfte der genannten Einrichtungen, zu befreien (s. dazu § 3 GewStG Rz. 8). 8 Leistungen. Die begünstigte Schule oder Einrichtung muss das entgeltliche Anbieten von Unter-

richtsleistungen ggü. seinen Vertragspartnern (zB Schüler, Studenten, Berufstätige, Arbeitgeber) zum Gegenstand haben.2 Dies erfordert ein festliegendes Lehrprogramm und Lehrpläne zur Vermittlung eines Unterrichtsstoffs für die Erreichung eines bestimmten Lehrgangsziels sowie geeignete Unterrichtsräume oder -vorrichtungen. Der Betrieb der Bildungseinrichtung muss auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Die Einrichtung braucht im Rahmen ihres Lehrprogramms keinen eigenen Lehrstoff anzubieten. Daher reicht es aus, wenn sich die Leistung auf eine Unterstützung des Schul- oder Hochschulangebots bzw. auf die Verarbeitung oder Repetition des von der Schule angebotenen Stoffs beschränkt. Die Veranstaltung einzelner Vorträge oder einer Vortragsreihe erfüllt dagegen nicht die Voraussetzungen einer Unterrichtsleistung. Unschädlich ist jedoch die Einbindung von Vorträgen in ein Lehrprogramm für die Befreiung der Unterrichtsleistungen des Trägers der Bildungseinrichtung. 9 Unmittelbarkeit. Von der USt sind nur Leistungen befreit, die unmittelbar dem Schulzweck dienen,

dh., der Schul- und Bildungszweck muss durch die jeweilige Leistung und ohne Zwischenschaltung einer weiteren Leistung erfüllt werden.3 Umsatzsteuerlich begünstigt sind darüber hinaus unselbstständige Nebenleistungen, die die Hauptleistung (den Unterricht) ergänzen.4 Andere (stpfl.) Tätigkeiten, wie die Unterbringung und Verpflegung von Schülern, dienen dem Schul- und Bildungszweck nur mittelbar und sind nicht begünstigt. 10

Allgemeinbildung. Bei allgemein bildenden Schulen handelt es sich bspw. um Volks-, Grund-, Mittel- oder Oberschulen. Beispiele für allgemein bildende Einrichtungen5 sind Kurse zur Erteilung von Nachhilfeunterricht für Schüler und Repetitorien, die Studierende auf akademische Prüfungen vorbereiten, Musikschulen6 oder Computerkurse (bspw. für die Texterstellung).7 Die Einrichtung muss nicht eigenen Lehrstoff anbieten oder dies in der gleichen umfassenden Weise tun wie eine Schule. Auch bei einer die Schule nur unterstützenden und sich auf die Verarbeitung oder Repetition des von der Schule angebotenen Stoffs beschränkenden Tätigkeit handelt es sich um die Vermittlung von Allgemeinbildung. Dies gilt nicht für die bloße Beaufsichtigung der Hausaufgabenerledigung, ohne dass bei der Verarbeitung des schulischen Unterrichtsstoffs erklärende Hilfe geleistet wird.

11

Berufsbildung. Bei berufsbildenden Schulen oder Einrichtungen8 handelt es sich bspw. um Berufsschulen, kaufmännische Schulen, Handels- und Wirtschaftsschulen, Schulen für medizinische Berufe (zB Zahntechniker oder Medizinisch-Technische Assistenten), Heilpraktikerschulen, Gewerbeschulen, Ingenieurschulen, Fremdspracheninstitute, Fernlehrinstitute oder Fahrlehrerausbildungsstätten.9 Sie erbringen Leistungen, die ihrer Art nach den Zielen einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder 1 2 3 4 5 6 7 8 9

BFH v. 12.12.1985 – VIII R 149/76, BStBl. II 1985, 746; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 406. Abschn. 4.21.2 Abs. 2 UStAE. BFH v. 26.10.1989 – V R 25/84, BStBl. II 1990, 98. Vgl. für die Überlassung von Lehr- und Lernmaterial BFH v. 12.12.1985 – VIII R 149/76, BStBl. II 1985, 746 = FR 1981, 466. BVerwG v. 3.12.1976 – VII C 73.75, BStBl. II 1977, 334. Z.B. BFH v. 20.8.2009 – V R 25/08, BStBl. II 2010, 15. Bührer in Bergemann/Wingler, GewStG, 2012, § 3 Rz. 121. BFH v. 18.12.2003 – V R 62/02, BStBl. II 2004, 252. Bührer in Bergemann/Wingler, GewStG, 2012, § 3 Rz. 121.

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Rüsch

Land- und forstwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften und -vereine

§ 3 Nr. 14

Berufsfortbildung dienen.1 Sie müssen spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind.2 Die Schule bzw. Einrichtung selbst muss den Charakter einer allgemein- oder berufsbildenden Einrichtung aufweisen, die beruflichen Ziele des Einzelnen sind irrelevant. Der Begriff „Beruf“ ist weit auszulegen, lediglich Hobby-Kurse sind hiervon ausgenommen. Aus diesem Grund können auch Ballett- und Tanzschulen eine allgemeinoder berufsbildende Funktion haben, wenn sie nicht nur der bloßen Freizeitgestaltung dienen.3 Alternativ muss die Schule oder Einrichtung der „ordnungsgemäßen“ Vorbereitung auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung dienen, was durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachgewiesen werden muss.4 Die Vorbereitung auf einen Beruf umfasst die berufliche Ausbildung, Fortbildung und Umschulung.5 Ordnungsgemäß sind die angebotenen Leistungen dann, wenn sie objektiv geeignet sind, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht werden und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen.6 Die zuständige Landesbehörde prüft und entscheidet, ob die Einrichtung diese Voraussetzungen erfüllt. Diese Entscheidung bindet auch die Finanzbehörden und FG. Sie können aber iRd. Prüfung der Voraussetzungen für eine GewSt-Befreiung bei der Landesbehörde eine Überprüfung der Bescheinigung anregen. Die zuständige Landesbehörde hat nicht zu entscheiden, ob die Voraussetzungen einer allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtung gegeben sind; dies ist von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliegt auch der vollen Nachprüfbarkeit durch die Steuergerichte.7 Die Bescheinigung ist ein selbstständig anfechtbarer Grundlagenbescheid iSv. § 171 Abs. 10 AO.8 Keine berufsbildende Funktion haben zB Jagdschulen, weil sie nicht auf einen bestimmten Beruf vorbereiten,9 sondern nur allgemein auf den Erwerb des Jagdscheins. Fahrschulen können zumindest teilweise eine berufsbildende Funktion innehaben.10 Nicht begünstigte Tätigkeit. Einkünfte aus anderen Tätigkeiten sind für die Befreiung unschädlich, 12 aber auch nicht begünstigt (zur Ergebnisaufteilung s. § 3 GewStG Rz. 8).11 Für die Gewährung der Befreiung muss der Betrieb einer Schule oder Bildungseinrichtung nicht den Hauptzweck des Gewerbebetriebs darstellen.

§ 3 Nr. 14 [Land- und forstwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften und -vereine] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 14. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, deren Tätigkeit sich auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft beschränkt, wenn die Mitglieder der Genossenschaft oder dem Verein Flächen zur Nutzung oder für die Bewirtschaftung der Flächen erforderliche Gebäude überlassen und a) bei Genossenschaften das Verhältnis der Summe der Werte der Geschäftsanteile des einzelnen Mitglieds zu der Summe der Werte aller Geschäftsanteile,

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Z.B. BFH v. 10.6.1999 – V R 84/98, BStBl. II 1999, 578. BVerwG v. 3.12.1976 – VIII C 73.75, BStBl. II 1977, 334. Abschn. 4.21.2 Abs. 8 UStAE. Zum Bescheinigungsverfahren s. Abschn. 4.21.5 UStAE. Abschn. 112 Abs. 3 UStR. BVerwG v. 3.12.1976 – VII C 73.75, BStBl. II 1977, 334. BFH v. 3.5.1989 – V R 83/84, BStBl. II 1989, 815. BFH v. 20.8.2009 – V R 25/08, BStBl. II 2010, 15. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Jagdschein zur Ausübung einiger Berufe notwendig ist, vgl. BFH v. 18.12.2003 – V R 62/02, BStBl. II 2004, 252. 10 Ggf. hinsichtlich der Klassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L, s. Abschn. 4.21.2 Abs. 6 f. UStAE. 11 BFH v. 27.3.1996 – I R 182/94, BStBl. II 1997, 449 = FR 1996, 638.

Rüsch/Wagner

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§ 3 Nr. 14 Rz. 1 Land- und forstwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften und -vereine b) bei Vereinen das Verhältnis des Werts des Anteils an dem Vereinsvermögen, der im Fall der Auflösung des Vereins an das einzelne Mitglied fallen würde, zu dem Wert des Vereinsvermögens nicht wesentlich von dem Verhältnis abweicht, in dem der Wert der von dem einzelnen Mitglied zur Nutzung überlassenen Flächen und Gebäude zu dem Wert der insgesamt zur Nutzung überlassenen Flächen und Gebäude steht; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

2

C. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

3

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . .

4

I. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

II. Verhältnis zu Vorschriften des KStG . . . . .

5

E. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

I. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

II. Sonstige Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . .

7

III. Flächenüberlassung . . . . . . . . . . . . . .

8

IV. Keine rein kapitalmäßigen Beteiligungen .

9

F. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10

Literatur: Josten, Steuererleichterungen für Zusammenschlüsse der Land- und Forstwirtschaft in der Rechtsform einer Genossenschaft oder eines Vereins, INF 1976, 431.

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 14 GewStG befreit überbetriebliche Produktionszusammenschlüsse von Land- und Forstwir-

ten (Erzeugergemeinschaften) unter bestimmten Voraussetzungen von der GewSt. Durch die Steuerbefreiung soll verhindert werden, dass solche Zusammenschlüsse gegenüber Einzelbetrieben stl. benachteiligt werden und allein wegen ihrer Rechtsform der GewSt unterliegen.1 Eine Förderung rein kapitalmäßiger Beteiligungen soll ausgeschlossen werden.

B. Anwendungsbereich 2 Die Steuerbefreiung gilt für Land- und Forstwirtschaft betreibende Erwerbs- und Wirtschaftsgenos-

senschaften sowie Vereine, wenn ihre Mitglieder ihnen Flächen zur Nutzung oder für die Bewirtschaftung der Flächen erforderliche Gebäude überlassen und die Beteiligung der Mitglieder im Wesentlichen dem Verhältnis der Werte der überlassenen Flächen entspricht.

C. Rechtsentwicklung 3 § 3 Nr. 14 GewStG wurde durch das VStRG vom 17.4.19742 eingeführt (erstmalige Geltung für den EZ 1974).

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften I. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 4 Land- und forstwirtschaftliche Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften und -vereine werden

nach § 3 Nr. 8 GewStG von der GewSt befreit. Betreiben land- und forstwirtschaftliche Genossenschaften eine gemeinschaftliche Tierhaltung, erfolgt die GewSt-Befreiung nach § 3 Nr. 12 GewStG.

1 BT-Drucks. VI/3418, 108. 2 BGBl. I 1974, 949.

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Wagner

E. Tatbestand

Rz. 9 § 3 Nr. 14

II. Verhältnis zu Vorschriften des KStG Die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 14 GewStG wird durch eine Begünstigung bei der KSt ergänzt 5 (§ 25 Abs. 1 KStG). Unter den gleichen Voraussetzungen wie denjenigen des § 3 Nr. 14 GewStG wird Genossenschaften und Vereinen, die Land- und Forstwirtschaft betreiben, über einen Zeitraum von zehn Jahren ein Freibetrag iHv. 15.000 Euro gewährt.

E. Tatbestand I. Rechtsform Die Erzeugergemeinschaft muss die Rechtsform einer Genossenschaft oder eines Vereins haben und 6 sich auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft beschränken. Kapitalgesellschaften sind von der Begünstigung ausgeschlossen. Bei Vereinen hat die Einschränkung auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nur deklaratorischen Charakter, da sie bereits nach § 2 Abs. 3 GewStG nur mit wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben außerhalb der Land- und Forstwirtschaft gewstpfl. sind.

II. Sonstige Tätigkeiten Trotz der Beschränkung auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft können von der Erzeuger- 7 gemeinschaft land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe unterhalten werden, da sie zur land- und forstwirtschaftlichen Betätigung zählen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Tätigkeiten außerhalb der Landund Forstwirtschaft führen jedoch zur vollen GewStPfl.1

III. Flächenüberlassung Die Mitglieder haben der Genossenschaft oder dem Verein Flächen zur Nutzung und für die Bewirt- 8 schaftung der Flächen erforderliche Gebäude zu überlassen. Form und Umfang der Überlassung sind nicht vorgegeben und können frei vereinbart werden. So ist es auch möglich, dass Mitglieder ihren ganzen Betrieb überlassen, da die Befreiung nicht daran geknüpft ist, dass jedes einzelne Mitglied noch land- und forstwirtschaftlich tätig ist. Es können auch von Nichtmitgliedern Flächen oder Gebäude gepachtet oder erworben werden.2

IV. Keine rein kapitalmäßigen Beteiligungen Rein kapitalmäßige Beteiligungen führen zur Versagung der Befreiung, da einzelne Mitglieder nicht 9 wesentlich mehr Geschäftsanteile oder einen nicht wesentlich höheren Anteil am Vereinsvermögen erhalten dürfen, als es dem Wert der hingegebenen Flächen oder Gebäude im Verhältnis zu dem Wert der von allen Mitgliedern überlassenen Flächen und Gebäuden entspricht. Zumindest Abweichungen von bis zu 10 % können als „nicht wesentlich“ betrachtet werden.3 Da keine Bewertungsmethode für die Wertermittlung vorgeschrieben ist, steht den Beteiligten ein gewisser Ermessensspielraum zu. Erfolgt die Wahl einer Bewertungsmethode jedoch willkürlich oder widersprüchlich, dürfte dieser überschritten sein.4

1 von Twickel in Blümich, § 3 GewStG Rz. 82. 2 Josten, INF 1976, 421 (246). 3 GlA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 411; von Twickel in Blümich, § 3 GewStG Rz. 84 (Stand: Juli 2016); aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 3 GewStG Rz. 53 (Stand: Januar 2011), die bereits Abweichungen von ca. 10 % als wesentlich ansieht. 4 GlA von Twickel in Blümich, § 3 GewStG Rz. 84 (Stand: Juli 2016); Frotscher in Frotscher/Maas, § 3 GewStG Rz. 53 (Stand: Januar 2011).

Wagner

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§ 3 Nr. 14 Rz. 10 Land- und forstwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften und -vereine

F. Rechtsfolge 10

Rechtsfolge ist eine persönliche Steuerbefreiung.1

§ 3 Nr. 15 [Vermietungsgenossenschaften und -vereine] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 15. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 10 des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

2

C. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

3

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . .

4

I. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

II. Verhältnis zu Vorschriften des KStG . . . .

5

E. Voraussetzungen der Befreiung . . . . . .

6

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 15 GewStG befreit Vermietungsgenossenschaften und -vereine unter bestimmten Vorausset-

zungen von der GewSt. Die heutige Fassung entstand im Zuge der Aufhebung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen und der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, weil die GewSt-Befreiung an die Anerkennung der Gemeinnützigkeit gebunden war. Da die Bundesregierung die Aufrechterhaltung der allgemeinen Steuerbefreiung für gemeinnützige Wohnungsunternehmen als nicht mehr gerechtfertigt ansah, wurde die Steuerbefreiung auf ihr Betreiben hin enger gefasst.1

B. Anwendungsbereich 2 Nach § 3 Nr. 15 GewStG sind Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine iSd. § 5

Abs. 1 Nr. 10 KStG in dem Umfang von der GewSt befreit, soweit sie von der KSt befreit sind. Die Steuerbefreiung gilt nur für bestimmte Tätigkeiten. Diese Tätigkeiten sind die Herstellung oder der Erwerb von Wohnungen und die Gebrauchsüberlassung an deren Mitglieder sowie die Herstellung oder der Erwerb und der Betrieb von Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen, sofern sie vorwiegend der Nutzung durch Mitglieder dienen. Die Genossenschaften und Vereine werden vollständig stpfl., wenn die Einnahmen aus den nicht begünstigten Tätigkeiten 10 % der gesamten Einnahmen übersteigen.

C. Rechtsentwicklung 3 Mit dem StRefG 19902 erfolgte die Aufhebung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen sowie die dadurch notwendige Neufassung des § 3 Nr. 15 GewStG mit Wirkung vom 1.1.1990. Vor deren Inkrafttreten wurde § 3 Nr. 15 GewStG durch das Vereinsförderungsgesetz v. 18.12.19893 geändert. 1 1 2 3

Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 410. BT-Drucks. 11/2157, 169 f. G v. 25.7.1988, BGBl. I 1988, 1093. BGBl. I 1989, 2212.

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Wagner

Vermietungsgenossenschaften und -vereine

Rz. 7 § 3 Nr. 15

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften I. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG Die Vorschrift ist neben § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 4 GewStG anzuwenden. Sind Vermietungsgenossen- 4 schaften und -vereine partiell oder voll stpfl., ist die Anwendung der erweiterten Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 4 GewStG zu prüfen.1

II. Verhältnis zu Vorschriften des KStG Die Befreiung von der GewSt ist an den Umfang der KSt-Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG ge- 5 bunden. Somit wirkt sich der Verzicht auf die Befreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG (§ 34 Abs. 2 KStG) auch auf die GewSt-Befreiung aus.2 Verfahrensrechtlich hat § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG allerdings keine Grundlagenfunktion für die GewSt-Befreiung nach § 3 Nr. 15 GewStG.3

E. Voraussetzungen der Befreiung Der persönliche Anwendungsbereich beschränkt sich auf Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaf- 6 ten sowie (rechtsfähige und nicht rechtsfähige4) Vereine. KapGes. sind nicht begünstigt. Erwerbsund Wirtschaftsgenossenschaften können neben Genossenschaften iSd. § 1 Abs. 1 GenG auch Europäische Genossenschaften sein.5 Sachlich gilt die GewSt-Befreiung nur für folgende Tätigkeiten: 7 – Herstellung/Erwerb von Wohnungen und deren Gebrauchsüberlassung an Mitglieder auf Grundlage eines Miet- oder genossenschaftlichen Nutzungsvertrags. Den Wohnungen gleichgestellt sind Räume in Wohnheimen iSd. § 15 II. WoBauG. – Herstellung/Erwerb von Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen und deren Betrieb, die im Zusammenhang mit der Herstellung/dem Erwerb og. Wohnungen stehen, wenn diese Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen überwiegend für Mitglieder bestimmt sind und deren Betrieb eine Notwendigkeit für den StPfl. darstellt. Gemeinschaftsanlagen sind zur gemeinsamen Benutzung der Wohnungsberechtigten dienende bauliche Anlagen. Folgeeinrichtungen sind bauliche Anlagen, die notwendig sind, um eine größere Anzahl zusammenhängender Wohnungen bildungsmäßig, sozial und verwaltungsmäßig zu betreuen.6 Übersteigen die Einnahmen aus den nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 Satz 1 KStG begünstigten Tätigkeiten 10 % der Gesamteinnahmen des StPfl., ist die Steuerbefreiung ausgeschlossen. Da Umfang und Voraussetzungen der Steuerbefreiung iÜ mit den Regelungen des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG übereinstimmen, wird wegen Einzelheiten auf Kümpel7 bzw. Mager8 verwiesen.

1 Zu weiteren Einzelheiten s. BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 60. Dieses Einführungsschreiben der FinVerw. ist nicht mehr für Steuertatbestände anzuwenden, die nach dem 31.12.2010 verwirklicht werden, da nicht in der Positivliste des BMF v. 27.3.2012 – IV A 2 - O 2000/11/10006 – DOK 2012/0060781, BStBl. I 2012, 370, enthalten. Die Anwendung bleibt unberührt für vor dem 1.1.2011 verwirklichte Steuertatbestände. Die Aufhebung bedeutet keine Aufgabe der bisherigen Rechtsauffassung der Verwaltung, sondern dient lediglich der Bereinigung der Weisungslage. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 471 (Stand: März 2018). 3 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 472 (Stand: März 2018). 4 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 473 (Stand: März 2018). 5 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 473 (Stand: März 2018). 6 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 479 (Stand: März 2018). 7 In R/H/N, § 5 KStG Rz. 527 ff. 8 In H/H/R, § 5 KStG Anm. 190 ff.

Wagner

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§ 3 Nr. 17 Rz. 1 Gemeinnützige Siedlungsunternehmen

§ 3 Nr. 16

(weggefallen)

§ 3 Nr. 17 [Gemeinnützige Siedlungsunternehmen] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 17. die von den zuständigen Landesbehörden begründeten oder anerkannten gemeinnützigen Siedlungsunternehmen im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes in der jeweils aktuellen Fassung oder entsprechender Landesgesetze, soweit diese Landesgesetze nicht wesentlich von den Bestimmungen des Reichssiedlungsgesetzes abweichen, und im Sinne der Bodenreformgesetze der Länder, soweit die Unternehmen im ländlichen Raum Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Landentwicklungsmaßnahmen mit Ausnahme des Wohnungsbaus durchführen. 2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten die Einnahmen aus den in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten übersteigen; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

2

C. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

3

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . .

4

I. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

II. Verhältnis zu Vorschriften des KStG . . . .

5

E. Voraussetzungen der Befreiung . . . . . .

6

F. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 17 GewStG befreit gemeinnützige Siedlungsunternehmen von der GewSt, soweit diese im länd-

lichen Raum Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Landentwicklungsmaßnahmen durchführen. Gemeinnützige Siedlungsunternehmen sind angesichts des Strukturwandels in der Landwirtschaft ein wichtiges Instrument zur Durchführung agrarpolitischer Aufgaben. Die Steuerbefreiung soll es den Siedlungsunternehmen ermöglichen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Erträge und Gewinne in angemessener Höhe zu erzielen sowie für eine ausreichende Eigenkapitalausstattung sorgen zu können.1 Nicht steuerbefreit ist die Durchführung anderer Tätigkeiten, insbes. der Wohnungsbau oder die Erfüllung von Aufgaben iRd. Ortssanierung und -entwicklung, da die Unternehmen dort im Wettbewerb mit stpfl. Unternehmen stehen. Würde sich die Steuerbefreiung auch auf diese Tätigkeiten erstrecken, käme es zu Wettbewerbsverzerrungen.2

B. Anwendungsbereich 2 Die Steuerbefreiung erstreckt sich auf von den zuständigen Landesbehörden begründete oder aner-

kannte gemeinnützige Siedlungsunternehmen. Sie ist auf Einkünfte aus in ländlichem Raum durchgeführten Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Landentwicklungsmaßnahmen beschränkt. Abhängig vom Umfang sonstiger Tätigkeiten kommt es zu einer partiellen oder vollen StPfl.

1 BR-Drucks. 11/2226, 22 f. 2 BT-Drucks. 11/2536, 89.

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Wagner

E. Voraussetzungen der Befreiung

Rz. 7 § 3 Nr. 17

C. Rechtsentwicklung Die Steuerbefreiung für gemeinnützige Siedlungsunternehmen ist durch das Gesetz v. 17.4.19741 an die Stelle des § 12 Nr. 3 GewStDV gerückt. Eine Neufassung und Einschränkung der Steuerbefreiung erfolgte durch das StRefG 1990 v. 25.7.19882 und wurde zuletzt durch das JStG 2008 v. 19.12.20083 geändert.

3

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften I. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG Erfüllt ein Unternehmen nicht die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 17 GewStG, 4 kann es aufgrund der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke (§§ 51–68 AO) nach § 3 Nr. 6 GewStG von der GewSt befreit sein. Gewinnausschüttungen sind dann allerdings nicht zulässig.4 Unterliegen die Unternehmen mit ihren nicht begünstigten Einkünften der GewSt, wird ihnen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG ein Freibetrag iHv. 5.000 Euro gewährt.

II. Verhältnis zu Vorschriften des KStG Die Regelung ist inhaltsgleich mit § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG, sodass es zu einem Gleichlauf der körper- 5 schaft- und gewerbesteuerlichen Befreiung kommt. Verfahrensrechtlich gibt es jedoch keine Verknüpfung der beiden Vorschriften, dh., keine der Regelungen entfaltet Bindungswirkung für die jeweils andere.

E. Voraussetzungen der Befreiung Der persönliche Anwendungsbereich beschränkt sich auf Siedlungsunternehmen iSd. RSiedlG,5 der 6 entsprechenden Landesgesetze (sofern diese nicht wesentlich vom RSiedlG abweichen) oder der Bodenreformgesetze der Länder. § 1 RSiedlG definiert den Begriff Siedlungsunternehmen, ohne eine bestimmte Rechtsform vorzuschreiben. Die Beschreibung als gemeinnütziges Unternehmen und die gleichlautende KSt-Befreiung deuten jedoch darauf hin, dass es sich um juristische Personen und diesen gleichgestellte Personenvereinigungen handeln muss.6 Eine Begründung oder Anerkennung des Siedlungsunternehmens durch die zuständige Landesbehörde ist erforderlich. Sachlich beschränkt sich die GewSt-Befreiung auf Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Land- 7 entwicklungsmaßnahmen im ländlichen Raum, mit Ausnahme des Wohnungsbaus. Die Durchführung dieser Maßnahmen ist auch dann begünstigt, wenn sie nicht ausdrücklich durch Gesetz zugewiesen ist.7 Siedlungsmaßnahmen werden in § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1a und Abs. 1b RSiedlG definiert. Gemäß dieser Definition ist eine Landbeschaffung erforderlich. Der Landbeschaffung dienen dabei auch die in den §§ 2 bis 4 RSiedlG genannten Maßnahmen. Agrarstrukturverbesserungsmaßnahmen werden im GrdstVG8 definiert. Die Definition der Landentwicklungsmaßnahmen findet sich in R 5.10 Satz 3 KStR 2015. Die GewSt-Befreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen aus anderen Tätigkeiten die Einnahmen aus den nach dieser Vorschrift befreiten Tätigkeiten übersteigen.

1 2 3 4 5

BGBl. I 1974, 949. BGBl. I 1988, 1093. BGBl. I 2008, 2794. BMF v. 23.5.1990 – IV B 7 - S 2732 - 2/90, DB 1990, 1164. Reichssiedlungsgesetz in der im BGBl. Teil III, Gliederungsnummer 2331-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Art. 8 Abs. 2 des G v. 29.7.2009, BGBl. I 2009, 2355, geändert worden ist. 6 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 486 (Stand: März 2018). 7 R 5.10 Satz 2 KStR 2015. 8 Grundstückverkehrsgesetz in der im BGBl. Teil III, Gliederungsnummer 7810-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Art. 108 des G v. 17.12.2008 (BGBl. I 2008, 2586) geändert worden ist.

Wagner

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§ 3 Nr. 17 Rz. 8 Gemeinnützige Siedlungsunternehmen Da Umfang und Voraussetzungen der Steuerbefreiung iÜ mit den Regelungen des § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG übereinstimmen, wird wegen Einzelheiten auf Kümpel1 bzw. Kruschke2 verwiesen.

F. Rechtsfolge 8 Rechtsfolge ist eine GewSt-Befreiung der Einnahmen aus den begünstigten Tätigkeiten. Werden da-

neben noch Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten erzielt, besteht insofern eine teilweise GewStPfl. Übersteigen die Einnahmen aus nicht nach § 3 Nr. 17 GewStG begünstigten Tätigkeiten die Einnahmen aus nach dieser Vorschrift begünstigten Tätigkeiten, entfällt die GewSt-Befreiung.

§ 3 Nr. 18

(weggefallen)

§ 3 Nr. 19 [Pensions-Sicherungs-Verein] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 19. der Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, wenn er die für eine Befreiung von der Körperschaftsteuer erforderlichen Voraussetzungen erfüllt; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 19 GewStG befreit den Pensions-Sicherungs-Verein (s. Rz. 3) von der GewSt, wenn er von

der KSt befreit ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der entsprechenden KSt-Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 15 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Der Verein übernimmt bestimmte Versorgungsleistungen für seine Empfänger. Die Befreiung erfolgt daher aus sozialpolitischen Gründen und zur Gleichbehandlung mit den ebenfalls befreiten Pensionskassen (§ 3 Nr. 9 GewStG), die vergleichbare Leistungen übernehmen.1 Aufgrund der Vorgaben in § 5 Abs. 1 Nr. 15 KStG handelt es sich um eine eingeschränkte Befreiung,2 die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (s. Rz. 4) befreit. 2 Die Befreiung wurde durch Gesetz v. 19.12.19743 als § 3 Nr. 19 neu angefügt und besteht seitdem in unveränderter Form. Sie ist erstmals für den EZ 1975 anzuwenden.4

1 2 1 2 3 4

In R/H/N, § 5 KStG Rz. 546 ff. In H/H/R, § 5 KStG Anm. 210 ff. BT-Drucks. 7/2843, 17. AA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 425 (persönliche Steuerbefreiung). BGBl. I 1974, 3610 (3623). § 36 Abs. 2 idF v. 19.12.1974.

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Wagner/Rüsch

Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime uÄ

§ 3 Nr. 20

B. Anwendungsbereich Pensions-Sicherungs-Verein. Die Befreiung gilt gem. § 3 Nr. 19 GewStG bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 15 KStG 3 nur für den Pensions-Sicherungs-Verein in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Er ist gem. § 14 BetrAVG1 Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung. Sein ausschließlicher Zweck besteht in der Gewährleistung der betrieblichen Altersversorgung für den Fall der Insolvenz eines Arbeitgebers in der Bundesrepublik Deutschland und im Großherzogtum Luxemburg (§ 7 BetrAVG). Begünstigte Tätigkeit. Die Befreiung gilt gem. § 5 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. a KStG nur, wenn der Verein 4 mit Erlaubnis der Versicherungsaufsichtsbehörde (BaFin) ausschließlich (dh. zu 100 %) die Aufgaben des Trägers der Insolvenzsicherung wahrnimmt, die sich aus dem BetrAVG2 ergeben. Zusätzlich dürfen seine Leistungen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. b KStG nach dem Kreis der Empfänger sowie nach Art und Höhe den in §§ 7–9, 17 und 30 BetrAVG bezeichneten Rahmen nicht überschreiten. Vermögens- und Überschussverwendung. Da der Verein für die Befreiung „ausschließlich“ die Auf- 5 gaben des Trägers der Insolvenzsicherung wahrnehmen darf, dürfen uE auch das Vermögen und die erzielten Überschüsse nur (zu 100 %) zur Erreichung der begünstigten Tätigkeiten verwendet werden. Ein Verstoß würde daher zum vollständigen Verlust sowie zur rückwirkenden Aufhebung der Steuerbefreiung gem. § 175 Abs. 2 AO führen.3

§ 3 Nr. 20 [Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflege- sowie Rehabilitationseinrichtungen] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 20. Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime, Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen sowie Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation, wenn a) diese Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden oder b) bei Krankenhäusern im Erhebungszeitraum die in § 67 Abs. 1 oder 2 der Abgabenordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllt worden sind oder c) bei Altenheimen, Altenwohnheimen und Pflegeheimen im Erhebungszeitraum mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 61 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder den in § 53 Nr. 2 der Abgabenordnung genannten Personen zugute gekommen sind oder d) bei Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und bei Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen im Erhebungszeitraum die Pflegekosten in mindestens 40 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind oder e) bei Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation die Behandlungskosten in mindestens 40 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind. 2Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit die Einrichtung Leistungen im Rahmen der verordneten ambulanten

1 G zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG). 2 G v. 19.12.1974, BGBl. I 1974, 3610. 3 Als Vergleich dient die Vermögensbindung des § 61 Abs. 3 AO. Ein Verstoß hiergegen stellt ebenfalls einen Fall von § 175 Abs. 2 AO dar, s. von Groll in H/H/Sp, § 175 AO Rz. 401 (Stand: September 2014).

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§ 3 Nr. 20 Rz. 1 Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime uÄ oder stationären Rehabilitation im Sinne des Sozialrechts einschließlich der Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder erbringt; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

Literatur: Bühring, Zur Steuerbegünstigung privater Krankenanstalten, DStZ 1964, 49; Staehle, Gewerbesteuerbefreiung von Altenheimen, Altenwohnheimen und Altenpflegeheimen, BB 1978, 93; Böhme, Grundlagen und Grenzen der Steuervergünstigung für Krankenhäuser, DStZ 1987, 522; Wien, Häusliche Pflege, Kurzzeitpflege und Pflegeheime im Steuerrecht, DStZ 2001, 351; Klähn, Zur Gewerbesteuerpflicht von Krankenhäusern nach § 3 Nr. 2 Buchst. b GewStG, StBp 2006, 380. Verwaltungsanweisung: H 3.20 GewStH 2009.

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 20 GewStG befreit verschiedene Einrichtung aus dem Gesundheits- und Pflegebereich von

der GewSt. Die Befreiung erfolgt aus öffentlichem Interesse an der Tätigkeit der genannten Einrichtungen. Gefördert werden soll die Verbesserung der bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen, zudem sollen die Sozialversicherungsträger von zusätzlichen Aufwendungen entlastet werden.1 Eine vergleichbare KSt-Befreiung existiert jedoch nicht. Technisch handelt es sich um eine uneingeschränkte Befreiung, die sämtliche Einkünfte befreit, da die Vorschrift keine „soweit“-Klausel oder Regelung für die Besteuerung wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe enthält. Trotzdem ist sie als eingeschränkte Befreiung auf die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit beschränkt (s. Rz. 8). 2 Bereits § 8 der GewStDV v. 26.2.19372 enthielt eine Befreiung für „Krankenanstalten“. Mit Gesetz v. 22.10.19693 wurde die Befreiung auf Altenheime erweitert. Seit dem EGAO 1977 v. 14.12.19764 enthält § 3 Nr. 20 GewStG die (inzwischen auf Altenwohnheime und Altenpflegeheime erweiterte) Befreiung. Durch das Kroatien-AnpG v. 25.7.20145 wurde die Befreiung für Rehabilitationseinrichtungen (mit erstmaliger Anwendung für den EZ 2015)6 eingefügt.

B. Anwendungsbereich 3 Allgemeines. Die Befreiung gilt für die genannten Einrichtungen und nicht für das Trägerunterneh-

men.7 Eine Definition der begünstigten Einrichtungen oder Voraussetzungen an deren Rechtsform enthält die Vorschrift nicht. Werden sie allerdings von einer jPdöR betrieben (s. dazu § 3 GewStG Rz. 12), ist dies für die Befreiung bereits ausreichend (§ 3 Nr. 20 Buchst. a). In diesen Fällen bedarf es aber einer unmittelbaren Trägerschaft der jPdöR, weshalb private Einrichtungen, selbst wenn sie zu 100 % der öffentlichen Hand gehören, nicht begünstigt sind.8 Bei diesen müssen für die Befreiung 40 % der jeweiligen Leistungen einer bestimmten Personengruppe zukommen (§ 3 Nr. 20 Buchst. b bis e GewStG). Zur Anwendung auf verbundene Unternehmen s. § 3 GewStG Rz. 13 ff. Im Übrigen ist die Befreiung unabhängig von der Befreiung gemeinnütziger Einrichtungen in § 3 Nr. 6 GewStG anzuwenden.

1 2 3 4 5 6 7

BFH v. 22.10.2003 – I R 65/02, BStBl. II 2004, 300 = FR 2004, 403. RGBl. I 1937, 257 (258). BGBl. I 1969, 2037 (2039). BGBl. I 1976, 3341 (3348). BGBl. I 2014, 1266 (1284). § 36 Abs. 1 GewStG idF v. 25.7.2014. BFH v. 10.3.2010 – I R 41/09, BStBl. II 2011, 181 = FR 2010, 846 m. Anm. Wendt; v. 22.6.2011 – I R 59/10, BFH/ NV 2012, 61. 8 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 430.

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B. Anwendungsbereich

Rz. 8 § 3 Nr. 20

Krankenhäuser. Als Krankenhäuser werden Einrichtungen bezeichnet, die die in § 2 Abs. 1 KHG1 4 oder § 107 SGB V aufgezählten Tätigkeiten ausüben. Privatwirtschaftlich betriebene Einrichtungen (für jPdöR s. zuvor Rz. 3) müssen im gesamten EZ die in § 67 Abs. 1 oder 2 AO genannten Voraussetzungen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs erfüllen (§ 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG). Hiernach müssen mindestens 40 % der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen iSd. § 7 KHEntgG2 oder § 10 BPfV3 berechnet werden (§ 67 Abs. 1 AO) bzw. bei denen kein im Vergleich höheres Entgelt berechnet wird (§ 67 Abs. 2 AO). Die Vorschrift ist verfassungs- und beihilfenrechtlich unbedenklich.4 Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime. Gemeint ist die stationäre Altenpflege (für am- 5 bulante Pflegeeinrichtungen s. Rz. 6). Die gesetzlichen Rahmenbedingungen ergeben sich aus dem Pflegeversicherungs- (SGB XI) und Sozialhilferecht (SGB XII). Bei privatwirtschaftlich betriebenen Einrichtungen (für jPdöR s. Rz. 3) müssen im gesamten EZ mindestens 40 % der Leistungen pflegebedürftigen Personen (iSd. § 61 Abs. 1 SGB XII) oder wirtschaftlich bedürftigen Personen (iSd. § 53 Nr. 2 AO, § 28 SGB XII) zugutekommen (§ 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG). Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und Einrichtungen 6 zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen. Gemeint ist die ambulante Pflege (für die stationäre Pflege s. Rz. 5). Die gesetzlichen Rahmenbedingungen ergeben sich aus dem Pflegeversicherungsrecht (SGB XI). Bei privatwirtschaftlich betriebenen Einrichtungen (für jPdöR s. Rz. 3) müssen die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sein (§ 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG). Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation. Die gesetzlichen Rahmenbedin- 7 gungen für die medizinische Rehabilitation ergeben sich ebenfalls aus den Büchern des SGB. Bei privatwirtschaftlich betriebenen Einrichtungen (für jPdöR s. Rz. 3) müssen die Behandlungskosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden (uE . 90 %) Teil getragen worden sein (§ 3 Nr. 20 Buchst. e Satz 1 GewStG). Weitere Voraussetzung ist, dass die Leistungen der Einrichtung iRd. verordneten ambulanten oder stationären Rehabilitation iSd. Sozialrechts einschließlich der Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder erbracht werden (§ 3 Nr. 20 Buchst. e Satz 2 GewStG).5 Nicht begünstigte Tätigkeiten. Durch deren Ausübung bleibt die Befreiung erhalten. So ist bspw. die 8 Beteiligung an einem anderen (stpfl.) Gewerbebetrieb unschädlich, wenn sich dadurch das Wesen der begünstigten Einrichtung (als Krankenhaus, Altenheim usw.) nicht verändert.6 Obwohl es sich bei § 3 Nr. 20 GewStG dem Wortlaut nach um eine uneingeschränkte Befreiung handelt, sind die Einkünfte aus nicht begünstigten Tätigkeiten partiell stpfl. Dies liegt bei Krankenhäusern an dem expliziten Verweis in § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG zu § 67 AO7 und dessen Regelungscharakter und Rechtsfolge für nicht dem Zweckbetrieb zuzuordnende Tätigkeiten. In § 3 Nr. 20 Buchst. c bis e GewStG fehlt ein solcher Verweis, weil in der AO keine entsprechenden Regelungen für diese Einrichtungen existieren. Weil die Tatbestandsvoraussetzungen aber zu § 67 AO ähnlich sind, gilt die partielle StPfl. uE auch für alle anderen Einrichtungen, die von § 3 Nr. 20 GewStG begünstigt werden, wenn es sich um abgrenzbare wirtschaftliche Tätigkeiten handelt, die nicht der begünstigten Tätigkeit zuzuordnen sind.8

1 2 3 4 5

Krankenhausfinanzierungsgesetz. Krankenhausentgeltgesetz. Bundespflegesatzverordnung. FG Ba.-Wü. v. 12.4.2011 – 3 K 526/08, rkr., EFG 2011, 1824. Aus diesem Grund scheidet wohl auch die Steuerfreiheit eines ambulanten Dialysezentrums aus, vgl. dazu Mayr, DStRK 2017, 200. 6 RFH v. 25.11.1942 – VI 226/42, RStBl. 1943, 43; H 3.20 GewStH 2009 (für ein steuerbefreites Krankenhaus). 7 FG Berlin-Bdb. v. 21.1.2009 – 8 K 6250/06 B, rkr., EFG 2009, 769. 8 So auch FinMin. NRW v. 6.10.2010 – G 1410 - 7 – V B 4, DStR 46/2010, VIII.

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§ 3 Nr. 21 Rz. 1 Entschädigungs- und Sicherungseinrichtungen für Kreditinstitute

§ 3 Nr. 21 [Entschädigungs- und Sicherungseinrichtungen für Kreditinstitute, Versicherungen und Wohnungsgenossenschaften] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 21. Entschädigungs- und Sicherungseinrichtungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 16 des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 21 GewStG befreit Entschädigungs- und Sicherungseinrichtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG

(s. Rz. 4 ff.) von der GewSt, soweit sie von der KSt befreit sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der entsprechenden KSt-Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Die begünstigten Einrichtungen übernehmen aufgrund einer gesetzlichen oder freiwilligen Verpflichtung die Einlagensicherung bei Kreditinstituten. Diese Tätigkeit ist im öffentlichen Interesse, womit die Befreiung gerechtfertigt wird.1 Sie wird als „sonstige Hilfe“ im Subventionsbericht der Bundesregierung aufgeführt.2 Es handelt sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4 ff.) befreit. 2 Die Befreiung wurde durch das StÄndG 1977 v. 16.8.19773 als § 3 Nr. 21 GewStG neu angefügt. Grund für die Einfügung war die Schaffung von Rechtssicherheit, weil an der bisherigen Rechtsgrundlage für die Befreiung von Sicherungseinrichtungen Zweifel geäußert wurden.4 Bei ihrer Einfügung enthielt die Vorschrift noch keinen Verweis, sondern einen eigenen, aber mit (durch gleiches Gesetz ebenfalls neu angefügten) § 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG vergleichbaren Inhalt. Durch Gesetz v. 16.7.19985 wurde die Vorschrift neu gefasst und enthält seitdem den Verweis auf § 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG. Grund für die Neufassung war die Umsetzung von zwei EU-Richtlinien6 in deutsches Recht.7

B. Anwendungsbereich 3 Allgemeines. Die Befreiung gilt gem. § 3 Nr. 21 GewStG nur für Entschädigungs- und Sicherungsein-

richtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG. Nach der dortigen Eingangsvoraussetzung ist die Befreiung nur auf Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen anzuwenden. Hieraus ergibt sich keine Einschränkung, weil damit alle in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 KStG genannten Rechtsformen angesprochen sind. 4 Entschädigungs- und Sicherungseinrichtungen. § 5 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. a KStG erfasst Einrich-

tungen, die als Einlagensicherungssysteme iSd. § 2 Abs. 1 EinSiG8 und als Entschädigungseinrich1 2 3 4 5 6 7 8

BT-Drucks. 8/292, 23 f. BT-Drucks. 18/13456, 293. BGBl. I 1977, 1586 (1590). Vgl. ausf. zur Entwicklung der Vorschrift Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 528 ff. (Stand: März 2018). BGBl. I 1998, 1842 (1849). Richtlinie 94/19/EG v. 30.5.1994, ABl. EG Nr. L 135, 5 und Richtlinie 97/9/EG v. 3.3.1997, ABl. EG Nr. L 84, 22. Zur Rechtsentwicklung von § 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG s. Kruschke in H/H/R, § 5 KStG Anm. 261 (Stand: Mai 2015). Einlagensicherungsgesetz.

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B. Anwendungsbereich

Rz. 8 § 3 Nr. 21

tungen iSd. AnlEntG1 fungieren. Sie erfüllen die gesetzlich vorgeschriebene Einlagensicherung bei Kreditinstituten. Es handelt sich im Wesentlichen um die für private Banken zuständige Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH (EdB), um die für öffentliche Banken zuständige Entschädigungseinrichtung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands GmbH (EdÖ) und um die für Wertpapierhandelsunternehmen zuständige Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW), die als nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) errichtet wurde.2 Befreit werden die Einkünfte, die aus der Ausübung der gesetzlichen Pflichtaufgabe resultieren. Nicht als Einlagensicherungssystem anerkannte Systeme und institutsbezogene Sicherungssyste- 5 me werden von § 5 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b KStG erfasst. Es muss sich entweder um Einrichtungen handeln, die ebenfalls dem Schutz von Einlagen dienen bzw. um Sicherungssysteme iSd. § 61 EinSiG, die nach ihrer Satzung oder sonstigen Verfassung ausschließlich den Zweck haben, Einlagen zu sichern oder bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstituts iSd. § 1 Abs. 1 KWG oder eines Finanzdienstleistungsinstituts iSd. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4 KWG Hilfe zu leisten oder Einlagensicherungssysteme iSd. § 2 Abs. 1 EinSiG bei deren Pflichtenerfüllung zu unterstützen. Auf die hieraus resultierenden Einkünfte ist auch die Befreiung beschränkt. Gemeint sind bspw. die BVR Institutssicherung GmbH (für Volks- und Raiffeisenbanken) und die Sicherungseinrichtung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands e.V. in Form eines zweckgebundenen, unselbstständigen Sondervermögens. Sicherungsfonds iSd. § 223 VAG und Einrichtungen zur Sicherung von Einlagen bei Wohnungs- 6 genossenschaften mit Spareinrichtung werden von § 5 Abs. 1 Nr. 16 Satz 3 KStG zusätzlich erfasst. Es handelt sich zum einen um die bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau als nicht rechtsfähige Sondervermögen des Bundes errichteten Sicherungsfonds für die Lebensversicherer und Krankenversicherer. Gem. § 224 Abs. 1 VAG können die Aufgaben und Befugnisse eines oder beider Sicherungsfonds per Rechtsverordnung einer juristischen Person des Privatrechts übertragen werden. Dies ist für beide geschehen: Es handelt sich für die Lebensversicherer um die Protektor Lebensversicherungs-AG3 und für die Krankenversicherer um die Medicator AG.4 Zum anderen wird der Selbsthilfefonds zur Sicherung von Spareinlagen von Wohnungsgenossenschaften des Bundesverbandes Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. begünstigt. Die Befreiung dieser Einrichtungen rührt aus Gleichstellungsaspekten, da auch hier die Einlagen der Sparer bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten eines der Unternehmen gesichert werden. Sie ist ebenfalls auf die Einkünfte beschränkt, die aus dem Schutz von Einlagen resultieren. Nicht begünstigte Tätigkeiten. Deren Ausübung ist für die Befreiung unschädlich und führt ledig- 7 lich zu einer partiellen StPfl. der hieraus resultierenden Einkünfte („soweit“). Die Befreiung erstreckt sich jedoch auch auf die Einkünfte von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, wenn sie ausschließlich (dh. zu 100 %) auf die Erfüllung der begünstigten Aufgaben gerichtet sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 16 Satz 4 KStG). Vermögens- und Überschussverwendung. Das Vermögen und die erzielten Überschüsse dürfen gem. 8 § 5 Abs. 1 Nr. 16 Satz 4 KStG nur (dh. zu 100 %) zur Erreichung der begünstigten Tätigkeiten verwendet werden. Ein Verstoß gegen die strikt zweckgebundene Vermögensbindung oder die Überschussverwendung führt zum vollständigen Verlust und uE auch zur rückwirkenden Aufhebung der Steuerbefreiung gem. § 175 Abs. 2 AO.5

1 Anlegerentschädigungsgesetz. 2 § 6 Abs. 1 AnlEntG. 3 S. § 1 der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen eines Sicherungsfonds für die Lebensversicherung an die Protektor Lebensversicherungs-AG v. 11.5.2006, BGBl. I 2006, 1170. 4 S. § 1 der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen eines Sicherungsfonds für die Krankenversicherung an die Medicator AG v. 11.5.2006, BGBl. I 2006, 1171. 5 Als Vergleich dient die Vermögensbindung des § 61 Abs. 3 AO. Ein Verstoß hiergegen stellt ebenfalls einen Fall von § 175 Abs. 2 AO dar, s. von Groll in H/H/Sp, § 175 AO Rz. 401 (Stand: September 2014).

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§ 3 Nr. 22 Rz. 1 Bürgschaftsbanken

§ 3 Nr. 22 [Bürgschaftsbanken] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 22. Bürgschaftsbanken (Kreditgarantiegemeinschaften), wenn sie von der Körperschaftsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 22 GewStG befreit Bürgschaftsbanken (s. Rz. 3) von der GewSt, wenn sie von der KSt befreit

sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der entsprechenden KSt-Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Es handelt sich um Förderbanken, die Bürgschaften und Garantien für mittelständische Unternehmen und Freiberufler übernehmen bzw. verwalten, wenn diesen aufgrund fehlender Absicherung kein (ausreichender) Kredit gewährt wird. Die als „sonstige Hilfe“ im Subventionsbericht der Bundesregierung aufgeführte Befreiung1 lässt sich mit einem öffentlichen Interesse an der Mittelstandsförderung rechtfertigen, wurde tatsächlich aber aus Rechtssicherheitsgründen eingefügt, weil an der bisherigen Befreiungsgrundlage als gemeinnützige Körperschaften Zweifel geäußert wurden. Es handelt sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4) befreit. 2 Die Befreiung wurde durch das StÄndG 1992 v. 25.2.19922 als § 3 Nr. 22 GewStG neu angefügt und besteht seitdem in unveränderter Form.

B. Anwendungsbereich 3 Bürgschaftsbanken. Die Befreiung gilt gem. § 3 Nr. 22 GewStG und § 5 Abs. 1 Nr. 17 Satz 1 KStG

nur für Bürgschaftsbanken (auch Kreditgarantiegemeinschaften genannt). Weitere Anforderungen in persönlicher Hinsicht enthalten die Vorschriften nicht. Aufgrund der Vorgaben für die begünstigte Tätigkeit (Rz. 4) werden uE auch sog. Beteiligungsgarantiegesellschaften erfasst. In beiden Fällen handelt es sich – wie auch bei den über § 3 Nr. 24 GewStG befreiten Kapitalbeteiligungsgesellschaften – um privatwirtschaftlich organisierte Selbsthilfeeinrichtungen der mittelständischen Wirtschaft. In jedem Bundesland existiert eine Bürgschaftsbank, Bayern verfügt zudem über eine Beteiligungsgarantiegesellschaft.3 Im Unterschied zu § 3 Nr. Nr. 2 und 24 GewStG werden die begünstigten Gesellschaften jedoch nicht namentlich in der Befreiung genannt. 4 Begünstigte Tätigkeit. Die Befreiung gilt nur, wenn sich die Tätigkeit auf die Wahrnehmung von

Wirtschaftsförderungsmaßnahmen beschränkt (§ 5 Abs. 1 Nr. 17 Satz 1 KStG). Was darunter zu verstehen ist, wird beispielhaft aufgezählt („insb.“): Die Übernahme und Verwaltung von staatlichen Bürgschaften und Garantien oder von Bürgschaften und Garantien mit staatlichen Rückbürgschaften, alternativ auf der Grundlage staatlich anerkannter Richtlinien. Eine Förderung durch sonstige Maßnahmen, bspw. eine umfangreiche betriebswirtschaftliche Beratung, kommt aufgrund der nicht abschließenden Aufzählung ebenfalls in Betracht.4 Gläubiger müssen Kreditinstitute (s. § 1 Abs. 1 KWG), Versicherungsunternehmen (s. § 1 Abs. 1 VAG), Leasinggesellschaften oder Beteiligungsgesellschaften sein. Gegenstand der Bürgschaft oder Garantie müssen Kredite, Leasingforderungen oder 1 2 3 4

BT-Drucks. 18/13456, 294. BGBl. I 1992, 297 (315). S. www.vdb-info.de. BFH v. 21.10.1999 – I R 14/98, BStBl. II 2000, 325 = FR 2000, 458.

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Unternehmensbeteiligungsgesellschaften

§ 3 Nr. 23

Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen zu ihrer Gründung und zur Erhaltung und Förderung ihrer Leistungsfähigkeit sein. Dabei wird der Begriff des „mittelständischen Unternehmens“ nicht definiert und gilt dem Wortlaut nach nur in Bezug auf Beteiligungen.1 Keine Voraussetzungen bestehen hinsichtlich der geförderten Unternehmen, weshalb auch die Förderung steuerbefreiter Unternehmen möglich ist.2 Nicht begünstigte Tätigkeiten. Deren Ausübung führt grds. zum vollständigen Verlust der Befrei- 5 ung. Eine partielle StPfl. für die Einkünfte aus nicht begünstigten Tätigkeiten enthält der Wortlaut von § 5 Abs. 1 Nr. 17 Satz 1 KStG nicht. Trotzdem dürften Einkünfte aus nicht begünstigten Tätigkeiten bis zu einer Höhe von 3 % der Gesamtumsätze im Sinne einer verhältnismäßigen Anwendung der Regelung unschädlich sein.3 Das Vermögen und die erzielten Überschüsse dürfen jedoch gem. § 5 Abs. 1 Nr. 17 Satz 2 KStG nur (100 %) zur Erreichung der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4) verwendet werden. Ein Verstoß gegen die strikt zweckgebundene Vermögensbindung oder die Überschussverwendung führt zum vollständigen Verlust und uE auch zur rückwirkenden Aufhebung der Steuerbefreiung gem. § 175 Abs. 2 AO.4

§ 3 Nr. 23 [Unternehmensbeteiligungsgesellschaften] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 23. Unternehmensbeteiligungsgesellschaften, die nach dem Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften anerkannt sind. 2Für Unternehmensbeteiligungsgesellschaften im Sinne des § 25 Abs. 1 des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften haben der Widerruf der Anerkennung und der Verzicht auf die Anerkennung Wirkung für die Vergangenheit, wenn nicht Aktien der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft öffentlich angeboten worden sind; Entsprechendes gilt, wenn eine solche Gesellschaft nach § 25 Abs. 3 des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften die Anerkennung als Unternehmensbeteiligungsgesellschaft verliert. 3Für offene Unternehmensbeteiligungsgesellschaften im Sinne des § 1a Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften haben der Widerruf der Anerkennung und der Verzicht auf die Anerkennung innerhalb der in § 7 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften genannten Frist Wirkung für die Vergangenheit. 4Bescheide über die Anerkennung, die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung und über die Feststellung, ob Aktien der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft im Sinne des § 25 Abs. 1 des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften öffentlich angeboten worden sind, sind Grundlagenbescheide im Sinne der Abgabenordnung; die Bekanntmachung der Aberkennung der Eigenschaft als Unternehmensbeteiligungsgesellschaft nach § 25 Abs. 3 des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften steht einem Grundlagenbescheid gleich; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 541 (Stand: März 2018). Da Bürgschaftsbanken wohl ohnehin nur Projekte im Rahmen dieser Unternehmensgröße finanzieren, ergibt sich hieraus keine negative Einschränkung. 2 BFH v. 21.10.1999 – I R 14/98, BStBl. II 2000, 325 = FR 2000, 458. 3 Analog zur Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG und der vom BFH dazu entschiedenen Geringfügigkeitsgrenze iHv. 3 %, vgl. BFH v. 27.8.2014 – VIII R 16/11, BStBl. II 2015, 996 = FR 2015, 512; v. 27.8.2014 – VIII R 41/11, BStBl. II 2015, 999 = FR 2015, 512 m. Anm. Kanzler; v. 27.8.2014 – VIII R 6/12, BStBl. II 2015, 1002; vgl. auch D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG Rz. 10 (Stand: April 2013). 4 Als Vergleich dient die Vermögensbindung des § 61 Abs. 3 AO. Ein Verstoß hiergegen stellt ebenfalls einen Fall von § 175 Abs. 2 AO dar, s. von Groll in H/H/Sp, § 175 AO Rz. 401 (Stand: September 2014).

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§ 3 Nr. 23 Rz. 1 Unternehmensbeteiligungsgesellschaften

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 23 GewStG befreit Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (s. Rz. 3) von der GewSt. Diese

Gesellschaften sind auf den Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen beschränkt.1 Mit der Befreiung soll die Zusatzbelastung verhindert werden, die bei der Zwischenschaltung einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft durch die Belastung mit GewSt für den Anleger entstehen würde. Bezweckt wird eine stl. Gleichbehandlung mit der privat getätigten Direktanlage.2 Eine vergleichbare KSt-Befreiung existiert jedoch nicht, weil nach Meinung des Gesetzgebers das bei der Einführung von § 3 Nr. 24 GewStG geltende Anrechnungsverfahren bereits wesentliche ertragsteuerliche Belastungen beseitige.3 Nach dem Systemwechsel im Jahr 20014 ist die fehlende Befreiung nicht nur wegen § 8b Abs. 3 und 5 KStG, sondern vor allem durch die spätere Einführung von § 8b Abs. 4 KStG5 zu kritisieren. Technisch handelt es sich um eine uneingeschränkte Befreiung, die sämtliche Einkünfte umfasst. Aufgrund der Tätigkeitsbeschränkung in § 3 UBGG6 werden aber auch hier letztlich nur Einkünfte aus bestimmten Tätigkeiten begünstigt (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.). 2 Die Befreiung wurde in ähnlicher Form durch das UBGG v. 17.12.19867 als § 3 Nr. 23 GewStG neu angefügt und war erstmals für den EZ 1987 anzuwenden.8 Durch Gesetz v. 24.3.19989 wurde die Vorschrift neu gefasst und enthielt seitdem nur noch einen Verweis auf § 6b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Satz 2 bis 4 EStG, in den durch das gleiche Änderungsgesetz die Regelung zu Unternehmensbeteiligungsgesellschaften eingefügt worden war und dessen Inhalt stark der heutigen Fassung von § 3 Nr. 23 GewStG ähnelte. Die heutige Fassung erhielt die Vorschrift durch das StEntlG 1999/2000/2002 v. 24.3.1999.10

B. Anwendungsbereich 3 Unternehmensbeteiligungsgesellschaften. Die Befreiung gilt nur für Unternehmensbeteiligungsge-

sellschaften, die nach dem UBGG anerkannt sind (§ 3 Nr. 24 Satz 1 GewStG).11 Die wesentlichen Anforderungen für die Anerkennung ergeben sich aus § 2 UBGG (Rechtsform, Unternehmensgegenstand, Sitz und Kapital), §§ 3, 5 UBGG (zulässige Geschäfte) und § 4 UBGG (Anlagegrenzen). Die Anerkennung erlischt gem. § 16 Abs. 3 UBGG nur durch Rücknahme (durch die Gesellschaft), Widerruf (durch die zuständige Behörde, s. § 17 UBGG) oder Verzicht (ebenfalls durch die Gesellschaft, s. § 18 UBGG). Dadurch entfällt auch die Steuerbefreiung. Ob es zu einer rückwirkenden Nachversteuerung kommt, s. Rz. 4. 4 Rückwirkende Nachversteuerung. Bei auf Grundlage des „alten“ UBGG v. 17.12.1986 anerkannten

Gesellschaften (s. § 25 Abs. 1 UBGG) kommt es zur rückwirkenden Nachversteuerung (auf den Zeitpunkt der erstmaligen Anerkennung), wenn die Anerkennung widerrufen oder darauf verzichtet wird (§ 3 Nr. 23 Satz 2 Halbs. 1 GewStG). Dies gilt ebenso, wenn die gem. § 25 Abs. 3 iVm. Abs. 2 UBGG erforderliche Satzungsänderung nicht bis zum 1.1.2003 in das Handelsregister eingetragen wurde (§ 3 Nr. 23 Satz 2 Halbs. 2 GewStG). Die Befreiung bleibt jedoch in allen drei Fällen zum Schutz der Anleger für die Vergangenheit erhalten, wenn Aktien der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft öffentlich angeboten worden sind (§ 3 Nr. 23 Satz 2 Halbs. 1 GewStG). Dies bedeutet auch – in Ermangelung einer anderweitigen Anordnung –, dass es in Fällen des „neuen“ UBGG v. 24.3.1998 nicht zu einer Nachversteuerung kommt. Für sog. offene Unternehmensbeteiligungsgesellschaften iSv. § 1a Abs. 2

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Ausf. BT-Drucks. 10/4551. Ausf. BT-Drucks. 10/4551, 2 und 13 mwN. BT-Drucks. 10/4551, 13. Durch das StSenkG v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433 (1452 f.). Durch das EuGHDivUmsG v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 561. Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften. BGBl. I 1986, 2488 (2494). § 36 GewStG idF v. 17.12.1986. BGBl. I 1998, 529 (566). BGBl. I 1999, 402 (490). Für die Anerkennung s. § 15 UBGG.

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Kapitalbeteiligungsgesellschaften

Rz. 1 § 3 Nr. 24

Satz 1 UBGG ist die rückwirkende Nachversteuerung bei Widerruf gem. § 17 UBGG oder Verzicht gem. § 18 UBGG auf die letzten fünf Jahre begrenzt (§ 3 Nr. 23 Satz 3 GewStG). Verfahrensrechtlich ist der Bescheid der Behörde über die Anerkennung als Unternehmensbetei- 5 ligungsgesellschaft, über die Rücknahme und über den Wiederruf dieser Anerkennung (§ 14 Abs. 2 UBGG) sowie die Feststellung, ob Aktien der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft öffentlich angeboten worden sind, Grundlagenbescheid iSv. § 171 Abs. 1 AO (§ 3 Nr. 23 Satz 4 Halbs. 1 GewStG). Einem Grundlagenbescheid gleich steht die Aberkennung der Gesellschaft als Unternehmensbeteiligungsgesellschaft gem. § 25 Abs. 3 UBGG (§ 3 Nr. 23 Satz 4 Halbs. 2 GewStG). Aufgrund dieser verfahrensrechtlichen Verknüpfung mittels Grundlagenbescheid ist für die GewSt-Befreiung keine eigenständige Prüfung vorzunehmen, ob die Voraussetzungen einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft vorliegen.1

§ 3 Nr. 24 [Kapitalbeteiligungsgesellschaften] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 24. die folgenden Kapitalbeteiligungsgesellschaften für die mittelständische Wirtschaft, soweit sich deren Geschäftsbetrieb darauf beschränkt, im öffentlichen Interesse mit Eigenmitteln oder mit staatlicher Hilfe Beteiligungen zu erwerben, wenn der von ihnen erzielte Gewinn ausschließlich und unmittelbar für die satzungsmäßigen Zwecke der Beteiligungsfinanzierung verwendet wird: Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg GmbH, Kapitalbeteiligungsgesellschaft für die mittelständische Wirtschaft Bayerns mbH, MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Hessen GmbH, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Niedersachsen (MBG) mbH, Kapitalbeteiligungsgesellschaft für die mittelständische Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen mbH, MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Rheinland-Pfalz mbH, Wagnisfinanzierungsgesellschaft für Technologieförderung in Rheinland-Pfalz mbH (WFT), Saarländische Kapitalbeteiligungsgesellschaft mbH, Gesellschaft für Wagniskapital Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein Gesellschaft mit beschränkter Haftung – MBG, Technologie-Beteiligungs-Gesellschaft mbH der Deutschen Ausgleichsbank, bgb Beteiligungsgesellschaft Berlin mbH für kleine und mittlere Betriebe, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg mbH, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Sachsen mbH, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH, Wagnisbeteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH, IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Thüringen (MBG) mbH; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 24 GewStG befreit sog. Kapitalbeteiligungsgesellschaften für die mittelständische Wirt- 1 schaft (s. Rz. 3) von der GewSt. Die Gesellschaften beteiligen sich mithilfe öffentlicher Gelder im Rahmen stiller Beteiligungen an kleinen und mittleren Unternehmen zur Verbesserung derer Eigenkapitalquoten. Denn Klein- und Mittelbetriebe verfügen regelmäßig über keinen direkten Zugang zum Kapitalmarkt. Diese Mittelstandsförderung ist im öffentlichen Interesse, womit die Befreiung gerechtfertigt werden kann. Eine vergleichbare KSt-Befreiung existiert jedoch nicht. Die Norm wird

1 Frotscher in Frotscher/Drüen, § 3 GewStG Rz. 68 (Stand: Januar 2011).

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§ 3 Nr. 24 Rz. 2 Kapitalbeteiligungsgesellschaften als sog. „Anpassungshilfe“ im Subventionsbericht der Bundesregierung aufgeführt.1 Es handelt sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4) befreit. 2 Die Befreiung wurde durch das StÄndG 1992 v. 25.2.19922 als Nr. 24 neu angefügt und hat sich seitdem nur im Hinblick auf die genannten Gesellschaften verändert.3 Sie ist erstmals für den EZ 1992 anzuwenden.4

B. Anwendungsbereich 3 Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Die Befreiung gilt gem. § 3 Nr. 24 GewStG nur für die dort ab-

schließend aufgezählten Gesellschaften. Es handelt sich um Selbsthilfeeinrichtungen der mittelständischen Wirtschaft in privatrechtlicher Rechtsform, die nicht profitorientiert arbeiten. Deren Gesellschafter sind bspw. Kammern, Verbände oder öffentlich-rechtliche Kreditinstitute. 4 Begünstigte Tätigkeit. Weitere Voraussetzung ist, dass sich der Geschäftsbetrieb der genannten Ge-

sellschaften darauf beschränkt, im öffentlichen Interesse und mit Eigenmitteln oder mit staatlicher Hilfe Beteiligungen zu erwerben. Erfasst wird der Erwerb von Beteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften sowie atypisch stillen Beteiligungen. Partiarische Darlehen gehören nicht dazu.5 Zu der begünstigten Tätigkeit gehört auch die Verwaltung und Veräußerung der Beteiligungen. Mit staatlicher Hilfe ist die Verwendung öffentlicher Mittel gemeint.6 Der Erwerb erfolgt im öffentlichen Interesse, wenn die jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen zur Förderung von Beteiligungen im Mittelstand eingehalten werden.7 5 Nicht begünstigte Tätigkeiten. Die Voraussetzung, dass sich der „Geschäftsbetrieb“ der Gesellschaft

auf den Beteiligungserwerb beschränken muss, spricht uE zunächst für den Wegfall der Befreiung bei der Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten, weil Körperschaften nur über einen einheitlichen Geschäftsbetrieb verfügen.8 Mit der Formulierung „soweit“ bringt der Gesetzgeber jedoch zum Ausdruck, dass andere Tätigkeiten für die Befreiung unschädlich sind und lediglich zu einer partiellen StPfl. dieser Einkünfte führen sollen.9 Zudem sind die genannten Gesellschaften regelmäßig bereits durch ihre Satzung auf die Tätigkeit der Beteiligungsfinanzierung beschränkt. 6 Vermögens- und Überschussverwendung. Der Gewinn der Gesellschaft muss gem. § 3 Nr. 24 Gew-

StG vollständig (dh. zu 100 %) und unmittelbar für die Beteiligungsfinanzierung verwendet werden. Hierzu gehört bspw. auch die Bildung von Rückstellungen, wenn sie für die Verwirklichung der begünstigten Tätigkeit erforderlich sind. Die Regelung gilt richtigerweise auch für die Verwendung des Vermögens. Die Verwendung erfolgt unmittelbar für die Beteiligungsfinanzierung, wenn die Gesellschaft diese selbst verwirklicht.10 Eine Verwendung des Gewinns und/oder des Vermögens für nicht begünstigte Zwecke führt zum vollständigen Verlust und uE auch zur rückwirkenden Aufhebung der Steuerbefreiung gem. § 175 Abs. 2 AO.11

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BT-Drucks. 18/13456, 295. BGBl. I 1992, 297 (315). S. dazu Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 555 ff. (Stand: März 2018). § 36 Abs. 2c GewStG idF v. 25.2.1992. BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. BT-Drucks. 12/1368, 24. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 558 (Stand: März 2018). Vgl. zB für § 8 Abs. 4 KStG aF BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 8. Vgl. bereits Pauka, DB 1992, 1207. Vgl. analog zu § 57 AO. Als Vergleich dient die Vermögensbindung des § 61 Abs. 3 AO. Ein Verstoß hiergegen stellt ebenfalls einen Fall von § 175 Abs. 2 AO dar, s. von Groll in H/H/Sp, § 175 AO Rz. 401 (Stand: September 2014).

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Wirtschaftsförderungsgesellschaften

Rz. 4 § 3 Nr. 25

§ 3 Nr. 25 [Wirtschaftsförderungsgesellschaften] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 25. Wirtschaftsförderungsgesellschaften, wenn sie von der Körperschaftsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

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B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 25 GewStG befreit sog. Wirtschaftsförderungsgesellschaften von der GewSt, wenn sie von 1 der KSt befreit sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der entsprechenden KSt-Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Die Tätigkeit der Gesellschaften ist im öffentlichen Interesse, womit die Begünstigung gerechtfertigt werden kann. Begründet wurde sie aber mit der Schaffung von Rechtssicherheit, weil an der bisherigen Befreiungsgrundlage als gemeinnützige Einrichtungen Zweifel geäußert wurden.1 Aufgrund der Vorgaben in § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG handelt es sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4) befreit. Die Befreiung wurde durch das StandOG v. 13.9.19932 als Nr. 25 neu angefügt und besteht seitdem in unveränderter Form. Sie ist – in Ermangelung einer gesonderten Anwendungsvorschrift – erstmals für den EZ 1993 anzuwenden.

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B. Anwendungsbereich Wirtschaftsförderungsgesellschaften. Die Befreiung gilt gem. § 3 Nr. 25 GewStG iVm. § 5 Abs. 1 3 Nr. 18 Satz 1 KStG nur für „Wirtschaftsförderungsgesellschaften“. Das Gesetz definiert diese nicht, sondern die begünstigte Tätigkeit (s. Rz. 4), wobei die Befreiung nach Auffassung der FinVerw. nur von KapGes. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG in Anspruch genommen werden kann.3 An den Gesellschaften müssen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 18 Satz 1 KStG überwiegend (zusammen mehr als 50 % der Anteile und Stimmrechte) Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kreise, Gemeinden) beteiligt sein. Beteiligungen sonstiger KöR (zB Industrie- und Handelskammern, Sparkassen) werden bei der Berechnung dieser Grenze nicht berücksichtigt. Begünstigte Tätigkeit. Die Tätigkeit der Gesellschaften muss sich auf die Verbesserung der sozialen 4 und wirtschaftlichen Struktur einer bestimmten Region beschränken (§ 5 Abs. 1 Nr. 18 Satz 1 KStG). Diese Wirtschaftsförderung muss unmittelbar4 und insbes. durch Industrieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und Sanierung von Altlasten erfolgen (keine abschließende Aufzählung). Die Maßnahmen dürfen nur eine geringe Wettbewerbsrelevanz aufweisen5 und nicht über den für die Zweckverwirklichung sachlich gebotenen Umfang hinausgehen, insbes. darf sie nicht den Umfang einer laufenden Unternehmensberatung annehmen. Ein Verstoß hiergegen führt zu einer vollständigen Versagung der Befreiung, eine partielle StPfl. für Einkünfte aus nicht begünstigten Tätigkeiten enthält die Vorschrift nicht.6 Begünstigte Einzeltätigkeiten nennt das BMF in seinem Schrei-

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Vgl. BT-Drucks. 12/4487, 61. BGBl. I 1993, 1569 (1583). BMF v. 4.1.1996 – IV B 7 - S 2738 - 17/95, BStBl. I 1996, 54. H 3.25 GewStH 2009; BFH v. 26.2.2003 – I R 49/01, BStBl. II 2003, 723 = FR 2003, 845 m. Anm. Pezzer. BFH v. 3.8.2005 – I R 37/04, BStBl. II 2006, 141 = FR 2006, 315. BFH v. 26.2.2003 – I R 49/01, BStBl. II 2003, 723 = FR 2003, 845 m. Anm. Pezzer; v. 3.8.2005 – I R 37/04, BStBl. II 2006, 141 = FR 2006, 315.

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§ 3 Nr. 25 Rz. 5 Wirtschaftsförderungsgesellschaften ben v. 4.1.1996.1 Als nicht begünstigte Tätigkeit zählt bspw. die Bereitstellung von Wohnraum,2 der Erwerb von Grundstücken und deren wunschgemäße Bebauung und Vermietung an ansiedlungswillige Unternehmen3 oder die Beteiligung an anderen Unternehmen, wenn diese nicht unmittelbar der Zweckverwirklichung dient.4 5 Vermögens- und Überschussverwendung. Auch das Vermögen und etwaige Überschüsse der Gesell-

schaft müssen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 18 Satz 2 KStG vollständig (100 %) zur Erfüllung der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4) verwendet werden. Hierzu gehört bspw. auch die Bildung von Rückstellungen, wenn sie bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung für die Zweckverwirklichung erforderlich sind. Eine Verwendung für nicht begünstigte Zwecke führt zum vollständigen Verlust und uE auch zur rückwirkenden Aufhebung der Steuerbefreiung gem. § 175 Abs. 2 AO.5

§ 3 Nr. 26 [Gesamthafenbetriebe] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 26. Gesamthafenbetriebe im Sinne des § 1 des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352), soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 26 GewStG befreit Gesamthafenbetriebe iSd. § 1 GHBetrG (s. Rz. 3) von der GewSt, soweit

sie von der KSt befreit sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der entsprechenden KSt-Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 19 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Gesamthafenbetriebe ermöglichen Mitarbeitern der Hafen- und Lagerlogistik durch eine dauerhafte Anstellung ein konstantes Beschäftigungsverhältnis.1 Die Mitarbeiter des Gesamthafenbetriebs werden an einzelne Hafenbetriebe vermittelt. Die Befreiung lässt sich daher aus sozialund wirtschaftspolitischen Gründen rechtfertigen, wurde aber mit der Schaffung von Rechtssicherheit begründet, weil an der bisherigen Befreiungsgrundlage Zweifel geäußert wurden.2 Aufgrund der Vorgaben in § 5 Abs. 1 Nr. 19 KStG handelt es sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus bestimmten Tätigkeiten befreit (s. Rz. 3). 2 Die Befreiung wurde durch das StandOG v. 13.9.19933 als Nr. 26 neu angefügt und besteht seitdem in unveränderter Form. Sie ist – in Ermangelung einer gesonderten Anwendungsvorschrift – erstmals für den EZ 1993 anzuwenden.

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BMF v. 4.1.1996 – IV B 7 - S 2738 - 17/95, BStBl. I 1996, 54. BFH v. 26.2.2003 – I R 49/01, BStBl. II 2003, 723 = FR 2003, 845 m. Anm. Pezzer. H 3.25 GewStH 2009; BFH v. 3.8.2005 – I R 37/04, BStBl. II 2006, 141 = FR 2006, 315. Die Beteiligung einer landesweit tätigen Wirtschaftsförderungsgesellschaft an anderen (zB regional tätigen) Wirtschaftsförderungsgesellschaften ist daher unschädlich. Als Vergleich dient die Vermögensbindung des § 61 Abs. 3 AO. Ein Verstoß hiergegen stellt ebenfalls einen Fall von § 175 Abs. 2 AO dar, s. von Groll in H/H/Sp, § 175 AO Rz. 401 (Stand: September 2014). BT-Drucks. 12/5016, 91 mwN. Vgl. BT-Drucks. 12/5016, 91. BGBl. I 1993, 1569 (1583).

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Zusammenschlüsse zum Ausgleich von Versorgungslasten

Rz. 1 § 3 Nr. 27

B. Anwendungsbereich Gesamthafenbetriebe. Die Befreiung kann bereits nach § 3 Nr. 26 GewStG nur von Gesamthafen- 3 betrieben iSd. § 1 GHBetrG1 in Anspruch genommen werden. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GHBetrG wird ein solcher durch schriftliche Vereinbarung von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften gebildet. Voraussetzungen an seine Rechtsform bestehen gem. § 2 Abs. 1 Halbs. 1 GHBetrG nicht, für die Befreiung muss es sich aber um einen grds. körperschaftsteuerpflichtigen Betrieb handeln. Begünstigte Tätigkeit. Die Befreiung gilt gem. § 5 Abs. 1 Nr. 19 KStG nur für Tätigkeiten, die in § 2 4 Abs. 1 GHBetrG bestimmt und nach § 2 Abs. 2 GHBetrG genehmigt worden sind. Sie müssen unmittelbar der Durchführung der selbst gewählten und von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde genehmigten Aufgaben dienen.2 Die Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten ist für erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten bereits über § 1 Abs. 1 Satz 2 GHBetrG ausgeschlossen, wäre jedoch stl. für die Befreiung unschädlich und würde lediglich zu einer partiellen StPfl. dieser Einkünfte führen („soweit“). Zudem wären nach § 5 Abs. 1 Nr. 19 Satz 3 KStG auch die Einkünfte eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (s. § 14 AO) befreit, wenn er ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeit gerichtet ist. Vermögens- und Überschussverwendung. Das Vermögen und etwaige Überschüsse des Gesamt- 5 hafenbetriebs müssen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 19 Satz 2 KStG vollständig (100 %) zur Erfüllung der begünstigten Tätigkeit (Rz. 4) verwendet werden. Ein Verstoß gegen die strikt zweckgebundene Vermögensbindung oder die Überschussverwendung führt zum vollständigen Verlust und uE auch zur rückwirkenden Aufhebung der Steuerbefreiung gem. § 175 Abs. 2 AO.3

§ 3 Nr. 27 [Zusammenschlüsse zum Ausgleich von Versorgungslasten] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 27. Zusammenschlüsse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 20 des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

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B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 27 GewStG befreit „Zusammenschlüsse“ iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 20 KStG (s. Rz. 3) von der 1 GewSt, soweit sie von der KSt befreit sind. Gemeint ist ein Zusammenschluss mehrerer Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind durch den Verweis der entsprechenden KSt-Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 20 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Die genannten Zusammenschlüsse übernehmen – ähnlich wie steuerbefreite Pensionskassen in § 3 Nr. 9 GewStG – bestimmte Versorgungsleistungen für ihre Mitglieder. Die Befreiung lässt sich daher aus sozialpolitischen Gründen rechtfertigen, erfolgt letztlich aber zur Schaffung von Rechtssicherheit, weil an der bisherigen Befreiungsgrundlage Zweifel geäußert wurden.1 Aufgrund der Vorgaben in § 5 Abs. 1 Nr. 20 KStG handelt es sich um eine ein1 Gesetz über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb). 2 BT-Drucks. 12/5016, 91. 3 Als Vergleich dient die Vermögensbindung des § 61 Abs. 3 AO. Ein Verstoß hiergegen stellt ebenfalls einen Fall von § 175 Abs. 2 AO dar, s. von Groll in H/H/Sp, § 175 AO Rz. 401 (Stand: September 2014). 1 Vgl. BT-Drucks. 12/5016, 91.

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§ 3 Nr. 27 Rz. 2 Zusammenschlüsse zum Ausgleich von Versorgungslasten geschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus bestimmten Tätigkeiten befreit (s. Rz. 4). 2 Die Befreiung wurde durch das StMBH v. 21.12.19931 als Nr. 27 neu angefügt und besteht seitdem in unveränderter Form. Sie ist erstmals für den EZ 1993 anzuwenden.2

B. Anwendungsbereich 3 Zusammenschlüsse. Die Befreiung gilt gem. § 3 Nr. 27 GewStG nur für Zusammenschlüsse iSd. § 5

Abs. 1 Nr. 20 KStG. Nach dieser Vorschrift kommen nur Zusammenschlüsse von jPdöR,3 von steuerbefreiten Körperschaften4 oder von steuerbefreiten Personenvereinigungen (vor allem nichtrechtsfähige Vereine) in Betracht. Für die Rechtsform des Zusammenschlusses bestehen keine Vorgaben,5 für die Befreiung muss es sich aber um einen grds. körperschaftsteuerpflichtigen Zusammenschluss handeln. Die Vorschrift bezieht sich daher insbes. auf nicht rechtsfähige Vereine. 4 Begünstigte Tätigkeit. Die Tätigkeit des Zusammenschlusses muss auf den Ausgleich von Versor-

gungslasten im Wege des Umlageverfahrens beschränkt sein (§ 5 Abs. 1 Nr. 20 Buchst. a KStG). Die Versorgungslasten müssen den Mitgliedern des Zusammenschlusses aus Versorgungszusagen gegenüber ihren Arbeitnehmern erwachsen. Irrelevant ist, ob die Arbeitnehmer einem stpfl. Bereich zuzuordnen sind.6 Zusätzlich gilt, dass am Schluss des Wj. das Vermögen nicht höher sein darf als 60 % der im Wj. erbrachten Leistungen. § 5 Abs. 1 Nr. 20 KStG sieht keine partielle StPfl. vor, weshalb die Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten oder ein höherer Vermögensstand (nur am 31.12.!) zum vollständigen Entfall der Befreiung führt. Unschädlich sind uE Tätigkeiten, die ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeit gerichtet sind.7

§ 3 Nr. 28 [Medizinische Dienste] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 28. die Arbeitsgemeinschaften Medizinischer Dienst der Krankenversicherung im Sinne des § 278 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen im Sinne des § 282 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

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B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 28 GewStG befreit die sog. Medizinischen Dienste (s. Rz. 3 f.) von der GewSt, soweit sie von

der KSt befreit sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der entsprechenden KSt-Befreiung 1 BGBl. I 1993, 2310 (2334). 2 § 36 idF v. 21.12.1993. 3 KöR (insbes. Bund/Länder/Gemeinden als Gebietskörperschaften), AöR oder Stiftungen des öffentlichen Rechts. 4 Gemeint sind unbeschränkte persönliche Befreiungen des KStG. 5 Hoffmann in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2012, § 5 Rz. 434. 6 GlA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 579 (Stand: März 2018); aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 469. 7 ZB zur Durchführung der begünstigten Tätigkeit notwendige Vermögensverwaltungsaktivitäten, s. Bührer in Bergemann/Wingler, § 3 GewStG Rz. 180.

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Medizinische Dienste

Rz. 6 § 3 Nr. 28

in § 5 Abs. 1 Nr. 21 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Die genannten Dienste befinden sich in öffentlicher Hand und sind gesetzlich zur Beratung der gesetzlichen Krankenversicherungen verpflichtet. Sie handeln im öffentlichen Interesse, womit die Begünstigung gerechtfertigt werden kann. Eine Anerkennung als gemeinnützige Einrichtungen scheidet aus, weil sie ausschließlich für ihre Mitglieder tätig sind.1 Aufgrund der Vorgaben in § 5 Abs. 1 Nr. 21 KStG handelt es sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus bestimmten Tätigkeiten befreit (s. Rz. 5). Die Befreiung wurde durch das JStErgG 1996 v. 18.12.19952 als Nr. 29 neu angefügt und besteht seitdem in unveränderter Form. Sie ist rückwirkend ab dem EZ 1991 anzuwenden.3

2

B. Anwendungsbereich Bei den Arbeitsgemeinschaften Medizinischer Dienst der Krankenversicherung iSd. § 278 SGB V 3 – kurz MDK – handelt es sich gem. § 278 Abs. 1 SGB V um von den Krankenkassen in jedem Bundesland zu errichtende Arbeitsgemeinschaften, zu deren wesentlichen Aufgaben gem. § 275 SGB V die Beratung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in allgemeinen Grundsatzfragen und die Durchführungen von Einzelfallbegutachtungen gehören. Ziel ist die Sicherstellung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Ausgestaltung der gesetzlichen Leistungen. Bundesweit existieren derzeit nicht 16, sondern 15 KöR, in den neuen Bundesländern sind sie privatrechtlich als eV organisiert.4 Die Befreiung greift auch nur für Letztere, da jPdöR im Rahmen ihrer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben hoheitliche Funktionen wahrnehmen und insoweit ohnehin nicht der GewSt unterliegen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStDV).5 Bei dem Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen iSv. § 282 SGB V – 4 kurz MDS – handelt es sich um den Medizinischen Dienst auf Bundesebene. Zu seinen wesentlichen Aufgaben gehört gem. § 282 Abs. 2 SGB V die Beratung des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen in medizinischen Fragen sowie die Koordination und Förderung der Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen. Der MDS ist privatrechtlich als eV organisiert. Gleichzeitig besitzt er gem. § 282 Abs. 1 Satz 2 SGB V – eingeschränkt für die Beschäftigung von bei seiner Gründung übernommenen Beamten und Beamtenanwärtern – den Status einer KöR. Dieser Status wird zeitlich gem. Art. 73 Abs. 4 Satz 3, 4 GRG6 auf die Dauer begrenzt, die für die Beschäftigung der (derzeit noch vorhandenen) Beamten notwendig ist. Begünstigte Tätigkeit. Die Befreiung gilt nur für die Einkünfte, die durch die gesetzlich zugewiese- 5 nen Aufgaben veranlasst sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 KStG). Der gesetzliche Aufgabenkreis ergibt sich aus §§ 275 ff. GRG bzw. § 282 Abs. 2 SGB V. Die Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten ist für die Befreiung unschädlich, führt aber zu einer partiellen StPfl. dieser Einkünfte („soweit“), was eine Ergebnisaufteilung erforderlich macht (s. dazu § 3 GewStG Rz. 7 ff.). Vermögens- und Überschussverwendung. Das Vermögen und alle Überschüsse (auch die aus nicht 6 begünstigten Tätigkeiten) dürfen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 2 KStG nur (dh. zu 100 %) zur Erreichung der gesetzlichen Aufgaben verwendet werden. Ein Verstoß gegen die strikt zweckgebundene Vermögensbindung oder die Überschussverwendung führt zum vollständigen Verlust und uE auch zur rückwirkenden Aufhebung der Steuerbefreiung gem. § 175 Abs. 2 AO.7

1 2 3 4 5

Vgl. die von § 55 AO geforderte Selbstlosigkeit. BGBl. I 1995, 1959 (1964). § 36 Abs. 2e idF v. 18.12.1995. AA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 3 GewStG Rz. 471, wonach es sich um KöR handeln würde. Im Gegensatz zu § 3 Nr. 28 GewStG befreit § 5 Abs. 1 Nr. 21 Satz 1 KStG bereits vom Wortlaut nur die „nicht in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichteten Arbeitsgemeinschaften“. 6 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen. 7 Als Vergleich dient die Vermögensbindung des § 61 Abs. 3 AO. Ein Verstoß hiergegen stellt ebenfalls einen Fall von § 175 Abs. 2 AO dar, s. v. Groll in H/H/Sp, § 175 AO Rz. 401 (Stand: September 2014).

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§ 3 Nr. 29 Rz. 1 Gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien

§ 3 Nr. 29 [Gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 29. gemeinsame Einrichtungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 22 des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit sind; … A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

A. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 3 Nr. 29 GewStG befreit „gemeinsame Einrichtungen“ iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 22 KStG (s. Rz. 3) von

der GewSt, soweit sie von der KSt befreit sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der entsprechenden KSt-Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 22 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KStFestsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Bis zur Einfügung von § 3 Nr. 29 GewStG bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 22 KStG wurden die zuvor genannten Einrichtungen über die Einordnung als Pensions-, Unterstützungskasse1 oder als Berufsverband2 von der KSt und GewSt befreit. Weil sich hierbei Abgrenzungsschwierigkeiten ergaben, wurde aus Rechtssicherheitsgründen eine eigenständige Befreiungsnorm geschaffen.3 Aufgrund der Vorgaben in § 5 Abs. 1 Nr. 22 KStG handelt es sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus bestimmten Tätigkeiten begünstigt (s. Rz. 5). 2 Die Befreiung wurde durch das JStG 1997 v. 20.12.19964 als Nr. 29 neu angefügt und besteht seitdem in unveränderter Form. Sie ist erstmals für den EZ 1996 anzuwenden.5

B. Anwendungsbereich 3 Gemeinsame Einrichtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 22 KStG. Die Befreiung kann nur von gemeinsamen

Einrichtungen der Tarifvertragsparteien iSd. § 4 Abs. 2 TVG6 in Anspruch genommen werden (§ 5 Abs. 1 Nr. 22 Satz 1 KStG). Hierbei handelt es sich um „Kassen“, die – in unterschiedlichster Rechtsform – für eine ganze Branche bestimmte (Fürsorge-)Leistungen erbringen (zB Lohnausgleichskassen, Zusatzversorgungskassen, Urlaubskassen, überbetriebliche Ausbildungsstätten). Sind solche Einrichtungen durch die Tarifvertragsparteien (Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber, Arbeitgeberverbände, s. § 2 Abs. 1 TVG) im Tarifvertrag vorgesehen und geregelt, gelten deren Regelungen gem. § 4 Abs. 2 TVG unmittelbar und zwingend für die Satzung der Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. 4 Satzungsmäßige Beiträge. Für eine Befreiung muss die Einrichtung ihre satzungsmäßigen Beiträge

gem. § 5 Abs. 1 Nr. 22 Satz 1 KStG auf Grundlage des § 186a AFG7 oder auf Grundlage tarifvertraglicher Vereinbarungen erheben. Hierbei ist der Verweis auf „§ 186a AFG i.d.F. v. 25.6.1969“ irreführend. Zum einen enthielt das AFG in dieser Fassung (noch) keinen § 186a (s. BGBl. I 1969, 582 [614]), zum anderen ist das AFG inzwischen außer Kraft getreten,8 eine Anpassung von § 5 Abs. 1 1 2 3 4 5 6 7 8

§ 3 Nr. 9 bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG. BT-Drucks. 13/5359, 127. BGBl. I 1996, 2049 (2073). § 36 Abs. 2g idF v. 20.12.1996. Tarifvertragsgesetz v. 25.8.1969, BGBl. I 1969, 1323. Arbeitsförderungsgesetz v. 25.6.1969, BGBl. I 1969, 582. Es wurde als Drittes Buch in das SGB integriert, vgl. AFRG v. 24.3.1997, BGBl. I 1997, 594 (720).

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Rüsch

Auftragsforschung

Rz. 1 § 3 Nr. 30

Nr. 22 Satz 1 KStG auf die nun relevanten §§ 354–356 SGB III blieb jedoch aus. Die Erhebung von Beiträgen auf Grundlage der §§ 354–356 SGB III ist also infolge des fehlenden Verweises für die Inanspruchnahme der Befreiung nicht ausreichend,1 weshalb die satzungsmäßigen Beiträge nun zwingend (wenn auch unproblematisch) auf tarifvertraglichen Vereinbarungen erhoben werden müssen. Begünstigte Tätigkeit. Die Einrichtung darf ihre Leistungen ausschließlich gegenüber den tarifgebun- 5 denen Arbeitnehmern des Gewerbezweigs oder gegenüber deren Hinterbliebenen erbringen. Bei den Leistungen handelt sich regelmäßig um Geldleistungen.2 Mit „Hinterbliebene“ sind nicht Angehörige iSd. § 15 AO, sondern nur Ehegatten und Kinder gemeint.3 Die Befreiung wird gem. § 5 Abs. 1 Nr. 22 Satz 1 KStG versagt, sobald die Einrichtung mit ihren Leistungen zu stpfl. Betrieben derselben oder ähnlicher Art „in größerem Umfang“ (dh. wesentlich) in Wettbewerb tritt.4 Sie bleibt erhalten, wenn die Wettbewerbsbeeinträchtigung zur Erfüllung der begünstigten Aufgabe unvermeidlich ist. Die Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten ist für die Befreiung unschädlich, wenn es sich dabei um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (s. § 14 AO) handelt. Dessen Einkünfte sind partiell stpfl., was eine Ergebnisaufteilung erforderlich macht (s. dazu § 3 GewStG Rz. 7 ff.). Ist die Tätigkeit des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeit gerichtet, sind aber gem. § 5 Abs. 1 Nr. 22 Satz 2 KStG auch diese Einkünfte befreit.

§ 3 Nr. 30 [Auftragsforschung] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 30. die Auftragsforschung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 23 des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit ist; A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 30 GewStG befreit die Auftragsforschung iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG von der GewSt, soweit 1 sie von der KSt befreit ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der entsprechenden KSt-Befreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Mit der Befreiung wird eine Gleichbehandlung öffentlich-rechtlicher Einrichtungen mit der ebenfalls befreiten Forschungstätigkeit gemeinnütziger Einrichtungen in privatrechtlicher Rechtsform (§ 3 Nr. 6 GewStG iVm. § 68 Nr. 9 AO) bezweckt. Da § 3 Nr. 30 GewStG allerdings weniger Voraussetzungen als § 68 Nr. 9 AO enthält, werden öffentlich-rechtliche Einrichtungen bevorteilt.1 Durch die Befreiung wird zudem die (für den StPfl. günstige) Verwaltungsmeinung festgeschrieben.2 Aufgrund der Vorgaben in § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG handelt es sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (s. Rz. 4) befreit.

1 GlA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 3 GewStG Rz. 589 (Stand: März 2018). 2 Nicht bspw. bei der überbetrieblichen Ausbildung, bei der Ausbildungsteile von Auszubildenden aus verschiedenen Betrieben genutzt werden, weil die einzelnen Betriebe diese Ausbildungsteile nicht selbst erbringen können. 3 Wobei als Kinder auch Stiefkinder, Pflegekinder und weitere, in den Haushalt des Verstorbenen aufgenommene Angehörige iSd. § 48 Abs. 3 SGB VI gelten. 4 Dies entspricht der Konkurrenzklausel des § 65 Nr. 3 AO. 1 Kaufmann/Schmitz-Herscheidt, BB 2007, 2039. 2 Zur Rechtfertigung der Befreiung s. BT-Drucks. 15/1945, 12; vgl. dazu auch Becker/Volkmann, DStZ 2007, 529 (532).

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§ 3 Nr. 30 Rz. 2 Auftragsforschung 2 Die Befreiung wurde durch das StÄndG 2003 v. 15.12.20031 als Nr. 30 neu angefügt und besteht seitdem in unveränderter Form. Weil mit ihr die langjährige Verwaltungsmeinung festgeschrieben wird, ist sie rückwirkend auf alle noch offenen EZ anzuwenden.2

B. Anwendungsbereich 3 Öffentlich-rechtliche Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen. Die Befreiung kann nur von

öffentlich-rechtlichen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in Anspruch genommen werden (§ 5 Abs. 1 Nr. 23 Halbs. 1 KStG). „Öffentlich-rechtliche“ Einrichtungen bedeutet eine unmittelbare öffentlich-rechtliche Trägerschaft (zB durch Bund, Länder oder Gemeinden bei Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts), weshalb private Einrichtungen, selbst wenn sie zu 100 % der öffentlichen Hand gehören, nicht begünstigt sind.3 Unseres Erachtens kommen aber auch kirchliche Trägerschaften in Betracht, weil es sich bei den Religionsgemeinschaften bereits kraft Verfassung um öffentlich-rechtliche Körperschaften handelt (Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV). Weitere (faktische) Voraussetzung ist das Bestehen eines BgA iSv. § 4 KStG, weil jPdöR mit ihrer hoheitlichen Tätigkeit bereits dem Grunde nach nicht der GewSt unterliegen (§ 1 Abs. 2 GewStDV). In den begünstigten Einrichtungen muss Wissenschaft bzw. Forschung betrieben werden. Erfasst sind daher vor allem (staatliche) Universitäten und (Fach-)Hochschulen, uE auch die Akademien der Wissenschaften (nicht jene der Künste) und die kirchlichen Universitäten4 und Hochschulen5 (nicht jene für Kirchenmusik). 4 Begünstigte Tätigkeit. § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG definiert nicht positiv die begünstigte, sondern negativ

die nicht begünstigte Tätigkeit. Bei den Einkünften aus Auftragsforschung darf es sich demnach nicht um – die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse, – die Übernahme von Projektträgerschaften oder – eine wirtschaftliche Tätigkeit ohne Forschungsbezug handeln. Die begünstigte Tätigkeit ist darüber hinaus von Grundlagen- und Eigenforschung abzugrenzen, die dem hoheitlichen und insoweit steuerfreien (§ 1 Abs. 2 GewStDV) Bereich zuzuordnen ist.6 Die FinVerw. hat im BMF-Schreiben v. 22.9.19997 begünstigte Forschungstätigkeiten aufgezählt. Die Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten ist für die Befreiung unschädlich, führt aber zu einer partiellen StPfl. dieser Einkünfte („soweit“), was eine Ergebnisaufteilung erforderlich macht (s. dazu § 3 GewStG Rz. 7 ff.).

§ 3 Nr. 31 [Global Legal Entity Identifier Stiftung] Von der Gewerbesteuer sind befreit … 31. die Global Legal Entity Identifier Stiftung, soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit ist. A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . . 1 2 3 4

1

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

3

BGBl. I 2003, 2645 (2654). § 36 Abs. 4a idF v. 15.12.2003. Diese können aber über § 3 Nr. 6 GewStG iVm. § 68 Nr. 9 AO begünstigt sein. Soweit ersichtlich, einzig die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt in der Rechtsform einer Kirchlichen Stiftung des öffentlichen Rechts. 5 Bspw. die Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel. 6 BFH v. 14.3.1990 – I R 156/87, BStBl. II 1990, 866. 7 BMF v. 22.9.1999 – IV C 6 - S 0171 - 97/99, BStBl. I 1999, 944, Teil IV Rz. 1–5 (zur Forschungstätigkeit bei § 68 Nr. 9 AO).

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B. Anwendungsbereich

Rz. 4 § 3 Nr. 31

A. Regelungsgegenstand und -zweck § 3 Nr. 31 GewStG befreit die Global Legal Entity Identifier Stiftung (s. Rz. 3) von der GewSt, so- 1 weit sie von der KSt befreit ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind daher der entsprechenden KStBefreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 24 KStG zu entnehmen (zur Bindungswirkung der KSt-Festsetzung s. § 3 GewStG Rz. 29). Die Stiftung soll eine globale Datenbank aufbauen, die der Identifikation von Rechtspersonen mittels eines weltweit anzuwendenden Referenzcodes dient.1 Dadurch soll die Früherkennung von Systemrisiken und die Überwachung der Finanzmärkte ermöglicht bzw. verbessert werden.2 Die Tätigkeit ist im öffentlichen Interesse, womit die Begünstigung gerechtfertigt werden kann. Aufgrund der Vorgaben in § 5 Abs. 1 Nr. 24 KStG handelt es sich um eine eingeschränkte Befreiung (s. dazu § 3 GewStG Rz. 3 ff.), die nur die Einkünfte aus der begünstigten Tätigkeit (s. Rz. 4) befreit. Vergleichbare Befreiungen aus öffentlichem Interesse sind als uneingeschränkte Befreiungen ausgestaltet. Grund dafür ist, dass es sich dort um öffentlich-rechtliche Unternehmen handelt, die bereits auf Grundlage außersteuerlicher Regelungen tätigkeitsbeschränkt sind, wodurch sich eine steuerrechtliche Einschränkung erübrigt. Die Befreiung wurde durch das Zollkodex-AnpG v. 22.12.20143 als Nr. 31 neu angefügt und besteht seitdem in unveränderter Form. Sie ist erstmals ab dem EZ 2014 anzuwenden.4

2

B. Anwendungsbereich Global Legal Entity Identifier Stiftung. Gemeint ist die deutsche Niederlassung der Global Legal 3 Identifier Foundation, einer Stiftung schweizerischen Rechts. Begünstigte Tätigkeit. Die Befreiung gilt nur für Einkünfte, die im unmittelbaren Zusammenhang 4 mit der Einführung, dem Unterhalten und der Fortentwicklung der Datenbank stehen (§ 5 Abs. 1 Nr. 24 KStG). Die Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten ist für die Befreiung unschädlich, führt aber zu einer partiellen StPfl. dieser Einkünfte („soweit“), was eine Ergebnisaufteilung erforderlich macht (s. dazu § 3 GewStG Rz. 7 ff.).

1 2 3 4

BT-Drucks. 18/3017, 51. BT-Drucks. 18/3017, 52. BGBl. I 2014, 2417 (2427). § 36 Abs. 2 Satz 3 idF v. 22.12.2014.

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§ 4 Hebeberechtigte Gemeinde (1) 1Die stehenden Gewerbebetriebe unterliegen der Gewerbesteuer in der Gemeinde, in der eine Betriebsstätte zur Ausübung des stehenden Gewerbes unterhalten wird. 2Befinden sich Betriebsstätten desselben Gewerbebetriebs in mehreren Gemeinden, oder erstreckt sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden, so wird die Gewerbesteuer in jeder Gemeinde nach dem Teil des Steuermessbetrags erhoben, der auf sie entfällt. (2) 1Für Betriebsstätten in gemeindefreien Gebieten bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung, wer die nach diesem Gesetz den Gemeinden zustehenden Befugnisse ausübt. 2Der in § 2 Absatz 7 Nummer 1 bezeichnete Anteil am Festlandsockel und an der ausschließlichen Wirtschaftszone ist gemeindefreies Gebiet. 3In Fällen von Satz 2 bestimmt sich die zuständige Landesregierung im Sinne des Satzes 1 unter entsprechender Anwendung des § 22a der Abgabenordnung. (3) 1Für Betriebsstätten im nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehörenden Teil eines grenzüberschreitenden Gewerbegebiets im Sinne des § 2 Absatz 7 Nummer 3 ist die Gemeinde hebeberechtigt, in der der zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil des grenzüberschreitenden Gewerbegebiets liegt. 2Liegt der zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil in mehreren Gemeinden, gilt Absatz 2 entsprechend. § 15 GewStDV § 15 Hebeberechtigte Gemeinde bei Gewerbebetrieben auf Schiffen und bei Binnen- und Küstenschifffahrtsbetrieben Hebeberechtigte Gemeinde für die Betriebsstätten auf Kauffahrteischiffen, die in einem inländischen Schiffsregister eingetragen sind und nicht im sogenannten regelmäßigen Liniendienst ausschließlich zwischen ausländischen Häfen verkehren, und für die in § 6 bezeichneten Binnen- und Küstenschifffahrtsbetriebe ist die Gemeinde, in der der inländische Heimathafen (Heimatort) des Schiffes liegt. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

C. Hebeberechtigung für Betriebsstätten in gemeindefreien Gebieten (Abs. 2) . . . . .

12

D. Hebeberechtigung bei grenzüberschreitenden Gewerbegebieten (Abs. 3) . . . . .

15

18 19

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

5

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

6

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

7

B. Hebeberechtigung bei stehenden Gewerbebetrieben (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . .

8

E. Hebeberechtigung bei Kauffahrteischiffen außerhalb des regelmäßigen Liniendienstes und Binnen- und Küstenschifffahrtsbetrieben (§ 15 GewStDV) . .

I. Hebeberechtigung bei Betriebsstätten in einer Gemeinde (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . . .

8

F. Zweistufiges Verfahren der Gewerbesteuererhebung . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Hebeberechtigung bei Betriebsstätten in mehreren Gemeinden (Abs. 1 Satz 2) . . . .

10

Literatur: Tonner/Duling/Hartmann, Steuerliche Vorteilhaftigkeit grenzüberschreitender Gewerbegebiete nach dem DBA Deutschland-Niederlande? – Drittes Zusatzprotokoll vom 4.6.2004 (BGBl. II 2004, 1653 [1655]), IStR 2007, 497; Markus/Maurer, Windenergie und Gewerbesteuer – Zur Lückenhaftigkeit des Rechts der Offshore-Windenergie-Besteuerung, NVwZ-Extra 10/2012, 1; Schröder, Neues DBA mit den Niederlanden unterzeichnet, IStR-LB 2012, 49; Waldhoff/Engler, Die Küste im deutschen Ertragsteuerrecht – am Beispiel der Besteuerung von Offshore-Energieerzeugung, FR 2012, 254.

Dieterich

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§ 4 Rz. 1 Hebeberechtigte Gemeinde

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 Die Vorschrift regelt, welche Gemeinde bei stehenden Gewerbebetrieben (s. § 2 GewStG Rz. 17) he-

beberechtigt ist. Die Hebeberechtigung ist nach R 4.1 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009 das Recht einer Gemeinde, den Gewerbesteueranspruch unmittelbar dem Steuerpflichtigen gegenüber geltend zu machen, wenn ihr die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer durch ein Landesgesetz übertragen wurde. Nach Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG obliegt die Verwaltung der Realsteuern grundsätzlich den Landesfinanzbehörden. Diese sind damit originär für die unmittelbare Geltendmachung des Gewerbesteueranspruchs zuständig. Allerdings räumt das Grundgesetz den Ländern die Möglichkeit ein, die Verwaltung von Gemeindesteuern ganz oder zum Teil auf die Gemeinden selbst zu übertragen, Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG. Von dieser Befugnis wurde in den Flächenstaaten Gebrauch gemacht, wobei lediglich eine teilweise Übertragung auf die Gemeinden vorgenommen wurde. Hieraus resultiert ein zweistufiges Verfahren (s. Rz. 19). In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg sind die Gebietskörperschaften Land und Gemeinde identisch.1 Dort verblieb es bei der verfassungsrechtlich vorgesehenen Verwaltung der Gewerbesteuer durch die Landesfinanzbehörden. Bremen nimmt insoweit eine Sonderstellung ein, als das Bundesland aus den Gemeinden Bremen und Bremerhaven besteht (s. Rz. 3). Die Verwaltung der GewSt durch die Landesfinanzbehörden ist (deklaratorisch) im Bremischen Abgabengesetz festgelegt.2 2 Ist eine Gemeinde hebeberechtigt, so umfasst dies neben der Befugnis, die Steuer festzusetzen und

zu erheben, auch die ggf. erforderliche Beitreibung sowie die Entscheidung über Stundung, Niederschlagung und Erlass (R 1.2 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009). Die Bestimmung der hebeberechtigten Gemeinde ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Neben der bereits genannten Geltendmachung des Gewerbesteueranspruchs können nur hebeberechtigte Gemeinden den hierfür notwendigen Hebesatz festlegen (s. § 16 GewStG Rz. 3). Erstreckt sich ein stehender Gewerbebetrieb auf mehrere Gemeinden, so kann an dem Zerlegungsverfahren zur Bestimmung des jeweiligen Gewerbesteueranspruchs ebenfalls nur eine hebeberechtigte Gemeinde teilnehmen (s. § 28 GewStG Rz. 31). 3 Der Begriff der Hebeberechtigung wird durch das GewStG nicht definiert, sondern vorausgesetzt.

Eine Definition enthält R 4.1 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009 (s. Rz. 1). Die Terminologie ist insoweit unscharf, als die Hebeberechtigung allgemein mit der Eigenschaft als Steuergläubigerin gleichgesetzt wird.3 Während das Aufkommen der Gewerbesteuer nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG und § 1 GewStG ausschließlich den Gemeinden zusteht, diese also stets Steuergläubiger sind,4 hängt die Hebeberechtigung nach der Definition von einer entsprechenden landesrechtlichen Übertragung ab (s. Rz. 1). Dies wird deutlich am Beispiel Bremens. Das Bundesland besteht aus den beiden Gemeinden Bremen und Bremerhaven.5 Dort fand eine Übertragung auf die Gemeinden nicht statt, vielmehr ist die Verwaltung der GewSt und damit die Geltendmachung (deklaratorisch) den Landesfinanzbehörden zugewiesen.6 Während diesen beiden Gemeinden unstreitig das Aufkommen der GewSt zusteht, wären sie nach der Definition der R 4.1 GewStR 2009 nicht hebeberechtigt und in der Folge auch nicht befugt, einen Hebesatz gem. § 16 GewStG festzusetzen (s. § 16 GewStG Rz. 3). In der Praxis ist die Kompetenz Bremens und Bremerhavens zur Festsetzung eines Hebesatzes jedoch unbestritten. In den Flächenstaaten sowie Berlin und Hamburg fand eine derartige Übertragung statt bzw. ist sie entbehrlich, da die Gebietskörperschaften Land und Gemeinde identisch sind, sodass sich die unscharfe Terminologie nicht auswirkt. 4 Da die Gemeinden gem. § 16 GewStG ihren Hebesatz – oberhalb der Mindestgrenze von 200 % – selbst

festlegen können, spielt die Entscheidung über die Steuerhoheit nach § 4 GewStG in der Praxis eine erhebliche Rolle und ist mitunter ausschlaggebend für die Wahl von Standorten für Betriebsstätten. 1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 64. 2 § 2 Bremisches Abgabengesetz v. 15.5.1962, BremGBl. 1962, 139. 3 Selder in Glanegger/Güroff9, § 4 GewStG Rz. 1; Gosch in Blümich, § 4 GewStG Rz. 4; BFH v. 9.1.2013 – IV B 64/11, BFH/NV 2013, 512 Rz. 4. 4 Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 62. 5 Art. 143 Abs. 1 Bremische Verfassung. 6 § 2 Bremisches Abgabengesetz v. 15.5.1962, BremGBl. 1962, 139.

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Dieterich

B. Hebeberechtigung bei stehenden Gewerbebetrieben (Abs. 1)

Rz. 8 § 4

II. Anwendungsbereich § 4 GewStG findet grundsätzlich bei allen stehenden Gewerbebetrieben Anwendung. Die Hebebe- 5 rechtigung für Reisegewerbebetriebe ist abschließend in § 35a Abs. 3 GewStG geregelt. Zur Unterscheidung zwischen stehendem Gewerbebetrieb und Reisegewerbebetrieb s. § 35a GewStG Rz. 8 ff. Durch § 15 GewStDV wird auch die Hebeberechtigung hinsichtlich Schiffen sowie Binnen- und Küstenschifffahrtsbetrieben geregelt (s. Rz. 18).

III. Rechtsentwicklung § 4 Abs. 1 GewStG entspricht wörtlich der bereits im GewStG v. 1.12.1936 enthaltenen Fassung.1 6 Abs. 2 der Norm sah die Kompetenz der obersten Landesbehörden vor, bei Betriebsstätten in einem Gutsbezirk nähere Bestimmungen zu treffen. Die Einschränkung auf Gutsbezirke wurde mit dem Vermögensteuerreformgesetz v. 17.4.1974 auf sämtliche gemeindefreien Gebiete erweitert.2 Zudem wurde die Kompetenz zur Regelung in Abs. 2 den Landesregierungen zugewiesen und klargestellt, dass entsprechende Regelungen in Form von Rechtsverordnungen erfolgen müssen. Mit dem Gesetz zum 3. Zusatzprotokoll zum DBA–Niederlande v. 15.12.2004 wurde die Vorschrift um einen Abs. 3 ergänzt, der Regelungen zu grenzüberschreitenden Gewerbebetrieben enthält.3 Durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.2014 wurde Abs. 2 der Norm um die Sätze 2 und 3 ergänzt.4 Seit dem EZ 2015 zählen die in § 2 Abs. 7 Nr. 1 GewStG enthaltenen Gebiete somit zu den gemeindefreien Gebieten.5 Das Steueränderungsgesetz 2015 v. 2.11.2015 passte den Wortlaut von Abs. 3 an die mit gleichem Gesetz vollzogene neue Nummerierung des § 2 Abs. 7 GewStG an.6

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften § 4 GewStG fügt sich in die Struktur der §§ 1 ff. und 16 GewStG ein und ergänzt diese. § 1 GewStG 7 verpflichtet die Gemeinden, eine GewSt zu erheben. § 2 GewStG bestimmt den Steuergegenstand und § 16 GewStG gestaltet das verfassungsrechtliche Hebesatzrecht (Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG) einfachgesetzlich aus. § 4 GewStG verbindet die genannten Normen durch die Festlegung, welche Gemeinde im konkreten Einzelfall überhaupt hebeberechtigt ist.

B. Hebeberechtigung bei stehenden Gewerbebetrieben (Abs. 1) I. Hebeberechtigung bei Betriebsstätten in einer Gemeinde (Abs. 1 Satz 1) § 4 Abs. 1 Satz 1 GewStG regelt die grundsätzliche Hebeberechtigung der Gemeinden. Stehende Ge- 8 werbebetriebe (s. § 2 GewStG Rz. 17) unterliegen der Gewerbesteuer in derjenigen Gemeinde, in der eine Betriebsstätte zur Ausübung des Gewerbebetriebs unterhalten wird. Die Hebeberechtigung 1 § 4 Abs. 1 GewStG v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. 2 Art. 3 Nr. 3 Gesetz zur Reform des Vermögensteuerrechts und zur Änderung anderer Steuergesetze (Vermögensteuerreformgesetz – VStRG) v. 17.4.1974, BGBl. I 1974, 949 = BStBl. I 1974, 233. 3 Art. 4 Nr. 2 Gesetz zu dem Dritten Zusatzprotokoll vom 4.6.2004 zum Abkommen vom 16.6.1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete v. 15.12.2004, BGBl. II 2004, 1653 = BStBl. I 2005, 364. 4 Art. 5 Nr. 3 Kroatien-AnpG v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266 = BStBl. I 2014, 1126. 5 § 36 Abs. 1 GewStG idF des Art. 5 Nr. 7 Kroatien-AnpG v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266 = BStBl. I 2014, 1126. 6 Art. 5 Nr. 2 StÄndG 2015 v. 2.11.2015, BGBl. I 2015, 1834 = BStBl. I 2015, 846.

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§ 4 Rz. 9 Hebeberechtigte Gemeinde knüpft unmittelbar an den Begriff der Betriebsstätte an, wobei die Definition in § 12 AO maßgeblich ist.1 Es handelt sich daher um eine gebietsgebundene Steuer.2 Eine Gemeinde kann ihre Hebeberechtigung ausschließlich aus inländischen Betriebsstätten herleiten (§ 2 Abs. 1 GewStG). Liegt die einzige Betriebsstätte oder liegen alle Betriebsstätten eines Unternehmens in einer Gemeinde, so steht dieser der gesamte GewSt-Anspruch aus diesem Unternehmen zu. § 4 Abs. 1 GewStG regelt nicht, ob eine Betriebsstätte für eine bestimmte (Mindest-)Dauer in einer Gemeinde unterhalten werden muss, um die Hebeberechtigung dieser Gemeinde zu begründen. Aus dem Wortlaut von § 28 Abs. 1 folgt, dass eine Betriebsstätte sich im Lauf des EZ in dem jeweiligen Gemeindegebiet befunden haben muss.3 Eine Mindestdauer wird nicht vorausgesetzt. 9 Der Bezug auf Betriebsstätten resultiert aus dem Äquivalenzprinzip.4 Sieht man die Gewerbesteuer als

Ausgleich für Lasten, die den Gemeinden durch Gewerbebetriebe entstehen,5 erscheint es grundsätzlich folgerichtig, nur denjenigen Gemeinden eine Hebeberechtigung zukommen zu lassen, in denen tatsächlich ein Gewerbe betrieben wird. Allerdings sind auch gewerbliche Tätigkeiten auf dem Gebiet einer Gemeinde denkbar, ohne dass dort eine Betriebsstätte unterhalten wird. Eine Gemeinde, in deren Gebiet sich keine Betriebsstätte befindet, hat keinen Anspruch auf Gewerbesteuer, auch wenn ihr Lasten durch die gewerbliche Tätigkeit entstehen.6 Allein durch das Äquivalenzprinzip ist dies nicht mehr zu rechtfertigen.

II. Hebeberechtigung bei Betriebsstätten in mehreren Gemeinden (Abs. 1 Satz 2) 10

Wird ein Gewerbebetrieb durch eine oder mehrere Betriebsstätten auf dem Gebiet einer Gemeinde betrieben, so ist diese Gemeinde allein Steuergläubigerin der Gewerbesteuer (s. Rz. 8). Satz 2 der Vorschrift befasst sich mit Fällen, in denen sich die Betriebsstätte eines Unternehmens räumlich auf das Gebiet mehrerer Gemeinden erstreckt (sog. mehrgemeindliche Betriebsstätte, s. § 30 GewStG Rz. 6) oder verschiedene Betriebsstätten in mehreren Gemeinden unterhalten werden. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist jede der betroffenen Gemeinden entsprechend ihrem Anteil am Steuermessbetrag hebeberechtigt. Die Aufteilung des Steuermessbetrags auf die Gemeinden erfolgt im Rahmen eines Zerlegungsverfahrens nach §§ 28 bis 34 GewStG (R 4.1 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009).7

11

Änderungen des Gemeindegebiets aufgrund von Eingemeindungen oder Gemeindegrenzänderungen schlagen mit Wirksamwerden auf die Hebeberechtigung durch.8 Betriebsstätten müssen nicht für eine bestimmte (Mindest-)Dauer unterhalten werden, um die Hebeberechtigung einer Gemeinde zu begründen (s. Rz. 8).

C. Hebeberechtigung für Betriebsstätten in gemeindefreien Gebieten (Abs. 2) 12

Die Steuerhoheit einer Gemeinde ist auf ihr Gemeindegebiet begrenzt. Grundsätzlich soll nach den Gemeindeordnungen der Länder jedes Grundstück zu einer Gemeinde gehören.9 Abweichend hiervon gibt es Gebiete, die nicht im Bezirk einer Gemeinde liegen (gemeindefreie Gebiete).10 In ge-

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BFH v. 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. II 2010, 492; Selder in Glanegger/Güroff9, § 4 GewStG Rz. 1. BFH v. 29.6.2015 – III S 12/15, BFH/NV 2015, 1421 Rz. 25. So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 4 GewStG Rz. 13. Selder in Glanegger/Güroff9, § 4 GewStG Rz. 1; kritisch zum Äquivalenzprinzip im Allgemeinen Drüen in Blümich, § 1 GewStG Rz. 13. BVerfG v. 21.12.1966 – 1 BvR 33/64, BVerfGE 21, 54; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 8. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 4 GewStG Rz. 11; Gosch in Blümich, § 4 GewStG Rz. 6. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 4 GewStG Rz. 14 f., kritisiert zu Recht den Widerspruch zwischen § 4 GewStG, der die Hebeberechtigung an eine Betriebsstätte iSd. § 12 AO koppelt, und § 28 Abs. 2 GewStG, der bestimmte Betriebsstätten von der Zerlegung ausschließt und damit die Hebeberechtigung entfallen lässt. S. Gosch in Blümich, § 4 GewStG Rz. 6. S. exemplarisch § 7 Abs. 3 Satz 1 GemO Ba.-Wü. und Art. 10 Abs. 1 Satz 1 GO Bay. S. für eine umfassende Nennung gemeindefreier Gebiete Gosch in Blümich, § 4 GewStG Rz. 14.

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D. Hebeberechtigung bei grenzüberschreitenden Gewerbegebieten (Abs. 3)

Rz. 15 § 4

meindefreien Gebieten steht das Hoheitsrecht dem Bund und dem jeweiligen Bundesland zu.1 Der Gewerbesteuer als Gemeindesteuer (§ 1 GewStG) unterliegen nur gewerbliche Unternehmen, die eine oder mehrere Betriebsstätten im Gebiet einer Gemeinde betreiben. Die Erhebung einer Gewerbesteuer in gemeindefreien Gebieten ist demnach eigentlich nicht möglich. Aus Gründen der Gleichbehandlung2 und zur Verhinderung bewusster Ansiedlungen in derartigen 13 Gebieten regelt § 4 Abs. 2 Satz 1 GewStG die Erhebung von Gewerbesteuer in gemeindefreien Gebieten. Danach bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung, wer die nach dem GewStG den Gemeinden zustehenden Befugnisse ausübt. Die Vorschrift legt zum einen mittelbar fest, dass auch in gemeindefreien Gebieten eine Gewerbesteuer erhoben wird. Zum anderen überträgt sie den Landesregierungen die Befugnis festzulegen, wer die Gewerbesteuer in welcher Form erheben darf. Hierzu gehört auch die Regelung weiterer Einzelheiten zur Gewerbesteuer in gemeindefreien Gebieten, wobei der den Gemeinden vorgegebene rechtliche Rahmen die inhaltliche Grenze für die Rechtsverordnungen bildet.3 Demnach kann auch in gemeindefreien Gebieten nicht durch Rechtsverordnung von den gesetzlichen Vorgaben zur Gewerbesteuer abgewichen werden. Richtigerweise ist daher eine Zuweisung nicht nur der Verwaltung, sondern des Aufkommens der Gewerbesteuer an ein Bundesland, wie dies zB durch die Länder Niedersachsen für Bereiche der Nordsee4 und Mecklenburg-Vorpommern für Bereiche der Ostsee5 erfolgt ist, abzulehnen. Das Aufkommen der Gewerbesteuer steht nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG ausschließlich den Gemeinden zu. Eine Landesregierung kann sich daher nicht selbst das Aufkommen zuweisen, sondern lediglich bestimmen, welcher Gemeinde das Aufkommen für Betriebsstätten in gemeindefreien Gebieten zusteht.6 Neben den Gebieten auf dem Festland ist auch für Betriebsstätten auf dem Festlandsockel die Hebe- 14 berechtigung zu klären. Einige Bundesländer erließen bereits in den Jahren 2007, 2008 und 2010 Rechtsverordnungen bzgl. dieser Gebiete.7 Diese wurden teilweise kritisch aufgefasst.8 § 4 Abs. 2 Satz 2 GewStG bestimmt seit dem EZ 2015, dass der in § 2 Abs. 7 Nr. 1 GewStG genannte Anteil am Festlandsockel sowie an der ausschließlichen Wirtschaftszone gemeindefreies Gebiet ist. Während die für eine Rechtsverordnung zuständige Landesregierung auf dem Festland anhand der Belegenheit des gemeindefreien Gebiets in einem Bundesland einfach zu bestimmen ist, erfordern die Anteile auf dem Festlandsockel eine klare Regelung. Seit dem EZ 2015 ordnet § 4 Abs. 2 Satz 3 GewStG unter Verweis auf § 22a AO das Äquidistanzprinzip zur Bestimmung der zuständigen Landesregierung an.9

D. Hebeberechtigung bei grenzüberschreitenden Gewerbegebieten (Abs. 3) In Anwendung des Territorialitätsprinzips unterliegt ein Unternehmen nur hinsichtlich inländi- 15 scher Betriebsstätten der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Da im deutsch-niederländischen Grenzgebiet eine zunehmende wirtschaftliche Zusammenarbeit zu verzeichnen war und ist und hierdurch länderübergreifende Geschäftseinrichtungen entstanden sind, ist eine Regelung zur Abgren-

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Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 24. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 24. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 4 GewStG Rz. 18. Verordnung über die Erhebung der Gewerbe- und der Grundsteuer in gemeindefreien Gebieten v. 2.10.2008, Nds. GVBl. 2008, 304. Landesverordnung zur Bestimmung der gewerbesteuerlichen Hebeberechtigung in gemeindefreien Hoheitsgebieten des Landes MV v. 16.12.2010, MV GVBl. 2010, 804. So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 4 GewStG Rz. 18; Gosch in Blümich, § 4 GewStG Rz. 15; Markus/Maurer, NVwZ-Extra 10/2012, 1 (7); aA Selder in Glanegger/Güroff9, § 4 GewStG Rz. 3; aA FinMin. Nds., LandtagsDrucks. 17/4948; aA Waldhoff/Engler, FR 2012, 254 (261). S. exemplarisch Verordnung über die Erhebung der Gewerbe- und der Grundsteuer in gemeindefreien Gebieten v. 2.10.2008, Nds. GVBl. 2008, 304. S. zu den Diskussionen im Einzelnen: Markus/Maurer, NVwZ-Extra 10/2012, 1; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 4 GewStG Rz. 18. S. im Einzelnen Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 4 GewStG Rz. 18; zur früheren Rechtslage vor Einführung des § 4 Abs. 2 Satz 3 GewStG s. Markus/Maurer, NVwZ-Extra 10/2012, 1.

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§ 4 Rz. 16 Hebeberechtigte Gemeinde zung der Besteuerungsrechte sowohl Deutschlands als auch der Niederlande erforderlich.1 Durch das Dritte Zusatzprotokoll zu dem DBA-Niederlande v. 4.6.2004 wurden Bestimmungen zu sog. grenzüberschreitenden Gewerbegebieten getroffen.2 Für eine tatsächliche Erleichterung der grenzüberschreitenden gewerblichen Betätigung waren in der Folge Anpassungen im GewStG erforderlich.3 Als Grundvoraussetzung für eine Besteuerung wurde der im Ausland liegende grenzüberschreitende Teil eines Gewerbegebiets per Fiktion zum Inland erklärt (§ 2 Abs. 7 Nr. 3 GewStG). Der in diesem Zuge neu eingeführte § 4 Abs. 3 GewStG dehnt das Besteuerungsrecht auf grenzüberschreitende Gewerbegebiete aus. 16

Für Betriebsstätten im ausländischen Teil eines grenzüberschreitenden Gewerbegebiets ist nach § 4 Abs. 3 Satz 1 GewStG diejenige Gemeinde hebeberechtigt, in deren Gemeindegebiet der deutsche Teil des grenzüberschreitenden Gewerbegebiets liegt. Ausländische Betriebsstätten unterliegen danach im Inland der Gewerbesteuer, sofern sich die Geschäftsleitung im Inland befindet. Dies ist eine punktuelle Abkehr vom Betriebsstättenprinzip. Das DBA-Niederlande definiert ein grenzüberschreitendes Gewerbegebiet als ein räumlich abgeschlossene Gebiet, das sich sowohl auf niederländisches als auch auf deutsches Hoheitsgebiet erstreckt und durch das die gemeinsame Grenze der beiden Vertragsstaaten verläuft, sofern die Vertragsstaaten das Gebiet einvernehmlich als grenzüberschreitendes Gewerbegebiet bestimmt haben.4 Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 4 Abs. 3 GewStG ist demnach eine einvernehmliche Ausweisung eines abgeschlossenen Gebiets als grenzüberschreitendes Gewerbegebiet. Entsprechende bilaterale Vereinbarungen werden im Inland durch Rechtsverordnung des BMF mit Zustimmung des Bundesrats in Kraft gesetzt.5 Bisher wurden zwei grenzüberschreitende Gewerbegebiete ausgewiesen, zum einen das Gewerbegebiet „Avantis“,6 zum anderen das Gewerbegebiet „Eurode Business Center“.7

17

Am 12.4.2012 wurde ein neues Abkommen DBA mit den Niederlanden unterzeichnet.8 Mit dessen Inkrafttreten am 1.12.2015 sind die Rechtsverordnungen hinsichtlich der Gewerbegebiete „Avantis“ und „Eurode Business Center“ außer Kraft getreten.9 Die beiden Gewerbegebiete werden aber aufgrund einer Verständigungsvereinbarung auch unter dem neuen DBA-Niederlande 2012 als grenzüberschreitende Gewerbegebiete angesehen.10 Im Übrigen ändern sich die Regelungen zu grenzüberschreitenden Gewerbegebieten inhaltlich nach dem 1.12.2015 nicht.11 Erstreckt sich der zur Bundesrepublik Deutschland gehörende Teil eines grenzüberschreitenden Gewerbegebiets über das Gebiet mehrerer Gemeinden, verweist § 4 Abs. 3 Satz 2 GewStG auf § 4 Abs. 2 GewStG. Die hebeberechtigte Gemeinde wird in diesem Fall durch die Landesregierung mittels einer Rechtsverordnung bestimmt (s. Rz. 13 f.). Es ist somit auch eine Hebeberechtigung für Betriebsstätten außerhalb des eigenen Gemeindegebiets denkbar, obwohl die Ertragshoheit grundsätzlich an den Gemeindegrenzen endet.12

E. Hebeberechtigung bei Kauffahrteischiffen außerhalb des regelmäßigen Liniendienstes und Binnen- und Küstenschifffahrtsbetrieben (§ 15 GewStDV) 18

Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 5 GewStDV wird ein Gewerbebetrieb insoweit nicht im Inland betrieben, als für ihn eine Betriebsstätte auf einem Kauffahrteischiff unterhalten wird, das im sog. regel1 Tonner/Duling/Hartmann, IStR 2007, 497. 2 Drittes Zusatzprotokoll zum DBA-Niederlande v. 4.6.2004, BGBl. II 2004, 1653 (1655); s. im Einzelnen Tonner/Duling/Hartmann, IStR 2007, 497. 3 Art. 4 des Gesetzes zu dem Dritten Zusatzprotokoll v. 4.6.2004, BGBl. II 2004, 1653. 4 Art. 1 Abs. 6 Nr. 1 DBA-Niederlande idF des Dritten Zusatzprotokolls v. 4.6.2004, BGBl. II 2004, 1655. 5 Art. 2 des G zu dem Dritten Zusatzprotokoll vom 4.6.2004, BGBl. II 2004, 1653. 6 Erste Verordnung v. 25.5.2007, BGBl. II 2007, 778 = BStBl. I 2007, 779. 7 Zweite Verordnung v. 7.1.2008, BGBl. II 2008, 30 = BStBl. I 2008, 562. 8 DBA Niederlande 2012, BGBl. II 2012, 1414. 9 BMF v. 15.12.2015 – IV B 3 - S 1301 - NDL/07/10002 – DOK 2015/1107773, BStBl. I 2015, 1025. 10 Verständigungsvereinbarung v. 13.10.2015, Anlage zum BMF v. 15.12.2015 – IV B 3 - S 1301 - NDL/07/10002 – DOK 2015/1107773, BStBl. I 2015, 1025. 11 Schröder, IStR-LB 2012, 49. 12 S. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 4 GewStG Rz. 23.

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F. Zweistufiges Verfahren der Gewerbesteuererhebung

Rz. 20 § 4

mäßigen Liniendienst ausschließlich zwischen ausländischen Häfen verkehrt, auch wenn es in einem inländischen Schiffsregister eingetragen ist. Bei Kauffahrteischiffen, die nicht der Befreiung des § 5 GewStDV unterfallen, ist eine Regelung zur Hebeberechtigung erforderlich. Dies gilt ebenso für die in § 6 GewStDV genannten Binnen- und Küstenschifffahrtsbetriebe. § 15 GewStDV bestimmt in diesen Fällen diejenige Gemeinde als hebeberechtigt, in der der inländische Heimathafen (Heimatort) des Schiffs liegt. Diese Fiktion greift allerdings nur dann, wenn für das Unternehmen tatsächlich keine Betriebsstätte iSd. § 12 AO zu ermitteln ist.1

F. Zweistufiges Verfahren der Gewerbesteuererhebung Die Verwaltung von Gemeindesteuern kann gem. Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG ganz oder zum Teil auf 19 die Gemeinden selbst übertragen werden. Von dieser Befugnis wurde in den Flächenstaaten Gebrauch gemacht, wobei lediglich eine teilweise Übertragung auf die Gemeinden vorgenommen wurde. Hieraus resultiert ein zweistufiges Verfahren. Das jeweils zuständige FA ermittelt auf der ersten Stufe die Besteuerungsgrundlagen und setzt den GewSt-Messbetrag gem. § 14 GewStG fest. Zum Verfahren im Einzelnen s. § 14 GewStG Rz. 9 ff. Der GewSt-Messbetrag wird den Gemeinden mitgeteilt, § 184 Abs. 3, § 31 Abs. 1 AO, und ist bindend. Zu der Bindungswirkung des Messbescheids s. § 16 GewStG Rz. 12. Die Gemeinden setzen auf der zweiten Stufe die GewSt fest und erheben diese. Zur Festsetzung und Erhebung der GewSt s. § 16 GewStG Rz. 10 ff. Hervorzuheben ist, dass die Mitteilung gem. § 184 Abs. 3 AO nicht rechtsverbindlich die hebeberechtigte Gemeinde bestimmt. Die Hebeberechtigung ist vielmehr in jedem Einzelfall vor Erlass des GewSt-Bescheids selbstständig zu prüfen (s. § 16 GewStG Rz. 13).2 In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg sind die Gebietskörperschaften Land und Gemeinde iden- 20 tisch.3 Dort verblieb es bei der verfassungsrechtlich vorgesehenen Verwaltung der GewSt durch die Landesfinanzbehörden. Folglich obliegen beide Stufen des GewSt-Verfahrens dem jeweiligen FA. Dasselbe gilt für Bremen (s. Rz. 2 f.).

1 BFH v. 12.11.1959 – IV B 130/58, BeckRS 1959, 21008404. 2 BFH v. 19.11.2003 – I R 88/02, BStBl. II 2004, 751 = FR 2004, 588; die frühere Rspr. vertrat eine aA, s. zB BFH v. 14.11.1984 – I R 151/80, BStBl. II 1985, 607; kritisch Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 67. 3 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 64.

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§ 5 Steuerschuldner (1) 1Steuerschuldner ist der Unternehmer. 2Als Unternehmer gilt der, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird. 3Ist die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb, so ist Steuerschuldner die Gesellschaft. 4Wird das Gewerbe in der Rechtsform einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung mit Sitz im Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) (ABl. L 199 vom 31.7.1985, S. 1) betrieben, sind abweichend von Satz 3 die Mitglieder Gesamtschuldner. (2) 1Geht ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über (§ 2 Abs. 5), so ist der bisherige Unternehmer bis zum Zeitpunkt des Übergangs Steuerschuldner. 2Der andere Unternehmer ist von diesem Zeitpunkt an Steuerschuldner. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . .

1

II. Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

III. Persönlicher Geltungsbereich . . . . . . . .

8

V. Personengesellschaften als Steuerschuldner (Abs. 1 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewerbebetrieb als Tätigkeit einer Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . 3. Gesamthandsvermögen . . . . . . . . . .

. .

34 34

. .

38 39

VI. Mitglieder einer EWIV als Steuerschuldner (Abs. 1 Satz 4) . . . . . . . . . .

45 47

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . .

9

V. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

12

B. Schuldner der Gewerbesteuer (Abs. 1) . .

13

I. Begriff des Steuerschuldners . . . . . . . . .

13

VII. Haftung für die Steuerschuld eines anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Stellung des Steuerschuldners im Besteuerungsverfahren . . . . . . . . . . . .

15

C. Wechsel der Steuerschuldnerschaft (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

III. Entstehung und Erlöschen der Steuerschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

I. Wechsel der Steuerschuldnerschaft bei Unternehmerwechsel . . . . . . . . . . . .

54

IV. Unternehmer als Steuerschuldner (Abs. 1 Sätze 1 und 2) . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

II. Wechsel der Steuerschuldnerschaft ohne Unternehmerwechsel . . . . . . . . . . . .

55

Literatur: Benz/Goß, Die gewerbesteuerliche Anerkennung des Treuhandmodells, DStR 2010, 839; Suchanek, Zur Gewerbesteuerpflicht bei sog. Ein-Unternehmer-Personengesellschaften, GmbHR 2010, 542; Kraft/Sönnichsen, Steuerliche Aspekte der Begründung und Beendigung des Treuhandmodells, DB 2011, 1936; Viebrock/Stegemann, Ertragsteuerliche Konsolidierung im Treuhandmodell, DStR 2013, 839; Suchanek/Hesse, Steuerliche Behandlung des Formwechsels einer GmbH in eine Treuhand-KG, GmbHR 2014, 466; Stegemann, Ertragsteuerliche Folgen der Beendigung des Treuhandmodells, DStR 2015, 2577; Kraft/Hohage, Steuerliche Probleme bei Einsatz eines atypischen Treuhandmodells zu Kommanditanteilen, FR 2016, 153;

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand § 5 GewStG regelt die Frage, wer die GewSt schuldet, und legt damit die persönliche GewStPfl. fest.1

1

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist Steuerschuldner der Unternehmer. Als Unternehmer gilt derje- 2 nige, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird (§ 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Besonderheiten bestehen gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG bei Personengesellschaften. Ist die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb, ist die Personengesellschaft selbst Steuerschuldner. § 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG enthält eine von § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG abweichende Sonderregelung für die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) und bestimmt, dass die Mitglieder der EWIV als Gesamtschuldner Steuerschuldner sind. 1 Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 1.

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§ 5 Rz. 3 Steuerschuldner 3 § 5 Abs. 2 GewStG betrifft den Wechsel der Steuerschuldnerschaft in Fällen des Übergangs eines

ganzen Betriebs auf einen anderen Unternehmer. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 GewStG ist der bisherige Unternehmer bis zum Zeitpunkt des Übergangs Steuerschuldner. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 GewStG ist der andere Unternehmer, der Übernehmer, von diesem Zeitpunkt an Steuerschuldner.

II. Telos 4 § 5 Abs. 1 GewStG legt fest, dass der Unternehmer die GewSt schuldet. Der Steueranspruch richtet

sich somit grds. nicht gegen das gewerbliche Unternehmen, sondern gegen die hinter dem Unternehmen stehende Person. Dadurch soll der Besteuerungszugriff auf das Vermögen desjenigen eröffnet werden, der durch das Betreiben eines Gewerbes den zugrunde liegenden Steuertatbestand verwirklicht hat.1 5 Lediglich Personengesellschaften, deren Tätigkeit Gewerbebetrieb ist, schulden gem. § 5 Abs. 1

Satz 3 GewStG die GewSt selbst, nicht aber ihre Gesellschafter, die (Mit-)Unternehmer. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ermöglicht es der FinVerw., Gewerbesteuer- und Gewerbesteuermessbescheide an die Gesellschaft zu richten, und eröffnet den (Vollstreckungs-)Zugriff auf deren Vermögen.2 6 Abweichend von § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG legt § 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG fest, dass die Mitglieder ei-

ner EWIV Steuerschuldner sind. Für diese Form der Personengesellschaft hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung geschaffen, da nach § 40 der EWG-VO Nr. 2137/85 des Rates vom 25.7.19853 das Ergebnis der Tätigkeit dieser Gesellschaft nur bei ihren Mitgliedern versteuert werden darf.4 7 Die Ausführungen des § 5 Abs. 2 GewStG zur Bestimmung des Steuerschuldners in Fällen des Unter-

nehmerwechsels haben ggü. § 5 Abs. 1 GewStG nur klarstellende Bedeutung. Da § 2 Abs. 5 GewStG, auf dessen Tatbestand § 5 Abs. 2 GewStG verweist, bei einem Unternehmerwechsel fingiert, dass der übertragene Betrieb durch den bisherigen Unternehmer eingestellt und durch den neuen Unternehmer neu gegründet wird, ergibt sich bereits aus § 5 Abs. 1 GewStG, dass bis zur Betriebsübertragung der bisherige Unternehmer und ab diesem Zeitpunkt der neue Unternehmer Steuerschuldner ist.

III. Persönlicher Geltungsbereich 8 Die Vorschrift gilt für alle natürlichen und juristischen Personen sowie für Personengesellschaften,

sofern sie die in § 5 Abs. 1 GewStG genannten Voraussetzungen erfüllen. Auch ausländische Personen können mit ihren inländischen Betrieben oder Betriebsstätten Schuldner der GewSt sein.5

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 9 § 5 GewStG regelt, wer Schuldner der GewSt ist, und betrifft damit die persönliche StPfl. Nach § 2

GewStG bestimmt sich die sachliche Steuerpflicht. 10

§ 5 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GewStG verknüpfen die Bestimmung des Steuerschuldners mit den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 und 3 EStG. Im Unterschied zur Besteuerung nach dem EStG können Personengesellschaften für Zwecke der GewSt gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG selbst Steuerschuldner sein.

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Der in § 5 Abs. 2 GewStG beschriebene Wechsel der Steuerschuldnerschaft setzt voraus, dass tatbestandlich ein Unternehmerwechsel gem. § 2 Abs. 5 GewStG stattfindet. Die Regelung hat insoweit deklaratorischen Charakter (s. Rz. 54). Zudem kann sich ein Schuldnerwechsel insbes. iZm. dem 1 2 3 4 5

Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 16. BT-Drucks. 7/5458, 11. ABl. Nr. L 199, 1. Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 13.3.1989, BT-Drucks. 11/4176, 18. Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 13. Zur sachlichen StPfl. inländ. Betriebsstätten von Unternehmen, deren Geschäftsleitung sich in einem ausländ. Staat befindet, mit dem kein DBA besteht, s. § 2 Abs. 6 GewStG.

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B. Schuldner der Gewerbesteuer (Abs. 1)

Rz. 13 § 5

Wechsel im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft auch nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ergeben. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist in diesen Fällen die speziellere Vorschrift und verdrängt § 5 Abs. 2 GewStG (s. Rz. 55 aE).

V. Rechtsentwicklung Bereits das GewStG 1936 v. 1.12.19361 legte in § 5 GewStG 1936 die Steuerschuldnerschaft fest. Die 12 damalige Normstruktur ist bis heute erhalten geblieben. § 5 Abs. 1 GewStG 1936 legte fest, dass der Unternehmer Schuldner der GewSt war. § 5 Abs. 2 GewStG 1936 betraf die Steuerschuldnerschaft in Fällen des Unternehmerwechsels. Im Rahmen des G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.19512 übernahm der Gesetzgeber § 1 der zweiten VO über die Erhebung der GewSt in vereinfachter Form v. 16.11.19433 dahingehend, dass der Unternehmerwechsel zusätzlich zum Schuldnerwechsel auch die sachliche StPfl. des Betriebs beenden und eine neue sachliche StPfl. begründen sollte. Mit dem StÄndG 1961 v. 13.7.19614 übertrug der Gesetzgeber die Regelungen zur sachlichen StPfl. aufgrund zwischenzeitlich ergangener BFH-Rspr. in den § 2 Abs. 5 GewStG. Der BFH hatte die Regelung des § 5 Abs. 2 GewStG aufgrund ihrer systematischen Stellung lediglich auf den Wechsel der Steuerschuldnerschaft bezogen.5 Das StÄndG 1965 v. 14.5.19656 begrenzte die in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG geregelte Gesamtschuldnerschaft von Mitunternehmern. Die StPfl. der einzelnen Mitunternehmer sollte nur noch so weit bestehen, wie diese zivilrechtlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft hafteten. Das EGAO v. 14.12.19767 führte zu einer grundlegenden Änderung des § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG, der bis dahin Mitunternehmer als Gesamtschuldner der GewSt festgelegt hatte. Durch die Neuregelung wurde die Mitunternehmerschaft selbst zum Steuerschuldner bestimmt. Im Rahmen des StBereinG 1986 v. 19.12.19858 legte der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG fest, dass eine Personengesellschaft Steuerschuldner ist, wenn die Tätigkeit der Personengesellschaft Gewerbebetrieb ist. Eine inhaltliche Änderung des § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG sollte damit nicht verbunden sein. Es handelte sich lediglich um eine redaktionelle Folgeänderung, da mit dem StBereinG 1986 § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG gestrichen wurde, an den § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG bis dahin zur Bestimmung der Mitunternehmerschaft als Steuerschuldner tatbestandlich angeknüpft hatte. Durch das Vereinsförderungsgesetz v. 18.12.19899 wurde in § 5 Abs. 1 GewStG ein neuer Satz 4 angefügt, der festlegt, dass die Mitglieder einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), die ein Gewerbe betreibt, abweichend von Satz 3 Gesamtschuldner sind. Mit JStG 2010 v. 8.12.201010 hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG die Fundstelle der EWG-Verordnung über die EWIV aktualisiert.

B. Schuldner der Gewerbesteuer (Abs. 1) I. Begriff des Steuerschuldners Das Gesetz bestimmt in § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 GewStG, wer Steuerschuldner ist. In Betracht kom- 13 men danach Unternehmer, Personengesellschaften, deren Tätigkeit Gewerbebetrieb ist, und die Mit1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

RGBl. I 1936, 979. BGBl. I 1951, 996. RGBl. I 1943, 684. BGBl. I 1961, 981. BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210. BGBl. I 1965, 377. BGBl. I 1976, 3341. BGBl. I 1984, 2436. BGBl. I 1989, 2212. BGBl. I 2010, 1786.

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§ 5 Rz. 14 Steuerschuldner glieder einer Europäischen Wirtschaftsvereinigung. Den Begriff des Steuerschuldners definiert § 5 GewStG indes nicht. Unter Rückgriff auf die §§ 33 und 43 Satz 1 AO kann als Steuerschuldner derjenige beschrieben werden, der die für den Gewerbebetrieb festgesetzte GewSt schuldet, mithin die Gewerbesteuer zu entrichten hat und an den sich der Steuergläubiger, also die gem. § 4 GewStG hebeberechtigte Gemeinde, iRd. Vollstreckung (§§ 249, 253 AO) halten kann.1 14

Indem § 5 GewStG bestimmt, wer die GewSt schuldet, legt er die persönliche GewStPfl. fest.2 Persönliche Merkmale des StPfl. werden wegen des Objektsteuercharakters der GewSt jedoch nur ausnahmsweise berücksichtigt, so zB bei der persönlichen Steuerfreistellung bestimmter Körperschaften nach § 3 GewStG oder bei der Berechnung des Steuermessbetrags nach § 11 GewStG.

II. Stellung des Steuerschuldners im Besteuerungsverfahren 15

Wer im Einzelfall Steuerschuldner ist, wird iRd. Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags durch das FA festgelegt.3 Die Entscheidung ist für die Gemeinden bindend, sodass sie nur denjenigen in Anspruch nehmen kann, der in diesem Bescheid als Schuldner genannt ist.4

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Die Rechtmäßigkeit eines an den Steuerschuldner adressierten Steuerbescheids setzt voraus, dass der Steuerschuldner zutreffend angegeben wird. Der GewSt-Messbescheid muss klar und eindeutig angeben, wer Schuldner der GewSt ist (§ 157 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 184 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO). Er ist an den Steuerschuldner zu richten und ihm bekannt zu geben (§ 122 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO). Ebenso muss der Gewerbesteuerbescheid ggü. dem Steuerschuldner erlassen werden (§ 155 AO, ggf. iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO) und ihn genau benennen (§ 157 Abs. 1 Satz 2, ggf. iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO). Zu Besonderheiten bei Personengesellschaften s. Rz. 34 ff., atypisch stillen Gesellschaften Rz. 42, verdeckter Gesellschafterstellung Rz. 43 und der Europäischen Wirtschaftlich Interessenvereinigung Rz. 45 f.

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Im Rahmen des Besteuerungsverfahrens treffen den Steuerschuldner verfahrensrechtliche Mitwirkungspflichten. Insbesondere hat er gem. § 14a Satz 1 GewStG die Pflicht zur Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und ggf. zur Abgabe einer Zerlegungserklärung.

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Der Steuerschuldner ist Beteiligter des gewstl. Verwaltungsverfahrens und des finanzgerichtlichen Verfahrens. Bei einer Mitunternehmerschaft ist die Personengesellschaft gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG Steuerschuldner und damit Beteiligter. Es ist weder nach § 360 Abs. 3 AO erforderlich, die einzelnen Mitunternehmer hinzuziehen, noch müssen sie nach § 60 Abs. 3 FGO beigeladen werden.5 Zu den Besonderheiten bei beendeten Personengesellschaften und gelöschten KapGes. s. Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 95 mwN.

III. Entstehung und Erlöschen der Steuerschuld 19

Nach § 18 GewStG entsteht die GewSt mit Ablauf des EZ, für den die Festsetzung vorzunehmen ist (s. § 18 GewStG Rz. 8). Erhebungszeitraum ist nach § 14 Satz 2 GewStG grds. das Kj. Ein abgekürzter EZ entsteht, wenn die GewStPfl. nicht während des ganzen Kj. besteht (§ 14 Satz 3 GewStG). Vorauszahlungen auf die GewSt entstehen gem. § 21 GewStG mit Beginn des Kalendervierteljahres, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind, oder, wenn die StPfl. im Laufe des Kj. begründet wird, mit Begründung der StPfl.

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In Abgrenzung zur Entstehung der Steuer bestimmt sich die Fälligkeit der Gewerbesteuerschuld nach § 220 Abs. 2 Satz 2 AO. Sie ist danach in dem Zeitpunkt fällig, der in dem Gewerbesteuerbescheid als 1 2 3 4

Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 17. Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 1. Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 86. FG Bremen v. 2.3.1977 – II 133/75, rkr., EFG 1977, 339; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 86; Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 28. 5 Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 93.

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B. Schuldner der Gewerbesteuer (Abs. 1)

Rz. 26 § 5

Fälligkeitstag bezeichnet ist. Nach § 19 Abs. 1 und 2 GewStG sind Gewerbesteuervorauszahlungen vierteljährlich jeweils am 15.2., 15.5., 15.8. und 15.11. des Jahres zu leisten. Die Fälligkeit kann im Einzelfall unter den Voraussetzungen des § 222 AO durch Stundung hinausgeschoben werden. Die Steuerschuld erlischt gem. § 47 AO insbes. durch Erfüllung, mithin durch Zahlung (§§ 224 und 21 225 AO) oder Aufrechnung (§ 226 AO). Des Weiteren kann die Erfüllungswirkung durch Beitreibung der Schuld im Wege der Vollstreckung eintreten. Mit Eintritt der Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) oder der Zahlungsverjährung (§§ 228 ff. AO) geht der Steueranspruch ebenfalls unter. Die Gewerbesteuerschuld erlischt ferner, soweit sie aus Billigkeitsgründen erlassen wird (§§ 163, 227 AO). Mit dem Erlöschen der Steuerschuld endet auch die Stellung als Steuerschuldner. Eine Niederschlagung gem. § 261 AO führt nicht zum Erlöschen der Steuerschuld, da es sich um ei- 22 ne rein verwaltungsinterne Maßnahme handelt. Ist ein Gewerbesteueranspruch verwirkt, bleibt er bestehen, darf allerdings nicht mehr geltend gemacht werden. Ist der Gewerbesteueranspruch verwirkt, darf das FA keinen GewSt-Messbescheid mehr erlassen.1

IV. Unternehmer als Steuerschuldner (Abs. 1 Sätze 1 und 2) Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist Steuerschuldner grds. der Unternehmer. Unternehmer ist nach 23 § 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG derjenige, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird. Unterhält ein Unternehmer mehrere eigenständige Gewerbebetriebe, ist er für jeden dieser Betriebe Steuerschuldner.2 Nach allg. Ansicht sollen zur Bestimmung des Unternehmers entgegen dem zu eng geratenen Norm- 24 wortlaut dieselben Kriterien zu prüfen sein, die ertragsteuerlich iRd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für die Zurechnung betrieblicher Einkünfte bei einem bestimmten StPfl. relevant sind.3 Insoweit ist auch für Zwecke des § 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG Unternehmer, wer das Risiko des Unternehmens trägt und Unternehmerinitiative entfaltet.4 Ausgehend vom Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist nicht entscheidend, wer Dritten ggü. als 25 Unternehmer auftritt, sondern wer im Innenverhältnis Erfolge, Misserfolge und Lasten des Gewerbebetriebs zu tragen hat.5 Daher ist nicht entscheidend, wer im Handelsregister als Betriebsinhaber eingetragen ist oder wem eine ggf. erforderliche Gewerbeerlaubnis oder Konzession erteilt wurde.6 Daher ist ebenfalls Unternehmer, wer in fremdem Namen, aber auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gewerbe betreibt.7 Umstritten ist die Bestimmung des Steuerschuldners in Fällen der verdeckten Stellvertretung, etwa 26 bei verdeckten Treuhandverhältnissen8 oder Strohmanngeschäften. Ein insoweit problematischer Fall kann vorliegen, wenn eine Person ggü. Dritten wie der Unternehmensinhaber auftritt, während er im Innenverhältnis aber nur Treuhänder oder Arbeitnehmer ist (Handeln im eigenen Namen auf fremde Rechnung).9 Beurteilt man diese Fälle danach, auf wessen Rechnung und auf wessen Gefahr im Innenverhältnis das Gewerbe betrieben wird, ist der Treugeber oder Hintermann als Unternehmer zu betrachten.10 Problematisch ist in diesen Fällen aber, ob diese Personen auch die erforderliche Unternehmerinitia1 BFH v. 5.3.1970 – IV 213/65, BStBl. II 1970, 793. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 45. 3 Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 22; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 46; Selder in Glanegger/ Güroff9, § 5 GewStG Rz. 2. 4 Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 22. 5 BFH v. 24.2.1971 – I R 44/70, BStBl. II 1971, 339; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 21; Sarrazin in Lenski/ Steinberg, § 5 GewStG Rz. 47. 6 Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 21. 7 BFH v. 26.4.1983 – VIII R 205/80, FR 1983, 409 = BStBl. II 1983, 502; Sarrazin in Lenski/Steinberg, GewStG, § 5 GewStG Rz. 49. 8 Im Einzelfall können Treuhänder und Treugeber Mitunternehmer sein, vgl. BFH v. 4.11.2004 – III R 21/02, BStBl. II 2005, 168. 9 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 53. 10 So Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 31; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 51, 53.

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§ 5 Rz. 27 Steuerschuldner tive entfalten.1 Verlangt man mit der hM über den Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG hinaus Unternehmerinitiative, ist es konsequent, diesen Gedanken auch in Fällen verdeckter Vertretung anzuwenden. Für die Annahme der Mitunternehmerinitiative ist dann entscheidend, ob der Hintermann im Einzelfall neben der Übernahme des Risikos ggü. dem Handelnden auch Weisungsbefugnisse hat, die es ihm ermöglichen, selbst Unternehmerinitiative entfalten zu können.2 Der verdeckt handelnde Treuhänder bzw. Strohmann seinerseits kann bereits wegen seiner unbeschränkten Haftung (Mit-)Unternehmer sein. Dies gilt auch dann, wenn er den Weisungen des Treugebers unterliegt und im Innenverhältnis von der Haftung freigestellt wird, da die Realisierbarkeit des Rückgriffsanspruchs ungewiss ist.3 Zur Feststellungslast der Unternehmereigenschaft in derartigen Fällen s. Rz. 33. 27

Im Rahmen einer Betriebsverpachtung führt der Pächter den Betrieb und ist somit Unternehmer und Steuerschuldner.4 Gleiches gilt für den Nießbraucher, auch er ist Unternehmer.5

28

Zur Bestimmung, ob eine natürliche Person Unternehmer ist, kommt es auf deren Geschäftsfähigkeit nicht an, da die Steuerrechtsfähigkeit einer natürlichen Person mit der Geburt beginnt und mit ihrem Tod endet.6 Gegebenenfalls haben nach § 34 AO der gesetzliche Vertreter oder ein Vermögensverwalter die stl. Pflichten einer solchen Person zu erfüllen. Bei Ehegatten ist derjenige Steuerschuldner, der die Voraussetzungen des Unternehmerbegriffs erfüllt.7

29

Juristische Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts können Unternehmer sein, somit KapGes. (AG, GmbH, KGaA), Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, rechtsfähige und nicht rechtsfähige Vereine, rechtsfähige Stiftungen und Körperschaften, AöR oder Gemeinden.8 Die GewSt schuldet nicht der Gewerbebetrieb (etwa ein BgA), sondern der rechtliche Unternehmensträger (zB die Stadt).9 Die Erfüllung stl. Pflichten einer juristischen Person obliegt ihrem gesetzlichen Vertreter (§ 34 AO).

30

Besteht eine gewstl. Organschaft, ist allein der Organträger Steuerschuldner, da die Organgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des Organträgers gilt. Mithin wird die Steuerschuldnerschaft der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet.10

31

Bei einer Betriebsaufspaltung bestehen zwei gewerbliche Unternehmen. Schuldner der GewSt sind daher sowohl die Unternehmer des Besitzunternehmens als auch die des Betriebsunternehmens.11

32

Wer Gesamtrechtsnachfolger ist (zB aufgrund einer Verschmelzung, der Umwandlung einer OHG in eine GmbH12 oder durch Anwachsung13), tritt gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 AO in die Stellung seines Rechtsvorgängers und damit auch in dessen Stellung als Steuerschuldner ein. Soweit Vermögensteile durch Abspaltung14 oder Ausgliederung15 übertragen werden, findet keine Gesamtrechtsnachfolge statt.

1 Zweifelnd Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 4; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 53. 2 BFH v. 4.11.2004 – III R 21/02, BStBl. II 2005, 168; Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 4, hält es für die Annahme der Mitunternehmerinitiative nicht für ausreichend, dass der Hintermann lediglich den Handelnden beauftragt und im Innenverhältnis das Risiko dessen Handelns übernimmt; zu weiteren Einzelfällen vgl. BFH v. 24.6.1976 – IV R 173/74, BStBl. II 1976, 643; v. 5.7.1978 – I R 97/75, BStBl. II 1979, 40; v. 11.6.1985 – VIII R 252/80, BStBl. II 1987, 33 = FR 1985, 621. 3 BFH v. 4.11.2004 – III R 21/02, BStBl. II 2005, 168. Ein fremdnütziger Treuhänder ist kein Mitunternehmer, BFH v. 12.10.1999 – VIII R 67/98, BFH/NV 2000, 427. 4 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 51. 5 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 51. 6 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 54. 7 BFH v. 24.2.1971 – I R 44/70, BStBl. II 1971, 339; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 22. 8 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 55. 9 Grundlegend BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; v. 12.1.2011 – I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 60; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 55. 10 BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 57. 11 Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 58; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 51. 12 BFH v. 19.11.1985 – VIII R 25/85, BStBl. II 1986, 520 = FR 1986, 300. 13 BFH v. 11.8.1993 – III R 83/89, BFH/NV 1994, 263. 14 BFH v. 5.11.2009 – IV R 29/08, FR 2010, 440 = BFH/NV 2010, 356. 15 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 58.

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B. Schuldner der Gewerbesteuer (Abs. 1)

Rz. 38 § 5

Feststellungslast. Ob eine Person die Voraussetzungen des Unternehmerbegriffs erfüllt, hat im Regel- 33 fall die FinBeh. darzulegen.1 Wer behauptet, im Innenverhältnis als Vertreter zu handeln, aber nach außen als Betriebsinhaber auftritt, trägt die Beweislast, dass er nicht Unternehmer ist.2

V. Personengesellschaften als Steuerschuldner (Abs. 1 Satz 3) 1. Vorbemerkung Die Schuldnerschaft der Personengesellschaft bezieht sich auf den laufenden Gewinn einschließlich 34 desjenigen aus dem Sonderbetriebsvermögensbereich,3 und auf Veräußerungsgewinne gem. § 7 Satz 2 GewStG4 und § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG. Die unter § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG fallende Personengesellschaft schuldet die GewSt für ihren eigenen Betrieb, nicht für den eines Gesellschafters.5 Sofern eine Personengesellschaft nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG Steuerschuldnerin ist, muss sie im 35 Gewerbesteuermessbescheid und im Steuerbescheid zweifelsfrei bezeichnet werden. Es reicht allerdings aus, wenn sie sich als Schuldnerin der GewSt aus den beigefügten Erklärungen sowie den bekannten Umständen zweifelsfrei bestimmen lässt.6 Eine Personengesellschaft ist für Gewerbesteuerzwecke so lange als existent zu behandeln, wie Steuer- 36 ansprüche gegen sie geltend gemacht werden.7 Auch nach Auskehrung des Aktivvermögens oder nach zivilrechtlicher Vollbeendigung kann sie somit als existent behandelt werden. Steuerbescheide sind in einem solchen Fall ggü. den Gesellschaftern bekannt zu geben.8 Kommt § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG zur Anwendung, schließt diese Vorschrift als speziellere Regelung 37 die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG aus. Dies bedeutet, dass die Gesellschafter einer Personengesellschaft trotz ihrer Eigenschaft als Unternehmer (Mitunternehmer) nicht zusätzlich als Steuerschuldner für die GewSt des Betriebs der Personengesellschaft einzustehen haben.9 2. Gewerbebetrieb als Tätigkeit einer Personengesellschaft Nach Abs. 1 Satz 3 ist eine Personengesellschaft Steuerschuldner, wenn ihre Tätigkeit Gewerbebetrieb 38 ist. Die Bedeutung dieser Gesetzesformulierung ist aus der Entstehungsgeschichte abzuleiten. Daraus ergibt sich, dass die betreffende Personengesellschaft eine Mitunternehmerschaft sein muss. § 5 Abs. 1 Satz 3 verwies ursprünglich auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG, der bis zu seiner Änderung durch das StBereinG 1986 festlegte, dass als Gewerbebetrieb die Tätigkeit von Gesellschaften gelte, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind. Der heutige Gesetzeswortlaut ist eine redaktionelle Folgeanpassung an die seinerzeitige Änderung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG. Eine inhaltliche Änderung der Norm wollte der Gesetzgeber insoweit nicht vornehmen.10 Der BFH hat dies zum Anlass genommen, in Fällen, in denen lediglich einer der zivilrechtlichen Gesellschafter einer Personengesellschaft als Unternehmer anzusehen ist und somit keine Mitunternehmerschaft vorliegt, auch die Personengesellschaft für Gewerbesteuerzwecke zu negieren und ihr Gesamthandsvermögen gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO dem Unternehmer-Gesellschafter zuzurechnen.11 Dadurch ist in diesen Fällen nicht die Personengesellschaft nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG, sondern der Unternehmer-Gesellschafter nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG Schuldner der GewSt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 23. BFH v. 24.2.1971 – I R 44/70, BStBl. II 1971, 339. BFH v. 28.2.2013 – IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122. BFH v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 = FR 2004, 997. BFH v. 28.2.2013 – IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 42. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 75 mwN; zu weiteren Einzelfragen s. Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 87 ff. Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 32. BFH v. 5.11.2007 – IV B 166/06, BFH/NV 2008, 248. BFH v. 28.2.2013 – IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 61 und 70. BT-Drucks. 10/3663, 8. BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß.

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§ 5 Rz. 39 Steuerschuldner Auf Grundlage dieser Sichtweise hat der BFH das sog. Treuhandmodell anerkannt. Personengesellschaften, an denen nur ein Gesellschafter aufgrund einer Treuhandvereinbarung mitunternehmerschaftlich beteiligt ist, unterliegen daher nicht der GewSt.1 Die vormalig anderslautenden Verfügungen der Oberfinanzdirektionen Münster2 und Hannover3 sind infolge der Entsch. des BFH überholt.4 Unter das Treuhandmodell fallen insbes. Unternehmensstrukturen, in denen eine AG, GmbH oder GmbH & Co. KG (Muttergesellschaft) als Komplementärin an einer gewerblich tätigen (GmbH & Co.) KG vermögensmäßig beteiligt ist. Kommanditistin der (GmbH & Co.) KG ist eine BeteiligungsGmbH, deren Anteile wiederum ausschließlich von der Muttergesellschaft gehalten werden. Die Beteiligungs-GmbH hält ihre Kommanditbeteiligung an der (GmbH & Co.) KG treuhänderisch für die Muttergesellschaft.5 Da die KG gewstl. wie eine Betriebsstätte der Muttergesellschaft behandelt wird, ist es möglich eine Ergebniskonsolidierung zwischen diesen beiden Gesellschaften zu erzielen, die mit den Wirkungen einer Organschaft vergleichbar ist.6 Der Gewerbesteuermessbescheid ist an den Treugeber zu richten, da der Gewerbebetrieb nicht der Personengesellschaft, sondern dem als Unternehmer tätigen Gesellschafter zugerechnet wird.7 Stellungnahme. Die Gesetzesauslegung des BFH erscheint in Anbetracht von Sinn und Zweck der Vorschrift unbefriedigend. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG soll dem Steuergläubiger den Vollstreckungszugriff auf das Vermögen der Personengesellschaft eröffnen. Doch obwohl das Vermögen und damit die Vollstreckungsmasse tatsächlich bei der Personengesellschaft liegt, lässt der BFH nicht die Vollstreckung in dieses Vermögen zu, sondern verweist den Fiskus auf den Unternehmer-Gesellschafter.8 3. Gesamthandsvermögen 39

§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist im Hinblick auf seinen Sinn und Zweck und seine Entstehungsgeschichte einschränkend dahingehend auszulegen, dass die unter diese Vorschrift zu subsumierenden Personengesellschaften über Gesellschaftsvermögen verfügen.9 § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG 1977 soll es ermöglichen, Gewerbesteuer- und Gewerbesteuermessbescheide an die Gesellschaft selbst zu richten und wegen rückständiger Gewerbesteuerbeträge unmittelbar in das Gesellschaftsvermögen zu vollstrecken.10 Die Gesellschaft ist daher nur dann Steuerschuldner, wenn sie Trägerin eines vom Privatvermögen der Gesellschafter zu unterscheidenden Sondervermögens ist, das der Zwangsvollstreckung unterliegt. Das trifft bei Personenhandelsgesellschaften, also offenen Handelsgesellschaften (§§ 105 ff. HGB) und Kommanditgesellschaften (§§ 161 ff. HGB) zu, ebenso bei Partenreedereien (§§ 489 ff. HGB aF), da sie stl. einer OHG gleichzustellen sind.11 Bei diesen Gesellschaften wird es als ausreichend angesehen, dass sie grds. über Gesamthandsvermögen verfügen können. Unerheblich ist, ob im Einzelfall Gesellschaftsvermögen vorhanden ist.

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Bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ist hingegen umstritten, ob diese im Einzelfall über Gesellschaftsvermögen verfügen muss, um als Steuerschuldner angesehen werden zu können. Zutreffend erscheint, es für die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ebenfalls als ausreichend anzusehen, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ihrer Rechtsform nach grds. über Gesamthandsvermögen 1 BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß; krit. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 75; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 53 mwN. 2 OFD Münster v. 13.2.2004, Kurzinformation GewSt Nr. 01/2004, aktualisiert am 16.3.2005, DStR 2005, 744. 3 OFD Hannover v. 22.3.2005 – G 1400 - 430 - StO 254, DB 2005, 858. 4 OFD Nds. v. 5.10.2010 – G 1400 - 430 - St 254, juris. Die Umwandlung einer GmbH in eine KG zur Etablierung einer Struktur nach dem Treuhandmodell ist ggf. nicht zum Buchwert möglich (OFD Nds. v. 7.2.2014 – S 1978 - 97 - St 243, GmbHR 2014, 504); s. dazu Suchanek/Hesse, GmbHR 2014, 466. 5 OFD Hannover v. 22.3.2005 – 1400 - 430 - StO 254, DB 2005, 858. 6 Vgl. auch Benz/Goß, DStR 2010, 839; Kraft/Hohage, FR 2016, 153; Kraft/Sönnichsen, DB 2011, 1936; Viebrock/ Stegemann, DStR 2013, 839; Stegemann, DStR 2015, 2577; Suchanek, GmbHR 2010, 542. 7 FG Nds. v. 22.6.2016 – 2 K 11311/15, EFG 2017, 98 – Rev. IV R 34/16; Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 8. 8 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 77; ablehnend auch Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 51 und 53. 9 St. Rspr.: BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1980, 465; v. 5.2.2014 – X R 1/12, BStBl. II 2016, 567 = FR 2014, 946; Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 5; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 43 f. 10 BT-Drucks. 7/5458, 11. 11 BFH v. 3.7.1997 – IV R 58/95, BStBl. II 1998, 86 = FR 1998, 212.

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B. Schuldner der Gewerbesteuer (Abs. 1)

Rz. 45 § 5

verfügen kann. Ob sie im Einzelfall tatsächlich über solches verfügt, ist nach hier vertretener Ansicht somit irrelevant.1 Andernfalls wäre die Stellung als Steuerschuldner davon abhängig, ob eine Gesellschaft im Einzelfall zufällig über Gesellschaftsvermögen verfügt oder nicht.2 Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft sind Ober- und Untergesellschaft jeweils selbst Steu- 41 erschuldner, wenn sie jeweils einen Gewerbebetrieb unterhalten.3 § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist nicht anwendbar auf Gesellschaften, die von ihrer Rechtsform her kein 42 Gesamthandsvermögen bilden können.4 Damit fallen Innengesellschaften,5 insbes. die atypisch stille Gesellschaft6 und die stille Unterbeteiligung,7 nicht unter § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG. Steuerschuldner einer atypisch stillen Gesellschaft ist allein der Inhaber des Handelsgeschäfts. An ihn sind grds. der Gewerbesteuermessbescheid und der Gewerbesteuerbescheid der atypisch stillen Gesellschaft zu richten.8 Übt er jedoch mehrere voneinander getrennte gewerbliche Tätigkeiten aus, sind an ihn für jeden der Gewerbebetriebe gesonderte Bescheide zu adressieren.9 Eine Inanspruchnahme der an ihr beteiligten Personen in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit oder des atypisch stillen Gesellschafters nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG kommt daher nicht in Betracht.10 Bei einer stillen Unterbeteiligung liegt der Gewerbebetrieb bei der Grundgesellschaft, sodass die Grundgesellschaft Steuerschuldnerin ist.11 Bei einem verdeckten Gesellschaftsverhältnis zwischen einer Personenhandelsgesellschaft und einer 43 natürlichen Person sind der Gewerbesteuermessbescheid und der Gewerbesteuerbescheid nicht an die Innengesellschaft, sondern an die Personengesellschaft zu adressieren, da sie die Steuerschuldnerin ist.12 Nicht zu den Personengesellschaften zählen mangels verselbstständigtem Gesamthandsvermögen Er- 44 bengemeinschaften. Auch Güter-, Bruchteils- und Wohnungseigentümergemeinschaften sind keine Personengesellschaften iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG, soweit sie nur über Gemeinschaftsvermögen, nicht aber über Gesamthandsvermögen verfügen. Steuerschuldner sind daher die einzelnen Gemeinschafter.13

VI. Mitglieder einer EWIV als Steuerschuldner (Abs. 1 Satz 4) Wird in der Rechtsform einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) mit Sitz 45 im Geltungsbereich der EWG-VO Nr. 2137/85 des Rates v. 25.7.1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung14 ein Gewerbe betrieben, sind nach § 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG deren Mitglieder Gesamtschuldner der GewSt. Für diese Form der Personengesellschaft wur1 So auch Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 45; Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 9; aA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 83. 2 Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 45. 3 BFH v. 2.12.2015 – I R 13/14, BStBl. II 2016, 927 = FR 2016, 856 m. Anm. Kempermann = ISR 2016, 209 m. Anm. Schlücke. 4 Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 5. 5 BFH v. 5.2.2014 – X R 1/12, BStBl. II 2016, 567 = FR 2014, 946. 6 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244; R 5.1 Abs. 2 GewStR 2009; H 5.1 Abs. 2 GewStH 2009. 7 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler. 8 Bescheide, die dies nicht beachten, sind nicht nichtig, BFH v. 8.2.1995 – I R 126/93, BStBl. II 1995, 626. 9 R 5.1 Abs. 2 Satz 4 GewStR 2009. 10 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244; H 5.1 Abs. 2 „Steuerschuldnerschaft“ GewStH 2009; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 48. 11 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 94 f. 12 BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 = FR 1998, 659; H 5.1 „Verdecktes Gesellschaftsverhältnis“ GewStH 2009. 13 Ein an die Gemeinschaft adressierter Gewerbesteuermessbescheid kann im Einzelfall als zusammengefasster Bescheid ggü. den Gemeinschaftern ausgelegt werden (Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 5, unter Verweis auf BFH v. 7.3.1996 – IV R 2/92, BStBl. II 1996, 369 = FR 1996, 525); aA Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 50 mwN, der es für erforderlich hält, dass in der Adressierung deutlich gemacht wird, dass der Bescheid jeden einzelnen Gemeinschafter betrifft. 14 ABl. EG Nr. L 199 v. 31.7.1985, 1.

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§ 5 Rz. 46 Steuerschuldner de eine von § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG abweichende Sonderregelung geschaffen, da nach § 40 der EWG-VO Nr. 2137/85 des Rates v. 25.7.1985 das Ergebnis der Tätigkeit dieser Gesellschaft nur bei ihren Mitgliedern versteuert werden darf.1 46

Gegen die Gesamtschuldner kann ein zusammengefasster Gewerbesteuermessbescheid ergehen, in dem die Mitglieder der EWIV als Schuldner der GewSt aufzuführen sind.2 Der Gewerbesteuerbescheid ist ebenfalls nur gegen die Mitglieder zu erlassen.3 Welcher der Gesamtschuldner in Anspruch genommen wird, steht im Ermessen der FinBeh.4 Da in der Rechtsform der EWIV wohl nur im Ausnahmefall gewerbliche Unternehmen betrieben werden,5 dürfte der Anwendungsbereich der Vorschrift gering sein.

VII. Haftung für die Steuerschuld eines anderen 47

Anstelle des Steuerschuldners kann auch derjenige in Anspruch genommen werden, der für die GewSt haftet. Gemäß § 44 Abs. 1 AO sind Steuerschuldner und Haftungsschuldner Gesamtschuldner. Die Inanspruchnahme des Haftenden ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich auf Ermessensfehler überprüft werden kann (§ 102 FGO).

48

Für den Erlass von Haftungsbescheiden sind in den Flächenländern die Gemeinden zuständig, da ihnen dort die Festsetzung und Erhebung der GewSt übertragen ist (§ 1 GewStG Rz. 21). Die Gemeinden haben im Haftungsverfahren ggü. den FÄ ein Auskunftsrecht nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO, § 21 Abs. 3 FVG.6 In den Stadtstaaten setzt das FA die GewSt fest und erhebt sie. Diesem obliegt auch die Geltendmachung eines Haftungsanspruchs.7

49

Gegen Haftungsbescheide der Gemeinden kann nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts Widerspruch eingelegt und ggf. Klage vor den VG erhoben werden (§ 1 GewStG Rz. 54). Gegen Haftungsbescheide der FÄ ist der Einspruch und bei Nichtabhilfe Klage vor dem FG statthaft. Bei Inanspruchnahme wegen einer vertraglich übernommenen Haftung (§ 192 AO) steht der Zivilrechtsweg offen.8 Der Haftende kann im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Haftungsbescheid mit Ausnahme der Fälle des § 166 AO Einwände gegen die Steuerschuld geltend machen.

50

Die Haftung kann sich aus Vorschriften des bürgerlichen Rechts und der AO ergeben. Insbesondere kommen nachfolgend genannte Vorschriften in Betracht.9 Wegen weiterer Einzelheiten zu den in Betracht kommenden Haftungstatbeständen wird auf die Kommentierung von Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5GewStG Rz. 122 ff., verwiesen.

51

Gesetzliche Vertreter haften nach § 69 iVm. §§ 34, 35 AO. Gemäß § 73 AO haftet die Organgesellschaft für Steuern des Organträgers. Für Eigentümer von Gegenständen kann sich eine Haftung für GewSt aus § 74 AO ergeben.

52

Unbeschränkt haftende Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft haften nach § 191 Abs. 4 AO iVm. § 130 HGB auch für die Gewerbesteuerschuld der EZ, in denen sie noch nicht Gesellschafter waren. Ausgeschiedene Gesellschafter haften nach § 191 Abs. 4 iVm. § 160 HGB. Kommanditisten haften nach Maßgabe der §§ 171, 176 HGB. Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft haften analog § 128 HGB für Unternehmenssteuerschulden,10 mithin auch für die GewSt.11 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

200

Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 13.3.1989, BT-Drucks. 11/4176, 18. R 5.2 Satz 2 GewStR. R 5.2 Satz 4 GewStR 2009. R 5.2 Satz 5 GewStR 2009. Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 12. BayLfSt. v. 19.1.2012 – S 0130.2.1-76/01 St42, DStR 2012, 524; Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 38. R 5.3 GewStR 2009; Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 38. H 5.3 „Allgemeines“ GewStH 2009. H 5.3 „Haftung“ GewStH 2009. FG Rh.-Pf. v. 25.10.2001 – 6 K 2871/98, rkr., EFG 2002, 64; zum Wandel der diesbezüglichen Rspr. s. Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 34; aA H 5.3 GewStH 2009: Haftung nach § 427 BGB. Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 126.

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C. Wechsel der Steuerschuldnerschaft (Abs. 2)

Rz. 55 § 5

Unter den Voraussetzungen des § 75 AO haftet der Betriebsübernehmer für GewSt, wobei die Haf- 53 tung auf den Bestand des übernommenen Vermögens beschränkt ist. Wird die bisherige Firma fortgeführt, kann sich eine Haftung aus § 25 HGB ergeben.

C. Wechsel der Steuerschuldnerschaft (Abs. 2) I. Wechsel der Steuerschuldnerschaft bei Unternehmerwechsel Geht ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über (§ 2 Abs. 5 GewStG), ist 54 der bisherige Unternehmer bis zum Zeitpunkt des Übergangs Steuerschuldner. Von diesem Zeitpunkt an ist der andere Unternehmer Steuerschuldner. Diese Rechtsfolge ergibt sich bereits aus § 5 Abs. 1 GewStG, § 5 Abs. 2 GewStG hat nach der aktuellen Rechtslage insoweit nur noch klarstellenden Charakter.1

II. Wechsel der Steuerschuldnerschaft ohne Unternehmerwechsel Der Steuerschuldner kann auch dann wechseln, wenn im Einzelfall die Voraussetzungen des § 5 55 Abs. 2 GewStG deshalb nicht vorliegen, weil der Tatbestand des § 2 Abs. 5 GewStG, auf den § 5 Abs. 2 GewStG verweist, nicht erfüllt ist, weil der dort definierte Unternehmerwechsel nicht stattfindet. Zu einem solchen Unternehmerwechsel kommt es insbes. dann nicht, wenn bei einer Personengesellschaft nur ein partieller Unternehmerwechsel eintritt (§ 2 GewStG Rz. 212). Insoweit kommen zB folgende Fälle in Betracht: – Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft,2 etwa durch Eintritt von Gesellschaftern in ein Einzelunternehmen,3 – Anwachsung einer Personengesellschaft auf den letzten verbliebenen Gesellschafter,4 Verschmelzung von Personengesellschaften mit teilweise identischem Gesellschafterbestand,5 Vereinbarung zwischen dem Komplementär und dem Kommanditisten einer KG, dass der Kommanditist seine Beteiligung künftig treuhänderisch für den Komplementär hält (sog. Treuhandmodell).6 Obwohl in den genannten Fällen mangels Unternehmerwechsels gem. § 2 Abs. 5 GewStG die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 GewStG nicht erfüllt sind, wechselt gleichwohl der Steuerschuldner. Dieser Wechsel ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG. Da § 5 Abs. 2 GewStG nicht an die mit dem EGAO v. 14.12.19767 vorgenommene Änderung des § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG angepasst wurde, berücksichtigt er nicht, dass Personengesellschaften seitdem nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG selbst Schuldner der GewSt sein können. Geht der Gewerbebetrieb von einem Gesellschafter auf die Gesellschaft über oder umgekehrt, wechselt somit der Steuerschuldner nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG. Ebenfalls wechselt der Steuerschuldner im Fall der Verschmelzung von teilweise personenidentischen Personengesellschaften nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG, ohne dass es zu einem Unternehmerwechsel kommt. Der Wechsel der Steuerschuldnerschaft tritt auch ein, wenn der Komplementär und der Kommanditist einer KG vereinbaren, dass der Kommanditist seine Beteiligung künftig treuhänderisch für den Komplementär hält. Dadurch wird aus der bisherigen Mitunternehmerschaft, die nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG Steuerschuldnerin war, gewstl. ein Einzelunternehmen des Komplementärs, der nun nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG die GewSt schuldet. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist in den dargestellten Fällen ggü. § 5 Abs. 2 GewStG lex specialis.8

1 2 3 4 5 6 7 8

Zur historischen Entwicklung s. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 106 f. BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596. R 5.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009; Gosch in Blümich, § 2 GewStG Rz. 70. R 5.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009; Gosch in Blümich, § 2 GewStG Rz. 70. BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 118. BGBl. I 1976, 3341. Vgl. Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 69a.

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§ 5 Rz. 56 Steuerschuldner 56

Kein Steuerschuldnerwechsel tritt ein, wenn ein Einzelunternehmen durch Aufnahme von stillen Gesellschaftern in eine atypisch stille Gesellschaft oder eine atypisch stille Gesellschaft durch Austritt sämtlicher stiller Gesellschafter in ein Einzelunternehmen umgewandelt wird. In beiden Fällen bleibt stets der Inhaber des Handelsgeschäfts Steuerschuldner.1

57

Wechselt während des Erhebungszeitraums lediglich die Steuerschuldnerschaft, ohne dass die sachliche StPfl. wechselt, ist der Steuerschuldnerwechsel iRd. Festsetzung des Steuermessbetrags nach § 14 GewStG zu berücksichtigen,2 indem der für den EZ ermittelte einheitliche Steuermessbetrag den Steuerschuldnern anteilig zugerechnet und grds. getrennt festgesetzt wird.3 Mithin ergehen dann zwei Gewerbesteuermessbescheide für einen EZ.

58

Geht das Vermögen einer zweigliedrigen Personengesellschaft beim Ausscheiden eines der beiden Gesellschafter im laufenden Kj. auf den verbleibenden Gesellschafter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über, sind für das betreffende Jahr aus Gründen der Bestimmtheit der Bescheide zwei Gewerbesteuermessbescheide jeweils für die Zeit vor und nach dem Wechsel zu erlassen.4 Der Gewerbesteuermessbescheid für die Zeit vor dem Vermögensübergang ist an den das Unternehmen fortführenden Gesellschafter als Rechtsnachfolger der Gesellschaft zu adressieren, für die Zeit nach dem Wechsel an den Einzelunternehmer ohne Zusatz.5

59

An den Unternehmer, dessen Steuerschuldnerschaft im Verlauf des EZ endet, ist nur dann ein Gewerbesteuermessbescheid bekannt zu geben, wenn der Messbetrag positiv ist und ein positiver Anteil auf den Unternehmer entfällt.6 Denn § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG soll bei Personengesellschaften die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ermöglichen. Eine Vollstreckung kommt nur in Betracht, wenn ein positiver Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt werden kann.

60

Der jedem der Steuerschuldner anteilig zuzurechnende Messbetrag bestimmt sich nach der Dauer der persönlichen Steuerpflicht.7 Da trotz des Steuerschuldnerwechsels die sachliche StPfl. fortbesteht, muss die Summe der den beiden Steuerschuldnern bekannt gegebenen Steuermessbeträge dem einheitlich ermittelten Messbetrag entsprechen.

61

Im Rahmen der anteiligen Messbetragsermittlung ist auch der Freibetrag gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG iHv. insgesamt 24.500 Euro zeitanteilig aufzuteilen.8 Aus Vereinfachungsgründen lässt es die FinVerw. zu, den Freibetrag gem. § 11 Abs. 1 GewStG iHv. insgesamt 24.500 Euro für jeden angefangenen Monat der StPfl. mit 1/12, mithin mit 2.042 Euro zu berücksichtigen.9 Da die sachliche StPfl. des Betriebs fortbesteht, darf die Anwendung der Vereinfachungsregel nicht dazu führen, dass die Summe der anteilig gewährten Freibeträge 24.500 Euro überschreitet. Die Steuermesszahl nach § 11 Abs. 2 GewStG wird nach Abzug des anteiligen Freibetrags auf den verbleibenden Gewerbeertrag des jeweiligen Steuerschuldners angewandt.10

1 R 5.1 Abs. 2 Satz 5 GewStR 2009; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 115 und 117 zur Umwandlung von Außen- in Innengesellschaften und umgekehrt. 2 R 5.1 Abs. 1 Satz 3 GewStR 2009; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 112. 3 BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596; v. 13.10.2005 – IV R 55/04, BStBl. II 2006, 404 = FR 2006, 390. 4 Selder in Glanegger/Güroff9, § 5 GewStG Rz. 15; BFH v. 13.10.2005 – IV R 55/04, BStBl. II 2006, 404 = FR 2006, 390; H 5.1 Abs. 1 „Formwechsel“ GewStH 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 603; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 107; aA BFH v. 11.8.1993 – III R 83/89, BFH/NV 1994, 263, der davon ausgeht, dass aufgrund der eintretenden Rechtsnachfolge ein Steuerbescheid ggü. dem Übernehmer ausreichend sei; ebenso Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 70. 5 BFH v. 13.10.2005 – IV R 55/04, BStBl. II 2006, 404 = FR 2006, 390; H 5.1 Abs. 1 „Formwechsel“ GewStH 2009. 6 BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511. 7 R 11.1 Satz 4 GewStR 2009. 8 Soweit der BFH mit Urt. v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, entschieden hat, dass auch der Abrundungsbetrag des § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG zeitanteilig aufzuteilen sei, berücksichtigt dies die Aufteilung nach R 11.1 GewStR 2009 nicht. 9 R 11.1 Satz 6 GewStR 2009. 10 R 11.1 Satz 7 GewStR 2009.

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§ 6 Besteuerungsgrundlage Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

5

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . .

7

2 2 3 4

B. Gewerbeertrag als Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

II. 1. 2. 3.

Anwendungsbereich . . . . . . . . Sachlicher Anwendungsbereich . . Zeitlicher Anwendungsbereich . . Persönlicher Anwendungsbereich

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck Durch § 6 GewStG wird der Gewerbeertrag als Besteuerungsgrundlage für die GewSt festgelegt. 1 Der Gewerbeertrag wird sodann in § 7 GewStG definiert. Bis einschließlich des EZ 1997 war neben dem Gewerbeertrag auch das Gewerbekapital Besteuerungsgrundlage für die GewSt.

II. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich Die Vorschrift bildet die Grundlage für die Bemessung der GewSt. Die Vorschrift setzt das Vorliegen 2 eines inländischen Gewerbebetriebs voraus, sodass sich der sachliche Anwendungsbereich der Vorschrift aus §§ 2 und 35a GewStG iVm. §§ 1 bis 8 GewStDV und § 15 EStG ergibt. 2. Zeitlicher Anwendungsbereich Die letzte Änderung hat die Vorschrift mit Wirkung ab dem EZ 2001 erfahren. Art. 11 Nr. 1 des Soli- 3 darpaktfortführungsgesetzes v. 20.12.20011 hat den Satz 2 der Vorschrift, der die ZDF-Besteuerung betraf, gestrichen. Die GewSt für Werbesendungen inländischer öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten richtet sich seit EZ 2001 nach § 7 Satz 3 GewStG iVm. § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG. 3. Persönlicher Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt für alle Gewerbebetriebe iSd. § 2 GewStG, soweit keine Befreiung nach § 3 Gew- 4 StG vorliegt.

III. Rechtsentwicklung Die Vorschrift fußt auf dem GewStG v. 1.12.1936.2 Die letzten Änderungen erfolgten mit dem Gesetz 5 zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform3 durch Herausnahme des Gewerbekapitals aus der Bemessungsgrundlage und mit dem Solidarpaktfortführungsgesetz4 durch die Streichung der bis dahin in § 6 Satz 2 GewStG bestehende Sonderregelung für das ZDF.

1 2 3 4

BGBl. I 2001, 3955 (3963). RGBl. I 1936, 979. BGBl. I 1997, 2590. BGBl. I 2001, 3955.

Schiffers

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§ 6 Rz. 6 Besteuerungsgrundlage 6 § 6 GewStG nahm in den Jahren nach der Wiedervereinigung Deutschlands ab 1991 die spätere Ab-

schaffung der Gewerbekapitalsteuer ab 1998 für das Gebiet der ehemaligen DDR vorweg durch zeitlich begrenzte Übergangsregelungen zu den Besteuerungsgrundlagen der GewSt für die sog. neuen Länder. Nach § 37 Nr. 1 GewStG idF des Art. 3 Nr. 4 des StÄndG 1991 v. 24.6.19911 iVm. Art. 10 Nr. 11 des StÄndG 1992 v. 25.2.19922 und Art. 3 Nr. 4 des StandOG v. 13.9.19933 galt iRd. § 6 GewStG für die EZ 1991 bis 1995 eine Sonderregelung für das Gebiet der ehemaligen DDR. Danach war Besteuerungsgrundlage bei Gewerbebetrieben, die zu Beginn des EZ und am 1.1.1991 ihre Geschäftsleitung in diesem Gebiet hatten, ausschließlich der Gewerbeertrag. Nach § 37 Nr. 1 GewStG idF des JStErgG 1996 v. 18.12.19954 iVm. Art. 4 Nr. 16 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.19975 wurde iRd. § 6 GewStG die Sonderregelung für das Gebiet der ehemaligen DDR teilweise verlängert und es blieb das Gewerbekapital von Betriebsstätten, die in diesem Gebiet unterhalten wurden, auch für die EZ 1996 und 1997 außer Ansatz.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 7 Die Definition des Gewerbeertrags, auf den § 6 GewStG verweist, erfolgt in § 7 GewStG.

B. Gewerbeertrag als Bemessungsgrundlage 8 Durch § 6 GewStG wird der Gewerbeertrag als Besteuerungsgrundlage für die GewSt festgelegt.

Besteuerungsgrundlagen sind die Maßstäbe, die der Berechnung und Festsetzung der GewSt dienen. Bis einschließlich des EZ 1997 war neben dem Gewerbeertrag auch das Gewerbekapital Besteuerungsgrundlage für die GewSt. Die Ermittlung des Gewerbeertrags wird in § 7 GewStG festgelegt. Danach ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG genannten Hinzurechnungen und Kürzungen. Daneben sind die §§ 10 und 10a GewStG zu beachten. Insoweit wird auf die Einzelerläuterungen zu diesen Vorschriften verwiesen. Insbesondere die §§ 8 und 9 GewStG, aber auch Einschränkungen bei der nach § 7 Satz 1 GewStG angeordneten Übernahme des nach den Vorschriften des EStG und des KStG ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb sollen den Objektsteuercharakter der GewSt sicherstellen.

1 2 3 4 5

BGBl. I 1991, 1322. BGBl. I 1992, 297. BGBl. I 1993, 1569. BGBl. I 1995, 1959. BGBl. I 1997, 2590.

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Schiffers

Abschnitt II Bemessung der Gewerbesteuer

§ 7 Gewerbeertrag 1Gewerbeertrag

ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge. 2Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe 1. des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft, 2. des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, 3. des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. 3Der nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Einkommen gelten als Gewerbeertrag nach Satz 1. 4§ 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind; im Übrigen ist § 8b des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden. 5Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist, ist § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; ein sich danach bei der jeweiligen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ergebender negativer Gewerbeertrag darf nicht mit einem positiven Gewerbeertrag aus einer anderen Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeglichen werden. 6§ 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden. 7Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 des Außensteuergesetzes sind Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen. 8Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 des Außensteuergesetzes gelten als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt; das gilt auch, wenn sie nicht von einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfasst werden oder das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung selbst die Steueranrechnung anordnet. 9Satz 8 ist nicht anzuwenden, soweit auf die Einkünfte, würden sie in einer Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 des Außensteuergesetzes erzielt, § 8 Absatz 2 des Außensteuergesetzes zur Anwendung käme. § 16 GewStDV, abgedruckt und kommentiert bei § 10 GewStG A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

2

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

3

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG und KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewinnermittlungsvorschriften in weiteren Gesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4 4 5 6

V. Verfahrensrechtliche Aspekte . . . . . . . . 1. Rechtlich selbstständige Gewinnermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 8

B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1) . .

11

I. Begriff des Gewerbeertrags . . . . . . . . 1. Ermittlungsschema . . . . . . . . . . . . . 2. Rückgriff auf die Gewinnermittlung des EStG und KStG . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konkrete Maßgeblichkeit der Gewinnermittlung für einkommen-/körperschaftsteuerliche Zwecke? . . . . . . . . . . . . .

7

. .

11 11

.

12

.

19

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§ 7 Gewerbeertrag 4. Gewerbeertrag bei abweichendem Wirtschaftsjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abweichende Gewinnermittlung aufgrund des Objektsteuercharakters . . . . . . . . . . a) Korrektur des nach den Vorschriften des EStG/KStG ermittelten Gewinns? . . b) Beginn der sachlichen Steuerpflicht – Abgrenzung von Vorbereitungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkung auf das Inland . . . . . . . d) Vermeidung von Doppelerfassungen durch Gewinn und Hinzurechnungen . . e) Veräußerungs-/Aufgabegewinne . . . . . 6. Rechtsformspezifische Besonderheiten bei der Ermittlung des Gewerbeertrags . . . . . a) Einzelunternehmen . . . . . . . . . . . . b) Personengesellschaften . . . . . . . . . . c) Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . d) Besteuerung kleiner Körperschaften . . . e) Ermittlung des Gewerbeertrags bei Organschaftsverhältnissen . . . . . . . . . 7. Gewerbesteuerliche Behandlung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen nach § 7 Satz 1 GewStG . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung zum Verhältnis zu § 7 Satz 2 GewStG . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Gewerbesteuerpflicht bei Gewinnrealisation vor Beginn oder nach Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht . . . c) Prüfungsschema/-reihenfolge . . . . . . . d) Voraussetzungen für die Steuerfreistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtfertigung im Objektsteuerprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Besonderheiten bei sachlich Gewerbesteuerpflichtigen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GewStG . . cc) Abgrenzung zur einkommensteuerlichen Behandlung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen nach §§ 16, 34 EStG . . . . . . . . . . . . dd) Beurteilung nach Maßgabe der bei der sachlichen Gewerbesteuerpflicht geltenden Grundsätze und der Merkmale Unternehmens-/Unternehmeridentität iSd. § 10a GewStG ee) Wegfall der persönlichen Steuerpflicht als Betriebseinstellung . . . . e) Einzelfälle/-aspekte . . . . . . . . . . . . . aa) Entnahmegewinn bei unentgeltlicher Übertragung iSd. § 6 Abs. 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Allmähliche Betriebs-/Teilbetriebseinstellung . . . . . . . . . . . . . . . cc) 100-prozentige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . dd) Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils/Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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ee) Tätigkeitswechsel auf Ebene einer Mitunternehmerschaft . . . . . . . ff) Einbringung in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG) . . . . . gg) In-sich-Geschäfte iSd. § 16 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 5 EStG und § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG . . . . hh) Realteilung einer Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . ii) Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG) . . . . . . . jj) Einstellung eines Veräußerungs-/ Aufgabegewinns in eine § 6bRücklage . . . . . . . . . . . . . . . kk) Sondermitunternehmeranteil iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . ll) Veräußerungs- und Aufgabegewinne einer Organgesellschaft . . . f) Ermittlung des begünstigten Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns/Berücksichtigung von Verlusten . . . . . . . . . g) Besteuerungsebene bei gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungs- und Aufgabegewinnen bei Mitunternehmerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

C. Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne (Satz 2) . . . . . . . . . . . .

85

22 24 24 25 29 32 33 34 34 38 39 40 41 48 48 49 50 51 51 55

57

58 61 62 62 63 65

66

I. Vorbemerkung zum Verhältnis zu § 7 Satz 1 GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . II. 1. 2. 3. 4.

Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . . Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . a) Verhältnis zum Verfassungsrecht . . . . b) Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnis zu Vorschriften des EStG . . d) Verhältnis zu Vorschriften des UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Einschränkung der Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen iSd. § 7 Satz 1 GewStG durch § 7 Satz 2 GewStG . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine Gewerbesteuerpflicht bei Gewinnrealisation vor Beginn oder nach Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht . . . . . . 3. Prüfungsschema/-reihenfolge . . . . . . . . 4. Veräußerungs- und Aufgabetatbestände iSd. § 7 Satz 2 GewStG . . . . . . . . . . . . a) Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft (Satz 2 Nr. 1) . . . . . . .

68 72 73 74 76 78 79 80 81

85 86 86 87 88 89 89 90 91 92 93

93 94 95 96 96

Gewerbeertrag b) Veräußerung oder Aufgabe des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist (Satz 2 Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . 99 c) Veräußerung oder Aufgabe des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA (Satz 2 Nr. 3) . . . . . . 103 5. Ausnahme von Betriebsveräußerungs- und Aufgabegewinnen von natürlichen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 IV. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . . Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . a) Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis zu Vorschriften des EStG und des KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

F. Ermittlung des Gewerbeertrags bei sog. Eigengesellschaften (Satz 5) . . . . . . . . I. Hintergrund und allgemeiner Regelungsgehalt von § 7 Satz 5 GewStG . . . . . . . .

141 141 142 147 150 150

II. Einzelheiten der Norm . . . . . . . . . . . . 1. Eigengesellschaft im Sinne von § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolge: entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 9 Sätze 1 bis 3 KStG . . . . . . a) Spartentrennung innerhalb der Eigengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . b) Getrennte Ermittlung des Gewerbeertrags einzelner Sparten . . . . . . . . . .

156

117

G. Grenzüberschreitende Sondervergütungen im DBA-Fall (Satz 6) . . . . . . . . . .

159

118

I. Hintergrund und allgemeiner Regelungsgehalt von § 7 Satz 6 GewStG . . . . . . . .

159

D. Tonnagebesteuerung gem. § 5a EStG und Einkommensermittlung bei Werbesendungen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten gem. § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG (Satz 3) . . 114 I. 1. 2. 3. 4.

3. Rechtsfolge: Anwendung der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. des § 8b KStG . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendung des sog. Teileinkünfteverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendung der Steuerbefreiung gem. § 8b KStG . . . . . . . . . . . . . . . . .

§7

114 114 115 116 117

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . 119

153 153 154 154

I. Kapitalerträge im Rahmen der Gewerbesteuer – allgemeine Einführung und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

II. § 50d Abs. 10 EStG im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags . . . . . . . . 1. Anwendung des § 50d Abs. 10 EStG im Inbound-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendung des § 50d Abs. 10 EStG im Outbound-Fall . . . . . . . . . . . . . . . .

165

H. Gewerbesteuerliche Einbeziehung von Hinzurechnungsbeträgen (Sätze 7 bis 9) .

166

II. Allgemeiner Regelungsgehalt von § 7 Satz 4 GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

I. Hintergrund der Regelung und Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht . . . . . . . .

166

III. Hintergrund der gesetzlichen Regelung . . . 133

II. Erfassung der Hinzurechnungsbeträge (Satz 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

168

III. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 E. Beteiligungserträge von Mitunternehmerschaften (Satz 4) . . . . . . . . . . . . . . . . 122

IV. Weitere Einzelheiten der Norm . . . . . . . . 137 1. Differenzierung nach der Eigenschaft des Mitunternehmers . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Gemischte Mitunternehmerstrukturen . . . 139

162 162

III. Erfassung der Betriebsstätteneinkünfte (Satz 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

169

IV. Ausnahmetatbestände (Satz 9) . . . . . . .

171

Literatur: Glanegger, ausgewählte Fragen des Gewerbesteuerrechts, FR 1990, 469; Gosch, Zur Gewerbesteuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen, StBp 1994, 243; Wendt, Teilanteilsübertragung und Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen nach den Änderungen des EStG durch das UntStFG, FR 2002, 127; Hidien, Sind vorweggenommene Betriebsausgaben im Gewerbesteuerrecht abzugsfähig?, StBp. 2008, 125; Kessler/Philipp, Zur gemeinschaftsrechtlichen Notwendigkeit der inländischen Berücksichtigung „finaler“ Verluste aus EU-Betriebsstätten, IStR 2010, 865; Ley, Ausgewählte Fragen und Probleme der Besteuerung doppelstöckiger Personengesellschaften, KÖSDI 2010, 17148; Behrendt/Gaffron/Krohn, Zur Einbringung von Mitunternehmeranteilen durch natürliche Personen, DB 2011, 1072; Krohn/Schell, Ausgewählte praxisrelevante „Fallstricke“ des UmwStE 2011 (Teil 3), DB 2012, 1172; Neu/Hamacher, Beendigung einer Personengesellschaft: (Keine) Betriebsaufgabe iSv. § 7 Satz 2 GewStG? – Zugleich Anm. zu BFH v. 30.8.2012 – IV R 54/10 (BStBl. II 2012, 2180 = FR 2013, 294), FR 2013, 843; Nöcker, Im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 Gewerbesteuerpflicht auch bei Betriebsveräußerung gegen Leibrente, FR 2013, 1009; Selder, Verfassungsrechtliche Aspekte der Gewerbesteuer als Objektsteuer, FR 2014, 174; Marcziniak/ Gebhardt/Buchholz, Zur Neuregelung in § 6b Abs. 2a EStG iRd. Steueränderungsgesetzes 2015, Ubg 2015, 685; Roser, Vor- und Nachlaufkosten – Gewerbesteuerliches Niemandsland?, Ubg 2015, 582. Verwaltungsanweisungen: R 7.1 Abs. 3 GewStR 2009; H 7.1 Abs. 3 und 4 GewStH 2016.

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§ 7 Rz. 1 Gewerbeertrag

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 Neben § 2 GewStG als zentraler Vorschrift zum Steuerobjekt ist § 7 GewStG die grundlegende Vor-

schrift für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Inhaltlich wird die Vorschrift allerdings ergänzt durch die §§ 8 und 9 GewStG zu den Hinzurechnungen und Kürzungen und die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG und KStG. Im Überblick enthält § 7 GewStG folgende Regelungen: – Satz 1 definiert den Begriff des Gewerbeertrags als Besteuerungsgrundlage der GewSt (§ 6). Der Gewerbeertrag berechnet sich nach folgendem Ermittlungsschema: (1) nach den Vorschriften des EStG/KStG ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb, (2) zzgl. Hinzurechnungen nach § 8 GewStG, (3) abzgl. Kürzungen nach § 9 GewStG. Hinsichtlich dieser drei maßgeblichen Ermittlungsgrößen verweist Satz 1 auf die entsprechenden Vorschriften. – Satz 2 unterwirft Veräußerungsgewinne iSd. § 16 EStG bei Mitunternehmerschaften ausdrücklich der GewSt, soweit sie nicht auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen als Mitunternehmer entfallen. – Satz 3 übernimmt Sonderregelungen aus dem EStG und dem KStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr (§ 5a EStG) und bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KStG). – Satz 4 bestimmt die Anwendbarkeit des § 3 Nr. 40 und des § 3c Abs. 2 EStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags von Mitunternehmerschaften, soweit natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind. Soweit an der Mitunternehmerschaft Körperschaften unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind, kommt § 8b KStG zur Anwendung. – Satz 5 bestimmt, dass die Spartenrechnung für Eigengesellschaften nach § 8 Abs. 9 KStG entsprechend für die Ermittlung des Gewerbeertrags anzuwenden ist. Demnach ist für jede der sich nach Maßgabe des § 8 Abs. 9 KStG ergebenden Sparten zunächst ein gesonderter Gewerbeertrag zu ermitteln und sodann der Gewerbeertrag der KapGes. als Summe der positiven Gewerbeerträge der jeweiligen Sparten anzusetzen.1 – Satz 6 erklärt die Fiktion des § 50d Abs. 10 EStG, die Sondervergütungen zu Unternehmensgewinnen für DBA umqualifiziert, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für entsprechend anwendbar. – Satz 7 bestimmt, dass Hinzurechnungsbeträge iSd. § 10 Abs. 1 AStG als Einkünfte gelten, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen. – Satz 8 fingiert Einkünfte einer passiven ausländischen Betriebsstätte iSd. § 20 Abs. 2 AStG für die GewSt als Einkünfte einer inländischen Betriebsstätte. – Satz 9 schließt die gewstl. Erfassung einer ausländischen Betriebsstätte nach Satz 8 aus, sofern eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 AStG nachgewiesen wird. Deutlich wird, dass Satz 1 die zentrale Regelung darstellt. Insbesondere die Sätze 3 bis 6 ergänzen den Satz 1 dahingehend, dass Sonderregelungen des EStG bzw. des KStG zur Ermittlung der stl. Bemessungsgrundlage auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung für anwendbar erklärt werden.

II. Anwendungsbereich 2 Die Vorschrift setzt das Vorliegen eines inländischen Gewerbebetriebs voraus, sodass sich der sachli-

che Anwendungsbereich der Vorschrift aus §§ 2 und 35a GewStG iVm. §§ 1 bis 8 GewStDV und § 15 EStG ergibt. Die Vorschrift ist demnach sowohl auf stehende Gewerbebetriebe als auch auf Reisegewerbebetriebe anzuwenden. Bei Personengesellschaften fällt auch das Sonderbetriebsvermögen in den Anwendungsbereich von § 7 GewStG.2 1 R 7.1 Abs. 4 Sätze 5–6 GewStR 2009. 2 Vgl. Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 13 und 15 (Stand: März 2017).

208

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 4 § 7

III. Rechtsentwicklung Im Kern beruht der Rückgriff auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG/KStG auf einer langen 3 Gesetzestradition.1 Durch das UntStFG v. 20.12.20012 wurden mit Wirkung erstmals für den EZ 2002 Veräußerungsgewinne durch Einfügung des neuen Satzes 2 bei Mitunternehmerschaften ausdrücklich der GewSt unterworfen, soweit sie nicht auf natürliche Personen als Mitunternehmer entfallen.3 Durch das SFG v. 20.12.20014 wurde die Fiktion des Gewerbeertrags nach Satz 3 auf öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten erweitert. Ein auf der Verkündungsreihenfolge zweier Gesetze beruhendes redaktionelles Versehen, aufgrund dessen das Gesetz „überschrieben“ worden war,5 wurde durch das 5. StBeamAusbÄndG v. 23.7.20026 rückwirkend behoben.7 Durch das EURLUmsG v. 9.12.20048 wurde die Vorschrift um Satz 4 ergänzt.9 Durch das JStG 2009 v. 19.12.200810 wurde mit Wirkung erstmals ab dem EZ 2009 Satz 5 angefügt, der die in § 8 Abs. 9 KStG eingeführte Spartenrechnung für Dauerverlustbetriebe der öffentlichen Hand für die Ermittlung des Gewerbeertrags übernimmt, und des Weiteren Satz 6 angefügt, der die entsprechende Anwendung des § 50d Abs. 10 EStG zu Tätigkeits- und Sondervergütungen in DBAFällen vorsieht; die Neuregelung gilt auch für EZ vor 2009 (§ 36 Abs. 5 Satz 2 GewStG idF des JStG 2009). Durch das Anti-BEPS-Gesetz I v. 20.12.201611 wurden Sätze 7 bis 9 angefügt, die die gewstl. Erfassung des Hinzurechnungsbetrags nach § 10 Abs. 1 AStG bei ausländischen Zwischengesellschaften (Satz 7) und im Wege einer Fiktion die Einkünfte einer passiven ausländischen Betriebsstätte iSd. § 20 Abs. 2 AStG erfassen sollen (Satz 8), sofern nicht eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 AStG nachgewiesen wird (Satz 9). Damit soll den Wirkungen des BFH-Urt. v. 11.3.201512 begegnet werden.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG Die bei der Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb folgenden Berechnungs- 4 größen des Gewerbeertrags ergeben sich aus § 8 (Hinzurechnungen) und § 9 (Kürzungen), auf die § 7 Satz 1 GewStG ausdrücklich verweist. § 10 GewStG enthält die Regelung des „maßgebenden Gewerbeertrags“, also die zeitliche Zuordnung, wobei diese Vorschrift neben § 7 GewStG vor allem klarstellende Bedeutung hat.13 Bereits in § 7 Satz 1 GewStG wird bestimmt, dass die Ermittlung des Gewerbeertrags für den EZ an die Ermittlung des Gewinns für den entsprechenden VZ anknüpft, sodass der Gewinnermittlungszeitraum bei der GewSt derselbe ist wie bei der ESt oder KSt.

1 Ausf. Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 5 ff. (Stand: April 2017); Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 1 (Stand: April 2017). 2 BGBl. I 2001, 3858. 3 Vgl. BT-Drucks. 14/6882, 67 und BT-Drucks. 14/7344, 29. 4 Solidarpaktfortführungsgesetz v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3955. 5 Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 374a. 6 Fünftes Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen v. 23.7.2002, BGBl. I 2002, 2715. 7 Vgl. BT-Drucks. 14/8887, 26. 8 BGBl. I 2004, 3310, 3843. 9 Zur Gesetzesbegründung vgl. BT-Drucks. 15/4050. 10 BGBl. I 2008, 2794. 11 BGBl. I 2016, 3000. 12 BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein. 13 Vgl. Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 28 (Stand: April 2017).

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§ 7 Rz. 5 Gewerbeertrag 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG und KStG 5 § 7 Satz 1 GewStG verweist hinsichtlich der Ermittlung des Gewerbeertrags ausdrücklich als Aus-

gangsgröße auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb, der sich nach den Vorschriften des EStG oder KStG ergibt. Der BFH deutet diese Verknüpfung soweit, dass eine Bindung an die einkommensteuerrechtlich zulässigen konkreten Ansätze in der Steuerbilanz besteht.1 Mithin dürfen bilanzsteuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung für Zwecke der GewSt nicht anders als für Zwecke der ESt ausgeübt werden.2 Dabei finden jedoch die Gewinnermittlungsvorschriften keine Anwendung, die dem Objektsteuercharakter der GewSt entgegenstehen.3 Aus dem Gewinn aus Gewerbebetrieb sind alle Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben auszuscheiden, die nicht mit der Unterhaltung eines laufenden Gewerbebetriebs zusammenhängen. 3. Gewinnermittlungsvorschriften in weiteren Gesetzen 6 Zu beachten sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Rege-

lung auch folgende Vorschriften:4 – §§ 18 und 19 UmwStG; – § 7 Abs. 1 des Entwicklungsländer-Steuergesetzes und – § 6 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft. – Investmentfonds sind im Regelfall nach § 15 Abs. 2 InvStG 2018 von der GewSt befreit. Soweit diese eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, bestimmt sich die Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 15 Abs. 4 InvStG 2018.

V. Verfahrensrechtliche Aspekte 1. Rechtlich selbstständige Gewinnermittlung 7 § 7 Satz 1 GewStG verweist ausdrücklich auf den nach den Vorschriften des EStG bzw. KStG ermittel-

ten Gewinn aus Gewerbebetrieb, sodass materiell-rechtlich eine Bindung an diese Gewinnermittlungsvorschriften besteht. Verfahrensrechtlich besteht aber keine Bindung an den für Zwecke der ESt oder KSt tatsächlich ermittelten Gewinn, vielmehr ist die gewstl. Bemessungsgrundlage selbstständig zu ermitteln.5 Der ESt-Bescheid ist kein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) für den GewSt-Messbescheid, sodass die Bindungswirkung des § 182 AO sowie die Korrekturnorm für Folgebescheide (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) nicht greifen. Dies gilt gleichermaßen für den KSt-Bescheid und den Feststellungsbescheid bei der Personengesellschaft.6 Die fehlende verfahrensrechtliche Bindung an den ESt- bzw. KSt-Bescheid führt zu einer vom Verfahrensstand iRd. ESt- bzw. KSt-Veranlagung unabhängigen Korrekturmöglichkeit bei der GewSt. Das gilt hinsichtlich der Art der Einkünfte und ihrer Höhe.7 Insofern ist allerdings zu beachten, dass § 35b GewStG eine vereinfachte Folgekorrektur des GewSt-Messbescheids eröffnet, was vor allem eine Verdopplung von Rechtsbehelfsverfahren vermeiden soll.8

1 BFH v. 9.8.1989 – X R 110/87, BStBl. II 1990, 195 = FR 1990, 113. 2 BFH v. 27.10.2015 – X R 44/13, BStBl. II 2016, 278 = FR 2016, 633, Rz. 16; v. 9.8.1989 – X R 110/87, BStBl. II 1990, 195 = FR 1990, 113; v. 25.4.1985 – IV R 83/83, BStBl. II 1986, 350 = FR 1985, 537. 3 BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, FR 2010, 896 Rz. 25 mwN. 4 H 7.1 Abs. 1 „Eigenständige Ermittlung des Gewerbeertrags“ GewStH 2009. 5 BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681 = FR 2008, 1017; v. 20.4.2006 – III R 1/05, BStBl. II 2007, 375 = FR 2007, 247; v. 17.12.2003 – XI R 83/00, BStBl. II 2004, 699; v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299 = FR 2001, 186; v. 6.9.2000 – XI R 18/00, BStBl. II 2001, 106 (107) = FR 2001, 148; v. 9.8.1989 – X R 110/87, BStBl. II 1990, 195 = FR 1990, 113; zur Bindung des FA nach Treu und Glauben vgl. BFH v. 21.7.1988 – V R 97/83, BFH/NV 1989, 356. 6 BFH v. 31.5.2010 – X B 163/09, BFH/NV 2010, 2082 (2084). 7 Vgl. BFH v. 17.12.2003 – XI R 83/00, BStBl. II 2004, 699; v. 16.12.2009 – IV R 48/07, BStBl. II 2010, 799 = FR 2010, 490. 8 BFH v. 23.6.2004 – X R 59/01, BStBl. II 2004, 901 = FR 2004, 1287.

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 11 § 7

2. Rechtsbehelfe Da der Steuermessbetrag nach § 14 GewStG gesondert festgesetzt wird, müssen Einwendungen gegen 8 das Vorliegen eines Gewerbebetriebs an sich, den vom FA angesetzten Gewinn und die angesetzten Hinzurechnungen und Kürzungen im Verfahren gegen den GewSt-Messbescheid geltend gemacht werden. Rechtsbehelf ist der Einspruch (§§ 347 ff. AO) bzw. im weiteren Verfahren der Finanzrechtsweg (§§ 40 ff. FGO). Im Verfahren gegen den GewSt-Bescheid können die im GewSt-Messbescheid getroffenen Feststellungen nicht überprüft werden. Wird die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids wegen strittiger Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausgesetzt, so ist auch die Aussetzung der Vollziehung des bestandskräftigen GewSt-Messbescheids zulässig.1 § 35b ermöglicht grds. eine Änderung des GewSt-Messbescheids ohne eigenen Rechtsbehelf, soweit 9 die gleichen Einwände wie gegen den ESt-, KSt- oder Feststellungsbescheid erhoben werden. Allerdings handelt es sich bei § 35a GewStG um eine eng begrenzte Änderungsvorschrift, die nur dann eingreift, wenn die Aufhebung oder Änderung des ESt-Bescheides auf eine Änderung speziell der Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb zurückzuführen ist.2 Ein Rechtsbehelf gegen den GewSt-Messbescheid ist erforderlich, soweit eine Beschwer nur bei der 10 GewSt eintritt, so bspw. bei einer Korrektur der Hinzurechnungen oder Kürzungen nach den §§ 8 und 9 GewStG, wenn sich die Einstufung der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb bei der ESt materiell nicht auswirkt3 oder wenn aus verfahrensrechtlichen Gründen eine Änderung nur bei der GewSt möglich ist.4

B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1) I. Begriff des Gewerbeertrags 1. Ermittlungsschema Der Gewerbeertrag ist seit dem EZ 1998 die einzige Besteuerungsgrundlage für die GewSt und ist 11 damit die maßgebliche Ausgangsgröße für die Ermittlung der GewSt. Aus § 7 Satz 1 GewStG ergibt sich folgendes Ermittlungsschema für den Gewerbeertrag: Gewinn aus Gewerbebetrieb, der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG für den Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, der dem nach § 14 GewStG maßgebenden Erhebungszeitraum entspricht; + Hinzurechnungen nach § 8 GewStG ./. Kürzungen nach § 9 GewStG

Dies verdeutlicht, dass die Ausgangsgröße für die Berechnung der ESt bzw. KSt bezogen auf die gewerbliche Einkunftsquelle, nämlich der Gewinn aus Gewerbebetrieb, und die Bemessungsgrundlage der GewSt, nämlich der Gewerbeertrag, betragsmäßig nicht identisch sind. Die gewstl. Hinzurechnungen führen in der Praxis selbst bei einem negativen Gewinn aus Gewerbebetrieb (Verlust) nicht selten zu einer Gewerbesteuerbelastung. Wesentlicher Ausgangspunkt für die Korrekturen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags mittels Hinzurechnungen und Kürzungen war der Objektsteuercharakter der GewSt. Der Objektsteuercharakter wurde allerdings im Laufe der Zeit abgeschwächt.5 Das FG Hamburg hält den Begriff gar für „inhaltsleer“.6 Der BFH führt in dem Urteil v. 15.6.20047 aus: „Das Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer kann rechtliche Wirkung aber nur insoweit entfalten, als dem nicht ausdrückliche gesetzliche Vorschriften entgegenstehen; es steht dem Gesetzgeber frei, neben dem objektiv-betriebsbezogenen auch das personelle Element zu berücksichtigen und Rechtsfolgen an die fehlende oder fortbestehende Un-

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BFH v. 23.8.1966 – I B 1/66, BStBl. III 1966, 651. BFH v. 10.3.1999 – XI R 28/98, BStBl. II 1999, 475 = FR 1999, 862. BFH v. 23.10.1975 – VIII R 60/70, BStBl. II 1976, 152. BFH v. 10.3.1999 – XI R 28/98, BStBl. II 1999, 475 = FR 1999, 862. BFH v. 18.9.2003 – X R 2/00, BStBl. II 2004, 17 = FR 2004, 82 m. Anm. Keß. FG Hbg. v. 29.2.2012 – 1 K 138/10, DStRE 2012, 478. BFH v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 = FR 2004, 997.

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§ 7 Rz. 12 Gewerbeertrag ternehmeridentität zu knüpfen.“ Das Objektsteuerprinzip scheint also in der Willkür des Gesetzgebers zu stehen und kann nicht als Grundprinzip der GewSt angesehen werden. 2. Rückgriff auf die Gewinnermittlung des EStG und KStG 12

Die Ermittlung des Gewerbeertrags fußt maßgeblich auf dem „nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnden Gewinn aus Gewerbebetrieb“. Insoweit besteht eine enge materielle Bindung zwischen diesen Rechtsgebieten. Verfahrensrechtlich ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb für Zwecke der GewSt allerdings selbstständig zu ermitteln (Rz. 7). Allerdings bestimmt § 184 Abs. 2 Satz 2 AO, dass Billigkeitsmaßnahmen betr. die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuer vom Einkommen auch für den Gewerbeertrag als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags gelten.1 Soweit § 7 Satz 1 GewStG auf die Vorschriften des EStG über die Ermittlung des gewerblichen Gewinns verweist, sind sämtliche Bestimmungen des EStG angesprochen, die die Gewinnermittlung zum Gegenstand haben, also die §§ 4 bis 7h und §§ 15, 16 EStG. Über § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG haben diese Vorschriften auch weitgehend Bedeutung für KStPfl.

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Der Rückgriff auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG/KStG hat zur Konsequenz, dass im Falle der Gewinnermittlung mittels Betriebsvermögensvergleichs alle handelsrechtlichen GoB, die über § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für Zwecke der stl. Gewinnermittlung gelten, auch bei der GewSt zu beachten sind.2 Zu erfassen sind bei der Ermittlung der Ausgangsgröße für den Gewerbeertrag alle Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben iSd. EStG,3 sodass auf die Abgrenzung dieser Begriffe im EStG verwiesen werden kann. Ebenso werden außerbilanzielle Gewinnkorrekturen gewstl. berücksichtigt.4 Maßgeblich ist hinsichtlich der bei der GewSt zur Anwendung kommenden Vorschriften des EStG/KStG nur, ob diese der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb dienen.

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Die Ermittlung des Gewerbeertrags bezieht sich auf den Gewerbebetrieb (§ 7 iVm. § 2 GewStG), welcher von der Abgrenzung mit dem gewerblichen Unternehmen iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG übereinstimmt,5 sodass sich hinsichtlich der Abgrenzung des BV und der zu erfassenden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben grds. keine Differenzen ergeben.6 Auch die Willkürung von BV soll sich auf die GewSt auswirken (s. hierzu Rz. 21).7

15

Auch die Abgrenzung der Entnahmen und Einlagen erfolgt grds. nach einkommensteuerlichen Maßstäben. Insoweit ist allerdings zu beachten, dass die Rspr. eine gewinnrealisierende Entnahme im Grundsatz nur dann annimmt, wenn die Versteuerung der stillen Reserven nicht mehr sichergestellt ist. Insbesondere § 6 Abs. 5 EStG eröffnet vielfache Möglichkeiten des Transfers von WG von einem BV in ein anderes BV. Denkbar sind Vorgänge, bei denen die einkommensteuerliche Erfassung der stillen Reserven sichergestellt ist und daher keine gewinnrealisierende Entnahme iSv. § 4 EStG angenommen wird, die gewstl. Erfassung jedoch nicht sichergestellt ist.8 So erfasst § 6 Abs. 5 EStG auch Fälle, bei dem abgebendes und aufnehmendes BV einer unterschiedlichen Einkunftsart angehören,9 sodass es bei uneingeschränkter Anwendung dieser Vorschrift auch für Zwecke des § 7 Satz 1 GewStG zu einer gewstl. Entstrickung10 oder auch einer gewstl. Verstrickung kommen kann.11 Selbst bei der 1 Bestätigend BFH v. 14.9.2017 – IV R 51/14, juris; hierzu auch FG Berlin-Bdb. v. 13.4.2016 – 1 K 5322/14, EFG 2016, 1701 – Rev. VI R 48/16. 2 So nur BFH v. 10.8.2016 – I R 25/15, BStBl. II 2017, 670 Rz. 11 = FR 2017, 390 m. Anm. Scheifele; v. 8.11.2016 – I R 35/15, BStBl. II 2017, 768 Rz. 19. 3 Nur BFH v. 20.1.2015 – X R 49/13, BFH/NV 2015, 704. 4 FG Hess. v. 17.5.2011 – 4 K 2561/09, EFG 2012, 75; BFH v. 28.11.2001 – I R 86/00, BFH/NV 2002, 675; ebenso bspw. Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 26 (Stand: Mai 2017). 5 BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1980, 465. 6 Ebenso Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 46 (Stand: Mai 2016). 7 BFH v. 23.10.1986 – IV R 214/84, BStBl. II 1987, 120 = FR 1987, 65; ebenso Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 56 (Stand: Mai 2016). 8 Hierzu Bode in Kirchhof17, § 4 EStG Rz. 92 ff.; auch BFH v. 14.6.1988 – VIII R 387/83, BStBl. II 1989, 187. 9 Vgl. BMF v. 8.12.2011 – IV C 6 - S 2241/10/1002, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 5. 10 Insoweit im Einzelfall einen Gestaltungsmissbrauch prüfend: Gragert/Wissborn, NWB 2012, 972 (975). 11 Hierzu ausf. Niehus/Wilke in H/H/R, § 6 EStG Anm. 1540 „Geltung auch für die Gewerbesteuer“ (Stand: September 2015); aus der Rspr. FG Düss. v. 4.11.2010 – 16 K 4489/08 E,G, rkr., EFG 2011, 542; BFH v. 14.6.1988

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 16 § 7

Überführung zwischen zwei Gewerbebetrieben können sich hebesatzbedingte Vor- oder Nachteile ergeben. Auch bei einem Strukturwandel eines Gewerbebetriebs in einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft liegt keine Entnahme iSd. § 4 EStG vor und wird von der Rspr. auch keine Erfassung der stillen Reserven für gewstl. Zwecke vorgenommen, sodass es zu einer gewstl. Entstrickung kommt.1 UE muss der Begriff der Entnahme insofern für Zwecke des § 7 Satz 1 GewStG ggf. abweichend vom EStG ausgelegt werden, um einerseits eine gewstl. Erfassung sicherzustellen und andererseits aber auch keine ungerechtfertigte gewstl. Erfassung zu bewirken.2 Auf folgende Aspekte hinsichtlich der Anwendung der Gewinnermittlungsvorschriften des EStG sei 16 hingewiesen: – Die gewinnmindernde Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG wirkt sich auch mindernd auf den Gewerbeertrag aus.3 – Die Auflösung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG aF (bis VZ 2006), die vor Betriebseröffnung (= Beginn der GewStPfl.) gebildet wurde, unterliegt der GewSt. Die Finanzverwaltung gewährt allerdings einen Billigkeitserlass.4 – Erlöse aus der Veräußerung von Kapitalbeteiligungen iSd. § 17 EStG werden bei der ESt per gesetzlicher Fiktion als gewerbliche Einkünfte erfasst. Diese Fiktion schlägt nicht auf die GewSt durch, da insoweit kein stehender Gewerbebetrieb vorliegt.5 – Erträge, die dadurch anfallen, dass zulasten des Gewinns gebildete Rückstellungen aufgelöst oder entrichtete Beträge erstattet werden, bilden einen Bestandteil des der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 GewStG zugrunde zu legenden Gewinns aus Gewerbebetrieb. In R 7.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009 wird klargestellt, dass zur Vermeidung einer doppelten stl. Erfassung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Gewinn um jene Erträge zu mindern ist, welche bereits mit Bildung der Rückstellung oder bei ihrer Entrichtung nach § 8 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet worden sind. Der Umfang der Minderung richtet sich dabei nach der Höhe der tatsächlichen Hinzurechnung. – Die Rechtsfolgen des § 6 Abs. 5 EStG (Buchwertübertragung in ein anderes BV usw.) gelten grds. auch für § 7 Satz 1 GewStG, zumindest dann, wenn abgebendes und aufnehmendes BV Gewerbebetrieb iSd. § 2 Abs. 1 GewStG ist.6 S. hierzu auch Rz. 15. – Steuerfreie Einnahmen iSd. § 3 EStG gehören grds. nicht zum Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 GewStG, da sie nicht in die Gewinnermittlung nach dem EStG eingehen.7 Eine Steuerbefreiung gem. dieser Vorschrift gilt aber nicht iRd. GewStG, soweit sie mit dem besonderen Charakter der GewSt als Objektsteuer nicht in Einklang steht oder wenn sich aus dem GewStG unmittelbar etwas anderes ergibt.8 Aus diesem Grunde muss es sich um sachliche und nicht um persönliche Steuerbefreiungen handeln. – Die Teilfreistellung nach § 3 Nr. 40 EStG (Teileinkünfteverfahren) wirkt sich über § 7 Satz 1 GewStG auch auf die Ermittlung des Gewerbeertrags aus.9 Dies gilt auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags von Personengesellschaften, soweit an diesen natürliche Personen beteiligt sind. Insoweit kommt § 3 Nr. 40 EStG als Vorschrift des EStG zur Einkommensermittlung zur Anwendung; § 7

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– VIII R 387/83, BStBl. II 1989, 187 = FR 1988, 671; ebenso H 7.1 Abs. 1 „Überführung von Einzelwirtschaftsgütern“ GewStH 2009. BFH v. 7.10.1974 – GrS 1/73, BStBl. II 1975, 168. Möglicherweise kann auch eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht kommen, vgl. FG Düss. v. 4.11.2010 – 16 K 4489/08 E,G, rkr., EFG 2011, 542. Nur FG Nürnberg v. 13.10.2016 – 4 K 146/15, EFG 2016, 2066. BFH v. 28.11.2001 – I R 86/00, BFH/NV 2002, 675, zu vGA; R 7.1 Abs. 1 GewStR 2009. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 33 (Stand: Juni 2017). Vgl. Niehus/Wilke in H/H/R, § 6 EStG Anm. 1507 „Verhältnis zu § 7 GewStG“ (Stand: September 2015). BFH v. 17.11.1992 – VIII R 10/90, BFH/NV 1993, 560; R 7.1 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009; ebenso Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 5. BFH v. 29.11.1960 – I 73/59, BStBl. III 1961, 51; v. 12.1.1978 – IV R 84/74, BStBl. II 1978, 267; v. 17.11.1992 – VIII R 10/90, BFH/NV 1993, 560. Zu § 8b KStG bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150.

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§ 7 Rz. 16 Gewerbeertrag







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Satz 4 GewStG hat nur klarstellende Bedeutung.1 Die sich daraus ergebende 40-prozentige Steuerfreiheit wird allerdings teilweise durch die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG wieder rückgängig gemacht. § 37b EStG gilt im Falle der Pauschalierung auch für die GewSt mit der Folge, dass bei einem gewstpfl. Empfänger der Zuwendung die Zuwendungen nach § 37b Abs. 3 Satz 1 EStG außer Ansatz bleiben.2 § 37b Abs. 3 EStG ist insoweit als Einkommensermittlungsvorschrift anzusehen. Die Übertragung aufgedeckter stiller Reserven auf neu angeschaffte WG nach § 6b EStG wirkt sich im Grundsatz auch auf die GewSt aus. Zur Verhinderung einer gewstl. Nichterfassung dient § 6b Abs. 4 Satz 2 EStG. § 6b Abs. 2a EStG3 lässt bei der Reinvestition in einer EU-/EWR-Betriebsstätte eine Steuerstundung über fünf Jahre zu.4 Diese Stundungsregelung wirkt über § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG auch für die KSt, nicht aber für die GewSt, da diese Regelung nicht die Ermittlung des stl. Gewinns, sondern explizit eine Stundung der ESt zum Gegenstand hat.5 Investitionszulagen gehören nach § 12 Satz 1 InvZulG 2007 bzw. § 13 Satz 1 InvZulG 2010 nicht zu den Einkünften iSd. EStG und damit nach § 7 GewStG auch nicht zu den gewstpfl. Einkünften. Die Betriebsausgabenabzugsverbote nach § 4 Abs. 5 EStG sind uneingeschränkt auch für die GewSt zu beachten.6 Das Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 4 Abs. 5b EStG für die GewSt und die darauf entfallenden Nebenleistungen (betreffend EZ ab 2008) gilt als Gewinnermittlungsvorschrift auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags.7 Mithin haben auch die Auflösung einer GewSt-Rückstellung und die Erstattung von GewSt keine Erhöhung von Gewinn oder Gewerbeertrag zur Folge. Gewerbesteuerumlagen, soweit sie im Rahmen einer gewstl. Organschaft veranlasst sind, sind stl. nbeachtlich.8 Ebenso gelten Abzugsbeschränkungen nach § 3c EStG auch für die GewSt.9 Hat sich § 3c EStG auf den Gewinn als Ausgangsgröße der Ermittlung des Gewerbeertrags ausgewirkt und greift insoweit korrigierend eine Hinzurechnung (§ 8 GewStG) oder Kürzung (§ 9 GewStG), so betrifft die Korrektur nur die in den Gewinn eingeflossene, also nach Anwendung von § 3c EStG ermittelte Größe,10 so bspw. bei der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG. Betriebsausgaben mindern den Gewinn und damit den Gewerbeertrag auch dann, wenn sie iZm. Beträgen stehen, die nach § 9 GewStG zu kürzen sind. Ein nach § 3c EStG bei der ESt geltender Grundsatz, wonach die stl. Behandlung von Betriebsausgaben jener der korrespondierenden Betriebseinnahmen folgt, kann für die GewSt mangels gesetzlicher Grundlage nicht hergeleitet werden.11 Allerdings hat § 3c EStG darüber hinaus keine eigenständige Bedeutung bei der GewSt. So sind die Gewinne aus Anteilen, um die der Gewinn aus Gewerbebetrieb gem. § 9 Nr. 2a GewStG zu kürzen ist, nicht um Beteiligungsaufwendungen zu mindern, die mit dem Erwerb der Beteiligungen in unmittelbarem Zusammenhang stehen.12 § 3c EStG kann insoweit nicht greifen, da sich diese Vorschrift immer nur auf steuerbefreite Einnahmen bezieht. Für die GewSt ist auch die als Gewinnermittlungsvorschrift ausgestaltete Zinsschranke nach § 4h EStG zu beachten.13 Soweit der Betriebsausgabenabzug nach § 4h EStG versagt wird, ist § 8 Nr. 1

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So auch Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 72 (Stand: Mai 2016). Vgl. Lingemann in H/H/R, § 37b EStG Anm. 30; Lindberg in Frotscher/Geurts, § 37b EStG Rz. 15. In der Fassung des G v. 2.11.2015, BGBl. I 2015, 1834. Entsprechend EuGH v. 23.1.2014 – C-164/12 – DMC, GmbHR 2014, 210 = FR 2014, 466 m. Anm. Musil. Vgl. Marcziniak/Gebhardt/Buchholz, Ubg 2015, 685. Ausf. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 42 (Stand: Juni 2017). Ebenso Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 40 (Stand: Mai 2017). Vgl. dazu Gosch in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2016, § 8 Rz. 876 ff. BFH v. 22.2.2006 – I R 30/05, BFH/NV 2006, 1659; vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 43 f. (Stand: Juni 2017), und Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. 26 (Stand: Juni 2016). Vgl. Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. 26 (Stand: Juni 2016). Vgl. Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 67 (Stand: Mai 2016). BFH v. 25.1.2006 – I R 104/04, BStBl. II 2006, 844 = FR 2006, 519. Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 45 (Stand: Juni 2017).

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 17 § 7

Buchst. a GewStG nicht anzuwenden.1 Entsprechend greift § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG allerdings bei der Nutzung des Zinsvortrags. – Die Verlustabzugsbeschränkungen nach § 15 Abs. 4 EStG und §§ 15a und 15b EStG gelten für die GewSt als Vorschriften zur Ermittlung des Einkommens und nicht des Gewinns, da der Verlustabzug im GewStG mit § 10a GewStG eigenständig geregelt ist.2 – Ausländische Steuern, die nach § 34c Abs. 2, 3 und 6 EStG bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden, mindern den Gewerbeertrag nicht, weil sie sich nicht auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb auswirken.3 – Nachträgliche Betriebseinnahmen, die nach Einstellung des Gewerbebetriebs anfallen, unterliegen mangels Anfall in einem werbenden Gewerbebetrieb nicht der GewSt, auch wenn diese einkommensteuerlich zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählen.4 Gleiches gilt, wenn die nachträglichen Einkünfte dem StPfl. als Rechtsnachfolger zufließen. Nachträgliche Einkünfte liegen nur dann vor, wenn die Erträge oder Aufwendungen weder Bestandteil der Schlussbilanz geworden noch dem Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zuzuordnen sind.5 Dies gilt auch dann, wenn ein Freiberufler vor der Einbringung seiner Praxis den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, hinsichtlich zurückbehaltener Forderungen, die im Zuflusszeitpunkt als nachträgliche Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 24 Nr. 2 EStG einkommensteuerlich zu erfassen sind, aber nicht der GewSt unterliegen.6 Entsprechend sind auch nachträgliche Betriebsausgaben, so insbes. Schuldzinsen, bei der GewSt nicht zu berücksichtigen. Anders ist dies bei KapGes., die nach § 2 Abs. 2 GewStG kraft Rechtsform als Gewerbebetrieb eingestuft werden. Hinsichtlich der Gewinnermittlungsvorschriften des KStG ist auf folgende Besonderheiten hinzuwei- 17 sen: – Die Besonderheiten bei BgA, wonach eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 KStG), hat für die GewSt keine Bedeutung. Bei der GewSt werden BgA nur dann und insoweit erfasst, als diese die Merkmale eines Gewerbebetriebs erfüllen, was eine Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt. Die Spartenrechnung nach § 8 Abs. 9 KStG wirkt sich auch auf die GewSt aus, wie ausdrücklich in § 7 Satz 5 klargestellt wird. Ebenso ist – vorbehaltlich des Vorliegens eines Gewerbebetriebs – § 8 Abs. 7 KStG bei der GewSt zu beachten, da es sich insoweit um eine Gewinnermittlungsvorschrift handelt. – § 8 Abs. 3 Satz 3 ff. KStG ist als Gewinnermittlungsvorschrift auch bei der GewSt zu beachten. – § 8a KStG ist als ergänzende Vorschrift zur Zinsschrankenregelung des § 4h EStG auch für die GewSt von Bedeutung. – § 8b Abs. 1 KStG schlägt als sachliche Steuerbefreiung auf die GewSt durch.7 Für KStPfl. gilt § 8b KStG auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer zwischengeschalteten Personengesellschaft.8 Gewerbesteuerlich ist allerdings ggf. die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG zu beachten. – Auch die Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne nach § 8b Abs. 2 KStG greift nach § 7 Satz 4 GewStG bei der GewSt. Insoweit verdrängt dieser als Spezialregelung § 7 Satz 2 GewStG.9 – Abziehbare Aufwendungen sind nach § 9 Nr. 2 KStG auch die Ausgaben zur Förderung begünstigter Zwecke (Spenden). Allerdings werden diese Ausgaben dem gewerblichen Gewinn nach § 8 Nr. 9 GewStG wieder hinzugerechnet und unter Heranziehung der speziellen Abzugsregelung des GewStG für Spenden in § 9 Nr. 5 GewStG gekürzt. 1 Ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 45 (Stand: Juni 2017). 2 Ebenso Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 43 (Stand: Mai 2017); Intemann/Paul/Rätke/Stapperfend/ Witt in H/H/R, § 15 EStG Anm. 47 (Stand: August 2017) – zu § 15 Abs. 4 EStG; Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 4. 3 Ebenso Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 148 „Ausländische Steuern“ (Stand: Mai 2016). 4 BFH v. 31.3.1977 – IV R 111/76, BStBl. II 1977, 618; v. 4.12.2012 – VIII R 41/09, BStBl. II 2014, 288 Rz. 29. 5 Zu den Anwendungsfällen Mellinghoff in Kirchhof17, § 24 EStG Rz. 28 ff. 6 BFH v. 4.12.2012 – VIII R 41/09, BStBl. II 2014, 288 Rz. 29. 7 BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150. 8 BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150; anders noch BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 57 f. 9 Hierzu Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 77 (Stand: Juni 2017).

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§ 7 Rz. 18 Gewerbeertrag – Das Abzugsverbot für Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern nach § 10 Nr. 2 KStG gilt auch für die GewSt. – Die Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens ist nach Umwandlung einer KapGes. in eine Personengesellschaft bei der Festsetzung des GewSt-Messbetrags nicht gewinnerhöhend zu erfassen.1 – Die Abzugsverbote für Ausgaben iZm. Beteiligungen an KapGes. nach § 3c EStG iVm. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG werden durch die Pauschalierung nach § 8b Abs. 3 und 5 KStG verdrängt. Diese Bestimmungen gelten auch für die GewSt. 18

Aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung gelten für die GewSt auch einzelne Gewinnermittlungsvorschriften außerhalb des EStG/KStG: – Nach § 18 Abs. 1 UmwStG gelten die Vorschriften der §§ 3 bis 9 und 16 UmwStG – vorbehaltlich einer sich aus § 18 Abs. 2 UmwStG ergebenden Ausnahme – auch für die GewSt. Geht das Vermögen der übertragenden Körperschaft auf eine andere Körperschaft über, so gelten nach § 19 UmwStG auch die §§ 11 bis 15 UmwStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags. – Die Vorschriften der §§ 7 bis 14 AStG sowie die Sonderregelungen der DBA sind auf die Ermittlung des Gewerbeertrags anzuwenden. S. hierzu aber die Erläuterungen zu § 7 Satz 7 GewStG in Rz. 168. 3. Konkrete Maßgeblichkeit der Gewinnermittlung für einkommen-/körperschaftsteuerliche Zwecke?

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Fraglich ist, ob § 7 Satz 1 GewStG lediglich auf die Anwendung der Gewinnermittlungsvorschriften des EStG/KStG verweist oder aber der konkret für Zwecke der ESt/KSt ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb bei der Ermittlung zugrunde zu legen ist. Nach bislang hM in Rspr.2 und Schrifttum3 ist Ausgangsgröße des Gewerbeertrags der konkret für Zwecke der ESt/KSt ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dies ungeachtet der Tatsache, dass Gewinn und Gewerbeertrag verfahrensrechtlich selbstständig zu ermitteln sind4 und damit keine formale Bindungswirkung für die GewSt an den einkommensteuerrechtlichen Gewinn besteht.5

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Dies bedeutet zunächst, dass die Wahl der Gewinnermittlungsmethode (Betriebsvermögensvergleich oder Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG) bei der ESt/KSt auch für die GewSt maßgebend ist, es mithin nicht zulässig ist, bei der ESt und der GewSt unterschiedliche Gewinnermittlungsarten zu verwenden.6 Bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart sind die Zu- und Abrechnungen (Übergangsgewinn) auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen, da diese zum laufenden Gewinn des Gewerbebetriebs zählen.7 Auch die Billigkeitsmaßnahme nach R 4.6 Abs. 1 Satz 2 EStR 2012, wonach der Übergangsgewinn auf Antrag gleichmäßig auf das Jahr des Übergangs und die beiden folgenden Jahre verteilt werden kann, gilt für die Ermittlung des Gewerbeertrags.8 Zum Gewerbeertrag gehört der Übergangsgewinn auch dann, wenn er auf einem iRd. Betriebsveräußerung oder -aufgabe nach § 16 EStG vorzunehmenden Wechsel der Gewinnermittlungsart beruht.9

1 FG Köln v. 16.6.2016 – 15 K 3894/12, EFG 2016, 1925 – Rev. I R 56/16. 2 So BFH v. 25.4.1985 – IV R 83/83, BStBl. II 1986, 350 = FR 1985, 537 unter 4); v. 9.8.1989 – X R 110/87, BStBl. II 1990, 195. 3 Nur Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 29 (Stand: Mai 2017); Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 56 (Stand: Juni 2017). 4 BFH v. 9.8.1989 – X R 110/87, BStBl. II 1990, 195 = FR 1990, 113. 5 BFH v. 21.1.1992 – VIII R 72/87, BStBl. II 1992, 958 = FR 1992, 726. 6 BFH v. 5.11.2015 – III R 12/13, BStBl. II 2016, 420 = FR 2016, 682, Rz. 16; v. 16.12.2009 – IV R 48/07, BStBl. II 2010, 799 = FR 2010, 490; v. 21.7.2009 – X R 46/08, BFH/NV 2010, 186; ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 50 ff. (Stand: Juni 2017); Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 48 (Stand: Mai 2016). 7 BFH v. 24.10.1972 – VIII R 32/67, BStBl. II 1973, 233; R 7.1 Abs. 3 GewStR 2009; ebenso Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 7 GewStG Rz. 41 (Stand: Mai 2017); Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 7. 8 R 7.1 Abs. 3 GewStR 2009; BFH v. 1.10.2015 – X R 32/13, BStBl. II 2016, 139 = FR 2016, 224. 9 Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 41 (Stand: Mai 2017).

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 24 § 7

Soweit die Gewinnermittlungsvorschriften Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte einräumen, 21 müssen diese nach der bisherigen Rspr. für die ESt und die GewSt einheitlich ausgeübt werden.1 Mithin soll eine eigenständige Steuerbilanzpolitik für Zwecke der GewSt nicht möglich sein. Allerdings ist die bisherige Begründung für diese konkrete Maßgeblichkeit, nämlich der Verweis auf die Maßgeblichkeit der Handelsbilanzansätze für die Steuerbilanz und diese dann sowohl für die ESt als auch die GewSt,2 mit der Änderung des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG durch das BilMoG3 überholt, da die formelle Maßgeblichkeit nicht mehr existiert. Daher wird teilweise für eine eigenständige GewSt-Bilanz plädiert.4 UE spricht vieles für letztere Ansicht. Letztlich verweist auch der Wortlaut des § 7 Satz 1 GewStG nur auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG/KStG im Allgemeinen. Damit greift das GewStG nicht etwa konkret auf den für Zwecke der ESt/KSt ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb zurück. Mithin können uE Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte, aber bspw. auch die Zuordnung von gewillkürtem BV, für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags selbstständig ausgeübt werden. Letztlich muss sich eine solche eigenständige Gewinnermittlung für Zwecke der GewSt iRd. Vorgaben der Gewinnermittlungsvorschriften des EStG/KStG und der handelsrechtlichen GoB, die auch insoweit über den Verweis in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für die GewSt maßgebend sind, bewegen. Mithin können konsequenterweise auch Ansatz- und Bewertungsspielräume iRd. handelsrechtlichen GoB für Zwecke der GewSt anders ausgeübt werden als für Zwecke der Gewinnermittlung nach ESt/KSt. Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG (Bilanzänderung) sind nach der Rspr. getrennt für die ESt und die GewSt zu prüfen.5 4. Gewerbeertrag bei abweichendem Wirtschaftsjahr § 7 Satz 1 GewStG greift auf den Gewinn zurück, der bei der Ermittlung des Einkommens für denje- 22 nigen VZ zu berücksichtigen ist, der dem EZ entspricht. EZ ist nach § 14 Satz 2 GewStG grds. das Kj., was dem VZ bei der ESt/KSt entspricht (§ 25 Abs. 1 EStG, § 31 Abs. 1 KStG). Bei Unternehmen mit einem vom Kj. abweichenden Wj. gilt nach § 10 Abs. 2 GewStG der Gewerbeertrag in dem EZ als bezogen, in dem das Wj. endet. Auch insoweit gilt also nichts anderes als bei der ESt/KSt (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG). Insoweit schlägt die Wahl eines vom Kj. abweichenden Wj. auch auf die GewSt durch. Soweit bei Betriebseröffnung/Betriebsgründung die sachliche GewStPfl. später einsetzt als die Erfas- 23 sung bei der ESt (Rz. 25), ergibt sich insoweit ausnahmsweise ein verkürzter Ermittlungszeitraum bei der GewSt. 5. Abweichende Gewinnermittlung aufgrund des Objektsteuercharakters a) Korrektur des nach den Vorschriften des EStG/KStG ermittelten Gewinns? Nach § 7 Satz 1 GewStG ist der Gewerbeertrag ausgehend von dem nach den Vorschriften des EStG/ 24 KStG ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zu ermitteln, korrigiert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge (Hinzurechnungen und Kürzungen). Die Rspr. geht allerdings davon aus, dass aus dem Wesen der GewSt als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer (Objektsteuer) folge, dass sich Abweichungen gegenüber der ESt ergeben könnten. Somit soll der für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags heranzuziehende Gewinn aus Gewerbebetrieb zu modifizieren 1 BFH v. 9.8.1989 – X R 110/87, BStBl. II 1990, 195 = FR 1990, 113; v. 21.1.1992 – VIII R 72/87, BStBl. II 1992, 958 = FR 1992, 726; v. 6.9.2000 – XI R 18/00, BStBl. II 2001, 106 = FR 2001, 148; H 7.1 Abs. 1 „Bewertungswahlrechte“ GewStH 2009; hM, nur Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 56 (Stand: Juni 2017); Mathiak, DStR 1990, 255; Glanegger, FR 1990, 469. 2 So BFH v. 25.4.1985 – IV R 83/83, BStBl. II 1986, 350 = FR 1985, 537 unter 4). 3 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz v. 26.5.2009, BGBl. I 2009, 1102. 4 So Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 67a (Stand: Juni 2017); Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 54 (Stand: Mai 2016); Roser, Ubg 2015, 582 (586); zustimmend Nöcker, FR 2013, 1009; aA Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 8; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 29 (Stand: Mai 2017); ausdrücklich offengelassen: BFH v. 6.9.2000 – XI R 18/00, BStBl. II 2001, 106 = FR 2001, 148. 5 BFH v. 16.12.2009 – IV R 48/07, BStBl. II 2010, 799 = FR 2010, 490.

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§ 7 Rz. 25 Gewerbeertrag sein, „soweit die Vorschriften des Einkommensteuerrechts mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang stehen“.1 UE ist in § 7 Satz 1 GewStG eine derartige Korrekturmöglichkeit nicht angelegt. Auch aus dem „Wesen“ der GewSt kann sich eine solche nicht ergeben. Eine Korrektur der Ausgangsgröße für die Ermittlung des Gewerbeertrags ist uE nur dann angezeigt, wenn sich dies aus ausdrücklichen Regelungen des GewStG ergibt.2 Damit ergeben sich folgende Korrekturen des Gewinns aus Gewerbebetrieb für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags: – So wird aus § 7 Satz 1 GewStG abgeleitet, dass Gegenstand der GewSt „als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen Sachsteuer … nur der durch den laufenden Betrieb anfallende Gewinn“3 ist. Daher werden Vorgänge aus Anlass der Gründung und der Veräußerung des Gewerbebetriebes nicht erfasst.4 – Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG wird der Gewerbebetrieb nur insoweit erfasst, als dieser im Inland betrieben wird. Damit sind im Ausland erzielte Gewinnbestandteile auszuscheiden. Dagegen sind folgende Korrekturen abzulehnen: – Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für eine Minderung des Gewerbeertrags, um im Sinne einer Korrespondenz die Teilwertaufholung vom Einfluss auf den Gewerbeertrag auszuschließen, weil sie eine aufgrund § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG nicht gewerbesteuerwirksame Teilwertabschreibung ausgleicht.5 – § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG ist als typisierende Missbrauchsverhinderungsvorschrift über § 7 Satz 1 GewStG auch gewstl. anzuwenden; eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 GewStG kommt nicht in Betracht, soweit ein Mitunternehmer zunächst eine in seinem Sonderbetriebsvermögen gehaltene GmbH-Beteiligung an seine Mitunternehmerschaft veräußert, um sodann seinen gesamten Mitunternehmeranteil an einen Dritten zu veräußern.6 b) Beginn der sachlichen Steuerpflicht – Abgrenzung von Vorbereitungshandlungen 25

Die sachliche GewStPfl. beginnt nach st. Rspr. erst dann, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines (originären oder fiktiven) Gewerbebetriebs erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 GewStG iVm. § 15 Abs. 2 EStG) und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt wurde.7 Entscheidend ist, wann die Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt sind, sodass das Unternehmen sich mit eigenen gewerblichen Leistungen am Markt beteiligen kann.8 Die Gewinnermittlung nach § 7 Satz 1 GewStG erfasst mithin nur Gewinne und Verluste aus dem laufenden Betrieb; andere Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben sind auszuscheiden.9

1 BFH v. 24.10.1990 – X R 64/89, BStBl. II 1991, 358 = FR 1991, 213; v. 8.5.1991 – I R 33/90, BStBl. II 1992, 437 = FR 1992, 51, unter II.B.2.a; v. 9.6.2010 – I R 107/09, FR 2010, 896 Rz. 25 mwN; v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 = FR 2004, 997; v. 3.12.2015 – IV R 4/13, BStBl. II 2016, 544 = FR 2016, 478 m. Anm. Nöcker; krit. hierzu Selder, FR 2014, 174. 2 So wohl auch BFH v. 7.9.2016 – I R 9/15, BFH/NV 2017, 485 Rz. 14 f. 3 BFH v. 1.2.1979 – IV R 219/75, BStBl. II 1979, 444. 4 BFH v. 20.8.1965 – VI 154/65 U, BStBl. III 1966, 94; v. 1.2.1979 – IV R 219/75, BStBl. II 1979, 444; v. 23.11.1988 – X R 1/86, BStBl. II 1989, 376 = FR 1989, 278; v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132, Rz. 32; v. 1.8.2013 – IV R 19/11, BFH/NV 2014, 75 Rz. 15 mwN; krit. Roser, Ubg 2015, 582 (588); Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 21 (Stand: April 2017). 5 BFH v. 7.9.2016 – I R 9/15, BFH/NV 2017, 485, in Anschluss an BFH v. 23.9.2008 – I R 19/08, BStBl. II 2010, 301 = FR 2009, 542 m. Anm. Wendt. 6 BFH v. 3.12.2015 – IV R 4/13, BStBl. II 2016, 544 = FR 2016, 478 m. Anm. Nöcker. 7 BFH v. 13.4.2017 – IV R 49/15, BFH/NV 2017, 1129 Rz. 18; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 14.4.2011 – IV R 52/09, BStBl. II 2011, 929 = FR 2011, 826; v. 5.3.1998 – IV R 23/97, BStBl. II 1998, 745; FG Sa.-Anh. v. 6.5.2010 – 5 K 1712/08, EFG 2011, 258; FG Nürnberg v. 3.7.2013 – 3 K 1635/12, juris. 8 BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132, Rz. 33. 9 Vgl. auch Neu/Hamacher, FR 2013, 843.

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 28 § 7

UE ist diese Rspr. und Ansicht kritisch zu sehen.1 Vielmehr gebietet das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit auch in Bezug auf die GewSt als auf den Gewerbebetrieb bezogene Steuer, dass alle Betriebsausgaben, die durch die Ingangsetzung des Gewerbebetriebs veranlasst sind, steuermindernd erfasst werden. Damit sind nach st. Rspr. und hM Vorbereitungskosten aus der Gewinnermittlung auszuscheiden, 26 die einkommensteuerlich als vorweggenommene Betriebsausgaben abzugsfähig sein können, da bei der ESt als Personensteuer sämtliche betrieblichen Vorgänge von der ersten Vorbereitungshandlung zur Eröffnung eines Betriebs an erfasst werden, gewstl. aber nicht erfasst werden.2 Zu den bloßen, gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen werden zB die Anmietung eines Geschäftslokals, die Errichtung eines Fabrikgebäudes oder eines Hotels, mit dessen Betrieb erst nach dessen Fertigstellung begonnen wird, gezählt.3 Erfolgt die Anschaffung von AV bereits vor dem Zeitpunkt des Beginns der GewStPfl., so kann 27 AfA bei der GewSt ggf. nur zeitanteilig berücksichtigt werden.4 UE können bei der ESt in Anspruch genommene Sonderabschreibungen auch bei späterem Beginn der GewStPfl. in vollem Umfang bei der GewSt angesetzt werden.5 Der Zeitpunkt des Beginns der werbenden Tätigkeit kann nicht generell definiert werden, sondern 28 ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten ebenfalls unterschiedlich zu bestimmen sein.6 Da diese Aufwendungen (in der Regel wird dies keine Einnahmen betreffen) gewstl. nicht geltend gemacht werden können, wird in der Praxis regelmäßig versucht, diese auf einen Zeitpunkt nach Beginn der sachlichen GewStPfl. zu verlagern. Zur Abgrenzung gewstl. nicht zu berücksichtigender Vorbereitungshandlungen der Verweis auf folgende Rspr.: – Errichtung eines Windparks:7 Der Beginn der sachlichen GewStPfl. erfolgt mit der Fertigstellung des Windparks und der Inbetriebnahme der Windkraftanlagen. Inbetriebnahme war vorliegend die Übergabe der Anlagen an den automatischen Betrieb. Der spätere Gefahrenübergang änderte im vorliegenden Fall hieran nichts. – Ein-Schiff-Betrieb: Bei einem Betrieb, dessen Unternehmensgegenstand der Bau und Betrieb eines Schiffs ist (sog. Ein-Schiff-Betrieb), führt nicht schon der Bau, sondern erst die Indienststellung des Schiffs zum Beginn der sachlichen GewStPfl. Die zuvor bestehende Baureederei unterhält noch keinen Gewerbebetrieb, da sie der Allgemeinheit noch keine eigenen gewerblichen Leistungen gegen Entgelt anbietet. Anders liegt der Fall, wenn die Veräußerung und nicht der Betrieb des Schiffs beabsichtigt ist. Dann ist bereits der Bau des Schiffs als Beginn der werbenden Tätigkeit anzusehen, denn die Herstellung der später zu veräußernden Waren ist Gegenstand des gewerblichen Betriebes.8 – Allerdings kann auch eine Personengesellschaft, deren Zweck nach ihrem Gesellschaftsvertrag (nur) der Erwerb und Betrieb eines Schiffs ist, vor Beginn dieses Schiffsbetriebs bereits einen anderen Gewerbebetrieb unterhalten, sofern sie tatsächlich Tätigkeiten entfaltet, die die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 1 GewStG erfüllen und sich nicht lediglich als Vorbereitungshandlungen des Schiffsbetriebs darstellen.9 1 So auch Roser, Ubg 2015, 582 (588); Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 21 (Stand: April 2017). 2 Kritisch Hidien, StBp. 2008, 125. 3 BFH v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt, unter II.1.b, mwN; v. 22.11.1994 – VIII R 44/92, BStBl. II 1995, 300 = FR 1995, 116 m. Anm. Schmidt. 4 Hierzu BFH v. 14.4.2011 – IV R 52/09, BStBl. II 2011, 929 = FR 2011, 826. 5 So für den Fall eines Endes der GewStPfl.: BFH v. 25.2.1986 – VIII R 271/81, BStBl. II 1986, 528 = FR 1986, 419. 6 BFH v. 28.11.2012 – IV B 11/12, BFH/NV 2013, 773. 7 BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132; auch FG Berlin-Bdb. v. 23.3.2017 – 4 K 4155/16, juris (NZB IV B 22/17). 8 BFH v. 28.11.2012 – IV B 11/12, BFH/NV 2013, 773; FG Hbg. v. 12.12.2011 – 6 K 150/10, DStRE 2013, 85; v. 25.10.2011 – 2 K 13/11, DStRE 2012, 1268. 9 BFH v. 13.4.2017 – IV R 49/15, BFH/NV 2017, 1129 Rz. 23.

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§ 7 Rz. 29 Gewerbeertrag – Zur Abgrenzung der nicht gewerbesteuerbaren Abwicklung eines nicht begonnenen Schiffsbetriebs von einer der GewSt unterliegenden neuen werbenden Tätigkeit vgl. BFH v. 13.10.2016.1 Insoweit ist maßgeblich, ob eine neue gewerbliche Tätigkeit begonnen wird. – Auftragsentwicklung eines Produkts: Die Entwicklung des Produkts ist dann keine Vorbereitungshandlung, sondern bereits die eine sachliche GewStPfl. auslösende gewerbliche Tätigkeit, wenn die Entwicklung des Produkts geschuldet ist; dies gilt insbes. dann, wenn ein Produkt individuell nach den Wünschen des Kunden zu entwickeln und herzustellen ist und der Kunde die Entwicklungskosten übernimmt.2 – Obwohl eine GmbH als juristische Person erst mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht (§ 11 Abs. 1 GmbHG), unterliegt bereits die Vorgesellschaft, dh. die KapGes. nach Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags, aber vor Eintragung der GewSt, vorausgesetzt, dass die Registereintragung nachfolgt und die Vorgesellschaft eine nach außen in Erscheinung tretende geschäftliche Tätigkeit aufgenommen hat.3 Eine vermögensverwaltend tätige KapGes. unterliegt vor ihrer Eintragung in das Handelsregister (sog. Vorgesellschaft) der GewSt, wenn sie in dem Zeitraum zwischen Gründung und Handelsregistereintragung (vermögensverwaltende) Tätigkeiten entfaltet, die über den Kreis bloßer Vorbereitungshandlungen hinausgehen.4 Vorstehende Rechtsgrundsätze zum Beginn der sachlichen GewStPfl. gelten gleichermaßen für Einzelgewerbetreibende wie für Personengesellschaften, und zwar unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter.5 c) Beschränkung auf das Inland 29

Zwar greift das GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags mit dem Gewerbebetrieb (§ 7 iVm. § 2 GewStG) auf die gleiche Einheit zurück, wie das EStG mit dem gewerblichen Unternehmen iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG,6 jedoch erfasst die GewSt den Gewerbebetrieb nur insoweit, als dieser im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Auf ausländische Betriebsstätten entfallende Gewinne sind daher auszuscheiden (§ 2 Abs. 1 Satz 3, § 9 Nr. 3 GewStG).7 Dabei richtet sich der Inhalt des Begriffs „Betriebsstätte“ nach § 12 AO.8 Hinsichtlich der Abgrenzung des Gewinns der inländischen von der ausländischen Betriebsstätte sind die für Zwecke der ESt bzw. KSt maßgeblichen Regeln der Gewinnabgrenzung heranzuziehen.9 Fraglich – wenn auch iErg. unerheblich – ist allerdings, auf welcher Stufe Gewinne aus ausländischen Betriebsstäten aus dem Gewerbeertrag ausgeschieden werden, ob dies also bereits bei der Ermittlung der Ausgangsgröße der Ermittlung des Gewerbeertrags als Korrektur bei der Übernahme des nach den Vorschriften des EStG/KStG ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb erfolgt oder aber erst über die Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG. In der Literatur wird allgemein die letztere Ansicht vertreten.10 So bestimmt auch H 7.1 Abs. 1 „Ausländische Betriebsstättenergebnisse“ GewStH 2009, dass eine Korrektur mittels positiver oder negativer Kürzung gem. § 9 Nr. 3 GewStG erfolgt.

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Unstrittig ist, dass in DBA-Fällen die Steuerbefreiung der Betriebsstätten-Gewinne nach Art. 7 OECD-MA 2011 zu beachten ist, mithin Gewinne aus Betriebsstätten, für die das Besteuerungsrecht Deutschland nicht zusteht, nicht in die Ausgangsgröße der Ermittlung des Gewerbeertrags einfließen.11 1 BFH v. 13.10.2016 – IV R 21/13, BStBl. II 2017, 475. 2 FG Nürnberg v. 3.7.2013 – 3 K 1635/12, juris. 3 Vgl. BFH v. 8.4.1960 – III 129/57 U, BStBl. III 1960, 319; v. 16.2.1977 – I R 244/74, BStBl. II 1977, 561; R 2.5 Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009. 4 BFH v. 24.1.2017 – I R 81/15, DStR 2017, 1591. 5 BFH v. 13.4.2017 – IV R 49/15, BFH/NV 2017, 1129 Rz. 21; v. 13.10.2016 – IV R 21/13, BStBl. II 2017, 475; BFH v. 5.3.1998 – IV R 23/97, BStBl. II 1998, 745 mwN; v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt; v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132, Rz. 33. 6 BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1080, 465. 7 BFH v. 9.7.2003 – I R 4/02, BFH/NV 2004, 83. 8 BFH v. 9.7.2003 – I R 4/02, BFH/NV 2004, 83; FG Münster v. 17.6.2016 – 9 K 593/13 K,G,F, EFG 2016, 1919. 9 Vgl. Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 17 (Stand: Mai 2017). 10 Nur Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 15 ff. (Stand: Juni 2017). 11 Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 15 ff. (Stand: Juni 2017).

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 33 § 7

Ausländische Betriebsstättenverluste sind allerdings trotz Bestehens eines DBA mit Freistellungsme- 31 thode im Inland abziehbar, wenn der StPfl. nachweist, dass die Verluste im Quellenstaat stl. unter keinen Umständen anderweitig verwertbar sind (sog. finale Verluste).1 Dies gilt auch für Zwecke der GewSt.2 Insofern erfolgt auch keine Korrektur nach § 9 Nr. 3 GewStG.3 d) Vermeidung von Doppelerfassungen durch Gewinn und Hinzurechnungen Der Rückgriff auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb kann im Zusammenspiel mit Hinzurechnungen 32 oder Kürzungen zu Verwerfungen führen. Insoweit ist ggf. eine Korrektur vorzunehmen, um eine Doppel- oder auch eine Nichterfassung zu vermeiden.4 So sind Gewinnbestandteile, die auf der Auflösung oder dem Rückfluss von in früheren Jahren gewinnmindernd berücksichtigten, bei der GewSt jedoch nach § 8 GewStG hinzugerechneten Beträgen beruhen, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags auszuscheiden. Hierzu konkretisiert R 7.1 Abs. 1 Sätze 4 bis 5 GewStR 2009: „Der Umfang der Minderung richtet sich dabei nach der Höhe der tatsächlichen Hinzurechnung. Sind Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchstaben a) bis f) GewStG erfolgt, sind zur Ermittlung der Minderung die als Bestandteil des Gewinns anzusehenden Erträge im Sinne des Satzes 1 im Erhebungszeitraum der ursprünglichen Hinzurechnung von den bei der Ermittlung der Hinzurechnung berücksichtigten Beträgen abzuziehen.“ Beispiel (H 7.1 Abs. 1 „Korrektur nach erfolgter Hinzurechnung“ GewStH 2009): A ist Inhaber eines Einzelunternehmens. Der nach den Vorschriften des EStG ermittelte Gewinn beträgt in den EZ 01 und 02 jeweils 100.000 Euro. Als Betriebsausgaben wurden jeweils Entgelte für Schulden iHv. 300.000 Euro berücksichtigt. Ein Teilbetrag iHv. 100.000 Euro der im EZ 01 gezahlten Entgelte für Schulden wurde im EZ 02 erstattet. Der Erstattungsbetrag ist im EZ 02 als Betriebseinnahme erfasst worden. Lösung: In den EZ 01 und 02 ist jeweils ein Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG iHv. 50.000 Euro anzusetzen (Entgelte für Schulden iHv. 300.000 Euro abzgl. des Freibetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG iHv. 100.000 Euro; davon ein Viertel). Die Erstattung im EZ 02 beeinflusst die in den EZ 01 und 02 zu berücksichtigenden Hinzurechnungsbeträge nicht. Zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung ist der bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 GewStG im EZ 02 zugrunde zu legende Gewinn um den auf den Erstattungsbetrag entfallenden Hinzurechnungsbetrag des EZ 01 zu mindern. Der Minderungsbetrag ist wie folgt zu bestimmen: Entgelte für Schulden im EZ 01 300.000 t abzgl. Erstattungsbetrag ./. 100.000 t abzgl. Freibetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG ./. 100.000 t verbleiben 100.000 t fiktiver Hinzurechnungsbetrag im EZ 01 (300.000 t ./. Erstattung in 02: 100.000 t ./. Freibetrag 100.000 t = 100.000 t × 1/4) 25.000 t tatsächlicher Hinzurechnungsbetrag im EZ 01 50.000 t Differenz (= Minderungsbetrag) 25.000 t Im EZ 02 ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ein Gewinn iHv. 75.000 Euro zugrunde zu legen (tatsächlicher Gewinn iHv. 100.000 Euro abzgl. des Minderungsbetrags iHv. 25.000 Euro). Ermittlung des Gewerbeertrags: EZ 01 EZ 02 Ausgangsgröße iSd. § 7 GewStG 100.000 t 75.000 t Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG 50.000 t 50.000 t Gewerbeertrag iSd. § 7 GewStG 150.000 t 125.000 t

e) Veräußerungs-/Aufgabegewinne Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen dem laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb, der nach § 7 33 Satz 1 GewStG zu erfassen ist, und nicht zu erfassenden Veräußerungs-/Aufgabegewinnen sei auf fol1 BFH v. 5.2.2014 – I R 48/11, FR 2014, 714 = BFH/NV 2014, 963; v. 9.6.2010 – I R 107/09, FR 2010, 896 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2010, 1744; v. 9.11.2010 – I R 16/10, FR 2011, 489 = BFH/NV 2011, 524. 2 BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, FR 2010, 896 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2010, 1744. 3 Nur Kessler/Philipp, IStR 2010, 865. 4 BFH v. 13.1.1977 – IV R 9/73, BStBl. II 1977, 472.

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§ 7 Rz. 34 Gewerbeertrag gende Besonderheiten hingewiesen (mehr zur gewstl. Behandlung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen nach § 7 Satz 1 GewStG in Rz. 48 ff.): – Realteilung mit Spitzenausgleich: Eine Realteilung mit Spitzenausgleich liegt vor, wenn ein Mitunternehmer aus eigenen Mitteln einen Ausgleich an den anderen Mitunternehmer leistet, weil er etwa iRd. Realteilung WG übernommen hat, deren Verkehrswerte den Wert seines Anteils am Gesamthandsvermögen übersteigen.1 Wird ein Spitzen- oder Wertausgleich gezahlt, liegt im Verhältnis des Spitzenausgleichs zum Wert des übernommenen BV ein entgeltliches Geschäft vor. Auch für Zwecke der GewSt liegt eine Betriebsaufgabe vor.2 Die nachträgliche Aufdeckung vorgenannter stiller Reserven ist diesem Vorgang zuzuordnen. Der Gewinn rechnet grds. nicht zum Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG.3 Zu prüfen ist die Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG. – Ein Liquidationsgewinn ist einem Aufgabegewinn iSd. § 16 Abs. 3 EStG gleichzusetzen. § 16 Abs. 4 EStG ist auf Liquidationsgewinne einer KapGes. sowohl bei der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens als auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags anzuwenden.4 – Im Fall der Betriebsaufgabe ist für diesen Zeitpunkt der Übergang zum Vermögensvergleich zu unterstellen. Die dabei erforderlichen Zu- und Abrechnungen gehören zum laufenden Gewinn und sind deshalb bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen.5 – Nach der Rspr. des BFH handelt es sich bei dem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB um laufenden Gewinn – und nicht um Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn – auch dann, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs des Handelsvertreters zusammenfällt.6 – Ein nach § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn zu erfassender Veräußerungsgewinn unterliegt auch der GewSt.7 – Im Falle einer längerfristigen Betriebsunterbrechung besteht keine GewStPfl.8 – Im Falle eines Strukturwandels von einem Gewerbebetrieb in einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder in eine als selbstständige Arbeit (§ 18 EStG) eingestufte Tätigkeit erfolgt mangels Entnahmehandlung keine Aufdeckung der stillen Reserven. In diesen Fällen erfolgt gewstl. eine endgültige Entstrickung. Eine separate Erfassung eines Entnahmegewinns bei der GewSt wird mangels gesetzlicher Grundlage abgelehnt.9 Gleiches gilt bei einem Strukturwandel zur Liebhaberei.10 6. Rechtsformspezifische Besonderheiten bei der Ermittlung des Gewerbeertrags a) Einzelunternehmen 34

Werden von einer natürlichen Person mehrere Gewerbebetriebe unterhalten, so sind diese nach § 2 Abs. 1 GewStG jeweils als selbstständiger Steuergegenstand zu betrachten. Zur Abgrenzung und Prüfung, ob mehrere selbstständige Gewerbebetriebe bestehen, vgl. § 2 GewStG Rz. 22 ff.

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Ist eine natürliche Person teils gewerblich, teils freiberuflich tätig, so sind nach den einkommensteuerlichen Maßstäben die Einkünfte grds. getrennt voneinander zu ermitteln;11 die sog. Abfärbeoder Geprägetheorie gilt – anders als bei Personengesellschaften – für den Einzelunternehmer nicht.

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BFH v. 11.4.2013 – III R 32/12, BStBl. II 2014, 242 = FR 2013, 1080 m. Anm. Kanzler. BFH v. 17.2.1994 – VIII R 13/94, BStBl. II 1994, BStBl. II 1994, 809 = FR 1994, 650. BMF v. 20.12.2016 – IV C 6 - S 2242/07/10002 :004 – DOK 2016/1109299, BStBl. I 2017, 36, unter VI. BFH v. 8.5.1991 – I R 33/90, BStBl. II 1992, 437 = FR 1992, 51. BFH v. 23.11.1961 – IV 98/60 S, BStBl. III 1962, 199; v. 24.10.1972 – VIII R 32/67, BStBl. II 1973, 233. Nur BFH v. 8.12.2016 – III R 41/14, BStBl. II 2017, 630 Rz. 12; v. 9.2.2011 – IV R 37/08, BFH/NV 2011, 1120 Rz. 24 mwN; so auch ausdrücklich für die GewSt BFH v. 24.11.1982 – I R 60/79, BStBl. II 1983, 243 = FR 1983, 199; v. 19.2.1987 – IV R 72/83, BStBl. II 1987, 570 = FR 1987, 314; v. 26.11.2009 – III R 110/07, BFH/NV 2010, 1304 mwN; v. 17.3.2009 – X B 225/08, BFH/NV 2009, 967. BFH v. 18.12.2014 – IV R 59/11, BFH/NV 2015, 520. BFH v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735 = FR 1998, 1004; ebenso R 2.6 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. BFH v. 9.12.1986 – VIII R 26/80, BStBl. II 1987, 342 = FR 1987, 176. BFH v. 11.5.2016 – X R 61/14, BStBl. II 2016, 939 = FR 2016, 1043 m. Anm. Kanzler, Rz. 45 ff. Nur BFH v. 8.10.2008 – VIII R 53/07, BStBl. II 2009, 143 = FR 2009, 429.

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 38 § 7

Ehegatten sind hinsichtlich der Abgrenzung von Gewerbebetrieben getrennt voneinander zu beurtei- 36 len, auch dann, wenn bei der ESt eine Zusammenveranlagung erfolgt. Insoweit wird auch für Zwecke der GewSt dem einkommensteuerlichen Grundsatz gefolgt, dass die Einkünfte jedes Ehegatten separat zu ermitteln sind. Handeln die Ehegatten gemeinsam, so kann eine Personengesellschaft vorliegen. Aufgrund des Objektsteuercharakters der GewSt sind bei natürlichen Personen und Personengesell- 37 schaften bei der Ermittlung des Gewinns für Zwecke der GewSt insbes. die folgenden Vorschriften nicht anzuwenden:1 – § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Nr. 2, Nr. 3 und Abs. 3 Satz 1 EStG (Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs), und zwar auch in Fällen der Veräußerung eines Teilbetriebs oder des Anteils eines Gesellschafters; – § 17 EStG (Veräußerung von Beteiligungen im Privatvermögen); – § 24 EStG (Entschädigungen usw.); – § 15 Abs. 4 EStG; – § 15a EStG (Verluste bei beschränkter Haftung); – § 15b EStG (Verluste aus Steuerstundungsmodellen). b) Personengesellschaften Da § 7 Satz 1 GewStG auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG verweist, ist der Gewerbeer- 38 trag einer Mitunternehmerschaft auf Basis der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft, also einschließlich Ergänzungs- und Sonderbilanzen zu ermitteln.2 § 7 Satz 6 GewStG bestätigt dies. Hinsichtlich der Abgrenzung des gewerblichen Unternehmens ist also auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zurückzugreifen. Insoweit ist auf folgende Besonderheiten hinzuweisen: – Eine vGA iSd. § 8a Abs. 5 KStG aF (sog. Korb II-Gesetz) ist nicht erst auf der Stufe der Mitunternehmer-KapGes., sondern als Teil des gesondert und einheitlich festzustellenden Gewinns einer Personengesellschaft und damit auch bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags zu erfassen.3 – § 8b Abs. 1 KStG schlägt als sachliche Steuerbefreiung auf die GewSt durch.4 Für Körperschaftsteuerpflichtige gilt § 8b KStG auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer zwischengeschalteten Personengesellschaft (Klarstellung durch § 7 Satz 4 Halbs. 2 GewStG).5 Gewerbesteuerlich ist allerdings ggf. die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG zu beachten. – Soweit an der Mitunternehmerschaft unmittelbar oder mittelbar natürliche Personen beteiligt sind, gilt auch für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG und § 3c Abs. 2 EStG. – Soweit an einer Personengesellschaft neben dem Komplementär nur ein Kommanditist beteiligt ist, der den Kommanditanteil treuhänderisch für den Komplementär hält und der Kommanditanteil dem Treuhänder damit keine Mitunternehmerposition vermittelt, liegt mangels zweier Mitunternehmer keine Mitunternehmerschaft vor. Das gesamte Vermögen der KG ist ertragsteuerlich dem Komplementär als Treugeber zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO) und nur dieser erzielt damit gewerbliche Einkünfte kraft einzelunternehmerischer Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Der BFH hat diese einkommensteuerliche Würdigung auch für Zwecke der GewSt ausdrücklich bestätigt.6 Dieses sog. „Treuhandmodell“ bietet die Möglichkeit, eine gewstl. Transpa1 R 7.1 Abs. 3 GewStR 2009. 2 Nur BFH v. 3.4.2008 – IV R 54/04, BStBl. II 2008, 742 = FR 2008, 1011 m. Anm. Wendt (zu Sonder-BV II); v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 mwN; v. 28.2.2013 – IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122; ebenso R 7.1 Abs. 3 GewStR 2009; so auch Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 74 (Stand: Mai 2016). 3 BFH v. 7.6.2016 – I R 51/14, BStBl. II 2017, 185 = FR 2017, 537. 4 BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150. 5 BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150; anders noch BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 57 f. 6 BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628; hierzu nur Benz/Groß, DStR 2010, 839; Hubertus/Lüdemann, BB 2010, 2474; Wacker, NWB 2010, 2133; Jochimsen/Mangold/Zinowsky, DStR 2014, 2045.

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§ 7 Rz. 39 Gewerbeertrag renz von Personengesellschaften herbeizuführen. Mithin wird die gewerbliche Tätigkeit der Personengesellschaft in vollem Umfang dem Komplementär zugerechnet und geht in dessen Gewerbebetrieb auf. c) Kapitalgesellschaften 39

Für die Gewinnermittlung der KapGes. gelten aufgrund der Verweisung in § 8 Abs. 1 KStG die Vorschriften des EStG und des KStG. Zu den anzuwendenden Vorschriften s. auch Rz. 12. Hinsichtlich der Abgrenzung der anzuwendenden Vorschriften kann auf das Einkommensermittlungsschema nach R 7.1 KStR 2015 zurückgegriffen werden. Maßgeblich sind alle Schritte bis zur Zwischengröße „steuerlicher Gewinn“ (Zeile 21). Auf folgende Besonderheiten ist hinzuweisen: – Bei KapGes. gelten nach § 8 Abs. 2 KStG alle Einkünfte als „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ und unterliegen damit der GewSt. – Der Gewinn aus einer Betriebs- oder Teilbetriebsaufgabe gehört bei Körperschaften iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG – anders als bei Einzelgewerbetreibenden bzw. Personengesellschaften1 – zum Gewerbeertrag.2 – § 11 KStG, der die Gewinnermittlung bei Auflösung und Abwicklung einer KapGes. regelt, ist als Gewinnermittlungsvorschrift auch bei der GewSt zu beachten.3 Befindet sich die KapGes. in der Abwicklung, so ist der Gewerbeertrag anteilig nach Monaten auf die Jahre des Abwicklungszeitraums zu verteilen (§ 16 GewStDV; R 7.1 Abs. 8 GewStR 2009). – Von den körperschaftsteuerlichen Vorschriften bleiben die §§ 24, 25 KStG unberücksichtigt. Die Freibeträge für kleinere Körperschaften und für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, die Land- und Forstwirtschaft betreiben, werden bei der GewSt nicht berücksichtigt. d) Besteuerung kleiner Körperschaften

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R 7.1 Abs. 7 GewStR 2009 bestimmt, dass bei kleinen Körperschaften uU die Festsetzung der GewSt unterbleiben kann. Im Einzelnen gilt: Nach § 156 Abs. 2 AO kann die Festsetzung von Steuern unterbleiben, wenn feststeht, dass die Kosten der Einziehung einschließlich der Festsetzung außer Verhältnis zu dem festzusetzenden Betrag stehen. Diese Voraussetzung kann im Einzelfall bei kleinen Körperschaften, insbes. bei Vereinen, Stiftungen und Genossenschaften und bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, erfüllt sein. Bei diesen Körperschaften kann ein solches Missverhältnis insbes. dann vorliegen, wenn der Gewinn im Einzelfall offensichtlich 500 Euro nicht übersteigt. Dementsprechend kann in diesen Fällen von der Festsetzung eines GewSt-Messbetrags abgesehen werden. e) Ermittlung des Gewerbeertrags bei Organschaftsverhältnissen

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Die Voraussetzungen für eine gewstl. Organschaft sind in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG geregelt (vgl. § 2 GewStG Rz. 123 ff.). Ist eine KapGes. Organgesellschaft iSd. §§ 14 oder 17 KStG, so gilt sie danach als Betriebsstätte des Organträgers. Allerdings verbleibt es bei einer selbstständigen Ermittlung der Gewerbeerträge von Organträger einerseits und Organgesellschaft andererseits, nur die persönliche GewStPfl. der Organgesellschaft wird für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet – sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie.4 Die selbstständige Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaften und des Organträgers hat insbes. folgende Konsequenzen:

1 Vgl. nur BFH v. 17.2.1994 – VIII R 13/94, BStBl. II 1994, 809 = FR 1994, 650 mwN; ebenso R 7.1 Abs. 3 Nr. 1 GewStR 2009. 2 BFH v. 5.9.2001 – I R 27/01, BStBl. II 2002, 155 (156) = FR 2002, 39 m. Anm. Wendt. 3 Ebenso Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 82 (Stand: Mai 2016). 4 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser; v. 18.5.2011 – X R 4/10, FR 2011, 964 m. Anm. Wendt = BFH/NV 2011, 1610; v. 29.8.2000 – VIII R 1/00, BStBl. II 2001, 114 = FR 2001, 251 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761.

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 44 § 7

– Steuerbefreiungen sind nicht etwa übergreifend anzusetzen, sondern bei der einzelnen Einheit zu prüfen.1 – Eine Teilbetriebsveräußerung bei einer Organgesellschaft ist nicht als solche des Organträgers anzusehen, sondern allein als solche der Organgesellschaft, sodass mögliche Begünstigungen auf Ebene des Organträgers nicht erheblich sind.2 – Die erweiterte gewstl. Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG scheitert bei dem Organträger nicht deshalb, weil die Organgesellschaft die Voraussetzungen der Kürzung nicht erfüllt.3 Dies gilt auch bei Vermietung innerhalb des Organkreises.4 Allerdings ist die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) zu versagen, wenn es sich bei dem Grundstücksunternehmen um eine Organgesellschaft handelt, die alle ihre Grundstücke an eine andere Organgesellschaft desselben Organkreises vermietet.5 Im Falle einer Organschaft erfolgt die Ermittlung des Gewerbeertrags auf zwei Stufen:6 42 – Erster Schritt: Die Gewerbeerträge der in den Organkreis einzubeziehenden Unternehmen sind für die einzelnen Unternehmen selbstständig zu ermitteln, da diese auch stl. selbstständig bleiben.7 Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass die Organschaft das Bestehen eines Ergebnisabführungsvertrags voraussetzt. Bei der Ermittlung der einzelnen Gewerbeerträge sind die Gewinn-/Verlustabführungen nicht zu beachten; die Gewinnabführung folgt nach der Gewinnermittlung, sodass diese die Ermittlung des Gewerbeertrags nicht beeinflusst. – Zweiter Schritt: Sodann sind die Gewerbeerträge beim Organträger ohne förmliche Zurechnung wie bei der KSt zusammenzufassen. Falls der Organträger und die Organgesellschaft abweichende Wj. haben, werden die Gewerbeerträge der Wj. zusammengerechnet, die in demselben EZ enden.8 Um eine doppelte Erfassung zu vermeiden, unterbleibt eine Hinzurechnung, wenn diese Beträge be- 43 reits an anderer Stelle im Organkreis von einer Hinzurechnung erfasst werden.9 § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG bietet die Rechtsgrundlage dafür, die sich aufgrund der Zusammenrechnung der Gewerbeerträge von Organträger und Organgesellschaft(en) etwa ergebenden ungerechtfertigten stl. Be- oder Entlastungen zu korrigieren.10 – Betroffen hiervon sind insbes. Dauerschuldzinsen. Nimmt also bspw. der Organträger ein langfristiges Darlehen auf und reicht dieses der Organgesellschaft weiter, so unterbleibt eine Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen bei der Organgesellschaft. Hierdurch werden Finanzierungen der Unternehmensgruppe und insbes. auch die Führung von Verrechnungskonten deutlich vereinfacht, was einen wesentlichen Vorteil der gewstl. Organschaft darstellt. – Korrekturen sind ebenso erforderlich betr. Teilwertabschreibungen wegen Gewinnausschüttungen oder -abführungen, da sich der Verlust ansonsten doppelt auswirken würde.11 – Zu weiteren Sonderregelungen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft vgl. § 7a GewStG Rz. 24 ff. Die Sonderregelungen der Mehr- und Minderabführung des § 14 Abs. 3 und 4 KStG und insbes. die 44 Grundsätze zur Bildung und Auflösung von organschaftlichen Ausgleichsposten gelten als Gewinn1 Zu § 3 Nr. 20 GewStG vgl. BFH v. 10.3.2010 – I R 41/09, BStBl. II 2011, 181 = FR 2010, 846 m. Anm. Wendt; v. 4.6.2003 – I R 100/01, BStBl. II 2004, 244 = FR 2003, 1235 m. Anm. Wendt. 2 BFH v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761; krit. Carlé/Carlé, NZG 2004, 650 (651). 3 BFH v. 30.7.1969 – I R 21/67, BStBl. II 1969, 629. 4 FG München v. 14.11.2005 – 7 K 2699/03, rkr., EFG 2006, 578. 5 BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227. 6 Nur BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916; v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 Rz. 18 f. 7 BFH v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761. 8 So auch Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 218 (Stand: März 2016). 9 So auch BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, GmbHR 2015, 149; auch R 7.1 Abs. 5 Satz 3 GewStR 2009. 10 BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 Rz. 23. 11 BFH v. 19.11.2003 – I R 88/02, BStBl. II 2004, 751 = FR 2004, 588; auch R 7.1 Abs. 5 Sätze 6 bis 7 GewStR 2009 und H 7.1 Abs. 5 „Teilwertabschreibungen bei Organschaft“ GewStH 2009.

Schiffers

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§ 7 Rz. 45 Gewerbeertrag ermittlungsvorschriften auch für die GewSt.1 Allerdings gibt es auch Fallgestaltungen, bei denen ein organschaftlicher Ausgleichsposten nur für Zwecke der KSt gebildet wird – so bspw., wenn eine Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft besteht und bei dieser eine Ergänzungsbilanz gebildet wird.2 In diesem Fall wird es für sachgerecht gehalten, die Gewinnauswirkung des § 14 Abs. 4 KStG für gewstl. Zwecke außerbilanziell zu korrigieren.3 45

Bei sog. Ausgleichszahlungen nach § 16 KStG, die bei der Organgesellschaft unmittelbar zu versteuern sind (20/17 der geleisteten Ausgleichszahlung), ist zu beachten, dass es sich insoweit nicht um Gewinnermittlungsvorschriften handelt. Die Finanzverwaltung geht entsprechend davon aus, dass der volle Gewerbeertrag einschließlich des nur bei der KSt vorhandenen eigenen Einkommens der Organgesellschaft iHd. geleisteten Ausgleichszahlung mit dem vom Organträger selbst erzielten Gewerbeertrag zusammenzurechnen ist.4 Der Gewerbeertrag der Organgesellschaft umfasst mithin das dem Organträger nach § 14 KStG zuzurechnende Organeinkommen und das nach § 16 KStG bei ihm selbst der KSt zu unterwerfende eigene Einkommen.

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Gewerbesteuerumlagen, soweit sie im Rahmen einer gewstl. Organschaft veranlasst sind, sind stl. unbeachtlich, also bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht zu berücksichtigen.5

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In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass der einheitliche GewSt-Messbetrag allein gegenüber dem Organträger festzusetzen ist. Einwendungen gegen die Ermittlung des GewSt-Messbetrags können also allein gegen diesen Bescheid geltend gemacht werden. Änderungen auf Ebene der Organgesellschaft können nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO beim Organträger berücksichtigt werden.6 Wird dem Organträger infolge einer Gewinnänderung bei der Organgesellschaft ein verändertes Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet und der Körperschaftsteuerbescheid des Organträgers entsprechend geändert, so ist der GewSt-Messbescheid des Organträgers insoweit aber gem. § 35b GewStG von Amts wegen zu ändern.7 7. Gewerbesteuerliche Behandlung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen nach § 7 Satz 1 GewStG a) Vorbemerkung zum Verhältnis zu § 7 Satz 2 GewStG

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Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne sowie die Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe von Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen können entweder nach § 7 Satz 1 GewStG oder nach § 7 Satz 2 GewStG zum Gewerbeertrag gehören. Die GewStPfl. von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen gem. § 7 Satz 1 GewStG wird durch § 7 Satz 2 GewStG nicht eingeschränkt (Rz. 93).8 Zur GewStPfl. von Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinnen sowie von Gewinnen aus der Veräußerung oder Aufgabe von Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen gem. § 7 Satz 2 GewStG wird auf die Kommentierung zu § 7 Satz 2 GewStG verwiesen (Rz. 85 ff.). b) Keine Gewerbesteuerpflicht bei Gewinnrealisation vor Beginn oder nach Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht

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Gewinne und Verluste, die außerhalb des Bestehens der sachlichen GewStPfl. realisiert werden, unterliegen nicht der GewSt.9 Das gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen für die Steuerfreistellung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns iSd. § 7 Satz 1 GewStG dem Grunde nach nicht erfüllt sind.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

So auch Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 215a (Stand: März 2016). Hierzu Dötsch in D/P/M, § 14 KStG Rz. 549 (Stand: August 2016). So Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 215a (Stand: März 2016). R 7.1 Abs. 5 Satz 10 GewStR 2009. Vgl. dazu Gosch in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2016, § 8 Rz. 876 ff. BFH v. 28.1.2004 – I R 84/03, BStBl. II 2004, 539. BFH v. 21.10.2009 – I R 29/09, BStBl. II 2010, 644 = FR 2010, 527. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 378. Vgl. BFH v. 2.2.1972 – I R 217/69, BStBl. II 1972, 470 Rz. 1 („… Die Vorgänge vor Beginn und nach Beendigung der werbenden Tätigkeit können den Gewerbeertrag nicht beeinflussen …“); v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 Rz. 70; Glanegger, FR 1990, 469 (473).

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Schiffers/Franke

B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 54 § 7

Beispiel: Die A-OHG verpachtet ihren Betrieb als Ganzes an die D-GmbH. Gesellschafter der A-OHG sind B und C. An der D-GmbH sind B und C nicht beteiligt. B veräußert die Hälfte seines Mitunternehmeranteils an E. Lösung: Die A-OHG unterliegt nicht der GewSt, weil die Verpachtung eines Betriebs im Ganzen nicht als Gewerbebetrieb anzusehen ist.1 Dementsprechend ist der Gewinn aus der Veräußerung des Teilmitunternehmeranteils durch den B nicht gewstpfl., obwohl entsprechende Veräußerungsgewinne dem Grunde nach gem. § 7 Satz 1 GewStG in den Gewerbeertrag einzubeziehen sind (s. Rz. 66).

c) Prüfungsschema/-reihenfolge Vgl. hierzu die Ausführungen in der Kommentierung zu § 7 Satz 2 GewStG (s. Rz. 95).

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d) Voraussetzungen für die Steuerfreistellung aa) Rechtfertigung im Objektsteuerprinzip Gewinne aus der Aufgabe eines Betriebs gehören nicht zum Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 GewStG 51 und unterliegen daher nicht der GewSt. Rechtfertigung hierfür ist das sog. Objektsteuerprinzip, wonach die GewSt an das Ergebnis des lebenden Gewerbebetriebs anknüpft. Die Ausnahme von der GewStPfl. geht auf die Rspr. des RFH2 zurück. Der RFH hat hervorgehoben, dass die Besteuerung des Ertrags eines Betriebs das Vorhandensein eines Betriebs als solchen voraussetzt. Die Entstehung und das Verschwinden des Betriebs könnten daher nicht Gegenstand der GewSt sein. Der BFH schließt sich diesen Rechtsgrundsätzen in st. Rspr. an.3 Die Veräußerung eines Betriebs führt für sich genommen nicht zur Beendigung des Gewerbebetriebs, 52 sondern nur zu einem Wechsel des Unternehmensinhabers. § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG ordnet aber für diesen Fall eine Beendigung der sachlichen GewStPfl. an. Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne sind vor diesem Hintergrund gewstl. nach den gleichen Grundsätzen zu behandeln.4 Die Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils und die Veräußerung oder Aufgabe 53 eines Teilbetriebs führen nicht zur Beendigung der sachlichen GewStPfl.5 Das Objektsteuerprinzip ist daher eigentlich nicht dazu geeignet, die Gewerbesteuerbefreiung eines Gewinns aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils oder Teilbetriebs zu rechtfertigen. Gleichwohl sind entsprechende Gewinne nach st. Rspr. des BFH nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehen. In Bezug auf die Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils begründet der BFH das damit, dass die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils eine partielle Betriebsbeendigung iSd. § 2 Abs. 5 GewStG ist, die nach den gleichen Grundsätzen wie eine Veräußerung eines gesamten Betriebs zu beurteilen sei.6 Die Ausnahme von der GewStPfl. bei Gewinnen aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs folgt nach der Rspr. des BFH aus der weitgehenden Verselbstständigung eines Teilbetriebs iRd. gesamten Gewerbebetriebs.7 Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne werden vom Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 54 GewStG bei allen GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ausgenommen. Das sind insbes. Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften, einschließlich gewerblich geprägter Personengesellschaf-

1 R 2.2 Satz 1 GewStR 2009. 2 RFH v. 1.12.1937 – VI 688/37, RStBl. 1938, 356; v. 21.5.1940 – I 132/40, RStBl. 1940, 667; v. 4.12.1940 – VI 355/40, RStBl. 1941, 291. 3 ZB BFH v. 20.12.1963 – VI 336/62 U, BStBl. III 1964, 248; v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 = FR 1988, 79; v. 4.3.1998 – X R 56/95, BFH/NV 1998, 1354; v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761. 4 BFH v. 4.3.1998 – X R 56/95, BFH/NV 1998, 1354; vgl. zur Rechtfertigung der Gewerbesteuerbefreiung durch § 2 Abs. 5 GewStG: BFH v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 unter II.2.b.bb.aaa = FR 2004, 997. 5 Vgl. zum Teilbetrieb R 2.7 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009; vgl. zum Mitunternehmeranteil R 2.7 Abs. 2 GewStR 2009. 6 BFH v. 15.3.2000 – VIII R 51/98, BStBl. II 2000, 316 unter II.2.d = FR 2000, 728 m. Anm. Wendt; v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 unter II.2.b.bb.aaa = FR 2004, 997. 7 BFH v. 25.11.2009 – X R 23/09, BFH/NV 2010, 633; vgl. auch BFH v. 1.6.1967 – IV R 47/66, BStBl. III 1967, 730.

Franke

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§ 7 Rz. 55 Gewerbeertrag ten.1 Da sich die sachliche GewStPfl. von Mitunternehmerschaften ausschließlich aus der gewerblichen Tätigkeit gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ergibt, sind Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne einer Mitunternehmerschaft bzw. Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils an sich auch nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehen, soweit sie auf eine KapGes. entfallen.2 § 7 Satz 2 GewStG ordnet jedoch die StPfl. an. Gewinne aus Anlass der Einstellung einer gewerblichen Tätigkeit werden auch bei Körperschaften, deren GewStPfl. sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ergibt (Körperschaften, die keine KapGes. sind), nicht zum Gewerbeertrag gerechnet (zB der Gewinn aus der Aufgabe eines Gewerbebetriebs eines Vereins oder einer Stiftung).3 Gleiches gilt für BgA.4 bb) Besonderheiten bei sachlich Gewerbesteuerpflichtigen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GewStG 55

Die Ausnahme von der GewStPfl. bei Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinnen gilt nicht für KapGes.5 Grund hierfür ist, dass die sachliche GewStPfl. bei KapGes. gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG allein an die Rechtsform anknüpft.6 Die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit führt bei diesen daher für sich genommen nicht zur Beendigung der sachlichen GewStPfl. Das hat wiederum zur Folge, dass sich die aus Anlass der Einstellung der betrieblichen Tätigkeit erzielten Gewinne und Verluste noch auf den lebenden Gewerbebetrieb beziehen und gewstpfl. sind. Das gilt auch für KGaA, weil diese ebenfalls gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gewstpfl. sind.7

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Die GewStPfl. nach § 2 Abs. 3 GewStG knüpft an das Unterhalten eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs an und ergibt sich – im Unterschied zu § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG – nicht alleine aus der Rechtsform des Unternehmensinhabers.8 Gewinne und Verluste von GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 3 GewStG, die aus Anlass der Veräußerung oder Aufgabe des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs entstehen, sind daher nicht gewstpfl.; sie beziehen sich nicht auf den lebenden wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. cc) Abgrenzung zur einkommensteuerlichen Behandlung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen nach §§ 16, 34 EStG

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Der BFH weist in einer Vielzahl von Entscheidungen darauf hin, dass die einkommensteuerlich mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Veräußerungs- und Aufgabegewinne – also Einkünfte iSd. §§ 16, 34 EStG – nicht zum Gewerbeertrag gehören.9 Diesen Grundsatz schränkt er aber zugleich mit Blick auf die Rechtfertigung der Gewerbesteuerbefreiung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen – das Objektsteuerprinzip – (s. Rz. 51 ff.) wieder ein: – So hebt der BFH einerseits hervor, dass es – anders als im Bereich der ESt – nicht darauf ankomme, dass alle stillen Reserven in den wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgedeckt werden. Denn die Nichtbelastung mit GewSt diene nicht dazu, die Folgen der zusammengeballten Realisierung

1 Vgl. zu gewerblich geprägten Personengesellschaften: BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt. 2 BFH v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 = FR 2004, 997 mwN. 3 Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 135; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 336. 4 Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 84. 5 BFH v. 28.2.1990 – I R 92/86, BStBl. II 1990, 699; v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761; v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 = FR 2004, 997; v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 = FR 2011, 140 m. Anm. Wendt. 6 BFH v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761; v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 = FR 2011, 140 m. Anm. Wendt. 7 Vgl. zur GewStPfl. einer KGaA: BFH v. 28.11.2007 – X R 6/05, BStBl. II 2008, 363 = FR 2008, 575 m. Anm. Wendt; Krebbers-van Heek, Finanz- und Steuerrecht in Deutschland und Europa, Band 31, 2016, 61. 8 Vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 4241, der darauf hinweist, dass die sachliche GewStPfl. mit der Aufnahme des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs beginnt und mit der tatsächlichen Einstellung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs endet. 9 BFH v. 17.2.1994 – VIII R 13/94, BStBl. II 1994, 809 = FR 1994, 650; v. 14.12.2006 – IV R 3/05, BStBl. II 2007, 777; v. 26.6.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289 = FR 2007, 1075; v. 3.12.2015 – IV R 4/13, BStBl. II 2016, 544 = FR 2016, 478 m. Anm. Nöcker.

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Franke

B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 58 § 7

stiller Reserven zu mildern, sondern habe ihren Grund im Objektsteuercharakter der GewSt. Entscheidend sei deshalb, dass die betriebliche Tätigkeit endgültig eingestellt werde.1 Insoweit begünstigt der BFH folglich Veräußerungs- und Aufgabegewinne gewstl., auch wenn sie nicht den §§ 16, 34 EStG unterfallen. – Andererseits nimmt der BFH bestimmte Fallgruppen, in denen einkommensteuerlich ein nach §§ 16, 34 EStG begünstigter Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn vorliegt, von der Gewerbesteuerbefreiung aus. Das gilt zB bei der Veräußerung einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer KapGes. iSd. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (s. Rz. 65) bzw. bei der Veräußerung bzw. Aufgabe eines Teilmitunternehmeranteils vor Einführung des § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG durch das G zur Fortführung des Unternehmenssteuerrechts v. 20.12.20012 (s. Rz. 66). Insofern hat der BFH darauf hingewiesen, dass § 16 EStG seiner Natur nach im Bereich der GewSt nicht angewendet werden könne. Die Vorschrift diene lediglich der einkommensteuerlichen Abgrenzung des laufenden Gewinns vom tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn.3 Stellungnahme. Es wäre wünschenswert, dass sich der BFH bei der gewstl. Beurteilung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen sprachlich deutlicher von seiner Rspr. zu §§ 16, 34 EStG abgrenzt. Die sich wiederholende Anmerkung des BFH, dass einkommensteuerlich mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernde Veräußerungs- und Aufgabegewinne nicht zum Gewerbeertrag gehören, entspricht – wie gezeigt – iErg. nicht der Rspr. des BFH und ist für sich genommen unzutreffend. Zwar werden bei nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Veräußerungs-/Aufgabegewinnen zumeist zugleich die Voraussetzungen der gewstl. Steuerbefreiung vorliegen. Die rechtlichen Begründungen unterscheiden sich indes. Rechtsgrund für die Gewerbesteuerbefreiung ist das Objektsteuerprinzip. Ein Zusammenhang mit den §§ 16, 34 EStG besteht nicht und sollte auch nicht durch die Bezugnahme auf die §§ 16, 34 EStG bzw. die hierzu ergangene Rspr. suggeriert werden. Unseres Erachtens ist die Frage, ob aus gewstl. Sicht ein steuerfreier Veräußerungs- oder Aufgabegewinn vorliegt, ausnahmslos nach eigenständigen, von §§ 16, 34 EStG unabhängigen Maßstäben zu prüfen, die im Folgenden dargestellt werden (s. Rz. 58 ff.). dd) Beurteilung nach Maßgabe der bei der sachlichen Gewerbesteuerpflicht geltenden Grundsätze und der Merkmale Unternehmens-/Unternehmeridentität iSd. § 10a GewStG Rechtsgrund für die Gewerbesteuerbefreiung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen ist das sich 58 aus § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG ergebende Objektsteuerprinzip (s. Rz. 51), wonach Besteuerungsgegenstand der (lebende) Gewerbebetrieb ist. Im Fall einer Betriebsveräußerung bzw. der Veräußerung/Aufgabe eines Mitunternehmeranteils ist die Gewerbesteuerbefreiung in den Regelungen zum Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG begründet (s. Rz. 51 f.). Vor diesem Hintergrund ist es uE sachgerecht, einen Veräußerungs-/Aufgabegewinn immer dann gewstl. zu begünstigen, wenn er im Zusammenhang mit – einer zum Ende der sachlichen GewStPfl. führenden Betriebseinstellung iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG (Betriebsaufgabe), – einem zum Ende der sachlichen GewStPfl. führenden Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG (Betriebsveräußerung) oder – einer Teilbetriebseinstellung bzw. einem partiellen Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG (Teilbetriebsveräußerung-/aufgabe bzw. Veräußerung/Aufgabe eines Mitunternehmeranteils) steht. Hierbei sind uE die gleichen Maßstäbe wie bei der Beurteilung der Merkmale der Unternehmensbzw. Unternehmeridentität für Zwecke des § 10a GewStG anzuwenden. Hintergrund ist der Folgende:

1 BFH v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374; v. 3.2.1994 – III R 23/89, BStBl. II 1994, 709; v. 26.6.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289; v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977; vgl. auch Förster/Förster, FR 2016, 596 (597, 599, 601, 603). 2 BGBl. I 2001, 3858. 3 BFH v. 2.2.1972 – I R 217/69, BStBl. II 1972, 470 Rz. 2.

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§ 7 Rz. 59 Gewerbeertrag – Das Merkmal der Unternehmensidentität ist – genauso wie die Gewerbesteuerbefreiung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen – im Objektsteuercharakter der GewSt begründet.1 Es ist daher nicht ersichtlich, warum das Vorliegen einer zum Untergang des Verlustabzugs führenden (Teil-) Betriebseinstellung (Verlust der [Teil-]Unternehmensidentität) nach anderen Maßstäben beurteilt werden sollte als die Frage, ob eine die Begünstigung eines Veräußerungs-/Aufgabegewinns voraussetzende Betriebseinstellung vorliegt. – Das Merkmal der Unternehmeridentität für den Verlustabzug nach § 10a GewStG folgt aus § 2 Abs. 5 GewStG (iVm. § 10a Satz 8 GewStG).2 Insoweit besteht Parallelität zur gewstl. Begünstigung von Betriebsveräußerungsgewinnen und Gewinnen aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, die in § 2 Abs. 5 GewStG begründet sind (s. Rz. 51 f.). Auch hier sind keine Gründe dafür zu erkennen, warum die Beurteilung beim Merkmal der Unternehmeridentität und bei der Begünstigung von Betriebsveräußerungsgewinnen bzw. Gewinnen aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils voneinander abweichen sollten. Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen ist daher ein Veräußerungs-/Aufgabegewinn uE nur dann gewstl. begünstigt, wenn zugleich die Voraussetzungen für den Wegfall des gewstl. Verlustabzugs – mangels Unternehmens- bzw. Unternehmeridentität – vorliegen. Der identische Rechtfertigungsgrund erzwingt eine einheitliche Auslegung. Eine andere Auffassung hat zudem Verwerfungen zur Folge, da stille Reserven und Verlustvorträge regelmäßig in einem untrennbaren Zusammenhang stehen – etwa weil stille Reserven aufgrund von nach wirtschaftlichen Maßstäben überhöhten Abschreibungen bzw. aufgrund von stl. Aktivierungsverboten entstanden sind. Es führt daher zu einer nicht zu rechtfertigenden Doppelbegünstigung, wenn aus Anlass einer Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe gehobene stille Reserven nicht der GewSt unterworfen werden und zugleich eine Fortführung des gewstl. Verlustvortrags ermöglicht wird. 59

Die vorstehende Auffassung wird gestützt durch das Urteil des BFH vom 15.3.2000, wonach der bei einer unentgeltlichen Buchwert-Übertragung eines Mitunternehmeranteils beim Erblasser entstehende Gewinn aus der Entnahme des Sonderbetriebsvermögens nicht der GewSt unterliegt (s. Rz. 62).3 Der BFH begründet seine Auffassung damit, dass in diesem Fall ein Unternehmerwechsel vorliege, der nach § 2 Abs. 5 GewStG als Betriebseinstellung gilt (Parallelität zu den Grundsätzen bei der Beurteilung der sachlichen GewStPfl. nach § 2 GewStG). Weiterhin zieht der BFH den Vergleich zu § 10a GewStG, wonach der Verlustabzug in dem zugrunde liegenden Fall vom Rechtsnachfolger nicht fortgeführt werden könne (Parallelität zu den Grundsätzen des § 10a GewStG). Wörtlich führt der BFH aus:4 „Die Rechtfertigung für die Versagung des gewerbesteuerlichen Verlustabzugs nach § 10a GewStG liegt in der Beendigung der sachlichen Steuerpflicht des bisherigen (Mit-)Unternehmers. Diese hat aber nicht nur zur Folge, dass der Mitunternehmer seinen Verlustabzug nicht mehr geltend machen kann, sondern auch, dass die durch den Beendigungsvorgang veranlassten Entnahmegewinne nicht der Gewerbesteuer unterliegen.“ Diesem Begründungsansatz ist uneingeschränkt zuzustimmen. Gleiches gilt für die Argumentation des BFH in seinem Urteil vom 7.8.2008, nachdem der auf einen Teilbetrieb entfallende vortragsfähige Gewerbeverlust bei dessen Veräußerung untergeht.5 Hier führt der BFH aus:6 „Die weitgehende Verselbständigung des Teilbetriebs im Rahmen des gesamten Gewerbebetriebs ist maßgebliche Rechtfertigungsgrundlage dafür, Gewinne aus der Aufgabe oder Veräußerung eines Teilbetriebs nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen und damit den Gewinnen aus der Aufgabe oder Veräußerung des Gesamtbetriebs gleichzustellen […]. Diese Verselbständigung des Teilbetriebs bei der Beurteilung der Vergünstigung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns muss dann aber gleichermaßen für die Beurteilung der Unternehmensidentität i. S. des § 10a GewStG gelten. Dies führt 1 BFH v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 = FR 2017, 790. 2 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616. 3 BFH v. 15.3.2000 – VIII R 51/98, BStBl. II 2000, 316 = FR 2000, 728 m. Anm. Wendt. 4 BFH v. 15.3.2000 – VIII R 51/98, BStBl. II 2000, 316 unter II.2.d = FR 2000, 728 m. Anm. Wendt. 5 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. 6 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 unter II.1.b = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt.

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 61 § 7

im Ergebnis dazu, dass das Merkmal der Unternehmensidentität auch im Hinblick auf den jeweiligen Teilbetrieb zu prüfen ist.“ Auch hier hebt der BFH folglich – uE zutreffend – das Erfordernis einer einheitlichen Beurteilung des Merkmals der (Teil-)Unternehmensidentität und der Freistellung eines Gewinns aus einer (Teil-)Betriebsveräußerung hervor. Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen krit. zu sehen ist dagegen die Rspr. des BFH, wonach 60 der Gewinn aus der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft nicht der GewSt unterliegt (s. Rz. 72). Denn in diesem Fall fehlt es gerade an einer gewstl. Betriebseinstellung und der Verlustvortrag iSd. § 10a GewStG kann vom einbringenden Einzelunternehmer in der Mitunternehmerschaft fortgeführt werden (s. Rz. 72). Für Fälle der Realteilung gilt das Gleiche, wenn ein Teilbetrieb auf einen Mitunternehmer übergeht (s. Rz. 74 f.). Auch die Rspr. des BFH, wonach eine zur Begünstigung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns führende Einstellung der gewerblichen Betätigung immer vorliegt, wenn die Voraussetzungen für die persönliche Steuerpflicht iSd. § 5 GewStG des Veräußerers und bisherigen Betriebsinhabers entfallen sind, widerspricht der Bewertung iRd. § 10a GewStG und ist daher abzulehnen (s. Rz. 61). ee) Wegfall der persönlichen Steuerpflicht als Betriebseinstellung Erstmals in seinem Urt. vom 3.2.1994 hat der BFH darauf hingewiesen, dass von einer Einstellung der 61 gewerblichen Betätigung immer dann auszugehen sei, wenn die Voraussetzungen für die persönliche StPfl. iSd. § 5 GewStG des Veräußerers und bisherigen Betriebsinhabers entfallen sind.1 Entsprechende Veräußerungsgewinne seien daher bei der Ermittlung des Gewerbeertrags stets auszuscheiden. Im Streitfall hatte der Kläger sein Einzelunternehmen mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks auf eine GmbH übertragen, an der er sich gleichzeitig als atypisch stiller Gesellschafter beteiligte. Das Betriebsgrundstück hat der Kläger der GmbH zur Nutzung überlassen. Der BFH hat den Veräußerungsgewinn mit der Begründung nicht der GewSt unterworfen, dass die persönliche GewStPfl. des Klägers als Einzelunternehmer endete. Die Annahme, dass in einem Wegfall der persönlichen GewStPfl. eine Einstellung der gewerblichen Betätigung zu sehen sei, hat der BFH in der Folge in einer Reihe von Entscheidungen – allerdings, soweit ersichtlich, ohne dass dies entscheidungserheblich gewesen sei – bestätigt.2 Stellungnahme. Die Rspr. des BFH ist abzulehnen.3 Ein Wechsel in der persönlichen GewStPfl. iSd. § 5 GewStG führt nicht zwangsläufig zu einer gewstl. Betriebseinstellung. So führt die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft bzw. die Anwachsung des Betriebs einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter ausschließlich zu einem Wechsel der persönlichen GewStPfl., aber mangels Unternehmerwechsels iSd. § 2 Abs. 5 GewStG nicht zur Beendigung und einem Neubeginn der sachlichen StPfl.4 Folglich wird in diesen Fällen der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG nur einmal gewährt5 und der gewstl. Verlustvortrag kann – im Fall der Einbringung von der Mitunternehmerschaft und im Fall der Anwachsung von dem aufnehmenden Gesellschafter – fortgeführt werden.6 Eine gewstl. Betriebseinstellung wird gerade nicht angenommen. Aus welchem Grund bei der gewstl. Beurteilung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen etwas anderes gelten sollte, ist unklar. Das gilt insbes. im Verhältnis zu den Merkmalen der Unternehmens- und Unternehmeridentität iSd. § 10a GewStG. Unseres Erachtens sind die Regelungen nach den gleichen Maßstäben auszule-

1 BFH v. 3.2.1994 – III R 23/89, BStBl. II 1994, 709. 2 BFH v. 27.10.2004 – XI B 216/02, BFH/NV 2005, 353; v. 26.6.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289 = FR 2007, 1075; v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt. 3 Kritisch auch Gosch, StBp 1994, 243 (244); vgl. auch Wendt, FR 2002, 127 (135 f.), der davon ausgeht, dass der Gewinn aus der Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen gewstpfl. ist. Auch in diesem Fall liegt indes ein Wechsel in der persönlichen StPfl. vor. 4 BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596; v. 13.10.2005 – IV R 55/04, BStBl. II 2006, 404 = FR 2006, 390; FG Sachs. v. 13.1.2016 – 8 K 863/14, EFG 2016, 1107 (Rev. IV R 8/16); R 5.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. 5 BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201. 6 BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 = FR 1990, 339; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 4 GewStR 2009.

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§ 7 Rz. 62 Gewerbeertrag gen, weil sie im Objektsteuerprinzip bzw. in § 2 Abs. 5 GewStG die gleiche Rechtfertigung haben (s. Rz. 58 ff.). Der Zweck des § 5 GewStG beschränkt sich außerdem darauf, festzulegen, wer die GewSt schuldet und wem der – nach den Grundsätzen der sachlichen StPfl. der GewSt unterliegende – Besteuerungsgegenstand zuzurechnen ist.1 Die Vorschrift sollte deswegen keine Auswirkung auf die Zuordnung einzelner Erträge und Aufwendungen zum Gewerbeertrag haben. e) Einzelfälle/-aspekte aa) Entnahmegewinn bei unentgeltlicher Übertragung iSd. § 6 Abs. 3 EStG 62

Entnahmegewinne, die iZm. einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils entstehen, sind dem gewstl. begünstigten Veräußerungs- und Aufgabegewinn zuzurechnen und daher nicht Bestandteil des Gewerbeertrags iSd. § 7 Satz 1 GewStG.2 Vom BFH mit Urt. v. 15.3.2000 entschieden ist das für den Fall der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils.3 Der BFH hat seine Entscheidung damit begründet, dass die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils einen (partiellen) Mitunternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG darstellt und damit als (partielle) gewstl. Betriebseinstellung gilt.4 Die Entscheidungsgrundsätze sind auf die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs übertragbar, da auch in diesen Fällen ein (partieller) Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG und damit eine gewstl. (Teil-)Betriebseinstellung vorliegt.5 In seinem Urt. v. 29.10.1987 hatte der BFH dagegen noch angedeutet, Entnahmegewinne iZm. einer unentgeltlichen Betriebsübertragung könnten in den Gewerbeertrag einzubeziehen sein, weil keine Betriebsveräußerung oder -aufgabe vorliege.6 Mit Blick auf die neuere Rspr. des BFH ist dieser Anmerkung keine Bedeutung mehr beizumessen;7 sie ist mit dem Rechtsgrund der gewstl. Begünstigung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen, wonach aufgrund des Objektsteuerprinzips das Vorliegen einer gewstl. Betriebseinstellung maßgebend ist (s. Rz. 51 f., 57 ff.), auch nicht vereinbar.8 bb) Allmähliche Betriebs-/Teilbetriebseinstellung

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Gewinne aus der allmählichen Abwicklung eines Betriebs unterliegen nach der Rspr. des BFH nicht der GewSt, wenn sie auf Maßnahmen zur Vermögensverwertung nach Einstellung der werbenden Tätigkeit des Betriebs beruhen.9 Das ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz, wonach nur Gewinne, die während des Bestehens der sachlichen GewStPfl. entstehen, in den Gewerbeertrag einzubeziehen sind (s. Rz. 49).

1 BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 29. 2 AA Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 317, allerdings ohne Begründung. 3 BFH v. 15.3.2000 – VIII R 51/98, BStBl. II 2000, 316 = FR 2000, 728 m. Anm. Wendt. 4 Vgl. zur Anwendung des § 2 Abs. 5 GewStG bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung BFH v. 14.1.1965 – IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115. 5 Für den Fall der unentgeltlichen Übertragung eines Teilbetriebs steht dem uE nicht entgegen, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG nicht erfüllt sind, weil der Betrieb nicht „im Ganzen“ auf einen anderen Unternehmer übergegangen ist; vgl. dazu R 2.7 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009. Der Fall ist – genauso wie die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils – als partieller Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG zu behandeln. Vgl. zur Einordnung der Übertragung eines Mitunternehmeranteils als (partieller) Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616. 6 BFH v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 Rz. 5 = FR 1988, 79. 7 Der BFH hat sich in seinem Urt. v. 15.3.2000 (VIII R 51/98, BStBl. II 2000, 316 unter II.2.e = FR 2000, 728 m. Anm. Wendt) ausdrücklich von der früheren Entsch. des BFH abgegrenzt. 8 Kritisch bereits Glanegger, FR 1990, 469 (472). 9 BFH v. 26.6.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289 unter II.2.c.aa = FR 2007, 1075; v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 Rz. 35 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 Rz. 70 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678 Rz. 26; aA dagegen noch BFH v. 1.2.1979 – IV R 219/75, BStBl. II 1979, 444 Rz. 2, danach sollte der volle Abwicklungsgewinn der GewSt unterliegen.

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 67 § 7

Fraglich ist, ob auch Betriebseinnahmen, die iZm. der allmählichen Abwicklung des Gewerbetriebs anfallen, aber noch vor der Beendigung der sachlichen GewStPfl. realisiert werden, nicht gewerbesteuerbar sind. Unseres Erachtens ist das zu bejahen, da es gewstl. nicht auf den Zusammenhang mit einer einkommensteuerlich nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Betriebsaufgabe ankommt (s. Rz. 57). Maßgebend ist vielmehr, dass ein Gewinn iZm. einer gewstl. Betriebseinstellung realisiert wird (s. Rz. 58 ff.). Beispiel: A betreibt einen Einzelhandel. Zum BV gehören zwei Grundstücke. Auf einem Grundstück befindet sich das Lager; auf dem anderen das Verkaufsgebäude. A entschließt sich, den Betrieb einzustellen. Am 1.7.01 veräußert er das Lagergrundstück. Den Warenverkauf stellt er am 1.8.01 ein. Das Grundstück mit dem Verkaufsgebäude verkauft A a) am 1.10.01 bzw. b) – mangels Interessenten für das Grundstück – erst am 1.6.06. Lösung: Der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks mit dem Verkaufsgebäude unterliegt unstreitig nicht der GewSt, da er nach Einstellung der werbenden Tätigkeit (1.8.01) realisiert wird. In der Fallvariante a) ist auch der Gewinn aus der Veräußerung des Lagergrundstücks nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehen, da er zum Betriebsaufgabegewinn gehört. Gleiches gilt uE für die Fallvariante b), da der Gewinn iZm. der gewstl. Betriebseinstellung am 1.8.01 realisiert worden ist. Es kommt nicht darauf an, dass die Voraussetzungen einer einkommensteuerlichen Betriebsaufgabe iSd. § 16 Abs. 3 EStG nicht erfüllt sind, weil die stillen Reserven in den wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht innerhalb kurzer Zeit realisiert worden sind.1

Gewinne aus der allmählichen Abwicklung eines Teilbetriebs unterliegen nach dem Urt. des BFH v. 64 20.12.1963 der GewSt, wenn sie im Rahmen eines weiter bestehenden Gewerbebetriebs realisiert werden.2 Stellungnahme. Es ist fraglich, ob diese Rspr. aufgrund der neueren Rspr. des BFH zur gewstl. Behandlung von Teilbetrieben noch Gültigkeit hat (s. § 2 GewStG Rz. 78 ff.). Bei Abwicklungsgewinnen, die nach der Einstellung der werbenden Tätigkeit realisiert werden, handelt es sich uE um nachträgliche Betriebseinnahmen des Teilbetriebs, die – genauso wie nachträgliche Betriebseinnahmen eines (ganzen) Gewerbebetriebs – nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehen sind (s. § 2 GewStG Rz. 80). cc) 100-prozentige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft Der Gewinn aus der Veräußerung einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer 65 KapGes. unterliegt nach Rspr. des BFH der GewSt, wenn mit der Veräußerung nicht der Gewerbebetrieb des Veräußerers eingestellt wird.3 Es kommt nicht darauf an, dass ein entsprechender Gewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG einkommensteuerlich begünstigt ist; maßgebend ist, dass kein Zusammenhang mit einer gewstl. Betriebseinstellung besteht (s. Rz. 57 ff.). dd) Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils/Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen Die Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils unterliegt nach der Rspr. des BFH auch vor Ein- 66 führung des § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG durch das G zur Fortführung des Unternehmenssteuerrechts v. 20.12.20014 der GewSt, weil der Mitunternehmer seine Mitunternehmerstellung durch die Veräußerung nicht beendet, sondern nur reduziert.5 Abweichend hiervon behandelt die FinVerw. bis zum EZ 2001 den Gewinn aus einer Teilanteilsveräußerung als steuerfrei, wenn die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG aF vorliegen;6 das dürfte nur für Gewinne aus einer Teilanteilsveräußerung und nicht für Verluste gelten, weil insoweit keine Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen können. Die Rspr. des BFH sollte auf Fälle, in denen ein Mitunternehmer gegen Zahlung in das Privatver- 67 mögen in ein Einzelunternehmen aufgenommen wird (Gründung einer Mitunternehmerschaft), 1 Vgl. zu den Voraussetzungen einer einkommensteuerlichen Betriebsaufgabe BFH v. 26.4.2001 – IV R 14/00, BStBl. II 2001, 798 = FR 2001, 893. 2 BFH v. 20.12.1963 – VI 336/62 U, BStBl. III 1964, 248. 3 BFH v. 2.2.1972 – I R 217/69, BStBl. II 1972, 470; v. 14.1.2002 – VIII B 95/01, BFH/NV 2002, 811. 4 BGBl. I 2001, 3858. 5 BFH v. 14.12.2006 – IV R 3/05, BStBl. II 2007, 777 = FR 2007, 550 m. Anm. Wendt. 6 OFD Düsseldorf v. 10.9.2002 – G 1421 - 19 - St 132 – K, FR 2002, 1151; vgl. für EZ ab 2002 R 7.1 Abs. 3 Satz 6 GewStR 2009.

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§ 7 Rz. 68 Gewerbeertrag übertragbar sein.1 Dem steht uE nicht entgegen, dass die persönliche StPfl. iSd. § 5 GewStG infolge der Einbringung endet (s. Rz. 61). Entscheidend ist, dass der Einzelunternehmer seinen Gewerbebetrieb nur teilweise veräußert und Unternehmer der aufnehmenden Personengesellschaft bleibt. Die hier vertretene Auffassung steht allerdings im Konflikt zur Rspr. des BFH, wonach der Gewinn aus der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft iSd. § 24 UmwStG nicht der GewSt unterliegt (s. Rz. 72). ee) Tätigkeitswechsel auf Ebene einer Mitunternehmerschaft 68

Eine Personengesellschaft kann wie ein Einzelunternehmer mehrere Betriebe nacheinander betreiben.2 Ein Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn einer Personengesellschaft kann daher auch dann gewstl. begünstigt sein, wenn die Personengesellschaft nicht aufgelöst wird, sondern einen neuen Betrieb eröffnet. Die Frage, ob eine Aufgabe der bisherigen betrieblichen Tätigkeit und die Neueröffnung eines anderen Betriebs gegeben ist, richtet sich nach Rspr. des BFH in Abgrenzung zu einer Betriebsverlegung oder Betriebsumstellung danach, ob der bisherige und der neue Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch sind.3 Hierbei sind uE die gleichen Grundsätze anzuwenden, die bei der Beurteilung der Beendigung bzw. des Neubeginns der sachlichen GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG und beim Vorliegen des Merkmals der Unternehmensidentität iSd. § 10a GewStG gelten (s. Rz. 58 ff.).

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In seinem Urt. v. 17.3.2010 hat der BFH darauf hingewiesen, dass eine – zur Begünstigung eines Aufgabegewinns führende – Betriebsaufgabe regelmäßig zu verneinen ist, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen, insbesondere WG mit erheblichen stillen Reserven, ohne Realisierung dieser Reserven in den neuen Betrieb überführt werden.4 Im Streitfall hatte eine Personengesellschaft ihren gesamten Betrieb mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks veräußert. Das Betriebsgrundstück vermietete sie fortan an die Erwerberin, die den Betrieb fortsetzte. Die Vermietungstätigkeit führte nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu gewerblichen Einkünften. Der BFH hat eine gewstl. Begünstigung des Aufgabegewinns abgelehnt, weil die alte Tätigkeit aufgrund des Zurückbehalts des Betriebsgrundstücks nicht aufgegeben worden sei. Vergleichbar hatte der BFH bereits in seinem Urt. v. 19.7.1984 argumentiert und die gewstl. Begünstigung einer Teilbetriebsveräußerung abgelehnt, weil ein dem Teilbetrieb dienendes WG mit erheblichen stillen Reserven zurückbehalten worden war.5 Stellungnahme. Die Begründung, dass im Fall der Buchwertüberführung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in den neuen Betrieb keine gewstl. Betriebsaufgabe vorliegt, ist abzulehnen.6 Sie widerspricht der Rspr. des BFH, wonach es bei der gewstl. Begünstigung eines Veräußerungs-/Aufgabegewinns nicht darauf ankommt, dass alle stillen Reserven in den wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgedeckt werden (s. Rz. 57). Besonders die Bezugnahme auf den quantitativen Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage ist irreführend, weil dieser aufgrund einer normspezifischen Auslegung nur für Zwecke der §§ 16, 34 EStG maßgebend ist.7 Vgl. daneben zur Kritik am Urt. des BFH v. 17.3.2010 § 2 GewStG Rz. 27, 40.

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Der Grundsatz, dass eine Personengesellschaft mehrere Betriebe nacheinander betreiben kann, gilt auch für gewerblich geprägte Personengesellschaften, sodass der aus Anlass des Wechsels der vermögensverwaltenden Tätigkeit (zB Veräußerung eines vermieteten Grundstücks bei Reinvestition des

1 Wendt, FR 2002, 127 (135 f.). 2 BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 Rz. 18 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 Rz. 74 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678 Rz. 30. 3 BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 Rz. 18 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt; v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 Rz. 74 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2015 – IV R 10/12, BFH/NV 2015, 678 Rz. 30. 4 BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 Rz. 18 = FR 2010, 667 m. Anm. Wendt. 5 BFH v. 19.7.1984 – IV R 143/83, juris. 6 Ebenfalls krit. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 352. 7 Vgl. BFH v. 28.5.2015 – IV R 26/12, BStBl. II 2015, 797 Rz. 23 mwN = FR 2015, 892 m. Anm. Wendt.

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 72 § 7

Veräußerungserlöses in eine Kapitalanlage) erzielte Gewinn ggf. nach § 7 Satz 1 GewStG nicht der GewSt unterliegt (s. § 2 GewStG Rz. 39).1 Sofern die werbende Tätigkeit des neuen Betriebs vor der Beendigung der werbenden Tätigkeit des 71 alten Betriebs beginnt, „verschmelzen“ die Tätigkeiten in der Übergangszeit zu einem Gewerbebetrieb, weil eine Personengesellschaft grds. nur einen einheitlichen Gewerbebetrieb hat (s. § 2 GewStG Rz. 36).2 Die Begünstigung des Gewinns aus der Veräußerung oder Aufgabe des alten Betriebs ist dann uE davon abhängig, dass der alte und der neue Betrieb in der Übergangszeit selbstständige Teilbetriebe waren. ff) Einbringung in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG) Der bei der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines ganzen Mitunternehmeranteils in eine 72 Personengesellschaft erzielte Einbringungsgewinn iSd. § 24 UmwStG unterliegt nach der Rspr. des BFH3 und der Verwaltungsauffassung4 nicht gem. § 7 Satz 1 GewStG der GewSt; zur Ausnahme für Gewinne aus In-sich-Geschäften iSd. § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG iVm. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG s. Rz. 73. Der BFH begründet seine Rspr. damit, dass der Gewinn aus der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft gegen Gesellschaftsrechte nicht anders behandelt werden könne als der Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs gegen Entgelt oder andere WG.5 Die Einbringung führe zur Einstellung der gewerblichen Betätigung des Betriebs; die persönliche GewStPfl. ende durch die Einbringung in eine Personengesellschaft.6 Die Ausnahme von der GewStPfl. ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen bei der Einbringung die gemeinen Werte angesetzt worden sind und damit zugleich die §§ 16, 34 EStG zur Anwendung kommen. So sind auch Entnahmegewinne nicht wesentlicher Betriebsgrundlagen iZm. einer Buchwerteinbringung sowie Gewinne iZm. einer Einbringung zu Zwischenwerten begünstigt.7 Hintergrund dieses weiten Verständnisses der Begünstigung ist der eigenständige gewstl. Begriff der Betriebsveräußerung/aufgabe, wonach es im Unterschied zu §§ 16, 34 EStG auf die zusammengeballte Aufdeckung der stillen Reserven nicht ankommt (s. Rz. 57). Stellungnahme. Es ist danach zu differenzieren, ob es infolge der Einbringung iSd. § 24 UmwStG zu einer Beendigung der sachlichen GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG, zu einer Teilbetriebsbeendigung bzw. zu einem (partiellen) Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG gekommen ist. Nur in diesem Fall ist eine Herausnahme aus dem Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 GewStG gerechtfertigt, weil eine gewstl. (Teil-)Betriebseinstellung vorliegt (s. Rz. 58 ff.). Insbesondere Gewinne aus einer Betriebs- oder Teilbetriebseinbringung durch einen Einzelunternehmer in eine Personengesellschaft sind danach in den Gewerbeertrag einzubeziehen. Der Gewerbebetrieb wird infolge der Einbringung nicht iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1, 2 GewStG eingestellt, sondern von der Personengesellschaft fortgeführt. Auch die Voraussetzungen eines Unternehmerwechsels iSd. § 2 Abs. 5 GewStG liegen nicht vor, weil der einbringende Gesellschafter Unternehmer des nunmehr von der Personengesellschaft betriebenen Gewerbebetriebs bleibt.8 Die sachliche GewStPfl. wird daher nicht unterbrochen; gewstl. liegt keine Betriebseinstellung vor. In der Folge wird der Freibetrag iSd. § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG bei einer unterjährigen Einbringung nur einmal angesetzt9 und der gewstl. Verlustvortrag des Einzelunternehmers wird von der Mitunternehmerschaft fortgeführt.10 1 BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977 Rz. 30, unter Bezugnahme auf BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = FR 2004, 644. 2 BFH v. 25.6.1996 – VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202 = FR 1997, 16. 3 BFH v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 = FR 1988, 79; v. 27.10.2004 – XI B 216/02, BFH/NV 2005, 353. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 24.28. 5 BFH v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 Rz. 2 = FR 1988, 79. 6 BFH v. 27.10.2004 – XI B 216/02, BFH/NV 2005, 353 unter II. 7 BFH v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 = FR 1988, 79; FG Nds. v. 11.2.1983 – VI 481/82, EFG 1983, 511. 8 BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596; R 5.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. 9 BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201. 10 BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 = FR 1990, 339; v. 3.5.1993 – GrS 3/92 – BStBl. II 1993, 616.

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§ 7 Rz. 73 Gewerbeertrag Bei dieser Ausgangslage ist es nur folgerichtig, den Einbringungsgewinn bzw. einen aus Anlass der Einbringung realisierten Entnahmegewinn mangels gewstl. Betriebseinstellung in den Gewerbeertrag einzubeziehen; das Objektsteuerprinzip rechtfertigt keine Freistellung von der GewSt (s. Rz. 58 ff.). Nichts anderes folgt uE daraus, dass die persönliche StPfl. des Einzelunternehmers iSd. § 5 GewStG infolge der Betriebseinbringung endet (s. Rz. 61). Für die vorstehende Auffassung spricht auch die Rspr. des BFH, wonach der Gewinn aus der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils der GewSt unterliegt (s. Rz. 66). Hieraus wird uE zutreffend abgeleitet, dass auch der Gewinn aus der entgeltlichen Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen der GewSt unterliegt (s. Rz. 67). Aus welchem Grund für den Fall, dass der Betrieb insgesamt gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf eine Mitunternehmerschaft übergeht, etwas anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Auch insoweit gibt der bisherige Einzelunternehmer seine gewerbliche Tätigkeit letztlich nur zum Teil auf und bleibt Unternehmer des Gewerbebetriebs. gg) In-sich-Geschäfte iSd. § 16 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 5 EStG und § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG 73 Gewinne aus In-sich-Geschäften iSd. § 16 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 5 EStG und § 24 Abs. 3 Satz 3

UmwStG unterliegen nach gefestigter Rspr. des BFH der GewSt.1 Die Regelungen sind nach Auffassung des BFH als typisierende Missbrauchsverhinderungsvorschriften über § 7 Satz 1 GewStG auch gewstl. anzuwenden. Den Vorschriften liege die Fiktion zugrunde, dass der Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil von dem veräußernden Gesellschafter partiell fortgeführt werde. Das gelte auch für die GewSt. In der Literatur wird die Auffassung des BFH kritisiert.2 Hierbei wird darauf hingewiesen, dass § 16 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 5 EStG und § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG keine Gewinnermittlungsvorschriften seien und nur für den Tarif bei der ESt gelten würden. Stellungnahme. Die Kritik der Literatur hat der BFH für nicht durchschlagend gehalten. Vor diesem Hintergrund dürften Rechtsbehelfe, die sich gegen den Einbezug von Gewinnen iSd. § 16 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 5 EStG und § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG in den Gewerbeertrag wenden, auf absehbare Zeit nicht Erfolg versprechend sein. Zu bedenken ist außerdem, dass sich die GewStPfl. der Gewinne zT unmittelbar aus den gewstl. Grundsätzen ergibt, weil es iZm. der entsprechenden Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gar nicht zu einer gewstl. Betriebseinstellung iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1, 2 GewStG bzw. einem Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG kommt. Das gilt zB im Fall der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs nach § 24 UmwStG (s. Rz. 72). Beispiel: A veräußert sein Einzelunternehmen an die A-OHG, an der er zu 50 % beteiligt ist. Ein Anwendungsfall des § 24 UmwStG liegt nicht vor, weil A keine Gesellschaftsrechte als Gegenleistung erhält.3 Der Veräußerungsgewinn beträgt 300.000 Euro. Der vortragsfähige Gewerbeverlust des Einzelunternehmens beträgt 400.000 Euro. Lösung: Einkommensteuerlich ist der Gewinn gem. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG zur Hälfte als laufender Gewinn zu erfassen. Im Übrigen liegt ein nach §§ 16, 34 EStG begünstigter Gewinn vor. Gewstl. führt die Veräußerung zu keiner Beendigung der sachlichen GewStPfl., weil die A-OHG den Betrieb fortführt und A (Mit-)Unternehmer des Betriebs bleibt. Der Veräußerungsgewinn ist uE dem laufenden Geschäftsbetrieb zuzurechnen und daher insgesamt gewstpfl. (s. Rz. 72). Dabei ist es unerheblich, dass die persönliche StPfl. des A iSd. § 5 GewStG infolge der Betriebsübertragung endet (s. Rz. 61). Bei dieser Ausgangslage kommt es auf die Rspr. des BFH, wonach Gewinne iSd. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG gewstpfl. sind, letztlich nicht an; der Betriebsveräußerungsgewinn ist bereits nach gewstl. Grundsätzen in den Gewerbeertrag einzubeziehen. Er ist mit dem vortragsfähigen Gewerbeverlust zu verrechnen. Der verbleibende vortragsfähige Gewerbeverlust iHv. 100.000 Euro geht auf die A-OHG über und kann dort mit zukünftigen, auf A entfallenden positiven Gewerbeerträgen verrechnet werden.

1 BFH v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 = FR 2004, 997; v. 18.12.2014 – IV R 59/11, BFH/NV 2015, 520; v. 3.12.2015 – IV R 4/13, BStBl. II 2016, 544 = FR 2016, 478 m. Anm. Nöcker. 2 Vgl. ausführlich Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 153 mwN. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 24.07.

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 75 § 7

hh) Realteilung einer Mitunternehmerschaft Realteilung mit Betriebsaufgabe auf Ebene der Mitunternehmerschaft. Der bei der Realteilung des 74 BV einer Personengesellschaft aufgrund eines Spitzenausgleichs realisierte Gewinn unterliegt nach dem Urt. des BFH v. 17.2.19941 und der Verwaltungsauffassung2 nicht der GewSt, und zwar auch dann nicht, wenn aufgrund von § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht alle stille Reserven in den wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgedeckt werden. Der BFH hat seine Rspr. damit begründet, dass die Realteilung als Betriebsaufgabe durch die Gesellschaft anzusehen sei. Das gelte auch für die GewSt. Vor diesem Hintergrund dürften nach Auffassung des BFH auch Entnahmegewinne, die iZm. einer Realteilung iSd. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG anfallen, nicht der GewSt unterliegen.3 Stellungnahme. Der Rspr. des BFH und der Verwaltungsauffassung ist nur eingeschränkt zuzustimmen. Für den Fall, dass ein Mitunternehmer im Zuge der Realteilung einen Teilbetrieb erhält, ist die Herausnahme von iZm. der Realteilung entstandenen Gewinnen aus dem Gewerbeertrag nicht gerechtfertigt, weil keine gewstl. Betriebseinstellung vorliegt. Der entsprechende Teilbetrieb wird vielmehr von dem übernehmenden Gesellschafter fortgeführt, weswegen der Verlustvortrag iSd. § 10a EStG sowohl nach der Rspr. des BFH4 als auch nach der Verwaltungsauffassung5 (anteilig) vom übernehmenden Gesellschafter fortgeführt werden kann. Es ist nicht folgerichtig, für Zwecke des § 10a GewStG eine gewstl. Betriebsfortführung (Unternehmens- und Unternehmeridentität) und für Zwecke der Begünstigung eines Aufgabegewinns eine gewstl. Betriebseinstellung anzunehmen, weil beide Regelungen/Begünstigungen die gleiche Rechtfertigung haben (s. Rz. 58 ff.). Nichts anderes folgt daraus, dass die persönliche StPfl. der Personengesellschaft iSd. § 5 GewStG infolge der Realteilung endet und auf den bisherigen Gesellschafter übergeht (s. Rz. 61). Realteilung ohne Betriebsaufgabe auf Ebene der Mitunternehmerschaft. Nach geänderter Rspr. 75 des BFH kann eine nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG begünstigte Realteilung auch dann vorliegen, wenn ein Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs oder Einzelwirtschaftsguts aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und die Mitunternehmerschaft von den verbliebenen Mitunternehmern fortgesetzt wird.6 Eine Betriebsaufgabe liegt insoweit auf Ebene der Mitunternehmerschaft nicht vor, sodass die (zeitlich vorangegangene) Rspr. des BFH zur gewstl. Behandlung der Realteilung7 auf diesen Fall nicht unmittelbar übertragbar ist. Der BFH begründet seine neue Rspr. zur einkommensteuerlichen Auslegung des Begriffs der Realteilung allerdings damit, dass der ausscheidende Mitunternehmer den Tatbestand der Aufgabe eines Mitunternehmeranteils verwirkliche.8 Unter dieser Prämisse dürfte der BFH in folgerichtiger Fortführung der Rspr. in seinem Urt. v. 17.2.19949 auch den aus Anlass einer Realteilung ohne Betriebsaufgabe auf Ebene der Mitunternehmerschaft entstandenen Gewinn gewstl. begünstigen, da der Gewinn aus der Aufgabe eines Mitunternehmeranteils nach allgemeinen Grundsätzen ebenfalls nicht der GewSt unterliegt (s. Rz. 53). Stellungnahme. Sofern der Mitunternehmer unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet, ist auch in diesem Fall eine gewstl. Begünstigung des aus Anlass der Realteilung erzielten Gewinns nicht gerechtfertigt (s. Rz. 74). Der ausscheidende Mitunternehmer führt den Teilbetrieb fort und bleibt Unternehmer des Teilbetriebs. Eine gewstl. Betriebseinstellung liegt daher nicht vor.

1 BFH v. 17.2.1994 – VIII R 13/94, BStBl. II 1994, 809 = FR 1994, 650. 2 BMF v. 28.2.2006 – IV B 2 - S 2242 - 6/06, BStBl. I 2006, 228 unter VI. 3 Vgl. BFH v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 = FR 1988, 79, für den im Vergleich zur Realteilung spiegelbildlichen Fall von Entnahmen iZm. einer Einbringung eines Betriebs zum Buchwert in eine Personengesellschaft. 4 BFH v. 5.9.1990 – X R 20/89, BStBl. II 1991, 25 = FR 1990, 756. 5 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 7 GewStR 2009. 6 BFH v. 15.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37 = FR 2016, 567 m. Anm. Kanzler; v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BFH/NV 2017, 1125. 7 BFH v. 17.2.1994 – VIII R 13/94, BStBl. II 1994, 809 = FR 1994, 650. 8 BFH v. 15.9.2015 – III R 49/13, BFH/NV 2016, 624 Rz. 35, 38 = FR 2016, 567 m. Anm. Kanzler. 9 BFH v. 17.2.1994 – VIII R 13/94, BStBl. II 1994, 809 = FR 1994, 650.

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§ 7 Rz. 76 Gewerbeertrag ii) Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG) 76

Der bei der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines ganzen Mitunternehmeranteils in eine KapGes. aufgrund des Ansatzes der gemeinen Werte oder von Zwischenwerten erzielte Einbringungsgewinn iSd. § 20 UmwStG unterliegt nicht gem. § 7 Satz 1 GewStG der GewSt.1 Denn es handelt sich um eine gewöhnliche Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe,2 die – da die aufnehmende KapGes. neue (Mit-)Unternehmerin des Betriebs wird und damit ein (partieller) Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG vorliegt3 – zugleich eine gewstl. Betriebseinstellung zur Folge hat. Im Fall der Einbringung zu Zwischenwerten ist es dabei unerheblich, dass der Einbringungsgewinn nicht gem. §§ 16, 34 EStG begünstigt ist, weil die Aufdeckung aller stillen Reserven nicht Voraussetzung für die gewstl. Begünstigung ist (s. Rz. 57).4

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Soweit bei der Einbringung die Buchwerte oder Zwischenwerte angesetzt worden sind und die erhaltenen Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist veräußert werden, gilt für die gewstl. Behandlung des Einbringungsgewinns I iSd. § 22 Abs. 1 UmwStG Folgendes: – Sofern die gesamten erhaltenen Anteile in einem Vorgang veräußert werden, ist der Einbringungsgewinn I nur dann in den Gewerbeertrag des Wj. der Einbringung einzubeziehen, wenn auch der ursprüngliche Einbringungsgewinn iSd. § 20 UmwStG gewstpfl. gewesen wäre.5 Das ist insbes. bei der Einbringung eines Teilmitunternehmeranteils (s. Rz. 66) und – aufgrund von § 7 Satz 2 GewStG – bei der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils durch eine KapGes. der Fall.6 Das Vorstehende entspricht augenscheinlich auch der Verwaltungsauffassung; danach sollen hinsichtlich der Zugehörigkeit des Einbringungsgewinns I zum Gewerbeertrag die allgemeinen Grundsätze gelten.7 Unerheblich für die gewstl. Begünstigung ist, in welchem Umfang der Einbringungsgewinn I aufgrund des Zeitablaufs seit dem Einbringungszeitpunkt gem. § 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG gekürzt worden ist, da die Aufdeckung aller stillen Reserven keine Voraussetzung für die Herausnahme eines Veräußerungs-/Aufgabegewinns aus dem Gewerbeertrag ist (s. Rz. 57). – Für den Fall, dass nicht sämtliche erhaltenen Anteile in einem Vorgang veräußert werden, geht die Verwaltung dagegen von einer GewStPfl. des Einbringungsgewinns aus.8 Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Veräußerung eines Teils der erhaltenen Anteile nach den gleichen Grundsätzen wie die Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils (s. Rz. 66) zu behandeln ist. Im Schrifttum wird die Verwaltungsauffassung kritisiert.9 Entscheidend soll danach sein, dass der Einbringende seine (Mit-)Unternehmerstellung im Zuge der Einbringung insgesamt aufgegeben hat. Im Ergebnis sollen nach dieser Auffassung daher bei der Veräußerung eines Teils der erhaltenen Anteile die gleichen Grundsätze anzuwenden sein, die bei der Veräußerung der gesamten erhaltenen Anteile in einem Vorgang gelten. Stellungnahme. Die Kritik an der Verwaltungsauffassung ist berechtigt. Nicht anders als bei der Veräußerung der gesamten erhaltenen Anteile in einem Vorgang ist darauf abzustellen, ob auch der ursprüngliche Einbringungsgewinn iSd. § 20 UmwStG gewstpfl. gewesen wäre. jj) Einstellung eines Veräußerungs-/Aufgabegewinns in eine § 6b-Rücklage

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Die teilweise Einstellung eines Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns in eine Rücklage nach § 6b EStG steht der gewstl. Begünstigung des verbleibenden Veräußerungs- oder Aufgabebewinns nicht ent-

1 FG Nds. v. 11.2.1983 – VI 481/82, EFG 1983, 511. 2 BFH v. 14.4.2015 – GrS 2/12, BStBl. II 2015, 1007 mwN = FR 2015, 1082 m. Anm. Weber-Grellet. 3 Vgl. zum Merkmal der Unternehmeridentität iSd. § 10a GewStG BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C.III.3. 4 FG Nds. v. 11.2.1983 – VI 481/82, EFG 1983, 511. 5 Stangl in R/H/vL2, § 22 UmwStG Rz. 85; Widmann in Widmann/Mayer, § 22 UmwStG Rz. 162. 6 Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1074); Patt in D/P/M, § 22 UmwStG Rz. 67. 7 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 22.07. 8 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 22.07. 9 Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1075); Krohn/Schell, DB 2012, 1172 (1174); Stangl in R/H/vL2, § 22 UmwStG Rz. 85a.

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B. Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags (Satz 1)

Rz. 81 § 7

gegen.1 Gewstl. kommt es auf die Aufdeckung aller stillen Reserven nicht an (s. Rz. 57). Entscheidend ist das Vorliegen einer gewstl. Betriebseinstellung iSd. § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GewStG bzw. § 2 Abs. 5 GewStG (s. Rz. 58 ff.). kk) Sondermitunternehmeranteil iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG Die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG gilt auch für die GewSt.2 Daraus folgt uE, dass 79 auch Veräußerungs- und Aufgabegewinne, die iZm. der Beendigung der Sondermitunternehmerstellung anfallen, nicht der GewSt unterliegen. Da die Untergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft ein eigenständiges Gewerbesteuersubjekt ist, kann es dabei uE dahingestellt bleiben, ob der Sondermitunternehmeranteil ein eigenständiger Mitunternehmeranteil ist oder einen Bestandteil des Mitunternehmeranteils des Obergesellschafters bei der Obergesellschaft bildet.3 Im Ergebnis ist die Begünstigung von Gewinnen aus der Veräußerung bzw. Aufgabe eines Sondermitunternehmeranteils nach § 7 Satz 1 GewStG allerdings bedeutungslos, weil in diesen Fällen uE immer § 7 Satz 2 GewStG zur Anwendung kommt (s. Rz. 109). ll) Veräußerungs- und Aufgabegewinne einer Organgesellschaft Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne bzw. Gewinne aus Teilbetriebsveräußerungen und 80 -aufgaben, die von einer Organgesellschaft erzielt werden, unterliegen auch dann der GewSt, wenn der Organträger eine natürliche Person oder eine Mitunternehmerschaft ist.4 Es handelt sich um einen Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn der Organgesellschaft, die zwangsläufig eine KapGes. ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 17 Abs. 1 Satz 1 KStG). Veräußerungs- und Aufgabegewinne von KapGes. gehen nach allgemeinen Grundsätzen in den Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 GewStG ein (s. Rz. 55). f) Ermittlung des begünstigten Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns/Berücksichtigung von Verlusten Der begünstigte Betriebsveräußerungs- bzw. Betriebsaufgabegewinn ist nach der Rspr. des BFH grds. 81 nach den gleichen Maßstäben vom laufenden Gewinn abzugrenzen, die einkommensteuerlich bei der Ermittlung eines nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Gewinns gelten.5 Entscheidend ist hiernach, ob ein iZm. der Einstellung der betrieblichen Tätigkeit realisierter Ertrag oder Aufwand noch durch die laufende Geschäftstätigkeit oder bereits durch die Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe veranlasst ist. Nach diesen Grundsätzen gehört bspw. der Gewinn aus der Veräußerung eines zum UV eines gewerblichen Grundstückshändlers gehörenden Grundstücks6 oder der Gewinn aus dem Räumungsverkauf von Waren und Erzeugnissen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe7 zum laufenden Gewinn und ist damit in den Gewerbeertrag einzubeziehen. Gleiches gilt für den im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung oder -aufgabe ermittelten Gewinn aufgrund des Übergangs von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zum Bestandsvergleich.8 Der Gewinn aus der Veräußerung von WG des AV gehört zum gewerbesteuerbaren laufenden Gewinn, wenn die Veräußerung Bestandteil eines einheitlichen Geschäftskonzepts der unternehmerischen Tätigkeit ist.9 Erträge und Aufwendungen, die vor Beginn oder nach Beendigung der sachlichen GewStPfl. realisiert werden, gehören keinesfalls zum Gewerbeertrag (s. Rz. 49). Auf die Zuordnung zum begünstigten Betriebsveräußerungs- bzw. Betriebsaufgabegewinn kommt es insoweit nicht an. 1 Glanegger, FR 1990, 469 (472). 2 BFH v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731 = FR 2001, 77 m. Anm. Wendt; v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 = FR 2004, 997. 3 Vgl. dazu Ley, KÖSDI 2010, 17148 (17163 f.); Ley, KÖSDI 2011, 17277 (17281 f.). 4 BFH v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761. 5 BFH v. 17.12.1975 – I R 29/74, BStBl. II 1976, 224; v. 2.5.1990 – VIII R 204/85, BFH/NV 1990, 801; v. 4.3.1998 – X R 56/95, BFH/NV 1998, 1354. 6 BFH v. 14.12.2006 – IV R 3/05, BStBl. II 2007, 777 = FR 2007, 550 m. Anm. Wendt. 7 BFH v. 25.1.1995 – X R 76/92, X R 77/92, BStBl. II 1995, 388 = FR 1995, 413. 8 BFH v. 23.11.1961 – IV 98/60 S, BStBl. III 1962, 199; R 7.1 Abs. 3 Satz 7 GewStR 2009. 9 BFH v. 26.6.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289 = FR 2007, 1075.

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§ 7 Rz. 82 Gewerbeertrag 82

Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG ist gewstl. uE nicht zu berücksichtigen. Vom BFH entschieden ist das zwar nur für den Fall eines nach § 18 Abs. 4 UmwStG aF (= § 18 Abs. 3 UmwStG nF) gewstpfl. Veräußerungsgewinns.1 Der BFH hat seine Entsch. aber (auch) mit dem Objektsteuercharakter der GewSt begründet; hiermit sei es nicht vereinbar, den auf die persönlichen Verhältnisse des StPfl. abstellenden Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG vom Gewerbeertrag abzuziehen.2 Das gilt für nach § 7 Satz 1 GewStG in den Gewerbeertrag einzubeziehende Veräußerungs- und Aufgabegewinne iSd. §§ 16, 34 EStG – wie zB Gewinne aus der Veräußerung einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer KapGes. (s. Rz. 65) – entsprechend.

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Veräußerungs- und Aufgabeverluste sind nach den gleichen Grundsätzen zu behandeln wie Veräußerungs- und Aufgabegewinne. Dh.: Sie sind nicht vom Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 GewStG abzuziehen, wenn die dargestellten Voraussetzungen für die Herausnahme von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen aus dem Gewerbeertrag erfüllt sind.3 g) Besteuerungsebene bei gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungs- und Aufgabegewinnen bei Mitunternehmerschaften

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Nach § 7 Satz 1 GewStG gewstpfl. Veräußerungs- und Aufgabegewinne einer Mitunternehmerschaft sind in den Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft einzubeziehen. Das gilt auch bei der Veräußerung bzw. Aufgabe eines Mitunternehmeranteils, weil Quelle des Gewinns der Betrieb der Mitunternehmerschaft ist.4 Im Fall der gewstpfl. Veräußerung oder Aufgabe eines Anteils an einer doppelstöckigen Personengesellschaft ist der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn uE – genauso wie für Zwecke des § 7 Satz 2 GewStG – nach Maßgabe der aufgedeckten stillen Reserven auf die Unter- und die Obergesellschaft zu verteilen (s. Rz. 113). Beispiel: A veräußert die Hälfte seines Anteils an der O-KG, die Gesellschafterin der U-KG ist. Der Veräußerungsgewinn beträgt 100.000 Euro, wovon jeweils 50.000 Euro auf stille Reserven der O-KG bzw. U-KG entfallen. Lösung: Der Veräußerungsgewinn unterliegt der GewSt, weil A lediglich die Hälfte seines Mitunternehmeranteils veräußert hat (s. Rz. 66). Der Veräußerungsgewinn ist uE jeweils zur Hälfte im Gewerbeertrag der O-KG bzw. U-KG zu erfassen.

C. Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne (Satz 2) Literatur: Glanegger, ausgewählte Fragen des Gewerbesteuerrechts, FR 1990, 469; Gosch, Zur Gewerbesteuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen, StBp 1994, 243; Behrens/Schmitt, § 7 Satz 2 GewStG n.F. – Neue Gewerbesteuer-Tatbestände für Mitunternehmerschaften und KGaA, BB 2002, 860; Füger/Rieger, Veräußerung von Mitunternehmeranteilen und Gewerbesteuer, DStR 2002, 933; Wendt, Teilanteilsübertragung und Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen nach den Änderungen des EStG durch das UntStFG, FR 2002, 127; Hageböke/Schmidt, Gewerbesteuer bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, DB 2003, 790; Günkel/Levedag, Die Gewerbesteuer bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen durch Kapitalgesellschaften, FR 2004, 261; Körner, Doppelte Gewerbesteuer auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Mitunternehmerschaften durch Kapitalgesellschaften?, INF 2004, 820; Hindersmann/Kleymann, Gewerbesteuer im Rahmen der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer Obergesellschaft eines mehrstöckigen Personengesellschaftskonzerns nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, BB 2006, 2104; Ludwig, Ermittlung des Gewerbeertrags aus der Veräußerung von Anteilen an mehrstöckigen Personengesellschaften, BB 2007, 2152; Suchanek, Anwendung von § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG bei der Veräußerung von doppelstöckigen Personengesellschaften, FR 2007, 248; Neumayer/Obser, Gewerbesteuer bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen – Implikationen für Unternehmenstransaktionen bei der GmbH & Co. KG, EStB 2008, 445; Kutt/Möllmann, Gewerbesteuerliche Auswirkungen des Verkaufs von Mitunternehmeranteilen durch Kapital- und Personengesellschaften, DB 2010, 1662; Ley, Ausgewählte Fragen und Probleme der Besteuerung doppelstöckiger Personengesellschaften, KÖSDI 2010, 17148; Behrendt/Gaffron/Krohn, Zur Einbringung von Mitunternehmeranteilen durch natürliche Personen, DB 2011, 1072; Ley, Erwerbs- und Veräußerungsvorgän1 BFH v. 26.3.2015 – IV R 3/12, BStBl. II 2016, 553 = FR 2015, 1128. 2 BFH v. 26.3.2015 – IV R 3/12, BStBl. II 2016, 553 Rz. 19 ff. = FR 2015, 1128. 3 RFH v. 4.12.1940 – VI 355/40, RStBl. 1941, 291; BFH v. 7.2.1995 – VIII R 36/93, BStBl. II 1995, 770 = FR 1995, 781. 4 BFH v. 25.5.1962 – I 78/61 S, BStBl. III 1962, 438.

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C. Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne (Satz 2)

Rz. 86 § 7

ge bei doppelstöckigen Personengesellschaften, KÖSDI 2011, 17277; Wendt, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 22.7.2010, FR 2011, 146; Hamacher/Neu, Beendigung einer Personengesellschaft: (Keine) Betriebsaufgabe i.S.v. § 7 Satz 2 GewStG? – Zugleich Anmerkung zu BFH v. 30.8.2012, FR 2013, 843; Krohn/Schell, Ausgewählte praxisrelevante „Fallstricke“ des UmwStE 2011 (Teil 3), DB 2012, 1172; Holin, Gewerbesteuerliche Folgen des Verkaufs eines Mitunternehmeranteils, NWB 2013, 3706; Hülsmann, Die gewerbesteuerlichen Folgen der Veräußerung einer doppelstöckigen Personengesellschaft durch eine Kapitalgesellschaft, DStR 2014, 184; Kempf, Ergänzungsbilanzen für den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA, DStR 2015, 1905; Wendt, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 24.9.2015 – Konkurrenz von § 7 GewStG und § 18 Abs. 3 UmwStG, FR 2016, 172; Krebbers-van Heek, Die mitunternehmerische Besteuerung der Komplementäre der Kommanditgesellschaft auf Aktien, Diss., erschienen in: Finanz- und Steuerrecht in Deutschland und Europa, Band 31, Frankfurt/M. 2016; Förster/Förster, Zurückbehaltung und Ausgliederung wesentlicher Betriebsgrundlagen bei der Übertragung von Mitunternehmeranteilen, FR 2016, 596. Verwaltungsanweisungen: R 7.1 Abs. 3 GewStR 2009; H 7.1 Abs. 3 und 4 GewStH 2016.

I. Vorbemerkung zum Verhältnis zu § 7 Satz 1 GewStG Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne sowie die Gewinne aus der Veräußerung oder 85 Aufgabe von Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen können entweder nach § 7 Satz 1 GewStG oder nach § 7 Satz 2 GewStG zum Gewerbeertrag gehören. Zur GewStPfl. von Betriebsveräußerungsund Betriebsaufgabegewinnen sowie von Gewinnen aus der Veräußerung oder Aufgabe von Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen gem. § 7 Satz 1 GewStG wird auf die Kommentierung zu § 7 Satz 1 GewStG verwiesen (Rz. 48 ff.).

II. Grundaussagen der Vorschrift 1. Regelungsgegenstand und -zweck Gemäß § 7 Satz 2 GewStG werden Gewinne aus der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs ei- 86 ner Mitunternehmerschaft, eines Mitunternehmeranteils sowie eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA der GewSt unterworfen, soweit sie nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfallen. Die Regelung steht im Kontext mit der unterschiedlichen Behandlung von Betriebsveräußerungsund Betriebsaufgabegewinnen bei KapGes. und Personenunternehmen (Einzelunternehmen/Mitunternehmerschaften) nach § 7 Satz 1 GewStG (s. Rz. 54 ff.). Nach der bis zum EZ 2001 geltenden Rechtslage waren Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne von Mitunternehmerschaften sowie Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen nicht gewerbesteuerbar (s. Rz. 51 ff.). Das galt auch dann, wenn ein Mitunternehmeranteil durch eine KapGes. veräußert worden war (s. Rz. 54). Gewinne aus der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs einer KapGes. sind dagegen nach § 7 Satz 1 GewStG gewstpfl. (s. Rz. 55). Buchwerttransfers von dem BV einer KapGes. in das BV einer Mitunternehmerschaft konnten bei einer anschließenden Veräußerung des Mitunternehmeranteils daher zu einer gewstl. Entstrickung führen. Durch § 7 Satz 2 GewStG sollen entsprechende Missbräuche verhindert werden.1 Ausweislich der Gesetzesbegründung hatte der Gesetzgeber dabei den Fall vor Augen, dass eine KapGes. ein Einzel-WG nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft überträgt und die Beteiligung an der Personengesellschaft sodann steuerfrei veräußert.2 Dieses Regelungsziel hat allerdings in den Wortlaut der Vorschrift keinen Eingang gefunden. § 7 Satz 2 GewStG setzt nicht voraus, dass der Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ein steuerneutraler Buchwerttransfer von einer KapGes. auf die Mitunternehmerschaft bzw. KGaA vorausgegangen ist. Die Vorschrift ist insoweit auch nicht einschränkend auszulegen.3 1 BT-Drucks. 14/6882, 41; BFH v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 = FR 2011, 140 m. Anm. Wendt; v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 378; Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 127. 2 BT-Drucks. 14/6882, 41. 3 BFH v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 Rz. 57 = FR 2011, 140 m. Anm. Wendt.

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§ 7 Rz. 87 Gewerbeertrag 2. Anwendungsbereich 87

§ 7 Satz 2 GewStG betrifft in persönlicher Hinsicht die Gewerbeertragsermittlung einer Mitunternehmerschaft (§ 7 Satz 2 Nr. 1 und 2 GewStG) bzw. einer KGaA (§ 7 Satz 2 Nr. 3 GewStG). Das gilt auch für Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils. Sie sind ebenfalls in den Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft selbst – und nicht den Gewerbeertrag des beteiligten Mitunternehmers – einzubeziehen (s. Rz. 112 f.). In sachlicher Hinsicht regelt § 7 Satz 2 GewStG die GewStPfl. von Gewinnen aus der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft, eines Mitunternehmeranteils sowie eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA, soweit er nicht unmittelbar auf natürliche Personen entfällt. Durch die Vorschrift werden Gewinne, die nicht bereits nach § 7 Satz 1 GewStG gewstpfl. sind, in den Gewerbeertrag einbezogen. § 7 Satz 2 GewStG regelt nach seinem Wortlaut nur die GewStPfl. von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen; die Vorschrift gilt gleichwohl auch für Veräußerungs- und Aufgabeverluste (s. Rz. 110). In zeitlicher Hinsicht gilt § 7 Satz 2 GewStG ab dem EZ 2002 (s. Rz. 88). Bei einem vom Kj. abweichenden Wj. sind auch Gewinne aus Veräußerungen bzw. Betriebsaufgaben vor dem 1.1.2002 einzubeziehen (§ 10 Abs. 2 GewStG). 3. Entstehungsgeschichte

88 In den EZ 1999 bis 2001 war die Vorgängervorschrift des heutigen § 7 Satz 3 GewStG (Gewerbeertrag

bei der Tonnagebesteuerung gem. § 5a EStG) in § 7 Satz 2 GewStG verortet, (s. Rz. 116). Die Regelung war durch das Gesetz zur Anpassung der technischen und steuerrechtlichen Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard (Seeschifffahrtsanpassungsgesetz) vom 9.9.19981 eingeführt worden. Die heutige Fassung des § 7 Satz 2 GewStG wurde durch das G zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz) v. 20.12.2001 (verkündet im BGBl. v. 24.12.2001)2 in das GewStG aufgenommen. Infolge eines „gesetzgeberischen Versehens“3 wurde die Regelung durch das ebenfalls v. 20.12.2001 datierende, aber erst am 27.12.2001 im BGBl. verkündete4 G zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ (Solidarpaktfortführungsgesetz) durch den heutigen § 7 Satz 3 GewStG wieder überschrieben. Diesen Fehler hat der Gesetzgeber durch das Fünfte G zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen v. 23.7.20025 behoben. § 7 Satz 2 GewStG wurde hiernach in der ursprünglichen Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes wiedereingeführt. § 7 Satz 2 GewStG idF des SolidarpaktfortführungsG wurde zum heutigen § 7 Satz 3 GewStG. § 7 Satz 2 GewStG ist gem. § 36 Abs. 1 GewStG idF des Fünften G zur Änderung des SteuerbeamtenAusbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen erstmals für den EZ 2002 anzuwenden und entfaltet damit unechte Rückwirkung.6 Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot liegt hierin nicht (s. Rz. 89). 4. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Verhältnis zum Verfassungsrecht 89

§ 7 Satz 2 GewStG ist nach der Rechtsprechung des BFH7 und des BVerfG8 verfassungsgemäß. Die Vorschrift sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar und verstoße 1 2 3 4 5 6 7 8

BGBl. I 1998, 2860. BGBl. I 2001, 3858. Wendt, FR 2011, 146. BGBl. I 2001, 3955. BGBl. I 2002, 2715. BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11, BStBl. II 2018, 303 = FR 2018, 427. BFH v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 Rz. 57 = FR 2011, 140 m. Anm. Wendt. BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11, BStBl. II 2018, 303 = FR 2018, 427.

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C. Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne (Satz 2)

Rz. 91 § 7

nicht gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Es sei zudem mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen zu rückwirkenden Gesetzesänderungen vereinbar, dass § 7 Satz 2 GewStG idF des Fünften G zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23.7.20021 im gesamten EZ 2002 gilt (s. Rz. 88). In Bezug auf die Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verweist das BVerfG auf das infolge der Veräußerung des Mitunternehmeranteils „gewonnene“ zusätzliche Abschreibungspotenzial in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers des Mitunternehmeranteils. Hierdurch werde eine Doppelbesteuerung vermieden.2 Das BVerfG hält es in diesem Zusammenhang für unproblematisch, dass die Gesellschaft (auch) in den Fällen des § 7 Satz 2 GewStG Steuerschuldnerin der GewSt gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist. Es sei Sache der Gesellschaft, hierauf durch Vereinbarungen in der internen Gewinn- und Verlustverteilung der Gesellschaft zu reagieren.3 Die rechtsformabhängige Unterscheidung zwischen Personengesellschaften, KapGes. und natürlichen Personen widerspricht nach Auffassung des BVerfG nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie durch einen legitimen Grund – nämlich das Ziel des Gesetzgebers, Steuerumgehungen zu verhindern (Rz. 86) – gerechtfertigt sei.4 Daneben könnten Erwägungen der Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs die Besserstellung von natürlichen Personen stützen.5 b) Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG Verhältnis zu § 2 GewStG. § 7 Satz 2 GewStG betrifft nur die Gewerbeertragsermittlung und wirkt 90 sich nach der Rspr. des BFH6 nicht auf den Beginn und das Ende der sachlichen StPfl. einer Mitunternehmerschaft aus (s. Rz. 94). Verhältnis zu § 7 Satz 1 GewStG. § 7 Satz 2 GewStG schränkt die GewStPfl. von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen iSd. § 7 Satz 2 GewStG nicht ein, sondern führt nur dazu, dass Veräußerungs- und Aufgabegewinne, die nach § 7 Satz 1 GewStG nicht der GewSt unterliegen würden, in den Gewerbeertrag einzubeziehen sind (s. Rz. 93). Verhältnis zu § 7 Satz 4 GewStG. Soweit ein Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn iSd. § 7 Satz 2 GewStG auf Bezüge iSd. § 3 Nr. 40 EStG, § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG entfällt, ist § 7 Satz 4 GewStG anzuwenden.7 Verhältnis zu § 10a GewStG. Nach § 7 Satz 2 GewStG gewstpfl. Veräußerungs- und Aufgabegewinne bzw. -verluste gehen in den maßgebenden Gewerbeertrag iSd. § 10a Satz 1 GewStG ein.8 Sie sind für Zwecke des Verlustabzugs nach § 10a Satz 4 und 5 GewStG entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Mitunternehmer zu verteilen. Im Fall der Veräußerung und Aufgabe eines Mitunternehmeranteils kommt eine „Direktzuweisung“ des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns/-verlustes an den veräußernden Mitunternehmer nicht in Betracht. c) Verhältnis zu Vorschriften des EStG Verhältnis zu § 35 EStG. Der auf Veräußerungs- und Aufgabegewinne iSd. § 7 Satz 2 GewStG entfal- 91 lende Gewerbesteuermessbetrag geht in die Steuerermäßigung nach § 35 EStG ein.9 Das wirkt sich insbesondere in Fällen aus, in denen an einer Mitunternehmerschaft KapGes. und natürliche Personen beteiligt sind. Der Gewerbesteuermessbetrag, der auf einen von der KapGes. realisierten Gewinn iSd. § 7 Satz 2 GewStG entfällt, wird in diesem Fall für Zwecke des § 35 EStG nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels verteilt (§ 35 Abs. 2 Satz 2 EStG) und damit anteilig 1 2 3 4 5 6 7

BGBl. I 2002, 2715. BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11, BStBl. II 2018, 303 = FR 2018, 427. BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11, BStBl. II 2018, 303 = FR 2018, 427. BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11, BStBl. II 2018, 303 = FR 2018, 427. BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11, BStBl. II 2018, 303 = FR 2018, 427. BFH v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt. Vgl. BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150; v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 = FR 2011, 140 m. Anm. Wendt. 8 Füger/Rieger, DStR 2002, 933 (937); Neumayer/Obser, EStB 2008, 445 (446). 9 BMF v. 24.2.2009 – IV C 6 - S 2296-a/08/10002, BStBl. I 2009, 440 Rz. 14; Wendt, FR 2016, 172.

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§ 7 Rz. 92 Gewerbeertrag den beteiligten natürlichen Personen zugerechnet, die ihn für Zwecke des § 35 EStG nutzen können.1 Weiterhin erfolgt eine Entlastung iSd. § 35 EStG bei doppelstöckigen Personengesellschaften. Ein von der Obergesellschaft aus der Veräußerung des Anteils an der Untergesellschaft erzielter Gewinn unterliegt in diesem Fall auch insoweit nach § 7 Satz 2 GewStG der GewSt, als an der Obergesellschaft natürliche Personen beteiligt sind (s. Rz. 101). Die mittelbar beteiligten natürlichen Personen können zum Ausgleich die Steuerermäßigung nach § 35 EStG beanspruchen.2 d) Verhältnis zu Vorschriften des UmwStG 92

§ 18 Abs. 2 UmwStG. § 7 Satz 2 GewStG ist gegenüber § 18 Abs. 2 UmwStG, der ebenfalls die GewStPfl. von bestimmten Veräußerungs- und Aufgabegewinnen bei Mitunternehmerschaften regelt, vorrangig anzuwenden.3 Gewerbesteuerlich bleibt dieses Rangverhältnis zumeist ohne Auswirkung, weil beide Vorschriften idR zu derselben Rechtsfolge führen.4

III. Anwendungsbereich 1. Keine Einschränkung der Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen iSd. § 7 Satz 1 GewStG durch § 7 Satz 2 GewStG 93

§ 7 Satz 2 GewStG führt dazu, dass Veräußerungs- und Aufgabegewinne, die nicht bereits nach § 7 Satz 1 GewStG gewstpfl. sind (s. Rz. 48 ff.), zusätzlich in den Gewerbeertrag einzubeziehen sind. Die gewstl. Bemessungsgrundlage wird erweitert. Sofern ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn (ausnahmsweise) bereits nach § 7 Satz 1 GewStG in den Gewerbeertrag einzubeziehen ist, schränkt § 7 Satz 2 GewStG die GewStPfl. nicht ein (vgl. den Wortlaut des § 7 Satz 2 GewStG: „Zum Gewerbeertrag gehört auch …“).5 Dh., ein entsprechender Veräußerungs- oder Aufgabegewinn bleibt stpfl., auch wenn die Voraussetzungen des § 7 Satz 2 GewStG nicht vorliegen.6 Bedeutung hat das zB in Fällen, in denen ein Teilmitunternehmeranteil von einer natürlichen Person veräußert wird (s. Rz. 66), oder soweit bei der Gewerbeertragsermittlung einer Mitunternehmerschaft ein Gewinn aus einem sog. In-sich-Geschäft iSd. § 16 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 5 EStG bzw. § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG realisiert wird, der auf eine natürliche Person entfällt (s. Rz. 73). Entsprechende Gewinne sind gewstpfl., obwohl § 7 Satz 2 GewStG nicht einschlägig ist. 2. Keine Gewerbesteuerpflicht bei Gewinnrealisation vor Beginn oder nach Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht

94

§ 7 Satz 2 GewStG modifiziert lediglich die Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft. Die Vorschrift kommt nur zur Anwendung, wenn die Voraussetzungen der sachlichen GewStPfl. iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG erfüllt sind. Der Beginn und das Ende der sachlichen GewStPfl. werden durch § 7 Satz 2 GewStG nicht beeinflusst.7 Ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn ist daher nur dann gem. § 7 Satz 2 GewStG gewstpfl., wenn er während des Bestehens der sachlichen GewStPfl. entsteht.8 Eine Veräußerungsgewinn iSd. § 7 Satz 2 GewStG unterliegt demnach nur der GewSt, wenn er nach dem Beginn der sachlichen GewStPfl. und spätestens im Zeitpunkt der Beendigung der sachlichen GewStPfl. entsteht. Ein Aufgabegewinn iSd. § 7 Satz 2 GewStG ist nur insoweit gewstpfl., als der 1 BMF v. 3.11.2016 – IV C 6 - S 2296-a/08/10002:003, BStBl. I 2016, 1187 Rz. 33 Bsp. 1. 2 BT-Drucks. 14/7344, 12; BMF v. 3.11.2016 – IV C 6 - S 2296-a/08/10002:003, BStBl. I 2016, 1187 Rz. 33 Bsp. 2. 3 BFH v. 28.5.2015 – IV R 27/12, BStBl. II 2015, 837 Rz. 32 = FR 2015, 1000 m. Anm. Nöcker. 4 Vgl. zu Ausnahmen Wendt, FR 2016, 172. 5 Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 378. 6 Vgl. BFH v. 3.12.2015 – IV R 4/13, BStBl. II 2016, 544 Rz. 25 = FR 2016, 478 m. Anm. Nöcker, zur GewStPfl. von Gewinnen iSd. § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG. 7 BFH v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 Rz. 28 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt. 8 BFH v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 Rz. 35 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt; Hamacher/Neu, FR 2013, 843.

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C. Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne (Satz 2)

Rz. 97 § 7

Gewinn aus den einzelnen Aufgabehandlungen bis zum Zeitpunkt der Beendigung der sachlichen GewStPfl. realisiert wird. Beispiel 1: Die A-GmbH ist alleinige Kommanditistin der B-KG, die ein Einzelhandelsunternehmen auf eigenem Grundstück betreibt. Die B-KG stellt ihren Geschäftsbetrieb am 1.9.01 ein (Schließung des Geschäftslokals). Am 1.10.01 veräußert sie das Geschäftsgrundstück. Lösung: Der Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsgrundstücks unterliegt nicht der GewSt, weil er nach der Schließung des Geschäftslokals und damit nach Beendigung der sachlichen GewStPfl. der B-KG iSd. § 2 GewStG realisiert wird.1 § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG kommt nicht zur Anwendung. Beispiel 2: Gründungsgesellschafter der A-KG sind die B-GmbH und die C-KG. Geschäftsgegenstand der A-KG ist der Betrieb eines Containerschiffs. Noch vor der Indienststellung des Containerschiffs veräußert die C-KG ihren Anteil an der A-KG an die D-GmbH. Lösung: Der Veräußerungsgewinn ist nicht nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG gewstpfl., weil er vor dem Beginn der sachlichen GewStPfl. (Indienststellung des Containerschiffs) realisiert worden ist.2

3. Prüfungsschema/-reihenfolge Unter Berücksichtigung des vorstehend Gesagten ergibt sich folgendes Prüfungsschema: 95 (1) Zunächst ist zu prüfen, ob der Gewinn/Verlust aus der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs bzw. Mitunternehmeranteils oder der Gewinn/Verlust aus einer Aufgabehandlung während des Bestehens der sachlichen GewStPfl. iSd. § 2 GewStG realisiert worden ist. Ist das zu verneinen, unterliegt der Gewinn/Verlust nicht der GewSt (s. Rz. 94). (2) Sofern der Gewinn/Verlust dagegen während des Bestehens der sachlichen GewStPfl. iSd. § 2 GewStG entstanden ist, ist zu prüfen, ob ein nach § 7 Satz 1 GewStG nicht der GewSt unterliegender Veräußerungs- oder Aufgabegewinn vorliegt (s. Rz. 48 ff.). Sofern der Gewinn/Verlust danach gem. § 7 Satz 1 GewStG in den Gewerbeertrag einzubeziehen ist, unterliegt der Gewinn/Verlust uneingeschränkt der GewSt; auf die Voraussetzungen des § 7 Satz 2 GewStG kommt es nicht an (s. Rz. 93). (3) Falls demgegenüber ein nach § 7 Satz 1 GewStG nicht gewerbesteuerbarer Veräußerungs- oder Aufgabegewinn vorliegt, ist bei Mitunternehmerschaften § 7 Satz 2 GewStG zu prüfen (s. Rz. 96 ff.). Die Ausnahme von der GewStPfl. bleibt nur erhalten, wenn die Voraussetzungen der GewStPfl. gem. § 7 Satz 2 GewStG nicht erfüllt sind. 4. Veräußerungs- und Aufgabetatbestände iSd. § 7 Satz 2 GewStG a) Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs oder eines Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft (Satz 2 Nr. 1) § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG regelt den Fall, dass eine Mitunternehmerschaft ihren Betrieb oder einen 96 Teilbetrieb veräußert bzw. aufgibt. Die Veräußerungs- bzw. Aufgabehandlung findet folglich auf Ebene der Mitunternehmerschaft statt. Der Begriff der Mitunternehmerschaft ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen auszulegen. Auf die Kommentierungen zu § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wird verwiesen. Eine Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs iSd. § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG setzt die Veräußerung 97 oder Aufgabe des „ganzen“ Betriebs der Mitunternehmerschaft voraus (der gesamten betrieblichen Einheit).3 Im Schrifttum wird teilweise die Auffassung vertreten, dass § 7 Satz 2 GewStG an § 16 EStG anknüpft; eine Veräußerung bzw. Aufgabe iSd. § 7 Satz 2 GewStG liege deshalb nur vor, wenn die 1 Die Besteuerung wird auch nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der A-GmbH „nachgeholt“. Der Gewinn ist insoweit – unabhängig davon, ob er während des Bestehens der sachlichen GewStPfl. entstanden ist – nach § 9 Nr. 2 GewStG zu kürzen; vgl. Hamacher/Neu, FR 2013, 843 (847), unter Bezugnahme auf Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 140. 2 Die Besteuerung wird nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der C-KG nachgeholt, vgl. die Fn. zu Bsp. 1; vgl. zur Anwendung des § 8 Nr. 8 GewStG bzw. § 9 Nr. 2 GewStG in Fällen, in denen eine Schifffahrtsgesellschaft noch kein Schiff in Betrieb genommen hat, BFH v. 23.10.1986 – IV R 319/84, BStBl. II 1987, 64 = FR 1987, 44. 3 Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 377.

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§ 7 Rz. 98 Gewerbeertrag Voraussetzungen des § 16 EStG erfüllt sind.1 Unseres Erachtens ist der gewstl. Begriff der Betriebsveräußerung oder -aufgabe iSd. § 7 Satz 1 GewStG maßgebend (s. Rz. 58 ff.); auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 EStG kommt es nicht an (s. Rz. 57).2 Das ergibt sich aus dem Regelungszweck des § 7 Satz 2 GewStG, missbräuchliche Gestaltungen zur Inanspruchnahme der Gewerbesteuerbefreiung von Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinnen nach § 7 Satz 1 GewStG zu unterbinden (s. Rz. 86). Hiermit wäre es unvereinbar, einen nicht nach § 16 EStG begünstigten, aber gleichwohl nach § 7 Satz 1 GewStG von der GewSt befreiten Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn (s. zB Rz. 62, 74 f. und 76 f.) vom Anwendungsbereich des § 7 Satz 2 GewStG auszunehmen. Der Gesetzgeber hat ersichtlich an den gewstl. Begriff der Betriebsveräußerung oder -aufgabe angeknüpft. 98

Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs iSd. § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG. Das vorstehend Gesagte gilt entsprechend. Maßgebend ist der gewstl. Begriff des Teilbetriebsveräußerung bzw. -aufgabe. Auch insoweit ist darauf abzustellen, dass eine gem. § 7 Satz 1 GewStG nicht der GewSt unterliegende Teilbetriebsveräußerung bzw. -aufgabe vorliegt. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 EStG – und damit insbesondere die Aufdeckung aller stillen Reserven in den wesentlichen Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs (s. Rz. 57) – kommt es nicht an. b) Veräußerung oder Aufgabe des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist (Satz 2 Nr. 2)

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§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG betrifft die Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils. Die Frage, ob ein Gesellschafter Mitunternehmer des Betriebs der Personengesellschaft ist, ist für Zwecke des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen auszulegen.3 Auf die Kommentierungen zu § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wird verwiesen.

100 Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils. Maßgebend ist der gewstl. Begriff der

Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils (s. Rz. 97). Auf die Voraussetzungen des § 16 EStG – insbesondere die Aufdeckung aller stillen Reserven in den wesentlichen Betriebsgrundlagen – kommt es nicht an.4 Fraglich könnte sein, ob auch die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilmitunternehmeranteils vom Wortlaut des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG erfasst wird. Hierfür könnte sprechen, dass § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG im Unterschied zu § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht den Begriff des „gesamten Anteils“, sondern nur den des „Anteils“ verwendet und eine § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG entsprechende Einschränkung nicht enthält. Praktische Relevanz hat diese Frage allerdings nicht, weil der Gewinn aus der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils bereits nach § 7 Satz 1 GewStG gewstpfl. ist (s. Rz. 66). 101 Doppelstöckige Personengesellschaft. Bei der Beteiligung einer Personengesellschaft (Obergesell-

schaft) an einer anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft) sind nicht die Gesellschafter der Obergesellschaft, sondern ist die Obergesellschaft Unternehmerin des Betriebs der Untergesellschaft.5 Auf die mittelbaren Gesellschafter der Untergesellschaft ist nicht abzustellen. Aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG folgt nichts anderes; der Regelungsbereich ist auf den Bereich der Sondervergütungen und das damit in Zusammenhang stehende Sonderbetriebsvermögen beschränkt.6 Für Zwecke des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG bedeutet das Folgendes: Sofern die Obergesellschaft ihren Anteil an der Untergesellschaft veräußert oder aufgibt, sind die Voraussetzungen des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auf Ebene der Untergesellschaft unstreitig erfüllt, weil die Obergesellschaft keine natürliche Person ist.7 Problematisch ist dagegen die Veräußerung bzw. Aufgabe des Anteils an der Obergesellschaft durch den 1 Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 377; ähnlich Hageböke/Schmidt, DB 2003, 790 (791), allerdings zu § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG. 2 So wohl auch Behrens/Schmitt, BB 2002, 860 (863); Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 129. 3 Vgl. FG Hbg. v. 13.7.2011 – 1 K 43/10, EFG 2011, 1997 – Rev. IV R 39/11. 4 AA Hageböke/Schmidt, DB 2003, 790 (791). 5 BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691 = FR 1991, 253 m. Anm. Söffing = FR 1991, 270 m. Anm. Schwichtenberg. 6 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843 = FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann. 7 Vgl. BT-Drucks. 14/7344, 12, wo auf die Möglichkeit der Steuerermäßigung nach § 35 EStG bei einer mittelbar beteiligten natürlichen Person hingewiesen wird; BFH v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 Rz. 52 = FR 2011, 140 m. Anm. Wendt; Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 128.

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C. Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne (Satz 2)

Rz. 103 § 7

Obergesellschafter. Fraglich ist, ob in diesem Fall eine Veräußerung/Aufgabe iSd. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG nur auf Ebene der Obergesellschaft oder auch auf Ebene der Untergesellschaft vorliegt. Beispiel: A (natürliche Person) ist alleiniger Kommanditist der B-KG. Die B-KG ist alleinige Kommanditistin der C-KG. A veräußert seinen Anteil an der B-KG. Der Veräußerungsgewinn entfällt jeweils zur Hälfte auf stille Reserven im BV der B-KG bzw. der C-KG. Lösung: Die Voraussetzungen des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG sind auf Ebene der B-KG nicht erfüllt, weil der Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils auf A (natürliche Person) als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfällt. Fraglich ist, ob die Veräußerung des Anteils an der B-KG durch den A zugleich eine mittelbare Veräußerung des Anteils an der C-KG durch die B-KG bedeutet. In diesem Fall wäre der Veräußerungsgewinn auf Ebene der C-KG gem. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG gewstpfl., weil er auf die B-KG – und damit nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer – entfällt.

Nach der Verwaltungsauffassung1 und der hM2 ist der mittelbar auf die Untergesellschaft entfallen- 102 de Veräußerungsgewinn nicht gem. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG gewstpfl., wenn der Anteil an der Obergesellschaft von einer natürlichen Person veräußert oder aufgegeben wird. Das wird im Wesentlichen damit begründet, dass der Obergesellschafter nicht Mitunternehmer der Untergesellschaft ist und demnach auch keinen Mitunternehmeranteil an der Untergesellschaft veräußert oder aufgegeben habe. Auf Ebene der Untergesellschaft liege demnach keine Veräußerung/Aufgabe iSd. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG vor. Nach aA3 liegt in der Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft zugleich eine mittelbare Veräußerung des Anteils an der Untergesellschaft, sodass die Voraussetzungen des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auf Ebene der Untergesellschaft vorliegen. Insofern wird darauf hingewiesen, dass die aufgedeckten stillen Reserven aus den WG des BV der Untergesellschaft nur in deren Gewerbeertrag erfasst werden könnten. Außerdem habe der Gesetzgeber dadurch, dass er die Ausnahme der GewStPfl. iSd. § 7 Satz 2 GewStG nur der „unmittelbar beteiligten natürlichen Person“ gewährt, zum Ausdruck gebracht, dass er von mehreren möglichen Veräußerungsgewinnen auf verschiedenen Stufen ausgeht.4 Stellungnahme. Der hM ist zuzustimmen. Der Regelungszweck des § 7 Satz 2 GewStG (s. Rz. 86) gebietet es nicht, den auf die stillen Reserven im BV der Untergesellschaft entfallenden Gewinn der GewSt zu unterwerfen, wenn der Anteil an der Obergesellschaft durch eine natürliche Person veräußert oder aufgegeben wird. Die GewStPfl. von Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinnen von KapGes. kann insoweit nicht umgangen werden; es steht fest, dass die aufgedeckten stillen Reserven durchgerechnet auf eine natürliche Person entfallen. Von der den Tatbestand des § 7 Satz 2 GewStG betreffenden Frage, ob eine Veräußerung bzw. Aufgabe des Anteils an der Obergesellschaft durch den Obergesellschafter zugleich eine Veräußerung/Aufgabe iSd. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auf Ebene der Untergesellschaft darstellt, ist allerdings rechtsfolgenseitig zu unterscheiden, ob ein nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG gewstpfl. Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft auf Ebene der Untergesellschaft zu erfassen ist, soweit er auf stille Reserven der Untergesellschaft entfällt (s. Rz. 113).5 Dieses Problem stellt sich, wenn der Anteil an der Obergesellschaft nicht durch eine natürliche Person, sondern durch eine Personen- oder KapGes. veräußert oder aufgegeben wird. c) Veräußerung oder Aufgabe des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA (Satz 2 Nr. 3) Nach § 7 Satz 2 Nr. 3 GewStG fällt die Veräußerung oder Aufgabe des Anteils eines persönlich haften- 103 den Gesellschafters einer KGaA in den Anwendungsbereich des § 7 Satz 2 GewStG. Entsprechende Gewinne gehören nicht bereits nach § 7 Satz 1 GewStG zum Gewerbeertrag, weil Ausgangsgröße iSd. 1 R 7.1 Abs. 3 Satz 5 GewStR 2009. 2 Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 129; Hageböke/Schmidt, DB 2003, 790; Ley, KÖSDI 2011, 17277 (17279 f.); Schnitter in Frotscher/Maas, § 7 GewStG Rz. 107; Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 128; Suchanek, GmbHR 2007, 248. 3 Ludwig, BB 2007, 2152; Roser in Lenksi/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 324a; ebenso Behrens/Schmitt, BB 2002, 860 (862), allerdings mit dem Hinweis, dass dies nur dem Wortlaut, aber nicht dem Gesetzeszweck entspreche. 4 Roser in Lenksi/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 324a. 5 Vgl. Ley, KÖSDI 2011, 17277 (17279 f.).

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§ 7 Rz. 104 Gewerbeertrag § 7 Satz 1 GewStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags einer KGaA lediglich der nach den Vorschriften des KStG ermittelte Gewinn der KGaA ist,1 wozu der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Anteils des persönlich haftenden Gesellschafters nicht gehört. Die Regelung hat daher für die Besteuerungsebene der KGaA keinen lediglich klarstellenden Charakter.2 Fraglich erscheint indes, ob die Erfassung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns auf Ebene der KGaA nicht zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung führt, wenn der persönlich haftende Gesellschafter seinerseits der GewSt unterliegt.3 Eine § 9 Nr. 2b GewStG entsprechende Kürzungsregelung gibt es für Veräußerungs- und Aufgabegewinne iSd. § 7 Satz 2 Nr. 3 GewStG nämlich nicht (s. auch Rz. 112). 5. Ausnahme von Betriebsveräußerungs- und Aufgabegewinnen von natürlichen Personen 104 Von der GewStPfl. nach § 7 Satz 2 GewStG ausgenommen sind Veräußerungs- und Aufgabegewinne,

die auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfallen. Natürliche Person. Keine natürliche Person sind insbesondere jegliche juristischen Personen (KapGes., Genossenschaften, sonstige juristische Personen des privaten Rechts, juristische Personen des öffentlichen Rechts) und nicht rechtsfähige Vereine und Personengesellschaften. Betriebsveräußerungsund Aufgabegewinne dieser Personen unterfallen stets der GewStPfl. nach § 7 Satz 2 GewStG. Das gilt auch in Fällen der Fiskalerbschaft durch ein Bundesland.4 Soweit ein Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn auf eine Organgesellschaft als beteiligte Mitunternehmerin entfällt und der Organträger eine natürliche Person ist, ist der Gewinn nach § 7 Satz 2 GewStG gewstpfl. Grund hierfür ist, dass die Organgesellschaft ihre Mitunternehmerstellung infolge der Organschaft nicht verliert bzw. an den Organträger „abtritt“; der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn entfällt folglich auf die Organgesellschaft, die zwangsläufig eine KapGes. ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG bzw. § 17 Abs. 1 Satz 1 KStG).5 105 Unmittelbar beteiligter Mitunternehmer. Die natürliche Person muss für die Ausnahme von der

GewStPfl. nach § 7 Satz 2 GewStG „unmittelbar beteiligter Mitunternehmer“ sein. Der Begriff des Mitunternehmers ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen auszulegen.6 Vor diesem Hintergrund ist die in § 7 Satz 2 GewStG geforderte „unmittelbare“ Beteiligung als Mitunternehmer weitgehend bedeutungslos (s. aber Rz. 107, 109):7 Im Fall einer doppelstöckigen Personengesellschaft ist nicht der Gesellschafter der Obergesellschaft, sondern ist die Obergesellschaft selbst Mitunternehmerin der Untergesellschaft,8 sodass schon insoweit eine Begünstigung von mittelbaren Veräußerungs-/Aufgabegewinnen einer natürlichen Person ausgeschlossen ist.9 106 Der persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA wird nach der Rspr. des BFH (nur) „wie“ ein Mit-

unternehmer behandelt.10 Hieraus folgt uE, dass die Ausnahme von der GewStPfl. gem. § 7 Satz 2 GewStG bei Veräußerungs- und Aufgabegewinnen von natürlichen Personen im Anwendungsbereich des § 7 Satz 2 Nr. 3 GewStG generell nicht anwendbar ist. Der Komplementär ist kein Mitunternehmer des Betriebs der KGaA und daher auch kein „unmittelbar beteiligter Mitunternehmer“ iSd. § 7 Satz 2 1 Krebbers-van Heek, Finanz- und Steuerrecht in Deutschland und Europa, Band 31, 2016, 229 f. 2 AA Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 129. 3 Das ist nur der Fall, wenn der Anteil an der KGaA zum BV eines Gewerbebetriebs iSd. § 2 GewStG gehört. Das Halten des Komplementäranteils ist für sich genommen kein Gewerbebetrieb iSd. § 2 GewStG, vgl. BFH v. 4.5.1965 – I 186/64 U, BStBl. III 1965, 418. 4 FG Berlin-Bdb. v. 6.9.2016 – 6 K 6066/13, EFG 2016, 1896 – Rev. IV R 50/16. 5 Vgl. BFH v. 22.1.2004 – III R 19/02, BStBl. II 2004, 515 = FR 2004, 761 zu der Frage, ob ein Gewinn aus der Veräußerung eines Teilbetriebs einer Organgesellschaft nach § 7 Satz 1 GewStG in den Gewerbeertrag einzubeziehen ist. 6 Vgl. FG Hbg. v. 13.7.2011 – 1 K 43/10, EFG 2011, 1997 – Rev. IV R 39/11. 7 Vgl. Hindersmann/Kleymann, BB 2006, 2104. 8 BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691 = FR 1991, 253 m. Anm. Söffing = FR 1991, 270 m. Anm. Schwichtenberg. 9 Vgl. BT-Drucks. 14/7344, 12, wo auf die Möglichkeit der Steuerermäßigung nach § 35 EStG bei einer mittelbar beteiligten natürlichen Person hingewiesen wird; BFH v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 Rz. 52 = FR 2011, 140 m. Anm. Wendt; Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 128. 10 BFH v. 23.10.1985 – I R 235/81, BStBl. II 1986, 72 = FR 1986, 157; vgl. eingehend zu Problematik Krebbers-van Heek, Finanz- und Steuerrecht in Deutschland und Europa, Band 31, 2016, 177 ff.

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C. Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne (Satz 2)

Rz. 110 § 7

GewStG. Ein auf den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA entfallender Veräußerungs- oder Aufgabegewinn ist daher unabhängig von dessen Rechtsform nach § 7 Satz 2 GewStG gewstpfl. Eine nur mittelbare Beteiligung iSd. § 7 Satz 2 GewStG – und damit die GewStPfl. nach § 7 Satz 2 107 GewStG auslösende Beteiligung – liegt auch vor, wenn die Beteiligung durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft vermittelt wird.1 Eine Begünstigung des auf die mittelbar beteiligte natürliche Person entfallenden Veräußerungs- oder Aufgabegewinns kommt in diesem Fall allerdings grds. schon deshalb nicht in Betracht, weil die zwischengeschaltete Personengesellschaft aufgrund ihrer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG selbst eine Mitunternehmerschaft und keine vermögensverwaltende Personengesellschaft ist (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Dh.: Nicht die mittelbar beteiligte natürliche Person, sondern die zwischengeschaltete Personengesellschaft ist Mitunternehmerin der Untergesellschaft (doppelstöckige Personengesellschaft), sodass die Ausnahme von der GewStPfl. nach § 7 Satz 2 GewStG schon deshalb nicht greifen kann (s. Rz. 105). Bedeutung erlangt der Ausschluss mittelbarer Beteiligungen über vermögensverwaltende Personengesellschaften unter Berücksichtigung der neuen Rspr. des BFH in seinem Urt. vom 12.10.2016, wonach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht anwendbar ist, wenn die Geschäftstätigkeit einer Personengesellschaft ausschließlich in dem Halten der Anteile an einer anderen Personengesellschaft besteht.2 Beispiel: A (natürliche Person) ist alleiniger Kommanditist der B-KG. Die B-KG ist alleinige Kommanditistin der C-KG. Weitere Geschäftstätigkeiten hat die B-KG nicht. A veräußert seinen Anteil an der B-KG. Lösung: § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist unter Berücksichtigung des Urt. des BFH v. 12.10.2016 auf Ebene der B-KG nicht anwendbar. Das hat uE zur Folge, dass A – und nicht die B-KG – Mitunternehmer der C-KG ist.3 Der Gewinn aus der mittelbaren Veräußerung des Anteils an der C-KG unterliegt gleichwohl gem. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG der GewSt. A ist zwar „natürliche Person“, aber kein „unmittelbar beteiligter Mitunternehmer“ der C-KG iSd. § 7 Satz 2 GewStG.

Der Begriff der „unmittelbaren Beteiligung“ ist steuerlich und nicht zivilrechtlich zu verstehen. Das 108 ergibt sich daraus, dass in § 7 Satz 2 GewStG auf die unmittelbare Beteiligung als Mitunternehmer und nicht auf die unmittelbare Beteiligung als Gesellschafter abgehoben wird. Die Ausnahmeregelung des § 7 Satz 2 GewStG bei Veräußerungs- und Aufgabegewinnen, die auf natürliche Personen entfallen, kommt daher auch zur Anwendung, wenn der betroffene Mitunternehmer zivilrechtlich nicht Gesellschafter der Personengesellschaft ist.4 Das gilt zB in Fällen des Nießbrauchs oder eines Treuhandverhältnisses, wenn der Nießbraucher bzw. Treugeber (= natürliche Person) Mitunternehmer der Personengesellschaft ist. Veräußerung oder Aufgabe eines sog. Sondermitunternehmeranteils iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 109 Satz 2 EStG. Der mittelbare Gesellschafter der Untergesellschaft wird in diesem Fall zwar auch für gewstl. Zwecke im Hinblick auf das Sonderbetriebsvermögen und die Sondervergütungen einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt und gilt insoweit als Mitunternehmer des Betriebs der Untergesellschaft.5 Es handelt sich aber gleichwohl um eine mittelbare Beteiligung als Mitunternehmer, die von der Obergesellschaft vermittelt wird. Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Sondermitunternehmeranteils iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG unterliegen daher auch dann der GewStPfl. nach § 7 Satz 2 GewStG, wenn sie auf eine natürliche Person entfallen.

IV. Rechtsfolge § 7 Satz 2 GewStG normiert die GewStPfl. von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen iSd. § 7 Satz 2 110 GewStG. Gewinn iSd. § 7 Satz 2 GewStG ist auch ein Veräußerungs- oder Aufgabeverlust.6 1 FG Bremen v. 18.8.2010 – 2 K 94/09, EFG 2011, 723 – Rev IV R 39/10; Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 129; Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 128; Schnitter in Frotscher/Maas, § 7 GewStG Rz. 108. 2 BFH v. 12.10.2016 – I R 92/12, BFH/NV 2017, 685. 3 Vgl. BFH v. 6.10.2004 – IX R 53/01, BStBl. II 2005, 383 Rz. 19 = FR 2005, 144. 4 Füger/Rieger, DStR 2002, 933 (935). 5 BFH v. 31.8.1999 – VIII B 74/99, BStBl. II 1999, 794 = FR 1999, 1309 m. Anm. Wendt. 6 Neumayer/Obser, EStB 2008, 445 (446); Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 128; Schnitter in Frotscher/ Maas, § 7 GewStG Rz. 103; ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 379, der darauf hinweist, dass ein entsprechender Verlust stl. nicht nutzbar sei, weil unmittelbar nach der Verlustentstehung ein Mitunternehmer-

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§ 7 Rz. 111 Gewerbeertrag 111 Berechnung des Veräußerungs-/Aufgabegewinns. Der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn ist nach

den gleichen Grundsätzen zu berechnen und vom laufenden Gewerbeertrag abzugrenzen, die bei der Ermittlung eines nach § 7 Satz 1 GewStG nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehenden Veräußerungs-/Aufgabegewinns gelten (s. Rz. 81 f.). Das ergibt sich aus dem Regelungszweck des § 7 Satz 2 GewStG, die Gewerbesteuerbefreiung von Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinnen nach § 7 Satz 1 GewStG rückgängig zu machen (s. Rz. 86). Zur Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA vgl. Kempf.1 In Fällen des § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG (Betriebsveräußerung oder -aufgabe durch die Mitunternehmerschaft) ist der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn anteilig gewstpfl., wenn an der Mitunternehmerschaft sowohl natürliche Personen als auch „nicht-natürliche“ Personen beteiligt sind (vgl. den Wortlaut des § 7 Satz 2 GewStG: „… soweit er nicht auf eine natürliche Person … entfällt“).2 Hierbei ist uE auf den mitunternehmerbezogenen, unter Berücksichtigung von Ergänzungsbilanzen ermittelten Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn abzustellen. Beispiel: Gesellschafter der C-KG sind A und die B-GmbH zu jeweils 50 %. A hat ein Kapitalkonto iHv. 50.000 Euro und die B-GmbH ein Kapitalkonto iHv. 20.000 Euro in der Gesamthandsbilanz. A hat außerdem ein positives Kapitalkonto in seiner Ergänzungsbilanz iHv. 40.000 Euro. Die C-KG veräußert ihren Betrieb mit allen Aktiva und Passiva für 200.000 Euro. Lösung: Der Gewinn aus der Veräußerung des Betriebs der C-KG beträgt 90.000 Euro (Veräußerungspreis iHv. 200.000 Euro abzgl. Gesamtkapital Gesamthands- und Ergänzungsbilanz iHv. 110.000 Euro). Er entfällt iHv. 80.000 Euro auf die B-GmbH (anteiliger Veräußerungspreis iHv. 100.000 Euro abzgl. Kapitalkonto iHv. 20.000 Euro) und iHv. 10.000 Euro auf A (anteiliger Veräußerungspreis iHv. 100.000 Euro abzgl. (Gesamt-)Kapitalkonto iHv. 80.000 Euro). Er ist daher iHv. 80.000 Euro gem. § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG gewstpfl.

Bei Veräußerungs- und Aufgabetatbeständen iSd. § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 GewStG (Veräußerung/ Aufgabe eines Mitunternehmeranteils/Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA) ist ausschließlich auf die Rechtsform des Mitunternehmers/persönlich haftenden Gesellschafters der KGaA abzustellen, der seinen Anteil veräußert bzw. aufgegeben hat.3 Dh.: Bei einer Veräußerung/Aufgabe durch eine natürliche Person sind die Voraussetzungen des § 7 Satz 2 GewStG „insgesamt“ nicht erfüllt; bei einer Veräußerung/Aufgabe durch eine „nicht-natürliche“ Person ist der Gewinn dagegen insgesamt gewstpfl. 112 Ansatz des Gewinns bei der Gewerbeertragsermittlung der Mitunternehmerschaft/KGaA. Gewin-

ne iSd. § 7 Satz 2 GewStG sind bei der Gewerbeertragsermittlung der Mitunternehmerschaft (§ 7 Satz 2 Nr. 1 und 2 GewStG)4 bzw. KGaA (§ 7 Satz 2 Nr. 3 KStG)5 zu berücksichtigen. Das führt in Fällen des § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 GewStG dazu, dass die GewSt bei der Mitunternehmerschaft bzw. KGaA anfällt, obwohl der nicht mehr an der Mitunternehmerschaft bzw. KGaA beteiligte Gesellschafter den Veräußerungspreis vereinnahmt hat. Dem ist zivilrechtlich durch interne Ausgleichsmechanismen beim Abschluss des Kaufvertrags für den Gesellschaftsanteil zu begegnen.6 Eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnen iSd. § 7 Satz 2 Nr. 1 und 2 GewStG auf der Gesellschafterebene wird bei gewstpfl. Mitunternehmern dadurch vermieden, dass der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn bzw. -verlust in die Kürzung gem. § 9 Nr. 2 GewStG oder die Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 8 GewStG einbezogen wird.7 Auf welcher Rechtsgrundlage im Fall der Veräußerung

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wechsel eintrete. Dem ist nicht uneingeschränkt zuzustimmen, weil der Verlust mit einem positiven laufenden Gewerbeertrag des EZ verrechnet werden kann und ein danach verbleibender Verlust nach § 10a Satz 4 GewStG quotal auf alle Mitunternehmer – und damit auch auf die weiterhin an der Mitunternehmerschaft beteiligten Mitunternehmer – verteilt wird. Eine Alleinzurechnung zum ausscheidenden Mitunternehmer erfolgt nicht. Kempf, DStR 2015, 1905 (1907). Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 120; Schnitter in Frotscher/Maas, § 7 GewStG Rz. 107. FG Düsseldorf v. 26.5.2015 – 10 K 1590/14 G, EFG 2015, 1383 – Rev. IV R 31/15. OFD Koblenz v. 27.12.2004 – G 1421 A, DStR 2005, 194, allerdings zu Veräußerungs-/Aufgabegewinnen iSd. § 18 Abs. 4 UmwStG aF (= § 18 Abs. 3 UmwStG nF); BFH v. 25.5.1962 – I 78/61 S, BStBl. III 1962, 438; v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 Rz. 46 f.; Behrens/Schmitt, BB 2002, 860 (861); Körner, INF 2004, 820 (821); Füger/Rieger, DStR 2002, 933 (935); Suchanek, GmbHR 2007, 248 (249); kritisch Holin, NWB 2013, 3706 (3709 f.); Günkel/Levedag, FR 2004, 261 (263). Füger/Rieger, DStR 2002, 933 (935); Behrens/Schmitt, BB 2002, 860 (861). Vgl. dazu Kutt/Möllmann, DB 2010, 1662. Körner, INF 2004, 820 (821).

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C. Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinne (Satz 2)

Rz. 113 § 7

oder Aufgabe eines Komplementäranteils einer KGaA eine Doppelbelastung des Veräußerungs-bzw. Aufgabegewinns bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Komplementärs vermieden werden kann, ist dagegen fraglich (s. auch Rz. 103). Doppelstöckige Personengesellschaft. Wenn eine andere als eine natürliche Person den Anteil an 113 der Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft veräußert, sodass der Veräußerungs-/ Aufgabegewinn nach § 7 Satz 2 GewStG gewstpfl. ist, stellt sich die Frage, ob der Veräußerungs-/Aufgabegewinn iSd. § 7 Satz 2 GewStG ausschließlich auf Ebene der Obergesellschaft oder anteilig – soweit stille Reserven im BV der Untergesellschaft aufgedeckt werden – bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Untergesellschaft zu erfassen ist. Nach der Verwaltungsauffassung ist ein entsprechender Gewinn ausschließlich auf Ebene der Obergesellschaft zu erfassen.1 Diese Auffassung wird von einem Teil des Schrifttums geteilt.2 Zur Begründung wird aufgeführt, dass die Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft nicht zugleich eine mittelbare Veräußerung des Mitunternehmeranteils an der Untergesellschaft bedeute (s. Rz. 101 f.). Weiterhin wird auf das Urt. des BFH v. 18.9.20073 hingewiesen, wonach der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an einer Obergesellschaft bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ausschließlich im Feststellungsbescheid der Obergesellschaft zu erfassen ist. Die Gegenmeinung hält eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns auf die Ober- und Untergesellschaft im Verhältnis der aufgedeckten stillen Reserven für zutreffend.4 Das wird teilweise damit begründet, dass die Veräußerung des Anteils an der Obergesellschaft – entgegen der hM und der hier vertretenen Auffassung (s. Rz. 102) – zugleich als mittelbare Veräußerung des Anteils an der Untergesellschaft iSd. § 7 Satz 2 Nr. 2 EStG zu beurteilen sei, sodass der Tatbestand des § 7 Satz 2 GewStG auf Ebene der Untergesellschaft erfüllt ist.5 Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns zu einem sachgerechten Ergebnis führe, weil die gewerbesteuerwirksamen Ergänzungsbilanzen beim Erwerber ebenfalls durchgestockt würden.6 Stellungnahme. Eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns im Verhältnis der aufgedeckten stillen Reserven auf die Unter- und Obergesellschaft ist geboten. Das ergibt sich aus der Rspr. des BFH, wonach der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft im Gewerbeertrag der Gesellschaft und nicht des Gesellschafters zu erfassen ist, weil Quelle des Veräußerungsgewinns der Betrieb der Personengesellschaft ist.7 Quelle des Gewinns aus der Veräußerung des Anteils an einer doppelstöckigen Personengesellschaft sind indes die in den WG der Obergesellschaft und der Untergesellschaft ruhenden stillen Reserven. Das ergibt sich aus dem Transparenzprinzip, wonach die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils einer (anteiligen) Veräußerung der zum BV gehörenden WG gleichzustellen ist, weil der Mitunternehmeranteil selbst keine Wirtschaftsgutqualität hat.8 Folge der Aufteilung des Veräußerungs-/Aufgabegewinns auf die Unter- und Obergesellschaft ist, dass die Rechtsfolge des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG bei der Untergesellschaft und damit bei einem Gewerbesteuerpflichtigen gezogen wird, bei dem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG nach der hM und hier vertretenen Auffassung mangels Veräußerung des Mitunternehmeranteils an der Untergesellschaft durch die Obergesellschaft selbst nicht erfüllt sind (s. Rz. 101 f.). Für die Mehr-AfA in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers des Anteils an der Obergesellschaft gilt aber nichts anderes. Diese wird ebenfalls (anteilig) auf Ebene der Untergesellschaft berücksichtigt, obwohl der Mitunternehmerbestand der Untergesellschaft unverändert geblieben ist.9 Für den Veräußerungsgewinn iSd. § 7 Satz 2 GewStG muss das entsprechend gelten. 1 R 7.1 Abs. 3 Satz 5 GewStR 2009. 2 Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 129; Hageböke/Schmidt, DB 2003, 790; Hindersmann/Kleymann, BB 2006, 2104 (2107); Schnitter in Frotscher/Maas, § 7 GewStG Rz. 107; Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 128; Suchanek, GmbHR 2007, 248 (249). 3 BFH v. 18.9.2007 – I R 79/06, BFH/NV 2008, 729 = FR 2008, 960 m. Anm. Suchanek. 4 Behrens/Schmitt, BB 2002, 860 (862); Hülsmann, DStR 2014, 184; Ley, KÖSDI 2011, 17277 (17280); Ludwig, BB 2007, 2152; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 324a. 5 So insbesondere Ludwig, BB 2007, 2152. 6 Vgl. Hülsmann, DStR 2014, 184; Ley, KÖSDI 2011, 17277 (17280). 7 BFH v. 25.5.1962 – I 78/61 S, BStBl. III 1962, 438 unter III. 8 BFH v. 13.7.1993 – VIII R 85/91, BStBl. II 1994, 243 = FR 1994, 83. 9 Vgl. Wacker in Schmidt36, § 15 EStG Rz. 471 mwN.

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§ 7 Rz. 114 Gewerbeertrag

D. Tonnagebesteuerung gem. § 5a EStG und Einkommensermittlung bei Werbesendungen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten gem. § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG (Satz 3) Literatur: Liedtke/Rosenke, Anwendbarkeit der Kürzungen gem. § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG auf Veräußerungsgewinne von Mitunternehmeranteilen an Schifffahrtsunternehmen und auf die Gewinnermittlungen durch einen Wechsel zur Tonnagebesteuerung nach § 5a Abs. 4 Satz 3 GewStG, FR 2007, 290; Wendt, Gewerbesteuerliche Erfassung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen bei der Tonnagebesteuerung – Anmerkung zum Urteil des BFH vom 13.12.2007, FR 2008, 683; Glasenapp, Die Änderungen im Tonnagesteuererlass durch das Schreiben des BMF v. 31.10.2008, DStR 2009, 1462. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133a - 11/02, BStBl. I 2002, 614; v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133 - a/07/10001, BStBl. I 2008, 956.

I. Grundaussagen der Vorschrift 1. Regelungsgegenstand und -zweck 114 Nach § 7 Satz 3 GewStG gelten der nach § 5a EStG (Tonnagebesteuerung) ermittelte Gewinn und das

nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG ermittelte Einkommen (Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten) als Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG. Es handelt sich um eine Fiktion, durch die die allgemeinen Regelungen der Gewerbeertragsermittlung nach § 7 Satz 1 GewStG suspendiert werden. 2. Anwendungsbereich 115 § 7 Satz 3 GewStG betrifft in persönlicher Hinsicht öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und Ge-

werbesteuerpflichtige, die ihren Gewinn nach der Tonnagebesteuerung gem. § 5a EStG ermitteln. In sachlicher Hinsicht regelt § 7 Satz 3 GewStG bei Gewerbesteuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach der Tonnagebesteuerung gem. § 5a EStG ermitteln, dass der Gewinn nach § 5a EStG als Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 GewStG gilt. Bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten betrifft § 7 Satz 3 GewStG das aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen gem. § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG ermittelte Einkommen, das ebenfalls als Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 GewStG bestimmt wird. In zeitlicher Hinsicht gilt § 7 Satz 3 GewStG (bis EZ 2001: § 7 Satz 2 GewStG) für Gewerbesteuerpflichtige, die ihren Gewinn nach der Tonnagebesteuerung gem. § 5a EStG ermitteln, ab dem EZ 1999.1 Die Einkommensermittlung bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG (bis VZ 2008: § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG) ist erstmals im EZ 2001 anzuwenden.2 3. Entstehungsgeschichte 116 Durch das G zur Anpassung der technischen und steuerrechtlichen Bedingungen in der Seeschiff-

fahrt an den internationalen Standard (SeeschifffahrtsanpassungsG) v. 9.9.19983 wurde erstmals im damaligen § 7 Satz 2 GewStG festgeschrieben, dass der nach § 5a EStG (Tonnagebesteuerung) ermittelte Gewinn als Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 GewStG gilt. Mit dem G zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz) v. 20.12.2001 (verkündet im BGBl. v. 24.12.2001)4 wurde der bisherige § 7 Satz 2 GewStG bei unverändertem Regelungsinhalt zu § 7 Satz 3 GewStG. Hintergrund war die Einführung des heutigen § 7 Satz 2 GewStG.

1 § 36 Abs. 1 GewStG idF des SeeschifffahrtsanpassungsG v. 9.9.1998, BGBl. I 1998, 2860. 2 § 36 Abs. 3 GewStG i.d.F. des SolidarpaktfortführungsG v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3955; § 36 Abs. 5 GewStG idF des 5. G zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen v. 23.7.2002, BGBl. I 2002, 2715. 3 BGBl. I 1998, 2860. 4 BGBl. I 2001, 3858.

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D. Tonnagebesteuerung gem. § 5a EStG (Satz 3)

Rz. 118 § 7

Durch das ebenfalls v. 20.12.2001 datierende, aber erst am 27.12.2001 im BGBl. verkündete1 G zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds „Deutsche Einheit“ (Solidarpaktfortführungsgesetz) wurde § 7 GewStG in Bezug auf die Gewinnermittlung bei Werbesendungen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten ergänzt (Verweis auf die Einkommensermittlung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG aF). Infolge eines „gesetzgeberischen Versehens“ wurde der neu gefasste § 7 Satz 3 GewStG dabei in § 7 Satz 2 GewStG aufgenommen (s. Rz. 88). § 7 Satz 3 GewStG idF des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes blieb daher unverändert bestehen. Diesen Fehler hat der Gesetzgeber durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23.7.20022 behoben. § 7 Satz 2 GewStG wurde hiernach in der ursprünglichen Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes wieder eingeführt. § 7 Satz 2 GewStG idF des Solidarpaktfortführungsgesetzes wurde zum heutigen § 7 Satz 3 GewStG. Durch das JStG 2009 v. 19.12.20083 wurde der bisherige Verweis in § 7 Satz 3 GewStG auf § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG aF redaktionell in den heute geltenden Verweis auf § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG umgeschrieben. Hintergrund war die Änderung des KStG durch das JStG 2009; § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG aF wurde danach zu § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG. 4. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG Verhältnis zu § 2 GewStG. § 7 Satz 3 GewStG betrifft nur die Gewerbeertragsermittlung und wirkt 117 sich nicht auf den Beginn und das Ende der sachlichen StPfl. aus. Die Gewerbeertragsermittlung nach § 7 Satz 3 GewStG kommt daher nur zur Anwendung, wenn die Voraussetzungen des § 2 GewStG erfüllt sind. Verhältnis zu §§ 8, 9 GewStG. S. Rz. 121. Verhältnis zu § 10a GewStG. Der nach § 5a EStG ermittelte Gewerbeertrag kann gem. § 10a GewStG mit festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlusten verrechnet werden.4 b) Verhältnis zu Vorschriften des EStG und des KStG Verhältnis zu § 5a EStG. S. Rz. 119. 118 Verhältnis zu § 35 EStG. Für den auf den Tonnagegewinn iSd. § 5a Abs. 1 EStG entfallenden Gewerbesteuermessbetrag ist die Anwendung des § 35 EStG gem. § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG ausgeschlossen. Dagegen berechtigt der auf die Auflösung des Unterschiedsbetrag iSd. § 5a Abs. 4 EStG sowie auf Sondervergütungen iSd. § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG entfallende Gewerbesteuermessbetrag zur Steuerermäßigung.5 Die Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke des § 35 EStG erfolgt nach dem Verhältnis des der Steuerermäßigung unterliegenden Gewinns zu dem gesamten Gewinn aus Gewerbebetrieb.6 Das gilt in Fällen, in denen der Gewinn nur teilweise nach § 5a EStG ermittelt wird (gemischter Betrieb),7 entsprechend; insoweit ist der nach § 7 Satz 1 GewStG iVm. §§ 8, 9 GewStG ermittelte Gewerbeertrag ins Verhältnis zum „Gesamtgewer-

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BGBl. I 2001, 3955. BGBl. I 2002, 2715. BGBl. I 2009, 2794. BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133a – 11/02 – BStBl. I 2002, 614 Rz. 39. BMF v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133 – a/07/10001 – BStBl. I 2008, 956 Rz. 35, im BMF-Schreiben v. 12.6.2002 hatte die Verwaltung noch die Auffassung vertreten, dass die Anwendung des § 35 EStG auch für die Hinzurechnungen nach § 5a Abs. 4 und Abs. 4a EStG ausgeschlossen ist, BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133a – 11/02 – BStBl. I 2002, 614 Rz. 35; BFH v. 4.12.2014 – IV R 27/11, BStBl. II 2015, 278 = FR 2015, 423 m. Anm. Nöcker Rz. 24. 6 BFH v. 4.12.2014 – IV R 27/11, BStBl. II 2015, 278 = FR 2015, 423 m. Anm. Nöcker. 7 BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133a – 11/02 – BStBl. I 2002, 614 Rz. 3.

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§ 7 Rz. 119 Gewerbeertrag beertrag“ iSd. § 7 Satz 1 und 3 GewStG zu setzen. Vgl. zur Ermittlung der Steuerermäßigung bei Mitunternehmerschaften, die den Gewinn nach § 5a EStG ermitteln, auch BMF v. 3.11.2016.1 Verhältnis zu § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG. S. Rz. 120.

II. Anwendungsbereich 119 Nach § 5a EStG ermittelter Gewinn. Zum „nach § 5a EStG ermittelten Gewinn“ iSd. § 7 Satz 3 Gew-

StG gehören neben dem Tonnagegewinn iSd. § 5a Abs. 1 EStG auch der Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags iSd. § 5a Abs. 4 EStG und die Sondervergütungen iSd. § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG.2 Der Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags iSd. § 5a Abs. 4 EStG ist nach der Rspr. des BFH auch dann in den Gewerbeertrag einzubeziehen, wenn die Auflösung iZm. einer Betriebsaufgabe außerhalb des laufenden Geschäftsbetriebs erfolgt.3 Die Verwaltung hatte im BMF-Schreiben v. 24.6.19994 noch eine gegenteilige Auffassung vertreten. Diese Einschränkung hat sie jedoch im BMF-Schreiben v. 12.6.20025 ohne Übergangsregelung aufgehoben. Auch bei einem Rückwechsel zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich unterliegt der Gewinn aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags iSd. § 5a Abs. 4 EStG in vollem Umfang der GewSt.6 Zur Gewinnermittlung nach § 5a EStG wird auf die Kommentierungen des EStG verwiesen. 120 Nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG ermitteltes Einkommen. Nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG beträgt bei den

inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 % der Entgelte iSd. § 10 Abs. 1 UStG aus Werbesendungen. Durch § 7 Satz 3 GewStG wird das Einkommen zugleich als Gewerbeertrag fingiert. Auf die Kommentierungen zu § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG wird verwiesen.

III. Rechtsfolge 121 Der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn und das nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG ermittelte Einkommen

„gelten“ nach § 7 Satz 3 GewStG als Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG. Es handelt sich um einen fiktiven Gewerbeertrag, auf den die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften gem. §§ 8, 9 GewStG nicht anzuwenden sind.7 Das gilt auch für § 9 Nr. 3 GewStG.8 Dem steht nicht entgegen, dass sich die Inlandsbegrenzung der GewSt bereits aus § 2 Abs. 1 GewStG ergibt; die Fiktion des § 7 Satz 3 GewStG umfasst insoweit auch das Merkmal des inländischen Gewerbeertrags.9 Strittig war, ob § 9 Nr. 3 GewStG auch im Fall eines Gewinns aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags iSd. § 5a Abs. 4 EStG nicht zur Anwendung kommt. Die Verwaltung war im BMF-Schreiben v. 12.6.200210 noch davon ausgegangen, dass § 9 Nr. 3 GewStG insoweit einschlägig ist, hat diese Auffassung jedoch im BMF-Schreiben v. 31.10.200811– mit einer Übergangsregelung für Wj., die vor 1 BMF v. 3.11.2016 – IV C 6 - S 2296-a/08/10002:003, BStBl. I 2016, 1187. 2 Vgl. zur Einbeziehung des Gewinns aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags iSd. § 5a Abs. 4 EStG: BFH v. 13.12.2007 – IV R 92/05, BStBl. II 2008, 583 = FR 2008, 680 m. Anm. Wendt; vgl. zur Einbeziehung von Sondervergütungen iSv. § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG: BFH v. 6.7.2005 – VIII R 74/02, BStBl. II. 2008, 180 = FR 2005, 1246 m. Anm. Wendt. 3 BFH v. 13.12.2007 – IV R 92/05, BStBl. II 2008, 583; vgl. dazu Wendt, FR 2008, 683; aA Liedtke/Rosenke, FR 2007, 290. 4 BMF v. 24.6.1999 – IV C 2 - S 1900 - 65/99, BStBl. I 1999, 669 Rz. 33. 5 BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 38; v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133 a/07/10001, BStBl. I 2008, 956 Rz. 38. 6 FG Hbg. v. 16.6.2016 – 6 K 215/14, EFG 2016, 1456 – Rev. IV R 40/16. 7 BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 37; v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133 a/07/10001, BStBl. I 2008, 956 Rz. 37; BFH v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140; Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 129; Selder in Glanegger/Güroff9, § 7 GewStG Rz. 14. 8 BFH v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 387. 9 BFH v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140. 10 BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 38. 11 BMF v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133 - a/07/10001, BStBl. I 2008, 956 Rz. 38.

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E. Beteiligungserträge von Mitunternehmerschaften (Satz 4)

Rz. 124 § 7

dem 1.1.2008 beginnen – aufgehoben. Der BFH hat die Nichtanwendbarkeit des § 9 Nr. 3 GewStG auf Gewinne iSd. § 5a Abs. 4 EStG zwischenzeitlich – trotz kritischer Stimmen in der Literatur1 – bestätigt.2 Bei Mischbetrieben, die sowohl einen Gewinn iSd. § 5a EStG bzw. ein Einkommen iSd. § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG als auch andere gewstpfl. Einkünfte erzielen,3 ist der auf die weiteren Tätigkeiten entfallende Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG iVm. §§ 8, 9 GewStG zu ermitteln und mit dem Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 3 GewStG zusammenzufassen.

E. Beteiligungserträge von Mitunternehmerschaften (Satz 4) Literatur: Engel, § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG sind bereits bei der Einkünfteermittlung der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen, DB 2003, 1811; Seitz, Die Berücksichtigung der Steuerbefreiungen nach § 8b Abs. 2 und 6 KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft, GmbHR 2004, 476; Dötsch/Pung, Richtlinien-Umsetzungsgesetz: Die Änderungen des EStG, des KStG und des GewStG, DB 2005, 10; Prinz/Hick, Halbeinkünfteverfahren und Gewerbesteuer (§ 7 Satz 4 GewStG): Die mittelständische HoldingPersonengesellschaft mit gemischtem Mitunternehmerkreis im Veräußerungsfall, GmbHR 2006, 24. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750 a - 7/03, nv. – Anwendung des § 8b KStG 2002 und Auswirkungen auf die GewSt; BMF v. 21.3.2007 – IV B 7 – G 1421/0, BStBl. I 2007, 302 – Nichtanwendungserlass zum BFH-Urt. v. 9.8.2006 – I R 95/05; OFD München v. 9.2.2005 – G 1532 - 72 St 423.

I. Kapitalerträge im Rahmen der Gewerbesteuer – allgemeine Einführung und Überblick Erträge aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, insbes. also laufende Beteiligungserträge (Gewinnaus- 122 schüttungen bzw. Dividenden) bzw. gleichgestellte Erträge iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sowie Veräußerungsgewinne und -verluste, werden iRd. ESt im Regelfall teilweise (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG – sog. Teileinkünfteverfahren) und iRd. KSt im Regelfall vollständig (§ 8b Abs. 1 und 2 KStG) von der Besteuerung ausgenommen. Durch die (teilweise oder vollständige) Freistellung von Beteiligungserträgen soll eine ertragsteuerliche Doppelbelastung – einmal auf Ebene der ausschüttenden bzw. veräußerten KapGes. und ein weiteres Mal auf Gesellschafterebene – vermieden werden. Im Hinblick auf Veräußerungsgewinne und -verluste wird diese ertragsteuerliche Grundsystematik 123 über den in § 7 Satz 1 GewStG (bzw. – im Falle einer „zwischengeschalteten“ Mitunternehmerschaft – § 7 Satz 4 GewStG) enthaltenen Verweis auf die einschlägigen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG bzw. KStG ohne Einschränkung auch für die GewSt übernommen. Veräußerungsgewinne und -verluste aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen unterliegen nicht der GewSt bzw. (in Bezug auf Verluste) bleiben iRd. GewSt außer Ansatz, wenn und soweit die Voraussetzungen für die teilweise bzw. vollständige Steuerfreistellung gemäß den Vorgaben des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes erfüllt sind. Bei Veräußerungsgewinnen bzw. -verlusten gibt es demnach stets einen Gleichlauf zwischen ESt bzw. KSt einerseits und GewSt andererseits. Laufende Beteiligungserträge (insbes. also Gewinnausschüttungen bzw. Dividenden sowie gleich- 124 gestellte Erträge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) unterliegen demgegenüber einem gewstl. „Sonderregime“. Zwar schlagen – über den Verweis gem. § 7 Satz 1 GewStG (bzw. – im Falle einer „zwischengeschalteten“ Mitunternehmerschaft – § 7 Satz 4 GewStG) – im Ausgangspunkt auch hier die Regelungen zum Teileinkünfteverfahren bzw. die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG auf die GewSt durch. Die besonderen Hinzurechnungs- bzw. Kürzungsvorschriften gem. § 8 Nr. 5 GewStG sowie § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG führen jedoch dazu, dass laufende Beteiligungserträge aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen entweder von der Gewerbebesteuerung vollständig ausgenommen bleiben bzw. 1 Glasenapp, DStR 2009, 1462 (1465); Liedtke/Rosenke, FR 2007, 290; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 388. 2 BFH v. 26.6.2014 – IV R 10/11, BStBl. II 2015, 300 = FR 2014, 867. 3 Vgl. zur Anwendbarkeit des § 5a EStG bei Mischbetrieben BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 3.

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§ 7 Rz. 125 Gewerbeertrag werden oder vollumfänglich (mittels Aufrechterhaltung der vollständigen Steuerpflicht oder Rücknahme der teilweisen bzw. vollständigen Steuerbefreiung nach Maßgabe des EStG bzw. KStG) einer Belastung mit GewSt unterworfen werden. 125 Ausschlaggebend für die gewstl. Behandlung laufender Beteiligungserträge ist insbes. die Frage, ob es

sich bei der Kapitalgesellschaftsbeteiligung, aus der laufende Erträge bezogen werden, um eine Schachtelbeteiligung im gewstl. Sinne (in Abgrenzung von der Schachtelbeteiligung im körperschaftsteuerlichen Sinne gem. § 8b Abs. 4 KStG) handelt. Der nachfolgende – vereinfachende – Überblick fasst die wesentlichen Aspekte der gewstl. Behandlung laufender Erträge aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen zusammen. Gesellschafter ist natürliche Person Beteiligungshöhe zu Beginn des EZ $ 15 % (Schachtelbeteiligung im gewstl. Sinne)

Gesellschafter ist Kapitalgesellschaft

– Beteiligungserträge unterliegen – Beteiligungserträge bleiben iRd. gem. § 3 Nr. 40 EStG zu 60 % der KSt gem. § 8b KStG bei der ErmittESt. lung des Einkommens vollständig – Aufwendungen können gem. § 3c (100 %) außer Ansatz. Abs. 2 EStG lediglich zu 60 % zum – Aufwendungen können vollständig Abzug gebracht werden. zum Abzug gebracht werden (§ 8b Abs. 5 Satz 2 KStG); 5 % der Beteiligungserträge gelten nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG als nicht abziehbare Betriebsausgaben. – Gewerbesteuerlich erfolgt eine – Beteiligungserträge bleiben iRd. vollständige Kürzung der BeteiGewSt freigestellt. ligungserträge gem. § 9 Nr. 2a – Die pauschal als nicht abziehbare GewStG. Betriebsausgaben angesetzten 5 % – Aufwendungen mindern gem. § 9 werden nicht gekürzt (§ 9 Nr. 2a Nr. 2a Satz 3 GewStG den KürSatz 4 GewStG). zungsbetrag, wobei nach § 9 Nr. 2a Satz 3 Halbs. 2 GewStG hinsichtlich der Beteiligungsaufwendungen § 8 Nr. 1 GewStG keine Anwendung findet.

Beteiligungshöhe zu Beginn des EZ $ 10 % (Schachtelbeteiligung im körperschaftsteuerlichen Sinne gem. § 8b Abs. 4 KStG), jedoch , 15 % (keine Schachtelbeteiligung im gewstl. Sinne)1

– Beteiligungserträge unterliegen – Beteiligungserträge bleiben iRd. gem. § 3 Nr. 40 EStG zu 60 % der KSt gem. § 8b KStG bei der ErmittESt. lung des Einkommens vollständig – Aufwendungen können gem. § 3c (100 %) außer Ansatz. Abs. 2 EStG lediglich zu 60 % zum – Aufwendungen können vollständig Abzug gebracht werden. zum Abzug gebracht werden (§ 8b Abs. 5 Satz 2 KStG); 5 % der Beteiligungserträge gelten nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG als nicht abziehbare Betriebsausgaben. – Gewerbesteuerlich erfolgt eine – Gewerbesteuerlich erfolgt eine Hinzurechnung des iRd. ESt freiHinzurechnung des iRd. KSt freigestellten Teils der Beteiligungsgestellten Teils der Beteiligungserträge gem. § 8 Nr. 5 GewStG, erträge gem. § 8 Nr. 5 GewStG, dh., die Beteiligungserträge unterdh., die Beteiligungserträge unterliegen vollständig der GewSt. Es liegen vollständig der GewSt. Eine kommt zu einer definitiven gewstl. Kürzung der Beteiligungserträge Doppelbelastung. Eine ertragsteugem. § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG erliche Dreifachbelastung (mit erfolgt nicht. Es kommt zu einer GewSt sowohl auf Ebene des ausdefinitiven gewstl. Doppelbelasschüttenden Unternehmens als tung (sodann zusätzliche Ertrag-

1 Ausgenommen der Sonderfall der EU-Auslandsgesellschaft, bei der auch bei einer Beteiligung von mind. 10 % eine Kürzung gem. § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG erfolgt.

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Möllmann

E. Beteiligungserträge von Mitunternehmerschaften (Satz 4)

Beteiligungshöhe zu Beginn des EZ , 10 % (Steuerbesitzbeteiligung sowohl im körperschaftsteuerlichen als auch im gewstl. Sinne)2

Rz. 126 § 7

Gesellschafter ist natürliche Person

Gesellschafter ist Kapitalgesellschaft

auch auf Ebene des Gesellschafters sowie zusätzlich mit ESt auf Ebene des Gesellschafters) wird allein über die Anrechnung der GewSt gem. § 35 EStG vermieden. – Nach § 3c Abs. 2 EStG außer Ansatz gebliebene Aufwendungen mindern gem. § 8 Nr. 5 Satz 2 GewStG den Hinzurechnungsbetrag.

steuerbelastung bei Weiterausschüttung). – Die gem. § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG als nicht abziehbare Betriebsausgaben außer Ansatz gebliebenen 5 % der Beteiligungserträge mindern gem. § 8 Nr. 5 Satz 2 GewStG den Hinzurechnungsbetrag.

– Beteiligungserträge unterliegen – Beteiligungserträge unterliegen gem. § 3 Nr. 40 EStG zu 60 % der gem. § 8b Abs. 4 KStG in voller ESt. Höhe der KSt (keine Freistellung). – Aufwendungen können gem. § 3c – Aufwendungen können vollständig Abs. 2 EStG lediglich zu 60 % zum zum Abzug gebracht werden. Abzug gebracht werden. – Gewerbesteuerlich erfolgt eine – Gewerbesteuerlich bleibt es (§ 7 Hinzurechnung des iRd. ESt freiSatz 1 GewStG) beim vollständigestellten Teils der Beteiligungsgen Ansatz der Beteiligungserträerträge gem. § 8 Nr. 5 GewStG, ge. Eine Kürzung der Beteiligungsdh., die Beteiligungserträge untererträge gem. § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 liegen vollständig der GewSt. Es GewStG erfolgt nicht, dh., die Bekommt zu einer definitiven gewstl. teiligungserträge unterliegen vollDoppelbelastung. Eine ertragsteuständig der GewSt. Es kommt zu erliche Dreifachbelastung (mit einer definitiven gewstl. DoppelGewSt sowohl auf Ebene des ausbelastung (mit GewSt sowohl auf schüttenden Unternehmens als Ebene des ausschüttenden Unterauch auf Ebene des Gesellschafters nehmens als auch auf Ebene des sowie zusätzlich mit ESt auf Ebene Gesellschafters; sodann zusätzliche des Gesellschafters) wird allein Ertragsteuerbelastung bei Weiterüber die Anrechnung der GewSt ausschüttung). gem. § 35 EStG abgemildert. – Die iRd. KSt vollständig zum Ab– Nach § 3c Abs. 2 EStG außer Anzug gebrachten Aufwendungen satz gebliebene Aufwendungen bleiben (vorbehaltlich insbes. § 8 mindern gem. § 8 Nr. 5 Satz 2 Nr. 1 GewStG) auch iRd. GewSt GewStG den Hinzurechnungsunberücksichtigt. betrag.

II. Allgemeiner Regelungsgehalt von § 7 Satz 4 GewStG § 7 Satz 4 GewStG wurde durch EURLUmsG v. 9.12.20143 eingeführt und gilt mit Wirkung ab dem 126 EZ 2004. Die Vorschrift regelt die gewstl. Behandlung von Beteiligungserträgen sowie der damit zusammenhängenden Aufwendungen, die in den Anwendungsbereich des sog. Teileinkünfteverfahrens (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) bzw. der Steuerfreistellung gem. § 8b KStG fallen und die von einer Mitunternehmerschaft erzielt werden. Der praktische Hauptanwendungsfall der Vorschrift ist die von einer Mitunternehmerschaft gehaltene Kapitalgesellschaftsbeteiligung. Bei den von § 7 Satz 4 GewStG erfassten Beteiligungserträgen handelt es sich insbes. um Gewinnausschüttungen bzw. Divi-

2 Zu beachten sind die teilweise voneinander abweichenden Voraussetzungen des § 8b Abs. 4 KStG einerseits und der gewstl. Kürzungs- und Hinzurechnungsvorschriften gem. § 9 Nr. 2a, 7 bzw. 8 GewStG andererseits. Einen tatbestandlichen „Gleichlauf“ bei der Unterscheidung von Schachtel- und Streubesitzbeteiligungen im körperschaftsteuerlichen Sinne einerseits und im gewstl. Sinne andererseits gibt es nicht. 3 BGBl. I 2004, 3310.

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§ 7 Rz. 127 Gewerbeertrag denden und gleichgestellte Erträge iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (dh. laufende Beteiligungserträge) sowie Gewinne und Verluste, die aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung resultieren. Hinsichtlich solcher Beteiligungserträge bestimmt § 7 Satz 4 GewStG, dass – in Abhängigkeit von der Rechtspersönlichkeit der an der Mitunternehmerschaft unmittelbar bzw. mittelbar beteiligten Mitunternehmer (natürliche Person oder Körperschaft) – zwecks Ermittlung des Gewerbeertrags der Mitunternehmerschaft das sog. Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) bzw. die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG anzuwenden ist. Mit anderen Worten: Ausweislich § 7 Satz 4 GewStG sind die besonderen Gewinnermittlungsvorschriften zum sog. Teileinkünfteverfahren bzw. zur vollständigen Steuerfreistellung gem. § 8b KStG iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags derjenigen Mitunternehmerschaft, die die Beteiligungserträge erzielt, anzuwenden. 127 Aus § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG ergibt sich im Ausgangspunkt (vorbehaltlich insbes. der sodann an-

zuwendenden Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften gem. § 8 Nr. 5 GewStG sowie § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG, hierzu Rz. 125), dass bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft in Bezug auf Beteiligungserträge aus einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung die Regelungen zum sog. Teileinkünfteverfahren gem. §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG anzuwenden sind. Dies gilt jedoch nur, soweit an der Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt sind. Beteiligungserträge fließen demnach insoweit lediglich zu 60 % in den Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft mit ein; iHv. 40 % unterliegen sie auf Ebene der Mitunternehmerschaft nicht der GewSt. Aufwendungen, die iZm. den Beteiligungserträgen stehen (zB Finanzierungsaufwendungen), werden für gewstl. Zwecke ebenfalls nur zu 60 % berücksichtigt. 128 Soweit nicht natürliche Personen, sondern Körperschaften unmittelbar oder mittelbar über eine oder

mehrere Personengesellschaften an einer Mitunternehmerschaft beteiligt sind, findet nach § 7 Satz 4 Halbs. 2 GewStG iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags der Mitunternehmerschaft in Bezug auf Beteiligungserträge die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG Anwendung. 129 Beteiligungserträge sind demnach iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft

nur teilweise anzusetzen (§ 3 Nr. 40 EStG) bzw. bleiben vollständig außer Ansatz (§ 8b Abs. 1 und 2 KStG). Dies gilt jedenfalls dann, wenn – was vorgelagert zu prüfen ist – sämtliche Voraussetzungen für die teilweise oder vollständige Freistellung der Beteiligungserträge gem. § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG erfüllt sind. 130 Für Gewinne und Verluste, die aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung durch ei-

ne Mitunternehmerschaft resultieren, bleibt es bei der Grundregel gem. § 7 Satz 4 GewStG: teilweise bzw. vollständige Freistellung für Zwecke der Gewerbebesteuerung auf Ebene der veräußernden Mitunternehmerschaft in Abhängigkeit von der Rechtspersönlichkeit der an der Mitunternehmerschaft unmittelbar bzw. mittelbar beteiligten Mitunternehmer (natürliche Person oder Körperschaft), soweit sämtliche Voraussetzungen für die teilweise oder vollständige Freistellung der Beteiligungserträge gem. § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG erfüllt sind. Die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften gem. § 8 Nr. 5 GewStG sowie § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG sind nicht anwendbar. 131 In Bezug auf laufende Beteiligungserträge (dh. insbes. Gewinnausschüttungen bzw. Dividenden) ist

§ 7 Satz 4 GewStG iZm. den Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften gem. § 8 Nr. 5 GewStG sowie § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG zu sehen. Laufende Beteiligungserträge können, selbst wenn sie nach Maßgabe von § 7 Satz 4 GewStG zunächst nicht oder nur anteilig in den Gewerbeertrag einer Mitunternehmerschaft einfließen, aufgrund der sodann anzuwendenden Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften gem. § 8 Nr. 5 GewStG sowie § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG – vollständig von der GewSt ausgenommen werden (indem sie vollständig gekürzt und nicht hinzugerechnet werden – dies betrifft zB laufende Beteiligungserträge, die aus einer sog. Schachtelbeteiligung resultieren, soweit sie auf eine natürliche Person als Mitunternehmer entfallen), – von der GewSt ausgenommen bleiben (indem sie nicht hinzugerechnet werden – dies betrifft zB laufende Beteiligungserträge, die aus einer sog. Schachtelbeteiligung resultieren, soweit sie auf eine Körperschaft als Mitunternehmerin entfallen) oder – in vollem Umfang der GewSt unterworfen werden (betrifft sog. Streubesitzbeteiligungen im gewstl. Sinne).

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Möllmann

E. Beteiligungserträge von Mitunternehmerschaften (Satz 4)

Rz. 133 § 7

Demgemäß fließen laufende Beteiligungserträge entweder vollständig (zu 100 %) in den Gewerbeertrag einer Mitunternehmerschaft ein oder bleiben vollständig außer Ansatz bzw. sind vollumfänglich zu kürzen und somit auf Ebene der Mitunternehmerschaft von der GewSt ausgenommen. Dies hängt letztlich davon ab, ob die Voraussetzungen der gewstl. Kürzung gem. § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG vorliegen. Hierzu wird auf den Überblick in Rz. 125 sowie auf die Kommentierung von § 8 Nr. 5 GewStG (§ 8 Nr. 5 GewStG Rz. 1 ff.) sowie § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG (§ 9 Nr. 2a GewStG Rz. 1 ff., § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 1 ff. und § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 1 ff.) verwiesen. Die Finanzverwaltung1 vertritt die Auffassung, dass § 7 Satz 4 GewStG auch den Fall der Veräuße- 132 rung eines Mitunternehmeranteils (oder eines Teils hiervon) erfasst, soweit zum BV der Mitunternehmerschaft WG gehören, für die das Teileinkünfteverfahren nach §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG gilt. Ob dies tatsächlich aus § 7 Satz 4 GewStG abzuleiten ist, ist uE zweifelhaft. Gewinne (oder Verluste) aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sind, soweit sie anteilig auf Kapitalgesellschaftsbeteiligungen entfallen, nach den einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Regelungen gem. § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG bzw. § 8b Abs. 6 iVm. Abs. 2 KStG teilweise bzw. vollständig freigestellt. Durch den in § 7 Satz 1 GewStG enthaltenen Verweis auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG bzw. KStG gilt die teilweise bzw. vollständige Steuerfreistellung auch iRd. GewSt. § 7 Satz 4 GewStG ist demgemäß nur deklaratorischer Natur.2 In jedem Fall gelten die Grundsätze des sog. Teileinkünfteverfahrens bzw. der Steuerfreistellung gem. § 8b KStG unstreitig auch iRd. Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (soweit Kapitalgesellschaftsanteile zum Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft gehören) und werden nicht durch § 7 Satz 2 GewStG „verdrängt“. Nach der hier vertretenen Auffassung ist dies bereits aufgrund vorrangiger Anwendung des § 7 Satz 1 GewStG (Wortlaut § 7 Satz 2 GewStG: „Zum Gewerbeertrag gehört auch …“) der Fall. Nach anderer Ansicht, die jedoch zum gleichen Ergebnis führt, ist § 7 Satz 4 GewStG lex specialis3 im Verhältnis zu § 7 Satz 2 GewStG oder neben4 § 7 Satz 2 GewStG anwendbar.

III. Hintergrund der gesetzlichen Regelung Gewerblich tätige Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) sind gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 Gew- 133 StG in Bezug auf ihren jeweiligen Gewerbebetrieb selbst Schuldner der GewSt, nicht die hinter der Mitunternehmerschaft stehenden Gesellschafter (Mitunternehmer). Handelt es sich bei den an einer Mitunternehmerschaft beteiligten Gesellschaftern ebenfalls um GewSt-Subjekte, erfolgt bei ihnen eine rechtsformunabhängige Kürzung des gesamten aus der Mitunternehmerschaft resultierenden Gewinnanteils nach Maßgabe des § 9 Nr. 2 GewStG. Erzielt eine Mitunternehmerschaft demnach Beteiligungserträge aus einer von ihr gehaltenen Kapitalgesellschaftsbeteiligung, werden auch diese – als unselbstständiger Bestandteil des aus der Mitunternehmerschaft resultierenden und auf Mitunternehmerebene insgesamt zu kürzenden Gewinnanteils – auf Mitunternehmerebene gem. § 9 Nr. 2 GewStG mit gekürzt. Im Hinblick auf mittelbar über eine Mitunternehmerschaft erzielte Beteiligungserträge wirken sich die Regelungen zum sog. Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) bzw. die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG aufgrund des vorrangig anzuwendenden § 9 Nr. 2 GewStG somit in gewstl. Hinsicht nicht aus. Sie sind vielmehr bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Mitunternehmerschaft selbst anzuwenden. Das ergibt sich bereits aus den einschlägigen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG bzw. des KStG. Sowohl die Regelungen zum sog. Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) als auch zur Steuerfreistellung von Beteiligungserträgen bei Körperschaften (§ 8b KStG) sind Gewinnermittlungsvorschriften, die über § 7 Satz 1 GewStG iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden sind. Insofern enthält § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG, wonach 1 So wohl BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750 a - 7/03, Tz. 58, das durch BMF v. 21.3.2007 – IV B 7 - G 1421/0, BStBl. I 2007, 302, nicht aufgehoben wurde; ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 77 (Stand: März 2016); Dötsch/Pung, DB 2005, 10 (14). 2 Ebenso in Bezug auf Veräußerungsgewinne, die eine Mitunternehmerschaft in Bezug auf eine von ihr veräußerte Kapitalgesellschaftsbeteiligung erzielt: BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150. 3 So zB Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 77 (Stand: März 2016). 4 So zB Dötsch/Pung, DB 2005, 10 (14).

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§ 7 Rz. 134 Gewerbeertrag die §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden sind, soweit an der Mitunternehmerschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften natürliche Personen beteiligt sind, lediglich eine gesetzliche Klarstellung. Auch § 7 Satz 4 Halbs. 2 GewStG, wonach in allen anderen, dh. nicht von § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG erfassten Fällen, § 8b KStG anzuwenden ist, ist lediglich deklaratorisch. 134 Die Anwendung der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. des § 8b KStG iRd. Ermittlung des Gewerbe-

ertrags einer Beteiligungserträge aus einer KapGes. erzielenden Mitunternehmerschaft war indes bis zur Einführung des § 7 Satz 4 GewStG durch das EURLUmsG v. 9.12.20141 umstritten.2 Die hM ging zutreffend davon aus, dass die Regelungen zum sog. Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) bzw. die Freistellung von Beteiligungserträgen gem. § 8b KStG auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der die Kapitalgesellschaftsbeteiligung haltenden („zwischengeschalteten“) Mitunternehmerschaft zu beachten sind. Nach der namentlich von der Finanzverwaltung3 vertretenen Gegenauffassung sollten die §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG sowie § 8b KStG bei der Ermittlung des der Mitunternehmerschaft zuzurechnenden Gewerbeertrags nicht zu berücksichtigen sein. Praktische Auswirkungen hatte der vorstehend dargestellte Meinungsstreit allein im Hinblick auf Veräußerungsgewinne und -verluste bzw. Teilwertabschreibungen, die von einer Mitunternehmerschaft in Bezug auf eine von ihr gehaltene Kapitalgesellschaftsbeteiligung erzielt bzw. steuerwirksam vorgenommen wurden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung4 sollten solche Veräußerungsgewinne und -verluste bzw. Teilwertabschreibungen iRd. Gewerbeertrags der Mitunternehmerschaft in voller Höhe anzusetzen sein. 135 Der Referentenentwurf zum EURLUmsG sah zunächst vor, die Verwaltungsauffassung gesetzlich fest-

zuschreiben.5 Durch die Einführung des ab EZ 2004 geltenden § 7 Satz 4 GewStG schloss sich der Gesetzgeber indes der hM an, insbes. weil die Befürchtung im Raum stand, dass durch die Nichtanwendung des § 3c Abs. 2 EStG (damals noch: Halbeinkünfteverfahren) bzw. des § 8b Abs. 2 und 3 KStG Veräußerungsverluste bzw. Teilwertabschreibungen gewerbesteuerwirksam gestaltet werden könnten.6 136 Der BFH hat, entsprechend der zuvor schon von der hM vertretenen und seitens des Gesetzgebers

durch Einführung des § 7 Satz 4 GewStG „verstetigten“ Auffassung, mit Urt. v. 9.8.20067 ua. mit Hinweis auf § 8b Abs. 6 KStG entschieden, dass die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft, an der im entschiedenen Einzelfall allein eine Körperschaft als Mitunternehmerin beteiligt war, sowohl im Hinblick auf laufende, von der Mitunternehmerschaft erzielte Beteiligungserträge (gem. § 8b Abs. 1 KStG) als auch für von der Mitunternehmerschaft erzielte Veräußerungsgewinne bzw. -verluste (§ 8b Abs. 2 KStG) unmittelbar anzuwenden sei. Die Finanzverwaltung8 hat im Hinblick auf bis einschließlich EZ 2003 erzielte Veräußerungsverluste bzw. steuerwirksam vorgenommene Teilwertabschreibungen – im Rahmen eines insoweit für den StPfl. günstigen Nichtanwendungserlasses – Vertrauensschutz gewährt.

IV. Weitere Einzelheiten der Norm 1. Differenzierung nach der Eigenschaft des Mitunternehmers 137 § 7 Satz 4 GewStG regelt zum einen den Fall, dass natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar

über eine oder mehrere Personengesellschaften (nicht: „Mitunternehmerschaften“, wenngleich eine 1 2 3 4 5 6 7

BGBl. I 2004, 3310. Zum Streitstand zB ausf. Seitz, GmbHR 2004, 476. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750 a - 7/03, nv., Tz. 57. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750 a - 7/03, nv., Tz. 57. Hierzu Prinz/Hick, GmbHR 2006, 24 (26). S. etwa Dötsch/Pung, DB 2005, 10 (14). BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150; bestätigt durch BFH v. 22.12.2010 – I R 58/10, BStBl. II 2015, 668 = FR 2011, 472 m. Anm. Buciek. 8 Vgl. BMF v. 21.3.2007 – IV B 7 - G 1421/0, BStBl. I 2007, 302; zu den Folgen der Ausübung des Wahlrechts Pung in D/P/M, § 8b KStG Rz. 400 (Stand: Juni 2017) sowie Gosch in Gosch3, § 8b KStG Rz. 540.

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E. Beteiligungserträge von Mitunternehmerschaften (Satz 4)

Rz. 142 § 7

vermögensverwaltende Personengesellschaft als Gesellschafterin einer Mitunternehmerschaft aufgrund der Infektionswirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kaum denkbar sein dürfte; soweit – umgekehrt – eine mittelbare Beteiligung über eine Mitunternehmerschaft vermittelt wird, bei der es sich nicht um eine Personengesellschaft handelt [Beispiel: Erbengemeinschaft], dürfte die Anwendung des § 7 Satz 4 GewStG nach strenger Wortlautauslegung ausgeschlossen und stattdessen § 7 Satz 1 GewStG anzuwenden sein) an einer Mitunternehmerschaft beteiligt sind (§ 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG). Insoweit erklärt § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG die Regelungen zum sog. Teileinkünfteverfahren gem. §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG für anwendbar. Ausweislich § 7 Satz 4 Halbs. 2 GewStG gilt „im Übrigen“ § 8b KStG iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft. § 7 Abs. 4 GewStG differenziert somit nach der Eigenschaft des unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften an der Mitunternehmerschaft beteiligten Mitunternehmers. Handelt es sich hierbei um natürliche Personen, gilt insoweit §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG. Soweit es sich um Körperschaftsteuersubjekte iSv. § 1 KStG handelt, ist die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG anzuwenden. Insbesondere bei KapGes. (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) ergibt sich der maßgebliche Rechtsfolgenverweis demgemäß aus § 7 Satz 4 Halbs. 2 GewStG. Nach dem Wortlaut des § 7 Satz 4 GewStG kommt es weder auf die stl. Ansässigkeit des jeweiligen 138 Mitunternehmers noch darauf an, ob es sich bei einer an der Mitunternehmerschaft beteiligten KapGes. um eine in- oder ausländische KapGes. handelt. Ob es sich bei einer Auslandsgesellschaft um eine KapGes. handelt, für die § 8b KStG gilt, ist nach allgemeinen Grundsätzen anhand eines Typenvergleichs festzustellen. Auch die Rechtsfähigkeit einer Auslandskapitalgesellschaft ist im Rahmen von § 7 Satz 4 GewStG unerheblich.1 2. Gemischte Mitunternehmerstrukturen Das sog. Teileinkünfteverfahren gem. §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG ist nach § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG 139 iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft anzuwenden, „soweit“ natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind. Gemeint ist hierbei die Beteiligung am Vermögen bzw. am Erfolg der Mitunternehmerschaft, wie sie sich aus dem zwischen den Mitunternehmern geschlossenen Gesellschaftsvertrag oder (in Ermangelung eines solchen Gesellschaftsvertrags) aus den zivilgesetzlichen Vorgaben ergibt. Soweit nach § 7 Satz 4 GewStG „im Übrigen“ § 8b KStG anzuwenden ist, bedeutet das nicht, dass die 140 Freistellung nach § 8b KStG bei Mitunternehmerschaften, an denen ausschließlich KapGes. beteiligt sind, nicht gewährt würde. Der Gesetzeswortlaut mag an dieser Stelle missverständlich sein.2 Bei ausschließlich von KapGes. gehaltenen Mitunternehmerschaften ist § 8b KStG indes nach allgemeiner Auffassung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags anzuwenden. 3. Rechtsfolge: Anwendung der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG bzw. des § 8b KStG a) Vorbemerkung Ausweislich § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitun- 141 ternehmerschaft die Regelungen zum sog. Teileinkünfteverfahren gem. §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG anzuwenden, soweit natürliche Personen unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrerer Personengesellschaften an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind. Im Übrigen, dh., soweit an der Mitunternehmerschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften Körperschaften beteiligt sind, gilt ausweislich § 7 Satz 4 Halbs. 2 GewStG die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG. b) Anwendung des sog. Teileinkünfteverfahrens Die durch § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG angeordnete Rechtsfolge – Anwendung der §§ 3 Nr. 40, 3c 142 Abs. 2 EStG iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags auf Ebene der Mitunternehmerschaft, soweit natür1 Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 393 (Stand: März 2016). 2 Hierauf weist Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 393, hin (Stand: März 2016).

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§ 7 Rz. 143 Gewerbeertrag liche Personen unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind – ist nicht präzise, da § 3 Nr. 40 EStG, wie nachfolgend im Einzelnen dargestellt, in seinem weiten Anwendungsbereich nicht in Gänze von dem in § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG enthaltenen Normverweis erfasst sein kann. 143 § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG, auf den in § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG ua. verwiesen wird, betrifft insbes.

Betriebsvermögensmehrungen (Gewinne) aus der Veräußerung oder Entnahme von Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 9 EStG gehören – insbes. also an KapGes. Erfasst sind ferner Betriebsvermögensmehrungen aus der Auflösung von Körperschaften bzw. aus der Durchführung einer Nennkapitalherabsetzung, ebenso Teilwertzuschreibungen (wobei der in § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG enthaltene Verweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG für gewstl. Zwecke – § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG – nur für Betriebsvermögensmehrungen iRd. Einkünfte aus Gewerbebetrieb relevant ist). Teilwertzuschreibungen, durch die eine zuvor voll steuerwirksam vorgenommene Teilwertabschreibung „aufgeholt“ wird, sind nach § 3 Nr. 40 Buchst. a Satz 2 EStG (und damit auch iRd. GewSt) vollständig anzusetzen. 144 § 7 Satz 4 Halbs. 1 GewStG verweist ferner auf § 3 Nr. 40 Buchst. b EStG iVm. § 3c Abs. 2 EStG, wo-

nach auch der Gewinn (bzw. Verlust) aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils iSv. § 16 Abs. 2 EStG von der teilweisen Steuerfreistellung iRd. sog. Teileinkünfteverfahrens umfasst ist, soweit dieser auf eine von der Mitunternehmerschaft gehaltene Kapitalgesellschaftsbeteiligung entfällt. Der BFH1 geht uE zu Recht davon aus, dass sich dies bereits aus § 7 Satz 1 GewStG (iVm. §§ 3 Nr. 40 Buchst. b, 3c Abs. 2 EStG) ergibt. 145 Praktisch relevant ist außerdem § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG, auf den § 7 Satz 4 GewStG ebenfalls ver-

weist. Danach unterliegen die Bezüge iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, also Gewinnausschüttungen bzw. Dividenden und gleichgestellte Erträge, dem sog. Teileinkünfteverfahren. Letzteres gilt jedoch gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG nur, wenn eine korrespondierende Besteuerung auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft erfolgt (sprich: keine Einkommensminderung bei der ausschüttenden Gesellschaft infolge der Ausschüttung). Ist Letzteres nicht der Fall (also keine korrespondierende Besteuerung auf Gesellschafts- und Anteilseignerebene), fließt der gesamte Ausschüttungsbetrag über § 7 Satz 4 GewStG in den Gewerbeertrag mit ein. Es kann sodann aber, bei Vorliegen einer Schachtelbeteiligung im gewstl. Sinne, trotz fehlender Besteuerungskorrespondenz zu einer vollständigen Kürzung des Ausschüttungsbetrags kommen, da die Kürzungsvorschriften gem. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG – im Gegensatz zu § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG – grds. keine korrespondierende Besteuerung voraussetzen. Eine andere Auslegung würde dem Gesetzeswortlaut widersprechen (vgl. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 40). 146 Zu beachten ist, dass die teilweise Steuerfreistellung gem. §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG nicht gewährt

wird, wenn Beteiligungserträge von einem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut aus einer Beteiligung erzielt werden, die dem Handelsbestand iSd. § 340e Abs. 3 des HGB zuzuordnen ist (§ 3 Nr. 40 Satz 3 Halbs. 1 EStG). Ferner gilt das Teileinkünfteverfahren nicht für Beteiligungserträge, die von einem Finanzunternehmen iSv. § 1 Abs. 1a KWG, an dem Kredit- oder Finanzdienstleistungsunternehmen unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % beteiligt sind, erzielt werden, wenn die Beteiligung im Zeitpunkt des Zugangs zum BV als UV auszuweisen ist (§ 3 Nr. 40 Satz 3 Halbs. 2 EStG). Im Zusammenhang mit § 7 Satz 4 GewStG dürfte der praktische Anwendungsbereich der vorstehend genannten Ausnahmen von der teilweisen Steuerbefreiung von Beteiligungserträgen überschaubar sein. Erfasst sind hier allein Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Finanzunternehmen, die in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt werden (werden sie als Einzelunternehmen geführt, gilt § 7 Satz 1 GewStG). Für Finanzunternehmen in der Rechtsform einer KapGes. gilt § 8b Abs. 7 KStG. Die Ausnahme von der teilweisen Steuerbefreiung wirkt sich gem. § 7 Satz 4 GewStG auch iRd. GewSt aus. Allerdings kann in Bezug auf laufende Beteiligungserträge eine vollständige Kürzung erfolgen, wenn eine gewstl. Schachtelbeteiligung gegeben ist. Die Kürzungsvorschriften des GewStG (hier also insbes. 1 BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150 (entschieden zu § 8b Abs. 6 KStG; die Argumente des BFH lassen sich jedoch ohne Weiteres auf §§ 3 Nr. 40 Buchst. b, 3c Abs. 2 EStG übertragen).

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E. Beteiligungserträge von Mitunternehmerschaften (Satz 4)

Rz. 149 § 7

§ 9 Nr. 2a und 7 GewStG) unterscheiden nicht nach der Eigenschaft der die Beteiligungserträge erzielenden Mitunternehmerschaft als Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsunternehmen oder Finanzunternehmen. Mit anderen Worten: § 3 Nr. 40 Satz 3 EStG wirkt sich iRd. GewSt nicht aus, wenn laufende Beteiligungserträge aus einer gewstl. Schachtelbeteiligung erzielt werden. Anders ist dies bei Veräußerungsgewinnen. Diesbezüglich existieren keine Kürzungstatbestände, sodass es iRd. GewSt in jedem Fall beim vollständigen Ansatz gem. § 7 Satz 4 GewStG iVm. § 3 Nr. 40 Satz 3 EStG bleibt. c) Anwendung der Steuerbefreiung gem. § 8b KStG Soweit an einer Mitunternehmerschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personen- 147 gesellschaften Körperschaften beteiligt sind, gilt ausweislich § 7 Satz 4 Halbs. 2 GewStG iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags der Mitunternehmerschaft in Bezug auf Beteiligungserträge die Steuerfreistellung gem. § 8b KStG. Laufende Beteiligungserträge (insbes. also Dividenden und Gewinnausschüttungen sowie gleich- 148 gestellte Erträge iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sind gem. § 8b Abs. 1 KStG vollständig von der Besteuerung freigestellt. Lediglich 5 % der Beteiligungserträge gelten als nicht abziehbare Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 5 Satz 1 KStG). § 3c Abs. 2 EStG ist ausweislich § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG nicht anwendbar, dh., Beteiligungsaufwendungen sind vollumfänglich abzugsfähig. Dies gilt gem. § 7 Satz 4 GewStG im Ausgangspunkt auch für gewstl. Zwecke iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags der die Beteiligungserträge erzielenden Mitunternehmerschaft. Zu beachten ist indes, dass die körperschaftsteuerliche Freistellung für Streubesitzbeteiligungen im körperschaftsteuerlichen Sinne gem. § 8b Abs. 4 KStG zurückgenommen wird. Handelt es sich bei der ausschüttenden Körperschaft daher nicht um eine Schachtelbeteiligung iSd. § 8b Abs. 4 KStG, fließen die Beteiligungserträge über § 7 Satz 4 GewStG vollumfänglich in den Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft ein. Eine Kürzung kommt nicht in Betracht, da die maßgebliche Beteiligungsschwelle für das Vorliegen einer gewstl. Schachtelbeteiligung mind. 10 % (bei EU-Beteiligungen) bzw. 15 % im Inlands- und Drittstaatenfall beträgt, mithin die maßgebliche Beteiligungsschwelle im Rahmen von § 8b Abs. 4 KStG (10 %) nicht unterschreitet. Ferner ist bei laufenden Beteiligungserträgen (ebenso wie iRd. § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG) das Korrespondenzprinzip gem. § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG zu beachten. In Ermangelung einer korrespondierenden Besteuerung auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft kann es zu einer vollständigen Einbeziehung laufender Beteiligungserträge in das körperschaftsteuerliche Einkommen und somit auch – mittels § 7 Satz 4 GewStG – in den Gewerbeertrag der die Ausschüttung beziehenden Mitunternehmerschaft kommen. Im Hinblick auf Veräußerungsgewinne gilt ua. § 8b Abs. 7 KStG, der über § 7 Satz 4 GewStG (nicht 149 jedoch über § 8b Abs. 6 KStG – insofern kann man § 7 Satz 4 GewStG wohl als konstitutiv betrachten) auch iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags einer „zwischengeschalteten“ Mitunternehmerschaft anzuwenden ist. § 8b Abs. 7 KStG bestimmt, dass die Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 1 ff. KStG nicht für Beteiligungserträge gilt, die von einem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut aus einer Beteiligung erzielt werden, die dem Handelsbestand iSd. § 340e Abs. 3 des HGB zuzuordnen ist (§ 8b Abs. 7 Satz 1 KStG; Parallelvorschrift zu § 3 Nr. 40 Satz 3 Halbs. 1 EStG). Ferner gilt die Freistellung gem. § 8b Abs. 1 ff. KStG nach § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG (Parallelvorschrift zu § 3 Nr. 40 Satz 3 Halbs. 2 EStG) nicht für Beteiligungserträge, die von einem Finanzunternehmen iSv. § 1 Abs. 1a KWG, an dem Kreditoder Finanzdienstleistungsunternehmen unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % beteiligt sind, erzielt werden, wenn die Beteiligung im Zeitpunkt des Zugangs zum BVals UV auszuweisen ist. Da für Veräußerungsgewinne keine Kürzungstatbestände existieren, bleibt es iRd. GewSt bei Vorliegen eines der Ausnahmetatbestände gem. § 8b Abs. 7 KStG in jedem Fall bei deren vollständigem Ansatz gem. § 7 Satz 4 GewStG. In Bezug auf laufende Beteiligungserträge kann – trotz vollständiger Einbeziehung in das körperschaftsteuerliche Einkommen aufgrund § 8b Abs. 7 KStG – eine vollständige Kürzung auf Ebene der Mitunternehmerschaft erfolgen, wenn eine gewstl. Schachtelbeteiligung gegeben ist. Die Kürzungsvorschriften des GewStG (hier also insbes. § 9 Nr. 2a und 7 GewStG) differenzieren nicht nach der Eigenschaft der die Beteiligungserträge erzielenden Mitunternehmerschaft als Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsunternehmen oder Finanzunternehmen, sodass sich § 8b Abs. 7 KStG iRd. GewSt Möllmann

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§ 7 Rz. 150 Gewerbeertrag letztlich nicht auswirkt, wenn laufende Beteiligungserträge aus einer gewstl. Schachtelbeteiligung erzielt werden.

F. Ermittlung des Gewerbeertrags bei sog. Eigengesellschaften (Satz 5) Literatur: Hüttemann, Zur körperschaftsteuerlichen Behandlung dauerdefizitärer Unternehmen der öffentlichen Hand, DB 2007, 1603; Bracksiek, Die Neuregelung des steuerlichen Querverbundes durch das JStG 2009, FR 2009, 15; Geißelmeier/Bargenda, Dauerdefizitäre kommunale Eigengesellschaften im Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Steuerrecht, DStR 2009, 1333; Heurung, Organschaftsbesteuerung der öffentlichen Hand, BB 2009, 1786; Weitemeyer, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei der öffentlichen Hand nach dem JStG 2009 und die Schranken des europäischen Beihilferechts, FR 2009, 1; Kirchhof, Steuerlicher Querverbund – Entwarnung für Tracking-Stock-Strukturen, Stellungnahme des BMF zu Tz. 28 des BMF-Schreibens v. 12.11.2009, DStR 2010, 1659; Strahl, Wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand, Anmerkungen zum BMF-Schreiben v. 12.11.2009, DStR 2010, 193; OFD NRW, Arbeitshilfe, Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 2014, 193; Schnorberger/Dust, Verluste als profitable Dienstleistung? – Steuerrechtliche Grundlagen des Fremdvergleichs, BB 2015, 2903. Verwaltungsanweisungen: R 6–7 KStR 2004; H 6–7 KStH 2004; BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 – Körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft unter Berücksichtigung der Änderungen durch das StSenkG und das UntStFG; BMF v. 7.12.2007 – IV B 7 - S 2706/07/001, BStBl. I 2007, 905 – Folgen aus dem BFH-Urt. v. 22.8.2007 (I R 32/06) für die Besteuerung der wirtschaftlichen Tätigkeit der öffentlichen Hand; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 – Anwendungsfragen zu den Regelungen im JStG 2009 zur Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art und Eigengesellschaften von juristischen Personen des öffentlichen Rechts; BMF v. 9.1.2015 – VI C 2 - S 2706 - a/13/10001, BStBl. I 2007, 905 – Auslegungsfragen zu § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG bei Betrieben gewerblicher Art als Schuldner der Kapitalerträge.

I. Hintergrund und allgemeiner Regelungsgehalt von § 7 Satz 5 GewStG 150 § 7 Satz 5 GewStG wurde durch das JStG 20091 eingeführt und gilt mit Wirkung ab dem EZ 2009 (§ 34

Abs. 6 Satz 4 KStG idF des JStG 2009; die Möglichkeit einer übergangsweisen Fortgeltung der Verwaltungsgrundsätze zum sog. kommunalen Querverbund bis einschließlich EZ 2011 ist gem. § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG idF des JStG 2009 vorgesehen). Im Rahmen des JStG 2009 wurde die durch den BFH und die Finanzverwaltung2 unter bestimmten Voraussetzungen anerkannte Praxis des sog. kommunalen Querverbunds iRd. §§ 4, 8 KStG gesetzlich verankert, nachdem der BFH mit Urt. v. 22.8.20073 entschieden hatte, dass die Übernahme einer dauerhaft verlustbringenden Tätigkeit durch eine KapGes. in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft zur Annahme einer vGA führen könne. Die Entscheidung des BFH v. 22.8.2007 wurde von der Finanzverwaltung zunächst nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus angewandt.4 Um die Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge mittels Bildung eines stl. Querverbunds (dh. Zusammenfassung mehrerer, teilweise dauerdefizitärer Tätigkeiten eines Hoheitsträgers innerhalb einer Eigengesellschaft bzw. durch organschaftliche Zusammenfassung mehrerer, mittelbar gehaltener KapGes.) abzusichern, sah sich der Gesetzgeber veranlasst, dem sog. kommunalen Querverbund in §§ 4, 8 KStG eine gesetzliche Grundlage zu geben. 151 Durch den ersten Halbsatz des § 7 Satz 5 GewStG wird klargestellt, dass bei sog. Eigengesellschaften,

dh. KapGes. in der Trägerschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die Dauerverlustgeschäfte iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG betreiben, die Grundsätze der sog. Spartenrechnung gem. § 8 Abs. 9 Sätze 1 bis 3 KStG auch iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags anzuwenden sind. 152 Der zweite Halbsatz des § 7 Satz 5 GewStG enthält eine gegenüber § 10a GewStG spezielle Verlust-

verrechnungsbeschränkung, durch die eine spartenübergreifende Verrechnung negativer Gewerbeerträge ausgeschlossen wird. Letzteres gilt auch iRd. KSt (§ 8 Abs. 9 Satz 4 KStG, auf den in § 7 Satz 5 1 BGBl. I 2008, 2794. 2 Nachweise etwa bei Hüttemann, DB 2007, 1603. 3 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961; Überblick über die Entwicklung der Rspr. bzw. Verwaltungspraxis zum sog. kommunalen Querverbund etwa bei Hüttemann, DB 2007, 1603; Weitemeyer, FR 2009, 1; Heuerung/Seidel, BB 2009, 1786. 4 S. Nichtanwendungserlass des BMF v. 7.12.2007 – IV B 7 - S 2706/07/0011, BStBl. I 2007, 905.

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F. Ermittlung des Gewerbeertrags bei sog. Eigengesellschaften (Satz 5)

Rz. 155 § 7

Halbs. 1 GewStG indes nicht gesondert verwiesen wird). Die weiteren verlustnutzungsbezogenen Vorschriften des KStG zur sog. Spartenrechnung gem. § 8 Abs. 9 Sätze 5 ff. KStG gelten nach § 10a Satz 9 GewStG ebenfalls iRd. GewSt. Die Grundsätze der sog. Spartenrechnung werden somit zum einen durch den in § 7 Satz 5 GewStG enthaltenen Verweis und zum anderen mittels des in § 10a Satz 9 GewStG enthaltenen Verweises insgesamt (einschließlich der in § 8 Abs. 9 Sätze 5 ff. KStG enthaltenen Vorgaben betr. den spartenbezogenen Vortrag gewstl. Verluste) in die GewSt übernommen.

II. Einzelheiten der Norm 1. Eigengesellschaft im Sinne von § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG Vom Geltungsbereich des § 7 Satz 5 GewStG sind allein diejenigen KapGes. erfasst, auf die § 8 Abs. 7 153 Satz 1 Nr. 2 KStG anzuwenden ist, dh. die sog. Eigengesellschaften. Ausweislich § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG handelt es sich bei einer Eigengesellschaft um eine KapGes., die ein sog. Dauerverlustgeschäft betreibt und bei der die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf eine oder mehrere juristische Person(en) des öffentlichen Rechts entfällt. Ein Dauerverlustgeschäft liegt nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs-, oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört. Bei der mittelbaren Stimmrechtsmehrheit muss die Mehrheit über die gesamte Beteiligungskette auf jeder Stufe bestehen.1 Bei einer Eigengesellschaft müssen ferner die Verluste, die aus dem oder den von der KapGes. betriebenen Dauerverlustgeschäft(en) resultieren, von der oder den mehrheitlich (in Bezug auf die Stimmrechte) beteiligten Körperschaft(en) des öffentlichen Rechts getragen werden (zB mittels einer entsprechenden Einlage in das Gesellschaftsvermögen).2 2. Rechtsfolge: entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 9 Sätze 1 bis 3 KStG a) Spartentrennung innerhalb der Eigengesellschaft Nach § 8 Abs. 9 KStG sind bei Eigengesellschaften, bei denen die „partielle vGA-Sperre“ gem. § 8 154 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG in Bezug auf die Ausübung von Dauerverlustgeschäften zum Tragen kommt, die einzelnen Tätigkeiten unterschiedlichen Sparten zuzuordnen (sog. Spartenrechnung). Für körperschaftsteuerliche Zwecke folgt daraus, dass der „Gesamtbetrag der Einkünfte“ für jede Sparte getrennt zu ermitteln ist. Gem. § 7 Satz 5 GewStG gilt dies auch iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags einer Eigengesellschaft. Eine Spartentrennung ist vorzunehmen, sofern eine Eigengesellschaft iSv. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG – mehrere Tätigkeiten ausübt, die bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Annahme mehrerer BgA iSv. § 4 Abs. 1 KStG führen würden, die aber ggf. nach § 4 Abs. 6 KStG zusammengefasst werden könnten, – wenn von der Eigengesellschaft neben mindestens einer wirtschaftlichen Tätigkeit auch eine Dauerverlusttätigkeit ausgeübt wird, die bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört (hoheitliches Dauerverlustgeschäft), oder – wenn mehrere Dauerverlusttätigkeiten nebeneinander ausgeübt werden.3 155 Die Einteilung der Sparten ist durch § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 bis 3 KStG vorgegeben. (1) Danach sind diejenigen Tätigkeiten in einer Sparte zusammenzufassen, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören. Derartige hoheitliche Dauerverlustgeschäfte iSv. § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 2 KStG sind jeweils innerhalb einer gesonderten Sparte gem. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG zu 1 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 27. 2 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 28. 3 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 66.

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§ 7 Rz. 156 Gewerbeertrag erfassen. Eine Zusammenfassung dieser Tätigkeiten innerhalb einer einheitlichen Sparte scheidet aus (entsprechend dem Rechtsgedanken des § 4 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 Satz 2 KStG). (2) Querverbundstaugliche Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 KStG zusammengefasst werden können, und sonstige Dauerverlustgeschäfte, die nicht von § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG erfasst sind, sind jeweils gesondert einer Sparte zuzuordnen (§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG). Zusammengefasste Tätigkeiten bilden dabei jeweils eine gesonderte Sparte, und zwar unabhängig davon, ob die zusammengefassten Tätigkeiten einzeln betrachtet gewinnbringend oder verlustträchtig sind. Zusammengefasst werden können ausweislich § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zum einen gleichartige Tätigkeiten (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG), des Weiteren Tätigkeiten, bei denen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG), und schließlich die in § 4 Abs. 3 KStG genannten Tätigkeiten (dh. Versorgungs- und Verkehrsbetriebe; § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG). (3) Alle übrigen (nicht von § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 und 2 KStG erfassten) Tätigkeiten sind in einer einheitlichen Sparte zusammenzufassen. In diese Auffangsparte gehören auch Tätigkeiten, die in einzelnen Wj. Verluste erzielen, ohne jedoch „Dauerverluste“ iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG zu sein.1 Die Spartenbildung ist unabhängig davon vorzunehmen, ob die einzelnen Sparten einen Teilbetrieb bilden oder nicht.2 b) Getrennte Ermittlung des Gewerbeertrags einzelner Sparten 156 Folge der Spartentrennung ist – für körperschaftsteuerliche Zwecke – trotz zivil- bzw. gesellschafts-

rechtlicher Zusammenfassung unterschiedlicher Tätigkeiten innerhalb einer Eigengesellschaft die Ägetrennte Ermittlung des „Gesamtbetrags der Einkünfte“ für jede einzelne Sparte. Gem. § 7 Satz 5 Halbs. 1 GewStG gilt dies gleichermaßen iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags einer Eigengesellschaft. Die demnach sowohl für körperschaft- als auch für gewerbesteuerliche Zwecke vorzunehmende Spartenrechnung macht eine sachgerechte Zuordnung von WG und Geschäftsvorfällen zu den einzelnen Sparten erforderlich (wobei eine Änderung in der Zuordnung von WG zu einzelnen Sparten nicht zur Aufdeckung etwaiger stiller Reserven führt).3 157 Gewerbesteuerlich dürfen infolge der Spartenrechnung positive und negative Ergebnisse nur inner-

halb einer Sparte miteinander verrechnet werden. Das ergibt sich aus dem – uE lediglich klarstellenden – § 7 Satz 5 Halbs. 2 GewStG, der eine § 8 Abs. 9 Satz 3 KStG entsprechende Regelung trifft. Die modifizierte Anwendung der abschnittsübergreifenden Verlustnutzungsvorschrift gem. § 10d EStG wird durch § 10a Satz 9 GewStG angeordnet. Nach § 7 Satz 5 Halbs. 2 GewStG darf ein negativer Gewerbeertrag, der sich innerhalb einer Sparte ergibt, nicht mit dem positiven Gewerbeertrag einer anderen Sparte verrechnet werden. Die einzelnen Sparten einer Eigengesellschaft bilden demnach jeweils eigenständige „Ergebnistöpfe“, deren jeweils separat ermittelte positive und negative Gewerbeerträge nicht miteinander verrechnet werden dürfen. Für sie gilt allein die – ebenfalls spartenbezogene – Verlustvortragsmöglichkeit gem. § 10a Satz 9 GewStG iVm. § 8 Abs. 9 Sätze 5 ff. KStG. Im Ergebnis bedeutet dass, das sich der der Gewerbebesteuerung letztlich unterliegende Gewerbeertrag einer Eigengesellschaft aus der Summe aller positiven Spartenergebnisse (nach Verrechnung mit etwaigen laufenden gewstl. Verlusten und/oder gewstl. Fehlbeträgen aus vorangegangenen EZ innerhalb einer Sparte) ergibt. 158 Die entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 9 KStG „bei der Ermittlung des Gewerbeertrags“ bedeu-

tet ferner, dass sich Hinzurechnungen und Kürzungen nur innerhalb derjenigen Sparte auswirken können, der die WG und/oder Geschäftsvorfälle, die Gegenstand einer Hinzurechnung oder Kürzung sind, nach og. Grundsätzen zuzurechnen sind. Nach Auffassung der Finanzverwaltung4 ist der Freibetrag des § 8 Nr. 1 GewStG jedoch nur einmal für die Eigengesellschaft insgesamt zu gewähren (und nicht mehrmals für jede einzelne Sparte) und auf die einzelnen Sparten entsprechend dem Verhältnis aufzuteilen, wie die Hinzurechnungsbeträge (vor Freibetrag) auf die einzelnen Sparten entfallen. 1 2 3 4

BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 71. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 77. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 80. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 96.

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Möllmann

G. Grenzüberschreitende Sondervergütungen im DBA-Fall (Satz 6)

Rz. 161 § 7

G. Grenzüberschreitende Sondervergütungen im DBA-Fall (Satz 6) Literatur: Meretzki, Weshalb der neue § 50d Abs. 10 EStG sein Ziel verfehlt und neue Probleme schafft, IStR 2009, 217; Frotscher, Treaty Override und § 50d Abs. 10 EStG, IStR 2009, 593; Hagemann/Kahlenberg, Sonderbetriebseinnahmen im Abkommensrecht – und wie der Wind sich dreht!, Ubg 2014, 80; Hagemann/Kahlenberg, § 50d Abs. 10 EStG als Steuer(last)gestaltungsnorm?, IStR 2015, 734; Kudert/Hagemann, § 50d Abs. 10 EStG als „Entstrickungsauslöser“?, IStR 2015, 593; Rogall/Schwan, Sonderbetriebsvermögen und Sondervergütungen im InboundFall und bei Inbound-Akquisitionen, DStR 2015, 2633. Verwaltungsanweisung: BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003, BStBl. I 2014, 1258 – Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen auf Personengesellschaften.

I. Hintergrund und allgemeiner Regelungsgehalt von § 7 Satz 6 GewStG § 7 Satz 6 GewStG, wonach der „Treaty Override“ gem. § 50d Abs. 10 EStG (der gegenwärtig Gegen- 159 stand eines Normenkontrollverfahrens vor dem BVerfG1 ist) auch iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anwendbar ist, wurde durch das JStG 2009 v. 19.12.20092 eingeführt, und zwar gem. § 36 Abs. 5 Satz 2 GewStG idF des JStG 2009 mit stl. Rückwirkung.3 Eine weitere – mittelbare – stl. Rückwirkung ergibt sich daraus, dass § 50d Abs. 10 EStG, auf den in § 7 Satz 6 GewStG verwiesen wird, durch das AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.20134 in entscheidender Weise (wiederum rückwirkend) abgeändert wurde. Die in § 50d Abs. 10 EStG enthaltenen und nach § 7 Satz 6 GewStG auch iRd. Ermittlung des Gewerbe- 160 ertrags geltenden Regelungen sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass das deutsche Ertragsteuerrecht mit der Zuordnung von Sondervergütungen eines Mitunternehmers (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG) bzw. eines KGaA-Komplementärs (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 2 EStG) zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb einen internationalen Sonderweg beschreitet. Eine Zuordnung von Sondervergütungen, wie sie in § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG bzw. (in Bezug auf den KGaA-Komplementär) in § 15 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 2 EStG vorgesehen ist, zu den gewerblichen Einkünften kennen die wenigsten ausländischen Steuerrechtsordnungen. Aus diesem Grund kann es bei grenzüberschreitenden Sachverhaltskonstellationen, in denen es zur Anwendung eines DBA kommt, zu einer unterschiedlichen stl. Zuordnung von Sondervergütungen durch die beteiligten Staaten kommen. Zu einem Auseinanderfallen der stl. Zuordnung von Sondervergütungen kann es dabei sowohl im 161 sog. Inbound-Fall (deutsche Mitunternehmerschaft zahlt eine Sondervergütung an einen im Ausland ansässigen Mitunternehmer) als auch im sog. Outbound-Fall (ausländische Mitunternehmerschaft zahlt eine Sondervergütung an einen in Deutschland ansässigen Mitunternehmer) kommen: – Inbound-Fall: Entrichtet eine deutsche Mitunternehmerschaft eine Sondervergütung an ihren in einem DBA-Staat ansässigen Gesellschafter (Mitunternehmer), sind diese Sondervergütungen nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) Bestandteil der Einkünfte des Mitunternehmers aus Gewerbebetrieb. Dh., der ausländische Mitunternehmer unterliegt – nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts – mit seinen von der deutschen Mitunternehmerschaft an ihn entrichteten Sondervergütungen der Einkommensbesteuerung. Im Rahmen der GewSt gilt: Die Sondervergütungen sind gem. § 7 Satz 1 GewStG Teil des Gewerbeertrags der Mitunternehmerschaft. Enthält das anwendbare DBA keine spezielle Regelung in Bezug auf die von der deutschen Mitunternehmerschaft gezahlten Sondervergütungen,5 stellt sich die Frage nach der jeweils anzuwendenden DBA-Verteilungsnorm. Mit Urt. v. 17.10.2007 entschied der BFH,6 dass – entgegen geübter Verwaltungspraxis – die Zuordnung von Sondervergütungen nicht zwangsläufig anhand der jeweiligen Verteilungsnorm betr. Unternehmensgewinne (Art. 7 OECD-MA) erfolgt.

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Az. 2 BvL 15/14. BGBl. I 2009, 2794. Krit. zur stl. Rückwirkung zB Hils, DStR 2009, 888 (892) („unzulässig“). BGBl. I 2013, 1809. S. hierzu den Überblick bei Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 398 (Stand: März 2016). BFH v. 17.10.2007 – I R 5/06, BStBl. II 2009, 356 = FR 2008, 729.

Möllmann

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§ 7 Rz. 162 Gewerbeertrag Der BFH hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem eine deutsche Mitunternehmerschaft Darlehenszinsen an ihre ua. in den USA ansässigen Mitunternehmer entrichtete. Nach Ansicht des BFH richtete sich die Zuweisung des Besteuerungsrechts in Bezug auf die hieraus resultierenden Sondervergütungen nach Art. 11 DBA USA 1989 (Verteilungsnorm betr. Zinseinkünfte) – und nicht nach Art. 7 DBA USA 1989 (Verteilungsnorm betr. gewerbliche Gewinne, dh. Unternehmensgewinne). Der BFH begründete seine Entscheidung zum einen mit einem allgemeinen Anwendungsvorrang des Art. 11 DBA USA 1989 und zum anderen mit einer fehlenden „tatsächlichen Zuordnung“ (im Sinne eines funktionalen Zusammenhangs) zu einer deutschen Betriebsstätte iSd. Betriebsstättenvorbehalts gem. Art. 11 Abs. 3 DBA USA 1989. Die Sondervergütungen, die von der deutschen Mitunternehmerschaft an die in den USA ansässigen Mitunternehmer gezahlt wurden, waren demnach in dem vom BFH entschiedenen Einzelfall von der Besteuerung in Deutschland ausgenommen bzw. freigestellt und unterlagen somit weder der Einkommens- noch der Gewerbebesteuerung in Deutschland. Die durch den BFH vorgenommene stl. Zuordnung von Sondervergütungen sollte nach dem Willen des Gesetzgebers durch § 50d Abs. 10 EStG iSd. vor dem BFH-Urt. v. 17.10.2007 geübten Verwaltungspraxis außer Kraft gesetzt werden („Nichtanwendungsgesetz“).1 Nach § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG „gilt“ deshalb die von einer Mitunternehmerschaft an einen Mitunternehmer entrichtete Sondervergütung für Zwecke der Anwendung der DBA-Verteilungsnormen als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Mitunternehmers. – Outbound-Fall: Zahlt eine ausländische Mitunternehmerschaft ihrem in Deutschland ansässigen Gesellschafter eine Sondervergütung, richtet sich die stl. Zuordnung der gezahlten Sondervergütung ebenfalls – vorbehaltlich einer etwaigen spezielleren Regelung nach Maßgabe eines anwendbaren DBA – nach § 50d Abs. 10 EStG und somit (auf Abkommensebene) nach den Verteilungsnormen betr. Unternehmensgewinne. Zu beachten ist indes, dass die wenigsten DBA-Staaten die an den in Deutschland ansässigen Mitunternehmer gezahlte Sondervergütung der Besteuerung unterwerfen. In diesen Fällen, in denen letztlich eine Nichtbesteuerung von Sondervergütungen im Raum steht, verweist § 50d Abs. 10 Satz 8 EStG auf § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dadurch soll es – nach der Vorstellung des Gesetzgebers – zwecks Vermeidung sog. weißer Einkünfte zu einem „Rückfall“ des Besteuerungsrechts an die Bundesrepublik Deutschland kommen.

II. § 50d Abs. 10 EStG im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags 1. Anwendung des § 50d Abs. 10 EStG im Inbound-Fall 162 Sondervergütungen, die von einer deutschen Mitunternehmerschaft an einen im DBA-Ausland an-

sässigen Mitunternehmer gezahlt werden (Inbound-Fall), sind nach Maßgabe des nationalen (deutschen) Steuerrechts als gewerbliche Einkünfte des Mitunternehmers zu qualifizieren (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG). Die Zuordnung von Sondervergütungen zu den gewerblichen Einkünften schlägt über § 7 Satz 1 GewStG auch auf die GewSt durch, da § 15 Abs. 1 EStG Teil der einkommensteuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften ist, aus denen sich (im Ausgangspunkt) der Gewerbeertrag ergibt. Mit anderen Worten: Durch die Qualifizierung von Sondervergütungen als gewerbliche Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 EStG unterliegen diese nach nationalem Recht der Gewerbebesteuerung in Deutschland, und zwar auf Ebene der inländischen Mitunternehmerschaft. 163 Soweit sich aus dem anwendbaren DBA – entsprechend der durch den BFH vorgenommenen Aus-

legung der Verteilungsnormen – eine Freistellung von Sondervergütungen ergibt, wirkt sich auch dies, wiederum über § 7 Satz 1 GewStG, auf die GewSt aus: Der Gewerbeertrag ist um die freigestellten Sondervergütungen zu kürzen. Die Freistellung aufgrund eines DBA wird nun, im Sinne eines einseitigen „Treaty Override“, dadurch zurückgenommen, dass die Sondervergütungen gem. § 50d Abs. 10 Sätze 1 und 2 EStG als Unternehmensgewinne (iSd. jeweiligen DBA) fingiert werden. Ferner wird deren sachlich-funktionale Zuordnung zu einer inländischen Betriebsstätte fingiert (§ 50d Abs. 10 Satz 3 EStG). Durch den in § 7 Satz 6 GewStG enthaltenen Verweis auf § 50d Abs. 10 EStG wird klargestellt, 1 Meretzki, IStR 2009, 217.

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Möllmann

H. Gewerbesteuerliche Einbeziehung von Hinzurechnungsbeträgen (Sätze 7 bis 9)

Rz. 166 § 7

dass dies auch iRd. GewSt zu beachten ist. Sondervergütungen unterliegen demgemäß (wie im reinen Inlandsfall) der GewSt in Deutschland. Dass es hierdurch zu Qualifikationskonflikten kommen kann (indem der andere DBA-Staat eine ab- 164 weichende Auslegung der jeweils einschlägigen DBA-Verteilungsnormen vornimmt und das Besteuerungsrecht in Bezug auf die in Rede stehenden Sondervergütungen bei sich sieht), liegt auf der Hand und hat den Gesetzgeber veranlasst, zur Vermeidung einer doppelten stl. Erfassung in § 50d Abs. 10 Satz 5 EStG eine spezielle Anrechnungsregelung vorzusehen. Eine solche Anrechnungsmöglichkeit ergibt sich indes nicht iRd. GewSt, da § 50d Abs. 10 GewStG ausweislich des klaren Gesetzeswortlauts des § 7 Satz 6 GewStG lediglich „bei der Ermittlung des Gewerbeertrags“, nicht jedoch im Rahmen einer – im Gewerbesteuerrecht allgemein nicht vorgesehenen Steueranrechnung – zu beachten ist. Im Falle eines Qualifikationskonflikts im Inbound-Fall bleibt es somit in jedem Fall – ungeachtet einer etwaigen Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutsche ESt gem. § 50d Abs. 10 Satz 5 EStG – bei einer definitiven Belastung mit GewSt. Unseres Erachtens gibt es hierfür keinerlei sachliche Rechtfertigung.1 2. Anwendung des § 50d Abs. 10 EStG im Outbound-Fall Für den Outbound-Fall (ausländische Mitunternehmerschaft zahlt eine Sondervergütung an einen in 165 Deutschland ansässigen Mitunternehmer) dürfte § 7 Satz 6 GewStG und der darin enthaltene Verweis auf § 50d Abs. 10 EStG in praxi nur eine eingeschränkte Bedeutung haben. Anders als im vorstehend beschriebenen Inbound-Fall, bei dem eine Mitunternehmerschaft mit einem im Inland betriebenen Gewerbebetrieb iSv. § 2 Abs. 1 GewStG gegeben ist, dürfte es im Outbound-Fall in aller Regel an einer inländischen Betriebsstätte iSd. § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG fehlen. Die durch den in Deutschland ansässigen Mitunternehmer erzielten Sondervergütungen unterliegen damit auf der Ebene des Mitunternehmers allein der deutschen ESt bzw. KSt, nicht jedoch der GewSt.

H. Gewerbesteuerliche Einbeziehung von Hinzurechnungsbeträgen (Sätze 7 bis 9) Literatur: Haug, Erstes „BEPS-Gesetz“ und die Konsequenzen für das inländische Steuerrecht, DStZ 2016, 850; Wassermeyer, Die Besteuerung des Hinzurechnungsbetrags auf der Grundlage des Referentenentwurfs zum Gesetz zur Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie v. 31.5.2016, IStR 2016, 517; Adrian/Rautenstrauch/Sterner, Gewerbesteuer bei der Hinzurechnungsbesteuerung, DStR 2017, 1457; Ditz/Quilitzsch, Die Änderungen im internationalen Steuerrecht durch das Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz, DStR 2017, 281; Kahle/Willner, Hinzurechnungsbesteuerung und Gewerbesteuer, Ubg 2017, 21.

I. Hintergrund der Regelung und Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht Mit dem Anti-BEPS-Gesetz I2 wurde § 7 GewStG um die Sätze 7 bis 9 erweitert, um den Auswirkun- 166 gen des BFH-Urt. v. 11.3.20153 entgegenzuwirken: – § 7 Satz 7 GewStG bestimmt Hinzurechnungsbeträge iSd. des § 10 Abs. 1 AStG als Einkünfte einer inländischen Betriebsstätte; – nach § 7 Sätze 8 und 9 GewStG gelten Betriebsstätteneinkünfte iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG durch gesetzliche Fiktion als in einer inländischen Betriebsstätte eines Gesellschafters erzielt. Mit Urteil v. 11.3.20154 hat der BFH entschieden, dass Zwischeneinkünfte nach dem AStG auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallen und mithin iErg. nicht zum Gewerbeertrag gehören. Zwar ist der Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG als Einkünfte in die Ausgangsgröße bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 Satz 1 GewStG einzubeziehen. § 10 Abs. 2 1 2 3 4

Krit. dazu Hagemann/Kahlenberg/Kudert, Ubg 2014, 80 (84). G v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000. BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein. BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein.

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§ 7 Rz. 167 Gewerbeertrag Satz 1 AStG regelt aber nur eine fiktive Zuordnung zu einer Einkunftsart, nicht dagegen die Zuordnung zu einer Betriebsstätte, sodass die Zwischeneinkünfte nur der ausländischen Zwischengesellschaft zugeordnet werden können.1 Damit scheidet iErg. ein Einbezug in den Gewerbeertrag aus (BFH: Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG). Der Gesetzgeber hatte dagegen offenbar die Intention, die Hinzurechnungsbesteuerung der §§ 7 ff. AStG auch für die GewSt wirken zu lassen, vor dem Hintergrund, dass der jeweilige inländische Anteilseigner durch die Hinzurechnungsbesteuerung so gestellt werden sollte, als ob er die im Ausland erzielten, niedrig besteuerten Einkünfte im Inland bezogen hätte.2 Der BFH lässt in der Urteilsbegründung3 keinen Zweifel an diesem Ergebnis: „Alles andere zöge ohne Not systematische Verwerfungen nach sich, die unsachgemäß wären. Es unterwürfe den anteiligen Gewinn der Gewerbesteuer, obschon dieser Gewinn nicht nur auslandsradiziert ist, sondern auch bei dem Gesellschafter steuerwirksam erfasst wird. Das aber widerspräche dem strukturellen Inlandsbezug der Gewerbesteuer (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG 2002) und das zöge zudem eine unsystematische Doppelbesteuerung nach sich, weil die Steuern, welche im Ausland zu Lasten der Zwischengesellschaft von den dem Hinzurechnungsbetrag zugrundeliegenden Einkünften erhoben worden sind, nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 AStG nur auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer, nicht aber auf die Gewerbesteuer angerechnet werden. Überdies würden ausländische Tochtergesellschaften und Betriebsstätten andernfalls ungleich behandelt. Genau solches soll für die außensteuerrechtliche Hinzurechnungsbesteuerung aber vermieden werden, wie sich augenfällig aus § 20 Abs. 2 AStG ergibt …“

Die FinVerw. hat auf diese BFH-Entsch. mit einem Nichtanwendungserlass reagiert4 und nun hat der Gesetzgeber mit Einfügung der Sätze 7 bis 9 mit einem – nach Ansicht des Gesetzgebers „klarstellenden“5 – Nichtanwendungsgesetz reagiert. Entsprechend existiert keine Regelung zum zeitlichen Anwendungsbereich, sondern § 7 Satz 7 GewStG soll offenbar auf alle offenen Veranlagungen anzuwenden sein.6 Nach der allgemeinen zeitlichen Anwendungsregelung des GewStG in § 36 Abs. 1 GewStG zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten Vorschriften dürfte eine Anwendung ab dem VZ 2016 gelten.7 Zu § 7 Satz 8 GewStG bestimmt § 36 Abs. 2a GewStG eine erstmalige Anwendung für den EZ 2017 (s. § 36 GewStG Rz. 11). Hinzuweisen ist darauf, dass insbes. § 7 Satz 8 GewStG deutlich über eine „Nichtanwendung“ des genannten BFH-Urt. hinausgeht. Vielmehr erfolgt eine Durchbrechung des Territorialitätsprinzips, was zu einer stl. Verschärfung mit ggf. deutlich überschießender Wirkung führen kann.8 167 Die Zulässigkeit der unbegrenzten Einbeziehung der Hinzurechnungsbeträge in die Gewerbebesteue-

rung wird verfassungsrechtlich bezweifelt.9 Insbesondere stellen die Regelungen des § 7 Satz 7 bis 9 GewStG maßgebliche Eingriffe in die grundlegende Belastungsentscheidung der Territorialität und der gewerblichen Inlandsanknüpfung dar.10 Besondere sachliche Rechtfertigungsgründe sind uE nicht erkennbar, lediglich ein Abstellen auf den fiskalischen Zweck der Sicherung und Erhöhung staatlicher Einnahmen ist insoweit nicht ausreichend.11 Letztlich bezweckt der Gesetzgeber, die mit den Hinzurechnungsvorschriften des AStG angelegten Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung auch im Bereich des GewStG wirksam werden zu lassen. Nicht zuletzt wirft die fehlende zeitliche Anwendungsregelung des § 7 Satz 7 GewStG Fragen der unzulässigen gesetzlichen Rückwirkung auf.12 Auch ist festzustellen, dass es nun iRd. GewSt zu Doppelbesteuerungen kommen kann, da anders als im ertragsteuerlichen Bereich nach Maßgabe von § 12 AStG eine Anrechnungsmöglichkeit der ausländischen Steuer auf die GewSt fehlt.

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So schon Rödder/Schumacher, DStR 2002, 105; Rödder, IStR 2009, 873. So die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. VI/2883 v. 2.12.1971, 29. BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 Rz. 10 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein. Gleich lautende Erlasse v. 14.12.2015, BStBl. I 2015, 1090. BT-Drucks. 18/9536 v. 5.9.2016, 59. So auch OFD NRW v. 26.4.2017, Kurzinformation GewSt Nr. 03/2017, DB 2017, 1118; hierzu krit. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 423 (Stand: März 2017). So Adrian/Rautenstrauch/Sterner, DStR 2017, 1457 (1460). So auch Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 425 (Stand: März 2017). Ausf. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 411 (Stand: März 2017). So auch Ditz/Quilitzsch, DStR 2017, 281; mit dem Territorialitätsprinzip vereinbar: Haug, DStZ 2016, 850; Kahle/Willner, Ubg 2017, 21; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 132 (Stand: Mai 2017). BFH v. 22.9.2016 – IV R 2/13, FR 2017, 681 m. Anm. Wendt = BFH/NV 2017, 211. So auch Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 411 (Stand: März 2017).

Schiffers

H. Gewerbesteuerliche Einbeziehung von Hinzurechnungsbeträgen (Sätze 7 bis 9)

Rz. 169 § 7

II. Erfassung der Hinzurechnungsbeträge (Satz 7) Als Reaktion auf das Urteil des BFH v. 11.3.20151 hat der Gesetzgeber in § 7 Satz 7 GewStG geregelt, 168 dass Hinzurechnungsbeträge iSd. § 10 Abs. 1 AStG Einkünfte sind, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen. Flankierend wurde § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG neu gefasst mit dem Ziel, dass nur noch der Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens gewstl. zu kürzen ist, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte dieses Unternehmens entfällt (s. hierzu § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 31). Sachlich erfasst § 7 Satz 7 GewStG aufgrund des eindeutigen Wortlauts nur Hinzurechnungsbeträge nach § 10 Abs. 1 AStG. Entsprechend der Zielsetzung des Gesetzgebers, eine inländische Einkunftsquelle zu unterstellen, muss dies sowohl positive wie auch negative Hinzurechnungsbeträge umfassen.2 Nicht erfasst werden Hinzurechnungsbeträge nach § 14 AStG (nachgeschaltete Zwischengesellschaft).3 Die Umsetzung der gesetzgeberischen Zielsetzung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist unklar. § 7 Satz 7 GewStG regelt uE nur, dass die Hinzurechnungsbeträge iSd. AStG als in einer inländischen Betriebsstätte angefallen gelten (Zuordnungsfiktion). Dagegen dürfte sich hieraus keine Grundlage für eine Zurechnung der Einkünfte, also den Einbezug in die Ausgangsgröße bei der Ermittlung des Gewerbeertrags, ergeben, sondern nur – iZm. § 9 GewStG – eben der Ausschluss der Kürzung. Mithin erfolgt damit nur dann eine stl. Erfassung, wenn diese Beträge in der Ausgangsgröße – also dem nach Maßgabe des EStG/KStG ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb – enthalten sind. Ist die Beteiligung an der ausländischen Zwischengesellschaft unter funktionalen Gesichtspunkten einer ausländischen Betriebsstätte des unbeschränkt StPfl. zuzuordnen und ist damit auch der Hinzurechnungsbetrag der ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen, so dürfte die Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG greifen (vgl. hierzu § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 33). Ebenso erscheint unklar, in welcher inländischen Betriebsstätte diese Beträge anfallen, wenn der Gewerbebetrieb über mehrere Betriebsstätten im Inland verfügt. Bedeutung hat diese Frage für die Anwendung des maßgeblichen Hebesatzes. § 7 Satz 7 GewStG greift allerdings nur, wenn der Gesellschafter, dem der Hinzurechnungsbetrag zuzurechnen ist, gewerblich tätig ist und eine inländische Betriebsstätte unterhält, nicht dagegen, wenn die Beteiligung an der ausländischen Zwischengesellschaft im stl. Privatvermögen gehalten wird.4 § 7 Satz 7 GewStG fingiert also keine inländische Betriebsstätte.5 Fraglich bleibt allerdings, ob § 9 Nr. 7 GewStG auf einen nach § 7 Satz 7 GewStG in einer inländischen Betriebsstätte anfallenden Hinzurechnungsbetrag anzuwenden ist.6

III. Erfassung der Betriebsstätteneinkünfte (Satz 8) Nach § 7 Satz 8 GewStG gelten Einkünfte iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG als in einer inländischen Be- 169 triebsstätte erzielt. Geltung hat dies auch dann, wenn diese Einkünfte nicht von einem DBA erfasst werden oder das DBA selbst die Steueranrechnung anordnet. Ziel des § 7 Satz 8 GewStG ist es, einem „Gewerbesteuersparmodell“ entgegenzuwirken, das auf der Zwischenschaltung ausländischer Personengesellschaften basiert.7 Insoweit hätten ansonsten Qualifikationskonflikte im Hinblick auf die stl. Sichtweise von Personengesellschaften genutzt werden können. Einkommensteuerlich wurde diesen Fällen mit § 50d Abs. 9 Satz 1 und Abs. 10 Satz 8 EStG durch Schaffung eines deutschen Besteuerungsrechts entgegengewirkt. Mangels inländischer Betriebsstätte ist die gewstl. Wirkung dieser Vorschriften aber fraglich. Zur Schließung dieser möglichen Gesetzeslücke hat der Gesetzgeber Satz 8 in 1 2 3 4

BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein. So auch Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 417 (Stand: März 2017). So auch Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 421 (Stand: März 2017). Vgl. Schnitger, IStR 2016, 637; Wassermeyer, IStR 2016, 517; Sommer/Retzer, ISR 2016, 283; Haug, DStZ 2016, 850; Ditz/Quilitzsch, DStR 2017, 281; Kahle/Willner, Ubg 2017, 21. 5 So auch Schnitger, IStR 2016, 637 (642); Kahle/Willner, Ubg 2017, 21. 6 Vgl. hierzu Rödder, IStR 2009, 873; Schnitger, IStR 2016, 637 (642). 7 BT-Drucks. 18/9956 v. 12.10.2016, 26 f.

Schiffers

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§ 7 Rz. 170 Gewerbeertrag § 7 GewStG eingefügt.1 Anzuwenden ist § 7 Satz 8 GewStG nach § 36 Abs. 2a GewStG erstmals für den EZ 2017. Diese Regelung führt allerdings zu einer Durchbrechung des Territorialitätsprinzips für niedrig besteuerte passive Einkünfte und ist daher systematisch verfehlt.2 Dies ist insbesondere in der Wirkung deshalb bedenklich, da eine Möglichkeit der Anrechnung ausländischer Steuern auf die GewSt fehlt. Die Neuregelung kann insbes. bei mehrstöckigen Strukturen unter Einbindung von Personengesellschaften, die nach dem Betriebsstättenprinzip besteuert werden, überschießende Wirkung haben.3 Beispiel:4 Die natürliche Person N unterhält im Inland einen Gewerbebetrieb. In dem BV des Gewerbebetriebs hält N Anteile an der AB-KG, die wiederum eine im Ausland belegene, niedrig besteuerte Betriebsstätte mit passiven Einkünften hat. Die Einkünfte (Gewinn) der ausländischen Betriebsstätte werden bei der AB-KG nach § 7 Satz 8 GewStG gewstl. erfasst; § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG schließt eine Kürzung ausdrücklich aus. Der Ertrag der ABKG wird zugleich (nochmals) in dem Gewerbebetrieb des N erfasst, da der Gewinnanteil der AB-KG nicht nach § 9 Nr. 2 Satz 2 GewStG zu kürzen ist, weil die Gewinne nach § 7 Satz 8 GewStG erfasst wurden. Lösung: § 7 Satz 8 Halbs. 1 GewStG setzt „Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 2 AStG“ voraus. Mithin muss der Einkünftetatbestand des § 20 Abs. 2 AStG erfüllt sein.5 Zwar ist Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 2 AStG, dass die Einkünfte in einer ausländischen Betriebsstätte erzielt werden, jedoch wird dies durch die Fiktion in § 7 Satz 8 Halbs. 1 GewStG überschrieben, wonach für gewstl. Zwecke diese Einkünfte als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt gelten. Diese Fiktion ist allein gewstl. und wirkt nicht für die ESt bzw. die KSt.6 Auch diese Vorschrift dürfte aber nur dann greifen, wenn der StPfl. im Inland tatsächlich einen inländischen Gewerbebetrieb unterhält.7 Wenn eine Privatperson eine zwischengeschaltete ausländische Betriebsstätte hat, geht § 7 Satz 8 GewStG mithin ins Leere.8

170 Fraglich ist darüber hinaus das Zusammenwirken mit § 7 Satz 6 GewStG. Sondervergütungen wer-

den nach § 7 Satz 6 GewStG der ausländischen Betriebsstätte zugeordnet, § 7 Satz 8 GewStG fingiert hingegen wieder den Anfall im Inland. Möglicherweise geht § 7 Satz 6 GewStG als Sonderregelung dem Satz 8 vor.9

IV. Ausnahmetatbestände (Satz 9) 171 Nach § 7 Satz 9 GewStG unterliegen die passiven Einkünfte nicht der GewSt, wenn sich die auslän-

dische Personengesellschaft oder Betriebsstätte innerhalb der EU bzw. des EWR befindet und insbes. nachgewiesen wird, dass in dieser eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird, mithin die entsprechenden Einkünfte, wären sie in einer Zwischengesellschaft angefallen, § 8 Abs. 2 AStG unterfallen würden.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Ausf. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 424 (Stand: März 2017). Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 425 (Stand: März 2017); Schnitger, IStR 2016, 637 (641). Kahle/Willner, Ubg 2017, 21; Schnitger, IStR 2016, 637 (643). Entnommen aus Schnitger, IStR 2016, 637 (643). So wohl auch BT-Drucks. 18/9956 v. 12.10.2016, 27; BR-Drucks. 406/16 v. 12.8.2016, 64. So auch Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 429 (Stand: März 2017). Ebenso Schnitter in Frotscher/Drüen, § 7 GewStG Rz. 138 (Stand: Mai 2017). Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 429 (Stand: März 2017). So Schnitger, IStR 2016, 637 (643).

272

Schiffers

§ 7a Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft (1) 1Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft ist § 9 Nummer 2a, 7 und 8 nicht anzuwenden. 2In den Fällen des Satzes 1 ist § 8 Nummer 1 bei Aufwendungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit Gewinnen aus Anteilen im Sinne des § 9 Nummer 2a, 7 oder 8 stehen, nicht anzuwenden. (2) 1Sind im Gewinn einer Organgesellschaft 1. Gewinne aus Anteilen im Sinne des § 9 Nummer 2a, 7 oder 8 oder 2. in den Fällen der Nummer 1 auch Aufwendungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit diesen Gewinnen aus Anteilen stehen, enthalten, sind § 15 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 bis 4 des Körperschaftsteuergesetzes und § 8 Nummer 1 und 5 sowie § 9 Nummer 2a, 7 und 8 bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft entsprechend anzuwenden. 2Der bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft berücksichtigte Betrag der Hinzurechnungen nach § 8 Nummer 1 ist dabei unter Berücksichtigung der Korrekturbeträge nach Absatz 1 und 2 Satz 1 zu berechnen. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten in den Fällen des § 15 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

III. Keine Anwendung des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

3

IV. Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit Gewinnen aus Anteilen . . .

29

C. Ermittlung des Zurechnungsbetrags der Organgesellschaft (Abs. 2) . . . . . . . . .

31

II. Die Vorschrift des § 7a GewStG im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. 1. 2. 3.

Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . a) Erstmalige Anwendung des § 7a GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtslage bis 1.1.2017 . . . . . . . . . aa) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . bb) Dividendenbezüge einer Organgesellschaft ohne Beteiligungsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Dividendenbezüge in Zusammenhang mit Beteiligungsaufwand . . dd) Berechnungsbeispiele . . . . . . .

. . . .

9 9 10 13

. . .

13 14 14

.

15

. .

16 18

IV. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

19

V. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften des KStG und EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20 20 23

B. Suspendierung der gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegierung (Abs. 1) . . . . . .

24

I. Ausgangslage der Vorschrift . . . . . . . . . .

24

II. Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 bis 4 KStG, des § 8 Nr. 1 und 5 und des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG (Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewinne aus Anteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aufwendungen in unmittelbarem Zusammenhang mit Gewinnanteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG . . . . . . . . . . . 4. Entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG . . . . . . . . . . . . . . . 6. Entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 36 37 38 40 41

II. Neuberechnung des Hinzurechnungsbetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

D. Entsprechende Anwendung der Absätze 1 und 2 in Fällen des § 15 Satz 2 KStG (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

Literatur: Pyszka/Nienhaus, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg bei Gewinnausschüttungen sowie vororganschaftliche Mehrabführungen an eine Organgesellschaft, DStR 2014, 1585; Schänzle/Birker, Bruttomethode und internationale Dividendenbesteuerung, Ubg 2014, 635; Adrian, Gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden

Leister

273

§ 7a Rz. 1 Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft bei Organschaft, BB 2015, 1113; Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, Köln 2015, Rz. 6.98; Adrian/Fey, Gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden bei Organschaft ohne und mit Beteiligungsaufwand, StuB 2016, 472; Adrian/Fey/Selzer, BEPS-Umsetzungsgesetz 1 – Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen, StuB 2016, 614; Benz/Böhmer, Die Nichtanwendungsgesetze des RefE eines „Anti-BEPS-Umsetzungsgesetzes, DB 2016, 1531; Haug, Erstes „BEPS-Gesetz“ und die Konsequenzen für das inländische Steuerrecht, DStZ 2016, 850; Hesse/ Frieburg, Änderungen des KStG und GewStG im Entwurf des AHRL-ÄndUmsG, GmbH-StB 2016, 271; Prinz, Schachteldividenden in gewerbesteuerlichen Organschaftsstrukturen: Gelöstes und Ungelöstes rund um den geplanten § 7a GewStG, GmbHR 2016, R289; Rupp, Einführung des § 7a GewStG – künftig keine Gewinnausschüttungen ohne gewerbesteuerliche Schachtelstrafe mehr beim Organträger, NWB 2016, 2930; Schnitger, Der Entwurf des AHRL-ÄndUmsG, IStR 2016, 637; Weiss, Aktuelle Entwicklungen im Gewerbesteuerrecht (Teil 1) – Grundsätze und geplante Änderungen der Gewerbesteuer, EStB 2016, 460; Blumenberg/Kring, Erste Umsetzung von BEPS in nationales Recht, BB 2017, 151; Burwitz, Neue Entwicklungen im Steuerrecht – Gesetzliche Neuregelungen im Steuerrecht, NZG 2017, 133; Höreth/Stelzer, Erstes BEPS-Umsetzungsgesetz – Weit mehr als der Titel suggeriert, DStZ 2017, 62; Hörster, Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz I – Weit mehr als „nur“ Maßnahmen gegen Gewinnkürzung und -verlagerung, NWB 2017, 22; Prinz, Organschaft in der Praxis – Aktuelle Brennpunkte, GmbHR 2017, R273; Rüsch, Entwicklungen zur steuerlichen Organgesellschaft, DStZ 2017, 69; Weider, BEPS-Umsetzung im internationalen Recht: EU-Richtlinien und DBA – Praktische Auswirkungen der BEPS-Umsetzung im deutschen Recht, FR 2017, 425.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 7a GewStG schließt eine Besteuerungslücke und ermöglicht, dass Gewinnerhöhungen nach § 8b

Abs. 5 KStG bei der Gewerbeertragsermittlung im Organkreis auch bezogen auf Dividenden, die eine OG bezieht, vorgenommen werden können. Damit wird iErg. eine stl. Belastungsgleichheit von Gewinnausschüttungen, die einem Organkreis zufließen, und von Gewinnausschüttungen, die an nicht organschaftlich verbundene Unternehmen gezahlt werden, geschaffen. Dabei lässt § 7a GewStG die gebrochene Einheitstheorie sowie die allgemeinen Grundsätze der Ermittlung von Gewerbeerträgen bei OT und OG unberührt. 2 OG und OT stellen trotz ihrer wirtschaftlichen Einheit für gewstl. Zwecke selbstständige Gewerbe-

betriebe dar, deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind. Dennoch gilt für den Zeitraum des Bestehens des Organschaftsverhältnisses die OG gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des OT, sodass nach einer getrennten Ermittlung der Gewerbeerträge der Gewerbeertrag der OG dem OT zuzurechnen ist. Über § 7 Satz 1 GewStG finden die ertragsteuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften sowohl bei der OG als auch bei dem OT Anwendung. Dies bedeutet, dass nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 und 2 KStG auch § 8b KStG und § 3 Nr. 40 sowie § 3c Abs. 2 EStG nicht auf Ebene der OG, sondern erst auf Ebene des OT anzuwenden sind. Diese für die Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens weiterhin geltende Systematik der Bruttozurechnung wird bei bestimmten Dividendenausschüttungen (vgl. Rz. 10 ff.) nun für gewstl. Zwecke durchbrochen. Damit folgt § 7a GewStG für seinen Anwendungsbereich der ursprünglichen Systematik der grds. getrennten Ermittlung der Gewerbeerträge innerhalb eines Organkreises unter Berücksichtigung der Rechtsform des OT.

II. Die Vorschrift des § 7a GewStG im Überblick 3 Die Regelung des § 7a GewStG ist zweistufig ausgestaltet. Zunächst suspendiert § 7a Abs. 1 den § 9

Nr. 2a, 7 und 8 GewStG von der unmittelbaren Anwendung bei der OG, um ihn dann durch Abs. 2 wieder für „entsprechend“ anwendbar zu erklären. Mithilfe dieser zweistufig ausgestalteten Berechnung des Gewerbeertrags der OG legt der Gesetzgeber die Reihenfolge fest, in der die jeweils verwiesenen Vorschriften anzuwenden sind. Insbesondere ordnet er an, dass vor Anwendung des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 bis 4 iVm. § 8b KStG, § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG entsprechend Anwendung finden. Im Ergebnis verlagert § 7a GewStG damit für die Ermittlung des Ge-

274

Leister

Rz. 7 § 7a

A. Grundaussagen der Vorschrift

werbeertrags einer Organschaft die Anwendung des § 8b Abs. 1 und 5 KStG sowie des § 3 Nr. 40 und des § 3c Abs. 2 EStG von der Ebene des OT auf die OG, die eine entsprechende Gewinnausschüttung erhalten hat, und stellt damit die Anwendung des pauschalierten Betriebsausgabenabzugsverbots nach § 8b Abs. 5 KStG sicher. Bei der zunächst vorzunehmenden Ermittlung des Gewerbeertrags der OG bestimmt Abs. 1 Satz 1 4 der Vorschrift in einer ersten Stufe die Suspendierung des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG. Die nach diesen Vorschriften grds. vorzunehmende gewstl. Freistellung von in- bzw. ausländ. Schachteldividenden (Anteil . 10 % bzw. 15 %; vgl. Rz. 28) unterbleibt damit zunächst. Weiterhin wird in Satz 2 die Nichtanwendung des § 8 Nr. 1 GewStG für solche Aufwendungen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Gewinnen aus Anteilen stehen, gesetzlich geregelt. § 8 Nr. 1 GewStG enthält – um eine finanzierungsneutrale Besteuerungsgrundlage zu gewährleisten – eine Regelung zur Hinzurechnung der Aufwendungen, die ihren Ursprung in der Finanzierung des Gewerbebetriebs haben und den stl. Gewinn minderten (insbes. Zinsaufwendungen; vgl. hierzu Rz. 29). Im Anschluss daran bestimmt Abs. 2 Satz 1 für Gewinnanteile iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG sowie 5 für unmittelbar damit in Zusammenhang stehende Aufwendungen die entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 bis 4 KStG und im Anschluss die entsprechende Anwendung des § 8 Nr. 1 und 5 und des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG. Durch die entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 GewStG ist der nach § 7a Abs. 1 6 GewStG modifizierte Gewerbeertrag der OG unter Berücksichtigung der Rechtsform des OT und der Beteiligungsverhältnisse bei Personenunternehmen als OT um bestimmte Bezüge zu korrigieren. So kommt es insbes. zur Anwendung des § 8b KStG (OT ist eine Körperschaft oder ein Personenunternehmen, soweit an diesem Körperschaften mittelbar oder unmittelbar beteiligt sind) bzw. des § 3 Nr. 40 und des § 3c Abs. 2 EStG (OT ist eine natürliche Person oder ein Personenunternehmen, soweit an diesem natürliche Personen mittelbar oder unmittelbar beteiligt sind). Als Folge dieser Anwendung sind nun auch § 8 Nr. 1 und 5 und § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG entsprechend zu beachten. Dies führt – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – auf der Ebene der OG zur vollständigen Anwendung sämtlicher für Gewinnausschüttungen in Betracht kommender Hinzurechnungs(§ 8 Nr. 1 und 5 GewStG) und Kürzungsvorschriften (§ 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG) – allerdings zeitlich erst nach einer erfolgten (teilweisen) Steuerfreistellung durch die Vorschriften des EStG (§ 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2) und KStG (§ 8b). Darüber hinaus stellt § 7a Abs. 2 Satz 2 GewStG klar, dass im Zuge der Ermittlung des Zurechnungs- 7 betrags beim OT nun auch der Betrag der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG bei der OG neu zu berechnen ist. Hierbei können sich Änderungen bei der Gewährung des Freibetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG ergeben. Im Ergebnis werden damit OG in Bezug auf den Erhalt von Gewinnausschüttungen mit nicht organschaftlich verbundenen Unternehmern gleichgestellt. Die Wirkungsweise des § 7a GewStG bei einer OG veranschaulicht folgendes Berechnungsbeispiel:1 OT Kapitalgesellschaft Schachteldividende

OT Personenunternehmen

+ 100

+ 100

+100

+ 100

+ 100

+ 100

0

./. 12

./. 160

0

./. 12,0

./. 160

= Gewinn § 7 GewStG

+ 100

+ 88

./. 60

+ 100

+ 88,0

./. 60

= Gewerbeertrag der OG

+ 100

+ 88

./. 60

+ 100

+ 88,0

./. 60

./. 100

./. 100

./. 100

./. 40

./. 40,0

./. 40

0

+ 4,8

+ 64

+5

+5

+5

Aufwendungen hierzu (Zinsen)

§ 7a Abs. 2 GewStG: „§ 8b Abs. 1 KStG/§ 3 Nr. 40 EStG“ „§ 3c Abs. 2 EStG“ „§ 8b Abs. 5 KStG“

1 BT-Drucks. 18/9536, 60.

Leister

275

§ 7a Rz. 8 Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft OT Kapitalgesellschaft

OT Personenunternehmen

„§ 9 Nr. 2a GewStG“

0

0

0

./. 60

./. 52,8

0

GewStG“1

0

+3

+ 40

0

0

+ 92

+5

./. 4

./. 115

0

0

./. 27

㤠8 Nr. 1

= Zurechnungsbetrag der OG zum OT

8 Der sich nach Anwendung des § 7a GewStG ergebende Betrag der Zurechnung wird bei der Gewer-

beertragsermittlung des OT als „Beitrag“ der OG berücksichtigt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG).

III. Anwendungsbereich 1. Persönlicher Anwendungsbereich 9 § 7a betrifft ausschließlich organschaftlich verbundene Unternehmen iSv. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG

und enthält für diese erstmals Besonderheiten zur Ermittlung des Gewerbeertrags. Die Vorschrift ist in diesem Kontext unmittelbar und ausschließlich für die Ermittlung des Gewerbeertrags (nicht des körperschaftsteuerlichen Einkommens) der Organgesellschaft einschlägig. Durch die einheitliche Festsetzung der GewSt im Organkreis wirkt sich die Vorschrift jedoch mittelbar auch auf den Gewerbeertrag des OT aus. 2. Sachlicher Anwendungsbereich 10

§ 7a GewStG findet ausschließlich auf Anteile am Gewinn von inländ. oder ausländ. Beteiligungsgesellschaften Anwendung und bezieht sich unmittelbar auf die sog. Schachtelprivilegien des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG (s. Rz. 28 und 36). Veräußerungsvorgänge werden hingegen nicht erfasst, weil für diese kein Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 2a, 7 und 8 gewährt wird.3 Daher finden in diesen Fällen § 8b KStG bzw. §§ 3 Nr. 40, 3c KStG (weiterhin) auf der Ebene des OT Anwendung. § 8b KStG greift darüber hinaus auch in den Fällen erst auf Ebene des OT, in denen zwar eine körperschaftsteuerliche, aber keine gewstl. Schachteldividende vorliegt (Beteiligungshöhe 10 % , 15 %). Unter dem Gesichtspunkt der Steuervereinfachung wäre indes eine vollständige Verlagerung sämtlicher Steuerfreistellungen in Bezug auf Dividendenausschüttungen und -veräußerungen auf die Ebene der OG wünschenswert gewesen (vgl. auch Rz. 19).

11

Da sich der Begriff der Gewinnausschüttung der OG an den OT ohne Weiteres unter den Wortlaut des § 9 Nr. 2a GewStG subsumieren lässt,4 sind die Neuregelung und die darin bestimmten Grundsätze auch auf vororganschaftliche Mehrabführungen, die eine OG im Falle mehrstufiger Beteiligungsketten, in denen eine mittlere Gesellschaft sowohl OT als auch OG ist, kraft Gesetzes als fiktive Gewinnausschüttungen bezieht (§ 14 Abs. 3 KStG), anwendbar.5 Wird die Mehrabführung jedoch aus dem stl. Einlagekonto bedient, scheidet eine Anwendung des § 7a GewStG aus, da es sich in diesem Fall nicht um eine Gewinnausschüttung, sondern um die Rückgewähr einer Einlage handelt.6

12

Durch den Verweis des § 7a Abs. 3 GewStG auf § 15 Satz 2 KStG, der Gewinnanteile aus der Beteiligung an einer ausländ. Gesellschaft, die nach den Vorschriften eines DBA auszunehmen sind, entsprechend den inländ. Gewinnanteilen behandelt, gilt auch die Regelung des § 7a GewStG für Dividendenbezüge, die aufgrund eines DBA befreit sind (s. Rz. 45).7 1 Der Freibetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG (100.000 Euro) gilt bei dieser Darstellung bereits als voll ausgeschöpft. 2 Ermittlung: Aufwendungen (Zinsen) 160 abzgl. 64 (Korrektur nach § 3c Abs. 2 EStG) abzgl. 60 (§ 9 Nr. 2a Satz 3 GewStG) × 1/4. 3 Adrian, BB 2015, 1113; Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2015, Rz. 6.98; Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewStG Rz. 16 (Stand: März 2017). 4 Pyska/Nienhaus, DStR 2014, 1585. 5 Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewSt Rz. 15 (Stand: März 2017). 6 Adrian, BB 2015, 1113; Benz/Böhmer, DB 2016, 1531; Gosch in Blümich, § 7a GewStG Rz. 9 (Stand: Juni 2017). 7 Blumenberg/Kring, BB 2017, 151.

276

Leister

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 15 § 7a

3. Zeitlicher Anwendungsbereich a) Erstmalige Anwendung des § 7a GewStG Die Neuregelung des § 7a GewStG wurde mit dem BEPS-UmsG vom 20.12.20161 eingeführt. Sie ist 13 nach § 36 Abs. 2b GewStG erstmals auf Gewinne aus Anteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 zufließen. Damit kommt es ausdrücklich weder auf den Realisationszeitpunkt der Gewinne noch auf den entsprechenden Gewinnausschüttungsbeschluss an. Soweit in § 7a GewStG auf den Aufwand abgestellt wird, der iZm. diesen Gewinnen aus Anteilen steht, ist der Aufwand maßgebend, der losgelöst von dem Abflusszeitpunkt nach dem 31.12.2016 gewinnwirksam wird. Für vorhergehende Zeiträume gelten jene Grundsätze, welche der BFH mit seinem Urt. vom 17.12.20142 aufgestellt hat, und zwar unabhängig davon, ob diese im Einzelfall günstiger oder nachteiliger für den stpfl. Organkreis sind. b) Rechtslage bis 1.1.2017 aa) Vorbemerkung Da § 7a GewStG erstmals für Dividenden anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2016 zufließen, kön- 14 nen sich StPfl. für vorhergehende Zeiträume in allen offenen Fällen auf die (günstigere) BFH-Rspr.3 berufen. Dabei ist zu beachten, dass der BFH zur gewstl. Behandlung von Beteiligungsaufwendungen einer OG, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Dividende stehen, bislang noch keine Stellung bezogen hat. bb) Dividendenbezüge einer Organgesellschaft ohne Beteiligungsaufwand Sind im Gewinn einer OG Dividendenausschüttungen enthalten, die noch vor dem 1.1.2017 – und 15 damit vor Einführung des § 7a GewStG – zugeflossen sind, besteht die (auch weiterhin für körperschaftsteuerliche Zwecke geltende) Besonderheit, dass die Regelungen des § 8b KStG aufgrund der sog. Bruttomethode nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG auf der Ebene der Einkommensermittlung der OG nicht anzuwenden sind. Eine Anwendung erfolgt vielmehr erst nachgelagert auf der Ebene des OT. Nach einhelliger – auch von der FinVerw. geteilter – Rechtsauffassung gilt die oa. Bruttomethode nach § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG über § 7 Satz 1 GewStG auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Der nach körperschaftsteuerlichen Regelungen ermittelte Gewinn der OG ist sodann um die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften nach §§ 8 und 9 GewStG zu korrigieren. Die mithin im Gewerbeertrag des OT enthaltene Schachteldividende wird daher bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 2a GewStG gekürzt.4 Dies führt zu einer 100-prozentigen Steuerfreistellung der Dividendenausschüttungen auf Ebene der OG und dementsprechend zu einer Netto-Zurechnung iHv. 0 Euro auf den OT. Um eine Besserstellung ggü. den Unternehmen, die nicht organschaftlich verbunden sind, zu vermeiden – bei diesen ergibt sich aufgrund der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 iVm. der Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG ein um lediglich 95 % geminderter Dividendenansatz –, wurde seitens der FinVerw. auf der Stufe des OT ein durch eine Vergleichsberechnung ermittelter gewstl. Korrekturbetrag angesetzt. Dieser stellte insbes. die 5-prozentige Erhöhung des Gewerbeertrags (Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG) im Organkreis sicher.5 Der Korrektur lag letztlich der Gedanke zugrunde, dass das Bestehen einer Organschaft keine Auswirkung auf die Höhe des Gewerbeertrags haben kann. Der BFH ist dieser Sichtweise mit Urteil vom 17.12.20146 nicht gefolgt. Nach Maßgabe der in st. Rspr. entwickelten sog. gebrochenen oder eingeschränkten Einheitstheorie sei der Gewerbeertrag der 1 2 3 4 5

BGBl. I 2016, 3000. BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 Rz. 30. Es existiert keine diesbezügliche Verwaltungsanweisung, die diese Vorgehensweise festlegt. Es entspricht aber der gängigen Verwaltungspraxis. 6 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser.

Leister

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§ 7a Rz. 16 Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft OG so zu ermitteln, als wäre sie ein selbstständiges Steuerobjekt. Sofern sich sodann bei der Zusammenrechnung der Gewerbeerträge von OG und OT auf der Ebene des OT unberechtigte doppelte Beoder Entlastungen ergeben, käme es dort zu Korrekturen, deren Rechtsgrundlage die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG bildet.1 Damit folgt der BFH bzgl. der selbstständigen Ermittlung des Gewerbeertrags der OG ausdrücklich der FinVerw. und bestätigt sowohl die Relevanz der Bruttomethode für die GewSt als auch die nachfolgend vorzunehmende Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG. Für den Ansatz des 5-prozentigen Korrekturbetrags auf Ebene des OT sieht der BFH jedoch keine Rechtsgrundlage. Dieser dürfe vielmehr insbes. deshalb nicht angesetzt werden, weil die Dividende (aufgrund der Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG) im zusammengerechneten Gewerbeertrag nicht (mehr) enthalten sei. Mithin scheide für gewstl. Zwecke ein Abzug der Dividende nach § 8b Abs. 1 KStG iVm. § 7 Satz 1 GewStG und folglich auch eine Auslösung des 5 %-Zuschlags nach § 8b Abs. 5 KStG aus. Im Organkreis entfällt damit gewstl. (die ertragsteuerliche Betrachtung bleibt unberührt) die Wirkung des § 8b Abs. 5 KStG für entsprechende Gewinnausschüttungen. Das BFH-Urteil2 wird inzwischen von der FinVerw. für zurückliegende Jahre in den Fällen vollumfänglich angewandt, in denen keine mit den Beteiligungserträgen im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Aufwendungen angefallen sind. Keine Konsequenzen ergeben sich aus dem Urt. in den Fällen, in denen der OT eine Personengesellschaft ist.3 cc) Dividendenbezüge in Zusammenhang mit Beteiligungsaufwand 16

Der BFH hat in seinem Urt. vom 17.12.20144 mangels Entscheidungserheblichkeit keine Aussage dazu machen müssen, wie sich Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Dividendenausschüttungen stehen, letztendlich im gewstl. Organkreis auswirken. Diese Aufwendungen mindern gem. § 9 Nr. 2a Satz 3, Nr. 7 Satz 2 und Nr. 8 Satz 2 GewStG den Kürzungsbetrag. Dies bewirkt faktisch ein gewstl. Abzugsverbot der Beteiligungsaufwendungen, das die FinVerw. bisher auf der Ebene des OT durch Ansatz eines negativen Korrekturbetrags rückgängig gemacht hat. Hierfür fehlt unter Berücksichtigung des BFH-Urt. nun ebenso wie für die Berücksichtigung des pauschalierten Betriebsausgabenabzugsverbots nach § 8b Abs. 5 KStG (vgl. Rz. 15) die Rechtsgrundlage.

17

Nach hM ist die Dividende jedoch noch insoweit im Gewerbeertrag enthalten, wie sie bei der OG wegen Gegenrechnung von Aufwendungen nicht vollständig nach § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG gekürzt wird. Damit bleibt die Dividende iHd. Beteiligungsaufwendungen Teil des Gewerbeertrags der OG und bewirkt eine nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG nicht vollständig gekürzte Zurechnung beim OT. Dieser Teil der Dividende ist mithin beim OT noch vorhanden, sodass folglich § 8b Abs. 1 KStG auch mit Auswirkung auf die GewSt einen Anwendungsbereich beim OT erfährt.5 Nach dieser Sichtweise käme es insoweit zu einer Anwendung des pauschalierten Betriebsausgabenabzugverbots nach § 8b Abs. 5 KStG, soweit die Dividende auch für Zwecke der GewSt nach § 8b Abs. 1 KStG abgezogen wird.6 Die tatsächlichen Aufwendungen bleiben in voller Höhe als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig.7 Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG entfällt nach der hM zum einen, weil auf der Ebene des OT insoweit keine Finanzierungsaufwendungen vorliegen, und zum anderen, weil wegen § 9 Nr. 2a Satz 3, Nr. 7 Satz 2, Nr. 8 Satz 2 GewStG auf Ebene der OG eine entsprechende Hinzurechnung ausgeschlossen ist.8 Hieraus kann sich im Einzelfall auch ein Nachteil für den Organkreis ergeben. Ein rückwirkendes Antragswahlrecht auf die Anwendung des § 7a GewStG ist jedoch gesetzlich nicht festgeschrieben worden (vgl. Rz. 19).

1 2 3 4 5

Vgl. auch R 7.1 Abs. 5 GewStR 2009 mwN. BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. Pyska/Nienhaus, DStR 2014, 1585. BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. OFD Karlsruhe v. 17.2.2016 – G 142.5/50/2-St 226; Adrian, BB 2015, 1113; Hesse/Frieburg, GmbH-StB 2016, 271. 6 Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewStG Rz. 20 (Stand: März 2017). 7 Adrian/Fey, StuB 2016, 472; Hesse/Frieburg, GmbH-StB 2016, 271. 8 So auch Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewStG Rz. 20 (Stand: März 2017).

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 19 § 7a

dd) Berechnungsbeispiele Im EZ bezieht die OG eine Dividende aus einer Beteiligung an einer KapGes. (Beteiligung $ 15 %) iHv. 10.000 Euro. Im Fall a) liegen keine weiteren Geschäftsvorfälle vor. Im Fall b) sind Finanzierungskosten iHv. 4.000 Euro aus dem Erwerb der Schachtelbeteiligung angefallen. Der OT ist eine KapGes.

18

Ermittlung des Gewerbeertrags der OG (1. Stufe): a) körperschaftsteuerlicher Gewinn: (§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG; keine Anwendung des § 8b KStG) Gewinn iSd. § 7 Satz 1 GewStG Kürzung nach § 9 Nr. 2a Sätze 1 und 3 GewStG

b)

10.000 t

6.000 t

10.000 t

6.000 t

./. 10.000 t

./. 6.000 t

0t

0t

Gewerbeertrag Ermittlung des Gewerbeertrags des Organkreises auf Ebene des OT (2. Stufe): a) Gewerbeertrag der OG § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG

b) 0t

0t



§ 8b Abs. 1 KStG

./. 4.000 t

§ 8b Abs. 5 KStG

+ 200 t

Gewerbeertrag des Organkreises

0t

./. 3.800 t

Im Fall b) entfällt iErg. einerseits zugunsten des StPfl. die bisherige Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 KStG, auf der anderen Seite kann die Hinzurechnung des 5 %-Betrags aber insoweit weiter aufrechterhalten werden, als in entsprechender Höhe Beteiligungsaufwendungen vorliegen. Vor Veröffentlichung des BFH-Urt. v. 17.12.20141 setzte die FinVerw. auf Ebene des OT einen sog. gewstl. Korrekturbetrag an, dieser betrug im Fall a) 500 Euro (5 % von 10.000 Euro) und im Fall b) ./. 2.500 Euro (§ 8b Abs. 5 KStG: 500 Euro + § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG: 1.000 Euro (1/4 von 4.000 Euro) ./. Aufwandsabzug 4.000 Euro). Grundlage dieses Korrekturbetrags war eine Vergleichsberechnung, die zu demselben stl. Ergebnis führen sollte, das sich ergäbe, wenn der OT die Beteiligungserträge unmittelbar selbst vereinnahmt hätte.

IV. Rechtsentwicklung Der BFH hat mit Urt. vom 17.12.20142 entschieden, dass § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ff. KStG bei einer 19 OG, die Dividenden bezogen hat, nicht anwendbar ist. Damit kommt es bei der Gewerbeertragsermittlung im Organkreis insoweit ua. nicht zur Anwendung des pauschalierten Betriebsausgabenabzugsverbots nach § 8b Abs. 5 KStG. Dies führt zu einer Besserstellung des Dividendenbezugs über eine OG im Vergleich zu einem Dividendenbezug von einer Gesellschaft, die nicht organschaftlich eingebunden ist. § 7a GewStG, mit dem die Rechtsfolgen aus dem og. BFH-Urt. ausgeschlossen und die bisherige Verwaltungsauffassung zu der Urteilsproblematik gesetzlich verankert wurde, findet sich erstmalig in dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen.3 Der BR begrüßte in seiner Stellungnahme4 grds. die Neuregelung des § 7a GewStG. Seine Empfehlung im weiteren Gesetzgebungsverfahren, zu prüfen, ob der neue § 7a GewStG einfacher und damit 1 2 3 4

BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. BR-Drucks. 406/16. BR-Drucks. 406/16 (B), 35.

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§ 7a Rz. 20 Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft praxisgerechter gefasst werden könne,1 fand in dem endgültigen Gesetzesbeschluss jedoch keine Beachtung. Auch der Hinweis, das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG insgesamt – auch bezogen auf Dividenden aus gewstl. Streubesitz sowie Veräußerungsgewinne und -verluste – auf Ebene der OG anzuwenden,2 wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht mehr aufgegriffen. Auch das vonseiten des Bundesratsfinanzausschusses3 vorgeschlagene Antragswahlrecht zur Anwendung der Vorschrift auf VZ vor 2017 hat sich nicht dursetzen können.4 Mit dem Gesetzesbeschluss des BT vom 1.12.20165 wurde durch das BEPS-UmsG hinter § 7 GewStG der neue § 7a eingefügt. Nachdem am 16.12.2016 der BR zugestimmt hat, wurde das Gesetz im BGBl. I 2016, 3000, verkündet.

V. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 20

Eine KapGes., die eine OG iSd. §§ 14, 17 oder 18 KStG ist, gilt nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des OT. Die OG und der OT bleiben aber selbstständige Gewerbebetriebe, deren Gewerbeerträge getrennt nach allg. Grundsätzen des § 7 sowie der §§ 8 und 9 GewStG ermittelt werden. Erst auf einer zweiten Stufe kommt es infolge der Zurechnung des Gewerbeertrags der OG zum OT zu einer Zusammenfassung dieser Gewerbeerträge. Dabei sind unberechtigte doppelte Be- und Entlastungen aufgrund des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG auszuscheiden.6 An dieser eingeschränkten Einheitstheorie hält auch der neue § 7a GewStG fest.

21

§ 7a GewSt ist systematisch unmittelbar der Vorschrift des § 7 GewStG nachgestellt und bildet eine Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer OG. Durch § 7a GewStG wird der grds. nach dieser Vorschrift zu ermittelnde Gewerbeertrag um eine spezielle Berechnungsreihenfolge hinsichtlich der von einer OG erhaltenen Gewinnausschüttungen modifiziert. Insbesondere der – nach körperschaftsteuerlichen Grundsätzen ermittelte – Bruttogewinn wird dabei auch durch § 7a GewStG nicht überschrieben, sondern lediglich iRd. Ermittlung des Zurechnungsbetrags der OG angepasst.7 Technisch gesehen verändert § 7a GewStG die Anwendungsreihenfolge der verwiesenen Paragrafen (§ 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG) und macht dadurch die Ermittlung eines Zurechnungsbetrags der OG auf den OT notwendig. Die zweistufige Ausgestaltung des § 7a GewSt suspendiert in einem ersten Schritt die unmittelbare Anwendung des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG, um dessen Anwendung in einem zweiten Schritt nach entsprechender Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 bis 4 KStG wieder zuzulassen. Dies führt zu einer – von der bisherigen Systematik abweichenden – Anwendungsreihenfolge des § 8b KStG, der §§ 3 Nr. 40 iVm. 3c Abs. 2 EStG und § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG und hat den Effekt, dass Dividendenausschüttungen auf Ebene der OG vorrangig nach den Regelungen des EStG und KStG steuerfrei gestellt werden.

22

Auswirkungen ergeben sich auch auf § 8 Nr. 1 GewStG. Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Gewinnen aus Anteilen stehen, sind entsprechend zu der Suspendierung des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG zunächst nicht in die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG einzubeziehen. Erst nach Berücksichtigung der Korrekturbeträge ist der Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG neu zu berechnen und um die zunächst nach § 7a Abs. 1 GewStG suspendierten Aufwendungen zu korrigieren. 2. Verhältnis zu Vorschriften des KStG und EStG

23

§ 7a Abs. 2 GewStG verweist ausdrücklich auf § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 bis 4 KStG und verlagert damit die Anwendung der Vorschriften des § 8b KStG und § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG für erhalte1 2 3 4 5 6 7

BR-Drucks. 406/16 (B), 35. BR-Drucks. 406/16 (B), 36. BR-Drucks. 406/1/16, 39. Rüsch, DStZ 2017, 69; Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewStG Rz. 16 (Stand: März 2017). BR-Drucks. 717/16. BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 Rz. 8 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewSt Rz. 26 (Stand: März 2017).

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B. Suspendierung der gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegierung (Abs. 1)

Rz. 26 § 7a

ne Gewinnausschüttungen einer KapGes. – abweichend von der Ermittlung des Einkommens für körperschaftsteuerliche Zwecke – von der Ebene des OT auf die OG.

B. Suspendierung der gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegierung (Abs. 1) I. Ausgangslage der Vorschrift Im körperschaftsteuerlichen Organkreis ist zwischen der Einkommensermittlung des OT einerseits 24 und der OG andererseits zu unterscheiden. Eine KapGes. ist OG, wenn sie die in § 14 Abs. 1 und § 17 KStG aufgestellten Bedingungen erfüllt. Die OG muss danach insbes. finanziell eingegliedert sein (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 KStG) und einen Gewinnabführungsvertrag mit der OG abgeschlossen haben (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG). Liegen diese Voraussetzungen vor, sind zunächst beide Einkommen getrennt zu ermitteln. In einem nächsten Schritt sind die Einkommen der OG dem OT zuzurechnen, dies ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG. Für die Ermittlung der jeweiligen Einkommen gelten grds. die allg. Vorschriften. § 15 KStG bestimmt jedoch abweichend von diesen einige Besonderheiten. So findet nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG insbes. die sog. Bruttomethode Anwendung. Diese besagt, dass die von der OG bezogenen Dividenden nicht den Vorschriften des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG bzw. § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG unterliegen, sondern zunächst „brutto“, also ohne Berücksichtigung der Freistellungen, dem OT zugerechnet werden. Die stl. Konsequenzen (insbes. die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG und die damit im Zusammenhang stehende Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG bzw. das Abzugsverbot nach § 3c Abs. 2 EStG) werden sodann in Abhängigkeit der Rechtsform des OT auf dieser Ebene gezogen. Ähnlich verhält es sich für Zwecke der gewerbesteuerlichen Organschaft. Obwohl die Steuerschuld- 25 nerschaft allein bei dem OT liegt (§ 5 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG), bilden OG und OT kein einheitliches Unternehmen. Als wären sie selbstständige Steuersubjekte,1 sind deren Gewerbeerträge zunächst getrennt nach den allg. Grundsätzen des § 7 GewStG und der §§ 8 und 9 GewStG zu ermitteln. Erst auf einer zweiten Stufe kommt es infolge der Zurechnung der Unternehmen eines Organkreises zu einer Zusammenfassung dieser Gewerbeerträge. Man spricht insoweit von der gebrochenen oder eingeschränkten Einheitstheorie. Die OG gilt als Betriebsstätte des OT. Für den Fall, dass die OG an einer anderen Körperschaft beteiligt ist, bedeutet dies, dass eine von der OG vereinnahmte Dividende einer Beteiligungsgesellschaft bei der OG brutto erfasst wird, da § 8b KStG über § 7 Satz 1 GewStG iVm. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG auch für gewstl. Zwecke keine Anwendung findet. Werden zudem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG erfüllt, sind entsprechende Dividenden aufgrund des sog. gewstl. Schachtelprivilegs zur Ermittlung des Gewerbeertrags zu kürzen und damit iErg. nicht mehr Bestandteil des dem OT zuzurechnenden Gewerbeertrags. Deswegen fehlt es beim OT nach Zurechnung eben dieses Gewerbeertrags an dem für die Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG erforderlichen Tatbestandsmerkmal des „Enthaltenseins“ der Dividende. Die Konsequenz daraus ist, dass beim OT kein Raum für die Anwendung des § 8b KStG verbleibt und die Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG ins Leere läuft. Die Schachteldividende bleibt damit im gewstl. Organkreis zu 100 % steuerfrei. Zu diesem Ergebnis ist auch der BFH nach einer streng wortlautorientierten Auslegung des Gesetzes mit seinem Urt. vom 17.12.20142 gelangt (s. Rz. 14 ff.).3 § 7a GewStG verhindert künftig die Besserstellung – so die Begründung im Gesetzesentwurf – und lässt dabei die gebrochene Einheitstheorie sowie die allg. Grundsätze der Ermittlung von Gewerbeerträgen bei OT und OG unberührt.

II. Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft Der Gewerbeertrag einer OG wird nach § 7 Satz 1 GewStG ermittelt. Durch § 7 Satz 1 GewStG wird 26 im Einklang von KSt und GewSt die Bruttomethode (§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG) angewandt. Die1 So ausdrücklich BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. 2 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. 3 Krit. hierzu: Prinz, GmbHR 2016, R289.

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§ 7a Rz. 27 Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft se sog. eingeschränkte Einheitstheorie bleibt von § 7a GewStG unangetastet. Zur Ermittlung des Gewinns der Organgesellschaft erfolgt damit (auch weiterhin) keine Kürzung nach § 8b Abs. 1 und 5 KStG bzw. § 3 Nr. 40 iVm. § 3c Abs. 2 EStG. In diesem Gewinn sind damit bezogene Dividenden vollständig enthalten. Zur Ermittlung des Gewerbeertrags ist dieser Ausgangsbetrag nach § 7 GewStG um die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften nach den §§ 8 und 9 GewStG anzupassen. Bezieht eine OG inländ. oder ausländ. Dividenden oberhalb der Beteiligungsgrenze für Streubesitz, greifen daher grds. die gewstl. Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG. Da die Anwendung dieser Kürzungsvorschriften jedoch dazu führen würde, dass die Gewinnanteile bei der Zusammenrechnung der Gewerbesteuererträge beim OT nicht mehr enthalten wären (vgl. Rz. 25), unterbindet § 7a Abs. 1 Satz 1 GewStG die unmittelbare Anwendung dieser Vorschriften (vgl. Rz. 27). § 7a Abs. 1 GewStG soll somit insbes. gewährleisten, dass für die zweite Berechnungsstufe, bei der die stl. Freistellungen nach den § 8b KStG und § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG auf Ebene der OG für entsprechend anwendbar erklärt werden (§ 7a Abs. 2 GewStG), noch Gewinne aus Anteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG vorhanden sind (vgl. Rz. 32 ff., zur Wirkungsweise vgl. auch Rz. 7).

III. Keine Anwendung des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG 27

§ 7a Abs. 1 Satz 1 GewStG suspendiert zunächst das gewstl. Schachtelprivileg bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der OG, um eine Sonderregelung (§ 7a Abs. 2 GewStG) herbeizuführen. Die direkte Anwendung der Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG auf Ebene der OG würde bei der Zusammenrechnung der Gewerbeerträge beim OT dazu führen, dass entsprechende Gewinnausschüttungen nicht mehr im zugerechneten Einkommen enthalten wären (vgl. Rz. 25). Deshalb unterbindet § 7a Abs. 1 Satz 1 GewStG die unmittelbare Anwendung dieser Vorschriften und soll somit insbes. gewährleisten, dass für die zweite Berechnungsstufe, bei der die stl. Freistellungen nach den § 8b KStG und §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG auf Ebene der OG für entsprechend anwendbar erklärt werden (§ 7a Abs. 2 GewStG), noch Gewinne aus Anteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG vorhanden sind (vgl. Rz. 32 ff.).

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§ 7a Abs. 1 GewStG schließt ausdrücklich (nur) die unmittelbare Anwendung des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG aus. Durch den Verweis auf diese gewstl. Vorschriften sind die dort gesetzlich verankerten Beteiligungsgrenzen maßgebend für den Anwendungsbereich der Vorschrift. Für Dividendenbezüge der OG greift grds. das nationale oder internationale gewstl. Schachtelprivileg ein. Dabei ergibt sich im Fall einer inländ. Beteiligung nach § 9 Nr. 2a GewStG eine notwendige Beteiligungshöhe von mindestens 15 % zu Beginn des EZ (§ 9 Nr. 2a GewStG Rz. 28 ff. und 35 f.); im Fall einer ausländ. Beteiligung muss seit Beginn des EZ ununterbrochen eine Beteiligungsgrenze von mindestens 15 % vorliegen (§ 9 Nr. 7 GewStG; § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 22 ff. und 26 ff.); bei einer ausländ. EU-KapGes. erfordert die MutterTochter-Richtlinie eine 10 %-Grenze zu Beginn des EZ (s. zum Begriff des EZ § 14 GewStG Rz. 47 ff.). Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Sonderregelung des § 7a GewStG greifen. Insbesondere Dividenden aus gewstl. Streubesitz sowie Veräußerungsgewinne und -verluste sind von der Anwendung des § 7a GewStG ausgeschlossen, da entsprechende Gewinnauswirkungen nicht unter den Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG fallen.

IV. Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit Gewinnen aus Anteilen 29

Sind im Gewinn der OG Aufwendungen enthalten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den Schachteldividenden stehen,1 kann § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG Auswirkungen auf die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG haben. So sieht § 9 Nr. 2a Satz 3, Nr. 7 Satz 2 und Nr. 8 Satz 2 GewStG ausdrücklich den Ausschluss des § 8 Nr. 1 GewStG für entsprechende Aufwendungen vor. Vor diesem Hintergrund ist in § 7a Abs. 1 Satz 2 GewStG ergänzend geregelt, dass die Finanzierungskostenhinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG bezogen auf solche Aufwendungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit Gewinnanteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG stehen, bei der Gewerbeertragsermitt1 Zum Begriff der unmittelbaren Beteiligungsaufwendungen s. auch § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 45 ff.

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C. Ermittlung des Zurechnungsbetrags der Organgesellschaft (Abs. 2)

Rz. 34 § 7a

lung der OG gleichermaßen zunächst außer Kraft gesetzt wird. Gemeint ist insbes. der Fall, in dem die OG für den Erwerb der ausschüttenden Beteiligung ein Darlehen aufgenommen hat und dadurch ertragsteuerlich abziehbare Schuldzinsen iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG angefallen sind. Da es sich bei § 7a GewStG um eine Sonderregelung für die Ermittlung des Gewerbeertrags einer OG 30 handelt, können lediglich iZm. den Gewinnanteilen stehende Aufwendungen auf Ebene der OG gemeint sein. Aufwendungen auf Ebene des OT sind insoweit nicht relevant. Daher fällt auch der von einem OT getragene Finanzierungsaufwand für den Erwerb der Schachtelbeteiligung durch die OG nicht in den Anwendungsbereich des § 7a Abs. 1 Satz 2 GewStG. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Refinanzierungsaufwendungen des OT und der nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG steuerfreien Schachteldividende besteht schon deshalb nicht, weil dem OT iRd. gewstl. Organschaft nicht einzelne Einnahmen zugerechnet werden, sondern nur der gesondert zu ermittelnde Gewerbeertrag der OG.1

C. Ermittlung des Zurechnungsbetrags der Organgesellschaft (Abs. 2) I. Entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 bis 4 KStG, des § 8 Nr. 1 und 5 und des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG (Abs. 2 Satz 1) 1. Grundlagen Auf den durch § 7a Abs. 1 GewStG ungekürzten Gewinn der OG sind nach § 7a Abs. 2 GewStG ver- 31 schiedene Korrekturen vorzunehmen, bevor der so ermittelte Zurechnungsbetrag anschließend dem OT zugeschrieben wird. § 7a Abs. 2 GewStG stellt damit das Kernstück der Neuregelung dar und führt zu einer partiellen Abkehr von der Bruttomethode. Die technische Umsetzung ist dabei sehr komplex und lässt sich nicht auf den ersten Blick erschließen. Zunächst regelt § 7a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 GewStG die „entsprechende Anwendung“ des § 15 Satz 1 32 Nr. 2 Sätze 2 bis 4 KStG (nicht aber des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG) zur Ermittlung des Gewerbeertrags der OG, soweit dieser Erträge aus Anteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG (§ 7a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewStG) bzw. Aufwendungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den Gewinnen aus Anteilen stehen (§ 7a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GewStG), enthält. Der Gewinn einer OG ist somit entsprechend der Rechtsform des OT sowie unter Berücksichtigung der Beteiligungsverhältnisse bei Personenunternehmen als OTum bestimmte Beträge zu korrigieren. Konkret bedeutet dies bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der OG die Anwendung des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG bzw. des § 3 Nr. 40 und des § 3c Abs. 2 EStG nach den für diese Vorschriften geltenden Voraussetzungen. Als Konsequenz wird damit, wie in der Gesetzesbegründung2 dargestellt, insbes. die Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der OG sichergestellt. Dies widerspricht zwar den Grundsätzen der Bruttomethode, führt aber dazu, dass auf Ebene der OG eine gewstl. Ausgangssituation wie bei nicht organschaftlich verbundenen Unternehmen entsteht. Nach § 7a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 GewStG sind auf der Grundlage der zuvor modifizierten Bemes- 33 sungsgrundlage die gewstl. Hinzurechnungen und Kürzungen nach § 8 Nr. 1 und 5, § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG anzuwenden. Erst dieser korrigierte Gewerbeertrag der OG, welcher in der Gesetzesbegründung3 ausdrücklich auch als Zurechnungsbetrag bezeichnet wird, ist sodann dem OT zuzurechnen. Per Saldo wird dem OT damit entgegen der grds. anzuwendenden Bruttomethode ein bereits um steuerfreie Anteile gekürzter Nettobetrag hinzugerechnet. Die im Gesetzestext formulierte „entsprechende Anwendung“ bezieht auch die Kürzungsschmäle- 34 rungen nach § 9 Nr. 2a Satz 3, Nr. 7 Satz 2 und Nr. 8 Satz 2 GewStG mit ein.4 Hierbei ergeben sich keine Besonderheiten, sodass sämtliche Voraussetzungen der jeweiligen Norm (§ 9 Nr. 2a GewStG Rz. 16 ff., § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 20 ff. und § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 11 ff.) für deren entsprechende An1 2 3 4

Entsprechend für die Zeiträume vor Einführung des § 7a GewStG Pyszka/Nienhaus, DStR 2014, 1585. BT-Drucks. 18/9536, 60. BT-Drucks. 18/9536, 60. Gosch in Blümich, § 7a GewStG Rz. 24 (Stand: Juni 2017); Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewStG Rz. 27 ff. (Stand: März 2017).

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§ 7a Rz. 35 Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft wendung erfüllt sein müssen. Dabei wird zur Prüfung der jeweiligen Voraussetzungen ausschließlich auf die jeweilige OG abgestellt. 35

Der Anwendungsbereich der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG dürfte aufgrund der für § 7a GewStG zwingend notwendigen Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG keine praktische Anwendung finden. 2. Gewinne aus Anteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG

36

Durch den Verweis auf § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG wird der Anwendungsbereich der Sonderregelung des § 7a GewStG eingeschränkt. Mit dieser Gesetzesformulierung werden nicht nur Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Anteilen ausgeschlossen (diese fallen nicht in den Anwendungsbereich des genannten Paragrafen, vgl. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 42), sondern es ergibt sich auch ein Beteiligungserfordernis der Höhe nach. Das nationale oder internationale gewstl. Schachtelprivileg greift danach nur, wenn im Inlandsfall „zu Beginn“, im Auslandsfall „seit Beginn“ des EZ eine Beteiligungsgrenze von mindestens 15 % erreicht wird (vgl. (§ 9 Nr. 2a GewStG Rz. 28 ff. und 35 f.; § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 22 ff. und 26 ff.); bei einer ausländ. EU-KapGes. findet die Mutter-Tochter-Richtlinie mit der Voraussetzung einer 10 %-Grenze zu Beginn des EZ Anwendung (s. zum Begriff des EZ § 14 GewStG Rz. 47 ff.). Auf die Schachtelprivilegien des § 8b KStG (§ 8b Abs. 4 iVm. Abs. 6 KStG) wird ausdrücklich nicht abgestellt, sodass insbes. bei einem Dividendenbezug aus einem Anteilsbesitz der OG zwischen 10 % und 15 % die erforderlichen Steuerfreistellungen (weiterhin) auf Ebene des OT durchzuführen sind. Hier verbleibt es bei einer Zurechnung des Bruttogewerbeertrags der OG an den OT. Dies führt bei der ohnehin sehr komplexen Regelung zu einer weiteren (unnötigen) differenzierten Behandlung der einzelnen Dividendenausschüttungen. 3. Aufwendungen in unmittelbarem Zusammenhang mit Gewinnanteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG

37

Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Gewinnanteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG stehen, werden durch den Verweis in § 7a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GewStG ebenfalls mit in die Sonderregelung einbezogen. Gemeint sind hiermit insbes. die von den OG gezahlten Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises der entsprechenden Anteile. Diese gewinnmindernd gebuchten Aufwendungen mindern gem. § 9 Nr. 2a Satz 3, Nr. 7 Satz 2 und Nr. 8 Satz 2 GewStG den Kürzungsbetrag und können uU zu einer Änderung des Hinzurechnungsbetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG (Hinzurechnung von Finanzierungsaufwendungen; vgl. Rz. 42) führen. Soweit entsprechende Aufwendungen nämlich den Kürzungsbetrag mindern, sind sie nicht mehr nach § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnen (§ 9 Nr. 2a Satz 3 Halbs. 2 GewStG; vgl. Rz. 43). 4. Entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG

38

Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 GewStG ist § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG entsprechend anzuwenden. § 15 KStG ist eine Sondervorschrift zur Ermittlung des Einkommens einer Organschaft. In Satz 1 Nr. 2 Satz 2 dieser Vorschrift wird gesetzlich festgeschrieben, dass die Steuerbefreiungsvorschriften des § 8b KStG und § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG erst bei der Ermittlung des Einkommens des OT anzuwenden sind, soweit in dem beim ihm zugerechneten Einkommen entsprechende Einnahmen und Ausgaben vorhanden sind. In der Literatur wird an dem Verweis auf § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG häufig Kritik geübt,1 da er materiell-rechtlich auf den OT abstellt. Dieser ist in § 7a Abs. 2 GewStG jedoch gerade nicht angesprochen, sodass auf Ebene der OG lediglich eine entsprechende Anwendung möglich ist. Dadurch werden die Vorschriften zur Ermittlung des Gewerbeertrags auf der Ebene der OG mit den Gewinn- bzw. Einkommensermittlungsvorschriften auf der Ebene des OT vermischt und eine entsprechend (unsystematische) Verlagerung der Befreiungsvorschriften des § 8b KStG, § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG zur Ermittlung eines Zurechnungsbetrags der OG an den OT herbeigeführt.

1 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 7a GewStG Rz. 5; Hesse/Frieburg, GmbH-StB 2016, 271; Benz/Böhmer, DB 2016, 1531; Prinz, GmbHR 2016, R289; Schnitger, IStR 2016, 637.

284

Leister

C. Ermittlung des Zurechnungsbetrags der Organgesellschaft (Abs. 2)

Rz. 43 § 7a

Durch die entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 bis 4 KStG wird zudem sicher- 39 gestellt, dass – entsprechend dem Zweck der Bruttomethode – die Rechtsform des OT Berücksichtigung findet. So bleibt für die Frage, ob § 8b KStG oder § 3 Nr. 40 iVm. § 3c Abs. 2 EStG anwendbar ist, auch unter der technischen Verlagerung des § 7a GewStG auf die OG, die Rechtsform des OT entscheidend. Ist der OT eine KapGes., bedeutet die entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG die volle Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG bei der OG. Zugleich kommt aber auch die sog. Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG zur Anwendung. Ist der OTeine natürliche Person, greift die quotale Steuerfreistellung (40 %) nach § 3 Nr. 40 EStG und zugleich die ebenfalls quotale Abzugsbeschränkung des § 3c Abs. 2 EStG für im Zusammenhang stehende Aufwendungen. Handelt es sich bei dem OT um eine Personengesellschaft, so findet § 8b Abs. 1 und 5 KStG insoweit Anwendung, wie der Mitunternehmeranteil anteilig mittelbar oder unmittelbar auf eine Körperschaft entfällt; iÜ greifen § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG. 5. Entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG Greifen die Ausschlussvorschriften des § 8b Abs. 7 (für Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitu- 40 te), Abs. 8 (für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen) sowie Abs. 10 KStG (Wertpapierleihen) für die OG, gelten die zuvor dargelegten Grundsätze nicht. Dies wird über die entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG auch iRd. § 7a GewStG sichergestellt. Eine Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 und 5 KStG kann damit in den og. Fällen nicht erfolgen. 6. Entsprechende Anwendung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG Mit der entsprechenden Anwendung von § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG wird sichergestellt, dass für 41 die Frage, ob bei der OG oder beim OT eine Schachtelbeteiligung iSd. § 8b Abs. 4 KStG vorliegt (10 %-Grenze), allein auf die Beteiligungsverhältnisse bei der OG abzustellen ist. Es wird dadurch jedoch nicht ausgeschlossen, dass die von einer OG unmittelbar gehaltene Beteiligung an einer KapGes. – wie bisher – zugleich als mittelbare Beteiligung bei der Berechnung der Beteiligungsquote des OT zu berücksichtigen ist.1

II. Neuberechnung des Hinzurechnungsbetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG (Abs. 2 Satz 2) Die Regelung des § 7a Abs. 2 Satz 2 GewStG verdeutlicht, dass der zur Ermittlung des Gewerbe- 42 ertrags der OG bisher angesetzte Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 1 unter Berücksichtigung der Korrekturbeträge nach § 7a Abs. 2 Satz 1 GewStG neu zu berechnen ist. Hierdurch wird sichergestellt, dass nur der Teil der Schuldzinsen der Hinzurechnung unterliegt, der nicht bereits nach § 9 Nr. 2a Satz 3 bzw. § 9 Nr. 7 Satz 2, Nr. 8 Satz 2 GewStG den Betrag der Kürzung gemindert hat. Seit dem EZ 2006 schreibt § 9 Nr. 2a Satz 3 GewStG (auf den in § 9 Nr. 7 Satz 2 und Nr. 8 Satz 2 Gew- 43 StG vollumfänglich verwiesen wird) vor, dass die in unmittelbarem Zusammenhang mit den dort genannten Dividenden stehenden Aufwendungen den Kürzungsbetrag mindern. Da entsprechende Beteiligungsaufwendungen somit bereits den Kürzungsbetrag reduzieren und sich insoweit wie eine Hinzurechnung auswirken, können diese Aufwendungen nicht nochmal nach § 8 Nr. 1 GewStG hinzugerechnet werden. Dies ordnet § 9 Nr. 2a Satz 3 Halbs. 2 GewSt folgerichtig ausdrücklich an. Die durch § 7a Abs. 2 Satz 1 angeordnete entsprechende Anwendung des § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewSt macht aus diesem Grund eine erneute Berechnung des § 8 Nr. 1 GewSt erforderlich, welche durch § 7a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 iVm. Satz 2 GewStG technisch umgesetzt wird. Die Regelung bezieht sich dabei ausschließlich auf die mit den Gewinnanteilen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Finanzierungsaufwendungen, soweit sie im Gewinn der OG berücksichtigt 1 R 9.3 Satz 1 GewStR 2009; H 9.3 „Mittelbare Beteiligung“ GewStH 2009; BFH v. 17.5.2000 – I R 31/99, BStBl. II 2001, 685 = FR 2001, 248; Regierungsbegründung in BT-Drucks. 18/9536, 59; so auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 7a GewStG Rz. 9; Gosch in Blümich, § 7a GewStG Rz. 24 (Stand: Juni 2017); Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewSt Rz. 26 (Stand: März 2017).

Leister

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§ 7a Rz. 44 Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft worden sind.1 Sonstige Beteiligungsaufwendungen und nicht direkt zurechenbare Einzelkosten, wie allgemeine Finanzierungskosten einer Holding, fallen nicht hierunter.2 44

Bei der Berechnung des Hinzurechnungsbetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG sind Beträge aus der unmittelbaren und der entsprechenden Anwendung des § 8 Nr. 1 GewStG voraussetzungslos zu saldieren. Das sodann einheitlich ermittelte Hinzurechnungsvolumen ist um den Freibetrag iHv. 100.000 Euro zu kürzen. Lediglich der übersteigende Betrag ist nach den allg. Vorschriften iHv. 1/4 hinzuzurechnen. Der originäre Hinzurechnungsbetrag auf Ebene des OT ist nicht betroffen.

D. Entsprechende Anwendung der Absätze 1 und 2 in Fällen des § 15 Satz 2 KStG (Abs. 3) 45

Die vorgenannten Grundsätze zu den Abs. 1 und 2 gelten nach § 7a Abs. 3 GewStG entsprechend in den Fällen des § 15 Satz 2 KStG, wenn eine Steuerbefreiung nach einem DBA-Schachtelprivileg vorliegt. Nach § 15 Satz 2 KStG ist § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG entsprechend anzuwenden, wenn sich bei den von der OG vereinnahmten ausländ. Dividenden eine Freistellung dem Grunde nach nicht nach § 8b KStG, sondern nach den Vorgaben eines DBA ergibt. § 7a Abs. 3 GewStG überträgt diese Grundsätze auf den Regelungsbereich des § 7a Abs. 1 GewStG. Dabei hat § 7a Abs. 3 GewStG idR nur eine klarstellende Wirkung, da bereits § 7a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewStG ausdrücklich Gewinne iSd. § 9 Nr. 8 GewStG beinhaltet.3

46

Ergibt sich die Freistellung der Gewinnanteile nicht aus § 8b Abs. 1 KStG, weil bspw. § 8b Abs. 7, 8, 10 oder 11 KStG selbige verhindern, sondern aus einer abkommensrechtlichen Schachtelprivilegierung, erlangt § 7a Abs. 3 GewStG jedoch konstitutive Bedeutung. Dies gilt auch in den Fällen, in denen ein DBA-Privileg von § 9 Nr. 8 GewStG tatbestandlich abweicht.4

1 So auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 7a GewStG Rz. 7. 2 Adrian, BB 2015, 1113; Prinz, GmbHR 2016, R289; Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewStG Rz. 24 (Stand: März 2017). 3 So auch Schnitger, IStR 2016, 644; daran angeschlossen Rupp, NWB 2015, 2930. 4 Gosch in Blümich, § 7a GewStG Rz. 35; aA Nöcker in Lenski/Steinberg, § 7a GewStG Rz. 34 (Stand: März 2017).

286

Leister

§ 7b Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung (1) Die §§ 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind vorbehaltlich der nachfolgenden Absätze bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden. (2) 1Der nach Anwendung des § 3a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes verbleibende geminderte Sanierungsertrag im Sinne des § 3a Absatz 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes mindert nacheinander 1. den negativen Gewerbeertrag des Sanierungsjahrs des zu sanierenden Unternehmens, 2. Fehlbeträge im Sinne des § 10a Satz 3 und 3. im Sanierungsjahr ungeachtet des § 10a Satz 2 die nach § 10a Satz 6 zum Ende des vorangegangenen Erhebungszeitraums gesondert festgestellten Fehlbeträge; die in § 10a Satz 1 und 2 genannten Beträge werden der Minderung entsprechend aufgebraucht. 2Ein nach Satz 1 verbleibender Sanierungsertrag mindert die Beträge nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 eines anderen Unternehmens, wenn dieses die erlassenen Schulden innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem Schuldenerlass auf das zu sanierende Unternehmen übertragen hat und soweit die entsprechenden Beträge zum Ablauf des Wirtschaftsjahrs der Übertragung bereits entstanden waren. 3Der verbleibende Sanierungsertrag nach Satz 2 ist zunächst um den Minderungsbetrag nach § 3a Absatz 3 Satz 2 Nummer 13 des Einkommensteuergesetzes zu kürzen. 4Bei der Minderung nach Satz 1 ist § 10a Satz 4 und 5 entsprechend anzuwenden. 5In Fällen des § 10a Satz 9 ist § 8 Absatz 9 Satz 9 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden. 6An den Feststellungen der vortragsfähigen Fehlbeträge nehmen nur die nach Anwendung der Sätze 1 und 2 verbleibenden Beträge teil. (3) 1In den Fällen des § 2 Absatz 2 Satz 2 ist § 15 Satz 1 Nummer 1a des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden. 2Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . . 1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 2

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

3

II. Nichtabziehbarkeit von Sanierungsaufwendungen (§ 3c Abs. 4 EStG) . . . . . . . . .

15

C. Minderung von gewerbesteuerlichen Verlusten und (gesondert festgestellten) Fehlbeträgen (Abs. 2) . . . . . . . . . . . .

18

4

I. Vorrangige Sonderregel zu § 3a Abs. 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

4 5

II. Bestimmung der Obergrenze („verbleibender geminderter Sanierungsertrag“) . . . .

19

. .

6

. . . . . .

6 6 8

III. Minderung eigener Gewerbeverluste und Fehlbeträge (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3, Satz 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

. . . . . .

11 11 12

IV. Minderung von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen anderer Unternehmen (Abs. 2 Sätze 2 und 3 iVm. Satz 1 Nr. 1 bis 3, Satz 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

B. Entsprechende Anwendung der §§ 3a, 3c Abs. 4 EStG (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . .

13

V. Verteilung der verbleibenden Fehlbeträge bei Mitunternehmerschaften (Abs. 2 Satz 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

I. Steuerfreiheit des Sanierungsertrags (§ 3a Abs. 1, 2 oder 5 Satz 1 EStG) . . . . . . . . .

13

VI. Betriebe gewerblicher Art und Eigengesellschaften der öffentlichen Hand mit Spartenrechnung (Abs. 2 Satz 5) . . . . . . . . .

24

Desens

287

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorherige Rechtslage unter Heranziehung des BMF-Sanierungserlasses . . . . . . . . . 2. Geltung des § 7b GewStG . . . . . . . . . . . IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zu § 7 GewStG . . . . . . . b) Verhältnis zu § 10a GewStG . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zu § 3a, § 3c Abs. 4 EStG . b) Verhältnis zu § 15 Satz 1 Nr. 1a KStG

§ 7b Rz. 1 Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung D. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 3) .

25

I. Minderung von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen beim Organträger (Abs. 3 iVm. § 15 Satz 1 Nr. 1a Sätze 1 und 2 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

II. Minderung von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen beim ehemaligen Organträger (Abs. 3 iVm. § 15 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

Literatur: Hageböke, Verfassungsrechtliche Kompetenzfragen bei der Gewerbesteuer – Kritische Anmerkungen zur Erweiterung des § 184 Abs. 2 Satz 1 AO durch das ZollKodexAnpG, FR 2015, 539; Hageböke/Hasbach, Gewerbesteuerliche Kompetenzfragen beim Sanierungserlass, DStR 2015, 1713; Hageböke/Hasbach, Nochmals: Zur gewerbesteuerlichen Zuständigkeit der Finanzbehörden beim Sanierungserlass, FR 2016, 1018; Desens, Die neue Besteuerung von Sanierungserträgen, FR 2017, 981; Desens, Anspruch auf Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns im Einzelfall, ZIP 2017, 645; Förster, Die Entscheidung des Großen Senats des BFH zum Sanierungserlass und ihre Folgen, FR 2017, 1002; Förster/Hechtner, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen gem. §§ 3a, 3c Abs. 4 EStG, DB 2017, 1536; Kahlert/Schmidt, Die neue Steuerfreiheit des Sanierungsertrags – Fragen und Antworten, DStR 2017, 1897; Kanzler, Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, Überblick zu den gesetzlichen Neuregelungen in § 3a und § 3c Abs. 4 EStG, NWB 2017, 2250; Möhlenbrock/Gragert, Reform der Besteuerung von Sanierungsgewinnen/ -erträgen, FR 2017, 994; Sedlitz, Das Ping-Pong um den Sanierungserlass, DStR 2017, 2785; Sistermann/Beutel, Unternehmenssanierungen nach der Grundsatzentscheidung des Großen Senats – Erste Gedanken zur gesetzlichen Neuregelung und zur Übergangsregelung des BMF v. 27.4.2017, DStR 2017, 1065; Suchanek/Schaaf/Hannweber, Interpersoneller Verlustuntergang gemäß der Neuregelung der Sanierungsgewinnbesteuerung, WPg 2017, 909; Uhländer, Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen in laufenden Verfahren, DB 2017, 1224; Weiss, Die gesetzliche Neuregelung des Sanierungssteuerrechts, StuB 2017, 581; Desens, BFH „kippt“ auch die BMF-Übergangsregelung zum Sanierungserlass für Altfälle, NZG 2018, 87; Hiller/Baschnagel, Besteuerung von Sanierungsgewinnen, DStZ 2018, 16; Kanzler, Die Reanimation des steuerfreien Sanierungsgewinns, FR 2018, 794; Weiss, Weiterhin Unsicherheit beim Übergang zum neuen Sanierungssteuerrecht, StuB 2018, 94.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1. Regelungsgegenstand 1 § 7b GewStG überträgt die Grundsätze der §§ 3a und 3c Abs. 4 EStG auf die Ermittlung des maß-

gebenden Gewerbeertrags. Ein Sanierungsertrag (§ 3a Abs. 1, 2, 5 Satz 1 EStG) ist nach dem (insoweit deklaratorischen, Rz. 13) § 7b Abs. 1 GewStG gewerbesteuerfrei und im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Sanierungsaufwendungen sind nicht abziehbar (§ 3c Abs. 4 EStG). Nach der Regelungstechnik bleiben Steuerfreiheit und Nichtabziehbarkeit unabhängig davon bestehen, ob im Sanierungsjahr ein negativer Gewerbeertrag (Gewerbeverlust) entsteht oder noch Fehlbeträge nach § 10a GewStG vorhanden sind.1 Erst durch die vorrangigen Sonderregelungen in § 7b Abs. 2, 3 GewStG sind Gewerbeverluste im Sanierungsjahr oder Fehlbeträge (§ 10a GewStG) in Abhängigkeit von der Höhe des steuerfreien Sanierungsertrags zu mindern (Rz. 18 ff.) und wirken sich verlustmindernd auf den laufenden Gewerbeertrag oder erhöhend auf zukünftige Gewerbeerträge aus. Wirtschaftlich betrachtet mindern vorhandene Gewerbeverluste oder Fehlbeträge so den Umfang des steuerfreien Sanierungsertrags. Rechtstechnisch sind beide Regelungskreise aber strikt zu trennen. 2. Regelungszweck 2 Zweck der Steuerfreistellung ist neben der Lösung des Zielkonflikts zwischen Insolvenz- und Steu-

errecht, der Herstellung von Planungssicherheit für Unternehmen in Sanierungsverfahren und der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Gläubiger vor allem, dass Unternehmen in Krisensituationen nach einem erfolgten Schuldenerlass nicht erneut in finanzielle Schwierigkeiten geraten.2 Um die Steuerbefreiung auf das „erforderliche Mindestmaß“ zu begrenzen und um „sach-

1 Desens, FR 2017, 981 (981, 986). 2 BT-Drucks. 18/12128, 31; Desens, FR 2017, 981.

288

Desens

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 5 § 7b

lich nicht gerechtfertigte Doppelbegünstigungen“ zu vermeiden,1 wird aber zugleich ein umfangreicher Untergang von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen (§ 10a GewStG) angeordnet. Dieser ist allerdings der Höhe nach auf den Steuervorteil begrenzt, der durch die Steuerfreistellung des Sanierungsertrags entsteht (§ 7b Abs. 2, 3 GewStG, Rz. 18 ff., Rz. 25 ff.).

II. Anwendungsbereich Der persönliche Anwendungsbereich enthält keine von § 2 GewStG abweichende Beschränkung und 3 erfasst daher jedes gewerbliche Unternehmen. Der sachliche Anwendungsbereich ist stets eröffnet, wenn im Gewinn iSd. § 7 Satz 1 GewStG ein steuerfreier Sanierungsertrag iSd. § 3a Abs. 1, 2 oder Abs. 5 Satz 2 EStG (ggf. über § 8 Abs. 1 KStG) enthalten ist.

III. Rechtsentwicklung 1. Vorherige Rechtslage unter Heranziehung des BMF-Sanierungserlasses Vor Schaffung des § 7b GewStG hat die FinVerw. Sanierungsgewinne im Wege eines Billigkeitserlasses 4 (§§ 163, 227 AO) unter Zugrundelegung der Vorgaben aus dem BMF-Sanierungserlass2 nicht zur Besteuerung herangezogen. Für den Großen Senat des BFH verstieß das gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG).3 Der BMF-Sanierungserlass, der die Voraussetzungen für einen Billigkeitserlass (§§ 163, 227 AO) regelte, hatte jedoch keine (verwaltungsinterne) Bindungswirkung für die GewSt. Vielmehr mussten die Gemeinden für die GewSt eine eigene Billigkeitsentscheidung (§§ 163, 227 AO) treffen.4 Auch die vom BMF nach dem Beschluss des Großen Senats angeordnete Weitergeltung des BMF-Sanierungserlasses für Altfälle5 bindet die Gemeinden nicht. Überdies hat der BFH auch diese Weitergeltung für Altfälle als einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) qualifiziert.6 Die FinVerw. reagierte erneut mit einem Nichtanwendungserlass.7 Im Gegensatz dazu schlägt die gesetzliche Regelung der Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne (§§ 3a, 3c Abs. 4 EStG) unter Berücksichtigung der Sonderregelungen in § 7b GewStG auch auf die GewSt durch,8 weil sie bereits die Festsetzungen im Gewerbesteuermessbescheid betrifft. 2. Geltung des § 7b GewStG § 7b GewStG stand zunächst unter einem beihilferechtlichen Genehmigungsvorbehalt und sollte 5 nach Art. 6 Abs. 2 des LizenzboxG9 erst an dem Tag in Kraft treten, an dem die EU-Kommission durch Beschl. feststellt, dass § 7b GewStG entweder keine staatliche Beihilfe iSd. Art. 107 Abs. 1 AEUV oder eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe ist. Dabei sollte der Tag des Beschl. der EU-Kommission sowie der Tag des Inkrafttretens vom BMF gesondert im BGBl. bekannt gemacht werden. Verfassungsrechtlich war dieses Vorgehen in der besonderen Konstellation nicht zu beanstanden. In atypischen

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Vgl. BT-Drucks. 18/12128, 31; Desens, FR 2017, 981. BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240. BFH v. 28.11.2016 – GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393 = FR 2017, 296; dazu Desens, ZIP 2017, 645. Später str. mit Blick auf § 184 Abs. 2 AO; dazu Hageböke, FR 2015, 539; Hageböke/Hasbach, DStR 2015, 1713; Hageböke/Hasbach, FR 2016, 108. BMF v. 27.4.2017 – IV C 6 - S 2140/13/10003 – DOK 2017/0322100, BStBl. I 2017, 741. BFH v. 23.8.2017 – I R 52/14, BStBl. II 2018, 232; v. 23.8.2017 – X R 38/15, BStBl. II 2018, 236 = FR 2018, 21 m. Anm. Kanzler; dazu Desens, NZG 2018, 87; Sedlitz, DStR 2017, 2785; Weiss, StuB 2018, 94. BMF v. 29.3.2018 – IV C 6 - S 2140/13/10003 – DOK 2018/0193836, BStBl. I 2018, 588; dagegen wiederum BFH v. 16.4.2018 – X B 13/18, DStR 2018, 1283; v. 8.5.2018 – VIII B 124/17, ZinsO 2018, 1511. Begrüßend mit Blick auf die Rechtssicherheit Förster, FR 2017, 1002 (1003); Sistermann/Beutel, DStR 2017, 1065 (1066 f.); Förster/Hechtner, DB 2017, 1536; Kahlert/Schmidt, DStR 2017, 1897 (1898); Hiller/Baschnagel, DStZ 2018, 16 (18). LizenzboxG v. 27.6.2017, BGBl. I 2017, 2074.

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§ 7b Rz. 6 Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung Fällen darf von Art. 82 Abs. 2 Satz 1 GG abgewichen werden, wonach jedes Gesetz den Tag des Inkrafttretens lediglich bestimmen soll.1 Jedoch hat die EU-Kommission einen solchen Beschl. nicht gefasst, sondern im Juli 2018 formlos in einem sog. „letter of comfort“ mitgeteilt, dass kein Verstoß gegen europäisches Beihilferecht (Art. 107 AEUV) vorliegt. Zwar ist ein „letter of comfort“ – abgesehen von der Bindungswirkung – mit einem formellen Beschl. vergleichbar. Gleichwohl ist die in Art. 6 Abs. 2 des LizenzboxG formulierte Bedingung damit nicht eingetreten.2 In der Folge soll daher Art. 6 Abs. 2 des LizenzboxG aufgehoben werden,3 sodass § 7b GewStG rückwirkend in Kraft tritt und nach § 36 Abs. 2c GewStG in allen Fällen anzuwenden ist, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8.2.2017 erlassen wurden. Zum Zeitpunkt der Drucklegung steht diese gesetzliche Änderung noch aus.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG a) Verhältnis zu § 7 GewStG 6 Im Verhältnis zu § 7 Satz 1 GewStG ist § 7b Abs. 1 GewStG hinsichtlich der Steuerfreiheit des Sanie-

rungsgewinns (§ 3a Abs. 1, 2, 5 Satz 1 EStG) und der Nichtabziehbarkeit der Sanierungsaufwendungen (§ 3c Abs. 4 EStG) bei der Gewinnermittlung deklaratorisch (Rz. 13, 15). 7 Ist ein Sanierungsertrag nach § 7b Abs. 1 GewStG steuerfrei, führt dies nach Maßgabe des § 7b Abs. 2

Satz 1 Nr. 1 GewStG (Rz. 20) dazu, dass ein negativer Gewerbeertrag (Gewerbeverlust) iSd. § 7 Satz 1 GewStG unberücksichtigt bleibt. b) Verhältnis zu § 10a GewStG 8 Der steuerfreie Sanierungsertrag mindert nach § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewStG die gesondert fest-

gestellten Fehlbeträge nach § 10a Satz 6 GewStG und braucht die in § 10a Sätze 1 und 2 GewStG genannten Beträge auf (Rz. 20). 9 Ist das zu sanierende Unternehmen eine Organgesellschaft, mindert ein steuerfreier Sanierungsertrag

nach Maßgabe des § 7b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GewStG auch einen „eingefrorenen“ Fehlbetrag für vororganschaftliche Verluste nach § 10a Satz 3 GewStG (Rz. 20). 10

Ist das zu sanierende Unternehmen eine Körperschaft, sind §§ 8c, 8d KStG über § 10a Satz 10 GewStG vorrangig vor § 7b GewStG anzuwenden.4 Vielmehr ist § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewStG entsprechend § 8c Abs. 2 KStG bzw. § 8d Abs. 1 Satz 9 iVm. § 8 KStG iVm. § 10a Satz 10 GewStG erst auf verbleibende nicht genutzte Fehlbeträge anzuwenden, die sich nach Anwendung des § 8c Abs. 1 bzw. des § 8d Abs. 1 KStG ergeben. 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG a) Verhältnis zu § 3a, § 3c Abs. 4 EStG

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§ 7b GewStG überträgt die Grundsätze der §§ 3a, 3c Abs. 4 EStG auf die Ermittlung des maßgeblichen Gewerbeertrags, enthält aber vorrangige Sonderregelungen in § 7b Abs. 2, 3 GewStG (Rz. 18 ff., 25 ff.).

1 So auch Kanzler, FR 2018, 794; vgl. bereits BVerfG v. 8.7.1976 – 1 BvL 19/75 ua., BVerfGE 42, 263; aA P. Kirchhof in Kirchhof17, § 3a EStG Rz. 6. 2 Kanzler, FR 2018, 794. 3 Stellungnahme des BR zum Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (ursprünglich JStG 2018), v. 21.9.2018, BR-Drucks. 372/18, 37. 4 BT-Drucks. 18/12128, 34, unmittelbar zu § 8c Abs. 2 und § 8d Abs. 1 Satz 9 KStG.

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Desens

B. Entsprechende Anwendung der §§ 3a, 3c Abs. 4 EStG (Abs. 1)

Rz. 14 § 7b

b) Verhältnis zu § 15 Satz 1 Nr. 1a KStG Ist das zu sanierende Unternehmen eine Organgesellschaft, gilt über § 7b Abs. 3 GewStG § 15 Satz 1 12 Nr. 1a KStG entsprechend für den Organträger mit der Folge, dass beim Organträger selbst Gewerbeverluste oder Fehlbeträge (§ 10a GewStG) gemindert werden können (Rz. 25).

B. Entsprechende Anwendung der §§ 3a, 3c Abs. 4 EStG (Abs. 1) I. Steuerfreiheit des Sanierungsertrags (§ 3a Abs. 1, 2 oder 5 Satz 1 EStG) § 7b Abs. 1 GewStG erklärt § 3a EStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags für entsprechend an- 13 wendbar. Die Regelung ist deklaratorisch, soweit in § 3a EStG Gewinnermittlungsvorschriften enthalten sind, die sich bereits bei der Ermittlung des Gewinns iSd. § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG auswirken.1 Das betrifft die außerbilanzielle Steuerfreistellung des Sanierungsertrags für unternehmensbezogene Sanierungen (§ 3a Abs. 1, 2 EStG) und grds. auch für bestimmte unternehmerbezogene Sanierungen (§ 3a Abs. 5 Satz 1 EStG). Konkret stellt § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke der unternehmensbezogenen Sanierung, also einen sog. Sanierungsertrag, steuerfrei. Während Betriebsvermögensmehrungen Erträge bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG) bezeichnen, beziehen sich die Betriebseinnahmen auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Der Schuldenerlass kann ua. im Insolvenzplanverfahren (§§ 217 ff. InsO), Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB)2 oder negativen Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB) erfolgen.3 Ein Verzicht gegen Besserungsschein ist ebenfalls ein Schuldenerlass iSd. § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG (arg. e § 3c Abs. 4 Satz 3 EStG). Unseres Erachtens liegt ein Schuldenerlass auch vor, wenn der Schuldner die Forderung vom Gläubiger zu einem Preis unter dem Nennwert zurückkauft (sog. Debt-Buy-Back) und deshalb ein Ertrag iHd. Differenz zwischen Nennwert und Kaufpreis besteht.4 Gleiches gilt uE, soweit bei einem sog. Debt-to-Equity-Swap mit dem Erlöschen der Verbindlichkeit (aus einer nicht mehr werthaltigen Forderung) ein Ertrag entsteht.5 Unseres Erachtens kann auch ein Rangrücktritt, bei dem die Verpflichtung nur noch aus künftigen Gewinnen zu bedienen und die Verbindlichkeit deswegen gewinnwirksam auszubuchen ist,6 als ein Schuldenerlass anzusehen sein.7 Ob der Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung erfolgt, bestimmt die Legaldefinition in § 3a Abs. 2 EStG, die auf den bisherigen Vorgaben des BMF-Sanierungserlasses8 und der bisherigen Rspr. des RFH und BFH9 beruht. Demnach liegt eine unternehmensbezogene Sanierung vor, „wenn der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist“.10 Nicht anzuwenden sind dagegen § 3a Abs. 3, 4, 5 Satz 2 EStG. Bei § 3 Abs. 3, 5 Satz 2 EStG, die den 14 Untergang oder die Minderung von Steuerminderungspositionen betreffen, ergibt sich das aus dem Vorbehalt in § 7b Abs. 1 Satz 1 GewStG („vorbehaltlich der nachfolgenden Absätze“). § 7b Abs. 2 1 2 3 4 5

6 7 8 9 10

BT-Drucks. 18/12128, 35; Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 10. BFH v. 14.10.1987 – I R 381/83, BFH/NV 1989, 141. BT-Drucks. 18/12128, 30. Ebenso Desens, FR 2017, 981 (983); iErg. auch Kanzler, NWB 2017, 2260 (2264); Förster/Hechtner, DB 2017, 1536; Sistermann/Beutel, DStR 2017, 1065 (1066). Ebenso OFD Frankfurt v. 10.5.2017 – S 2140 A - 4 - St 212, juris „Gewinne aus Debt-to-Equity-Swap-Gestaltungen“; Desens, FR 2017, 981 (983); Sistermann/Beutel, DStR 2017, 1065 (1066); Förster/Hechtner, DB 2017, 1536 (1538 f.); Kahlert/Schmidt, DStR 2017, 1897 (1900); Krumm in Blümich, § 3a EStG Rz. 20; Levedag in Schmidt37, § 3a EStG Rz. 16. Vgl. BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = FR 2012, 582; v. 15.4.2015 – I R 44/14, BStBl. II 2015, 769 = FR 2015, 995. Ebenso Desens, FR 2017, 981 (983); Förster/Hechtner, DB 2017, 1536 (1539); Kahlert/Schmidt, DStR 2017, 1897 (1899); Krumm in Blümich, § 3a EStG Rz. 20; Levedag in Schmidt37, § 3a EStG Rz. 15. BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240 Rz. 4. Vgl. den Überblick bei BFH v. 28.11.2016 – GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393 = FR 2017, 296 Rz. 61. Vgl. die Aufarbeitung der einzelnen Voraussetzungen bei Kanzler, NWB 2017, 2260 (2264).

Desens

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§ 7b Rz. 15 Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung GewStG enthält für die Minderung von Gewerbeverlusten und von Fehlbeträgen nach § 10a GewStG eine vorrangige Sonderregelung (Rz. 18 ff.). Insoweit wirkt § 7b GewStG konstitutiv. § 3a Abs. 4 EStG betrifft die für die GewSt nicht relevante gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a oder b AO.

II. Nichtabziehbarkeit von Sanierungsaufwendungen (§ 3c Abs. 4 EStG) 15

§ 7b Abs. 1 GewStG erklärt § 3c Abs. 4 EStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags für entsprechend anwendbar. Nach § 3c Abs. 4 Satz 1 EStG sind Sanierungsaufwendungen unabhängig davon, in welchem VZ sie anfallen, nicht abziehbar, wenn sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Sanierungserträgen stehen. Die in § 3c Abs. 4 Satz 1 EStG gesetzlich verwendeten Begriffe entsprechen den in § 3c Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 EStG verwendeten Begriffen1 und sind auch so zu verstehen.2 Die Sanierungsaufwendungen (Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben) müssen also nach ihrer Entstehung und Zweckbestimmung durch dasselbe Ereignis veranlasst sein wie die Sanierungserträge, also letztlich durch den Schuldenerlass, der zu steuerfreien Sanierungserträgen geführt hat.3 Nach der insoweit zutreffenden Gesetzesbegründung4 gehören zu den Sanierungsaufwendungen zunächst alle Aufwendungen, die unmittelbar der Erlangung von Sanierungsbeiträgen der Gläubiger dienen, etwa Kosten für den Sanierungsplan und die Sanierungsberatung. Sanierungskosten, die zur Erlangung des Schuldenerlasses anfallen, können zudem Ausgaben für ein Vergleichsverfahren (insbes. für den Vergleichsverwalter), einen Treuhänder oder einen Sachverständigen sein.5 Die Regelung in § 7b Abs. 1 GewStG ist deklaratorisch, soweit in § 3c Abs. 4 EStG Gewinnermittlungsvorschriften enthalten sind, die sich bereits bei der Ermittlung des Gewinns iSd. § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG auswirken.6 Das betrifft den Grundtatbestand des Abzugsverbots (§ 3c Abs. 4 Satz 1 EStG) sowie die ausdrückliche Einbeziehung von Aufwendungen iZm. Besserungsscheinen und vergleichbaren Aufwendungen (§ 3c Abs. 4 Satz 3 EStG).7

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Konstitutiv wirkt die entsprechende Anwendung des § 3c Abs. 4 EStG jedoch bei dessen Satz 2. Für die Zwecke der ESt/KSt gilt das Abzugsverbot (§ 3c Abs. 4 Satz 1 EStG) nach § 3c Abs. 4 Satz 2 EStG nicht, soweit vorweggenommene Sanierungsaufwendungen bereits zur Erhöhung von Verlustvorträgen geführt haben, die nach den Regelungen des § 3a Abs. 3 EStG entfallen. Bei der Gewerbesteuer kommt es wegen der entsprechenden Anwendung insoweit auf die Fehlbeträge iSd. § 10a GewStG an, die nach § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewStG entfallen (Rz. 18 ff.). Soweit demnach ein Sanierungsaufwand, der bereits vor dem Sanierungsjahr berücksichtigt wurde, in diesem Vorjahr zu einer Erhöhung des Fehlbetrags nach § 10a GewStG geführt hat, ist der Gewerbesteuermessbescheid aus dem Vorjahr nicht zu ändern und stattdessen im Sanierungsjahr der Fehlbetrag nach § 10a GewStG nach Maßgabe des § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewStG zu mindern. Hat der vorweggenommene Sanierungsaufwand aus dem Vorjahr den Fehlbetrag (§ 10a GewStG) dagegen nicht erhöht, ist der Gewerbesteuermessbescheid nach Maßgabe des § 7b Abs. 1 GewStG iVm. § 3c Abs. 4 Satz 5 EStG unter Berücksichtigung der Sonderregel für die Festsetzungsfrist (§ 3c Abs. 4 Satz 6 EStG) zu ändern. § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG ist demnach vorrangig vor der Korrekturnorm (§ 3c Abs. 2 Satz 5 EStG) anzuwenden8 und dient insoweit der Vereinfachung9 und zur Vermeidung einer Doppelbelastung.10

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Ebenfalls konstitutiv wirkt die entsprechende Anwendung des § 3c Abs. 4 EStG bei dessen Satz 4. Dort wird das Abzugsverbot für nachträgliche Sanierungsaufwendungen, die in einem sich dem Sanierungsjahr anschließenden VZ anfallen, höhenmäßig begrenzt. Während bei der EStG/KStG für die 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

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Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. 36 ff., 51; Levedag in Schmidt37, § 3c EStG Rz. 26. Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. J 17-6, J 17-7. Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. J 17-7. BT-Drucks. 18/12128, 33. Desens, FR 2017, 981 (984); Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. J 17-7; Kanzler, NWB 2017, 2260 (2273); Uhländer, DB 2017, 1224; Levedag in Schmidt37, § 3c EStG Rz. 26. BT-Drucks. 18/12128, 35. Dazu Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. J 17-12 ff. Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. J 17-10; Sistermann/Beutel, DStR 2017, 1065 (1069). Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. J 17-10; Möhlenbock/Gragert, FR 2017, 994 (997). Desens, FR 2017, 981 (985); Weiss, StuB 2017, 581 (585).

Desens

C. Minderung von gewerbesteuerlichen Verlusten/Fehlbeträgen (Abs. 2)

Rz. 20 § 7b

Bestimmung der Obergrenze ein verbleibender Sanierungsertrag nach § 3a Abs. 3 Satz 4 EStG maßgeblich ist,1 führt die entsprechende Anwendung bei der Gewerbesteuer dazu, dass zur Bestimmung der Obergrenze auf den verbleibenden Sanierungsertrag abzustellen ist, der sich aus der Anwendung aller zuvor durchgeführten Minderungen von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen aus § 7b Abs. 2 und 3 GewStG (Rz. 18 ff., 25 ff.) ergibt.

C. Minderung von gewerbesteuerlichen Verlusten und (gesondert festgestellten) Fehlbeträgen (Abs. 2) I. Vorrangige Sonderregel zu § 3a Abs. 3 EStG § 7 Abs. 2 GewStG enthält im Falle der Steuerfreiheit des Sanierungsertrags nach § 7 Abs. 1 GewStG 18 iVm. § 3a Abs. 1, 2 oder 5 Satz 2 EStG (Rz. 13) eine eigenständige Regelung zur Minderung von gewerbesteuerlichen Verlusten und (gesondert festgestellten) Fehlbeträgen (vorrangige Sonderregelung zu § 3a Abs. 3 EStG, Rz. 14).

II. Bestimmung der Obergrenze („verbleibender geminderter Sanierungsertrag“) Nach § 7b Abs. 2 Satz 1 GewStG ist zunächst die Obergrenze zu bestimmen, die anzeigt, in welchem 19 Gesamtumfang Gewerbeverluste und Fehlbeträge gemindert werden müssen bzw. untergehen. Zur Bestimmung dieser Obergrenze knüpft das Gesetz an den „verbleibenden geminderten Sanierungsertrag“ an. Ausgangsgröße für dessen Ermittlung ist der geminderte Sanierungsertrag iSd. § 3a Abs. 3 Satz 1 EStG.2 Dieser ergibt sich wiederum aus dem steuerfreien Sanierungsertrag iSd. § 7b Abs. 1 GewStG iVm. § 3a Abs. 1, 2 oder 5 Satz 1 EStG, der um die nach § 3c Abs. 4 EStG nicht abziehbaren Aufwendungen aus den VZ vor dem Sanierungsjahr und im Sanierungsjahr zu mindern ist. In einem weiteren Schritt ist der geminderte Sanierungsbetrag noch um etwaige Minderungen nach § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG zu reduzieren, also um etwaige Minderungen des auf 14 Jahre gestreckt abziehbaren Aufwands zu kürzen, der infolge einer Verpflichtungsübertragung (§ 4f EStG) entstanden ist. Durch diese weitere Reduzierung der Obergrenze wird eine Gleichbehandlung zum EStG/KStG gewährleistet.3

III. Minderung eigener Gewerbeverluste und Fehlbeträge (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3, Satz 6) Die Kehrseite der Steuerfreiheit von Sanierungserträgen ist, dass zugleich Gewerbeverluste und Fehl- 20 beträge gemindert werden. § 7b Abs. 2 Satz 1 GewStG legt mit den Nr. 1 bis 3 GewStG zunächst die Reihenfolge („nacheinander“) fest, nach der die dort aufgeführten eigenen Gewerbeverluste und Fehlbeträge bis zum Erreichen der Obergrenze zu mindern sind. Nach § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewStG ist zunächst ein etwaiger laufender negativer Gewerbeertrag (Gewerbeverlust) im Sanierungsjahr des zu sanierenden Unternehmens zu mindern. Besteht eine Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) und ist das zu sanierende Unternehmen eine Organgesellschaft, sind nach § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GewStG im zweiten Schritt etwaige „eingefrorene“ vororganschaftliche Fehlbeträge der Organgesellschaft (§ 10a Satz 3 GewStG) zu mindern (ebenso § 15 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG für die KSt-Organschaft). Zuletzt werden nach § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewStG gesondert festgestellte gewerbesteuerliche Fehlbeträge (§ 10a Satz 6 GewStG) „ungeachtet des § 10a Satz 2“ GewStG nach § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewStG gemindert. Gemeint ist damit laut Gesetzesbegründung „ohne Berücksichtigung der Mindestbesteuerung“.4 Da sich die Grenzen der Mindestbesteuerung aber nicht allein 1 2 3 4

Dazu Desens in H/H/R, § 3c EStG Anm. J 17-15 f. BT-Drucks. 18/12128, 35. Zutreffend BT-Drucks. 18/12128, 35. BT-Drucks. 18/12128, 36.

Desens

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§ 7b Rz. 21 Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung aus § 10a Satz 2 GewStG (Abzug von 60 % über 1 Mio. Euro), sondern auch aus § 10a Satz 1 GewStG (Abzug bis 1 Mio. Euro) ergeben, wäre die Mindestbesteuerung bei wortlautgetreuer Auslegung sogar noch strenger zu fassen (Abzug bei 1 Mio. Euro, über 1 Mio. Euro kein Abzug). Insoweit ist der Wortlaut missglückt.1 Da das wortlautgetreue Ergebnis jedoch grob sinnwidrig wäre, ist die Regelung so wie in der Gesetzesbegründung, also gänzlich ohne Berücksichtigung der Mindestbesteuerung zu verstehen. Das wird systematisch auch durch die Parallelvorschrift in § 3a Abs. 3 Satz 3 Nr. 10 EStG bestätigt, in der die Mindestbesteuerung ebenfalls gänzlich ausgeschlossen wird. § 7b Abs. 2 Satz 6 GewStG stellt – entsprechend § 3a Abs. 3 Satz 5 EStG – klar, dass die Minderungsbeträge aus der Anwendung von § 7b Abs. 2 Satz 1 GewStG bei der Feststellung der vortragsfähigen Fehlbeträge nach § 10a GewStG ausscheiden.

IV. Minderung von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen anderer Unternehmen (Abs. 2 Sätze 2 und 3 iVm. Satz 1 Nr. 1 bis 3, Satz 6) 21

Verbleibt nach der Minderung der eigenen Gewerbeverluste und Fehlbeträge (Satz 1) noch ein geminderter Sanierungsertrag (kein „Verbrauch“ bis zur Obergrenze), können nach § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG auch Verluste und Fehlbeträge eines anderen Unternehmens gemindert werden. Dafür ist der verbleibende geminderte Sanierungsertrag (Obergrenze) zunächst um den Minderungsbetrag nach § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 13 EStG zu reduzieren, also um einen zum Ende des Vorjahres festgestellten und im Sanierungsjahr entstehenden Zinsvortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 5 EStG) oder EBITDA-Vortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 3 EStG) (§ 7b Abs. 2 Satz 3 GewStG). Auch insoweit wird eine Gleichbehandlung zum EStG oder KStG gewährleistet.2 Der Wortlaut des § 7b Abs. 2 Satz 3 GewStG enthält dabei jedoch eine Unschärfe, soweit dort auf den „verbleibenden Sanierungsertrag nach Satz 2“ abgestellt wird. Damit kann nicht der Sanierungsertrag gemeint sein, der nach der Anwendung des § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG besteht, weil die Minderung nach § 7b Abs. 2 Satz 3 GewStG gerade vorrangig („zunächst“) vorgenommen werden soll. Gemeint sein kann daher nur der in § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG verwendete Begriff des „geminderten Sanierungsertrags“, der dort als Ausgangsgröße dient. Das ist aber genau genommen „ein nach Satz 1 verbleibender Sanierungsertrag“ (Wortlaut des § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG). Genau diese Kennzahl ist also gemeint, wenn § 7b Abs. 2 Satz 3 GewStG auf den „verbleibenden Sanierungsertrag nach Satz 2“ verweist.3

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§ 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG enthält dann eine eigenständige Regelung für einen interpersonellen Verlustuntergang für die GewSt.4 Schädlich ist eine Übertragung von Schulden auf das zu sanierende Unternehmen durch ein anderes Unternehmen innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Schuldenerlass, wobei diese Frist mangels abweichender Sonderregelung datumsgenau nach Zeitjahren zu bestimmen ist (§ 108 Abs. 1 AO iVm. 188 Abs. 2 BGB).5 Nach dem Wortlaut wird einschränkend eine Identität zwischen übertragenden und erlassenen Schulden verlangt („die erlassenen Schulden […] übertragen hat“).6 Nach Sinn und Zweck besteht eine solche Identität noch fort, wenn im Rahmen einer Umschuldung eine neue Verbindlichkeit wirtschaftlich an die Stelle der übertragenen Verbindlichkeit tritt.7 Bei Neuschulden, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den (ggf. getilgten) übertragenen Schulden stehen, fehlt aber die geforderte Identität. Diese Abgrenzung wird sich aufgrund des weichen Abgrenzungskriteriums („wirtschaftlicher Zusammenhang“) als streitanfällig erweisen.8 Unseres Erachtens lässt sich ein wirtschaftlicher Zusammenhang verneinen, soweit Neuschulden für Neuinvestitionen und laufende Gewinne für die Tilgung der Altschulden verwendet werden. Erfolgt die Verwendung genau andersherum, reicht für eine Verneinung des wirtschaftlichen

1 Ebenso Güroff in Glanegger/Güroff9, Anlage zu § 7b GewStG Rz. 17; Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 20. 2 Zutreffend BT-Drucks. 18/12128, 36. 3 IErg. ebenso Güroff in Glanegger/Güroff9, Anlage zu § 7b GewStG Rz. 18; Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 25. 4 Desens, FR 2017, 981 (990). 5 Güroff in Glanegger/Güroff9, Anlage zu § 7b GewStG Rz. 18; Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 24. 6 Desens, FR 2017, 981 (989); Suchanek/Schaaf/Hannweber, WPg 2017, 909 (914). 7 BT-Drucks. 18/12128, 32. 8 Desens, FR 2017, 981 (990); Suchanek/Schaaf/Hannweber, WPg 2017, 909 (914).

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Desens

C. Minderung von gewerbesteuerlichen Verlusten/Fehlbeträgen (Abs. 2)

Rz. 22 § 7b

Zusammenhangs uE der Nachweis aus, dass die laufenden Gewinne ausgereicht hätten, um diese zur Tilgung der Altschulden zu verwenden. Letztlich ist der wirtschaftliche Zusammenhang daher uE zu verneinen, wenn die Altschulden tatsächlich getilgt wurden und die laufenden Gewinne, die zwischen Übertragung und Schuldenerlass entstanden sind, zur Tilgung der Altschulden ausgereicht hätten. Zudem wird in § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG die Höhe der Minderung beim anderen Unternehmen auf die Gewerbeverluste und Fehlbeträge beschränkt, die beim anderen Unternehmen bereits am Ende des Wj. der Übertragung bestanden haben. Aus dieser höhenmäßigen Beschränkung („soweit die entsprechenden Beträge zum Ablauf des Wirtschaftsjahrs der Übertragung bereits entstanden waren“) lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass rückwirkend der Fehlbetrag nach § 10a GewStG untergeht, der zum Abschluss des Wj. der Übertragung bestanden hat.1 Maßgeblich ist auch beim anderen Unternehmen der Zeitpunkt, in dem der Sanierungsgewinn entsteht. Sind die Verluste oder Fehlbeträge (§ 10a GewStG) des anderen Unternehmens zu diesem Zeitpunkt geringer als zum Abschluss des Wj. der Übertragung, können höchstens die im Sanierungsjahr noch vorhandenen Gewerbeverluste und Fehlbeträge untergehen. Durchaus problematisch ist, dass nach dem Gesetzeswortlaut gerade keine nahestehende Person vorausgesetzt wird, sondern schlicht ein anderes Unternehmen. Auch eine Übertragung von Schulden auf einen fremden Dritten kann daher innerhalb der Fünfjahresfrist noch einen Untergang von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen beim übertragenden („anderen“) Unternehmen nach sich ziehen. Aus der Gesetzesbegründung2 ergibt sich insoweit keine Einschränkung. Nach dieser soll der geminderte Sanierungsertrag „entsprechend den Grundsätzen des § 3a Abs. 3 Satz 3 EStG in den der Sanierung vorangegangenen ‚Umwandlungsfällen‘ bei dem hiernach maßgebenden anderen Gewerbebetrieb mit dessen gewerbesteuerspezifischen Verlustvorträgen zu verrechnen“ sein. Zwar verlangt § 3a Abs. 3 Satz 3 EStG gerade eine Übertragung durch eine nahestehende Person. Aus der vermeintlichen „Entsprechung“ kann aber nicht gefolgert werden, dass ein „anderes Unternehmen“ iSd. § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG nur ein „nahestehender“ anderer Gewerbebetrieb sein kann.3 Vielmehr ist das Gegenteil der Fall.4 Denn die Abweichung im Vergleich zum Wortlaut des § 3a Abs. 3 Satz 3 EStG ist eindeutig. § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG stellt insoweit eine abschließende Sonderregel dar. Selbst die Gesetzesbegründung besagt, dass eine Übertragung von einem „anderen Gewerbebetrieb“ ausreicht.5 Soweit die Gesetzesbegründung auf vorangegangene „Umwandlungsfälle“ abstellt, spiegelt sich eine entsprechende Beschränkung nicht im Wortlaut wider und ist mit Bezug auf die Gesetzesbegründung zu § 3a Abs. 3 Satz 3 EStG6 nur beispielhaft zu verstehen. Beispiel: Die A-GmbH hält in ihrem Betriebsvermögen ein Grundstück, auf das Schulden iHv. 5 Mio. Euro anfallen. Der Fehlbetrag (§ 10a GewStG) der A-GmbH beträgt 4 Mio. Euro. Ende des Jahres 01 veräußert die A-GmbH das Grundstück (einschließlich der Schulden iHv. 5 Mio. Euro) an einen fremden Dritten, nämlich an die S-GmbH. Im Jahr 04 erwirkt die S-GmbH einen Schuldenerlass iHv. 10 Mio. Euro, der nach § 7 Abs. 1 GewStG iVm. § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG gewerbesteuerfrei ist. Zu diesem Zeitpunkt hat die S-GmbH einen Zinsvortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 5 EStG) iHv. 1 Mio. Euro und einen Fehlbetrag (§ 10a GewStG) iHv. 2 Mio. Euro. Die A-GmbH hat noch einen Fehlbetrag (§ 10a GewStG) iHv. 3 Mio. Euro. Lösung: Im Beispiel geht vorrangig der Fehlbetrag nach § 10a GewStG (2 Mio. Euro) der S-GmbH unter (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewStG), sodass für Zwecke des § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG grds. ein Sanierungsertrag von 8 Mio. Euro verbleibt. Dieser verbleibende Sanierungsertrag ist gem. § 7b Abs. 2 Satz 3 GewStG zunächst um den Minderungsbetrag nach § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 13 EStG zu reduzieren, also um den Untergang des Zinsvortrags (§ 4h Abs. 1 Satz 5 EStG) iHv. 1 Mio. Euro zu kürzen, sodass die Obergrenze für den Untergang von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen bei der A-GmbH grds. bei 7 Mio. Euro liegt. Jedoch verlangt § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG eine Identität der übertragenen und der erlassenen Schulden, sodass maximal ein Fehlbetrag nach § 10a GewStG iHv. 5 Mio. Euro bei der A-GmbH untergehen kann. Überdies ist der Untergang des Fehlbetrags auf das Steuerminderungspotenzial begrenzt, das bei der A-GmbH zum Ende des VZ 01 bestand (hier: Fehlbetrag nach § 10a GewStG iHv. 4 Mio. Euro). Jedoch sind auch bei der A-GmbH die Verhältnisse im Sanierungsjahr 04 maßgebend, sodass allein der im Jahr 04 noch vorhandene Fehlbetrag iHv. 3 Mio. Euro bei der A-GmbH untergeht.

1 So aber Suchanek/Schaaf/Hannweber, WPg 2017, 909 (911); ebenso (ohne Begründung) Sistermann/Beutel, DStR 2017, 1065 (1069). 2 BT-Drucks. 18/12128, 36. 3 Suchanek/Schaaf/Hannweber, WPg 2017, 909 (913); Krumm in Blümich, § 3a EStG Rz. 51. 4 Desens, FR 2017, 981 (990 f.). 5 BT-Drucks. 18/12128, 36. 6 BT-Drucks. 18/12128, 32.

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§ 7b Rz. 23 Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung Kritik. Begreift man § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG als eine Missbrauchsbekämpfungsvorschrift,1 hat die Norm eine überschießende Tendenz, weil sie nicht auf Übertragungen zwischen sich nahestehenden Personen beschränkt ist.2 Sie ist daher nicht sachgerecht ausgestaltet und deshalb auch verfassungsrechtlich (Art. 3 Abs. 1 GG) bedenklich.3 Es bleibt daher abzuwarten, ob die Verwaltung die Norm durch ein BMF-Schreiben einschränkend auslegen oder sogar aus Billigkeitsgründen einschränken wird. Auch wenn das iErg. aus Sicht der StPfl. zu begrüßen wäre, wäre dieser Weg mit Blick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) bedenklich.4 Überdies entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, eine Norm aus Billigkeitsgründen einschränkend auszulegen, die gerade als Reaktion auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.20165 entstanden ist. Denn dort hat der Große Senat des BFH bekanntlich eine abstrakt-generelle Billigkeitsmaßnahme, namentlich den BMF-Sanierungserlass, als einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) angesehen. Daher wäre es zuvörderst eine Aufgabe des Gesetzgebers, den Anwendungsbereich in § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG auf „nahestehende“ Unternehmen zu beschränken. Gerade die Wertungsoffenheit des auch in § 3a Abs. 3 Satz 3 EStG verwendeten Begriffs des sich „Nahestehens“ lässt hinreichend Spielraum, um im Einzelfall potenzielle Missbrauchsfälle zu erfassen.6

V. Verteilung der verbleibenden Fehlbeträge bei Mitunternehmerschaften (Abs. 2 Satz 4) 23

§ 7b Abs. 2 Satz 4 GewStG bestimmt, dass für die Zurechnung der nach der Minderung nach § 7b Abs. 2 Satz 1 GewStG verbleibenden Fehlbeträge in Fällen einer Mitunternehmerschaft der Gewinnverteilungsschlüssel nach § 10a Sätze 4 und 5 GewStG maßgeblich ist. Für die Minderung erfolgt demnach eine streng mitunternehmerbezogene Berechnung.7

VI. Betriebe gewerblicher Art und Eigengesellschaften der öffentlichen Hand mit Spartenrechnung (Abs. 2 Satz 5) 24

Nach § 7b Abs. 2 Satz 5 GewStG ist § 8 Abs. 9 Satz 9 KStG in Fällen des § 10a Satz 9 GewStG entsprechend anzuwenden. Was damit genau gemeint ist, ist unklar. Nach der Gesetzesbegründung sollen die sich aus den „Änderungen in § 8 Abs. 8 und 9 KStG ergebenden Folgen“ auf die Fehlbeträge nach § 10a GewStG entsprechend anwendbar sein.8 Nach dem (wohl missglückten) Wortlaut des § 7b Abs. 2 Satz 5 GewStG kommt es dagegen in der Rechtsfolge nur zur entsprechenden Anwendung von § 8 Abs. 9 Satz 9 KStG (= Änderung in § 8 Abs. 9 KStG), aber nicht auch zur entsprechenden Anwendung des § 8 Abs. 8 Satz 6 KStG (= Änderung in § 8 Abs. 8 KStG). So gesehen führt ein steuerfreier Sanierungsertrag demnach nicht dazu, dass entsprechend § 8 Abs. 8 Satz 6 KStG ein Fehlbetrag (§ 10a GewStG) gemindert wird, der nach einer Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (§ 4 Abs. 6 KStG) deswegen „eingefroren“ wurde, weil er bereits vor dem Zusammenschluss entstanden ist (§ 8 Abs. 8 Satz 2 KStG). Vielmehr bezieht sich die Regelung („Fälle des § 10a Satz 9 GewStG“) allein auf die Fehlbeträge der jeweiligen Sparten von Kapitalgesellschaften, die von der öffentlichen Hand beherrscht und deren Dauerverluste von ihr getragen werden (vgl. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2, Abs. 8 KStG). Hier dürfte die über § 8 Abs. 9 Satz 9 KStG angeordnete entsprechende Anwendung bewirken, dass im Falle eines Sanierungsertrags in der sanierungsbedürftigen Sparte nicht nur der Fehlbetrag (§ 10a GewStG) der sanierungsbedürftigen Sparte, sondern auch die Fehlbeträge (§ 10a GewStG) der übrigen Sparten zu mindern sind (entsprechende Anwendung des § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 10 EStG auf 1 So BT-Drucks. 18/12128, 32 zur Parallelvorschrift in § 3a Abs. 3 Satz 3 EStG. 2 Desens, FR 2017, 981 (991); in diesem Sinne auch Suchanek/Schaaf/Hannweber, WPg 2017, 909 (911); unkrit. dagegen Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 24. 3 Desens, FR 2017, 981 (991). 4 Desens, FR 2017, 981 (991). 5 BFH v. 28.11.2016 – GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393 = FR 2017, 296. 6 Desens, FR 2017, 981 (991). 7 Ebenso Güroff in Glanegger/Güroff9, Anlage zu § 7b GewStG Rz. 19; Drüen in Blümich, § 7 GewStG Rz. 25a. 8 BT-Drucks. 18/12128, 36.

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Desens

D. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 3)

Rz. 26 § 7b

§ 8 Abs. 9 Satz 8 KStG). Letzteres stellt dann auch sicher, dass in Fällen, in denen die Eigengesellschaft vor einer Sanierung den sanierungsrelevanten Betriebsteil einer dauerdefizitären Sparte auf eine andere Sparte überträgt, der bisherige, bei der dauerdefizitären Sparte verbleibende Fehlbetrag gemindert wird.1

D. Gewerbesteuerliche Organschaft (Abs. 3) I. Minderung von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen beim Organträger (Abs. 3 iVm. § 15 Satz 1 Nr. 1a Sätze 1 und 2 KStG) Liegt eine Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) vor und ist das zu sanierende Unternehmen eine 25 OG, ist § 7b Abs. 1, 2 GewStG zunächst auf den Gewerbeertrag der Organgesellschaft anzuwenden, der dem OT zugerechnet wird. Nach § 7b Abs. 3 Satz 1 GewStG ist zudem § 15 Satz 1 Nr. 1a KStG entsprechend anzuwenden. Das bedeutet, dass auch andere Gewerbeverluste und Fehlbeträge des Organträgers entsprechend des § 7b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 GewStG zu mindern sind (§ 15 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 KStG). Soweit § 15 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 KStG hierfür als Obergrenze auf den verbleibenden Sanierungsertrag in § 3a Abs. 3 Satz 4 EStG abstellt, ist bei entsprechender Anwendung für die Gewerbesteuer auf den verbleibenden Sanierungsertrag nach Anwendung des § 7b Abs. 2 GewStG abzustellen (vgl. bereits Rz. 17). Diese für den OT zu bestimmende Obergrenze für den Untergang seiner Gewerbeverluste oder Fehlbeträge ist nach § 7b Abs. 3 Satz 2 GewStG um etwaige nach § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 13 EStG iVm. § 15 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 KStG beim OT (vgl. § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG) geminderte Zinsvorträge oder EBITDA-Vorträge zu kürzen (entsprechende Anwendung des § 7b Abs. 2 Satz 3 GewStG). Letzteres gilt aber sinnlogisch nur, wenn die Minderungen nicht bereits in direkter Anwendung des § 7b Abs. 2 Satz 3 GewStG vor der Anwendung des § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG berücksichtigt worden sind (Rz. 21) und daher den verbleibenden Sanierungsertrag nach Anwendung des § 7b Abs. 2 GewStG bereits gemindert haben.

II. Minderung von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen beim ehemaligen Organträger (Abs. 3 iVm. § 15 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 KStG) Der entsprechend anzuwendende § 15 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 KStG geht sogar noch darüber hinaus und 26 bezieht auch die Gewerbeverluste und Fehlbeträge des (ehemaligen) Organträgers nach Beendigung der Organschaft mit ein. Dafür reicht es aus, dass das Einkommen der OG in einem innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Sanierungsjahr liegenden VZ dem OT zugerechnet worden war. Erfasst sind insbes. Fälle, in denen der OT den GAV im Sanierungsjahr oder den fünf vorangegangenen VZ aus wichtigem Grund iSd. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG kündigt, der GAV nach fünf Jahren Mindestvertragslaufzeit nicht durchgeführt wird oder die OG nach fünf Jahren Mindestvertragslaufzeit nicht mehr finanziell in das Unternehmen des OT eingegliedert ist.2 Überdies hat die (vermeintliche) Missbrauchsbekämpfungsvorschrift gleich eine mehrfache überschießende Tendenz,3 wie nachfolgende Beispiele zeigen. Beispiel: Die M-GmbH (Fehlbetrag [§ 10a GewStG]: 5 Mio. Euro) ist OT der T-GmbH, die als OG Schulden iHv. 7 Mio. Euro hat. Ende des VZ 01 wird die Organschaft ordnungsgemäß gekündigt. Im VZ 04 erwirkt die T-GmbH einen Schuldenerlass iHv. 10 Mio. Euro, der nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG steuerfrei ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte die T-GmbH einen Fehlbetrag (§ 10a GewStG) iHv. 2 Mio. Euro und die M-GmbH mittlerweile iHv. 8 Mio. Euro. Lösung: Im Beispiel geht vorrangig der Fehlbetrag (§ 10a GewStG) der T-GmbH unter (2 Mio. Euro), sodass ein geminderter Sanierungsertrag iHv. 8 Mio. Euro verbleibt, der maximal bei der M-GmbH untergehen könnte. Im VZ 04 hat die M-GmbH auch einen entsprechenden Fehlbetrag (§ 10a GewStG) iHv. 8 Mio. Euro. Da die Norm gerade keine Identität der Schulden zum Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft und der erlassenen Schulden verlangt, reduziert sich der Untergang auch nicht auf 7 Mio. Euro. Überdies enthält § 15 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 KStG

1 So BT-Drucks. 18/12128, 34 zu § 8 Abs. 9 Satz 9 KStG. 2 So BT-Drucks. 18/12128, 35. 3 Desens, FR 2017, 981 (991).

Desens

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§ 7b Rz. 27 Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung auch keine Höchstgrenze, die den Verlustuntergang auf die Verluste und Fehlbeträge des OT zum Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft beschränkt. Es bleibt daher bei einem Untergang des Fehlbetrags (§ 10a GewStG) beim OT iHv. 8 Mio. Euro.

Kritik. Die überschießende Tendenz, die daraus resultiert, dass weder eine Identität der Schulden zum Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft und zum Zeitpunkt ihres Erlasses1 noch eine höhenmäßige Begrenzung der Verluste und Fehlbeträge zum Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft besteht,2 ist hier offensichtlich. Insoweit handelt es sich um eine nicht mehr sachgerechte und daher in ihrer Reichweite verfassungsrechtlich (Art. 3 Abs. 1 GG) bedenkliche Missbrauchsbekämpfungsvorschrift.3 Da der Wortlaut der Norm aber eindeutig ist, wäre eine einschränkende Interpretation durch ein BMF-Schreiben – wie bereits bei § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG (dazu Rz. 22 aE) – mit Blick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) ebenfalls verfassungsrechtlich bedenklich.4 Es wäre daher auch hier zuvörderst die Aufgabe des Gesetzgebers, den Anwendungsbereich des § 15 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 KStG durch das Erfordernis einer Schuldenidentität und einer Höhenbegrenzung einzuschränken. 27

Darüber hinaus enthält § 15 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 KStG – ebenso wie § 7b Abs. 2 Satz 2 GewStG (Rz. 22) – keine Beschränkung auf nahestehende Personen. Mit anderen Worten können beim ehemaligen Organträger innerhalb der Fünfjahresfrist Gewerbeverluste oder Fehlbeträge selbst dann noch untergehen, wenn die OG an einen fremden Dritten verkauft wird. Beispiel: Die M-GmbH (Fehlbetrag [§ 10a GewStG]: 5 Mio. Euro) ist OT der T-GmbH, die als OG Schulden iHv. 7 Mio. Euro hat. Ende des VZ 01 wird die Organschaft gekündigt und die T-GmbH an einen fremden Dritten verkauft. Im VZ 04 erwirkt die T-GmbH einen Schuldenerlass iHv. 10 Mio. Euro, der nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG steuerfrei ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte die T-GmbH einen Verlustvortrag (§ 10a GewStG) iHv. 2 Mio. Euro und die M-GmbH mittlerweile iHv. 8 Mio. Euro. Lösung: Im Beispiel geht vorrangig der Fehlbetrag (§ 10a GewStG) der T-GmbH unter (2 Mio. Euro), sodass ein Sanierungsertrag iHv. 8 Mio. Euro verbleibt, der maximal bei der M-GmbH untergehen könnte. Im VZ 04 hat die M-GmbH auch einen entsprechenden Fehlbetrag (§ 10a GewStG) iHv. 8 Mio. Euro, der mangels eines Erfordernisses einer Schuldenidentität und einer Höhenbegrenzung (s. bereits das Beispiel und die Kritik in Rz. 26) auch in dieser Höhe untergeht. Der Umstand, dass die M-GmbH keine nahestehende Person der T-GmbH im Zeitpunkt des Schuldenerlasses mehr ist, beeinflusst den Untergang des Verlustvortrags (§ 10a GewStG) bei der M-GmbH nicht.

Kritik. Ohne eine Beschränkung auf nahestehende Personen ist nicht ansatzweise zu erkennen, welcher Missbrauchsfall verhindert werden soll.5 Da aber auch hier der Wortlaut eindeutig ist, ist der Gesetzgeber gefordert, die Missbrauchsbekämpfungsvorschrift auf solche Fälle zu beschränken, in denen der OT auch nach Beendigung der Organschaft zum Zeitpunkt des Schuldenerlasses noch eine nahestehende Person der ehemaligen OG ist (vgl. die Kritik in Rz. 22 aE).6

1 Krit. insoweit bereits Desens, FR 2017, 981 (991 f.); Suchanek/Schaaf/Hannweber, WPg 2017, 909 (916). 2 Krit. insoweit bereits Desens, FR 2017, 981 (991 f.); Sistermann/Beutel, DStR 2017, 1065 (1069); Suchanek/ Schaaf/Hannweber, WPg 2017, 909 (916). 3 Desens, FR 2017, 981 (992). 4 Desens, FR 2017, 981 (992). 5 Krit. insoweit bereits Desens, FR 2017, 981 (991); Sistermann/Beutel, DStR 2017, 1065 (1069); Suchanek/Schaaf/ Hannweber, WPg 2017, 909 (916). 6 Desens, FR 2017, 981 (991).

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Desens

§ 8 Hinzurechnungen Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: … (Die Fortsetzung des Gesetzestextes mit den einzelnen Hinzurechnungstatbeständen ist deren jeweiliger Kommentierung vorangestellt.) A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . 1. Sachlicher Anwendungsbereich . . 2. Zeitlicher Anwendungsbereich . . a) § 8 Nr. 1 GewStG . . . . . . . . b) § 19 GewStDV . . . . . . . . . 3. Persönlicher Anwendungsbereich

. . . . . .

9 9 11 11 12 13

Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsentwicklung vor dem UntStRefG 2008 UntStRefG 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . JStG 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . JStG 2009/StEUVUmsG . . . . . . . . . . . . WBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 17 19 23 24 25

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften des Einkommensteuergesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

III. 1. 2. 3. 4. 5.

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

26 29

3. Verhältnis zum Abkommensrecht . 4. Verhältnis zu höherrangigem Recht a) Verfassungsrecht . . . . . . . . . b) Europarecht . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

30 31 31 39

B. Einleitungssatz . . . . . . . . . . . . . . . .

41

I. Funktion des Einleitungssatzes . . . . . . .

41

II. Rechtsfolge des Hinzurechnungstatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hinzurechnung . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der Hinzurechnung . . . . . . a) Binnensystem des § 8 Nr. 1 GewStG aa) Hinzurechnung der Finanzierungsanteile . . . . . . . . . . . bb) Freibetrag . . . . . . . . . . . . b) Hinzurechnungsfaktor . . . . . . . . c) Schema der Hinzurechnung . . . . .

. . . .

. . . .

42 42 43 43

. . . .

. . . .

43 45 46 47

III. Voraussetzung der Hinzurechnung: Gewinnminderung . . . . . . . . . . . . . .

48

Literatur: Döllerer, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Wendt, Anmerkung zum BFH-Urt. v. 18.1.2001 – IV R 61/00, FR 2001, 412; Schmid/Dammer, Neue Regeln zur Gewerbesteuer bei Asset-Backed-Securities-Transaktionen nach dem Kleinunternehmerförderungsgesetz, BB 2003, 819; Kessler/ Eickler/Schindler, Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG verstößt gegen die Zins-/Lizenzgebühren-Richtlinie, IStR 2004, 678; Schmidt/Stoll, Zweifelsfragen bei der Auslegung von § 19 Abs. 3 GewStDV, BB 2005, 582; Klein/Kloster, Hinzurechnungsausnahme nach § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV bei mittelbarem Erwerb von Krediten von einem Kreditinstitut, DStR 2006, 2115; Meilicke, Die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG – Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Marks & Spencer, IStR 2006, 130; Bergemann/ Markl/Althof, Die Gewerbesteuer im Lichte des Regierungsentwurfs zur Unternehmensteuerreform 2008 – Die Auswirkungen der geplanten Änderungen für die Praxis, DStR 2007, 693; Hey, Verletzung fundamentaler Besteuerungsprinzipien durch die Gegenfinanzierungsmaßnahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008, BB 2007, 1303; Richter, Unternehmensteuerreformgesetz 2008: Gewerbesteuerliche innerorganschaftliche Leistungsbeziehungen, FR 2007, 1042; Wiese/Klass/Möhrle, Der Regierungsentwurf zur Unternehmensteuerreform 2008, GmbHR 2007, 405; Baumert-Schmidt-Leithoff, Die ertragsteuerliche Belastung der Betriebsaufspaltung nach der Unternehmensteuerreform 2008, DStR 2008, 888; Derlien/Wittkowski, Neuerungen bei der Gewerbesteuer – Auswirkungen in der Praxis, DB 2008, 835; Hahne, Steuerrisiken aus einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung entgehender Zinserträge beim Verkauf verzinslicher Forderungen – Zweifelsfragen bei der Anwendung des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 GewStG, BB 2008, 2546; Hartmann, Bestandsschutz für die Gewerbesteuer – Kritische Gedanken aus Anlass des BVerfG-Beschlusses vom 15.1.2008 und der Unternehmenssteuerreform 2008, BB 2008, 2490; Hidien, § 8 Nr. 1 GewStG n.F. verstößt gegen die europäische Zins-/Lizenzgebühren-Richtlinie!, DStZ 2008, 131; Köster, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen: Die gleich lautenden Ländererlasse zu § 8 Nr. 1 GewStG vom 4.7.2008, DStZ 2008, 703; Neumann, Die Gewerbesteuer nach der Unternehmensteuerreform 2008, Ubg 2008, 585; Ritzer, Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG i.d.F. des UntStRefG 2008, DStR 2008, 1613; Herzig/Liekenbrock, Zum Zinsvortrag bei der Organschaft, DB 2009, 1949; Beckert/Füllbier, Das erweiterte Gewerbesteuerprivileg – Erleichterungen für Finanzierungsleasingunternehmen, NWB 2010, 3358; Dorenkamp, Die Mär von der Gewerbesteuerverstetigung durch Hinzurechnungen – Warum die Feuerwehr auch ohne § 8 Nr. 1 GewStG ausrücken kann, in Tipke/Seer/Hey/Englisch (Hrsg.), Gestaltung der

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§ 8 Rz. 1 Hinzurechnungen Steuerrechtsordnung, FS für Joachim Lang, Köln 2010, 781; Köhler, Einzelprobleme der Hinzurechnung von Finanzierungskosten gem. § 8 Nr. 1 GewStG, StBp. 2011, 343; Wildner/Krause, Anwendung des § 19 GewStDV bei Leasing- und Factoringunternehmen, BB 2011, 1373; Haupt, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen – aktuelle Entwicklung und Streitfragen im Lichte des Ländererlasses vom 2.7.2012, SteuK 2012, 429; Malzkorn/Rossa, Kernvorschriften des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 auf dem Prüfstand, DB 2012, 1169; Schöneborn, Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen von Zinsen, Mieten und Pachten – Aktuelle Praxisfragen, NWB 2012, 2250; Keß, Anmerkung zum BFH-Beschl. v. 16.10.2012 – I B 128/12, FR 2013, 185; Möbius/Krüger, Es bleibt die Hoffnung auf eine Rechtsprechungsänderung durch das BVerfG, BB 2013, 168; Breinersdorfer, Einzelfragen zu der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen aus Sicht der Steuerverwaltung, DB 2014, 1762; Selder, Verfassungsrechtliche Aspekte der Gewerbesteuer als Objektsteuer, FR 2014, 174; Köhler, Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 1 GewStG, DB 2015, 2229; Patzner/Joch, Negativzinsen – neue Gestaltungsoption oder steuerliche Herausforderung für die GmbH?, GmbHR 2015, 747; Fu, Anm. zu BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 867; Haase/Geils, Bankentgelte im Lichte der Gewerbesteuer und der Zinsschranke, DStR 2016, 273; Märtens, Anm. zu BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, jurisPR-SteuerR 2/2016 Anm. 5; Märtens, Anm. zu BFH v. 28.1.2016 – I R 15/15, jurisPR-SteuerR 25/2016 Anm. 5; Niermann, Ertragsteuerliche Behandlung negativer Einlagezinsen beim Privatanleger, jM 2016, 426; Osten, Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwand bei echtem Factoring und Fortfaitierung ist verfassungswidrig, DStR 2016, 1145; Petrak/Karrenbrock, BVerfG v. 15.2.2016: Unzulässigkeit der Vorlage des FG Hamburg bezüglich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten – Roma locuta – causa finita?, DStR 2016, 1790; Schöneborn, Anm. zu BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, NWB 2016, 1409; Wischmann, Anm. zu BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, EStB 2016, 4; Ettinger, Unterjähriger Zinsverlust bei Jahresendanpassung, IStR 2017, 25; Neblung, Anm. zu FG Hamburg v. 10.2.2017 – 1 K 96/16, EFG 2017, 740; Schneider/Redeker, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen bei gemischten Verträgen – Zugleich Anm. zu BFH-Urt. v. 25.10.2016 – I R 57/15 (DB 2017, 37), DB 2017, 1049.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 8 GewStG ist Gegenstand des zweiten Abschnitts des GewStG (§§ 7 bis 11), der die Bemessungs-

grundlage der GewSt regelt. Während § 7 GewStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags zunächst an den nach den Vorschriften des EStG oder KStG zu ermittelnden Gewinn aus Gewerbebetrieb anknüpft, enthalten die §§ 8 und 9 GewStG Modifikationen in Gestalt der Hinzurechnungen und Kürzungen. Dabei handelt es sich um Differenzierungen innerhalb des Steuergegenstands.1 Die Hinzurechnungstatbestände finden sich in § 8 GewStG. Sie bewirken iErg. eine Betriebsausgabenabzugsbeschränkung2 bzw. ein partielles Abzugsverbot, das nur gesetzestechnisch als Hinzurechnungstatbestand ausgestaltet ist.3 § 8 Nr. 1 GewStG regelt die Hinzurechnung von Finanzierungsbestandteilen. Dabei setzt die Hinzurechnung – auf der zweiten Stufe – voraus, dass die entsprechenden Beträge bei der Ermittlung des Gewinns – auf der ersten Stufe4 – abgesetzt worden sind. 2 Die GewSt ist eine ertragsorientierte Objektsteuer,5 die unabhängig von den persönlichen Verhältnis-

sen des Betriebsinhabers an den Gewerbebetrieb als Steuerobjekt und die ihm eigene Ertragskraft anknüpft.6 Zweck der Hinzurechnungstatbestände (und der Kürzungstatbestände) ist es, den sog. objektivierten Gewerbeertrag zu ermitteln.7 Sie sind damit das eigentliche Kennzeichen8 bzw. das materielle Kernstück9 der GewSt als Objektsteuer. Objektivierter Gewerbeertrag ist der unabhängig von der Art und Weise des für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelts erwirtschaftete Ertrag des Betriebs.10 Damit knüpft die GewSt an gewinnunabhängige Komponenten an. § 8 GewStG will si1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

300

BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, BStBl. II 2016, 557. BFH v. 4.6.2014 – I R 21/13, BStBl. II 2015, 293 = FR 2015, 27. BFH v. 7.7.2004 – XI R 65/03, BStBl. II 2005, 102 = FR 2005, 212 m. Anm. Wendt. EuGH v. 21.7.2001 – Rs. C-397/09 – Scheuten Solar Technology, Slg. 2011, I-6455. BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164. BFH v. 7.3.2007 – I R 60/06, BStBl. II 2007, 654 = FR 2007, 899; v. 16.1.2014 – I R 21/12, BStBl. II 2014, 531 = FR 2014, 695 m. Anm. Nöcker. Kritisch zur Verwirklichung dieses Zwecks Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 18. Selder, FR 2014, 174. Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 19. Aufl. 2016, Rz. 1382. Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/4841, 78; BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, FR 2016, 234.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 5 § 8

cherstellen, dass für die Höhe der GewSt nicht der steuersubjektbezogene Gewinn maßgebend ist, sondern der Ertrag, den der – vom jeweiligen Rechtssubjekt losgelöste – Gewerbebetrieb als solcher abwirft.1 Gesetzlicher Orientierungspunkt ist daher ein „typisiertes“ Unternehmen, das eigenkapitalfinanziert ist.2 Vor diesem Hintergrund werden insbesondere die in § 8 Nr. 1 GewStG genannten Finanzierungsbestandteile der gewstl. Bemessungsgrundlage hinzugerechnet.3 Wenn es dadurch im Fall eines niedrigen Gewinns oder gar Verlusts des Betriebs zu einer Substanzbesteuerung kommt, so ist diese Belastungsfolge im gesetzgeberischen Konzept einer ertragsorientierten Objektsteuer angelegt. Daher rechtfertigt die Hinzurechnung im Grundsatz auch keinen Erlass der GewSt wegen sachlicher Unbilligkeit.4 Ebenso wie Kürzungsbeträge iSd. § 9 GewStG nicht zwangsläufig zu einer Verminderung des Ge- 3 winns führen, gehen Hinzurechnungen iSd. § 8 GewStG nicht zwangsläufig mit einer Erhöhung des Gewinns einher. Denn die §§ 7 bis 9 GewStG verlangen vom Rechtsanwender – neben der Subsumtion und Rechtsfolgenbestimmung – auch die Durchführung zahlreicher mathematischer Rechenoperationen. IRd. Wortlautinterpretation des § 8 GewStG gilt ein mathematisches Begriffsverständnis. Daher sind negative Hinzurechnungsbeträge bei der Ermittlung des Gewerbeertrags abzuziehen.5 Im Einzelnen werden folgende Eigenkapitalsubstitute6 nach § 8 Nr. 1 GewStG einer „Sammel-Hin- 4 zurechnung“7 zugeführt: – Entgelte für Schulden (Buchst. a), – Renten und dauernde Lasten (Buchst. b), – Gewinnanteile des stillen Gesellschafters (Buchst. c), – Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen (Buchst. d), – Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen (Buchst. e), – Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (Buchst. f). 5 Daneben führen folgende Tatbestände dem Grunde nach zu einer Hinzurechnung: – Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind (Nr. 4), – nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibende Gewinnanteile (Dividenden) und diesen gleichgestellte Bezüge und erhaltene Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse iSd. KStG, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen (Nr. 5), – Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen OHG, KG oder einer anderen Mitunternehmerschaft (Nr. 8), – Ausgaben iSd. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG (Nr. 9), – Gewinnminderungen, die durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts des Anteils an einer Körperschaft oder durch Veräußerung oder Entnahme des Anteils an einer Körperschaft oder bei Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals der Körperschaft entstanden sind, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder die sonstige Gewinnminderung auf Gewinnausschüttungen der Körperschaft, um die der Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG zu kürzen ist, oder organschaftliche Gewinnabführungen der Körperschaft zurückzuführen ist (Nr. 10), – ausländische Steuern, die nach § 34c EStG oder nach einer Bestimmung, die § 34c EStG für entsprechend anwendbar erklärt, bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, soweit sie auf

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BFH v. 25.11.1992 – X R 21/91, BFH/NV 1993, 489. BFH v. 16.10.2012 – I B 128/12, BStBl. II 2013, 30 = FR 2013, 185 m. Anm. Keß. Empfehlung der Ausschüsse, BR-Drucks. 220/1/07, 35. BFH v. 4.6.2014 – I R 21/13, BStBl. II 2015, 293 = FR 2015, 27. BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, FR 2016, 234. BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862 (Rz. 33). Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 2.

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§ 8 Rz. 6 Hinzurechnungen Gewinne oder Gewinnanteile entfallen, die bei der Ermittlung des Gewerbeertrags außer Ansatz gelassen oder nach § 9 gekürzt werden (Nr. 12). 6 Die Höhe der Hinzurechnung nach § 8 GewStG variiert: Während die in § 8 Nr. 1 GewStG auf-

geführten Aufwandspositionen, die ihrerseits zum Teil nur zu einem Fünftel (Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen, Buchst. d), zu einem Viertel (Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten, Buchst. f) bzw. zur Hälfte (Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen, Buchst. e) erfasst werden, insgesamt nur zu einem Viertel hinzugerechnet werden, führen die übrigen Tatbestände (Nr. 4, 5, 8 bis 10 und 12) zu einer vollen Hinzurechnung. 7 Die wirtschaftliche Bedeutung der GewSt hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen.1 Im

Fall hoher Gewerbesteuersätze kann sie zur dominierenden Unternehmenssteuer werden.2 Dieser Bedeutungsgewinn gilt im Besonderen für die Hinzurechnungstatbestände, speziell für § 8 Nr. 1 GewStG.3 Vor allem für Gewerbebetriebe mit geringer Eigenkapitalausstattung oder geringen Gewinnmargen können die Tatbestände des § 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f GewStG zu erheblichen Belastungen führen, die im Einzelfall mit – verfassungsrechtlich hinzunehmenden4 – Substanzbesteuerungseffekten einhergehen können.5 Hinzu kommt, dass Gestaltungsmöglichkeiten weggefallen sind: So können Gewerbebetriebe, die sich überwiegend mit kurzfristigem Fremdkapital finanzieren, der Hinzurechnung regelmäßig nicht mehr entgehen.6 Daneben führen die Hinzurechnungstatbestände gerade bei mittleren und großen Unternehmen dazu, dass die Bemessungsgrundlage der GewSt noch häufiger und stärker von der einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage abweicht.7 8 Mit der Ausgestaltung der Hinzurechnungstatbestände geht für die steuerberechtigten Gemeinden eine

Stabilisierung des Gewerbesteueraufkommens einher. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten steigt der Finanzierungsbedarf der Unternehmen, sodass es in größerem Umfang zur Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG kommt.8 Dass dieses Phänomen im Hinblick auf die Folgen für die betroffenen Unternehmen wirtschaftspolitisch fraglich ist, liegt auf der Hand.9

II. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich 9 § 8 Nr. 1 GewStG ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags iSd. § 7 GewStG anzuwenden. Zusam-

men mit den übrigen Hinzurechnungstatbeständen des § 8 Nr. 4 ff. GewStG und den Kürzungen iSd. § 9 GewStG führt die Hinzurechnung der Finanzierungsbestandteile zu einer Modifikation des nach den Vorschriften des EStG oder KStG zu ermittelnden Gewinns aus dem Gewerbebetrieb. 10

Der Hinzurechnung unterliegt dabei nur der im Inland betriebene Gewerbebetrieb, dh. der Gewerbebetrieb, für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 GewStG). Die StPfl. erstreckt sich nicht auf den Gewerbebetrieb, soweit er im Ausland betrieben wird.10 Der auf ausländische Betriebsstätten entfallende Teil des Gewerbeertrags ist auszuscheiden (§ 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG). Dementsprechend sind auch bei den Hinzurechnungen nach § 8 GewStG nur inländische Betriebsstätten einzubeziehen.11

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Vgl. Handelsblatt v. 22.8.2016, S. 9. Herzog in Deloitte, § 8 Nr. 1 GewStG Rz. 7; Herzig, DB 2007, 1541. Vgl. auch Köhler, StBp 2011, 343; Köhler, DB 2015, 2229. BFH v. 16.10.2012 – I B 128/12, BStBl. II 2013, 30 = FR 2013, 185 m. Anm. Keß; v. 16.10.2012 – I B 125/12, BFH/NV 2013, 249; v. 16.1.2014 – I R 21/12, BStBl. II 2014, 531 = FR 2014, 695 m. Anm. Nöcker; v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser; v. 18.8.2015 – I R 43/14, BFH/NV 2016, 232. Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 1. Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 14. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 22. Vgl. dazu Baumert/Schmidt-Leithoff, DStR 2008, 888. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 22. BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743. R 8.1 Satz 1 GewStR 2009.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 15 § 8

2. Zeitlicher Anwendungsbereich a) § 8 Nr. 1 GewStG § 8 Nr. 1 GewStG ist – wie § 8 GewStG insgesamt – durch das UntStRefG 2008 vom 14.8.20071 11 grundlegend neu gefasst worden. Die Neufassung ist im Grundsatz ab dem EZ 2008 anzuwenden (§ 36 Abs. 5a GewStG idF v. 26.6.2013). Bei abweichendem Wj. gilt sie gem. § 10 Abs. 2 GewStG bereits für das Wj. 2007/2008.2 § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG idF des JStG 2008 v. 20.12.20073 ist ab dem EZ 2008 (§ 36 Abs. 5b GewStG idF v. 26.6.2013), § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG idF des WBG v. 22.12.20094 ab dem EZ 2010 (§ 36 Abs. 1 GewStG idF des WBG) anzuwenden. Dies betrifft die Herabsetzung des der Hinzurechnung unterliegenden Finanzierungsanteils der Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche WG des AV von zunächst 75 % auf 65 % und sodann auf 50 %. b) § 19 GewStDV Auf die Kommentierung zu § 19 GewStDV (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 42 ff.) wird Bezug ge- 12 nommen. 3. Persönlicher Anwendungsbereich Der persönliche Anwendungsbereich des § 8 (Nr. 1) GewStG entspricht dem persönlichen Anwen- 13 dungsbereich des GewStG. Er gilt damit für sämtliche Gewerbebetriebe, die im Inland betrieben werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Auf die Rechtsform kommt es nicht an. Erfasst werden damit natürliche Personen und Mitunternehmerschaften ebenso wie Körperschaften. Bei Zebragesellschaften, die selbst nicht der GewSt unterliegen, ist § 8 (Nr. 1) GewStG auf der Ebene des betrieblich Beteiligten anzuwenden.5 Die Rentabilität des Unternehmens ist ohne Bedeutung. Dementsprechend erfolgen Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag auch dann, wenn das Unternehmen nur Verluste erwirtschaftet. Länger andauernden Verlusten kann ggf. durch Billigkeitsmaßnahmen (§§ 163, 227 AO) Rechnung getragen werden.6 Gem. § 7 Satz 3 GewStG gilt der nach § 5a EStG im Wege der sog. Tonnagebesteuerung ermittelte Ge- 14 winn von Handelsschiffen im internationalen Verkehr und das nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG ermittelte Einkommen der inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus dem Geschäft mit Werbesendungen als Gewerbeertrag iSd. § 7 Satz 1 GewStG. Da es sich um eine reine Fiktion handelt, unterliegen diese Größen indes nicht der Hinzurechnung (und Kürzung).7 Besonderheiten bestehen zudem im Fall der Organschaft: Zwar gilt die Organgesellschaft gewstl. als 15 Betriebsstätte des Organträgers (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG), jedes Unternehmen des Organkreises ist jedoch für gewstl. Zwecke für sich zu beurteilen, dh., die Gewerbeerträge sind unter Berücksichtigung der in den §§ 8, 9 GewStG bezeichneten Beträge getrennt zu ermitteln (sog. gebrochene Einheitstheorie).8 Innerhalb des Organkreises erfolgt indes keine Hinzurechnung, soweit diese zu Doppelbelastungen führen würde.9 Eine solche doppelte Belastung kann eintreten, wenn die für die Hinzurechnung in Betracht kommenden Beträge bereits in einem der zusammenzurechnenden Gewerbeerträge enthalten sind.10 In diesem Fall wird – wohl aus Gründen der Billigkeit – auf eine Hinzurechnung verzichtet.11 1 2 3 4 5 6 7 8

BGBl. I 2007, 1912. Dies ist verfassungsrechtlich bedenklich; vgl. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 2. BGBl. I 2007, 3150. BGBl. I 2009, 3950. Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 43. BFH v. 5.4.2005 – IV B 96/03, BFH/NV 2005, 1564. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 26. Vgl. BFH v. 23.10.1974 – I R 1782/72, BStBl. II 1975, 46; v. 9.10.1974 – I R 5/73, BStBl. II 1975, 179; v. 30.7.1969 – I R 21/67, BStBl. II 1969, 629; v. 29.5.1968 – I 198/65, BStBl. II 1968, 807. 9 BFH v. 24.1.1996 – I R 160/94, BStBl. II 1996, 328 = FR 1996, 424; R 7.1 Abs. 5 Satz 3 GewStR 2009. 10 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 4 iVm. Abschn. 41 Abs. 1 GewStR 1998; R 7.1 Abs. 5 Satz 4 GewStR 2009. 11 BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, FR 2015, 723 = DStR 2014, 2561.

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§ 8 Rz. 16 Hinzurechnungen 16

Kreditinstitute, Pfandleiher, Finanzdienstleistungsinstitute, Zahlungsinstitute und andere in der Vorschrift genannte Unternehmen unterfallen der Begünstigung des § 19 GewStDV (sog. Bankenprivileg). Bei ihnen scheidet daher eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG häufig aus.

III. Rechtsentwicklung 1. Rechtsentwicklung vor dem UntStRefG 2008 17

Die Hinzurechnung von Entgelten für Schulden hat im deutschen Gewerbesteuerrecht eine lange Tradition.1 Bereits das Gewerbesteuergesetz 19362 sah in § 8 Nr. 1 eine Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen vor, und zwar in voller Höhe. Dem lag die Vorstellung zugrunde, dass sich der Gewerbeertrag – dem Realsteuercharakter der GewSt entsprechend – erst mithilfe gewisser Hinzurechnungen und Kürzungen aus dem Gewinn ergebe. Der auf die Weise ermittelte Betrag sollte die Nutzungen des gesamten im Unternehmen arbeitenden Kapitals während des Bemessungszeitraums darstellen.3 Vor diesem Hintergrund stellte sich auch die Hinzurechnung der vollen Dauerschuldzinsen als systemgerecht dar.4 Durch das HaushaltsbegleitG 1983 v. 20.12.19825 ist die Hinzurechnung für den EZ 1983 auf 60 % und ab dem EZ 1984 auf 50 % gesenkt worden. Auf diese Weise sollte die Steuerbelastung stärker an der Ertragskraft der Betriebe ausgerichtet werden.6 Im Rahmen des SteuerreformG 1990 v. 25.7.19887 ist es zu einer Erweiterung des Hinzurechnungstatbestands gekommen, indem nicht mehr „Zinsen“ erfasst werden, sondern „Entgelte“. Hierbei handelte es sich um eine konstitutive Gesetzesänderung.8 Die den Entgelten zugrunde liegenden Schulden mussten allerdings wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen (§ 8 Nr. 1 GewStG aF).

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§ 8 Nr. 8 GewStG 19369 (später: § 8 Nr. 7 GewStG 195710) regelte die hälftige Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht aus Grundbesitz bestehenden WG des AV, die im Eigentum eines anderen standen. 2. UntStRefG 2008

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Der Hinzurechnungstatbestand des § 8 GewStG ist durch das UntStRefG 200811 grundlegend neu gefasst worden. Hierdurch sollte zum einen die Unternehmensteuerreform 2008 finanziert werden; auch die gewstl. Änderungen waren Mittel der Gegenfinanzierung.12 Zum anderen sollte die Modifikation der Hinzurechnungen die Verlagerung von Steuersubstrat ins Ausland erschweren.13 Was den Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 GewStG angeht, so hat der Gesetzgeber die Hinzurechnung von den Dauerschuldentgelten auf alle Finanzierungsanteile für die Nutzung fremden Betriebskapitals ausgeweitet. Schuldentgelte werden ungeachtet der Frage hinzugerechnet, ob es sich bei der Schuld um eine Dauerschuld handelt.14 Hierdurch ist es zu einer deutlichen Verschärfung gekommen. Die Fallgruppen des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG (Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche WG des AV15) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

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Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 12. RStBl. 1936, 1149. Gesetzesbegründung, RStBl. 1937, 693; BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862. Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 12. BGBl. I 1982, 1857. BT-Drucks. 7/2074, 69. BGBl. I 1988, 1093. BT-Drucks. 11/2157, 175; BR-Drucks. 100/88, 347; BFH v. 21.2.1995 – VIII R 6/92, BFH/NV 1995, 1010. RStBl. 1936, 1149. BGBl. I 1958, 754. BGBl. I 2007, 1912. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 6. Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/4841, 1 (32). BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862. Dies hat zu einer höheren Besteuerung insbesondere von Einzelhandelsketten, Warenhäusern und Hotelketten geführt, die in großem Umfang Immobilien anmieten; vgl. den Vortrag der Klägerin im Verfahren BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 21 § 8

und § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG (Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten) sind – folgerichtig1 – neu in den Hinzurechnungskatalog aufgenommen worden, sodass der Gesetzgeber die Entscheidung für eine verobjektivierte Bemessungsgrundlage verbreitert und ausgebaut hat.2 Alle Aufwendungen, die ein Finanzierungselement im weitesten Sinne beinhalten, sollen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nur eingeschränkt berücksichtigt werden.3 Der Hinzurechnungsfaktor ist von 50 auf 25 % reduziert worden. Dadurch wird die verschärfende Wirkung der Neuregelung abgemildert.4 Zugleich hat der Gesetzgeber den Hinzurechnungsfreibetrag von 100.000 Euro eingeführt.5 Dies entspricht einer groben Schätzung mit eher geringer Eingriffsintensität.6 Die Verbreiterung der Hinzurechnungsbasis bei Senkung des Hinzurechnungssatzes und Einführung des Freibetrags – m.a.W.: tatbestandsmäßige Erweiterung bei Reduzierung der Belastungsintensität7 – soll bewirken, dass sich das Gewerbesteueraufkommen stabiler und planbarer darstellt.8 Die Hinzurechnung dient damit letztlich dem Interesse der Kommunen.9 Zudem dient die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Kompensation der geringeren nominalen Steuerbelastung (durch Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % und Verringerung der GewSt-Messzahl auf 3,5 %).10 § 8 Nr. 1 GewStG idF des UntStRefG 2008 hat die bis dato auf Nr. 1 (Dauerschuldentgelte, nunmehr 20 Nr. 1 Buchst. a), Nr. 2 (Renten und dauernde Lasten, nunmehr Nr. 1 Buchst. b), Nr. 3 (Gewinnanteile des stillen Gesellschafters, nunmehr Nr. 1 Buchst. c) und Nr. 7 (Miet- und Pachtzinsen für bewegliche WG des AV, nunmehr Nr. 1 Buchst. d) verteilten Hinzurechnungstatbestände für Geld- und Sachkapitalüberlassungen zusammengeführt und deren Struktur vereinheitlicht. Dabei hat die Einbeziehung von Mieten und Pachten auch für unbewegliche WG eine Modifizierung der pauschalen Herausrechnung des Finanzierungsanteils notwendig gemacht.11 Die Hinzurechnung mit einheitlich 25 % erfolgt nunmehr unabhängig von der stl. Behandlung beim 21 Gläubiger der Entgelte.12 Das sog. Korrespondenzprinzip ist aus europarechtlichen Erwägungen aufgegeben worden. Aus der sog. Eurowings-Entscheidung des EuGH13 folgt nämlich, dass Art. 49 EG nationalen Hinzurechnungsvorschriften (§ 8 Nr. 7 Satz 2 und § 12 Abs. 2 Satz 2 GewStG aF) entgegensteht, die eine Hinzurechnung eines Teils der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von WG im Eigentum eines anderen sowie des Werts dieser WG verlangen, sofern diese Güter – wie regelmäßig bei ausländischen Vermietern bzw. Verpächtern – nicht bereits beim Eigentümer der GewSt unterliegen. Vor diesem Hintergrund musste die Hinzurechnung unabhängig von der stl. Behandlung beim Empfänger ausgestaltet werden. Daraus folgt indes zugleich, dass es zu – vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommenen – Doppel- oder Mehrfachbelastungen (Kaskadeneffekte) mit GewSt kommen kann. Dies gilt insbesondere für Betriebsaufspaltungs- und Konzernsachverhalte. Innerhalb von Unternehmensgruppen kann sich daher als Ausweg die Begründung einer gewstl. Organschaft anbieten.14

1 BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser; v. 8.12.2016 – IV R 55/10, DStR 2017, 1109. 2 BFH v. 16.10.2012 – I B 128/12, BStBl. II 2013, 30 = FR 2013, 185 m. Anm. Keß. 3 BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser. 4 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 52, Herzog in Deloitte, § 8 Nr. 1 GewStG Rz. 3 und Richter, FR 2007, 1042, weisen zu Recht darauf hin, dass nach dem Objektsteuerprinzip an sich die volle Hinzurechnung gerechtfertigt wäre. 5 Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/5491, 2. 6 BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser. 7 Dorenkamp in FS Lang, 781 (786). 8 Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/5491, 2. Erwartet wurde ein Anstieg des Gewerbesteueraufkommens von 36,7 Mrd. Euro im Jahr 2008 auf ca. 50 Mrd. Euro im Jahr 2012; vgl. BT-Drucks. 16/4841, 33. Diese Erwartung hat sich nicht ganz erfüllt: Das Gewerbesteueraufkommen im Jahr 2012 lag bei 42,3 Mrd. Euro; im Jahr 2015 waren es 45,7 Mrd. Euro; vgl. destatis.de. Kritisch zur sog. Verstetigungsthese Dorenkamp in FS Lang, 781 (786 ff.). 9 Breinersdorfer, DB 2014, 1762. 10 Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/4841, 32. 11 Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/4841, 80; FG Nds. v. 26.5.2011 – 10 K 290/10, EFG 2011, 2101 – Rev. IV R 24/11. 12 Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/4841, 49. 13 EuGH v. 26.10.1999 – Rs. C-294/97 – Eurowings, BStBl. II 1999, 851. 14 Herzog in Deloitte, § 8 Nr. 1 GewStG Rz. 8; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 7.

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§ 8 Rz. 22 Hinzurechnungen 22

Wenngleich die Hinzurechnungsvorschriften im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008 grundlegend umgestaltet worden sind, kann weitgehend auf die bisherigen Auslegungsgrundsätze zurückgegriffen werden. Daher gelten die von der Rspr. aufgestellten Grundsätze im Regelfall weiter.1 Ebenso wendet die Finanzverwaltung die in den Gewerbesteuerrichtlinien 1998 niedergelegten Grundsätze (sinngemäß) weiter an.2 3. JStG 2008

23

Durch das JStG 2008 v. 20.12.20073 ist der Finanzierungsanteil der Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche WG des AV (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG) von 3/4 (75 %) auf 13/20 (65 %) gesenkt worden. 4. JStG 2009/StEUVUmsG

24 Durch das JStG 2009 v. 19.12.2008 hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 3 Nr. 4 GewStDV eine spezielle Be-

günstigungsnorm für Leasinggesellschaften geschaffen. Diese befindet sich seit dem StEUVUmsG v. 8.4.20104 in § 19 Abs. 4 GewStDV. 5. WBG 25

Durch das WBG v. 22.12.20095 ist der Finanzierungsanteil der Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche WG des AV (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG) von 13/20 (65 %) auf 1/2 (50 %) gesenkt worden.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 26

§ 8 GewStG ist Gegenstand des zweiten Abschnitts des Gewerbesteuergesetzes (§§ 7 bis 11), der die Bemessungsgrundlage der GewSt regelt. Während § 7 GewStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags zunächst an den nach den Vorschriften des EStG oder GewStG zu ermittelnden Gewinn aus Gewerbebetrieb anknüpft, enthalten die §§ 8 und 9 GewStG Modifikationen in Gestalt der Hinzurechnungen und Kürzungen. § 10 GewStG regelt die zeitliche Zuordnung des um die Hinzurechnungen erhöhten und um die Kürzungen verminderten Gewerbeertrags. § 10a GewStG enthält Bestimmungen über den Verlustvor- und -rücktrag. § 11 GewStG regelt schließlich die Ermittlung des Steuermessbetrags.

27

Die Hinzurechnung von Finanzierungsbestandteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG ist das Kernstück der Hinzurechnungsnorm. Ihr kommt erhebliche praktische und wirtschaftliche Bedeutung zu.6 Innerhalb des § 8 Nr. 1 GewStG ist Buchst. a nachrangig gegenüber den Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. b, c, d, e und f.7 Vor allem die Hinzurechnungen von Zinsanteilen in Renten und dauernden Lasten nach § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG sowie von Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters nach § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG sind leges speciales zu § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG.8 Die (teilweise) Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen WG des AV (§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG) sowie der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen WG des 1 Ebenso Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 2; Ritzer, DStR 2008, 1613; vgl. zB FG Rh.-Pf. v. 9.8.2013 – 1 K 2461/11, rkr., juris (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG). 2 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 1. 3 BGBl. I 2007, 3150. 4 BGBl. I 2010, 386. 5 BGBl. I 2009, 3950. 6 Die Hinzurechnungsbeträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG machen einen Großteil des auf nicht systemimmanenten Hinzurechnungen beruhenden Gewerbesteueraufkommens aus; vgl. Dorenkamp in FS Lang, 781 (786). 7 Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 23. 8 BFH v. 22.11.1972 – I R 124/70, BStBl. II 1973, 403; v. 8.3.1984 – I R 31/80, BStBl. II 1984, 623 = FR 1984, 423; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 33; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 23.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 32 § 8

AV, die im Eigentum eines anderen stehen (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG), geht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f (Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten) vor. Der letztgenannte Tatbestand ist wiederum lex specialis zu § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG.1 Schuldentgelte, die im unmittelbaren Zusammenhang mit gewerbesteuerbefreiten Schachteldividen- 28 den iSd. § 9 Nr. 2a GewStG stehen und den Kürzungsbetrag mindern, unterliegen nach § 9 Nr. 2a Satz 3 Halbs. 2 GewStG nicht der Hinzurechnung. In den Fällen des § 8 Nr. 5 GewStG (Streubesitzdividenden) unterbleibt eine Hinzurechnung der nach § 3c Abs. 2 GewStG nicht abzugsfähigen Schuldentgelte auch insoweit, als sie den Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 5 GewStG gemindert haben. Ebenso wenig kommt eine Hinzurechnung in Betracht, wenn Aufwendungen auf eine ausländische Betriebsstätte entfallen (§ 9 Nr. 3 GewStG).2 2. Verhältnis zu Vorschriften des Einkommensteuergesetzes Für die Ermittlung des Gewerbeertrags knüpft § 7 GewStG zunächst an den nach den Vorschriften des 29 EStG oder KStG zu ermittelnden Gewinn aus Gewerbebetrieb an. Allerdings enthalten die §§ 8 und 9 GewStG Modifikationen in Gestalt der Hinzurechnungen und Kürzungen. § 8 Nr. 1 GewStG rechnet die im Rahmen der Gewinnermittlung abgezogenen Entgelte für Schulden, Renten und dauernde Lasten, Gewinnanteile des stillen Gesellschafters, Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder WG des AV sowie Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten jedenfalls teilweise dem Gewinn wieder hinzu. Was die Ermittlung der gewstl. Bemessungsgrundlage angeht, stellt sich § 8 GewStG als lex specialis zu den Vorschriften des EStG und KStG dar. 3. Verhältnis zum Abkommensrecht Die gewstl. Hinzurechnung kann gegen das abkommensrechtliche Diskriminierungsverbot (vgl. 30 Art. 24 Abs. 5 OECD-MA) verstoßen. Vor diesem Hintergrund hat der BFH3 die gewstl. Organschaft zwischen einem in Großbritannien ansässigen Organträger und einer inländischen Organgesellschaft über eine inländische Zwischenholding zugelassen.4 4. Verhältnis zu höherrangigem Recht a) Verfassungsrecht Ob die Hinzurechnungsvorschriften des § 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f GewStG idF des UntStRefG 31 2008 verfassungsgemäß sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Das BVerfG hat die GewSt als solche ebenso wie die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG aF stets für verfassungsgemäß gehalten.5 Eine Sachentscheidung zu den neuen Hinzurechnungsvorschriften steht noch aus. Das FG Hamburg sieht in der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG idF des Unt- 32 StRefG 2008 einen nicht hinreichend gerechtfertigten Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Leistungsfähigkeitsprinzip und hatte diese Frage dem BVerfG vorgelegt.6 Das FG Hamburg hält allein eine Besteuerung nach dem Ist-Leistungsfähigkeitsprinzip, welches folgerichtig durch das ob1 2 3 4

Steinhoff in Blümich, § 8 GewStG Rz. 31; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 23. Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 24–26. Vgl. BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106. Die Folgen dieses Urteils lassen sich noch nicht absehen; vgl. dazu IFSt-Arbeitsgruppe, Einführung einer modernen Gruppenbesteuerung – Ein Reformvorschlag, IFSt-Schrift Nr. 471, 71; Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 8. 5 BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (Gewerbesteuerfreiheit für Freiberufler); v. 25.10.1977 – 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224; v. 12.10.1976 – 1 BvR 197/73, BVerfGE 42, 374; v. 18.6.1975 – 1BvR 528/72, BVerfGE 40, 109 = FR 2008, 818 m. Anm. Keß (Objektsteuercharakter der GewSt); v. 29.8.1974 – 1 BvR 67/73, HFR 1975, 498 (Mietzinsen); v. 13.5.1969 – 1 BvR 25/65, BStBl. II 1969, 424 (Dauerschulden und Dauerschuldzinsen). 6 FG Hbg. v. 29.12.2012 – 1 K 138/10, EFG 2012, 960; vgl. dazu BFH v. 1.8.2012 – IV R 55/11, BFH/NV 2012, 1826: „nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren“; nunmehr FG Hbg. v. 10.2.2017 – 1 K 96/16, EFG 2017, 738 m. Anm. Neblung.

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§ 8 Rz. 33 Hinzurechnungen jektive Nettoprinzip ausgestaltet werde, für gerechtfertigt. Unter Zugrundelegung des Ist-Leistungsfähigkeitsprinzips verstießen die Hinzurechnungsvorschriften des § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG gegen das Gebot der Folgerichtigkeit. Da objektiv durch den Gewerbebetrieb veranlasste Aufwendungen nicht abgezogen werden könnten, werde das objektive Nettoprinzip verletzt. Rechtfertigungsgründe bestünden nicht. Insbesondere der – „inhaltsleere“ – Objektsteuercharakter sei keine ausreichende sachliche Rechtfertigung. Das Objekt „Gewerbebetrieb“ könne eine eigene Leistungsfähigkeit haben. Ebenso wenig rechtfertige das Äquivalenzprinzip als bloße rechtstheoretische Überlegung den Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip. Irgendeine Beziehung zwischen den Nutzen und Kosten des Leistungsangebots der Kommunen für die Gewerbebetriebe und der Leistungsfähigkeit der Gewerbebetriebe lasse sich nicht feststellen. Schließlich werde die angestrebte Finanzierungsneutralität gar nicht erreicht. Das BVerfG hat die Vorlage des FG Hamburg indes mangels hinreichender Begründung für unzulässig befunden.1 33

Entgegen der Auffassung des FG Hamburg gehen der I. Senat2 und der IV. Senat3 des BFH – in Übereinstimmung mit den Instanzgerichten4 und der wohl herrschenden Literaturauffassung5 – von der Verfassungsmäßigkeit des § 8 Nr. 1 GewStG nF aus. Die Hinzurechnung bewirke insbesondere keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) und keinen Eingriff in den Schutz des Eigentums (Art. 14 GG). Dass Betriebe, die mit hohem Fremdkapitaleinsatz arbeiteten und nur geringe Gewinne oder Verluste erzielten, wegen der Hinzurechnungen zur GewSt herangezogen würden – und damit letztlich einer „Substanzsteuer“ unterlägen – liege in der Natur einer ertragsorientierten Objektsteuer.6

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Letzterer Auffassung ist zuzustimmen. Die Neufassung der Hinzurechnungstatbestände durch das UntStRefG 2008 hat keine veränderte verfassungsrechtliche Einordnung der gewstl. Hinzurechnung bewirkt, sodass weder ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG zu konzedieren ist. Darauf deuten auch die Entscheidungsgründe im Beschluss des BVerfG7 zur Vorlage des FG Hamburg hin. Dort hat das BVerfG abermals auf den weitreichenden Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers bei der Auswahl des Steuergegenstands und – dies dürfte für die Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften relevant sein – bei der Bestimmung des Steuersatzes im Bereich des Steuerrechts hingewiesen. Zudem hat es die verfassungsrechtliche Absicherung der GewSt in Art. 106 Abs. 6 GG betont; ihr könne die Zulässigkeit gesetzlicher Hinzurechnungsvorschriften immanent sein. Schließlich hat das BVerfG wiederum auf das Äquivalenzprinzip und den Objektsteuercharakter der GewSt rekurriert. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die GewSt in ihrer Grundstruktur als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer spätestens mit der Neufassung des § 8 GewStG grundlegend zu einer reinen (Zusatz-)Ertragsteuer verändert habe.8 Dem Objektsteuercharakter der GewSt 1 BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862; kritisch Fu, DStR 2016, 867. 2 BFH v. 16.10.2012 – I B 128/12, BStBl. II 2013, 30 = FR 2013, 185 m. Anm. Keß; v. 16.10.2012 – I B 125/12, BFH/NV 2013, 249; v. 16.1.2014 – I R 21/12, BStBl. II 2014, 531 = FR 2014, 695 m. Anm. Nöcker; v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser; v. 18.8.2015 – I R 43/14, BFH/NV 2016, 232. 3 BFH v. 8.12.2016 – IV R 55/10, DStR 2017, 1109; v. 8.12.2016 – IV R 24/11, DStR 2017, 1112. 4 FG Köln v. 19.3.2015 – 13 K 2768/10, EFG 2015, 1384 – Rev. I R 41/15; FG Rh.-Pf. v. 9.8.2013 – 1 K 2461/11 – rkr., juris; FG Münster v. 22.8.2012 – 10 K 4664/10, juris (bestätigt durch BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser); FG Nds. v. 7.7.2011 – 10 K 78/10, EFG 2011, 2100 (nachfolgend BFH v. 30.4.2013 – IV R 78/11, BFH/NV 2013, 1117); v. 26.5.2011 – 10 K 290/10, EFG 2011, 2101 – Rev. IV R 24/11; FG Sachs. v. 28.9.2011 – 8 K 239/11, juris – Rev. IV R 55/11; FG Köln v. 27.10.2010 – 9 K 1022/10, EFG 2011, 561 – Rev. IV R 55/10. 5 Vgl. Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 2; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 3; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 40 ff.; Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 9; Voßkuhl in Deloitte, § 1 GewStG Rz. 7 ff.; M. Frotscher in Frotscher/Drüen, § 1 GewStG Rz. 4 ff.; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 16, der allerdings Bedenken gegen die Höhe der typisierten Finanzierungsanteile hat; aA Selder, FR 2014, 174 (177); Keß, FR 2013, 188; Möbius/Krüger, BB 2013, 168; Malzkorn/Rossa, DB 2012, 1169; Derlien/Wittkowski, DB 2008, 835; Hartmann, BB 2008, 2490; Hey, BB 2007, 1303; Petrak/Karrenbrock, DStR 2016, 1790: nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im „Binnenbereich“ des § 8 Nr. 1 GewStG (Buchst. a vs. Buchst. e); Osten, DStR 2016, 1145: Hinzurechnung von Aufwand bei echtem Factoring und Fortfaitierung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. 6 BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser. 7 BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862. 8 Vgl. auch BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 40 § 8

seien gerade Hinzurechnungen und Kürzungen immanent; diese Objektsteuerelemente höben sich vom subjektiven Leistungsfähigkeitsgedenken ab. Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, dass das BVerfG die Hinzurechnungstatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG idF des UntStRefG 2008 als verfassungsrechtlich zulässig ansehen wird.1 Im Hinblick auf die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweg- 35 licher WG des AV (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG) ist eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung auch nicht dadurch entstanden, dass der Gesetzgeber die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG und die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht auf Nichteigentümer-Betriebe erstreckt hat.2 Auch die Höhe des Hinzurechnungsbetrags ist im Hinblick auf die Befugnis des Gesetzgebers zur 36 Vereinfachung, Typisierung und Pauschalierung letztlich nicht zu beanstanden.3 Härten im Einzelfall sollte durch Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO begegnet werden.4 Die Hinzurechnung von Renten und dauernden Lasten nach § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG stellt sich 37 ebenfalls als verfassungsgemäß dar. Im Hinblick auf die Vorgängernorm (§ 8 Nr. 2 GewStG aF) hat der BFH5 einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) ausdrücklich abgelehnt. Dies gilt für § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG gleichermaßen, zumal nunmehr eine einheitliche Hinzurechnung iHv. 25 % erfolgt.6 Ansonsten gelten die zu § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG angestellten Erwägungen für § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG entsprechend; auch letztere Norm bezweckt letztlich der Sache nach die Hinzurechnung eines Zinsanteils.7 Die obersten Finanzbehörden der Länder haben angeordnet, die Festsetzungen des Gewerbesteuer- 38 messbetrags für EZ ab 2008 hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG vorläufig iSd. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO durchzuführen.8 Dies gilt – jedenfalls vorerst – auch nach der og. Entscheidung des BVerfG.9 b) Europarecht Die Hinzurechnung von an die Tochtergesellschaft gezahlten Dauerschuldentgelten bei der inländi- 39 schen Muttergesellschaft als Zinsschuldnerin nach § 8 Nr. 1 GewStG aF verstößt nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit.10 Entsprechendes gilt für § 8 Nr. 1 GewStG idF des UntStRefG 2008. Dies betrifft auch den Organschaftsfall.11 Ebenso wenig verstößt § 8 Nr. 1 GewStG gegen Art. 1 Abs. 1 der EU-Zins- und Lizenzrichtline,12 40 deren Anwendungsbereich insoweit nicht eröffnet ist. Dies hat der EuGH in der Rechtssache Scheuten Solar Technology13 für die hälftige Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen, die eine deutsche

1 GlA Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 43a; Schöneborn, NWB 2016, 1409. 2 BFH v. 8.12.2016 – IV R 55/10, DStR 2017, 1109; v. 8.12.2016 – IV R 24/11, DStR 2017, 1112. 3 BFH v. 8.12.2016 – IV R 55/10, DStR 2017, 1109; v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser. 4 BFH v. 5.7.1973 – IV R 215/71, BStBl. II 1973, 739; v. 21.4.1977 – IV R 161, 162/75, BStBl. II 1977, 512; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 3. 5 BFH v. 28.10.1987 – I R 126/83, BStBl. II 1988, 70 = FR 1988, 49. 6 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 9. 7 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 9. 8 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 25.4.2013, BStBl. I 2013, 460. 9 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 28.10.2016, BStBl. I 2016, 1114. 10 BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, FR 2015, 2015. 11 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 3a; aA Meilicke, IStR 2006, 130. 12 Richtlinie 2003/49/EG des Rates v. 3.6.2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. EU 2003 Nr. L 157, 49. 13 EuGH v. 21.7.2001 – Rs. C-397/09 – Scheuten Solar Technology, Slg. 2011, I-6455; nachfolgend BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = FR 2012, 536; bestätigt durch BFH v. 17.9.2014 – I R 30/13, FR 2015, 723 = BFH/NV 2014, 270, für Zinszahlungen einer deutschen Muttergesellschaft an eine belgische Tochtergesellschaft.

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§ 8 Rz. 41 Hinzurechnungen Tochtergesellschaft an ihre niederländische Muttergesellschaft gezahlt hat, nach § 8 Nr. 1 GewStG aF bereits entschieden.1 Für § 8 Nr. 1 GewStG idF des UntStRefG 2008 gilt letztlich nichts anderes.2

B. Einleitungssatz I. Funktion des Einleitungssatzes 41

Nach dem Einleitungssatz des § 8 GewStG werden die in den Nr. 1 bis 12 genannten Hinzurechnungsbeträge dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet, „soweit“ sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Andernfalls – ohne vorausgegangenen Abzug – käme es im Zuge der Hinzurechnung zu einer gewerbesteuerlichen Doppelbelastung.3

II. Rechtsfolge des Hinzurechnungstatbestands 1. Hinzurechnung 42

Ist der Tatbestand des § 8 Nr. 1 bis 12 GewStG erfüllt, erfolgt eine Hinzurechnung, dh., iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb zu erhöhen. Die Hinzurechnung ist vorzunehmen, „soweit“ der Hinzurechnungsbetrag bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden ist. Der Hinzurechnungsbetrag soll also die vorgenommene Gewinnminderung kompensieren. Die Hinzurechnung ist auf den abgezogenen Betrag begrenzt, dh., eine „echte“ Gewinnerhöhung kann sich aus der Hinzurechnung nicht ergeben. 2. Umfang der Hinzurechnung a) Binnensystem des § 8 Nr. 1 GewStG aa) Hinzurechnung der Finanzierungsanteile

43

Die in § 8 Nr. 1 GewStG geregelten Hinzurechnungstatbestände begrenzen zT den Umfang der Hinzurechnung. So werden Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen, nur zu einem Fünftel (Buchst. d), Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten nur zu einem Viertel (Buchst. f) und Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen, nur zur Hälfte (Buchst. e) erfasst. Diese Prozentsätze sollen die jeweiligen Finanzierungsanteile der Aufwendungen ausdrücken. Es handelt sich um typisierte Hinzurechnungsquoten.4 So liegt etwa § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG die Vorstellung zugrunde, dass der in Mieten und Pachten enthaltene Finanzierungsanteil wesentlich vom Umfang des berücksichtigten Wertverzehrs für das überlassene WG abhängig ist, der bei Immobilien niedriger ist als bei beweglichen WG, sodass der Finanzierungsanteil umgekehrt bei Grundstücksmieten höher ist.5

44

Sind gemischte Verträge6 gewstl. zu beurteilen, gilt Folgendes: Stellen sich die verschiedenen Leistungskomponenten als trennbar dar (wie zB im Fall von Franchise-Verträgen),7 ist das Entgelt – ggf. im Wege der Schätzung – aufzuteilen und jede Komponente für sich nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG zu beurteilen. Insofern besteht Einigkeit. Aus praktischen Gründen kann es

1 2 3 4

AA Kessler/Eicker/Schindler, IStR 2004, 678; Hidien, DStZ 2008, 131. GlA Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 7; aA Ritzer, DStR 2008, 1613 (1614). Ritzer, DStR 2008, 1613. BFH v. 16.10.2012 – I B 128/12, BStBl. II 2013, 30 = FR 2013, 185 m. Anm. Keß; kritisch Petrak/Karrenbrock, DStR 2016, 1790 (1791). 5 BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser. 6 Vgl. Schneider/Redeker, DB 2017, 1049; zu den sog. Reisevorleistungen FG Münster v. 4.2.2016 – 9 K 1472/13, EFG 2016, 925 – Rev. I R 28/16. 7 Vgl. dazu BFH v. 12.1.2017 – IV R 55/11, juris (nur Leitsatz).

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B. Einleitungssatz

Rz. 47 § 8

sich anbieten, bereits im Vertrag oder in der Rechnung getrennte Entgelte auszuweisen.1 Umstritten sind jedoch die Rechtsfolgen, wenn die Leistungskomponenten nicht trennbar sind. Zum Teil wird angenommen, dass ein Vertrag eigener Art vorliegt, der keinen Tatbestand des § 8 Nr. 1 GewStG erfüllt.2 Hingegen scheidet nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Aufteilung aus, vielmehr kommt es auf die Leistungskomponente an, die dem Gesamtvertrag das Gepräge gibt: Fällt diese nicht unter § 8 Nr. 1 GewStG,3 kommt eine Hinzurechnung nicht in Betracht; andernfalls erfolgt insgesamt eine Hinzurechnung.4 Dies erscheint vorzugswürdig.5 bb) Freibetrag Die in § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG aufgeführten Finanzierungsentgelte werden nur (zu einem 45 Viertel) hinzugerechnet, soweit sie in der Summe den Betrag von 100.000 Euro im EZ übersteigen (§ 8 Nr. 1 GewStG Rz. 1 ff.). b) Hinzurechnungsfaktor Im Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG erfolgt eine Hinzurechnung iHv. einem 46 Viertel der dort aufgeführten Finanzierungsanteile. Hingegen ist im Hinblick auf die in § 8 Nr. 4, 5, 8 bis 10 und 12 GewStG genannten Beträge eine Hinzurechnung iHd. vollen Betrags vorzunehmen. c) Schema der Hinzurechnung Demnach ergibt sich folgendes Schema der Hinzurechnung nach § 8 GewStG:

47

Umfang der HinzurechnungsBerücksichtigung faktor Nr. 1: a)

Entgelte für Schulden

1/1

b)

Renten und dauernde Lasten

1/1

c)

Gewinnanteile des stillen Gesellschafters

1/1

d)

Miet- und Pachtzinsen für bewegliche WG des AV

1/5

e)

Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche WG des AV

1/2

f)

Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten

1/4

Summe der Einzelhinzurechnungsbeträge abzgl. 100.000 t verbleibende Summe der Einzelhinzurechnungsbeträge

1/4

Nr. 4: Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung für die Geschäftsführung verteilt worden sind

1/1

1 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 8; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 18. 2 Ritzer, DStR 2008, 1613 (1614). 3 Beispiele: Vereinbarung zur laufenden Reinigung bzw. zum fortlaufenden Austausch beschädigter Teile bei einem Mietservice von Berufskleidung oder Fußmatten; Zeit-Charterverträge; Verträge über kurzfristige Hotelnutzungen; kurzfristige Kfz.-Mietverträge. 4 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 7. 5 GlA Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 8.; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 18; Haupt, SteuK 2012, 429 (431); Breinersdorfer, DB 2014, 1762 (1765).

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§ 8 Rz. 48 Hinzurechnungen Umfang der HinzurechnungsBerücksichtigung faktor Nr. 5: Dividenden und diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse iSd. KStG

1/1

Nr. 8: Anteile am Verlust einer Mitunternehmerschaft

1/1

Nr. 9: Ausgaben iSd. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG

1/1

Nr. 10: Gewinnminderungen durch Ansatz des Teilwerts des Anteils an einer Körperschaft oder durch Veräußerung oder Entnahme des Anteils an einer Körperschaft oder bei Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals der Körperschaft

1/1

Nr. 12: Bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 34c EStG abgezogene ausländische Steuern

1/1

Gesamthinzurechnungsbetrag

III. Voraussetzung der Hinzurechnung: Gewinnminderung 48

Voraussetzung für die Hinzurechnung ist, dass die Hinzurechnungsbeträge bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb iSd. § 7 GewStG abgesetzt worden sind. § 7 Satz 1 GewStG stellt zur Bestimmung des Gewerbeertrags auf den nach den Vorschriften des EStG oder KStG zu ermittelnden Gewinn aus dem Gewerbebetrieb ab, der bei der Ermittlung des Einkommens für den EZ zu berücksichtigen ist (vermehrt um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen nach § 9 GewStG). Eine Hinzurechnung kommt daher nur dann in Betracht, wenn der potenziell hinzuzurechnende Betrag iRd. Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG oder Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG gewinnmindernd berücksichtigt worden ist. Dies setzt die Entstehung des Aufwands nach allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) bzw. die Verausgabung (§ 4 Abs. 3 EStG) voraus. Vor diesem Hintergrund scheidet beispielsweise die Hinzurechnung der Gewinnanteile des atypisch still Beteiligten oder die Hinzurechnung von Sondervergütungen iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 EStG aus.6

49

§ 8 GewStG setzt voraus, dass die hinzuzurechnenden Beträge bei der Ermittlung des Gewinns tatsächlich abgesetzt worden sind. Sind die Aufwendungen als Anschaffungs- oder Herstellungskosten von WG des AV oder UV zu aktivieren, wie dies etwa bei sog. Bauzeitzinsen der Fall ist, unterbleibt daher eine Hinzurechnung; es fehlt an der erforderlichen Gewinnminderung.7 Dies gilt auch, soweit die Aufwendungen (in den nachfolgenden EZ) über die AfA (§ 7 EStG) gewinnmindernd berücksichtigt werden; sie haben ihren ursprünglichen Charakter durch die Aktivierung verloren.8 Eine „nachgelagerte“ Hinzurechnung über die Abschreibungsdauer findet nicht statt.9

50

Eine Saldierung von Aufwendungen und Erträgen erfolgt – auch bei Bestehen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs – nicht (Saldierungsverbot).10 Eine Ausnahme besteht nur für wechselseitig gege6 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 2; Ritzer, DStR 2008, 1613. 7 BFH v. 10.3.1993 – I R 59/92, BFH/NV 1993, 561; gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 2; vgl. dazu auch Haupt, SteuK 2012, 429. 8 BFH v. 30.4.2003 – I R 19/02, BStBl. II 2004, 192 = FR 2003, 975. 9 Köster, DB 2014, 2229 (2231). 10 BFH v. 4.2.1976 – I R 203/73, BStBl. II 1976, 551; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 22.

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B. Einleitungssatz

Rz. 52 § 8

bene Darlehen: Sie werden als einheitliches Darlehensschuldverhältnis beurteilt, wenn sie gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden.1 Dies gilt auch für sog. Zinsverbilligungszuschüsse oder Zinserstattungen.2 Kommt es zu einer Rückzahlung oder Minderung hinzugerechneter Beträge, erfolgt im Jahr der Rückzahlung bzw. Minderung eine korrespondierende Kürzung des Gewerbeertrags.3 Diese ist allerdings auf den in früheren EZ hinzugerechneten Betrag begrenzt.4 Unterfallen Aufwendungen einer Abzugsbeschränkung nach dem EStG oder KStG (und dürfen sie 51 daher nicht bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt werden), scheidet eine gewstl. Hinzurechnung aus. Dies gilt etwa für Schuldentgelte, die unter § 3c Abs. 1,5 § 4 Abs. 4a oder § 4 Abs. 5 Nr. 8a EStG fallen.6 Ergibt sich ein Abzug der Aufwendungen nicht nach den Vorschriften des EStG oder KStG, sondern nach dem GewStG selbst, wie etwa im Fall der mit Streubesitzdividenden in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben (§ 8 Nr. 5 GewStG), kommt eine Hinzurechnung (ebenfalls) nicht in Betracht. Was die sog. Zinsschranke nach § 4h EStG, § 8a KStG angeht, so ist zunächst zu beachten, dass die 52 Begriffe der Schuldentgelte iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG und der Zinsaufwendungen iSd. §§ 4h EStG, 8a KStG7 nicht vollständig deckungsgleich sind. Zudem ist der Anknüpfungspunkt der beiden Rechtsinstitute verschieden. Während die Zinsschranke den Nettozinsaufwand erfasst, unterliegen die Bruttoaufwendungen (ohne Saldierung) der Hinzurechnung.8 Im Grundsatz lässt sich aber Folgendes festhalten: Soweit Zinsen nach § 4h EStG, § 8a KStG nicht abzugsfähig sind, können sie nicht nach § 8 GewStG hinzugerechnet werden.9 Im Übrigen können Zinsaufwendungen iSd. Zinsschranke § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG unterfallen, wenn sie hinzurechnungspflichtig sind. Dies gilt etwa für Bankzinsen, nicht aber für Aufzinsungsbeträge. Vor diesem Hintergrund ist der abzugsfähige Zinsaufwand iSd. Zinsschranke für Zwecke der Hinzurechnung aufzuteilen.10 Werden Zinsen lediglich nach Maßgabe des § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG vorgetragen, unterliegen sie im EZ der gewinnmindernden Berücksichtigung (Vortragsjahr) der Hinzurechnung.11 Auch für Zwecke des Vortrags bedarf es einer Schattenrechnung, um die gewstl. relevanten Beträge von den nicht hinzurechnungspflichtigen Beträgen absondern zu können. Letztlich kommt es damit zu Wechselwirkungen zwischen der Zinsschranke und dem Tatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG, die in der Praxis zu verschiedenen Zweifelsfragen führen können. Im Fall der Organschaft ist die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen, die nicht auf innerorganschaftlichen (hinzurechnungsunschädlichen) Leistungsbeziehungen beruhen, nach Maßgabe der Zinsschranke ausschließlich auf der Ebene des Organträgers zu prüfen (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG). Um eine doppelte Hinzurechnung zu vermeiden, bedarf es einer Korrektur. Daher unterbleibt die Hinzurechnung auf der Ebene der Organgesellschaft, soweit die Zinsaufwendungen beim Organträger als nicht abziehbar behandelt werden.12 1 BFH v. 7.9.2005 – I R 119/04, BFH/NV 2006, 606. 2 BFH v. 23.11.1983 – I R 147/78, BStBl. II 1984, 217; v. 4.2.1976 – I R 203/73, BStBl. II 1976, 551; v. 4.5.1965 – I 134/63, BStBl. III 1965, 417. 3 BFH v. 27.3.1961 – I 278/60 U, BStBl. III 1961, 280; R 7.1 Abs. 1 GewStR 2009. 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 23; vgl. das Beispiel unter H 7.1 Abs. 1 GewStH 2009 „Korrektur nach erfolgter Hinzurechnung“. 5 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 3. 6 Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 21. 7 Die Zinsschranke erfasst nicht Schuldentgelte, sondern Aufwendungen (und Erträge) im Zusammenhang mit der Überlassung von Geldkapital, das zum Fremdkapital gehört; vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742-a/07/10001, BStBl. I 2008, 718 Rz. 11. 8 Wingler/Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 86/87. 9 Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 21. 10 Wingler/Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 89 ff., und Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 5, sprechen sich mit guten Gründen dafür aus, dass der StPfl. die für ihn günstigste Zuordnungsmethode (Rangverfahren oder zeitliches bzw. quotales Anteilsverfahren) wählen kann; vgl. auch Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 38; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 41. 11 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 20; Wingler/Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 93; Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 25; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 37. 12 Wingler/Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 98 ff.; ausführlich zu diesem Problemkreis Herzig/Liekenbrock, DB 2009, 1949.

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§ 8 Rz. 53 Hinzurechnungen 53

Stellen sich Aufwendungen nach allgemeinem Ertragsteuerrecht als nicht abzugsfähig dar, sind sie aber gleichwohl – unzutreffenderweise – bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden, erfolgt keine gewstl. Hinzurechnung. Der Hinzurechnung unterliegen nur die zu Recht abgezogenen Beträge. § 8 GewStG dient nicht der Korrektur von Fehlern des iRd. Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerveranlagung zugrunde gelegten Gewinns. Dafür ist auf die §§ 164, 172 ff. AO zurückzugreifen. Nach § 7 Satz 1 GewStG ist der zutreffend ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb der GewSt zugrunde zu legen. Dieser unterliegt den entsprechenden Hinzurechnungen und Kürzungen.1

54

Für die Frage, ob die Hinzurechnungsbeträge bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind, ist auf die Gewinnermittlung des der Besteuerung unterliegenden Betriebs als maßgebliches Steuerobjekt abzustellen. Dementsprechend unterliegen Sondervergütungen eines Mitunternehmers und Gewinnanteile des atypisch stillen Gesellschafters nicht der Hinzurechnung.2 In zeitlicher Hinsicht ist bei einem vom Kj. abweichenden Wj. die Gewinnermittlung maßgebend, die auf das im EZ endende Wj. entfällt (§ 10 Abs. 2 GewStG). Weitere in diesem EZ gezahlte Aufwendungen werden nicht hinzugerechnet.3 Werden die dem Grunde nach hinzurechnungspflichtigen Aufwendungen von einem Dritten getragen, unterliegen sie im Grundsatz nicht der Hinzurechnung.4 Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Zahlungen Eingang in die Gewinnermittlung gefunden haben.5

55

Im Fall von Arbeitsgemeinschaften (§ 2a GewStG) gilt Folgendes: Wurde der den einzelnen Partnern zuzurechnende Gewinn um Aufwendungen gemindert, die auf der Ebene der Arbeitsgemeinschaft der Hinzurechnung unterlägen, ist die Hinzurechnung bei den einzelnen Partnern vorzunehmen.6

56

Auch Zuführungen zu Rückstellungen unterliegen der Hinzurechnung, sofern die Aufwendungen einen Hinzurechnungstatbestand erfüllen. Werden die Rückstellungen wieder aufgelöst, ist die Gewinnerhöhung – im Umfang der zuvor erfolgten Hinzurechnung – aus dem Gewerbeertrag herauszurechnen. In den Fällen des § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG sind zur Ermittlung der Minderung die Erträge im EZ der ursprünglichen Hinzurechnung von den bei der Ermittlung der Hinzurechnung berücksichtigten Beträgen abzuziehen. Die Differenz zwischen dem sich ergebenden Hinzurechnungsbetrag und dem seinerzeit tatsächlich hinzugerechneten Betrag ist der maßgebende Minderungsbetrag. Liegt dieser unter dem Freibetrag, ist der ursprünglich tatsächliche Hinzurechnungsbetrag als Minderungsbetrag zu berücksichtigen.7

§ 8 Nr. 1 Buchst. a [Schuldentgelte] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: 1. Ein Viertel der Summe aus a) Entgelten für Schulden. 2Als Entgelt gelten auch der Aufwand aus nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechenden gewährten Skonti oder wirtschaftlich vergleichbaren Vorteilen im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit sowie die Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen. 3Soweit Gegenstand der Veräußerung eine Forderung aus einem schwebenden Vertragsverhältnis ist, gilt die Differenz zwischen dem Wert der Forderung aus dem schwebenden Vertragsverhältnis, wie ihn die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertrags1 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 4; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 5; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 31. 2 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 2. 3 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 46. 4 FG Nürnberg v. 18.12.1974 – 111 67/73, rkr., EFG 1975, 219; FG Düsseldorf v. 19.3.1991 – 8 K 218/87 G, rkr., EFG 1991, 743; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 4. 5 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 20a. 6 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 2; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 16. 7 R 7.1 Abs. 1 GewStR 2009.

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Hinzurechnungen (Schuldentgelte)

§ 8 Nr. 1 Buchst. a

schlusses der Veräußerung zugrunde gelegt haben, und dem vereinbarten Veräußerungserlös als bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt, … soweit die Summe den Betrag von 100.000 Euro übersteigt; … § 19 GewStDV § 19 Schulden bestimmter Unternehmen (1) 1Bei Kreditinstituten im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes sind nur Entgelte für Schulden und den Entgelten gleichgestellte Beträge anzusetzen, die dem Betrag der Schulden entsprechen, um den der Ansatz der zum Anlagevermögen gehörenden Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Schiffe, Anteile an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen sowie der Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten das Eigenkapital überschreitet; hierunter fallen nicht Gegenstände, über die Leasingverträge abgeschlossen worden sind. 2Dem Anlagevermögen nach Satz 1 sind Forderungen gegen ein Unternehmen hinzuzurechnen, mit dem eine organschaftliche Verbindung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes besteht und das nicht zu den Kreditinstituten oder Unternehmen gehört, auf die Satz 1 und die Absätze 2 bis 4 anzuwenden sind. (2) 1Voraussetzung für die Anwendung des Absatzes 1 ist, dass im Durchschnitt aller Monatsausweise des Wirtschaftsjahrs des Kreditinstituts nach § 25 des Kreditwesengesetzes oder entsprechender Statistiken die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen. 2In den Vergleich sind Aktivposten aus Anlagen nach Absatz 1 nicht einzubeziehen. (3) Die vorstehenden Bestimmungen gelten entsprechend 1. für Pfandleiher im Sinne der Pfandleiherverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juni 1976 (BGBl. I S. 1334) in der jeweils geltenden Fassung; 2. für Gewerbebetriebe, die nachweislich ausschließlich unmittelbar oder mittelbar Kredite oder Kreditrisiken aus Bankgeschäften im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 und 8 des Kreditwesengesetzes in der Fassung des Artikels 27 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794) von Kreditinstituten im Sinne des § 1 des Kreditwesengesetzes oder von in § 3 Nr. 2 des Gesetzes genannten Gewerbebetrieben erwerben und Schuldtitel zur Refinanzierung des Kaufpreises für den Erwerb solcher Kredite oder zur Refinanzierung von für die Risikoübernahmen zu stellenden Sicherheiten ausgeben; die Refinanzierung durch Aufnahme von Darlehen von Gewerbebetrieben im Sinne der Nummer 3 an der Stelle der Ausgabe von Schuldtiteln ist unschädlich, und 3. für Gewerbebetriebe, die nachweislich ausschließlich Schuldtitel bezogen auf die in Nummer 2 bezeichneten Kredite oder Kreditrisiken ausgeben und an Gewerbebetriebe im Sinne der Nummer 2 Darlehen gewähren. (4) 1Bei Finanzdienstleistungsinstituten im Sinne des § 1 Absatz 1a des Kreditwesengesetzes, die mit Ausnahme der Unternehmen im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 17 des Kreditwesengesetzes nicht der Ausnahmeregelung des § 2 Absatz 6 des Kreditwesengesetzes unterliegen, sowie bei Zahlungsinstituten im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 5 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes unterbleibt eine Hinzurechnung von Entgelten für Schulden und ihnen gleichgestellten Beträgen nach § 8 Nummer 1 Buchstabe a des Gesetzes, soweit die Entgelte und ihnen gleichgestellten Beträge unmittelbar auf Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 des Kreditwesengesetzes oder Zahlungsdienste im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c und Nummer 6 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes entfallen. 2Satz 1 ist nur anzuwenden, wenn die Umsätze des Finanzdienstleistungsinstituts zu mindestens 50 Prozent auf Finanzdienstleistungen und die Umsätze des Zahlungsinstituts zu mindestens 50 Prozent auf Zahlungsdienste entfallen. A. Systematische Einordnung . . . . . . . . . .

1

B. Entgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

C. Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

I. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . Personenverschiedenheit . . . . . . . . Betriebliche Veranlassung . . . . . . . . Wirtschaftliche Zusammenhänge . . . . Durchlaufende Kredite . . . . . . . . . Einzelbetrachtung, Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse . . . . . .

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19

II. Schulden bei Kreditinstituten und anderen Unternehmen (§ 19 GewStDV) . . . . . . . D. Hinzurechnung von Skonti und Diskontbeträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Skonti, Diskontbeträge (Satz 2) . . . . . 1. Hintergrund der Regelung . . . . . . . . 2. Skonti oder wirtschaftlich vergleichbare Vorteile (Satz 2 Halbs. 1) . . . . . . . . 3. Diskontbeträge ( Satz 2 Halbs. 2) . . . .

22 23

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II. Umfang der Hinzurechnung . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 1 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) 2. Veräußerung von Forderungen aus schwebenden Geschäften (Satz 3) . . . . . . . . . .

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E. Einzelnachweise (ABC der Schuldentgelte) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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F. Schulden bei Kreditinstituten und anderen Unternehmen (§ 19 GewStDV) . . .

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I. Hintergrund der Regelung . . . . . . . . . .

42

II. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . .

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III. Kreditinstitute und gleichgestellte Unternehmen (§ 19 Abs. 1 bis 3 GewStDV) . . . 1. Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Den Kreditinstituten gleichgestellte Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pfandleihunternehmen (§ 19 Abs. 3 Nr. 1 GewStDV) . . . . . . . . . . . . .

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b) Zweckgesellschaften mit Ankaufs- und Verbriefungsfunktion (§ 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV) . . . . . . . . . . . . . c) Verbriefungsgesellschaften (§ 19 Abs. 3 Nr. 3 GewStDV) . . . . . . . . . 3. Überwiegen der Bankgeschäfte . . . . . . . 4. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Finanzdienstleistungs- und Zahlungsinstitute (§ 19 Abs. 4 GewStDV) . . . . . . . . . 1. Persönlicher und zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begünstigte Unternehmen . . . . . . . . . . a) Finanzdienstleistungsinstitute . . . . . . b) Zahlungsinstitute . . . . . . . . . . . . . 3. Überwiegen der Finanzdienstleistungen bzw. Zahlungsdienste . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literatur: Schmid/Dammer, Neue Regeln zur Gewerbesteuer bei Asset-Backed-Securities Transaktionen nach dem Kleinunternehmerförderungsgesetz, BB 2003, 819; Kessler/Eickler/Schindler, Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG verstößt gegen die Zins-/Lizenzgebühren-Richtlinie, IStR 2004, 678; Schmidt/Stoll, Zweifelsfragen bei der Auslegung von § 19 Abs. 3 GewStDV, BB 2005, 582; Klein/Kloster, Hinzurechnungsausnahme nach § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV bei mittelbarem Erwerb von Krediten von einem Kreditinstitut, DStR 2006, 2115; Meilicke, Die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG – Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Marks & Spencer, IStR 2006, 130; Bergemann/Markl/Althof, Die Gewerbesteuer im Lichte des Regierungsentwurfs zur Unternehmensteuerreform 2008 – Die Auswirkungen der geplanten Änderungen für die Praxis, DStR 2007, 693; Hahne, Steuerrisiken aus einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung entgehender Zinserträge beim Verkauf verzinslicher Forderungen – Zweifelsfragen bei der Anwendung des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 GewStG, BB 2008, 2546; Hidien, § 8 Nr. 1 GewStG nF verstößt gegen die europäische Zins-/Lizenzgebühren-Richtlinie!, DStZ 2008, 131; Köster, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen: Die gleich lautenden Ländererlasse zu § 8 Nr. 1 GewStG v. 4.7.2008, DStZ 2008, 703; Ritzer, Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG idF des UntStRefG 2008, DStR 2008, 1613; Herzig/Liekenbrock, Zum Zinsvortrag bei der Organschaft, DB 2009, 1949; Beckert/Füllbier, Das erweiterte Gewerbesteuerprivileg – Erleichterungen für Finanzierungsleasingunternehmen, NWB 2010, 3358; Köhler, Einzelprobleme der Hinzurechnung von Finanzierungskosten gem. § 8 Nr. 1 GewStG, StBp. 2011, 343; Wildner/Krause, Anwendung des § 19 GewStDV bei Leasing- und Factoringunternehmen, BB 2011, 1373; Haupt, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen – aktuelle Entwicklung und Streitfragen im Lichte des Ländererlasses v. 2.7.2012, SteuK 2012, 429; Schöneborn, Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen von Zinsen, Mieten und Pachten – Aktuelle Praxisfragen, NWB 2012, 2250; Breinersdorfer, Einzelfragen zu der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen aus Sicht der Steuerverwaltung, DB 2014, 1762; Köhler, Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 1 GewStG, DB 2015, 2229; Patzner/Joch, Negativzinsen – neue Gestaltungsoption oder steuerliche Herausforderung für die GmbH?, GmbHR 2015, 747; Haase/Geils, Bankentgelte im Lichte der Gewerbesteuer und der Zinsschranke, DStR 2016, 273; Niermann, Ertragsteuerliche Behandlung negativer Einlagezinsen beim Privatanleger, jM 2016, 426; Osten, Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwand bei echtem Factoring und Fortfaitierung ist verfassungswidrig, DStR 2016, 1145; Ettinger, Unterjähriger Zinsverlust bei Jahresendanpassung, IStR 2017, 25; Neblung, Anm. zu FG Hamburg v. 10.2.2017 – 1 K 96/16, EFG 2017, 740.

A. Systematische Einordnung 1 § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG regelt die Hinzurechnung von Entgelten für Schulden. Die Norm ist das

Kernstück der Hinzurechnungstatbestände, die – in Kombination mit den Kürzungsvorschriften (§ 9 GewStG) – der Ermittlung des objektivierten Gewerbeertrags dienen.1 § 8 Nr. 1 GewStG enthält sämtliche Hinzurechnungstatbestände für die Geld- und Sachkapitalüberlassung;2 insofern stellt § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG den Grundtatbestand der Kapitalüberlassung dar.

1 Kritisch zur Verwirklichung dieses Zwecks Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 18. 2 Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/4841, 79.

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B. Entgelte

Rz. 4 § 8 Nr. 1 Buchst. a

Zielgröße des § 8 Nr. 1 (Buchst. a) GewStG ist der unabhängig von der Art und Weise des für die Ka- 2 pitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelts erwirtschaftete Ertrag des Betriebs.1 Da sich das Gesetz typisierend an einem eigenkapitalfinanzierten Unternehmen orientiert, werden Schuldentgelte der gewstl. Bemessungsgrundlage hinzugerechnet.2 Damit wird gewährleistet, dass es für Zwecke der GewSt letztlich keine Rolle spielt, ob das Unternehmen mit Eigen- oder Fremdkapital ausgestattet wird. Die Hinzurechnungspflicht trifft den Inhaber des Gewerbebetriebs, der die Schuld aufgenommen 3 hat.3 Handelt es sich um die Schuld einer Mitunternehmerschaft gegenüber ihrem Mitunternehmer, ist vorrangig § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu prüfen.4 Im Fall der Beteiligung eines gewerblichen Unternehmens an einer nicht gewerblichen Grundstücksgemeinschaft erstreckt sich die Hinzurechnung bei dem beteiligten Unternehmen (anteilig) auf die von der Grundstücksgemeinschaft gezahlten Schuldentgelte.5

B. Entgelte Entgelt für Schulden iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ist die Gegenleistung für die (vorzeitige) Zur- 4 verfügungstellung von Fremdkapital. Dazu gehören in erster Linie die laufenden Zinsen iSd. bürgerlichen Rechts.6 Der Zinssatz kann fest, er kann aber auch variabel sein. Der Begriff des Schuldentgelts gilt jedoch über den zivilrechtlichen Zinsbegriff hinaus.7 Er umfasst auch andere Leistungen, die der Kreditnehmer für die Nutzung des Fremdkapitals an den Kreditgeber zu erbringen hat. Auf die Bezeichnung der Leistung kommt es nicht an, maßgebend ist vielmehr ihr wirtschaftlicher Gehalt.8 Es müssen Zinsen im wirtschaftlichen Sinne vorliegen.9 Entgelte iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG können Vergütungen für partiarische Darlehen, Genussrechte oder Gewinnobligationen sein. Entgeltcharakter haben auch das Damnum10 und das Disagio sowie laufende Sondervergütungen bei Bankkrediten (zB Provisionen, Garantieentgelte) und laufende Verwaltungskostenbeiträge, deren Höhe sich (prozentual) nach dem Darlehensbetrag richtet und die auf die gesamte Vertragslaufzeit zu zahlen sind.11 Auch bei der Vorfälligkeitsentschädigung handelt es sich nach zutreffender Auffassung – insbesondere der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung und der Finanzverwaltung – um ein von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG erfasstes Entgelt für den vorzeitig zurückgezahlten Kredit.12 Sie ist Bestandteil der auf die verkürzte Gesamtlaufzeit des Kredits bezogenen Gegenleistung des Darlehensnehmers für die Inanspruchnahme des Fremdkapitals.13

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

13

Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/4841, 78; BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, FR 2016, 234. Empfehlung der Ausschüsse, BR-Drucks. 220/1/07, 35. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 7. Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 35. BFH v. 28.1.1975 – I R 106/73, BStBl. II 1975, 516; H 8.1 (1) GewStH 2009 „Beteiligung an einer nicht gewerblichen Grundstücksgemeinschaft“. BFH v. 21.5.2014 – I R 85/12, BFH/NV 2014, 1588; v. 29.3.2007 – IV R 55/05, BStBl. II 2007, 655 = FR 2007, 979 m. Anm. Wendt. Bis zum EZ 1990 war die Hinzurechnung auf „Zinsen“ beschränkt. Ab dem EZ 1991 ist § 8 Nr. 1 GewStG aF konstitutiv auf sämtliche „Entgelte“ für (Dauer-)Schulden ausgedehnt worden; vgl. BFH v. 21.2.1995 – VIII R 6/92, BFH/NV 1995, 1010. R 8.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 76. BT-Drucks. 11/2157, 175. BFH v. 9.8.2000 – I R 92/99, BStBl. II 2001, 609 = FR 2001, 93 m. Anm. Wendt. BFH v. 25.2.1999 – IV R 55/97, BStBl. II 1999, 473 = FR 1999, 821 m. Anm. Wendt; H 8.1 GewStH 2009 „ABC der als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Vorfälligkeitsentschädigungen“; Wingler in Bergemann/ Wingler, § 8 GewStG Rz. 39 „Entgelt bejaht (ABC) – Vorfälligkeitsentschädigung“; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 144; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 42; Kronawitter, GewStG, 2012, § 8 Rz. 13; aA FG Ba.-Wü. v. 23.6.1988 – X K 244/84, rkr., EFG 1988, 588; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 6a: im Hinblick auf die Aufhebung des Kreditvertrags kein Entgelt für Schulden. Zur zivilrechtlichen Einordnung der Vorfälligkeitsentschädigung vgl. BGH v. 1.7.1997 – XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 5 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) 5 Hingegen unterliegen Bereitstellungs- und Zusageprovisionen nicht der Hinzurechnung, da sie nicht

durch die eigentliche Kapitalnutzung veranlasst sind.1 Entsprechendes gilt für Bereitstellungszinsen. Sie werden nicht für die Inanspruchnahme von Fremdkapital geleistet, sondern für die Zurverfügungstellung und das Bereithalten der noch auszuzahlenden Valuta, sodass es noch an einer gesonderten Schuld fehlt.2 Dasselbe gilt für Kredit- und Umsatzprovisionen3 sowie Verwaltungskosten,4 soweit sie auf über die Kapitalnutzung hinausgehende Leistungen entfallen. 6 Die Entgelte müssen für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital gezahlt werden. Entgelte, die für

eine aus anderem Rechtsgrund erbrachte Leistung gezahlt werden, sind dem Gewinn nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG wieder hinzuzurechnen, sofern die aus dem anderen Rechtsgrund erbrachte Leistung nicht ihrerseits zu einer Dauerschuld iSv. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG führt. Dies gilt etwa für die Avalprovision, die als Gegenleistung für die Gewährung des Avalkredits (Bürgschaftskredit) anzusehen ist.5 Im Hinblick auf die Entgeltfiktionen des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 und 3 GewStG siehe Rz. 23 ff.

C. Schulden I. Begriffsbestimmung 1. Verpflichtung 7 Schuld iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ist eine Belastung des Vermögens des StPfl., die als (betrieb-

lich veranlasste) Verpflichtung gegenüber einem anderen Rechtssubjekt rechtlich entstanden oder wirtschaftlich verursacht ist.6 Schulden sind Verbindlichkeiten. Der Schuldbegriff entspricht jedenfalls im Wesentlichen demjenigen der §§ 240, 246, 247 HGB, dh., er wird in einem bilanziellen Sinne verstanden.7 Auf die Dauerhaftigkeit der Schuld kommt es – im Unterschied zu § 8 Nr. 1 GewStG aF – nicht mehr an.8 Die Schuld kann auch in einer Freistellungsverpflichtung liegen (Beispiel: interner Schuldbeitritt zu Pensionsverpflichtungen).9 8 Eine Verbindlichkeit kann der Höhe nach gewiss, aber auch ungewiss sein. Dementsprechend sind

auch Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten dem Grunde nach Schulden iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Regelmäßig fehlt es in diesem Fall allerdings an einem entgeltähnlichen Aufwand.10 Auch aus der Abzinsung und der nachfolgenden Aufzinsung von Rückstellungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG ergeben sich keine Entgelte.11 Drohverlustrückstellungen sind mangels Drittverbindlichkeit ohnehin nicht als Schulden iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG anzusehen.12 9 Für die Hinzurechnung ist irrelevant, ob die Schuld mit oder ohne den Willen des Gläubigers oder

Schuldners entstanden ist, ob sie das BV erhöht oder nur dessen Verminderung verhindert hat und ob die Gegenwerte am Stichtag noch vorhanden sind.13 Inhalt und Fälligkeit der Schuld sind für

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

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R 8.1 GewStR 2009. BFH v. 10.7.1996 – I R 12/96, BStBl. II 1997, 253 = FR 1996, 797. R 8.1 Abs. 1 Satz 8 GewStR 2009. BFH v. 9.8.2000 – I R 92/99, BStBl. II 2001, 609 = FR 2001, 93 m. Anm. Wendt. BFH v. 29.3.2007 – IV R 55/05, BStBl. II 2007, 655 = FR 2007, 979 m. Anm. Wendt. BFH v. 29.3.2007 – IV R 55/05, BStBl. II 2007, 655 = FR 2007, 979 m. Anm. Wendt. Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 30. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 10. BFH v. 21.5.2014 – I R 85/12, BFH/NV 2014, 1588; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 4; aA hinsichtlich der Freistellung von Pensionsverpflichtungen Griemla, FR 2017, 14. Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 9; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 151; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 33. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 12. GlA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 4; Ritzer, DStR 2013, 558 (559); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 34; aA Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 36; Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 31. BFH v. 27.6.1957 – IV 140/56 U, BStBl. III 1957, 287; H 8.1 Abs. 1 „Allgemeines“ GewStH 2009.

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C. Schulden

Rz. 14 § 8 Nr. 1 Buchst. a

Zwecke der Hinzurechnung ebenfalls ohne Bedeutung.1 Gleiches gilt für die Höhe der Schuld und das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital in dem betreffenden Betrieb2 sowie für die Besicherung der Schuld.3 Auch unverzinsliche und „unentgeltliche“ Schulden werden erfasst, führen aber mangels Schuldentgelt nicht zu einer Hinzurechnung.4 2. Personenverschiedenheit Der Schuldbegriff iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG setzt voraus, dass Schuldner und Gläubiger per- 10 sonenverschieden sind. Das Eigenkapital der Personenunternehmen und KapGes. stellt dementsprechend keine Schuld iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG dar. Damit erfolgt auch keine Hinzurechnung von Zinsen für ein Darlehen, das als sog. verdecktes Stammkapital anzusehen ist.5 Eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung iS einer sog. Schuldaufnahme wird indes nicht vorausgesetzt.6 Bei Schulden im Zusammenhang mit einer Mitunternehmerschaft ist § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 11 EStG zu beachten. Stellt die Schuld Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers dar, unterbleibt eine Hinzurechnung, da die Schuldentgelte den Gewinn nicht mindern.7 Lediglich Vergütungen für Leistungen, bei denen ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Leistung und der Mitunternehmerschaft ausgeschlossen erscheint, also Fälle eines „zufälligen Zusammentreffens“, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG8 und unterliegen damit dem Abzug sowie der korrespondierenden Hinzurechnung. Ist ein Gewerbetreibender an einer nicht gewerblichen Personengesellschaft (zB Grundstücksge- 12 meinschaft) beteiligt, sind ihm die Schuldentgelte der Gesellschaft anteilig zuzurechnen.9 3. Betriebliche Veranlassung Bei der Schuld iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG muss es sich um eine Betriebsschuld handeln, dh., 13 die Schuld muss iSv. § 4 Abs. 4 EStG betrieblich veranlasst sein.10 Dies setzt einen steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang zum Betrieb voraus. Um dies beurteilen zu können, bedarf es der wertenden Beurteilung des die Schuld auslösenden Moments und die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre.11 Stehen Schulden mit der Anschaffung eines WG im Zusammenhang, kommt es für die Hinzurechnung indes nicht darauf an, ob das WG zum notwendigen oder gewillkürten BV gehört.12 Ist eine Schuld nur teilweise betrieblich veranlasst (sodass die Schuldentgelte ebenfalls nur teilweise abgezogen werden können), unterliegt sie nur im Umfang des betrieblichen Teils der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. 4. Wirtschaftliche Zusammenhänge Im Unterschied zur Rechtslage bis zur Unternehmensteuerreform 2008 setzt die Hinzurechnung nicht 14 mehr voraus, dass die Schuld wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängt oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dient. Demnach

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BFH v. 11.8.1959 – I 197/57 S, BStBl. III 1959, 428. BFH v. 28.7.1971 – I R 78/68, BStBl. II 1971, 815. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 58. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 54. BFH v. 13.4.1962 – III 387/60 U, BStBl. III 1962, 279. BFH v. 29.4.2009 – I R 93/08, BFH/NV 2009, 2002. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 2. BFH v. 1.2.2001 – IV R 3/00, BStBl. II 2001, 520 = FR 2001, 635; Wacker in Schmidt36, § 15 EStG Rz. 562. BFH v. 28.1.1975 – I R 106/73, BStBl. II 1975, 516. BFH v. 29.3.2007 – IV R 55/05, BStBl. II 2007, 655 = FR 2007, 979 m. Anm. Wendt. BFH v. 19.2.1991 – VIII R 422/83, BStBl. II 1991, 765 = FR 1991, 604. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 4.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 15 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) bedarf es keiner Qualifikation als Dauerschuld mehr, vielmehr unterliegen auch kurzfristige Verbindlichkeiten der Hinzurechnung.1 5. Durchlaufende Kredite 15

Die Behandlung durchlaufender Kredite ist umstritten. Durchlaufende Kredite liegen vor, wenn dem StPfl. aus der Kreditaufnahme und der Weitergabe des Kredits kein über die Verwaltungskosten hinausgehender Nutzen erwächst und der StPfl. den Kredit nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse aufgenommen hat. Das ist dann der Fall, wenn das weiterleitende Unternehmen keinen eigenen wirtschaftlichen Nutzen aus der Weitergabe ziehen kann, zB, wenn der Kreditnehmer die Kreditmittel zu einem ausschließlich außerhalb seines Betriebs liegenden Zweck an einen Dritten weiterleitet.2

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Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Entgelte für durchlaufende Kredite – ohne Saldierung von Zinsaufwendungen und Zinserträgen – in die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG einzubeziehen, da es auf das Tatbestandsmerkmal der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals nicht mehr ankomme.3 Dem hat sich das FG Hamburg4 – unter ergänzendem Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers – angeschlossen. Dies hätte zur Konsequenz, dass auf jeder Stufe einer mehrstufigen Struktur hinzurechnungspflichtige Zinsaufwendungen vorlägen, sodass sich strukturelle Mehrbelastungen ergäben.5 Einen Ausweg könnte § 19 GewStDV bieten.6

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Dieser Auffassung ist indes nicht zu folgen.7 Zwar hat der BFH8 das Ausscheiden der Durchlaufkredite aus dem Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 GewStG aF vor allem mit der fehlenden dauerhaften Verstärkung des Betriebskapitals begründet, worauf es nach der aktuellen Rechtslage (in der Tat) nicht mehr ankommt. Zugleich hat der BFH jedoch darauf abgestellt, dass der Objektsteuercharakter der GewSt (nur) eine Hinzurechnung im Hinblick auf das dem Betrieb gewidmete Betriebskapital gebietet. Das sei nicht der Fall, wenn das weiterleitende Unternehmen – wie im Fall des Durchlaufkredits – keinen eigenen wirtschaftlichen Nutzen aus der Weitergabe der Kreditmittel ziehen könne. Diese Erwägung gilt nach wie vor, sodass Entgelte für durchlaufende Kredite nicht hinzuzurechnen sind. Dies ergibt auch ein Blick auf die Parallelvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG, der Aufwendungen für durchlaufende Lizenzen von der Hinzurechnung ausnimmt.9

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Durchlaufende Posten im vorgenannten Sinne liegen aber – wie dargestellt – nur vor, wenn dem StPfl. aus der Kreditaufnahme und der Weitergabe des Kredits kein über die Verwaltungskosten hinausgehender Nutzen erwächst und der StPfl. den Kredit nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse – uneigennützig – aufgenommen hat.10 Indiz für eine solche Kreditaufnahme im fremden Interesse ist die Offenlegung gegenüber dem Kreditgeber, dass die Kreditaufnahme für Rechnung eines Dritten erfolgt.11 Hingegen erfolgt eine Hinzurechnung, wenn dem Kreditnehmer eine Zinsmarge verbleibt.12 Zudem kann ein (hinzurechnungsbegründender) eigener wirtschaftlicher Nutzen in der

1 Wiese/Klass/Möhrle, GmbHR 2007, 405. 2 BFH v. 15.5.2008 – IV R 77/05, BStBl. II 2008, 767 = FR 2009, 43 m. Anm. Wendt. 3 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 11; wohl ebenso Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 130 „Durchgeleiteter und durchlaufender Kredit“. 4 FG Hbg. v. 15.4.2016 – 3 K 145/15, EFG 2016, 1460 – Rev. I R 39/16. 5 Neumann, Ubg 2008, 585 (590). 6 Zudem wird empfohlen, das Darlehensverhältnis unmittelbar mit der Zielgesellschaft abzuschließen und statt der Durchleitung Haftungsbeitritte zu erklären; vgl. Haupt, SteuK 2012, 429 (432). 7 GlA Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 42; Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 32; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 4 und 73; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 68; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 518; Ritzer, DStR 2008, 1613 (1615); Köster, DStZ 2008, 703. 8 BFH v. 7.7.2004 – XI R 65/03, BStBl. II 2005, 102 = FR 2005, 212 m. Anm. Wendt. 9 Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 32. 10 BFH v. 7.7.2004 – XI R 65/03, BStBl. II 2005, 102 = FR 2005, 212 m. Anm. Wendt. 11 BFH v. 16.12.2008 – I R 82/07, BFH/NV 2009, 1143; aA FG Hbg. v. 26.3.1979 – I 208/77, rkr., EFG 1979, 461; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 73. 12 FG Rh.-Pf. v. 16.3.1992 – 5 K 1032/87, rkr., EFG 1992, 482.

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C. Schulden

Rz. 22 § 8 Nr. 1 Buchst. a

Weiterleitung von Krediten von dem Organträger oder von einer Organgesellschaft an eine (andere) Organgesellschaft bestehen; denn dann ist auch die Finanzierung des verbundenen Unternehmens Zweck des Kreditnehmers.1 Entsprechendes gilt im Fall der Kreditweitergabe von der Besitz- an die Betriebsgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung (etwa zur Modernisierung des verpachteten Betriebsgebäudes).2 Auch beim sog. Cash-Pooling, dem zentralen Liquiditätsmanagement im Konzern,3 hat eine (doppelte) Hinzurechnung beim sog. Cash-Pool-Master und beim Cash-PoolTeilnehmer zu erfolgen.4 Schließlich liegt im Fall des Finanzierungsleasings in der Refinanzierung des Leasinggebers kein Durchlaufkredit.5 6. Einzelbetrachtung, Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse Grundsätzlich ist jedes einzelne Schuldverhältnis für Hinzurechnungszwecke für sich zu beurteilen, 19 dh., es gilt der Grundsatz der isolierten Betrachtung.6 Eine Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse ist nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn diese ohne einander nicht denkbar sind.7 Zudem sind Schulden und Guthaben getrennt zu beurteilen (Saldierungsverbot): Verbindlichkeiten sind auch dann als Schulden zu behandeln, wenn zu ihrer Tilgung ausreichende liquide Mittel in dem Betrieb vorhanden sind.8 Eine Minderung um Guthaben auf Festgeldkonten, die bei derselben Bank für die noch nicht benötigten Beträge eingerichtet sind, findet nicht statt.9 Eine Ausnahme von dem Grundsatz der isolierten Betrachtung der Schuldverhältnisse ist aber dann 20 zu machen, wenn die einzelnen Schuldverhältnisse wirtschaftlich zusammenhängen und es dem Zweck der Hinzurechnung widerspräche, diesen Zusammenhang unberücksichtigt zu lassen. Dies gilt etwa unter der Voraussetzung der Einheitlichkeit, Regelmäßigkeit oder gleichbleibenden Zweckbestimmung der Kreditgeschäfte, aber auch bei regelmäßiger Verrechnung der Konten oder wenn der über ein Konto gewährte Kredit jeweils zur Abdeckung der auf einem anderen Konto ausgewiesenen Schuld verwendet wird. Diese Ausnahmen betreffen regelmäßig allerdings nur Kreditgeschäfte zwischen denselben Vertragspartnern.10 Eine Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse kann aber ausnahmsweise auch bei Kredit- 21 geschäften mit verschiedenen Vertragspartnern erfolgen. Dies setzt voraus, dass die Verbindlichkeiten wirtschaftlich eng zusammenhängen und durch Vereinbarungen zwischen den Kreditgebern und zwischen ihnen und dem Kreditnehmer derart miteinander verknüpft sind, dass gerade die Verknüpfung dem Kreditnehmer die längerfristige Nutzung von Kreditmitteln sichert.11

II. Schulden bei Kreditinstituten und anderen Unternehmen (§ 19 GewStDV) § 19 GewStDV, der seine Ermächtigungsgrundlage in § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e und f GewStG 22 hat,12 enthält ergänzende Regelungen für die Schulden bestimmter Unternehmen (Bankenprivileg). Im Hinblick auf die Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 19 GewStDV (Rz. 42 ff.) Bezug genommen. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

BFH v. 24.1.1996 – I R 160/94, BStBl. II 1996, 328 = FR 1996, 424. BFH v. 7.7.2004 – XI R 65/03, = BStBl. II. 2005, 102 = FR 2005, 212 m. Anm. Wendt. Vgl. BGH v. 16.1.2006 – II ZR 76/04, BGHZ 166, 8; v. 20.7.2009 – II ZR 273/07, BGHZ 182, 103. BFH v. 10.12.2001 – I B 43–44/01, BFH/NV 2002, 536; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 71; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 16. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 72; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 17. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 5b. BFH v. 29.3.2007 – IV R 55/05, BStBl. II 2007, 655 = FR 2007, 979 m. Anm. Wendt. BFH v. 6.11.1985 – I R 297/82, BStBl. II 1986, 415 = FR 1986, 217. BFH v. 10.11.1976 – I R 133/75, BStBl. II 1977, 165. BFH v. 19.2.1991 – VIII R 422/83, BStBl. II 1991, 765; v. 6.6.1973 – I R 257/70, BStBl. II 1973, 670; H 8.1 Abs. 1 GewStH 2009 „Saldierung mit Guthaben“; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 12. BFH v. 19.2.1991 – VIII R 422/83, BStBl. II 1991, 765 = FR 1991, 604; v. 29.3.2007 – IV R 55/05, BStBl. II 2007, 655 = FR 2007, 979 m. Anm. Wendt. Der Gesetzgeber hat § 19 GewStDV iRd. JStG 2009 (BGBl. I 2008, 2794) neu gefasst.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 23 Hinzurechnungen (Schuldentgelte)

D. Hinzurechnung von Skonti und Diskontbeträgen I. Skonti, Diskontbeträge (Satz 2) 1. Hintergrund der Regelung 23

Gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 GewStG gelten als (Schuld-)Entgelt auch der Aufwand aus nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechenden gewährten Skonti oder wirtschaftlich vergleichbaren Vorteilen im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit sowie die Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen. In diesen Fällen wird (rechtlich) kein Entgelt für Schulden (Passiva) gezahlt. Den mit der Skonti- oder Diskontgewährung verbundenen Aufwand (Abschlag auf Forderungen) fingiert das Gesetz gleichwohl als Schuldentgelt.1 Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass dieser Aufwand betriebswirtschaftlich betrachtet Entgelt für die Erhöhung der Liquidität im Zeitraum zwischen Erfüllung der Forderung und späterer Fälligkeit darstellt. Der Abschlag ist das Entgelt für die vorzeitige Zuführung von Geldkapital2 und damit ein Fremdkapitalzinssubstitut.3 Die Aufzählung in Satz 2 ist abschließend.4

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Der Tatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 GewStG sieht sich aufgrund seiner gegenüber dem Grundtatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG verschärfenden Wirkung und der damit einhergehenden betriebswirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Unternehmen, seiner unscharfen Fassung und der Umgehungsanfälligkeit sowie des mit ihm verbundenen administrativen Mehraufwands erheblicher Kritik ausgesetzt.5 2. Skonti oder wirtschaftlich vergleichbare Vorteile (Satz 2 Halbs. 1)

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Skonti werden gewährt, wenn Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit erfüllt werden. Beim Skonto handelt es sich um einen (oft auch gestaffelten) prozentualen Nachlass, der vom Kaufpreis entsprechend den Zahlungsbedingungen auf den Rechnungsbetrag bei Zahlung binnen einer bestimmten Frist gewährt wird. Handelsrechtlich stellen Skonti für den leistenden Unternehmer eine Erlösminderung dar, keinen Zinsaufwand (vgl. § 277 Abs. 1 HGB). Sie sollen einen Anreiz zur zügigen Abwicklung des Zahlungsverkehrs bieten.6 Wirtschaftlich gesehen handelt es sich um das Entgelt für die Kreditnutzung bzw. Vorfinanzierung, die bei der Warenlieferung dem Abnehmer eingeräumt wurde.7 Andere Aufwendungen im Zusammenhang mit Lieferungen und Leistungen fallen nicht unter die Fiktion. Dies gilt zB für Treuerabatte8 und ähnliche Abzüge (Nachlass wegen Werbung, mangelhafter Lieferung oder Räumungsverkaufs,9 Mengenrabatte, Umsatzrabatte10). Entrichtet der Versicherungsnehmer anstelle von Monatsraten einen (geringeren) Jahresbetrag, liegt ebenfalls kein Skonto vor.11

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Der Skontigewährung gleichgestellt werden wirtschaftlich vergleichbare Vorteile im Zusammenhang mit der Erfüllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit. Die Vorteile müssen in ihrer Wirkung dem Skonto wirtschaftlich entsprechen, dh. ein Entgelt für die (vorzeitige)

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

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BT-Drucks. 16/4841, 79; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 46. BT-Drucks. 16/4841, 79. Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 45. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 46. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 8; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 158; Neu/Schiffers/Watermayer, GmbHR 2007, 421; Bergemann/Markl/Althof, DStR 2007, 693; vgl. auch die Stellungnahme des BR zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/5377, 20. BT-Drucks. 16/5377, 20. Gabler Wirtschaftslexikon „Skonto“. BT-Drucks. 16/4841, 79. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 9. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 159. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 16.

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D. Hinzurechnung von Skonti und Diskontbeträgen

Rz. 29 § 8 Nr. 1 Buchst. a

Überlassung von Kapital darstellen. Dies gilt zB für (mengenunabhängige) Rabatte (zB Naturalrabatte),1 Zugaben oder sonstige Vergünstigungen.2 § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 GewStG greift indes nur, wenn die Gewährung des Skontos oder vergleich- 27 baren Vorteils nicht iRd. gewöhnlichen Geschäftsverkehrs erfolgt, denn dann tritt der die Hinzurechnung rechtfertigende Finanzierungsaspekt gegenüber dem Aspekt der Pflege von Geschäftsbeziehungen in den Hintergrund.3 Daher unterliegen zB Treue- und Mengenrabatte, die im Geschäftsverkehr üblicherweise gewährt werden, nicht der Hinzurechnung.4 Gewöhnlicher Geschäftsverkehr ist der freie Handel nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen.5 Wie das Üblichkeitskriterium auszulegen ist, ist indes noch nicht abschließend geklärt. Zum einen kann auf die Länge des Zahlungsziels abgestellt werden. So soll nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Hinzurechnung – in voller Höhe – erfolgen, wenn ein Skonto trotz unüblich langem Zahlungsziel vereinbart wird (Beispiel: Skontofrist von drei statt einem Monat).6 Dieser Auffassung ist dem Grunde nach zu folgen, jedenfalls solange die Skontofrist vor dem Fälligkeitszeitpunkt endet.7 Dies gilt aber nicht mit Blick auf die Höhe der Hinzurechnung: Da nur geschäftsunübliche Abschläge hinzugerechnet werden sollen, beschränkt sich die Hinzurechnung auf den unüblichen Teil der Skontofrist (im Beispiel: 2/3).8 Daneben kann sich die fehlende Geschäftsüblichkeit aber auch aus der Höhe des Skontos ergeben. 28 Dabei ist nach vorzugswürdiger Auffassung generell-abstrakt auf die jeweilige Branche, nicht auf die konkreten – ggf. sogar kundenspezifischen – Zahlungsbedingungen des StPfl. abzustellen.9 Regionale Besonderheiten können berücksichtigt werden.10 Der Hinzurechnung unterliegt nur der den geschäftsüblichen Skonto bzw. sonstigen Vorteil übersteigende Teil des Abschlags. Eine „Infektion“ des gesamten Abzugs tritt – entgegen der Verwaltungsauffassung11 – nicht ein.12 Für die Praxis folgt aus diesen Besonderheiten ein erheblicher administrativer Mehraufwand.13 Es wird empfohlen, übliche und unübliche Abschläge buchhalterisch auf verschiedenen Konten zu erfassen.14 Die geschäftsunüblichen Skonti oder vergleichbaren Vorteile müssen im Zusammenhang mit der Er- 29 füllung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor Fälligkeit stehen. Der Schuldner muss ein Wahlrecht haben, ob er die Forderung erst bei Fälligkeit oder – mit Abschlag – bereits vor Fälligkeit erfüllt.15 Kann der Gläubiger die Leistung, wie zB bei Bargeschäften des täglichen Lebens, sofort verlangen (§ 271 Abs. 1 BGB), führt die Skontogewährung nicht zur Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 GewStG, da Erfüllung und Fälligkeit zeitlich zusammenfallen. Entsprechendes gilt, sofern die Vertragsparteien einen von der üblichen Zahlungsfrist abweichenden früheren Fälligkeitszeitpunkt gegen Gewährung eines Skontos vereinbaren; dies eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten.16 Ebenso wenig erfolgt eine Hinzurechnung, wenn Skonti bei Erfüllung zum Fälligkeitszeitpunkt oder 1 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 16; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 51. 2 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 51. 3 BT-Drucks. 16/5491, 23. 4 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 16. 5 Vgl. BFH v. 28.11.1980 – III R 86/78, BStBl. II 1981, 353 zu § 9 Abs. 2 BewG. 6 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 16. 7 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 51. 8 Ebenso Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 52; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 10; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 48; Ritzer, DStR 2008, 1613 (1616). 9 Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 66; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 10; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 48; wohl auch Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 lit. a GewStG Rz. 158; aA Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 50; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 54; Ritzer, DStR 2008, 1613 (1616). 10 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 10. 11 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 16; ebenso Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 59. 12 Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 66; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 11; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 161; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 48. 13 BT-Drucks. 16/5377, 20. 14 Besch/Jakob in PwC, Unternehmensteuerreform 2008, Rz. 1316. 15 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 47. 16 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 47; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 160; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 47.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 30 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) nach Fälligkeit – unberechtigt – in Anspruch genommen werden.1 Der Gläubiger verzichtet dann aus Gründen der Kundenbindung oder aus Vereinfachungsgründen auf eine Geltendmachung der Restforderung. Zahlt der Kunde zwar vor Fälligkeit, aber nach Ablauf der Skontofrist, und nimmt er dafür einen – unüblichen – Skonto in Anspruch, ist dieser im Hinblick auf den überhöhten Anteil des Skontos und den Zeitanteil der vorfälligen Zahlung im Zeitintervall zwischen Skontofrist und Fälligkeit anteilig hinzuzurechnen.2 30

Zwischen dem Skonto oder vergleichbarem Vorteil und der vorfälligen Erfüllung muss ein Kausalzusammenhang bestehen. Dieser kann rechtlicher oder wirtschaftlicher, nicht aber allein zeitlicher Art sein. Preisnachlässe in besonderen Fällen, zB zur Kundengewinnung oder -bindung, genügen nicht.3 Wird ein Nachlass (multikausal) aus zahlungsabhängigen ebenso wie aus zahlungsunabhängigen Gründen gewährt (sog. kombinierter Rabatt), findet nach vorzugswürdiger Auffassung eine Hinzurechnung statt.4 Ggf. hilft dann ein getrennter Ausweis weiter.5 3. Diskontbeträge (Satz 2 Halbs. 2)

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Ebenso unterliegen Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen (sog. Factoring oder Fortfaitierung)6 der Hinzurechnung. Der Diskont ist ein Zinsabschlag (auf den Nennwert) beim Ankauf von noch nicht fälligen Forderungen, insbesondere beim Ankauf von Wechseln. Er wird für den Zeitraum zwischen Ankaufs- und Fälligkeitstag berechnet. Der Verkäufer enthält die um den Diskont gekürzte Wechselsumme ausgezahlt und kann somit bereits vor Fälligkeit über den Wechselbetrag verfügen.7 Vor diesem Hintergrund entspricht der Diskont wirtschaftlich einem Entgelt für die vorzeitige Zuführung von Geldkapital zum Betrieb und damit einem Schuldentgelt.8 Unter § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Halbs. 2 GewStG fallen zB Abschläge aus dem Verkauf aktivierter Forderungen.9 Gleiches gilt aber für nicht aktivierte Forderungen.10 Auch die Veräußerung einer Forderung aus einem schwebenden Vertragsverhältnis iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 GewStG (Rz. 36 ff.) ist ein Anwendungsfall des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 GewStG (für den das Gesetz allerdings den Umfang der – hinzurechnungspflichtigen – Gewinnminderung fingiert).11

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Erfasst werden nur (Abschläge auf) Geldforderungen, also Forderungen, die auf Leistung in Geld gerichtet sind. Diese können nach vorzugswürdiger Auffassung unverzinslich oder verzinslich sein.12 Sachleistungs-, Dienstleistungs- oder Werkleistungsforderungen unterliegen hingegen nicht dem Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Halbs. 2 GewStG.13

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Was die Ausgestaltung des Forderungsverkaufs angeht, ist wie folgt zu unterscheiden: Beim echten Factoring erfolgt zivilrechtlich der Verkauf einer aktivierten Forderung mit Übergang des Bonitätsrisikos auf den Factor. Eine Zuführung von Fremdkapital findet aus der Sicht des Anschlusskunden 1 Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 65; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 12; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 47 und 50. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 12; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 50. 3 BT-Drucks. 16/4841, 79; gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 16. 4 GlA Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 52; Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 55; Neu/Schiffers/Watermeyer, GmbHR 2007, 421; aA Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 60. 5 GlA Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 52; Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 55; Neu/Schiffers/Watermeyer, GmbHR 2007, 421; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 13. 6 Während es sich bei der Fortfaitierung um einen Spezieskauf (Abtretung vertraglich genau bestimmter, später fällig werdender Forderungen) handelt, sind vom Factoring auch erst später entstehende, bei Vertragsschluss noch unbekannte Forderungen (Gattungskauf) betroffen; vgl. Wikipedia „Factoring“. Anders als beim Factoring liegt der einzelnen Abtretung bei der Fortfaitierung kein Rahmenvertrag zugrunde; Osten, DStR 2016, 1145 (1146). Siehe dazu auch Breinersdorfer, DB 2014, 1762 (1767). 7 Gabler Wirtschaftslexikon „Diskont“. 8 BT-Drucks. 16/4841, 79. 9 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 17. 10 Ritzer, DStR 2008, 1613 (1616). 11 GlA Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 67; aA Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 70 ff. 12 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 58; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 46; aA Hahne, BB 2008, 2546, der verzinsliche Geldforderungen aus teleologischen Gründen ausnimmt. 13 Ritzer, DStR 2008, 1613 (1616).

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D. Hinzurechnung von Skonti und Diskontbeträgen

Rz. 38 § 8 Nr. 1 Buchst. a

nicht statt. Daher fehlt es an einem Schuldentgelt. Eine Hinzurechnung der Factorgebühr kann allein nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 GewStG als fiktiver Finanzierungsaufwand erfolgen.1 Hingegen stellt das sog. unechte Factoring, bei der das Delkredere- und Bonitätsrisiko beim Anschlusskunden verbleibt, eine Kreditgewährung bis zur Realisierung der Debitorenforderung dar. Die entsprechende Factorgebühr unterliegt als Schuldentgelt der Hinzurechnung.2 Steht der Forderungsabschlag nicht mit der Veräußerung der Forderung im Zusammenhang, sondern 34 zB mit der mangelnden Bonität des Schuldners (Teilwertabschreibung), erfolgt aus teleologischen Gründen keine Hinzurechnung.3 In den Abschlägen enthaltene Wertermittlungskosten oder vergleichbare Kosten (zB Risikoprämien), Verwaltungsgebühren (zB für das Forderungsmanagement) und Nebenkosten der Veräußerung (Beratungs- und Transaktionskosten) unterliegen ebenfalls nicht der Hinzurechnung.4 Dies birgt allerdings gewisse Nachweisprobleme in sich.5 Hier bedarf es einer sorgfältigen Dokumentation.

II. Umfang der Hinzurechnung 1. Grundsatz Der Hinzurechnung unterliegt der Aufwand aus geschäftsunüblich gewährten Skonti und wirtschaft- 35 lich vergleichbaren Vorteilen im Zusammenhang mit der vorfälligen Erfüllung von Forderung aus Lieferungen und Leistungen iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Halbs. 1 GewStG. Anzusetzen ist der Nettobetrag ohne Umsatzsteuer, denn im Hinblick auf den Umsatzsteueranteil fehlt es an einer Gewinnminderung.6 In den Fällen des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Halbs. 2 GewStG (Veräußerung von Forderungen) ist der Diskontbetrag hinzuzurechnen. 2. Veräußerung von Forderungen aus schwebenden Geschäften (Satz 3) Für die Veräußerung von Geldforderungen (aus schwebenden Geschäften) enthält § 8 Nr. 1 Buchst. a 36 Satz 3 GewStG eine Spezialregelung. Soweit Gegenstand der Veräußerung eine Forderung aus einem schwebenden Vertragsverhältnis ist, gilt die Differenz zwischen dem Wert der Forderung aus dem schwebenden Vertragsverhältnis, wie ihn die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Veräußerung zugrunde gelegt haben, und dem – niedrigeren – vereinbarten Veräußerungserlös als bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt. Hintergrund der Regelung ist der Umstand, dass sich schwebende Geschäfte im Regelfall noch nicht in der Gewinnermittlung ausgewirkt haben.7 Vor diesem Hintergrund fingiert das Gesetz einen – rein „rechnerischen“ – Aufwand. Es handelt sich um eine „Absetzungsfiktion“.8 Hierdurch wird die Tatbestandsvoraussetzung „soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind“ (vgl. Einleitungssatz des § 8 GewStG) ausgefüllt. § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 GewStG gilt nur für Forderungen aus schwebenden Geschäften. Schwe- 37 bende Geschäfte sind gegenseitige Verträge iSd. §§ 320 ff. BGB, die von den Beteiligten noch nicht vollständig erfüllt sind. Dies betrifft zB Dauerschuldverhältnisse. Forderungen aus derartigen schwebenden Geschäften werden noch nicht aktiviert.9 Für Zwecke der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 GewStG sind der Wert der Forderung, 38 der der Fortfaitierungsvereinbarung zugrunde gelegt worden ist, einerseits und das vereinbarte Ver-

1 Kritisch Osten, DStR 2016, 1145: Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG. 2 Vgl. BFH v. 6.6.2013 – IV R 28/10, BFH/NV 2013, 1810; Breinersdorfer, DB 2014, 1762 (1767). 3 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 18; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 16; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 71. 4 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 17; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 167. 5 Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 67. 6 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 20a; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 48. 7 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 170. 8 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 21. 9 Rade/Stobbe in H/H/R, § 5 EStG Anm. 2050.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 39 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) äußerungsentgelt andererseits gegenüberzustellen.1 Der Wert der Forderung entspricht der Summe der zu erwartenden Raten (zum Nominalwert). Aus dieser Differenzrechnung ergibt sich der hinzuzurechnende Aufwand. Entgeltanpassungen aufgrund entsprechender Anpassungsklauseln (sog. EarnOut-Klauseln) lässt die Finanzverwaltung – wohl allein aus Vereinfachungsgründen2 – unberücksichtigt.3 Dies ist nicht zu beanstanden. Der Abschluss entsprechender Klauseln kann daher gestalterisch zu empfehlen sein.4 39

Bei der echten Fortfaitierung, bei der das Ausfallrisiko bei Gesamtbetrachtung der vertraglichen Bestimmungen5 vollständig auf den Erwerber übergeht,6 handelt es sich steuerrechtlich um einen Veräußerungsvorgang. Bilanzsteuerrechtlich ist die Forderung beim Veräußerer aus- und beim Erwerber einzubuchen. Der Diskontbetrag unterliegt der Hinzurechnung. Diese erfolgt – korrespondierend zur Erlöserfassung (passiver Rechnungsabgrenzungsposten),7 aber ohne bilanzsteuerrechtliches Pendant und damit ohne Gewinnminderung – linear verteilt über die Restlaufzeit des schwebenden Vertrags. In den Abschlägen enthaltene Wertermittlungskosten, Transaktionskosten oder vergleichbare Gebühren (zB Risikoprämien) unterliegen indes nicht der Hinzurechnung.8 Handeln die Parteien einen einheitlichen Kaufpreis aus, kann der Diskontbetrag ausgehend vom Veräußerungspreis im Wege der Diskontierung (unter Zugrundelegung risikoloser Zinssätze für Darlehen mit vergleichbarer Laufzeit) ermittelt werden; die Wertermittlungskosten und Gebühren lassen sich dann retrograd bestimmen.9

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Bei der unechten Fortfaitierung, die durch einen Verbleib des Ausfallrisikos beim Verkäufer gekennzeichnet ist, handelt es sich bilanzsteuerrechtlich um eine Darlehensaufnahme durch den Verkäufer.10 Daher bedarf es keines Rückgriffs auf die Fiktion des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 GewStG, vielmehr ergibt sich die Hinzurechnung bereits aus dem Grundtatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG.11 Der aus der Auflösung des aktiven Rechnungsabgrenzungspostens resultierende jährliche Aufwand ist hinzuzurechnen. In den Abschlägen enthaltene Gebühren unterliegen wiederum nicht der Hinzurechnung.12 Entsprechendes gilt für die – ebenfalls als Darlehen einzustufende13 – Fortfaitierung von Restwertforderungen aus sog. Teilamortisations-Leasing-Verträgen.14

E. Einzelnachweise (ABC der Schuldentgelte) 41

Abfindungsschuld: Schuldet eine Personengesellschaft dem Erben ihres verstorbenen Gesellschafters eine Abfindung und wird dieser Anspruch verzinst, liegen hinzurechnungspflichtige Schuldentgelte vor.15 Akzeptprovisionen: Sie sind als Schuldentgelt hinzuzurechnen.16

1 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 20; aA Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 71; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 78. 2 Vgl. Ritzer, DStR 2008, 1613 (1618). 3 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 20. 4 Vgl. Ritzer, DStR 2008, 1613 (1618). 5 BFH v. 26.8.2010 – I R 17/09, FR 2011, 192 m. Anm. Klein/Kloster = BFH/NV 2011, 143. 6 Vgl. auch BFH v. 5.5.1999 – XI R 6/98, BStBl. II 1999, 735 = FR 1999, 956 m. Anm. Wendt; v. 2.3.2010 – I R 44/09, BFH/NV 2010, 1622. 7 BMF v. 9.1.1996 – IV B 2 - S 2170 - 135/95, BStBl. I 1996, 9. 8 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 23; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 76. 9 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 66; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 68; Ritzer, DStR 2008, 1613 (1617). 10 BFH v. 8.11.2000 – I R 37/99, BStBl. II 2001, 722 = FR 2001, 211; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 74. 11 Vgl. Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 60. 12 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 23. 13 BFH v. 8.11.2000 – I R 37/99, BStBl. II 2001, 722 = FR 2001, 211. 14 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 77. 15 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 52/98, BFH/NV 2000, 80; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 86. 16 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 89.

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E. Einzelnachweise

Rz. 41 § 8 Nr. 1 Buchst. a

Asset-Backed-Securities-Modell: Die an den Forderungskäufer geleisteten „Gebühren“ stellen ein Schuldentgelt dar, wenn das wirtschaftliche Eigentum an der Forderung aufgrund der weiteren Tragung des Bonitätsrisikos beim Forderungsverkäufer verblieben ist.1 Auf-/Abzinsungsbeträge: Zinslose Darlehen sind zum Zwecke der periodengerechten Gewinnermittlung abzuzinsen und in der Folgezeit wieder aufzuzinsen, um sie zum Fälligkeitszeitpunkt wieder zum Nominalwert ausweisen zu können. Aus der Abzinsung und der nachfolgenden Aufzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten und von Rückstellungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3, 3a EStG) ergeben sich keine Schuldentgelte. Gleiches gilt für Aufzinsungsbeträge nach § 6a Abs. 3 EStG.2 Avalgebühren/-provisionen: Eine Avalprovision, die als Gegenleistung für die Gewährung des Avalkredits (Bürgschaftskredit) anzusehen ist, stellt kein Schuldentgelt dar.3 Baukostenzuschüsse: Zahlen Versorgungsunternehmen (verlorene) Baukostenzuschüsse für einen Neuanschluss oder eine Erhöhung der Anschlussleistung an ihre Kunden, liegen Schulden vor,4 es fehlt jedoch regelmäßig an einem Entgelt.5 Bauzeitzinsen: Werden diese als Herstellungskosten aktiviert (§ 255 Abs. 3 Satz 2 HGB), liegen – mangels vorangegangener Gewinnminderung – keine hinzurechnungspflichtigen Schuldentgelte vor, und zwar auch nicht im Umfang der Gewinnminderung durch Vornahme von AfA.6 Bereitstellungsprovisionen: Sie entfallen auf über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen des Kreditinstituts und unterliegen nicht der Hinzurechnung (s. „Umsatzprovisionen“). Bereitstellungszinsen: Es handelt sich nicht um ein hinzurechnungspflichtiges Entgelt, da in zeitlicher Hinsicht noch keine Schuld existiert, für die ein Entgelt geleistet worden sein könnte.7 Besserungsabrede: Zinsen für Zuschüsse, die unter der aufschiebenden Bedingung künftiger Jahresüberschüsse stehen, stellen Schuldentgelte dar.8 Betriebsaufspaltung: Da Besitz- und Betriebsunternehmen gewstl. nicht als einheitlicher Gewerbebetrieb anzusehen sind, führt die Betriebsaufspaltung im Grundsatz nicht zu einer Verrechnung der Zinsen für wechselseitig hingegebene Darlehen, dh., es erfolgt eine Hinzurechnung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Darlehen demselben Zweck dienen und regelmäßig miteinander verrechnet werden.9 Betriebsverpachtung: Die vom Pächter übernommene Verpflichtung, für die bei Pachtbeginn erhaltenen Rohstoffe sowie Halb- und Fertigfabrikate bei Aufhebung des Pachtverhältnisses dieselbe Vorratsmenge in gleicher Art und Güte zurückzugeben (Substanzerhaltungspflicht), stellt eine Schuld iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG dar; der Aufwand für Rückstellungserhöhungen oder weiter gehende Verpflichtungen unterliegt der Hinzurechnung.10

1 BFH v. 26.8.2010 – I R 17/09, FR 2011, 192 m. Anm. Klein/Kloster = BFH/NV 2011, 143; Köster in Lenski/ Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 88a; Breinersdorfer, DB 2014, 1762 (1767). 2 BT-Drucks. 16/4841, 79; gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 12; kritisch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 60. 3 BFH v. 29.3.2007 – IV R 55/05, BStBl. II 2007, 655 = FR 2007, 979 m. Anm. Wendt; H 8.1 Abs. 1 GewStH 2009 „ABC der nicht als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Avalprovisionen/Avalgebühren“. 4 BFH v. 20.9.1995 – I R 55/94, BStBl. II 1996, 73 = FR 1996, 109. 5 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 130 „Baukostenzuschüsse bei Versorgungsunternehmen“. 6 BFH v. 30.4.2003 – I R 19/02, BStBl. II 2004, 192 = FR 2003, 975; gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 13; H 8.1 Abs. 1 GewStH 2009 „ABC der nicht als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Bauzeitzinsen“; kritisch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 61. 7 BFH v. 25.2.1999 – IV R 55/97, BStBl. II 1999, 473 = FR 1999, 821 m. Anm. Wendt; v. 10.7.1996 – I R 12/96, BStBl. II 1997, 253 = FR 1996, 797; R 8.1 Abs. 1 Satz 9 GewStR 2009; H 8.1 Abs. 1 GewStH 2009 „ABC der nicht als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Bereitstellungszinsen“; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 23. 8 FG Nds. v. 23.2.1999 – VI 279/96, rkr., EFG 1999, 1147. 9 BFH v. 7.7.2004 – XI R 65/03, BStBl. II 2005, 102 = FR 2005, 212 m. Anm. Wendt; v. 7.9.2005 – I R 119/04, BFH/NV 2006, 606. 10 BFH v. 30.11.1965 – I 70/60 S, BStBl. III 1966, 51; Wingler in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 39 „Entgelt bejaht (ABC) – Betriebsverpachtung“.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 41 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) Bürgschaftsakzepte/-provisionen: Sicherungskosten eines Kredits, wie zB Bürgschaftsprovisionen, stellen kein Schuldentgelt dar.1 Damnum (Abgeld, Disagio): Es unterliegt der Hinzurechnung.2 Deckungsrückstellung: Die Deckungsrückstellung der Lebensversicherungsunternehmen stellt keine Schuld iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG dar.3 Depotgebühren: Es handelt sich nicht um hinzurechnungspflichtige Entgelte.4 Diskontbeträge: Soweit der Finanzierungsanteil betroffen ist, liegen Schuldentgelte vor (Rz. 31 ff.); hingegen unterliegen in den Beträgen enthaltene Nebenkosten (Verwaltungsgebühren, Risikoprämien, Wertermittlungskosten, vergleichbare Kosten) nicht der Hinzurechnung.5 Durchlaufende Kredite: Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung hat keine Hinzurechnung zu erfolgen (Rz. 15 ff.). Eigenkapitalzinsen: Mangels Personenverschiedenheit fehlt es an einem Entgelt für eine Schuld. Einlagezinsen, negative: Die von einem Unternehmer an ein Kreditinstitut entrichteten negativen Einlagezinsen stellen Betriebsausgaben dar.6 Da es sich der Sache nach um eine Verwahrgebühr handelt, unterbleibt aber eine gewstl. Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG.7 Erbbaurecht: Wird an einem bebauten Grundstück ein Erbbaurecht bestellt, ist der Erbbauzins in ein Entgelt für die Übertragung des Eigentums an den Bauwerken und ein Entgelt für die Nutzung des Grund und Bodens aufzuteilen. Der Zinsanteil in dem Entgelt für die Eigentumsübertragung unterliegt der Hinzurechnung.8 Er entspricht den Zahlungen, soweit sie die jährliche Barwertminderung übersteigen. Erbbauzinsen: Sind diese als Herstellungskosten zu aktivieren, liegen – mangels vorangegangener Gewinnminderung – keine hinzurechnungspflichtigen Schuldentgelte vor, und zwar auch nicht im Umfang der Gewinnminderung durch Vornahme von AfA.9 Keine Schuldentgelte stellen Erbbauzinsen dar, soweit diese Entgelt für die Überlassung des Grund und Bodens darstellen.10 Erfolgsabhängige Vergütungen: Gewinn- und Umsatzbeteiligungen sowie andere erfolgsabhängige Vergütungen unterliegen der Hinzurechnung, soweit sie nicht beteiligungsähnlich sind.11 Förderzinsen: Wartegelder und Förderzinsen, die für Abbaurechte (zB Mineralgewinnungsrechte) gezahlt werden, stellen Schuldentgelte dar.12 Gebühren: Sie unterliegen nicht der Hinzurechnung. Dies betrifft insbesondere Gebühren, die im Zusammenhang mit strukturierten Finanzierungen anfallen und an die kreditgebende Bank zu zahlen sind, zB sog. Waiver Fees, Arrangement Fees, Underwriting Fees, Commitment Fees, Agent Fees, Facility Agent Fees, Security Agent Fees und Participation Fees. Letztlich bedarf es aber stets einer einzelfallbezogenen Prüfung.13 Geldbeschaffungskosten: Bei Geldbeschaffungskosten wie Bearbeitungsgebühren und Bereitstellungsprovisionen handelt es sich nicht um hinzurechnungspflichtige Entgelte.14

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OFD Magdeburg v. 6.12.2001 – G 1422 - 22 - St 217, DB 2002, 178. R 8.1 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 82. R 8.1 Abs. 1 Satz 10 GewStR 2009. R 8.1 Abs. 1 Satz 9 GewStR 2009; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 27. H 8.1 Abs. 1 GewStH 2009 „ABC der als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Diskontbeträge“. BMF v. 27.5.2015 – IV C 1 - S 2210/15/10001 :002, BStBl. I 2015, 743. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 17.11.2015, BStBl. I 2015, 896; Patzner/ Joch, GmbHR 2015, 747 (750); Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 124a; kritisch Niermann, jM 2016, 426: Zinsen im zivilrechtlichen Sinne. BFH v. 18.3.2009 – I R 9/08, BStBl. II 2010, 560 = FR 2009, 1116. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 13; kritisch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 61. BFH v. 7.3.2007 – I R 60/06, BStBl. II 2007, 654 = FR 2007, 899; H 8.1 Abs. 1 GewStH 2009 „ABC der nicht als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Erbbauzinsen“. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 41; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 98. BFH v. 9.6.1993 – I R 8/92, BStBl. II 1994, 44 = FR 1994, 92. Haase/Geils, DStR 2016, 273. BFH v. 26.6.1963 – I 351/60 U, BStBl. III 1963, 386; R 8.1 Abs. 1 Satz 9 GewStR 2009.

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E. Einzelnachweise

Rz. 41 § 8 Nr. 1 Buchst. a

Genussrechte: Zahlungen auf das Genussrecht unterliegen der Hinzurechnung.1 Gewinnobligationen: Vergütungen für Gewinnobligationen gehören zu den Schuldentgelten.2 Jahresendanpassungen: Der fiktive Zinsaufwand iZm. sog. Jahresendanpassungen unterliegt der Hinzurechnung.3 Konventionalstrafen: Sie stehen nicht in dem von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG vorausgesetzten Abhängigkeitsverhältnis.4 Kreditprovisionen (Bereitstellungs-/Zusageprovisionen): Es erfolgt keine Hinzurechnung, da es sich bei derartigen Provisionen nicht um ein Entgelt für die eigentliche Nutzung von Fremdkapital handelt.5 Kurssicherung: Aufwendungen zur Kurssicherung gehören nicht zu den Schuldentgelten.6 Leasingraten: Leasingraten für WG, die dem Leasingnehmer zuzurechnen7 und die daher von diesem zu aktivieren sind, stellen Schuldentgelte dar, soweit der Zinsanteil betroffen ist.8 Lizenzgebühren: Es liegen keine Schuldentgelte vor; § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG gelangt zur Anwendung.9 Mahngebühren: Sie stellen keine Schuldentgelte dar.10 Maklergebühren: Aufwendungen für Makler gehören als Geldbeschaffungskosten nicht zu den Schuldentgelten, wenn sie einem anderen als dem Darlehensgläubiger zustehen.11 Organschaft: Im Fall der Kreditgewährung innerhalb eines gewstl. Organkreises, dh. zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft bzw. zwischen zwei Organgesellschaften, erfolgt keine Hinzurechnung, soweit diese zu Doppelbelastungen führen würde.12 Dies gilt aber nicht für Kredite zwischen Schwestergesellschaften außerhalb eines Organkreises: Jede Schwestergesellschaft hat ihren Gewerbeertrag selbst zu versteuern; eine Zusammenrechnung der erhaltenen und gezahlten Schuldentgelte erfolgt nicht.13 Partiarisches Darlehen: Vergütungen für ein partiarisches Darlehen sind als Schuldentgelte anzusehen.14 Prozesskosten: Zivilrechtliche Prozesszinsen stellen keine Schuldentgelte dar.15 Ratenzahlungen: Der in Kaufpreisraten enthaltene Zinsanteil unterliegt – auch wenn eine Verzinsung nicht ausdrücklich vereinbart worden ist – der Hinzurechnung.16 Renten: Die Zinsanteile in Rentenzahlungen sind nicht als Schuldentgelte hinzuzurechnen.17 Risikoprämien: Sie unterliegen nicht der Hinzurechnung, wenn sie das Entgelt für Leistungen bilden, die nicht in der Kapitalüberlassung bestehen, etwa weil sie die Funktion von Verwaltungsgebühren er-

1 FG Rh.-Pf. v. 26.4.2001 – 6 K 3450/98, rkr., EFG 2001, 1159; R 8.1 Abs. 1 Satz 3 GewStR 2009; Wingler in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 39 „Entgelt bejaht (ABC) – Genussrechte“. 2 FG Rh.-Pf. v. 26.4.2001 – 6 K 3450/98, rkr., EFG 2001, 1159; R 8.1 Abs. 1 Satz 3 GewStR 2009; Wingler in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 39 „Entgelt bejaht (ABC) – Genussrechte“. 3 Ettinger, IStR 2017, 25 (26). 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 6b. 5 R 8.1 Abs. 1 Satz 7, 8 GewStR 2009; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 82. 6 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 43. 7 Vgl. BMF v. 19.4.1971 – IV B/2 - S 2170-31/71, BStBl. I 1971, 264. 8 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 42; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 6a. 9 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 95. 10 Ritzer, DStR 2008, 1613 (1615); Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 43; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 35. 11 BFH v. 26.6.1963 – I 351/60 U, BStBl. III 1963, 386; R 8.1 Abs. 1 Satz 9 GewStR 2009. 12 BFH v. 24.1.1996 – I R 160/94, BStBl. II 1996, 328 = FR 1996, 424. 13 BFH v. 29.7.2004 – I B 69/03, BFH/NV 2005, 72. 14 R 8.1 Abs. 1 Satz 3 GewStR 2009. 15 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 121; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 35; Ritzer, DStR 2008, 1613 (1615); aA Breinersdorfer, DB 2014, 1762 (1767). 16 BFH v. 25.2.1975 – VIII R 19/70, BStBl. II 1975, 647. 17 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 43.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 41 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) füllen. Hingegen werden Risikoentgelte zur Abgeltung eines erhöhten Finanzierungsrisikos des Kreditgebers hinzugerechnet.1 Säumniszuschläge (§ 240 AO): Sie stehen nach vorzugswürdiger Auffassung nicht in dem von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG vorausgesetzten Abhängigkeitsverhältnis und unterliegen damit nicht der Hinzurechnung.2 Dafür spricht trotz des Zinsersatzcharakters der Säumniszuschläge vor allem, dass es sich (auch) um ein dem Steuerrecht eigenes Druckmittel, dh. eine Verwaltungssanktion handelt.3 Schadensersatzleistungen: Wird Schadensersatz für nicht in Anspruch genommene Kredite gezahlt, liegen keine Schuldentgelte vor.4 Sicherheiten: Kosten für die Bestellung oder Verwaltung von Kreditsicherheiten gehören nicht zu den Schuldentgelten.5 Skonti: Der Aufwand aus nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechenden gewährten Skonti stellt an sich kein Schuldentgelt dar, wird aber gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG als solches fingiert (Rz. 23 ff.). Sondervergütungen: Laufende Sondervergütungen für Bankkredite (zB Provisionen, Garantieentgelte) stellen regelmäßig Schuldentgelte dar.6 Teilwertabschreibung auf eine Forderung: § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG ist nicht einschlägig.7 Umsatzprovisionen: Sie unterliegen insoweit nicht der Hinzurechnung, als sie auf über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen entfallen.8 Entsprechendes gilt für Bereitstellungs-, Vermittlungs- oder Zusageprovisionen. Vermittlungsprovisionen: Sie entfallen grundsätzlich auf über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen und unterliegen nicht der Hinzurechnung (s. auch „Umsatzprovisionen“). Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn die Provision mit Wissen des Kreditnehmers an den Kreditgeber weitergeleitet wird und damit den Charakter einer Gegenleistung für die Nutzung der Kreditmittel annimmt.9 Versicherungsprämien: Sie unterliegen auch dann nicht (teilweise) der Hinzurechnung, wenn ein Versicherungsnehmer die Prämie statt in einem Jahresbetrag in höheren monatlichen Teilbeträgen entrichtet.10 Versicherungsunternehmen: Versicherungstechnische Rückstellungen und aus Versicherungsverhältnissen entstandene Verbindlichkeiten der Versicherungsunternehmen gegenüber Versicherungsnehmern unterliegen nicht der Hinzurechnung, soweit die Rückstellungen bzw. Verbindlichkeiten durch Vermögenswerte des gebundenen Vermögens iSd. § 54 Abs. 1 Satz 1 VAG gedeckt werden. Entsprechendes gilt für die Depotverbindlichkeiten. Auf nicht steuerbefreite Pensionskassen und -fonds sind diese Grundsätze ebenfalls anzuwenden. Zudem erfolgt keine Hinzurechnung im Hinblick auf versicherungstechnische Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen in der Pflegeversicherung.11 Verwaltungskosten: Laufende Verwaltungskostenbeiträge, deren Höhe sich (prozentual) nach dem Darlehensbetrag richtet und die auf die gesamte Vertragslaufzeit zu zahlen sind, stellen Schuldentgel-

1 FG Hbg. v. 19.6.2014 – 3 K 74/13, rkr., juris. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 6b und 108; aA Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 53. 3 Vgl. dazu Rüsken in Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 240 Rz. 1. 4 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 131; Ritzer, DStR 2008, 1613 (1614). 5 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 42; Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 40. 6 R 8.1 Abs. 1 Satz 5 GewStR 2009. 7 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 18; H 8.1 Abs. 1 GewStH 2009 „ABC der nicht als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Teilwertabschreibungen“. 8 FG Hbg. v. 19.6.2014 – 3 K 74/13, rkr., juris; R 8.1 Abs. 1 Satz 8 GewStR 2009. 9 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 43. 10 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 10. 11 BT-Drucks. 16/4841, 79; gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 24; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 130 „Versicherungswirtschaft“.

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E. Einzelnachweise

Rz. 41 § 8 Nr. 1 Buchst. a

te dar.1 Davon abzugrenzen sind Verwaltungskosten, soweit sie auf über die Kapitalnutzung hinausgehende Leistungen entfallen; dabei handelt es sich nicht um hinzurechnungspflichtige Entgelte.2 Vorfälligkeitsentschädigung: Es handelt sich um ein von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG erfasstes Entgelt für den vorzeitig zurückgezahlten Kredit (Rz. 4).3 Denn die Vorfälligkeitsentschädigung ist Bestandteil der auf die verkürzte Gesamtlaufzeit des Kredits bezogenen Gegenleistung des Darlehensnehmers für die Inanspruchnahme des Fremdkapitals.4 Währungsverluste: Es handelt sich nicht um hinzurechnungspflichtige Entgelte.5 Zinsen nach §§ 233 ff. AO: Steuerzinsen nach § 233a AO (Nachzahlungszinsen), Stundungszinsen, Hinterziehungszinsen, Prozesszinsen und AdV-Zinsen unterliegen – trotz Fehlens einer freiwilligen Anlageentscheidung – der Hinzurechnung, soweit sie auf (abzugsfähige) betriebliche Steuerschulden, wie zB die Umsatzsteuer,6 entfallen.7 Zinsen auf Schadensersatzverbindlichkeiten: Es liegen Schuldentgelte vor.8 Zinsswapgeschäfte: Zinsswapverträge dienen regelmäßig der Absicherung des Zinsrisikos eines Darlehensvertrags oder der Erzielung von Spekulationsgewinnen. Die in diesem Zusammenhang gezahlten Vergütungen werden nicht für die Überlassung von Kapital gezahlt und unterliegen daher nicht der Hinzurechnung.9 Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Vergütung nicht an das darlehensgebende Kreditinstitut, sondern an einen Dritten gezahlt wird.10 Entsprechendes gilt für Zins-/WährungsSwaps sowie andere Zinsbegrenzungsverträge, wie zB Caps,11 Floors12 und Collars.1314 Zinsverbilligungszuschüsse: Sie vermindern die hinzurechnungspflichtigen Schuldentgelte.15 Zusageprovisionen: Sie entfallen auf über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen und unterliegen daher nicht der Hinzurechnung (s. „Umsatzprovisionen“).

1 BFH v. 9.8.2000 – I R 92/99, BStBl. II 2001, 609 = FR 2001, 93 m. Anm. Wendt. 2 BFH v. 9.8.2000 – I R 92/99, BStBl. II 2001, 609 = FR 2001, 93 m. Anm. Wendt; R 8.1 Abs. 1 Satz 9 GewStR 2009. 3 BFH v. 25.2.1999 – IV R 55/97, BStBl. II 1999, 473 = FR 1999, 821 m. Anm. Wendt; H 8.1 GewStH 2009 „ABC der als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Vorfälligkeitsentschädigungen“; Wingler in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 39 „Entgelt bejaht (ABC) – Vorfälligkeitsentschädigung“; Köster in Lenski/ Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 144; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 42; aA FG Ba.-Wü. v. 23.6.1988 – X K 244/84, rkr., EFG 1988, 588; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 6a: im Hinblick auf die Aufhebung des Kreditvertrags kein Entgelt für Schulden. 4 Zur zivilrechtlichen Einordnung der Vorfälligkeitsentschädigung vgl. BGH v. 1.7.1997 – XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161. 5 BFH v. 26.6.1963 – I 351/60 U, BStBl. III 1963, 386; R 8.1 Abs. 1 Satz 9 GewStR 2009. 6 Vgl. demgegenüber § 10 Nr. 2 KStG und § 4 Abs. 5b EStG. 7 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 24a; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 108; Breinersdorfer, DB 2014, 1762 (1767). Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 130 „Zinsen gem. §§ 233 f. AO“, weist zu Recht darauf hin, dass bei einer bloßen Periodenverschiebung im Anschluss an eine Außenprüfung eine Saldierung zwischen Nachzahlungs- und Erstattungszinsen stattfinden müsse; ebenso Ritzer, DStR 2013, 558; ähnlich Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 36; aA Schöneborn, NWB 2012, 2250 (2252). 8 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 107. 9 BFH v. 4.6.2003 – I R 89/02, BStBl. II 2004, 517 = FR 2003, 1043 m. Anm. Wendt; gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 15; H 8.1 Abs. 1 GewStH 2009 „ABC der nicht als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Zins-Swap-Geschäfte“; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 119. 10 Zu Fällen der Personenidentität vgl. Haase/Geils, DStR 2016, 273 (276): Danach kann eine Hinzurechnung in Betracht kommen, wenn Betrag und Laufzeit sowie Zinszahlungs- bzw. Zinsanpassungstermine von Darlehen und Zinsswap aufeinander abgestimmt sind. 11 Sie legen Zinsobergrenzen fest. 12 Es handelt sich um Zinsuntergrenzen. 13 Hier liegt eine Mischform von Zinsober- und -untergrenzen vor. 14 Bunzeck in Deloitte, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 49; Ritzer, DStR 2008, 1613 (1616). 15 BFH v. 4.5.1965 – I 134/63 U, BStBl. III 1965, 417; H 8.1 Abs. 1 GewStH 2009 „ABC der nicht als Entgelt für Schulden anzusehenden Leistungen – Verrechnung von Entgelten für Schulden mit erhaltenen Erstattungen“.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 42 Hinzurechnungen (Schuldentgelte)

F. Schulden bei Kreditinstituten und anderen Unternehmen (§ 19 GewStDV) I. Hintergrund der Regelung 42

§ 19 GewStDV (abgedruckt zu Beginn von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG), der seine – in Einklang mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG stehende1 – Ermächtigungsgrundlage in § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e und f GewStG hat,2 enthält ergänzende Regelungen für die Schulden bestimmter Unternehmen. Diesem sog. Bankenprivileg liegt der Gedanke zugrunde, dass Kreditinstitute wirtschaftlich nur Durchlaufstellen des Geld- und Kreditverkehrs darstellen und dass deshalb das Passiv- und Aktivgeschäft „artmäßig“ in etwa übereinstimmen.3 Mit § 19 GewStDV soll der wirtschafts-, kredit- und währungspolitischen Funktion des Bankengewerbes angemessen Rechnung getragen und der Umstand berücksichtigt werden, dass bei Banken der Fremdmitteleinsatz typischerweise besonders hoch ist.4 Ihr Kreditgeschäft soll nicht mit zusätzlicher GewSt belastet werden, die zu einer Erhöhung des Zinsniveaus führen kann.5 Daher soll die Refinanzierung banktypischer Geschäfte möglichst nicht der Hinzurechnung unterliegen,6 diese unterliegt einer Beschränkung (vgl. § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG). Bei § 19 GewStDV handelt es sich um eine erschöpfende Regelung der Schuldentgelte,7 die im Regelfall begünstigend wirkt, im Einzelfall aber auch nachteilig sein kann.8 In der Praxis führen die Eigenkapitalvorschriften des KWG dazu, dass die Schuldentgelte der Kreditinstitute regelmäßig nicht der Hinzurechnung unterliegen.9 § 19 GewStDV hat durch die Ausdehnung der gewstl. Hinzurechnung iRd. Unternehmensteuerreform 2008 an Bedeutung gewonnen.10

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§ 19 Abs. 1 GewStDV adressiert Kreditinstitute. § 19 Abs. 3 GewStDV stellt bestimmte weitere Unternehmen ausdrücklich den Kreditinstituten gleich. Dies gilt zum einen für Pfandleiher (Nr. 1), da diese mit Kreditinstituten in Wettbewerb stehen und ihre Ausleihungen ebenfalls weitgehend refinanzieren. Zum anderen werden Unternehmen begünstigt, die das Geschäft mit sog. Asset-Backed-Securities betreiben (Nr. 2 und 3). Diese Unternehmen unterstützen die Finanzierungsfunktion der Kreditwirtschaft.11 § 19 Abs. 4 GewStDV zieht schließlich Finanzdienstleistungsinstitute sowie Zahlungsinstitute in die Begünstigung ein. Infolge der Finanzmarktkrise wurden diese der (beschränkten) Kreditaufsicht unterworfen. Sie sollen jedoch aufgrund ihrer Finanzierungsfunktion für die Wirtschaft und ihrer bankenähnlichen Tätigkeit ebenfalls gewstl. begünstigt werden.12 Spezialgesetzlich werden Zweckgesellschaften und Abwicklungsanstalten iSd. FMStFG in die Begünstigung nach § 19 GewStDV einbezogen (vgl. §§ 14b, 14d FMStFG). Zweckgesellschaften iSd. FMStFG dienen Finanzholdings und Kreditinstituten dazu, ihre Bilanzen von strukturierten Wertpapieren zu bereinigen, indem die Wertpapiere mit einem Abschlag vom Buchwert auf Zweckgesellschaften übertragen werden.13 Sie sollen ebenfalls an der Privilegierung teilhaben. Eine Ausdehnung des § 19 GewStG auf andere Gewerbebetriebe kommt hingegen nicht in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn diese Unternehmen Kreditgeschäfte betreiben.14

II. Zeitlicher Anwendungsbereich 44

Durch das JStG 2009 v. 19.12.2008 hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 3 Nr. 4 GewStDV eine spezielle Begünstigungsnorm für Finanzdienstleistungsinstitute geschaffen. Sie ist erstmals für den EZ 2008 anzuwenden (§ 36 Abs. 3 Satz 1 GewStDV). 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

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BVerfG v. 12.10.1967 – 1 BvR 197/73, BVerfGE 42, 374; BFH v. 6.12.2016 – I R 79/15, DStR 2017, 774. Der Gesetzgeber hat § 19 GewStDV iRd. JStG 2009 (BGBl. I 2008, 2794) neu gefasst. BFH v. 27.3.2013 – I R 61/12, BFH/NV 2013, 1626; v. 2.8.1960 – I 231/59 S, BStBl. III 1960, 390. BVerfG v. 12.10.1976 – 1 BvR 197/73, BVerfGE 42, 374. BFH v. 16.3.1989 – IV R 133/86, BStBl. II 1989, 737 = FR 1989, 595. BT-Drucks. 15/537, 10. BFH v. 23.8.2000 – I R 98/96, BStBl. II 2002, 207 = FR 2001, 267. FG Hessen v. 24.10.1985 – 8 K 81/85, rkr., EFG 1986, 304. Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 116; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 104. Vgl. dazu Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 180. BT-Drucks. 15/537, 11. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 105a. BT-Drucks. 16/13297. BFH v. 15.5.2008 – IV R 77/05, BStBl. II 2008, 767 = FR 2009, 43 m. Anm. Wendt.

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F. Schulden bei Kreditinstituten (§ 19 GewStDV)

Rz. 46 § 8 Nr. 1 Buchst. a

Die Ausnahmeregelung für Finanzdienstleistungsinstitute befindet sich seit dem StEUVUmsG vom 8.4.20101 – mit Wirkung ab dem EZ 2008 (§ 36 Abs. 3 Satz 2 GewStDV idF des StEUVUmsG) – in § 19 Abs. 4 GewStDV. Gleichzeitig ist das sog. Ausschließlichkeitsgebot (rückwirkend) aufgehoben worden. Die Umsatzgrenze des § 19 Abs. 4 Satz 2 GewStDV ist mit Wirkung ab dem EZ 2011 eingeführt worden (§ 36 Abs. 3 Satz 2 GewStDV idF des StEUVUmsG). Mit der Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen v. 17.11.20102 ist § 19 GewStDV redaktionell geändert worden. Zahlungsinstitute sind durch das AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.20133 mit Wirkung ab dem EZ 2009 in § 19 Abs. 4 GewStDV aufgenommen worden (§ 36 Abs. 3 Satz 5 GewStDV). Diese Änderung war redaktioneller Art und lag darin begründet, dass Zahlungsinstitute aus dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1a KWG herausgenommen worden waren.4 Die Einschränkung des § 19 Abs. 4 Satz 2 GewStDV gilt für Zahlungsinstitute ab dem EZ 2011 (§ 36 Abs. 3 Satz 5 GewStDV).

III. Kreditinstitute und gleichgestellte Unternehmen (§ 19 Abs. 1 bis 3 GewStDV) 1. Kreditinstitute § 19 Abs. 1 GewStDV gilt in erster Linie für Kreditinstitute iSd. § 1 Abs. 1 KWG. Sie unterliegen der 45 Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin). Kreditinstitute sind Unternehmen, die Bankgeschäfte iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 1 Satz 1 KWG). Im Zweifel entscheidet darüber die BaFin, wobei ihre Entscheidung auch für das FA bindend ist (§ 4 KWG).5 Grundvoraussetzung ist, dass es sich um ein im Wesentlichen am Geld- oder Kreditverkehr und damit an den eigentlichen Bankgeschäften ausgerichtetes Unternehmen handelt.6 Hieraus ist im Sinne einer Negativabgrenzung abzuleiten, dass jedenfalls Unternehmen, die von der BaFin. nur deshalb als dem KWG unterstellt angesehen werden, weil sie neben ihrem Warengeschäft in geringem Umfang eigene Bankgeschäfte betreiben, nicht als Kreditinstitute angesehen werden können.7 Ob eine Erlaubnis iSd. § 32 KWG vorliegt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.8 Kreditinstitute in diesem Sinne sind Banken, Sparkassen, Kreditgenossenschaften, Spar- und Darlehenskassen, private Hypothekenbanken, öffentlich-rechtliche Pfandbriefanstalten, Kommunalkreditinstitute, Teilzahlungsbanken sowie Bausparkassen.9 Spar- und Darlehenskassen sind alle Genossenschaften, in deren Firma zum Ausdruck kommt, dass sie Geschäfte der in § 1 KWG bezeichneten Art ausführen (zB Spar- und Darlehensvereine, Spar- und Wirtschaftsgenossenschaften).10 Gesellschaften, die sich an kleineren und mittleren Unternehmen zur Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Verbreiterung der Eigenkapitalbasis dieser Betriebe beteiligen, stellen keine Kreditinstitute dar.11 Gleiches gilt für Unternehmen, die Spareinlagen ihrer Kunden oder Gefolgschaftsmitglieder entgegennehmen.12 Im Fall der gewstl. Organschaft ist § 19 GewStDV nur anwendbar, soweit das einzelne zur Beurteilung stehende Unternehmen selbst als Kreditinstitut zu qualifizieren ist; eine Zurechnung dieses Merkmals im Organkreis findet nicht statt.13 Ob Konzernfinanzierungsgesellschaften, die Darlehen ausschließlich innerhalb eines Konzerns hin- 46 geben, begünstigt sind, ist umstritten. Zwar fallen sie unter § 1 KWG, es greift jedoch die Ausnahme des § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG, wonach diese Unternehmen nicht als Kreditinstitut gelten, sodass das KWG 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

BGBl. I 2010, 386. BGBl. I 2010, 1544. BGBl. I 2013, 1809. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 203. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 93. BFH v. 16.10.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653. BFH v. 6.12.2016 – I R 79/15, DStR 2017, 774; v. 10.2.1987 – VIII R 257/81, BFH/NV 1987, 391. BFH v. 6.12.2016 – I R 79/15, DStR 2017, 774; v. 16.10.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93a. R 8.9 Satz 5 GewStR 2009. BFH v. 18.12.1986 – I R 293/82, BStBl. II 1987, 446 = FR 1987, 242. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 200. R 8.8 Abs. 1 Satz 10 GewStR 2009.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 47 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) letztlich nicht anwendbar ist (sog. Konzernprivileg). Vor diesem Hintergrund wird die Anwendbarkeit des § 19 GewStDV zum Teil verneint.1 Nach vorzugswürdiger Auffassung sind diese Gesellschaften indes begünstigt, sofern sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 KWG erfüllen.2 Das Konzernprivileg des § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG als bloße Fiktion steht dem nicht entgegen. § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV nimmt diese Ausnahmeregelung nicht in Bezug. Zudem würde sich die kreditaufsichtsrechtliche Begünstigung steuerrechtlich ins Gegenteil verkehren, wenn § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG auf die GewSt durchschlüge. Diese grammatikalischen und teleologischen Erwägungen hat der BFH nunmehr gebilligt und zugleich auf die vergleichbare „Durchlaufsituation“ bei der Kreditgewährung hingewiesen.3 2. Den Kreditinstituten gleichgestellte Unternehmen a) Pfandleihunternehmen (§ 19 Abs. 3 Nr. 1 GewStDV) 47

§ 19 Abs. 3 GewStDV erweitert den Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 GewStDV auf Pfandleiher iSd. PfandleiherVO4 (Nr. 1). Auf diese Unternehmen sind § 19 Abs. 1 und 2 GewStDV entsprechend anzuwenden. Pfandleihunternehmen fallen regelmäßig nicht unter § 19 Abs. 1 GewStDV. Unternehmen des Pfandleihgewerbes gelten nämlich nicht als Kreditinstitut iSd. KWG, soweit sie dieses durch Gewährung von Darlehen gegen Faustpfand betreiben (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 KWG). Da sie dennoch in Wettbewerb zu Kreditinstituten treten, erklärt § 19 Abs. 3 Nr. 1 GewStDV die Begünstigung des § 19 Abs. 1 GewStDV für entsprechend anwendbar. Vorausgesetzt wird nur, dass es sich um einen Pfandleiher iSd. PfandleiherVO in der jeweils geltenden Fassung handelt. Dies sind alle gewerblichen Pfandleiher. b) Zweckgesellschaften mit Ankaufs- und Verbriefungsfunktion (§ 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV)

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Nach § 19 Abs. 3 GewStDV sind § 19 Abs. 1 und 2 GewStDV entsprechend anzuwenden auf Gewerbebetriebe, die nachweislich ausschließlich unmittelbar oder mittelbar Kredite oder Kreditrisiken aus Bankgeschäften iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 und 8 KWG von Kreditinstituten iSd. § 1 KWG oder von in § 3 Nr. 2 GewStG genannten Gewerbebetrieben erwerben und Schuldtitel zur Refinanzierung des Kaufpreises für den Erwerb solcher Kredite oder zur Refinanzierung von für die Risikoübernahmen zu stellenden Sicherheiten ausgeben; die Refinanzierung durch Aufnahme von Darlehen von Gewerbebetrieben iSd. Nr. 3 anstelle der Ausgabe von Schuldtiteln ist unschädlich (Nr. 2).

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Die Begünstigungsnormen des § 19 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GewStDV dienen der Erschließung des Markts für Kreditverbriefungen in Deutschland. Sie ermöglichen es den Banken, ihre Kredite und Kreditrisiken am Kapitalmarkt zu platzieren.5 § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV begünstigt deshalb dem Bankenbereich nahestehende Zweckgesellschaften, die Kredite oder Kreditrisiken erwerben und – etwa durch Schuldversprechen – verbriefen. Diese sind selbst keine Kreditinstitute und unterliegen damit nicht der Bankenaufsicht.6 Betroffen sind sog. Asset-Backed-Securities-Geschäfte (ABS-Geschäfte) sowie sog. Credit-Linked-Notes-Geschäfte (CLN-Geschäfte).7 ABS-Geschäfte dienen der Refinanzierung von Bankgeschäften über den Kapitalmarkt. Dabei werden nicht kapitalmarktfähige Forderungen aus Bankgeschäften in handelbare Wertpapiere umgewandelt: Das Kreditinstitut verkauft Forderungen an eine Zweckgesellschaft, die sich über die Ausgabe von Wertpapieren, welche wiederum durch die erworbenen Forderungen besichert sind, refinanziert.8 Die Credit-Linked-Notes sind (strukturierte) Anleihen, deren Rückzahlungshöhe von bestimmten vertraglich vereinbarten Kreditereignis-

1 BFH v. 16.10.2002 – I R 23/02, BFH/NV 2003, 653 (obiter dictum); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93a; Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 135; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 93, 108; Kaul in Deloitte, § 19 GewStDV Rz. 5; Pyszka/Brauer, DB 2002, 2456. 2 FG Hbg. v. 28.8.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133; Schmid/Stoll, BB 2005, 582; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 196a. 3 BFH v. 6.12.2016 – I R 79/15, DStR 2017, 774. 4 IdF der Bekanntmachung v. 1.7.1976, BGBl. I 1976, 1334. 5 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 234, 238. 6 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 238. 7 BT-Drucks. 15/537, 11; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93a. 8 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 121.

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F. Schulden bei Kreditinstituten (§ 19 GewStDV)

Rz. 54 § 8 Nr. 1 Buchst. a

sen abhängt. Sie ermöglichen es dem Emittenten, Kreditrisiken über Anleihen abzusichern, und den Investoren, an den Erträgen der Referenzschulden zu partizipieren.1 Dementsprechend erfasst § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV Gewerbebetriebe, deren Geschäftsmodell in dem 50 Erwerb von Krediten oder Kreditrisiken aus Bankgeschäften von Kreditinstituten und der Ausgabe von Schuldtiteln zur Refinanzierung des Kaufpreises für den Erwerb solcher Kredite (sog. True-sale-Verbriefung) oder zur Refinanzierung von für die Risikoübernahme zu stellenden Sicherheiten (sog. synthetische Verbriefung) besteht. Sachlich begünstigt ist der Erwerb von Krediten oder Kreditrisiken aus Bankgeschäften iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 (Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten – Kreditgeschäft), Nr. 3 (Ankauf von Wechseln und Schecks – Diskontgeschäft) und Nr. 8 KWG (Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere – Garantiegeschäft). Zu Letzterem werden auch Kreditderivate gezählt.2 Der Erwerb von Krediten und Kreditrisiken aus sonstigen Bankgeschäften ist nicht begünstigt. Veräußerer muss ein Kreditinstitut iSd. § 1 KWG oder eine der in § 3 Nr. 2 GewStG genannten Institutionen (zB Deutsche Bundesbank, Kreditanstalt für Wiederaufbau) sein.3 Der unmittelbare Erwerb von Krediten und Kreditrisiken erfolgt zB im Wege der Veräußerung von einem Kreditinstitut an eine Zweckgesellschaft. Der mittelbare Erwerb wird hingegen über ein zwischengeschaltetes weiteres Kreditinstitut realisiert.4 Der Erwerb über ein Nicht-Kreditinstitut ist nicht begünstigt.5 Des Weiteren setzt § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV voraus, dass die Gewerbebetriebe Schuldtitel zur Re- 51 finanzierung des Kaufpreises für den Krediterwerb oder zur Refinanzierung von Sicherheiten für die Risikoübernahme ausgeben. Die Refinanzierung durch Aufnahme von Darlehen von Gewerbetreibenden iSd. § 19 Abs. 3 Nr. 3 GewStDV (Verbriefungsunternehmen, Rz. 55) – statt der Ausgabe von Schuldtiteln – ist unschädlich (§ 19 Abs. 3 Nr. 2 Halbs. 2 GewStDV). Auch Mischformen sind begünstigt. Zudem steht der Begünstigung nicht entgegen, wenn die Refinanzierung der erworbenen Assets teilweise über Eigenkapital erfolgt.6 Persönlich begünstigt sind Gewerbebetriebe, die ausschließlich unmittelbar oder mittelbar solche be- 52 günstigten Geschäfte betreiben. Diese Voraussetzung muss ununterbrochen während des gesamten EZ erfüllt sein.7 Auf die Rechtsform des Gewerbebetriebs kommt es nicht an.8 Regelmäßig wird es sich aber aus Haftungsgründen um KapGes. handeln.9 Die Durchführung von Hilfsgeschäften (zB Ausgabe von Kursinformationen und Analysen, Abschluss von Swaps) ist unschädlich.10 Dies gilt zB auch für den Rückerwerb von ABS vor Fälligkeit und den Verkauf von nicht mehr benötigter Geschäftsausstattung.11 Der Gewerbetreibende muss das Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 19 53 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV nachweisen („nachweislich“). Diese Nachweisverpflichtung betrifft die Geschäftstätigkeit des Unternehmens als solche sowie das Ausschließlichkeitskriterium. ABS-Zweckgesellschaften, die sich über Darlehensaufnahme (teilweise) refinanzieren (§ 19 Abs. 3 Nr. 2 Halbs. 2 GewStDV), müssen den Nachweis erbringen, dass das Verbriefungsunternehmen seinerseits die Anforderungen des § 19 Abs. 3 Nr. 3 GewStDV erfüllt.12 Als Gewerbetreibender iSd. § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV ist gem. § 14b Abs. 1 des FMStFG auch die 54 gewstpfl. Zweckgesellschaft iSd. § 6a Abs. 1 FMStFG anzusehen, wenn sie nachweislich ausschließlich die in § 6a Abs. 1 FMStFG genannten WG erwirbt und verwaltet (einschließlich deren Veräuße1 Vgl. Wikipedia „Credit Linked Note“. 2 BT-Drucks. 15/537, 10. 3 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 98; Schmid/Stoll, BB 2005, 582; Klein/Kloster, DStR 2006, 2115; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93a, der lediglich verlangt, dass die Assets aus Bankgeschäften stammen; Schmid/Dammer, BB 2003, 819. 4 BT-Drucks. 15/537, 10. 5 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 98; Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 122. 6 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 100; Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 122. 7 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 124. 8 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 GewStG Nr. 1a Rz. 93a. 9 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 93. 10 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93a; Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 124. 11 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 101. 12 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 125; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 102.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 55 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) rung und Wiederanlage) und für den Erwerb notwendige Schuldtitel begibt. Entsprechendes gilt für die gewstpfl. Abwicklungsanstalt iSd. § 8a und § 8b FMStFG (§ 14b Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1, § 14d FMStFG). Für die übrigen Abwicklungsanstalten sind § 19 Abs. 1 und 2 GewStDV entsprechend anzuwenden (§ 14b Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 FMStFG). c) Verbriefungsgesellschaften (§ 19 Abs. 3 Nr. 3 GewStDV) 55

§ 19 Abs. 3 Nr. 3 GewStDV erweitert den Begünstigungstatbestand des § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV auf die Gewerbebetriebe, die nachweislich ausschließlich Schuldtitel bezogen auf die in Nr. 2 bezeichneten Kredite oder Kreditrisiken ausgeben und an Gewerbebetriebe iSd. Nr. 2 Darlehen gewähren (Nr. 3). Die Regelung erfasst Fälle, in denen der Erwerb der Assets und die Verbriefungsfunktion auf verschiedene Gesellschaften (Ankaufsgesellschaft, Verbriefungsgesellschaft) aufgeteilt sind, und bezweckt, die Verbriefung von Kreditforderungen oder Kreditrisiken der Kreditinstitute aus Bankgeschäften ohne gewstl. Hinzurechnung zu ermöglichen. Die begünstigten Gewerbebetriebe dürfen die betreffenden Assets nicht selbst ankaufen.1 Der Gewerbetreibende muss, damit Umgehungen oder Missbräuche ausgeschlossen werden, nachweisen, dass die übertragenen Forderungen oder Kreditrisiken die rechtlichen Anforderungen erfüllen („nachweislich“).2 Der Begünstigung steht wiederum nicht entgegen, wenn die Refinanzierung teilweise über Eigenkapital erfolgt.3 3. Überwiegen der Bankgeschäfte

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§ 19 Abs. 2 Satz 1 GewStDV verlangt für die Anwendung des § 19 Abs. 1 GewStDV, dass im Durchschnitt aller Monatsausweise des Wj. des Kreditinstituts nach § 25 KWG oder entsprechender Statistiken die Aktivposten aus Bankgeschäften und aus dem Erwerb von Geldforderungen die Aktivposten aus anderen Geschäften überwiegen (§ 19 Abs. 2 Satz 1 GewStDV). Dabei sind Aktivposten aus Anlagen nach § 19 Abs. 1 GewStDV nicht einzubeziehen (§ 19 Abs. 2 Satz 2 GewStDV). § 19 Abs. 2 GewStDV gilt für Kreditinstitute und gleichgestellte Unternehmen, die sowohl Bankgeschäfte als auch bankfremde Geschäfte betreiben. Dies betrifft in erster Linie die in § 19 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 GewStDV genannten Unternehmen, dh. Kreditinstitute und Pfandleiher. In den Fällen des § 19 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GewStDV ist § 19 Abs. 2 GewStDV im Hinblick auf das dort verankerte Ausschließlichkeitsgebot im Grundsatz ohne Bedeutung.4 Allein in Organschaftskonstellationen kommt § 19 Abs. 2 GewStDV dann Bedeutung zu, da Hinzurechnungen ausgeschlossen sind, wenn die Forderungen gegenüber einem zum Organkreis gehörenden Unternehmen bestehen, auf das § 19 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GewStDV anzuwenden sind.5

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§ 19 Abs. 2 Satz 1 GewStDV setzt voraus, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit des Gewerbebetriebs auf Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen liegt. Damit können auch solche Kreditinstitute unter § 19 GewStDV fallen, die überwiegend den – nicht zu den Bankgeschäften iSd. § 1 Abs. 1 KWG gehörenden – Ankauf von Geldforderungen (echtes Factoring und Fortfaitierung von Leasingforderungen) betreiben.6 Dafür werden die Aktivposten aus Bankgeschäften und dem Erwerb von Geldforderungen den Aktivposten aus sonstigen Geschäften gegenübergestellt. Der Vergleich ist für jedes einzelne Wj. vorzunehmen, und zwar selbst dann, wenn in einem EZ mehrere Wj. enden.7 Aktivposten aus Anlagen iSd. § 19 Abs. 1 GewStDV sind in den Aktivpostenvergleich nicht einzubeziehen.8 Dies gilt auch für Gegenstände, über die Leasingverträge abgeschlossen worden sind

1 2 3 4 5 6 7 8

Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 100. BT-Drucks. 15/537, 11. Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 123. Ähnlich Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93a. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 245, geht von einer zusätzlichen Dokumentationspflicht aus, da die Zweckgesellschaften nicht zur Erstellung von Monatsausweisen iSd. § 25 KWG verpflichtet sind; kritisch Schmid/Dammer, BB 2003, 819. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 95. R 8.8 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 93. R 8.8. Abs. 2 Satz 4 GewStR 2009.

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F. Schulden bei Kreditinstituten (§ 19 GewStDV)

Rz. 59 § 8 Nr. 1 Buchst. a

(§ 19 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewStDV),1 sowie für Forderungen gegen organschaftlich verbundene Unternehmen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 GewStDV).2 Geschäftsbeziehungen des inländischen Kreditinstituts mit der ausländischen Niederlassung bzw. der inländischen Niederlassung mit dem ausländischen Kreditinstitut sind mit dem jeweiligen Verrechnungssaldo zu berücksichtigen.3 Nur wenn die Aktivposten aus Bankgeschäften überwiegen, gelangt § 19 Abs. 1 GewStDV zur Anwendung. Dabei erfolgt keine (Bilanz-)Stichtagsbetrachtung. Maßgebend ist vielmehr der Durchschnitt aller (bei der Bundesbank einzureichenden) Monatsausweise des Wj. nach § 25 KWG oder entsprechender Statistiken (zB Bilanzstatistiken gem. § 18 BBankG). 4. Rechtsfolge Rechtsfolge des § 19 Abs. 1 GewStDV ist, dass nur Entgelte für Schulden und den Entgelten gleich- 58 gestellte Beträge anzusetzen sind, die dem Betrag der Schulden entsprechen, um den der Ansatz der zum AV gehörenden Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Schiffe, Anteile an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen sowie der Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten das Eigenkapital überschreitet; hierunter fallen nicht Gegenstände, über die Leasingverträge abgeschlossen worden sind (§ 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV). Dem AV sind Forderungen gegen ein Unternehmen hinzuzurechnen, mit dem eine organschaftliche Verbindung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG besteht und das nicht zu den Kreditinstituten oder Unternehmen gehört, auf die § 19 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 bis 4 GewStDV anzuwenden sind (§ 19 Abs. 1 Satz 2 GewStDV). § 19 Abs. 1 GewStDV liegt der Gedanke zugrunde, die Hinzurechnung auf die Fremdfinanzierung nicht banktypischer WG zu beschränken. Daher wird darauf abgestellt, inwieweit die Wertansätze derartiger WG das Eigenkapital übersteigen.4 Betreiben Mitunternehmer ein Kreditinstitut, sind auch diejenigen Schulden in den Anwendungsbereich des § 19 GewStDV einzubeziehen, die zum Erwerb eines Mitunternehmeranteils oder zur Refinanzierung von Einlagen der Mitunternehmer aufgenommen werden.5 § 19 Abs. 1 GewStDV erfordert eine entsprechende Differenzrechnung. Maßgebend sind (grundsätz- 59 lich) die Steuerbilanzwerte der dort genannten WG zum Schluss des Wj., dessen Gewerbeertrag zu ermitteln ist.6 Bei Mitunternehmerschaften ist das Sonderbetriebsvermögen einzubeziehen.7 Andere als die in § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV genannten WG sind nicht zu berücksichtigen.8 Zudem bleiben Leasinggegenstände nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewStDV – seit EZ 2008 (§ 36 Abs. 3 Satz 1 GewStDV) – außen vor. Dies betrifft nach vorzugswürdiger Auffassung nur Gegenstände, die der Unternehmer als Leasinggeber aktiviert (zB im Fall des sog. Operating Leasing), nicht aber solche, die dem Unternehmer als Leasingnehmer zuzurechnen sind (zB im Fall des Finanzierungsleasings).9 Zwar ist der Wortlaut des § 19 GewStDV offen. Hintergrund der Regelung ist jedoch folgender: Vor der Änderung des § 19 GewStDV durch das JStG 200910 war die Vergünstigung für Leasingverträge, bei denen die Institute als Leasinggeber fungierten, zur Gleichbehandlung mit reinen Leasinggesellschaften nicht anzuwenden. Im Hinblick auf die Einbeziehung der Leasinggesellschaften in den Anwendungsbereich des § 19 GewStDV (Abs. 4) bedurfte es dieser Ausnahmeregelung für Leasinggeschäfte jedoch nicht mehr.11 Vor diesem Hintergrund ist § 19 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewStDV aber ebenfalls nur auf verleaste Gegenstände anzuwenden.

1 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 147; ähnlich Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 109a: Zuordnung zu den Aktivposten aus Bankgeschäften. 2 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 148. 3 R 8.8 Abs. 2 Satz 5 GewStR 2009. 4 BT-Drucks. 15/537, 10. 5 BFH v. 23.8.2000 – I R 98/96, BStBl. II 2002, 207 = FR 2001, 267. 6 BFH v. 19.7.1967 – I 225/64, BStBl. II 1967, 732 mit Hinweisen zur Veränderung der maßgebenden Verhältnisse im EZ; FG Hessen v. 13.3.2003 – 8 K 4877/99, rkr., EFG 2004, 284. 7 BFH v. 23.8.2000 – I R 96/96, BStBl. II 2002, 207. 8 BFH v. 23.8.2000 – I R 98/96, BStBl. II 2002, 207 = FR 2001, 267. 9 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 109; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 98; aA Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 223. 10 BGBl. I 2008, 2794. 11 BT-Drucks. 16/11108, 32.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 60 Hinzurechnungen (Schuldentgelte) 60

WG des Anlagevermögens. Die in § 19 Abs. 1 GewStDV genannten Aktivposten müssen zum AV des Gewerbebetriebs gehören. Dies gilt für Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Schiffe und Unternehmensanteile. Im AV sind die Vermögensgegenstände (WG) auszuweisen, die dazu bestimmt sind, dem Betrieb dauernd zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB).1 Ist ein Betriebsgrundstück in der Zwangsversteigerung zur Rettung einer Forderung erworben worden und dient es betriebsfremden Zwecken, lässt es die Finanzverwaltung (gleichwohl) zu, das Grundstück in den ersten drei Jahren nach dem Erwerb nicht dem AV zuzurechnen.2

61

Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten. Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter sind typisch stille und atypisch stille Beteiligungen. Genussrechte können fremdkapitalähnlich oder eigenkapitalähnlich ausgestaltet sein.3 Die Zugehörigkeit der Forderungen aus Genussrechten zum AV wird im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut („… der zum Anlagevermögen gehörenden Grundstücke (…) sowie der Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten (…).“) sowie historische und systematische Erwägungen nicht vorausgesetzt.4

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Anteile an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen. Bei diesen Anteilen muss es sich – im Gegensatz zur Rechtslage vor dem UntStRefG 20085 – nicht um dauernde Beteiligungen handeln. Auf die Form der Beteiligung kommt es ebenfalls nicht an.6 Der handelsrechtliche Beteiligungsbegriff muss nicht erfüllt sein.7 Erfasst werden Anteile an Personengesellschaften sowie an KapGes., auch Aktienbesitz.8 Mitgliedschaften in einer Genossenschaft oder öffentlich-rechtlichen Körperschaft werden ebenfalls erfasst.9 Anteile an Investment- und Spezialfonds als rechtlich unselbständige Sondervermögen gehören hingegen nicht zu den Anteilen an Kreditinstitutionen und sonstigen Unternehmen.10 Ebenso wenig stellen bloße Forderungspapiere (zB Anleihen öffentlich-rechtlicher Körperschaften, Pfand- und Rentenbriefe), die nicht mit einer gesellschaftsrechtlichen Stellung einhergehen, Anteilsbesitz dar.11

63

Forderungen innerhalb des Organkreises. Durch die Hinzurechnung von Forderungen gegen organschaftlich verbundene Unternehmen nach § 19 Abs. 1 Satz 2 GewStDV soll verhindert werden, dass Nicht-Kreditinstitute durch Ausgliederung von bankfremden Geschäftsarten mit dem dazugehörigen AV in den Genuss des § 19 GewStDV kommen.12 Eine organschaftliche Verbindung iSd. § 19 Abs. 1 Satz 2 GewStDV kann sowohl zum Organträger als auch zur Organgesellschaft bestehen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG). Die Hinzurechnung von Forderungen setzt jedoch voraus, dass die organschaftlich verbundene Gesellschaft kein Kreditinstitut, den Kreditinstituten gleichgestelltes Unternehmen iSd. § 19 Abs. 3 GewStDV oder Finanzdienstleistungsinstitut bzw. Zahlungsinstitut iSd. § 19 Abs. 4 GewStDV ist.

64

Eigenkapital. Den Aktivwerten gegenüberzustellen ist das stl. Eigenkapital zum Schluss des Wj., dessen Gewerbeertrag zu ermitteln ist. Dieses ergibt sich bei Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften aus den Kapitalkonten (einschließlich Sonder- und Ergänzungsbilanzen)13 und bei KapGes. aus dem Grund- und Stammkapital zzgl. der gesetzlichen und sonstigen offenen Rücklagen. Dazu gehört der in der Bilanz auf den maßgebenden Stichtag ausgewiesene Gewinn.14 Dies gilt auch, soweit der Gewinn nach gesetzlichen oder satzungsmäßigen Bestimmungen oder den Beschlüssen der maßgebenden Organe einer Rücklage zuzuführen ist. Hingegen rechnet der Bilanzgewinn nicht zum Ei1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

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BFH v. 27.3.2013 – I R 61/12, BFH/NV 2013, 1626. R 8.8 Abs. 1 Satz 5 und 6 GewStR 2009. Kaul in Deloitte, § 19 GewStDV Rz. 24; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 221. BFH v. 27.3.2013 – I R 61/12, BFH/NV 2013, 1626. BGBl. I 2007, 1912. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93c. H 8.8 „Beteiligungen“ GewStH 2009. BFH v. 16.3.1989 – IV R 133/86, BStBl. II 1989, 737 = FR 1989, 595. Kaul in Deloitte, § 19 GewStDV Rz. 24; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 218. OFD Niedersachsen v. 10.3.2010 – G 1422 - 97 - St 252, juris. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 218. BT-Drucks. 11/2157, 176. Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 211. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93e.

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F. Schulden bei Kreditinstituten (§ 19 GewStDV)

Rz. 67 § 8 Nr. 1 Buchst. a

genkapital, wenn er den Mitgliedern oder der beherrschenden Körperschaft zuzuführen ist oder zu bestimmten Ausgaben oder echten Rückstellungen verwendet werden soll. Gleiches gilt für Sonderposten mit Rücklageanteil. Sie sind vom Buchwert des betreffenden WG abzuziehen.1 Das Eigenkapital kann nur positiv sein; negatives Eigenkapital ist bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen.2 Der inländischen Betriebsstätte eines im Ausland ansässigen Unternehmens kann maximal der Betrag als Dotationskapital zugerechnet werden, der dem Gesamtunternehmen als Eigenkapital zur Verfügung steht.3 Der nach Maßgabe des § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStDV ermittelte Saldo ist der Höchstbetrag der 65 der Hinzurechnung unterworfenen Schulden. Befinden sich im BV keine Aktivposten iSd. § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStDV, beträgt der Schuldenhöchstbetrag 0 Euro.4 Ergibt sich ein positiver Saldo, ist dieser Betrag ins Verhältnis zu den gesamten Schulden zu setzen. Dieses Verhältnis ist auf die Schuldentgelte anzuwenden.5 Dabei ist der Betrag, der als grundsätzlich hinzurechnungspflichtiges Entgelt zu behandeln ist, nach dem gewogenen Durchschnitt der Entgelte für hereingenommene Gelder, Darlehen und Anleihen zu ermitteln.6 Haben sich die Verhältnisse im Lauf des EZ geändert, bedarf es nach vorzugswürdiger Auffassung – auch der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung – einer Schätzung.7 Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags von Spar- und Darlehenskassen ist grundsätzlich der nied- 66 rigste Bestand der Summe der in § 19 Abs. 1 GewStDV genannten Anlagewerte im Geschäftsjahr maßgebend. Dieser ist ggf. um den Vomhundertsatz zu erhöhen, um den sich der Spareinlagenbestand im Laufe des Geschäftsjahrs erhöht hat.8 Aus § 19 Abs. 1 GewStDV ergibt sich folgende Differenzrechnung:

67

Aktivposten in der Steuerbilanz zum Schluss des betreffenden Wj.: P

Grundstücke

P

Gebäude

P

Betriebs- und Geschäftsausstattung

P

Schiffe

P

Anteile an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen

P

Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten

zzgl. Forderungen gegen organschaftlich verbundene Unternehmen iSd. § 19 Abs. 1 Satz 2 GewStDV in der Steuerbilanz zum Schluss des betreffenden Wj. abzgl. steuerliches Eigenkapital in der Steuerbilanz zum Schluss des betreffenden Wj. (falls negativ: 0 t) Höchstbetrag der Schulden (falls negativ: 0 t)

1 R 8.8 Abs. 1 Satz 1 ff. GewStR 2009. 2 BFH v. 30.7.1969 – I R 80/66, BStBl. II 1969, 667; FG Hbg. v. 28.8.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133, bestätigt durch BFH v. 6.12.2016 – I R 79/15, DStR 2017, 774; H 8.8 „Eigenkapital“ GewStH 2009. 3 BFH v. 23.8.2000 – I R 98/96, BStBl. II 2002, 207 = FR 2001, 267; H 8.8 GewStH 2009 „Dotationskapital inländischer Kreditinstitute mit ausländischen Mitunternehmern“. 4 BFH v. 6.12.2016 – I R 79/15, DStR 2017, 774. 5 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93g. 6 R 8.8 Abs. 1 Satz 8 GewStR 2009. 7 BFH v. 19.7.1967 – I 225/64, BStBl. III 1967, 732; R 8.8 Abs. 1 Satz 9 GewStR 2009; H 8.8 GewStH 2009 „Bestandsveränderungen im EZ“; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 103; Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 226; aA Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 107, der unter Hinweis auf den Begriff „Ansatz“ eine Stichtagsbetrachtung befürwortet; ebenso Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 93 f.; Kaul in Deloitte, § 19 GewStDV Rz. 27. 8 R 8.9 Satz 6, 7 GewStR 2009.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. a Rz. 68 Hinzurechnungen (Schuldentgelte)

IV. Finanzdienstleistungs- und Zahlungsinstitute (§ 19 Abs. 4 GewStDV) 1. Persönlicher und zeitlicher Anwendungsbereich 68

§ 19 Abs. 4 GewStDV enthält – seit dem EZ 2008 (§ 36 Abs. 3 Satz 1 GewStDV)1 – eine ergänzende Bestimmung für Finanzdienstleistungsinstitute iSd. § 1 Abs. 1a KWG, die mit Ausnahme der Unternehmen iSd. § 2 Abs. 6 Nr. 17 KWG nicht der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 6 KWG unterliegen. Dies betrifft insbesondere Factoring- und Finanzierungsleasingunternehmen. Zudem begünstigt § 19 Abs. 4 GewStDV Zahlungsinstitute iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG. Diese Unternehmen unterliegen ebenfalls der Hinzurechnungsbeschränkung. 2. Begünstigte Unternehmen a) Finanzdienstleistungsinstitute

69 Finanzdienstleistungsinstitute sind Unternehmen, die Finanzdienstleistungen für andere gewerbs-

mäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und die keine Kreditinstitute sind (§ 1 Abs. 1a Satz 1 KWG). Finanzdienstleistungen sind in § 1 Abs. 1a Satz 2 und 3 KWG definiert. Dazu gehören zB das Factoring und das Finanzierungsleasing, beides Finanzierungsformen, die neben dem klassischen Kreditgeschäft der Banken erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung haben. Factoring ist der laufende Ankauf von Forderungen auf der Grundlage von Rahmenverträgen, mit oder ohne Rückgriff (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 KWG). Nicht erfasst ist das sog. Fälligkeitsfactoring.2 Unter Finanzierungsleasing fällt der Abschluss von Finanzierungsleasingverträgen als Leasinggeber und die Verwaltung von Objektgesellschaften iSd. § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 17 KWG außerhalb der Verwaltung eines Investmentvermögens iSd. § 1 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG). Der Begriff wird nach kreditaufsichtsrechtlichen Maßstäben ausgelegt. Als Auslegungshilfen können die Verlautbarungen der BaFin herangezogen werden.3 Das Operating-Leasing ist keine Finanzdienstleistung iSd. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG.4 Sowohl im Fall des Factorings als auch des Finanzierungsleasings muss die Finanzierungsfunktion im Vordergrund stehen.5 70

§ 19 Abs. 4 GewStDV erfasst im Grundsatz nur die Finanzdienstleistungsinstitute, die nicht gem. § 2 Abs. 6 KWG nicht als Finanzdienstleistungsinstitut gelten. Nicht begünstigt sind damit zB private und öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen (§ 2 Abs. 6 Nr. 4 KWG). Ausdrücklich begünstigt (Gegenausnahme) sind dagegen Unternehmen, die als einzige Finanzdienstleistung das Finanzierungsleasing betreiben, falls sie nur als Leasing-Objektgesellschaft für ein einzelnes Leasingobjekt tätig werden, keine eigenen geschäftspolitischen Entscheidungen treffen und von einem Institut mit Sitz im EWR verwaltet werden, das nach dem Recht des Herkunftsmitgliedstaates zum Betrieb des Finanzierungsleasings zugelassen ist (§ 2 Abs. 6 Nr. 17 KWG). In diesen Fällen unterliegt nämlich die hinter den Geschäften der Objektgesellschaft stehende Muttergesellschaft der Aufsicht durch die BaFin.6

71

§ 64j Abs. 2 KWG fingiert im Hinblick auf Unternehmen, die am 25.12.2008 bereits eine Erlaubnis für ein oder mehrere Bankgeschäfte iSd. § 1 Abs. 1 KWG oder Finanzdienstleistungsgeschäfte iSd. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4 KWG hatten, dass die Erlaubnis für das Factoring und das Finanzierungsleasing ab dem 25.12.2008 als erteilt gilt, wenn sie die Ausübung der Tätigkeit der BaFin bis zum 31.1.2009 anzeigen. Daran anknüpfend bestimmt § 36 Abs. 3 Satz 6 Halbs. 1 GewStDV, dass § 19 GewStDV ab dem EZ 2008 nicht anzuwenden ist, wenn das Unternehmen nicht spätestens mit der Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags für den EZ 2009 nachweist, dass die 1 Eingeführt durch das JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. 2 BT-Drucks. 16/11108, 55. 3 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 27.11.2009, BStBl. I 2009, 1595. Danach kommt es darauf an, ob das Investitionsrisiko auf den Leasingnehmer überwälzt worden ist und die mietvertraglichen Gewährleistungspflichten abbedungen worden sind. 4 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 130. 5 BT-Drucks. 16/11108, 55. 6 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 129.

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F. Schulden bei Kreditinstituten (§ 19 GewStDV)

Rz. 74 § 8 Nr. 1 Buchst. a

Anzeige bei der BaFin vorliegt. Demnach ist wie folgt zu differenzieren: Wird der Nachweis fristgerecht erbracht, gilt § 19 GewStDV ab dem EZ 2008. Erfolgt kein fristgerechter Nachweis, ist § 19 GewStDV ab dem EZ 2008 nicht anzuwenden. Verfahrensrechtlich wird diese Rechtsfolge über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sichergestellt (§ 36 Abs. 3 Satz 6 Halbs. 2 GewStDV). § 19 GewStDV gelangt dann erst zur Anwendung, wenn der Nachweis geführt wird, frühestens ab dem EZ 2009.1 Der Nachweis kann zB durch Vorlage der Anzeige oder der Eingangsbestätigung der BaFin erbracht werden.2 b) Zahlungsinstitute Zahlungsinstitute iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG sind Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem 72 Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen, ohne unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZAG zu fallen. 3. Überwiegen der Finanzdienstleistungen bzw. Zahlungsdienste Bei den Finanzdienstleistungsinstituten bzw. Zahlungsinstituten unterbleibt eine Hinzurechnung von 73 Entgelten für Schulden und ihnen gleichgestellten Beträgen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG, soweit die Entgelte und ihnen gleichgestellten Beträge unmittelbar auf Finanzdienstleistungen iSd. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG bzw. Zahlungsdienste iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c und Nr. 6 ZAG entfallen (§ 19 Abs. 4 Satz 1 GewStDV). Dies gilt – seit dem EZ 2011 (§ 36 Abs. 3 Satz 5 GewStDV) – allerdings nur, wenn die Umsätze des Finanzdienstleistungsinstituts zu mindestens 50 % auf Finanzdienstleistungen und die Umsätze des Zahlungsinstituts zu mindestens 50 % auf Zahlungsdienste entfallen (§ 19 Abs. 4 Satz 2 GewStDV). Die Umsatzrelation tritt bei Finanzdienstleistungsinstituten an die Stelle des Aktivpostenvergleichs nach § 19 Abs. 2 GewStDV. Das Ausschließlichkeitsgebot (§ 19 Abs. 3 Nr. 4 GewStDV aF)3 besteht nicht mehr. Die begünstigten Umsätze aus Finanzdienstleistungen bzw. Zahlungsdiensten müssen überwiegen. Dabei zählen Umsätze aus Hilfs- und Nebengeschäften zu den begünstigten Umsätzen.4 Derartige Hilfs- und Nebengeschäfte sind anzunehmen, wenn sie für die Durchführung der Finanzdienstleistungen bzw. Zahlungsdienste zwingend notwendig sind.5 Maßgebend sind die Umsätze iSd. Umsatzsteuerrechts.6 4. Rechtsfolge Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 19 Abs. 4 GewStDV vor, unterbleibt eine Hin- 74 zurechnung von Schuldentgelten und ihnen gleichgestellten Beträgen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG, soweit die Entgelte und ihnen gleichgestellten Beträge unmittelbar auf Finanzdienstleistungen iSd. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG oder Zahlungsdienste iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c und Nr. 6 des ZAG entfallen. Die Systematik des § 19 Abs. 4 GewStDV unterscheidet sich damit von der des § 19 Abs. 1 GewStDV. Einer Differenzrechnung bedarf es nicht. Begünstigte Finanzdienstleistungen sind insbesondere das Factoring und das Finanzierungsleasing (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 und 10 KWG). Zu den begünstigten Zahlungsdiensten gehören das Zahlungskartengeschäft und das Finanztransfergeschäft (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c und Nr. 6 des ZAG). Bei Finanzdienstleistungsinstituten stellen sich allein Finanzdienstleistungen, bei Zahlungsinstituten allein Zahlungsdienste als unschädlich dar (vgl. § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f GewStG).7 Die Schuldentgelte müssen unmittelbar auf die begünstigten Finanzdienstleistungen bzw. Zahlungsdienste entfallen. Dies setzt voraus, dass sie diesen konkret zu1 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 79. 2 Vgl. FG Hbg. v. 15.7.2015 – 7 V 955/15, EFG 2015, 1960, das sogar einen konkludenten Nachweis durch die Übersendung des nach den Vorgaben für Kreditinstitute aufgestellten Jahresabschlusses und den Antrag auf Nichtberücksichtigung von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG genügen lässt (nachfolgend BFH v. 12.1.2016 – I B 95/15, nicht dokumentiert). 3 Vgl. dazu Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 27.11.2009, BStBl. I 2009, 1595. 4 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 151; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 GewStG Nr. 1a Rz. 79. 5 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 27.11.2009, BStBl. I 2009, 1595; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 118. 6 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 102a. 7 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 GewStG Nr. 1a Rz. 79 und 118.

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341

§ 8 Nr. 1 Buchst. b Rz. 1 Hinzurechnungen (Renten und dauernde Lasten) geordnet werden können.1 Neben direkt zuordenbaren Aufwendungen werden indirekt zuordenbare Aufwendungen nach einem sachgerechten Verteilungsschlüssel (zB Umsätze) zugeordnet.2 Soweit keine Zurechnung erfolgen kann, unterliegen die Schuldentgelte der Hinzurechnung.

§ 8 Nr. 1 Buchst. b [Renten und dauernde Lasten] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: 1. Ein Viertel der Summe aus … b) Renten und dauernden Lasten. 2Pensionszahlungen auf Grund einer unmittelbar vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage gelten nicht als dauernde Last im Sinne des Satzes 1, … soweit die Summe den Betrag von 100.000 Euro übersteigt; … A. Systematische Einordnung . . . . . . . . . .

1

II. Pensionszahlungen (Satz 2) . . . . . . . . .

18

B. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

E. Umfang der Hinzurechnung . . . . . . . .

21

7

I. Minderung des Gewinns . . . . . . . . . . .

21

24 29

C. Renten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . .

7

II. Abgrenzung zu Kaufpreisraten . . . . . . . .

12

II. Passivierte Verpflichtungen und Verpflichtungen bei Einnahmen-Überschussrechnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Dauernde Lasten . . . . . . . . . . . . . . .

15

III. Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . .

15

Literatur: Wendt, Anmerkung zum BFH-Urt. v. 18.1.2001 – IV R 61/00, FR 2001, 412; Ritzer, Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG idF des UntStRefG 2008, DStR 2008, 1613.

A. Systematische Einordnung 1 § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG regelt die Hinzurechnung von Renten und dauernden Lasten. Diese wer-

den den Schuldentgelten (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG) gleichgestellt, weil sie ähnlich wie diese Entgelte für die Überlassung des im Gewerbebetriebs arbeitenden Kapitals enthalten.1 Wird zB der Erwerb eines Betriebs durch Übernahme einer Rentenverpflichtung gegenüber dem Veräußerer finanziert, substituiert die Versorgungslast ebenso fehlendes Eigenkapital wie ein Kredit.2 Auch § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG dient damit der Ermittlung des objektiven – von den Beziehungen des Inhabers zum Betrieb losgelösten – Gewerbeertrags (Objektsteuerprinzip).3 2 Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG ist auf betrieblich veranlasste Renten und

dauernde Lasten beschränkt.4 Aus privaten Erwägungen übernommene Renten oder dauernde Lasten haben den Gewinn gar nicht gemindert (§ 4 Abs. 4 EStG). Der Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb muss zudem fortbestehen, sodass nach der Veräußerung des gesamten Betriebs eine Hin1 Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 150. 2 Wildner/Krause, BB 2011, 1373; Winter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 150; vgl. auch Beckert/Füllbier, NWB 2010, 3358. 1 BFH v. 18.1.2001 – IV R 61/00, BStBl. II 2001, 687 = FR 2001, 410 m. Anm. Wendt; v. 7.3.2007 – I R 60/06, BStBl. II 2007, 654 = FR 2007, 899. 2 Wendt, FR 2001, 412. 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 1. 4 R 8.1 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009.

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B. Konkurrenzen

Rz. 6 § 8 Nr. 1 Buchst. b

zurechnung verbleibender Aufwendungen für Renten oder dauernde Lasten – ungeachtet der Tatsache, dass der Steuergegenstand ohnehin weggefallen ist – mangels Bezugs zu einem Gewerbebetrieb ausscheidet; anders ist dies bei der Veräußerung eines Teilbetriebs oder Mitunternehmerteilanteils.1 Die (hinzurechnungspflichtigen) Renten oder dauernden Lasten müssen – im Unterschied zu § 8 3 Nr. 2 GewStG aF – nicht mehr wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebs oder eines Anteils am Betrieb zusammenhängen.2 Nach der überholten Gesetzesfassung unterlagen zB Pensionsverpflichtungen aus Direktzusagen an Arbeitnehmer nicht der Hinzurechnung, da sie ihre Ursache im laufenden Betrieb des Unternehmens haben. Nunmehr werden im Grundsatz zwar alle Renten und dauernden Lasten erfasst, Direktzusagen aber ausdrücklich ausgenommen (§ 8 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 GewStG). Dies beruht auf der (Sozialzweck-)Erwägung, dass die Direktzusage als bedeutender Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung nicht beeinträchtigt werden soll.3 Ebenso wenig kommt es auf die gewstl. Behandlung der Renten und dauernden Lasten beim Emp- 4 fänger an (§ 8 GewStG Rz. 21).4 Dies war im Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. 2 GewStG aF anders und rief europarechtliche Kritik auf den Plan: Nach der Eurowings-Entscheidung des EuGH5 steht Art. 49 EG nationalen Hinzurechnungsvorschriften entgegen, die eine Hinzurechnung eines Teils der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von WG im Eigentum eines anderen sowie des Werts dieser WG verlangen, sofern diese Güter nicht bereits beim Vermieter oder Verpächter der GewSt unterliegen (vgl. § 8 Nr. 7 Satz 2 und § 12 Abs. 2 Satz 2 GewStG aF). Da sich dieser Grundsatz auf Renten und dauernde Lasten übertragen lässt, musste deren Hinzurechnung unabhängig von der stl. Behandlung beim Empfänger ausgestaltet werden.6 Darüber hinaus entspricht es gerade dem Objektsteuerprinzip, die Hinzurechnung der Renten und dauernden Lasten ungeachtet der Behandlung beim Empfänger der Leistungen vorzunehmen.7 Bei Zebragesellschaften, die selbst nicht der GewSt unterliegen, ist § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG auf 5 der Ebene des betrieblich Beteiligten anzuwenden.8 Im Fall der gewstl. Organschaft erfolgt die Hinzurechnung von Renten und dauernden Lasten, die außerhalb des Organkreises gezahlt werden, auf der Ebene des Organträgers.9

B. Konkurrenzen § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG regelt abschließend, unter welchen Voraussetzungen Renten und dauern- 6 de Lasten hinzugerechnet werden.10 Insofern ist die Norm lex specialis zu den übrigen Hinzurechnungstatbeständen.11 Stellen Renten und dauernde Lasten indes Aufwand für die befristete Überlassung von Rechten dar, ist § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG vorrangig anzuwenden, sodass sich im Ergebnis nur eine Hinzurechnung von 6,25 % (statt 25 %) ergibt.12 Die Abgrenzung zwischen § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG und § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG hat indes aufgrund des nunmehr einheitlichen Hinzurechnungsumfangs von 25 % keine allzu große Bedeutung mehr.13 1 Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 173; Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 33. Nach der früheren Rechtslage (§ 8 Nr. 2 GewStG aF) schied eine Hinzurechnung mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen der Rente bzw. dauernden Last und der Gründung bzw. dem Erwerb des restlichen Betriebs aus; vgl. BFH v. 25.3.1992 – I R 51/90, BStBl. II 1992, 919 = FR 1992, 665. 2 Damit hat der Gesetzgeber auf eine grundlegende Kritik an § 8 Nr. 2 GewStG aF reagiert; vgl. nur Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 157. 3 BT-Drucks. 16/4841, 80. 4 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 25. 5 EuGH v. 26.10.1999 – Rs. C-294/97 – Eurowings, BStBl. II 1999, 851. 6 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 3. 7 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 6. 8 Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 43. 9 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 48. 10 BFH v. 18.3.2009 – I R 9/08, BStBl. II 2010, 560 = FR 2009, 1116. 11 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 8; ähnlich Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 158; aA FG Köln v. 20.10.1983 – V 354/81 G, rkr., EFG 1984, 362, für § 8 Nr. 2 GewSt aF. 12 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 8. 13 Vgl. aber BFH v. 18.3.2009 – I R 9/08, BStBl. II 2010, 560 = FR 2009, 1116.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. b Rz. 7 Hinzurechnungen (Renten und dauernde Lasten)

C. Renten I. Begriffsbestimmung 7 Unter § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG fallen Renten aller Art.1 Renten sind regelmäßige Leistungen, die

aufgrund eines Stammrechts für eine gewisse Zeitdauer gewährt werden und auf die der Rentenberechtigte aus einem bestimmten Verpflichtungsgrund einen Anspruch hat.2 Es handelt sich um gleichbleibende Versorgungsleistungen.3 Auf der Grundlage eines dem Berechtigten eingeräumten Stammrechts werden regelmäßig wiederkehrende Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen in bestimmter Höhe erbracht.4 Die Leistungen setzen sich aus einem – das Stammrecht betreffenden – Tilgungsanteil und einem Zinsanteil zusammen. Die wiederkehrenden Zahlungen müssen sich als Früchte des Stammrechts darstellen, nicht als Teil eines Leistungsaustauschs in einem gegenseitigen Vertrag. Dies ist ein wesentliches Qualifikationsmerkmal des Rentenbegriffs.5 Im Vordergrund steht das Versorgungsbedürfnis des Berechtigten.6 Zudem sind Renten in gewisser Weise wagnisbehaftet. Dies unterscheidet sie beispielsweise von Kaufpreisraten (Rz. 12 ff.).7 Renten iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG können sowohl Leibrenten als auch Zeitrenten sein.8 Bei Zeitrenten beträgt der Leistungszeitraum regelmäßig aber mindestens zehn Jahre.9 Die Ablösung der Rentenverpflichtung als solche stellt grundsätzlich keine Rentenzahlung iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG dar.10 8 Wenngleich die Renten – aus der Sicht des leistenden Gewerbetreibenden – iSd. § 4 Abs. 4 EStG be-

trieblich veranlasst sein müssen, um überhaupt in den Anwendungsbereich der Hinzurechnungsvorschriften fallen zu können (§ 8 GewStG Rz. 48 ff.), kommt es auf die stl. Behandlung der Renten beim Berechtigten nicht an.11 Unter § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG fallen – als typischer Anwendungsfall – betriebliche Veräußerungsrenten, bei denen sich die Rentenzahlung als Gegenleistung für den Verkauf des Betriebes oder einzelner WG darstellt. Dies sind in erster Linie Leibrenten, können aber – wie dargestellt – auch Zeitrenten sein.12 Auch Renten im Zusammenhang mit dem Rückerwerb eines Betriebs13 oder der Abfindung lästiger Gesellschafter14 unterliegen der Hinzurechnung. 9 Betriebliche Versorgungsrenten stellen ebenfalls Renten iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG dar.15 Sie

beruhen in erster Linie auf dem Gedanken der Entlohnung der früher für den Betrieb geleisteten Dienste.16 Dies gilt etwa für Rentenversprechen der Gesellschaft gegenüber ausscheidenden Gesellschaftern, ungeachtet der Frage, ob der Anteil entgeltlich oder unentgeltlich übergeht.17 Fallen sie allerdings unter § 15 Abs. 1 Satz 2 EStG, sind sie Teil des gesondert und einheitlich festzustellenden Gesamtgewinns der Personengesellschaft und damit auch des Gewerbeertrags, sodass eine Hinzurechnung unterbleibt.18 Dies betrifft Vergütungen an den ehemaligen Gesellschafter oder dessen Rechtsnachfolger iSd. § 24 Nr. 2 EStG, und zwar auch im Fall des Ausscheidens aus einer zwei-

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

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BFH v. 18.3.2009 – I R 9/08, BStBl. II 2010, 560 = FR 2009, 1116. BFH v. 12.11.1975 – I R 135/73, BStBl. II 1976, 297. BFH v. 26.1.1994 – X R 54/92, BStBl. II 1994, 633 = FR 1994, 327 m. Anm. Schmidt. BFH v. 30.5.1980 – VI R 153/77, BStBl. II 1980, 575 = FR 1980, 469. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 5; Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 161. BFH v. 31.8.1994 – X R 44/93, BStBl. II 1996, 676 = FR 1995, 231 m. Anm. Weber-Grellet. BFH v. 18.3.2009 – I R 9/08, BStBl. II 2010, 560 = FR 2009, 1116; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 5. BFH v. 22.11.1972 – I R 124/70, BStBl. II 1973, 403. Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 162. Vgl. zum Wegfall und umgekehrt zur Erhöhung der Rentenverpflichtung BFH v. 12.11.1975 – I R 135/73, BStBl. II 1976, 297. Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 11. Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 30. BFH v. 9.8.1932 – VI 342/61 U, BStBl. III 1963, 459. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 6. BFH v. 24.11.1983 – IV R 14/83, BStBl. II 1984, 431. BFH v. 7.12.1977 – I R 75/77, BStBl. II 1978, 269. BFH v. 24.11.1983 – IV R 14/83, BStBl. II 1984, 431. BFH v. 14.5.2002 – VIII R 8/01, BStBl. II 2002, 532 = FR 2002, 877 m. Anm. Loose.

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C. Renten

Rz. 14 § 8 Nr. 1 Buchst. b

gliedrigen Gesellschaft.1 Die für den ehemaligen Gesellschafter gebildete Sonderbilanz ist – ausschließlich für die nachträglichen Einkünfte – mitsamt dem entsprechenden Aktivposten nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 2 EStG korrespondierend fortzuführen; die dem ehemaligen Gesellschafter zufließenden Vergütungen sind zeit- und betragsgleich als Aufwand der Gesellschaft zu erfassen.2 Dagegen unterliegen private Rentenzahlungen nicht der Hinzurechnung; sie haben den Gewinn nicht 10 gemindert (§ 12 Nr. 1 EStG). Dies gilt zB für außerbetriebliche Versorgungsrenten und Unterhaltsrenten.3 Das Vorliegen einer privaten Versorgungsrente wird – widerlegbar – vermutet, wenn Eltern Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Kinder übertragen. Diese Vermutung wird jedoch entkräftet, wenn die übertragenen Vermögenswerte einerseits und die Rentenverpflichtung (zzgl. etwaiger weiterer Gegenleistungen) andererseits einander gleichwertig sind.4 Erbbauzinsen stellen keine Rente iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG dar (Rz. 16). Gleiches gilt für Be- 11 triebspensionen (die zwar eine dauernde Last darstellen, im Hinblick auf § 8 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 GewStG jedoch nicht hinzugerechnet werden;5 s. Rz. 18 ff.).

II. Abgrenzung zu Kaufpreisraten Wenngleich die Abgrenzung zwischen § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG (Schuldentgelte) und § 8 Nr. 1 12 Buchst. b GewStG (Renten und dauernde Lasten) aufgrund des einheitlichen Hinzurechnungsumfangs von 25 % im Vergleich zur Gesetzesfassung vor dem UntStRefG 2008 an Bedeutung verloren hat, sind (Zeit-)Renten iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b EStG von den (mit dem Zinsanteil) unter § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG fallenden Kaufpreisraten abzugrenzen. Werden wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögensgegenständen vereinbart, ist nur dann von einer Rente iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG auszugehen, wenn die Leistungen der Versorgung des Bezugsberechtigten dienen sollen. Dies kann eine Rente auf Lebenszeit, aber auch eine Zeitrente sein. Die Rente weist einen gewissen Risiko- bzw. Wagnischarakter auf. Eine Wertsicherungsklausel kann Indiz für eine Rente sein.6 Hingegen stellen ratenweise erbrachte Kaufpreiszahlungen keine Renten in diesem Sinne dar. Kauf- 13 preisraten sind laufende Zahlungen, die für die Übereignung eines oder mehrerer WG zu erbringen sind und bei denen sich Leistung und Gegenleistung nach der Vorstellung der Vertragsparteien gleichwertig gegenüberstehen.7 Sie sollen durch Stundung die Zahlung des Kaufpreises erleichtern.8 Der Annahme einer Kaufpreisrate steht nicht entgegen, dass der Kaufpreis (zB infolge der Bindung an den Umsatz) nicht von vornherein feststeht. Bestimmbarkeit reicht aus.9 Trotz objektiver Ungleichgewichtigkeit von Leistung und Gegenleistung kann eine Veräußerungsrente 14 vorliegen, wenn die Beteiligten subjektiv von der Gleichwertigkeit ausgegangen sind und die Annahme der Ausgewogenheit der beiderseitigen Leistungen bei Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vertretbar erscheint.10 Letztlich kommt es damit auf die (zumindest vertretbare) subjektive Gleichgewichtigkeit von Leistung und Gegenleistung an.11

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Wacker in Schmidt36, § 15 EStG Rz. 572 f.; vgl. auch FG Hbg. v. 22.3.1991 – VII 126/89, rkr., EFG 1992, 70. BFH v. 6.3.2014 – IV R 14/11, BStBl. II 2014, 624 = FR 2014, 933 m. Anm. Kanzler. BFH v. 12.5.1966 – IV 80/62, BStBl. III 1966, 597. BFH v. 30.7.2003 – X R 12/01, BStBl. II 2004, 211 = FR 2004, 342; H 8.1 Abs. 2 GewStH 2009 „Abgrenzung zu privaten Versorgungsrenten“. BFH v. 4.12.1962 – I 71/60 S, BStBl. III 1963, 93; v. 18.1.1979 – IV R 194/74, BStBl. II 1979, 266. Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 14. BFH v. 18.3.2009 – I R 9/08, BStBl. II 2010, 560 = FR 2009, 1116. Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 14. BFH v. 3.10.1969 – III R 90/66, BStBl. II 1970, 240; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 152. BFH v. 16.12.1993 – X R 67/92, BStBl. II 1996, 669 = FR 1994, 257 m. Anm. Weber-Grellet. Ähnlich Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 162.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. b Rz. 15 Hinzurechnungen (Renten und dauernde Lasten)

D. Dauernde Lasten I. Begriffsbestimmung 15

Als dauernde Last sind auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Leistungen von Geld, vertretbaren Sachen oder persönlichen Diensten zu verstehen.1 Ihnen liegt – anders als bei Renten – kein Stammrecht zugrunde. Auch dauernde Lasten werden regelmäßig für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren gewährt.2 Es handelt sich um Versorgungsleistungen, denen – im Unterschied zu Leibrenten – das Merkmal der Gleichmäßigkeit fehlt, dh., die für Leibrenten typische Vorausbestimmbarkeit der Leistungen ist nicht gegeben. Die Abänderbarkeit muss sich durch ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO oder in anderer Weise aus dem Vertrag ergeben.3 Eine vertragliche Wertsicherungsklausel genügt nicht. Eine dauernde Last liegt zB vor, wenn die Leistungen von den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen des Gebers oder Empfängers oder von einer variablen Bemessungsgrundlage abhängig und damit veränderbar sind. Dies betrifft etwa Bezüge, die sich nach dem betrieblichen Gewinn oder Umsatz richten,4 zB Umsatzpachten.5 Dauernde Lasten ruhen dauernd auf einem Grundstück oder haften einer Person dauernd an. Dies gilt etwa für Patronatslasten, Kirchenlasten, Schullasten, Deichund Siellasten, Reallasten, Altenteilslasten, Auszugsrecht, Altsitz und Leibgedinge.6 Auch Betriebspensionen als nachträglich gewährtes Arbeitsentgelt stellen an sich eine dauernde Last iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG dar, werden im Hinblick auf § 8 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 GewStG jedoch nicht hinzugerechnet.7 Die Ablösung der dauernden Last als solche ist nicht als Zahlung iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG anzusehen.8

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Erbbauzinsen stellen weder eine Rente noch eine dauernde Last iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG dar. Entsprechendes gilt für Reallasten.9 Erbbauzinsen für die Überlassung unbebauter Grundstücke sind vielmehr als Entgelt für die Nutzung des Grundstücks anzusehen und fallen daher unter § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG.10 Im Fall der Bestellung eines Erbbaurechts an einem bebauten Grundstück sind die Erbbauzinsen in einen Tilgungs- und Zinsanteil für die Übertragung des Bauwerks einerseits und ein Entgelt für die Nutzung des Grund und Bodens andererseits aufzuteilen. Der auf das Bauwerk entfallende Zinsanteil unterfällt, soweit keine Aktivierung erfolgen muss, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG.11

17

Keine dauernden Lasten iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG sind Sondernutzungsentgelte (zB Wassernutzungsentgelte) als Entgelt für eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung sowie Konzessionsabgaben.12 Gleiches gilt für Förderzinsen und Wartegelder; hierbei handelt es sich um in Raten zu zahlende Anschaffungskosten.13 Ggf. kommt eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG in Betracht.14

1 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 7. 2 Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 163; Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 15. 3 BFH v. 15.7.1991 – GrS 1/90, BStBl. II 1992, 78 = FR 1991, 742 m. Anm. Schmidt. 4 BFH v. 30.5.1980 – VI R 153/77, BStBl. II 1980, 575 = FR 1980, 469. 5 FG Baden-Württemberg v. 25.8.1977 – III 231/75, EFG 1977, 601. 6 BFH v. 6.10.1976 – I R 238/74, BStBl. II 1977, 217. 7 BFH v. 4.12.1962 – I 71/60 S, BStBl. III 1963, 93; v. 18.1.1979 – IV R 194/74, BStBl. II 1979, 266. 8 Vgl. zum Wegfall und umgekehrt zur Erhöhung der Rentenverpflichtung BFH v. 12.11.1975 – I R 135/73, BStBl. II 1976, 297. 9 Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 167; Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 16; H 8.1 Abs. 2 „Erbbauzinsen“ GewStH 2009. 10 BFH v. 7.3.2007 – I R 60/06, BStBl. II 2007, 654 = FR 2007, 899; Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654, Rz. 32/32a. 11 BFH v. 18.3.2009 – I R 9/08, BStBl. II 2010, 560 = FR 2009, 1116. 12 BFH v. 5.3.1969 – I R 11/67, BStBl. II 1969, 417. 13 BFH v. 9.6.1993 – I R 8/92, BStBl. II 1994, 44 = FR 1994, 92. 14 Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 166.

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E. Umfang der Hinzurechnung

Rz. 22 § 8 Nr. 1 Buchst. b

II. Pensionszahlungen (Satz 2) Gem. § 8 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 GewStG gelten Pensionszahlungen aufgrund einer unmittelbar vom 18 Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage nicht als dauernde Last iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 GewStG. Es handelt sich um eine Fiktion, da die Versorgungszusage an sich die Merkmale des Begriffs der dauernden Last erfüllt. Diese Bereichsausnahme beruht auf sozialpolitischen Gründen:1 Die Attraktivität der Versorgungszusage als bedeutender Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung soll nicht durch die gewstl. Hinzurechnung beeinträchtigt werden.2 Die Ausnahme betrifft nach dem Wortlaut des Gesetzes allein die sog. Direktzusage. Die Finanzver- 19 waltung wendet sie allerdings – extensiv – auch auf die weiteren Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung an.3 Dem ist aus teleologischen Gründen,4 jedenfalls aber aus praktischen Erwägungen5 zu folgen. Begünstigt sind demnach auch Zusagen über eine Unterstützungskasse, eine Pensionskasse, eine Direktversicherung oder einen Pensionsfonds (mittelbare betriebliche Altersversorgung). Die Ausnahme setzt voraus, dass eine Zusage erteilt wird und auf deren Grundlage Zahlungen erfolgen.6 Auch Aufwendungen eines nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG Verpflichteten werden als begünstigt an- 20 gesehen.7 Dies betrifft Aufwendungen des Unternehmers für Personen, die (arbeitsrechtlich) nicht als Arbeitnehmer anzusehen sind, denen aber Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für das Unternehmen zugesagt worden sind (zB Handelsvertreter, Geschäftsführer).8 Der Begriff des Arbeitgebers iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG ist nicht arbeitsrechtlich auszulegen, sondern iSd. Einkommensteuer- bzw. Lohnsteuerrechts. Daher können – über die vorgenannte Fallgruppe des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG hinaus – auch leitende Angestellte und Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer bzw. Minderheitsgesellschafter mit Leitungsmacht Zahlungsempfänger sein.9

E. Umfang der Hinzurechnung I. Minderung des Gewinns Die Hinzurechnung setzt – wie jede andere Hinzurechnung auch (§ 8 GewStG Rz. 49) – zunächst vo- 21 raus, dass die Rente bzw. dauernde Last bei der Ermittlung des gewerblichen Gewinns – zu Recht10 – abgesetzt worden ist. Es muss tatsächlich zu einer Minderung des Gewinns gekommen sein. Daran fehlt es etwa, wenn die Rente als Sondervergütung iSd. § 15 Abs. 1 Satz 2 EStG anzusehen ist (zB im Fall einer Versorgungsrente) oder bei Altenteilen und Leibgedingen (§ 12 Nr. 2 EStG).11 Der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG unterliegt nur der Zins- bzw. Ertragsanteil 22 der Zahlungen.12 Im Hinblick auf den Tilgungs- bzw. Kapitalanteil fehlt es schon an einer Gewinn1 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 7c; Griemla, FR 2017, 14 (18). 2 BT-Drucks. 16/4841, 80. 3 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 27; Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 171. 4 Ebenso Ritzer, DStR 2008, 1613 (1618). 5 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 20. 6 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 7c. 7 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 27. 8 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 21. 9 Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 25; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 150; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 155; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 7c; Sailer Khuepach/ Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 170; Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 21. 10 Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 175, weisen zutreffend darauf hin, dass eine fehlerhafte Gewinnermittlung nicht über die gewstl. Hinzurechnung korrigiert werden darf. 11 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 50. 12 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 35 mwN: Einen Ertragsanteil haben lebenslange wiederkehrende Leistungen, einen Zinsanteil wiederkehrende Leistungen mit fester Laufzeit.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. b Rz. 23 Hinzurechnungen (Renten und dauernde Lasten) minderung. Daher sind auch Renten bzw. dauernde Lasten ggf. in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil aufzuteilen. 23

Kommt es zu einer Rückzahlung in früheren EZ hinzugerechneter Renten oder dauernder Lasten, erfolgt im EZ der Rückzahlung eine korrespondierende Kürzung des Gewerbeertrags.1 Diese ist auf den in früheren EZ hinzugerechneten Betrag begrenzt.2

II. Passivierte Verpflichtungen und Verpflichtungen bei EinnahmenÜberschussrechnern 24

Bei passivierten Rentenverpflichtungen (Veräußerungsleibrenten, Veräußerungszeitrenten) nimmt der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelte Barwert der Rente und damit die Rentenverpflichtung kontinuierlich ab; es kommt zu einer entsprechenden Gewinnerhöhung. Auf der anderen Seite sind die geleisteten Pensionszahlungen als Aufwand zu berücksichtigen. Per Saldo ergibt sich regelmäßig eine Minderung des Gewinns.3 Demnach ermittelt sich der der Hinzurechnung unterliegende Finanzierungsanteil ebenfalls aus der Differenz zwischen den laufenden Zahlungen (Aufwand) und der Verminderung des Passivpostens (Ertrag).4 Da Rentenzahlungen nur in Höhe dieser Differenz aufwandswirksam sind, ist die Hinzurechnung auf diesen Betrag begrenzt.5 Dementsprechend entfällt eine Hinzurechnung, wenn die Barwertminderung (gegen Ende der Lebenserwartung des Berechtigten) die laufende Rentenzahlung übersteigt.6 Eine Kürzung des übersteigenden Betrags findet nicht statt.7 Beispiel: A veräußert seinen Betrieb zum 1.1.2016 gegen eine monatliche Leibrente iHv. 2.000 Euro an B. Der Rentenbarwert beträgt zum 1.1.2016 223.200 Euro, zum 31.12.2016 216.000 Euro. Lösung: Die Rentenzahlungen iHv. 24.000 Euro haben den Gewinn des B in voller Höhe gemindert. Dem steht die Gewinnerhöhung aus der Minderung der Rentenverpflichtung iHv. 7.200 Euro gegenüber. Dementsprechend unterliegt der Saldo iHv. 16.800 Euro der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG.

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Der Aufwand, der aus der Passivierung bei Begründung der Rentenverpflichtung resultiert, wird nicht hinzugerechnet.8 Entsprechendes gilt im Fall des vorzeitigen Wegfalls der Verpflichtung (zB durch Versterben des Rentenberechtigten): Der durch die Ausbuchung der Rentenverpflichtung entstehende außerordentliche Ertrag hat keinen Einfluss auf den Hinzurechnungsbetrag. Eine Kürzung findet – mangels einschlägigen Kürzungstatbestands – nicht statt.9 Dies gilt auch dann, wenn die Passivierung den Gewinn nicht gemindert hat. Es erfolgt auch keine Saldierung mit laufenden Zahlungen.10 Schließlich liegt kein – die Kürzung rechtfertigender11 – Rückfluss hinzugerechneter Aufwendungen vor, der zu einer entsprechenden Kürzung führen kann.12

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Eine Erhöhung des Rentenbarwerts und damit der Rentenverpflichtung aufgrund einer Wertsicherungsklausel wirkt sich zwar gewinnmindernd aus, führt als solche aber nicht zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG.13 Erhöht sich die Rente jedoch infolge einer Wertsicherungs1 BFH v. 27.3.1961 – I 278/60 U, BStBl. III 1961, 280; v. 13.12.1966 – I R 18/66, BStBl. III 1967, 187; R 7.1 Abs. 1 GewStR 2009. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1a GewStG Rz. 23; vgl. das Beispiel unter H 7.1 Abs. 1 GewStH 2009 „Korrektur nach erfolgter Hinzurechnung“. 3 Weber-Grellet in Schmidt36, § 15 EStG Rz. 66. 4 R 8.1 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009. 5 BFH v. 18.1.2001 – IV R 61/00, BStBl. II 2001, 687 = FR 2001, 410 m. Anm. Wendt. 6 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 10. 7 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 43. 8 BFH v. 18.1.2001 – IV R 61/00, BStBl. II 2001, 687 = FR 2001, 410 m. Anm. Wendt; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 10a. 9 BFH v. 12.11.1975 – I R 135/73, BStBl. II 1976, 297; R 8.1 Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009. 10 Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 182; aA Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 161. 11 BFH v. 27.3.1961 – I 278/60 U, BStBl. III 1961, 280; v. 13.12.1966 – I R 18/66, BStBl. III 1967, 187; R 7.1 Abs. 1 GewStR 2009. 12 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 41. 13 BFH v. 18.1.2001 – IV R 61/00, BStBl. II 2001, 687 = FR 2001, 410 m. Anm. Wendt.

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Hinzurechnungen (Stille Gewinnanteile)

§ 8 Nr. 1 Buchst. c

klausel, sind auch die durch Wirksamwerden der Wertsicherungsklausel erhöhten Rentenbeträge hinzuzurechnen.1 Die vorgenannten Grundsätze gelten entsprechend, wenn der StPfl. seinen Gewinn durch Einnah- 27 menüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und AV oder UV iSd. § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG (Anteile an KapGes., Wertpapiere, vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, Grund und Boden, Gebäude) anschafft. Nimmt er bei der Anschaffung von AV die von der Finanzverwaltung eingeräumte Vereinfachungsregelung in Anspruch, die einzelnen Rentenzahlungen zunächst in voller Höhe mit dem Barwert der Rentenverpflichtung zu verrechnen und erst die den Passivposten übersteigenden Zahlungen in vollem Umfang als Betriebsausgabe abzusetzen,2 unterliegen nur Letztere der Hinzurechnung.3 Ob die Heranziehung des Saldobetrags auch in den Fällen der Anschaffung sonstigen UV, die mit einem Sofortabzug der Anschaffungskosten einhergeht, gerechtfertigt ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Letztlich dürfte dies aber im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz, dass sowohl im Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG als auch des § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG der Finanzierungsanteil hinzugerechnet wird, zu bejahen sein.4 Dieser ist dann allein für gewstl. Zwecke im Wege einer Schattenrechnung zu ermitteln. Diese Grundsätze gelten für dauernde Lasten entsprechend. Bei passivierten dauernden Lasten er- 28 gibt sich die Höhe des unter § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG fallenden Finanzierungsanteils aus dem Unterschied zwischen der laufenden Zahlung (Aufwand) und der Verminderung des Passivpostens für die Verpflichtung (Ertrag).

III. Sonderfälle Erfolgt keine Passivierung der Rentenverpflichtung bzw. dauernden Last, wie es etwa bei betriebli- 29 chen Versorgungsrenten der Fall ist, unterliegen die Zahlungen in voller Höhe der Hinzurechnung, sofern sie den Gewinn gemindert haben.5 Im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 2 EStG ist es jedoch nicht zu einer derartigen Gewinnminderung gekommen. Wird eine Abfindungsrente an einen lästigen Gesellschafter gezahlt, erfolgt eine Aktivierung, soweit 30 der Rentenbarwert auf die stillen Reserven und den Geschäftswert entfällt. Im Übrigen tritt im Jahr der Übertragung des Mitunternehmeranteils eine Gewinnminderung ein. Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG ist auf den Zinsanteil zu begrenzen.6

§ 8 Nr. 1 Buchst. c [Stille Gewinnanteile] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: 1. Ein Viertel der Summe aus … c) Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters, … soweit die Summe den Betrag von 100.000 Euro übersteigt; … 1 BFH v. 12.11.1975 – I R 135/73, BStBl. II 1976, 297; H 8.1 Abs. 2 GewStH 2009 „Wertsicherungsklausel“. 2 R 4.5 Abs. 4 Satz 4 EStR 2012. 3 Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 178; Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 38. 4 GlA Sailer Khuepach/Richter in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 180; Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 37; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 30; aA Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 143. 5 BFH v. 12.5.1965 – IV 80/62, BStBl. III 1966, 597; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 10c. 6 Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. b GewStG Rz. 46.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. c Rz. 1 Hinzurechnungen (Stille Gewinnanteile) A. Systematische Einordnung . . . . . . . . . .

1

B. Gewinnanteile des stillen Gesellschafters .

4

C. Beteiligung des stillen Gesellschafters . . .

7

I. 1. 2. 3. 4. 5.

Beteiligung an einem Gewerbebetrieb . Handelsrechtliche Begriffsbestimmung Gewerbebetrieb iSd. Steuerrechts . . . . Person des stillen Gesellschafters . . . . Vermögenseinlage . . . . . . . . . . . . Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

7 7 8 9 10 12

II. Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Atypisch stille Beteiligung . . . . . . . . . . . 2. Partiarische Rechtsverhältnisse . . . . . . . .

15 15 17

a) Unterscheidung zwischen partiarischen Rechtsverhältnissen und Gesellschaftsverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . b) Partiarisches Darlehen . . . . . . . . . . c) Partiarisches Arbeitsverhältnis . . . . . d) Sonstige partiarische Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 19 25

D. Umfang der Hinzurechnung . . . . . . . .

30

29

I. Gewinnanteile, soweit sie bei der Gewinnermittlung abgezogen worden sind . . . . .

30

II. Beteiligung am Verlust . . . . . . . . . . . .

32

Literatur: Döllerer, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Märtens, Anm. zu BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, jurisPR-SteuerR 2/2016 Anm. 5; Märtens, Anm. zu BFH v. 28.1.2016 – I R 15/15, jurisPR-SteuerR 25/2016 Anm. 5; Wischmann, Anm. zu BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, EStB 2016, 4.

A. Systematische Einordnung 1 Gem. § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG sind die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters dem Gewinn aus

Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters in dem betreffenden Gewerbebetrieb erwirtschaftet worden und daher Ausdruck von dessen Ertragskraft ist.1 Die stille Gesellschaft ist als Dauerschuldverhältnis typischerweise auf die langfristige Inanspruchnahme von Fremdkapital ausgelegt.2 Es handelt sich um eine Finanzierungsform.3 Auch § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG dient damit der Ermittlung des objektiven – von den Beziehungen des Inhabers zum Betrieb losgelösten – Gewerbeertrags (Objektsteuerprinzip). Die Vorschrift ist lex specialis zu § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG.4 Der Umfang der Hinzurechnung (25 %) ist identisch.5 2 Auf die Frage, ob die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters beim Empfänger zur Steuer nach

dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind, kommt es – im Gegensatz zur überholten Rechtslage (§ 8 Nr. 3 GewStG idF vor dem UntStRefG 2008) – nicht mehr an (§ 8 GewStG Rz. 21).6 Damit sind auch die entsprechenden europarechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift obsolet geworden. Nach Ansicht des FG Münster7 verstieß § 8 Nr. 3 GewStG aF gegen die Niederlassungs- bzw. Kapitalverkehrsfreiheit, soweit eine in einem EU-Mitgliedstaat ansässige Kapitalgesellschaft als stiller Gesellschafter betroffen ist. Es berief sich dabei in erster Linie auf die Eurowings-Entscheidung des EuGH:8 Danach steht Art. 49 EG nationalen Rechtsvorschriften über die GewSt entgegen, denen zufolge der Bemessungsgrundlage ein Teil der Mietzinsen und Pachtzinsen für die Benutzung von WG im Eigentum eines anderen sowie der Wert dieser WG hinzuzurechnen sind, sofern diese Güter nicht bereits beim Vermieter oder Verpächter der GewSt unterliegen (vgl. § 8 Nr. 7 Satz 2 und § 12 Abs. 2 Satz 2 GewStG aF). Da sich dieser Grundsatz auf die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters übertragen lässt, musste die Hinzurechnung der Gewinnanteile unabhängig von deren stl. Behandlung beim Empfänger ausgestaltet werden.9 3 Ungeachtet des zuvor dargestellten – grundlegenden – systematischen Unterschieds kann auch im

Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG regelmäßig weiterhin auf die Auslegungsgrund1 2 3 4 5 6 7 8 9

Ettinger/Sailer Khuepach in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 186. BFH v. 14.6.2005 – VIII R 53/03, BFH/NV 2005, 2183. Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 153. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 2. Zur Ungleichbehandlung durch die überholte Gesetzesfassung vgl. Döllerer, DStR 1985, 295. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 28. FG Münster v. 13.7.2007 – 9 K 1080/04 K,G,F, 9 K 4302/04 K,F, rkr., EFG 2007, 1976. EuGH v. 26.10.1999 – Rs. C-294/97 – Eurowings, BStBl. II 1999, 851. Schuster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG Rz. 3.

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C. Beteiligung des stillen Gesellschafters

Rz. 7 § 8 Nr. 1 Buchst. c

sätze, die sich zur Vorgängernorm herausgebildet haben, zurückgegriffen werden.1 Dies gilt insbesondere für die Frage, was als Gewinnanteil des stillen Gesellschafters iSd. Norm zu verstehen ist.

B. Gewinnanteile des stillen Gesellschafters Hinzurechnungspflichtige Gewinnanteile des stillen Gesellschafters iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG 4 sind alle gewinnabhängigen Bezüge, die nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter einer Gegenleistung für die vom stillen Gesellschafter in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen haben. Sie können selbst dann vorliegen, wenn sie gezahlt werden, obwohl der Betrieb im betreffenden Wj. tatsächlich keinen Gewinn erwirtschaftet hat. Erfasst werden daher auch Mindestbeträge, die in Verlustjahren in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Vermögenseinlage an den stillen Gesellschafter gezahlt werden.2 Es handelt sich ebenfalls um ein Entgelt für die Bereitstellung von Fremdkapital. Dies gilt allerdings nicht für Entgeltbestandteile, die bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Gegenleistung für die Kapitalüberlassung darstellen, wie zB Bearbeitungsgebühren und Risikoprämien.3 Dabei wird maßgeblich darauf abgestellt, ob eine zu Vertragsbeginn geleistete Zahlung im Fall einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses vom Kapitalempfänger zurückgefordert werden kann. Ist dies der Fall, liegt ein der Hinzurechnung unterliegendes Kapitalüberlassungsentgelt vor.4 Fehlt hingegen eine entsprechende Abrede, kann grundsätzlich keine Gegenleistung für die Kapitalüberlassung angenommen werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Vertragsverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und die Beteiligten dem nur eine theoretische Bedeutung beigemessen haben. Hat der stille Gesellschafter eine Doppelfunktion inne, zB als Arbeitnehmer oder Darlehensgeber ei- 5 nerseits und als stiller Gesellschafter andererseits, sind die verschiedenen Vergütungen für Zwecke der Hinzurechnung voneinander abzugrenzen. Wird eine Gesamtvergütung gezahlt, sind die Gewinnanteile aus dieser „herauszurechnen“. Dabei wird in erster Linie der Aufteilung durch die Vertragspartner zu folgen sein, wenn diese jedenfalls wirtschaftlich vertretbar erscheint.5 Gewinnabhängige Bezüge, die nach Beendigung der stillen Gesellschaft gezahlt werden, können 6 ebenfalls unter § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG fallen. Dies setzt voraus, dass sie für die von dem stillen Gesellschafter während des Bestehens des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen geleistet werden. Dabei kann es sich auch um eine feste Abfindung handeln, die ggf. durch (wertgesicherte) pauschale Zu- oder Abschläge (zB auf den Buchwert der Vermögenseinlage) modifiziert wird. In einem solchen Fall ist der die Einlagenrückgewähr übersteigende Teil der Abfindung in der Regel als Gewinnanteil anzusehen.6

C. Beteiligung des stillen Gesellschafters I. Beteiligung an einem Gewerbebetrieb 1. Handelsrechtliche Begriffsbestimmung § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG setzt voraus, dass eine stille Beteiligung besteht. Bei der stillen Gesellschaft 7 handelt es sich um eine nach außen nicht in Erscheinung tretende Innengesellschaft.7 § 230 Abs. 1 HGB definiert die stille Gesellschaft als Beteiligung an dem Handelsgewerbe eines anderen mit einer 1 2 3 4 5

Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 28. BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908. BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908. BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908. BFH v. 5.8.1965 – VI 138/65 U, BStBl. III 1965, 560; v. 7.2.1968 – I 233/64, BStBl. II 1968, 356; v. 20.1.1971 – I R 17/69, BStBl. 1971, 308; v. 28.7.1971 – I R 78/68, BStBl. II 1971, 815; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 17, unter Hinweis auf BFH v. 7.2.1968 – I 233/64, BStBl. II 1968, 356. 6 BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BStBl. II 1978, 570; v. 17.2.1972 – IV R 40/68, BStBl. II 1972, 586; H 8.1 Abs. 3 GewStH 2009 „Gewinnabhängige Bezüge nach Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses“. 7 Vgl. Kronawitter, GewStG, 2012, § 8 Rz. 33.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. c Rz. 8 Hinzurechnungen (Stille Gewinnanteile) Vermögenseinlage (§ 230 Abs. 1 HGB).1 Diese handelsrechtliche Begriffsbestimmung gilt – mit Ausnahme ihrer Beschränkung auf das Handelsgewerbe – auch für § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG.2 Steuerlich genügt indes die Beteiligung an (irgend)einem Gewerbe, sofern vereinbarungsgemäß die §§ 230 bis 237 HGB gelten sollen.3 Dies kann auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein, die einen Gewerbebetrieb unterhält. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob im Einzelfall eine stille Gesellschaft vorliegt, anhand eines Vergleichs zwischen den konkret getroffenen Vereinbarungen und dem in §§ 230 ff. HGB beschriebenen Regelstatut der stillen Gesellschaft zu beantworten.4 Auch die schenkweise Einräumung einer stillen Beteiligung des Kindes durch ein Elternteil5 ist stl. nur anzuerkennen, wenn dem Kind wenigstens annäherungsweise die Rechte zustehen, die einem stillen Gesellschafter nach den §§ 230 ff. HGB zukommen.6 Ein der stillen Gesellschaft nur ähnliches Rechtsverhältnis fällt im Hinblick darauf, dass der Steuergesetzgeber (ausdrücklich) an den zivilrechtlichen Begriff der stillen Gesellschaft anknüpft, nicht unter § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG.7 2. Gewerbebetrieb iSd. Steuerrechts 8 Die stille Beteiligung muss an einem Gewerbebetrieb bestehen. Erforderlich ist jedoch nicht, dass sie

sich auf das gesamte Gewerbe erstreckt, sie kann sich vielmehr auch auf einen Teilbetrieb oder ein bestimmtes – hinreichend sachlich abgrenzbares – Geschäftsfeld des Betriebs beschränken (sog. Tracking-Stock-Struktur).89 Eine stille Beteiligung an einzelnen Geschäften oder Geschäftswerten (Gelegenheitsgesellschaften) ist jedoch ausgeschlossen.10 Als Träger des Gewerbebetriebs kommen sowohl natürliche Personen als auch Personengesellschaften (GbR, PartG, OHG, KG) sowie KapGes. (GmbH, AG) in Betracht.11 Gegenstand der stillen Beteiligung kann zudem ein Mitunternehmeranteil sein, dh., die Unterbeteiligung an dem Gewerbebetrieb reicht aus.12 Auch in diesem Fall treten nämlich die wirtschaftlichen Wirkungen des Vertragsverhältnisses bei der Gesellschaft selbst ein.13 Der Stille darf dann aber nicht als Mitunternehmer zu qualifizieren sein (Rz. 15 f.).14 3. Person des stillen Gesellschafters 9 Als stille Gesellschafter kommen natürliche Personen, aber auch juristische Personen (zB KapGes.)

in Betracht. Der Gesellschafter einer KapGes. kann sich an der Gesellschaft zugleich als Stiller beteiligen.15 Allgemeinen Grundsätzen folgend setzt dies eine im Voraus klar und eindeutig getroffene Vereinbarung und deren tatsächliche Durchführung voraus. Ansonsten liegt eine verdeckte Einlage vor.16 Die Möglichkeit der Beteiligung als stiller Gesellschafter besteht auch für beherrschende Gesellschafter17 und den Gesellschafter einer Einmann-GmbH18 sowie Gesellschafter-Geschäftsführer.19 1 Vgl. auch BFH v. 10.7.2001 – VIII R 45/98, BStBl. II 2002, 339 = FR 2001, 1103 m. Anm. Kempermann. 2 BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. 3 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 28 iVm. Abschn. 50 Abs. 1 Satz 1 GewStR 1998; R 8.1 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009. 4 BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. 5 Zu den Anforderungen an solche Verträge vgl. BFH v. 19.12.1979 – I R 176/77, BStBl. II 1980, 242 = FR 1980, 269. 6 BFH v. 20.2.1975 – IV R 62/74, BStBl. II 1976, 569. 7 BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BStBl. II 1978, 570; v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611; v. 11.11.1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95. 8 Wacker in Schmidt36, § 15 EStG Rz. 360. 9 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 = FR 1996, 293. 10 BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355. 11 Ettinger/Sailer Khuepach in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 191. 12 Dies gilt, obschon keine stille Beteiligung im handelsrechtlichen Sinne vorliegt. 13 BFH v. 8.10.1970 – IV R 196/69, BStBl. II 1971, 59; H 8.1 Abs. 3 „Stille Beteiligung an einem Mitunternehmeranteil“ GewStH 2009. 14 BFH v. 17.11.1964 – VI 319/73 U, BStBl. III 1965, 260. 15 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358. 16 BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155. 17 BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 563 = FR 1983, 539. 18 BFH v. 10.2.1978 – III R 115/76, BStBl. II 1978, 256. 19 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358.

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C. Beteiligung des stillen Gesellschafters

Rz. 13 § 8 Nr. 1 Buchst. c

Hingegen kann der Gesellschafter einer Personengesellschaft nach vorzugswürdiger Auffassung nicht zugleich als deren stiller Gesellschafter fungieren;1 seine Vergütungen und Gewinnanteile unterfallen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Auch Geldeinlagen von Arbeitnehmern können stille Beteiligungen begründen.2 4. Vermögenseinlage Die stille Beteiligung setzt eine Einlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers voraus. Gesamthän- 10 derisch gebundenes Gesellschaftsvermögen der stillen Gesellschaft als reiner Innengesellschaft entsteht dadurch allerdings nicht.3 Die stille Beteiligung ist bereits dann stl. anzuerkennen, wenn sie vereinbart worden ist; die Einlage muss noch nicht geleistet worden sein.4 Die Höhe der Einlage ist ohne Bedeutung.5 Der Begriff der Einlage ist weit auszulegen.6 Gegenstand der Einlage sind regelmäßig Geldleistungen oder sonstige Vermögensgegenstände. Auch Know-how kann Gegenstand der Vermögenseinlage sein.7 Umfasst ist zudem die Überlassung von Vermögensgegenständen zur Nutzung. Ebenso können Dienstleistungen, mit denen ein Beitrag für das Unternehmen des Geschäftsinhabers geleistet wird, eine stille Beteiligung begründen.8 Die stille Gesellschaft ist im Hinblick auf die Förderung des gemeinsamen Zwecks (§ 705 BGB) durch 11 ein partnerschaftliches Zusammenwirken von Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter gekennzeichnet. Dies gilt vor allem, wenn die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters durch die Leistung von Diensten erbracht wird. Vor allem anhand dieses Kernkriteriums ist die stille Beteiligung von partiarischen Rechtsverhältnissen, insbesondere dem partiarischen Arbeitsverhältnis, abzugrenzen (Rz. 17 f.). 5. Gewinnbeteiligung Unverzichtbares Merkmal der stillen Gesellschaft – und zugleich Gegenstand der Hinzurechnung (§ 8 12 Nr. 1 GewStG Rz. 3) – ist die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn. Folge der Einlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers ist keine Vermögensbeteiligung des Stillen, sondern eine Ergebnisbeteiligung in Form eines Gewinnanteils aus dem Ertrag der geschäftlichen Tätigkeit. Gesellschaftsvermögen wird nicht gebildet. Die Ansprüche des stillen Gesellschafters hängen davon ab, dass das Unternehmen einen Gewinn erzielt, dh., der stille Gesellschafter erhält für die Kapitalhingabe eine von dem geschäftlichen Ertrag abhängige Vergütung.9 Auch Mindestbeträge, die in Verlustjahren in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Vermögenseinlage an den stillen Gesellschafter gezahlt werden, können vereinbart werden.10 Gewinnunabhängige Vergütungsbestandteile sind also unschädlich.11 Eine Umsatzbeteiligung oder feste Vergütung genügt hingegen nicht. Gleiches gilt für leistungsbezogene erfolgsabhängige Vergütungen.12 Nicht erforderlich ist, dass der stille Gesellschafter auch an Verlusten teilnimmt; dies können die Be- 13 teiligten ausschließen (§ 231 Abs. 2 HGB).13 Ist eine Verlustbeteiligung allerdings vereinbart, deutet

1 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 7; Ettinger/Sailer Khuepach in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 191; Schuster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 3 GewStG Rz. 3; aA Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 159; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1b GewStG Rz. 11. 2 BFH v. 16.8.1978 – I R 28/76, BStBl. II 1979, 51. 3 Wacker in Schmidt36, § 15 EStG Rz. 341. 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 10. 5 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 10. 6 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611. 7 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611. 8 BFH v. 22.10.1987 – IV R 303/84, BFH/NV 1988, 700. 9 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358. 10 BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908. 11 BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. 12 BFH v. 13.10.1992 – VIII R 57/91, BFH/NV 1993, 518. 13 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. c Rz. 14 Hinzurechnungen (Stille Gewinnanteile) dies auf das Bestehen einer stillen Beteiligung hin. In diesem Fall ist ein negativer Hinzurechnungsbetrag – dh. Kürzungsbetrag – anzusetzen (Rz. 32).1 14

Die Beteiligten können festlegen, ob für die Bemessung des Gewinnanteils auf den Gewinn laut Steuer- oder Handelsbilanz zurückgegriffen werden soll.2 Auch Modifikationen der Bemessungsgrundlage (zB der Ausschluss einzelner Aufwendungen) können vereinbart werden, wenn dadurch der Charakter der Vergütung als Gewinnanteil unberührt bleibt. Der Gewinnbegriff darf nicht im Kern getroffen werden, sodass die vereinbarte Gewinnbeteiligung zu einer Leerformel würde.3 In Übereinstimmung mit dem Beteiligungsumfang kann sich der Gewinnanteil zudem auf den in einem Teilbetrieb oder Geschäftszweig erzielten Gewinn beschränken. Dieser ist anhand der entsprechenden Verursachungsbeiträge – unter Einbeziehung der Gemeinkosten – gesondert zu ermitteln.4

II. Abgrenzungen 1. Atypisch stille Beteiligung 15

§ 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG gilt nur für den typisch still Beteiligen, der jedenfalls dem Grunde nach Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielt.5 Ist die Beteiligung als atypisch stille Beteiligung zu qualifizieren, dh., liegt eine Mitunternehmerschaft iSd. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG vor,6 erfolgt keine Hinzurechnung. Die Gewinnanteile des atypisch stillen Gesellschafters sind Teil des gewerblichen Gewinns der Mitunternehmerschaft, dh., sie mindern diesen nicht.7 Für eine gewstl. Hinzurechnung besteht kein Raum.

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Der stille Gesellschafter ist Mitunternehmer, wenn seine gesellschaftsvertraglich begründete Rechtsstellung von den §§ 230 ff. HGB derart abweicht, dass sie nach dem Gesamtbild der Verhältnisse dem Typ des Mitunternehmers entspricht.8 Dies setzt voraus, dass der Stille Mitunternehmerinitiative entfaltet und Mitunternehmerrisiko trägt. Hinsichtlich des Merkmals des Mitunternehmerrisikos wird als wesentlich angesehen, ob der stille Gesellschafter nicht nur am laufenden Gewinn und ggf. Verlust des Unternehmens teilhat, sondern im Innenverhältnis schuldrechtlich auch an den stillen Reserven und an einem Geschäftswert beteiligt sein soll. Mitunternehmerinitiative bedeutet Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen, wobei diese zumindest den Umfang der Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach dem Regelstatut des HGB erreichen. Beide Merkmale müssen vorliegen. Jedoch kann die geringere Ausprägung des einen Merkmals iRd. gebotenen Gesamtbeurteilung der Umstände des Einzelfalls durch eine stärkere Ausprägung des anderen Merkmals ausgeglichen werden. Auf diese Weise ist es etwa möglich, die fehlende Partizipation am Geschäftswert durch ein hohes Mitunternehmerrisiko in Bezug auf das laufende Betriebsergebnis und eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative (Übertragung typischer Unternehmerentscheidungen auch der laufenden Geschäftsführung) auszugleichen.9 2. Partiarische Rechtsverhältnisse a) Unterscheidung zwischen partiarischen Rechtsverhältnissen und Gesellschaftsverhältnissen

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Partiarische Rechtsverhältnisse fallen nicht unter § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG, sodass sie von stillen Beteiligungen abzugrenzen sind. Zur Unterscheidung sind die Beteiligungselemente und die Elemente 1 BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, FR 2016, 234 m. Anm. Nöcker = DStR 2015, 2716; R 8.1 Abs. 3 S. 2 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 19. 2 BFH v. 14.8.1974 – I R 35/74, BStBl. II 1974, 774. 3 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611. 4 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611. 5 BFH v. 8.3.1984 – I R 31/80, BStBl. II 1984, 623 = FR 1984, 423. 6 Vgl. dazu BFH v. 18.2.1993 – IV R 132/91, juris. 7 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244; H 8.1 Abs. 3 GewStH 2009 „Atypisch stille Gesellschaften“. 8 BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BStBl. II 1996, 269 = FR 1996, 30; Wacker in Schmidt36, § 15 EStG Rz. 341 ff. 9 BFH v. 16.12.2003 – VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 1080.

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C. Beteiligung des stillen Gesellschafters

Rz. 21 § 8 Nr. 1 Buchst. c

des partiarischen Rechtsverhältnisses, die der konkreten Abrede innewohnen, wertend einander gegenüberzustellen. Dafür bedarf es der Beurteilung, ob die Beteiligten sich durch den Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels (§ 705 BGB) verbunden haben und ihre schuldrechtlichen Beziehungen demgemäß ein gesellschaftsrechtliches Element in sich tragen oder ob die Beteiligten ohne jeden gemeinsamen Zweck lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer beiderseitigen Interessen bestimmt werden. Dabei ist zu beachten, dass dem stillen Gesellschafter häufig Kontroll- und Mitwirkungsrechte eingeräumt werden, die über diejenigen des § 233 HGB hinausgehen, und dass der stille Gesellschafter und der Geschäftsinhaber gesellschaftsrechtliche Treuepflichten haben. Das Rechtsverhältnis muss das Gepräge einer Partnerschaft tragen.1 Diese Kriterien fehlen bei einem partiarischen Rechtsverhältnis. Sind keine eindeutigen Anzeichen für den Willen der Vertragsparteien vorhanden, bedarf es für die 18 rechtliche Zuordnung zum zutreffenden Vertragstyp einer umfassenden Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, wobei auch außerhalb des Vertragstextes liegende Umstände von Bedeutung sein können. Die Bezeichnung des Vertragsverhältnisses durch die Beteiligten liefert einen unverbindlichen „ersten Anhalt“.2 Darauf aufbauend ist auf den Vertragszweck und die wirtschaftlichen Ziele der Beteiligten, ihre persönlichen Beziehungen, die Dauer des Vertragsverhältnisses, die Risikoverteilung und das Interesse des Geschäftsinhabers an der Person des Geschäftspartners abzustellen.3 Diesen Kriterien kann iRd. anzustellenden Gesamtschau – je nach den Umständen des Einzelfalls – unterschiedliches Gewicht beigemessen werden.4 Es handelt sich also nicht um Quasi-Tatbestandsmerkmale.5 b) Partiarisches Darlehen Wenngleich die Differenzierung zwischen § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG (Schuldentgelte) und § 8 Nr. 1 19 Buchst. c GewStG (Gewinnanteile des stillen Gesellschafters) aufgrund des einheitlichen Hinzurechnungsumfangs von 25 % im Vergleich zur Gesetzesfassung vor dem UntStRefG 2008 an Bedeutung verloren hat, muss die stille Beteiligung von dem unter § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG fallenden partiarischen Darlehensverhältnis abgegrenzt werden. Dies gilt vor allem in den Fällen, in denen eine Verlustbeteiligung des Geldgebers – diese kann nur bei einer stillen Beteiligung vorkommen – ausgeschlossen ist.6 Beide Beteiligungsformen sind in zivilrechtlicher Hinsicht typenverwandt.7 Bei einem partiarischen 20 Darlehen handelt es sich inhaltlich um einen Darlehensvertrag, der die Besonderheit aufweist, dass anstelle oder neben einer Verzinsung eine Beteiligung am Gewinn des Darlehensnehmers vereinbart ist.8 Bei der erforderlichen Abgrenzung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere der Vertragszweck und die wirtschaftlichen Ziele der Beteiligten, ihre persönlichen Beziehungen, die Dauer des Vertragsverhältnisses, das Ausmaß des wirtschaftlichen Risikos für den Geldgeber sowie das Interesse des Geschäftsinhabers an der Person des Geldgebers.9 In die Beurteilung kann auch einzubeziehen sein, welche Gestaltung die Beteiligten aus wirtschaftlichen Gründen (zB Stärkung des Eigenkapitals) oder aus stl. Sicht (Nichtgefährdung der Gewerbesteuerfreiheit nach § 3 Nr. 24 GewStG) wählen wollten.10 Zur Abgrenzung ist zunächst auf den Wortlaut der getroffenen Vereinbarung abzustellen. Er hat je- 21 denfalls indizielle Bedeutung. Begründet der Vertrag seinem Wortlaut nach ein partiarisches Darlehensverhältnis, ist er nach seinem wirtschaftlichen Gehalt aber auf die Begründung einer Beteiligung gerichtet, ist indes von einer stillen Beteiligung auszugehen. Die Bezeichnung des Vertragsverhältnis1 BFH v. 6.10.1971 – I R 215/69, BStBl. II 1972, 187. 2 BGH v. 9.2.1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 439; v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334; v. 21.10.1992 – X R 99/88, BStBl. II 1993, 289. 3 BFH v. 8.3.1984 – I R 31/80, BStBl. II 1984, 623 = FR 1984, 423. 4 BFH v. 10.2.1978 – III R 115/76, BStBl. II 1978, 256. 5 BFH v. 10.12.2001 – I B 43, 44/01, BFH/NV 2002, 536. 6 BFH v. 8.3.1984 – I R 31/80, BStBl. II 1984, 623 = FR 1984, 423. 7 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 15. 8 FG Sachs. v. 7.12.2009 – 5 K 669/06, rkr., DStRE 2011, 297. 9 BFH v. 8.3.1984 – I R 31/80, BStBl. II 1984, 623 = FR 1984, 423. 10 BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. c Rz. 22 Hinzurechnungen (Stille Gewinnanteile) ses durch die Parteien ist steuerrechtlich nämlich nicht maßgebend, wenn sie im Widerspruch zu dem dahinterstehenden Rechtsfolgewillen steht.1 22

Für eine stille Beteiligung sprechen folgende Umstände: – Verlustbeteiligung des Stillen, und sei es nur in bestimmten Konstellationen (zB Insolvenz, Vergleichsverfahren);2 bei einem partiarischen Darlehensverhältnis ist eine Verlustbeteiligung ausgeschlossen; – (jedenfalls vertraglich eingeräumte) Möglichkeit der Einflussnahme des Stillen auf die Unternehmensführung;3 besondere Einwirkungsmöglichkeiten;4 – gemeinsame wirtschaftliche Interessen;5 – Möglichkeit des stillen Gesellschafters, die zweckentsprechende Verwendung der Einlage einzufordern;6 – Kontrollrechte des Stillen, die zumindest denen iSd. § 233 HGB entsprechen (Abschrift von Jahresabschlüssen, Einsicht in die Bücher, Umsatzmeldungen, Erstattung von Zwischenberichten über die Geschäftslage und Liquiditätssituation, Vorlage von Investitions- und Finanzierungsplänen);7 – Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Geschäfte oder der Einstellung bzw. wesentlichen Einschränkung des Betriebs;8 – Stundungsrecht des „Darlehensnehmers“ im Fall der Krise;9 – (langfristiges) Vertragsverhältnis zwischen KapGes. und beherrschendem Gesellschafter; die Beherrschung allein genügt allerdings nicht;10 – Kündigungsmöglichkeit zum Ende des Geschäftsjahres mit einer Frist von sechs Monaten (§§ 234 Abs. 1 Satz 1, 132 HGB); – Übertragung der Beteiligung nur mit Zustimmung des Geschäftsinhabers.11

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Demgegenüber lassen sich für ein partiarisches Darlehen folgende Umstände anführen: – Interesse des Geldgebers steht im Vordergrund;12 – Geldgeber kann Verwendungszweck der Darlehensmittel nicht bestimmen;13 – Überwachungs- und Kontrollrechte des Geldgebers beschränken sich auf die Überprüfung der Gewinnhöhe;14 – Entgelt richtet sich nach der Höhe der ausgezahlten Einlage und muss im Fall einer vorübergehenden Verlustsituation in späteren Jahren nachentrichtet werden;15 – darlehenstypische Vertragsgestaltung im Hinblick auf Laufzeit (Kündigungsfrist: drei Monate, § 488 Abs. 3 Satz 2 BGB), Zinssatz (feste Verzinsung) und Sicherheiten;16 – Zahlung von Bereitstellungszinsen bzw. Verzinsungspflicht bei vorzeitiger Kündigung;17 – Abtretung der Darlehensforderung ist zulässig.18 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

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BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. FG Sachs. v. 7.12.2009 – 5 K 669/06, rkr., DStRE 2011, 297. BMF v. 16.11.1987 – IV C 5 - S 1300 - 331/87, BStBl. I 1987, 740. BMF v. 16.11.1987 – IV C 5 - S 1300 - 331/87, BStBl. I 1987, 740. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 15a. BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. FG Sachs. v. 7.12.2009 – 5 K 669/06, rkr., DStRE 2011, 297; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 15. BMF v. 16.11.1987 – IV C 5 - S 1300 - 331/87, BStBl. I 1987, 740. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 15a. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 15a. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 15a. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 15a. BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. BMF v. 16.11.1987 – IV C 5 - S 1300 - 331/87, BStBl. I 1987, 740. BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 15a.

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C. Beteiligung des stillen Gesellschafters

Rz. 28 § 8 Nr. 1 Buchst. c

Hingegen ist die Beherrschung einer Gesellschaft allein1 ebenso wenig ausschlaggebend wie das 24 Recht auf Bucheinsicht.2 Auch die Art und Weise der Refinanzierung des Investitionsbetrags ist ohne Bedeutung.3 c) Partiarisches Arbeitsverhältnis Des Weiteren ist die stille Beteiligung von einem – nicht der Hinzurechnung unterliegenden – par- 25 tiarischen Arbeitsverhältnis, dh. einem Arbeitsverhältnis mit Gewinnbeteiligung des Arbeitnehmers, abzugrenzen. Maßgebende Kriterien sind vor allem die Art der Vermögenseinlage und das (partnerschaftliche) Zusammenwirken. Beruhen die Gewinnbeteiligungen auf Geldeinlagen, nicht auf Dienstleistungen, scheidet die Annahme eines partiarischen Arbeitsverhältnisses von vornherein aus.4 Wird die Vermögenseinlage dagegen in Form einer Dienstleistung erbracht, ist zu prüfen, ob die Beteiligten zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks partnerschaftlich zusammenwirken. Dies ist – wie dargestellt (Rz. 17) – das Wesensmerkmal einer stillen Gesellschaft. Ein partnerschaftliches Zusammenwirken kann sich aus Überwachungs- und Mitspracherechten des 26 stillen Gesellschafters ergeben. Dies gilt etwa, wenn dem Stillen die (gemeinschaftliche) Geschäftsführung übertragen wird.5 Das Beratungs- und Entscheidungsrecht eines angestellten Geschäftsführers oder Prokuristen allein genügt allerdings nicht.6 Andererseits steht der Vorbehalt des Geschäftsinhabers, letzte grundlegende Entscheidungen selbst zu treffen, der Annahme einer stillen Gesellschaft nicht per se entgegen.7 Persönliche Beziehungen (Verwandtschaft, Freundschaft) können ebenso für eine stille Gesellschaft sprechen wie der Umstand, dass der Stille das Unternehmen erben wird.8 Die Tatsache, dass das Rechtsverhältnis nur für eine Übergangszeit bis zur Aufnahme des im Betrieb Mitarbeitenden als Partner (Mitunternehmer) bestehen soll, steht der Annahme einer stillen Gesellschaft nicht entgegen.9 Indizien für ein Gesellschaftsverhältnis sind auch ein überdurchschnittlicher Arbeitseinsatz des Stillen, die Absicht, dem Angestellten das Unternehmen später zu übertragen und der (teilweise) Rückzug des Geschäftsinhabers aus der Unternehmensführung.10 Gleiches gilt für den Umstand, dass das Rechtsverhältnis mit den Erben fortgesetzt werden soll, wenn der Stille verstirbt.11 Die Partnerschaft kann ihren Niederschlag aber auch in einer ungewöhnlich hohen Gewinnbeteiligung oder einem gebundenen Beteiligungskonto finden.12 Entsprechendes gilt für Kapitalüberlassungen in großem Ausmaß, wenn die Einlage niedrig verzinst ist und die Entnahmemöglichkeiten beschränkt sind.13 Besteht hingegen ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Geschäftsinhaber und dem 27 Mitarbeitenden, liegt ein partiarisches Arbeitsverhältnis vor. Dies setzt eine Weisungsbefugnis des Geschäftsinhabers voraus.14 Der Annahme einer stillen Gesellschaft steht – entgegen der früheren Rechtsprechung15 – auch nicht notwendig entgegen, dass die Vertragsschließenden die Pflicht des Unternehmers zur unveränderten Fortführung des Betriebs ausgeschlossen haben; dabei handelt es sich jedoch um ein Indiz gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft (und für ein Abhängigkeitsverhältnis, wie es für ein partiarischen Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist).16 Wird für Dienste eine ausschließlich gewinnabhängige Vergütung geschuldet, sodass in Verlustjah- 28 ren überhaupt keine Vergütung gezahlt wird, liegt im Regelfall ein Beteiligungsverhältnis vor; der 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

BMF v. 16.11.1987 – IV C 5 - S 1300 - 331/87, BStBl. I 1987, 740. BFH v. 8.3.1984 – I R 31/80, BStBl. II 1984, 623 = FR 1984, 423. FG Sachs. v. 7.12.2009 – 5 K 669/06, rkr., DStRE 2011, 297. BFH v. 16.8.1978 – I R 28/76, BStBl. II 1979, 51. BFH v. 7.2.1968 – I 233/64, BStBl. II 1968, 356. BFH v. 6.10.1971 – I R 215/69, BStBl. II 1972, 187. BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290. BFH v. 6.10.1971 – I R 215/69, BStBl. II 1972, 187; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 14b. BFH v. 28.7.1971 – I R 78/68, BStBl. II 1971, 815. BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290. BFH v. 5.8.1965 – IV 138/65 U, BStBl. III 1965, 560. BFH v. 6.10.1971 – I R 215/69, BStBl. II 1972, 187. BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290. BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290. BFH v. 27.2.1975 – I R 11/12, BStBl. II 1975, 611. BFH v. 16.8.1978 – I R 28/76, BStBl. II 1979, 51.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. c Rz. 29 Hinzurechnungen (Stille Gewinnanteile) Arbeitnehmer würde auf seinen Arbeitslohn nämlich nicht verzichten.1 Dies gilt auch dann, wenn die Gewinnanteile das Festgehalt bei Weitem übersteigen. Je geringer das Festgehalt neben der Tantieme ausfällt, desto größer ist das Risiko des Dienstleistenden und desto mehr spricht für eine stille Beteiligung.2 Demgegenüber ist selbst bei hohen Gewinnbeteiligungen regelmäßig von einem Arbeitsverhältnis auszugehen, wenn dem Angestellten ein festes, zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichendes Gehalt gezahlt und seine Altersversorgung gesichert wird, wenn er den Weisungen des Inhabers zu folgen hat und auch tatsächlich folgt und wenn der Inhaber dem Angestellten gegenüber nicht verpflichtet ist, den Betrieb unverändert fortzuführen.3 Zahlt der Geschäftsinhaber für die Arbeitsleistung ein Festgehalt und eine Tantieme, spricht für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft, wenn diese Zahlungen an die wirtschaftliche Lage des Unternehmens angepasst werden und wenn der Vertragspartner über die Tantieme nicht frei verfügen kann, diese vielmehr – wie eine Gewinnbeteiligung – gutgeschrieben wird.4 Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer, der eine erfolgsabhängige Vergütung erhält, dem Geschäftsinhaber daneben Betriebsgrundlagen unentgeltlich zur Verfügung stellt.5 d) Sonstige partiarische Rechtsverhältnisse 29

Auch sonstige partiarische Verträge sind von der stillen Beteiligung abzugrenzen. Dies gilt insbesondere für das partiarische Pachtverhältnis, bei dem WG gegen Gewinnbeteiligung zur Nutzung überlassen werden. Die zuvor dargestellten allgemeinen Grundsätze gelten dann entsprechend. Für ein Pachtverhältnis spricht zB ein überwiegend fester Pachtzins oder die vorrangige Bemessung des Pachtzinses nach dem Umsatz, während ein stiller Gesellschafter am Gewinn (und ggf. auch am Verlust) beteiligt wird.6 Entsprechendes gilt, wenn der Verpächter keinen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben kann.7 Liegt ein partiarisches Rechtsverhältnis (und keine stille Gesellschaft) vor, können § 8 Nr. 1 Buchst. d bis f GewStG einschlägig sein.8

D. Umfang der Hinzurechnung I. Gewinnanteile, soweit sie bei der Gewinnermittlung abgezogen worden sind 30

Der Hinzurechnung unterliegen die Gewinnanteile des (typisch) stillen Gesellschafters (Rz. 4 ff.). Sie müssen zuvor bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sein, dh. den Gewinn tatsächlich gemindert haben (§ 8 GewStG Rz. 48 ff.). Diese Voraussetzung ist auch im Fall der Bildung oder Erhöhung einer Rückstellung (zB für nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses zu zahlende Gewinnanteile) gegeben.9 Unangemessene Gewinnanteile mitarbeitender Angehöriger des Betriebsinhabers stellen hingegen keine Betriebsausgaben dar (§ 12 Nr. 1 EStG) und dürfen daher den Gewinn nicht mindern.10 Entsprechendes gilt, wenn sich der Gesellschafter einer KapGes. an dieser als stiller Gesellschafter beteiligt und eine unangemessene Verzinsung oder Gewinnbeteiligung erhält: Es handelt sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung, bei der gerade keine Einkommensminderung eintreten darf (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Angemessenheitskriterien für die Gewinnbeteiligung sind ua. die erbrachten Kapitalleistungen des Stillen und deren Verzinsung, die eingegangenen Risiken, der Arbeitseinsatz des Stillen und die Ertragsaussichten des Unternehmens sowie die Dringlichkeit und wirtschaftliche Bedeutung der Kapitaleinlage für den Betriebsinhaber.11 1 BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 14. 3 BFH v. 7.2.1968 – I 233/64, BStBl. II 1968, 356; v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290. 4 BFH v. 28.7.1971 – I R 78/68, BStBl. II 1971, 815; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 14. 5 BFH v. 22.10.1987 – IV R 303/84, BFH/NV 1988, 700. 6 BFH v. 6.7.1965 – I 339/62, HFR 1965, 546. 7 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 16. 8 Ettinger/Sailer Khuepach in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 200. 9 BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BStBl. II 1978, 570. 10 BFH v. 14.2.1978 – VIII R 11/75, BStBl. II 1978, 427. 11 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358.

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Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien)

§ 8 Nr. 1 Buchst. d

Ob die Gewinnanteile bei dem stillen Gesellschafter gewstpfl. oder aber (zB nach § 3 Nr. 24 GewStG) 31 steuerbefreit sind, ist ohne Bedeutung.1

II. Beteiligung am Verlust Ist der stille Gesellschafter entsprechend § 231 HGB zur anteiligen Verlusttragung verpflichtet, ist 32 ein negativer Hinzurechnungsbetrag – dh. Kürzungsbetrag – anzusetzen.2 Denn einkommen- und körperschaftsteuerlich führt die Verlusttragungsverpflichtung des Stillen zu einem ertragswirksamen Erstattungsanspruch des Geschäftsinhabers. Dieser Betrag ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach dem Wortlaut und Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG als negativer Betrag hinzuzurechnen (abzuziehen).

§ 8 Nr. 1 Buchst. d [Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: 1. Ein Viertel der Summe aus … d) einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, … soweit die Summe den Betrag von 100.000 Euro übersteigt; … A. Systematische Einordnung . . . . . . . . . .

1

B. Umfang der Hinzurechnung („Ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen“) . . . . . . .

4

I. Ein Fünftel als Finanzierungsanteil . . . . . .

4

II. Aufteilung bei der Vermietung oder Verpachtung einer Sachgesamtheit . . . . . . . .

6

III. Umfang der hinzuzurechnenden Miet- oder Pachtzinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

IV. Hinzurechnung als Korrektur einer Gewinnminderung . . . . . . . . . . . . . . .

13

C. Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

I. Bewegliche Wirtschaftsgüter . . . . . . . . 1. Abgrenzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgangspunkt: Zivilrechtliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steuerrechtliche Modifikation über § 68 BewG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Miet- oder Pachtvertrag . . . . . . . . . . . . 1. Miete oder Pacht als wesentlicher zivilrechtlicher Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . a) Zivilrechtliches Begriffsverständnis . . . b) Privatrechtliche Vereinbarung . . . . . . c) Vergleichbarkeit mit den Hauptpflichten gem. § 535 BGB/§ 581 BGB . . . . .

15 15 15 16

d) Vertragslaufzeit . . . . . . . . . . . . . . e) Nebenabreden . . . . . . . . . . . . . . 2. Gemischte Verträge . . . . . . . . . . . . . .

20 21 22

II. Leasingvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

D. Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

E. Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Eigentum eines anderen .

28

.

28

.

28

.

29

.

30

II. Anlagevermögen . . . . . . . . . . . . . . .

35

III. Im Eigentum eines anderen . . . . . . . . .

40

F. ABC der Miet- und Pachtzinsen . . . . . .

43

17

1 BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. 2 BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, FR 2016, 234 m. Anm. Nöcker = DStR 2015, 2716; R 8.1 Abs. 3 S. 2 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1c GewStG Rz. 19.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. d Rz. 1 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien) Literatur: Bergemann/Markl/Althof, Die Gewerbesteuer im Lichte des Regierungsentwurfs zur Unternehmenssteuerreform 2008 – Die Auswirkungen der geplanten Änderungen für die Praxis, DStR 2007, 693; Richter, Unternehmenssteuerreform 2008: Gewerbesteuerliche innerorganschaftliche Leistungsbeziehungen, FR 2007, 1042; Scheffler, Hinzurechnung von Leasingraten nach der Unternehmenssteuerreform 2008: Verlust des Leasingvorteils und Verzerrungen durch Pauschalierung, BB 2007, 874; Schöneborn, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten, NWB 2012, 2250; Ritzer, Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG, DStR 2013, 558; Roser, Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen von Nutzungsentgelten nach § 8 Nr. 1d bis f GewStG, ifstSchrift Nr. 497, 2014.

A. Systematische Einordnung 1 Gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG ist ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung beweg-

licher WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. In Abweichung zur Vorgängervorschrift (§ 8 Nr. 7 GewStG aF) und als Reaktion auf die Eurowings-Entscheidung des EuGH1 (vgl. Rz. 3) macht es dabei keinen Unterschied mehr, ob der Empfänger der Miet- oder Pachtzinszahlungen mit dem Nutzungsentgelt der GewSt unterliegt oder nicht.2 Insofern kann es zu Doppelbelastungen kommen. Dem kann im Inlandskonzern ggf. mit der Begründung einer gewstl. Organschaft begegnet werden,3 da Hinzurechnungen nach § 8 GewStG im Organkreis unterbleiben, soweit die Hinzurechnungen zu einer doppelten stl. Belastung führen.4 2 Entgegen der in einem Vorlagebeschl. des FG Hbg. geäußerten Auffassung,5 wonach die Regelung in

nicht gerechtfertigter Weise gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip verstößt, hat der I. Senat des BFH die aktuelle Regelung zutreffend für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet.6 Bereits die Vorgängerregelung in § 8 Nr. 7 GewStG aF war von BFH und BVerfG als verfassungskonform gewertet worden.7 Die Frage der Verfassungskonformität stellt sich für § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG trotz der erst nach der Neuregelung möglich gewordenen Doppelbelastung mit GewSt nicht neu, da für die verfassungsrechtliche Würdigung lediglich auf den durch die Hinzurechnung belasteten StPfl. abzustellen ist, ohne dass es auf die steuerrechtliche Behandlung des Zinszahlungsempfängers ankommt.8 Auch ist die Höhe des Hinzurechnungsbetrags verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar hat der Gesetzgeber den Finanzierungsanteil typisierend auf 20 % geschätzt, ohne seine Berechnungen diesbezüglich offenzulegen. Der dem Gesetzgeber eingeräumte große Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum9 erscheint jedoch keinesfalls im Sinne einer willkürlichen Festsetzung überschritten.10 Dementsprechend hat der I. Senat des BFH die vom Gesetzgeber vorgenommene Typisierung – erst recht angesichts der im Zuge der Neuregelung vorgenommenen deutlichen Absenkung der Hinzurechnungsbeträge – ausdrücklich für zulässig erachtet.11 3 Die Vorgängervorschrift des § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG aF, nach der die Hinzurechnung nur dann er-

folgte, soweit die Miet- oder Pachtzinsen nicht beim Vermieter oder Verpächter zur GewSt nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen waren, sah der EuGH in seiner Eurowings-Entscheidung als unions1 EuGH v. 26.10.1999 – Rs. C-294/97 – Eurowings, Slg. 1999, I-7447 = BStBl. II 1999, 851. 2 Vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29. 3 Bergemann/Markl/Althof, DStR 2007, 693 (699); Clemens/Laurent, DStR 2008, 440 (441); vgl. hierzu auch BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = FR 2012, 536. 4 R 7.1 Abs. 5 Satz 3 GewStR. 5 FG Hbg. v. 29.2.2012 – 1 K 138/10, EFG 2012, 960 (BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862: Vorlage unzulässig). 6 BFH v. 16.10.2012 – I B 128/12, BStBl. II 2013, 30 = FR 2013, 185 m. Anm. Keß; v. 16.1.2014 – I R 21/12, BStBl. II 2014, 531 = FR 2014, 695 m. Anm. Nöcker. 7 BFH v. 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148; BVerfG v. 29.8.1974 – 1 BvR 67/73, HFR 1974, 498. 8 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 2. 9 Vgl. BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 zu § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG = FR 2015, 30 m. Anm. Roser. 10 AA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 5, der verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Hinzurechnungsbetrags äußert, da sich der Gesetzgeber offensichtlich an den Leasingraten für bewegliche WG und damit an einem atypischen Fall orientiert habe. 11 BFH v. 16.10.2012 – I B 128/12, BStBl. II 2013, 30 = FR 2013, 185 m. Anm. Keß.

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B. Umfang der Hinzurechnung

Rz. 5 § 8 Nr. 1 Buchst. d

rechtswidrig an.1 Diese Regelung führte naturgemäß immer dann zu einer Hinzurechnung, wenn der Vermieter in einem anderen Mitgliedstaat ansässig war und somit nicht der deutschen GewSt unterlag. Für die Mehrzahl der Unternehmen, welche WG von im Inland ansässigen Vermietern mieteten, ergab sich vergleichsweise ein stl. Vorteil. In dieser unterschiedlichen Behandlung in Abhängigkeit von der Ansässigkeit des Vermieters sah das Gericht einen Verstoß gegen die Dienstleistungsverkehrsfreiheit begründet. Die europarechtliche Problematik löste der Gesetzgeber dann nicht zugunsten einer Befreiung bei in einem EU- oder EWR-Staat ansässigen Nutzungsüberlassenden,2 sondern zugunsten einer Hinzurechnungsbesteuerung unabhängig von der gewstl. Situation des Vermieters bzw. Verpächters, welche somit zu Mehrfachbelastungen mit GewSt führen kann. Europarechtliche Bedenken bestehen im Hinblick auf die aktuelle Regelung jedenfalls nicht mehr.3

B. Umfang der Hinzurechnung („Ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen“) I. Ein Fünftel als Finanzierungsanteil Gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG zu berücksichtigen und dem Hinzurechnungsfaktor zu unterwer- 4 fen ist ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für bewegliche WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen. Die Begrenzung der Hinzurechnung auf ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen liegt darin begründet, dass vor dem Hintergrund des Objektsteuerprinzips lediglich der in den Mieten und Pachten enthaltene Finanzierungsanteil den objektiven Gewerbeertrag nicht schmälern soll.4 Diesen hat der Gesetzgeber für bewegliche WG typisierend mit 20 % angesetzt. Davon wird ein Viertel dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet, sodass die effektive Belastung 5 % der Aufwendungen beträgt. Für unbewegliche WG ist der Finanzierungsanteil – da dieser entscheidend vom Umfang des berücksichtigten Wertverzehrs für das überlassene WG abhängt – deutlich höher zu veranschlagen, was die durch das UntStRefG 2008 v. 14.8.20075 erstmals eingeführten separaten Regelungen für Mobilien in § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG und für Immobilien in § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG erklärt.6 Zuvor sah § 8 Nr. 7 GewStG aF nur eine hälftige Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen, vor. Die Begrenzung auf ein Fünftel wird seitens des Gesetzgebers mit dem pauschal ermittelten Finan- 5 zierungsanteil in den Mieten und Pachten begründet. Der in Mieten und Pachten enthaltene Finanzierungsanteil sei im Wesentlichen vom Umfang des berücksichtigten Wertverzehrs für das überlassene WG abhängig. Es sei zu berücksichtigen, dass bei beweglichen WG ein einberechneter Wertverzehr wesentlich höher sei als bei unbeweglichen WG; umgekehrt verhalte es sich mit dem einberechneten Finanzierungsanteil. Daher sei es gerechtfertigt, den pauschaliert ermittelten Finanzierungsanteil für Mieten und Pachten bei beweglichen WG mit 20 % anzusetzen.7 Eine weiter gehende Begründung des Gesetzgebers, wie die Hinzurechnung bei beweglichen WG mit einem Fünftel errechnet wurde, existiert jedoch nicht, was der Regelung nicht zu Unrecht den Vorwurf eingebracht hat, willkürlich und primär unter Haushaltsgesichtspunkten getroffen worden zu sein.8 Der Gesetzgeber dürfte sich wohl gedanklich an dem Finanzierungsanteil in Leasingraten für bewegliche Anlagegüter orientiert haben, was jedoch nicht unbedingt den typischen Fall der Miete oder Pacht eines beweglichen WG darstellt.9 Gleichwohl ist der typische Miet-, Pacht- bzw. Leasingfall iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG auch nur schwer zu bestimmen, weshalb dem Gesetzgeber ein weitgehender Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum zuzugestehen ist. Im Ergebnis ist jedenfalls nicht von einer verfassungsrechtlich relevanten Fehleinschätzung auszugehen (vgl. Rz. 2). 1 2 3 4 5 6 7 8 9

EuGH v. 26.10.1999 – Rs. C-294/97 – Eurowings, Slg. 1999, I-7447 = BStBl. II 1999, 851. Vgl. zu dieser Möglichkeit aufgrund der bis 2008 geltenden Ländererlasse Richter, FR 2007, 1042 (1044). Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 217 mwN. BT-Drucks. 16/4841, 80. BGBl. I 2007, 1912. Vgl. hierzu auch Richter, FR 2007, 1042 (1044). BT-Drucks. 16/4841, 80. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 32. Vgl. Scheffler, BB 2007, 874.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. d Rz. 6 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien)

II. Aufteilung bei der Vermietung oder Verpachtung einer Sachgesamtheit 6 Werden mehrere WG, somit eine Sachgesamtheit, zu einem einheitlich gezahlten Miet- oder Pachtzins

vermietet oder verpachtet, ist eine Aufteilung vorzunehmen, wenn Mietgegenstand auch WG sind, bei denen es sich nicht um ein bewegliches WG des AV, das durch den Betrieb genutzt wird, handelt. Die Vermietung einer Sachgesamtheit ist zu unterscheiden von den Typenkombinationsverträgen, die zwei oder mehrere zwar durch Parteiwillen verbundene, aber voneinander trennbare Hauptleistungspflichten enthalten, von denen nicht alle in der Vermietung bzw. Verpachtung begründet sind (vgl. Rz. 22). Bei der Vermietung einer Sachgesamtheit liegt hingegen in Gänze ein Miet- bzw. Pachtvertrag vor, bei dem aber ggf. nicht nur WG iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Vertragsgegenstand sind. In beiden Fällen ist jedoch eine Aufteilung des Entgelts, ggf. im Rahmen einer Schätzung, erforderlich.1 Umstritten ist, woran sich die Schätzung im Hinblick auf die Aufteilung des Nutzungsentgelts für eine Sachgesamtheit zu orientieren hat. Grundsätzlich denkbar ist eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzungswerte der einzelnen WG oder auch der (Teil-)Werte der einzelnen WG zueinander. Für die Schätzung nach dem Verhältnis der verschiedenen Nutzungswerte wird angeführt, dass diese der Sicht der Beteiligten am ehesten gerecht würde.2 Die Gegenauffassung, die sich bei der Schätzung an den Teilwerten der WG orientieren will, weist hingegen darauf hin, dass für eine Schätzung nach den Nutzungswerten kaum brauchbare Anhaltspunkte bestünden und die Lösung des Interessengegensatzes zwischen Pächter und Verpächter idR nach objektiven Wertverhältnissen erfolge.3 Richtigerweise dürften wohl beide Überlegungen in eine Schätzung, die nicht Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze missachtet, mit einbezogen werden.4 7 Im Rahmen der Aufteilung aus dem Entgelt auszuscheiden sind insbes. Entgelte für immaterielle

WG.5 Diese können allenfalls der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG unterliegen. Immaterielle Vermögensgegenstände sind allerdings überhaupt nur dann Gegenstand des Miet- oder Pachtvertrags, wenn für sie ein Anteil am Miet- oder Pachtzins gezahlt wird, der sich aus dem Vertrag oder aus anderweitigen Umständen konkretisieren lässt. So hat der IV. Senat des BFH zur Vorgängerregelung in § 8 Nr. 7 GewStG aF entschieden, dass die sich aus der Geschäftslage gepachteter Räume ergebenden Vorteile wie Kundenstamm, Konkurrenzlage, allgemeine Absatzmöglichkeiten (somit der Geschäftswert) keine WG iSd. Hinzurechnungsvorschrift sind, wenn diese nicht durch von der Raumpacht abgrenzbare Pachtzahlungen konkretisiert sind.6 Dieser Rspr. haben sich in der Folgezeit auch die anderen mit dieser Frage befassten Senate des BFH angeschlossen.7 Bei der Verpachtung eines eingerichteten Gewerbebetriebs ist die erforderliche klare Abgrenzung des Entgelts für die Nutzung des Geschäftswerts von der Raumpacht nicht gegeben, wenn nur der auf die bloße Raummiete entfallende Teilbetrag feststeht, da sich der Pachtzins für einen eingerichteten Gewerbebetrieb aus insgesamt vier Elementen (die reine Raummiete, die darüber hinaus gezahlte Raumpacht im engeren Sinne, das Entgelt für die Nutzung der Einrichtung und das Entgelt für die Überlassung des Geschäftswerts) zusammensetzt.8 An einer klaren Abgrenzung fehlt es bei in Prozentsätzen des Umsatzes bemessenen Pachtzahlungen selbst dann, wenn im Falle eines Untermietverhältnisses die auf die Raumnutzung entfallende Miete vom Pächter in einem Festbetrag unmittelbar an den Eigentümer der Betriebsräume entrichtet wird und der auf das Inventar entfallende Pachtzinsanteil auf einer Schätzung beruht.9 Andererseits kann eine hinreichende Konkretisierung bereits durch einen Aktenvermerk erfolgen, in dem 1 BFH v. 2.8.1988 – VIII R 56/86, BFH/NV 1989, 126; v. 20.6.1990 – I R 160/85, BStBl. II 1990, 913. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 29; Brokamp in Deloitte, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 35; in diese Richtung scheint auch BFH v. 20.6.1990 – I R 160/85, BStBl. II 1990, 913 zur Schätzung eines auf die Benutzung des Inventars entfallenden Anteils an der Gesamtpacht zu tendieren. 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 24; vgl. zur Bemessung des Nutzungswerts auch Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 239 f. 4 So wohl auch Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 220. 5 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 15; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 29; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 221. 6 BFH v. 29.4.1970 – IV R 20/67, BStBl. II 1970, 726. 7 BFH v. 14.10.1970 – I R 94/70, BStBl. II 1971, 28; v. 5.10.1971 – VIII R 19/68, BStBl. II 1972, 62; v. 30.3.1976 – VIII R 169/72, BStBl. II 1976, 463; v. 10.5.1977 – VIII R 254/72, BStBl. II 1977, 667. 8 BFH v. 14.8.1974 – I R 246/72, BStBl. II 1975, 178; vgl. auch BFH v. 30.3.1976 – VIII R 169/72, BStBl. II 1976, 463. 9 BFH v. 30.3.1976 – VIII R 169/72, BStBl. II 1976, 463; v. 10.5.1977 – VIII R 254/72, BStBl. II 1977, 667.

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B. Umfang der Hinzurechnung

Rz. 10 § 8 Nr. 1 Buchst. d

der stl. Berater des Pächters die für die Bemessung des Pachtzinses maßgebenden Faktoren darstellt und den auf die Benutzung des Geschäftswerts entfallenden Teil des Pachtzinses beziffert. In diesem Fall ist es sogar unerheblich, ob der Aktenvermerk den Vertragsparteien bekannt war, wenn der Pachtzins entsprechend der Berechnung des Steuerberaters festgesetzt wurde.1

III. Umfang der hinzuzurechnenden Miet- oder Pachtzinsen Der Begriff der Miet- und Pachtzinsen ist wirtschaftlich zu verstehen und erfasst daher nicht nur die 8 laufenden Zahlungen des Mieters oder Pächters an den Vermieter oder Verpächter.2 Vielmehr sind grds. alle Gegenleistungen, die der Mieter oder Pächter für die Überlassung des WG tätigt, Mietund Pachtzinsen iSd. Vorschrift. Dazu gehören somit neben den laufenden auch die nicht laufenden Leistungen wie einmalige Entschädigungen3 und sonstige Sachleistungen.4 Auch sonstige Vorteile wie verbilligte Lieferungen oder zinsgünstig gewährte Darlehen sind mit einzubeziehen.5 Ferner gehören die vom Mieter oder Pächter getragenen Instandhaltungskosten und die Kosten einer Kaskoversicherung zu den Miet- oder Pachtzinsen, wenn und soweit diese Kosten nach den für diesen Vertragstyp gültigen gesetzlichen zivilrechtlichen Vorschriften nicht ohnehin der Mieter oder Pächter zu tragen hätte und diese auch nicht im eigenbetrieblichen Interesse des Mieters/Pächters liegen.6 Kosten der Instandhaltung und Versicherungskosten, die der Mieter oder Pächter gesetzlich ohnehin zu tragen hätte, gehören hingegen nicht zu den hinzuzurechnenden Miet- oder Pachtzinsen.7 Diese Rspr. beruht auf der Vorstellung, dass sich (nur) eine vom gesetzestypischen Normalfall abweichende Kostenübernahme durch den Mieter bzw. Pächter mindernd auf die Miet- bzw. Pachthöhe auswirken wird.8 Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung gehören die Aufwendungen des Mieters oder Pächters für die Instandsetzung, Instandhaltung und Versicherung des Miet- oder Pachtgegenstands, die er über seine gesetzliche Verpflichtung nach bürgerlichem Recht hinaus aufgrund vertraglicher Verpflichtungen übernommen hat, zu den Miet- und Pachtzinsen.9 Nach diesen Grundsätzen unterliegen beim Kfz-Leasing die Kosten für die Haftpflichtversicherung, für die Kaskoversicherung und die Kfz-Steuer nicht der Hinzurechnung. Die Haftpflichtversicherung und die Kfz-Steuer sind bereits gesetzlich vom Halter (dies ist regelmäßig der Leasingnehmer) zu tragen, aber auch die Kaskoversicherung liegt primär im Interesse des Leasingnehmers, da dieser verpflichtet ist, den Leasinggegenstand in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben.10 Anders verhält es sich jedoch, wenn Wartungskosten, die grds. vom Leasinggeber zu tragen sind, auf den Leasingnehmer abgewälzt werden, zB bei Full-Service-Verträgen. Reine Betriebskosten sind von der Hinzurechnung auszunehmen, da es insoweit an einer Finanzie- 9 rungsfunktion fehlt.11 Dies dürfte allerdings insbes. im Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG Relevanz entfalten. Das wirtschaftliche Verständnis des Begriffs der Miet- und Pachtzinsen bringt es mit sich, dass nicht 10 nur bereits entstandene Kosten, sondern auch Zuführungen zur Rückstellung für künftig entstehen1 BFH v. 27.2.1995 – I B 57/94, BFH/NV 1995, 822. 2 BFH v. 27.11.1975 – IV R 192/71, BStBl. II 1976, 220; v. 23.1.2008 – I B 136/07, BFH/NV 2008, 1197; v. 7.3.2007 – I R 60/06, BStBl. II 2007, 654 = FR 2007, 899; v. 18.8.2015 – I R 43/14, BFH/NV 2016, 232. 3 BFH v. 12.5.1960 – IV 122/58 U, BStBl. III 1960, 466 zu Vermessungskosten, die in Form einer einmaligen Entschädigung abgegolten werden. 4 BFH v. 26.7.1983 – VIII R 30/82, BStBl. II 1983, 755 = FR 1983, 591 zur Erstellung eines Gebäudes durch den Nutzungsberechtigten als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung, wenn das Gebäude entschädigungslos in das Eigentum des zur Grundstücksüberlassung Verpflichteten übergeht und der Vermögenszuwachs seine Grundlage in dem Nutzungsvertrag hat. 5 Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 272. 6 BFH v. 23.1.2008 – I B 136/07, BFH/NV 2008, 1197; v. 27.11.1975 – IV R 192/71, BStBl. II 1976, 220. 7 BFH v. 27.11.1975 – IV R 192/71, BStBl. II 1976, 220; v. 23.9.1998 – I B 34/98, BFH/NV 1999, 515; v. 21.6.2012 – IV R 54/09, BStBl. II 2012, 692 = FR 2013, 234. 8 BFH v. 18.8.2015 – I R 43/14, BFH/NV 2016, 232. 9 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29. 10 Brokamp in Deloitte, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 23. 11 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. d Rz. 11 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien) de Kosten als Bestandteil der Miet- und Pachtzinsen angesehen werden.1 Die Hinzurechnung ist in dem Wj. vorzunehmen, in dem der stl. Gewinn gemindert wurde (vgl. zur Hinzurechnung von Zuführungen zu Rückstellungen im Rahmen von § 8 GewStG allgemein § 8 GewStG Rz. 56). Sofern die stl. Gewinnermittlungsvorschriften die Bildung einer Rückstellung zulassen, ist somit die gewinnmindernde Zuführung zur Rückstellung als Miet- oder Pachtzins iSd. Vorschrift anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob der Mieter vertraglich zur Bildung der Rücklage verpflichtet ist.2 Dies gilt allerdings naturgemäß nur dann, wenn die Rückstellung für einen zukünftigen Aufwand gebildet wurde, der vom Grunde her Miet- oder Pachtzinsen darstellt.3 So ist bei Rückstellungen für Erhaltungsmaßnahmen wiederum zu differenzieren, ob diese für Maßnahmen gebildet wurden, die über die gesetzlich bestehenden Pflichten des Mieters hinausgehen oder nicht.4 Nur wenn die Erhaltungsmaßnahmen über die gesetzlich ohnehin bestehende Verpflichtung des Mieters hinausgehen, hat eine Hinzurechnung zu erfolgen. 11

Keinen Einfluss hat es auf den Umfang der Hinzurechnung, ob die Miet- oder Pachtzinsen angemessen sind und der Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrags wirtschaftlich sinnvoll ist.5 Bei einer Vermietung an eine KapGes. durch einen Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person kann bei einem nicht fremdüblichen Mietzins jedoch eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, welche gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das Einkommen nicht mindern darf. Da die Mietzahlungen insoweit, wie es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt, bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgesetzt werden können, scheidet hier eine Hinzurechnung aus.

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Das vorher Gesagte gilt ohne Einschränkungen auch im Hinblick auf Leasingverträge. Entgegen einer im Schrifttum geäußerten Auffassung6 kann der Verwendung des Begriffs „Leasingrate“ durch den Gesetzgeber nicht entnommen werden, dass insofern eine Beschränkung der Hinzurechnung auf die Leasingrate im engeren Sinne (darunter wird regelmäßig die an den Leasinggeber zu zahlende Annuität für die finanzierende Bank sowie die Verwaltungskosten verstanden) beabsichtigt ist. Vielmehr können auch sonstige Zahlungen an den Leasinggeber wie Versicherungen oder Gebühren der Hinzurechnung unterliegen, sofern der Leasinggeber sich zu deren Übernahme über die gesetzlichen Regelungen hinaus verpflichtet hat.7

IV. Hinzurechnung als Korrektur einer Gewinnminderung 13

Bereits aus dem Einleitungssatz des § 8 GewStG ergibt sich, dass die Miet- und Pachtzinsen nur dann bei der Hinzurechnung berücksichtigt werden, soweit sie tatsächlich bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind, unabhängig davon, ob dies aufgrund einer Zahlung oder einer Passivierung der Fall ist (vgl. hierzu § 8 GewStG Rz. 48 f.). Nicht hinzugerechnet werden daher bezogen auf § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG insbes. Miet-/Pachtzahlungen einer Personengesellschaft an ihren Gesellschafter, welche bei diesem Sonderbetriebseinnahmen darstellen und somit den Gesellschaftsgewinn aufgrund von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht gemindert haben. Durch eine Änderung der Rechtsform der mietenden Gesellschaft kann somit steuergestaltend eine Hinzurechnung grds. vermieden werden.8 Eine Hinzurechnung erfolgt hingegen, wenn der Personengesellschafter der Gesellschaft ein WG zur Nutzung überlassen hat, das er im Rahmen seines Gewerbebetriebs von einem Dritten gemietet hat, wenn sich die Personengesellschaft gegenüber dem Gesellschafter verpflichtet hat, das zwischen diesem und dem Vermieter vereinbarte Nutzungsentgelt unmittelbar an den Vermieter zu zahlen. Beim Gesellschafter liegen dann sowohl Sonderbetriebseinnahmen als auch entsprechende Sonderbetriebs-

1 So bereits RFH v. 11.2.1941 – I 398/40, RFHE 50, 57; vgl. auch BFH v. 21.6.2012 – IV R 54/09, BStBl. II 2012, 692 = FR 2013, 234 zu Rekultivierungskosten. 2 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 213; Brokamp in Deloitte, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 22. 3 Vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 2. 4 Hierauf weist Brokamp in Deloitte, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 22, zutreffend hin. 5 BFH v. 18.8.2015 – I R 43/14, BFH/NV 2016, 232; v. 30.3.1994 – I R 123/93, BStBl. II 1994, 810 = FR 1994, 651. 6 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 30. 7 So auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 2. 8 Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 311.

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C. Miet- und Pachtzinsen

Rz. 15 § 8 Nr. 1 Buchst. d

ausgaben vor.1 An einer Gewinnminderung fehlt es ferner bei verdeckten Gewinnausschüttungen, da diese (außerbilanziell) wieder hinzuzurechnen sind. Miet- und Pachtzahlungen aufgrund von Verträgen mit nahen Angehörigen führen zu Hinzurechnungen nur, soweit sie stl. anzuerkennen sind.2 Darüber hinaus enthält § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG eine auf den speziellen Hinzurechnungsgegen- 14 stand zugeschnittene Begrenzung. Danach ist lediglich ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen anzusetzen. Damit unterliegen (vorbehaltlich des Eingreifens des Hinzurechnungsfreibetrags) effektiv 5 % der Miet- und Pachtzinsen für bewegliche WG der Belastung mit GewSt.

C. Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) I. Miet- oder Pachtvertrag 1. Miete oder Pacht als wesentlicher zivilrechtlicher Vertragsinhalt a) Zivilrechtliches Begriffsverständnis Die verwendeten Begriffe Miete und Pacht haben ihre Ausprägung durch das Zivilrecht erfahren, wes- 15 halb auch die zivilrechtliche Einordnung des Rechtsverhältnisses ausschlaggebend ist.3 Nach der st. Rspr. des BFH erfasst die Hinzurechnungsvorschrift nur die Zahlungen auf der Grundlage eines Vertragsverhältnisses, dessen wesentlicher rechtlicher Gehalt dem eines Mietvertrags iSd. §§ 535 ff. BGB oder eines Pachtvertrags iSd. §§ 581 ff. BGB entspricht.4 Einer rein wirtschaftlichen Auslegung der Begriffe „Miete“ und „Pacht“ erteilte der BFH frühzeitig eine Absage, da sich der Inhalt der Rechtsbegriffe des Steuerrechts als Bestandteil der allgemeinen Rechtsordnung mit dem auch sonst üblichen Inhalt dieser Rechtsbegriffe decken müsse.5 Da sich im Hinblick auf das Erfordernis eines Miet- oder Pachtvertrags keine Veränderungen zur Vorgängerregelung des § 8 Nr. 7 GewStG aF ergeben haben, bleibt die hierzu ergangene umfangreiche Kasuistik weiterhin ohne Einschränkungen zu beachten. Ausschlaggebend ist weder, ob das Rechtsverhältnis als Miet- oder Pachtvertrag bezeichnet ist, noch, ob die §§ 535 ff. BGB bzw. §§ 581 ff. BGB unmittelbar Anwendung finden, sondern allein der wesentliche rechtliche Gehalt des Vertrags. Entscheidend ist somit bspw., ob der Vertrag inhaltlich auf die bloße Nutzungsüberlassung oder hingegen auf die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums gerichtet ist, dem für eine begrenzte Übergangszeit die Verschaffung des wirtschaftlichen Eigentums vorangeht.6 Bei der Überlassung von Ausbeuterechten kann im Einzelfall statt eines Pachtvertrags auch ein Kaufvertrag anzunehmen sein, insbes. dann, wenn einmalig eine genau festgelegte Menge der Bodensubstanz überlassen wird oder wenn der Boden mitveräußert wird.7 Da § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG anders als die Vorgängervorschrift in § 8 Nr. 7 GewStG aF ohnehin schon gar nicht mehr die Überlassung von Rechten erfasst, kommt dieser Rspr. im zeitlichen Anwendungsbereich der derzeitigen Vorschrift allerdings keine Bedeutung mehr zu. Von der Hinzurechnung erfasst werden auch Zahlungen auf der Grundlage eines Vertrags, auf den ausländisches Recht anwendbar ist, wenn der Vertrag nach seinem Inhalt als Miet- oder Pachtvertrag zu beurteilen wäre, wenn auf ihn deutsches Recht Anwendung fände.8

1 BFH v. 31.7.1985 – VIII R 261/81, BStBl. II 1986, 304 = FR 1986, 95. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 10. 3 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 21; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 6. 4 Grundlegend BFH v. 23.7.1957 – I 50/55, BStBl. III 1957, 306; vgl. auch BFH v. 17.2.1965 – I 174/60 S, BStBl. III 1965, 230; v. 7.5.1965 – VI 365/62 U, BStBl. III 1965, 483; v. 14.2.1973 – I R 85/71, BStBl. II 1973, 412; v. 31.7.1985 – VIII R 261/81, BStBl. II 1986, 304 = FR 1986, 95; v. 10.7.1996 – I R 132/94, BStBl. II 1997, 226 = FR 1997, 59. 5 BFH v. 23.7.1957 – I 50/55, BStBl. III 1957, 306. 6 BFH v. 2.5.1961 – I 228/59 U, BStBl. III 1961, 338. 7 BFH v. 25.11.1966 – VI 375/65, BStBl. III 1967, 226; v. 13.9.1989 – II R 121/86, BStBl. II 1989, 963. 8 BFH v. 27.11.1975 – IV R 192/71, BStBl. II 1976, 220.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. d Rz. 16 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien) b) Privatrechtliche Vereinbarung 16

Eine Gleichartigkeit mit einem Miet- oder Pachtvertrag setzt zunächst voraus, dass es sich um eine privatrechtliche Vereinbarung handelt. Insofern ist insbes. bei Zahlungen an öffentlich-rechtliche Körperschaften zu differenzieren: Zwar ist auch eine privatrechtsgeschäftliche Vereinbarung über eine im öffentlichen Eigentum stehende Sache möglich, soweit sie die öffentlich-rechtliche Zweckbindung nicht beeinträchtigt. So sind auch die Zahlungen durch einen Metzgermeister für die Benutzung einer Kühlanlage in einem städtischen Schlachthof Mietzahlungen iSd. Norm.1 Eine privatrechtliche Vereinbarung liegt jedoch nicht vor, wenn die Auflage der Zahlung eines Entgelts ihrer Natur nach einen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsakt darstellt.2 Gleiches gilt, wenn die Nutzung auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrags iSd. §§ 54 ff. VwVfG erfolgt.3 Öffentlich-rechtliche Verträge betreffen nur Rechtsverhältnisse auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. c) Vergleichbarkeit mit den Hauptpflichten gem. § 535 BGB/§ 581 BGB

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Ob ein Vertragsverhältnis seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach einen Miet- oder Pachtvertrag darstellt, bestimmt sich weiterhin danach, ob die vorgesehenen Hauptpflichten den in § 535 BGB oder § 581 BGB vorgesehenen entsprechen. Das ist zum einen die laufende Zahlung für den Gebrauch eines WG (Miete) bzw. zusätzlich für den Genuss der Früchte während der Zeit der Überlassung, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind (Pacht). Dass in § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG von „Benutzung“ und nicht von „Gebrauch“ wie in § 546 BGB und § 581 BGB die Rede ist, führt nicht zu einer vom Zivilrecht abweichenden steuerrechtlichen Würdigung des Vertragsverhältnisses.4 § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG geht aber insofern über §§ 535, 581 BGB hinaus, als Objekt der Nutzungsüberlassung jedwedes „Wirtschaftsgut“ sein kann und keine Beschränkung auf Sachen oder Rechte iSd. BGB besteht.5 Auch Untermietverträge sind als Miet- und Pachtverträge iSd. Vorschrift und nicht etwa als Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG zu beurteilen.6 Weitere Hauptpflicht ist die Pflicht zur Rückgabe des überlassenen WG (§ 546 BGB).

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Keine Überlassung zum Gebrauch liegt bei einer bloßen Duldung vor; aus Sicht des Überlassenden muss das Vertragsverhältnis ausdrücklich die Verpflichtung zum Inhalt haben, gegen Entgelt entweder den Gebrauch des WG während der Mietzeit oder den Gebrauch des WG und den Genuss der Früchte während der Pachtzeit zu gewähren.7 Nicht erforderlich ist jedoch die Überlassung einer Sache zum uneingeschränkten, freien Gebrauch. Auch die Überlassung eines WG lediglich zu einem vertraglich festgelegten Zweck schließt die Annahme eines Mietverhältnisses nicht aus.8 Der Mieter ist nämlich nach den zivilrechtlichen Regelungen zum vertragsmäßigen Gebrauch der Mietsache verpflichtet. Was zum vertragsmäßigen Gebrauch gehört, richtet sich aber vorrangig nach den Absprachen der Vertragsparteien. Es gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Ebenso muss nicht das WG als Ganzes zum Gebrauch überlassen werden. So stellt auch die Anmietung von Fahrzeugflächen zu Werbezwecken ein Mietverhältnis iSd. Vorschrift dar.9

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In Fällen, in denen Kauf und Rückkauf eines WG (insbes. Kfz) in zeitlicher Nähe stattfinden, ist eine Abgrenzung zwischen Kauf und Mietvertrag nach den Umständen des Einzelfalls erforderlich.10 Entscheidende Bedeutung kommt hier der Frage zu, ob der Rückkauf bereits zwangsläufig im Verkauf angelegt ist oder ob dem Käufer und Rückverkäufer ein Entscheidungsspielraum bleibt.11 1 BFH v. 31.7.1985 – VIII R 261/81, BStBl. II 1986, 304 = FR 1986, 95; vgl. auch BFH v. 27.5.1964 – I 367/61, BStBl. III 1965, 655 zur Gaststättenpacht mit der Bundesbahn als Verpächter. 2 BFH v. 5.3.1969 – I R 11/67, BStBl. II 1969, 417 im Hinblick auf ein Wassernutzungsentgelt. 3 Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 265. 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 7. 5 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 201. 6 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 32. 7 BFH v. 27.11.1975 – IV R 192/71, BStBl. II 1976, 220. 8 BFH v. 28.11.1991 – XI R 40/88, BStBl. II 1992, 741 = FR 1992, 598. 9 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29. 10 Vgl. zu solchen Modellen Hoffmann, GmbHR 2011, 363. 11 Vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 23.

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C. Miet- und Pachtzinsen

Rz. 22 § 8 Nr. 1 Buchst. d

d) Vertragslaufzeit Rechtsprechung und Verwaltung haben wiederholt betont, dass der Laufzeit von Miet- und Pachtver- 20 trägen für die Frage der Hinzurechnung grds. keine Bedeutung zukommt.1 Dem ist im Hinblick auf die Prüfung des Tatbestandsmerkmals „Miet- und Pachtzinsen“ zunächst einmal zuzustimmen. Es dürfte aber in vielen Fällen kein Entgelt für die Benutzung eines WG des AV vorliegen (vgl. hierzu ausführlich Rz. 36 ff.), da AV nach vorzugswürdiger (Literatur-)Auffassung wohl nur für die WG angenommen werden kann, bei denen aus Sicht des Mieters eine Einsetzbarkeit auf Dauer im Betrieb gegeben ist.2 Der BFH ist dieser Auffassung insoweit gefolgt, als er fiktives AV nur dann annimmt, wenn der StPfl. die angemieteten oder gepachteten unbeweglichen WG – oder zumindest diesen vergleichbare WG – ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen.3 Bedeutung hat dies insbes. im Geltungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG für kurzfristige Kfz- und im Geltungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG für kurzfristige Hotelnutzungen. Im Ergebnis geht auch der Gesetzgeber davon aus, dass diese im Regelfall nicht zu einer Hinzurechnung führen.4 e) Nebenabreden Das Abstellen auf den wesentlichen zivilrechtlichen Inhalt des Vertrags bedeutet nicht, dass unter- 21 geordnete Nebenabreden, die vom Miet- oder Pachtrecht abweichen, der Beurteilung des Vertrags als Miet- oder Pachtvertrag iSd. Vorschrift entgegenstehen. Lediglich das Vorliegen wesentlicher mietbzw. pachtfremder Elemente schadet der Einordnung als die Hinzurechnung begründendes Mietoder Pachtverhältnis.5 Derartige wesentliche pachtfremde Elemente liegen zB trotz ihrer mannigfachen Erscheinungsformen bei Lizenzverträgen vor.6 Für diese ist nunmehr die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG zu beachten. Einem Miet- bzw. Pachtvertrag wesentlich fremde Elemente sind ferner im Falle der von einer Vertragsdruckerei der Deutschen Bundesbahn für die Überlassung der amtlichen Prüfungsstempel zum Druck von Eisenbahnfrachtbriefen zu zahlenden Gebühren gegeben.7 Ein Mietverhältnis setzt hingegen nicht zwingend die Einräumung des Besitzes, sondern lediglich die Überlassung der vermieteten Sache an den Mieter in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand voraus.8 2. Gemischte Verträge Enthält der Vertrag neben miet- bzw. pachtvertragsähnlichen Elementen weitere wesentliche einem 22 Miet- bzw. Pachtvertrag fremde Bestandteile, liegt ein gemischter Vertrag vor. Handelt es sich dabei um zwei oder mehrere zwar durch Parteiwille verbundene, aber voneinander trennbare Hauptleistungspflichten (sog. Typenkombination), ist jede Vertragskomponente für sich zu beurteilen.9 Eine Trennung kann insbes. dann vorgenommen werden, wenn die Vertragsparteien die einzelnen Elemente selbst getrennt geregelt haben.10 Lässt sich die rechtliche Trennbarkeit von Hauptleistungspflichten feststellen, wird diese auch nicht dadurch infrage gestellt, dass die Leistungspflichten nach dem Willen der Vertragsparteien voneinander abhängig sein sollen und sich nur in ihrer Verbindung

1 BFH v. 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985; v. 30.3.1994 – I R 123/93, BStBl. II 1994, 810 = FR 1994, 651; v. 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148; gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29. 2 Roser, ifst-Schrift Nr. 497 (2014), 57; Kohlhaas, FR 2011, 800 (805); Kohlhaas, StBW 2012, 308 f. 3 BFH v. 25.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388 = FR 2017, 256; v. 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985. 4 BT-Drucks. 16/4841, 80; die Verwaltung spricht insofern von einer Verwaltungsvereinfachung, vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29b. 5 BFH v. 17.2.1965 – I 174/60 S, BStBl. III 1965, 230; v. 14.2.1973 – I R 85/71, BStBl. II 1973, 412; v. 28.6.1978 – I R 131/76, BStBl. II 1979, 47. 6 BFH v. 17.2.1965 – I 174/60 S, BStBl. III 1965, 230; v. 14.2.1973 – I R 85/71, BStBl. II 1973, 412. 7 BFH v. 28.6.1978 – I R 131/76, BStBl. II 1979, 47. 8 BFH v. 31.7.1985 – VIII R 261/81, BStBl. II 1986, 304 = FR 1986, 95. 9 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 6. 10 BFH v. 15.6.1983 – I R 113/79, BStBl. II 1984, 17 = FR 1983, 593.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. d Rz. 23 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien) der beabsichtigte Zweck erreichen lässt.1 Diese Rspr. ist im Schrifttum vereinzelt kritisiert worden, da bei einem solchen Vertrag zwar eine gedankliche Trennung der Hauptleistungspflichten, aber gerade keine rechtliche Trennung möglich sei.2 Richtigerweise dürfte die Frage der rechtlichen Trennung der einzelnen Vertragskomponenten aber nicht davon abhängen, ob die Vertragsparteien den Vertrag als Ganzes wollten oder auch nur einzelne Vertragsbestandteile vereinbart hätten.3 Kann eine Trennung der einzelnen Hauptleistungspflichten erfolgen, ist das vereinbarte Entgelt auf die verschiedenen Leistungskomponenten aufzuteilen; hierbei wird häufig eine Schätzung vorzunehmen sein.4 Ein Typenkombinationsvertrag soll bspw. nach Auffassung der Finanzverwaltung bei der Buchung von Hotelunterkünften durch Reiseveranstalter zwischen diesen und dem jeweiligen Hotelbetreiber zustande kommen.5 23

Scheidet eine Trennung hingegen aus, da sich das Vertragsverhältnis als ein einheitliches und unteilbares Ganzes darstellt, soll nach Verwaltungsauffassung der Gesamtvertrag der Hinzurechnung unterfallen, sofern die Miet- bzw. Pachtelemente dem Gesamtvertrag „das Gepräge“ geben.6 Diese Auffassung dürfte jedoch nicht mit der Rspr. des BFH in Übereinstimmung zu bringen sein.7 Der BFH hat gemischte Verträge, in denen die verschiedenen Leistungspflichten derart miteinander verschmolzen sind, dass ein Vertragsgebilde ganz „eigener Art“ entsteht (sog. Typenverschmelzung) insgesamt als nicht der Hinzurechnung unterliegend angesehen.8 Der BFH weist dabei zu Recht darauf hin, dass eine Zerlegung eines solchen Vertrags im Gesetz keine Stütze findet und es der wirtschaftlichen Betrachtungsweise entspricht, einen wirtschaftlich einheitlichen Vorgang stl. einheitlich (im Sinne einer Nichthinzurechnung) zu würdigen. An der vorgenannten Rspr. hat der BFH auch im Zuge seiner Rspr. zu Typenkombinationsverträgen explizit festgehalten.9 Der im Schrifttum an dieser Rspr. geäußerten Kritik ist allerdings insoweit zuzustimmen, als die Grenzen zwischen einem Typenkombinationsvertrag und einem Typenverschmelzungsvertrag fließend sind.10 Letztlich sind die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls einer Würdigung zu unterziehen, welche revisionsrechtlich überprüfbar ist.11 Selbst nach der Auffassung der Finanzverwaltung ist jedoch eine Hinzurechnung bei gemischten Verträgen insgesamt ausgeschlossen, wenn die mietfremde Leistung derart im Vordergrund steht, dass sie dem Vertragsgebilde das Gepräge gibt. Ausdrücklich angenommen wird dies bei Vereinbarungen zur fortlaufenden Reinigung bzw. zum fortlaufenden Austausch beschädigter Teile bei einem Mietservice von Berufskleidung oder Fußmatten; ebenso bei Zeit-Charterverträgen, da hier die Beförderungsleistung unter Einsatz des gestellten Personals im Vordergrund steht.12 Beispiele, wann das Miet- bzw. Pachtelement bei Typenverschmelzungsverträgen dem Gesamtvertrag das Gepräge geben soll, gibt die Finanzverwaltung hingegen nicht.

II. Leasingvertrag 24

Die Vorschrift stellt durch den Klammerzusatz („einschließlich Leasingraten“) klar, dass die vorgenannten Grundsätze grds. ebenfalls für Leasingverträge Geltung beanspruchen. Auch wenn die Vorgängervorschrift noch ohne diesen Zusatz auskam, wurde doch schon unter der Geltung des § 8 Nr. 7 1 BFH v. 15.6.1983 – I R 113/79, BStBl. II 1984, 17 = FR 1983, 593 zur Vermietung von Spezialmaschinen verbunden mit der Überlassung von Know-how. 2 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 202. 3 So iErg. auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 8b, der die Trennungstheorie als konsequente Folge der Zugrundelegung rechtlicher Gesichtspunkte bei der Einordnung des zu prüfenden Vertrags ansieht. 4 Vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 6. 5 OFD NRW v. 4.11.2013 – G 1422 - 2013/0023 - St 161, DStR 2014, 373; so auch FG Münster v. 4.2.2016 – 9 K 1472/13 G, EFG 2016, 925 – Rev. I R 28/16; ablehnend Klein, DStR 2014, 1321; Schneider/Redeker, DB 2017, 1049 (1052). 6 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 7. 7 So auch Schneider/Redeker, DB 2017, 1049 (1052). 8 BFH v. 23.7.1957 – I 50/55 U, BStBl. III 1957, 306; v. 17.2.1965 – I 174/60 S, BStBl. III 1965, 230. 9 BFH v. 15.6.1983 – I R 113/79, BStBl. II 1984, 17 = FR 1983, 593. 10 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 202. 11 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 8b. 12 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 7.

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D. Benutzung

Rz. 27 § 8 Nr. 1 Buchst. d

GewStG aF Leasing als von der Hinzurechnungsvorschrift erfasst angesehen.1 Dies ist konsequent, da der Leasingvertrag im BGB nicht als eigenständige Vertragsgattung geregelt ist, sondern es sich hierbei um einen atypischen Mietvertrag handelt. Ein wesentlicher Unterschied zum (typischen) Mietvertrag besteht darin, dass der Leasingnehmer die Kosten für die Instandhaltung des überlassenen WG trägt. Der Neuregelung kommt insofern lediglich eine klarstellende Funktion zu. Sie erweitert auch nicht 25 partiell den Anwendungsbereich der Hinzurechnung im Vergleich zur Vorgängerregelung, da der Klammerzusatz auf den Begriff der Miet- und Pachtzinsen Bezug nimmt. Daraus ist zu folgern, dass nicht jeder Leasingvertrag Gegenstand der Hinzurechnung wird, sondern weiterhin eine Vergleichbarkeit des Leasingvertrags mit einem Miet- bzw. Pachtvertrag erforderlich ist.2 Eine solche ist durch die Einräumung einer Kaufoption nicht grds. ausgeschlossen, im Einzelfall kann jedoch die Grenze zu einem Raten- oder Mietkauf überschritten sein.3 Ferner werden Leasingraten in bestimmten Konstellationen deshalb nicht Gegenstand der Hinzurechnung, da § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG voraussetzt, dass das überlassene WG im Eigentum eines anderen steht. Dies scheidet aber in all den Fällen aus, in denen der Leasingnehmer wirtschaftlicher Eigentümer des geleasten WG wird, da die Frage, wer Eigentümer eines WG ist, nach steuerrechtlichen Kriterien und nicht iSd. bürgerlichen Rechts zu entscheiden ist (vgl. Rz. 40 ff.).4 Insofern ist auf die sog. Leasingerlasse der Finanzverwaltung zurückzugreifen.5

D. Benutzung Das gemietete oder gepachtete WG muss durch den Gewerbebetrieb des StPfl. benutzt werden. Der 26 Begriff der Benutzung ist nicht eng zu verstehen und umfasst nicht etwa nur den „Gebrauch“ einer Sache.6 Dies ergibt sich daraus, dass die Hinzurechnungsvorschrift sowohl von Miet- als auch von Pachtzinsen spricht und die Pacht im Gegensatz zur Miete nicht nur den Gebrauch, sondern auch die Nutzung eröffnet. Sachliche Gründe für eine Beschränkung der Hinzurechnung auf die Fälle des Gebrauchs sind auch nicht erkennbar.7 Ebenso wenig wird eine tatsächliche operative Nutzung des WG vorausgesetzt.8 Das WG muss auch nicht im Betrieb des Mieters bzw. Pächters genutzt werden, sondern es reicht eine Nutzung durch den Betrieb aus, was zB auch bei einer Weitervermietung der Fall ist (vgl. Rz. 40). Etwas anderes mag allenfalls in den seltenen Fällen einer reinen Durchleitung von Sachkapital gelten, bei denen es an einem unmittelbaren oder mittelbaren eigenbetrieblichen Interesse völlig fehlt.9 Die Benutzung muss ferner keine langfristige sein; auch die nur kurzfristige Benutzung von WG führt zur Hinzurechnung.10 Die Benutzung des WG endet mit der tatsächlichen Nutzungsbeendigung durch den Betrieb, zB durch 27 die Stilllegung von Anlagen. Jedoch hat nach zutreffender Ansicht auch in Fällen der eingestellten Benutzung der WG eine Hinzurechnung zu erfolgen, wenn auf der Grundlage des bestehenden Vertragsverhältnisses noch Zahlungen geleistet werden.11 Die Gegenauffassung12 legt die Gesetzesformulie1 Vgl. BFH v. 30.12.1996 – I B 61/96, BStBl. II 1997, 466. 2 So auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 13; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 26. 3 Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 227. 4 So bereits BFH v. 26.11.1964 – IV 349/62 U, BStBl. III 1965, 293. 5 Vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 9 mit Verweis auf BMF v. 19.4.1971 – IV B/2 - S 2170 - 31/71, BStBl. I 1971, 264; v. 21.3.1972 – IV B 2 - S 2170 11/72, BStBl. I 1972, 188; v. 22.12.1975, Anh. 21 III EStH 2011 und v. 23.12.1991 – IV B 2 - S 2170 - 115/91, BStBl. I 1992, 13. 6 BFH v. 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148. 7 So ausf. FG Köln v. 27.10.2010 – 9 K 1022/10, EFG 2011, 561 (bestätigt durch BFH v. 8.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. II 2017, 722). 8 Schöneborn, NWB 2015, 2737 (2738) zur Benutzung unbeweglicher WG im Rahmen von § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG. 9 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 217; Ritzer, DStR 2013, 558 (562). Insofern sollen die von der Rspr. entwickelten Grundsätze für durchlaufende Kredite entsprechend angewendet werden. 10 BFH v. 30.3.1994 – I R 123/93, BStBl. II 1994, 810 = FR 1994, 651. 11 So auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 18. 12 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 217.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. d Rz. 28 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien) rung „für die Benutzung“ zu eng aus und verkennt, dass die Ursache der Zahlungen nach wie vor in der (ggf. mittlerweile eingestellten) Benutzung der (ggf. mittlerweile stillgelegten) WG zu suchen ist. Auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift kann nicht abgeleitet werden, dass eine Hinzurechnung nicht mehr zu erfolgen hätte, wenn die WG, die durch den Betrieb des Stpfl. genutzt wurden, stillgelegt werden, bevor die letzten noch ausstehenden Miet- bzw. Pachtzinsen zu leisten sind.

E. Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Eigentum eines anderen I. Bewegliche Wirtschaftsgüter 1. Abgrenzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern 28

Die Vorgängervorschrift in § 8 Nr. 7 GewStG aF bezog sich auf die Überlassung von „nicht in Grundbesitz bestehenden“ WG. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG erfasst nunmehr die Entgelte für die Benutzung beweglicher WG, wohingegen Entgelte für die Benutzung unbeweglicher WG nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG der Hinzurechnung unterliegen. Insofern ist eine Abgrenzung von beweglichen zu unbeweglichen WG erforderlich, insbes., da bei unbeweglichen WG eine deutlich höhere Hinzurechnung, nämlich iHv. 50 % der Miet- und Pachtzinsen erfolgt. Insgesamt hat sich somit auch eine Erweiterung der eine Hinzurechnung auslösenden Nutzungsgegenstände ergeben. Löste die Überlassung von Grundbesitz früher keinerlei Hinzurechnung aus, ist die Hinzurechnung bei der Überlassung von Grundbesitz für den StPfl. nunmehr sogar ungünstiger als die Überlassung von beweglichen WG. Insofern hat sich die Interessenlage der StPfl. iZm. der Überlassung von WG grundlegend geändert.1 Die Abgrenzung zwischen beweglichen und unbeweglichen WG erfolgt grds. nach zivilrechtlichen Kriterien. Für steuerrechtliche Zwecke ist modifizierend § 68 BewG zu beachten, sodass es in Einzelfällen zu Abweichungen zwischen Zivil- und Steuerrecht kommen kann. 2. Ausgangspunkt: Zivilrechtliches Begriffsverständnis

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Das Gesetz enthält keine Definition des Begriffs „bewegliches Wirtschaftsgut“. Insofern ist auch hier eine Annäherung über das Zivilrecht vorzunehmen. Dieses kennt den Begriff der „beweglichen Sache“, der dem Begriff des beweglichen WG im Wesentlichen entspricht. „Sachen“ sind gem. § 90 BGB körperliche Gegenstände, immaterielle WG gehören demnach nicht dazu. Nach § 90a Satz 2 BGB sind auch Tiere wie Sachen zu behandeln. Im Hinblick auf den Begriff der „beweglichen“ Sache nimmt das Zivilrecht eine Negativabgrenzung vor und scheidet Grundstücke sowie ihre wesentlichen Bestandteile aus dem Begriff des „beweglichen“ WG aus. Alle anderen körperlichen Gegenstände sollen hingegen bewegliche Sachen darstellen.2 Kein Bestandteil eines Grundstücks sind hingegen nach § 95 BGB Sachen, deren Verbindung mit einem Grundstück oder deren Einfügung in ein Gebäude nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt ist. Insofern handelt es sich um Scheinbestandteile, deren Überlassung grds. geeignet ist, eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG zu bewirken. Vorübergehend ist der Zweck nur, wenn ihm seiner Natur nach bereits eine zeitliche Begrenzung innewohnt. Dabei kommt es aber nicht auf die Dauer der Einfügung an, sodass diese auch nach Jahren oder Jahrzehnten beendet werden kann. Jedoch ist eine Sache mit geringer Lebensdauer nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck eingefügt, wenn sie für die gesamte Lebensdauer der Sache mit dem Grundstück verbunden wird.3 In Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls können Rolltreppen oder Gasheizungsanlagen bloße Scheinbestandteile darstellen.4

1 2 3 4

Hierauf weist Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 9, zu Recht hin. Jickeli/Stieper in Staudinger, BGB, Buch 1: Allgemeiner Teil 3, §§ 90–124, §§ 130–133, 2017, § 90 Rz. 60 f. BFH v. 24.11.1970 – VI R 143/69, BStBl. II 1971, 157. BFH v. 24.11.1970 – VI R 143/69, BStBl. II 1971, 157; v. 4.12.1970 – VI R 157/68, BStBl. II 1971, 165.

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E. Bewegliche WG des AV im Eigentum eines anderen

Rz. 33 § 8 Nr. 1 Buchst. d

3. Steuerrechtliche Modifikation über § 68 BewG Steuerrechtlich ist für die Abgrenzung zwischen beweglichen und unbeweglichen WG ergänzend bzw. 30 modifizierend auf § 68 BewG zurückzugreifen, der den Begriff des Grundvermögens definiert.1 Danach gehören Bodenschätze (§ 68 Abs. 2 Nr. 1 BewG) sowie Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG), ausdrücklich nicht zum Grundvermögen. Insofern kommt es zu einer Abweichung vom Zivilrecht, da insbes. wesentliche Bestandteile eines Grundstücks (vgl. § 94 BGB) ebenso wie dieses zu den unbeweglichen Sachen zählen. Aufgrund des Ausschlusses von Bodenschätzen aus dem Begriff des Grundvermögens gehören diese 31 an sich zu den beweglichen WG, sodass bei Abschluss von Substanzausbeuteverträgen zunächst grds. eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG denkbar wäre. Der BFH hat in seiner Rspr. zu § 8 Nr. 7 GewStG aF bei Verträgen über die Ausbeute von Bodenschätzen jedoch regelmäßig nicht das Grundstück, sondern das Ausbeuterecht als das überlassene WG angesehen.2 Dabei handelt es sich um eine rein stl. Betrachtungsweise, denn zivilrechtlich kann die Gewinnung von Bodenschätzen nicht Gegenstand selbstständiger Rechte sein, sondern ist Inhalt des Eigentumsrechts am Grund und Boden. Demnach käme nach aktueller Gesetzeslage allenfalls die Anwendung von § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG in Betracht.3 Die an dieser Rspr. geäußerte Kritik verweist zu Recht darauf, dass Gegenstand der Pacht nicht das Ausbeuterecht, sondern das Grundstück selbst sei, das zur Ausbeute verpachtet werde. Auch einkommensteuerrechtlich stellten Einkünfte aus einem Ausbeutevertrag Einkünfte aus Grundstücksverpachtung dar.4 Überzeugender und in sich stringenter erscheint daher eine Hinzurechnung auf der Grundlage von § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG. Von wesentlicher Bedeutung ist die Zuordnung von Betriebsvorrichtungen zu den beweglichen WG 32 für Zwecke der gewstl. Hinzurechnung. Was als Betriebsvorrichtung anzusehen ist, wird in § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG nicht näher erläutert. Nach den von der Rspr. aufgestellten Grundsätzen umfasst der Begriff alle Vorrichtungen einer Betriebsanlage, die in einer so engen Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb stehen, dass der Gewerbebetrieb unmittelbar mit ihnen betrieben wird. Die bloße Zugehörigkeit zu einem gewerblichen Betrieb reicht hingegen nicht aus.5 Das Erfordernis des „unmittelbaren“ Betreibens des Gewerbebetriebs durch die Betriebsvorrichtung macht darüber hinaus deutlich, dass es nicht genügt, dass das Unternehmen ohne die Vorrichtung nicht betrieben werden könnte.6 Die Rspr. nimmt eine Abgrenzung zwischen Gebäuden und Betriebsvorrichtungen ausgehend vom 33 Gebäudebegriff vor. Ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten ist, scheidet demnach als Betriebsvorrichtung aus.7 Bauwerke werden dann als Gebäude und damit nicht als Betriebsvorrichtungen angesehen, wenn sie Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren, den Aufenthalt von Menschen gestatten, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest sind.8 Eine Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen hat die Finanzverwaltung in gleich lautenden Ländererlas-

1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 9; Brokamp in Deloitte, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 25; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 14. 2 BFH v. 8.11.1989 – I R 46/86, BStBl. II 1990, 388; v. 26.5.1976 – I R 74/73, BStBl. II 1976, 721; v. 12.1.1972 – I R 220/69, BStBl. II 1972, 433; v. 8.9.1971 – I R 175/68, BStBl. II 1972, 22. 3 Nach der Vorgängervorschrift in § 8 Nr. 7 GewStG aF wurde auch die Überlassung von Rechten erfasst, da die Vorschrift auf alle nicht in Grundbesitz bestehenden WG abzielte. 4 Vgl. zum Diskussionsstand Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 13. 5 So bereits BFH v. 14.8.1958 – III 382/57 U, BStBl. III 1958, 400 ablehnend zur Umzäunung eines Grundstücks; vgl. auch BFH v. 5.3.1971 – III R 90/69, BStBl. II 1971, 455; v. 11.12.1987 – III R 191/85; BStBl. II 1988, 300; v. 11.12.1991 – II R 14/89, BStBl. II 1992, 278; v. 20.6.1990 – I R 160/85, BStBl. II 1990, 913. 6 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 14. 7 BFH v. 24.2.1961 – III 434/58 S, BStBl. III 1961, 228 zu einer Klinkerhalle eines Zementwerks; v. 13.6.1969 – III 17/65, BStBl. II 1969, 517 zu einem Förderturm in Stahlbetonbauweise; v. 25.3.1977 – III R 5/75, BStBl. II 1977, 594 zu Gewächshäusern. 8 BFH v. 25.3.1977 – II R 5/75, BStBl. II 1977, 594.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. d Rz. 34 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien) sen vorgenommen und zahlreiche Fallbeispiele gebildet.1 Demnach gehören ua. Absaugvorrichtungen, Backöfen, Baustellencontainer, Bodenbefestigungen bei Tankstellen, ganz oder überwiegend betrieblichen Zwecken dienende Klimaanlagen, Kühleinrichtungen, Lastenaufzüge, Teststrecken der Automobilwerke, Trockenkammern und Verladeeinrichtungen zu den Betriebsvorrichtungen. Dies gilt hingegen nicht für Abstellplätze, Brandmeldeanlagen in Lagergebäuden, allgemeine Klimaanlagen (zB in Warenhäusern), Personenaufzüge und Rolltreppen. 34

Nicht zu folgen ist der im Schrifttum vertretenen Auffassung, die eine steuerrechtlich modifizierte Abgrenzung zwischen beweglichen und unbeweglichen WG nicht anhand von § 68 BewG, sondern nach den Vorgaben des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG vornehmen will.2 Dies hätte insbes. zur Folge, dass in das Schiffsregister eingetragene Schiffe nicht als bewegliche WG angesehen würden. Gleiches würde für in die Luftfahrzeugrolle eingetragene Flugzeuge gelten.3 Die Gleichstellung von in ein öffentliches Register eingetragenen beweglichen Sachen mit Immobilien wird im Einkommensteuerrecht damit begründet, dass diese ebenso wie Immobilien auf Dauer als Einkunftsquellen geeignet und für Zwecke der Besteuerung einfach zu erfassen sind.4 Diese Erwägungen lassen sich aber nicht auf die gewstl. Hinzurechnung übertragen, sodass den in § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorgenommenen Zuordnungen iRd. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG keine Bedeutung zukommt.5

II. Anlagevermögen 35

Die Gesetzesformulierung, die eine Hinzurechnung nur im Hinblick auf die Benutzung von WG des AV anordnet, ist insofern missverständlich, als das überlassene WG gerade nicht in das Eigentum des Mieters oder Pächters übergehen darf und somit bei diesem auch nicht zu AV werden kann. Auf die Bilanzierung beim Vermieter bzw. Verpächter kommt es andererseits nicht an. Gemeint sein kann daher nur ein fiktives Anlagevermögen. Dementsprechend soll die Voraussetzung für die Hinzurechnung erfüllt sein, wenn das WG beim Mieter bzw. Pächter dem AV zuzuordnen wäre, wenn er Eigentümer des zur Benutzung überlassenen WG wäre.6 Was als AV iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG gilt, ist nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts zu bestimmen.7 Demnach sind beim AV diejenigen WG auszuweisen, die am Abschlussstichtag bestimmt sind, dem Betrieb dauerhaft zu dienen. In Abgrenzung hierzu gehören zum UV diejenigen WG, die zum Verbrauch und zur Weiterveräußerung bestimmt sind. Zum AV gehören somit insbes. technische Anlagen und Maschinen, Fahrzeuge sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung. Nicht dazu zählen hingegen insbes. Bankguthaben, Vorräte und Rohstoffe.

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Die Fiktion des AV bereitet in der Praxis insbes. im Hinblick auf die kurzfristige Überlassung von WG Probleme. Grundsätzlich kommt es für die Hinzurechnung auf die Laufzeit des Miet- oder Pachtverhältnisses zwar nicht an. Anlagevermögen kann aber richtigerweise nur für die WG angenommen werden, bei denen aus Sicht des Mieters eine Einsetzbarkeit im Betrieb auf Dauer gegeben ist.8 Der BFH differenziert dementsprechend danach, ob der StPfl. das angemietete oder gepachtete bewegliche WG ständig für seinen Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen.9 Darüber hinaus hat der BFH klargestellt, dass die vorzunehmende Fiktion sich so weit wie möglich an den betrieblichen Ver-

1 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 5.6.2013, BStBl. I 2013, 734 Anlage 1 und 2. 2 So Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 14, der aber im Falle von Betriebsvorrichtungen ebenfalls von beweglichen WG ausgeht. 3 Vgl. BFH v. 2.5.2000 – IX R 71/96, BStBl. II 2000, 467 = FR 2000, 1046. 4 Vgl. BFH v. 2.5.2000 – IX R 71/96, BStBl. II 2000, 467 = FR 2000, 1046. 5 Ebenso Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 12; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 216. 6 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 16; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 16; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 215. 7 BFH v. 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148 zu § 8 Nr. 7 GewStG aF. 8 Roser, ifst-Schrift Nr. 497 (2014), 57; Kohlhaas, FR 2011, 800 (805); Kohlhaas, StBW 2012, 308 (309). 9 BFH v. 30.3.1994 – I R 123/93, BStBl. II 1994, 810 = FR 1994, 651; v. 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985; v. 25.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388 = FR 2017, 256.

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E. Bewegliche WG des AV im Eigentum eines anderen

Rz. 38 § 8 Nr. 1 Buchst. d

hältnissen des StPfl. zu orientieren hat. Sie darf nicht weiter reichen, als es die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet.1 Dementsprechend nimmt der Gesetzgeber auch folgerichtig an, dass bei kurzfristigen Kfz-Mietverträgen eine Hinzurechnung regelmäßig ausscheidet.2 Sofern es sich nämlich nicht um einen Kfz-Vermieter handelt, ersetzt die Anmietung beim Mieter kein AV.3 Die Finanzverwaltung nimmt die kurzfristige Kfz-Vermietung ebenfalls von der Hinzurechnung aus, will dies aber lediglich als Verwaltungsvereinfachung verstanden wissen.4 In der Praxis greift die Finanzverwaltung daher Kfz-Vermietungen von bis zu einer Woche wohl nicht auf, wohingegen bei einer Vermietung ab einem Monat regelmäßig nicht mehr von Kurzfristigkeit ausgegangen wird; dazwischenliegende Zeiträume werden nach den Umständen des Einzelfalls gewürdigt.5 Richtigerweise kann aber auch bei einer einmonatigen (oder sogar längeren) Anmietung iErg. nicht von fiktivem AV ausgegangen werden, wenn der StPfl. das WG (hier: das Kfz) nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen. Zusätzliche Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zwischen AV und UV in Fallkonstellationen, in 37 denen der Mieter WG zwar nur kurzfristig nutzt, diese WG aber regelmäßig durch gleichartige oder ähnliche Wirtschaftsgüter ersetzt.6 Nach der Rspr. des BFH steht es der Zuordnung angemieteter WG zum (fiktiven) AV nicht entgegen, dass der StPfl. WG fortlaufend kurzfristig mietet und weitervermietet und diese nach Beendigung der Untervermietung wieder an den Eigentümer zurückgelangen.7 Dabei ist es grds. unerheblich, ob mehrmals derselbe Gegenstand oder mehrere vergleichbare Gegenstände angemietet oder gepachtet werden.8 Der BFH hatte sich mit diesen Fragen erstmals in den siebziger Jahren auseinandergesetzt.9 Dem damaligen Streitfall lag eine Vermietung von Containern zugrunde, wobei das Containervermietungsunternehmen selbst regelmäßig nach Bedarf jeweils für kurze Zeit Container anmietete und diese alsbald durch andere Container ersetzte. Der BFH vertrat hierzu die Ansicht, dass sich die Tätigkeit eines Containervermietungsunternehmens, Eigentum an den Containern (fiktiv) unterstellt, nur dann wirtschaftlich sinnvoll ausüben ließe, wenn das Eigentum an den Containern langfristig erworben werde. Dem Vorstellungsbild der Vorinstanz von einem Eigentümer, der kurzfristig Container ankaufe und wieder verkaufe, liege hingegen eine Sachverhaltsfiktion zugrunde, die in den betrieblichen Verhältnissen des Unternehmens keine Stütze finde. Diese Rspr., die der BFH im Hinblick auf angemietete Bestuhlungen und Beschallungsanlagen für Konzertveranstaltungen folgerichtig fortführte10 und der im Grundsatz zuzustimmen ist, kann aber nicht pauschal auf alle Konstellationen übertragen werden, in denen in regelmäßigen Abständen die Anmietung gleichartiger WG erfolgt, insbes. dann nicht, wenn sie nicht den Kernbereich der Unternehmenstätigkeit berühren. Dies gilt zB wiederum für die kurzfristige Kfz-Anmietung, die nach hier vertretener Auffassung im Regelfall auch dann nicht zu einer Hinzurechnung führen kann, wenn sie in regelmäßigen Abständen immer mal wieder (aber zB an wechselnden Orten) erfolgt. Mit zwei jüngeren Entscheidungen im Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hat der 38 BFH die Zurechnung von WG zum fiktiven AV bei wiederholter Anmietung weiter konkretisiert: Der I. Senat kam zu dem Ergebnis, dass die Anmietung von Ausstellungsflächen durch eine sog. Durchführungsgesellschaft für amtliche Beteiligungen des Bundes oder eines Bundeslands an ausländischen Messen mangels fiktivem AV nicht zur Hinzurechnung führt.11 Angesichts der Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung des Auftraggebers sei nicht davon auszugehen, dass der StPfl. entsprechende Flächen ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb vorgehalten hätte. Der IV. Senat

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

BFH v. 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148. BT-Drucks. 16/4841, 80. So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 17. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29b. Vgl. Schöneborn, NWB 2012, 2250 (2253). Vgl. ausf. Kohlhaas, FR 2011, 800. BFH v. 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148. BFH v. 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985. BFH v. 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148. BFH v. 30.3.1994 – I R 123/93, BStBl. II 1994, 810 = FR 1994, 651. BFH v. 25.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388 = FR 2017, 256; vgl. hierzu auch Schneider/Redeker, DB 2017, 1049; Gerritzen/Matheis, DStR 2013, 236; Cech/Püschel, Ubg 2015, 645.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. d Rz. 39 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien) entschied die Frage, ob die jeweils fallbezogene kurzfristige Anmietung von verschiedenen Veranstaltungsimmobilien durch einen Konzertveranstalter fiktives AV darstellt, hingegen gegen den StPfl.1 Das Gesetz begründe eine voraussetzungslose Fiktion der Eigentümerstellung. Es verlange insbes. keine Prüfung, ob eine Erwerbsalternative für den Fall des Fremd(sach)kapitals bestanden hätte oder ein Erwerb als Anlagegut vorstellbar gewesen wäre. Damit wandte sich der IV. Senat gegen die im Schrifttum vertretene Auffassung, dass es sich bei der Anmietung um das „Surrogat einer Langfristentscheidung“ handeln müsse, was dann nicht der Fall sei, wenn die Wiederholung den Ausdruck der grundlegenden unternehmerischen Konzeption (örtliche Flexibilität, Variation des Leistungsangebots) darstelle.2 Im Streitfall sei der StPfl. – so der BFH – nach seinem Geschäftszweck auf die Verfügbarkeit von Veranstaltungsimmobilien angewiesen gewesen und hätte sie daher ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb vorhalten müssen. Dabei sei es unschädlich, dass die Immobilien starke Unterschiede aufgewiesen hätten. Unseres Erachtens ist diese gerichtliche Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal des „Anlagevermögens“ insofern zu weitgehend, als der BFH es bei der Feststellung belässt, dass die Klägerin Veranstaltungsimmobilien ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb hätte vorhalten müssen, ohne auf die von ihm zuvor selbst geforderte Vergleichbarkeit der angemieteten WG weiter einzugehen. An der Gleichartigkeit der in Rede stehenden Immobilien kann man aber – anders als im Falle der Containervermietung – angesichts der gravierenden Unterschiede in der Lage, dem Zuschnitt und der Besucherkapazität durchaus zweifeln.3 Abzuwarten bleibt, wie der BFH (in diesem Fall wiederum der I. Senat) über die Anmietung von Hotelunterkünften durch Reiseveranstalter entscheiden wird (vgl. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG Rz. 11). 39

Da auch in das Ausland zu entrichtende Miet- und Pachtzinsen grds. zur Hinzurechnung führen, ist im Schrifttum argumentiert worden, dass folgerichtig fiktiv von im Ausland belegenen AV auszugehen sei, was es jedoch wiederum ohne die Folge einer fiktiven ausländischen Betriebsstätte nicht geben könne. Daraus folge, dass die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für im Ausland belegene Vermögensteile gegen das Gebot der Folgerichtigkeit der Umsetzung der typisierenden Fiktionsvorgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. e und f GewStG verstoße, da mit der Fiktion eines ausländischen AV die fiktive Betriebsstättenfreistellung nach DBA bzw. Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG zur Anwendung kommen müsse.4 Die Rspr. folgt dieser Auffassung nicht und verweist uE zutreffend darauf, dass nicht angenommen werden könne, dass der Gesetzgeber bei der systematisch nachgelagerten Hinzurechnung, die erst an den ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb anknüpft, Regelungen mit einer Rückkoppelung zum sachlichen Anwendungsbereich der GewSt verankern wollte.5

III. Im Eigentum eines anderen 40

Das gemietete, gepachtete oder geleaste WG muss im Eigentum eines anderen stehen. Dies erscheint bei rein zivilrechtlicher Betrachtung als Selbstverständlichkeit. Der Begriff des Eigentums ist aber nicht bürgerlich-rechtlich, sondern steuerrechtlich zu verstehen, sodass auf das wirtschaftliche Eigentum nach § 39 AO abzustellen ist. Der Begriff des „Eigentums“ ist nach der Rspr. zudem weit zu fassen, da zu den WG i.S.d. Hinzurechnungsvorschrift nicht nur Sachen, sondern auch Rechte gehören, an denen nach bürgerlichem Recht kein Eigentum bestehen kann.6 Ausschlaggebend ist somit, dass das gemietete bzw. gepachtete WG einem anderen zusteht. Der andere muss dabei nicht zwangsläufig der unmittelbare Vermieter bzw. Verpächter des WG sein; es kann sich auch um einen Dritten handeln.7

1 BFH v. 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985. 2 So Roser, ifst-Schrift Nr. 497 (2014), 57; iErg. ähnlich Kohlhaas, DStR 2014, 296 (301); Ritzer, DStR 2013, 558 (562 f.). 3 Im Streitfall wurden Immobilien wie Theater, Konzertsäle, Stadien und Arenen angemietet. Ein Kammermusiksaal in Offenbach ist uE aber nur eingeschränkt mit einer Arena in Gelsenkirchen vergleichbar; auch nach Ansicht von Schneider/Redeker (DB 2017, 1049) rechtfertigt die wiederholte Anmietung derartiger lediglich funktionell vergleichbarer, aber nicht gleichartiger WG nicht die Annahme fiktiven AV. 4 Roser, ifst-Schrift Nr. 497 (2014), 86 ff.; vgl. auch Klein, DStR 2014, 1321. 5 FG Münster v. 4.2.2016 – 9 K 1472/13 G, EFG 2016, 925 – Rev. I R 28/16. 6 BFH v. 6.7.1966 – VI 112/65, BStBl. III 1966, 599; v. 25.11.1966 – VI 375/65, BStBl. III 1967, 226. 7 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 218.

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Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Immobilien)

§ 8 Nr. 1 Buchst. e

Folgerichtig unterliegen auch Fälle der Weitervermietung bzw. -verpachtung der Hinzurechnung.1 Untermietverträge sind nicht etwa als Überlassung von Rechten iSv. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG zu beurteilen.2 Die Hinzurechnung hat auf jeder einzelnen Stufe der Überlassung zu erfolgen, ohne dass eine Saldierung von Mietaufwendungen und Mieterträgen vorzunehmen ist.3 Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer als wirtschaftlicher Ei- 41 gentümer anzusehen, wenn dieser den zivilrechtlichen Eigentümer während der gewöhnlichen Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das WG ausschließen kann. Insbesondere in Leasingfällen kann das wirtschaftliche Eigentum unter Abweichung vom zivilrechtlichen Eigentum auf den Leasingnehmer übergehen. Die hier anzuwendenden Grundsätze lassen sich den sog. Leasingerlassen der Finanzverwaltung entnehmen.4 Demnach ist dem Leasingnehmer das wirtschaftliche Eigentum insbes. dann zuzurechnen, wenn sich Grundmietzeit und betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstands zumindest annähernd decken oder wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer erheblich länger ist als die Grundmietzeit und dem Leasingnehmer eine Verlängerungs- oder Kaufoption zusteht, bei deren Ausübung er nur einen Betrag zahlen muss, der einer Anerkennungsgebühr ähnelt. Ferner sind Fälle des Spezialleasings zu beachten. Spezialleasing setzt voraus, dass Leasinggegenstände speziell auf die Verhältnisse des Leasingnehmers zugeschnitten sind und nach Ablauf der Grundmietzeit nur bei diesem eine wirtschaftlich sinnvolle Verwendung finden können.5 Die Wirtschaftsgüter vermögensverwaltender Personengesellschaften sind den Gesellschaftern nach 42 § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen. Vermietet die vermögensverwaltende Personengesellschaft eines ihrer WG an den Gesellschafter, scheidet eine Hinzurechnung aus, soweit es sich aufgrund der anteiligen Zurechnung aus Sicht des Gesellschafters nicht um ein fremdes WG handelt.6

F. ABC der Miet- und Pachtzinsen Vgl. die Kommentierung zu § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG Rz. 12).

43

§ 8 Nr. 1 Buchst. e [Miet- und Pachtzinsen bei Immobilien] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: 1. Ein Viertel der Summe aus … e) der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, und … soweit die Summe den Betrag von 100.000 Euro übersteigt; … 1 BFH v. 8.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. II 2017, 722; v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser; FG Nds. v. 7.7.2011 – 10 K 78/10, EFG 2011, 2100; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 7; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 217; Ritzer, DStR 2013, 558 (562). 2 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 32. 3 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29a. 4 Vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 9 mit Verweis auf BMF v. 19.4.1971 – IV B/2 - S 2170 - 31/71, BStBl. I 1971, 264; v. 21.3.1972 – IV B 2 - S 2170 11/72, BStBl. I 1972, 188; v. 22.12.1975, Anh. 21 III EStH 2011 und v. 23.12.1991 – IV B 2 - S 2170 - 115/91, BStBl. I 1992, 13. 5 Zu den Regelungen der Leasingerlasse im Einzelnen Kempf/Walter-Yadegardjam in Lüdicke/Sistermann, Unternehmensteuerrecht, 2. Aufl. 2017, § 9 Rz. 66 ff.; vgl. auch BFH v. 2.6.2016 – IV R 23/13, BFH/NV 2016, 1433. 6 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 29.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. e Rz. 1 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Immobilien) A. Systematische Einordnung . . . . . . . . . .

1

B. Umfang der Hinzurechnung („Die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen“) . . . . . . . . .

3

C. Miet- und Pachtzinsen . . . . . . . . . . . .

7

D. Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

E. Unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Eigentum eines anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

F. Einzelnachweise (ABC der Miet- und Pachtzinsen, Nr. 1 Buchst. d und e) . . . .

12

Literatur: Kohlhaas, Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 1e GewStG bei kurzfristiger Anmietung? – Anmerkung zum Urteil des Nds. FG v. 26.5.2011 – 10 K 290/10, FR 2011, 800; Gerritzen/Matheis, Zur gewerbesteuerlichen Behandlung von Messekosten, DStR 2013, 236; Klein, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Hotelleistungen bei Reiseveranstaltern, DStR 2014, 1321; Kohlhaas, Das fiktive Anlagevermögen i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG, DStR 2014, 296; Cech/Püschel, Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, Ubg 2015, 645; Schöneborn, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für Immobilien, NWB 2015, 2737; Schneider/Redeker, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen bei gemischten Verträgen – Zugleich Anm. zu BFH-Urt. v. 25.10.2016 (I R 57/15, DB 2017, 37), DB 2017, 1049; Schneider/Redeker, Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen: Fiktives Anlagevermögen bei kurzzeitigen Anmietungen – Zugleich Anm. zu BFH v. 8.12.2016 (IV R 24/11, DB 2017, 1125), DB 2017, 2254.

A. Systematische Einordnung 1 Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG sind Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Be-

nutzung unbeweglicher WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Die Hinzurechnung erfolgt unabhängig davon, ob der Zahlungsempfänger der GewSt unterliegt oder nicht, sodass es zu gewstl. Mehrfachbelastungen kommen kann.1 Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen der Regelung in § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG, welche sich auf Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung beweglicher WG bezieht. Der Umfang der Hinzurechnung beträgt hier allerdings aufgrund des höheren Finanzierungsanteils (vgl. Rz. 6) nicht ein Fünftel, sondern die Hälfte der Mietund Pachtzinsen. Der Hinzurechnungsumfang hat in der Vergangenheit diverse Änderungen erfahren. Nachdem die Vorgängerregelung in § 8 Nr. 7 GewStG aF nur eine hälftige Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden WG des AV vorsah, wurde durch das UntStRefG 2008 v. 14.8.20072 eine Hinzurechnung speziell für die Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher WG iHv. zunächst 75 % etabliert. Noch vor der erstmaligen Anwendung der Neuregelung ist der Hinzurechnungsumfang durch das JStG 2008 v. 20.12.20073 allerdings auf 65 % reduziert und durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz v. 22.12.20094 weiter auf nunmehr 50 % gesenkt worden. Die derzeitige Fassung ist nach § 36 Abs. 1 GewStG idF des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes erstmals für den EZ 2010 anwendbar. Effektiv beträgt der Umfang der Hinzurechnung nunmehr (vorbehaltlich des Hinzurechnungsfreibetrags) 12,5 % der Mietund Pachtzinsen. 2 Verfassungsrechtlich ist die Vorschrift vom BFH für unbedenklich erklärt worden.5 Dies gilt aus-

drücklich auch für Weitervermietungssituationen.6 Daran ändert auch nichts, dass der Gesetzgeber die einfache Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nicht auf den Nichteigentümer-Betrieb erstreckt

1 Diese können im Inlandskonzern ggf. durch die Begründung einer gewstl. Organschaft vermieden werden, vgl. Bergemann/Markl/Althof, DStR 2007, 693 (699). 2 BGBl. I 2007, 1912. 3 BGBl. I 2007, 3150. 4 BGBl. I 2009, 3950. 5 BFH v. 16.1.2014 – I R 21/12, BStBl. II 2014, 531 = FR 2014, 695 m. Anm. Nöcker; v. 16.10.2012 – I B 125/12, BFH/NV 2013, 249. 6 BFH v. 8.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. II 2017, 722; v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser (Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG v. 26.2.2016 – 1 BvR 2836/14, HFR 2016, 491).

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B. Umfang der Hinzurechnung

Rz. 5 § 8 Nr. 1 Buchst. e

hat.1 Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm bestehen ebenso wenig iZm. einer am Umsatz des Pächters bemessenen Grundstückspachtzahlung.2 Die Verfassungskonformität wird auch von den Instanzgerichten ganz überwiegend bejaht.3 Da die Vorschrift von der Regelung in § 8 Nr. 1 Buchst d GewStG nur insoweit abweicht, als sie sich zum einen auf unbewegliche WG bezieht und zum anderen einen höheren Hinzurechnungsumfang vorsieht, kann weitestgehend auf die Kommentierung zu § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG verwiesen werden (§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 1 ff.).

B. Umfang der Hinzurechnung („Die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen“) Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Aufteilung des Miet- und Pachtzines bei der Vermietung einer 3 Sachgesamtheit wird auf § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 6 f. verwiesen. Der Begriff der Miet- und Pachtzinsen umfasst alle Gegenleistungen, die der Mieter oder Pächter für 4 die Überlassung des WG tätigt (vgl. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 8 ff.). Reine Betriebskosten wie Wasser, Strom und Heizung sind von der Hinzurechnung jedoch auszunehmen, da es insoweit an einer Finanzierungsfunktion fehlt.4 Dies gilt aber wiederum nicht bei der Vereinbarung einer Inklusivmiete, bei der ein gesonderter Ausweis der Betriebskosten nicht oder nur teilweise erfolgt.5 Zwar werden auch ohne gesonderten Ausweis die Betriebskosten kalkulatorisch in der vereinbarten Miete enthalten sein, die konkrete Höhe des auf die Betriebskosten entfallenden Anteils wird in einem solchen Fall aber schon gar nicht dargelegt werden können. Ebenso wie bei der Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für bewegliche WG gilt, dass auch 5 Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung des Miet- oder Pachtgegenstands zu den Miet- und Pachtzinsen iSd. Vorschrift zählen, wenn der Mieter oder Pächter diese über seine gesetzliche Verpflichtung nach dem bürgerlichen Recht hinaus auf vertraglicher Grundlage übernommen hat.6 Gesteigerte Relevanz kommt dem bei der Vermietung von Immobilien im Hinblick auf übliche Instandhaltungsmaßnahmen und Schönheitsreparaturen zu. Dies betrifft in der Praxis ganz massiv Handelskonzerne, welche regelmäßig Geschäftsraummietverträge abschließen, in denen die üblichen Instandhaltungen bzw. Schönheitsreparaturen abweichend vom insofern dispositiven Recht nahezu ausschließlich auf den Mieter überwälzt werden.7 Nach den von der Rspr. aufgestellten Grundsätzen unterliegen auch diese Aufwendungen der Hinzurechnung, da eine Abweichung zur gesetzlichen Regelung vorliegt, welche die laufende Instandhaltung einschließlich sog. Schönheitsreparaturen nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Vermieter auferlegt.8 Gleichwohl bestehen wohl auch innerhalb der Finanzverwaltung Zweifel, ob die Übernahme üblicher Instandhaltungsmaßnahmen zur Hinzurechnung führt.9 Dagegen streiten nämlich zT gewichtige Gründe: Zum einen wird darauf hingewiesen, dass sich die Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter in der Praxis ungeachtet der gesetzlichen Grundregelung derart durchgesetzt hat, dass von einer Verlagerung von Vermieterpflichten auf den Mieter praktisch keine Rede sein könne. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach den vom BFH zu § 8 Nr. 7 GewStG angestellten Überlegungen – die er auf die aktuelle Rechtslage für übertrag-

1 BFH v. 8.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. II 2017, 722. 2 BFH v. 18.8.2015 – I R 43/14, BFH/NV 2016, 232. 3 FG Köln v. 19.3.2015 – 13 K 2768/10, EFG 2015, 1384; FG Münster v. 22.8.2012 – 10 K 4664/10 G, EFG 2012, 2231; FG Sachs. v. 28.9.2011 – 8 K 239/11, DStRE 2012, 1526; FG Nds. v. 7.7.2011 – 10 K 78/10, EFG 2011, 2100; FG Köln v. 27.10.2010 – 9 K 1022/10, EFG 2011, 561; aA FG Hbg. v. 29.2.2012 – 1 K 138/10, EFG 2012, 960 (Vorlage als unzulässig festgestellt, BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862). 4 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29. 5 Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 343. 6 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG Rz. 28; Fuchs/Lieber in Deloitte, § 8 Nr. 1e GewStG Rz. 32. 7 Schöneborn, NWB 2015, 2737 (2740). 8 Vgl. FG Rh.-Pf. v. 9.8.2013 – 1 K 2461/11, juris, zu dem von einer Steuerberatungsgesellschaft unter einem Geschäftsraummietvertrag getragenen Instandhaltungsaufwand unter Bezugnahme auf die Rspr. des BFH zu § 8 Nr. 7 GewStG aF. 9 Vgl. Schöneborn, NWB 2015, 2737 (2740 ff.).

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§ 8 Nr. 1 Buchst. e Rz. 6 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Immobilien) bar erklärt hat1 – zwischen den Parteien theoretisch ein höherer Mietzins vereinbart sein müsste, wenn der Vermieter ausnahmsweise entsprechend der gesetzlichen Grundregelung die Schönheitsreparaturen übernimmt. Welche Lösung in der Praxis häufiger gewählt wird (wirtschaftliche Übernahme der Instandhaltungskosten durch den Mieter oder Übernahme durch den Vermieter bei höherem Mietzins), dürfte nichts an den grundsätzlichen Regeln der Preisfindung ändern. Gewichtiger erscheint der Einwand, dass gerade laufende Schönheitsreparaturen vielfach im eigenbetrieblichen Interesse des Mieters liegen dürften, da sie sich regelmäßig im Laufe der Mietzeit verbrauchen und damit alleine dem Mieter zugutekommen.2 Zumindest in diesem (Regel-)Fall erscheint eine Hinzurechnung nicht gerechtfertigt. Eine entsprechende Differenzierung erscheint jedoch praktisch wenig handhabbar, weshalb bei üblichen Instandhaltungsmaßnahmen generell auf eine Hinzurechnung verzichtet werden sollte. 6 Hinzugerechnet wird im Rahmen von § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG die Hälfte der Miet- und Pachtzin-

sen, sodass effektiv 12,5 % der Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche WG hinzugerechnet werden. Wie auch bei anderen Hinzurechnungstatbeständen bleibt unklar, weshalb der Gesetzgeber den Finanzierungsanteil ausgerechnet mit 50 % veranschlagt hat. Nachvollziehbar ist lediglich, dass der Finanzierungsanteil aufgrund des geringeren Wertverzehrs bei unbeweglichen WG ein höherer ist als bei beweglichen WG.3 Nicht zuletzt angesichts der zahlreichen Änderungen der Hinzurechnungsquote in der Vergangenheit (vgl. Rz. 1) spricht vieles dafür, dass letztlich steuerpolitische Erwägungen den Ausschlag gegeben haben.4

C. Miet- und Pachtzinsen 7 Die getätigten Aufwendungen müssen auf der Grundlage eines Rechtsverhältnisses erbracht worden

sein, das sich seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach als Miet- oder Pachtvertrag (einschließlich Leasing) darstellt. Maßgeblich ist allein eine zivilrechtliche Betrachtung des zu beurteilenden Rechtsverhältnisses. Danach ist das Erbbaurecht – wenn auch nicht ausschließlich – ein befristetes Nutzungsrecht.5 Es kommt somit nicht darauf an, ob der Rechtsgrund der Überlassung rein schuldrechtlicher Natur ist oder auf eine dingliche Berechtigung zurückgeht.6 Auf § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 15 bis 25 wird iÜ verwiesen.

D. Benutzung 8 Der Begriff der „Benutzung“ ist weit zu verstehen, sodass die bloße Nutzungsmöglichkeit ausrei-

chend ist. Daher sind auch die Mieten, die während Leerstandszeiten entrichtet werden, bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen.7 Auf § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 26 f. wird verwiesen.

E. Unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Eigentum eines anderen 9 Die Vorschrift unterscheidet sich von § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG fast ausschließlich durch den Nut-

zungsgegenstand. Von § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG wird die Benutzung unbeweglicher WG des AV, die im Eigentum eines anderen stehen, erfasst. Für die Abgrenzung von unbeweglichen zu beweglichen WG sind wiederum die zivilrechtlichen Grundsätze, ergänzend aber auch die Kriterien des Bewertungsrechts (§ 68 BewG) heranzuziehen.8 Auf § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 28 bis 34 wird verwiesen. 1 2 3 4 5 6 7 8

BFH v. 18.8.2015 – I R 43/14, BFH/NV 2016, 232. Schöneborn, NWB 2015, 2737 (2741). BT-Drucks. 16/4841, 80. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1e GewStG Rz. 5. BFH v. 7.3.2007 – I R 60/06, BStBl. II 2007, 654 = FR 2007, 899. Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 333. Schöneborn, NWB 2015, 2737 (2738); aA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG Rz. 20. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 232.

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F. Einzelnachweise

Rz. 12 § 8 Nr. 1 Buchst. e

Die Fiktion des Anlagevermögens hat sich auch im Geltungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 10 an den betrieblichen Verhältnissen zu orientieren und darf nicht weiter reichen, als es die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet.1 Der BFH hat fiktives AV bei einer Durchführungsgesellschaft verneint, die nur aufgrund auftragsbezogener Weisung über die Teilnahme an einer konkreten Messe beim dortigen Messeveranstalter Flächen anmietet und wiederum anderen Unternehmen zur Nutzung anbietet.2 Nach dem Prüfungsmaßstab eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums an der jeweiligen Messefläche sei angesichts der Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung des Auftraggebers nicht davon auszugehen, dass die Durchführungsgesellschaft entsprechende Flächen ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorgehalten hätte. Mietaufwendungen eines Konzertveranstalters, der regelmäßig wechselnde Veranstaltungsimmobilien anmietet, sollen hingegen der Hinzurechnung unterliegen.3 Die Annahme fiktiven AV werde ebenso wenig durch die Kurzfristigkeit der Anmietung wie durch einen häufigen Wechsel der angemieteten Immobilien oder deren unterschiedliche Größe und Nutzbarkeit ausgeschlossen. Letzteres erscheint uE aufgrund der nur sehr eingeschränkten Vergleichbarkeit der angemieteten Immobilien jedoch zweifelhaft (vgl. hierzu bereits ausf. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 38). Ebenso wie Pkw-Nutzungen im Geltungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG können auch Hotel- 11 nutzungen im Regelfall nicht zu Hinzurechnungen führen. Die Finanzverwaltung will hingegen nur kurzfristige Hotelnutzungen, und auch dies nur im Wege einer „Verwaltungsvereinfachung“, von der Hinzurechnung ausnehmen.4 Besondere Praxisrelevanz kommt in diesem Zusammenhang der Beurteilung der Hotelkosten von Reiseveranstaltern zu. Nachdem die Anmietung von Hotelunterkünften durch Reiseveranstalter früher regelmäßig keine Hinzurechnung auslöste, vertritt die Finanzverwaltung mittlerweile die Auffassung, dass es sich bei der zwischen Veranstalter und Hotelbetreiber geschlossenen Vereinbarung um einen gemischten Vertrag handelt und dass sämtliche der Hotelunterkunft zuzurechnenden Entgelte der Hinzurechnung unterliegen.5 Doch auch für einige Monate erfolgende Anmietungen machen die gebuchten Hotelunterkünfte noch nicht ohne Weiteres zu fiktivem AV. Zutreffend ist darauf hingewiesen worden, dass der Reiseveranstalter kein Hotelier, sondern ein Organisator ist, der Reiseleistungen von Fall zu Fall zusammenstellt, was die Anmietung gerade wechselnder Unterkünfte bedingt.6 Das FG Münster hat gleichwohl entschieden, dass Aufwendungen eines Reiseveranstalters für die zeitweilige Überlassung von Hotels, Hotelzimmern und Hotelzimmerkontingenten regelmäßig der Hinzurechnung unterliegende Mietanteile enthielten.7 Ein Revisionsverfahren ist anhängig.8 Unseres Erachtens ist die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall ausschlaggebend: Sofern der Hoteleinkaufsvertrag des Reiseveranstalters mit dem Hotelier erst dann auftragsbezogen zustande kommt, wenn der Reisende beim Reiseveranstalter eine konkrete Reise bucht und der Reiseveranstalter folgerichtig kein Risiko trägt, vorgehaltene Reiseleistungen nicht absetzen zu können,9 dürfte eine Hinzurechnung aufgrund der Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung durch den Reisenden ebenso wie bei der Anmietung von Messeflächen durch eine Durchführungsgesellschaft10 ausscheiden.

F. Einzelnachweise (ABC der Miet- und Pachtzinsen, Nr. 1 Buchst. d und e) Ausbeutevertrag: Nach der Rspr. des BFH wird das Ausbeuterecht überlassen (BFH v. 8.11.1989 – I 12 R 46/86, BStBl. II 1990, 388 mwN), sodass nach aktueller Gesetzeslage allenfalls eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG in Betracht käme. Zutreffend wird im Schrifttum jedoch darauf hingewiesen, dass Gegenstand der Pacht das Grundstück selbst sei (vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

BFH v. 29.11.1972 – I R 178/70, BStBl. II 1973, 148. BFH v. 25.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388 = FR 2017, 256. BFH v. 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985; kritisch hierzu Schneider/Redeker, DB 2017, 2254. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29b. OFD NRW v. 4.11.2013 – G 1422 - 2013/0023 - St 161, DStR 2014, 373. Klein, DStR 2014, 1321. FG Münster v. 4.2.2016 – 9 K 1472/13 G, EFG 2016, 925. I R 28/16. Laut Schneider/Redeker, DB 2017, 1049 (1051), stellt dies den typischen Hoteleinkaufsvertrag dar. BFH v. 25.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388 = FR 2017, 256.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. e Rz. 12 Hinzurechnungen (Miet- und Pachtzinsen bei Immobilien) Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 13). Vorzugwürdig erscheint daher eine Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG. Automatenvertrag: Sog. Automatenaufstellverträge sind grds. von der Verpachtung von (Gaststätten-)Räumen zu unterscheiden (BFH v. 13.9.2000 – X R 140/97, BFH/NV 2001, 431 mwN). Davon abzugrenzen ist der Automatenvertrag des Inhalts, dass Räume oder sonstige Gebäudeteile zum Betrieb einer Spielhalle überlassen werden, welcher auch dann als Mietvertrag zu qualifizieren ist, wenn das Entgelt in einem Anteil am Umsatz besteht (sog. „Automatenmietvertrag“) (BFH v. 18.4.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359 = FR 2000, 1033 m. Anm. Wendt). Bare-Boat-Charter-Vertrag: Dieser ist nach seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt als Miet- bzw. Pachtvertrag iSd. Vorschrift anzusehen (BFH v. 27.11.1975 – IV R 192/71, BStBl. II 1976, 220). Betriebskosten: Reine Betriebskosten (zB Wasser, Strom, Heizung) sind nicht hinzuzurechnen (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29). Eine volle Hinzurechnung erfolgt hingegen bei sog. Inklusivmieten (Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 343). Betriebsvorrichtung: Diese gehört als selbstständiges WG nach § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG nicht zum Grundvermögen und stellt ein bewegliches WG iSv. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG dar. Doppelstockmodell: Bei der Betriebs-Leasinggesellschaft im Doppelstockmodell sind auch die in den Leasingraten enthaltenen Zinsanteile nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG hinzuzurechnen (FG Ba.-Wü. v. 12.4.2016 – 6 K 3007/15, juris – Rev. I R 29/16). Duldung: Die bloße Duldung stellt noch keine Gebrauchsüberlassung dar (BFH v. 27.11.1975 – IV R 192/71, BStBl. II 1976, 220). Erbbauzinsen: Diese sind rechtlich und wirtschaftlich ein Entgelt für die Überlassung eines Grundstücks zur Nutzung und daher wie Miet- und Pachtentgelte zu behandeln (BFH v. 7.3.2007 – I R 60/06, BStBl. II 2007, 654 = FR 2007, 899; ebenso gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 32). Gemeingebrauch: Es erfolgt keine Hinzurechnung von Zahlungen für über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzungen öffentlicher Straßen und Plätze (BFH v. 31.7.1962 – I 283/61 U, BStBl. III 1962, 476). Gemischter Vertrag: Ein gemischter Vertrag liegt vor, wenn der Vertrag nicht nur miet- und pachtvertragsähnliche Elemente, sondern auch wesentliche, einem Miet- bzw. Pachtvertrag fremde Bestandteile enthält. Bei rechtlich trennbaren Hauptleistungspflichten („Typenkombination“) ist eine Aufteilung vorzunehmen und jeder Vertragsteil separat zu würdigen. Ist eine rechtliche Trennung nicht möglich („Typenverschmelzung“), ist hingegen von einem Vertrag eigener Art auszugehen; eine Hinzurechnung scheidet dann insgesamt aus (BFH v. 23.7.1957 – I 50/55 U, BStBl. III 1957, 306; v. 17.2.1965 – I 174/60 S, BStBl. III 1965, 230). Geschäftswert: Vgl. „Immaterielle Wirtschaftsgüter“. Hotelnutzung: Ebenso wie bei der Kfz-Miete unterbleibt bei kurzfristigen Vertragsverhältnissen eine Hinzurechnung (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29b). Doch auch bei langfristigen Hotelnutzungen ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall ein WG des (fiktiven) AV vorliegt. Die Finanzverwaltung geht bei der Buchung von Hotelunterkünften durch Reiseveranstalter vom Vorliegen gemischter Verträge aus, wobei sämtliche der Hotelunterkunft zuzurechnenden Entgelte der Hinzurechnung unterliegen sollen (OFD NRW v. 4.11.2013 – G 1422 - 2013/0023 - St 161, DStR 2014, 373; so auch FG Münster v. 4.2.2016 – 9 K 1472/13 G, EFG 2016, 925 – Rev. I R 28/16). Sofern der Vertrag zwischen Reiseveranstalter und Hotelier erst nach Buchung durch den Reisenden auftragsbezogen zustande kommt, dürfte eine Hinzurechnung jedoch aufgrund der Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung nicht in Betracht kommen. Immaterielles Wirtschaftsgut: Immaterielle WG (zB Geschäftswert, Kunden- bzw. Mandantenstamm) gehören nicht zu den beweglichen WG und unterfallen somit nicht der Hinzurechnung iSd. Vorschrift. Sie sind daher ggf. iRd. Aufteilung aus dem gezahlten Entgelt auszuscheiden. Sie können jedoch nur dann Gegenstand eines Miet- oder Pachtvertrags sein, wenn für sie ein hinreichend konkretisierter Anteil am Miet- oder Pachtzins gezahlt wird. Instandhaltungskosten: Es ist danach zu differenzieren, ob der Mieter über die bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehende Pflichten vertraglich übernimmt. Erfüllt der Mieter nur seine 380

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F. Einzelnachweise

Rz. 12 § 8 Nr. 1 Buchst. e

gesetzlichen Verpflichtungen, kommt eine Hinzurechnung nicht in Betracht. Gleiches gilt, wenn zwar keine vertragliche Verpflichtung besteht, die Instandhaltung aber im eigenbetrieblichen Interesse durchgeführt wird. Kfz-Miete: Die kurzfristige Anmietung von Fahrzeugen (wohl bis zu einer Woche) führt zu keiner Hinzurechnung (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29b). Auch bei langfristiger Anmietung sind die Kosten für die Haftpflichtversicherung, für die Kaskoversicherung und die Kfz-Steuer nicht hinzuzurechnen, da diese Kosten bereits gesetzlich vom Mieter bzw. Leasingnehmer zu tragen sind oder zumindest in dessen primären Interesse liegen. Ferner dürfte die Eignung als (fiktives) AV regelmäßig fraglich sein. Know-how: Zahlungen für die Überlassung von Know-how sind keine Pachtzinsen iSd. Vorschrift (BFH v. 17.2.1965 – I 174/60 S, BStBl. III 1965, 230; v. 15.6.1983 – I R 113/79, BStBl. II 1984, 17 = FR 1983, 593). Kunden-/Mandantenstamm: Vgl. „Immaterielle Wirtschaftsgüter“. Kurzfristiges Mietverhältnis: Grundsätzlich ist die Dauer des Mietverhältnisses unerheblich. Im Einzelfall ist jedoch zu prüfen, ob ein WG des (fiktiven) AV vorliegt. Nicht der Hinzurechnung unterliegen kurzfristige Hotelnutzungen und kurzfristige Kfz-Anmietungen (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29b). Leerstand: Auch die Mieten für Leerstandszeiten unterliegen der Hinzurechnung, da das Tatbestandsmerkmal „Benutzung“ keinen tatsächlichen Gebrauch voraussetzt, sondern die bloße Nutzungsmöglichkeit ausreicht (Schöneborn, NWB 2015, 2737 [2738]; aA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG Rz. 20). Lizenzvertrag: Dieser enthält wesentliche miet- und pachtfremde Elemente und stellt als Vertrag eigener Art keinen Miet- bzw. Pachtvertrag iSd. Vorschrift dar (BFH v. 17.2.1965 – I 174/60 S, BStBl. III 1966, 230). Eine Hinzurechnung erfolgt nunmehr über § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Logistikdienstleistungen: Logistikverträge stellen Verträge eigener Art dar (Mohr in Bergemann/ Wingler, § 8 GewStG Rz. 256). Messestand: Bei der Anmietung von Messeflächen durch eine Durchführungsgesellschaft liegt angesichts der Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung des Auftraggebers kein fiktives AV vor (BFH v. 25.10.2016 – I R 57/15, BFH/NV 2017, 388 = FR 2017, 256). Netzüberlassung: Das Entgelt für die pachtweise Überlassung eines Netzes oder von Netzteilen (Telekommunikation, Energie, Eisenbahn), das der Netzbetreiber an den Netzeigentümer entrichtet, stellt Pachtzins iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG dar. Soweit sich das Entgelt auf unbewegliche WG bezieht, kommt § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG zur Anwendung (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29c). Eine Hinzurechnung unterbleibt jedoch bei Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur sowie (im Bereich der Telekommunikation) für Teilnehmeranschlussleitungen oder vergleichbare Netzzugänge (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29d); Gleiches gilt im Hinblick auf an Betreiber von Versorgungsnetzen (Strom, Gas) zu entrichtende Netzentgelte (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29e). Öffentlich-rechtlicher Vertragspartner: Ein Miet- oder Pachtvertrag kann auch mit einem öffentlich-rechtlichen Vertragspartner geschlossen werden; hiervon abzugrenzen sind jedoch Zahlungen, die auf der Grundlage eines Verwaltungsakts geleistet werden. In diesem Fall kommt eine Hinzurechnung nicht in Betracht. Personengesellschaft: Bei der Vermietung durch den Gesellschafter an die Gesellschaft liegen Sonderbetriebseinnahmen vor, sodass gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG keine für die Hinzurechnung erforderliche Gewinnminderung vorliegt; bei der Vermietung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an ihren Gesellschafter handelt es sich aufgrund der anteiligen Hinzurechnung der WG an die Gesellschafter insofern für diesen nicht um ein fremdes WG. Rückstellung: Sofern diese steuerrechtlich zulässig gewinnmindernd für einen zukünftigen Aufwand, der vom Grunde her Miet- oder Pachtzinsen darstellt, gebildet werden kann, hat eine Hinzurechnung im Jahr der Rückstellungsbildung zu erfolgen (Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 213; Brokamp in Deloitte, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 22).

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§ 8 Nr. 1 Buchst. f Hinzurechnungen (Konzessions- und Lizenzgebühren) Scheinbestandteil: Ebenso wie Betriebsvorrichtungen gehören Scheinbestandteile iSd. § 95 Abs. 2 BGB zu den beweglichen WG. Schiffe und Flugzeuge: Diese sind bewegliche WG iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG, unabhängig davon, ob sie in das Schiffsregister bzw. in die Luftfahrzeugrolle eingetragen sind oder nicht. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG greift insofern nicht (Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 12; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 216; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1d GewStG Rz. 14). Typenkombinationsvertrag: Enthält ein gemischter Vertrag rechtlich trennbare Hauptleistungspflichten, liegt in Abgrenzung zum Typenverschmelzungsvertrag ein sog. Typenkombinationsvertrag vor, der in seine einzelnen Komponenten zu zerlegen und getrennt rechtlich zu würdigen ist. Typenverschmelzungsvertrag: Es handelt sich um einen Vertrag eigener Art; eine Hinzurechnung scheidet insgesamt aus (vgl. BFH v. 23.7.1957 – I 50/55 U, BStBl. III 1957, 306; v. 17.2.1965 – I 174/60 S, BStBl. III 1965, 230). Untermietvertrag: Er ist Miet- und Pachtvertrag iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. d/e GewStG und stellt keine Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG dar (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 32). Veranstaltungsraum: Aufwendungen eines Konzertveranstalters für die jeweils kurzfristige Anmietung verschiedener Veranstaltungsimmobilien unterliegen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG (BFH v. 8.12.2016 – IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985). Verdeckte Gewinnausschüttung: Die Gewinnminderung wird außerbilanziell wieder hinzugerechnet, weshalb eine gewstl. Hinzurechnung grds. ausscheidet. Weitervermietung: Auch im Falle der Weitervermietung ist eine Hinzurechnung vorzunehmen; eine Saldierung von gezahlten und erhaltenen Mietentgelten kommt nicht in Betracht (BFH v. 8.12.2016 – IV R 55/10, BStBl. II 2017, 722; gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 29a). Zeitchartervertrag: Die Zeitcharter ist kein Miet- oder Pachtvertrag iSd. Hinzurechnungsvorschrift (BFH v. 23.7.1957 – I 50/55 U, BStBl. III 1957, 306; vgl. auch gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 7); vgl. im Gegensatz dazu „Bare-BoatCharter-Vertrag“.

§ 8 Nr. 1 Buchst. f [Konzessions- und Lizenzgebühren] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: 1. Ein Viertel der Summe aus … f) einem Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen). 2Eine Hinzurechnung nach Satz 1 ist nicht vorzunehmen auf Aufwendungen, die nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind, soweit die Summe den Betrag von 100.000 Euro übersteigt; … A. Systematische Einordnung . . . . . . . . . .

1

I. Überblick und Bedeutung der Vorschrift . .

1

B. Umfang der Hinzurechnung („Ein Viertel der Aufwendungen für“) . . . . . .

7

II. Gesetzeszweck . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

I. „Ein Viertel“ der Aufwendungen . . . . . .

7

III. Verfassungs- und europarechtliche Fragen .

4

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II. Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . .

8

III. Das Tatbestandsmerkmal „für“ . . . . . . .

14

A. Systematische Einordnung C. Zeitlich befristete Überlassung von Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16

I. Zeitliche Befristung . . . . . . . . . . . . . .

16

II. Überlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

III. Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzessionen und Lizenzen . . . . . . . . . . 2. Weitere Rechte im Sinne der Nr. 1 Buchst. f a) Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Höchstpersönliche Rechte als Rechte im Sinne der Norm . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung zu ungeschützten geistigen Werten, insbesondere Know-how . . d) Beispiele fehlender Rechteüberlassung . . e) Sonderfall Substanzausbeuteverträge . . 3. Ausnahme: Lizenzen zur Weiterüberlassung (Vertriebslizenzen, Durchleitungsrechte) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22 22 24 24 25 26 27 29

a) b) c) d)

Rz. 1 § 8 Nr. 1 Buchst. f

Überblick und Zweck der Regelung „Lizenzen“ . . . . . . . . . . . . . . . Ausschließliche Berechtigung . . . . Überlassung abgeleiteter Rechte an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

30 33 34

. .

38

D. Keine Hinzurechnung von Aufwendungen, die Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind (Satz 2) . . . .

39

I. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . .

39

II. Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

E. Einzelnachweise (ABC der Rechteüberlassung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literatur: Clemens/Laurent, Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Lizenzzahlungen, DStR 2008, 440; Franke/Gageur, Zweifelsfragen und Anmerkungen zu den gleich lautenden Ländererlassen zu § 8 Nr. 1 GewStG, BB 2008, 1704; Hidien, § 8 Nr. 1 GewStG nF verstößt gegen die europäische Zins/Lizenzgebühren-Richtlinie, DStZ 2008, 131; Hidien, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Know-how-Entgelten nach der Unternehmenssteuerreform 2008, DB 2008, 257; Köster, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen: Die gleich lautenden Ländererlasse zu § 8 Nr. 1 GewStG v. 4.7.2008, DStZ 2008, 703; Schöneborn, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung für die befristete Überlassung von Rechten, NWB 2012, 2952; Ritzer, Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG, DStR 2013, 558; Schöneborn, Durchleitungsrecht iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG, NWB 2014, 3496.

A. Systematische Einordnung I. Überblick und Bedeutung der Vorschrift § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG regelt die Hinzurechnung von Aufwendungen für die zeitlich befristete1 1 Überlassung von Rechten. Dazu sollen nach dem Gesetzestext insbes. Konzessionen und Lizenzen zählen, jedoch nicht Vertriebslizenzen, welche ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen. Somit scheiden Hinzurechnungen auf mehreren Stufen – anders als bei durchgeleiteten Krediten nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG oder weitervermieteten beweglichen oder unbeweglichen WG nach § 8 Nr. 1 Buchst. d bzw. e GewStG – grds. aus.2 Ferner nimmt die Regelung in Satz 2 eine Ausnahme im Hinblick auf Aufwendungen vor, die nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind. Sind die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG erfüllt, erfolgt die Hinzurechnung unabhängig von der gewstl. Behandlung der Zahlungen beim Zahlungsempfänger, sodass es insofern zu Mehrfachbelastungen kommen kann. Im Inlandskonzern kann es sich daher empfehlen, einer Doppelbelastung mit der Begründung einer gewstl. Organschaft entgegenzutreten.3 Der Gesetzgeber geht trotz der regelmäßig unterschiedlichen Laufzeit der einzelnen Rechteüberlassungen pauschalierend von einem Finanzierungsanteil von 25 % aus, welcher wiederum zu einem Viertel der GewSt unterliegt. Im Ergebnis werden somit die Aufwendungen, die bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen wurden, zu 6,25 % wieder hinzugerechnet. Trotz dieses vergleichsweise geringen Hinzurechnungsumfangs kommt der Vorschrift erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu, da eine Vielzahl von Unternehmen wesentlich und zunehmend auf die Überlassung von Rechten (zB im Softwarebereich) angewiesen ist.4 1 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 278, weist zu Recht darauf hin, dass es sich hierbei um eine Tautologie handelt. 2 Vgl. Schöneborn, NWB 2014, 3496 (3497). 3 Vgl. Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 66; Clemens/Laurent, DStR 2008, 440 (441). 4 Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 4; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 271.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. f Rz. 2 Hinzurechnungen (Konzessions- und Lizenzgebühren)

II. Gesetzeszweck 2 Die Hinzurechnung der Aufwendungen für die zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten erfolgt

erst seit dem EZ 2008. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG wurde durch das UntStRefG 2008 v. 14.8.20071 eingefügt und kann – anders als bspw. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG – auf keine Vorgängerregelung zurückblicken. Begründet wurde die Neuregelung damit, dass eine Sachkapitalüberlassung nicht nur durch die Vermietung und Verpachtung von (beweglichen und unbeweglichen) WG möglich sei, sondern auch durch die zeitlich befristete Überlassung von Rechten, auch wenn diese bislang mangels Miet- oder Pachtvertrags nicht erfasst worden seien. So hatte der BFH wiederholt geurteilt, dass Lizenzverträge keine Miet- und Pachtverträge iSd. § 8 Nr. 7 GewStG aF darstellten, da diese regelmäßig wesentliche miet- bzw. pachtfremde Elemente enthielten.2 Insoweit ist zT auch davon ausgegangen worden, dass § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG eine „Lücke“ schließe.3 Der Hinzurechnung eines Teils der Aufwendungen liegt die Grundannahme zugrunde, dass in den getätigten Aufwendungen ein Finanzierungsanteil enthalten ist, welcher aufgrund des Objektsteuercharakters der GewSt zur Gleichstellung eigen- und fremdfinanzierter Unternehmen der Hinzurechnung zu unterliegen habe. Anders verhalte es sich aber gerade bei Vertriebslizenzen, bei denen der Lizenznehmer wirtschaftlich die Stellung eines Handelsvertreters innehabe. Eine Hinzurechnung sei in diesen Fällen daher nicht gerechtfertigt.4 Die Überlegungen des Gesetzgebers sind zT so verstanden worden, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine Vorfinanzierung des Lizenznehmers durch den Lizenzgeber erfolge, indem dem Lizenznehmer darlehensähnlich Know-how zur Verfügung gestellt werde, welches den Lizenznehmer in die Lage versetze, seinen Betrieb zu bewirtschaften.5 Diese vom Gesetzgeber getroffenen Grundannahmen werden zu Recht infrage gestellt. Es erscheint nämlich durchaus zweifelhaft, ob Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten im Regelfall überhaupt einen Finanzierungsanteil enthalten.6 Dabei ist zu bedenken, dass alternativ zur befristeten Rechteüberlassung in einer Vielzahl der Fälle ein Kauf denknotwendig gar nicht in Betracht kommt. Dies wird insbes. am Beispiel der Konzessionen deutlich: Ein Eigentumserwerb an dem öffentlichen Recht ist rechtlich nicht möglich.7 Dies gilt gleichermaßen für Lizenzzahlungen, die sich auf nicht veräußerbare Rechte, wie Urheberrechte oder das Recht am eigenen Bild, beziehen.8 Sofern dem entgegnet wird, dass auch in Fällen der Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen ein Eigentumserwerb häufig nicht möglich sei, zB weil der Eigentümer zu keiner Veräußerung bereit sei,9 wird verkannt, dass sich (im Bereich der Hinzurechnungsbesteuerung durchgängig vorgenommene) Typisierungen eben auch am typischen Fall zu orientieren haben: Ein Kauf eines betrieblichen Grundstücks stellt zu dessen Anmietung grds. immer eine Alternative dar, auch wenn ein konkret ins Auge gefasstes Grundstück faktisch am Markt nicht erhältlich sein sollte; der Erwerb eines öffentlichen Rechts ist hingegen immer zwingend ausgeschlossen. Sofern eine Gleichstellung fremdfinanzierter Unternehmen mit eigenfinanzierten Unternehmen gesetzgeberisches Ziel (und Rechtfertigung für die Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips) ist, bedürfte es der Hinzurechnung jedenfalls nicht, da sich die Situation für alle Unternehmen insofern zwingend gleich darstellt. Für das Bestehen eines Finanzierungsanteils in den getätigten Aufwendungen wird angeführt, dass der Inhaber eines Rechts bei der Entgeltkalkulation regelmäßig berücksichtigen werde, wann die Beträge, die er zur Erlangung und Aufrechterhaltung des Rechts aufgewendet hat oder noch aufwenden muss, an ihn zurückfließen, und welche Erträge er hätte erzielen können, wenn er das zur Deckung der Aufwendungen eingesetzte Eigenund Fremdkapital zinsbringend angelegt hätte.10 Auf den Fall der Konzessionen oder der Überlassung nicht veräußerbarer Rechte erscheinen diese Überlegungen jedoch schon deshalb nicht anwendbar, da 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

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BGBl. I 2007, 1912. BFH v. 17.2.1965 – I 174/60 S, BStBl. III 1965, 230; v. 14.2.1973 – I R 85/71, BStBl. II 1973, 412. Köster, DStZ 2008, 703 (707). BT-Drucks. 16/4841, 80. Clemens/Laurent, DStR 2008, 440 (441); Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 63. Verneinend etwa Rödder, Beihefter zu DStR 40/2007, 2 (12); Neu/Schiffers/Watermeyer, GmbHR 2007, 421 (431). Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 63. Franke/Gageur, BB 2008, 1704 (1708). Neumann, Ubg 2008, 585 (592); Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 271. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 271.

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A. Systematische Einordnung

Rz. 4 § 8 Nr. 1 Buchst. f

der Rechteinhaber im Regelfall gar keine Eigen- oder Fremdkapital aufzehrenden Aufwendungen getätigt haben dürfte. Weiterhin beabsichtigte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG – neben 3 der Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage der GewSt bei gleichzeitiger Verringerung des Hinzurechnungssatzes zur Verstetigung des Steueraufkommens1 – Steuergestaltungen entgegenzutreten, die darauf abzielen, Steuersubstrat mithilfe von Lizenzzahlungen von Deutschland ins Ausland zu verlagern. Ausgelöst wurden die entsprechend angestellten Überlegungen durch einen in Deutschland tätigen Kaufhauskonzern, dessen Filialen als jeweils selbstständige KapGes. für die Namensnutzung Lizenzgebühren an die ausländische Muttergesellschaft entrichteten (daher sog. „lex Ikea“).2 Die gewstl. Hinzurechnung des Finanzierungsanteils in den gezahlten Lizenzgebühren wurde als geeignete Maßnahme angesehen, derartige Gewinnverlagerungen einzudämmen.3 Insofern ist § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG auch als Pendant zu der ebenfalls mit dem UntStRefG 2008 eingeführten Zinsschranke (§ 4f EStG, § 8a KStG) zu sehen, welche jedoch die Konstellation der Gewinnverlagerung durch Lizenzzahlungen an einen ausländischen Lizenznehmer nicht zu erfassen vermag. Mit der Zinsschranke hat die Regelung in § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG gemein, dass sie ungeachtet dieser Zielsetzung nicht auf den grenzüberschreitenden Sachverhalt begrenzt ist, sondern in der Praxis mehrheitlich reine Inlandsfälle erfasst.4

III. Verfassungs- und europarechtliche Fragen Ebenso wie an § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG werden auch an der Regelung des § 8 Nr. 1 Buchst. f 4 GewStG verfassungsrechtliche Zweifel geäußert. Diese beziehen sich auf einen angenommenen Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG und dem Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung folgende Leistungsfähigkeitsprinzip.5 Ein solcher Verstoß könne auch vor dem Hintergrund des Objektsteuerprinzips nicht gerechtfertigt werden, da sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung des Finanzierungsanteils nicht am typischen Fall orientiert habe, was aber bei der Verwendung von Typisierungen erforderlich sei.6 Obwohl dem Gesetzgeber im Bereich der gewstl. Hinzurechnung ein weitreichender Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum zuzugestehen ist,7 sind diese Einwände im Hinblick auf die Hinzurechnung von Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten nicht von der Hand zu weisen. Problematisch ist dabei weniger die Tatsache, dass der Gesetzgeber trotz der regelmäßig völlig unterschiedlichen Laufzeit der einzelnen Rechteüberlassungen den Finanzierungsanteil pauschal mit 25 % angesetzt hat,8 vielmehr stellt sich die Frage, ob in den Aufwendungen für die Überlassung jedenfalls der Rechte, bei denen alternativ ein Rechteerwerb nicht in Betracht kommt, überhaupt ein Finanzierungsanteil enthalten ist (s. Rz. 7). Sofern und soweit dies nicht der Fall ist, kann das Leistungsfähigkeitsprinzip jedenfalls nicht mit der Begründung eingeschränkt werden, dass dies aufgrund des Objektsteuerprinzips und der angestrebten Gleichbehandlung fremd- und eigenfinanzierter Unternehmen geboten sei. Die Regelung kann darüber hinaus auch nicht mit dem Zweck der Missbrauchsabwehr gerechtfertigt werden. Dies scheidet schon deshalb aus, weil die Regelung – insofern ebenso wie die Zinsschranke – zur Vermeidung unionsrechtlicher Friktionen auch den reinen Inlandsfall erfasst, obwohl hier eine das deutsche Besteuerungssubstrat gefährdende Gewinnverlagerung nicht denkbar ist.9 1 2 3 4 5 6 7 8 9

BT-Drucks. 16/4841, 32. Vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 4. BT-Drucks. 16/4841, 31. Vgl. Schöneborn, NWB 2014, 3496. Vgl. FG Hbg. v. 29.2.2012 – 1 K 138/10, EFG 2012, 960 in seiner Vorlage zum BVerfG im Hinblick auf § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG, welche jedoch als unzulässig erachtet wurde (BVerfG v. 15.2.2016 – 1 BvL 8/12, BStBl. II 2016, 557). Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 5. Vgl. BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser zu § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG. Dieses Problem hat der Gesetzgeber selbst gesehen, vgl. BT-Drucks. 16/4841, 80. Vgl. zu Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des § 4h EStG BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BStBl. II 2014, 947 = FR 2014, 560 m. Anm. Hick.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. f Rz. 5 Hinzurechnungen (Konzessions- und Lizenzgebühren) 5 Das BVerfG hat in der Vergangenheit zwar immer wieder die Verfassungskonformität der GewSt als

solche und auch einzelner Hinzurechnungsvorschriften festgestellt.1 Mit den speziell mit § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG verbundenen Fragen hat es sich jedoch bislang nicht auseinandersetzen müssen. Der BFH hat hingegen mittlerweile auch explizit im Hinblick auf § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG deutlich gemacht, dass für ihn verfassungsrechtliche Zweifel an der Vorschrift nicht bestehen.2 Dabei trifft er aber unter Verweis auf die früheren Entscheidungen des BVerfG im Wesentlichen Aussagen zur Frage der Zulässigkeit der iRd. Hinzurechnungsvorgaben gesetzlich festgelegten Typisierungen an sich. Zur Frage, ob und inwieweit von einem Finanzierungsanteil in den Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten ausgegangen werden kann, hat er hingegen nicht Stellung genommen. 6 Ferner wurde in der Vergangenheit die Vereinbarkeit der Vorschrift mit dem Europarecht in Zweifel ge-

zogen. Ebenso wie in der Regelung des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG wurde vielfach ein Verstoß gegen die Zins-/Lizenzrichtlinie3 gesehen.4 Im Hinblick auf die Hinzurechnung von Schuldentgelten hat der EuGH aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des BFH5 zu § 8 Nr. 1 GewStG aF die Hinzurechnung auch im grenzüberschreitenden Bereich unionsrechtlich nicht beanstandet.6 Der EuGH führte aus, dass die Richtlinie darauf abziele, eine rechtliche Doppelbesteuerung grenzüberschreitender Zinszahlungen zu verhindern, indem sie eine Besteuerung der Zinsen im Quellenstaat zulasten des Nutzungsberechtigten dieser Zinsen verbietet. Sie betreffe somit ausschließlich die stl. Situation des Zinsgläubigers. Die Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts über die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung des Zinszahlers wie die Regelungen über die Abziehbarkeit bestimmter Aufwendungen und deren Natur gehörten hingegen zur Steuerpolitik der Mitgliedstaaten. Auf der Grundlage der vom EuGH getroffenen Aussagen können auch an der Unionsrechtskonformität des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG keine Zweifel mehr bestehen.7

B. Umfang der Hinzurechnung („Ein Viertel der Aufwendungen für“) I. „Ein Viertel“ der Aufwendungen 7 Nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG ist lediglich ein Viertel der Aufwendungen hinzuzurechnen. Damit

unterliegen (vorbehaltlich des Eingreifens des Hinzurechnungsfreibetrags) effektiv 6,25 % der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten der Belastung mit GewSt. Die Begrenzung der hinzuzurechnenden Aufwendungen auf ein Viertel zielt auf die Erfassung des Finanzierungsanteils in den Aufwendungen ab, da die gewstl. Hinzurechnung vor dem Hintergrund des Objektsteuerprinzips die Gleichstellung eigen- und fremdfinanzierter Unternehmen bezweckt. Weshalb der Gesetzgeber im Wege der Typisierung den Finanzierungsanteil ausgerechnet auf ein Viertel taxiert hat, wird in den Gesetzesmaterialien nicht offengelegt. In der Gesetzesbegründung findet sich lediglich der Hinweis, dass der Finanzierungsanteil „trotz der regelmäßig unterschiedlichen Laufzeit der einzelnen Rechteüberlassungen“ […] „gleichwohl einheitlich mit 25 Prozent des zu zahlenden Entgelts pauschaliert“ werde.8 Eine Begründung für die pauschale Festlegung auf einen bestimmten Finanzierungsanteil dürfte allerdings auch schwerfallen, zumal gewichtige Argumente dafür streiten,

1 BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 = FR 2008, 818 m. Anm. Keß; v. 29.8.1974 – 1 BvR 67/73, HFR 1974, 498; v. 13.5.1969 – 1 BvR 25/65, BStBl. II 1969, 424. 2 BFH v. 12.1.2017 – IV R 55/11, BStBl. II 2017, 725; v. 16.10.2012 – I B 128/12, BStBl. II 2013, 30 = FR 2013, 185 m. Anm. Keß; vgl. auch BFH v. 31.1.2012 – I R 105/10, BFH/NV 2012, 996. 3 RL 2003/49/EG v. 3.6.2003, ABl. EG 2003 Nr. L 157, 49. 4 Hidien, DStZ 2008, 131; Dörr/Fehling, NWB 2007 Fach 2, 9375 (9385); vgl. auch Kessler/Eicker/Schindler, IStR 2004, 678. 5 BFH v. 27.5.2009 – I R 30/08, BFH/NV 2009, 2059 = FR 2010, 139. 6 EuGH v. 21.7.2011 – Rs. C-397/09 – Scheuten Solar Technology GmbH, BStBl. II 2012, 528. 7 Ebenso FG Köln v. 16.6.2016 – 13 K 1014/13, BB 2016, 2198; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 3; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 6; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 31; Keß, SteuK 2011, 326. 8 BT-Drucks. 16/4841, 80.

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B. Umfang der Hinzurechnung

Rz. 11 § 8 Nr. 1 Buchst. f

dass in den Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten jedenfalls im Hinblick auf Rechte, bei denen ein Rechteerwerb als Alternative ausscheidet, überhaupt kein Finanzierungsanteil enthalten ist (vgl. hierzu und den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen Rz. 4).

II. Aufwendungen Der Begriff der Aufwendungen ist weit zu verstehen und umfasst grds. alle Gegenleistungen, die der 8 Berechtigte für die Überlassung des Rechts erbringt. Diese Leistungen können sowohl einmalig als auch wiederkehrend sein. Eine Gegenauffassung will nur direkt zurechenbare Aufwendungen iSv. Entgelten als erfasst ansehen und argumentiert damit, dass der Begriff der „Aufwendungen“ in § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG im Vergleich zu den anderen Hinzurechnungstatbeständen des § 8 Nr. 1 GewStG nur deshalb allgemeiner formuliert sei, da die große Bandbreite möglicher verschiedener Ausformungen der zeitlich befristeten Rechteüberlassung erfasst werden sollte. Die Hinzurechnungstatbestände müssten aber einheitlich aufgefasst werden. Diese Auffassung verkennt, dass auch bei den anderen Hinzurechnungstatbeständen trotz der vergleichsweise engeren Definitionen eine weitreichende Hinzurechnung erfolgt. So verwendet § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG zwar den im Vergleich zu „Aufwendungen“ konkreteren Begriff der „Miet- und Pachtzinsen“, doch umfasst dieser Begriff grds. ebenso alle Gegenleistungen, die der Mieter oder Pächter für die Überlassung des WG tätigt (vgl. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 8). Aufwendungen iZm. Konzessionen sind in erster Linie die Konzessionsabgaben. Diese sind zB von 9 den Nebenbetrieben der Autobahnen (Tankstellen, Raststätten etc.) nach § 15 Abs. 3 FernStrG oder von Energieversorgungsunternehmen für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen nach der Konzessionsabgabenverordnung (KAV) zu leisten. Dabei unterliegen Konzessionsabgaben für die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen in voller Höhe der Hinzurechnung und werden nicht mehr (wie noch nach Abschn. 53 Abs. 5 Satz 8 GewStR 1998 bis einschließlich EZ 2008) in eine Grundstücksüberlassung und in eine Überlassung von beweglichen WG aufgeteilt.1 Darüber hinaus können Gebühren für die Erteilung der Konzessionen anfallen.2 Im Zusammenhang mit Lizenzen zählen primär die vereinbarten Lizenzentgelte zu den Aufwendungen. Neben diesen regelmäßig anfallenden Aufwendungen sind aber auch alle Aufwendungen zur Aufrechterhaltung des überlassenen Rechts von der Hinzurechnung zu erfassen, bspw. Verlängerungsgebühren für ein Patent.3 Nicht zu den hinzuzurechnenden Aufwendungen zählen hingegen Zahlungen, die aufgrund der 10 Verletzung von Rechten, insbes. wegen Patentverletzungen, zu erbringen sind.4 In diesen Fällen fehlt es an einer „Überlassung“ der Rechte. Ebenso wie im Anwendungsbereich von § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG die bloße Duldung noch keine Gebrauchsüberlassung darstellt,5 kann auch (erst recht) die Nutzung des geschützten Rechts gegen den Willen des Rechteinhabers nicht zu einer Hinzurechnung führen. Dies führt zwar zu einer gewstl. Privilegierung des „Patentverletzers“ gegenüber dem „ehrlichen Patentnutzer“,6 dies muss aber auf Basis der aktuellen Gesetzesfassung angesichts des insoweit eindeutigen Gesetzeswortlauts hingenommen werden. Unerheblich ist, ob die Zahlungen an die Person geleistet werden, welche dem StPfl. das Recht über- 11 lassen hat, oder an einen Dritten. So unterfällt auch der Steuerabzug in grenzüberschreitenden Fällen (vgl. § 50 Abs. 1 Nr. 3 EStG) der Hinzurechnung, da es sich wirtschaftlich um Lizenzaufwand handelt. Die Zahlung erfolgt nämlich für Rechnung des Lizenzgebers, welcher Steuerschuldner ist (vgl. § 50a Abs. 5 EStG). Ob die Steuer dem Lizenzgeber im Anschluss erstattet wird, ist für die Frage der Hinzurechnung unerheblich.7

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Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 36. Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 18. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 295. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 299; Mohr, DStR 2013, 1580 (1582 ff.). BFH v. 27.11.1975 – IV R 192/71, BStBl. II 1976, 220. So Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2960). Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2959).

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§ 8 Nr. 1 Buchst. f Rz. 12 Hinzurechnungen (Konzessions- und Lizenzgebühren) 12

Wie bei allen anderen Hinzurechnungstatbeständen sind auch Zuführungen zu Rückstellungen Gegenstand der Hinzurechnung.1 Dies ist konsequent, da die Hinzurechnung in dem Wj. zu erfolgen hat, in welchem der stl. Gewinn gemindert wurde. Die Rückstellung muss aber zulässig gebildet worden und auf den entsprechenden Hinzurechnungstatbestand gerichtet sein, dh., eine Hinzurechnung kommt naturgemäß nicht in Betracht, wenn die Rückstellung für einen zukünftigen Aufwand gebildet wurde, der nicht zu den Aufwendungen iSd. jeweiligen Hinzurechnungsvorschrift gehört. Aus diesem Grunde führen Patentverletzungsrückstellungen nicht zu einer Hinzurechnung (vgl. Rz. 10).2

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Eine Saldierung von Aufwendungen und mit dem überlassenen Recht erzielten Erträgen kommt nicht in Betracht.3 Teilweise wird jedoch vertreten, dass von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen sei, wenn zwischen der Überlassung an den StPfl. und der Überlassung durch den StPfl. ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass die Rechteüberlassung als Einheit anzusehen ist. Dies solle zB bei Unterlizenzen bzw. Rücklizenzen der Fall sein.4 Diese Auffassung ist jedoch vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt. Das Gesetz bezieht sich ausdrücklich auf die Aufwendungen und nicht etwa auf den Saldo der Aufwendungen.5 Insofern ist die Situation eine andere als bei den wechselseitig gegebenen Darlehen, welche im Rahmen von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG als einheitliches Darlehensschuldverhältnis zu beurteilen sind.

III. Das Tatbestandsmerkmal „für“ 14

Die Verwendung der Präposition „für“ bedeutet nicht, dass die getätigten Aufwendungen unmittelbare Gegenleistung für die Einräumung des Rechts sein müssen. Ausgehend vom Gesetzeszweck kommt es nicht darauf an, ob die Aufwendungen zielgerichtet im Hinblick auf die Nutzung („Zahlung, um zu nutzen“) oder ursächlich aufgrund der Nutzung des Rechts („Zahlung, weil genutzt wird“) entstehen. Ausreichend ist, dass die Aufwendungen dafür geleistet werden, dass das Recht auch in Zukunft berechtigterweise überlassen wird und dies die Fortführung der entsprechenden betrieblichen Betätigung sicherstellt.6 Von diesen Grundsätzen ausgehend zählen auch Provisionen für die Vermittlung der Rechteüberlassung und Beratungskosten iZm. der Überlassung zu den Aufwendungen.7

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Der Hinzurechnung unterliegen allerdings nur die Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Eine Aufteilung ist daher vorzunehmen, wenn durch Vertrag sowohl Rechte iSd. Norm als auch andere ungeschützte Rechte (zB ein Kundenstamm) gegen Zahlung eines einheitlichen Entgelts überlassen werden. Dies ist regelmäßig bei Franchise-Verträgen der Fall, bei denen neben der Marke auch nicht in den Anwendungsbereich des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG fallendes Know-how überlassen wird.8 Eine Aufteilung hat ggf. im Schätzwege zu erfolgen, sofern die Verträge keinen anderen Aufteilungsmaßstab zur Verfügung stellen.9 Um eine solche Schätzung zu vermeiden, wird eine (schlüssige) Aufteilung des Gesamtentgelts im Vertrag empfohlen.10 Ferner sind auch im Rahmen von § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG, wie bei allen Hinzurechnungstatbeständen, die für gemischte Verträge geltenden Grundsätze zu beachten: Enthält der Vertrag (neben der zeitlich befristeten Überlassung von Rechten) Vereinbarungen über weitere Leistungskomponen1 Ritzer, DStR 2013, 558 (559); gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 2. 2 AA Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 18; unentschieden Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2960 f.). 3 Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 27; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 16; Neu/Schiffers/Watermeyer, GmbHR 2007, 421 (431). 4 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 307; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 64. 5 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 16; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 2. 6 BFH v. 31.1.2012 – I R 105/10, BFH/NV 2012, 996. 7 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 295; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 18; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 12; Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 408. 8 Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2956 f.). 9 BFH v. 12.1.2017 – IV R 55/11, BStBl. II 2017, 725 (nur Ls. veröffentlicht); vgl. auch die Vorinstanz FG Sachs. v. 28.9.2011 – 8 K 239/11, DStRE 2012, 1526; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 18. 10 Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2953).

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C. Zeitlich befristete Überlassung von Rechten

Rz. 18 § 8 Nr. 1 Buchst. f

ten und sind diese trennbar, so ist jede Komponente für sich zu beurteilen. Scheidet eine solche Trennung aus, soll es nach Auffassung der Finanzverwaltung für die Hinzurechnung darauf ankommen, welche Komponente dem Gesamtvertrag das Gepräge gibt.1 Es dürfte jedoch in solchen Fällen vielmehr von einem Vertrag „eigener Art“ auszugehen sein, welcher insgesamt nicht der Hinzurechnung unterliegt (vgl. im Einzelnen § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 23).

C. Zeitlich befristete Überlassung von Rechten I. Zeitliche Befristung Die Überlassung von Rechten führt nur dann zur Hinzurechnung, wenn sie zeitlich begrenzt ist. Die 16 Hinzurechnung soll in Abgrenzung hierzu laut Gesetzesbegründung nicht erfolgen, wenn eine endgültige Überlassung von Rechten iSd. Einräumung oder Übertragung des Rechts vereinbart ist.2 Zwar ist die Formulierung in § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG („zeitlich befristet“) eine andere als in § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG („zeitlich begrenzt“), jedoch ist damit keine inhaltliche Abweichung verbunden. Aus diesem Grunde können die im Rahmen von § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG aufgestellten Grundsätze zur Auslegung von § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG herangezogen werden.3 Die Rspr. legt den Begriff der zeitlich begrenzten Überlassung in § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG dabei sehr weit aus.4 Eine solche soll bspw. selbst dann vorliegen, wenn bei Vertragsschluss noch ungewiss ist, ob und wann die Überlassung endet.5 Dies ist zB dann der Fall, wenn eine auflösende Bedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB vereinbart ist.6 Dementsprechend ist es für die Annahme einer zeitlichen Befristung in Abgrenzung zur endgültigen 17 Überlassung auch ausreichend, wenn ein Verwertungsrecht nur für eine bestimmte Anzahl von Verwertungshandlungen eingeräumt wird, wenn bspw. die Befugnis zur Herstellung nur einer bestimmten Menge eines durch ein Patent geschützten Produkts eingeräumt wird.7 Es reicht m.a.W. aus, dass die Befristung sowohl dem Grunde als auch der Dauer nach, wenn auch nicht bestimmt, so doch bestimmbar ist.8 Eine zeitlich befristete Überlassung liegt hingegen nicht vor, wenn das überlassene Recht dem durch 18 Vertrag Berechtigten endgültig verbleibt9 oder ein Rückfall des Rechts kraft Gesetzes oder kraft Vertrags nicht in Betracht kommt.10 Gleiches gilt, wenn das wirtschaftliche Eigentum auf den Berechtigten übergeht, da in einem solchen Fall stl. von einer Veräußerung und nicht von einer Überlassung auszugehen ist.11 Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen, wenn dieser den zivilrechtlichen Eigentümer während der gewöhnlichen Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das WG ausschließen kann. Dies kann bereits bei einer relativ kurzfristigen Überlassung der Fall sein.12 So führt die Überlassung der Rechte am Logo einer Eishockey-Weltmeisterschaft zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, wenn sich die Überlassung auf die Zeit der Weltmeisterschaft erstreckt.13 Die Finanzverwaltung führt als Beispiel für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums einen Verlagsvertrag an, dessen Vertragslaufzeit die gesamte Schutzfrist des Rechts umfasst. Darüber hinaus soll 1 2 3 4 5

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Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 6 f. BT-Drucks. 16/4841. Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 30; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 16. Vgl. Kulosa in H/H/R, § 21 EStG Anm. 151. BFH v. 23.4.2003 – IX R 57/99, BFH/NV 2003, 1311; v. 1.12.1982 – I B 11/82, BStBl. II 1983, 367; v. 7.12.1977 – I R 54/75, BStBl. II 1978, 355 = FR 1978, 200; so nun auch die Finanzverwaltung im Hinblick auf § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG in gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 37 unter Verweis auf die Rspr. des BFH zu § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG. BFH v. 1.12.1982 – I B 11/82, BStBl. II 1983, 367 = FR 1983, 202. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 279. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 9. BFH v. 27.2.1975 – III 64/74, BStBl. II 1976, 529. BFH v. 23.5.1979 – I R 163/77, BStBl. II 1979, 757. Vgl. BFH v. 16.5.2001 – I R 64/99, BStBl. II 2003, 641 = FR 2002, 102. Ritzer, DStR 2008, 1613 (1620). FG München v. 14.11.2005 – 7 K 3705/03, EFG 2006, 285.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. f Rz. 19 Hinzurechnungen (Konzessions- und Lizenzgebühren) ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums aber auch dann vorliegen, wenn zwar eine kürzere Vertragslaufzeit gewählt wird, jedoch bei Vertragsschluss davon ausgegangen werden kann, dass sich das Recht während der Dauer der Überlassung verbraucht.1 Diese Auffassung ist grds. zutreffend, auch wenn ein vollständiger Verbrauch des Rechts wohl nur in Ausnahmefällen angenommen werden kann. Die von der Finanzverwaltung getroffenen Aussagen sind auf andere Schutzrechte mit zeitlich begrenzten Schutzfristen – wie zB Patente – übertragbar.2 19

Von erheblicher Praxisrelevanz ist die Frage nach dem wirtschaftlichen Eigentum iZm. der Überlassung von Software. Wird Standardsoftware (im Regelfall gegen eine Einmallizenz) überlassen, geht das wirtschaftliche Eigentum regelmäßig auf den Nutzer über, und zwar unabhängig davon, ob es sich aus bilanzsteuerlicher Sicht um ein Trivialprogramm handelt oder nicht.3 Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG scheidet damit aus. Dies gilt auch für den Aufwand aus laufenden Wartungs- und Serviceverträgen, die iZm. der Softwarelizenz abgeschlossen werden.4 Auch die Anschaffung von Spezialsoftware, die eines Customisings (dh. einer speziellen Anpassung an die Bedürfnisse des jeweiligen Nutzers) bedarf, ist mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Berechtigten verbunden.5

II. Überlassung 20

Das Tatbestandsmerkmal der Überlassung ist weit zu verstehen und erfasst daher die Einräumung von Rechten sowohl auf privatrechtlicher als auch auf öffentlich-rechtlicher Grundlage.6 Auch Zwangslizenzen (vgl. § 24 PatG oder § 20 GebrMG) können damit zeitlich befristet überlassen sein.7 Erfolgt die Überlassung, wie zB bei Konzessionen, auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage, ist es wiederum unerheblich, ob dies durch Verwaltungsakt oder durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geschieht.8 Zumeist werden Lizenzen durch privatrechtliche Verträge überlassen. Als weitere Rechtsgrundlagen, auf denen die Überlassung beruhen kann, kommen so unterschiedliche Vertragstypen wie Verlagsverträge, Aufführungs-, Bearbeitungs- und Werkherstellungsverträge sowie Tarifverträge für freie Journalisten, Film- und Fernsehschaffende in Betracht.9 Die Überlassung von Namensrechten sowie die Überlassung des Rechts am eigenen Bild erfolgt durch die Erteilung einer schuldrechtlich wirkenden Gestattung.10

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Wird das Recht in der oben geschilderten Weise überlassen, ist es unerheblich, ob es tatsächlich im Gewerbebetrieb des Berechtigten genutzt wird oder nicht.11 Einwänden, dass eine Hinzurechnung dem Sinn und Zweck der Vorschrift widerspräche, wenn sich das Recht als nicht sinnvoll nutzbar oder sonst wertlos erwiesen hätte,12 kann angesichts des klaren Gesetzeswortlauts nicht gefolgt werden. Das Gesetz stellt einzig und allein darauf ab, ob das Recht zur Nutzung überlassen wird, differenziert aber nicht nach der weiteren Verwendung.

1 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 38. 2 Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 32. 3 Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2955); Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 36; Mohr in Bergemann/ Wingler, § 8 GewStG Rz. 380; Ritzer, DStR 2013, 558 (564). 4 Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2955). 5 Ritzer, DStR 2013, 558 (564), unter Verweis auf das BMF-Schreiben betr. die bilanzsteuerrechtliche Beurteilung von Aufwendungen zur Einführung eines betriebswirtschaftlichen Softwaresystems (ERP-Software) v. 18.11.2005, BStBl. I 2005, 1025. 6 Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 380. 7 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 281. 8 Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 15. 9 Vgl. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 281. 10 Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 15 mwN. 11 So iErg. auch Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 296; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 13; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 17. 12 Vgl. zu dieser Kritik Güroff in Glanegger/Güroff, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 13; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 17.

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C. Zeitlich befristete Überlassung von Rechten

Rz. 24 § 8 Nr. 1 Buchst. f

III. Rechte 1. Konzessionen und Lizenzen Eine Definition, was „Rechte“ iSd. Vorschrift sein sollen, gibt das Gesetz dem Anwender nicht an die 22 Hand. Lediglich beispielhaft führt es Konzessionen und Lizenzen als von der Regelung erfasste Rechte an. Eine Konzession ist eine befristete und durch öffentlich-rechtlichen Hoheitsakt verliehene Erlaubnis zur Ausübung einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit oder zur Nutzung einer öffentlichen Sache.1 Dazu gehören zB UMTS-Lizenzen, bergrechtliche Gewinnungsberechtigungen und Verkehrslizenzen.2 Öffentlich-rechtlich reguliert und einer Konzession bedürftig sind ua. die Apotheken (§ 1, 2 Apothekengesetz), gewerbsmäßige Briefbeförderungsleistungen (§ 5 PostG), die Gaststätten (§ 2 GastG), Hebammen (§ 1 Hebammengesetz), Heilpraktiker (§ 1 Heilpraktikergesetz), Kreditunternehmen (§ 32 KWG), Maklergewerbe (§ 34c GewO), Personenbeförderungen gegen Entgelt (§ 13 Personenbeförderungsgesetz) und Versicherungsunternehmen (§ 5 VAG).3 Ferner können Konzessionen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen vergeben werden.4 Diese werden insbes. von Strom-, Gasund Wasserversorgern für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen benötigt.5 Auch die Erlaubnis zur Veranstaltung oder Durchführung eines öffentlichen Glücksspiels ist als Konzession anzusehen.6 Unter einer Lizenz ist die vom Lizenzgeber dem Lizenznehmer privatrechtlich eingeräumte Befugnis 23 zu verstehen, Rechte oder Werte zu nutzen.7 Rechte, die durch eine Lizenz überlassen werden, sind insbes. Gebrauchsmuster (§ 22 Abs. 2 GebrMG), Geschmacksmuster (§ 31 GeschmMG), Marken (§ 30 Abs. 1 MarkenG), Patente (§ 15 Abs. 2 PatG), Sortenschutzrechte (§ 11 SortSchG) und Urheberrechte (§ 31 UrhG). Franchise-Verträge beinhalten regelmäßig die Überlassung einer Marke, umfassen allerdings noch zusätzliche Leistungen.8 In der Praxis bedeutsam ist ferner die Überlassung von Software, welche zu einer Hinzurechnung führen kann, wenn aufseiten des Überlassenden eine geschützte Rechtsposition, zB ein Urheberrecht, besteht.9 Zwangslizenzen (vgl. § 24 PatG, § 20 GebrMG) zählen ebenfalls zu den die Hinzurechnung begründenden Lizenzen, da es für Zwecke des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG keinen Unterschied macht, ob die Überlassung auf privatrechtlicher oder auf öffentlich-rechtlicher Basis erfolgt (vgl. Rz. 20). 2. Weitere Rechte im Sinne der Nr. 1 Buchst. f a) Definitionen Die beispielhafte („insbesondere“) Erwähnung von Konzessionen und Lizenzen im Gesetz macht 24 deutlich, dass auch weitere Rechte von der Hinzurechnungsvorschrift erfasst werden. Nach der Verwaltungsauffassung gelten als Rechte iSd. Norm subjektive Rechte an immateriellen WG, denen bereits unabhängig vom jeweiligen Überlassungsverhältnis ein eigenständiger Vermögenswert beizumessen ist und an denen eine geschützte Rechtsposition besteht.10 Der BFH hat die Rechte iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG ähnlich definiert als Immaterialgüterrechte (dh. subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbstständigem Vermögenswert), die eine Nutzungsbefugnis und entsprechende Abwehrrechte enthalten.11 An einer solchen Nutzungs- und Abwehrbefugnis an einem unkörperlichem Gut mit 1 2 3 4 5 6 7 8 9

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Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl. 2016, § 266 Rz. 5. Reiners/Haußer in MünchKomm HGB, Band 4, 3. Aufl. 2013, § 266 Rz. 27. Vgl. die ausführliche Auflistung bei Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 10. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 35 f. Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 63. BFH v. 31.1.2012 – I R 105/10, BFH/NV 2012, 996 zu §§ 3 und 4 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes. Reiners/Haußer in MünchKomm HGB, Band 4, 3. Aufl. 2013, § 266 Rz. 27. Vgl. Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2956 f.). Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 33; Ritzer, DStR 2013, 558 (564), weist aber zu Recht darauf hin, dass eine Hinzurechnung auch nach Verwaltungsauffassung ausgeschlossen ist, wenn das wirtschaftliche Eigentum an der Software auf den Nutzenden übergeht, weshalb der Erwerb von Standardsoftware ebenso wenig betroffen ist wie die Anschaffung von Spezialsoftware, die eines Customisings bedarf. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 33. BFH v. 31.1.2012 – I R 105/10, BFH/NV 2012, 996.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. f Rz. 25 Hinzurechnungen (Konzessions- und Lizenzgebühren) selbstständigem Vermögenswert fehlt es bei der bloßen Erbringung einer Dienstleistung, auch wenn sie in nicht personeller Weise (zB technische Vermittlungsleistungen im Kommunikationsbereich, voll elektronische Handelssysteme für Wertpapiere) erbracht werden.1 Werden wiederum Rechte an körperlichen Gegenständen, mithin beweglichen und unbeweglichen WG überlassen, kann allenfalls eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d oder e GewStG in Betracht kommen. b) Höchstpersönliche Rechte als Rechte im Sinne der Norm 25

Umstritten ist, ob auch höchstpersönliche Rechte wie das Recht am eigenen Bild oder das Namensrecht als besondere Erscheinungsformen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts2 zu den Rechten iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG zählen. Hiergegen wird teilweise vorgebracht, dass eine Übertragung dieser Rechte auf eine andere Person ausgeschlossen ist, die Übertragbarkeit aber Erfordernis für ein Recht iSd. Hinzurechnungsvorschrift sei.3 Es ist dem Gesetz aber nicht zu entnehmen, dass das Recht ein übertragbares sein müsste. Vielmehr ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Recht Gegenstand einer Überlassung sein kann.4 Eine solche kann auch beim Recht am eigenen Bild oder bei Namensrechten in Form einer schuldrechtlich wirkenden Gestattung erfolgen. Der Gesetzgeber hat iÜ erkannt, dass bestimmte Rechte iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG nicht im Wege der Veräußerung übertragen werden können, was sich in der Ausnahme im Hinblick auf Vertriebslizenzen widerspiegelt. Hier stellte der Gesetzesentwurf ursprünglich auf den „Weiterverkauf“ ab, was der Gesetzgeber aber letztlich als zu eng ansah, da dies die Rechte, die nur überlassen, aber nicht übertragen werden können, nicht umfasst hätte (vgl. Rz. 32). Die Finanzverwaltung benennt Namensrechte folgerichtig auch explizit als Rechte iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG.5 c) Abgrenzung zu ungeschützten geistigen Werten, insbesondere Know-how

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Keine Rechte iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG sind ungeschützte geistige Werte wie ungeschützte Erfindungen, Firmenwert oder Kundenstamm. Dies gilt ebenso – entgegen einer früheren Auffassung der Finanzverwaltung – für Know-how.6 Eine allgemein verbindliche Definition für Know-how gibt es nicht. Im Kern ist unter Know-how jedoch ungeschütztes betriebliches Erfahrungswissen zu verstehen, welches technischer, wissenschaftlicher oder betriebswirtschaftlicher Art sein kann.7 Zwar stellt Know-how grds. einen Vermögenswert dar und kann einem Dritten gegen Entgelt überlassen werden; doch ergeben sich aus dem Know-how selbst keine Ansprüche oder Befugnisse. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass durch derartige „Know-how-Verträge“ Ansprüche begründet werden, da diese Ansprüche nicht Gegenstand der Überlassung, sondern erst deren Folge sind.8 Der Gesetzgeber hat iÜ regelmäßig Umschreibungen von Know-how vorgenommen, wenn dieses von einer stl. Regelung umfasst werden sollte; so etwa in § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG, § 49 Abs. 1 Nr. 6 und 9 EStG und in § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Daher ist zu Recht vorgebracht worden, dass es in § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG einer klaren Bezugnahme auf Know-how bedurft hätte, sollte die Vorschrift hierauf abzielen.9

1 FG Köln v. 16.6.2016 – 13 K 1014/13, BB 2016, 2198 zu transaktionsbezogenen Entgelten eines Reisevermittlers iZm. computerisierten Reiseinformations- und -vertriebssystemen (Rev. I R 55/16). 2 Vgl. BGH v. 1.12.1999 – I ZR 49/97 – Marlene Dietrich, BGHZ 143, 214. 3 Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 256; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 274. 4 So auch Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 12. 5 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 33. 6 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 33, entgegen der Entwurfsfassung v. 20.2.2008; Hidien, DB 2008, 257; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 15; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 21; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 4; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 286; aA Ortmann-Babel/Zipfel, BB 2007, 1869 (1870). 7 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 286; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 13; vgl. auch BFH v. 16.12.1970 – I R 44/67, BStBl. II 1971, 235, wonach Know-how als die Vermittlung von Kenntnissen und Erfahrungen zu eigener Nutzanwendung durch den Know-how-Nehmer verstanden wird. 8 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 286; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 21; Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 378. 9 Grundlegend Hidien, DB 2008, 257; ihm folgend Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 13; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 21.

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C. Zeitlich befristete Überlassung von Rechten

Rz. 29 § 8 Nr. 1 Buchst. f

d) Beispiele fehlender Rechteüberlassung Die Finanzverwaltung führt weitere Rechtsverhältnisse auf, bei denen keine Rechteüberlassung iSd. 27 § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG vorliegt. So führt die Zahlung von Entgelten, die für die Nutzung des sog. Grünen Punktes an die Duale System Deutschland GmbH (DSD) oder für die Nutzung vergleichbarer Systeme zur Erfüllung der Verpflichtungen nach der Verpackungsverordnung entrichtet werden, nicht zu einer Hinzurechnung.1 Zwar wird das von den Unternehmen zu entrichtende Entgelt im Zeichennutzungsvertrag als Lizenzentgelt für das Nutzungsrecht an einem Markenzeichen („Grüner Punkt“) bezeichnet. Jedoch handelt es sich dem rechtlichen Gehalt nach um ein Entgelt für die Einbeziehung in ein Rücknahme- und Verwertungssystem.2 Die nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz3 entrichtete Maut und die nach dem Rundfunkgebüh- 28 renstaatsvertrag (mittlerweile Rundfunkbeitragsstaatsvertrag4) zu entrichtende Rundfunkgebühr unterfallen nach Verwaltungsauffassung nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG.5 Gleiches gilt für das Entgelt, das ein Eisenbahnverkehrsunternehmen für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur an das Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu entrichten hat, sowie – im Bereich der Telekommunikation – für das an den Netzbetreiber vom Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für einen entbündelten Netzzugang oder vergleichbare Netzzugänge entrichtete Entgelt. Schließlich unterliegt auch das an Betreiber von anderen Versorgungsnetzen (zB Strom- und Gasversorgungsnetze) zu entrichtende Netzentgelt nicht der Hinzurechnung.6 Die von der Finanzverwaltung getroffenen Aussagen sind nur klarstellender Natur und dienen der Schaffung von Rechtssicherheit. Denn bereits nach allgemeinen Grundsätzen scheidet eine Hinzurechnung aus, da keine Rechte überlassen werden, sondern nur die Nutzung von Infrastruktur erlaubt wird.7 e) Sonderfall Substanzausbeuteverträge Ungeklärt ist bislang die Frage, ob auch Verträge zur Ausbeute von Bodenschätzen zu einer Hin- 29 zurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG führen können. Der BFH hat in seiner Rspr. zu § 8 Nr. 7 GewStG aF bei Substanzausbeuteverträgen gewstl. abweichend vom Zivilrecht nämlich nicht das Grundstück, sondern das Ausbeuterecht als das überlassene WG angesehen.8 Ausgehend von dieser Rspr. dürften Entgelte für die Überlassung von Substanzausbeuterechten generell geeignet sein, nunmehr eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG zu bewirken.9 Gegen die Rspr. des BFH wird jedoch vorgebracht, dass Gegenstand der Überlassung das Grundstück (zur Ausbeute) sei.10 Auch einkommensteuerrechtlich zählen Einkünfte aus Substanzausbeuteverträgen regelmäßig zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung iSd. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.11 Ferner ist zu beachten, dass die Rspr. Ausbeuteverträge auch wiederholt als Kaufverträge angesehen hat, nämlich zB dann, wenn es sich um einen Vertrag über eine fest begrenzte Menge eines Bodenschatzes handelt.12

1 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 33. 2 So bereits IDW, Ubg 2008, 247, (248) in einer Stellungnahme zum koordinierten Ländererlass zu Anwendungsfragen zu § 8 Nr. 1 GewStG nF; vgl. auch FG Köln v. 16.6.2016 – 13 K 1014/13, EFG 2016, 1718. 3 Gesetz zur Neuregelung mautrechtlicher Vorschriften für Bundesfernstraßen v. 12.7.2011, BGBl. I 2011, 1378. 4 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag v. 16.12.2011, zB GV NRW 2011, 675. 5 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 34. 6 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 34a. 7 Ritzer, DStR 2013, 558 (565); Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2953); Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 19a. 8 BFH v. 8.11.1989 – I R 46/86, BStBl. II 1990, 388; v. 26.5.1976 – I R 74/73, BStBl. II 1976, 721; v. 12.1.1972 – I R 220/69, BStBl. II 1972, 433; v. 8.9.1971 – I R 175/68, BStBl. II 1972, 22. 9 So auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 4. 10 Vgl. ausf. zur Kritik an der Rspr. des BFH Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG Rz. 13. 11 BFH v. 24.10.2012 – IX R 6/12, BFH/NV 2013, 907. 12 BFH v. 6.5.2003 – IX R 64/98, BFH/NV 2003, 1175; v. 13.9.1989 – II R 121/86, BStBl. II 1989, 963; v. 12.1.1972 – I R 220/69, BStBl. II 1972, 433; v. 12.12.1969 – VI R 197/67, BStBl. II 1970, 210; v. 25.11.1966 – VI 375/65, BStBl. III 1967, 226.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. f Rz. 30 Hinzurechnungen (Konzessions- und Lizenzgebühren) 3. Ausnahme: Lizenzen zur Weiterüberlassung (Vertriebslizenzen, Durchleitungsrechte) a) Überblick und Zweck der Regelung 30

Nach § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG werden Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen, aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen. Es handelt sich dabei um sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechte. Das Vorliegen eines der Ausnahme unterliegenden Durchleitungsrechts ist nach allgemeinen Grundsätzen vom sich darauf berufenden StPfl. darzulegen und zu beweisen.1

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Die Motive für die Verteilung von Vertriebslizenzen können vielfältig sein. So kann die Einschaltung einer inländischen Zwischengesellschaft durch eine ausländische Konzernmutter für die Lizenzierung in den deutschen Markt sinnvoll sein, um eine Vielzahl von grenzüberschreitenden Lizenzverträgen mit den damit verbundenen administrativen Belastungen zu vermeiden.2

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Ziel des Gesetzgebers bei der Einführung des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG war es, die Entgelte für die Überlassung von (Sach-)Kapital zu erfassen. Vor diesem Hintergrund wollte der Gesetzgeber die Lizenzen von der Hinzurechnung ausnehmen, die das Unternehmen nicht selbst nutzt, sondern direkt weiterleitet, da der Lizenznehmer in diesen Fällen einem Handelsvertreter gleichzustellen sei. Eine Hinzurechnung sei dann nicht gerechtfertigt.3 Der ursprüngliche Gesetzesentwurf sah eine Ausnahme von der Hinzurechnung nur für den Fall des Weiterverkaufs vor. Der Begriff wurde vom Finanzausschuss jedoch als zu eng empfunden, da er unberücksichtigt ließ, dass bestimmte Rechte nicht weiterveräußert werden können.4 b) „Lizenzen“

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Der Gesetzeswortlaut bezieht sich ausschließlich auf überlassene Lizenzen. Die Finanzverwaltung legt die Regelung jedoch weit aus und wendet sie über ihren Wortlaut hinaus nicht nur bei überlassenen Lizenzen, sondern grds. auch bei jedem anderen überlassenen Recht iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG an.5 Auch bei dem an Dritte überlassenen Recht müsse es sich nicht um eine Lizenz im Rechtssinne handeln. Angesichts des Regelungszwecks erschiene eine Beschränkung auf Lizenzen auch nicht sachgerecht. c) Ausschließliche Berechtigung

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Von der Ausnahme erfasst werden nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur diejenigen Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu übertragen. Die Hinzurechnung erfolgt somit in voller Höhe, wenn die Vertriebslizenz zB mit einer Herstellungslizenz verbunden ist, welche dem Lizenznehmer das Recht gewährt, eine Marke auf von ihm produzierter Ware anzubringen.6 Hiergegen ist zT vorgebracht worden, dass sich das Wort „ausschließlich“ nur auf den Teil beziehe, der auf den Vertrieb entfällt. Somit sei ein Vertrag nach den allgemeinen Grundsätzen bzgl. gemischter Verträge aufzuteilen und nur der Teil der Gebühr, der nicht auf den Weitervertrieb entfällt, hinzuzurechnen.7 Mit dem insofern klaren Gesetzeswortlaut ist diese Auffassung indes nicht vereinbar. Hätte der Gesetzgeber eine Aufteilung zulassen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass er dies durch die Verwendung des Begriffs „insoweit“ deutlich gemacht hätte.8 Nach Auffassung der Finanzverwaltung erfordert das Ausschließlichkeitsgebot, dass zur Weiterüberlassung vorgesehene Rechte nur zur

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Schöneborn, NWB 2014, 3496 (3498). Vgl. das Bsp. bei Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 47. BT-Drucks. 16/4841, 80. BT-Drucks. 16/5941, 55. Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 41. Zur Herstellungslizenz Dürrfeld/Wingendorf, IStR 2005, 464 (465); Clemens/Laurent, DStR 2008, 440, (441). Franke/Gageur, BB 2008, 1704 (1709). So iErg. auch Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 48; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11.

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C. Zeitlich befristete Überlassung von Rechten

Rz. 38 § 8 Nr. 1 Buchst. f

Weiterüberlassung verwendet und grds. nicht „verändert“ oder bearbeitet werden dürfen.1 Wann genau eine schädliche Veränderung oder Bearbeitung vorliegen soll, wird allerdings nicht näher erläutert. Zum Teil wird darauf abgestellt, ob vom objektiven Empfängerhorizont der Durchleitende im Wesentlichen nur ein Recht weiterleitet oder ob er ein eigenständiges Produkt schafft bzw. eine Dienstleistung erbringt, in dem bzw. in der die verwendete Lizenz aufgeht. Dies soll aus der Empfängerperspektive der nächsten Stufe nach dem Durchleitenden zu beurteilen sein.2 Unschädlich ist jedenfalls nach allgemeiner Auffassung die Einräumung mit dem Vertrieb der Rechte 35 zusammenhängender Befugnisse.3 Dies ist offensichtlich auch die Position der Finanzverwaltung, welche die Vervielfältigung der Druckversion eines Theaterstücks durch einen Theaterverlag explizit als nicht schädlich iSd. Ausschließlichkeitsgebots bezeichnet.4 In der Praxis empfiehlt es sich ggf., bei Verträgen mit mehreren Komponenten aufgrund des eindeuti- 36 gen Gesetzeswortlauts bereits im Vorfeld eine Trennung vorzunehmen und mehrere Vereinbarungen zu schließen. So können Herstellungs- und Vertriebslizenzvertrag mit jeweils eigener Entgeltvereinbarung nebeneinander gestellt werden.5 Bei einer derartigen Trennung der Vereinbarungen unterliegt die Vertriebslizenz nicht der Hinzurechnung, und zwar unabhängig davon, ob die schädlichen Handlungen (Veränderung und Bearbeitung) auf einen Dritten ausgelagert werden oder ob alles in einer Person zusammenfällt.6 Der Gesetzeswortlaut stellt darüber hinaus allein auf die dem Lizenznehmer erteilte Berechtigung ab. 37 Die Ausnahme von der Hinzurechnung greift daher schon dann nicht ein, wenn dem Lizenznehmer weiter gehende Rechte eingeräumt werden, selbst wenn er diese überhaupt nicht auszuüben gedenkt.7 Entgegen der sonstigen Interessenlage sollte der Lizenznehmer daher darauf achten, dass ihm durch den Vertrag nicht mehr Rechte eingeräumt werden, als von ihm benötigt werden.8 Umgekehrt führt es folgerichtig aber auch nicht zu einer Hinzurechnung, wenn das überlassene Recht über die reine Weiterüberlassung hinaus anderweitig genutzt wird, obwohl dazu keine Berechtigung besteht.9 d) Überlassung abgeleiteter Rechte an Dritte Die Berechtigung muss sich darauf beziehen, aus der überlassenen Lizenz abgeleitete Rechte Dritten 38 zu überlassen. Auf der letzten Stufe der „Überlassungskette“ greift die Ausnahme somit naturgemäß nicht ein,10 da dort keine Weiterüberlassung mehr vorliegt. So soll es bei Buchverlagen, die auf der Grundlage eines mit einem anderen Rechteverwerter abgeschlossenen Lizenzvertrags über ein Werk Bücher oder vergleichbare Sachen produzieren und verkaufen, zu einer Hinzurechnung kommen.11 Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll jedoch ein mit einem Rechteverwerter abgeschlossener Lizenzvertrag über ein Werk, der sich ausschließlich auf das Vortragen, Aufführen oder Vorführen (zB in einem Kino, Radiosender oder Konzert) iSd. § 19 UrhG erstreckt, nicht als in der letzten Stufe der Überlassungskette erbracht gelten. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass nicht das Publikum

1 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 42. 2 Schöneborn, NWB 2014, 3496 (3499). 3 Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 290; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 11; Clemens/Laurent, DStR 2008, 440 (442). 4 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 42. 5 Klapdor in Breithecker/Förster/Förster/Klapdor, UntStRefG, 2008, § 8 GewStG Rz. 39; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 48; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 11. 6 Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 48; Clemens/Laurent, DStR 2008, 440 (442 ff.). 7 Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2954). 8 Clemens/Laurent, DStR 2008, 440 (442); Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 383, empfiehlt darüber hinausgehend, aus Klarstellungsgründen das Verbot einer eigenen Verwertung, Bearbeitung und Veränderung ausdrücklich vertraglich zu vereinbaren, wenn lediglich eine Weiterüberlassung von Rechten beabsichtigt ist. 9 Ritzer, DStR 2008, 1613 (1620); Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 51; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11. 10 Vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 40. 11 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 40.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. f Rz. 39 Hinzurechnungen (Konzessions- und Lizenzgebühren) Endnutzer der Rechte ist, sondern der Theater- oder Kinobetreiber.1 Daher ist die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung wohl als Billigkeitsregelung aufzufassen.2

D. Keine Hinzurechnung von Aufwendungen, die Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind (Satz 2) I. Regelungszweck 39

Gem. § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 GewStG erfolgt keine Hinzurechnung von Aufwendungen, die nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind. Begründet wird diese Ausnahme damit, dass der Gesetzgeber in den Regelungen zur Künstlersozialversicherung davon ausgeht, dass die Stellung der Künstler und Publizisten im unmittelbaren Verhältnis zu ihren Auftraggebern sozialversicherungsrechtlich mit dem Verhältnis zwischen Unternehmen und Arbeitnehmer vergleichbar sind. Zudem erfasst das GewStG seit Abschaffung der Lohnsummensteuer ab dem EZ 1980 keine Entgelte mehr, die das Unternehmen an Arbeitnehmer für deren Leistungen zahlt. Diese gesetzgeberischen Entscheidungen sollen es nach der Gesetzesbegründung rechtfertigen, unmittelbare Leistungen an Künstler und Publizisten nicht in die Hinzurechnung einzubeziehen.3 Letztlich soll somit eine wirtschaftliche Doppelbelastung der Aufwendungen mit Künstlersozialabgabe und mit Gewerbesteuer verhindert werden.4

II. Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe 40

Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind nach § 25 Abs. 1 KSVG die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 zur Abgabe Verpflichteter iRd. dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kj. an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. Bemessungsgrundlage sind auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden.

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Zur Künstlersozialabgabe sind Unternehmer verpflichtet, die ein in § 24 Abs. 1 KSVG aufgeführtes Unternehmen (zB Verlag, Theater, Rundfunk, Fernsehen, Galerien, Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit) betreiben, ferner Unternehmer, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen. Nach § 24 Abs. 2 KSVG sind darüber hinaus Unternehmer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn iZm. dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden.

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Entgelt iSd. § 25 Abs. 1 KSVG ist alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzgl. der gesondert ausgewiesenen USt, § 25 Abs. 2 KSVG. Entscheidend ist, dass die Aufwendungen Entgelte iSd. § 25 Abs. 1 KSVG sind oder als solche gelten, vgl. § 25 Abs. 4 KSVG. Unerheblich ist hingegen, ob die Künstlersozialabgabe tatsächlich erhoben wird.5

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Nicht zu den Entgelten iSd. § 25 Abs. 1 KSVG zählen Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden, § 25 Abs. 2 Satz 2 KSVG. Als derartige Verwertungsgesellschaften kommen insbes. die GEMA, die VG Wort und die VG Bild-Kunst in Betracht.6 Gesetzlich ausgenommen sind ferner steuer1 Darauf weist zu Recht Neumann, Ubg 2008, 585 (593), hin. 2 So Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 290; Neumann, Ubg 2008, 585 (593) spricht insofern von einer „Fiktion“. 3 BT-Drucks. 16/5491, 23. 4 Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 59. 5 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 301; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 59. 6 Schöneborn, NWB 2012, 2952 (2957 f.).

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E. Einzelnachweise

Rz. 46 § 8 Nr. 1 Buchst. f

freie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen. Ebenfalls nicht in die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe gehen Vertragsstrafen und Schadensersatzzahlungen an Künstler oder Publizisten ein.1 Da all diese Aufwendungen nicht Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind, greift die Ausnahme des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 GewStG nicht ein. Dennoch wird zT vertreten, dass jedenfalls eine Hinzurechnung der steuerfreien Aufwandsentschädigungen und der nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfreien Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten nicht erfolgen soll.2 Eine Hinzurechnung dieser Aufwendungen widerspreche dem gesetzgeberischen Ziel der Steuerfreiheit, nämlich die Entlastung von Laienmusikvereinen, Volkshochschulen und ähnlichen Einrichtungen zu erreichen. Dieses auf die Konsistenz der gesetzgeberischen Entscheidungen gerichtete Argument ist zwar nicht völlig von der Hand zu weisen, doch steht diese Auffassung dem Gesetzeswortlaut geradezu diametral entgegen, sodass auch in diesen Fällen eine Hinzurechnung zu erfolgen hat.3 Eine teleologische (extensive) Auslegung ist aber im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe selbst 44 geboten. Zwar schließt der Wortlaut des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 GewStG diese nicht mit ein, jedoch entspricht es Sinn und Zweck der Vorschrift, alle gewinnmindernden Aufwendungen, die dem StPfl. aufgrund der Verpflichtung zur Zahlung der Künstlersozialabgabe entstehen, von der Hinzurechnung auszunehmen.4 Auch die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass die Künstlersozialabgabe selbst nicht der Hinzurechnung unterliegt.5 Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn die Bemessungsgrundlage für die Ausnahmerege- 45 lung des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG auf der Grundlage eines zur Abwicklung der Vorgaben des KSVG eingesetzten und von den maßgebenden Gremien dieser Sozialkasse nicht beanstandeten Verfahrens ermittelt wird.6

E. Einzelnachweise (ABC der Rechteüberlassung) Aufwandsentschädigung: Steuerfreie Aufwandsentschädigungen unterliegen ebenso wie die nach § 3 46 Nr. 26 EStG steuerfreien Einnahmen der Hinzurechnung, da die Ausnahmeregelung des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 GewStG insofern nicht eingreift (Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 302; aA Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 22; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 59). Ausbeutevertrag: Nach der Rspr. des BFH zu § 8 Nr. 7 GewStG aF ist das Ausbeuterecht und nicht etwa das Grundstück Gegenstand der Überlassung (BFH v. 8.11.1989 – I R 46/86, BStBl. II 1990, 388 mwN). Danach hat eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG zu erfolgen (Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 4). Im Einzelfall kann allerdings auch ein Kaufvertrag vorliegen, insbes. dann, wenn der Vertrag auf die Gewinnung einer fest begrenzten Menge gerichtet ist (BFH v. 6.5.2003 – IX R 64/98, BFH/NV 2003, 1175 mwN). Beratungskosten: Beratungskosten iZm. der Überlassung eines Rechts zählen zu den hinzuzurechnenden Aufwendungen (Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 295; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 18; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 12; Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 408). Durchleitungsrecht: Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (Durchleitungsrechte oder Vertriebslizenzen), unterliegen nach § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG ausdrücklich nicht der Hinzurechnung. Voraussetzung ist, dass zur Weiterüberlassung vorgesehene Rechte ihrerseits nur zur Weiterüberlassung verwendet und dabei nicht verändert oder bearbeitet werden dürfen (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 42).

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Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 302 mwN; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 59. Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 22; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 59. So auch Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 302. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 303; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 59; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 22. 5 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 43. 6 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 43.

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§ 8 Nr. 1 Buchst. f Rz. 46 Hinzurechnungen (Konzessions- und Lizenzgebühren) Franchise-Vertrag: Franchise-Verträge enthalten neben der Überlassung von Rechten an einer Marke regelmäßig noch andere Leistungskomponenten, zB die Überlassung von Know-how, sodass eine Aufteilung der Aufwendungen – ggf. im Schätzwege – vorzunehmen ist (BFH v. 12.1.2017 – IV R 55/11, BStBl. II 2017, 725 [nur Ls. veröffentlicht] [vorgehend FG Sachs. v. 28.9.2011 – 8 K 239/11, DStRE 2012, 1526]; Schöneborn, NWB 2012, 2952 [2956 f.]). Glücksspielabgabe: Die Zahlung einer landesgesetzlich abzuführenden Glücksspielabgabe führt zu Aufwendungen iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG (BFH v. 31.1.2012 – I R 105/10, BFH/NV 2012, 996 zu § 13 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes). Herstellungslizenz: Herstellungslizenzen unterliegen der Hinzurechnung. Sind sie mit Vertriebslizenzen verbunden, ist dennoch in voller Höhe eine Hinzurechnung vorzunehmen, da die Vertriebslizenz aufgrund des Ausschließlichkeitsgebots insofern „infiziert“ ist (Clemens/Laurent, DStR 2008, 440 [441]). In der Praxis empfiehlt sich daher, getrennte Vereinbarungen zu schließen. Know-how: Know-how stellt kein Recht iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG dar (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 33). Kundenstamm: Aufwendungen für die Überlassung eines Kundenstamms unterliegen nicht der Hinzurechnung (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 33). Künstlersozialabgabe: Die Künstlersozialabgabe selbst unterliegt über den Gesetzeswortlaut des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 2 GewStG hinaus nicht der Hinzurechnung (Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 303; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 59; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 22). Netzentgelt: Entgelte, die für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur, für Teilnehmeranschlussleitungen oder vergleichbare Netzzugänge sowie an Betreiber von anderen Versorgungsnetzen (zB Strom, Gas) gezahlt werden, unterliegen nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 34a). Patentverletzung: Zahlungen, die aufgrund einer Patentverletzung zu leisten sind, gehören nicht zu den Aufwendungen iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG; es fehlt insofern an einer Überlassung der betroffenen Rechte (Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 299; Mohr, DStR 2013, 1580 [1582 ff.]). Provision: Provisionen für die Vermittlung der Rechteüberlassung sind Aufwendungen iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG (Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 295; Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 18; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 12; Mohr in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 408). Reisevermittlung: Die transaktionsbezogenen Entgelte eines Reisevermittlers im Zusammenhang mit computerisierten Reiseinformations- und -vertriebssystemen an einen Computerreservierungssysteme (CRS)-Betreiber unterliegen nicht der Hinzurechnung, da diese nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt für eine konkrete technische Vermittlungsdienstleistung entrichtet werden (FG Köln v. 16.6.2016 – 13 K 1014/13, BB 2016, 2198 – Rev. I R 55/16). Rückstellung: Sofern diese steuerrechtlich zulässig für einen zukünftigen Aufwand iSd. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG gewinnmindernd gebildet werden kann, hat eine Hinzurechnung im Jahr der Rückstellungsbildung zu erfolgen (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 2). Saldierung: Es besteht ein Saldierungsverbot zwischen Aufwendungen und den mit dem überlassenen Recht erzielten Erträgen (Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 27; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 16; Neu/Schiffers/Watermeyer, GmbHR 2007, 421 (431); für eine Ausnahme bei engem Sachzusammenhang Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 307; Clemens in Deloitte, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 64). Schadensersatz: Jegliche Aufwendungen aufgrund der Verletzung von Rechten unterliegen nicht der Hinzurechnung, da es insofern an einer Überlassung der Rechte fehlt, vgl. „Patentverletzung“. Schutzfrist: Erstreckt sich die Vertragsdauer über die gesamte Schutzfrist des überlassenen Rechts, ist von einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Berechtigten auszugehen, sodass eine Hinzurechnung ausscheidet; Gleiches gilt, wenn die Vertragsdauer kürzer bemessen ist als die Schutzfrist, bei Vertragsschluss aber davon ausgegangen werden kann, dass sich das Recht während der

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Hinzurechnungen (Freibetrag)

Rz. 2 § 8 Nr. 1

Dauer der Überlassung verbraucht (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 38). Software: Aufwendungen für die Überlassung von Software können hinzuzurechnen sein, wenn aufseiten des Überlassenden eine geschützte Rechtsposition besteht (gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 33). Nach den Gesamtumständen des Einzelfalls ist aber zu prüfen, ob mit der Überlassung nicht der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums verbunden ist (vgl. Ritzer, DStR 2013, 558 [564]). Vertrieb: Die Ausnahme nach § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG für Vertriebslizenzen setzt voraus, dass das zur Weiterüberlassung vorgesehene Recht nicht bearbeitet oder verändert werden darf; gleichwohl sind Aktivitäten, die unmittelbar mit dem Vertrieb zusammenhängen, unschädlich (Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 290; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 1f GewStG Rz. 11; Clemens/Laurent, DStR 2008, 440 [442]). Verwertungsgesellschaft: Gebühren an Verwertungsgesellschaften wie die GEMA oder die VG Wort unterliegen grds. der Hinzurechnung, da sie nicht zu den Entgelten iSd. § 25 Abs. 1 KSVG zählen (vgl. Schöneborn, NWB 2012, 2952 [2957 ff.]).

§ 8 Nr. 1 [Freibetrag] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: 1. Ein Viertel der Summe aus … (Buchst. a bis f) soweit die Summe den Betrag von 100.000 Euro übersteigt; … Die in § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG aufgeführten Finanzierungsentgelte werden nur (zu einem Vier- 1 tel) hinzugerechnet, soweit sie in der Summe den Betrag von 100.000 Euro im EZ übersteigen. Dieser Freibetrag dient vor allem der Entlastung kleiner und mittlerer Unternehmen.1 Zunächst ist aus den in § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG genannten Einzel-Hinzurechnungsbeträgen im Wege einer Zwischenrechnung2 die Summe der Einzel-Hinzurechnungsbeträge zu bilden. Diese Summe bleibt bis zur Höhe von insgesamt 100.000 Euro hinzurechnungsfrei. Eines Antrags des StPfl. bedarf es dazu nicht.3 Der 100.000 Euro übersteigende Betrag unterliegt der Hinzurechnung (zu einem Viertel). Er ist die Ausgangsgröße für die Anwendung des Faktors von 0,25.4 Ein nicht ausgeschöpfter Freibetrag kann weder zurück- noch vorgetragen werden.5 Der Freibetrag ist betriebsbezogen zu gewähren.6 Im Fall der gewstl. Organschaft wird der Gewerbe- 2 ertrag für jedes Unternehmen gesondert – jeweils unter Berücksichtigung des Freibetrags – ermittelt.7 Demnach kommt es zu einer Mehrfachgewährung, nicht zu einem Verlust von Freibeträgen.8 Enden im Fall der Umstellung des Wj. in einem EZ zwei Wj., gelangt der Freibetrag zweimal zur Anwendung.9 Im Fall der Abwicklung oder Insolvenz ist der Gewerbeertrag für den gesamten Abwicklungsbzw. Insolvenzzeitraum zu ermitteln, sodass der Freibetrag nur einmal (für den gesamten Zeitraum) 1 Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/4841, 80. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 312, weist zu Recht darauf hin, dass dieser Zweck zumindest bei Mittelbetrieben nur ungenügend erreicht wird, da der Freibetrag die Hinzurechnung maximal um 25.000 Euro (25 % von 100.000 Euro) mindert. 2 BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, FR 2016, 234. 3 Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 10; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 311. 4 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 44. 5 Holst in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 10. 6 R 8.1 Abs. 6 Satz 1 GewStR 2009. 7 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 45. 8 Ritzer, DStR 2008, 1613 (1621). 9 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 47.

Rode/Graw

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§ 8 Nr. 1 Rz. 3 Hinzurechnungen (Freibetrag) gewährt wird.1 Wechselt die Steuerschuldnerschaft zwischen Einzelunternehmen und Personengesellschaften oder umgekehrt, ist der Freibetrag bei der Ermittlung des maßgeblichen Hinzurechnungsbetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG jedem der Steuerschuldner entsprechend der Dauer seiner persönlichen StPfl. zeitanteilig zu gewähren.2 3 Ist die Summe der Einzel-Hinzurechnungsbeträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG insgesamt

negativ (zB aufgrund der Verlustübernahme des stillen Gesellschafters), unterbleibt nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG.3 Hingegen ist nach der vorzugswürdigen Auffassung des BFH eine negative Hinzurechnung geboten.4 Dafür sprechen der Gesetzeswortlaut und das iRd. Wortlautinterpretation heranzuziehende mathematische Begriffsverständnis sowie der Zweck der Regelung. 4 Im Fall einer negativen Summe der Einzelhinzurechnungsbeträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f Gew-

StG ist der Negativsaldo bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu 25 % abzuziehen (negativ hinzuzurechnen). Die Betragsgrenze von 100.000 Euro gelangt nicht spiegelbildlich zur Anwendung, dh., die Berücksichtigung negativer Hinzurechnungsbeträge setzt nicht voraus, dass der Betrag von 100.000 Euro überschritten wird.5 Dies lässt sich dem Gesetzeswortlaut („Betrag von 100.000 t“) nicht entnehmen und widerspräche dem Charakter der 100.000-Euro-Grenze als Freibetrag6 sowie dem Entlastungszweck der Regelung.

§ 8 Nr. 2, 3

(weggefallen)

§ 8 Nr. 4 [KGaA-Gewinnanteile] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: … 4. die Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . .

1

II. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

7

III. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . .

8

IV. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

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B. Gewinnanteile, die an die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA verteilt worden sind . . . . . . . . . . . .

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C. Gewinnanteile, die als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind . . . . . . . . . . . . . .

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I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . .

23

1 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 48. 2 R 8.1 Abs. 6 Satz 2 und 3 GewStR 2009. 3 R 8.1 Abs. 3 Satz 3 GewStR 2009; zustimmend Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 192; Kronawitter, GewStG, 2012, § 8 Rz. 42. 4 BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, FR 2016, 234; v. 28.1.2016 – I R 15/15, DB 2016, 1173; ebenso Schnitter in Frotscher/Drüen, § 8 GewStG Rz. 172. 5 BFH v. 28.1.2016 – I R 15/15, FR 2016, 1110 = DB 2016, 1173; noch offengelassen durch BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, FR 2016, 234; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 192; Wischmann, EStB 2016, 4; Märtens, jurisPRSteuerR 2/2016 Anm. 5; Märtens, jurisPR-SteuerR 25/2016 Anm. 5. 6 BT-Drucks. 16/4841, 80.

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Graw/Kontny

Hinzurechnungen (KGaA-Gewinnanteile) II. Gewinnabhängige Vergütungen (Tantiemen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Gewinnunabhängige (feste) Vergütungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Rz. 1 § 8 Nr. 4

VII. Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern und Darlehen vom persönlich haftenden Gesellschafter an die KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

VIII. Auslagen- und Aufwendungsersatz . . . .

30 31 32

IV. Vergütungen für einen Fremdgeschäftsführer des persönlich haftenden Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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IX. Unangemessene Vergütungen (verdeckte Gewinnausschüttung) . . . . . . . . . . .

V. Haftungsvergütungen . . . . . . . . . . . .

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X. Zeitpunkt der Hinzurechnung . . . . . .

VI. Zuführung zu Pensionsrückstellungen für den persönlich haftenden Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

Literatur: Schaumburg, Die KGaA als Rechtsform für den Mittelstand?, DStZ 1988, 525; Theisen, Die Besteuerung der KGaA, DB 1989, 2191; Graf, Die Gewerbesteuerertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaft & Co. KG auf Aktien, DStR 1991, 1374; Thiel/Eversberg, Gesetz zur steuerlichen Förderung von Kunst, Kultur und Stiftung sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften, DB 1991, 118; Fischer, Die Besteuerung der KGaA und ihrer Gesellschafter, DStR 1997, 1519; Wassermeyer, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei einer GmbH & Co. KG, GmbHR 1999, 18; Halasz/ Kloster, L./Kloster, A., Die GmbH & Co. KGaA, GmbHR 2002, 77; Schmidt, K., Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., Köln 2002; Kollruss, Die hybride Rechtsform der GmbH & Co. KGaA – Möglichkeiten zur Steuergestaltung iRd. pauschalierten Gewerbesteueranrechnung, GmbHR 2003, 709; Glanegger, Ergänzungsbilanzen und Gewinnfeststellung für den persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA?, DStR 2004, 1686; Kusterer, Ergänzungsbilanz des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA, DStR 2004, 77; Kollruss, Erfasst § 8 Abs. 4 KStG auch die Übertragung eines KGaA-Komplementäranteils und damit einen gewerbesteuerlichen Mantelkauf bei der KGaA?, StBp. 2005, 65; Rohrer/Orth, Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf Ebene einer KGaA, BB 2007, 1594; Busch/Thieme, Behandlung von Pensionszusagen an persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA, FR 2008, 1137; Hageböke, Das KGaAModell, Diss., Düsseldorf 2008; Kusterer, Überlegungen zur Besteuerung des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA, DStR 2008, 484; Kramer, Das Internationale Schachtelprivileg der KGaA, IStR 2010, 57; Wassermeyer, Die Besteuerung des Gewinnanteils des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA, FS für Michael Streck, Köln 2011; Drüen/van Heek, Sondervergütungen an den Komplementär einer KGaA – (K)eine Frage der Transparenz?, DB 2012, 2184; Drüen/van Heek, Sondervergütungen des KGaA-Komplementärs und Betriebsausgabenabzug, DB 2012, 2709; Hageböke, Sondervergütungen des KGaA-Komplementärs und Betriebsausgabenabzug, DB 2012, 2709; Kollruss, Besteuerung der KGaA: Klärung der Besteuerungssystematik in fünf Stufen, BB 2012, 3178; Bielinis, Die Besteuerung der KGaA, Diss., Bonner Schriften zum Steuer-, Finanz- und Unternehmensrecht, 2013; Deutschländer, Die Besteuerung des Komplementärs der KGaA, StBp. 2013, 283; Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, Rechtsunsicherheit bei der Besteuerung der KGaA und ihrer persönlich haftenden Gesellschafter, DB 2014, 147; Kempf, Ergänzungsbilanzen für den persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA?, DStR 2015, 1905; Kollruss, Warum es keine Ergänzungsbilanz des KGaA-Komplementärs gibt, FR 2016, 203; Krebbers-van Heek, Die mitunternehmerische Besteuerung der Komplementäre der KGaA, Diss., Frankfurt 2016; Kopec/Schade, Der persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA vs. der atypisch stille Gesellschafter, FR 2017, 811; Wacker, KGaAModell – keine Ergänzungsbilanz für persönlich haftenden Gesellschafter, DStR 2017, 193.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck Nach § 8 Nr. 4 GewStG werden Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter einer Kom- 1 manditgesellschaft auf Aktien (KGaA) auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind, dem Gewinn der KGaA aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet. Die KGaA ist eine hybride Gesellschaftsform („Mischform“),1 da sie sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich Elemente einer KapGes. und einer Personengesellschaft aufweist.

1 Semler/Perlitt in MüKo AktG, Band 5, 4. Aufl. 2015, Vor § 278 Rz. 29; Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 32 I, S. 972.

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§ 8 Nr. 4 Rz. 2 Hinzurechnungen (KGaA-Gewinnanteile) 2 Zivilrechtlich ist die KGaA nach § 278 Abs. 1 AktG eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit,

bei der mindestens ein Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt haftet (persönlich haftender Gesellschafter) und die übrigen Gesellschafter an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften (Kommanditaktionäre). Der oder die1 persönlich haftenden Gesellschafter sind nach § 278 Abs. 2 AktG das Geschäftsführungsund Vertretungsorgan der KGaA und haben die Möglichkeit – jedoch nicht die Verpflichtung – eine Einlage in das Grundkapital oder eine Einlage außerhalb des Grundkapitals iSv. § 281 Abs. 2 AktG zu leisten. In einem solchen Fall übernimmt der persönlich haftende Gesellschafter lediglich die Tätigkeit als Organ der Gesellschaft und das Haftungsrisiko.2 Die KGaA ist juristische Person des privaten Rechts. Ihr personengesellschaftsrechtliches Element erhält die KGaA, neben der unbeschränkten Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters über § 278 Abs. 2 AktG, durch die Anwendung der Vorschriften über die KG nach §§ 105 ff., 161 ff. HGB auf die ihn betreffenden Rechtsverhältnisse.3 3 Körperschaftsteuerrechtlich ist die KGaA als KapGes. ein eigenständiges Körperschaftsteuersteuer-

subjekt iSv. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Sie erzielt gem. § 8 Abs. 2 KStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb, welche über § 7 Abs. 2 und § 8 Abs. 1 KStG im zu versteuernden Einkommen münden. Das bei einer KapGes. geltende stl. Trennungsprinzip für die Ebene der Gesellschaft und der Gesellschafter, welches für die Kommanditaktionäre uneingeschränkt gilt, wird beim persönlich haftenden Gesellschafter durchbrochen. Ihm wird über § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG (und § 16 Abs. 1 Nr. 3 EStG) eine mitunternehmerähnliche Stellung eingeräumt.4 Die Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters unterliegen bei ihm über § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG der individuellen Ertragsbesteuerung. Der persönlich haftende Gesellschafter ist zwar kein Mitunternehmer, wird aber wie ein Mitunternehmer behandelt.5 Sein Gewinnanteil einschließlich seiner Sondervergütungen, Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben ist durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.6 Bei der KGaA stellen die Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters zunächst handelsrechtlich Aufwand dar, dürfen stl. nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG als Gewinnverteilung das Einkommen jedoch nicht mindern.7 Damit käme es ohne weitere Regelung zu einer stl. Doppelbelastung der Gewinnanteile mit Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer (beim persönlich haftenden Gesellschafter) und mit KSt (bei der KGaA). Dieser Auswirkung des „hybriden“ Besteuerungskonzepts der KGaA wirkt die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG auf Ebene der KGaA entgegen, die den Abzug des „Teils des Gewinns, der an persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt wird“ zulässt (zu Vergütungen für die Geschäftsführung s. Rz. 23 ff.). Damit führt die Gewinnverteilung zugunsten der persönlich haftenden Gesellschafter auf Ebene der Gesellschaft ausnahmsweise zu einer Minderung des Einkommens. 4 Gewerbesteuerrechtlich gilt die Tätigkeit einer KapGes. – und damit auch die einer KGaA – nach

§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG als Gewerbebetrieb. Somit unterliegen alle Einkünfte einer KGaA nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der GewSt. 5 Das Halten einer Beteiligung an einer KGaA als persönlich haftender Gesellschafter führt für sich ge-

nommen noch nicht zur Annahme einer GewStPfl. iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG.8 Unterliegt der persönlich haftende Gesellschafter auch nicht aus anderen Gründen (zB als eigenständiger, stehender Gewerbebetrieb, dem der Anteil des persönlich haftenden Gesellschafters zugeordnet ist, oder aufgrund einer kapitalistischen Rechtsform des Gesellschafters [zur Zulässigkeit s. Rz. 9]) der GewSt, würde der für die Ermittlung des maßgeblichen Gewerbeertrags nach § 7 GewStG über § 9 Abs. 1 1 Die Zahl der persönlich haftenden Gesellschafter ist theoretisch unbegrenzt; vgl. Semler/Perlitt in MüKo AktG, Band 5, 4. Aufl. 2015, § 278 Rz. 8. 2 Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 32 III, S. 975. 3 Semler/Perlitt in MüKo AktG, Band 5, 4. Aufl. 2015, § 278 Rz. 144. 4 BFH v. 21.6.1989 – X R 14/88, BStBl. II 1989, 881 = FR 1989, 656. 5 BFH v. 21.6.1989 – X R 14/88, BStBl. II 1989, 881 = FR 1989, 656. 6 BFH v. 8.2.1984 – I R 11/80, BStBl. II 1984, 381 = FR 1984, 404. 7 Deutschländer, StBp. 2013, 283 (284). 8 BFH v. 4.5.1965 – I 186/64 U, BStBl. III 1965, 418; v. 23.10.1985 – I R 235/81, BStBl. II 1986, 72 = FR 1986, 157.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 9 § 8 Nr. 4

Nr. 1 KStG herausgerechnete Gewinnanteil iErg. nicht der GewSt unterworfen. Diese „Lücke“ wird durch § 8 Nr. 4 GewStG geschlossen. § 8 Nr. 4 GewStG bezieht den Gewinnanteil des persönlich haftenden Gesellschafters „spiegelbildlich“1 zu der nach § 9 KStG auf Ebene der KapGes. stattfindenden Einkommensminderung in die gewstl. Bemessungsgrundlage der KGaA mit ein (zum Umfang der Hinzurechnung s. Rz. 11). Es handelt sich insoweit nicht um eine Hinzurechnungsnorm, sondern um eine „Zuordnungsnorm“.2 Ist der persönlich haftende Gesellschafter bereits aus anderen Gründen – einschließlich seines Ge- 6 winnanteils – originär gewstpfl., erfolgt bei ihm eine Korrektur des Hinzurechnungsbetrags durch entsprechende Kürzung des Gewinnanteils bei ihm nach § 9 Nr. 2b GewStG, um eine gewstl. Doppelbelastung zu vermeiden.3

II. Rechtsentwicklung Die bereits im Gewerbesteuergesetz 19364 enthaltene Regelung des § 8 Nr. 4 GewStG wurde unver- 7 ändert in das Gewerbesteuergesetz 19505 übernommen. Mit dem G zur Änderung des GewStG v. 30.7.19636 wurden die Worte „sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art, die für eine Beschäftigung der Ehegatten dieser Gesellschafter im Betrieb gewährt worden sind“ gestrichen. Die Änderung erfolgte rückwirkend ab dem EZ 1949. Anlass für die Änderung war das Urt. des BVerfG v. 24.1.1962,7 das die Hinzurechnung von sonstigen Vergütungen der wesentlich beteiligten Gesellschafter bei KapGes. (§ 8 Nr. 6 GewStG aF) für verfassungswidrig erklärt hat. Der Gesetzgeber ging bei der Änderung davon aus, dass damit auch die Hinzurechnung von Gehältern und sonstigen Vergütungen jeder Art iSd. § 8 Nr. 4 GewStG, die für eine Beschäftigung der Ehegatten dieser Gesellschafter im Betrieb gewährt worden sind, nicht mehr aufrechterhalten werden konnte.

III. Verhältnis zu anderen Vorschriften Entgelte, die der persönlich haftende Gesellschafter von der KGaA für die Hingabe von Darlehen oder 8 die Überlassung von WG erhält, stellen bei ihm Einkünfte iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG dar. Auf Ebene der KGaA sind die Aufwendungen als Betriebsausgaben iSv. § 4 Abs. 4 EStG iVm. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG abzuziehen.8 Eine Kürzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG findet nicht statt (zur Behandlung einer vGA vgl. Rz. 31). Aus diesem Grund unterbleibt auch eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG. Die Entgelte werden allerdings unter den Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f GewStG bei der KGaA teilweise dem Gewerbeertrag wieder hinzugerechnet.9

IV. Anwendungsbereich Normadressat der Hinzurechnungsregelung des § 8 Nr. 4 GewStG ist die KGaA. Eine gegenläufige 9 Kürzungsvorschrift für den persönlich haftenden Gesellschafter findet sich in § 9 Nr. 2b GewStG. Die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 4 GewStG findet auch Anwendung, wenn der persönlich haftende Gesellschafter eine GmbH ist.10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

BFH v. 4.5.1965 – I 186/64 U, BStBl. III 1965, 418. BFH v. 28.11.2007 – X R 6/05, BStBl. II 2008, 363 = FR 2008, 575 m. Anm. Wendt. Thiel/Eversberg, DB 1991, 118; § 9 Nr. 2b GewStG Rz. 1. G v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951, BGBl. I 1951, 996. BGBl. I 1963, 563. BVerfG v. 24.1.1962 – 1 BvL 32/57, BVerfGE 13, 290. Bielinis, Die Besteuerung der KGaA, 2013, 199. R 8.2 Satz 4 GewStR 2009. R 8.2 Satz 2 GewStR 2009. Die lange Zeit gesellschaftsrechtlich umstrittene Frage, ob eine GmbH persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA sein kann, wurde durch den BGH im Jahr 1997 positiv entschieden, vgl.

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§ 8 Nr. 4 Rz. 10 Hinzurechnungen (KGaA-Gewinnanteile) 10

§ 8 Nr. 4 GewStG setzt – wie § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG – keine (echte) Mitunternehmerstellung des persönlich haftenden Gesellschafters iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG voraus. Beide Normen knüpfen an die handelsrechtliche Rechtsstellung des persönlich haftenden Gesellschafters an.1

B. Gewinnanteile, die an die persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA verteilt worden sind 11

Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters iSd. § 8 Nr. 4 GewStG sind der Teil des Gewinns, der an den oder die persönlich haftenden Gesellschafter aufgrund ihrer Vermögenseinlagen, die nicht auf das Grundkapital iSv. § 281 Abs. 2 iVm. § 286 Abs. 2 AktG geleistet werden, verteilt wird.2 Der Gewinnanteil ist beim persönlich haftenden Gesellschafter durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.3 Die Höhe der jeweils möglichen Einlagen bestimmt sich nach der Satzung der KGaA.4 Eine Einlage ist für den persönlich haftenden Gesellschafter neben dem Erwerb von Kommanditaktien möglich.5

12

Der Umfang der Hinzurechnung des § 8 Nr. 4 GewStG entspricht betragsmäßig der Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und nicht der des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG, da bei § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht die Gewinnanteile, sondern die Einkünfte des persönlich haftenden Gesellschafters maßgeblich sind.6 Über § 8 Nr. 4 GewStG erfolgt eine Rückgängigmachung der über § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG durchgeführten Kürzung des körperschaftsteuerlichen Gewinns der KGaA. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters bei der KGaA mit GewSt besteuert werden.7 Die geringfügige Wortlautabweichung der Normen („Gewinnanteil“ in § 8 Nr. 4 GewStG und „Teil des Gewinns“ in § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG) führt nicht zu abweichenden Ergebnissen.8 § 8 Nr. 4 GewStG kann wie § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG als Zuordnungs- statt als Hinzurechnungsnorm verstanden werden.9

13

Da sich die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG spiegelbildlich zur Einkommensminderung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 KStG ergibt, wirkt sich die bislang nicht abschließend gelöste Frage eines Besteuerungskonzepts der KGaA und ihrer persönlich haftenden Gesellschafter auch auf die Anwendung der Hinzurechnungsnorm aus. Es haben sich verschiedene Konzepte herausgebildet.10 Diese unterscheiden sich hinsichtlich der Ermittlung des abzugsfähigen Gewinnanteils iSv. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 KStG im Wesentlichen dadurch, ob die Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften bei der KGaA Einfluss auf die Ermittlung des abzugsfähigen Gewinnanteils nimmt.

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Das „intransparente Besteuerungskonzept“11 orientiert sich an der kapitalistischen Rechtsform der KGaA. Die KGaA erzielt als juristische Person sämtliche Einkünfte, der persönlich haftende Gesellschafter erhält seinen Gewinnanteil vergleichbar einer Ausschüttung. Dabei sind die dem Gewinn und damit dem Gewinnanteil zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle für die Zurechnung zum persönlich haftenden Gesellschafter irrelevant. Korrekturnorm zur Vermeidung etwaiger Doppelbelastungen

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BGH v. 24.2.1997 – II ZB 11/96, BGHZ 134, 392; ausf. zur GmbH & Co. KGaA: Halasz/Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 77; stl. wurde bereits vorher von einer Zulässigkeit ausgegangen, vgl. insoweit BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360. BFH v. 8.2.1984 – I R 11/80, BStBl. II 1984, 381 = FR 1984, 404. Drüen in H/H/R, § 9 KStG Anm. 27. BFH v. 21.6.1989 – X R 14/88, BStBl. II 1989, 881 = FR 1989, 656. Semler/Perlitt in MüKo AktG, Band 5, 4. Aufl. 2015, § 281 Rz. 281. Wichert in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2014, § 278 AktG Rz. 20. BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360. BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360; v. 28.11.2007 – X R 6/05, BStBl. II 2008, 363 = FR 2008, 575 m. Anm. Wendt. Ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 8 GewStG Rz. 3; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 530; Rohrer/Orth, BB 2007, 1594; Wassermeyer in FS Streck, 270. BFH v. 28.11.2007 – X R 6/05, BStBl. II 2008, 363 = FR 2008, 575 m. Anm. Wendt. Ausf. zu den einzelnen Besteuerungskonzepten Krebbers-van Heek, Die mitunternehmerische Besteuerung der Komplementäre der KGaA, 2016, 79 ff. und Drüen/van Heek, DStR 2012, 541. Ebling in FS Jakob, 67; Kramer, IStR 2010, 57 (58).

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B. Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA

Rz. 18 § 8 Nr. 4

stellt § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG dar, der insoweit den handelsrechtlichen Gewinnanteil trotz seiner Eigenschaft als Einkommensverwendung iSv. § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG als stl. abziehbaren Aufwand fingiert. Aufseiten des persönlich haftenden Gesellschafters bewirkt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG eine Qualifikation des Gewinnanteils in gewerbliche Einkünfte. Im Ergebnis wirken sich steuerrechtliche Regelungen (steuerrechtliche Gewinn-, Einkommens- und Bilanzierungsvorschriften, ua. § 4 Abs. 5, § 5 Abs. 2 und § 6a EStG, § 8b KStG) und Befreiungen ausschließlich bei der KGaA aus.1 Das „modifizierte intransparente Besteuerungskonzept“2 wendet § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG erst nach 15 der Berücksichtigung der og. steuerrechtlichen Regelungen auf den handelsbilanziellen Gewinn an. Hierdurch soll insbes. die dem intransparenten Besteuerungskonzept innewohnende „Schwäche“3 bei der Besteuerung von reinen Holding-KGaA mit nach § 8b KStG nicht zu versteuernden Beteiligungseinkünften begegnet werden. Vor der Ermittlung des nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG abzuziehenden Gewinnanteils des persönlich haftenden Gesellschafters wird zunächst § 8b KStG berücksichtigt und somit vermieden, dass § 8b KStG unterfallende Dividenden (im Gewinnanteil) auch nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG zum Abzug gebracht werden können. Im Ergebnis kommt es bei der Ermittlung des nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG abzugsfähigen Gewinnanteils zur Berücksichtigung des auf den persönlich haftenden Gesellschafter entfallenden Teils der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben iSv. § 8b Abs. 5 KStG.4 Die verschiedenen „transparenten Besteuerungskonzepte“ betonen hingegen die Gleichstellung der 16 Besteuerung des persönlich haftenden Gesellschafters mit einem Mitunternehmer5 und drängen die kapitalistische Struktur der KGaA und die damit einhergehende Einordnung als Körperschaftsteuersubjekt in den Hintergrund.6 Der von der KGaA erzielte Gewinn wird „an der Quelle der Einkunftserzielung“ abgespalten7 und dem persönlich haftenden Gesellschafter einerseits und den Kommanditaktionären andererseits quotal zugewiesen. Hinsichtlich der Bestimmung des nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG abzugsfähigen Gewinnanteils ergeben sich allerdings keine Unterschiede zum „intransparenten Besteuerungskonzept“. Das „modifizierte transparente Besteuerungskonzept“8 geht über das eigentliche transparente Kon- 17 zept hinaus und will (vergleichbar der modifizierten intransparenten Besteuerung) auch den Abzugsbetrag nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG von der handelsrechtlichen Gewinnverteilung entkoppeln und erst nach Berücksichtigung der steuerrechtlichen Vorschriften auf Ebene der KGaA anwenden. Damit wird § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG und damit auch § 8 Nr. 4 GewStG letztlich erst auf den steuerrechtlichen Gewinn entsprechend der Gewinnverteilungsquote angewendet. Seitens der FinVerw. existiert – soweit ersichtlich – keine bundeseinheitliche Verwaltungsverlautbarung, die sich für die Anwendung eines der dargestellten Konzepte ausspricht. Ebenso fehlt es an einer höchstrichterlichen Rspr. Stellungnahme. Ein schlüssiges Gesamtkonzept lässt sich anhand der vorhandenen gesetzlichen Re- 18 gelungen nicht herleiten. Die Besteuerung der KGaA als Körperschaft iSv. § 1 KStG steht im Widerstreit zu der Besteuerung des persönlich haftenden Gesellschafters, der nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG „wie ein Mitunternehmer“ zu behandeln ist.9 Eine gesetzliche Neuregelung erscheint daher wünschenswert10 und könnte sich aufgrund der weitreichenden Vergleichbarkeit des persönlich haften-

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Zur Kritik s. ua. Kusterer, DStR 2008, 484 (486). Wassermeyer in FS Streck, 47; Märtens in Gosch3, § 9 KStG Rz. 14. Rohrer/Tilmann, BB 2007, 1594 (1601). Krit. insoweit zum Durchgriff der stl. Korrekturen der einzelnen Geschäftsvorfälle auf die Zurechnung zum persönlich haftenden Gesellschafter: Krebbers/van Heek, Die mitunternehmerische Besteuerung der Komplementäre der KGaA, 2016, 112. Besteuerung „wie“ ein Mitunternehmer, vgl. Kusterer, DStR 2008, 484; Hageböke, Das KGaA-Modell, 2008, 123; Reiß in Kirchhof17, § 15 EStG Rz. 403; Drüen in H/H/R, § 9 KStG Anm. 25. Hageböke, Das KGaA-Modell, 2008, 105. BFH v. 21.6.1989 – X R 14/88, BStBl. II 1989, 881 = FR 1989, 656. Kollruss, BB 2012, 3178 (3180); Rohrer/Tilmann, BB 2007, 1594. Vgl. auch Roser in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 8. Zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Neuregelung „Beteiligungsmodell“ vgl. ausf. Krämer in D/P/M, § 9 KStG Rz. 42e ff. und Wissenschaftlicher Beirat Steuern der E & Y GmbH, DB 2014, 147.

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§ 8 Nr. 4 Rz. 19 Hinzurechnungen (KGaA-Gewinnanteile) den Gesellschafters mit einem atypisch still Beteiligten an dem Besteuerungskonzept eines Mitunternehmers orientieren.1 19

Handelsrechtlich zwar umstritten, aber iErg. ohne Auswirkung auf den Gewinnanteil iSv. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG und damit auch auf § 8 Nr. 4 GewStG ist die Frage, wie die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter iSv. § 278 Abs. 2 AktG und der Kommanditaktionäre iSv. § 278 Abs. 3 AktG aufgrund ihrer unterschiedlichen Zuordnung unter das Recht der KG und das Aktienrecht zu ermitteln sind. Herausgebildet haben sich hierzu zwei Theorien.2 Nach der dualistischen Theorie sind für die KGaA zwei Bilanzen zu erstellen, sofern die Satzung nicht eine anderweitige Regelung enthält. Bei den Bilanzen handelt es sich zum einen um eine Bilanz nach KG-Recht, aus der die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter zu errechnen sind, und zum anderen um eine zweite Bilanz nach Aktienrecht für die Gewinnanteile der Kommanditaktionäre. Nach der monoistischen Theorie ist hingegen nur eine Bilanz nach Aktienrecht zu erstellen. Der Gewinn wird auf die beiden Gesellschaftergruppen nach KG- und Aktienrecht verteilt. Beide Gewinnermittlungsmethoden kommen – allerdings auf unterschiedlichen Wegen – grds. zum gleichen Ergebnis.3

20

Verlustanteile des persönlich haftenden Gesellschafters werden ebenfalls nach § 8 Nr. 4 GewStG hinzugerechnet, soweit sie sich über § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG bei der KGaA einkommenserhöhend ausgewirkt haben.4 Der Begriff Gewinn bzw. Gewinnanteil bezieht auch Verluste als „negative Rechnungsgröße“ mit ein.5 Sie sind als „Gewinnanteile mit negativen Vorzeichen“ zu erfassen.6

21

Gewinnminderungen/-erhöhungen aus der Fortentwicklung einer für den persönlich haftenden Gesellschafter aufgestellten Ergänzungsbilanz bei der KGaA wirken sich nicht auf den Gewinnanteil iSv. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG und § 8 Nr. 4 GewStG7 aus.8 Die Zulässigkeit der Aufstellung einer Ergänzungsbilanz des persönlich haftenden Gesellschafters für seine die AK übersteigende Einlage resultiert aus der weitgehenden Gleichstellung des persönlich haftenden Gesellschafters mit einem Mitunternehmer iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, insbes. mit einem atypisch stillen Gesellschafter.9 Ausweislich des Wortlauts10 und der Systematik der Regelungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und § 8 Nr. 4 GewStG fließen die Ergebnisse der Ergänzungsbilanz – anders als beim Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG in den Gewerbeertrag der Personengesellschaft – jedoch nicht in den Gewerbeertrag der KGaA mit ein.11

22

Keine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG erfolgt bei der KGaA hinsichtlich der Ausschüttungen auf die Gewinnanteile der Kommanditaktionäre, auch wenn der persönlich haftende Gesellschafter Kommanditaktien hält.12

1 Zur Vergleichbarkeit von persönlich haftenden Gesellschaftern und atypisch stillen Gesellschaftern Kopec/ Schade, FR 2017, 811; BFH v. 15.3.2017 – I R 41/16, BFHE 258, 246 = FR 2017, 1147 Rz. 28. 2 BFH v. 21.6.1989 – X R 14/88, BStBl. II 1989, 881 = FR 1989, 656; Halasz/Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 77 (86); Wissenschaftlicher Beirat Ernst & Young, DB 2014, 147; Theisen, DB 1989, 2191. 3 Krebbers-van Heek, Die mitunternehmerische Besteuerung der Komplementäre der KGaA, 2016, 42 mwN; Rohrer/Orth, BB 2007, 1594. 4 Hageböke in R/H/N, § 9 KStG Rz. 179. 5 BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743 zu § 9 Nr. 3 GewStG; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 538; Roser in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 14; Kollruss, StBp. 2005, 65 (68 mit Bsp.). 6 Deutschländer, StBp. 2013, 283 (285). 7 Folglich findet keine Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewStG beim persönlich haftenden Gesellschafter statt, s. § 9 Nr. 2b GewStG Rz. 7. 8 BFH v. 15.3.2017 – I R 41/16, BFHE 258, 246 = FR 2017, 1147. 9 Behandlung „wie ein Mitunternehmer“, vgl. Rz. 3; vgl. auch Wacker, DStR 2017, 193 (197); Hageböke in R/H/N, § 9 KStG Rz. 173; Reiß in Kirchhof17, § 15 EStG Rz. 407; Glanegger, DStR 2004, 1686 (1688); Kempf, DStR 2015, 1905; Roser in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 10; ablehnend ua. FG München v. 10.7.2003 – 5 K 2681/97, EFG 2003, 1691; Kollruss, FR 2016, 203. 10 „Verteilter Gewinn“. 11 BFH v. 15.3.2017 – I R 41/16, BFHE 258, 246 = FR 2017, 1147. 12 Roser in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 13.

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C. Gewinnanteile als Vergütung für die Geschäftsführung

Rz. 25 § 8 Nr. 4

C. Gewinnanteile, die als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind I. Vorbemerkung Zu den Vergütungen iSv. § 8 Nr. 4 GewStG gehören alle Arten von Vergütungen, die die persönlich 23 haftenden Gesellschafter als Gegenleistung für ihre gegenwärtige oder frühere Geschäftsführertätigkeit erhalten.1 Die Norm wirkt spiegelbildlich zu den in § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG geregelten Einkommensminderungen (Rz. 5). Der Ansatz beim persönlich haftenden Gesellschafter gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG bleibt davon hingegen unberührt.2

II. Gewinnabhängige Vergütungen (Tantiemen) Aufgrund des klaren Wortlauts der Norm unterfallen Tantiemen als gewinnabhängige Geschäfts- 24 führervergütungen der Regelung des § 8 Nr. 4 GewStG.

III. Gewinnunabhängige (feste) Vergütungen Die Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG iVm. § 8 Nr. 4 GewStG ist trotz ausdrücklicher Nennung 25 des Begriffs „Tantieme“ nicht auf gewinnabhängige Vergütungen beschränkt.3 Die Begriffe „Tantieme“ und Vergütung stehen in einem Verhältnis von „Art“ und „Gattung“.4 Daher werden auch feste Geschäftsführervergütungen (gewinnunabhängige Vergütungen) und Ruhegehälter sowie ähnliche Bezüge erfasst.5 Nach anderer Auffassung6 gilt § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG iVm. § 8 Nr. 4 GewStG bei gewinnunabhängigen Geschäftsführervergütungen nur subsidiär zu § 4 Abs. 4 EStG, da die körperschaftsteuerliche Regelung nur den ohnehin zulässigen Betriebsausgabenabzug von festen Leistungsbeziehungen auch auf gewinnabhängige Vergütungen ausdehnt. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG ist danach beschränkt auf Geschäftsführungsvergütungen, die iRd. Gewinnverteilung als „Gewinnvorab“ und damit nicht gewinnmindernd behandelt werden.7 Mangels Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG kommt es insoweit nicht zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG. Stellungnahme. Die weite Auslegung des Anwendungsbereichs des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG sowie des § 8 Nr. 4 und § 9 Nr. 2b GewStG erscheint vorzugswürdig. Der Wortlaut nimmt keine Differenzierung danach vor, ob und wie die Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters verteilt werden.8 Die Einbeziehung der gewinnunabhängigen Vergütungen ergibt sich zudem aus der aktienrechtlichen Einordnung der Vergütungen der persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA.9 Danach sind alle Bezüge des persönlich haftenden Gesellschafters Ausfluss seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung. Seine Geschäftsführungsbefugnis ist von keinem anderen Organ der Gesellschaft abgeleitet; er ist zur Geschäftsführung grds. berechtigt und verpflichtet10 und nimmt die Geschäftsführung nicht mittels Dienstvertrags, sondern kraft Gesellschafterstellung wahr.11 Hat die Vergütung handelsrechtlich 1 BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360; v. 8.2.1984 – I R 11/80, BStBl. II 1984, 381 = FR 1984, 404; Deutschländer, StBp. 2013, 283. 2 BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360. 3 Schulte in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl. 2010, § 9 Rz. 32 „Beispielsfall“; Riotte/Dümichen/Engel in Schütz/Bürgers/ Riotte, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, 2004, 418. 4 BFH v. 8.2.1984 – I R 11/80, BStBl. II 1984, 381 = FR 1984, 404. 5 BFH v. 4.5.1965 – I 186/64 U, BStBl. III 1965, 418; v. 6.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462. 6 Theisen, DB 1989, 2191; Busch/Thieme, FR 2008, 1137 (1138); Bielinis, Die Besteuerung der KGaA, 2013, 196; Fischer, DStR 1997, 1519 (1521). 7 Drüen/van Heek, DB 2012, 2184. 8 So auch Hageböke, DB 2012, 2709; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 535. 9 Krämer in D/P/M, § 9 KStG Rz. 19. 10 Sog. „Selbstorganschaft“, Schmidt/Lutter, AktG, Band 2, 3. Aufl. 2015, § 278 Rz. 7. 11 Semler/Perlitt in MüKo AktG, Band 5, 4. Aufl. 2015, Vor § 278 Rz. 36; Förl/Fett in Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl. 2017, § 278 Rz. 12 ff.

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§ 8 Nr. 4 Rz. 26 Hinzurechnungen (KGaA-Gewinnanteile) den Gewinn gemindert, findet vor einer Kürzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG zunächst eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG statt.1

IV. Vergütungen für einen Fremdgeschäftsführer des persönlich haftenden Gesellschafters 26

Bei der GmbH & Co. KGaA2 stellen auch Vergütungen an den persönlich haftenden Gesellschafter zum Ersatz von Aufwendungen, die dieser für die Übertragung von Geschäftsführeraufgaben auf andere Personen tätigt, Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters, die an ihn als Vergütung für die Geschäftsführung iSv. § 8 Nr. 4 GewStG verteilt werden, dar.3 Die Höhe der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG wird nicht durch die Aufwendungen gemindert, die dem persönlich haftenden Gesellschafter für die Übertragung der Aufgaben auf den Fremdgeschäftsführer entstehen.4 Die Anwendung des § 8 Nr. 4 GewStG hat vielmehr stets aus der Sicht der KGaA und nicht aus Sicht des persönlich haftenden Gesellschafters zu erfolgen (sog. „Bruttobetrachtung“).5

V. Haftungsvergütungen 27

Bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden ist die Behandlung von Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter für die Übernahme der persönlichen Haftung erhält. Der persönlich haftende Gesellschafter haftet im Außenverhältnis unbeschränkt und persönlich gem. § 128 ff. iVm. § 161 Abs. 2 HGB.6 Für eine Einbeziehung dieser Vergütungen in den Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und des § 8 Nr. 4 GewStG spricht, dass die Übernahme der Haftung einen Gesellschafterbeitrag des persönlich haftenden Gesellschafters darstellt und damit eine Vergütung für eine nicht auf das Grundkapital erbrachte Einlage vorliegt. Dies gilt auch, wenn der persönlich haftende Gesellschafter keine Vermögenseinlage geleistet hat.7

VI. Zuführung zu Pensionsrückstellungen für den persönlich haftenden Gesellschafter 28

Zuführungen der KGaA zu Pensionsrückstellungen für Pensionszusagen zugunsten der Geschäftsführer eines persönlich haftenden Gesellschafters in der Rechtsform einer GmbH (zur Zulässigkeit s. Rz. 9) sind Vergütungen iSv. § 8 Nr. 4 GewStG,8 auch wenn sich die Ruhegehaltsansprüche der Geschäftsführer direkt gegen die KGaA wenden. Die Aufwendungen sind Teil der Vergütung der GmbH, die diese für die Übernahme der Geschäftsführung erhält.9 Die Auflösung einer Pensionsrückstellung, die bereits über die Hinzurechnung der GewSt unterlegen hat, erhöht folglich nicht den Gewerbeertrag, da es ansonsten insoweit zu einer Doppelbesteuerung kommen würde.10

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Roser in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 22a. Zur gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit s. Rz. 9. BFH v. 6.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462. „Auch wenn es insoweit zu einer Doppelerfassung kommt“, vgl. BFH v. 23.10.1985 – I R 235/81, BStBl. II 1986, 72 = FR 1986, 157 zur Rechtslage vor Einführung des § 9 Nr. 2b GewStG. BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360; Kollruss, GmbHR 2003, 709 (710); aA Graf, DStR 1991, 1374 (1377) zur gewstl. Doppelbelastung vor Einführung des § 9 Nr. 2b GewStG. Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 278 Rz. 10. Vgl. ua. Märtens in Gosch3, § 9 KStG Rz. 19; Krämer in D/P/M, § 9 KStG Rz. 21; Drüen in H/H/R, § 9 KStG Rz. 29; Hageböke in R/H/N, § 9 KStG Rz. 182; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 535; Deutschländer, StBp. 2013, 283 (285); s. auch FG Münster v. 6.4.2011 – 9 K 1046/09 G,F, EFG 2011, 2000; differenzierend danach, ob die Haftungsvergütung gewinnabhängig oder -unabhängig vereinbart wird, vgl. Bielinis, Die Besteuerung der KGaA, 2013, 198. R 8.2 Satz 3 GewStR 2009. BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360. BFH v. 27.3.1961 – I 278/60 U, BStBl. III 1961, 280.

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C. Gewinnanteile als Vergütung für die Geschäftsführung

Rz. 31 § 8 Nr. 4

VII. Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern und Darlehen vom persönlich haftenden Gesellschafter an die KGaA Nicht von § 8 Nr. 4 GewStG erfasst sind Vergütungen der KGaA an den persönlich haftenden Gesell- 29 schafter für die Überlassung von Wirtschaftsgütern und Darlehen, auch wenn diese in den Einkünften des persönlich haftenden Gesellschafters nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG erfasst sind.1 Die Zahlungen stellen Betriebsausgaben der KGaA gem. § 4 Abs. 4 EStG dar, wenn sie im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses vereinbart wurden,2 da es sich nicht um Aufwendungen iZm. der gesellschaftsrechtlichen Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters in der KGaA handelt (vgl. Rz. 26).

VIII. Auslagen- und Aufwendungsersatz Eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG unterbleibt für Zahlungen an den persönlich haftenden 30 Gesellschafter in Form eines Auslagen- oder Aufwendungsersatzes, zB bei der Erstattung von Reisekosten. Die Leistungen stellen kein Entgelt für die Geschäftsführertätigkeit dar. Die Zahlungen sind Betriebsausgaben der KGaA iSv. § 4 Abs. 4 EStG iVm. § 8 KStG.3

IX. Unangemessene Vergütungen (verdeckte Gewinnausschüttung) Offen ist das Verhältnis der verdeckten Gewinnausschüttung iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu § 9 31 Abs. 1 Nr. 1 KStG und § 8 Nr. 4 GewStG. Folgt man – wie hier vertreten (s. Rz. 25) – der Auffassung, dass auch gewinnunabhängige Geschäftsführervergütungen der persönlich haftenden Gesellschafter unmittelbar unter § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG – und damit auch unter § 8 Nr. 4 GewStG – zu subsumieren sind, sind sie einer Einkommenskorrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG – ob angemessen oder unangemessen – von vornherein entzogen. Da § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG – anders als § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG – nicht unter den Vorbehalt des § 8 Abs. 3 KStG gestellt worden ist, gibt es danach im Verhältnis des persönlich haftenden Gesellschafters zu seiner KGaA insoweit keine vGA.4 Die Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG auf entsprechende Vergütungen schließt eine Anwendbarkeit von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG aus.5 Im Übrigen – dh. für unangemessene Teile anderer Vergütungen6 – findet ebenfalls § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG (und damit auch § 8 Nr. 4 GewStG) Anwendung.7 Der unangemessene Teil der Vergütung wird zuvor (dh. vor einem Abzug nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG) gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG hinzugerechnet.8 Erfolgt die unangemessene Vergütung an den Kommanditaktionär und ist dieser zugleich persönlich haftender Gesellschafter, ist die Vorteilszuwendung in einen auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und einen auf § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG entfallenden Betrag aufzuteilen.9

1 R 8.2 Satz 4 GewStR 2009. 2 BFH v. 28.11.2007 – X R 6/05, BStBl. II 2008, 363 = FR 2008, 575 m. Anm. Wendt; Schaumburg, DStZ 1998, 525 (533); Theisen, DB 1989, 2191. 3 BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360. 4 Schaumburg, DStZ 1998, 525 (534); FG Köln v. 17.8.2006 – 6 K 6170/03, EFG 2006, 1923. 5 Wassermeyer, GmbHR 1999, 18 (23); Deutschländer, StBp. 2013, 283 (286). 6 Vergütungen für die Hingabe von Darlehen oder WG im Leistungsaustausch; für den angemessenen Teil dieser Vergütungen vgl. Rz. 8. 7 Krämer in D/P/M, § 9 KStG Rz. 36; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 9; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 539; Roser in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 29. 8 Hageböke in R/H/N, § 9 KStG Rz. 69 mwN. 9 Hageböke in R/H/N, § 9 KStG Rz. 70 mwN; s. auch Drüen in H/H/R, § 9 KStG Anm. 30.

Kontny

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§ 8 Nr. 4 Rz. 32 Hinzurechnungen (KGaA-Gewinnanteile)

X. Zeitpunkt der Hinzurechnung 32

Die Beträge iSv. § 8 Nr. 4 GewStG sind jeweils in dem EZ, in dem sie nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der KGaA abgezogen wurden, dem Gewinn wieder hinzuzurechnen.1

§ 8 Nr. 5 [Begünstigte Gewinnanteile nach EStG/KStG] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: … 5. die nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes oder § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit sie nach § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 5 und 10 des Körperschaftsteuergesetzes unberücksichtigt bleiben. 2Dies gilt nicht für Gewinnausschüttungen, die unter § 3 Nr. 41 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes fallen; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . .

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III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

7

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zu § 9 Nr. 2a, 7 GewStG . . . b) Verhältnis zu DBA-Schachtelprivilegien und § 9 Nr. 8 GewStG . . . . . . . . . . c) Verhältnis zu § 7a GewStG . . . . . . . 2. Verhältnis zu § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 1 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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V. Verfassungs- und Europarecht . . . . . . . .

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B. Voraussetzungen der Hinzurechnung im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Außer Ansatz gebliebene Gewinnanteile . . . 1. Von der Hinzurechnung erfasste „Gewinnanteile (Dividenden)“ . . . . . . . . . . . . .

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2. § 3 Nr. 40 EStG – teilweise freigestellte, laufende Beteiligungserträge . . . . . . . . . 3. § 8b Abs. 1 KStG – vollständig freigestellte, laufende Beteiligungserträge . . . . 4. Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Keine Hinzurechnung bei Gewinnausschüttungen iSd. § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG .

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II. Voraussetzungen von § 9 Nr. 2a und 7 GewStG nicht erfüllt (keine gewerbesteuerliche Schachtelbeteiligung) . . . . . . . . .

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III. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal: kein DBA-Schachtelprivileg anwendbar . .

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C. Umfang der Hinzurechnung . . . . . . . .

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I. Hinzuzurechnender Gewinnanteil . . . . .

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II. Berücksichtigung von Beteiligungsaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literatur: Fischer, Wechselwirkungen zwischen der Einkommen- und Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer bei Anteilen im Streubesitz nach dem UntStFG, DStR 2002, 610; Haas, Die Gewerbesteuerpflicht von Dividenden aus Streubesitz nach § 8 Nr. 5 GewStG und ihre Auswirkungen auf 100 %-Beteiligungen, DB 2002, 549; Kessler/ Kahl, Gewerbesteuer auf Nicht-Schachteldividenden – Ausgabe iSd. § 3c EStG nF?, DB 2002, 1017; Mielke, Steueränderungen zum 1.1.2002 im Unternehmensbereich: Hinzurechnung von Streubesitzdividenden zum Gewerbeertrag (§ 8 Nr. 5 GewStG), DB 2002, 10; Prinz/Simon, Kuriositäten und Ungereimtheiten des UntStFG: Ungewollte Abschaffung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs für Kapitalgesellschaften?, DStR 2002, 149; Ritzer/Stangl, Gesetzliche Neuerungen im Bereich der Gewerbesteuer, INF 2002, 131; Rödder/Schumacher, Unternehmenssteuer1 BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360.

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Kontny/Bergmann

Hinzurechnungen (Begünstigte Gewinnanteile nach EStG/KStG)

Rz. 1 § 8 Nr. 5

fortentwicklungsgesetz: Wesentliche Änderungen des verkündeten Gesetzes gegenüber dem Regierungsentwurf, DStR 2002, 105; Strunk/Kamphaus, Aktuelle Steuerrechtsänderungen und ihre Auswirkungen auf die Personengesellschaft, BB 2002, 2153; Stuhrmann, Überblick über Steuerrechtsänderungen des Jahres 2001, NJW 2002, 638; Gröning/Siegmund, Aushöhlung des Objektprinzips der Gewerbesteuer: Dauerschuldzinsaufwendungen für Streubesitzbeteiligungen, DStR 2003, 617; Lindemann, Gewerbesteuerliche Fragen bei inländischen Investmentfonds einschließlich Hedgefonds, DStZ 2003, 559; Pyszka, Gewerbesteuerfreistellung von Dividenden und Einkünften aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei Bestehen einer atypisch stillen Beteiligung, DB 2003, 686; Reinhardt, Das BMF-Schreiben zur Anwendung des § 8b KStG und Auswirkungen auf die Gewerbesteuer, BB 2003, 1148; Rödder/Schumacher, Das BMF-Schreiben zu § 8b KStG, DStR 2003, 909; Starke, Gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden, FR 2005, 681; Wagner, Die formellen und materiellen Neuerungen bei der Investmentbesteuerung, Stbg. 2005, 298; Barzen, Unternehmensteuerreform 2008: Fallbeispiele zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes, BC 2007, 253; Dallwitz/Mattern/Schnitger, Beeinträchtigung grenzüberschreitender Finanzierung durch das JStG 2007, DStR 2007, 1697; Kessler/Ortmann-Babel/Zipfel, Unternehmensteuerreform 2008: Die geplanten Änderungen im Überblick, BB 2007, 523; Kessler/Knörzer, Die Verschärfung der gewerbesteuerlichen Schachtelstrafe – erneute Diskriminierung inländischer Holdinggesellschaften?, IStR 2008, 121; Starke/Günther, Ist die zeitliche Restriktion für Schachteldividenden in der Gewerbesteuer noch zeitgemäß?, FR 2008, 814; Hageböke, Zum Konkurrenzverhältnis von DBA-Schachtelprivileg und § 8b KStG, IStR 2009, 473; Hils, Fragen zu § 8b KStG bei betrieblichen Fondsanlegern – zugleich Anm. zu der Entscheidung des FG Düsseldorf v. 23.10.2008, DB 2009, 1151; Steinmüller, Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Streubesitzdividenden aus einem Investmentvermögen, DStR 2009, 1564; Bödecker, Hinzurechnung steuerfreier Dividenden – Anm. zum BFH-Urt. v. 3.3.2010 – I R 109/08, NWB 2010, 2777; Heurung/Engel/Seidel, Das DBA-Schachtelprivileg in Körperschaft- und Gewerbesteuer, DB 2010, 1551; Kessler/Dietrich, Auf den zweiten Blick: Warum § 3c EStG auf DBA-Schachteldividenden nicht anwendbar ist, IStR 2010, 696; Schönfeld, Neues zum DBA-Schachtelprivileg oder: Was bleibt von § 8 Nr. 5 GewStG und § 8b Abs. 5 KStG bei grenzüberschreitenden Dividenden? – zugleich Anm. zu BFH v. 19.5.2010 – I R 62/09, und v. 23.6.2010 – I R 71/09, IStR 2010, 658; Stangl/Hageböke, Neues zur Anwendung des DBA-Schachtelprivilegs – Anmerkungen zum BFH-Urt. v. 23.6.2010 – I R 71/09, Ubg 2010, 651; Beckmann/Schanz, Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen und Kürzungen im Zusammenhang mit Beteiligungserträgen, DB 2011, 954; Kessler/Dietrich, Den Worten sollten Taten folgen: die Umsetzung eines Doppelbesteuerungsabkommens, IStR 2011, 108; Eglmaier, Erwiderung zu Kessler/Dietrich (IStR 2001, 108): Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die deutsche GewSt, IStR 2011, 951; Kessler/Dietrich, Von schlafenden Hunden – zugleich Erwiderung zu Eglmaier (IStR 2011, 951), IStR 2011, 953; Eglmaier, Nochmals: Keine Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die deutsche GewSt – Duplik zu Kessler/Dietrich (IStR 2011, 953), IStR 2011, 955; Kraft/Gebhardt/Quilitzsch, Das Auslandsdividendenpuzzle, FR 2011, 593; Becker/Loose, Zur Anrechnung ausländischer Quellensteuern auf die Gewerbesteuer, IStR 2012, 57; Kessler/Dietrich, Wann ist eine Beteiligung eine Schachtelbeteiligung?, DStR 2012, 2101; Desens, Echter Vertrauensschutz bei „unechten“ Rückwirkungen im Steuerrecht, FR 2013, 148; Herlinghaus, Rechtsfragen zur Steuerpflicht von Streubesitzdividenden gem. § 8b Abs. 4 KStG nF, FR 2013, 529; Scharfenberg, Grenzen der „unechten“ Rückwirkung von Steuergesetzen nach der neueren Rspr. des BVerfG – Zugleich Anm. zum BVerfG-Beschl. v. 10.10.2012 (1 BvL 6/07) zur rückwirkenden gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Streubesitzdividenden, DB 2013, 85; Wiese/Lay, Die Besteuerung sog. „Streubesitzdividenden“ im Körperschaftsteuerrecht, GmbHR 2013, 404; Weiss, Kein Abzug ausländischer Quellensteuern auf Streubesitzdividenden, die nach § 8b KStG von der Körperschaftsteuer befreit sind, vom Gewerbeertrag, SteuK 2016, 182; Weiss, Aktuelle Entwicklungen im Gewerbesteuerrecht (Teil 1) – Grundsätze und geplante Änderungen der Gewerbesteuer, EStB 2016, 460; Weiss, Aktuelle Entwicklungen im Gewerbesteuerrecht (Teil 2) – Aktuelle Rechtsprechung, EStB 2017, 28; Weiss, Aktuelle Entwicklungen im Gewerbesteuerrecht (Teil 3) – Neuere Rechtsprechung zu Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8, 9 GewStG, EStB 2017, 78; Haase/Dorn, Zum Zusammenspiel zwischen körperschaft- und gewerbesteuerlichem Schachtelprivileg bei Bezug über eine gewerbliche Personengesellschaft, DStR 2017, 134; Geberth/Bartelt, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung im Zusammenhang mit Teilwertabschreibungen, GmbHR 2018, R39. Verwaltungsanweisungen: R 7.1 und 9.5 GewStR 2009; H 7.1 GewStH 2009; R 32 KStR 2004; OFD Frankfurt/M. v. 6.8.2003 – G 1422 A - 35 - St II 2.03, DB 2003, 1878.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck Nach § 8 Nr. 5 Satz 1 GewStG sind Gewinnanteile (Gewinnausschüttungen) und Dividenden sowie 1 die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen iSd. KStG dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen, soweit sie aufgrund der Anwendung von § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG (iRd. gem. § 7 Satz 1 GewStG maßgeblichen, einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung; ggf. – bei einer BeteiBergmann

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§ 8 Nr. 5 Rz. 2 Hinzurechnungen (Begünstigte Gewinnanteile nach EStG/KStG) ligungserträge erzielenden Mitunternehmerschaft – iVm. § 7 Satz 4 GewStG) im Gewerbeertrag gem. § 7 GewStG nicht enthalten sind. Die Hinzurechnung unterbleibt gem. § 8 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 GewStG, wenn eine gewstl. Schachtelbeteiligung gegeben ist, dh., wenn die Voraussetzungen eines der sog. gewstl. Schachtelprivilegien (§ 9 Nr. 2a oder Nr. 7 GewStG) erfüllt sind. Gleiches (keine Hinzurechnung) gilt iErg., wenn die Voraussetzungen eines DBA-Schachtelprivilegs erfüllt sind (zu Einzelheiten hierzu s. Rz. 11). Ebenfalls von der Hinzurechnung ausgeschlossen sind gem. § 8 Nr. 5 Satz 2 GewStG Gewinnausschüttungen, die unter § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG fallen, dh. ausgeschüttete Hinzurechnungsbeträge nach dem AStG. 2 Die Hinzurechnung erfolgt gem. § 8 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 3 und 4 GewStG nach Abzug der mit den je-

weiligen Einnahmen, Bezügen oder sonstigen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben (Nettogewinn), jedoch nur, soweit diese gem. § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b Abs. 5 und 10 KStG bei der Gewinnermittlung nach den Vorschriften des ESt bzw. KSt unberücksichtigt geblieben sind. Mit anderen Worten: Der Hinzurechnungsbetrag mindert sich um die nicht abzugsfähigen Beteiligungsaufwendungen. 3 § 8 Nr. 5 GewStG führt dazu, dass die Freistellung von Dividenden für gewstl. Zwecke eigenen Vo-

raussetzungen – nämlich jenen der § 9 Nr. 2a und 7 GewStG – unterworfen wird. Das ist im Grundsatz krit. zu sehen, weil kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung von Dividenden im Rahmen der KSt und ESt einerseits und im Rahmen der GewSt andererseits erkennbar ist. § 8 Nr. 5 GewStG ist insofern (in seinem durch § 9 Nr. 2a und 7 GewStG vorgegebenen Anwendungsbereich) als fiskalisch1 motivierte und systemwidrige2 Vorschrift anzusehen.

II. Zeitlicher Anwendungsbereich 4 Der zeitliche Anwendungsbereich von § 8 Nr. 5 GewStG in seiner heute geltenden Fassung erstreckt

sich – das ist unstreitig – auf EZ ab (einschließlich) 2002. 5 Im EZ 2001 ist § 8 Nr. 5 GewStG wegen Verstoßes gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes un-

anwendbar, soweit Dividendenvorabausschüttungen aus Beteiligungen von weniger als 10 % vor dem 11.12.2001 (Datum der Beschlussfassung im Vermittlungsausschuss) beschlossen wurden und zugeflossen sind; insoweit hat das BVerfG die – rückwirkende – Anwendungsvorschrift des § 36 Abs. 4 GewStG idF des UntStFG für nichtig erklärt.3 6 Nach uE zutreffender Auffassung des BFH ist § 8 Nr. 5 GewStG zudem im gesamten EZ 2001 wegen

Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) unanwendbar.4 Aufgrund der komplexen Übergangsvorschriften kam es zu dem Phänomen, dass § 8 Nr. 5 GewStG im EZ 2001 iErg. nur auf Auslandsbeteiligungen anwendbar war. Das hat der BFH unter Berufung auf die STEKO-Rspr. des EuGH5 zu Recht als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit eingeordnet. Für die Praxis ist zu beachten, dass die FinVerw. das Urt. des BFH nicht anwendet.6

III. Rechtsentwicklung 7 Die Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG mit ihrem heutigen Regelungsinhalt wurde durch das UntStFG

v. 20.12.20017 eingefügt. Ursprünglich war seitens des BMF vorgeschlagen worden, wegen des Objektcharakters der GewSt klarstellend eine Kürzungsvorschrift für Erträge und Veräußerungsgewinne 1 Stellungnahme des BR, BT-Drucks. 14/7084, 5. 2 Krit. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 561; Gröning/Siegmund, DStR 2003, 617 (621 f.); interessant in diesem Zusammenhang die Genese der Vorschrift iRd. Gesetzgebungsprozesses: s. Stellungnahme des BR, BTDrucks. 14/7084, 5 sowie Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7084, 8. 3 BVerfG v. 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302. 4 BFH v. 6.3.2013 – I R 14/07, BStBl. II 2015, 349 = FR 2013, 867 m. Anm. Nöcker = ISR 2013, 287 m. Anm. Quilitzsch; dazu Nichtanwendungserlasse der Länder v. 30.3.2015, BStBl. I 2015, 349. 5 EuGH v. 22.1.2009 – C-377/07 – STEKO Industriemontage, Slg. 2009, I-299. 6 Nichtanwendungserlasse der Länder v. 30.3.2015, BStBl. I 2015, 349. 7 BGBl. I 2001, 3858.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 11 § 8 Nr. 5

aus Beteiligungen aufzunehmen und ergänzend die mit solchen Erträgen in Zusammenhang stehenden Aufwendungen nach § 8 GewStG hinzuzurechnen.1 Durch Art. 4 Nr. 1 des G zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermitt- 8 lungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz (ProtErklG) v. 22.12.20032 wurde der bis dahin enthaltene Verweis auf § 3c EStG mit Wirkung ab dem EZ 2004 auf § 3c Abs. 2 EStG beschränkt. Das war konsequent, weil § 8b Abs. 5 KStG auf Inlandsfälle ausgedehnt wurde und für § 3c Abs. 1 EStG seitdem iZm. § 8b KStG kein Anwendungsbereich mehr besteht. Durch das UntStRefG 2008 v. 14.8.20073 wurde der Verweis auf § 8b Abs. 5 KStG um einen Verweis 9 auf Abs. 10 derselben Vorschrift ergänzt. Das war eine Folgeänderung der Einführung von § 8b Abs. 10 KStG, der bestimmte Betriebsausgaben vom Abzug ausschließt. Entgegen der ursprünglichen, gem. § 36 Abs. 5a GewStG idF des UntStRefG 2008 geplanten Geltung erst ab dem EZ 2008 ist die neue Fassung gem. dem durch das JStG 2008 v. 20.12.20074 eingefügten § 36 Abs. 6 GewStG bereits auf den EZ 2007 anwendbar. Mittelbar wirkt sich auf § 8 Nr. 5 GewStG die Anhebung der Schachtelbeteiligungsquote von 10 % auf 15 % in § 9 Nr. 2a und Nr. 7 GewStG aus (s. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 8 und § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 10 aE).

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG a) Verhältnis zu § 9 Nr. 2a, 7 GewStG Die Hinzurechnung des § 8 Nr. 5 GewStG setzt voraus, dass die Voraussetzungen der gewstl. Schachtel- 10 privilegien des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG nicht vorliegen bzw. dass keine gewstl. Schachtelbeteiligung gegeben ist. Die Voraussetzungen der gewstl. Schachtelprivilegien (genauer: ihr Fehlen) sind damit zentrale Tatbestandsvoraussetzung von § 8 Nr. 5 GewStG. Dadurch kommt es zum Ausschluss der Hinzurechnung von Beteiligungserträgen, die (abstrakt) die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen. b) Verhältnis zu DBA-Schachtelprivilegien und § 9 Nr. 8 GewStG § 8 Nr. 5 GewStG nimmt auf § 9 Nr. 8 GewStG keinen Bezug, der wiederum die gewstl. Kürzung auf- 11 grund eines DBA-Schachtelprivilegs vorsieht. Das komplexe Verhältnis von § 8b KStG, den DBASchachtelprivilegien und den gewstl. Schachtelprivilegien war lange Zeit umstritten.5 Seit einer in 2010 ergangenen Entsch. des BFH,6 der sich die FinVerw.7 angeschlossen hat, gelten für die Praxis folgende Grundsätze: Die Freistellung gem. § 8b Abs. 1 KStG steht grds. gleichrangig neben den DBA-Schachtelprivilegien.8 Da allerdings § 8b Abs. 1 KStG regelmäßig geringere Voraussetzungen als das jeweils einschlägige DBA-Schachtelprivileg aufstellt, greift zunächst § 8b Abs. 1 KStG (unter Anwendung von § 8b Abs. 5 KStG, aber ohne – wie es beim DBA-Schachtelprivileg der Fall wäre – Anwendung von § 3c Abs. 1 EStG).9 Die im Gewerbeertrag nicht mehr enthaltenen Dividenden sind – wenn die Voraussetzungen eines (auch für die GewSt geltenden) DBA-Schachtelprivilegs vorliegen – nicht wieder hinzuzurechnen, auch wenn die Voraussetzungen von § 9 Nr. 7 GewStG nicht erfüllt sind, also keine ausländ. Schachtelbeteiligung im gewstl. Sinne gegeben ist. 1 BMF, Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts, April 2001, S. 69 ff.; zu weiteren Einzelheiten des Gesetzgebungsprozesses s. Ritzer/Stangl, INF 2002, 131 (133 ff.). 2 BGBl. I 2003, 2840. 3 BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630. 4 BGBl. I 2007, 3150. 5 Vgl. zB Prinz/Simon, DStR 2002, 149 (150); Haas, DB 2002, 549 (551); Nöcker in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 25. 6 BFH v. 23.6.2010 – I R 71/09, BStBl. II 2011, 129 = FR 2010, 1154. 7 R 9.5 Satz 2 GewStR 2009. 8 BFH v. 23.6.2010 – I R 71/09, BStBl. II 2011, 129 = FR 2010, 1154. 9 BFH v. 22.2.2006 – I R 30/05, BFH/NV 2006, 1659.

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§ 8 Nr. 5 Rz. 12 Hinzurechnungen (Begünstigte Gewinnanteile nach EStG/KStG) Der BFH begründet dies damit, dass es gedanklich im ersten Schritt zur Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 5 GewStG kommt, die aber durch die im nächsten Schritt folgende Anwendung des DBA-Schachtelprivilegs wieder neutralisiert wird. Eine Hinzurechnung aufgrund des DBA-Schachtelprivilegs ergebe sich aber aus § 8 Nr. 5 GewStG nicht. Zur (umstrittenen) Frage, ob und in welchen Konstellationen § 9 Nr. 8 GewStG originär anwendbar ist, s. § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 8 f. c) Verhältnis zu § 7a GewStG 12

§ 7a Abs. 1 Satz 1 GewStG verfügt die Nichtanwendbarkeit der gewstl. Schachtelprivilegien auf Organgesellschaften (s. § 7a GewStG Rz. 27 f.). Im Rahmen der Ermittlung des stl. Gewerbeertrags einer Organgesellschaft findet deshalb unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder Nr. 7 GewStG eine Hinzurechnung der außer Ansatz gebliebenen Gewinnanteile statt. § 7a GewStG ist eine Reaktion auf die Rspr. des BFH, die die Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG gewstl. für nicht anwendbar hielt, wenn die Dividende durch eine Organgesellschaft bezogen wurde und § 9 Nr. 2a oder § 9 Nr. 7 GewStG anwendbar waren (s. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 11).1 2. Verhältnis zu § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 1 KStG

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Die Vorschriften des § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 1, 5 KStG sind zentrale Tatbestandsmerkmale der gewstl. Hinzurechnung von Beteiligungserträgen. Nur für nach diesen Vorschriften freigestellte Dividendenbezüge kann es zur Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 5 GewStG kommen.

V. Verfassungs- und Europarecht 14

Die rückwirkende Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG auf den EZ 2001, angeordnet durch § 36 Abs. 4 GewStG idF des UntStFG 2008, hat das BVerfG2 als verfassungswidrig eingestuft. Es handele sich hierbei, so das BVerfG, um einen Fall der unechten Rückwirkung, der mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes unvereinbar sei, soweit diese die bis zum 11.12.2001 – dem Tag, an dem der Vermittlungsausschuss die Einfügung von § 8 Nr. 5 GewStG vorgeschlagen hatte – beschlossenen und zugeflossenen Vorabausschüttungen in den Anwendungsbereich der Hinzurechnung einbeziehe. Durch den Vorschlag des Vermittlungsausschusses sei aber das Vertrauen in die bisherige Rechtslage zerstört worden. Ausschüttungsbeschlüsse, die nach dem 11.12.2001 getroffen wurden, genießen somit keinen verfassungsrechtlichen (Vertrauens-)Schutz mehr gegenüber der Einfügung des § 8 Nr. 5 GewStG.3 Unseres Erachtens lässt sich mit guten Gründen bezweifeln, dass der Wegfall des Vertrauensschutzes am Vorschlag des Vermittlungsausschusses festzumachen ist.

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Mit Urt. v. 6.3.20134 entschied der BFH unter Berufung auf die EuGH-Rspr. in Sachen STEKO,5 dass die rückwirkend ab dem 1.1.2001 angeordnete Hinzurechnung von Gewinnanteilen bei Auslandsbeteiligungen nach § 8 Nr. 5 GewStG unionsrechtswidrig ist. Die rückwirkende Hinzurechnung verstoße gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV), weil Gewinnanteile aus inländ. Streubesitzdividenden im EZ 2001 noch nicht nach § 8 Nr. 5 GewStG dem Gewerbeertrag hinzugerechnet werden. Die FinVerw. hat auf das BFH-Urt. v. 6.3.2013 mit einem Nichtanwendungserlass6 reagiert. Danach ist eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG im EZ 2001 mit Verweis auf die Grundsätze des 1 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. 2 BVerfG v. 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302 (vorgehend FG Münster v. 2.3.2007 – 9 K 5772/03 G, EFG 2007, 1728). 3 BVerfG v. 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302 Rz. 62. 4 BFH v. 6.3.2013 – I R 14/07, BStBl. II 2015, 349 = FR 2013, 867 m. Anm. Nöcker (vorgehend FG Köln v. 1.6.2006 – 15 K 5537/03, EFG 2007, 1345); vgl. FG Berlin v. 26.2.2004 – 6 B 6314/03, rkr., EFG 2004, 1146. 5 EuGH v. 22.1.2009 – C-177/07 – STEKO Industriemontage, Slg. 2009, I-299. 6 Gleich lautende Erl. der obersten Finanzbehörden der Länder zu Folgen aus dem BFH-Urt. v. 6.3.2013 (I R 14/07, BStBl. II 2015, 349) v. 30.3.2015, BStBl. I 2015, 260.

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B. Voraussetzungen der Hinzurechnung im Einzelnen

Rz. 19 § 8 Nr. 5

BVerfG-Beschl. v. 10.10.20121 jedenfalls dann zulässig, wenn eine Ausschüttung nach dem 11.12.2001 zugeflossen ist (s. auch Rz. 5 f.).

B. Voraussetzungen der Hinzurechnung im Einzelnen I. Außer Ansatz gebliebene Gewinnanteile 1. Von der Hinzurechnung erfasste „Gewinnanteile (Dividenden)“ In Zusammenschau mit dem Einleitungssatz des § 8 GewStG ergibt sich die erste Voraussetzung der 16 Hinzurechnung: Die in § 8 Nr. 5 GewStG näher bestimmten Gewinnanteile müssen im gewstl. Gewinn gem. § 7 GewStG außer Ansatz geblieben sein. Es handelt sich dabei zunächst um Bezüge gem. § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG. Daneben werden aber auch solche Bezüge erfasst, für die auf § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG verwiesen wird, wie insbes. in § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 InvStG 2004.2 Nach hM kommt es nur darauf an, dass die Bezüge entweder unmittelbar oder durch Verweisung auf eine der beiden Vorschriften freigestellt worden sind.3 Von der Hinzurechnung betroffen sind nur „Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestell- 17 ten Bezüge und erhaltenen Leistungen“, die nach § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 1 KStG iRd. Gewinnermittlung gem. § 7 GewStG als steuerfrei behandelt wurden. Unerheblich ist, ob es sich hierbei um offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen handelt.4 Hinzuzurechnen sind allein die laufenden Beteiligungserträge. Von § 8 Nr. 5 GewStG nicht erfasst sind die Erträge aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung. Derlei Veräußerungsgewinne sind zwar, nach näherer Maßgabe der §§ 3 Nr. 40 EStG, 8b KStG, ebenso wie laufende Beteiligungserträge, teilweise oder vollständig von der Ertragsbesteuerung (ESt bzw. KSt) ausgenommen. Für gewstl. Zwecke bleibt es indes – anders als in Bezug auf laufende Beteiligungserträge – bei dieser teilweisen oder vollständigen Freistellung. Gewinnabführungen im Rahmen einer Organschaft werden von § 8 Nr. 5 GewStG nicht erfasst.5 Sie stellen keine Gewinnanteile iSd. § 8 Nr. 5 GewStG dar. 2. § 3 Nr. 40 EStG – teilweise freigestellte, laufende Beteiligungserträge Gemäß § 3 Nr. 40 EStG werden die dort genannten Einnahmen nach dem sog. Teileinkünfteverfah- 18 ren iHv. 40 % steuerfrei gestellt (bis zum EZ 2009 zu 50 %, sog. Halbeinkünfteverfahren). § 8 Nr. 5 GewStG unterwirft die von § 3 Nr. 40 EStG erfassten, laufenden Beteiligungserträge im Umfang ihrer Freistellung (also iHv. 40 %), abzgl. der nach § 3c Abs. 2 EStG im Rahmen der ESt außer Ansatz gebliebenen (dh. nicht abzugsfähigen) Beteiligungsaufwendungen, der Hinzurechnung (zum genauen Hinzurechnungsumfang s. Rz. 27 ff.). § 8 Nr. 5 GewStG verweist nicht auf die einzelnen von § 3 Nr. 40 EStG steuerbefreiten und somit der 19 Hinzurechnung unterliegenden Einnahmen, sondern pauschal auf die gesamte Vorschrift. Die – zutreffende und anerkannte6 – Beschränkung auf die laufenden Beteiligungserträge iSd. § 3 Nr. 40 Buchst. d–i EStG ergibt sich (erst) aus der Gesetzesformulierung („Gewinnanteile [Dividenden]“). Für Gewinne aus Veräußerung, Liquidation oder Kapitalherabsetzung bleibt es dagegen gewstl. – über § 7 Satz 1 bzw. (bei einer „zwischengeschalteten“ Mitunternehmerschaft) § 7 Satz 4 KStG – bei der (teilweisen) Freistellung, sodass Bezüge iSd. § 3 Nr. 40 Buchst. a–c EStG von der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 5 GewStG grds. nicht betroffen sind.7 1 BVerfG v. 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302. 2 BFH v. 3.3.2010 – I R 109/08, DStR 2010, 1130 = FR 2010, 848 m. Anm. Harenberg; v. 14.12.2011 – I R 92/10, BStBl. II 2013, 486 = FR 2012, 539. 3 BFH v. 14.12.2011 – I R 92/10, BStBl. II 2013, 486 = FR 2012, 539. 4 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 07/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 5. 5 Vgl. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 10; Nöcker in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 5; Schnitter in Frotscher/Maas, § 8 GewStG Rz. 337. 6 ZB Nöcker in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 7. 7 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 570; Prinz/Simon DStR 2002, 149 (150).

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§ 8 Nr. 5 Rz. 20 Hinzurechnungen (Begünstigte Gewinnanteile nach EStG/KStG) 3. § 8b Abs. 1 KStG – vollständig freigestellte, laufende Beteiligungserträge 20

Anders als der pauschale Verweis auf § 3 Nr. 40 EStG enthält der Verweis auf Bezüge iSd. § 8b Abs. 1 KStG bereits die Beschränkung auf die laufenden Beteiligungserträge, da § 8b Abs. 1 KStG nur solche in den Blick nimmt. Das sind ausweislich des Verweises in § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG Bezüge iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG, zudem gem. § 8b Abs. 1 Satz 5 KStG auch Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sowie Einnahmen aus der Abtretung von Dividendenansprüchen oder sonstigen Ansprüchen iSd. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG.

21

Aufgrund des Ansatzerfordernisses (s. Rz. 16) sind all jene Bezüge iSd. § 8b Abs. 1 KStG der Hinzurechnung entzogen, für die die Freistellung des § 8b Abs. 1 KStG nicht durchgreift. Das sind zunächst die von § 8b Abs. 4 KStG der vollen Besteuerung unterworfenen Streubesitzdividenden, also solche aus Beteiligungen von unter 10 %. Ferner sind dies Bezüge iSd. § 8b Abs. 1 KStG, die entweder wegen § 8b Abs. 7 KStG (insbes. Anteile im Handelsbestand von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsunternehmen) oder § 8b Abs. 8 KStG (Anteile, die bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen den Kapitalanlagen zuzurechnen sind) der körperschaftsteuerlichen Freistellung entzogen sind. Hinzuweisen ist auf die Rückausnahme zu § 8b Abs. 7 und 8 KStG, die in § 8b Abs. 9 KStG vorgesehen ist, soweit der Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie1 reicht. 4. Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften

22

Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG findet auch auf gewerbliche Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) Anwendung, für die bei der Ermittlung des Gewinns die §§ 3 Nr. 40 EStG und 8b KStG anzuwenden sind (vgl. § 7 Satz 4 GewStG, dem jedoch im Hinblick auf § 8b KStG nur deklaratorische Wirkung zukommt, s. § 7 GewStG Rz. 133 aE).2 Die FinVerw. folgt dem – abweichend v. BMF-Schreiben v. 28.4.20033 – auch für alle noch offenen Fälle vor dem EZ 2004.4 5. Keine Hinzurechnung bei Gewinnausschüttungen iSd. § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG

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Nach dem Wortlaut des § 8 Nr. 5 Satz 2 GewStG gilt die Hinzurechnungsanordnung des Satzes 1 „nicht für Ausschüttungen, die unter § 3 Nr. 41 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes fallen“. § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG sieht eine vollständige Freistellung für Dividenden vor, die sich aus bereits nach dem AStG hinzurechnungsbesteuerten Erträgen speisen, um eine Doppelbelastung durch die Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG und die gewstl. Hinzurechnung zu vermeiden.5 Nach zutreffender Auffassung, die auch von der FinVerw.6 geteilt wird, gilt § 3 Nr. 41 EStG wegen § 8 Abs. 1 KStG auch für körperschaftsteuerpflichtige Anteilseigner.7 Damit ist § 3 Nr. 41 EStG vorrangig sowohl ggü. § 3 Nr. 40 EStG als auch ggü. § 8b KStG.8 Daraus folgt, dass eine Hinzurechnung von Ausschüttungen, die auf der Ebene der empfangenden Körperschaft bereits der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG unterlegen haben, unterbleibt, weil die Freistellung in jedem Fall gem. § 3 Nr. 41 EStG und nicht gem. § 8b Abs. 1 KStG erfolgt.9 Zum gleichen Ergebnis gelangen indes auch diejenigen, die von einer Anwendung von § 8b Abs. 1 KStG und nicht von § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG ausgehen. Auch sie sprechen sich (überwiegend) gegen eine Anwendung von § 8 Nr. 5 GewStG in solchen Fällen aus.10 Begründet wird dies ua. damit, dass es sinnwidrig wäre, nur natürliche, nicht

1 RL 2011/96/EU des Rates v. 30.11.2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. L 345 v. 29.12.2011, 8. 2 Vgl. BFH v. 9.8.2006 – I R 95/05, BStBl. II 2007, 279 = FR 2007, 150. 3 BStBl II 2003, 292 Rz. 57. 4 BMF v. 21.3.2007 – IV B 7 - G 1421/0, BStBl. I 2007, 302. 5 ZB Intemann in H/H/R, § 3 Nr. 31 EStG Rz. 1. 6 R 8.1 Abs. 1 Nr. 1 KStR 2015. 7 Intemann in H/H/R, § 3 Nr. 41 EStG Rz. 14; aA Dötsch in D/P/M, § 3 Nr. 41 EStG Rz. 3. 8 Intemann in H/H/R, § 3 Nr. 41 EStG Rz. 5. 9 Ebenso Rehfeld in Deloitte, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 14. 10 Nöcker in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 28; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 13; Schnitter in Frotscher/Maas, § 8 GewStG Rz. 359.

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Bergmann

C. Umfang der Hinzurechnung

Rz. 27 § 8 Nr. 5

aber juristische Personen von der Doppelbelastung aus Hinzurechnungsbesteuerung und nachfolgender Dividendenbesteuerung zu entlasten. Im Ergebnis bleiben damit auch bei einer juristischen Person als Empfänger die Dividenden passiv tätiger ausländ. Tochtergesellschaften, deren Einkünfte bereits der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG unterlegen haben, von der gewstl. Hinzurechnung des § 8 Nr. 5 GewStG ausgenommen.

II. Voraussetzungen von § 9 Nr. 2a und 7 GewStG nicht erfüllt (keine gewerbesteuerliche Schachtelbeteiligung) Weitere – wesentliche – Voraussetzung für die Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 5 GewStG ist, dass im 24 Hinblick auf die Beteiligung, aus der die außer Ansatz gebliebenen Beteiligungserträge resultieren, die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG nicht erfüllt sind. Mit anderen Worten: Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG setzt das Vorliegen einer gewstl. Streubesitzbeteiligung voraus. Umgekehrt unterbleibt eine Hinzurechnung, soweit die Voraussetzungen der gewstl. Schachtelprivilegien erfüllt sind. Dabei ist der in § 8 Nr. 5 GewStG enthaltene Verweis auf § 9 Nr. 2a und 7 GewStG nach allg. Auffassung1 so zu verstehen, dass die Voraussetzungen der Schachtelprivilegien lediglich abstrakt vorliegen müssen und es nicht darauf ankommt, dass sie im Gewerbeertrag gem. § 7 GewStG enthalten sind. Andernfalls würde diese Voraussetzung von § 8 Nr. 5 GewStG leerlaufen, weil die Gewinnanteile (wegen § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b Abs. 1 KStG) gerade nicht im Gewerbeertrag enthalten sind.

III. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal: kein DBA-Schachtelprivileg anwendbar Auf § 9 Nr. 8 GewStG, der die gewstl. Kürzung im Hinblick auf DBA-Schachtelprivilegien regelt, wird 25 in § 8 Nr. 5 GewStG nicht Bezug genommen. Nach zutreffender Auffassung des BFH folgt daraus jedoch nicht, dass eine Hinzurechnung bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen auch dann erfolgt, wenn die Voraussetzungen eines DBA-Schachtelprivilegs erfüllt sind. Vielmehr lassen die Hinzurechnungsvorschriften die Schachtelprivilegien nach DBA unberührt (im Einzelnen hierzu unter Rz. 11).

C. Umfang der Hinzurechnung I. Hinzuzurechnender Gewinnanteil Hinzurechnungsbedürftig sind nur die von der ESt befreiten Anteile, nicht jedoch die ohnehin bereits 26 nach § 7 Satz 1 GewStG enthaltenen Gewinnanteile. Die Hinzurechnung erfolgt dementsprechend nur insoweit, als die Gewinnanteile und ähnlichen Bezüge bei der Gewinnermittlung außer Ansatz geblieben sind, dh. im Fall von § 3 Nr. 40 EStG nur iHv. 40 %, da die übrigen 60 % voll steuerpflichtig und daher bereits im Gewerbeertrag enthalten sind, im Falle des § 8b Abs. 1 KStG nur iHv. 95 %.

II. Berücksichtigung von Beteiligungsaufwendungen Die nach § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 5, 10 KStG nicht abziehbaren Betriebsausgaben werden von 27 der Hinzurechnung abgesetzt, dh., sie mindern den Hinzurechnungsbetrag. Dadurch werden sie –

1 BFH v. 9.11.2011 – I B 62/11, BFH/NV 2012, 449; bestätigt durch BFH v. 16.4.2014 – I R 44/13, BStBl. II 2015, 303 = FR 2014, 817 m. Anm. Nöcker; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 575; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 163, 294; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 1; Prinz/Simon, DStR 2002, 149 (151); Nöcker in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 22; Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 442.

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§ 8 Nr. 5 Rz. 28 Hinzurechnungen (Begünstigte Gewinnanteile nach EStG/KStG) für Zwecke der GewSt – wieder berücksichtigt. Hinzugerechnet wird demnach nur der nach Abzug der Beteiligungsaufwendungen verbleibende Nettogewinn. Durch Minderung um die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Beteiligungserträgen stehenden Betriebsausgaben wird sichergestellt, dass nicht mehr als die zunächst – auf Ebene der einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung – steuerfreien Einkünfte hinzugerechnet werden. 28

Umstritten ist, wie in folgender Konstellation zu verfahren ist: Im Anwendungsbereich von § 3c Abs. 2 EStG (und auch von § 8b Abs. 10 KStG, s. dazu auch Rz. 29) kann es dazu kommen, dass die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben höher sind als die bezogene Dividende. Es stellt sich dann die Frage, ob lediglich eine Hinzurechnung ausscheidet (weil die Dividende geringer ist als die Betriebsausgaben) oder ob es darüber hinaus zur Hinzurechnung eines negativen Betrags und damit iErg. zu einer Kürzung kommt. Letzterer Auffassung ist uE zuzustimmen.1 Zwar ist der Wortlaut insbes. des Einleitungssatzes von § 8 Nr. 5 GewStG insoweit nicht ganz eindeutig. Das Gesetz lässt sich allerdings in beide Richtungen auslegen. Insbesondere im Steuerrecht entspricht es der Regel, dass Rechengrößen auch negativ ausfallen können und auch dementsprechend berücksichtigt werden.2 Nur diese Auslegung führt zudem zu einem systematisch zutreffenden Ergebnis. Die Gegenauffassung führt nämlich in der beschriebenen Konstellation gewstl. dazu, dass Betriebsausgaben (teilweise) nicht abzugsfähig sind, obwohl die damit in Zusammenhang stehenden Einnahmen voll zu versteuern sind. Unseres Erachtens wäre das nicht folgerichtig. Nichts anderes kann gelten, wenn in einem EZ nur Beteiligungsaufwendungen anfallen, jedoch überhaupt keine Dividende bezogen wird. Auch dann kommt es gem. § 8 Nr. 5 GewStG zu einer „negativen Hinzurechnung“.3 Diese Sichtweise entspricht iÜ dem periodenübergreifenden Charakter von § 3c Abs. 2 EStG.

29

Konsequenterweise mindern auch Betriebsausgaben, die wegen § 8b Abs. 10 KStG stl. nicht geltend gemacht werden können, den gewstl. Hinzurechnungsbetrag. Denn auch § 8b Abs. 10 KStG normiert Fälle von nicht abziehbaren Betriebsausgaben, die iZm. der Freistellung von Dividendenerträgen stehen, und zwar im Spezialfall der Wertpapierleihe. Das ist – wie auch in den anderen Fällen – steuersystematisch geboten.4

30

Gemäß § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind Teilwertabschreibungen auf Anteile stl. nicht zu berücksichtigen, wenn die Anteile im Veräußerungsfall gem. § 8b Abs. 2 KStG zu steuerfreien Veräußerungsgewinnen führen. Dem liegt das – grds. zutreffende – Verständnis zugrunde, dass Wertminderungen in Anteilen „veräußerungsnah“ sind. Allerdings können Teilwertabschreibungen auch durch Dividenden verursacht sein: Führt die Dividende dazu, dass der Wert der Beteiligung unter den stl. Buchwert des Anteils fällt, kann eine (ausschüttungsbedingte) Teilwertabschreibung vorgenommen werden. Erfüllt die Dividende die Voraussetzungen des gewstl. Schachtelprivilegs nicht, ist sie gem. § 8 Nr. 5 GewStG wieder hinzuzurechnen. Das hatte das FG Köln5 zum Anlass genommen, auch eine solche ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung als Betriebsausgabe anzusehen, die unter § 8 Nr. 5 GewStG fällt und deshalb den Hinzurechnungsbetrag mindert. Dieses Ergebnis sei bei sachgerechter, verfassungskonformer Rechtsfortbildung durch eine teleologische Extension von § 8 Nr. 5 GewStG geboten, um einen Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden.6 Der BFH hat der vom FG Köln vorgeschlagenen teleologischen Exten-

1 Ebenso Nöcker in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 13; Staats in eKommentar, § 8 GewStG Rz. 413 (der auch darauf hinweist, dass die FinVerw. diese Auffassung teilt); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 12; Braunagel in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Rz. 477; Schnitter in Frotscher/Maas, § 8 GewStG Rz. 357; Rehfeld in Deloitte, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 11; aA Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 586; Gröning/Siegmund, DStR 2003, 617 (618). 2 Zutreffend Nöcker in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 13; Staats in eKommentar, § 8 GewStG Rz. 413; vgl. auch BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, BStBl. II 2017, 59 = FR 2016, 234 m. Anm. Nöcker, zur negativen Hinzurechnung der Verlustübernahme eines stillen Gesellschafters iRd. § 8 Nr. 1 GewStG. 3 Ebenso Braunagel in Bergemann/Wingler, § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 473. 4 Vgl. auch BT-Drucks. 16/4841, 80. 5 FG Köln v. 10.11.2015 – 10 K 410/14, EFG 2016, 218 m. Anm. Neitz-Hackstein – Rev. I R 88/15. 6 Vgl. auch BFH v. 21.8.2007 – I R 76/06, BFH/NV 2008, 247. In dem Urt. wirft der BFH die Frage der Verfassungskonformität nicht auf. Das mag auch an den Besonderheiten des Falls gelegen haben, vgl. FG Köln v. 10.11.2015 – 10 K 410/14, EFG 2016, 218.

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Bergmann

Hinzurechnungen (Mitunternehmer-Verlustanteile)

Rz. 1 § 8 Nr. 8

sion von § 8 Nr. 5 GewStG in seiner Revisionsentsch. mit Urt. v. 11.7.20171 eine Absage erteilt und eine Minderung des gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungsbetrags nach § 8 Nr. 5 GewStG um ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen nicht zugelassen.

§ 8 Nr. 6, 7

(weggefallen)

§ 8 Nr. 8 [Mitunternehmer-Verlustanteile] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: … 8. die Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

B. Voraussetzungen der Hinzurechnung . .

10

I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . .

1

II. Bedeutung und Zweck der Vorschrift . . . .

2

I. Beteiligung an einer (in- oder ausländischen) Mitunternehmerschaft . . . . . . . .

10

3

II. „Soweit“ die Verluste „bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind“ . . . .

11

C. Umfang der Hinzurechnung („Anteile am Verlust“ einer Mitunternehmerschaft) . .

12

I. Laufende Verlustanteile . . . . . . . . . . .

12

II. Veräußerungsverluste ab EZ 2002 . . . . . .

13

III. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

4

V. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG . . . . .

5 5 9

Literatur: Authenrieth/Haug, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg und Verlustvortrag für Erhebungszeiträume bis 1984, DStZ 1987, 279; Beußer, Veräußerung von Mitunternehmeranteilen als künftiger Gegenstand der Gewerbesteuer, FR 2001, 880; Neu, Aktuelles Beratungs-Know-how Personengesellschaftsbesteuerung, DStR 2002, 1078; Dietel, Bilanzierung von Anteilen an Personengesellschaften in Handels- und Steuerbilanz, DStR 2002, 2140; Rödder, Gewerbesteuerliche Behandlung einer Personengesellschaft im Rahmen des sog. Treuhandmodells – Zugleich Anmerkung zur Verfügung der OFD Münster vom 16.3.2005, DStR 2005 955; Behrens/Schmitt, „Ob die Grundsätze des BFH-Urteils IV R 81/06 auch für nach 2001 verwirklichte Fälle gelten, ist wegen des möglichen Vorrangs des § 7 Satz 2 GewStG derzeit nicht geklärt“, BB 2008, 2334; Kahle/Willner, Hinzurechnungsbesteuerung und Gewerbesteuer, Ubg 2017, 21. Verwaltungsanweisungen: R 8.4 GewStR 2009; H 8.4 GewStH 2009.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand Nach § 8 Nr. 8 GewStG sind die Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen offenen Handels- 1 gesellschaft, Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind, dem gewstl. Gewinn wieder hinzuzurechnen, soweit 1 BFH v. 11.7.2017 – I R 88/15, BFH/NV 2018, 231.

Bergmann/Pitzal

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§ 8 Nr. 8 Rz. 2 Hinzurechnungen (Mitunternehmer-Verlustanteile) sie iRd. Gewinnermittlung gem. § 7 GewStG iVm. den einschlägigen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG bzw. KStG abgesetzt worden sind und sich demnach gewinnmindernd ausgewirkt haben.1 § 8 Nr. 8 GewStG bildet das „Gegenstück“ zur Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG, wonach im nach § 7 GewStG ermittelten Gewinn enthaltene Gewinnanteile aus Mitunternehmerschaften wieder aus dem Gewerbeertrag herauszukürzen sind. Anders als im Gewinnfall (§ 9 Nr. 2 Halbs. 2 GewStG) ist der Ausschluss von Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds von der Hinzurechnung aufgrund des fehlenden Ansatzes einer verlustneutralisierenden Steuerbilanzposition (anders: § 21 KStG bei Gewinnen) im Rahmen von § 8 Nr. 8 GewStG nicht erforderlich. § 8 Nr. 8 GewStG enthält auch keinen Verweis auf § 7 Satz 8 GewStG, weil eine Hinzurechnung negativer Einkünfte gem. § 20 Abs. 2 AStG nach überwiegender Auffassung ausgeschlossen ist (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 4 AStG) und für eine gewstl. Hinzurechnung demnach kein Anlass besteht.2

II. Bedeutung und Zweck der Vorschrift 2 § 8 Nr. 8 GewStG soll – typisierend – eine doppelte gewstl. Berücksichtigung der Verluste aus Mit-

unternehmerschaften verhindern und darüber hinaus eine zutreffende Objektbesteuerung gewährleisten. Die Vorschrift ist infolge der gegenüber der ESt unterschiedlichen Besteuerungstechnik der GewSt bei Beteiligungen an Mitunternehmerschaften notwendig.3 Trotz der eigenständigen GewStSchuldnerschaft der gewerblichen Personengesellschaft (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG) sollen sich Verluste – ebenso wie die durch die Parallelvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG zu kürzenden Gewinne – gewstl. nur einmal auswirken. Sie sollen zudem ausschließlich in dem Gewerbebetrieb zum Abzug gebracht werden, in dem sie entstanden sind. Letzteres hat zur Folge, dass auch Verluste aus Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften, auch wenn hier keine gewstl. „Doppelentlastung“ im Raum steht, nicht im Inland zum Abzug gebracht werden können.4 Aufgrund der typisierenden Betrachtungsweise der Vorschrift kommt es auch dann zur Hinzurechnung von Verlustanteilen des Gesellschafters (Mitunternehmers), wenn sich der Verlust nicht gewerbesteuermindernd auf Ebene der Mitunternehmerschaft auswirkt, etwa weil diese sich noch in der „Vorbereitungsphase“ befindet und daher (noch) nicht der GewSt unterliegt.5 Ein anderes Ergebnis lässt sich weder dem Wortlaut entnehmen, noch aus dem Sinn und Zweck des § 8 Nr. 8 GewStG ableiten.6

III. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich 3 In persönlicher Hinsicht erfolgt die Hinzurechnung der Verlustanteile bei jedem GewStPfl., der als

steuerlicher Mitunternehmer einer Personengesellschaft anzusehen ist, unabhängig davon, ob es sich bei dem Mitunternehmer um eine natürliche Person, eine weitere Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) oder eine Körperschaft (insbes. also eine KapGes.) handelt. In sachlicher Hinsicht erfasst die Vorschrift jeden Verlust aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft, der sich bei der Ermittlung des „Gewinns aus Gewerbebetrieb“ (§ 7 Satz 1 GewStG) gewinnmindernd ausgewirkt hat. Es spielt daher bereits nach dem Wortlaut keine Rolle, ob sich hierdurch auf Ebene des Mitunternehmers ein Gewinn vermindert oder ein Verlust erhöht hat. Die Hinzurechnung von Verlustanteilen ist in zeitlicher Hinsicht seit der Verabschiedung des GewStG 1936 inhaltlich unverändert7 anwendbar, jedoch erst ab EZ 1972 auch für Verluste aus der Beteiligung an ausländischen Personengesellschaften. Für Zeiträume vor EZ 1972 wird in der Regel jedoch eine Hinzurechnung von Betriebsstättenverlusten nach § 9 Nr. 3 GewStG8 erfolgen. 1 2 3 4 5 6

Vgl. zur Kritik des Wortlauts die Kommentierung zu § 9 Nr. 2 GewStG (§ 9 Nr. 2 GewStG Rz. 10). Zu dieser Diskussion Kahle/Willmer, Ubg 2017, 21 (28) mwN. Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 8 GewStG Rz. 4 (Stand: Juni 2017). Kratzsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 8 GewStG Rz. 4 (Stand: Juni 2017). R 8.4 Satz 2 GewStR 2009. BFH v. 23.10.1986 – IV R 319/84, BStBl. II 1987, 64 = FR 1987, 44 (Beteiligung an Partenreederei, die noch keine werbende Tätigkeit aufgenommen hat, aber bereits gewerbliche Verluste iSd. § 15 EStG vermittelt). 7 Es erfolgte allein eine redaktionelle Änderung der Nummerierung (früher: § 8 Nr. 9 GewStG 1936). 8 Zur negativen Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG vgl. H 9.4 GewStR 2009.

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Pitzal

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 9 § 8 Nr. 8

IV. Rechtsentwicklung Die Vorschrift findet sich als § 8 Nr. 9 bereits wortlautidentisch im GewStG 1936.1 Eine redaktionelle 4 Änderung der Nummerierung erfolgte nach der Streichung des § 8 Nr. 8 GewStG aF durch das StÄndG 1958.2 Durch das StÄndG 1977 wurde die Vorschrift – ebenso wie die Parallelnorm § 9 Nr. 2 GewStG – um die Worte „in- oder ausländische“ Personengesellschaft ergänzt; der BFH hatte zuvor § 9 Nr. 2 GewStG auf Anteile am Gewinn einer ausländischen Personengesellschaft für nicht anwendbar erklärt.3

V. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG. Die Regeln über die Organschaft treten hinter die Hinzurechnung bzw. 5 Kürzung nach § 8 Nr. 8 und § 9 Nr. 2 GewStG zurück; bei der Beteiligung einer Organgesellschaft (gleich welcher Rechtsform) an einer Verlustpersonengesellschaft kommt es bereits auf Ebene der Organgesellschaft zu einer Hinzurechnung und damit nicht zu einer Zurechnung des entsprechenden Verlusts (bzw. entsprechend verminderten Gewinns) an den Organträger.4 § 8 Nr. 4 GewStG. Für den persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA bilden § 8 Nr. 4 und § 9 6 Nr. 2 GewStG einen eigenständigen Regelungskomplex. § 9 Nr. 2 GewStG. Bei § 9 Nr. 2 GewStG handelt es sich um eine nahezu wortlautidentische Parallel- 7 vorschrift für positive Gewinnanteile aus einer Mitunternehmerschaft. Die beiden Regelungen bilden einen einheitlichen Regelungskomplex. Das dadurch erreichte symmetrische Vorgehen für Gewinne und Verluste aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft führt zu weitgehend gleichen Auslegungsproblemen mit umgekehrtem Vorzeichen.5 Dies gilt ungeachtet der Abweichungen im Wortlaut der Vorschriften („wenn“ in § 9 Nr. 2 GewStG bzw. „soweit“ in § 8 Nr. 8 GewStG). § 9 Nr. 3 GewStG. Der „Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine nicht 8 im Inland belegene Betriebsstätte entfällt“ und nach § 9 Nr. 3 GewStG von der Summe aus Gewinn und Hinzurechnungen zu kürzen ist, kann auch ein Verlust sein. Wird der Verlust einer ausländischen Betriebsstätte durch eine Personengesellschaft vermittelt, ist § 8 Nr. 8 GewStG allerdings die speziellere Hinzurechnungsvorschrift. Auf Ebene der Personengesellschaft selbst ist dann § 9 Nr. 3 GewStG anwendbar. 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG § 15a EStG. Es handelt sich bei § 15a EStG um keine Gewinnermittlungs-, sondern eine „Verlust- 9 zurechnungsvorschrift“,6 also um eine von der synthetischen Einkommensbesteuerung abweichende Sondernorm zur Erzeugung einer Abzugsschedule und zur zeitlichen Streckung der Verlustnutzung. § 15a EStG ist daher bei der Ermittlung des Gewinns der Personengesellschaft für Gewerbesteuerzwecke in Hinsicht auf § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG nicht anzuwenden.7 Etwas anderes gilt allerdings, wenn eine gewstpfl. Personengesellschaft ihrerseits selbst als beschränkt haftender Mitunternehmer an einer anderen Personengesellschaft beteiligt ist; in diesem Fall mindert ein der Oberpersonengesellschaft zugewiesener Verlustanteil aus der Unterpersonengesellschaft wegen § 15a EStG nicht den Gewerbeertrag der Oberpersonengesellschaft.8 Eines Rückgriffs auf § 8 Nr. 8 GewStG bedarf es daher nicht.

1 2 3 4 5 6 7 8

RStBl. 1936, 1149. BGBl. I 1958, 437. BFH v. 7.12.1971 – VIII 16/65, BStBl. II 1972, 388. Zur Regelungssystematik BFH v. 25.10.1995 – I R 76/93, BFH/NV 1996, 504. Vgl. daher auch die Kommentierung zu § 9 Nr. 2 GewStG. BFH v. 28.5.1997 – VIII R 39/97, DStRE 1998, 360. von Beckerath in K/S/M, § 15a EStG Rz. A 85 (Stand: Juni 2009). BFH v. 28.5.1997 – VIII R 39/97, DStRE 1998, 360 sowie von Beckerath in K/S/M, § 15a EStG Rz. A 85 f. (Stand: Juni 2009); zu apodiktisch uE daher R 7.1 (3) Nr. 5 GewStR 2009.

Pitzal

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§ 8 Nr. 8 Rz. 10 Hinzurechnungen (Mitunternehmer-Verlustanteile)

B. Voraussetzungen der Hinzurechnung I. Beteiligung an einer (in- oder ausländischen) Mitunternehmerschaft 10

Der GewStPfl. muss an einer Mitunternehmerschaft beteiligt sein (s. im Einzelnen § 2 GewStG Rz. 28 ff. und § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 11 ff.). Neben den im Gesetz genannten Personenhandelsgesellschaften des HGB (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) erfolgt die Hinzurechnung auch bei jeder „anderen Gesellschaft“, bei der die Gesellschafter „als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind“ (s. im Einzelnen § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 12 ff.). Voraussetzung der Qualifikation der in- oder ausländischen „Gesellschaft“ als Mitunternehmerschaft ist eine gewerbliche Betätigung in gesamthänderischer Verbundenheit. Die Betätigung der Gesamthand kann nach § 2 Abs. 1, § 1 GewStDV, § 15 EStG eine originär gewerbliche, eine gewerblich geprägte1 oder gewerblich infizierte sein (s. im Einzelnen § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 17). Bei ausländischen Gesellschaften ist ggf. ein Rechtstypenvergleich erforderlich.2

II. „Soweit“ die Verluste „bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind“ 11

Der Einleitungssatz des § 8 GewStG beschränkt die Hinzurechnung stets auf diejenigen Beträge, die „bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind“. Dies schützt den StPfl. davor, dass Beträge hinzugerechnet werden, die nicht auch tatsächlich iRd. gewstl. Gewinnermittlung als Abzugsposten berücksichtigt worden sind. Das Erfordernis des Abzugs des Verlustanteils aus der Mitunternehmerschaft bei der „Ermittlung des Gewinns“ als Voraussetzung für die Hinzurechnung stellt einen Verweis auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG sowie KStG (§ 7 Satz 1 GewStG) dar. Unerheblich ist, ob sich vor der Hinzurechnung in § 8 Nr. 8 GewStG ein Gewinn oder ein Verlust ergibt. Mit anderen Worten: Nicht nur die Minderung eines gewstl. Gewinns, sondern auch die Erhöhung eines gewstl. Verlustes wird mittels der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 8 GewStG wieder neutralisiert.

C. Umfang der Hinzurechnung („Anteile am Verlust“ einer Mitunternehmerschaft) I. Laufende Verlustanteile 12

Der laufende Verlust, der durch § 8 Nr. 8 GewStG hinzugerechnet wird, ergibt sich grundsätzlich aus der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Ergebnisses der Mitunternehmerschaft und Zuweisung an den Gesellschafter. Auch die Ergebnisse aus Ergänzungs- und Sonderbilanzen (Sonderbetriebsvermögen) werden hierbei einbezogen (s. im Einzelnen § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 21 f.). Bindungswirkung entfaltet die gesonderte und einheitliche Feststellung für die GewSt indes nicht.3 Existiert für eine in- oder ausländische Personengesellschaft (noch) keine gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, kommt es dennoch zu einer Hinzurechnung. Der Betrag der Hinzurechnung bestimmt sich in diesem Fall – jedenfalls vorläufig – nach dem Betrag, der bei der Gewinnermittlung steuerbilanziell als Verlust aus der Mitunternehmerschaft angesetzt worden ist (ggf. unter Berücksichtigung außerbilanzieller Hinzurechnungen und Kürzungen, zB für nicht abziehbare Betriebsausgaben).

1 Vgl. zu Problemen in Zusammenhang der Einführung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1985 und zum Verlustabzug im Folge-EZ 1986 Authenrieth/Haug, DStZ 1987, 279. 2 Vgl. zum Rechtstypenvergleich die Tabellen 1 und 2 im Anhang des Betriebsstättenerlasses, BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076; sowie v. 19.3.2004 – IV B 4 - S 1301 USA - 22/04, BStBl. I 2004, 411; bestätigt durch BFH v. 20.8.2008 – I R 34/08, BStBl. II 2009, 263 = FR 2009, 299. 3 Statt aller Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 147 (Stand: November 2016).

422

Pitzal

Hinzurechnungen (Spenden)

Rz. 1 § 8 Nr. 9

II. Veräußerungsverluste ab EZ 2002 Ab EZ 2002 führt die Anwendung des § 7 Satz 2 GewStG zur Einbeziehung von Veräußerungsverlus- 13 ten bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Gesellschaft, an welcher der Mitunternehmeranteil veräußert wird, soweit der Verlust nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.1 Der im Gewinnfall praktisch bedeutsame Streit über das technische Vorgehen des Ausscheidens eines Veräußerungsgewinns (s. § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 23 ff.) ist im Verlustfall unerheblich und kann dahinstehen, da § 8 Nr. 8 GewStG keinen Ausschluss von Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds von der Hinzurechnung enthält (s. dazu bereits Rz. 1) und iErg. Einigkeit besteht, dass keine zweite Hinzurechnung auf Ebene des Mitunternehmers erfolgt.

§ 8 Nr. 9 [Spenden] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: … 9. die Ausgaben im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und Zweck . . . . . . .

1

II. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

2

B. Kürzung eines Spendenabzugs gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG . . . . . . . . . . . . . .

3

Verwaltungsanweisung: R 8.5 GewStR 2009.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und Zweck Die ertragsteuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG und des KStG – und damit auch der 1 nach § 7 GewStG ermittelte gewstl. Gewinn – fallen bzgl. der Berücksichtigung des Spendenabzugs unterschiedlich aus. Nach § 10b EStG können Spenden lediglich iRd. Sonderausgabenabzugs, also nicht gewinnmindernd, sondern – nachgelagert – bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 4 EStG), berücksichtigt werden. Im gewstl. Gewinn (§ 7 Satz 1 GewStG) sind etwaige Spenden demnach als Abzugsposten nicht berücksichtigt. Bei Körperschaften liegen hingegen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG abziehbare Aufwendungen vor, dh., Spenden mindern den Gewinn von Körperschaftsteuersubjekten. Letzteres gilt auch für Personengesellschaften, soweit Körperschaften an ihnen beteiligt sind. Um hinsichtlich der Berücksichtigung von Spenden iRd. GewSt für alle Gewerbesteuersubjekte eine einheitliche Ausgangsbasis zu schaffen, regelt § 8 Nr. 9 GewStG, dass der körperschaftsteuerrechtliche Ausgabenabzug für Zwecke der gewstl. Gewinnermittlung zunächst dadurch neutralisiert wird, dass er dem Gewerbegewinn gem. § 7 GewStG wieder hinzugerechnet wird.1 Das Gewerbesteuerrecht sieht sodann in § 9 Nr. 5 GewStG eine einheitliche (Kürzungs-)Regelung über den Spendenabzug vor, die inhaltlich grds. den § 10b EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG entspricht.

1 Vgl. Neu, DStR 2002, 1078 (1081); aA Beußer, FR 2001, 880 (884). 1 Vgl. BT-Drucks. 12/1108, 69.

Pitzal/Erdbrügger

423

§ 8 Nr. 9 Rz. 2 Hinzurechnungen (Spenden)

II. Rechtsentwicklung 2 § 8 Nr. 9 GewStG wurde zuletzt durch das G zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts v.

28.10.19941 geändert. Hierbei handelte es sich um eine redaktionelle Anpassung an das KStG.

B. Kürzung eines Spendenabzugs gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 3 Körperschaften können nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG unter bestimmten Voraussetzungen Spenden ab-

ziehen. Dagegen bleibt ein Spendenabzug nach § 10b EStG bei der Gewinnermittlung nach § 7 Satz 1 GewStG unberücksichtigt, da der Spendenabzug iRd. ESt als Sonderausgabenabzug und nicht als Betriebsausgabenabzug ausgestaltet ist. Daneben bestehen auch inhaltliche Unterschiede zwischen dem Spendenabzug nach § 10b EStG und dem nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG: – § 10b Abs. 1 EStG erlaubt den Sonderausgabenabzug für Spenden an steuerbegünstigte Einrichtungen gem. §§ 51 ff. AO bis zu bestimmten Höchstbeträgen und darüber hinaus gem. § 10b Abs. 1a EStG einen Spendenabzug für Zahlungen in den Vermögensstock einer Stiftung bis zu 1 Mio. Euro bzw. bei Zusammenveranlagung 2 Mio. Euro. Zudem können Parteispenden nach § 10b Abs. 2 EStG bis zu 1.650 Euro bzw. bei Zusammenveranlagung 3.300 Euro als Sonderausgaben abgezogen werden. Nach § 10b Abs. 2 Satz 2 EStG können Zuwendungen an politische Parteien jedoch nur insoweit als Sonderausgaben abgezogen werden, als für sie nicht eine Steuerermäßigung nach § 34g EStG gewährt worden ist. – Dagegen sieht § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG innerhalb der gleichen Betragsgrenzen die Geltendmachung einer Spende als abziehbaren Aufwand vor. Zuwendungen in den Vermögensstock einer Stiftung sind nur im Rahmen dieser Betragsgrenzen möglich. Parteispenden können nicht abgezogen werden. Diese rechtsformbedingten Unterschiede werden durch die Regelung in § 9 Nr. 5 GewStG teilweise aufgehoben, teilweise bestehen sie allerdings fort (zB bzgl. Zuwendungen in den Vermögensstock einer Stiftung). 4 Für die Kürzung kommt es darauf an, dass der nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG mögliche Spendenabzug

auch tatsächlich vorgenommen wurde. Der Einleitungssatz von § 8 GewStG verweist darauf, dass der Abzug auch tatsächlich vorgenommen worden sein muss. Dies ist besonders bei den Höchstbeträgen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG praktisch relevant.

§ 8 Nr. 10 [Ausschüttungs-/abführungsbedingte Gewinnminderungen] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: … 10. Gewinnminderungen, die a) durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts des Anteils an einer Körperschaft oder b) durch Veräußerung oder Entnahme des Anteils an einer Körperschaft oder bei Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals der Körperschaft entstanden sind, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder die sonstige Gewinnminderung auf Gewinnausschüttungen der Körperschaft, um die der Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 zu kürzen ist, oder organschaftliche Gewinnabführungen der Körperschaft zurückzuführen ist; … 1 BGBl. I 1994, 3267.

424

Erdbrügger/Möllmann

Hinzurechnungen (Ausschüttungs-/abführungsbedingte Gewinnminderungen)

Rz. 2 § 8 Nr. 10

A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Allgemeiner Regelungsgegenstand und Hintergrund der gesetzlichen Regelung . . .

I. Von § 8 Nr. 10 GewStG erfasste Gewinnausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . .

12

1

II. Hinzurechnung bei fehlerhafter Anwendung der gewerbesteuerlichen Kürzungsvorschriften? . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

III. Kausalzusammenhang zwischen Ausschüttung/Abführung und Gewinnminderung .

14

IV. Keine „negative Hinzurechnung“ im Rahmen von § 8 Nr. 10 GewStG . . . . . . . . .

15

II. 1. 2. 3.

Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . . . Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . Zeitlicher Anwendungsbereich und Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 7 8 11

B. Weitere Einzelheiten der Vorschrift . . . .

12

Literatur: Herzig/Hötzel, Ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen – Zugleich kritische Auseinandersetzung mit § 26 Abs. 8 KStG und § 8 Nr. 10 GewStG, DB 1988, 2265; Goutier, § 8 Nr. 10 GewStG nF und die gewerbesteuerliche Organschaft, DB 1989, 244; Kausemann, Gewerbesteuerliche Wirksamkeit abführungsbedingter Teilwertabschreibungen in Verbindung mit den besonderen Ausgleichsposten nach Abschn. 59 KStR, DB 1989, 2450; Pöllath/Wenzel, Gewerbesteuerliche Teilwertabschreibungen bei Organschaften?, DB 1989, 797; Schnädter, § 8 Nr. 10 Gewerbesteuergesetz – „sachgerecht“?, FR 1989, 576; Breidenbach, Ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung im Falle der gewerbesteuerlichen Organschaft, DB 1991, 2157; Kohlhaas, Gewerbesteuerrechtliche Behandlung der abführungsbedingten Teilwertabschreibung im Organkreis erneut auf dem Prüfstand, DStR 1998, 5; Kohlhaas, Teilwertabschreibungen im gewerbesteuerlichen Organkreis, GmbHR 1999, 106 (Teil 1), 704 (Teil 2); Kohlhaas, Die (unendliche?) Geschichte der abführungsbedingten Teilwertabschreibung im gewerbesteuerlichen Organkreis, GmbHR 1999, 747; Pieper, Nochmals: Teilwertabschreibungen im gewerbesteuerlichen Organkreis, GmbHR 1999, 703; Stoschek/Peter/Bittner, Teilwertabschreibungen auf Anteilscheine am Sondervermögen von Kapitalanlagegesellschaften, FR 2003, 941; Rogall, Ungereimtheiten bei der Gewerbesteuer im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, DB 2004, 2176. Verwaltungsanweisungen: R 8.6 GewStR 2009; H 8.6 GewStH 2009; BMF v. 2.9.2016 – IV C 6 - S 2171 b/09/10002:002, BStBl. I 2016, 995 – Teilwertabschreibungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG, voraussichtlich dauernde Wertminderung, Wertaufholungsgebot.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Allgemeiner Regelungsgegenstand und Hintergrund der gesetzlichen Regelung § 8 Nr. 10 GewStG sieht die gewstl. Hinzurechnung ausschüttungs- bzw. abführungsbedingter Ge- 1 winnminderungen iZm. gewstl. Schachtel- bzw. Organgesellschaftsbeteiligungen vor. Im Einzelnen regelt die Vorschrift die gewstl. Hinzurechnung von Gewinnminderungen, die – auf dem Ansatz des niedrigeren Teilwerts (Teilwertabschreibung) einer gewstl. Schachtel- bzw. Organgesellschaftsbeteiligung beruhen (§ 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG) oder die – durch Veräußerung oder Entnahme einer Schachtel- bzw. Organgesellschaftsbeteiligung oder iZm. der Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals einer Schachtel- bzw. Organgesellschaftsbeteiligung (§ 8 Nr. 10 Buchst. b GewStG – in § 8 Nr. 10 GewStG sodann zusammenfassend als „sonstige Gewinnminderung“ bezeichnet) entstanden sind, wobei die Hinzurechnung einer Gewinnminderung gem. § 8 Nr. 10 GewStG jeweils nur erfolgt, wenn und soweit diese auf eine Gewinnausschüttung bzw. organschaftliche Gewinnabführung zurückzuführen ist (Kausalität der Gewinnausschüttung bzw. -abführung für die abschreibungsbedingte bzw. sonstige Gewinnminderung). § 8 Nr. 10 GewStG bezweckt, eine gewstl. Doppelentlastung zu vermeiden.1 Eine gewstl. Doppelent- 2 lastung ergibt sich – aus Sicht des Gesetzgebers – daraus, dass laufende Beteiligungserträge in Form von Gewinnausschüttungen (Dividenden) bei einer in- oder ausländ. gewstl. Schachtelbeteiligung auf Anteilseignerebene nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG vollständig aus dem Gewerbeertrag herausgekürzt werden. Auf Anteilseignerebene werden die Beteiligungserträge demnach von der GewSt frei1 Vgl. etwa BFH v. 8.5.2003 – IV R 35/01, BStBl. II 2004, 460 = FR 2003, 1017, unter 3.b.cc; v. 2.2.1994 – I R 10/93, BStBl. II 1994, 768 = FR 1994, 332, unter II.3.d.

Möllmann

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§ 8 Nr. 10 Rz. 3 Hinzurechnungen (Ausschüttungs-/abführungsbedingte Gewinnminderungen) gestellt (bzw. die Beteiligungserträge, die schon nach § 7 Satz 1 GewStG iVm. § 8b Abs. 1 KStG nicht in den Gewerbeertrag einfließen, bleiben auch für Zwecke der GewSt freigestellt; s. hierzu den zusammenfassenden Überblick in § 7 GewStG Rz. 17). Hat eine Gewinnausschüttung zur Folge, dass es zu einer steuerwirksamen Gewinnminderung iZm. der Schachtelbeteiligung kommt (zB infolge einer korrespondierenden Teilwertabschreibung), soll diese den Gewerbeertrag auf Anteilseignerebene nicht nochmals mindern. Letzteres würde – aus Sicht des Gesetzgebers – zu einer doppelten Begünstigung führen. Eine damit einhergehende Doppelentlastung soll mittels der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG verhindert werden. 3 Ähnlich verhält es sich im Hinblick auf Organgesellschaftsbeteiligungen. Ist eine KapGes. Organge-

sellschaft im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft gem. §§ 14 ff. KStG, gilt sie für Zwecke der GewSt nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des jeweiligen Organträgers. Gewinnabführungen innerhalb einer Organschaft wirken sich daher auf den Gewerbeertrag des Organträgers bzw., allgemeiner gesprochen, innerhalb des Organkreises nicht aus. Um diese Ertragsneutralität von Gewinnabführungen innerhalb des Organkreises sicherzustellen, sieht § 8 Nr. 10 GewStG auch insofern eine Hinzurechnung abführungsbedingter Gewinnminderungen vor.1 4 Der praktische Anwendungsbereich der Hinzurechnungsvorschrift gem. § 8 Nr. 10 GewStG ist nach

derzeitiger Rechtslage recht begrenzt. Zu einer Hinzurechnung kommt es aufgrund des Einleitungssatzes des § 8 GewStG („… soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind …“) nur, wenn und soweit sich ausschüttungs- bzw. abführungsbedingte Gewinnminderungen auf Anteilseignerebene überhaupt ertragsteuerlich – und damit über § 7 Satz 1 GewStG im Ausgangspunkt auch gewstl. – bei der Gewinnermittlung auswirken. 5 Bei Beteiligungen, die in den Anwendungsbereich der Steuerfreistellung gem. § 8b Abs. 1 KStG fal-

len, sind ausschüttungs- bzw. abführungsbedingte Gewinnminderungen indes schon nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht einkommenswirksam. Letzteres gilt auch, wenn keine körperschaftsteuerliche Schachtelbeteiligung iSd. § 8b Abs. 4 KStG gegeben ist, Gewinnausschüttungen also in voller Höhe der KSt unterliegen und nicht nach § 8b Abs. 1 KStG freigestellt sind. Hier kommt es demnach schon aufgrund der Übernahme des ertragsteuerlichen Gewinns nach § 7 Satz 1 GewStG nicht zu einer gewstl. Doppelentlastung. § 8 Nr. 10 GewStG hat insofern, von Sonderfällen (wie etwa § 8b Abs. 7, 8 KStG) abgesehen, keinen Anwendungsbereich. 6 Wird eine gewstl. Schachtelbeteiligung von einem Einzelgewerbetreibenden bzw. einer natürlichen

Person (mittelbar über eine oder mehrere Mitunternehmerschaften) gehalten, wirken sich ausschüttungs- bzw. abführungsbedingte Gewinnminderungen gem. § 7 Satz 1 bzw. Satz 4 GewStG iVm. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG (bei abführungsbedingten Wertminderungen iVm. § 3c Abs. 2 Satz 8 EStG) iHv. 60 % mindernd auf den Gewerbeertrag aus. Daraus kann sich eine gewstl. Doppelentlastung ergeben, die sodann durch Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 10 GewStG korrigiert wird.

II. Anwendungsbereich der Vorschrift 1. Persönlicher Anwendungsbereich 7 § 8 Nr. 10 GewStG gilt zwar im Prinzip für alle Gewerbetreibenden. Im Hinblick auf Schachtel- bzw.

Organgesellschaftsbeteiligungen, die von einem Körperschaftsteuersubjekt gehalten werden, folgt jedoch schon aus § 7 Satz 1 GewStG (bzw., bei einer mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften gehaltenen Beteiligung, § 7 Satz 4 GewStG) iVm. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG, dass ausschüttungs- bzw. abführungsbedingte Gewinnminderungen den Gewerbeertrag nicht mindern. Insofern kann es dann – folgerichtig – auch nicht zu einer Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 10 GewStG kommen. Lediglich in den Fällen, in denen Beteiligungsverluste auch im Rahmen der KSt angesetzt werden können, zB im besonderen Fall des § 8b Abs. 7 KStG, kann die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 10 GewStG zum Tragen kommen. Gleiches gilt im Hinblick auf Einzelgewerbetreibende bzw. unmittelbar oder mittelbar (über eine oder mehrere Mitunternehmerschaften) beteiligte natürliche Per-

1 Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 690.

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B. Weitere Einzelheiten der Vorschrift

Rz. 12 § 8 Nr. 10

sonen, bei denen Gewinnminderungen nach § 3c Abs. 2 Sätze 1 und 8 EStG teilweise (zu 60 %) gewinnwirksam werden können. 2. Sachlicher Anwendungsbereich § 8 Nr. 10 GewStG erfasst zwei Fallgruppen ausschüttungs- bzw. abführungsbedingter Gewinnmin- 8 derungen in Bezug auf Kapitalgesellschaftsbeteiligungen. Zum einen werden Gewinnminderungen erfasst, die auf „den Ansatz eines niedrigeren Teilwerts“ (Buchst. a) zurückzuführen sind. Zum anderen sind „Gewinnminderungen, die […] durch Veräußerung oder Entnahme des Anteils […] oder bei Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals“ (Buchst. b) entstanden sind – also die in § 8 Nr. 10 GewStG sog. „sonstigen Gewinnminderungen“ –, vom Anwendungsbereich des § 8 Nr. 10 GewStG erfasst. Die von der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 10 GewStG erfassten Gewinnminderungen können zum ei- 9 nen auf „Gewinnausschüttungen, um die der Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG zu kürzen ist“, zurückzuführen sein – Fallgruppe der ausschüttungsbedingten Gewinnminderung bei gewstl. Schachtelbeteiligungen. Dabei spielt es nach zutreffender Verwaltungsauffassung1 keine Rolle, ob es sich bei der zur Gewinnminderung auf Anteilseignerebene führenden Gewinnausschüttung um eine offene oder verdeckte Gewinnausschüttung handelt. Hinzuzurechnen sind zum anderen Gewinnminderungen, die auf organschaftliche Gewinnabfüh- 10 rungen zurückzuführen sind. Da Gewinnausschüttungen während des Bestehens einer ertragsteuerlichen Organschaft (dh. Ausschüttungen von Gewinnen, die während des Bestehens der ertragsteuerlichen Organschaft angefallen sind [im Gegensatz zu Gewinnen aus vororganschaftlicher Zeit]) aufgrund des Erfordernisses eines Gewinnabführungsvertrags (§ 14 Abs. 1 KStG) nicht anfallen können, erfasst § 8 Nr. 10 GewStG – so auch die zutreffende Auffassung der FinVerw.2 – nur Gewinnminderungen (in Bezug auf Organgesellschaftsbeteiligungen), die sich aus der Ausschüttung von Gewinnen aus vororganschaftlicher Zeit ergeben. 3. Zeitlicher Anwendungsbereich und Rechtsentwicklung Die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 10 GewStG wurde durch das StRefG 1990 v. 25.7.19883 ein- 11 geführt. § 8 Nr. 10 GewStG ist gem. § 36 Abs. 4 GewStG idF des StRefG 1990 erstmals auf Ausschüttungen anwendbar, die aufgrund eines nach dem 23.6.1988 gefassten Gewinnverwendungsbeschlusses erfolgen. Ursprünglich regelte die Vorschrift nur die Hinzurechnung ausschüttungsbedingter Gewinnminderungen in Bezug auf gewstl. Schachtelbeteiligungen. Mit dem StEntlG 1999/2000/2002 v. 24.3.19994 wurde – mit erstmaliger Wirkung ab dem EZ 1999 – der Anwendungsbereich der Hinzurechnungsvorschrift um Gewinnminderungen erweitert, die auf organschaftliche Gewinnabführungen zurückzuführen sind. Die bis dahin (bereits in diesem Sinne) gelebte Verwaltungspraxis erhielt hierdurch eine gesetzliche Grundlage.5

B. Weitere Einzelheiten der Vorschrift I. Von § 8 Nr. 10 GewStG erfasste Gewinnausschüttungen § 8 Nr. 10 GewStG erfasst nach zutreffender Verwaltungsansicht6 Gewinnminderungen auf Anteils- 12 eignerebene, die sowohl auf offene als auch verdeckte Gewinnausschüttungen zurückzuführen sein können. Ebenfalls nach § 8 Nr. 10 GewStG hinzuzurechnen sind Gewinnminderungen, die sich auf 1 2 3 4 5 6

R 8.6 Satz 2 GewStR 2009. Vgl. R 8.6 Satz 5 GewStR 2009. BGBl. I 1988, 1093. BGBl. I 1999, 402. So BT-Drucks. 14/23, 199. R 8.6 Satz 2 GewStR 2009.

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§ 8 Nr. 10 Rz. 13 Hinzurechnungen (Ausschüttungs-/abführungsbedingte Gewinnminderungen) Anteilseignerebene infolge der Liquidation einer Schachtelbeteiligung ergeben, insbes. wenn die Beteiligung an der liquidierten Beteiligungsgesellschaft nach erfolgter Verteilung von Liquidationserlösen mangels Werthaltigkeit auf Anteilseignerebene „auszubuchen“ ist. Da Liquidationserlöse – soweit keine Einlagenrückgewähr gegeben ist bzw. iRd. Liquidation Nennkapital an die Gesellschafter zurückgeführt wird – zu den Bezügen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG gehören, kommt es bei gewstl. Schachtelbeteiligungen insofern zur Kürzung nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG. Folgerichtig (entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift) sind die aus der Auskehrung von Liquidationserlösen resultierenden Gewinnminderungen mittels Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG gewstl. zu „neutralisieren“.1

II. Hinzurechnung bei fehlerhafter Anwendung der gewerbesteuerlichen Kürzungsvorschriften? 13

Fehler bei der Anwendung der Kürzungsvorschriften gem. § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG sind nach zutreffender Ansicht nicht iRd. § 8 Nr. 10 GewStG zu korrigieren. Lagen die Voraussetzungen für eine gewstl. Kürzung im Hinblick auf Schachtelerträge vor, erfolgte aber tatsächlich keine Kürzung, ist § 8 Nr. 10 GewStG bzgl. einer etwaigen, auf die (an sich zu kürzende) Gewinnausschüttung zurückzuführenden Gewinnminderung auf Anteilseignerebene anzuwenden, auch wenn eine gewstl. „Doppelentlastung“ de facto – aufgrund fehlerhafter Gesetzesanwendung – nicht eintritt. Die fehlerhaft unterbliebene Kürzung nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG ist nachzuholen.2 Gleiches gilt im umgekehrten Fall. Wurden Beteiligungserträge für gewstl. Zwecke fehlerhaft nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG gekürzt, obwohl die Kürzungsvoraussetzungen tatsächlich nicht gegeben waren, hat eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG zu unterbleiben. Auch hier ist der Fehler „an der Quelle“ zu beheben, nämlich iRd. § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG.3 Teilweise wird dies – jedenfalls mit Blick auf eine fehlerhaft unterbliebene Kürzung nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG – anders gesehen, wobei auf den Sinn und Zweck des § 8 Nr. 10 GewStG hingewiesen wird.4 Dieses Argument geht uE indes fehl, da § 8 Nr. 10 GewStG nicht bezweckt, fehlerhafte Gesetzesanwendung zu korrigieren und so das „materiell gewünschte Ergebnis“ einzustellen. Anders gewendet: § 8 Nr. 10 GewStG ist keine Korrekturvorschrift. Es ist uE auch problematisch, die Fälle der fehlerhaft unterbliebenen und der fehlerhaft durchgeführten gewstl. Kürzung iRd. § 8 Nr. 10 GewStG jeweils unterschiedlich auflösen zu wollen. Dass mittels Anwendung (oder: Nichtanwendung) des § 8 Nr. 10 GewStG keine Fehlerkorrektur erfolgen kann, gilt unabhängig davon, ob eine Fehlerbehebung bei der Anwendung der Kürzungsvorschriften gem. § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG verfahrensrechtlich noch möglich ist oder nicht.

III. Kausalzusammenhang zwischen Ausschüttung/Abführung und Gewinnminderung 14

Die Anwendung des § 8 Nr. 10 GewStG setzt einen kausalen Zusammenhang zwischen Gewinnausschüttung bzw. organschaftlicher Gewinnabführung einerseits und Gewinnminderung (iSd. § 8 Nr. 10 Buchst. a oder b GewStG) andererseits voraus. Im Gesetzeswortlaut kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass die Gewinnminderung, die mittels der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 10 GewStG für gewstl. Zwecke rückgängig gemacht wird, auf eine Gewinnausschüttung bzw. organschaftliche Gewinnabführung „zurückzuführen“ sein muss. Ist eine Gewinnminderung auf andere Umstände als eine Gewinnausschüttung bzw. organschaftliche Gewinnabführung zurückzuführen (etwa auf laufende Verluste der Beteiligungsgesellschaft), kommt eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG nicht in Betracht. Gleiches gilt bei mehreren nebeneinander bestehenden Kausalzusammenhängen. Hier geht die Fin1 2 3 4

Vgl. etwa BFH v. 8.5.2003 – IV R 35/01, BStBl. II 2004, 460 = FR 2003, 1017. AA zB Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 704; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 10 GewStG Rz. 6. GlA Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 704; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 10 GewStG Rz. 6. Vgl. zB Staats in GewStG, eKommentar, § 8 Rz. 471 f. mwN (Stand: Januar 2015); Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 704; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 8 Nr. 10 GewStG Rz. 6.

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Möllmann

Hinzurechnungen (Ausländische Steuern)

§ 8 Nr. 12

Verw.1 (die insofern die Feststellungslast trifft) zugunsten des StPfl. vereinfachend davon aus, dass die von § 8 Nr. 10 GewStG sachlich erfasste Gewinnminderung vorrangig auf einer anderen – eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG nicht auslösenden – Ursache beruht.

IV. Keine „negative Hinzurechnung“ im Rahmen von § 8 Nr. 10 GewStG Soweit nach einer ausschüttungs- oder abführungsbedingten Teilwertabschreibung eine Teilwert- 15 zuschreibung erfolgt, kann diese zu einer Erhöhung des Gewerbeertrags auf Anteilseignerebene führen. Auch wenn die zunächst erfolgte Teilwertabschreibung gem. § 8 Nr. 10 GewStG hinzugerechnet und somit gewstl. neutralisiert wurde, erfolgt – umgekehrt – keine Kürzung der gewstl. erfassten Teilwertzuschreibung.2 Insbesondere komme, so der BFH,3 keine „negative Hinzurechnung“ nach § 8 Nr. 10 GewStG in Betracht.

§ 8 Nr. 11

(weggefallen)

§ 8 Nr. 12 [Ausländische Steuern] Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) werden folgende Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind: … 12. ausländische Steuern, die nach § 34c des Einkommensteuergesetzes oder nach einer Bestimmung, die § 34c des Einkommensteuergesetzes für entsprechend anwendbar erklärt, bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, soweit sie auf Gewinne oder Gewinnanteile entfallen, die bei der Ermittlung des Gewerbeertrags außer Ansatz gelassen oder nach § 9 gekürzt werden. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Allgemeiner Regelungsgehalt und Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

2

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

3

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

4

B. Voraussetzungen und Umfang der Hinzurechnung . . . . . . . . . . . . . . .

5

I. „Ausländische Steuern, die nach § 34c EStG […] bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden“ . . . . . . . . . .

5

II. „soweit sie auf Gewinne entfallen, die […] außer Ansatz gelassen oder […] gekürzt werden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

Literatur: Brandenberg, Steueränderungsgesetz 1992 (Teil II) – Die wichtigsten Änderungen bei der Unternehmensbesteuerung, Wpg. 1992, 317; Pauka, StÄndG 1992: Die Änderungen im Gewerbesteuerrecht, DB 1992, 1207; Heurung/Seidel, Anrechnung ausländischer Steuern auf Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag?, IWB Fach 3, 2009, 76. Verwaltungsanweisungen: R 34c EStR 2012; H 34c EStR 2012; Anlage 6 EStR.

1 R 8.6 Satz 4 GewStR 2009. 2 AA zB Wendt, FR 2009, 543. 3 BFH v. 23.9.2008 – I R 19/08, BStBl. II 2010, 301 = FR 2009, 542 m. Anm. Wendt (bestätigt durch BFH v. 7.9.2016 – I R 9/15, GmbHR 2017, 488; v. 11.7.2017 – I R 88/15, GmbHR 2018, 327).

Möllmann/Pitzal

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§ 8 Nr. 12 Rz. 1 Hinzurechnungen (Ausländische Steuern)

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Allgemeiner Regelungsgehalt und Zweck der Vorschrift 1 Die Vorschrift rechnet dem Gewerbeertrag den Betrag der ausländischen Steuern wieder hinzu, die

nach § 34c Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG iRd. Gewinnermittlung als Betriebsausgaben abgezogen worden sind (bei denen also eine Anrechnung der ausländischen Steuer nach § 34c Abs. 1 EStG unterblieben ist). Die Hinzurechnung greift allerdings nur ein, wenn und soweit auch die den Auslandssteuern zugrunde liegenden Gewinne nicht in den Gewerbeertrag einbezogen sind. Mit anderen Worten: Werden die den Auslandssteuern zugrunde liegenden Gewinne in den Gewerbeertrag nach § 7 GewStG (gewinnerhöhend) einbezogen, bleibt es auch gewstl. beim Abzug der Auslandssteuern nach § 34c Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG; diese werden nicht mittels der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 12 GewStG „neutralisiert“. Ein praktischer Anwendungsfall des § 8 Nr. 12 GewStG kann sich bspw. bei der Kürzung des Gewerbeertrags um die Dividende einer Auslandskapitalgesellschaft nach § 9 Nr. 7 oder 8 GewStG bzw. aufgrund eines DBA-Schachtelprivilegs ergeben. Da die Kürzung gem. § 9 Nr. 7 oder 8 GewStG bzw. aufgrund eines DBA-Schachtelprivilegs stets den Bruttobetrag der Dividende umfasst (und nicht den Nettobetrag nach Abzug etwaiger auf die Ausschüttung angefallener, ausländischer Steuern), ist es sachgerecht, die auf diesen Dividendenbezug entfallenden und gewinnmindernd abgezogenen ausländischen Steuern dem Gewerbeertrag – korrespondierend – wieder hinzuzurechnen.1 Andernfalls würde es zu einer doppelten Entlastung kommen (Kürzung des Bruttobetrags der Dividende und zusätzlicher – gewinnmindernder – Abzug der ausländischen Steuern).2 Die Vorschrift dient somit dem Zweck, für den Fall des Betriebsausgabenabzugs nach § 34c Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG eine Doppelbegünstigung iRd. GewSt zu vermeiden.

II. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich 2 Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 12 GewStG kann zwar grds. bei jedem GewStPfl. erfolgen und ist da-

mit in persönlicher Hinsicht in ihrem Anwendungsbereich nicht eingeschränkt. Jedoch folgt die Vorschrift durch die inhaltliche Verzahnung in persönlicher und sachlicher Hinsicht dem Anwendungsbereich des § 34c Abs. 2 bzw. 3 EStG. Dadurch besteht eine Abhängigkeit von § 34c EStG sowie der Methodenwahl zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eines etwaig anwendbaren DBA (§ 34c Abs. 6 Satz 1 und 2 EStG). Für fiktive Quellensteuern kann nach § 34c Abs. 6 Satz 2 Halbs. 3 EStG nicht zum Abzug optiert werden.3 In diesem Fall erübrigt sich daher auch eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 12 GewStG. Werden fiktive ausländische Steuern gem. § 34c Abs. 1 EStG angerechnet, hat dies ohnehin keine Auswirkungen auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb gem. § 7 Satz 1 GewStG. Eine Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 12 GewStG ist in diesem Fall ebenfalls entbehrlich. § 34c EStG ist ferner in persönlicher Hinsicht grds. nur auf unbeschränkt StPfl. anwendbar, jedoch unter den Voraussetzungen des § 50 Abs. 3 EStG auch auf beschränkt stpfl. natürliche Personen. Gleiches gilt für Körperschaftsteuersubjekte durch den in § 26 Abs. 1 KStG enthaltenen Verweis auf § 34c EStG und § 50 Abs. 3 EStG. Die Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 12 GewStG betrifft somit auch Körperschaften.

III. Rechtsentwicklung 3 Die Vorschrift wurde mit Geltung ab EZ 1992 durch das StÄndG 19924 eingeführt und seitdem in-

haltlich nicht geändert. Bis EZ 1992 wirkte sich der Abzug ausländischer Steuern erst auf den „Gesamtbetrag der Einkünfte“ (§ 2 Abs. 3 EStG) aus und hatte daher keinen Einfluss auf die Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb, sodass es keinen Bedarf für eine Hinzurechnungsvorschrift für aus-

1 2 3 4

BT-Drucks. 12/1108, 69. Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 12 GewStG Rz. 3 (Stand: Oktober 2016). BR-Drucks. 866/02, 61. BGBl. I 1992, 297.

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B. Voraussetzungen und Umfang der Hinzurechnung

Rz. 6 § 8 Nr. 12

ländische Steuern gab.1 Zweck der Änderung des § 34c Abs. 2 EStG (Berücksichtigung bereits auf der Ebene der Ermittlung der Einkünfte) war es gerade auch zu erreichen, „dass dieser Abzug auch beim Verlustausgleich und bei der Gewerbesteuer wirksam wird“.2

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften Innerhalb der gewstl. Hinzurechnungen und Kürzungen bestehen keine Konkurrenzen zu anderen 4 Hinzurechnungen. Die Vorschrift steht allerdings in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Kürzungsvorschriften in § 9 GewStG. Wenn wegen einer Kürzungsvorschrift bestimmte Beträge aus dem Gewerbeertrag gekürzt werden (zB § 9 Nr. 2, 3, 7 und 8 GewStG), können die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Nr. 12 GewStG erfüllt sein.

B. Voraussetzungen und Umfang der Hinzurechnung I. „Ausländische Steuern, die nach § 34c EStG […] bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden“ Die Hinzurechnung des § 8 Nr. 12 GewStG knüpft an den Abzug ausländischer Steuern als Betriebs- 5 ausgaben nach § 34c Abs. 2 bzw. 3 EStG, § 68b EStDV an.3 Erfasst ist auch der Abzug ausländischer Steuern aufgrund einer Vorschrift, die § 34c EStG für entsprechend anwendbar erklärt. Hierzu gehören insbes. § 50 Abs. 3 EStG und § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG. Ferner verweist § 12 Abs. 3 Satz 1 AStG auf § 34c Abs. 2 EStG. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 AStG können 6 (ausländische) Steuern von den nach § 3 Nr. 41 EStG befreiten Gewinnausschüttungen auf Antrag im VZ des „Anfalls der Zwischeneinkünfte als Hinzurechnungsbetrag“ in entsprechender Anwendung des § 34c Abs. 2 EStG abgezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid dieses VZ bereits bestandskräftig ist (§ 12 Abs. 3 Satz 2 AStG). Durch die Rückwirkung des § 12 Abs. 3 Satz 1 AStG stellt sich die Frage der Anwendung des § 8 Nr. 12 GewStG für den (früheren) EZ, in dem der Hinzurechnungsbetrag anzusetzen war. Dabei kommt es allerdings zu einem zeitlichen Auseinanderfallen der Tatbestandsmerkmale des § 8 Nr. 12 GewStG, da die den Abzug der ausländischen Steuer ermöglichende Gewinnausschüttung in dem späteren EZ beim GewStPfl. gem. § 3 Nr. 41 EStG steuerfrei ist, während der Abzug der Steuer in einem vorangegangenen EZ erfolgt. Dadurch „entfällt“ die ausländische Steuer in dem früheren EZ streng genommen nicht „auf Gewinne oder Gewinnanteile, die bei der Ermittlung des Gewerbeertrags außer Ansatz bleiben oder nach § 9 Nr. 3 gekürzt werden“; im EZ des Abzugs der ausländischen Steuer wird nämlich allein ggf. der Hinzurechnungsbetrag gekürzt, auf diesen „entfällt“ jedoch nicht die ausländische Steuer, weil es sich um eine Quellensteuer auf die spätere (gem. § 3 Nr. 41 EStG steuerfreie) Ausschüttung handelt. Geht man wie die Rspr. des BFH mit Verweis auf § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG davon aus, dass der Hinzurechnungsbetrag nicht der GewSt unterliegt4 und fließt auch die spätere Ausschüttung der Zwischengesellschaft wegen § 3 Nr. 41 EStG nicht in den Gewerbeertrag ein, muss § 8 Nr. 12 GewStG nach seinem Sinn und Zweck dennoch angewandt werden (und kommt es somit zu einer Hinzurechnung der abgezogenen ausländischen Quellensteuer). Andernfalls würde sich iErg. gewstl. eine nicht gerechtfertigte Minderung des Gewerbeertrags durch die ausländische Steuer ergeben. Wird dagegen der Hinzurechnungsbetrag – als Netto- oder Bruttogröße (§ 10 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 1 AStG) – gem. § 7 Satz 7 GewStG idF des BEPS-UmsG5 in den Gewerbeertrag einbezogen, ist trotz der zeitlichen Inkongruenz dessen wirtschaftliche Identität mit dem späteren Ausschüttungsbetrag (§ 3 Nr. 41 Satz 2 EStG, § 18 AStG) zu berücksichtigen. Wurde also der Hinzurech-

1 Vgl. zuletzt § 34c Abs. 2 EStG idF v. 7.9.1990. 2 BT-Drucks. 12/1108, 61. 3 Zu den Voraussetzungen des § 34c EStG ausführlich Prokisch in K/S/M, § 34c EStG Abschn. D (Stand: April 2011). 4 BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein. 5 BGBl. I 2016, 3000; nach Auffassung des Gesetzgebers handelt es sich lediglich um eine „Klarstellung“, vgl. BTDrucks. 18/9536, 58; zu dieser Diskussion ausf. § 7 GewStG Rz. 166 f.

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§ 8 Nr. 12 Rz. 7 Hinzurechnungen (Ausländische Steuern) nungsbetrag gem. § 7 Satz 7 GewStG in den Gewerbeertrag einbezogen, kann trotz § 3 Nr. 41 EStG der Ausschüttungsgewinn nicht als „außer Ansatz“ gelassen angesehen werden (teleologische Reduktion des § 8 Nr. 12 GewStG); eine Hinzurechnung der abgezogenen ausländischen Steuer scheidet somit uE in diesem Fall aus. 7 Keinen Verweis auf § 34c EStG enthält dagegen § 50d Abs. 10 Satz 5 EStG. Sind von § 50d Abs. 10 EStG

erfasste Sondervergütungen einer inländischen Betriebsstätte der Mitunternehmerschaft zuzuordnen (vgl. § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG), kommt es wegen des Inlandsbezugs nicht gem. § 9 Nr. 3 GewStG zu einer Kürzung des Gewerbeertrags. § 8 Nr. 12 GewStG ist somit tatbestandlich nicht erfüllt.

II. „soweit sie auf Gewinne entfallen, die […] außer Ansatz gelassen oder […] gekürzt werden“ 8 Die Hinzurechnung ist auf die ausländischen Steuern begrenzt, die auf „Gewinne“ (oder Gewinn-

anteile) „entfallen“, „soweit“ diese bei der „Ermittlung des Gewinns außer Ansatz gelassen oder nach § 9 gekürzt werden“. „Außer Ansatz“ gelassen sind Gewinne dann, wenn diese bereits nicht in die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 7 Satz 1 GewStG eingeflossen sind. Dies ist zB dann der Fall, wenn Gewinne nach deutschen Einkünfteermittlungsvorschriften einer Steuerbefreiung unterliegen (zB § 8b KStG). Die zweite Tatbestandsvariante ist erfüllt, wenn nach einer Kürzungsvorschrift bestimmte Einkünfte vom Gewerbeertrag abgezogen wurden (zB nach § 9 Nr. 2, 3, 7 und 8 GewStG). 9 Das Tatbestandsmerkmal „entfallen“ erfordert einen sog. Entstehungszusammenhang zwischen dem

Gewinn (bzw. Gewinnanteil), der nicht angesetzt oder gekürzt wird, auf der einen Seite und der ausländischen Steuer, die nach § 34c EStG in Abzug gebracht wird, auf der anderen Seite.1 10

Fraglich ist, ob die Formulierung „Gewinne oder Gewinnanteile“ eine Hinzurechnung auch dann ausschließt, wenn aus inländischer Sicht bei der Ermittlung des Gewinns „Verluste“ anfallen, aber gleichwohl im Ausland ein „Gewinn“ ermittelt und dementsprechend eine Steuer festgesetzt wird,2 die nach § 34 Abs. 2 EStG verlusterhöhend abgezogen werden kann.3 Der Sinn und Zweck des § 8 Nr. 12 GewStG, akzessorisch zu § 34c EStG eine Korrektur des Gewerbeertrags sicherzustellen, wird uE nur erfüllt, wenn auch in diesem Fall die ausländische Steuer wieder hinzugerechnet wird.

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Eine weitere Frage stellt sich in Bezug auf das „soweit“ im Gesetzeswortlaut des § 8 Nr. 12 GewStG. Nach der absolut überwiegenden Auffassung bedeutet das Merkmal „soweit“ keine Begrenzung der Hinzurechnung auf den Betrag des Gewinns (bzw. Gewinnanteils), auf den die ausländische Steuer entfällt.4 Nur vereinzelt wird dies als Verletzung des Gesetzeswortlauts angesehen, der durch die Verwendung des „soweit“ keine unbeschränkte Hinzurechnung erlaube.5 Nach hier vertretener Auffassung begrenzt das Merkmal „soweit“ die Hinzurechnung lediglich sachlich auf die ausländischen Steuern, die mit nicht im Gewerbeertrag enthaltenen (oder nach § 9 GewStG gekürzten) Gewinnen zusammenhängen. Das Merkmal „soweit“ enthält dagegen keine betragsmäßige Begrenzung. Eine solche Auslegung ist mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar und entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, ausländische Steuern wieder dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen, „soweit“ diese den Gewinn aus Gewerbebetrieb (und damit die gewstl. Bemessungsgrundlage) gemindert haben, obwohl der zugrunde liegende Gewinn oder Gewinnanteil selbst nicht in den Gewerbeertrag einbezogen wird. Im Regelfall wird sich diese Frage jedoch ohnehin nicht stellen, weil die ausländische Steuer betragsmäßig regelmäßig geringer sein wird als der Gewinn bzw. Gewinnanteil.

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Vgl. Braunagel in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Nr. 513. Zur divergierenden Ermittlung von Bemessungsgrundlagen im In- und Ausland Kraft, IStR 2016, 276. Vgl. Prokisch in K/S/M, § 34c EStG Rz. D 5 (Stand: April 2011). Statt aller mwN Keß in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 12 GewStG Rz. 6 (Stand: Oktober 2016). So nur Braunagel in Bergemann/Wingler, § 8 GewStG Nr. 516.

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§ 9 Kürzungen Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um … (Die Fortsetzung des Gesetzestextes mit den einzelnen Kürzungstatbeständen ist deren jeweiliger Kommentierung vorangestellt.) A. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

C. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . .

3

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

2

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . .

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A. Regelungsgegenstand und -zweck § 9 GewStG enthält einen Katalog von Kürzungstatbeständen, dh., die Vorschrift sieht ausgehend vom 1 Gewerbeertrag nach § 7 GewStG und nach den Hinzurechnungen nach § 8 GewStG für bestimmte Sachverhalte eine Minderung1 des Gewerbeertrags vor. Zweck der Kürzungsvorschriften ist generell die Ermittlung eines Gewerbeertrags, der entsprechend des Objektsteuercharakters der GewSt objektiviert, dh. um die Beziehungen des Unternehmers zum Betrieb bereinigt wird. Daneben dienen die einzelnen Kürzungstatbestände noch jeweils eigenen Zwecken. Beispielhaft seien hier die Verhinderung von Doppelbelastungen (zB § 9 Nr. 1 GewStG) oder die Sicherstellung des reinen Inlandsbezugs der GewSt (zB § 9 Nr. 3 und 7 GewStG) genannt.

B. Anwendungsbereich Die Anwendungsbereiche der einzelnen Kürzungsvorschriften sind vielfältig. Eine übergreifende Ein- 2 schränkung des persönlichen oder sachlichen Geltungsbereichs gibt es außerhalb der jeweiligen Tatbestände nicht.2 Es handelt sich bei den einzelnen Kürzungstatbeständen um eine abschließende Aufzählung (numerus clausus).3 Zudem besteht kein übergeordneter Grundsatz, nach dem eine (im Katalog des § 9 GewStG nicht genannte) Kürzung zur Erreichung eines bestimmten Zwecks – wie zB der Verhinderung einer Doppelbelastung – durchzuführen wäre.4 Dass erklärte gesetzgeberische Zielsetzungen der Kürzungsvorschriften im Einzelfall mangels Tatbestandserfüllung nicht erreicht werden, steht der Verfassungsmäßigkeit der Norm nicht entgegen.5 Mit Ausnahme der Vorschriften des § 9 Nr. 1 Satz 2, Nr. 5 Satz 3 und Nr. 7 Satz 4 GewStG erfolgt die jeweilige gewstl. Kürzung von Amts wegen, ohne dass ein Antrag des StPfl. erforderlich wäre.6

C. Rechtsentwicklung Vor der deutschen Wiedervereinigung waren auf im Gebiet der ehemaligen DDR und in Ostberlin be- 3 legene Betriebsstätten entfallende Kürzungen auszuscheiden.7 1 Da die Kürzung um negative Beträge nicht ausgeschlossen ist, kann es iErg. auch zu einer Erhöhung kommen; siehe Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 GewStG Rz. 3; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 1 (Stand: November 2016). 2 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 3 (Stand: November 2016). 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 GewStG Rz. 2; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 1 (Stand: November 2016). 4 BFH v. 23.10.1985 – I R 235/81, BStBl. II 1986, 72; v. 23.9.2008 – I R 19/08, BStBl. II 2010, 301; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 GewStG Rz. 1; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 1 (Stand: November 2016). 5 BFH v. 6.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462. 6 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 7 (Stand: November 2016). 7 Abschn. 66 GewStR 1984, BStBl. I 1985, Sondernummer 1.

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§ 9 Rz. 4 Kürzungen Infolge der Abschaffung von § 43 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist § 9 Nr. 6 GewStG aF durch das StBerG 19991 mit Wirkung zum EZ 2000 ersatzlos entfallen. Es handelte sich um die Kürzung um Zinsen auf in § 43 Abs. 1 Nr. 5 EStG genannte Wertpapiere. § 9 Nr. 10 GewStG aF wurde durch das GewStAndG v. 23.12.20032 mit Wirkung zum EZ 2004 ersatzlos gestrichen. Die Vorschrift hatte die Kürzung um Vergütungen für Fremdkapital iSd. § 8a KStG aF zum Gegenstand. Die Darstellung der Rechtsentwicklung betr. die einzelnen Kürzungstatbestände erfolgt innerhalb der Kommentierung der jeweiligen Vorschrift.

D. Verhältnis zu anderen Vorschriften 4 Aus der Formulierung, dass die Kürzungen von der Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen

vorzunehmen sind, ergibt sich ein Vorrang der Hinzurechnungen vor den Kürzungen.3 Zu den folgenden Kürzungstatbeständen gibt es ergänzende/korrespondierende Hinzurechnungstatbestände im § 8 GewStG: – § 9 Nr. 2b GewStG (§ 8 Nr. 4 GewStG), – § 9 Nr. 4 GewStG aF (§ 8 Nr. 7 GewStG aF), – § 9 Nr. 2 GewStG (§ 8 Nr. 8 GewStG), – § 9 Nr. 5 GewStG (§ 8 Nr. 9 GewStG), – § 9 Nr. 2a, 7, 8 GewStG (§ 8 Nr. 10 GewStG) und – § 9 Nr. 7 und 8 GewStG (§ 8 Nr. 12 GewStG). Zu § 9 Nr. 3 und 9 GewStG und § 9 Nr. 10 GewStG aF gibt es keine korrespondierende Hinzurechnungsvorschrift.4

§ 9 Nr. 1 [Grundbesitz] Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um 1. 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes; maßgebend ist der Einheitswert, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt (Hauptfeststellungs-, Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt) vor dem Ende des Erhebungszeitraums (§ 14) lautet. 2An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Sinne des Ersten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 28 des Gesetzes vom 14. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1493), errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. 3Satz 2 gilt entsprechend, wenn in Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen Teileigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes errichtet und veräußert wird und das Gebäude zu mehr als 66 2/3 Prozent Wohnzwecken dient. 4Betreut ein Unternehmen auch Wohnungsbauten oder veräußert es auch Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen, so ist Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 2, dass der Gewinn aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes gesondert ermittelt wird. 5Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, 1 2 3 4

G v. 22.12.1999, BGBl. I 1999, 2601. BGBl. I 2003, 2922. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 8 (Stand: November 2016). Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 5 (Stand: November 2016).

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Kürzungen (Grundbesitz)

§ 9 Nr. 1

1. wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient, 1a. soweit der Gewerbeertrag Vergütungen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes enthält, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat. 2Satz 1 ist auch auf Vergütungen anzuwenden, die vor dem 19. Juni 2008 erstmals vereinbart worden sind, wenn die Vereinbarung nach diesem Zeitpunkt wesentlich geändert wird, oder 2. soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus dem Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandenen stillen Reserven entfallen. 6Eine Kürzung nach den Sätzen 2 und 3 ist ausgeschlossen für den Teil des Gewerbeertrags, der auf Veräußerungs- oder Aufgabegewinne im Sinne des § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 entfällt; … § 20 GewStDV § 20 Grundbesitz (1) 1Die Frage, ob und inwieweit im Sinne des § 9 Nr. 1 des Gesetzes Grundbesitz zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehört, ist nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu entscheiden. 2Maßgebend ist dabei der Stand zu Beginn des Kalenderjahrs. (2) Gehört der Grundbesitz nur zum Teil zum Betriebsvermögen im Sinne des Absatzes 1, so ist der Kürzung nach § 9 Nr. 1 des Gesetzes nur der entsprechende Teil des Einheitswerts zugrunde zu legen. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . .

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I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . .

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II. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

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III. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG . . 3. Verhältnis zu Vorschriften des BewG . .

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B. Einfache Kürzung (Satz 1) . . . . . . . . .

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I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Grundbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . 1. Anwendung der EStG-/KStG-Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsformbedingte Besonderheiten . 3. Anteiliger Grundbesitz . . . . . . . . .

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IV. Keine Grundsteuerbefreiung . . . . . . . .

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V. Einheitswert . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VI. Überlegungen zur Entlastungswirkung . . 1. Unvollkommene Entlastung . . . . . . . . 2. Belastungseffekte bei Vermietung . . . . . .

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VII. Stichtagsprinzip . . . . . . . . . . . . . . .

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VIII. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6) . . . . . . . I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Wirkungsweise . . . . . 2. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . a) Keine Doppelbelastung mit Realsteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsformneutralität im Verhältnis zu grundbesitzverwaltenden Personenunternehmen . . . . . . . . . . c) Rechtsformneutralität im Verhältnis zu steuerbefreiten Wohnungsbaugenossenschaften . . . . . . . . . . . . d) Befreiungsvorschrift . . . . . . . . . 3. Entwicklungstendenzen infolge der BFH-Rechtsprechung . . . . . . . . . .

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II. Überblick über den Aufbau der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einteilung der Tätigkeiten . . . . . . . . 2. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwaltung und Nutzung . . . . . . aa) Vermögensverwaltung vs. Gewerblichkeit . . . . . . . . . bb) Einzelne Abgrenzungsfälle . . . cc) Fehlendes Entgelt/fehlende Gewinnerzielungsabsicht . . . .

§ 9 Nr. 1 Kürzungen (Grundbesitz) dd) Besondere Entgelte im Kontext der Grundbesitzverwaltung . . . . ee) Stromlieferung/Photovoltaik, Blockheizkraftwerk und Stromtankstelle . . . . . . . . . . . . . . ff) Aufspaltung gewerblicher und vermögensverwaltender Tätigkeit . gg) Betriebsaufspaltung . . . . . . . . b) Grundbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rückgriff auf das BewG . . . . . . bb) Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausländischer Grundbesitz . . . . c) Eigener Grundbesitz . . . . . . . . . . . aa) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . bb) Erbbaurecht/Gebäude auf fremdem Grund und Boden . . . . . . cc) Weitervermietung von angemietetem Grundbesitz . . . . . . . . . dd) Grundbesitz in Tochter-Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . ee) Atypisch stille Gesellschaft . . . . . 4. Ausschließlichkeitsprinzip . . . . . . . . . . a) Dimensionen der Ausschließlichkeit . . b) Präzisierung der zeitlichen Ausschließlichkeit . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausübung der begünstigten Tätigkeit im gesamten Erhebungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterjährige Veräußerung und Reinvestition . . . . . . . . . . . . cc) Wirtschaftsjahr vs. Kalenderjahr . dd) Strukturierungsmaßnahmen . . .

42 45 47 50 52 52 57 70 71 71 72 73 74 78 79 79 81 81 83 84 85

III. Unabhängigkeit von der einfachen Kürzung/kein Stichtagsprinzip . . . . . . . . .

94

IV. Antragsgebundenheit/Wahlrecht . . . . . .

97

V. Nebentätigkeiten . . . . . . . . . . . . . 1. Nebeneinander . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Betreuung von Wohnungsbauten . . . .

. . 100 . . 100 . . 102 . . 106

4. Errichtung und Veräußerung von bestimmten Wohnungsbauten . . . . . . . . 5. Gesonderte Gewinnermittlung . . . . . . VI. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kürzung des Nettobetrags . . . . . . . 2. Erfassung von Effekten im Sonderbetriebsbereich . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zuordnung von Aufwendungen . . . . 4. Zusammenspiel mit § 6b EStG . . . . 5. Darlehensverzichtsgewinne . . . . . . 6. Hinzurechnungsbeträge nach AStG .

109 111

. . . .

112 112

. . . . .

. . . . .

113 114 115 116 117

VII. Organschaftsfälle . . . . . . . . . . . . . . 1. Getrennte Gewerbeertragsermittlung im Organkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Versagung der erweiterten Kürzung bei organkreisinterner Vermietung . . . . . . 3. Kürzung trotz Organschaft . . . . . . . . 4. Auslagerung des Grundbesitzes auf eine nachgelagerte KG . . . . . . . . . . . . . .

118

VIII. Missbrauchsverhinderungsfälle . . . . . . 1. Dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dienendes Grundstück (Satz 5 Nr. 1) . . . . . . . . . a) Norminhalt und -zweck . . . . . . . . b) Gesellschafter/Genosse . . . . . . . . . c) Mittelbare Beteiligungen . . . . . . . . d) Teleologische Reduktion bei GewStBefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . e) Dienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nutzungsüberlassung an Gesellschafter/Genossen . . . . . . . . . bb) Überlassung an Arbeitnehmer des Gesellschafters/Genossen . . cc) Lebensversicherung als Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . dd) Dauer und Umfang des Dienens . 2. Sondervergütungen an Mitunternehmer (Satz 5 Nr. 1a) . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gespeicherte stille Reserven (Satz 5 Nr. 2) 4. Veräußerung oder Aufgabe von Mitunternehmeranteilen (Satz 6) . . . . . . . .

122

118 119 120 121

122 122 123 124 126 127 127 128 129 130 132 133 137

Literatur: Hofbauer, Die gewerbe-(ertrag-)steuerliche Behandlung von Grundstücksunternehmen, DStR 1983, 598; Henerichs, Gewerbesteuerliche Probleme bei einer betrieblichen Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft, FR 1991, 76; Neyer, Gewerbesteuerliche Behandlung der grundstücksverwaltenden GmbH: Laufende Besteuerung und Sonderfälle, DStR 1991, 537; Schlagheck, Zebragesellschaften und Gewerbesteuer, StBp. 2000, 118; Voßkuhl/Zuschlag, Zum Umfang des Kürzungsbetrags nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG bei Kapitalerträgen, die im Rahmen der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes erzielt worden sind, FR 2002, 619; Lieber/Stifter, Die atypisch stille Gesellschaft als Alternative zur Ausgliederung, FR 2003, 831; Jesse, Erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksverwaltungsunternehmen gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, FR 2004, 1085; Wendt, Erweiterte Kürzung des Gewerbesteuerertrags trotz Veräußerung des einzigen Grundstücks eine Minute vor Ablauf des Erhebungszeitraums – Anm. zum BFH-Urt. v. 11.8.2004 – I R 89/03, FR 2004, 1404; Dötsch/Pung, Richtlinien-Umsetzungsgesetz: Die Änderungen des EStG, des KStG und des GewStG, DB 2005, 10; Wendt, Erweiterte Kürzungsmöglichkeiten nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei auf Grundstücke bezogener unentgeltlicher Bestellung von Sicherheiten – Anm. zum BFH-Urt. v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, FR 2006, 557; Witt/Tiede, Erweiterte Grundbesitzkürzung: Gefahr durch Gewährung von Sicherheiten?, BB 2006, 696; Günters, Gewerbesteuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung oder der Aufgabe von Mitunternehmeranteilen an Grundstücks-Personengesellschaften, FR 2008, 867; Mensching/Tyarks, Der Ausschluss der erweiterten Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 2 § 9 Nr. 1

Satz 5 Nr. 1a GewStG, DStR 2009, 2037; Heuel, Bruchteilsbetrachtung bei Zebragesellschaften für Zwecke der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG, AO-StB 2011, 134; Lüking, Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags, Betriebsvorrichtungen und Nebenleistungen, BB 2011, 795; Wendt, Keine sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Beteiligung einer Grundstücks-GmbH an vermögensverwaltender Personengesellschaft – Anm. zum BFH-Urt. v. 19.10.2010 – I R 67/09, FR 2011, 435; Glutsch/Meining, Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags bei Veräußerung eines Teil-Mitunternehmeranteils, GmbHR 2012, 627; Herbst/Bohn, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 24.1.2012 (I B 136/11, GmbHR 2012, 698) – Zur Frage der erweiterten Gewerbeertragskürzung bei kapitalistischer Betriebsaufspaltung, GmbHR 2012, 699; Lieber/Wagner, Inbound-Investitionen in deutsches Immobilienvermögen aus steuerlicher Sicht, Ubg 2012, 229; Sanna, Die erweiterte Grundstückskürzung – Eine Standortbestimmung, DStR 2012, 1989; Schlegel, Erweiterte Grundbesitzkürzung bei unterjährigem Verkauf des letzten Grundstücks, NWB 2012, 4223; Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 bis 6 GewStG – Grundlagen und Problemfälle einer fragwürdigen Steuerbefreiung, Diss., Münster 2012; Behrens/Braun, Beginn und Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht, BB 2013, 926; Fröhlich, Erweiterte Grundbesitzkürzung bei Beteiligung an Zebra-Gesellschaften: Steht eine neue Entscheidung des BFH vor? – Folgen des BFH-Urteils I R 67/09 und aktuell anhängiger Gerichtsverfahren, DStR 2013, 377; Mensching, „Mitternachtsgeschäft“ bei abweichendem Wirtschaftsjahr – Zu den zeitlichen Anforderungen an die „Ausschließlichkeit“ bei der erweiterten Kürzung i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, DStR 2013, 2097; Pyszka, Die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei Grundstücksgesellschaften im Konzern, GmbHR 2013, 132; Bodden, Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, DStR 2014, 2208; Troll/Eisele, GrStG, Kommentar, 11. Aufl., München 2014; Wagner, Erweiterte Grundbesitzkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG bei unterjährigem An- und Verkauf von Objekten, Ubg 2014, 183; Wienke, Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei gewerblicher Beteiligung an einer vermögensverwaltenden PersGes. (Zebragesellschaft), DB 2014, 2801; Heß, Erweiterte gewerbesteuerliche Grundstückskürzung in der Immobilienpraxis, NWB 2015, 528; Wagner/Knipping, Anmerkung zu einem Urteil des BFH v. 18.12.2014 (IV R 22/12) – Zur Frage der Verneinung der Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, GmbHR 2015, 613; Wendt, Die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG – in 25 Jahren Geklärtes und Ungeklärtes, in Lüdicke/Mellinghoff/Rödder (Hrsg.), Nationale und Internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, FS für Dietmar Gosch, München 2016; Riedel/Korff, Zur erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Bauträgertätigkeit in gewerblichem Umfang, DB 2018, 1687; Rode, Aktuelle Fragen rund um die gewerbesteuerliche erweiterte Kürzung, FR 2018, 545; Wagner/Brüggen, Die Verklammerungstheorie des BFH bei Immobilien: Praktische Fragestellungen, DB 2018, 408.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 9 Nr. 1 GewStG sieht spezifische Kürzungen für grundbesitzende Unternehmen vor. Dabei ist 1 zwischen der „einfachen Kürzung“ nach Satz 1 und der „erweiterten Kürzung“ nach Satz 2 ff. zu unterscheiden. Die einfache Kürzung basiert auf einer pauschalen Kürzung eines Vielfachen des Einheitswerts (derzeit 1,2 % bzw. wegen Multiplikatoren eines höheren Vielfachen). Die erweiterte Kürzung führt dagegen für bestimmte Grundstücksunternehmen zu einer Kürzung des gesamten begünstigten Gewerbeertrags. In beiden Varianten dient die Kürzung vor allem der Vermeidung einer Doppelbelastung durch Realsteuern. Ohne die jeweilige Kürzung wäre der betriebliche Grundbesitz durch die Grundsteuer zum einen und durch die Gewerbesteuer zum anderen belastet. Über die Vermeidung einer Doppelbelastung hinaus hat sowohl die einfache als auch die erweiterte Grundbesitzkürzung spezifische Zwecksetzungen, die im jeweiligen Kontext näher erläutert werden.

II. Rechtsentwicklung Im Kern war die Grundbesitzkürzung bereits im GewStG 1936 enthalten. Dabei war zunächst eine 2 Kürzung des Gewerbeertrags pauschal um 3 % des Einheitswerts vorgesehen („einfache Kürzung“). Zudem konnten KapGes., die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder daneben eigenes Kapitalvermögen verwalteten und nutzten, den auf den Grundbesitz entfallenden Gewerbeertrag kürzen („erweiterte Kürzung“).

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§ 9 Nr. 1 Rz. 2 Kürzungen (Grundbesitz) Die Vorschrift wurde im Laufe der Zeit mehrfach geändert. Die wichtigsten Änderungen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:1 Änderungsdatum

Gesetz

Fundstelle

Inhalt der Änderung

16.12.1954

Gesetz zur Neuordnung von Steuern

BGBl. I 1954, 373

Ausdehnung der erweiterten Kürzung auf Wohnungs- und Baugenossenschaften

26.7.1957

Gesetz zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften

BGBl. I 1957, 848

Regelungen zur Anwendung bei unterjährigem Beginn oder unterjähriger Beendigung der Steuerpflicht, bei Umstellung des Wirtschaftsjahrs oder wenn der für die Ermittlung des Gewerbeertrags maßgebende Zeitraum mehr oder weniger als 12 Monate betrug

18.7.1958

Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern

BGBl. I 1958, 473

Ausdehnung der erweiterten Kürzung auf Personengesellschaften sowie Einbeziehung der Errichtung und Veräußerung von Kaufeigenheimen, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen und der Betreuung und Veräußerung dieser Objekte

13.7.1961

Steueränderungsgesetz 1961

BGBl. I 1961, 981

Rücknahme der og. zeitlichen Anwendungsregeln aus dem Jahr 1957

30.7.1963

Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes

BGBl. I 1963, 563

Begünstigung der Errichtung und Veräußerung auch von nicht reinen Wohngebäuden (Teileigentum, sofern das Gebäude zu mehr als 2/3 Wohnzwecken dient)

17.4.1974

Vermögensteuerreformge- BGBl. I 1974, setz 949

Herabsetzung der Einheitswertkürzung von 3 % auf 1,2 % vor dem Hintergrund der ebenfalls ab 1974 anzuwendenden höheren Einheitswerte für Grundvermögen

22.12.1981

2. Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur

BGBl. I 1981, 1523

Beschränkung der erweiterten Kürzung auf den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt

19.12.1985

Steuerbereinigungsgesetz 1986

BGBl. I 1985, 2436

Redaktionelle Umstellung von „Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen“ auf „Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen“ sowie von „Eigenheime, Kleinsiedlungen“ auf „Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser“

9.12.2004

Gesetz zur Umsetzung BGBl. I 2004, von EU-Richtlinien in na- 3310 tionales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften – EURUmsG

Aufnahme der Einschränkung, dass der Gewerbeertrag keine Gewinne aus der Aufdeckung zunächst begünstigter stiller Reserven des Grundbesitzes (unmittelbar oder über die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen) enthalten darf

14.8.2007

Unternehmenssteuerreformgesetz 2008

BGBl. I 2007, 1912

Aufnahme der Voraussetzung, dass der Grundbesitz im Kontext der einfachen Kürzung nicht von der Grundsteuer befreit sein darf

19.12.2008

Jahressteuergesetz 2009

BGBl. I 2008, 2794

Beschränkung der erweiterten Grundbesitzkürzung bei Sondervergütungen an Mitunternehmer

1 Siehe für einen Überblick über die Änderungen einschließlich der jeweiligen Gesetzesbegründungen Wissenschaftliche Dienste, Deutscher Bundestag, Ausarbeitung „Kürzung für Grundbesitz bei Grundstücksunternehmen“ v. 15.5.2012 – WD 4 - 3000 - 116/12.

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B. Einfache Kürzung (Satz 1)

Rz. 6 § 9 Nr. 1

III. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG Die erweiterte Grundbesitzkürzung wirkt – sofern sie Anwendung findet – iErg. wie eine Gewer- 3 besteuerbefreiung für den Gewerbeertrag aus der Immobilienbewirtschaftung. § 3 Nr. 15 GewStG sieht dagegen eine persönliche Steuerbefreiung für bestimmte Wohnungsbaugenossenschaften vor. Wenn die Voraussetzungen des § 3 Nr. 15 GewStG bzw. aufgrund des dort verankerten Verweises die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG erfüllt sind, kommt es für diese persönlich steuerbefreiten Wohnungsbaugenossenschaften auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. GewStG nicht mehr an. Für alle übrigen Grundstücksunternehmen steht dem Grunde nach die einfache bzw. die erweiterte Grundbesitzkürzung zur Verfügung.1 Die Rechtsfolgen auch der erweiterten Kürzung sind dabei naturgemäß im Vergleich zur persönlichen Steuerbefreiung weniger weitreichend, ua. weil (unschädliche) Nebenerträge bspw. aus der Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen weiterhin zum Gewerbeertrag zählen (insoweit keine Kürzung). 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG Die erweiterte Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG begünstigt nur solche Grund- 4 stücksunternehmen, deren Aktivität sich im Rahmen einer Vermögensverwaltung im einkommensteuerlichen Sinne bewegt („Fruchtziehung aus dem Grundbesitz“). Etwaige Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd. § 15 EStG sind dagegen schädlich. Die einkommensteuerliche Abgrenzung zwischen gewerblichen und vermögensverwaltenden Aktivitäten ist demnach auch iRd. erweiterten Grundbesitzkürzung relevant. 3. Verhältnis zu Vorschriften des BewG Für die Bestimmung des Begriffs „Grundbesitz“ iSd. § 9 Nr. 1 GewStG wird auf das Begriffsverständ- 5 nis des „Grundvermögens“ nach § 68 BewG abgestellt. Dies ist angesichts der Idee der Vermeidung einer Doppelbelastung durch die GrSt zum einen und durch die GewSt zum anderen naheliegend. Auch die für GrSt relevanten Einheitsbewertungen nach den §§ 19 ff. BewG orientieren sich am Begriff des § 68 BewG.

B. Einfache Kürzung (Satz 1) I. Einleitung Im Rahmen der „einfachen Kürzung“ nach Satz 1 des § 9 Nr. 1 GewStG wird die Summe des Gewinns 6 und der Hinzurechnungen um „1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes“ gekürzt. Die Kürzung dient der Vermeidung einer Doppelbelastung mit Realsteuern (GrSt zum einen und GewSt zum anderen).2 Zudem hat der BFH vereinzelt ausgeführt,3 dass die einfache Kürzung „zugleich die Gleichstellung der auf eigenem Grund und Boden tätigen Gewerbebetriebe mit solchen Gewerbetreibenden bezwecke, die ihrem Gewerbe in gemieteten oder gepachteten Räumlichkeiten nachgehen und die die 1 Vgl. in diesem Kontext Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 32. Nach dessen Auffassung sollte die erweiterte Kürzung systematisch wohl besser im Katalog des § 3 GewStG und mithin als persönliche Steuerbefreiung für Grundstücksverwaltungsunternehmen angesiedelt sein. 2 Vgl. in diesem Sinne die Begründung zum GewStG 1936, RStBl. 1937, 696; BT-Drucks. 9/842, 70 f.; BFH v. 5.10.1967 – I 258/64, BStBl. II 1968, 65; v. 18.4.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359 = FR 2000, 1033 m. Anm. Wendt; v. 12.11.2009 – IV B 8/09, BFH/NV 2010, 464; v. 15.5.2002 – I R 63/01, BFH/NV 2003, 82; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 1 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 2a; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 19 (Stand: November 2016); Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 13 f. 3 BFH v. 15.5.2002 – I R 63/01, BFH/NV 2003, 82.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 7 Kürzungen (Grundbesitz) gezahlte Miete oder Pacht als Betriebsausgaben geltend machen können“.1 Ansonsten ist zu beachten, dass mit der pauschalen Kürzung kein pauschales Abzugsverbot für Schuldzinsen oder ähnliche Aufwendungen besteht, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Grundstück stehen.2

II. Grundbesitz 7 Für die Bestimmung des Begriffs „Grundbesitz“ iSd. § 9 Nr. 1 GewStG wird iErg. auf die Abgrenzung

des Begriffs „Grundvermögen“ nach § 68 BewG abgestellt.3 Gem. § 68 Abs. 1 BewG gehören zum Grundvermögen (1) der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, (2) das Erbbaurecht, und (3) das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Gem. Abs. 2 von § 68 BewG sind (1) Bodenschätze und (2) Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind, nicht in das Grundvermögen einzubeziehen. Eine Ausnahme gilt nach § 68 Abs. 2 Satz 2 BewG indes für „die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.“ Diese sollen wiederum zum Grundvermögen gehören. Faktisch sind diese Differenzierungen iRd. einfachen Kürzung jedoch unbedeutend, weil bereits iRd. Einheitsbewertung für Grundsteuerzwecke über die Höhe der einfachen Kürzung entschieden wird. Eine eigenständige gewstl. Abgrenzung des Grundvermögens – insbes. von den Betriebsvorrichtungen – ist demnach an dieser Stelle nicht vorzunehmen. 8 Für Grundbesitz im Ausland greift die einfache Grundbesitzkürzung nicht.

III. Betriebsvermögen 1. Anwendung der EStG-/KStG-Grundsätze 9 Nach dem Gesetzeswortlaut muss der Grundbesitz zum „Betriebsvermögen des Unternehmers“ gehö-

ren. Die Zuordnung zum BV ist dabei gem. § 20 Abs. 1 GewStDV nach den Vorschriften bzw. nach den Grundsätzen des EStG oder des KStG vorzunehmen.4 Im Kern kommt es damit auf das wirtschaftliche Eigentum des Gewerbetreibenden am Grundbesitz nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO an. Das zivilrechtliche Eigentum ist dagegen irrelevant. Praktische Bedeutung hat diese Sichtweise vor allem bei Treuhandverhältnissen, in bestimmten Leasingkonstellationen sowie bei „Quoad sortem“-Übertragungsvereinbarungen. 10

Auch bei Bauten auf fremden Grund und Boden ist die Zurechnung zum BV von Bedeutung. So ist die einfache Kürzung nur anwendbar, wenn die Bauten dem Betriebsinhaber wirtschaftlich zuzurechnen sind.5

11

Da für die Zurechnung des Grundbesitzes auf die Grundsätze nach EStG bzw. KStG abzustellen ist, ist die nach BewG erfolgende Unterscheidung zwischen „Grundvermögen“ (§§ 68 ff. BewG) und „Betriebsvermögen“ inklusive Betriebsgrundstücken (§§ 95 ff. BewG) irrelevant.6

1 Vgl. in diesem Sinne auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 17 f. (Stand: April 2017); Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 19 (Stand: November 2016); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 2b; Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 14. 2 BFH v. 22.5.1969 – IV R 135–136/68, BStBl. II 1969, 468; v. 23.7.1969 – I R 135/66, BStBl. II 1969, 666. 3 Vgl. hierzu im Detail die Ausführungen im Kontext der erweiterten Kürzung unter Rz. 52 ff. 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 3a; s. in diesem Zusammenhang Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 29 (Stand: April 2017), der zutreffend darauf hinweist, dass mangels entsprechender Vorschriften im EStG und KStG nur auf die Grundsätze dieser Gesetze abzustellen sein kann. 5 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 4. 6 So Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 29 (Stand: April 2017).

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B. Einfache Kürzung (Satz 1)

Rz. 15 § 9 Nr. 1

2. Rechtsformbedingte Besonderheiten Je nach Rechtsform des Betriebs gelten über die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums hinaus 12 zudem Besonderheiten: – Bei KapGes. ist sämtliches Vermögen stets (gewerbliches) BV. – Bei Vereinen und Stiftungen wird iErg. BV anzunehmen sein, wenn das Vermögen entweder einem Gewerbebetrieb oder einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dient. – Bei gewerblichen Personengesellschaften zählt zum BV neben dem eigenen Vermögen auch das Sonderbetriebsvermögen.1 Das zivilrechtliche Eigentum des Gesellschafters am von der gewerblichen Personengesellschaft genutzten Grundbesitz ist insofern irrelevant. – Bei Einzelgewerbetreibenden kommt es darauf an, ob der Grundbesitz betrieblich genutzt wird und insofern notwendiges oder gewillkürtes BV darstellt. Nach R 9.1 Abs. 1 Satz 4 GewStR greift für Grundstücke von untergeordnetem Wert jedoch eine Sonderregel. Diese Grundstücke brauchen nach § 8 EStDV ungeachtet einer eigenbetrieblichen Nutzung nicht als BV behandelt zu werden, wenn ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 Euro beträgt. Wird ein solcher eigenbetrieblich genutzter Grundstücksteil demnach nicht als BV behandelt, ist die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG trotzdem verfügbar. Ziel ist es auch hier, die Doppelbesteuerung des Grundbesitzes durch die GrSt und die GewSt zu vermeiden. 3. Anteiliger Grundbesitz Ausweislich § 20 Abs. 2 GewStDV erfolgt nur eine anteilige Kürzung (basierend auf dem anteiligen 13 Einheitswert), wenn der Grundbesitz nur zum Teil zum BV gehört. Dies kann bspw. bei gemischt genutzten Grundstücken und Gebäuden der Fall sein, die nur teilweise betrieblich genutzt werden. Der betriebliche Anteil des Einheitswerts ist nach R 9.1 Abs. 1 Satz 7 f. GewStR „grundsätzlich nach dem Verhältnis der Jahresrohmiete zu ermitteln. Ein anderer Aufteilungsmaßstab, insbesondere das Verhältnis der Nutzfläche oder des Rauminhalts, ist anzuwenden, wenn dieses Ergebnis den tatsächlichen Verhältnissen des einzelnen Falls besser entspricht.“2 Die nur anteilige Kürzung kann zudem auch bei Mit-/Bruchteilseigentum an Grundstücken oder 14 bei Grundbesitz im Gesamthandsvermögen von vermögensverwaltenden Personengesellschaften von Bedeutung sein, an denen der Gewerbetreibende zu weniger als 100 % wirtschaftlich beteiligt ist. Hier sollte für den zu erfassenden Anteil naturgemäß auf den ideellen Anteil respektive den Anteil am Vermögen abgestellt werden.3

IV. Keine Grundsteuerbefreiung Seit dem EZ 2008 greift die einfache Kürzung nur für den nicht von der GrSt befreiten Grundbesitz. 15 Zuvor konnte die Kürzung auch in Anspruch genommen werden, wenn keine Doppelbelastung mit GrSt drohte.4 Ausweislich der GewStR5 wird bei der Einschränkung auf den nicht von der GrSt befreiten Grundbesitz ausschließlich auf die Befreiungstatbestände des Grundsteuergesetzes abgestellt (vgl. dazu §§ 3 f. GrStG). Eine Nichterhebung der GrSt aus anderen Gründen wie bspw. durch Billigkeitsmaßnahmen, Erlass, Verjährung stehen der Kürzung nicht entgegen.6 Damit ist insbes. der Erlass der GrSt nach den §§ 32 ff. GrStG im Hinblick auf die einfache Kürzung irrelevant.

1 S. hierzu mit zahlreichen Differenzierungen Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 9. 2 Dahingehend auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 5; Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 19. 3 Dazu Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 6; Henerichs, FR 1991, 76; Schlagheck, StBp. 2000, 119. 4 BFH v. 16.1.1951 – I 61/50, BStBl. III 1961, 49; v. 5.10.1967 – I 258/64, BStBl. I 1968, 65; s. ferner Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 53 (Stand: April 2017). 5 R 9.1 Satz 2 f. GewStR 2009. 6 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 2a, 15.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 16 Kürzungen (Grundbesitz)

V. Einheitswert 16

Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewStG ist derjenige Einheitswert für die einfache Kürzung maßgebend, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt (Hauptfeststellungs-, Fortschreibungs- oder Nachfeststellungszeitpunkt) vor dem Ende des Erhebungszeitraums iSd. § 14 GewStG festgestellt wurde. Den unterschiedlichen Einheitsbewertungen bzw. den unterschiedlichen Hauptfeststellungszeitpunkten für die Einheitswerte in den alten Bundesländern (1964) und in den neuen Bundesländern (1935) wird durch unterschiedliche Multiplikatoren Rechnung getragen. Diese ergeben sich für die alten Bundesländer aus § 121a BewG. Hiernach ist für Gewerbesteuerzwecke 140 % des auf den Wertverhältnissen vom 1.1.1964 beruhenden Einheitswerts anzusetzen.1 Bei Grundstücken in den neuen Bundesländern sind die Einheitswerte 1935 mit den in § 133 BewG genannten Prozentsätzen anzusetzen. Geschäftsgrundstücke sind daher mit 400 % des Einheitswertes 1935 zu erfassen.

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Verfahrenstechnisch stellt der Einheitswertbescheid einen Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuermessbescheid dar.2 Ausweislich der GewStR ist der Gewerbesteuermessbescheid deshalb auch „nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern, wenn der maßgebende Einheitswert durch Rechtsbehelfsentscheidung, Änderung der Feststellung oder Fortschreibung geändert worden ist.“

VI. Überlegungen zur Entlastungswirkung 1. Unvollkommene Entlastung 18

Die einfache Kürzung ist dahingehend unvollkommen, dass sie die Belastung des Grundstückseigentümers mit GrSt nur in pauschalierter Form durch Anknüpfung an die Einheitswerte beseitigt. Da die Gemeinden unterschiedliche Hebesätze sowohl bei der Grund- als auch bei der Gewerbesteuer haben, ist eine zielgenaue Entlastung durch eine Kürzung iRd. Bemessungsgrundlage nicht möglich. Eine vollständige Eliminierung der Doppelbelastung von GrSt würde nur gelingen, wenn der Charakter als Kürzungsvorschrift aufgegeben würde und stattdessen eine Anrechnung der geleisteten GrSt auf die GewSt erfolgte.3 Eine solche Anrechnung ist allerdings praktisch nicht umsetzbar, weil die GrSt von derjenigen Gemeinde erhoben wird, in der der Grundbesitz belegen ist (§ 1 Abs. 1 GrStG). Die GewSt wird dagegen dort erhoben, wo der StPfl. sein Gewerbe betreibt (Ort der Geschäftsleitungsbetriebsstätte) bzw. wo die Beschäftigten tätig sind (Zerlegung idR nach der Summe der Arbeitslöhne; vgl. § 28 Abs. 1 GewStG). Der Grundbesitz als solcher stellt dabei keine Betriebsstätte dar, wenn darin keine Betriebsstätte unterhalten wird.4 Dies ist insbes. bei (vollumfänglich) fremdvermietetem Grundbesitz der Fall. Beispiel: Wenn ein Vermietungsunternehmen bundesweit eigenen Grundbesitz vermietet, selbst aber ausschließlich an einem Ort operiert, dann fällt in den Belegenheitsgemeinden bundesweit die GrSt an. Die GewSt wird dagegen nur dort erhoben, wo das Unternehmen operativ tätig ist.

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Die (pauschalierende) Grundbesitzkürzung und der damit verbundene faktische Vorrang der GrSt vor der GewSt erscheint vor dem Hintergrund des Äquivalenzprinzips richtig, weil alleine durch den Grundbesitz eine gewisse Belastung bei der Belegenheitsgemeinde verursacht wird, der sodann im Wege der GrSt abgegolten wird. Zugleich ist die pauschalierende Kürzung (anstelle einer Anrechnung der tatsächlich geleisteten GrSt) aus Sicht der gewerbesteuerberechtigten Gemeinden richtig, weil andernfalls (1) die gewerbesteuerberechtigte Gemeinde die Folgen besonders hoher Grundsteuerhebesätze in den grundsteuerberechtigten Gemeinden tragen müsste5 und (2) die grundsteuerberechtigten Ge1 Dies gilt nach R 9.2 Abs. 2 Satz 4 GewStR 2009 nicht „bei Betriebsgrundstücken iSd. § 99 Abs. 1 Nr. 2 BewG, die wie land- und forstwirtschaftliches Vermögen bewertet werden“. Hier sind nur 100 % des Einheitswerts zugrunde zu legen. 2 R 9.1 Abs. 3 GewStR 2009. 3 Vgl. in diesem Sinne auch Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 16. Alternativ schlägt dieser eine pauschalierte Kürzung des fiktiven gewerblichen Reinertrags des Grundbesitzes vor. 4 S. dazu grundlegend BFH v. 30.8.1965 – I B 148/59 U, BStBl. III 1960, 468. 5 Die Alternative wäre, dass die Anrechnung für die StPfl. leerliefe, sofern in einer Gemeinde mehr GrSt als GewSt gezahlt würde. Dies würde jedoch in vielen Fällen auf eine Doppelbelastung der StPfl. mit GewSt hinauslaufen, die ja gerade vermieden werden soll. Diese Variante ist daher von vornherein auszuschließen.

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B. Einfache Kürzung (Satz 1)

Rz. 23 § 9 Nr. 1

meinden versuchen könnten, durch eine isolierte Anhebung der Grundsteuerhebesätze zusätzliches Aufkommen zulasten der gewerbesteuerberechtigten Gemeinden zu gewinnen. Angesichts dieser Überlegungen (unvollkommene Wirkung der einfachen Grundbesitzkürzung zum 20 einen, Unmöglichkeit der Anrechnung der tatsächlich geleisteten GrSt auf die GewSt zum anderen) gewinnt die erweiterte Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG an Bedeutung. Mit ihr gelingt – zugegebenermaßen nur für reine Grundstücksunternehmen – zum einen eine vollständige Vermeidung der Doppelbelastung mit Realsteuern. Zum anderen werden Anreize zu einer isolierten Erhöhung der Grundsteuersätze durch Gemeinden vermieden. 2. Belastungseffekte bei Vermietung Die einfache Kürzung wird auch gewährt, wenn der Grundbesitz vermietet ist. Oftmals wird die GrSt 21 dann im Zuge der Nebenkostenabrechnung vom Vermieter auf den Mieter umgelegt.1 Zwar mag der Vermieter in diesem Fall nicht doppelt mit Realsteuern belastet erscheinen. Gleichwohl induziert der Grundbesitz als solcher nur einmal eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, aus der die Realsteuern beglichen werden können. Insofern ist auch hier die Gewährung der einfachen Kürzung folgerichtig. Zudem ist zu beachten, dass die Kostentragung des Mieters über die Nebenkosten regelmäßig dazu führt, dass die Kaltmiete dementsprechend – unter Beachtung gewisser Elastizitäten – reduziert ist. Insofern trägt der Vermieter die GrSt faktisch jedenfalls zum Großteil auch ökonomisch, selbst wenn sie rechtlich auf den Mieter umgelegt werden darf.

VII. Stichtagsprinzip Die einfache Kürzung wird für den am 1. Januar des jeweiligen Jahres vorhandenen Grundbesitz 22 gewährt. Maßgebend ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2 GewStDV „der Stand zu Beginn des Kalenderjahrs“. Grundbesitzerwerbe oder -verkäufe innerhalb eines Kj. sind damit irrelevant, selbst wenn sie kurze Zeit nach dem 1. Januar erfolgen. Das Abstellen auf den Grundbesitz zum Kalenderjahresbeginn ist insofern folgerichtig, als auch die GrSt – jedenfalls rechtlich – nach den Verhältnissen zum Kalenderjahresbeginn erhoben wird (vgl. § 9 Abs. 1 GrStG). Da sich die Kaufvertragsparteien bei einer Grundstücksübertragung aber oftmals so stellen, dass die GrSt (wirtschaftlich) vom Erwerber ab dem Tag des Nutzen-/Lastenwechsels zu tragen ist, kann es insoweit (wirtschaftlich) zu Verzerrungen kommen.2 Für die Zuordnung des Grundbesitzes zum BV ist auf einkommen- bzw. körperschaftsteuerliche 23 Grundsätze abzustellen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 GewStDV). Am 1. Januar des jeweiligen Jahres muss daher wirtschaftliches Eigentum vorhanden sein. Bei einer Grundstücksübertragung ist damit regelmäßig das Datum des Nutzen-/Lastenwechsels entscheidend, weil hier die wirtschaftlichen Chancen und Risiken übergehen.3 Der Tag des Abschlusses des Kaufvertrags, die Erklärung der Auflassung oder die rechtliche Übertragung des Grundbesitzes durch Umschreibung im Grundbuch sind dagegen irrelevant. Die gleichen Zurechnungsgrundsätze, dh. die Zurechnung des Grundstücks nach dem wirtschaftlichen Eigentum gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, gelten im Übrigen auch für die Einheitsbewertung und damit auch für die Steuerschuldnerschaft bei der GrSt (vgl. § 10 Abs. 1 GrStG).4 In-

1 S. zu diesem Kostentragungsaspekt auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 16 (Stand: April 2017). Ungeachtet dessen gibt es zahlreiche Fälle, in denen die Umlage nicht oder nur unvollständig erfolgt bzw. erfolgen kann. Hierzu zählen bspw. Leerstandsfälle (inkl. der Errichtungsphase von Gebäuden). Bei modernen Wohnformen (Studentenwohnen, Serviced Apartments) werden die Nebenkosten häufig pauschal abgerechnet, sodass die GrSt nicht zielgenau weiterbelastet wird. Vor allem bei Hotelpachtverträgen finden sich zudem Kappungen mit Blick auf die maximale Weiterbelastung von GrSt. 2 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die kritischen Anmerkungen vor allem im Zusammenhang mit dem unterjährigen Eintritt in die GewStPfl. und der Streichung von § 20 Abs. 1 Satz 3 GewStDV ab dem EZ 1986 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 74 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 13; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 39 (Stand: November 2016). 3 Vgl. zuletzt BFH v. 20.10.2011 – IV R 35/08, BFH/NV 2012, 377 mit Hinweis auf die st. Rspr. in Rz. 13. 4 S. ua. Eisele in Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, 11. Aufl. 2014, § 10 Rz. 2.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 24 Kürzungen (Grundbesitz) soweit sind die Vorschriften des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG und des § 10 Abs. 1 GrStG zutreffend aufeinander abgestimmt. 24

Bei einem EZ von weniger als zwölf Monaten wird dennoch stets der volle Kürzungsbetrag auf der Basis der Einheitsbewertung angesetzt. Bei einem EZ von mehr als zwölf Monaten erfolgt keine (zeitanteilige) Hochrechnung.1

VIII. Ausblick 25

Ebenso wie 1974 bereits als Folgereaktion auf geänderte Einheitswerte eine Anpassung des Prozentsatzes bei der Einheitswertkürzung erfolgte, werden für den Fall des Inkrafttretens der geplanten Grundsteuerreform Folgeanpassungen notwendig werden. Das BVerfG hat das bisherige System der Grundsteuer unter Heranziehen der Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt und bis Ende 2019 eine Reform eingefordert.2 Das Reformmodell ist bisher noch nicht bekannt.3 Ungeachtet dessen ist offensichtlich, dass im GewStG schon rein sprachlich Änderungen notwendig sein werden (Ersatz des Verweises auf die „Einheitswerte“ durch den neuen Terminus). Auch der Prozentsatz der Kürzung wird vermutlich (erneut) anzupassen sein.

C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6) I. Vorbemerkung 1. Grundsätzliche Wirkungsweise 26

Auf Antrag kann bei Grundstücksunternehmen anstelle der einfachen Kürzung nach Satz 1 des § 9 Nr. 1 GewStG die erweiterte Kürzung nach den Sätzen 2 ff. Anwendung finden, sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Vorbehaltlich von unschädlichen Nebenerträgen wird dann der gesamte Gewerbeertrag des Grundstücksunternehmens gekürzt, was insoweit einer faktischen Gewerbesteuerbefreiung entspricht. 2. Zweck der Vorschrift a) Keine Doppelbelastung mit Realsteuern

27

Die erweiterte Kürzung war im Kern bereits im GewStG 19364 enthalten. Allerdings war sie auf KapGes. beschränkt. Zudem war der Leistungskatalog der begünstigten Tätigkeiten eingeschränkter als derzeit. Dennoch war bereits damals der Wille des Gesetzgebers erkennbar, dass bei einer drohenden Doppelbelastung mit GrSt und GewSt (damals noch bestehend aus der Gewerbeertrags- und der Gewerbekapitalsteuer) alleine eine Belastung mit der GrSt verbleibt. So heißt es in der Begründung zum GewStG 1936: „So wird erreicht, daß die Betriebsgrundstücke nur mit einer Realsteuer, nämlich der Grundsteuer, belastet werden.“5

1 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 77 (Stand: April 2017). 2 BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvL 11/14 ua., HFR 2018, 403. 3 S. für das vor dem BVerfG-Urt. diskutierte Kostenwertmodell BR-Drucks. 515/16 v. 4.11.2016, BT-Drucks. 18/10753 v. 21.12.2016 (geplante Änderungen des BewG) sowie BT-Drucks. 18/10751 v. 18.12.2016 (geplante Änderungen des GG). 4 S. die Begründung zum GewStG 1936, RStBl. 1937, 693. 5 S. die Begründung zum GewStG 1936, RStBl. 1937, 693, unter II.1. letzter Satz; vgl. in diesem Kontext auch BFH v. 12.11.2009 – IV B 8/09, BFH/NV 2010, 464 Rz. 4: „Ob nicht der Steuerschuldner der Grundsteuer – nach § 10 Abs. 1 GrStG derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet ist –, sondern ein Dritter aufgrund zivilrechtlicher Verträge wirtschaftlich mit Grundsteuer belastet wird, ist im Rahmen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht von Bedeutung.“

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 31 § 9 Nr. 1

b) Rechtsformneutralität im Verhältnis zu grundbesitzverwaltenden Personenunternehmen Über die Vermeidung einer Doppelbelastung mit Realsteuern hinaus dient die erweiterte Kürzung 28 nach ständiger BFH-Rspr. auch der Rechtsformneutralität – und dies sogar in erster Linie. So sollen solche Unternehmen, die nach der Art ihrer Tätigkeit nicht gewstpfl. wären, sondern nur aufgrund ihrer Rechtsform der GewSt unterliegen, den vermögensverwaltenden Personenunternehmen gleichgestellt werden.1 Im Kern sollen demnach KapGes. und gewerblich geprägte Personengesellschaften von der GewSt entlastet werden. Die ausschließlich der Rechtsform nach gewerblichen Unternehmen sollen indes auch nicht bevorzugt werden.2 Zudem soll die Begünstigung nicht generell für alle vermögensverwaltende Personen- und Kapitalgesellschaften herbeigeführt werden. Vielmehr ist die erweiterte Kürzung nur für (rein) grundstücksverwaltende Unternehmen vorgesehen. c) Rechtsformneutralität im Verhältnis zu steuerbefreiten Wohnungsbaugenossenschaften Das BVerfG stimmt dem zuvor genannten Bestreben nach Rechtsformneutralität zu. Ergänzt wird 29 dieser Neutralitätsgedanke allerdings um die Idee einer Gleichstellung mit steuerbefreiten Wohnungsbaugenossenschaften nach § 3 Nr. 15 GewStG. So sollen „aus sozialen Gründen ausschließlich Wohnungs- und Grundstücksunternehmen begünstigt werden, die mit (steuerbefreiten) Wohnungsbaugenossenschaften in Konkurrenz stehen und von der für Wohnungsbaugenossenschaften geltenden Steuerbefreiung des § 3 Nr. 15 GewStG iVm. § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG nicht profitieren.“3 d) Befreiungsvorschrift Seit dem StÄndG 1961 konnte die erweiterte Kürzung auch für Aktivitäten vorgenommen werden, 30 die keinen eigenen Grundbesitz erfordern. Insoweit wird ausgeführt, dass die Vorschrift auch den Charakter einer Befreiungsvorschrift angenommen habe.4 Zu beachten ist allerdings, dass ab dem EZ 1982 wieder nur der Teil des Gewerbeertrags gekürzt wird, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.5 Die zwischenzeitliche Erweiterung des Aktivitätenkatalogs hat demnach lediglich dazu geführt, dass diese Aktivitäten nicht mehr schädlich für die Grundbesitzkürzung sind. 3. Entwicklungstendenzen infolge der BFH-Rechtsprechung Die jüngere BFH-Rspr. scheint tendenziell bemüht, den Anwendungsbereich der erweiterten Kür- 31 zung eng zu halten. So hat der BFH in jüngeren Urteilen Folgendes ausgeführt:6 „Die Vorschrift macht die – verfassungsrechtlich nicht unbedingt gebotene – Begünstigung von engen tatbestandlichen Erfordernissen abhängig. Sind diese nicht vollen Umfangs erfüllt, ist sie nicht zu gewähren. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich darin frei, tatbestandliche Voraussetzungen und Erfordernisse zu nor1 BFH v. 18.4.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359 = FR 2000, 1033 m. Anm. Wendt; v. 1.8.1979 – I R 111/78, BStBl. II 1980, 77 = FR 1980, 49; v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, BStBl. II 2006, 434 = FR 2006, 554 m. Anm. Wendt; v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 Rz. 52 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; vgl. ferner Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 23, mwN in Fn. 113. 2 BFH v. 15.12.1998 – VIII R 77/93, BStBl. II 1999, 168 = FR 1999, 320 m. Anm. Kempermann; v. 7.8.2008 – IV R 36/07, BStBl. II 2010, 988 = FR 2009, 437 m. Anm. Wendt; v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 Rz. 55 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; v. 17.5.2006 – VIII R 39/05, BStBl. II 2006, 659 = FR 2006, 944. 3 BVerfG v. 24.3.2010 – 1 BvR 2130/09, FR 2010, 670 m. Anm. Keß = HFR 2010, 756 Rz. 12; v. 20.3.1969 – 1 BvR 568/67, HFR 1969, 348; v. 19.9.1972 – 1 BvR 172/72, HFR 1972, 659; v. 29.8.1974 – 1 BvR 157/73, HFR 1974, 459 (460). 4 S. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 93 (Stand: April 2017). 5 S. zur Historie Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 95 f. (Stand: April 2017). Zwischenzeitlich waren auch die nunmehr unschädlichen, aber nicht mehr begünstigten Gewerbeerträge aus der Betreuung von Wohnungsbauten sowie die Errichtung und Veräußerung bestimmter Wohnungsbauten begünstigt. Diese Begünstigung wurde indes mit dem Zweiten Haushaltsstrukturgesetz ab dem EZ 1982 wieder beseitigt. 6 BFH v. 26.2.2014 – I R 6/13, BFH/NV 2014, 1400 Rz. 14 f.; v. 19.10.2010 – I R 67/09, BStBl. II 2011, 367 Rz. 12 = FR 2011, 434 m. Anm. Wendt; v. 11.8.2004 – I R 89/03, BStBl. II 2004, 1080 Rz. 10 = FR 2004, 1403 m. Anm. Wendt.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 32 Kürzungen (Grundbesitz) mieren, die erfüllt sein müssen, um in den Genuss einer steuerlichen Begünstigung, wie hier der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags, zu gelangen. Eine Erweiterung der Kürzungsvorschrift gegen ihren ausdrücklichen Wortlaut kommt daher nicht in Betracht. Von dem Ausschließlichkeitserfordernis sind auch keine Ausnahmen wegen Geringfügigkeit aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) geboten.“ Diese strenge Rechtsprechungslinie zeigt sich vor allem im Hinblick auf folgende Bereiche, auf die an späterer Stelle ausführlich eingegangen wird: – Schädlichkeit der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen (Rz. 57 ff.), – Ausschluss bei Vermietung im Organkreis (Rz. 118 ff.), – Beteiligung an (vermögensverwaltenden) Personengesellschaften (Rz. 74 ff.) und – unterjährige Veräußerung des letzten Grundstücks (Rz. 82).

II. Überblick über den Aufbau der Vorschrift 1. Einteilung der Tätigkeiten 32

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist in den Sätzen 2 ff. des § 9 Nr. 1 GewStG verankert. Die Sätze 2 und 3 führen die Tätigkeiten auf, die Grundstücksunternehmen für die Begünstigung erfüllen müssen. Satz 4 verlangt für bestimmte Tätigkeiten eine gesonderte Gewinnermittlung. Die Sätze 5 und 6 nennen bestimmte Ausschlusstatbestände. Im Ergebnis führt der Aufbau der Vorschrift vorbehaltlich der Ausschlusstatbestände zu einer Dreiteilung von Aktivitäten bzw. Tätigkeiten in folgende Kategorien: 1. begünstigt 2. nicht begünstigt, aber unschädlich 3. nicht begünstigt und schädlich im Hinblick auf die Kategorie Nr. 1 Zu 1.: Begünstigt ist ausschließlich die Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz. Zu den hiermit verbundenen Auslegungsfragen s. Rz. 35 ff. Zu 2.: Unschädlich, aber nicht begünstigt sind: – die Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen, – die Betreuung von Wohnungsbauten, – die Errichtung und Veräußerung von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen iSd. Ersten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes. In Verbindung mit der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen darf Teileigentum1 errichtet und veräußert werden, wenn das Gebäude zu mehr als 2/3 Wohnzwecken dient. Diese unschädlichen, aber nicht begünstigten Tätigkeiten müssen iÜ „neben“ der begünstigten Tätigkeit entfaltet werden. Zu den Auslegungsfragen im Hinblick auf die unschädlichen Nebentätigkeiten s. vor allem Rz. 61. Zu 3.: Alle zuvor nicht genannten Tätigkeiten sind schädlich und führen zum Ausschluss der erweiterten Grundbesitzkürzung. Insbesondere ist jede Tätigkeit schädlich, die den Rahmen der Vermögensverwaltung verlässt. Vor allem die Abgrenzung zu gewerblichen Tätigkeiten ist daher auch iRd. erweiterten Kürzung von großer Bedeutung. 2. Rechtsform

33

Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist nicht auf bestimmte Rechtsformen begrenzt. Zwar wird sie in der Praxis ganz überwiegend von KapGes. und gewerblich geprägten Personengesellschaften genutzt. Allerdings steht ihre Anwendung auch jeglicher anderen Rechtsform offen.2 1 Teileigentum ist dabei „das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört“ (vgl. § 1 Abs. 3 WEG). 2 Ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 100 (Stand: April 2017); Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 12; vgl. auch R 9.2 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 38 § 9 Nr. 1

Auch Unternehmen mit ausländischer Rechtsform können in den Genuss der erweiterten Grund- 34 besitzkürzung kommen, sofern sie im Kontext der Verwaltung und Nutzung ihres inländischen Grundbesitzes (1) fiktiv gewerbliche Einkünfte generieren (vgl. dazu insbes. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG) und (2) eine Betriebsstätte im Inland begründen. Nur dann unterliegen diese Unternehmen der GewSt im Inland1 und nur dann ist die Grundbesitzkürzung von Relevanz. Im Übrigen können auch Unternehmen mit inländischer Rechtsform im Inland „betriebsstättenlos“ sein. Sie unterliegen dann im Hinblick auf ihren deutschen Grundbesitz nicht der GewSt. Dies ist bspw. bei einer deutschen GmbH oder KG der Fall, die zwar inländischen Grundbesitz vermietet, aber nur eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte im Ausland hat. 3. Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz a) Verwaltung und Nutzung aa) Vermögensverwaltung vs. Gewerblichkeit Nach st. Rspr. des BFH sind die in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verwendeten Begriffspaare „verwalten 35 und nutzen“ und „Verwaltung und Nutzung“ bedeutungsgleich mit dem einkommensteuerrechtlichen Begriff der (privaten und somit nicht gewerblichen) „Vermögensverwaltung“.2 Daraus wird dann wiederum geschlossen, dass eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt werde, wenn er zum Zwecke der Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, zB durch Vermietung oder Verpachtung.3 Auf die Zuordnung der Einkünfte zu § 21 EStG kommt es indes nicht an,4 solange die Einkünfte nicht gewerblich sind. Im Hinblick auf die zuvor genannte „Verpachtung“ ist insoweit Vorsicht geboten, als nicht jegliche 36 Verpachtung pauschal begünstigt ist. Vielmehr kann eine Verpachtung von Grundbesitz mit aufstehendem Gebäude kürzungsschädlich sein, weil bei einem Pachtvertrag (im Gegensatz zum Mietvertrag) regelmäßig weitere Gegenstände wie Einrichtung zur Nutzung überlassen werden und damit ggf. keine ausschließliche Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz vorliegt bzw. Betriebsvorrichtungen mitvermietet werden (s. Rz. 57 ff.). Die Verpachtung eines unbebauten bzw. landwirtschaftlich genutzten Grundstücks dürfte dagegen regelmäßig begünstigt sein.5 Seit dem Urteil vom 29.4.19876 fasst der BFH übrigens auch den durch (gelegentlichen) Grund- 37 stücksverkauf realisierten Gewinn zu dem Gewerbeertrag, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Die frühere Rspr.7 wurde ausdrücklich aufgegeben. Gewinne aus der Veräußerung von Grundbesitz fallen damit im Grundsatz unter die erweiterte Kürzung, wobei hier insbes. bei der Veräußerung des einzigen oder letzten Grundstücks Vorsicht geboten ist. Vgl. in diesem Kontext Rz. 82. Ob eine „Nutzung und Verwaltung“ vorliegt, ist eine rein tatsächliche Frage. Etwaige Vereinbarungen 38 zu Tätigkeiten und Leistungen in Gesellschaftsverträgen, Mietverträgen usw. sind irrelevant, wenn diese Tätigkeiten nicht tatsächlich ausgeübt oder die Leistung tatsächlich nicht erbracht wird.8

1 Vgl. dazu ua. Lieber/Wagner, Ubg 2012, 232. 2 BFH v. 13.8.1997 – I R 61/96, BStBl. II 1998, 270 Rz. 13 = FR 1998, 168; v. 28.6.1973 – IV R 97/72, BStBl. II 1973, 688; v. 26.2.1992 – I R 53/90, BStBl. II 1992, 738. 3 BFH v. 13.8.1997 – I R 61/96, BStBl. II 1998, 270 Rz. 13 = FR 1998, 168; v. 14.7.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175 Rz. 35 = FR 2017, 484 m. Anm. Wendt. 4 Vgl. in diesem Sinne auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 58 (Stand: November 2016). Bspw. Veräußerungsgewinne aus Grundbesitz oder Entgelte für die Sicherheitenbestellung fallen nicht unter § 21 EStG, können aber dennoch begünstigt sein. 5 Der BFH führt in seinem Urt. v. 24.9.1970 (I R 21/70, BStBl. II 1970, 871) insofern sprachlich präzise aus: „Dieser Begriff der Verwaltung und Nutzung, bezogen auf den eigenen Grundbesitz eines Steuerpflichtigen, umfaßt vielmehr vornehmlich die Nutzung des Grund und Bodens durch Verpachtung, die Nutzung aufstehender Gebäude durch Vermietung sowie die Errichtung solcher Gebäude zum Zwecke der Nutzung durch Vermietung.“ 6 BFH v. 29.4.1987 – I R 10/86, BStBl. II 1987, 603 = FR 1987, 382. 7 BFH v. 24.9.1970 – I R 21/70, BStBl. II 1970, 871. 8 In diesem Sinne auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 103 (Stand: April 2017).

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§ 9 Nr. 1 Rz. 39 Kürzungen (Grundbesitz) bb) Einzelne Abgrenzungsfälle 39

Für die Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit kann auf allgemeine ertragsteuerliche Grundsätze verwiesen werden. Diese ertragsteuerlichen Grundsätze sind auch iRd. erweiterten Kürzung heranzuziehen und brauchen daher an dieser Stelle nicht vertieft werden. Allerdings gibt es im Kontext der erweiterten Kürzungen Besonderheiten und einzelne Abgrenzungsfälle, die von besonderer Bedeutung sind. Sie werden daher nachfolgend dargestellt: – Vermietung von „Großobjekten“ und Gewerbeimmobilien. Bereits der RFH hat im „Messepalasturteil“1 „hervorgehoben, daß die Vermietung gewerblicher Räume nicht deshalb die Eigenschaft eines Gewerbebetriebs erhalte, weil der Mieter in ihnen einen Gewerbebetrieb ausübe oder weil es sich um ein besonders großes Objekt oder um eine Vielzahl von Mietern handele. Es müßten andere besondere Umstände hinzutreten, um einen Gewerbebetrieb zu rechtfertigen.“2 Zudem sieht die Rspr. im Grundsatz auch eine Gleichbehandlung von Wohn- und Gewerbeimmobilien vor. Im BFH-Urt. v. 17.1.19613 heißt es daher: „Insofern unterscheidet sich die Beurteilung der Vermietung von Büroräumen und Wohnräumen nur dadurch, daß bei Büroräumen nach der Erfahrung des Lebens häufiger die besonderen Umstände gegeben sein werden, von denen sowohl bei der Vermietung von Wohnungen als auch von Büroräumen die Abgrenzung zu den gewerblichen Einkünften abhängt. Auf die Einrichtung der Grundstücksverwaltung nach Art eines Gewerbebetriebs durch Unterhalt eines größeren Bürohauses und einer ordnungsmäßigen Buchführung kommt es nicht an. Denn die zweckmäßige Form der Grundstücksverwaltung hängt in erster Linie von der Größe des Objekts und der Zahl der Mieter ab. Sie bietet jedenfalls in der Regel keinen Anhalt dafür, daß besondere Umstände die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit rechtfertigen.“ – Vermietung einer Vielzahl von Objekten. Die Vermietung einer Vielzahl von Objekten ist mangels Gewerblichkeit unschädlich.4 Dies gilt nach der BFH-Rspr. selbst dann, wenn die Objekte durch Architekten oder Bauunternehmer errichtet werden und erhebliche Fremdmittel eingesetzt werden.5 – Häufiger Mieterwechsel. Insbesondere im Bereich der Ferienwohnungen gibt es eine Vielzahl von Urteilen zur Thematik der Gewerblichkeit bei häufigen Mieterwechseln. Der häufige und kurzfristige Mieterwechsel alleine verleiht einer Vermietung noch keinen gewerblichen Charakter.6 So wurden bspw. Fälle der Vermietung von teilweise selbst genutzten Ferienimmobilien noch nicht als gewerbliche Vermietung angesehen, wenn die Vermietung jeweils für ein bis zwei Wochen erfolgte.7 Dieselben Maßstäbe sollten uE auch bei anderen Immobilienarten gelten, bspw. bei der Vermietung von Wohnungen an Studenten im Zuge eines kurzfristigen Aufenthalts (Sprachkurs oÄ) oder bei Logistikimmobilien und Shopping Centern bei der Vermietung von Lagerflächen. Für die BFH-Rspr. ist über die Kurzfristigkeit der Vermietung als solche hinaus vielmehr entscheidend, ob (1) aufgrund der kurzfristigen Vermietung oder (2) wegen des Angebots von Zusatzleistungen eine unternehmerische gewerbliche Organisation (bspw. wie bei einem Hotel) vorgehalten werden muss.8 Im Kontext der Ferienimmobilien spielen dabei Kriterien wie die Ausstattung der Wohnung wie ein Hotelraum oder Pensionsraum, die kurzfristige Vermietung an wechselnde Mie1 RFH v. 15.6.1938 – VI 172/37, RStBl. 1938, 899. 2 BFH v. 17.1.1961 – I 53/60 S, BStBl. III 1961, 233. Im zuvor genannten Urteil wird indes auf Einzelfälle der RFH-Rspr. hingewiesen, bei denen bei der Vermietung von Gewerbeimmobilien eine Gewerblichkeit angenommen wurde; vgl. auch BFH v. 22.1.2003 – X R 37/00, BStBl. II 2003, 464 Rz. 24; v. 14.7.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175 Rz. 37 = FR 2017, 484 m. Anm. Wendt. 3 BFH v. 17.1.1961 – I 53/60 S, BStBl. III 1961, 233. 4 BFH v. 21.8.1990 – VIII R 271/84, BStBl. II 1991, 126 Rz. 22; v. 18.4.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359 Rz. 37 = FR 2000, 1033 m. Anm. Wendt. 5 BFH v. 12.3.1964 – IV 136/61 S, BStBl. III 1964, 364; v. 18.3.1964 – IV 193/62, HFR 1964, 296; Roser in Lenski/ Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 103 (Stand: April 2017). 6 Vgl. BFH v. 21.8.1990 – VIII R 271/84, BStBl. II 1991, 126 Rz. 23; v. 18.5.1999 – III R 65/97, BStBl. II 1999, 619 = FR 1999, 916 Der letztgenannte Fall betraf zwar eine Segelyacht. Das Gericht bediente sich in der Urteilsbegründung aber ausdrücklich der Rspr. zur Vermietung von Immobilien. 7 Vgl. BFH v. 16.4.2013 – IX R 26/11, BStBl. II 2013, 613 = FR 2013, 999 m. Anm. Bode; v. 16.4.2013 – IX R 22/12, BFH/NV 2013, 1552. 8 BFH v. 13.11.1996 – XI R 31/95, BStBl. II 1997, 247 = FR 1997, 264; v. 28.8.2002 – XI B 158/01, BFH/NV 2003, 152.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 39 § 9 Nr. 1

ter, ein hotelmäßiges Angebot (Bereithalten von Personal, das neue Gäste jederzeit empfangen, mit ihnen verhandeln und abrechnen kann, täglicher Zimmerservice, Gestellung der Wäsche und Frühstücksangebot etc.) und hotelmäßige Werbung sowie die jederzeitige Vermietbarkeit ohne Voranmeldung eine Rolle.1 Die Bereitstellung nur von Bettwäsche, Handtüchern, eines Telefonund Kabelanschlusses, einer Minibar, einer Einbauküche und sonstigen Möbeln wie Betten und Stühlen, die Auslage von Informationsmaterial sowie die Durchführung einer Endreinigung stellt dagegen nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg2 (noch) keine unternehmerische Organisationsform dar und gehört nach Auffassung des Senats zu den „Standardleistungen“. – Betreibertätigkeiten. Sofern eine Vermietungsleistung in eine Betreiberleistung umschlägt, liegen gewerbliche Einkünfte vor. Dies gilt bspw. für den Betrieb eines Parkhauses, eines Hotels, eines Schwimmbades oder eines Theaters. Die langfristige Überlassung der zuvor genannten Immobilien an den Betreiber ist dagegen vermögensverwaltend und daher unschädlich, sofern keine Betriebsaufspaltung vorliegt. – (Gewerbliche) Sonderleistungen des Vermieters. Das kürzlich veröffentlichte BFH-Urt. v. 14.7.20163 beleuchtet nach Ansicht des Verfassers in zutreffender Weise den Bereich der über die reinen Flächen- oder Raumüberlassungen hinausgehenden Sonderleistungen. Im Urteil heißt es (Rz. 36): „Zur Vermögensverwaltung sind Leistungen wie die Pflege, Wartung und Versicherung des vermieteten Objekts zu rechnen, die im Rahmen einer normalen Vermietungstätigkeit anfallen“.4 Der entschiedene Fall betraf dabei ein Einkaufszentrum, bei dessen Vermietung es zahlreiche – zum Teil über Dienstleister erbrachte – Sonderleistungen gab, die bei Wohnimmobilien oder Bürogebäuden nicht oder zumindest nicht in dieser Fülle anzutreffen sind. Zu diesen Sonderleistungen zählen ua.: – Reinigungsleistungen bei den gemeinschaftlichen Anlagen, – die Gestellung der Infrastruktur wie Parkplätze, Abstellräume und Zugangssicherung, – die Bewachung des Gesamtobjekts, – das Center-Management und – die Beteiligung an einer Werbegemeinschaft (dort für werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen gemeinsam mit den Mietern). In diesem Zusammenhang zieht der BFH eine „artspezifische“ Grenze. So heißt es im Urteil (Rz. 38): „Ist die Frage, ob von dem Vermieter erbrachte Leistungen noch üblich, mithin gebräuchlich und verbreitet sind, objektbezogen nach der Art des Vermietungsobjekts zu beantworten, müssen bei der Vermietung einer gewerblichen Großimmobilie solche Leistungen als unschädlich behandelt werden, die nicht über das hinausgehen, was die Nutzung der Räume zu dem von den Mietern vorausgesetzten gewerblichen Zweck ermöglicht, und die nicht als eigenständiges Herantreten an den Markt verstanden werden können. Letzteres ist nicht anzunehmen, wenn die Sonderleistung im (jedenfalls überwiegenden) wirtschaftlichen Interesse des Vermieters erbracht wird und nicht wirtschaftliche Interessen des Empfängers im Vordergrund stehen.“ Ungeachtet der Vielzahl der bei isolierter Betrachtung vermeintlich gewerblichen Maßnahmen kam der BFH im Urteilsfall zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeiten überwiegend im Interesse des Vermieters erfolgen (Durchsetzbarkeit höherer Mieten) und der Rahmen der Vermögensverwaltung nicht überschritten ist. – Nebenleistungen bei der Vermietung von Wohnimmobilien. Bei Anwendung der Grundsätze des im Absatz zuvor zitierten BFH-Urt. erscheint es auch bzw. erst recht zwingend, dass übliche und vermietertypische Nebenleistungen im Bereich der Wohnimmobilien wie das Zurverfügungstellen von Kabelfernsehen, das Bereitstellen eines Internetanschlusses oder die Lieferung von Strom (jeweils an die Mieter) zur Vermietung und Verpachtung zählen. Selbst ohne Rückgriff auf das BFH-Urt. v. 14.7.2016 erscheint diese Sichtweise richtig, wenn man sich die BFH-Rspr. insbes. zu Ferienwoh1 Vgl. BFH v. 21.8.1990 – VIII R 271/84, BStBl. II 1991, 126; v. 13.11.1996 – XI R 31/95, BStBl. II 1997, 247 = FR 1997, 264; v. 18.5.1999 – III R 65/97, BStBl. II 1999, 619 = FR 1999, 916; v. 11.7.1984 – I R 182/79, BStBl. II 1984, 722 = FR 1984, 599; v. 27.2.1987 – III R 217/82, BFH/NV 1987, 441; v. 23.7.2003 – IX B 23/03, BFH/NV 2003, 1425; v. 17.3.2009 – IV B 52/08, BFH/NV 2009, 1114. 2 FG Berlin-Bdb. v. 20.1.2010 – 14 K 1355/06 B, rkr., juris. 3 BFH v. 14.7.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175 = FR 2017, 484 m. Anm. Wendt. 4 Hier wird auf Urt. des BFH v. 22.1.2003 – X R 37/00, BStBl. II 2003, 464 Rz. 24 verwiesen.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 39 Kürzungen (Grundbesitz) nungen vor Augen führt. Auch bei der Vermietung von Ferienwohnungen werden die Vermieter regelmäßig Kabelfernsehen, Internetanschluss und Strom zur Verfügung stellen. Darüber hinaus werden bspw. eine Waschmaschine und ein Trockner zur Nutzung angeboten. Ungeachtet dessen wird – jedenfalls bei einer Lage außerhalb eines Feriengebiets und vorbehaltlich eines schnellen Mieterwechsels oder einer durch sehr umfangreiche Nebenleistungen bedingten hotelmäßigen Organisation1 – von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG ausgegangen. Zur Sonderproblematik der Lieferung von Strom s. indes auch Rz. 45 f. Auch die Mitvermietung von Mobiliar wahrt den Rahmen der Vermögensverwaltung. Mit Blick auf die erweiterte Kürzung stellt sich dann allerdings die Frage, ob dieses Mobiliar als Vermietung von „Grundbesitz“ gilt. Vgl. dazu Rz. 54. Bei der Kombination der Vermietung möblierter Wohnungen mit Sonderleistungen kann nach Auffassung einer auf Bund-Länder-Ebene abgestimmten Fachinformation der FinBeh. Hamburg2 ebenfalls von gewerblichen Einkünften auszugehen sein. Dies kann selbst dann der Fall sein, wenn unabhängige Dritte diese zusätzlichen, idR hotelähnlichen Dienstleistungen erbringen, der Vermieter jedoch seine Immobilien im Rahmen eines von ihm vorgegebenen und durch vertragliche und tatsächliche Gestaltungen auch kontrollierten, auf eine bestimmte Zielgruppe (wie zB Studenten, Berufsanfänger, Pendler) zugeschnittenen Gesamtkonzepts anbietet. Nach eigener Auffassung ist diese Sichtweise allenfalls dann zutreffend, wenn der Vermieter wie ein Betreiber agiert und die externen Dienstleister seine eigenen Verpflichtungen ggü. den Mietern erfüllen lässt. Beispielsweise die Quartierentwicklungen von Bestandshaltern werden von der zuvor genannten Fachinformation nicht erfasst, obwohl die Bestandshalter zwecks Steigerung der Wohnqualität darauf hinwirken, dass sich in der Nähe zu ihren Wohnungen Kitas, Einzelhändler oÄ ansiedeln. Auch wenn es im Text der Fachinformation nicht mehr zum Ausdruck kommt, bezieht sie sich nach ihrer Überschrift ausdrücklich nur auf die Anbieter von möblierten Wohnungen. Die Wohnungen der Bestandshalter sind jedoch im Regelfall nicht möbliert. – Betreutes Wohnen. Im Bereich des betreuten Wohnens hat das FG Baden-Württemberg3 den Rahmen der Vermögensverwaltung als noch gewahrt angesehen. Im Urteilssachverhalt beschränkte der Vermieter seine Tätigkeit im Kern auf die Wohnraumüberlassung sowie Beratungen bzgl. altersspezifischer Probleme der Mieter bzw. die Vermittlung von Hilfeleistungen, die dem spezifischen Zweck des Vermietungsobjekts (Wohnanlage für ältere und deshalb körperlich eingeschränkte Personen zu schaffen) dienen. Die Mieter konnten daneben Wahlleistungen durch einen separaten Vertragsabschluss mit dem Kooperationspartner des Vermieters beziehen. Diese Leistungen wurden dem Vermieter indes nicht zugerechnet. – „Sondernutzungen“ von Flächen. Nicht nur Wohn- oder Gewerberaum kann in für die erweiterte Kürzung begünstigter Weise überlassen werden. Dasselbe gilt auch für die Überlassung bestimmter Flächen auf einem Grundstück oder in, an oder auf einem Gebäude. Begünstigungsfähig sind daher insbes. auch: – Flächenüberlassungen an Werbende zu Reklamezwecken,4 – Vermietung von Dachflächen für die Betreiber von Telekommunikationsmasten, Satelliten oder Photovoltaikanlagen, – Überlassung von (Gemeinschafts-)Flächen für die Automatenaufstellung oder für die Veranstaltung bestimmter Events (Jahr- oder Weihnachtsmärkte). – Umsatzmiete/Partiarischer Mietvertrag. Eine bei bestimmten Arten von Gewerbeimmobilien (Shopping Center, Hotels) übliche Beteiligung des Vermieters an den Umsätzen des Mieters löst keine Gewerblichkeit aus und ist daher unschädlich im Hinblick auf die erweiterte Kürzung. Selbst bei einem erfolgs- oder gewinnabhängigen (partiarischen) Mietvertrag ist zu prüfen, ob neben dem Mitunternehmerrisiko auch Mitunternehmerinitiative des Vermieters vorliegt. Nur dann wird eine gewerbliche Betätigung anzunehmen sein.5

1 Vgl. ua BFH v. 23.7.2003 – IX B 23/03, BFH/NV 2003, 1425; v. 14.1.2004 – X R 7/02, BFH/NV 2004, 945; v. 16.4.2013 – IX R 22/12, BFH/NV 2013, 1552. 2 Vgl. FinBeh. Hbg., Fachinformation v. 30.1.2018 – S 1980 - 2017/003 - 52, DStR 2018, 1821. 3 FG Ba.-Wü. v. 17.2.2016 – 4 K 1349/15, EFG 2016, 820. 4 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 59 (Stand: November 2016). 5 S. hierzu auch BFH v. 18.4.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359 Rz. 29 = FR 2000, 1033 m. Anm. Wendt.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 39 § 9 Nr. 1

– (Gewerblicher) Grundstückshandel. Ein gewerblicher Grundstückshandel führt zu originär gewerblichen Einkünften und schließt die erweiterte Kürzung aus.1 Dies gilt jedoch nicht, falls der Grundstückshandel durch die Veräußerung zuvor errichteter Ein- oder Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen begründet wird. Diese Tätigkeiten sind ausdrücklich unschädlich (s. Rz. 110). Im Falle eines schädlichen gewerblichen Grundstückshandels ist zu beachten, dass zumindest nach Verwaltungsauffassung die gewerbliche Tätigkeit bereits mit dem Erwerb der Objekte beginnt.2 Bei dieser Auffassung wäre die erweiterte Kürzung bereits mit dem Erwerb der Objekte zu versagen, was ggf. zu rückwirkenden Korrekturen der GewSt-Veranlagung für die Jahre ab Erwerb zwingt, wenn sich die Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze in späteren Jahren herausstellt. – Betriebsverpachtung. Bei der Verpachtung des ganzen, auch Grundbesitz umschließenden Betriebs ist die erweiterte Kürzung nicht anzuwenden. Es liegt eine gewerbliche Leistung vor.3 – (Konzern-)Finanzierung/Bestellung von grundstücksbezogenen Sicherheiten. Der Einsatz erheblichen Fremdkapitals ist für die erweiterte Kürzung unschädlich.4 Gleiches gilt auch für die unentgeltliche oder entgeltliche Bestellung von grundstücksbezogenen Sicherheiten. Sie fällt unter die Fruchtziehung aus dem eigenen Grundbesitz und ist damit ungeachtet dessen zulässig, dass es sich nicht um Einkünfte aus § 20 EStG handelt.5 Nur bei einem gewerblichen Charakter der Sicherheitengewährung wird diese schädlich.6 Das FG München7 hat die erweiterte Kürzung indes in einem Fall nicht gewährt, in dem eine Immobilien-Holding (1) Darlehen zwecks Weitergabe mit Zinsmarge an grundstücksverwaltende Tochter-Personengesellschaften aufnahm und (2) zugunsten ihrer Tochter-Personengesellschaften entgeltlich Patronatserklärungen abgab. Mit Blick auf den Fall des FG München ist jedoch zu betonen, dass hieraus nicht allgemein auf die Schädlichkeit der (konzerninternen) Weiterreichung von Darlehen mit Marge geschlossen werden kann. Zum einen war der Umfang der Weiterreichung der Darlehen außerordentlich hoch. So wurden im fraglichen Jahr rund 79 Mio. DM Darlehen ausgereicht und Erträge iHv. 5 Mio. DM erzielt. Das Gericht schloss daher auf eine Überschreitung des üblichen Rahmens einer privaten Vermögensverwaltung. Zum anderen schien die Immobilien-Holding – anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen zur Sicherheitengewährung – gerade keine eigenen Immobilien zur Besicherung der Darlehen zu verwenden, sodass – ohne dass es im FG-Urt. ausgesprochen wird – insofern auch nicht von einer Fruchtziehung aus dem eigenen Grundbesitz ausgegangen werden konnte. Die BFH-Urt. zur Sicherheitengewährung zwingen dagegen nach eigener Ansicht dazu, dass – sofern kein gewerblicher Umfang der Darlehensgewährung erreicht wird – die im Vergleich zur unbesicherten Darlehensaufnahme zinsgünstige Aufnahme eines mit eigenem Grundbesitz besicherten Darlehens und die (konzerninterne) Weiterreichung mit marktüblicher Marge als unbesichertes oder anderweitig besichertes Darlehen ebenfalls unter die Fruchtziehung aus dem eigenen Grundbesitz zu zählen ist. Die Darlehensweiterreichung ist damit nicht nur unschädlich (da Einkünfte aus § 20 EStG), sondern als Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes sogar begünstigt.8 Bei vorsichtiger Betrachtung sollten diese (Zins-)Einkünfte jedoch als (nur) unschädlich deklariert werden.

1 Vgl. ua. BFH v. 18.10.2007 – I B 148/07, BFH/NV 2008, 542; FG München v. 10.3.2008 – 13 K 3694/05, juris. 2 BMF v. 26.3.2004 – IV A 6 - S 2240 - 46/04, BStBl. I 2004, 434 Rz. 31. Vgl. indes BFH v. 8.2.2017 – X B 138/16, DStR 2017, 1259 Rz. 58 ff., aus dessen Erwägungen zur Zuordnung zum AV vs. UV darauf zu schließen ist, dass bei zunächst beabsichtigter Vermietung nicht zwingend rückwirkend mit dem Erwerb von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen ist. 3 BFH v. 14.6.2005 – VIII R 3/03, BStBl. II 2005, 778. 4 BFH v. 12.3.1964 – IV 136/61 S, BStBl. III 1964, 364 Rz. 20; v. 21.8.1990 – VIII R 271/84, BStBl. II 1991, 126 Rz. 25; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 143 (Stand: April 2017). 5 Vgl. BFH v. 13.8.1997 – I R 61/96, BStBl. II 1998, 270 = FR 1998, 168; v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, BStBl. II 2006, 434 = FR 2006, 554 m. Anm. Wendt. 6 So auch Wendt, FR 2006, 557; Witt/Tiede, BB 2006, 697; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 115 (Stand: April 2017). 7 FG München v. 2.3.2009 – 7 K 1341/07, rkr., EFG 2009, 1044. 8 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 28a, geht dagegen unter Verweis auf das Urt. des FG München von einer Schädlichkeit aus.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 40 Kürzungen (Grundbesitz) – Immobilien-Leasing-Gesellschaften. Auch Immobilien-Leasing-Gesellschaften können in den Genuss der erweiterten Kürzung kommen. Für sie gelten keine Besonderheiten.1 Erst bei Erbringung von gewerblichen Zusatzleistungen geht die erweiterte Kürzung verloren.2 – Verklammerungsrechtsprechung. Nach jüngster BFH-Rspr.3 kann es ungeachtet einer im Grundsatz vermögensverwaltenden Vermietungstätigkeit dann zur Gewerblichkeit kommen, wenn in der Vermietungsphase Verluste entstehen (auf der Basis einer Einkünfteermittlung iSd. § 21 EStG) und ein Veräußerungsgewinn erforderlich ist, um einen Totalgewinn zu erzielen. Unseres Erachtens handelt es sich hierbei um eine Sonderrechtsprechung, die nur für modellhafte Gestaltungen mit (nahezu) fester Laufzeit Anwendung finden kann.4 cc) Fehlendes Entgelt/fehlende Gewinnerzielungsabsicht 40

Nur die im Gesetzeswortlaut genannten Tätigkeiten sind zulässig bzw. unschädlich. Alle sonstigen Tätigkeiten sind schädlich. Zu einer Schädlichkeit kommt es jedoch erst dann, wenn aus diesen Tätigkeiten auch ein (gesondertes) Entgelt erzielt wird. In einzelnen Entscheidungen hat der BFH zwar ausdrücklich offengelassen, ob schon die Unentgeltlichkeit einer Tätigkeit als solche die Annahme einer schädlichen Nebentätigkeit iSv. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausschließt.5 Spätestens mit dem Beschluss des IV. Senats v. 21.7.20166 sollte hier jedoch Klarheit herrschen. In dem Beschluss heißt es: „(…) nur dann kürzungsschädlich, wenn sie entgeltlich erfolgt. Der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG könnte zwar dafür sprechen, dass jede darin nicht ausdrücklich als erlaubt aufgeführte Tätigkeit kürzungsschädlich ist, selbst wenn sie unentgeltlich erfolgt. Da die erweiterte Kürzung allerdings auf Erträge abstellt, ist nicht die weitere Tätigkeit als solche, sondern es sind nur etwaige Erträge aus dieser Tätigkeit kürzungsschädlich.“

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Fraglich ist darüber hinaus, ob bereits die reine Entgeltlichkeit schädlich ist oder ob darüber hinaus auch eine Gewinnerzielungsabsicht bestehen muss, weil nur dann gewerbliche Einkünfte angenommen werden können. Der BFH hat für die Annahme einer schädlichen Tätigkeit entschieden, dass nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sein brauchen, sodass selbst bei fehlendem Gewinn die erweiterte Kürzung versagt wird.7 Gosch8 geht zudem davon aus, dass selbst eine bloße Kostenerstattung für eine schädliche Tätigkeit die Kürzung ausschließt. dd) Besondere Entgelte im Kontext der Grundbesitzverwaltung

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Im Kontext mit gesonderten Entgelten sind aus Sicht des Verfassers folgende Aspekte anzumerken: – Umlagen/Mietnebenkosten. Die Umlage vermietertypischer Nebenkosten (Gebäudeversicherung, Grundsteuer etc. – s. hierzu auch Rz. 39 unter „[Gewerbliche] Sonderleistungen des Vermieters“) ist im Hinblick auf die erweiterte Kürzung unschädlich. Erst recht sind auch in der Kaltmiete enthaltene und nicht über die Nebenkosten umlagefähige Kostenkomponenten wie Erhaltungsaufwendungen oder Aufwendungen für einen Hausmeister, Gärtner etc. unschädlich, solange sie der Nutzbarkeit des Grundbesitzes dienen.9

1 R 9.2 Abs. 2 Satz 4 GewStR 2009; vgl. dazu Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 148 (Stand: April 2017). 2 Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 31. 3 BFH v. 28.9.2017 – IV R 50/15, BStBl. II 2018, 89 = FR 2018, 235. 4 Vgl. hierzu auch Wagner/Brüggen, DB 2018, 408. 5 BFH v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, BStBl. II 2006, 434 Rz. 21 = FR 2006, 554 m. Anm. Wendt. 6 BFH v. 21.7.2016 – IV R 26/14, BStBl. II 2017, 202 Rz. 63 = FR 2017, 248 m. Anm. Nöcker. 7 BFH v. 5.3.2008 – I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359 Rz. 10; vgl. zuvor aber auch BFH v. 27.4.1977 – I R 214/75, BStBl. II 1977, 776 (fehlende Gewinnerzielungsabsicht ggf. entscheidend). Nach Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 126 (Stand: April 2017), sind auch Leistungen ohne Gewinnerzielungsabsicht schädlich. 8 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 73 (Stand: November 2016). 9 Wendt in FS Gosch, 453; s. auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 61 (Stand: November 2016), der Sonderleistungen des Vermieters wie Reinigung und Verpflegung als schädlich ansieht. Das von ihm zitierte Urt. des BFH v. 17.1.1961 (I 53/60 S, BStBl. III 1961, 233) stellt allerdings ausdrücklich auf „bei der Vermietung von Wohnräumen nicht übliche Sonderleistungen“ ab.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 45 § 9 Nr. 1

– Gesonderte Entgelte/Gebühren. Gesonderte, über die regelmäßig wiederkehrend zu zahlende Miete oder Pacht hinausgehende Entgelte – wie bspw. eine Bearbeitungsgebühr für die Erstellung eines Mietvertrags oder eines Übergabeprotokolls – sind nicht schädlich, weil sie mit der Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes zusammenhängen. Dabei ist unerheblich, dass derartige Entgelte nicht für die Nutzung des Grundbesitzes als solchen anfallen, sondern eine Gegenleistung für erhöhten Verwaltungsaufwand darstellen. Die gesonderten Entgelte sind damit aus Vermietersicht nur ein Surrogat für die ohne diese gesonderten Entgelte notwendigerweise erhöhte Miete. – Umlage vermietertypischer Leistungen/Ersatzvornahmen. Ein Kostenersatz des Mieters bei Ersatzvornahmen, dh. bspw. eine Zahlung des Mieters an den Vermieter für Reparaturen, die der Vermieter nur wegen Unterlassung durch den Mieter selbst beauftragt, ist ebenfalls unschädlich. Ersatzvornahmen dienen vielmehr der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne und sind zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung. Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für Fälle, bei denen der Vermieter vom Mieter verursachte Kosten direkt weitergibt, ohne dass der Mieter gegen eine Verpflichtung verstoßen hat (bloße „Kostenerstattung“). – Versorgungsleistungen/Dienstbarkeiten. Historisch gewachsen gibt es Fälle, bei denen sich mehrere Gebäude mit unterschiedlichen Eigentümern Versorgungsanschlüsse teilen (Wasser, Strom, Wärme). Der zentrale Verteiler oder die zentrale Versorgungsanlage ist dabei auf dem Grundstück nur eines Eigentümers, von dem aus dann die Weiterlieferung erfolgt. Teilweise schließt dieser eine Eigentümer als Einziger den Versorgervertrag ab und liefert dann weiter. Diese Weiterlieferung kann und darf nicht schädlich im Hinblick auf die erweiterte Kürzung sein, wenn kein Gewinnaufschlag vereinbart wird.1 – Besondere Zahlungen aus Immobilienkaufverträgen. Sämtliche sich aus einem Immobilienkaufvertrag ergebenden und mit dem (geplanten) Immobilienerwerb zusammenhängenden besonderen Zahlungen sind der begünstigten Verwaltung und Nutzung von Grundbesitz zuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zahlungen dem Käufer oder dem Verkäufer zugutekommen, und insbes. für – Optionsprämien bzw. Prämien für den Abschluss eines Kaufvertrags, – Kaufpreisanpassungen/Earn-Out-Zahlungen, – Schuldfreistellungen bspw. infolge von Steuerfreistellungen oder Schadenersatz sowie infolge von Garantieverletzungen (unabhängig davon, ob diese im Kaufvertrag als Anpassungen des Kaufpreises definiert sind) und – „Break-up Fees“, die im Falle eines Nichtzustandekommens einer geplanten Transaktion gezahlt werden. Losgelöst von den zuvor aufgeführten Einzelfällen: Die Grenze der Unschädlichkeit wird erst dann 43 überschritten, wenn der Art nach eine gewerbliche Leistung erbracht wird, entweder weil die Vermietungsleistung selbst durch Nebentätigkeiten gewerblichen Charakter bekommt oder weil die Nebenleistung kein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung ist. Im Übrigen kann eine dem Grunde nach schädliche Tätigkeit durch den Verzicht auf ein Entgelt un- 44 schädlich sein. Dies gilt nur dann nicht, wenn (1) der Verzicht auf das Entgelt gesellschaftsrechtlich veranlasst ist oder (2) wenn der Verzicht durch einen faktischen Aufschlag auf eine unschädliche oder gar begünstigte Tätigkeit gegenüber dem (wirtschaftlich) gleichen Leistungsempfänger kompensiert wird. ee) Stromlieferung/Photovoltaik, Blockheizkraftwerk und Stromtankstelle Der (zentrale) Bezug von elektrischem Strom und die Weiterlieferung an die Mieter als unselbst- 45 ständige Nebenleistung zur Vermietung ist uE unschädlich. Die Vermietung ist in diesem Fall dem

1 Vgl. in diesem Kontext auch das BFH-Urt. zur Brennstofflieferung v. 27.4.1977 – I R 214/75, BStBl. II 1977, 776.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 46 Kürzungen (Grundbesitz) Gesamtbild nach immer noch vermögensverwaltend.1 Eine solche unschädliche Nebenleistung liegt uE insbes. vor, wenn einzelne Mieteinheiten keinen eigenen Stromzähler haben und die Mieter daher keine eigenen Versorgungsverträge schließen können. Vgl. in diesem Kontext auch ein Urt. des BFH2 zum Einkauf von Brennstoffen, wobei die überschüssigen Brennstoffe hier sogar (ohne Gewinnaufschlag) an Nichtmieter weiterverkauft wurden. Unter diesen Gesichtspunkten ist iÜ auch eine Lieferung von Strom an einen langfristigen Stellplatzmieter aus einer Ladestation für Elektrofahrzeuge (Stromtankstelle) unschädlich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Stellplatzvermietung erkennbar im Vordergrund steht und keine verbrauchsabhängige Abrechnung des Stroms stattfindet (stattdessen ggf. pauschaler Aufschlag zur Stellplatzmiete zwecks Kompensation der erhöhten Stromkosten des Vermieters). In diesem Kontext ist iÜ zu beachten, dass örtliche Bauvorschriften (Garagenverordnungen etc.) beim Neubau oftmals zu einer Mindestanzahl an Parkplätzen mit Ladestation zwingen. Wenn die nachfolgende Stromlieferung an die Stellplatzmieter schädlich wäre, dann käme es zu dem überraschenden Ergebnis, dass eine solche Ladestation zwar mitgebaut werden muss, aus stl. Gründen dann aber nicht betrieben werden darf. 46

Eine Stromlieferung kann – unabhängig von der Diskussion zu den Ladestationen – indes schädlich im Hinblick auf die erweiterte Kürzung sein, wenn der Strom selbst erzeugt wird – bspw. durch den Betrieb von Photovoltaik-Anlagen oder Blockheizkraftwerken. Unzweifelhaft wird man von gewerblichen und damit schädlichen Leistungen ausgehen müssen, wenn der selbst erzeugte Strom in das öffentliche Netz eingespeist wird und der Stromerzeuger hierfür eine Einspeisevergütung erhält.3 Fraglich ist allerdings, ob die Stromerzeugung auch dann schädlich ist, wenn der Strom ausschließlich von Mietern genutzt wird. Unseres Erachtens liegt hier ein so enger Bezug zur Vermietung als solcher und damit eine unschädliche Nebentätigkeit (s. hierzu Rz. 39 unter „[Gewerbliche] Sonderleistungen des Vermieters“) vor, dass diese Stromlieferung unschädlich sein sollte. Diese Auffassung wird indes nicht von der Finanzverwaltung geteilt. Nach Verwaltungsauffassung stellt die Erzeugung und Lieferung von Strom eine eigenständige, nicht zu den Obliegenheiten eines Wohnungsunternehmens (eines Vermieters) zählende Tätigkeit dar. Als gewerbliche Tätigkeit ist sie damit nach Verwaltungsauffassung kürzungsschädlich.4 Unzweifelhaft unschädlich sollte übrigens auch die Nutzung des selbst erzeugten Stroms für eigene Unternehmenszwecke sein (bspw. Verbrauch beim selbst genutzten Verwaltungsgebäude). Diese Aussage legt es übrigens auch nahe, selbst erzeugten Strom bei Lieferung an die Mieter als unschädlich anzusehen, wenn hierfür kein gesondertes Entgelt verlangt wird (keine gesonderte Abrechnung des Stroms). Angesichts der strengen Verwaltungsauffassung im Hinblick auf die Lieferung von Strom auch an Mieter empfehlen sich praktisch Gestaltungen, bei denen der Betrieb der Anlage auf einen Contractor ausgelagert ist. Dies kann ein fremder Dritter sein oder bspw. eine Schwester-KapGes. des Grundbesitzunternehmens. Die Stromlieferung erfolgt dann durch den Contractor unmittelbar an die Mieter. ff) Aufspaltung gewerblicher und vermögensverwaltender Tätigkeit

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In der Praxis ist es üblich und aufgrund der Restriktionen im Hinblick auf gewerbliche (Sonder-) Leistungen oftmals notwendig, schädliche Aktivitäten konzernintern auszulagern. Die grundstücksvermietende Gesellschaft bewegt sich nach der Auslagerung innerhalb des für Zwecke der erweiterten Kürzung zulässigen Rahmens. Alle schädlichen Leistungen inkl. der Überlassung von Betriebsvorrich-

1 Vgl. aber Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 60 (Stand: November 2016), mit Hinweis auf das Urt. des RFH v. 28.3.1939 – I 483/38, RStBl. 1939, 578, nach dem der Bezug und die Umformung auf eine niedrige Spannung in einer eigenen Anlage schädlich sein soll. 2 BFH v. 27.4.1977 – I R 214/75, BStBl. II 1977, 776. Dabei ist zuzugeben, dass dieses Urt. zu einer Zeit gefällt wurde, in der die Nebentätigkeit der Grundstücksverwaltung lediglich „dienen“ musste. 3 FG Berlin-Bdb. v. 13.12.2011 – 6 K 6181/08, EFG 2012, 959; FG Ba.-Wü. v. 5.4.2017 – 4 K 3005/14, juris; OFD Magdeburg v. 21.11.2006 – G 1425-18-St 213, S 2730-9-St 216, juris. 4 OFD NRW, Kurzinformation v. 2.10.2015, DStR 2016, 414; Bayerisches Landesamt für Steuern v. 14.10.2015 – G 1425.1.1-6/5 St31; OFD Magdeburg v. 8.4.2011 – G 1425-25-St 216, juris; vgl. aber FG Berlin-Bdb. v. 13.12.2011 – 6 K 6181/08, EFG 2012, 959 Rz. 20, das die Unschädlichkeit in diesem Fall zumindest in Betracht zieht.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 50 § 9 Nr. 1

tungen (s. dazu Rz. 57 ff.) werden – ohne Verfügbarkeit der erweiterten Kürzung – von einer weiteren Gesellschaft erbracht.1 Oftmals werden in diesem Kontext dann zwei Verträge mit den Mietern geschlossen, zum einen der 48 eigentliche Mietvertrag mit der grundbesitzenden Gesellschaft und zum anderen ein Dienstleistungsvertrag mit der Dienstleistungsgesellschaft (Modell 1 – „2-Vertrags-Modell“). Ebenfalls möglich – aber weniger gebräuchlich – sind Varianten, bei denen nur die Dienstleistungsgesellschaft einen Vertrag mit dem Mieter abschließt. Hierbei kann die Dienstleistungsgesellschaft den Grundbesitz entweder von der grundbesitzenden Gesellschaft anmieten und dann weitervermieten (Modell 2 – „Weitervermietungsmodell“) oder die Dienstleistungsgesellschaft vermietet den Grundbesitz lediglich als Kommissionär bzw. Leistungstreuhänder. Sie tritt im letzteren Fall zwar (auch) im Hinblick auf die Grundbesitzvermietung im eigenen Namen, aber nur auf Rechnung der grundbesitzenden Gesellschaft auf (Modell 3 – „Treuhandmodell“). Das letztgenannte Modell hat den Vorteil, dass es anders als bei Modell 2 bei der Dienstleistungsgesellschaft nicht zu einer gewstl. Hinzurechnung auf die Anmietung des Grundbesitzes kommt.2 Oftmals wird in Ergänzung zur Leistungstreuhand auch eine Einkünftetreuhand vereinbart, sodass die Dienstleistungsgesellschaft auch die Mieten vereinnahmt und dann turnusmäßig an die grundbesitzende Gesellschaft auskehrt. Ungeachtet dessen werden in der Gewinn- und Verlustrechnung der Dienstleistungsgesellschaft keine Einnahmen aus der Vermietung und keine Ausgaben für die Anmietung ausgewiesen, sondern lediglich eine Vergütung für die Tätigkeit als Kommissionär bzw. Treuhänder. Auch das Umkehrmodell zu Modell 3 ist denkbar. Hier tritt nur die grundbesitzende Gesellschaft ggü. dem Mieter in Erscheinung und erbringt die schädlichen Leistungen nur treuhänderisch für die Dienstleistungsgesellschaft (Modell 4 – „Umgekehrtes Treuhandmodell“).3 In praktischer Hinsicht bietet dieses Modell viele Vorteile. Allerdings muss hier sichergestellt sein, dass die die erweiterte Kürzung begehrende Gesellschaft keine schädlichen Einnahmen bspw. aus der Tätigkeit als Treuhänder erzielt. Bei allen genannten Vertragsmodellen ist darauf zu achten, dass infolge der Trennung der Tätigkeiten 49 keine schädliche Betriebsaufspaltung geschaffen wird (s. für die hier schädlichen und unschädlichen Konstellationen im Detail Rz. 51). Die für die sachliche Verflechtung notwendige Überlassung des Grundbesitzes an die Dienstleistungsgesellschaft kann dabei nicht nur durch die explizite Überlassung des Grundbesitzes im Rahmen eines Miet- oder Überlassungsvertrags entstehen. Vielmehr kann hier auch eine implizite Nutzung der Gebäudesubstanz der Immobiliengesellschaft kritisch sein. Auch ein schädliches Dienen iSd. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ist zu vermeiden. Typischerweise werden daher Strukturen mit Schwester-KapGes. etabliert. gg) Betriebsaufspaltung Die erweiterte Kürzung wird versagt, wenn die eigentlich vermögensverwaltende Verwaltung und 50 Nutzung des Grundbesitzes infolge einer Betriebsaufspaltung zu (originären) Einkünften aus Gewerbebetrieb führt.4 Dies gilt nach der BFH-Rspr. auch dann, wenn die Betriebsgesellschaft ihrerseits die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung erfüllt.5 Anders als in den Fällen einer nach § 3 GewStG von der GewSt insgesamt befreiten Betriebskapitalgesellschaft (ua. Al-

1 Vgl. hierzu auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 149 (Stand: April 2017); Jesse, FR 2004, 1092. 2 Vgl. für die Hinzurechnung als Zwischenmieter BMF v. 2.7.2012, DStR 2012, 1448 Rz. 29a; vgl. zudem auch BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 289 Rz. 13 = FR 2015, 30 m. Anm. Roser sowie FG Hbg. v. 29.2.2012 – 1 K 138/10, EFG 2012, 960 (Vorlage beim BVerfG [1 BvL 8/12] mit Beschl. v. 15.2.2016 als unzulässig gewertet) und diverse AdV-Verfahren beim FG Köln/BFH. 3 S. zu diesem Modell Heß, NWB 2015, 537. 4 Vgl. BFH v. 29.3.1973 – I R 174/72, BStBl. II 1973, 686; v. 28.6.1973 – IV R 97/72, BStBl. II 1973, 688; v. 10.4.1991 – XI R 22/89, BFH/NV 1992, 312; v. 22.1.2009 – IV R 80/06, BFH/NV 2009, 1279; Roser in Lenski/ Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 152 (Stand: April 2017). 5 BFH v. 22.6.2016 – X R 54/14, DStR 2016, 2338 = FR 2017, 495. Die Vorinstanz (FG München v. 5.8.2014 – 13 K 2280/11, DStRE 2016, 1043) hatte die erweiterte Kürzung dagegen gewährt. Vgl. in diesem Kontext BFH v. 22.2.2005 – VIII R 53/02, BFH/NV 2005, 1624, insbes. Rz. 17.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 51 Kürzungen (Grundbesitz) tenpflegeheim,1 Krankenhaus,2 gemeinnützige Gesellschaft3) soll für die erweiterte Kürzung gerade keine „Merkmalsübertragung“ erfolgen. 51

Das Besitzunternehmen kann die erweiterte Kürzung allerdings in Anspruch nehmen, wenn es (1) selbst die Rechtsform der KapGes. hat und (2) die Anteile an der Betriebs-KapGes. nicht der Besitz-KapGes. selbst, sondern ihren Gesellschaftern zuzurechnen sind.4 Der Besitzgesellschaft können dann weder die von ihren Gesellschaftern gehaltenen Anteile an der Betriebsgesellschaft noch die mit diesem Anteilsbesitz verbundene Beherrschungsfunktion zugerechnet werden („Durchgriffsverbot“). Eine solche Zurechnung würde nach der BFH-Rspr. einen unzulässigen steuerrechtlichen Durchgriff auf die hinter der Besitz-KapGes. stehenden Personen bedeuten. Damit sind solche Konstellationen für die erweiterte Kürzung unkritisch, bei denen (1) die Besitz- und die Betriebsgesellschaft Schwestergesellschaften sind oder (2) die Betriebsgesellschaft eine (indirekte) Muttergesellschaft der Besitzgesellschaft ist.5 Hierbei ist indes auch darauf zu achten, dass keine faktische Betriebsaufspaltung hergestellt wird.6 Kürzungsschädlich sind dagegen Fälle, in denen die Besitzgesellschaft Inhaberin der Anteile an der Betriebsgesellschaft ist und als solche selbst die die Betriebsaufspaltung kennzeichnende Beherrschung ausübt.7 b) Grundbesitz aa) Rückgriff auf das BewG

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Nach ständiger BFH-Rspr. ist der Begriff „Grundbesitz“ im Kontext der erweiterten Kürzung ebenso wie für Zwecke der einfachen Kürzung8 im bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen.9 Relevant ist damit das Begriffsverständnis nach §§ 68 ff. BewG.10 Zum Grundvermögen gehören demnach: – der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG), – das Erbbaurecht (§ 68 Abs. 1 Nr. 2 BewG), – das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz (§ 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG).

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Mit Blick auf die im ersten Spiegelstrich zuvor genannten Gegenstände nimmt das BewG eine vom Grundstücksbegriff des BGB leicht modifizierte Betrachtung vor. So sind, anders als nach § 93 BGB, die Erzeugnisse des Bodens nicht erfasst. Aufgrund der Nennung von Gebäuden in der Aufzäh1 2 3 4 5

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BFH v. 29.3.2006 – X R 59/00, BStBl. II 2006, 661. BFH v. 20.8.2015 – IV R 26/13, BStBl. II 2016, 408 = FR 2016, 30 m. Anm. Wendt. BFH v. 19.10.2006 – IV R 22/02, FR 2007, 240 m. Anm. Kanzler = BFH/NV 2007, 149. BFH v. 1.8.1979 – I R 111/78, BStBl. II 1980, 77 = FR 1980, 49. BFH v. 15.4.1999 – IV R 11/98, BStBl. II 1999, 532 = FR 1999, 959 m. Anm. Wendt; v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 Rz. 49 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt; v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 Rz. 15; vgl. ferner Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 154 (Stand: April 2017). Außer im Falle einer direkten Beteiligung der Betriebs- an der Besitzgesellschaft liegt auch kein schädliches Dienen iSd. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG vor. Der bis 1963 anzuwendende § 9 Nr. 1 Satz 4 GewStG aF wurde abgeschafft. Bis dahin wurde die erweiterte Kürzung auch dann nicht gewährt, wenn der Grundbesitz Unternehmen diente, an dem der Gesellschafter wesentlich beteiligt war. Vgl. Herbst/Bohn, GmbHR 2012, 699; Sanna, DStR 2012, 1989; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 154a (Stand: April 2017), spricht sich – uE zu Recht – gegen eine Möglichkeit der faktischen Betriebsaufspaltung nur aufgrund einer Beherrschungsmöglichkeit aus. BFH v. 24.1.2012 – I B 136/11, BFH/NV 2012, 1176; v. 28.1.2015 – I R 20/14, BFH/NV 2015, 1109; v. 22.6.2016 – X R 54/14, BFHE 254, 354 Rz. 25 = FR 2017, 495). Vgl. in diesem Sinne ausdrücklich BFH v. 22.6.1977 – I R 50/75, BStBl. II 1977, 778. BFH v. 20.9.2007 – IV R 19/05, BStBl. II 2010, 985 Rz. 24 = FR 2008, 478 m. Anm. Wendt mwN; v. 12.11.2009 – IV B 8/09, BFH/NV 2010, 464. „Grundbesitz“ ist der Oberbegriff für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für „Grundstücke des Grundvermögens“ gem. § 68 BewG und für „Betriebsgrundstücke“ gem. § 99 BewG; vgl. dazu auch Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 68 Rz. 4 (Stand: Oktober 2016). Für die GewSt ist hier aber letztlich nur die Definition des § 68 BewG von Bedeutung, weil auch § 99 BewG letztlich auf das Begriffsverständnis im Kontext des Grundvermögens abstellt. Vgl. dahingehend auch Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 37.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 54 § 9 Nr. 1

lung nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG fallen nach eigener Ansicht zudem – und zwar losgelöst von § 70 Abs. 3 BewG – bspw. auch nur im wirtschaftlichen Eigentum des StPfl. stehende Gebäude auf fremdem Grund und Boden unter den Grundbesitz iSd. erweiterten Kürzung.1 Ob die Zuordnung zum bewertungsrechtlichen Grundbesitz kraft § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG oder § 70 Abs. 3 BewG erfolgt, kann aber iErg. ohnehin dahingestellt bleiben. Die in § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG über die Begriffe „Grund und Boden“ sowie „Gebäude“ hinaus verwendeten Begriffe „sonstige Bestandteile“ und „Zubehör“ sind wortgleich dem bürgerlichen Recht entnommen (s. §§ 94 und 97 BGB). Sie sind daher nach bürgerlichem Recht auszulegen.2 Nach § 94 BGB zählen zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbes. Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. „Scheinbestandteile“ iSd. § 95 BGB sind dagegen nicht erfasst.3 Derartige Scheinbestandteile sind solche Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Abs. 1 BGB) bzw. die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind (§ 95 Abs. 2 BGB). Solche Scheinbestandteile werden idR. vom Mieter oder Pächter eingebaut und bei Beendigung des Miet- oder Pachtvertrags wieder entfernt.4 Da diese Scheinbestandteile damit zumeist ohnehin nicht im wirtschaftlichen Eigentum des Vermieters oder Verpächters stehen, sind sie mit Blick auf die erweiterte Grundbesitzkürzung unschädlich. Selbst wenn sie aufgrund einer im Vergleich zur Miet- oder Pachtdauer kürzeren Nutzungsdauer als wesentlicher Bestandteil gelten sollten, sind sie aufgrund der wirtschaftlichen Eigentumssituation ebenfalls unschädlich. Siehe für weitere Details zu Mietereinbauten Rz. 66. Zubehör iSd. § 97 BGB. Nach der gesetzlichen Definition sind Zubehör „bewegliche Sachen, die, oh- 54 ne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen.“ Die sich mit Blick auf die Qualifikation als Zubehör ergebenden Abgrenzungsschwierigkeiten sind von großer Bedeutung vor allem für die Frage der Anwendbarkeit der erweiterten Kürzung im Bereich der Wohnimmobilien. So ist es bspw. bei Serviced Apartments, Studentenwohnungen und Flüchtlingsunterkünften üblich, dass neben der reinen Wohnraumüberlassung auch Einbauküchen sowie sonstiges Mobiliar und Einrichtungsgegenstände (Betten, Schreibtische, Regale, Fernseher) mit überlassen werden. Alleine mit Blick auf die Einbauküchen wird allerdings klar, dass der Rückgriff auf das bürgerliche Recht zu auf den ersten Blick verwirrenden Ergebnissen führen kann. So hat der BGH ua. mit Urt. v. 1.2.19905 entschieden, dass eine aus serienmäßig hergestellten Einzelteilen zusammengesetzte Kücheneinrichtung in Norddeutschland Zubehör eines Wohnhauses sein kann. Es gibt mithin in Deutschland regional unterschiedliche Anschauungen darüber, was Zubehör ist und was nicht. Bei dem Ziel einer deutschlandweit gleichmäßigen Besteuerung kann es indes nicht richtig sein, dass regionale Anschauungen von Zivilgerichten darüber entscheiden, ob die erweiterte Kürzung Anwendung findet. Bei näherer Betrachtung sollte sich diese Problematik iÜ abmildern. So blickt sowohl die Zivil- als auch die Finanzrechtsprechung regelmäßig auf die Verkehrsanschauung und die Zwecksetzung beim Mobiliar. Jegliches längerfristig und unabhängig von einzelnen Mietern vom Wohnraumeigentümer in einer Immobilie installierte bzw. platzierte Mobiliar sollte dabei aufgrund seiner Eigenschaft als Zubehör unschädlich für die erweiterte Kürzung sein. Es dürfte jedenfalls den Ausnahmefall darstellen, dass Vermieter Einrichtungsgegenstände nur vorübergehend zur Verfügung stellen. „Vorübergehend“ dürfte dabei derart zu verstehen sein, dass das Mobiliar für Zeiträume (deutlich) unter seiner wirtschaftlichen Nutzungsdauer mitvermietet wird. Dies dürfte solche Fälle betreffen, bei denen Mieter Mobiliar fallweise zu- oder abbuchen können. 1 Wendt in FS Gosch, 456. 2 St. Rspr., vgl. RFH v. 10.10.1928 – I A 35/28, RStBl. 1929, 49; BFH v. 23.7.1957 – I 50/55 U, BStBl. III 1957, 306; v. 22.10.1965 – III 145/62 U, BStBl. III 1966, 5; v. 18.6.1971 – III R 10/69, BStBl. II 1971, 618; v. 25.5.1984 – III R 103/81, BStBl. II 1984, 617; v. 9.4.1997 – II R 95/94, BStBl. II 1997, 452; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 68 Rz. 6 (Stand: Oktober 2016). 3 Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 6. 4 S. das Bsp. für derartige Scheinbestandteile von Stresemann in MüKo BGB, § 95 BGB Rz. 18 ff. 5 BGH v. 1.2.1990 – IX ZR 110/89, MDR 1990, 815; vgl. ferner BGH v. 20.11.2008 – IX ZR 180/07, NJW 2009, 1078. Im letztgenannten Urt. hat der BGH zwar die Eigenschaft der Einbauküche als Zubehör abgelehnt. Dies lag aber daran, dass sie vom Mieter eingebaut wurde und daher gem. ihrer Zweckbestimmung vom Mieter beim Auszug in aller Regel wieder ausgebaut wird (insofern nur vorübergehende Nutzung).

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457

§ 9 Nr. 1 Rz. 55 Kürzungen (Grundbesitz) Speziell bei Serviced Apartments und Studentenwohnungen erscheint mit Blick auf das fest verbaute Mobiliar iÜ sogar eine Qualifikation als wesentlicher Gebäudebestandteil iSd. § 94 Abs. 2 BGB möglich, weil hier sämtliche Apartments eines solchen Gebäudes unter dem Aspekt einer maximalen Flächeneffizienz einheitlich mit demselben Mobiliar ausgestattet werden. Das Mobiliar wird dabei speziell eingepasst. Vor seiner Erneuerung überlebt das Mobiliar dabei zumeist zahlreiche Mietergenerationen. Beim Ausbau nach Abnutzung ist dieses Mobiliar dann (wirtschaftlich) zerstört und in dieser Form nicht an einem anderen Ort nutzbar.1 Die mit Urt. v. 3.8.2016 geänderte BFH-Rspr. des IX. Senats2 zu Einbauküchen dürfte iÜ iRd. erweiterten Kürzung irrelevant sein. Das Urt. bezog sich ausdrücklich nicht auf das bewertungsrechtliche Verständnis, sondern nur auf die Qualifikation der Einbauküche als einheitliches, eigenständig abzuschreibendes WG iRd. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der BFH hatte unter Aufgabe seiner früheren Rspr. und unter Berücksichtigung der gewandelten Verkehrsanschauung auch die Spüle und den Einbauherd nicht mehr als wesentliche Bestandteile zur Herstellung des Gebäudes nach § 94 Abs. 2 BGB gesehen. Zu der für die erweiterte Kürzung kritischen Frage, ob es sich dann bei der Küche um Zubehör handelt, hat sich der BFH nicht mehr geäußert, weil es für seine Zwecke irrelevant war.3 55

Die weiteren Bestandteile des Grundvermögens (Erbbaurechte, Wohnungseigentum, Teileigentum – vgl. § 68 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BewG) dürften iSd. jeweiligen Verständnisses nach dem ErbbauRG bzw. nach dem WEG auszulegen sein. Das Wohnungseigentum ist dabei das Sondereigentum an einer Wohnung und der dazugehörige Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum (vgl. § 1 Abs. 2 WEG). Das Teileigentum ist hingegen das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (vgl. § 1 Abs. 3 WEG). Gemeinschaftliches Eigentum sind der Grund und Boden sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen (vgl. § 1 Abs. 5 WEG). Die Überlegungen bzgl. der Mitvermietung von Mobiliar im Kontext von Grund und Boden sowie Gebäude (Nr. 1 des § 68 Abs. 1 BewG) sollten iÜ auch in den Fällen der Verwaltung und Nutzung von Wohnungseigentum (Nr. 3 des § 68 Abs. 1 BewG) gelten, auch wenn das BewG hier nicht ausdrücklich auf das „Zubehör“ Bezug nimmt. Andernfalls würde die Vermietung eines möblierten Mehrfamilienhauses – jedenfalls nach der zuvor geäußerten Ansicht – unter die erweiterte Kürzung fallen, die Vermietung möblierter Eigentumswohnungen jedoch nicht.

56 (Isolierte) Vermietung von Einrichtungsgegenständen und Mobiliar. Die Vermietung von Einrich-

tungsgegenständen und Mobilien wird für schädlich im Hinblick auf die erweiterte Kürzung gehalten. Dies darf richtigerweise jedoch nur bei fehlendem Nutzungszusammenhang mit der Immobilienvermietung gelten.4 bb) Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen 57

Ausschluss nach § 68 Abs. 2 BewG. Während § 68 Abs. 1 BewG im positiven Sinne den Grundbesitz definiert, schließt § 68 Abs. 2 BewG im negativen Sinne Bestandteile aus. So zählen Bodenschätze (Nr. 1) und Betriebsvorrichtungen (Nr. 2) nicht zum Grundvermögen. Vor allem der Ausschluss der Betriebsvorrichtungen ist im Bereich der erweiterten Kürzung von großer Bedeutung. Die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen ist durch diesen Ausschluss grds. schädlich für die erweiterte Kürzung.

58

Strenges bewertungsrechtliches Verständnis im Kontext der erweiterten Kürzung. Den Ausgangspunkt für die Schädlichkeit der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen bildet das BFH-Urt. v. 22.6.1977.5 Der Begriff Grundbesitz ist hiernach im „engeren bewertungsrechtlichen Sinn“ und nicht 1 Vgl. zu diesem Aspekt auch Schießl, jurisPR-SteuerR 4/2017, Anm. 3 (Urteilsanm. zu BFH v. 3.8.2016 – IX R 14/15), unter C.II. und III., mit Hinweis auf zwei OLG-Urt. 2 BFH v. 3.8.2016 – IX R 14/15, BStBl. II 2017, 437, Rz. 33 = FR 2017, 1102. 3 Vgl. wohl mit einer ähnlichen Einschätzung im Hinblick auf die Folgewirkungen des BFH-Urt. für die erweiterte Kürzung Rode, FR 2018, 545. 4 Vgl. wohl auch Wendt in FS Gosch, 456. 5 BFH v. 22.6.1977 – I R 50/75, BStBl. II 1977, 778.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 61 § 9 Nr. 1

unter „Einschluss von Betriebsvorrichtungen“ zu verstehen. Der Begriff Grundbesitz“ soll „in keinem anderen Sinne zu verstehen [sein] als in der vorausgehenden Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG.“ Als Konsequenz dieser Sichtweise zählte ein „Bewegungsschwimmbad“ als Betriebsvorrichtung nach dem Urt. nicht zum „Grundbesitz“ iSd. erweiterten Kürzung. Definition von Betriebsvorrichtungen. Betriebsvorrichtungen sind nach der gesetzlichen Definition 59 (vgl. § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GewStG) „Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.“ Zu den Betriebsvorrichtungen gehören „alle Vorrichtungen, mit denen ein Gewerbe unmittelbar betrieben wird.“1 Dabei kann es sich auch um selbstständige Bauwerke oder Teile von Bauwerken handeln. „Für die Annahme einer Betriebsvorrichtung genügt es nicht, dass eine Anlage für die Gewerbeausübung lediglich nützlich, notwendig oder vorgeschrieben ist.“2 Letztlich kommt es damit auf einen Funktionszusammenhang an. Wenn ein Gegenstand der allgemeinen Nutzung des Gebäudes dient, handelt es sich nicht um eine Betriebsvorrichtung. Wenn dagegen eine besondere, unmittelbare Beziehung zu dem im Gebäude ausgeübten Betrieb besteht, dann sollte es sich um eine Betriebsvorrichtung handeln.3 Für die Abgrenzung von Betriebsvorrichtungen vom Grundvermögen wird in der Praxis oftmals auf die gleich lautenden Ländererlasse v. 5.6.2013 zurückgegriffen.4 Neben abstrakten Erläuterungen verfügen diese auch über einen „checklistenartigen Anhang“ mit zahlreichen Einzelfällen. Da mit Betriebsvorrichtungen ein „Gewerbe betrieben“ werden muss, werden Gebäude mit reiner 60 Wohnnutzung regelmäßig keine Betriebsvorrichtungen haben. Ausnahmen gelten bspw. dann, wenn über die Wohnnutzungen hinaus auch gewerbliche Leistungen erbracht werden – s. dazu bspw. die Diskussion zur Stromlieferung über Photovoltaik oder Blockheizkraftwerke (Rz. 46). Photovoltaikanlagen oder Blockheizkraftwerke können demnach in Ausnahmenfällen zu Betriebsvorrichtungen werden, wenn (1) mit ihnen ein Gewerbe betrieben wird und (2) diese gewerbliche Nutzung gegenüber der Nutzung für Wohnzwecke dominant ist.5 Selbst Bürogebäude werden nach den zuvor erarbeiteten Grundsätzen oftmals keine Betriebsvorrichtungen haben, weil die Nutzer nahezu beliebig sind und daher keine hinreichende Beziehung eines Gegenstands zum betrieblichen Nutzer besteht.6 Ausnahmen können aber bspw. spezielle Lüftungen/Kühlungen für Serverräume oÄ betreffen. Unschädlichkeit von Betriebsvorrichtungen, die nur wegen der Eigenart ihrer Nutzung durch 61 den Mieter Betriebsvorrichtung sind. Die Mitvermietung von Grundstücksteilen, „die nur wegen der Eigenart ihrer Nutzung durch den Mieter Betriebsvorrichtungen sind“, ist unschädlich.7 Auch diese Rechtsfolge ergibt sich aus dem eingangs zitierten BFH-Urteil zu einem „Bewegungsschwimmbad“.8 Dieses Schwimmbad wurde nur aufgrund der Nutzung eines gewerblichen Mieters (Schlankheits- und Schönheitsinstitut) als Betriebsvorrichtung qualifiziert.9 Auch wenn die Mitvermietung im Urteilssachverhalt nicht schädlich sein sollte, wurde die Begünstigung auf den Teil reduziert, der auf die Grundbesitzvermietung im engeren Sinne entfiel. So heißt es im Urteil: „(…) so würde der Umstand allein, dass sie im Zusammenhang mit der Vermietung von Grundbesitz zu teilweise gewerblichen Zwecken Einbauten mitvermietet, die nur deshalb Betriebsvorrichtungen sind, weil sie einem Gewerbebetrieb des Mieters dienen, einen gewerblichen Charakter der Vermietungstätigkeit und damit die Gewerbesteuerpflicht nicht begründen. Es entspricht deshalb dem in der angeführten 1 BFH v. 11.12.1991 – II R 14/89, BStBl. II 1992, 278 Rz. 9. 2 BFH v. 7.10.1983 – III R 138/80, BStBl. II 1984, 262; v. 13.12.2001 – III R 21/98, BStBl. II 2002, 310; Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 5.6.2013, BStBl. I 2013, 734 Rz. 1.3. 3 Vgl. in diesem Sinne auch Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 41. 4 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 5.6.2013, BStBl. I 2013, 734. 5 Vgl. FG Nds. v. 10.7.2008 – 15 K 370/07, DStRE 2008, 1437 Rz. 31. 6 Vgl. so tendenziell auch Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 42. 7 Vgl. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 64 (Stand: November 2016). 8 BFH v. 22.6.1977 – I R 50/75, BStBl. II 1977, 778; s. zur Bestätigung BFH v. 18.4.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359 Rz. 20 = FR 2000, 1033 m. Anm. Wendt. 9 Im System der mittlerweile abgeschafften § 8 Nr. 7 GewStG und § 9 Nr. 4 GewStG (korrespondierende Hinzurechnungen beim Mieter und Kürzungen beim Vermieter) erkannte der BFH eine Besteuerungslücke, wenn die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen durch die Einbeziehung der erweiterten Kürzung vollständig begünstigt war, ohne dass es beim Mieter zu einer entsprechenden vollständigen Hinzurechnung kam.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 62 Kürzungen (Grundbesitz) Rechtsprechung zugrunde gelegten Sinn und Zweck der erweiterten Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, auch in einem solchen Falle eine ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes anzunehmen. Die Vermietung einzelner Betriebsvorrichtungen stellt unter diesen Umständen eine unschädliche Nebentätigkeit dar. Die Sache liegt anders als im Falle der Vermietung oder Verpachtung etwa von Fabrikgrundstücken mit erheblichen Beständen an Betriebsvorrichtungen.“ Die Verwendung der Betriebsvorrichtungen wird demnach nicht der Sphäre des StPfl., sondern der des Mieters zugerechnet.1 Sofern man Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerke (Rz. 46) entgegen dem zuvor geäußerten Verständnis überhaupt als Betriebsvorrichtungen qualifiziert (signifikante oder gar dominante Stromeinspeisung ins Netz), liegt dies nur an der Eigenart ihrer Nutzung. Eine Schädlichkeit des Betriebs dieser Anlagen im Hinblick auf die erweiterte Kürzung sollte sich daher nicht aus einer Qualifikation als Betriebsvorrichtung ergeben. Eine Schädlichkeit kann sich allenfalls aus der Natur der gewerblichen Einkünfte bei Stromeinspeisung gegen Entgelt ergeben. Diese (gewerbliche) Betreiberleistung ist aber von der Frage nach der Mitvermietung von schädlichen Betriebsvorrichtungen zu trennen. Zudem wird eine Vermietung nicht gewerblich, weil (vermeintliche) Betriebsvorrichtungen mitvermietet werden. 62

Ausnahme bei Mitvermietung als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung. Die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen, die – anders als zuvor – nicht nur aufgrund der gewerblichen Nutzung als solche zu qualifizieren sind, ist grds. schädlich für die erweiterte Kürzung. Von dieser Schädlichkeit der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen sind jedoch in engen Grenzen Ausnahmen vorgesehen. Nach ständiger BFH-Rspr. sind Nebentätigkeiten ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie (1) der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und (2) als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung angesehen werden können.2 So sind bestimmte Gewerbeimmobilien (vgl. beispielhaft das „Silo“-Urt. des BFH v. 4.10.20063) entsprechend ihrer funktionalen Ausrichtung ohne die mit zu vermietenden Betriebsvorrichtungen „nicht sinnvoll nutzbar“.4 Die Betriebsvorrichtungen stehen daher „in einem so engen funktionalen Zusammenhang mit dem vermieteten Grundvermögen, dass eine getrennte Nutzung sinnvollerweise nicht in Betracht kommt“.

63

Praktische Unterscheidung zwischen fest und nicht fest mit dem Gebäude verbundenen Betriebsvorrichtungen. Dementsprechend sollte man für fest mit einem Grundstück bzw. Gebäude verbundene Betriebsvorrichtungen (bspw. Lastenaufzüge, Laderampen) stets – dh. zumindest unabhängig von absoluten Wertgrenzen – zu dem Ergebnis kommen, dass (1) ihre Mitvermietung unschädlich ist und (2) das auf ihre Mitvermietung entfallende Entgelt in den Kürzungsbetrag einzubeziehen ist.5 Erst dann, wenn die Betriebsvorrichtungen einen im Verhältnis zum Grundbesitz im engeren Sinne hohen Wert besitzen, ist nach eigener Ansicht die erweiterte Kürzung zu versagen.6 Jede von dieser Ansicht abweichende Auffassung würde dazu führen, dass größere Gewerbeimmobilien faktisch nicht – jedenfalls nicht ohne komplizierte Hilfskonstrukte (s. Rz. 64 ff.) – in den Genuss der erweiterten Kürzung kommen können. Eine solche faktische Benachteiligung von Gewerbeimmobilien kann aber nicht gewollt sein. Dementsprechend scheint auch die Rspr. – ohne es explizit kenntlich zu machen – zwischen fest mit dem Grundstück oder Gebäude verbundenen Betriebsvorrichtungen und solchen, die es nicht sind, zu unterscheiden. Bei Letzteren werden dann strengere Maßstäbe angewandt.7 Offensichtlich sind dabei solche Fälle schädlich, in denen die Betriebsvorrichtungen in keinerlei Bezie1 Dazu BFH v. 26.2.1992 – I R 53/90, BStBl. II 1992, 738 Rz. 13. 2 BFH v. 26.2.1992 – I R 53/90, BStBl. II 1992, 738 Rz. 12; v. 26.8.1993 – IV R 18/91, BFH/NV 1994, 338; v. 18.4.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359 Rz. 20 f. = FR 2000, 1033 m. Anm. Wendt; v. 4.10.2006 – VIII R 48/05, juris, Rz. 12; v. 5.3.2008 – I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359; v. 26.8.1993 – IV R 18/91, BFH/NV 1994, 338; v. 17.5.2006 – VIII R 39/05, BStBl. II 2006, 659 Rz. 19 = FR 2006, 944. 3 BFH v. 4.10.2006 – VIII R 48/05, juris. 4 BFH v. 7.4.2011 – IV B 157/09, BFH/NV 2011, 1392 Rz. 9; v. 4.10.2006 – VIII R 48/05, juris, Rz. 15. 5 So wohl auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 71 (Stand: November 2016). 6 Vgl. indes Rz. 73 für die von der BFH-Rspr. gezogenen Grenzen. 7 BFH v. 17.5.2006 – VIII R 39/05, BStBl. II 2006, 659 = FR 2006, 944 (für eine Lackier- und Staubsaugeranlage, eine Hebebühne sowie diverse Werkzeuge); v. 14.6.2005 – VIII R 3/03, BStBl. II 2005, 778 Rz. 18; vgl. auch FG Düss. v. 22.10.2013 – 13 K 859/10 G, F, EFG 2014, 303 (Mitvermietung von Hotelinventar) sowie FG Köln v.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 63 § 9 Nr. 1

hung zum vermieteten Grundbesitz stehen, im Extremfall weil sich die Betriebsvorrichtungen schon nicht auf dem Grundstück befinden und/oder nicht an den Mieter des Grundbesitzes vermietet werden.1 In den vorgenannten Fallkonstellationen wird von einer Schädlichkeit der Mitvermietung ausgegangen – unabhängig von jeglichen Wertgrenzen. In anderen Fällen, dh. insbes. bei fest mit dem Grundstück verbundenen und in funktionalem Zusammenhang mit dem Grundstück stehenden Betriebsvorrichtungen, ist die BFH-Rspr. zwar nicht ausdrücklich von einer Unschädlichkeit ausgegangen. Sie hat aber zumindest mehrfach relative Unschädlichkeitsgrenzen in Betracht gezogen, wie etwa 10 % der Gesamtherstellungskosten, Umsätze und Erträge.2 Zudem wird eine absolute Wertgrenze von 1 Mio. DM (ca. 511.000 Euro) diskutiert, wobei sich diese auf „mitvermietete Betriebsvorrichtungen und bewegliche Wirtschaftsgüter“ bezieht.3 Dabei ist allerdings unbeantwortet geblieben, ob sich diese Wertgrenze auch auf fest mit dem Gebäude verbundene Betriebsvorrichtungen bezieht oder ob deren Mitvermietung „entweder allgemein oder innerhalb einer relativen Unschädlichkeitsgrenze der begünstigten Grundstücksverwaltung zuzurechnen“ ist.4 Der BFH hat zudem in den folgenden Urteilen und Beschlüssen quantitative Grenzen für die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen gezogen:5 Übersicht über quantitative Grenzen Datum

Az.

Art der Immobilie

Art der mitvermieteten Betriebsvorrichtung

Schädlich

Schädlichkeitsgrenze

22.8.1990

I R 66/88

Kur- und Frei- keine Angaben zeiteinrichtungen

ja

. 44 % der Herstellungskosten der überlassenen Gebäude

26.8.1993

IV R 18/91

Lagerhalle mit Bürotrakt

ja

ca. 22 % der Herstellungskosten des überlassenen Gebäudes

17.11.2005

I B 150/04

Wohngebäude, insbesondere Einrich- ja Gewerbegetungsgegenstände bäude, Sportund Gewerbeparks

Anschaffungskosten weit über 1 Mio. DM; Anteil der vermieteten Betriebsvorrichtungen , 10 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten irrelevant

7.4.2011

IV B 157/09

Warenhaus

4.10.2006

VIII R 48/05 Silogebäude

1 2 3 4 5

8 Krananlagen

laut Bilanz 24 verschiedene Betriebsvorrichtungen mit Anschaffungs- und Herstellungskosten von 6,5 Mio. DM

ja

Anschaffungskosten alleine der Kühlanlagen bereits . 1,275 Mio. DM

Elevatoren, Redler, Kühlgebläse und Temperaturfühler

nein

Mieteinnahmen 1,22 % der Gesamteinnahmen und 2,88 % der Gesamtherstellungskosten/ die absolute Höhe der Herstellungskosten (rd. 176.000 DM) wird nicht vom BFH thematisiert

29.4.2015 – 13 K 2407/11, EFG 2015, 1552 (Rev. I R 45/15) und FG Hess. v. 6.12.2016 – 8 K 1064/13, EFG 2017, 507 (Rev. I R 22/17). BFH v. 17.5.2006 – VIII R 39/05, BStBl. II 2006, 659 = FR 2006, 944. BFH v. 7.4.2011 – IV B 157/09, BFH/NV 2011, 1392 Rz. 13; v. 27.2.2002 – IV S 7–10/01, BFH/NV 2002, 1052 Rz. 14. BFH v. 17.11.2005 – I B 150/04, BFH/NV 2006, 609. BFH v. 7.4.2011 – IV B 157/09, BFH/NV 2011, 1392 Rz. 13. Folgende Revisionsverfahren sind zudem derzeit vor dem BFH in dieser Frage anhängig: III R 36/15, III R 34/17, III R 36/17.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 64 Kürzungen (Grundbesitz) 64

Notwendigkeit der Unschädlichkeit von fest mit dem Gebäude verbundenen Betriebsvorrichtungen. Die Mitbegünstigung von fest mit dem Gebäude verbundenen Betriebsvorrichtungen ist iÜ auch deshalb erforderlich, weil das rechtliche Eigentum an diesen Betriebsvorrichtungen nicht vom Grundstückseigentum separiert und daher auch nicht gesondert übertragen werden kann. Ein StPfl., der daher aus Furcht vor einer etwaigen Schädlichkeit der Mitvermietung (fest mit dem Gebäude) verbundener Betriebsvorrichtungen das Eigentum übertragen möchte, kann sich allenfalls mit einer wirtschaftlichen Eigentumsübertragung1 behelfen, was ein in der Praxis äußerst unbefriedigendes Ergebnis ist.

65

Separation von Betriebsvorrichtungen auf Schwestergesellschaften. Als Gestaltung für die Ermöglichung der Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung: Falls die Betriebsvorrichtung nicht fest mit dem Grundstück oder Gebäude verbunden ist und daher in der Regel auch rechtlich wirksam übertragen werden kann, wird das Eigentum an der Betriebsvorrichtung typischerweise auf eine Schwestergesellschaft separiert, die die Betriebsvorrichtung dann an den Mieter des Grundbesitzes vermietet. Die nach der Separierung nur noch Grundbesitz verwaltende und nutzende Gesellschaft kommt dann – wenn auch alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind – in den Genuss der erweiterten Grundbesitzkürzung.2 Die Fallvarianten sind dabei identisch mit denjenigen zur Auslagerung schädlicher gewerblicher Leistungen (hierzu Rz. 48). Derartige Strukturen könnten indes vor dem Hintergrund des BFH-Urt. zur Gewerblichkeit bei Einkaufszentren infrage gestellt sein. In diesem Fall waren Betriebssvorrichtungen zwar irrelevant. Vielmehr ging es um die Abgrenzung zwischen vermögensverwaltenden und gewerblichen Tätigkeiten. Der Fall ist aber dennoch auch für die Mitvermietung von Betriebssvorrichtungen relevant, weil der BFH in seinem Urt. ausdrücklich offengelassen hat, ob auf separate Rechtsträger ausgelagerte Tätigkeiten der Vermietungsgesellschaft als eigene Leistungen zugerechnet werden können.3 Eine solche Auffassung hatte zudem das Niedersächsiche FG4 in der Vorinstanz vertreten. Der BFH hat diesen Punkt uE aber nur deshalb offengelassen, weil er im Urt. nicht mehr entscheidungsrelevant war. An der bisher herrschenden Auffassung, nach der schädliche Leistungen und auch Betriebsvorrichtungen ausgelagert werden können, ohne dass es zu einer Zurechnung zum Auslagernden kommt, sollte sich daher zudem im Regelfall nichts geändert haben. Wendt5 geht in seiner Urteilskommentierung zwar von einer Zurechnung aus. Diese Aussage ist aber vermutlich den Besonderheiten des Einzelfalls geschuldet. Der Vermieter hatte faktisch die gesamte Wertschöpfungskette der Leistungserbringung an die Mieter inkl. der ausgelagerten Leistungen geplant und kontrolliert und zudem über die Umsatzmieten davon profitiert.

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Übertragung von Betriebsvorrichtungen auf den Mieter. Bei wirtschaftlich unbedeutenden Betriebsvorrichtungen wird teilweise (gestaltend) das Eigentum auf den Mieter übertragen. Auch in diesem Fall erfolgt keine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen und die erweiterte Kürzung kann Anwendung finden. Mietereinbauten. Oftmals sind – losgelöst von den zuvor genannten Gestaltungen – in Gewerbemietverträgen Klauseln zu finden, nach denen vom Mieter eingebrachte Betriebsvorrichtungen oder Mietereinbauten bei Beendigung des Mietvertrags entschädigungslos auf den Vermieter übergehen.6 Auch ohne solche Klauseln gibt es Fälle, in denen Mieter derartige Betriebsvorrichtungen oder Mietereinbauten faktisch zurücklassen. Solche Fälle sind uE zumeist nicht schädlich im Hinblick auf die erweiterte Kürzung. Keinesfalls kann in solchen Fällen trotz Entschädigungslosigkeit (pauschal) von einem wirtschaftlichen Eigentum des Vermieters an den Betriebsvorrichtungen ausgegangen werden. Die WG sind in der Regel mit dem Auszug des Mieters wirtschaftlich verbraucht, sodass der Vermieter während der wirtschaftlichen Nutzungsdauer faktisch vom Einwirken auf den entsprechenden Gegenstand ausgeschlossen ist.7 Selbst im Falle der Übernahme der entsprechenden Gegenstände 1 2 3 4 5 6

Praktisch werden hierbei Leasinggestaltungen oder Dauernutzungsrechte gewählt. Hierzu auch Lüking, BB 2011, 799; Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 36. BFH v. 14.7.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175 Rz. 47 = FR 2017, 484 m. Anm. Wendt. FG Nds. v. 26.6.2013 – 7 K 10056/09, EFG 2014, 1135. Vgl. dazu auch Wendt, FR 2017, 489. Vgl. zu den zivilrechtlichen Aspekten und der Dokumentation der Sonderrechtsfähigkeit durch Qualifikation als Scheinbestandteil iSd. § 95 BGB Heß, NWB 2015, 528 (534). 7 S. zu den verschiedenen Fallgestaltungen FG Hbg. v. 16.2.2016 – 2 K 54/13, EFG 2016, 747 Rz. 71; vgl. ferner BFH v. 7.10.1997 – VIII R 63/95, BFH/NV 1998, 1202; v. 28.7.1993 – I R 88/92, BStBl. II 1994, 164 = FR 1994, 54.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 69 § 9 Nr. 1

durch den Vermieter vom Altmieter und bei anschließender Weitervermietung an den Neumieter ist davon auszugehen, dass hierfür kein zusätzliches Entgelt verlangt werden kann. Die Miete ist demnach nicht höher als ohne Vermietung der Betriebsvorrichtungen. Daher ist in diesen Fällen auch weiterhin die erweiterte Kürzung zu gewähren. Vorsicht ist jedoch in den Fällen geboten, in denen beim Einbau durch den Mieter erkennbar ist, dass seine Einbauten bei seinem Auszug noch einen substanziellen Wert haben werden und zudem nicht entfernt werden brauchen. Hier wird im Mietvertrag eine marktgerechte Entschädigung für den Fall des Auszugs zu verankern sein, sodass zumindest für die Dauer des Mietvertrags das wirtschaftliche Eigentum beim Mieter verbleibt.1 Selbst wenn sodann mit dem Auszug das wirtschaftliche Eigentum am Mietereinbau auf den Vermieter übergeht, ist nicht zwingend die erweiterte Kürzung gefährdet. Vielmehr kann die Kürzung nur dann gefährdet sein, wenn es sich bei den übernommenen Mietereinbauten um vom neuen Mieter genutzte Betriebsvorrichtungen handelt. Gesetzgeberische Klarstellung wünschenswert. Die Identifikation und Bewertung von Betriebsvor- 67 richtungen ist in der Praxis extrem aufwendig und zudem streitanfällig.2 Häufig ist unklar, ob eine Betriebsvorrichtung vorliegt oder nicht. Wünschenswert wäre insofern eine gesetzgeberische Klarstellung im Hinblick auf die Anwendbarkeit der erweiterten Kürzung. Diese könnte zum einen vorsehen, dass ein Anteil der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen an der Gesamtmiete für ein Gebäude von bis zu 10 % (bei sachgerechter Aufteilung bspw. anhand des tatsächlichen Wertverzehrs) für die erweiterte Kürzung unschädlich ist.3 Dabei könnte klarstellt werden, dass nur die Mitvermietung an den Mieter des Grundbesitzes unschädlich ist. Zudem könnte der entsprechende Mietanteil den nicht begünstigungsfähigen Nebenerträgen zugeordnet werden, sodass letztlich nur die tatsächliche Grundbesitzüberlassung in den Genuss der erweiterten Kürzung käme.4 Der StPfl. würde bei einer solchen Regelung aus Vorsichtsgründen wohl in aller Regel „Respektabstand“ zu den 10 % lassen. Er würde damit zudem die erweiterte Kürzung nicht verlieren, wenn trotz aller Sorgfalt im Vorfeld einer Vermietung eine Betriebsvorrichtung übersehen wird oder ggf. infolge einer Rechtsprechungsänderung Gebäudebestandteile (nachträglich) als Betriebsvorrichtung qualifiziert werden.5 Zudem würden kommerziell unsinnige Strukturen vermieden, bei denen Betriebsvorrichtungen ausgelagert werden, um in den Anwendungsbereich der erweiterten Kürzung zu gelangen. „Eigene“ Betriebsvorrichtungen. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass nicht das Eigentum an 68 Betriebsvorrichtungen, sondern nur ihre Mitvermietung gegen Entgelt schädlich ist. Die erweiterte Kürzung ist daher zu gewähren, wenn die die Kürzung begehrende Gesellschaft eine in ihrem Eigentum stehende Immobilie inkl. dort vorhandener Betriebsvorrichtungen selbst nutzt (bspw. als Verwaltungsgebäude oder als „Showroom“). Mitvermietete, aber vom Mieter nicht genutzte Betriebsvorrichtungen. Betriebsvorrichtungen, die 69 in einem vermieteten Gebäude oder in Räumlichkeiten vorhanden sind, vom Mieter aber faktisch nicht genutzt werden, sind uE ebenfalls unschädlich.6

1 Vgl. hierzu auch den „Mietereinbauten-Erlass“ des BMF v. 15.1.1976, BStBl. I 1976, 66 unter Nr. 6. 2 Der Begründung des Urt. des VIII. BFH-Senats v. 17.5.2006 (VIII R 39/05, BStBl. II 2006, 659 Rz. 23 = FR 2006, 944) ist insofern aus praktischer Sicht nur sehr eingeschränkt zuzustimmen. Zuzugeben ist, dass mit einer sofortigen Schädlichkeit der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen Auseinandersetzungen über den Maßstab für eine etwaige Unerheblichkeit vermieden werden. Dies bedeutet aber keinesfalls, dass hiermit ein klarer und eindeutiger Gesetzesvollzug gewährleistet ist. 3 So gibt es bspw. unter dem InvStG 2018 (vgl. § 15 Abs. 3) eine Schwelle von 5 % für die sog. „aktive unternehmerische Bewirtschaftung“. Sofern diese Schwelle nicht erreicht wird, fällt auf Ebene des Fonds keine GewSt an. 4 Vgl. in diesem Sinne auch schon die Sichtweise des BFH v. 22.6.1977 – I R 50/75, BStBl. II 1977, 778 („Schwimmbad-Urteil“). 5 Beispielhaft kann hier auf die Rspr. zu Lastenaufzügen hingewiesen werden. So urteilte der BFH in seinem Urt. v. 28.2.2013 (III R 35/12, BStBl. II 2013, 606), dass der Aufzug in einer Bäckerei, dessen Hauptzweck darin bestehe, die für die Herstellung der Backwaren benötigten Materialien zu den verschiedenen Produktionsebenen zu befördern, eine Betriebsvorrichtung darstelle. Dies war in der Instanz zuvor noch anders gesehen worden (vgl. FG Thür. v. 28.6.2011 – 4 K 609/10, DStRE 2013, 374). 6 Vgl. in diesem Sinne auch Wendt, Diskussionsbeitrag bei dem Seminar „Kölner Tage Immobilienbesteuerung“ v. 16.2.2018.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 70 Kürzungen (Grundbesitz) cc) Ausländischer Grundbesitz 70

Auch ausländischer Grundbesitz ist von der erweiterten Kürzung erfasst. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Einkünfte aus der ausländischen Immobilie im Inland der GewSt unterliegen (keine DBAFreistellung und keine Kürzung wegen Zugehörigkeit zu einer ausländischen Betriebsstätte).1 Auch der BFH geht offenbar von einer Anwendung der erweiterten Kürzung auf ausländischen Grundbesitz aus. In seiner Entscheidung v. 19.12.20072 ließ er die Anwendung der erweiterten Kürzung jedenfalls nur an der unterjährigen Veräußerung des Grundbesitzes scheitern.3 c) Eigener Grundbesitz aa) Vorbemerkung

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Nach dem klassischen Verständnis kommt es für die Qualifikation als „eigener“ Grundbesitz iErg. – ebenso wie für die Zurechnung zum BV nach Satz 1 – auf ertragsteuerliche Maßstäbe und damit ausschließlich auf das wirtschaftliche Eigentum am Grundbesitz an. Die Begriffe „eigener Grundbesitz“ und „zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz“ sind demnach bedeutungsgleich.4 Dieses Verständnis wurde indes durch das Urt. des I. BFH-Senats v. 19.10.20105 infrage gestellt. Hiernach sollen zivilrechtliche Maßstäbe Anwendung finden.6 Dieser Sichtweise hat der IV. BFH-Senat7 – uE zu Recht – widersprochen und ua. diese Fragestellung dem Großen BFH-Senat zur Klärung vorgelegt (GrS 2/16). Überzeugend ist in der Begründung des IV. BFH-Senats vor allem das Beispiel des Grundstücks im Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft, das zwar zivilrechtliches Eigentum des Gesellschafters, aber BV der Personengesellschaft ist. Der IV. Senat führt in diesem Kontext zudem zu Recht aus, dass die Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG (expliziter Anwendungsfall der erweiterten Kürzung durch Rückausnahme) ins Leere liefe, wenn es auf das zivilrechtliche Eigentum ankäme. bb) Erbbaurecht/Gebäude auf fremdem Grund und Boden

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Der RFH hat bereits im Jahre 1941 entschieden,8 dass zum Grundbesitz iSd. erweiterten Kürzung auch ein auf fremdem Grund ruhendes Erbbaurecht der Gesellschaft gehört.9 In Zusammenhang mit dem Erbbaurecht errichtet der Erbbaurechtsberechtigte regelmäßig ein Bauwerk bzw. Gebäude. Auch die Verwaltung und Nutzung dieses Gebäudes (auf fremdem Grund und Boden) fällt in den Anwendungsbereich der erweiterten Kürzung. Gleiches gilt auch für Gebäude auf fremdem Grund und Boden, die nicht kraft eines Erbbaurechts errichtet wurden, sondern bei denen eine Zurechnung zum StPfl. nur kraft wirtschaftlichen Eigentums erfolgt, bspw. als Leasingnehmer oder durch Gewährung eines Dauernutzungsrechts.10 Im letzteren Fall (Dauernutzungsrecht) ist der zivilrechtliche Ei-

1 AA Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 8. 2 BFH v. 19.12.2007 – I R 46/07, BFH/NV 2008, 930. 3 S. auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 116 (Stand: April 2017); vgl. ferner FG Hbg. v. 16.2.2016 – 2 K 54/13, EFG 2016, 747 Rz. 67; Wagner, Ubg 2014, 185. 4 BFH v. 22.1.1992 – I R 61/90, BStBl. II 1992, 628 Rz. 11. 5 BFH vom 19.10.2010 – I R 67/09, BStBl. II 2011, 367 = FR 2011, 434 m. Anm. Wendt. 6 In diesem Sinne wohl auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 65 (Stand: November 2016); Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 6. 7 BFH v. 21.7.2016 – IV R 26/14, BStBl. II 2017, 202 Rz. 38 ff. = FR 2017, 248 m. Anm. Nöcker. 8 RFH v. 14.12.1941 – I 12/41, RStBl. 1941, 884. 9 Vgl. auch BFH v. 17.1.1968 – I 5/65, BStBl. II 1968, 353 Rz. 8. Der RFH hatte seine Entscheidung insbes. damit begründet, dass nach § 7 GrStG im Falle des Erbbaurechts der Erbbauberechtigte und nicht der Grundstückseigentümer Schuldner der GrSt sei, dass aber dieser Schuldner durch § 9 Nr. 1 GewStG gewstl. entlastet werden solle. Als Ausblick auf das kommende Grundsteuerrecht gilt dabei Folgendes: Künftig erfolgt beim Erbbaurecht die Zuordnung bereits auf der Bewertungsebene, sodass insoweit eine gesonderte Regelung innerhalb des GrStG entbehrlich wird (vgl. § 237 BewG-Entwurf); s. dazu auch BR-Drucks. 515/16 v. 12.9.2016, 71. Die Erfassung von Erbbaurechten durch § 9 Nr. 1 GewStG muss damit erst recht gelten. 10 GlA Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 114 (Stand: April 2017); FG Berlin v. 30.11.1977 – VI 179/77, EFG 1978, 399.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 76 § 9 Nr. 1

gentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Gebäude ausgeschlossen. Zudem hat der Nutzer einen Anspruch auf Wertersatz gegen den rechtlichen Eigentümer.1 cc) Weitervermietung von angemietetem Grundbesitz Die Weitervermietung von angemietetem Grundbesitz ist grds. schädlich, da es sich nicht um „eige- 73 nen“ Grundbesitz handelt. Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn der Grundbesitz dem Anmietenden als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen ist. Dabei sind auch Konstellationen möglich und sogar üblich, bei denen Grundstücksunternehmen Flächen anmieten und nur wirtschaftlicher Eigentümer des aufstehenden Gebäudes werden. Typischerweise sind Fälle von (langfristigem) Gebäudeleasing oder der Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden betroffen. Das FG München2 hat für einen solchen Fall die Mitvermietung des angepachteten Grund und Bodens als zwingend notwendigen Teil der Vermietung eingestuft und die erweiterte Kürzung beim wirtschaftlichen Gebäudeeigentümer gewährt. Entscheidend war dabei auch, dass keine (angemieteten) Grundstücksflächen an andere als den Gebäudemieter vermietet wurden. In der Revision zum zuvor genannten Urt. hat der BFH3 die Frage nach der Schädlichkeit der Mitvermietung des angepachteten Grund und Bodens zwar offengelassen. Er hat allerdings auch seine Bedenken an der Richtigkeit des FG-Urt. in Bezug auf diesen Aspekt zum Ausdruck gebracht. Bei vorsichtiger Betrachtung wird man daher davon ausgehen müssen, dass in schädlicher Weise „fremder“ Grund und Boden mitvermietet wird. dd) Grundbesitz in Tochter-Personengesellschaften Gewerbliche Personengesellschaft. Die Beteiligung an einer originär gewerblich tätigen Personenge- 74 sellschaft ist zweifelsfrei schädlich im Hinblick auf die erweiterte Kürzung beim Gesellschafter. Die von der Personengesellschaft vermittelten gewerblichen Einkünfte schließen die erweiterte Kürzung aus. Gewerblich geprägte Personengesellschaft. Auch das Halten einer (Kommandit-)Beteiligung durch 75 ein grundstücksverwaltendes Unternehmen an einer gewerblich geprägten, ebenfalls grundstücksverwaltenden Personengesellschaft verstößt gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.4 Dies liegt nach der BFH-Rspr. zum einen daran, dass der im Gesamthandsvermögen gehaltene Grundbesitz einkommensteuerrechtlich der Personengesellschaft zuzuordnen ist. „Zum anderen ist das Halten der Beteiligung aber auch deswegen kürzungsschädlich, weil es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, die nicht zum Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gehört.“ Diese Aussage steht indes in den derzeit anhängigen BFH-Verfahren mit den Az. IV R 44/16 sowie IV R 45/16 auf dem Prüfstand. In diesen Verfahren wird insbes. der Frage nachgegangen, ob das Halten der Beteiligung gegen das Ausschließlichkeitsgebot verstößt, auch wenn die Beteiligungserträge aufgrund der Kürzung gem. § 9 Nr. 2 GewStG nicht im Gewerbeertrag enthalten sind. Das Schleswig-Holsteinische FG5 hat einen solchen Sachverhalt in den Vorinstanzen zu den anhängigen BFH-Verfahren als schädlich angesehen. Vermögensverwaltende Personengesellschaft. Die Rspr. zur Schädlichkeit des Haltens einer Perso- 76 nengesellschaftsbeteiligung wurde – allerdings für den Sonderfall des Haltens der Komplementärbeteiligung – mit dem BFH-Urt. v. 19.10.20106 auch auf entprägte Personengesellschaften übertragen. Auch hier soll das Halten der Beteiligung eine nicht im Katalog der unschädlichen (Neben-)Tätigkeiten aufgeführte Tätigkeit sein. Zudem soll es sich bei dem Immobilienbestand der Gesellschaft nicht um ausschließlich „eigenen“ Grundbesitz des Komplementärs handeln – auch nicht bei wirtschaftlicher Zu-

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Vgl. auch Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 6. FG München v. 5.8.2014 – 13 K 2280/11, EFG 2014, 2069. BFH v. 22.6.2016 – X R 54/14, BStBl. II 2017, 529 Rz. 40 = FR 2017, 495. BFH v. 22.1.1992 – I R 61/90, BStBl. II 1992, 628; v. 2.2.2001 – VIII B 56/00, BFH/NV 2001, 817; v. 30.11.2005 – I R 54/04, BFH/NV 2006, 1148; v. 16.1.2008 – IV B 14/07, BFH/NV 2008, 821; vgl. ferner FG Schl.-Holst. v. 25.5.2016 – 1 K 51/15, EFG 2016, 1899 (Rev. IV R 44/16). 5 FG Schl.-Holst. v. 25.5.2016 – 1 K 51/15, 1 K 50/15, EFG 2016, 1899 und DStRE 2017, 467. 6 BFH v. 19.10.2010 – I R 67/09, BStBl. II 2011, 367 = FR 2011, 434 m. Anm. Wendt.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 76 Kürzungen (Grundbesitz) rechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.1 Vielmehr soll es sich beim Komplementär jedenfalls teilweise um fremden Grundbesitz handeln, da der Grundbesitz der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nur iRd. Beteiligung an jener Gesellschaft dem BV der Gesellschafter zuzurechnen sei. Als Nachsatz folgt der Begründung dann noch folgende Formulierung: „(…) maßgeblich ist vielmehr (auch) insoweit die zivilrechtliche Grundlegung“. Aus diesen Ausführungen des BFH wurde zwischenzeitlich geschlossen, dass es nunmehr keine Möglichkeit mehr zu geben scheine, „die erweiterte Kürzung auf die Ebene eines Gesellschafters durchschlagen zu lassen. Der Gesellschafter kann in den Genuss der erweiterten Kürzung nur kommen, wenn und soweit Grundbesitz zu seinem eigenen Vermögen gehört.“2 Der Sichtweise des I. BFH-Senats aus 2010 sind indes zunächst diverse FG3 und zudem auch der IV. BFH-Senat entgegengetreten. Der IV. Senat hat dabei zudem die Divergenz zum I. Senat offen ausgesprochen und dementsprechend die Frage nach der Anwendbarkeit der erweiterten Kürzung bei Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft dem Großen Senat zur Klärung vorgelegt (GrS 2/16). Die entsprechenden Revisionen zu den (noch nicht vom BFH entschiedenen) FG-Urt. sind vor dem BFH anhängig und jedenfalls das Verfahren mit dem Az. IV R 27/14 bis zur Entscheidung des Großen Senats ausgesetzt.4 Die FG-Urteile und auch der Vorlagebeschluss des IV. Senats widersprechen dem Urt. des I. BFH-Senats sowohl im Hinblick auf das schädliche Halten der Beteiligung (stattdessen Vermittlung unschädlicher Vermietungseinkünfte) als auch im Hinblick auf die Zurechnung des Grundbesitzes nach zivilrechtlichen Maßstäben (stattdessen ertragsteuerliche Grundsätze). Ferner wird in den Urteilen zu Recht auch ausgeführt, dass die (organische) Übernahme der Geschäftsführung für die vermögensverwaltende Personengesellschaft unschädlich war, weil die faktische Geschäftsführung (1) entweder gemeinschaftlich mit allen anderen Beteiligten erfolgte5 oder (2) in den Händen Dritter lag.6 Insofern handelt es sich nicht um die schädliche Mitverwaltung von fremdem Grundbesitz, dh. desjenigen Grundbesitzes, der den vermögensmäßig ebenfalls beteiligten Mitgesellschaftern zuzurechnen war. Eine solche, für die erweiterte Kürzung schädliche Tätigkeit läge bspw. vor, wenn ein einzelner Kommanditist zugleich die Geschäftsführung einer nicht gewerblich geprägten KG innehätte und damit faktisch den Grundbesitz anderer Gesellschafter mitverwaltet. Als obiter dictum wird in den Urteilen ferner ausgeführt, dass eine aktive Mitverwaltung des fremden Grundbesitzes wegen der Unentgeltlichkeit in den Urteilssachverhalten zudem unschädlich gewesen wäre. Den zuvor genannten Urteilen und ihrer Begründung ist ganz überwiegend zuzustimmen.7 Alleine mit Blick auf das vermeintlich – nach Auffassung des I. BFH-Senats – schädliche Halten einer Beteiligung ergäben sich auch im Hinblick auf die sonstige BFH-Rspr. erhebliche Wertungswidersprüche. – Kapitalistische Betriebsaufspaltung. In den Fällen einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung wurde die erweiterte Kürzung bei der Besitzgesellschaft versagt, weil diese ihren Grundbesitz an eine Tochterkapitalgesellschaft vermietet hat. Infolge der Betriebsaufspaltung lagen gewerbliche Einkünfte vor, sodass der Rahmen der Vermögensverwaltung überschritten war.8 Wenn aber im Hinblick auf das Halten einer Beteiligung zivilrechtliche Maßstäbe angelegt werden, dann käme es auf die Betriebsaufspaltung gar nicht an. Schädlich wäre das Halten der Kapitalgesellschaftsbeteiligung als solches, da dieses Halten nicht ausdrücklich bei den Katalogtätigkeiten des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannt wird. 1 Vgl. dagegen im Kontext der Übertragung von WG des Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft BFH v. 26.4.2012 – IV R 44/09, BStBl. II 2013, 142 Rz. 18 f. = FR 2013, 68 m. Anm. Kempermann. 2 Wendt, FR 2011, 435. Zum Teil wurde noch diskutiert, ob zumindest für den Fall einer vermögensmäßigen 100 %-Beteiligung an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft ausschließlich eigener Grundbesitz beim Gesellschafter vorliegt; vgl. Heuel, AO-StB 2011, 134. 3 FG Berlin-Bdb. v. 6.5.2014 – 6 K 6091/12, DStRE 2014, 1232; v. 6.5.2014 – 6 K 6322/13, EFG 2014, 1420; FG München v. 29.2.2016 – 7 K 1109/14, EFG 2016, 932; v. 14.8.2014 – 7 V 1110/14, juris. 4 Die Az. sind IV R 27/14 und I R 21/16. 5 Vgl. hierzu bereits BFH v. 9.2.1966 – I 173/63, BStBl. III 1966, 253. 6 Vgl. hierzu auch Fröhlich, DStR 2013, 381; Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 31 aE. S. für die gleiche Sichtweise bei Miteigentum Wendt in FS Gosch, 456; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 75 (Stand: November 2016). 7 Vgl. zu den FG-Urt. auch Wienke, DB 2014, 2801; Bodden, DStR 2014, 2210. 8 BFH v. 28.1.2015 – I R 20/14, BFH/NV 2015, 1109; v. 24.1.2012 – I B 136/11, BFH/NV 2012, 1176.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 79 § 9 Nr. 1

– Beteiligung an Kapitalgesellschaften. Der gleiche Gedanke wie zuvor (schädliches Halten einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung bei zivilrechtlicher Betrachtung) müsste iÜ auch außerhalb der Betriebsaufspaltung gelten. Ungeachtet dessen scheint es hier unstreitig zu sein, dass eine reine Kapitalgesellschaftsbeteiligung im Hinblick auf die erweiterte Kürzung unschädlich ist, weil sie Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vermittelt.1 Personengesellschaft nach Treuhandmodell. Wenn sich die streng zivilrechtlich orientierte Ausle- 77 gung des I. BFH-Senats durchsetzen sollte, müsste iÜ (sinnwidrig) selbst bei einer nach dem Treuhandmodell und damit ertragsteuerlich komplett zu ignorierenden Personengesellschaft die erweiterte Kürzung beim Gesellschafter versagt werden.2 ee) Atypisch stille Gesellschaft Auch eine atypisch stille Gesellschaft kann uE in den Genuss der erweiterten Kürzung kommen. Vo- 78 raussetzung hierfür ist, dass das Handelsgewerbe, an dem sich der stille Gesellschafter beteiligt, nur der Rechtsform nach gewerblich ist und iÜ die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung erfüllt sind. Die Tatsache, dass das zivilrechtliche Eigentum am Grundbesitz beim Inhaber des Handelsgewerbes verbleibt, ist uE unschädlich.3 4. Ausschließlichkeitsprinzip a) Dimensionen der Ausschließlichkeit Nach dem Gesetzeswortlaut muss die begünstigte Verwaltung und Nutzung „ausschließlich“ erfolgen. 79 Hiermit soll sichergestellt werden, dass nur die rechtsformbedingte, nicht aber die tätigkeitsbedingte Gewerblichkeit zur erweiterten Kürzung berechtigt.4 Die Forderung nach der Ausschließlichkeit hat dabei mehrere Dimensionen. Zum einen ergibt sich aus ihr das Verbot nicht explizit in § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG genannter Tätigkeiten (qualitative und quantitative Dimension), auch wenn sie von untergeordneter Bedeutung sind.5 Zum anderen resultiert aus dem Ausschließlichkeitsgebot das Erfordernis, die begünstigte Tätigkeit im gesamten EZ auszuüben (zeitliche Dimension). Die ständige BFH-Rspr. spricht dementsprechend auch davon, dass „der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen ist“.6

1 Dies gilt iÜ auch ungeachtet dessen, dass im Veräußerungsfall gewerbliche Einkünfte iSd. § 17 EStG entstehen können. S. dazu zuletzt FG München v. 29.2.2016 – 7 K 1109/14, EFG 2016, 932 Rz. 24; Fröhlich, DStR 2013, 377. 2 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 124 (Stand: April 2017), hält eine Versagung der erweiterten Kürzung hier ebenfalls nicht für überzeugend. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass das Treuhandmodell nur selten bei vermögensverwaltenden Strukturen zum Einsatz kommt. Vielmehr war im „klassischen“ Treuhandmodell die Frage nach einem mitunternehmerschaftlich geführten Betrieb zu stellen, die mangels zweitem Mitunternehmer zu verneinen war; vgl. BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751. 3 Ebenfalls für die erweiterte Kürzung bei einer atypisch stillen Gesellschaft Lieber/Stifter, FR 2003, 834; in diesem Kontext zweifelnd Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 158 (Stand: April 2017). 4 Wendt in FS Gosch, 451. 5 R 9.2 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009. In älteren BFH-Urt. (BFH v. 12.9.1985 – VIII R 241/81, BFHE 145, 71 = FR 1986, 105) wurde eine Grenze für die Untergeordnetheit von 10 % des stpfl. Gesamtgewinns gezogen. Diese Urteile beziehen sich indes noch auf die Rechtslage, bei der auch die Nebentätigkeiten unter die Kürzung fielen. Die Überlassung eines Mineralgewinnungsrechts (kein Grundbesitz wegen § 68 Abs. 2 BewG), die 20 % bis 27 % des stpfl. Gewerbegewinns ausmachte, wurde indes schon nach damaliger Rechtslage als schädlich qualifiziert; vgl. BFH v. 26.2.1992 – I R 53/90, BStBl. II 1992, 738. Wendt in FS Gosch, 452, spricht sich dagegen dafür, dass auch jede minimale Durchbrechung der Ausschließlichkeit schädlich ist und auch keine Verhältnismäßigkeitsüberlegungen greifen müssen, da es sich bei der erweiterten Kürzung um eine Begünstigungsnorm handele, für die der Gesetzgeber enge Grenzen setzen dürfe. 6 BFH v. 26.2.2014 – I R 6/13, BFH/NV 2014, 572 Rz. 10; v. 19.10.2010 – I R 1/10, BFH/NV 2011, 841 mwN. Bei nicht vermögensverwaltenden Tätigkeiten scheint es iÜ keinerlei Verhältnismäßigkeitsprüfung zu geben, dh., hier liegt unabhängig von einer Unterordnung stets eine schädliche Tätigkeit vor; so jedenfalls für die Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter einer gewerblich geprägten KG: BFH v. 17.10.2002 – I R 24/01, BStBl. II 2003, 355 = FR 2003, 158 m. Anm. Wendt.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 80 Kürzungen (Grundbesitz) 80

Die erweiterte Kürzung wird jedoch durch solche vermögensverwaltenden Tätigkeiten ausnahmsweise nicht ausgeschlossen, die der Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung angesehen werden können.1 Diese Einschränkung des Ausschließlichkeitsprinzips ist vor allem im Bereich der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen von Bedeutung (s. hierzu Rz. 61 ff.). Der BFH betont in diesem Kontext, dass „nicht jede zweckmäßige, in der Praxis häufiger vorkommende und positive Einkünfte generierende (bzw. negative Einkünfte verringernde) Vereinbarung […] zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung“ ist.2 b) Präzisierung der zeitlichen Ausschließlichkeit aa) Ausübung der begünstigten Tätigkeit im gesamten Erhebungszeitraum

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Das Ausschließlichkeitsgebot zwingt nicht nur zum Verzicht auf schädliche Tätigkeiten. Es zwingt darüber hinaus – in Gestalt einer zeitlich verstandenen Ausschließlichkeit – auch zu einer Ausübung der begünstigten Vermietung und Verwaltung von eigenem Grundbesitz im gesamten Erhebungszeitraum iSd. § 14 Satz 2 GewStG.3 Von besonders großer Bedeutung ist das zeitliche Ausschließlichkeitsgebot damit bei Ein-Objekt-Gesellschaften, weil die begünstigte Tätigkeit hier mit dem Erwerb des ersten Objekts beginnt und mit der Veräußerung des letzten Objekts endet. Bei Mehrobjektgesellschaften ist ein unterjähriger Hinzuerwerb oder die unterjährige Veräußerung einzelner Objekte dagegen unkritisch, wenn durch die Nutzung und Verwaltung der sonstigen Objekte das zeitliche Ausschließlichkeitsgebot gewahrt bleibt.

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Aufgrund des Zwangs zur Ausübung der begünstigten Tätigkeit im gesamten EZ ist die präzise Bestimmung des Zeitpunkts der Aufnahme und der Aufgabe dieser Tätigkeit von erheblicher Bedeutung. Für die Aufnahme der Tätigkeit wird dabei regelmäßig auf den Zeitpunkt des Erwerbs des wirtschaftlichen Eigentums des Grundbesitzes abgestellt.4 Für die Beendigung der begünstigten Tätigkeit soll dementsprechend der Verlust des wirtschaftlichen Eigentums entscheidend sein.5 Ein Abstellen auf den wirtschaftlichen Eigentumsübergang bietet den Vorteil einer relativ verlässlichen Bestimmbarkeit des Zeitpunkts durch eine entsprechende Vereinbarung im Kaufvertrag (Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten).6 Im Falle der Veräußerung des einzigen oder des letzten Objekts muss die Veräußerung des Grundbesitzes daher regelmäßig mit (wirtschaftlicher) Wirkung zum 31.12., 24h des jeweiligen EZ erfolgen. Bei einer vorzeitigen oder unterjährigen Veräußerung des einzigen oder letzten Objekts ist das zeitliche Ausschließlichkeitsgebot jedenfalls im Regelfall nicht gewahrt. Eine Ausnahme hat der BFH nur bei einem Fall der Veräußerung um 23:59h gewährt.7 Für den Ankaufsfall gehen Wendt8 und wohl

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R 9.2 Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009 sowie die ständige BFH-Rspr.; s. dazu Rz. 70. BFH v. 5.3.2008 – I R 56/07, juris, Rz. 11. Vgl. ua. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 76 (Stand: November 2016). Schnittker in Frotscher/Drüen, § 9 GewStG Rz. 42b (Stand: Februar 2014). BFH v. 20.1.1982 – I R 201/78, BStBl. II 1982, 477 = FR 1982, 284 (GmbH, die sich nach der Veräußerung auf die Verwaltung von Kapitalvermögen beschränkte); ebenso BFH v. 19.10.2010 – I R 1/10, BFH/NV 2011, 841; s. indes auch das derzeit – zur selben Fragestellung – anhängige BFH-Verfahren I R 47/13 (vgl. dazu die Vorinstanz FG Sachs. v. 23.5.2013 – 2 K 1014/12, EFG 2014, 371). Die „nachlaufende“ Verwaltung von Kapitalvermögen soll nach Auffassung des BFH (BFH v. 12.6.1999, I B 5/99, BFH/NV 2000, 1497) selbst dann schädlich sein, wenn sich die Gesellschaft in Liquidation befindet und nur noch das Sperrjahr abzuwarten ist. Kritisch zu dieser Rspr. ua. Schlegel, NWB 2012, 4225. Vgl. ferner das im Lichte der og. Rspr. „ungewöhnliche“ BFHUrt. v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 = FR 2004, 644 Rz. 38. Demnach könnte der Veräußerungsgewinn ungeachtet der nachfolgenden Nutzung von Kapitalvermögen von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst sein. 6 Vgl. Wagner, Ubg 2014, 186. 7 BFH v. 11.8.2004 – I R 89/03, BStBl. II 2004, 1080 = FR 2004, 1403 m. Anm. Wendt. 8 Wendt, FR 2004, 1404.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 84 § 9 Nr. 1

auch Gosch1 indes davon aus, dass ein Erwerb am 1.1. um 0.01h schädlich ist, weil insofern das strenge Stichtagsprinzip auch iRd. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG greife. bb) Unterjährige Veräußerung und Reinvestition Gegen das zeitliche Ausschließlichkeitsgebot kann iÜ auch verstoßen werden, wenn lediglich unter- 83 jährig eine kurze Phase ohne Grundbesitzverwaltung und -nutzung vorliegt. So hat der BFH mittlerweile mehrfach entschieden, dass die erweiterte Kürzung auch im Falle der Reinvestition in ein anderes Grundstück kurze Zeit nach der Veräußerung des letzten Grundstücks nicht zu gewähren ist.2 Begründet wurde diese Sichtweise ua. mit der fehlenden Fruchtziehung im fraglichen Zeitraum. Dieser Sichtweise hat das FG München mit Urt. v. 29.2.20163 in Kenntnis der og. BFH-Rspr. in einem Fall widersprochen und die erweiterte Kürzung gewährt, in dem zwar der Nutzen-Lastenwechsel (und damit der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums) am neu erworbenen Grundstück (1.8.2007) erst nach dem entsprechenden Wechsel bei dem veräußerten Grundstück (1.5.2007) eintrat. Der Kaufvertrag über das neue Grundstück (5.4.2007) war indes vor dem Verkaufsvertrag über das alte Grundstück (30.4.2007) geschlossen worden. Die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 21/16 anhängig. cc) Wirtschaftsjahr vs. Kalenderjahr Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr stellt sich die Frage, ob das Gebot der zeitlichen Ausschließ- 84 lichkeit im EZ (1) auf das abweichende Wj. oder (2) – ungeachtet des abweichenden Wj. – auf das Kj. zu beziehen ist. Die zweite Sichtweise könnte geboten sein, da der EZ gem. § 14 Satz 2 GewStG das Kj. ist. Überzeugender ist aber ein Abstellen auf das Wj.,4 da der Gewerbeertrag (als Endergebnis aus Gewinn zzgl. Hinzurechnungen und abzgl. Kürzungen) ebenfalls bezogen auf das Wj. zu ermitteln ist. Dieser Gewerbeertrag wird dann bei abweichendem Wj. gem. § 10 Abs. 2 GewStG dem jeweiligen EZ zugerechnet, in dem das Wj. endet. Würde sich das zeitliche Ausschließlichkeitsgebot ungeachtet eines abweichenden Wj. auf das Kj. beziehen, dann wäre unklar, wie im Hinblick auf die Gewährung oder Versagung der erweiterten Kürzung für die dann jeweils zwei betroffenen Wj. zu verfahren wäre.5 Die Konsequenzen des zeitlichen Ausschließlichkeitsgebots für den gesamten EZ bei gleichzeitigem Abstellen auf das Wj. sind wie folgt: – Ohne Umstellung des (kalenderjahrgleichen oder vom Kj. abweichenden) Wj. kommt es ausschließlich auf die Tätigkeiten im jeweiligen Wj. an. – Bei Umstellung von einem abweichenden Wj. auf ein kalenderjahrgleiches Wj. enden zwei Wj. in demselben EZ. Daher muss für die Gewährung der erweiterten Kürzung sowohl für das (noch) abweichende Wj. als auch für das darauf folgende Rumpfwirtschaftsjahr (ausschließlich) die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden. Die begünstigte Tätigkeit muss demnach für mehr als die Dauer eines Kj. ausgeübt werden. – Bei Umstellung auf ein vom Kj. abweichendes Wj. braucht die begünstigte Tätigkeit dagegen nur bis zum Ende des Wj. ausgeübt werden. Sowohl die Aufgabe der begünstigten Tätigkeit als auch

1 Gosch, BFH-PR 2004, 74. 2 BFH v. 26.2.2014 – I R 6/13, BFH/NV 2014, 1400; v. 26.2.2014 – I R 47/13, BFH/NV 2014, 1395. 3 FG München v. 29.2.2016 – 7 K 1109/14, EFG 2016, 932; s. zuvor auch bereits den entsprechenden Beschluss des FG München v. 14.8.2014 – 7 V 1110/14, juris. 4 S. für ein Abstellen auf das Wj. ebenfalls Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 131 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 23c; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 76 (Stand: November 2016); Schnittker in Frotscher/Drüen, § 9 GewStG Rz. 58 (Stand: Februar 2014); Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 28; Mensching, DStR 2013, 2097. Auch das BFH-Urt. v. 19.10.2010 – I R 1/10, BFH/NV 2011, 841, deutet – ohne explizite diesbzgl. Aussage – auf eine wirtschaftsjahrbezogene Sichtweise hin. Für die wirtschaftsjahrbezogene Sichtweise spricht auch das Urt. des FG Saarl. v. 24.10.1967 – 535/66, EFG 1968, 141. Das Urt. betraf einen Fall mit (vom Kj. abweichendem) Gewinnermittlungszeitraum v. 1.10. bis 30.9. Die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung waren zwar nicht von Beginn des Wj. an, aber ab dem 1.1. erfüllt. Dennoch wurde die erweiterte Kürzung nicht gewährt, weil gem. § 10 Abs. 2 GewStG der Gewerbeertrag als in dem EZ bezogen galt, in dem das abweichende Wj. endete. 5 S. dazu auch die Entscheidung des FG Saarl. v. 24.10.1967 – 535/66, EFG 1968, 141.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 85 Kürzungen (Grundbesitz) die Aufnahme einer schädlichen Tätigkeit nach Beendigung des Wj., aber vor Ablauf des Kj. sollten unschädlich sein, weil sie für Gewerbesteuerzwecke dem folgenden EZ zugeordnet werden. dd) Strukturierungsmaßnahmen 85

Praktische Gestaltungen zur Absicherung der erweiterten Kürzung bei unterjährigen Vorgängen sollten darauf abzielen, im gesamten EZ über das wirtschaftliche Eigentum am Grundbesitz zu verfügen. Da aber Erwerbe des einzigen oder ersten Grundbesitzes zum 1.1. sowie Veräußerungen des einzigen oder letzten Grundbesitzes zum 31.12. kommerziell nicht immer möglich sind, sind weitere Gestaltungsmaßnahmen ins Auge zu fassen. Da die Veräußerungsfälle wegen des geballten Aufdeckens von stillen Reserven regelmäßig eine größere Bedeutung als die Erwerbsfälle haben, wird im Folgenden ausschließlich auf die Veräußerungsstrukturierung eingegangen. Die Überlegungen gelten aber entsprechend auch für den Erwerbsfall.

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Gewerblich geprägte Personengesellschaft. Die GewStPfl. der Personengesellschaft endet mit der Einstellung der werbenden Tätigkeit. Hier kommt der Verzicht auf jegliche Tätigkeit infrage, was ua. eine unmittelbare Auskehrung aller liquiden Mittel erfordert, um die zeitlich nachgelagerte Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen zu vermeiden. Der BFH hat indes in einem jüngeren Urteil1 die zeitlich dem Grundstücksverkauf (präziser: die dem Zeitpunkt des Nutzen-/Lastenwechsels am Grundstück) nachgelagerte Einziehung von Mietzahlungen für die Monate nach dem Nutzen- und Lastenwechsel, deren Auskehrung an die Käuferin sowie die Ein- und Auszahlung der Betriebskostendifferenzen als nicht mehr werbend beurteilt. Die nach dem Nutzen-/Lastenwechsel am Grundstück erfolgende Kapitalverwaltung erfolgte damit für Zwecke der erweiterten Kürzung auch nicht mehr „zeitlich nachgelagert“, weil (1) mit dem Einstellen der werbenden Tätigkeit die sachliche StPfl. endete und (2) der EZ mit dem Ende der sachlichen StPfl. ebenfalls endete. Das zeitliche Ausschließlichkeitsgebot war damit gewahrt. Diese Grundsätze gelten allerdings nur bei Personengesellschaften, nicht jedoch bei KapGes.2

87

Einfacher als die Einstellung der werbenden Tätigkeiten erscheint ungeachtet der jüngeren BFH-Rspr. die Beendigung der Personengesellschaft durch Verschmelzung, Anwachsung oder Liquidation eine logische Sekunde nach dem Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten am Grundstück. Allerdings sind auch diese Gestaltungen mit Hindernissen verbunden. So muss wohl der Grundstückskaufvertrag nicht zuletzt wegen vertraglicher Pflichten und Garantien gegenüber dem Käufer entsprechende Klauseln vorsehen, die die jeweils angestrebte Maßnahme ermöglichen. Außerdem ist zu beachten, dass der Verkäufer im Moment des wirtschaftlichen Eigentumsübergangs regelmäßig noch als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Aus dieser Sicht erscheint es am einfachsten, wenn die Gewerblichkeit durch Entprägung beendet wird.3

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Mit Blick auf die Anwachsung einer grundbesitzenden, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft ist zudem auf R 2.7 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009 hinzuweisen. Die Fiktion der Beendigung des übergehenden Gewerbebetriebs nach § 2 Abs. 5 GewStG wird durch diese Vorschrift suspendiert und die sachliche StPfl. des Unternehmens soll fortbestehen. Bei wortgetreuer Auslegung könnte dies bedeuten, dass bei unterjährigen Anwachsungen auf ein nicht zur Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung berechtigtes Vehikel4 die erweiterte Kürzung auch für den Teil des Jahres bis zur Anwachsung ausscheidet. Die entsprechende Vorschrift in den GewStR soll aber uE lediglich eine Verwaltungsvereinfachung darstellen. Der bis zum Zeitpunkt der Anwachsung entstandene Gewinn ist damit weiter begünstigungsfähig.

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Kapitalgesellschaft. Da eine KapGes. bis zur Abwicklung (und nicht nur bis zur Beendigung der werbenden Tätigkeit oder bis zur Löschung im Handelsregister) der GewSt unterliegt, kommen hier – anders als bei der gewerblich geprägten Personengesellschaft – wohl nur Verschmelzungsmaßnahmen 1 BFH v. 18.5.2017 – IV R 30/15, juris. 2 Vgl. für den Kapitalgesellschaftsfall BFH 26.2.2014 – I R 47/13, BFH/NV 2014, 1395. 3 Vgl. zu diesen Maßnahmen Behrens/Braun, BB 2013, 930; s. ferner FG Berlin-Bdb. v. 14.2.2017 – 6 K 6283/15, EFG 2017, 744. 4 Dies wird wegen der Beteiligung an der gewerblichen Personengesellschaft im Zeitraum bis zur Anwachsung sogar immer der Fall sein (s. Rz. 88).

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 93 § 9 Nr. 1

in Betracht.1 So kann die KapGes. mit ertragsteuerlicher Wirkung für die logische Sekunde nach der Veräußerung des Grundbesitzes verschmolzen werden.2 Dies müsste ertragsteuerlich auch rückwirkend möglich sein. Alternativ kann – bei gleichzeitiger Aufgabe jeglicher werbender Tätigkeit – ein Formwechsel in eine (nicht gewerbliche/nicht gewerblich geprägte) Personengesellschaft erfolgen.3 Auflösung der inländischen Betriebsstätte. Insbesondere bei ausländisch beherrschten Objektgesell- 90 schaften kommt theoretisch auch eine Verlagerung der Geschäftsleitung und damit der einzigen (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätte infrage. Auch hiermit geht der Anknüpfungspunkt für die deutsche GewSt verloren. Wenn die Verlagerung eine logische Sekunde nach der Veräußerung erfolgt, sollte die deutsche Gesellschaft auch nicht mehr über stille Reserven verfügen, die wegen § 4 Abs. 1 Satz 3 f. EStG oder § 12 KStG aufzudecken wären. Eine eigenständige gewstl. Entstrickungsnorm für die Fälle der Aufgabe der einzigen deutschen Betriebsstätte sollte es ohnehin nicht geben.4 Da die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung aber eine Frage der tatsächlichen Verhältnisse ist, wird eine zeitpunktgenaue Verlagerung mit praktischen Umsetzungsschwierigkeiten verbunden sein. Umstellung des Wirtschaftsjahres. Eine vergleichsweise einfache Gestaltung zur Herbeiführung der 91 Begünstigung trotz unterjähriger Veräußerung ist die Umstellung des Wj. Wie zuvor ausgeführt stellt die ganz hM für das zeitliche Ausschließlichkeitsgebot auf das Wj. und nicht auf das Kj. ab. Dementsprechend kann das Wj. so umgestellt werden, dass es eine logische Sekunde nach der Veräußerung des Grundbesitzes endet bzw. umgekehrt ausgedrückt kann der Grundbesitz eine logische Sekunde vor dem Ende des zuvor umgestellten Wj. veräußert werden.5 Für die Umstellung des Wj. auf ein vom Kj. abweichendes Wj. ist indes die Zustimmung der Finanzverwaltung erforderlich. Hinzuerwerb von weiterem Grundbesitz. Da die begünstigte Tätigkeit nur bei der Veräußerung des 92 einzigen oder letzten Grundbesitzes aufgegeben wird, ist auch der Hinzuerwerb von weiterem Grundbesitz mit wirtschaftlicher Wirkung zu einem Zeitpunkt vor der Veräußerung des sonstigen Grundbesitzes denkbar. Der hinzuzuerwerbende Grundbesitz kann im Vergleich zu dem zu veräußernden Grundbesitz relativ unbedeutend sein (solange der Hinzuerwerb nicht ausschließlich der Steuervermeidung dient). Im Übrigen könnte es sich bei dem hinzuzuerwerbenden Grundbesitz ungeachtet einer tatsächlichen Kürzung im Inland und ungeachtet der DBA-Situation wohl auch um ausländischen Grundbesitz handeln. Verschmelzung im Konzern. Denkbar ist in Konzernfällen oder bei mehreren Objektgesellschaften 93 auch eine Umwandlungsmaßnahme dergestalt, dass die Objektgesellschaft mit dem zu veräußernden Objekt auf eine weitere Objektgesellschaft verschmolzen wird, die sich (für den gesamten EZ) für die Anwendung der erweiterten Kürzung qualifiziert. Die Verschmelzung sollte dabei aus grunderwerbsteuerlichen Gründen so strukturiert werden, dass sie erst nach dem Abschluss des Verkaufsvertrags über den Grundbesitz in das Handelsregister eingetragen wird (Hinweis auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG). Sie könnte ungeachtet dessen ertragsteuerlich auf einen Zeitpunkt vor der Veräußerung des Grundbesitzes zurückbezogen werden. Die erweiterte Kürzung sollte dann bei der aufnehmenden Objektgesellschaft auch für den Veräußerungsgewinn aus dem übernommenen Grundbesitz gewährt werden. Wegen der Gesamtrechtsnachfolge sollte es sich bei der verschmelzungsbedingten Übernahme des Grundbesitzes auch nicht um einen Anschaffungsvorgang für die aufnehmende Objektgesellschaft handeln (kein Erwerb in unbedingter Veräußerungsabsicht).

1 Neyer, DStR 1991, 537 (539), weist aber darauf hin, dass „der Abwicklungsgewinn jedoch jedenfalls dann unter die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags [fallen sollte], wenn der Grundbesitz entweder an den/die Gesellschafter […] ausgekehrt oder in einer Art und Weise veräußert wird, die bei einer von der Rechtsform der […] GmbH losgelösten Betrachtungsweise als nicht gewerblich zu charakterisieren ist.“ 2 S. dazu auch Schlegel, NWB 2012, 4223 (4224). 3 Vgl. hierzu FG Berlin-Bdb. v. 14.2.2017 – 6 K 6283/15, EFG 2017, 744. 4 Vgl. in diesem Kontext Lieber/Wagner, Ubg 2012, 232 f. 5 Siehe hierzu Neyer, DStR 1991, 537 (539); Güroff, in Glanegger/Güroff (9. Aufl.), GewStG, § 9 Nr. 1 Rz. 27a; Gosch, in Blümich, § 9 GewStG Rz. 76 (Stand: November 2016); Schlegel, NWB 2012, 4223 (4224); Behrens/ Braun, BB 2013, 930.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 94 Kürzungen (Grundbesitz)

III. Unabhängigkeit von der einfachen Kürzung/kein Stichtagsprinzip 94

In der FG-Rspr.1 und auch in Veröffentlichungen von (ehemaligen) BFH-Richtern2 wird zum Teil gefordert, dass für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung auch die Voraussetzungen der einfachen Kürzung vorliegen müssen. Dies wird aus dem einleitenden Passus in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG herausgelesen, nach dem die erweiterte Kürzung „an die Stelle der Kürzung nach Satz 1“ tritt. Der Passus wird dementsprechend als Rechtsgrundverweis interpretiert. Gegen die Anwendung des für § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG geltenden Stichtagsprinzips sprach sich allerdings bereits der RFH3 aus. Dem RFH folgend lehnen auch diverse BFH-Urteile,4 die GewSt-Richtlinien,5 diverse Kommentar-Meinungen6 sowie mehrheitlich das Schrifttum7 eine Anwendung des Stichtagsprinzips für Zwecke der erweiterten Kürzung ab. Diese – wohl herrschende Auffassung – verdient Zustimmung. Für die Richtigkeit der hM sprechen auch diverse Praxisaspekte.

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Im Falle von Gesellschaften mit bereits zum Beginn des (kalenderjahrgleichen) EZ vorhandenem Grundbesitz ist unstreitig und vor dem Hintergrund der (vorrangigen) Zielsetzung richtig, dass bei unterjährigen Hinzuerwerben von weiteren Objekten auch das Ergebnis aus der Bewirtschaftung dieser weiteren Objekte unter die erweiterte Kürzung fällt.8 Gleichwohl wird für diese hinzugekauften Objekte (zu Recht) keine einfache Kürzung gewährt. Dieser Fall zeigt, dass es keine (vollständige) Korrespondenz zwischen dem Satz 1 (einfache Kürzung) und Satz 2 (erweiterte Kürzung) geben kann. Die verschiedenen Zielsetzungen der einfachen und der erweiterten Kürzung – Vermeidung einer doppelten Belastung mit Realsteuern zum einen und Vermeidung rechtsformbedingter Nachteile zum anderen – laufen hier zuwider, sodass eine Entscheidung zugunsten der letztgenannten Zielsetzung erforderlich ist. Wenn es aber bei der erweiterten Kürzung für den hinzuerworbenen Grundbesitz nicht auf das Stichtagsprinzip ankommt, dann sollte dies auch für den ersten oder einzigen Grundbesitz gelten.

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Als weiteres Argument kann die (ausschließliche oder zusätzliche) Bewirtschaftung von ausländischem Grundbesitz angeführt werden. Auch hier liegt eine Konstellation vor, bei der (1) eine dem Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nach zu begünstigende Tätigkeit ausgeübt wird und (2) die Begünstigung unter dem Telos der Vermeidung rechtsformbedingter Nachteile zu gewähren ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Einkünfte aus der ausländischen Immobilie im Inland der GewSt unterliegen (keine DBA-Freistellung). Auch der BFH geht offenbar von einer Anwendung der erweiterten Kürzung auf ausländischen Grundbesitz aus. In seiner Entscheidung vom 19.12.20079 ließ er die Anwendung der erweiterten Kürzung jedenfalls nur an der unterjährigen Veräußerung des Grundbesitzes scheitern. Die Anwendbarkeit der einfachen Kürzung als Voraussetzung für die erweiterte Kürzung wurde dagegen (zu Recht) nicht thematisiert.10 Wenn demnach die Anwendbarkeit der einfachen Kürzung gem.

1 FG Baden-Württemberg v. 23.11.2009, – 6 K 315/07, EFG 2010, 665 (Vorinstanz zu BFH, Az. I R 1/10). Das FG beruft sich in seiner Begründung auch darauf, dass § 20 Abs. 1 Satz 2 GewStDV (dem Wortlaut nach) unterschiedslos auf § 9 Nr. 1 GewStG – egal ob Satz 1 oder 2 – anzuwenden sei. 2 Wendt, FR 2004, 1404; Gosch in Blümich, § 9 GewStG, Rz. 76 (Stand: November 2016). 3 RFH v. 14.10.1941 – I 261/41, RStBl. 1942, 38. 4 BFH v. 15.3.2000 – I R 17/99, BStBl. II 2001, 251 = FR 2000, 1285 m. Anm. Wendt, unter II.1.c (ausdrücklich: „Das Erfordernis der zeitlichen Belastungskorrespondenz gibt das Gesetz nicht vor“). Das Urteil betraf die Begünstigung des Gewinns aus der Auflösung einer § 6b-EStG-Rücklage. Die vorherige Rspr. (BFH v. 28.6.1989 – I R 124/88, BStBl. II 1990, 76) wurde ausdrücklich aufgegeben. Im Urt. des BFH v. 19.10.2010 (I R 1/10, BFH/NV 2011, 841) wurde diese Streitfrage dagegen ausdrücklich offengelassen. 5 R 9.2 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009. 6 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 121 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 21a; Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 14. Uneindeutig insoweit Schnittker in Frotscher/Drüen, § 9 GewStG Rz. 34a (Stand: Februar 2014); für die Anwendung des Stichtagsprinzips dagegen Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 66 (Stand: November 2016). 7 Jesse, FR 2004, 1087. 8 Die erweiterte Kürzung nimmt demnach keine gegenständliche Betrachtungsweise ein. Vielmehr handelt es sich um eine (ausschließlich) tätigkeitsbezogene Steuerbefreiung. 9 BFH v. 19.12.2007 – I R 46/07, BFH/NV 2008, 930. 10 Im Urt. der Vorinstanz (FG München v. 7.5.2007 – 7 K 5254/04, EFG 2007, 1404) steht sogar die folgende Aussage: „Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass es sich bei der Klägerin bis zur Veräußerung der Farm am 10. Oktober 1996 um ein Unternehmen gehandelt hat, das diese Voraussetzungen dadurch erfüllt

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 98 § 9 Nr. 1

§ 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG insgesamt nicht als Voraussetzung für die erweiterte Kürzung gefordert wird,1 dann kann das Stichtagsprinzip auch nicht isoliert zur Voraussetzung erhoben werden.2 Losgelöst von den vorstehenden Erwägungen wird diskutiert, ob die Einführung der Versagung der einfachen Kürzung bei einer Befreiung des Grundbesitzes von der GrSt ab dem EZ 2009 zu einer verschärften Sichtweise auch bei der erweiterten Kürzung führen soll. Dies wird aber wiederum zutreffend vor dem Hintergrund abgelehnt, dass bei einer Versagung der erweiterten Kürzung in diesen Fällen der Zweck der Gleichstellung mit grundbesitzverwaltenden Personenunternehmen verfehlt würde.3 Der Wortlaut der Vorschrift („an Stelle der Kürzung nach Satz 1“) hat demnach nur die Rechtsfolgen im Blick. Es handelt sich nicht um einen Rechtsgrundverweis. Es soll lediglich vermieden werden, dass die erweiterte Kürzung „in Ergänzung“ zu der einfachen Kürzung tritt und Grundstücksunternehmen auf diese Weise doppelt begünstigt werden.4 Unabhängig von dieser Auffassung ist auf den (jüngsten) Vorlagebeschluss des IV. Senats an den GrS5 hinzuweisen. Hier wird die Ansicht vertreten, dass die erweiterte Kürzung sehr wohl „an die Stelle“ der einfachen Kürzung tritt und dass die erweiterte Kürzung insofern nur gewährt werden könne, wenn auch die einfache Kürzung bei dem Unternehmen greife. Hierbei wird jedoch – so die eigene Interpretation – „nur“ auf das Greifen der einfachen Kürzung bei dem fraglichen Unternehmen als solches geschaut, nicht jedoch, ob jede einzelne Immobilie kürzungsfähig nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wäre. Bei einer solchen Sichtweise wäre der oben beschriebene Fall des unterjährigen Hinzuerwerbs für Zwecke der erweiterten Kürzung unproblematisch, weil die erste Immobilie bereits dafür sorgt, dass die einfache Kürzung beim Unternehmen greift. Für Unternehmen mit ausschließlich ausländischem Grundbesitz wäre die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung dagegen nicht möglich. Für diesen Fall wäre dann fraglich, ob die ausschließliche Begünstigung von inländischem Grundbesitz europarechtskonform ist. Da der IV. BFH-Senat in seinem Urt. nicht über ausländischen Grundbesitz entscheiden musste, ist iÜ nicht ausgeschlossen, dass die erweiterte Kürzung hier aus den og. Gründen doch gewährt würde, obwohl die Voraussetzungen für die Anwendung der einfachen Kürzung nicht erfüllt werden.

IV. Antragsgebundenheit/Wahlrecht Die erweiterte Kürzung kommt nur auf Antrag des StPfl. zur Anwendung. Zur Form oder zur Frist- 97 gebundenheit des Antrags findet sich keine Aussage im Gesetzeswortlaut. Der Antrag wird (erstmalig) regelmäßig iRd. Abgabe der Steuererklärung für den fraglichen EZ ausgeübt. Allerdings ist eine spätere Antragstellung ebenso wie eine spätere Rücknahme des Antrags möglich; die zeitliche Grenze ist hierbei der Eintritt der Rechtskraft des Gewerbesteuermessbescheids.6 Solange ein Vorbehalt der Nachprüfung besteht, kann der Antrag ebenfalls noch ausgeübt oder zurückgenommen werden.7 Angesichts fehlender gesetzlicher Restriktionen sollten der Antrag und seine Rücknahme nicht an eine gewisse Form gebunden sein. Der Antrag wird jeweils für einen einzelnen EZ gestellt. Damit ist es möglich, von einem EZ zum 98 nächsten von der einfachen auf die erweiterte Kürzung überzugehen und umgekehrt.8 Ob die Antragstellung empfehlenswert ist, hängt von der Ertragssituation des Grundstücksunternehmens und von

1 2 3 4 5 6 7 8

hat, dass es seine im VK belegene Farm verpachtet hat.“ Vgl. ferner für die Anwendbarkeit der erweiterten Kürzung auf ausländischen Grundbesitz auch Jesse, FR 2004, 1087 f. Vgl. in diesem Sinne wohl Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 96. So auch Wagner, Ubg 2014, 184 f. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 96a (Stand: April 2017); vgl. hierzu auch Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 33. So zutreffend auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 96a (Stand: April 2017). BFH v. 21.7.2016 – IV R 26/14, BStBl. II 2017, 202 Rz. 34 und 39 = FR 2017, 248 m. Anm. Nöcker. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 32. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 98 (Stand: April 2017); Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 51 (Stand: November 2016); Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 26. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 97 (Stand: April 2017); Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 50 (Stand: November 2016).

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§ 9 Nr. 1 Rz. 99 Kürzungen (Grundbesitz) der Höhe der einfachen Kürzung ab. Falls in einem EZ gewstl. Verluste unter Berücksichtigung der einfachen Kürzung erlitten werden, sollte auf den Antrag zur erweiterten Kürzung verzichtet werden.1 99

Nach den Auffassungen von Gosch2 und Güroff3 geht mit dem gestellten Antrag die einfache Kürzung selbst dann verloren, wenn die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung nicht erfüllt sind. Die Finanzverwaltung sollte hier zwar von Amts wegen die einfache Kürzung gewähren.4 Sicherheitshalber sollte der StPfl. in diesem Fall aber die Rücknahme des Antrags auf erweiterte Kürzung erklären.

V. Nebentätigkeiten 1. Nebeneinander 100 Die unschädlichen Nebentätigkeiten müssen zeitlich parallel zur begünstigten Verwaltung und Nut-

zung von eigenem Grundbesitz erfolgen. Das (zeitliche) Ausschließlichkeitsgebot verbietet die Ausübung einer Nebentätigkeit zeitlich vor oder nach der begünstigten Tätigkeit.5 Vielmehr muss die begünstigte Tätigkeit grds. im gesamten EZ ausgeübt werden. 101 Das Ausmaß der unschädlichen Nebentätigkeit ist dagegen irrelevant. Die zwischenzeitliche Rspr.,

nach der die Nebentätigkeiten „untergeordnet“ sein müssen,6 ist nicht mehr anwendbar, da sie sich auf eine Phase bezog, in der auch die Nebentätigkeiten in die Kürzung einbezogen wurden.7 Die Kürzung wird indes ab dem EZ 1982 für die Nebentätigkeiten nicht mehr gewährt. 2. Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen 102 Unter der „Verwaltung und Nutzung“ von eigenem Kapitalvermögen sind sämtliche Einkünfte iSd.

§ 20 EStG zu verstehen. Hierzu zählen auch Einkünfte, die subsidiär anderen Einkunftsarten zuzuordnen sind (bspw. zu § 17 EStG), solange diese Einkünfte keinen (originär) gewerblichen Charakter bekommen. Ebenso darf keine Beteiligung an einer kapitalverwaltenden, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft vorliegen.8 103 Da „eigenes“ Kapitalvermögen verwaltet und genutzt werden muss, darf kein Kapitalvermögen im

Eigentum eines Dritten betreut werden (bspw. keine Verwaltung von Wertpapieren Dritter). Eigenes Kapitalvermögen wird aber nicht durch die Aufnahme von Fremdmitteln zur Finanzierung des Kapitalvermögens zu fremdem Vermögen. Die Fremdfinanzierung des (eigenen) Kapitalvermögens ist daher unschädlich.9 104 Zinserträge zählen iÜ auch dann nicht zu den begünstigen Erträgen aus der Verwaltung und Nutzung

des eigenen Kapitalvermögens, wenn sie zwar mit der begünstigten Tätigkeit in Zusammenhang stehen, jedoch nicht unmittelbar durch diese verursacht sind. Daher fallen die folgenden Zinserträge nicht unter die Kürzung:10 – Zinserträge aus der Anlage von Mietüberschüssen, selbst wenn diese Anlage vorgenommen worden ist, um Grundstücksdarlehen tilgen zu können,11 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

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In diesem Sinne auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 2. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 50 (Stand: November 2016). Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 32. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 98 (Stand: April 2017). S. hierzu grundlegend BFH v. 20.1.1982 – I R 201/78, BStBl. II 1982, 477 Rz. 9 = FR 1982, 284; Roser in Lenski/ Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 166 (Stand: April 2017). BFH v. 7.4.1967 – VI 294/65, BStBl. III 1967, 559; v. 25.2.1970 – I R 146/67, BStBl. II 1970, 387; v. 12.9.1985 – VIII R 241/81, BFHE 145, 71 = FR 1986, 105; aA für die Verwaltung von Kapitalvermögen BFH v. 3.8.1972 – IV R 235/67, BStBl. II 1972, 799. Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 166 (Stand: April 2017). Vgl. hierzu auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 167 f. (Stand: April 2017). BFH v. 3.8.1972 – IV R 235/67, BStBl. II 1972, 799; H 9.2 Abs. 2 „Kapitalvermögen“ GewStH 2009; ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 163 (Stand: April 2017); Renner in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 59. S. hierzu auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 232b (Stand: April 2017). BFH v. 15.3.2000 – I R 69/99, BStBl. II 2000, 355 = FR 2000, 771 m. Anm. Wendt.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 109 § 9 Nr. 1

– Zinsen, die der Bestreitung regelmäßig wiederkehrender Aufwendungen zur Erhaltung des Grundbesitzes dienen1 oder – Zinserträge aus der Anlage von Mieten, die ein Mieter unter Vorbehalt gezahlt hat und mit deren Rückzahlung aufgrund eines für die Vergangenheit ergangenen Zivilgerichtsurteils gerechnet werden muss.2 Zinserträge sollten indes – in engen Grenzen – ausnahmsweise dann unter die erweiterte Kürzung 105 fallen, wenn sie aus der Weiterreichung von Darlehen resultieren, die eine grundbesitzende Gesellschaft durch ihr Besicherungspotenzial in Gestalt des Grundbesitzes zinsgünstig aufnehmen kann (vgl. hierzu Rz. 39 unter „[Konzern-]Finanzierung/Bestellung von grundstücksbezogenen Sicherheiten“). 3. Betreuung von Wohnungsbauten Die „Betreuung“ umfasst nach Verwaltungsauffassung3 sowohl die Baubetreuung bei der Errichtung 106 von Wohngebäuden als auch die Bewirtschaftungsbetreuung bei bereits fertig gestellten Wohngebäuden. Zudem wurde zwischenzeitlich klargestellt, dass auch die Verwaltung bereits fertig gestellter fremder Gebäude als Betreuung von Wohnungsbauten anzusehen ist, selbst wenn diese Gebäude vom Grundstücksunternehmer nicht selbst errichtet werden.4 Unter die Baubetreuung dürften Hilfestellungen technischer und finanzieller Art fallen. Diese Hilfe- 107 stellungen technischer Art dürften wiederum Planungs- und Durchführungsarbeiten umfassen, nicht jedoch die Durchführung der Bauarbeiten als solche. Die Tätigkeit als Generalunternehmer dürfte daher schädlich für die erweiterte Kürzung sein.5 Mit der Bewirtschaftungsbetreuung sollte die Verwaltung und (sonstige) Betreuung abgedeckt sein, dh. bspw. die Tätigkeit als Property Manager oder Facility Manager. Sowohl die Baubetreuung als auch die Bewirtschaftungsbetreuung können bzw. werden oftmals gewerblichen Charakter haben. Diese gewerbliche Betätigung ist jedoch an dieser Stelle unschädlich.6 Zu den „Wohnungsbauten“ zählen Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen. Für 108 Ein- und Zweifamilienhäuser ist das Begriffsverständnis iSd. § 75 BewG zugrunde zu legen.7 Insbesondere Wohngebäude mit mehr als zwei Wohnungen sind damit nicht von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst. Gleiches gilt für sämtliche Grundstücke und Gebäude, die nicht in ausreichendem Maße Wohnzwecken dienen. Fraglich ist, ob – ebenso wie für die Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen – auch solche gemischt genutzten Grundstücke unter die Begünstigung fallen, die zu mehr als 2/3 zu Wohnzwecken dienen. Sprachlich bezieht sich diese Klarstellung für gemischt genutzte Grundstücke in Satz 3 des § 9 Nr. 1 GewStG zwar nur auf den letzten Teil des Satzes 2. Allerdings ist nicht ersichtlich, warum diese Definition nicht auch für die Wohnungsbauten gelten soll.8 Die GewStR 1998 enthielten dementsprechend auch eine Klarstellung in diesem Sinne, die allerdings bei den GewStR 2009 entfallen ist.9 4. Errichtung und Veräußerung von bestimmten Wohnungsbauten Die Errichtung und Veräußerung von Ein- und Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen 109 ist für die erweiterte Kürzung unschädlich. Gem. § 9 Nr. 1 Satz 3 GewStG darf iVm. der Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen auch Teileigentum iSd. Wohnungseigentumsgesetzes er1 2 3 4 5 6

FG Berlin v. 14.1.1998 – 6 K 6419/95, EFG 1998, 1145. BFH v. 20.9.2007 – IV R 19/05, BStBl. II 2010, 985 = FR 2008, 478 m. Anm. Wendt. H 9.2 Abs. 2 GewStH 2009. Vgl. insoweit BFH v. 17.9.2003 – I R 8/02, BStBl. II 2004, 243 = FR 2004, 212 m. Anm. Wendt. Hofbauer, DStR 1983, 602; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 29a. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 175 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 29a. 7 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 30; vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 181 (Stand: April 2017), der auch auf § 7b EStG hinweist. 8 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 29; Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 45. 9 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 173 (Stand: April 2017).

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§ 9 Nr. 1 Rz. 110 Kürzungen (Grundbesitz) richtet und veräußert werden, wenn das Gebäude zu mehr als 2/3 Wohnzwecken dient. Das Teileigentum bezieht sich dabei – anders als das Wohnungseigentum – auf nicht zu Wohnzwecken dienende Räume (vgl. § 1 WEG). Damit kann das zu errichtende Gebäude bis zu 1/3 gewerblich genutzt sein. Die 2/3- bzw. 1/3-Relation dürfte dabei rein nach Flächen getestet werden. 110 Wie auch im Kontext der Betreuung von Wohnungsbauten ist die gewerbliche Errichtung und Ver-

äußerung von Ein- und Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen unschädlich. Der Gewerbetreibende darf die Baumaßnahme auch selbst durchführen, wenn sie zum Zwecke der Veräußerung der Immobilie erfolgt.1 Die Tätigkeit als Bauträger ist insoweit unschädlich.2 Selbst ein gewerblicher Grundstückshandel ist unschädlich, wenn er ausschließlich durch die Veräußerung der zuvor genannten Arten von Wohnungsbauten begründet wird und wenn diese selbst durch den StPfl. errichtet wurden.3 5. Gesonderte Gewinnermittlung 111 Für die zuvor genannten unschädlichen Nebentätigkeiten iSd. Sätze 2 und 3 des § 9 Nr. 1 GewStG ist

nach Satz 4 eine gesonderte Gewinnermittlung erforderlich. Ausgenommen von diesem Zwang zur gesonderten Gewinnermittlung sind nur die Einkünfte aus der Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen. Die Forderung nach einer gesonderten Gewinnermittlung bedeutet, dass sich die Betriebseinnahmen und -ausgaben anhand der Buchführung eindeutig den jeweiligen Tätigkeitbereichen zuordnen lassen. Bei nicht eindeutig bestimmten Bereichen zuordenbaren Posten ist eine schätzweise Aufteilung zulässig. Eine solche Aufteilung sollte die erweiterte Kürzung für die begünstigten Tätigkeiten nicht gefährden.4

VI. Rechtsfolge 1. Kürzung des Nettobetrags 112 Falls die erweiterte Kürzung Anwendung findet, ist der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen

Grundbesitzes entfallende Gewerbeertrag (dh. der Nettobetrag nach Hinzurechnungen iSd. § 8 GewStG) aus der gewstl. Bemessungsgrundlage zu kürzen. 2. Erfassung von Effekten im Sonderbetriebsbereich 113 In diesen zu kürzenden Gewerbeertrag sind bei einer Personengesellschaft auch die Ergebnisse aus

dem Sonderbetriebsvermögen bzw. die Sonderbetriebseinnahmen/-ausgaben einzubeziehen, soweit nicht die Missbrauchsverhinderungsvorschriften nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a, 2 oder Satz 6 GewStG Anwendung finden.5 Siehe zu diesen Missbrauchsverhinderungsvorschriften Rz. 132 ff. 3. Zuordnung von Aufwendungen 114 Sofern eine unschädliche, aber nicht begünstigte Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen ne-

ben die begünstigte Tätigkeit tritt, ist keine gesonderte Gewinnermittlung wie in § 9 Nr. 1 Satz 4 GewStG mit Blick andere unschädliche Nebentätigkeiten vorgesehen. Für die Zuordnung muss daher in einer Parallelwertung zu den einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen ein Veranlassungszusam1 BFH v. 31.7.1990 – I R 13/88, BStBl. II 1990, 1075. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 30. 3 Vgl. so ausdrücklich FG Düss. v. 22.2.2018 – 9 K 3572/16 G,F, DB 2018, 1124. Die zwischenzeitlich anhängige Rev. wurde zurückgenommen (BFH v. 18.5.2018 – III R 13/18). Vgl. zum FG-Urt. auch Riedel/Korff, DB 2018, 1687; vgl. zur Unschädlichkeit auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 136 (Stand: August 2018). 4 GlA Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 241 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 31; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 119 (Stand: November 2016); ähnlich Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 52. 5 Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 232a (Stand: April 2017).

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 117 § 9 Nr. 1

menhang der Aufwendungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen bestehen.1 Bei Zinsaufwendungen ist dieser Zusammenhang in der Regel aus dem Zweck des zugrunde liegenden Darlehens und der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel abzuleiten. Bei Aufwendungen für die Darlehen, die für die Finanzierung des Grundbesitzes aufgenommen wurden und darüber hinaus mit dem Grundbesitz besichert sind, werden die zugehörigen Vergütungen für Fremdkapital wohl regelmäßig der begünstigten Tätigkeit zuzuordnen sein. Sie wirken sich damit faktisch nicht gewerbeertragsmindernd aus. Bei sonstigen Darlehen, die der Finanzierung der Aktivitäten des Unternehmens als solchen dienen, müsste indes zumindest eine anteilige Zuteilung der Aufwendungen zu den nicht begünstigten Tätigkeiten (Einkünfte aus Kapitalvermögen) möglich sein. Welcher Aufteilungsmaßstab dabei anzuwenden ist, hängt vom Einzelfall ab. Denkbar ist bspw. das Verhältnis der begünstigten zu den nicht begünstigten Umsätzen. 4. Zusammenspiel mit § 6b EStG Seit der Rechtsprechungsänderung des BFH aus dem Jahr 20002 greift § 6b EStG auch dann, wenn 115 die Reinvestitionsrücklage nach § 6b Abs. 3 EStG aufgelöst wird. Dies war nach der Rspr. zuvor fraglich, wenn im Auflösungsjahr die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung wegen der Veräußerung des Grundbesitzes nicht mehr gegeben waren.3 Voraussetzung für die Begünstigung auch der Rücklagenauflösung ist aber selbstverständlich, dass der ohne Bildung der Rücklage entstandene Veräußerungsgewinn nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewerbesteuerfrei gewesen wäre. Außerdem müssen auch bei der Auflösung der Rücklage die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG vorliegen, wobei die Erfüllung dieser Voraussetzungen nicht am nicht mehr vorhandenen Grundbesitz scheitern kann. Die erweiterte Kürzung erfasst jedoch auch nach der neueren Rspr. nicht den Gewinnzuschlag gem. § 6b Abs. 7 EStG.4 5. Darlehensverzichtsgewinne Jedenfalls bei solchen Darlehen, bei denen das Darlehen der Finanzierung des Grundbesitzerwerbs 116 dient, sollten etwaige Verzichtsgewinne aus dem Wegfall der Darlehen unter die erweiterte Grundbesitzkürzung fallen.5 6. Hinzurechnungsbeträge nach AStG Die erweiterte Kürzung sollte iÜ auch für Hinzurechnungsbeträge iSd. § 10 AStG gelten.6 Nach den 117 Ergänzungen des § 7 GewStG durch das Anti-BEPS-Gesetz 17 unterliegen diese Hinzurechnungsbeträge entgegen der vorher ergangenen Rspr.8 der GewSt. Hier sollte es möglich sein, für GewStZwecke die Besonderheiten der Gewerbeertragsermittlung zu berücksichtigen.9 Offensichtlich wird diese Thematik bspw. in einem „Sandwich-Fall“, in dem ein deutscher (Mehrheits-)Gesellschafter an einer ausländischen KapGes. mit ausschließlich deutschem Grundbesitz beteiligt ist, wobei diese KapGes. die Voraussetzungen für die Anwendung der erweiterten Kürzung erfüllt.10 Eine Erfassung dieses eigentlich begünstigten Vermietungsergebnisses iRd. Hinzurechnungsbesteuerung beim Gesellschafter wäre sinnwidrig und iÜ auch europarechtswidrig, weil im reinen Inlandsfall keine GewSt anfiele. Dasselbe Ergebnis (keine Erfassung im Hinzurechnungsbetrag bei Erfüllung der Voraussetzungen der 1 BFH v. 19.10.2005 – I R 37/05, BFH/NV 2006, 810. So bereits auch vor der BFH-Rechtsprechung: Voßkuhl/Zuschlag, FR 2002, 619. 2 BFH v. 15.3.2000 – I R 17/99, BStBl. II 2001, 251 = FR 2000, 1285 m. Anm. Wendt. 3 BFH v. 28.6.1989 – I R 124/88, BStBl. II 1990, 76. 4 S. in diesem Sinne auch H 9.2 Abs. 3 GewStH 2009, der das eingangs zitierte BFH-Urt. inhaltlich anwendet. 5 GlA wohl auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 236 (Stand: April 2017). 6 Vgl. für die Vermietungseinkünfte § 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b AStG. 7 G v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000. 8 BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BFH/NV 2015, 921 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein. 9 In diesem Sinne auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 116 (Stand: April 2017). 10 Die Tatsache, dass die ausländische KapGes. darüber hinaus regelmäßig keine deutsche Betriebsstätte haben wird und daher nicht der deutschen GewSt unterliegen sollte, wird dabei aus Vereinfachungsgründen ausgeblendet.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 118 Kürzungen (Grundbesitz) erweiterten Kürzung) muss selbstverständlich auch gelten, wenn es sich um ausländischen Grundbesitz handelt.

VII. Organschaftsfälle 1. Getrennte Gewerbeertragsermittlung im Organkreis 118 Die erweiterte Kürzung ist im Grundsatz unabhängig davon anzuwenden, ob das die erweiterte Kür-

zung begehrende Unternehmen zu einem Organkreis gehört oder nicht. Es ist auch unerheblich, ob (1) es sich um den Organträger oder um eine Organgesellschaft handelt und (2) eine andere Gesellschaft desselben Organkreises eine schädliche Tätigkeit ausübt.1 Auch bei einer Organgesellschaft ist zunächst der eigene Gewerbeertrag inkl. der erforderlichen Kürzungen (und Hinzurechnungen) zu ermitteln.2 2. Versagung der erweiterten Kürzung bei organkreisinterner Vermietung 119 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz greift nach der BFH-Rspr. aber dann, wenn der Grundbesitz an

eine andere Gesellschaft innerhalb desselben gewstl. Organkreises überlassen wird. Im ersten diesbezüglichen Urteil des X. Senats aus dem Jahr 2011 steht dabei die Korrespondenz der Versteuerung der Erträge zum einen und der Aufwendungen zum anderen im Vordergrund. So heißt es in der Urteilsbegründung: „Diese – unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG folgende – Korrespondenz zwischen der Aufwands- und der Ertragsseite würde gestört, wenn die Mieterträge durch Anwendung der erweiterten Kürzung aus der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage herausgenommen würden. Denn dann wären – obwohl sich nach dem wirtschaftlich gegebenen und daher grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legenden Sachverhalt die hier zu beurteilenden Aufwendungen und Erträge innerhalb des Organkreises neutralisieren – die Erträge nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen, obwohl die korrespondierenden Aufwendungen weiterhin abgezogen werden könnten. Dieses Ergebnis stünde mit den in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG angeordneten Rechtsfolgen nicht in Einklang (…)“.3 Der IV. BFH-Senat hat sich der Auffassung des X. Senats mit einem Urt. aus dem Jahr 20144 angeschlossen. 3. Kürzung trotz Organschaft 120 Da es nach den zuvor genannten BFH-Entscheidungen nur auf die Wahrung der Korrespondenz der

Besteuerung innerhalb des Organkreises ankommt, müssen folgende Fälle weiterhin begünstigt sein: – Mehrere Grundstücksgesellschaften im Organkreis. Jede Grundstücksgesellschaft kann isoliert von der erweiterten Kürzung Gebrauch machen. Eine einzelne Grundstücksgesellschaft, die innerhalb des Organkreises ein Grundstück vermietet, infiziert damit nicht die weiteren Gesellschaften.5 – Mehrere Grundstücke bei einer Gesellschaft des Organkreises. Für nicht innerhalb des Organkreises vermietete Grundstücke kann die Gesellschaft auch dann die erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen, wenn sie ein oder mehrere andere Grundstücke innerhalb des Organkreises vermietet. Für die nicht im Organkreis vermieteten Grundstücke besteht keine Notwendigkeit des Ausschlusses von der Begünstigung.6 Dieses vom Telos abgeleitete Ergebnis kann als Umkehrschluss auch aus dem Wortlaut des BFH-Urt. aus 2014 abgeleitet werden. Hier heißt es: „Danach ist eine an sich zu 1 BFH v. 30.7.1969 – I R 21/67, BStBl. II 1969, 629; Neyer, DStR 1991, 539 f. 2 Im Ergebnis ebenso Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 19. 3 BFH v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 887 Rz. 46; krit. zu diesem Urt. Wendt, FR 2011, 968 f., der den Vergleich mit dem Nichtorganschaftsfall zieht, bei dem die gleiche Folge (erweiterte Kürzung trotz Abzugsfähigkeit der Aufwendungen beim Mieter) ebenfalls eintritt und hingenommen bzw. sogar gewollt ist. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass mit dem EZ 2001 ein Fall betroffen war, bei dem die Begründung der gewstl. Organschaft noch nicht des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrags bedurfte. 4 BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227. 5 Ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 192 (Stand: April 2017). 6 GlA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 19a, wobei dieser für die Höhe der Begünstigung auf die anteilige Höhe der Mieterträge abstellen möchte.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 123 § 9 Nr. 1

gewährende erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen (…) zu versagen, wenn es sich bei dem Grundstücksunternehmen (…) um eine Organgesellschaft handelt, die alle ihre Grundstücke an eine andere Organgesellschaft (…) desselben Organkreises vermietet.“1 Bei der Ermittlung der Höhe des begünstigungsfähigen bzw. nicht begünstigungsfähigen Teils des Gewerbeertrags sind dann die einzelnen Grundstücken zuordenbaren Posten verursachungsgerecht zuzuteilen. 4. Auslagerung des Grundbesitzes auf eine nachgelagerte KG Bei einer Vermietung innerhalb des Organkreises wird die erweiterte Kürzung nicht gewährt. Al- 121 lerdings kommt es innerhalb des Organkreises auch nicht zur anteiligen Hinzurechnung der organkreisinternen Mieten (Hinweis auf § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG). Um trotz Organschaft in den Genuss der erweiterten Kürzung zu kommen (dann zulasten einer Hinzurechnung beim Mietaufwand), kann die grundstücksverwaltende Tätigkeit mitsamt des Grundbesitzes auf eine wirtschaftlich zu 100 % von der bisher grundbesitzenden Organgesellschaft dominierte Tochter-KG ausgelagert werden. Diese KG ist selbst nicht Teil des Organkreises. Körperschaftsteuerlich kommt es in diesem Fall dennoch weiterhin zu einer vollständigen Ergebnisverrechnung im Organkreis.2

VIII. Missbrauchsverhinderungsfälle 1. Dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dienendes Grundstück (Satz 5 Nr. 1) a) Norminhalt und -zweck Die erweiterte Kürzung wird nicht gewährt, wenn „der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbe- 122 betrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient“. Hiermit soll die Schlechterstellung von Einzelgewerbetreibenden vermieden werden.3 Ohne § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG könnte ein gewerblich tätiger Gesellschafter oder Genosse die erweiterte Kürzung durch die Auslagerung des Grundbesitzes in eine Tochtergesellschaft in Anspruch nehmen. Ein Einzelgewerbetreibender unterläge dagegen ohne eine solche Auslagerung in vollem Umfang der GewSt.4 Aufgrund dieses Vergleichsmaßstabs greift die Missbrauchsverhinderungsvorschrift nur dann, wenn das fragliche Grundvermögen BV des Einzelgewerbetreibenden (bzw. Sonderbetriebsvermögen) wäre.5 Ohne eine solche Zuordnung läge auch im Referenzfall keine Einbeziehung in den Gewerbeertrag vor. Ungeachtet der beabsichtigten Verhinderung von „Auslagerungsmodellen“ ist der Anwendungsbereich der Vorschrift deutlich weiter – wie die weiteren Ausführungen zeigen. Die Vorschrift erscheint insoweit auch überschießend, weil die Grundbesitzkürzung jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut („wenn“!) stets insgesamt und möglicherweise sogar für von dem „Dienen“ gar nicht betroffenen Grundbesitz (Infektion durch dienenden Grundbesitz) versagt wird. b) Gesellschafter/Genosse Bei Grundstückspersonengesellschaften ist „Gesellschafter“ iSv. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG jeder 123 persönlich haftende Gesellschafter, und zwar selbst dann, wenn er am Vermögen der Grundstückspersonengesellschaft nicht beteiligt ist und ihm kein Anteil am Gewinn und Verlust dieser Gesell1 BFH v. 30.10.2014 – IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 Rz. 28. 2 Vgl. zu dieser Gestaltung auch Pyszka, GmbHR 2013, 136 f.; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 191 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 33. 3 Vgl. ua. BFH v. 26.10.1995 – IV R 35/94, BStBl. II 1996, 76 = FR 1996, 254 m. Anm. Groh, unter II. Nr. 1 Buchst. b. 4 Vgl. dazu auch BFH v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, BStBl. II 2006, 434 Rz. 27 mwN = FR 2006, 554 m. Anm. Wendt; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 193 (Stand: April 2017). Wendt in FS Gosch, 458, spricht insoweit von einem ohne die Vorschrift möglichen „GewSt-Sparmodell“, mit dem die Erträge aus der Nutzung von zum BV eines Gewerbebetriebs gehörendem Grundbesitz durch Zwischenschaltung einer Gesellschaft iErg. gewerbesteuerfrei wären. 5 Vgl. ua. BFH v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, BStBl. II 2006, 434 Rz. 33 = FR 2006, 554 m. Anm. Wendt.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 124 Kürzungen (Grundbesitz) schaft zusteht.1 Für sonstige Gesellschafter – egal ob bei Personen- oder KapGes. – genügt ein Zwerganteil.2 Ebenso ist auch eine Beteiligung nur für kurze Dauer (wenige Tage) kürzungsschädlich.3 c) Mittelbare Beteiligungen 124 Mit dem Gesellschafter oder Genossen ist im Grundsatz nur der unmittelbare Gesellschafter oder

Genosse gemeint. Bei nur mittelbaren Beteiligungen ist rechtsformabhängig zu entscheiden: Durch Personengesellschaften wird iErg. durchgeblickt, dh., hier ist auch das Dienen an einen mittelbaren Gesellschafter schädlich.4 Bei KapGes. gibt es diese Transparenz jedoch nicht. Der Gesellschafter einer KapGes., die an der Grundstücksgesellschaft beteiligt ist, ist damit nicht von der Missbrauchsverhinderungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG betroffen und gilt nicht als Gesellschafter iSd. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG.5 Dies gilt iÜ unabhängig davon, ob die Grundstücksgesellschaft selbst die Rechtsform einer Kapital- oder Personengesellschaft hat. 125 Auch bei dem Dienen mit Blick auf Schwestergesellschaften des Grundstücksunternehmens ist

rechtsformabhängig zu unterscheiden: Der Grundbesitz dient auch dann dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen des Grundstücksunternehmens, wenn das Grundstück von einer Gesellschaft genutzt wird, an der der Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist.6 Bei der Grundstücksüberlassung an eine Schwesterkapitalgesellschaft handelt es sich indes nicht um ein schädliches Dienen.7 Dies ist unabhängig davon der Fall, ob das überlassende Grundstücksunternehmen eine Personen- oder KapGes. ist. d) Teleologische Reduktion bei GewSt-Befreiung 126 § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG ist teleologisch zu reduzieren, wenn der Gesellschafter oder der Genosse

von der GewSt befreit ist. In diesem Fall kommt es nicht zur Schlechterstellung des Einzelgewerbetreibenden. Dies gilt jedoch nur dann, „wenn die gesamten (positiven oder negativen) Einkünfte des nutzenden Unternehmens von der Gewerbesteuer befreit sind. Erzielt das nutzende Unternehmen demgegenüber auch nicht gewerbesteuerbefreite Einkünfte, wie etwa Spielbanken aus nicht der Spielbankabgabe unterliegenden Tätigkeiten (§ 3 Nr. 1 GewStG), oder Privatschulen aus Leistungen, die nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungswesen dienen (§ 3 Nr. 13 GewStG i.V.m. § 4 Nr. 21 des Umsatzsteuergesetzes), so wird die Nutzungsüberlassung an ein solches Unternehmen von der teleologischen Reduktion nicht erfasst.“8 Eine teleologische Reduktion erfolgt außerdem nach einzelnen Literaturauffassungen9 dann nicht, wenn der Gewerbeertrag des Gesellschafters (unter Zurechnung

1 Vgl. BFH v. 7.8.2008 – IV R 36/07, BFH/NV 2009, 85 = FR 2009, 437 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2009 – IV R 80/06, BFH/NV 2009, 1279 Rz. 14; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 197 (Stand: April 2017). 2 S. BFH v. 7.4.2005 – IV R 34/03, BStBl. II 2005, 576 = FR 2005, 895. Im Urteilssachverhalt lag eine Vermögensbeteiligung von 5 % vor. Nach dem BFH-Urt. v. 26.6.2007 – IV R 9/05, BStBl. II 2007, 893 Rz. 20 = FR 2008, 43 m. Anm. Wendt, ist ggf. aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Bagatellgrenze von 1 % denkbar; vgl. hierzu auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 33. 3 BFH v. 8.6.1978 – I R 68/75, BStBl. II 1978, 505. 4 Auch der mittelbar über eine Personengesellschaft an einer vermögensverwaltenden KapGes. beteiligte Gesellschafter ist „Gesellschafter“ iSd. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG; vgl. BFH v. 26.6.2007 – IV R 9/05, BStBl. II 2007, 893 Rz. 17 = FR 2008, 43 m. Anm. Wendt; v. 15.12.1998 – VIII R 77/93, BStBl. II 1999, 168 = FR 1999, 320 m. Anm. Kempermann. 5 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 196 (Stand: April 2017). 6 BFH v. 26.6.2007 – IV R 9/05, BStBl. II 2007, 893 Rz. 15 = FR 2008, 43 m. Anm. Wendt; v. 15.12.1998 – VIII R 77/93, BStBl. II 1999, 168 = FR 1999, 320 m. Anm. Kempermann. 7 BFH v. 7.8.2008 – IV R 36/07, BFH/NV 2009, 85 = FR 2009, 437 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2009 – IV R 80/06, BFH/NV 2009, 1279 Rz. 14; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 200 (Stand: April 2017). S. auch Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 61, der zutreffend darauf hinweist, dass diese Aussage auch für Gesellschaften innerhalb eines gewstl. Organkreises gilt. 8 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 200 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 33. 9 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 109a (Stand: November 2016); Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 6 GewStG, Diss., 2012, 89 (Fn. 466).

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 128 § 9 Nr. 1

des Ergebnisses der grundbesitzenden Gesellschaft) negativ ist oder unterhalb des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG liegt. Zwar fiele auch hier keine GewSt ohne die Auslagerung des Grundbesitzes an. Die Prüfung der Voraussetzungen wird in diesem Fall jedoch als schwer administrierbar angesehen. Diese Rechtfertigung überzeugt indes nicht, weil es dem StPfl. selbst überlassen werden sollte, ob er einen entsprechenden Nachweis führen möchte, wenn es für ihn vorteilhaft ist. Die Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG sollte daher auch in diesen Fällen suspendiert werden und die erweiterte Kürzung im Grundsatz anwendbar sein.1 e) Dienen aa) Nutzungsüberlassung an Gesellschafter/Genossen Ein Dienen ist vor allem bei der Nutzungsüberlassung des Grundbesitzes bspw. durch einen Miet- 127 oder Pachtvertrag an den Gesellschafter oder den Genossen anzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn der Grundbesitz dem Gesellschafter oder Genossen nur mittelbar über einen „Zwischenmieter“ überlassen wird.2 Zudem werden auch über die eigentliche Grundstücksüberlassung hinausgehende Fälle erfasst, wenn der Gesellschafter allgemein einen Nutzen aus dem Grundbesitz ziehen kann.3 Dies kann bspw. bei vertraglich vereinbarten Abnahmepflichten des Mieters in Bezug auf die Erzeugnisse und Leistungen des Gewerbebetriebs des Gesellschafters der grundstücksverwaltenden Gesellschaft der Fall sein.4 Die Einräumung (nicht Überlassung) eines Erbbaurechts an den Gesellschafter5 oder die Grundschuldbestellung zur Kreditsicherung6 ist dagegen unschädlich.7 bb) Überlassung an Arbeitnehmer des Gesellschafters/Genossen Der Grundbesitz soll nach der BFH-Rspr. auch dann dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters die- 128 nen, „wenn er zwar von Dritten genutzt wird, dies aber für den Gewerbebetrieb des Gesellschafters von Nutzen ist.“8 Im Urteilssachverhalt ging es dabei um die Vermietung von 22 Wohnungen, von denen 18 an aktive oder ehemalige Arbeitnehmer der Gesellschafter vermietet waren. Die Mietverträge enthielten dabei teilweise Klauseln, nach denen die StPfl. berechtigt war, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Mieters mit den Gesellschaftern das Mietverhältnis zu kündigen. Das FG Düsseldorf hatte in einem ähnlich gelagerten Fall ebenfalls die erweiterte Grundbesitzkürzung versagt. In diesem Fall waren die Arbeitnehmer des Gesellschafters mit langfristigen und günstigen Mietverträgen ausgestattet worden, die an den Arbeitsvertrag beim Gesellschafter gekoppelt waren.9 Ohne eine solche Kopplung sollte indes nicht von einem schädlichen Dienen auszugehen sein, wenn der Grundbesitz in fremdüblicher Weise an Arbeitnehmer des Gesellschafters überlassen wird.10

1 In diesem Sinne wohl auch Wendt in FS Gosch, 459. 2 S. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 107 (Stand: November 2016). 3 Vgl. auch BFH v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, BStBl. II 2006, 434 Rz. 32 = FR 2006, 554 m. Anm. Wendt; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 201 (Stand: April 2017). 4 BFH v. 17.1.1968 – I 5/65, BStBl. II 1968, 353. 5 BFH v. 17.1.1968 – I 5/65, BStBl. II 1968, 353. Vorsicht ist hier mit Blick auf die Begründung des BFH geboten. So ging der BFH davon aus, dass das Erbbaurecht aus dem Grundbesitz der Gesellschaft iSd. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausscheidet und damit auch nicht mehr schädlich überlassen werden kann. Vgl. zur Unschädlichkeit der Einräumung eines Erbbaurechts auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 109 (Stand: November 2016). Fraglich ist überdies, ob für andere dingliche Nutzungsrechte ähnlich wie für die Einräumung des Erbbaurechts kein schädliches Dienen vorliegt; s. hierzu Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 33e. 6 BFH v. 17.1.2006 – VIII R 60/02, BStBl. II 2006, 434 = FR 2006, 554 m. Anm. Wendt; aA Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 107 (Stand: November 2016), indes immer noch auf der (mittlerweile von der BFH-Rspr. überholten) Basis des Urt. des FG Hbg. v. 13.12.1989 – II 192/87, EFG 1990, 439. 7 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 201 (Stand: April 2017); Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 57 f. 8 BFH v. 18.12.1974 – I R 10/73, BStBl. II 1975, 268; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 209 (Stand: April 2017). 9 FG Düss. v. 24.2.1988 – 15 K 361/83 G, EFG 1988, 379. 10 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 33e.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 129 Kürzungen (Grundbesitz) cc) Lebensversicherung als Gesellschafter 129 Besonderheiten gelten für Lebensversicherungsunternehmen als Gesellschafter einer grundbesitzenden

Personengesellschaft. Hier stellen sowohl der Grundbesitz als auch die Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft regelmäßig Deckungsstock bzw. Sicherungsvermögen iSd. § 66 VAG dar. Der IV. BFH-Senat hat daher für die Tochter-Personengesellschaft einer Lebensversicherung wiederholt unter Verweis auf § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG die erweiterte Grundbesitzkürzung versagt.1 Die Zugehörigkeit zum Deckungsstock bzw. Sicherungsvermögen soll dabei einer Überlassung zur Nutzung an die Muttergesellschaft vergleichbar sein.2 Nach einem jüngeren Urt. soll dies selbst dann der Fall sein, wenn der Grundbesitz „nur“ der Bedeckung der noch nicht garantierten Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen dient.3 Die wiederholte Logik des IV. BFH-Senats ist dabei der Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG, wonach solche Erträge bei der Grundstücksgesellschaft nicht von der GewSt auszunehmen sind, die in der Person des Gesellschafters der GewSt unterliegen würden, wenn er den Grundbesitz ohne Zwischenschaltung der Gesellschaft in gleicher Weise nutzte. Infolge der BFH-Rspr. ist die Ausgliederung von Grundbesitz durch Lebensversicherungsunternehmen regelmäßig doppelt benachteiligt, zum einen durch die Versagung der erweiterten Grundbesitzkürzung bei der grundbesitzenden Tochterpersonengesellschaft und zum anderen durch die volle Gewerbesteuerbelastung auf den Beteiligungsertrag beim Lebensversicherer infolge von § 9 Nr. 2 Satz 2 GewStG.4 dd) Dauer und Umfang des Dienens 130 Auf der Grundlage eines BFH-Urt. aus dem Jahr 1978 ist davon auszugehen, dass selbst ein kurzfris-

tiges Dienen die erweiterte Kürzung ausschließt. Im Urteilsfall handelte es sich um ein Dienen für zwei bis drei Tage.5 131 Die Größe, die wirtschaftliche Bedeutung des vermieteten Grundstücks und der Anteil des an den

Gesellschafter oder Genossen überlassenen Grundstücksteils gemessen am Gesamtgrundstück sind irrelevant.6 Selbst geringfügige Überlassungen sind vermutlich schädlich. Ausnahmen greifen nur bei einem ganz unwesentlichen Teil des Grundbesitzes.7 2. Sondervergütungen an Mitunternehmer (Satz 5 Nr. 1a) 132 Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG findet die erweiterte Grundbesitzkürzung keine Anwendung, so-

weit der Gewerbeertrag Sondervergütungen an den Gesellschafter (1) für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder (2) für die Hingabe von Darlehen oder (3) für die Überlassung von WG (Ausnahme: Überlassung von Grundbesitz) enthält. Diese im Jahr 2008 eingefügte Regelung soll ausweislich der Gesetzesbegründung8 Gestaltungen verhindern, bei denen zur Vermeidung von GewSt eine Gesellschafterstellung begründet wurde (idR mit Kleinstbeteiligungen). Typischerweise handelte es sich hierbei vor der Einführung der Regelung um „Bankenmodelle“, bei denen die den Grundbesitz finanzie-

1 Kritisch hierzu Wendt in FS Gosch, 461. 2 BFH v. 26.10.1995 – IV R 35/94, BStBl. II 1996, 76 = FR 1996, 254 m. Anm. Groh (für den Grundbesitz als solchen); v. 17.1.2002 – IV R 51/00, BStBl. II 2002, 873 = FR 2002, 724 m. Anm. Wendt (für den Anteil an einer grundbesitzenden Personengesellschaft). 3 BFH v. 18.12.2014 – IV R 50/11, BStBl. II 2015, 597 = FR 2015, 763 m. Anm. Wendt; vgl. kritisch hierzu Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 205 (Stand: April 2017). 4 Gleiches gilt für Tochterkapitalgesellschaften. Hier ist der Beteiligungsertrag nach § 9 Nr. 2a Satz 5 GewStG stets voll zu versteuern. 5 BFH v. 8.6.1978 – I R 68/75, BStBl. II 1978, 505. 6 RFH v. 19.9.1939 – I 270/38, RStBl. 1940, 38; v. 26.6.2007 – IV R 9/05, BStBl. II 2007, 893 Rz. 21 f. = FR 2008, 43 m. Anm. Wendt; FG Düss. v. 24.2.2005 – 14 K 5604/01 G, EFG 2005, 1148. 7 S. hierzu Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 207 f. (Stand: April 2017). Das FG Berlin-Bdb. hatte in seinem Urt. v. 27.6.2007 (12 K 6372/04 B, EFG 2007, 1717 Rz. 2) offengelassen, ob die Überlassung von 0,18 % der vermietbaren Flächen an Genossen bereits schädlich ist. 8 BR-Drucks. 545/08 v. 8.8.2008, 113; BT-Drucks. 16/10189 v. 2.9.2008, 73.

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C. Erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 134 § 9 Nr. 1

renden Banken faktisch eine GewSt-Befreiung für ihre Vergütung erreichen konnten.1 Die Gestaltung hätte indes in gleicher Weise bspw. auch für externe Immobilienverwalter funktioniert. Die jetzige Regelung zur Verhinderung derartiger Gestaltungen ist indes überschießend, weil sie auch die „gewöhnlichen“ Gesellschafter einer grundbesitzenden Personengesellschaft trifft. Sofern diese den Grundbesitz finanzieren oder mit dem Grundbesitz zusammenhängende Dienstleistungen erbringen, ist auch im Vergleich zur grundbesitzenden Privatperson unklar, weshalb dieser Teil des Gewerbeertrags nicht auch begünstigt sein soll.2 Es würde sich insofern anbieten – ggf. bereits im Wege einer teleologischen Reduktion –, § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG zumindest auf solche Fälle zu beschränken, in denen eine Vermögensbeteiligung besteht, deren wirtschaftliches Gewicht in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe der Sondervergütung steht. Eine solche teleologische Reduktion erscheint zudem auch geboten, wenn der Vergütungsgläubiger nicht der GewSt unterliegt.3 Losgelöst von der Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion war in der Altfassung des § 36 GewStG (dort Abs. 6a Satz 2) vorgesehen, dass Altvereinbarungen über Sondervergütungen Bestandsschutz genießen. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG sollte bei Vergütungen anwendbar sein, die nach dem 18.6.2008 erstmals vereinbart worden sind. Zudem galt eine wesentliche Änderung einer vor diesem Zeitpunkt getroffenen Vereinbarung über die Vergütungen als neue Vereinbarung. Diese Einschränkung ist in modifizierter Form mittlerweile in Satz 2 des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG zu finden. Dort heißt es: „Satz 1 ist auch auf Vergütungen anzuwenden, die vor dem 19.6.2008 erstmals vereinbart worden sind, wenn die Vereinbarung nach diesem Zeitpunkt wesentlich geändert wird.“ Der aus § 36 GewStG aF bekannte Bestandsschutz für Altfälle als solcher ist im aktuellen Gesetzestext nicht mehr enthalten, gilt aber weiterhin. Andernfalls würde die Einschränkung in Satz 2 des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG keinen Sinn ergeben. 3. Gespeicherte stille Reserven (Satz 5 Nr. 2) Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist gem. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG ausgeschlossen, „soweit 133 der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus dem Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stille Reserven entfallen.“ § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG ist seit dem EZ 2004 anwendbar und wurde mit dem EURLUmsG4 auf Initiative des Bundesrats5 eingeführt. Mit dieser Vorschrift sollen Gestaltungen unterbunden werden, bei denen stille Reserven im Grundbesitz der GewSt entzogen werden. Entsprechende Gestaltungen wurden durch Unternehmen genutzt, die der GewSt unterlagen und nicht die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Grundbesitzkürzung erfüllten. Dabei wurde der Grundbesitz in einem ersten Schritt unter Anwendung von § 6 Abs. 5 EStG (oder § 24 UmwStG) auf eine Tochterpersonengesellschaft übertragen, die von der erweiterten Grundbesitzkürzung Gebrauch machen konnte. In einem zweiten Schritt erfolgte dann die Veräußerung des Grundbesitzes aus der begünstigten Tochterpersonengesellschaft heraus. Alternativ wurde der Mitunternehmeranteil an der Tochterpersonengesellschaft begünstigt veräußert. Fraglich ist, ob neben Übertragungen von Grundbesitz auf Personengesellschaften auch Fälle unter 134 Zwischenschaltung einer KapGes. erfasst werden. So können zwar keine Einzelgrundstücke, sehr

1 Vgl. Mensching/Tyarks, DStR 2009, 2037; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 207 f. (Stand: April 2017); Paprotny in Deloitte, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 67; vgl. in diesem Kontext auch das Urt. des FG Düss. v. 18.6.2007 – 17 K 923/05 F, EFG 2007, 1696 sowie den Vorlagebeschl. des BFH v. 21.7.2016 – IV R 26/14, BStBl. II 2017, 202 Rz. 42 = FR 2017, 248 m. Anm. Nöcker. 2 Ähnlich Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 213 (Stand: April 2017). Nach Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 109c (Stand: November 2016), ist diese überschießende Wirkung jedoch hinzunehmen. 3 Ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 213 (Stand: April 2017). 4 Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 9.12.2004, BGBl. I 2004, 3310. 5 Vgl. BR-Drucks. 605/1/04, 3.

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§ 9 Nr. 1 Rz. 135 Kürzungen (Grundbesitz) wohl aber Grundstücke als Teil eines (Teil-)Betriebs steuerneutral in eine KapGes. eingebracht werden. Nach dem Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG wäre bei der aufnehmenden KapGes. im Falle der Veräußerung des Grundstücks keine erweiterte Kürzung anwendbar,1 obwohl Fallgestaltungen mit KapGes. bei der Einführung der Vorschrift nicht im Fokus standen. Diese Fälle dürften aber ohnehin eher theoretischer Natur sein, weil im Falle der Einbringung eines (Teil-)Betriebs die erweiterte Kürzung bei der KapGes. ohnehin keine Anwendung finden wird (originär gewerbliche Tätigkeit). Der Gewinn aus der Grundstücksveräußerung unterliegt hier ungeachtet der Vorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG regelmäßig der GewSt. 135 In der Praxis werden damit zumeist Übertragungsvorgänge auf eine Personengesellschaft unter

Anwendung von § 6 Abs. 5 EStG erfasst. Die Frist für die Nachversteuerung nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG ist dabei ungeachtet der identischen Drei-Jahres-Dauer länger als diejenige des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG, weil die Frist des § 6 Abs. 5 EStG auf die Abgabe der Steuererklärung für das Übertragungsjahr abstellt und nicht auf die Übertragung als solche. Demnach kann theoretisch bei einer Nachversteuerung nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG die erweiterte Kürzung greifen, weil die Frist des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG bereits abgelaufen ist.2 136 Eine identitätswahrende Umwandlung einer GmbH in eine GmbH & Co. KG (und umgekehrt)

führt iÜ ungeachtet der Fiktion des § 9 UmwStG nicht zu einer Übertragung oder Überführung der WG iSv. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG.3 4. Veräußerung oder Aufgabe von Mitunternehmeranteilen (Satz 6) 137 Nach § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG ist die erweiterte Kürzung für den Teil des Gewerbeertrags ausgeschlos-

sen, der auf Veräußerungs- oder Aufgabegewinne iSd. § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 GewStG entfällt. Damit kommen insbes. KapGes. bei der Veräußerung ihrer Beteiligung an einer grundbesitzenden, gewerblich geprägten Tochterpersonengesellschaft nicht in den Genuss der erweiterten Kürzung. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Tochterpersonengesellschaft im Falle der Veräußerung ihres Grundbesitzes grds. die erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen könnte. Die BFH-Rspr. hat zudem klargestellt, dass die erweiterte Kürzung auch dann zu versagen ist, wenn (1) die Veräußerung des Mitunternehmeranteils vor der Einführung des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG erfolgte4 (Altfälle) oder (2) wenn nur Teile von Mitunternehmeranteilen veräußert werden.5 138 § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG wurde ebenso wie § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG mit dem EURLUmsG6 ein-

geführt und ist seit dem EZ 2004 anwendbar. Die Vorschrift soll – in ähnlicher Weise wie § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG – Fälle verhindern, in denen durch Einbringung von Grundbesitz in eine Tochterpersonengesellschaft und anschließende Anteilsveräußerung in missbräuchlicher Weise die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung erst geschaffen und kurz darauf in Anspruch genommen werden. Unseres Erachtens hätte es hierfür § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG aber nicht bedurft, weil diese Fälle bereits wirksam durch § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG unterbunden werden. Da letztere Vorschrift erst nachträglich durch den BR in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wurde, hätte im Gegenzug auf § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG verzichtet werden können, was aber nicht geschah.7

1 S. in diesem Sinne Dötsch/Pung, DB 2005, 14; fraglich dagegen laut Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 219 (Stand: April 2017). 2 So auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 111a (Stand: November 2016). 3 S. FG Berlin-Bdb. v. 14.2.2017 – 6 K 6283/15, EFG 2017, 744. 4 BFH v. 18.12.2014 – IV R 22/12, BStBl. II 2015, 606 = FR 2015, 660 m. Anm. Nöcker. 5 BFH v. 8.12.2016 – IV R 14/13, BStBl. II 2017, 494; aA jedenfalls vor Ergehen des Urt. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 219 (Stand: April 2017); Glutsch/Meining, GmbHR 2012, 629; Günther, FR 2008, 870. 6 Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 9.12.2004, BGBl. I 2004, 3310. 7 Wagner/Knipping, GmbHR 2015, 613.

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Kürzungen (Mitunternehmer-Gewinnanteile)

§ 9 Nr. 2

§ 9 Nr. 2 [Mitunternehmer-Gewinnanteile] Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um … 2. die Anteile am Gewinn einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind, wenn die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind. 2Satz 1 ist bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen nicht anzuwenden; für Pensionsfonds und für Einkünfte im Sinne des § 7 Satz 8 gilt Entsprechendes; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

C. Umfang der Kürzung . . . . . . . . . . . .

I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . .

1

II. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . .

2

I. „Anteile am Gewinn“ der Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Laufender Gewinn und Sondervergütungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Veräußerungsgewinne . . . . . . . . . . . . a) Veräußerung der gesamten Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft . . . . . b) Veräußerung eines Teils der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft . . . . . 4. Bruttoansatz der Gewinnanteile . . . . . . .

III. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zeitlicher, persönlicher und sachlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

5 8

IV. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

12

B. Voraussetzungen der Kürzung . . . . . . .

14

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

II. Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . 2. Inländische Mitunternehmerschaften . 3. Ausländische Mitunternehmerschaften 4. Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

5

. . . . .

15 15 16 21 22

III. Sonstige Anforderungen . . . . . . . . . . . .

24

25 25 25 26 28 28 34 35

II. „Wenn die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Ausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

E. Besonderheiten im EZ 2003 . . . . . . . .

39

Literatur: Knobbe-Keuk, Personengesellschaft und Gewerbesteuer, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1975/76, 175; Seithel, Betriebsverpachtung im Ganzen durch Personengesellschaften bzw. Erbengemeinschaften, DStR 1975, 604; Barske, Zur Anwendung des § 9 Nr. 2 GewStG bei Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen durch eine Personengesellschaft an einen Gesellschafter, DStR 1982, 194; Lehwald, Zur Anwendung des § 9 Nr. 2 GewStG bei Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen durch eine Personengesellschaft an einen Gesellschafter, DStR 1982, 18; Hild, Die Veräußerung „einbringungsgeborener“ Mitunternehmeranteile durch Kapitalgesellschaften, DB 1991, 1904; Apitz, Nochmals: Die Veräußerung „einbringungsgeborener“ Mitunternehmeranteile durch Kapitalgesellschaften, DB 1992, 1450; Schoor, Das Verpächterwahlrecht bei Verpachtung eines ganzen Betriebs, DStR 1997, 1; Lindwurm, Gewinnverteilung und Gewinnfeststellung bei der Kumulation von stillen Gesellschaften – Ein Vergleich mit mehrgliedrigen stillen Gesellschaften unter Berücksichtigung von bewertungs- und gewerbesteuerrechtlichen Konsequenzen, DStR 2000, 53; Beußer, Veräußerung von Mitunternehmeranteilen als künftiger Gegenstand der Gewerbesteuer, FR 2001, 880; Düll/Fuhrmann/Eberhard, Übertragung eines Mitunternehmer (teil-)anteils bei Vorhandensein von Sonderbetriebsvermögen, DStR 2001, 1773; Füger/Rieger, Veräußerung von Mitunternehmeranteilen und Gewerbesteuer, DStR 2002, 933; Neu, Aktuelles Beratungs-Know-how Personengesellschaftsbesteuerung, DStR 2002, 1078; Ritzer/Stangl, Das Anwendungsschreiben zu § 35 EStG – Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften und Organschaften, DStR 2002, 1785; Schmidt/Hageböke, Gewerbesteuer bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, DB 2003, 790; Körner, Doppelte Gewerbesteuer auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Mitunternehmerschaften durch Kapitalgesellschaften?, INF 21/2004, 820; Neumeyer/Bader, Gewerbesteuerfragen bei Anteilsveräußerungen – Problemfelder bei Mitunternehmer- und Kapitalgesellschaftsanteilen, EStB 2005, 386; Neyer, Gewerbesteuer bei Teilveräußerung eines Mitunternehmeranteils, BB 2005, 577; Rödder, Gewerbesteuerliche Behandlung einer Personengesellschaft im Rahmen des sog. Treuhandmodells – Zugleich Anmerkung zur Verfügung der OFD Münster vom 16.3.2005, DStR 2005, 955; Kleymann/Hindersmann, Gewerbe-

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§ 9 Nr. 2 Rz. 1 Kürzungen (Mitunternehmer-Gewinnanteile) steuer im Rahmen der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer Obergesellschaft eines mehrstöckigen Personengesellschaftskonzerns nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, BB 2006, 2104; Ludwig, Ermittlung des Gewerbeertrags aus der Veräußerung von Anteilen an mehrstöckigen Personengesellschaften, BB 2007, 2152; Suchanek, Anwendung von § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG bei der Veräußerung von doppelstöckigen Mitunternehmerschaften, GmbHR 2007, 248; Behrens/Schmitt, „Ob die Grundsätze des BFH-Urteils IV R 81/06 auch für nach 2001 verwirklichte Fälle gelten, ist wegen des möglichen Vorrangs des § 7 Satz 2 GewStG derzeit nicht geklärt“, BB-Kommentar, 2008, 2334; Benz/Goß, Die gewerbesteuerliche Anerkennung des Treuhandmodells – Anmerkungen zum Urteil des BFH vom 3.2.2010 – IV R 26/07, DStR 2010, 839; Hubertus, Gewerbesteueroptimierung durch Anwendung des sog. Treuhandmodells – zugleich Anmerkung zum BFH-Urt. v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BB 2010, 2474; Hüttemann, Gewinnermittlung bei Personengesellschaften, Die Personengesellschaft im Steuerrecht, Gedächtnissymposion für Brigitte Knobbe-Keuk, 2011, 39; Schmidt, Treuhandkonstruktion als Werkzeug der internationalen Steuerplanung, PIStB 2012, 294; Kahle, Ergänzungsbilanzen bei Personengesellschaften, FR 2013, 873; Manz, Verpächterwahlrecht und Fortführungsfiktion, DStR 2013, 1512; Pauka, Änderungen des Gewerbesteuergesetzes, NWB Fach 5, 1540; Viebrock/Stegemann, Ertragsteuerliche Konsolidierung im Treuhandmodell, DStR 2013, 2375; Hülsmann, Die gewerbesteuerlichen Folgen der Veräußerung einer doppelstöckigen Personengesellschaft durch eine Kapitalgesellschaft, DStR 2014, 184; Jochimsen/Mangold/Zinowsky, Ertragsteuerliche Organschaft bei Implementierung eines Personengesellschafts-Treuhandmodells, DStR 2014, 2045; Ley, Beteiligungen an gewerblichen Personengesellschaften in der Buchhaltung, in der Handels- und Steuerbilanz einschließlich der E-Bilanz sowie in der steuerlichen Gewinnermittlung, KÖSDI 2016, 19800; Kahle/Willner, Hinzurechnungsbesteuerung und Gewerbesteuer, Ubg 2017, 21. Verwaltungsanweisungen: R 7.1 (3), 2.6 (1), 2.2 GewStR 2009; H 7.1 (3), 2.6 (1), 2.2 GewStH 2009; BMF v. 26.11.1987 – IV B 2 - S 2241-61/87, BStBl. I 1987, 765 – Steuerrechtliche Behandlung der atypisch stillen Gesellschaft; BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003, BStBl. I 2014, 1258 – Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften; OFD Münster v. 13.2.2004 – Kurzinformation Gewerbesteuer Nr. 01/ 2004 – Gewerbesteuerliche Behandlung des sog. Treuhandmodells; OFD Magdeburg v. 4.4.2005 – G 1400 - 13 - St 213, juris – Gewerbesteuerliche Behandlung des sog. Treuhandmodells; OFD Koblenz v. 28.2.2007 – S 2243 A - St 31 3 – Veräußerung eines Mitunternehmeranteils und Anwendung der §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 3 EStG; OFD Niedersachsen v. 7.2.2014 – S 1978 - 97 - St 243, juris – Steuerliche Behandlung der Umwandlung einer GmbH in eine KG im Rahmen des Treuhandmodells; OFD Düsseldorf v. 10.9.2002 – G 1421 - 19 - St - 132 – K, FR 2002, 1151 – Gewerbesteuerliche Behandlung der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand 1 § 9 Nr. 2 GewStG sieht die Kürzung der Summe des gewstl. Gewinns um die Anteile am Gewinn ei-

ner in- oder ausländischen Personengesellschaft vor, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, sofern diese Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind. Die Kürzungsvorschrift korrespondiert mit der Hinzurechnung von Verlustanteilen aus Beteiligungen an Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) gem. § 8 Nr. 8 GewStG.1 Im Hinblick auf Beteiligungen an ausländischen Mitunternehmerschaften erfüllt die Regelung eine vergleichbare Funktion wie die Kürzung in § 9 Nr. 3 GewStG für den Teil des auf ausländische Betriebsstätten entfallenden Gewerbeertrags. Ebenso wie in § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG sind Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds von der Kürzung ausgeschlossen (Satz 2 der Vorschrift). Ausgenommen von § 9 Nr. 2 GewStG sind, über den Verweis auf § 7 Satz 8 GewStG, auch die von § 20 Abs. 2 AStG erfassten, niedrig besteuerten Einkünfte aus ausländischen Personengesellschaften (dh., diesbezüglich ist keine Kürzung vorgesehen; Rückausnahmen bestehen für EU-Sachverhalte durch § 7 Satz 9 GewStG iVm. § 8 Abs. 2 AStG).

1 Vgl. zur missglückten Abweichung im Wortlaut der Parallelvorschriften („wenn“ in § 9 Nr. 2 GewStG bzw. „soweit“ in § 8 Nr. 8 GewStG) § 8 Nr. 8 GewStG Rz. 7.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 4 § 9 Nr. 2

II. Bedeutung und Telos Zweck des praktisch bedeutsamen § 9 Nr. 2 GewStG ist es, eine doppelte gewstl. Erfassung der Gewinne 2 aus einer Mitunternehmerschaft – einmal bei der Mitunternehmerschaft selbst (eigenes Gewerbesteuersubjekt) und darüber hinaus bei dem bzw. den gewstpfl. Mitunternehmer(n) – zu verhindern. Dadurch soll letztlich eine zutreffende Objektbesteuerung sichergestellt werden. Gewinne sollen sich für Zwecke der GewSt nur einmal und allein in dem Gewerbebetrieb (Mitunternehmerschaft) auswirken, in dem sie entstanden sind.1 Die Vorschrift bezweckt umgekehrt indes nicht, auch die Einmalbelastung mit GewSt sicherzustellen; eine gewstl. „Vorbelastung“ ist daher nicht Voraussetzung der Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG.2 Die Kürzung kann daher auch dann eingreifen, wenn – wie zB für den Fall der Beteiligung an einer ausländischen Mitunternehmerschaft (ohne inländische Betriebsstätten) – GewSt auf Ebene der Mitunternehmerschaft selbst nicht anfällt; auch in diesem Fall findet auf Mitunternehmerebene die Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG statt. Mit der überwiegend krit. gesehenen (s. Rz. 13) Aufnahme des Verweises auf § 7 Satz 8 GewStG in 3 § 9 Nr. 2 Satz 2 GewStG (mit der Rechtsfolge, dass eine gewstl. Kürzung in diesem Fall unterbleibt) durch das BEPS-UmsG3 mit Wirkung ab dem EZ 2017 und der damit erreichten Verknüpfung des § 9 Nr. 2 GewStG mit § 20 Abs. 2 AStG ist davon auszugehen, dass die Kürzungsvorschrift nunmehr für bestimmte Auslandssachverhalte auch eine ausreichende stl. Vorbelastung im Ausland voraussetzen soll. Hinzuweisen ist jedoch auch auf die Rückausnahme für EU-Sachverhalte durch § 7 Satz 9 GewStG iVm. § 8 Abs. 2 AStG. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Gewinne aus Beteiligungen an auslän- 4 dischen Personengesellschaften durch das StÄndG 19774 (mit Rückwirkung ab EZ 1972)5 verfolgte ursprünglich die Zwecksetzung, diese Gewinne ebenso wie Erträge aus ausländischen Betriebsstätten (§ 9 Nr. 3 GewStG) und – unter den Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 bzw. Nr. 8 GewStG – aus Beteiligungen an ausländischen KapGes. nicht der GewSt zu unterwerfen. Es sollte „sichergestellt [werden], dass Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften ebenso behandelt werden wie ausländische Betriebsstätten und wesentliche Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften“.6 Somit erfolgte die Ausweitung des Anwendungsbereichs im Interesse einer weitergehenden Verwirklichung der Kapitalimportneutralität und sollte somit letztlich die deutsche Außenwirtschaft stärken.7 Die praktische Bedeutung der Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften ist indes gering, da die auf ausländische Betriebsstätten zu allokierenden Gewinnanteile häufig bereits durch DBA freigestellt sind (vgl. Art. 7 OECD-MA). IErg. hat die Vorschrift damit vor allem im Inlandsfall aufgrund der Transparenz der Personengesellschaft bei der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung erhebliche praktische Bedeutung, um gewstl. Kaskadeneffekte zu verhindern. Des Weiteren kann die Vorschrift für internationale Gewerbesteuergestaltungen Bedeutung erlangen, wenn die Voraussetzungen der gewstl. Schachtelprivilegien in DBA nicht erfüllt sind. In diesem Fall können die Anteile an einer ausländischen KapGes. über eine ausländische gewerbliche Personengesellschaft gehalten werden,8 um auf diesem Weg nicht kürzungsfähige Ausschüttungen einer KapGes. in kürzungsfähige Gewinnanteile aus einer Mitunternehmerschaft zu überführen. Für Auslandsfälle ist indes

1 BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794, unter II.1.a.bb. 2 Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 3 (Stand: Juni 2017); Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 131 (Stand: November 2016); Schnitter in Frotscher/Maaß, § 9 GewStG Rz. 111 (Stand: April 2014). 3 BGBl. I 2016, 3000; nach Auffassung des Gesetzgebers handelt es sich lediglich um eine „Klarstellung“, vgl. BTDrucks. 18/9536, 58; zu dieser Diskussion ausf. § 7 GewStG Rz. 169 f. 4 BGBl. 1977, 1586. 5 § 36 Abs. 2 GewStG idF des StÄndG 1977, BGBl. I 1977, 1586. 6 BT-Drucks. 8/292, 24. 7 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 132 (Stand: November 2016). Ohne DBA kann ferner zwar gem. § 34c Abs. 2 EStG (gilt bei der Ermittlung der körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte gem. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG entsprechend) auf Antrag eine der deutschen ESt/KSt entsprechende ausländische Steuer auf ausländische Einkünfte gewerbesteuerwirksam bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden; dieser Abzug wird jedoch durch die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 12 GewStG gewstl. neutralisiert. 8 Vgl. Meyer-Scharenberg in Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 9.

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§ 9 Nr. 2 Rz. 5 Kürzungen (Mitunternehmer-Gewinnanteile) seit dem EZ 2017 der Verweis in § 9 Nr. 2 GewStG auf § 7 Satz 8 GewStG (und damit die Anknüpfung an § 20 Abs. 2 AStG) mit der in § 7 Satz 9 GewStG enthaltenen Rückausnahme für EU-Sachverhalte zu beachten (s. Rz. 13).

III. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Zeitlicher, persönlicher und sachlicher Geltungsbereich 5 In zeitlicher Hinsicht ist die Kürzung des § 9 Nr. 2 GewStG seit Einführung des GewStG 1936 und

bei jedem GewStPfl. anzuwenden.1 6 In sachlicher Hinsicht ist der Anwendungsbereich auf Anteile an gewerblichen Personengesellschaf-

ten oder anderen Mitunternehmerschaften beschränkt, die der Gesellschafter in seinem BV hält.2 Erfasst sind damit insbes. KapGes. und Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) sowie Einzelgewerbetreibende, zu deren BV Mitunternehmeranteile gehören. 7 Zu beachten ist, dass die Beteiligung an einer Personengesellschaft aus stl. Sicht kein WG ist.3 Der Ge-

winnanteil des Gesellschafters aus der Mitunternehmerschaft ergibt sich (auch wenn die Beteiligung in der Steuerbilanz des Gesellschafters unter Anwendung der sog. Spiegelbildmethode4 iHd. „Spiegelbilds“ des Kapitalkontos des Gesellschafters ausgewiesen wird)5 nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG aus dem iRd. gesonderten und einheitlichen Feststellung zugewiesenen Anteil am Ergebnis der Mitunternehmerschaft (§§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a AO), auch wenn diese Gewinnfeststellung für Gewerbesteuerzwecke nicht iSv. § 182 AO bindend ist (beachte jedoch auch § 35b GewStG).6 Aus diesem Grund wird zwar teilweise vertreten, dass die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG keinen Anwendungsbereich habe, „weil dem Ausweis des Gesellschaftsanteils in der Bilanz des Gesellschafters grundsätzlich keine eigenständige Bedeutung zukommt“7 bzw. die Bedeutung der Vorschrift „erheblich geschmälert“8 sei. Die Vorschrift hat jedoch mE trotz der verfahrensrechtlichen Zusammenfassung der gewerblichen Ergebnisse9 auf Ebene der Personengesellschaft einen eigenständigen sachlichen Anwendungsbereich, wenn der Gesellschafter selbst gewstpfl. ist und der Gewinnanteil des Gesellschafters aus der Mitunternehmerschaft somit iRd. Gewinnermittlung (dh. in der Steuerbilanz des Mitunternehmers) erfasst wird. § 9 Nr. 2 GewStG rekurriert nur auf die „Anteile am Gewinn“, die „bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt“ wurden, unabhängig von der verfahrensrechtlichen Behandlung dieser Gewinnanteile; der für die Kürzung erforderliche Ansatz „bei der Ermittlung des Gewinns“ des gewstpfl. Gesellschafters ergibt sich ungeachtet der verfahrensrechtlichen Behandlung aus § 7 GewStG iVm. § 15 EStG.10

1 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 133 (Stand: November 2016). 2 Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 3 (Stand: Juni 2017). 3 St. Rspr., vgl. BFH v. 6.11.1985 – I R 242/81, BStBl. II 1986, 333 = FR 1986, 212; v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691 = FR 1991, 270 m. Anm. Schwichtenberg; v. 30.4.2003 – I R 102/01, BStBl. II 2004, 804 = FR 2003, 1173. 4 Krumm in Blümich, § 5 EStG Rz. 1112b (Stand: November 2016). 5 Vgl. etwa OFD Koblenz v. 28.2.2007 – S 2243 A - St 31 3; Ley, KÖSDI 2016, 19800 (19803 ff.). 6 Vgl. im Einzelnen etwa Markl/Wingler in Bergemann/Wingler, § 35b GewStG Rz. 3 f. 7 Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, 750 („stößt ins Leere“); vgl. auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 131 (Stand: November 2016). 8 Vgl. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 131 (Stand: November 2016); das von Gosch, aaO, zitierte BFH-Urt. I R 114/97 besagt jedoch nur, dass „dem Ansatz der mitunternehmerischen Beteiligung in der Handelsbilanz [einer] Obergesellschaft steuerrechtlich keine Bedeutung [zukommt]“ sowie dass „§ 8 Nr. 8 GewStG (vgl. auch § 2 Abs. 1, § 9 Nr. 2 GewStG) [verdeutlicht], dass die bei [einer] Untergesellschaft zu erfassenden Vorgänge nicht den Gewerbeertrag der [Obergesellschaft] mindern dürfen“. Es enthält mE jedoch keine Aussage zur Redundanz des § 9 Nr. 2 GewStG. 9 Vgl. zur Zusammenfassung der Ergebnisse eingängig Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 10 Rz. 112. 10 BFH v. 23.10.1986 – IV R 319/84, BStBl. II 1987, 64 = FR 1987, 44 (unter 1.) sowie statt aller Hartmann in Bergemann/Wingler, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 79.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 12 § 9 Nr. 2

2. Verhältnis zu anderen Vorschriften Bei Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften ist § 9 Nr. 2 GewStG von § 9 Nr. 7, 8 GewStG 8 durch Einordnung der ausländischen Gesellschaft im Wege des „Rechtstypenvergleichs“ (Stichwort „Venezuela“-Entsch.) abzugrenzen. Handelt es sich bei der Gesellschaft, an der eine Beteiligung gehalten wird, aus deutscher (steuerlicher) Sicht um eine Mitunternehmerschaft, findet § 9 Nr. 2 GewStG Anwendung. Handelt es sich bei der Auslandsgesellschaft hingegen aus deutscher (steuerlicher) Sicht um eine KapGes., so finden die § 9 Nr. 7, 8 GewStG vorrangig Anwendung.1 Obwohl die Beteiligung an einer ausländischen Mitunternehmerschaft in der Regel dem gewstpfl. 9 Gesellschafter aus deutscher ertragsteuerlicher Sicht stl. eine Betriebsstätte vermittelt,2 ist ab EZ 1972 dennoch § 9 Nr. 2 GewStG als die gegenüber dem deklaratorischen § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG speziellere Vorschrift anzuwenden.3 Hält die Mitunternehmerschaft, deren Gewinnanteile auf Ebene des Mitunternehmers nach § 9 Nr. 2 10 GewStG gekürzt werden, selbst Anteile an einer KapGes., finden die Kürzungsvorschriften für Schachtelerträge (§ 9 Nr. 2a, 7, 8 GewStG) ausschließlich auf der Ebene der die Kapitalgesellschaftsanteile haltenden Personengesellschaft Anwendung.4 Ebenso gilt § 9 Nr. 3 GewStG bei einer ausländischen Betriebsstätte der Mitunternehmerschaft. Nach Auffassung des BFH gehen die Regelungen zur Kürzung von Gewinnanteilen aus Mitunternehmerschaften in § 9 Nr. 2 GewStG ferner den Vorschriften über die gewstl. Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) vor.5 Folglich gehen die von einer Organgesellschaft erzielten Ergebnisse aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft wegen der Kürzung bereits nicht in den Gewerbeertrag der Organgesellschaft und damit auch nicht in den Gewerbeertrag des Organträgers ein.6 Der persönlich haftende Gesellschafter der KGaA (§ 278 AktG) kann eine Kürzung für seinen Ge- 11 winnanteil nicht nach § 9 Nr. 2 GewStG, sondern nur nach § 9 Nr. 2b GewStG erreichen.7

IV. Rechtsentwicklung Die Vorschrift findet sich bereits in der ursprünglichen Fassung des GewStG 1936.8 Die Norm wurde 12 erstmals ergänzt durch das Erfordernis des Ansatzes des Gewinnanteils aus der Mitunternehmerschaft „bei der Ermittlung des Gewinns“ durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts 1951.9 Durch das StÄndG 197710 wurden auch die Gewinnanteile aus ausländischen Personengesellschaften in den Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2 GewStG aufgenommen (s. dazu bereits Rz. 4). Durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz 200311 fügte der Gesetzgeber ein Kürzungsverbot für Gewinnanteile aus Mitunternehmerschaften ein, die einer niedrigen GewSt-Belastung iSd. § 8a GewStG aF unterlagen. Dieses Kürzungsverbot galt indes nur im EZ 2003 und wurde durch Gesetz v. 23.12.200312 im Zusammenhang mit der Einführung des Mindesthebesatzes von 200 % in § 16 Abs. 4 GewStG wieder aufgehoben. Seit dem Protokollerklärungsumsetzungsgesetz13 sind ab EZ 2003 Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds von der Kürzung ausgeschlossen (§ 9 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 GewStG).

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Zum Rechtstypenvergleich im Einzelnen § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 20. BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 2.2.3. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 10 (Stand: Juni 2017). Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 9 (Stand: Juni 2017). BFH v. 25.10.1995 – I R 76/93, BFH/NV 1996, 504. Schnitter in Frotscher/Maaß, § 9 GewStG Rz. 112 (Stand: April 2014). Vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 9 Nr. 2b GewStG. RStBl. 1937, 693. BGBl. I 1951, 996. BGBl. I 1977, 1586. BGBl. I 2003, 660. BGBl. I 2003, 2922. BGBl. I 2003, 2840.

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§ 9 Nr. 2 Rz. 13 Kürzungen (Mitunternehmer-Gewinnanteile) 13

Durch das BEPS-UmsG1 ist mit Wirkung ab dem EZ 2017 geregelt worden, dass § 9 Nr. 2 GewStG nicht für „Einkünfte im Sinne des § 7 Satz 8 gilt“. Da § 7 Satz 8 GewStG anordnet, dass Einkünfte iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt gelten und diese Fiktion auch dann anwendbar ist, wenn diese Einkünfte nicht von einem DBA erfasst werden oder das DBA selbst die Steueranrechnung anordnet, ist der Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2 GewStG für Auslandsfälle mit Wirkung ab dem EZ 2017 erheblich eingeschränkt worden. Mit der Neuregelung soll sichergestellt werden, dass die mit § 7 Satz 8 GewStG beabsichtigte Einbeziehung der nach § 20 Abs. 2 AStG der Anrechnungsmethode unterworfenen Gewinnanteile nicht durch § 9 Nr. 2 GewStG konterkariert wird. Die gewstl. Erfassung von Gewinnen, die in ausländischen Betriebsstätten angefallen sind, ist mE indes systematisch verfehlt und steht dem strukturellen Inlandsbezug der GewSt entgegen (s. ausf. hierzu § 7 GewStG Rz. 169). Hieran ändert auch die ggf. anwendbare Rückausnahme für EU-Sachverhalte nichts (§ 7 Satz 9 GewStG iVm. § 8 Abs. 2 AStG).

B. Voraussetzungen der Kürzung I. Vorbemerkung 14

Der Kürzung unterliegen nach dem Wortlaut der Norm „Anteile am Gewinn einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind.“ § 9 Nr. 2 GewStG ist zwar nahezu wortgleich mit § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG.2 Die Formulierung des Kürzungstatbestands ist dennoch in verschiedener Hinsicht undeutlich. Erstens bleibt unklar, ob die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft bei allen im Gesetz genannten Gesellschaften vorliegen müssen3 oder nur bei den „anderen Gesellschaften“. Zweitens erscheint das Abstellen auf „die Gesellschafter“ nicht geglückt, da dies die Frage aufwirft, ob alle zivilrechtlichen Gesellschafter die Voraussetzungen eines Mitunternehmers erfüllen müssen. Drittens fehlt im Gesetzeswortlaut ein eindeutiger Bezug auf die Mitunternehmerstellung des GewStPfl., der die Kürzung geltend macht. Viertens ist unklar, ob eine zivilrechtliche Gesellschafterstellung erforderlich ist und damit zB auch die Fälle der verdeckten Mitunternehmerschaft4 erfasst sind, bei denen eine zivilrechtliche Gesellschafterstellung gerade nicht vorliegt.

II. Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft 1. Vorbemerkung 15

Der die Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG geltend machende GewStPfl. muss an einer Mitunternehmerschaft beteiligt sein. Darüber hinaus ist – ungeachtet des undeutlichen Gesetzeswortlauts – nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift Voraussetzung, dass das die Kürzung begehrende Gewerbesteuersubjekt als Mitunternehmer bei der Mitunternehmerschaft anzusehen ist.5 Für das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft gelten die allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätze (Mitunternehmerrisiko und -initiative).6 Bei der Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist für die Kürzung somit kein Raum und es besteht hierfür – mangels Entstehung von GewSt auf Ebene der vermögensverwaltenden Personengesellschaft (bzw. mit anderen Worten, mangels gewstl. Vorbelastung) – auch kein Bedürfnis. In diesem Fall kommt es zu einer unmittelbaren Erfassung der Einkünfte aus der Personengesellschaft auf der Ebene des Gesellschafters; diese erhöhen auf Ebene des Gesellschafters den Gewerbeertrag.7 Ebenfalls keine Kürzung erfolgt im Fall der Beteiligung an einer 1 BGBl. I 2016, 3000; nach Auffassung des Gesetzgebers handelt es sich lediglich um eine „Klarstellung“, vgl. BTDrucks. 18/9536, 58; zu dieser Diskussion ausführlich § 7 GewStG Rz. 169 f. 2 Dessen Formulierung wurde aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG aF übernommen. 3 Vgl. deutlicher § 15a Abs. 5 EStG. 4 H 15.8 (1) EStH 2016. 5 Vgl. statt aller Schreiber in Deloitte, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 13. 6 Reiß in Kirchhof17, § 15 EStG Rz. 206, 208 ff.; undeutlich H 15.8 (1) EStR 2016. 7 Vgl. statt aller Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 15 und 23 (Stand: Juni 2017).

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B. Voraussetzungen der Kürzung

Rz. 19 § 9 Nr. 2

Personengesellschaft im sog. „Treuhandmodell“; auch hier werden die Einkünfte der Personengesellschaft – mangels „steuerlicher Separierung“ von Gesellschafts- und Gesellschafterebene – unmittelbar zu Einkünften auf Ebene des Mitunternehmers.1 Eine Mindestbeteiligungshöhe ist für die Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG nicht erforderlich.2 Ebenso wenig bestehen zeitliche Anforderungen an das Halten der Beteiligung (anders als zB in § 9 Nr. 2a GewStG – „zu Beginn des EZ“ – oder § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG – „ununterbrochen seit mindestens zwölf Monaten“).3 2. Inländische Mitunternehmerschaften Neben den im Gesetz genannten Personenhandelsgesellschaften des HGB (offene Handelsgesell- 16 schaft, Kommanditgesellschaft) sind von der Kürzung auch Gewinnanteile aus jedweden „andere[n] Gesellschaften“ erfasst, „bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind.“ Nach dem insgesamt unglücklich formulierten Wortlaut der Norm ist das Merkmal der „anderen Gesellschaft“ vor der Feststellung einer Mitunternehmerstellung zu prüfen. Richtigerweise hat das Merkmal der „anderen Gesellschaft“ keinen eigenständigen Anwendungsbereich, sondern es kommt allein auf das Vorliegen einer Mitunternehmerstellung an, die auch bei Personenmehrheiten vorkommen kann, die gerade keine Gesellschaften sind. Als „andere Gesellschaft“ kommt bspw. aus dem BGB die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 705 17 BGB) in Betracht, die aus stl. Sicht eine gewerbliche Tätigkeit ausüben kann, ohne jedoch Kaufmann iSd. HGB zu sein (zB wegen gewerblicher Prägung oder nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung). Einer Gesellschaft gleichgestellt4 ist zudem die Erbengemeinschaft, die einen geerbten Gewerbebetrieb fortführt,5 sowie die eheliche Gütergemeinschaft, in der sich ein Gewerbebetrieb befindet.6 Ferner ist die Vorgründungsgesellschaft (zB einer GmbH) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts; hier ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die Vorgründungsgesellschaft bereits ein Gewerbe betreibt und die Gesellschafter insoweit als Mitunternehmer anzusehen sind, oder ob sie „nur“ auf die Errichtung der KapGes. gerichtet ist, ohne originär gewerblich tätig zu sein. Ebenfalls als BGB-Innengesellschaft und Mitunternehmerschaft qualifiziert die Vereinbarung einer atypischen Unterbeteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft.7 „Andere Gesellschaft“ des HGB kann die stille Gesellschaft nach § 230 HGB sein, wenn die Gesell- 18 schafter als Mitunternehmer qualifizieren (so insbes. bei der atypisch stillen Gesellschaft).8 Dies gilt ungeachtet der (mangels Gesamthandsvermögens) fehlenden subjektiven GewStPfl. und Steuerschuldnerschaft der atypisch stillen Gesellschaft.9 Im Rahmen des sog. „Treuhandmodells“ unterliegt die Kommanditgesellschaft selbst nicht der 19 GewSt, da nur ein Gesellschafter – steuerlich – als Unternehmer anzusehen ist (sog. Ein-Unternehmer-Personengesellschaft).10 Da insofern die Personengesellschaft nicht selbst Steuerschuldnerin ist (sondern unmittelbar der vermögensmäßig beteiligte Gesellschafter), bedarf es auch der Anwendung des § 9 Nr. 2 GewStG nicht.11 Die Ausgangslage entspricht insoweit der Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft.

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Vgl. BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß, sowie Rz. 19. Vgl. statt aller Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 27 (Stand: Juni 2017). Vgl. statt aller Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 29 (Stand: Juni 2017). Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2290 ff. (Stand: Oktober 2014). Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2301 (Stand: Oktober 2014). BFH v. 5.7.1990 – GrS 2/89, BStBl. II 1990, 837 = FR 1990, 635. BFH v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BStBl. II 1998, 137 = FR 1998, 314; sowie im Einzelnen Reiß in Kirchhof17, § 15 EStG Rz. 191. Im Einzelnen Reiß in Kirchhof17, § 15 EStG Rz. 185 ff.; Bergemann in Bergemann/Wingler, § 7 GewStG Rz. 65. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 135 (Stand: November 2016). BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 Rz. 28 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß. AA noch OFD Magdeburg v. 4.4.2005 – G 1400 - 13 - St 213, DStR 2005, 867 sowie OFD Münster v. 13.2.2004, Kurzinformation Gewerbesteuer Nr. 01/2004, DStR 2005, 744 (indes uE überholt durch BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß).

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§ 9 Nr. 2 Rz. 20 Kürzungen (Mitunternehmer-Gewinnanteile) 20

Eine Partnerschaftsgesellschaft nach dem PartGG kann bei gewerblicher Prägung oder Infektion eine „andere Gesellschaft“ sein, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer angesehen werden.1 Die Behandlung des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA nach § 278 AktG ist in § 9 Nr. 2b GewStG eigenständig geregelt. Auch die EWIV unterfällt nicht als „andere Gesellschaft“ dem Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2 GewStG, da sie keinen Gewerbebetrieb unterhält, sodass die EWIV-Mitglieder keine Mitunternehmer sein können.2 3. Ausländische Mitunternehmerschaften

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Bei einer ausländischen Personengesellschaft kann eine gewstl. Doppelbelastung, die durch § 9 Nr. 2 GewStG verhindert werden soll, dann eintreten, wenn die Auslandsgesellschaft eine inländische Betriebsstätte unterhält und damit im Inland selbst gewstpfl. ist. Der – weitergehende – Gesetzeszweck, die zutreffende Objektbesteuerung sicherzustellen, erfordert indes die Anwendung der Norm auch dann, wenn die ausländische Personengesellschaft nicht über eine inländische Betriebsstätte verfügt.3 Ebenso wie der Rechtstypenvergleich iRd. § 9 Nr. 7 und 8 GewStG geführt werden muss, muss aus deutscher Sicht eine Personengesellschaft vorliegen, um § 9 Nr. 2 GewStG anwenden zu können.4 4. Gewerbebetrieb

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Notwendige Voraussetzung einer Qualifikation jeder in- oder ausländischen „Gesellschaft“ oder vergleichbaren Personenmehrheit (zB Erbengemeinschaft) als Mitunternehmerschaft ist eine gewerbliche Betätigung in gesamthänderischer Verbundenheit. Die Betätigung der Gesamthand kann nach den allgemeinen Regeln der § 2 Abs. 1 GewStG, § 1 GewStDV, § 15 EStG eine originär gewerbliche, eine gewerblich geprägte oder gewerblich infizierte sein. Insbesondere die historisch im Hinblick auf die gewstl. Folgen entwickelte Rechtsfigur der sog. Betriebsaufspaltung ist zu beachten.5 Anders als bei § 9 Nr. 7 GewStG ist bei Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften im Grundsatz keine „Aktivität“ iSd. § 8 Abs. 1 AStG erforderlich, um die Kürzung geltend machen zu können. Durch den mit Wirkung ab EZ 2017 eingefügten Ausschluss von § 9 Nr. 2 GewStG in den Fällen des § 7 Satz 8 GewStG (s. Rz. 13) besteht jedoch mittlerweile eine Anknüpfung des § 9 Nr. 2 GewStG an § 20 Abs. 2 AStG. Liegen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 AStG vor (ua. Vorliegen passiver Einkünfte), ist demnach keine Kürzung mehr möglich.

23 Streitig ist die stl. Behandlung der Verpachtung eines Gewerbebetriebs durch eine Personengesell-

schaft. Nach Auffassung des GrS des BFH erlischt gewstl. die StPfl. des Verpächters bei der Betriebsverpachtung, da nicht mehr von einer „werbenden“ Tätigkeit auszugehen sei.6 Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass bei entsprechender Ausübung des sog. Verpächterwahlrechts – durch Unterlassen der Betriebsaufgabeerklärung7 – einkommensteuerlich weiterhin eine gewerbliche Personengesellschaft vorliegt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung erlischt die GewStPfl. des Verpächters unabhängig von der Ausübung des Verpächterwahlrechts,8 es sei denn, es liegt eine Betriebsaufspaltung vor.9 Welche Folgen daraus für die Anwendung des § 9 Nr. 2 GewStG zu ziehen sind, führen die GewStR 2009 jedoch nicht aus. Nach der wohl hM in der Literatur bleibt die Kürzungsvorschrift anwendbar.10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

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Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 17 (Stand: Juni 2017). BMF v. 15.11.1988 – IV C 5 - S 1316 - 67/88, DB 1989, 354. Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 20 (Stand: Juni 2017). Vgl. zum Rechtstypenvergleich die Tabellen 1 und 2 im Anhang des Betriebsstättenerlasses, BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076; sowie v. 19.3.2004 – IV B 4 - S 1301 USA - 22/04, BStBl. I 2004, 411; bestätigt durch BFH v. 20.8.2008 – I R 34/08, BStBl. II 2009, 263 = FR 2009, 299. Die Figur der „Betriebsaufspaltung“ wurde durch den RFH anerkannt (RFH v. 26.10.1938 – VI 501/38, RStBl. 1939, 282; v. 1.7.1942 – VI 92/42, RStBl. 1942, 1081) und wird vom BFH fortgeführt, zuletzt zB BFH v. 24.9.2015 – IV R 9/13, BStBl. II 2016, 154 = FR 2016, 269 m. Anm. Wendt. BFH v. 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. III 1964, 124. H 16 Abs. 5 EStH 2016. H 2.2 GewStH 2009 sowie H 15.7 Abs. 4–8 EStH 2016. H 2.6 Abs. 1 GewStH 2009. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 141 (Stand: November 2016); Schnitter in Frotscher/Maaß, § 9 GewStG Rz. 119 (Stand: April 2014); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 4.

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B. Voraussetzungen der Kürzung

Rz. 24 § 9 Nr. 2

Das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft sei allein nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen und die Kürzung nach dem eindeutigen Wortlaut nicht abhängig von der GewStPfl. der Mitunternehmerschaft.1 Die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion lägen nicht vor.2 Die Gegenauffassung geht dagegen von der Unanwendbarkeit des § 9 Nr. 2 GewStG aus.3 Die Gesellschafter der betriebsverpachtenden Gesellschaft seien keine „Mitunternehmer“ iSd. Vorschrift, da infolge der Aufgabe der werbenden Tätigkeit die Personengesellschaft nicht mehr gewstpfl. sei.4 Ferner ergebe sich dies aus § 2 Abs. 5 GewStG, da sich der Gewerbebetrieb auf den Pächter verlagere und die Personengesellschaft in gesamthänderischer Verbundenheit keiner gewerblichen Betätigung mehr nachgehe, sodass die Gesellschafter daher keine Mitunternehmer sein könnten.5 Diese Auffassung verhindere ein Auseinanderfallen der Wertungen des GewStG und des EStG.6 Ferner sei die Entscheidung des GrS des BFH nach dieser Auffassung „rechtssystematisch kaum zu begründen“.7 Gosch hält es dagegen für zutreffend, einheitlich eine vermögensverwaltende Tätigkeit zu sehen, was zwar die vollständige Aufdeckung der stillen Reserven zur Folge hätte, aber mit der Entscheidung des GrS vereinbar wäre.8 Überzeugender ist mE die Auffassung, dass es auch dann zu einer Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG kommt, wenn auf Ebene der Verpachtungsgesellschaft keine sachliche GewStPfl. mehr besteht. Würde man den Gewinnanteil aus der Verpachtungsgesellschaft nicht nach § 9 Nr. 2 GewStG kürzen, käme es iErg. auf Ebene des Gesellschafters der Verpachtungsgesellschaft zu einer (Nach-)Belastung mit GewSt. Die weithin anerkannte Nichterfassung des Gewinns aus der Verpachtung würde hierdurch unterlaufen. Dies würde auch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber Fällen führen, in denen der Gesellschafter selbst nicht gewstpfl. ist oder gegenüber einer natürlichen Person als Verpächter, bei der die Erträge aus der Verpachtung von vornherein allg. anerkannt nicht mehr der GewSt unterliegen können.

III. Sonstige Anforderungen Anders als die Kürzungsvorschriften für in- und ausländische Schachteldividenden enthält § 9 Nr. 2 24 GewStG keine weitergehenden, einschränkenden Voraussetzungen, etwa in Bezug auf die Beteiligungshöhe, die Dauer der Beteiligung oder die Unmittelbarkeit des Haltens der Beteiligung. Erfasst ist daher etwa auch die durch einen Treuhänder vermittelte Mitunternehmerstellung.9 Eine mittelbare Beteiligung kann dagegen nicht durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft hergestellt werden, da deren Einkünfte durch die zugerechneten gewerblichen Einkünfte der Untergesellschaft gewerblich werden.10 Ferner reicht es in zeitlicher Hinsicht aus, wenn die Beteiligung zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des EZ gehalten wurde. Bei mittelbar gehaltenen Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften soll nach Gosch die Kürzung nicht von Amts wegen, sondern erst nach Erfüllung der Pflichten aus § 90 Abs. 2 AO gewährt werden.11 Dies ist mE jedoch keine Einschränkung des materiellen Rechts, sondern ausschließlich eine verfahrensrechtliche Fragestellung. 1 So auch BFH v. 16.1.1951 – I 61/50 U, BStBl. III 1951, 49, zu § 9 Nr. 1 GewStG. 2 Lehwald, DStR 1982, 18; für eine teleologische Reduktion der Norm Seithel, DStR 1975, 604 (608) (aufgrund fehlender Vorbelastung mit GewSt auf Ebene der Personengesellschaft sei § 9 Nr. 2 GewStG nicht anzuwenden). 3 Barske, DStR 1982, 194; Schoor, DStR 1997, 1 (4); Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 24 (Stand: Juni 2017). 4 Barske, DStR 1982, 194. 5 Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5606 (Stand: November 2017). Indes ist die Betriebsverpachtung wohl gerade kein Betriebsübergang im Ganzen iSd. § 2 Abs. 5 GewStG, vgl. Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 278 (Stand: Oktober 2015). 6 Barske, DStR 1982, 194; zustimmend Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 141 (Stand: November 2016). 7 Barske, DStR 1982, 194 (195). 8 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 141 (Stand: November 2016). 9 RFH v. 3.2.1938 – VI 40/38, RStBl. 1938, 428. 10 Zur Sonderkonstellation abweichender Wj. von Ober- und Untergesellschaft BFH v. 26.6.2014 – IV R 5/11, BStBl. II 2014, 972 = FR 2014, 976 m. Anm. Wendt, sowie zur de-minimis-Rspr. bei „Aufwärtsabfärbung“ FG Ba.-Wü. v. 22.4.2016 – 13 K 3651/13, EFG 2016, 1246 – Rev. IV R 30/16. 11 Vgl. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 145 (Stand: November 2016); zustimmend Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 28 (Stand: Juni 2017).

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§ 9 Nr. 2 Rz. 25 Kürzungen (Mitunternehmer-Gewinnanteile)

C. Umfang der Kürzung I. „Anteile am Gewinn“ der Mitunternehmerschaft 1. Vorbemerkung 25

Die Kürzungsvorschrift erfasst alle „Anteile am Gewinn“ der Mitunternehmerschaft, die „bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind“. § 9 Nr. 2 GewStG knüpft an der Gewinnermittlung des § 7 Satz 1 GewStG an und erfasst den gesamten Anteil am Gewinn der Personengesellschaft, wie dieser nach § 15 EStG iRd. zweistufigen Gewinnermittlung1 ermittelt und dem Gesellschafter zugerechnet wird.2 Da der gesamte Gewinnanteil zu kürzen ist, können einzelne Bestandteile nicht separat von der Kürzung ausgenommen werden. Sind in dem zu kürzenden Gewinnanteil daher zB Beteiligungserträge aus KapGes. enthalten, für die – bei einer unmittelbaren Beteiligung – die Voraussetzungen der gewstl. Kürzung nach § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG nicht erfüllt sind (bei denen es sich also nicht um gewstl. Schachtelbeteiligungen handelt), sind auch diese Beteiligungserträge von der Kürzung mit umfasst. Auf die weitergehenden Voraussetzungen von § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG kommt es demnach nicht an. 2. Laufender Gewinn und Sondervergütungen

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Der zu kürzende laufende Gewinn ergibt sich aus der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Ergebnisses der Mitunternehmerschaft, in die auch etwaige Ergebnisse aus Ergänzungsbilanzen einbezogen werden (zu dem Ergebnis aus Sonderbilanzen sogleich).3 Bindungswirkung entfaltet die gesonderte und einheitliche Feststellung für die GewSt indes nicht.4 Existiert für eine inländische oder eine ausländische Personengesellschaft (noch) keine gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, kommt es dennoch zur Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG. Der Betrag der Kürzung bestimmt sich in diesem Fall jedenfalls vorläufig nach dem Betrag, der bei der Gewinnermittlung steuerbilanziell als Gewinn aus der Mitunternehmerschaft angesetzt worden ist (ggf. unter Berücksichtigung außerbilanzieller Hinzurechnungen und Kürzungen, zB für nicht abziehbare Betriebsausgaben).

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Zu den für die GewSt maßgeblichen5 laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch solche Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von WG bezogen hat (konstitutive Umqualifikation zu sog. Sondervergütungen).6 Die Qualifikation als Sondervergütung für die Überlassung von WG hat Vorrang gegenüber der Erfassung in der Buchführung einer eigenen gewerblichen Tätigkeit eines Gesellschafters (sog. Bilanzierungskonkurrenz).7 Dies gilt grds. auch bei der Beteiligung an einer ausländischen Mitunternehmerschaft.8 Gem. § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG gilt die Vergütung für Zwecke der Anwendung des Abkommens ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns, soweit das einschlägige DBA keine Sondervorschrift für die Qualifikation von Sondervergütungen enthält.9 Unabhängig davon, welcher Betriebsstätte die Sondervergütung in diesem Fall zuzuordnen ist (vgl. § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG), unterfällt somit die Sondervergütung auch in diesem Fall als Bestandteil des Gewinnanteils der Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG. Auch dann, wenn die Sondervergütung bei der Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft wegen § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG iErg. in Deutschland 1 Zu dieser instruktiv Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 10 Rz. 100 ff.; Ley, KÖSDI 2016, 19800. 2 Statt aller Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 147 (Stand: November 2016). 3 Vgl. zu einer Sonderkonstellation durch die Einbeziehung von Ergänzungsbilanzen in Umstrukturierungssachverhalten zwischen dem 24.3.1999 und dem 23.10.2000 Schreiber in Deloitte, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 34 ff. 4 Statt aller Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 147 (Stand: November 2016). 5 Vgl. BFH v. 27.2.1991 – I R 15/89, BStBl. II 1991, 444; H 7.1 Abs. 3 GewStH 2009; historisch zum Streit hierüber vgl. Knobbe-Keuk, JbFfSt. 1975/76, 175 ff. 6 Ausführlich Reiß in Kirchhof17, § 15 EStG Rz. 309 ff. 7 BFH v. 22.2.1994 – IX R 14/90, BFH/NV 1995, 14. 8 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003, BStBl. I 2014, 1258 Tz. 5.1.1 ff. 9 § 50d Abs. 10 EStG findet keine Anwendung auf gewerblich geprägte Personengesellschaften; zur Anwendung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags vgl. § 7 Satz 6 GewStG sowie § 7 GewStG Rz. 159 ff.

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C. Umfang der Kürzung

Rz. 29 § 9 Nr. 2

nicht von einer Besteuerung freigestellt wird, bleibt es (soweit überhaupt eine inländische gewstl. Betriebsstätte gegeben ist, vgl. hierzu § 2 GewStG Rz. 88 ff.) bei der Kürzung gem. § 9 Nr. 2 GewStG. Der Rückfall des Besteuerungsrechts gem. § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG ändert nichts daran, dass es sich auch in diesem Fall bei der Sondervergütung um einen Bestandteil des Gewinnanteils aus der Mitunternehmerschaft handelt. Eine andere Frage ist, ob die § 50 Abs. 10 EStG unterfallende Sondervergütung bzw. ein § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG unterfallender Ertrag auf Ebene der Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) im Gewerbeertrag enthalten ist. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob die entsprechenden Erträge einer inländischen oder ausländischen Betriebsstätte der Mitunternehmerschaft zuzuordnen sind (vgl. die Kürzung durch § 9 Nr. 3 GewStG). 3. Veräußerungsgewinne a) Veräußerung der gesamten Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft Der GewSt unterliegt im Grundsatz nur der laufende Gewinn.1 Kein „Anteil am Gewinn“ der Ge- 28 samthand ist der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe der gesamten Beteiligung an der Mitunternehmerschaft durch einen Gesellschafter. Indes gehört ab EZ 2002 nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG zum Gewerbeertrag auch der Gewinn aus der Veräußerung oder der Aufgabe eines Anteils eines Gesellschafters einer Mitunternehmerschaft, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Die Einführung dieser (oftmals überschießenden)2 Missbrauchsvermeidungsvorschrift durch das UnternehmenssteuerfortentwicklungsG 2002 hat – wie Hartmann zutreffend feststellt – in Bezug auf § 9 Nr. 2 GewStG zu „großer Verwirrung“3 geführt. Wird ein Veräußerungsgewinn durch die Sondernorm des § 7 Satz 2 GewStG auf Ebene der Personengesellschaft erfasst und versteuert, bestehe zwar „Einigkeit“,4 dass der Gewinn aus der Veräußerung auf Ebene des Veräußerers (Mitunternehmers) nicht ein zweites Mal in die gewstl. Bemessungsgrundlage einfließen könne, da wertungsmäßig die Personengesellschaft die „Quelle für diese Einkünfte“5 aus der Veräußerung des Anteils sei.6 Unterschiede bestehen jedoch hinsichtlich der dogmatischen Herleitung dieses Ergebnisses. Wegen des Ausschlusses der Kürzung in § 9 Nr. 2 Satz 2 GewStG für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen und Pensionsfonds ist die Herleitung dieses Ergebnisses auch praktisch von Relevanz.7 Ist der Veräußerer selbst nicht gewstpfl., besteht für eine Kürzung ohnehin kein Bedürfnis. Zum einen wird eine Anwendung des § 9 Nr. 2 GewStG auf Ebene des Veräußerers erwogen.8 Zum 29 anderen wird vertreten, dass der Veräußerungsgewinn auf Ebene des Gesellschafters bei der Ermittlung des Gewerbeertrags von vornherein nicht einzubeziehen sei, da dieser infolge der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung zugewiesen werde und kein laufender Gewinn sei.9 Aufgrund des Objektsteuercharakters sei die „Kürzung“ (dh. der Nichtansatz) daher bereits nach § 7 Satz 1 GewStG vorzunehmen; einer Anwendung des § 9 Nr. 2 GewStG bedürfe es daher nicht.10 Der Verweis in § 7 Satz 1 GewStG auf die Gewinnermittlung nach den Vorschriften des EStG oder KStG11 bezieht sich nach dieser Auffassung nur auf die laufenden einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die im Wege der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Satz 1 1 Vgl. BFH v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 Rz. 103 = FR 2011, 140 m. Anm. Wendt; § 7 GewStG Rz. 25. 2 Vgl. im Einzelnen § 7 GewStG Rz. 99 ff. 3 Hartmann in Bergemann/Wingler, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 95. 4 Neumayer/Bader, EStB 2005, 386 (389). 5 BFH v. 25.5.1962 – I 78/61 S, BStBl. III 1962, 438 Rz. 15 (Urt. erging zur alten Rechtslage ohne § 7 Satz 2 GewStG). 6 BFH v. 25.5.1962 – I 78/61 S, BStBl. III 1962, 438 Rz. 14. 7 Zutreffend Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 32 (Stand: Juni 2017). 8 Neumayer/Bader, EStB 2005, 386 (389); Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 141 (Stand: November 2016). 9 Körner, INF 21/2004, 820 (821). 10 Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 32 (Stand: Juni 2017); Schreiber in Deloitte, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 41; Schnitter in Frotscher/Maaß, § 9 GewStG Rz. 120 (Stand: April 2014). 11 Zur Notwendigkeit, von den Vorschriften der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung abzuweichen, soweit diese mit dem „besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht im Einklang [stehen]“, BFH v. 8.5.1991 – I R 33/90, BStBl. II 1992, 437 = FR 1992, 51.

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§ 9 Nr. 2 Rz. 30 Kürzungen (Mitunternehmer-Gewinnanteile) Nr. 2 lit. a AO zugerechnet werden. Zwar werde im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen auch (bindend, § 182 AO) darüber entschieden, ob ein laufender Gewinn oder ein Veräußerungsgewinn vorliegt.1 Dies ändere jedoch nichts daran, dass bei der Ermittlung des laufenden Gewinns des Gesellschafters gem. § 7 Satz 1 GewStG der Gewinn iSd. § 16 EStG nicht angesetzt wird.2 Indes spricht § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG allein davon, dass „zum Gewerbeertrag“ – und nicht „zum Gewinn“ – auch Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft gehören. Es handelt sich also um eine Spezialnorm zur Korrektur des Gewerbeertrags. Systematisch folgt § 7 Satz 2 GewStG der Ermittlung des Gewerbeertrags gem. § 7 Satz 1 GewStG nach. Der Wortlaut der Norm schränkt ihren Anwendungsbereich nicht auf die Ermittlung des Gewerbeertrags der Personengesellschaft ein, deren Anteile veräußert wurden. Interessant ist, dass dadurch der Einleitungssatz des § 9 GewStG bei strenger Lesart keine Kürzung für die Sonderposition des § 7 Satz 2 GewStG ermöglicht, da der Kürzung „die Summe aus dem Gewinn und der Hinzurechnungen“ unterliegt, jedoch nicht der „Gewerbeertrag“. Somit ordnet § 7 Satz 2 GewStG den Veräußerungsgewinn konstitutiv dem „Gewerbeertrag“ zu, und zwar sowohl auf Ebene der Personengesellschaft als auch auf Ebene des Gesellschafters, ohne dass § 9 Nr. 2 GewStG direkt zur Anwendung gelangen kann. Möglich bleibt deshalb uE nur die analoge Anwendung des § 9 Nr. 2 GewStG oder eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 2 GewStG für die Ebene des Gesellschafters. Vor dem Hintergrund der speziellen Missbrauchsvermeidung des § 7 Satz 2 GewStG scheint die teleologische Reduktion vorzugswürdig. IErg. stimmt dieses Vorgehen mit der Auffassung der hM überein.3 Fraglich bleibt, ob damit eine ungewollte Begünstigung der Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds entsteht, da die Einschränkung des § 9 Nr. 2 Satz 2 GewStG dann in Veräußerungsfällen leerläuft, was der gesetzgeberischen Intention widersprechen könnte. 30

Eine Sonderfrage tritt bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils auf, der eine Beteiligung an einer doppelstöckigen Personengesellschaftsstruktur vermittelt.4 Die Frage ist dann, ob § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG nur auf Ebene der Obergesellschaft zum Ansatz des Veräußerungsgewinns führt (sog. Abschirmungslösung) oder ob es zum anteiligen Ansatz der auf die jeweilige Personengesellschaft zu allokierenden stillen Reserven auf Ebene der jeweiligen Mitunternehmerschaft kommt (sog. Durchstockungslösung).5 Damit ergibt sich die Frage, ob die Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG auf Ebene des Mitunternehmers oder anteilig auf Ebene der (jeweiligen) Obergesellschaft(-en) vorzunehmen ist. Der BFH sieht in diesen Fällen nur einen Veräußerungsvorgang,6 sodass § 9 Nr. 2 GewStG nur auf Ebene des Mitunternehmers Anwendung finden kann (iSd. Abschirmungslösung).7

31

Weitere Sonderfragen ergeben sich in Umwandlungsfällen durch die Sperrfrist des § 18 Abs. 3 UmwStG.8

32

Eine weitere Sonderfrage betrifft die Veräußerung von Anteilen an Personengesellschaften, die als (gewerblich geprägte) Grundstücksobjektgesellschaften eingesetzt werden. Der BFH hat entschieden, dass die Veräußerung eines Anteils an einer solchen Grundstücksobjektgesellschaft als Veräußerung von Objekten iSd. sog. Drei-Objekt-Grenze anzusehen ist.9 Zwar wird die Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bei der gewerblich tätigen Personengesellschaft grds. durch die sog. Einheitsbetrachtung (des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) verdrängt. Indes wird die Einheitsbetrachtung der gewerblichen Personengesellschaft durchbrochen, wenn dies im Interesse einer sachgerechten Besteuerung geboten ist.10 Nach Auffassung des BFH kann in diesem Fall § 9 Nr. 2 GewStG nicht angewandt wer1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

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Geissler in H/H/R, § 16 EStG Anm. 45 (Stand: März 2013). R 7 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009. Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 32 mwN (Stand: Juni 2017). Suchanek, GmbHR 2007, 248; Ludwig, BB 2007, 2152; Kleymann/Hindersmann, BB 2006, 2104; Hülsmann, DStR 2014, 184; Ley, KÖSDI 2010, 17148; Ley, KÖSDI 2011, 17277. Kleymann/Hindersmann, BB 2006, 2104. BFH v. 18.9.2007 – I R 79/06, FR 2008, 960 m. Anm. Suchanek = BFH/NV 2008, 729. Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 33 mwN (Stand: Juni 2017); aA Hülsmann, DStR 2014, 184; vgl. auch Suchanek, GmbHR 2007, 248, der eine teleologische Reduktion des § 7 Satz 2 GewStG vorschlägt. BFH v. 27.3.1996 – I R 89/95, BStBl. II 1997, 224 = FR 1997, 234; vgl. im Einzelnen Anh. GewSt bei Umwandlungen Rz. 31 ff. BFH v. 5.6.2008 – IV R 81/06, BStBl. II 2010, 974 = FR 2009, 128 m. Anm. Kanzler; v. 29.6.2011 – X R 39/07, BFH/NV 2012, 16. Ratschow in Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 39 Rz. 78.

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D. Ausschlüsse

Rz. 38 § 9 Nr. 2

den, weil die gewerblichen Einkünfte als laufende Erträge direkt beim Gesellschafter entstehen.1 Fraglich ist, ob diese Auffassung auch nach Einführung des § 7 Satz 2 GewStG aufrechterhalten werden kann.2 Stehen auf der Seite des Veräußerers und des Erwerbers dieselben Personen, handelt es sich aufgrund 33 der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG auch für gewstl. Zwecke um „laufende Gewinne“.3 Der Gewinn ist bei dem veräußernden Gesellschafter nach § 9 Nr. 2 GewStG zu kürzen. b) Veräußerung eines Teils der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft Laufender Gewinn/Verlust nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG und somit gewstl. zu berücksichtigen ist 34 nach R 7 Abs. 3 Satz 6 GewStR 20094 (§ 7 GewStG Rz. 66) der Gewinn bzw. Verlust aus der Veräußerung eines Teils der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft (Teil-Mitunternehmeranteil). Entsteht durch die Veräußerung des Teil-Mitunternehmeranteils ein Gewinn, ist auch insoweit § 9 Nr. 2 GewStG anwendbar und führt auf Ebene des veräußernden Mitunternehmers zu einer Kürzung des entsprechenden Gewinns. 4. Bruttoansatz der Gewinnanteile Aufwendungen des Gesellschafters im Zusammenhang mit der Mitunternehmerschaft fließen als Son- 35 derbetriebsausgaben in die Ermittlung der Nettogröße „Gewinnanteil“ aus der Mitunternehmerschaft ein.5 Etwaige Sonderbetriebsausgaben eines Gesellschafters erhöhen daher nicht den Kürzungsbetrag, sondern sind bereits auf der vorgelagerten Ebene der Mitunternehmerschaft selbst zu berücksichtigen. Ebenso wenig erhöhen auf den Gewinnanteil entfallende ausländische Steuern den Kürzungsbetrag („Bruttoansatz“).6

II. „Wenn die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind“ Das einschränkende Erfordernis des Ansatzes bei der Gewinnermittlung soll verhindern, dass Gewinn- 36 anteile aus Mitunternehmerschaften, die in dem nach § 7 Satz 1 GewStG ermittelten Gewerbeertrag von vornherein schon nicht enthalten sind, aufgrund der Kürzungsvorschrift in § 9 Nr. 2 GewStG zum „doppelten Abzugsposten“ werden. Hauptanwendungsfall dieser Einschränkung sind Gewinnanteile, die bereits aufgrund eines anwendbaren DBA in Deutschland von einer Besteuerung freigestellt sind (vgl. Art. 23A OECD-MA).

D. Ausschlüsse Ebenso wie im Rahmen von § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG sind Lebens- und Krankenversicherungs- 37 unternehmen sowie Pensionsfonds von der Kürzung ausgeschlossen, da diese gem. § 21 KStG Rückstellungen für Beitragsrückzahlungen bilden können, wodurch die Gewinne zwar „bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt“ werden, iErg. aber erfolgsneutral bleiben.7 Ein weiterer Ausschluss für „Einkünfte im Sinne des § 7 Satz 8“ wird durch § 9 Nr. 2 Halbs. 2 38 GewStG angeordnet. Durch § 7 Satz 8 GewStG gelten Einkünfte iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt. Insoweit kommt es somit nicht zu einer Kürzung gem. § 9 1 2 3 4 5 6 7

BFH v. 5.6.2008 – IV R 81/06, DStR 2008, 1729 = FR 2009, 128 m. Anm. Kanzler. Ablehnend Behrens/Schmitt, BB 2008, 2332 (2334 f.). H 7.1 Abs. 3 GewStH 2009. Zuvor bereits OFD Düsseldorf v. 10.9.2002 – G 1421 - 19 - St 132, FR 2002, 1151. Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 123 mwN (Stand: April 2014). Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 123 mwN (Stand: April 2014). Vgl. etwa Hartmann in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 82.

Pitzal

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§ 9 Nr. 2 Rz. 39 Kürzungen (Mitunternehmer-Gewinnanteile) Nr. 2 GewStG (s. bereits Rz. 13 und § 7 GewStG Rz. 169).1 Eine Rückausnahme besteht lediglich für bestimmte EU-Sachverhalte (§ 7 Satz 9 GewStG iVm. § 8 Abs. 2 AStG).

E. Besonderheiten im EZ 2003 39

Mit Wirkung nur für den EZ 2003 enthielt § 9 Nr. 2 Halbs. 2 und 3 GewStG 2003 einen objektiven Ausschluss von der gewstl. Kürzung der Gewinnanteile aus Personengesellschaften, wenn der Gewerbeertrag der Personengesellschaft „nur einer niedrigen Gewerbesteuerbelastung“ unterlag, wobei § 8a GewStG 2003 für die Beurteilung einer „niedrigen“ Belastung sinngemäß galt. Nach § 8a Abs. 2 GewStG 2003 wurde von einer niedrigen Gewerbebesteuerung ausgegangen, wenn „der von der hebesatzberechtigten Gemeinde bestimmte Hebesatz 200 vom Hundert“ unterschreitet. Mit der Einführung des Mindesthebesatzes von 200 % in § 16 Abs. 4 GewStG ab EZ 2004 hat sich diese Regelung erübrigt.

§ 9 Nr. 2a [Inländische Schachtelerträge] Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um … 2a. die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2, einer Kredit- oder Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts, einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft im Sinne des § 3 Nr. 23, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 Prozent des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind. 2Ist ein Grund- oder Stammkapital nicht vorhanden, so ist die Beteiligung an dem Vermögen, bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die Beteiligung an der Summe der Geschäftsguthaben, maßgebend. 3Im unmittelbaren Zusammenhang mit Gewinnanteilen stehende Aufwendungen mindern den Kürzungsbetrag, soweit entsprechende Beteiligungserträge zu berücksichtigen sind; insoweit findet § 8 Nr. 1 keine Anwendung. 4Nach § 8b Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes nicht abziehbare Betriebsausgaben sind keine Gewinne aus Anteilen im Sinne des Satzes 1. 5Satz 1 ist bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen auf Gewinne aus Anteilen, die den Kapitalanlagen zuzurechnen sind, nicht anzuwenden; für Pensionsfonds gilt Entsprechendes; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

B. Tatbestandliche Voraussetzungen (Sätze 1 und 2) . . . . . . . . . . . . . . . .

6

I. Anforderungen an den Anteilseigner . . . .

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

8

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zu § 9 Nr. 7 GewStG . . . b) Verhältnis zu § 8 Nr. 5 GewStG . . . c) Verhältnis zu § 7a GewStG . . . . . 2. Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . 3. Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . .

9

. . . . . . . . .

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9 9 10 11 12 15

II. Anforderungen an die Beteiligung . . 1. Anforderungen an die ausschüttende Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . b) Nicht steuerbefreite inländische Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . aa) Kapitalgesellschaft . . . . . . bb) Inländisch . . . . . . . . . . . cc) Nicht steuerbefreit . . . . . .

16 16

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17 17

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18 18 19 23

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. . . .

1 Kritisch zB Kahle/Willner, Ubg 2017, 21; Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 40 mwN (Stand: Juni 2017).

498

Pitzal/Bergmann

Kürzungen (Inländische Schachtelerträge) c) Kredit- oder Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . d) Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unternehmensbeteiligungsgesellschaft . 2. Art und Umfang der Beteiligung an der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schuldrechtliche Kapitalüberlassung, insbesondere Genussrechte . . . . . . . c) Mittelbare Beteiligungen . . . . . . . . d) Eigene Anteile . . . . . . . . . . . . . . 3. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beteiligung . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stichtagsprinzip bei Umwandlungen . .

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25

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26 27

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28 28

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29 33 34 35 35 36

§ 9 Nr. 2a

C. Rechtsfolge und Umfang der Kürzung . .

37

I. Gewinnanteile . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Gewinne aus Anteilen“ . . . . . . . . . . 2. Umfang der Kürzung bei teilweise steuerbefreiter Körperschaft . . . . . . . . . . . 3. Keine Kürzung von Veräußerungsgewinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gewinnanteile bei Liquidation . . . . . . 5. Gewinnanteile bei Umwandlung . . . . .

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37 37

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41

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42 43 44

II. Kürzung des „Nettogewinns“ . . . . . . . .

45

III. Besonderheiten bei der Organschaft . . . .

49

D. Kürzungsverbot (Satz 5) . . . . . . . . . .

51

Literatur: Herzig, Anteilsrotation vor Liquidation einer Kapitalgesellschaft, DB 1980, 1605; Altehoefer/Krebs/Nolte/ Roland, Steuerentlastungsgesetz 1984, DStZ 1984, 4; Hundt, Änderungen des Außensteuerrechts durch das Steuerentlastungsgesetz 1984, DB 1984, 209; Manke, Vermögensteuer- und Außensteuerrecht nach dem Steuerentlastungsgesetz 1984, FR 1984, 77; Sarrazin, Analogie zugunsten des Steuerpflichtigen: Anwendung des BFH-Urteils v. 20.10.1983? Folgen für die Gewerbe- und Körperschaftsteuer?, FR 1984, 499; Schick, Die Beteiligung einer gemeinnützigen Körperschaft an einer GmbH und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, DB 1985, 1812; Authenrieth/Haug, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg und Verlustvortrag, DStZ 1987, 279; Veigel, Betriebs- und Teilbetriebsverpachtungen im Gewerbesteuerrecht, DB 1987, 2222; Schnädter, Die Belastungen durch die Gewerbesteuer und Möglichkeiten, sie zu vermeiden, BB 1988, 313; Theisen, Die Besteuerung der KGaA, DB 1989, 2191; Gosch, Rechtsprechung zur Gewerbesteuer, StuW 1992, 350; Neufang/Henrich, Liquidationsgewinne aus einer Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft bei der Gewerbesteuer, GmbHR 1993, 82; Orth, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg für EK 04-Ausschüttungen, DB 1993, 2152; Wolff, § 32c EStG – Organschaftsverhältnisse zur Senkung des Spitzensteuersatzes für Gewinne aus wesentlichen Beteiligungen, DStR 1993, 1685; Stimpel, Organschaftsverhältnisse zur Senkung des Spitzensteuersatzes für Gewinne aus wesentlichen Beteiligungen – Erwiderung zu Wolff, DStR 1993, 1685 ff., DStR 1994, 164; Blumers, Tarifkappung bei Organschaftsverhältnissen, BB 1994, 841; Krabbe, Betriebsausgaben im Zusammenhang mit ausländischen Schachtelbeteiligungen, DB 1994, 242; Laule, Mindestbeteiligungsquote an der Enkelgesellschaft, KFR Fach 5, GewStG § 9, 1/97, S. 237; Roser/Tesch, Begrenzung der Gewerbesteuerpflicht von Kapitalgesellschaften, FR 1998, 183; Eckert/Kneip/Rieke, Aktuelle Fragen zur Gewerbesteuer nach Verabschiedung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 und der GewStR 1998, INF 1999, 225; Killinger, Berücksichtigung von Betriebsausgaben bei der Anwendung der Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG, BB 1999, 500; Patt, Änderungen im Gewerbesteuerrecht ab dem Erhebungszeitraum 1998, DStZ 1999, 597; Gosch, Zur Gewährung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs für Umwandlungsgewinne, StBp 2000, 157; Schuhmann, Die „Liebhaberei“ und kein Ende, StBp. 2000, 357; Grotherr, Gewerbesteuerliche Auswirkungen der mit steuerfreien Dividenden im Zusammenhang stehenden nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben, BB 2001, 597; Prinz/Simon, Kuriositäten und Ungereimtheiten des UntStFG: Ungewollte Abschaffung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs für Kapitalgesellschaften?, DStR 2002, 149; Lindemann, Gewerbesteuerliche Fragen bei inländischen Investmentfonds einschließlich Hedgefonds, DStZ 2003, 559; Heurung/Möbus, Einkommensermittlung bei Organschaften: Gestaltungsmöglichkeiten bei Umwandlungen und grenzüberschreitenden Sachverhalten im Kontext der neueren Entwicklungen im Unternehmenssteuerrecht, BB 2003, 766; Reinhardt, Das BMF-Schreiben zur Anwendung des § 8b KStG und Auswirkungen auf die Gewerbesteuer, BB 2003, 1148; Brans/Feyerabend, Steuerstrategien und Risk Management bei Kreditinstituten, Versicherern und Finanzdienstleistern, BB 2004, 1994; Gocksch/Buge, Pauschalierung von nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben gem. § 8b KStG und Gewerbesteuer – Auswirkungen bei Zwischenschaltung einer Personengesellschaft, DStR 2004, 1549; Körner, Gewerbeertragsbesteuerung von Mitunternehmerschaften, INF 2004, 265; Pauka, Änderungen des Gewerbesteuergesetzes, NWB Fach 5, 1539; Rogall, Ungereimtheiten bei der Gewerbesteuer im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, DB 2004, 2176; Kratzsch, Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen/Kürzungen bei Sachverhalten, die unter das Halbeinkünfteverfahren fallen, StB 2005, 13; Starke, Gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden, FR 2005, 681; Grotherr, Außensteuerrechtliche Bezüge im Jahressteuergesetz 2007, RIW 2006, 898; Kollruss, Kein pauschales Abzugsverbot nach § 8b Abs. 5 KStG für GewSt-Zwecke bei Bezug von Schachteldividenden über eine Organgesellschaft, DStR 2006, 2291; Schroer/Starke, Die beteiligungsunabhängige Schachtelprivilegierung in der Gewerbesteuer nach Verschmelzungen, FR 2007, 488; Richter, Kritische Beurteilung der gewerbesteuerlichen Auswirkung von § 8b Abs. 5 KStG durch das Jahressteuergesetz 2007, BB 2007, 751; Wendt, Kommentar zum BFH-Urt. v. 10.1.2007 – I R 53/06, FR 2007, 932; Kessler/Knörzer, Die Verschärfung der gewerbesteuerlichen Schachtelstrafe – erneute Diskriminierung inländischer Holdinggesellschaften?, IStR 2008, 121; Rauenbusch, Unternehmensteuerreform 2008:

Bergmann

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§ 9 Nr. 2a Rz. 1 Kürzungen (Inländische Schachtelerträge) Steuerliche Vorteilhaftigkeit des Formwechsels einer Kapital- in eine Personengesellschaft?, DB 2008, 656; Starke/ Günther, Ist die zeitliche Restriktion für Schachteldividenden in der Gewerbesteuer noch zeitgemäß?, FR 2008, 814; Bregenhorn-Kuhs/Drumm/Wagner, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg bei Gewinnanteilen aus doppelt ansässigen Kapitalgesellschaften, IWB 2009, 739; Kollruss, Gewerbesteuerliche Schachtelprivilegien und doppelt ansässige Kapitalgesellschaften, StuW 2009, 346; Ott, Zur Besteuerung von Kapitalgesellschaften und deren Gesellschaftern, StuB 2009, 232; Elser/Dürrschmidt, Die deutsche Immobilien-GmbH mit Geschäftsleitung im Ausland – Gesellschaftsrechtliche Grundlagen und ausgewählte steuerrechtliche Fragen, IStR 2010, 79; Ernst, Das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg – Irrungen und Wirrungen in nationalen und grenzüberschreitenden Konstellationen, Ubg 2010, 494; Seer/Krumm, Die Stichtagsregelung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs bei unterjähriger Einlage und Einbringung aus dem Privatvermögen, FR 2010, 677; Kollruss/Buße, Doppelt ansässige Gesellschaften, Zentralfunktionsthese des Stammhauses und Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG, IStR 2011, 13; Ernst, Das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg bei Umwandlungsvorgängen, Ubg 2012, 678; Kessler/Dietrich, Wann ist eine Beteiligung eine Schachtelbeteiligung?, DStR 2012, 2101; Schmidt/Gehrmann, Die doppelt ansässige Kapitalgesellschaft in der internationalen Gestaltungsberatung, PIStB 2012, 95; Haisch/Helios, Steuerpflicht von Streubesitzdividenden in der Direkt- und Fondsanlage, DB 2013, 724; Schnitger, Fragestellungen zur steuerlichen Behandlung doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften, IStR 2013, 82; Schöneborn, Gewerbesteuerliche „Schachtelfragen“ bei Ausschüttungen an Kapitalgesellschaften, NWB 2013, 2878; Kollruss, Europarechtswidrigkeit der gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegien bei doppelt ansässigen ausländischen EU-Tochtergesellschaften, IStR 2014, 51; Lenz/ Adrian, Besitzzeitanrechnung bei Umwandlungen und Einbringungen, DB 2014, 2670; Mattern, Vorsicht bei Umwandlungsvorgängen mit dem gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg! – Zugleich Anmerkungen zum BFH-Urt. v. 16.4.2014 – I R 44/13, DStR 2014, 2376; Pyszka/Nienhaus, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg bei Gewinnausschüttungen sowie vororganschaftlichen Mehrabführungen an eine Organgesellschaft – Zugleich Anmerkung zum Urteil des FG Münster v. 14.5.2014 – 10 K 1007/13 G, DStR 2014, 1585; Schwetlik, Überschießende Gewinnbeteiligung bei § 9 Nr. 2a GewStG, GmbHStB 2014, 255; Adrian, Gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden bei Organschaft, BB 2015, 1113; Jochimsen/Zinowsky, DBA-Schachtelprivileg, DStR 2015, 1999; Kollruss, Verfassungswidrigkeit des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs bei doppelt ansässigen Tochterkapitalgesellschaften, FR 2015, 446; Meining, Sind doppelansässige EU-Kapitalgesellschaften inländische Kapitalgesellschaften i.S.d. § 9 Nr. 2a GewStG?, GmbHR 2015, 1309; Schaarwächter, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg bei unterjähriger Einbringung von Anteilen aus dem Privat- in das Betriebsvermögen, GmbHStB 2015, 79; Suchanek/Hannacher, § 9 Nr. 2a GewStG als Gewerbesteuerfalle bei doppelt ansässigen Tochterkapitalgesellschaften in Zuzugsfällen?, Ubg 2016, 441; Teufel/Stark, Gewerbesteuerliche Erfassung von Ausschüttungen auf Eigenkapital-Genussrechte, RdF 2016, 238; Haase/Dorn, Zum Zusammenspiel zwischen körperschaft- und gewerbesteuerlichem Schachtelprivileg bei Bezug über eine gewerbliche Personengesellschaft, DStR 2017, 134. Verwaltungsanweisungen: R 2.1 (4), R 7.1 (5) und R 9.3 GewStR 2009; H 2.1 (4) und H 9.3 GewStH 2016; OFD Frankfurt/M. v. 14.10.2002 – G 1425 A - 12 - St II 22, G 1425 A - 15 - St II 22, DStR 2003, 251; OFD Frankfurt/M. v. 16.10.2002 – G 1425 A - 8 - St II 22, DStR 2003, 251; Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 20.5.2005, BStBl. I 2005, 727; UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314; OFD Karlsruhe v. 17.2.2016, G142.5/50/2-St 226.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 9 Nr. 2a GewStG regelt die gewstl. Kürzung laufender Beteiligungserträge, die von inländ. Kap-

Ges. (iSv. § 2 Abs. 2 GewStG, insbes. also AG und GmbH), Kredit- oder Versicherungsanstalten des öffentlichen Rechts, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften oder Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (iSv. § 3 Nr. 23 GewStG) bezogen werden. Andere als laufende Beteiligungserträge, inbes. Veräußerungsgewinne und -verluste, werden weder von § 9 Nr. 2a GewStG noch von der – korrespondierenden – Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG erfasst. Sie sind, soweit die Voraussetzungen der teilweisen (§ 3 Nr. 40 EStG) oder vollständigen (§ 8b Abs. 2 KStG) Steuerbefreiung gegeben sind, über den in § 7 Satz 1 GewStG enthaltenen Verweis auf die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG bzw. KStG auch für gewstl. Zwecke (teilweise oder vollständig) freigestellt. Sätze 1 und 2 der Norm legen die Anforderungen an den Anteilseigner, die Qualität und Höhe der Beteiligung sowie den maßgeblichen Zeitpunkt der Beteiligung fest, die für die Kürzung laufender Beteiligungserträge erfüllt sein müssen. § 9 Nr. 2a Satz 3 GewStG enthält Einzelheiten zur Ermittlung des Kürzungsbetrags. § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG sieht vor, dass pauschal nicht abziehbare Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 5 KStG von der Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG ausgeschlossen sind. § 9 500

Bergmann

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 4 § 9 Nr. 2a

Nr. 2a Satz 5 GewStG regelt schließlich – entsprechend § 8 Abs. 8 KStG – den Ausschluss von Lebens- und Krankenversicherungen sowie Pensionsfonds von der gewstl. Kürzung laufender Beteiligungserträge. § 9 Nr. 2a GewStG enthält die Voraussetzungen des sog. inländ. gewstl. Schachtelprivilegs. Die Vor- 2 schrift dient nach verbreitetem Verständnis der Vermeidung der gewstl. Doppelbelastung – zum einen bei der ausschüttenden KapGes. und zum anderen auf Anteilseignerebene. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG würde – ohne die Kürzung der von der Vorschrift erfassten, ausgeschütteten Gewinnanteile – eine solche gewstl. Doppelbelastung von Unternehmensgewinnen eintreten.1 UE ist die Zweckrichtung der Norm indes noch weiter zu fassen. Verfügt die ausschüttende Gesellschaft über Auslandsbetriebsstätten (hinsichtlich derer § 9 Nr. 3 GewStG anzuwenden ist) oder ist sie als Mitunternehmerin an einer ausländ. Personengesellschaft beteiligt (hinsichtlich derer § 9 Nr. 2 GewStG anzuwenden ist), steht dies der gewstl. Kürzung der Dividenden nach § 9 Nr. 2a GewStG auf Anteilseignerebene nicht entgegen, auch wenn in diesem Fall ein gewstl. Doppelbelastungseffekt nicht eintreten kann. Das ist auch konsequent, weil hierdurch das gewstl. Territorialitätsprinzip verwirklicht wird: Würde man die Gewerbesteuerbelastung iRd. Ausschüttung auf Anteilseignerebene „nachholen“, würde man das Territorialitätsprinzip bei KapGes. im Wesentlichen ausschalten (s. zur vergleichbaren Frage bei § 9 Nr. 7 § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 6). Der Zweck von § 9 Nr. 2a liegt deshalb nicht nur in der Vermeidung der gewstl. Doppelbelastung, sondern auch in der konsequenten Verwirklichung des Territorialitätsprinzips. Ganz allgemein lassen sich die gewstl. Schachtelprivilegien iÜ auch darauf stützen, dass sie Kaskadeneffekte vermeiden, die sich – unabhängig davon, ob sie aus inländ. GewSt oder ausländ. Steuern resultieren – ohne eine entsprechende Kürzung ergeben würden. Die vorstehend herausgearbeitete Zweckrichtung wird allerdings nur unvollständig umgesetzt, weil 3 § 9 Nr. 2a eine Beteiligungsquote von 15 % an der ausschüttenden Gesellschaft voraussetzt.2 Bei einer Beteiligung von unter 10 % kommt es, wenn es sich bei dem die Ausschüttung beziehenden Gewerbesteuersubjekt um eine Körperschaft handelt, aufgrund der körperschaftsteuerlichen „Schachtelstrafe“ gem. § 8b Abs. 4 KStG (der über § 7 Satz 1 GewStG auch in die GewSt hineinwirkt) zusätzlich zu einer körperschaftsteuerlichen „Vorbelastung“. Dass das Gewerbesteuerrecht die Kürzung von Beteiligungserträgen auf Schachtelbeteiligungen begrenzt, ist nicht unmittelbar einsichtig. Das Bedürfnis für eine gewstl. Kürzung hängt nämlich nicht davon ab, dass eine bestimmte Beteiligungsquote erreicht wird. Vielmehr liegt der Grund in der gewstl. Vorbelastung (oder der konsequenten Freistellung von ursprünglich in ausländ. Betriebsstätten generierten Erträgen) begründet, die unabhängig von der Beteiligungsquote eintritt. Grundsätzlich folgerichtig sieht § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG vor, dass Beteiligungserträge, die sich aus 4 (gewerbe-)steuerbefreiten KapGes. speisen, nicht von der Kürzung profitieren können. Insoweit gibt es gerade keine gewstl. Vorbelastung, die zu einer Doppelbelastung führen könnte.3 Dagegen ist die Freistellung von Dividenden, die von – ihrerseits gewerbesteuerbefreiten – Unternehmensbeteiligungsgesellschaften gem. § 3 Nr. 23 GewStG gezahlt werden, von § 9 Nr. 2a GewStG ausdrücklich erfasst. Dies ist dem gesetzgeberischen Bemühen geschuldet, Initiatoren und Gründer einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft gewstl. nicht schlechter zu stellen, als wenn sie sich an einer Beteiligungsgesellschaft beteiligen, die nicht dem Anlegerpublikum geöffnet werden soll.4 Es handelt sich letztlich also um einen speziellen Privilegierungstatbestand für Unternehmensbeteiligungsgesellschaften.5 1 BFH v. 24.1.2012 – I B 34/11, BFH/NV 2012, 1175 = GmbHR 2012, 700; v. 25.1.2006 – I R 104/04, BStBl. II 2006, 844 = FR 2006, 519 m. Anm. Wendt; v. 15.9.2004 – I R 16/04, BStBl. II 2005, 297 = FR 2005, 604; v. 8.5.2003 – IV R 35/01, BStBl. II 2004, 460 = FR 2003, 1017; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 10; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 161. 2 Ebenfalls krit. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 11. 3 BFH v. 24.1.2012 – I B 34/11, BFH/NV 2012, 1175 = GmbHR 2012, 700. 4 Vgl. BT-Drucks. 10/4551, 32. 5 Vgl. Braunagel in Bergemann/Wingler, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 100; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 126a.

Bergmann

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§ 9 Nr. 2a Rz. 5 Kürzungen (Inländische Schachtelerträge) Der Einschluss von Unternehmensbeteiligungsgesellschaften in die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2a GewStG weist den Weg zu folgender Überlegung: Auch wenn auf den ersten Blick das Erfordernis der gewstl. Vorbelastung konsequent erscheint, kann dies bei genauerer Betrachtung zweifelhaft sein. Denn eine auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft gewährte Befreiung von der GewSt wird oftmals durch eine vom Gesetzgeber getroffene privilegierende Entsch. begründet sein, wie zB im Fall der Gewerbesteuerbefreiung für den Betrieb von Altenheimen gem. § 3 Nr. 20 GewStG.1 Es ist dann die Frage zu stellen, ob die Wirkung der Gewerbesteuerbefreiung nicht (bis auf einen etwaigen Liquiditätsvorteil) weitgehend leerläuft, wenn anstelle des durch die befreite Gesellschaft erzielten Gewinns der durch die Dividende erzielte Gewinn der GewSt unterworfen ist. Anders formuliert: Die gesetzgeberische Entsch., in bestimmten Fällen keine GewSt zu erheben, wird durch die (volle) GewSt auf Beteiligungserträge (weitgehend) wieder rückgängig gemacht.2 5 § 9 Nr. 2a Satz 5 GewStG entspricht im Grundsatz der Regelung des § 8b Abs. 8 KStG und nimmt Be-

teiligungserträge aus Anteilen, die bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds den Kapitalanlagen zuzurechnen sind, aus dem Anwendungsbereich des § 9 Nr. 2a GewStG aus. Daneben hat § 9 Nr. 2a GewStG Bedeutung für die gewstl. Behandlung von gem. § 8b Abs. 7 KStG nicht steuerbefreiten Dividenden, die deshalb im Gewerbeertrag nach § 7 GewStG enthalten sind.

II. Anwendungsbereich 6 In zeitlicher Hinsicht gilt § 9 Nr. 2a GewStG in der aktuellen Fassung (inbes. hinsichtlich des Erfor-

dernisses einer 15-prozentigen Schachtelbeteiligung; zuvor: 10 %) erstmals für den EZ 2008 (s. Rz. 8). 7 Der persönliche Anwendungsbereich der Norm weist keine Besonderheiten auf: § 9 Nr. 2a GewStG

gilt im Ausgangpunkt für jeden Gewerbebetrieb iSd. § 2 GewStG. Da bei KapGes., soweit keine Streubesitzbeteiligung im körperschaftsteuerlichen Sinne gem. § 8b Abs. 4 KStG gegeben ist, Gewinnausschüttungen bzw. Dividenden aufgrund des auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 Satz 1 GewStG maßgeblichen § 8b Abs. 1 KStG im Gewerbeertrag nicht enthalten sind, kommt es zur unmittelbaren Anwendung von § 9 Nr. 2a GewStG vor allem bei einkommensteuerpflichtigen Gewerbebetrieben. Da § 9 Nr. 2a GewStG allerdings wesentliche Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Nr. 5 GewStG ist, hat § 9 Nr. 2a GewStG letztlich – unabhängig von seiner direkten Anwendung – erhebliche Bedeutung für alle Gewerbebetriebe iSd. § 2 GewStG, die Dividenden beziehen.

III. Rechtsentwicklung 8 § 9 Nr. 2a GewStG wurde erstmals eingefügt durch das G zur Änderung des GewStG v. 30.7.1963.3

Die Vorschrift galt ursprünglich nur für Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Eine Ausdehnung erfolgte durch das StÄndG 1965 v. 14.5.19654 auf alle Unternehmen, die der GewSt unterliegen, da die bisherige Beschränkung als willkürlich angesehen wurde. Es folgte die Ausdehnung auf Gewinne aus Anteilen an einer Kreditanstalt des öffentlichen Rechts durch Art. 5 Nr. 5 Buchst. b des Vermögensteuerreformgesetzes v. 17.4.1974.5 Durch das StEntlG 1984 v. 22.12.19836 wurde der Gewinn aus Anteilen an einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft in die Begünstigung einbezogen. Gleichzeitig erfolgte eine Herabsetzung der Höhe der für die Anwendung der Kürzungsvorschrift erforderlichen Beteiligung von bisher einem Viertel auf ein Zehntel. Im Rahmen des StBereinG 1986 v. 19.12.19857 wurde § 9 Nr. 2a GewStG lediglich redaktionell angepasst, indem der nicht mehr erforderliche Verweis auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG gestrichen wurde. 1 2 3 4 5 6 7

Das war die Konstellation in BFH v. 24.1.2012 – I B 34/11, BFH/NV 2012, 1175 = GmbHR 2012, 700. Angedeutet in BFH v. 24.1.2012 – I B 34/11, BFH/NV 2012, 1175 = GmbHR 2012, 700. BGBl. I 1963, 563 = BStBl. I 1963, 557. BGBl. I 1965, 377. BGBl. I 1974, 949 = BStBl. I 1974, 233. BGBl. I 1983, 1583 = BStBl. I 1984, 14 (20). BGBl. I 1985, 2436 = BStBl. I 1985, 735 (750).

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 10 § 9 Nr. 2a

Die Ausdehnung der Kürzung auf Gewinne aus Unternehmensbeteiligungsgesellschaften iSd. § 3 Nr. 23 GewStG (steuerbefreiten KapGes.) wurde durch § 29 Nr. 2 des G über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften v. 17.12.19861 eingeführt. Durch Art. 4 Nr. 2 des G zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 22.12.20032 wurden Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds von der Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG ausgeschlossen. Mit Art. 5 Nr. 3 Buchst. a des JStG 2007 v. 13.12.20063 fanden die Sätze 3 und 4 in § 9 Nr. 2a GewStG Einzug, wonach der Gewinnanteil nach Abzug von damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen (Nettogewinn) gekürzt wird sowie nach § 8b Abs. 5 KStG nicht abziehbare Betriebsausgaben keine Gewinnanteile nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG darstellen. Die 1984 auf 10 % abgesenkte Mindestbeteiligungsquote in § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG wurde durch Art. 3 Nr. 2 Buchst. b des UntStRefG v. 14.8.20074 auf 15 % angehoben. Die Anhebung gilt seit dem EZ 2008 (§ 36 Abs. 8 Satz 6 GewStG idF v. 26.6.2013). Die Erhöhung stellt nach zutreffender Auffassung für thesaurierende Gesellschaften einen fiskalischen Eingriff mit Rückwirkungscharakter dar, weil vor dem 1.1.2008 erwirtschaftete, ausschüttungsfähige (aber stehengelassene) Gewinne aus – nunmehr – gewstl. Streubesitzbeteiligungen, die zuvor noch als gewstl. Schachtelbeteiligungen anzusehen waren (dh. Beteiligungshöhe , 15 %, jedoch $10 %), bei Ausschüttungen ab EZ 2008 gewstl. doppelt belastet werden, was bei einer Ausschüttung vor dem EZ 2008 nicht der Fall gewesen wäre.5 Zuletzt erfolgte die Ergänzung der Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts durch Art. 4 Nr. 3 Buchst. b des JStG 2009 v. 19.12.2008,6 ebenfalls mit Wirksamkeit zum EZ 2008 (§ 36 Abs. 8 Satz 7 GewStG idF v. 26.6.2013).

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG a) Verhältnis zu § 9 Nr. 7 GewStG § 9 Nr. 2a GewStG erfasst im Ausgangspunkt nur inländ. Anteilsbesitz, während der Anteilsbesitz an 9 ausländ. Gesellschaften der Sonderregelung des § 9 Nr. 7 GewStG und den darin enthaltenen – zT erheblich erweiterten – Anforderungen für die gewstl. Kürzung unterliegt. Gewinnausschüttungen bzw. Dividenden von ausländ. KapGes. sind deshalb von einer Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG grds. ausgenommen; auf sie finden die spezielleren Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 7 GewStG und ggf. des § 9 Nr. 8 GewStG Anwendung oder es kommt zur gewstl. Freistellung aufgrund eines einschlägigen DBA-Schachtelprivilegs. Richtigerweise findet § 9 Nr. 2a GewStG auch auf KapGes. ausländ. Rechtsform mit Ort der Geschäftsleitung im Inland Anwendung (s. Rz. 19 f.). Eine Anwendungskonkurrenz zu § 9 Nr. 7 GewStG dergestalt, dass nach Art eines Meistbegünstigungsprinzips § 9 Nr. 2a GewStG anteilig auf aus inländ. Betriebsstätten gespeiste Dividenden ausländ. KapGes. anwendbar wäre, dürfte – auch wenn sie teleologisch sinnvoll wäre – eher schwierig zu begründen sein (s. Rz. 22).7 b) Verhältnis zu § 8 Nr. 5 GewStG § 8 Nr. 5 GewStG sieht die Hinzurechnung von nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b Abs. 1 KStG (die je- 10 weils über § 7 Satz 1 GewStG in die Ermittlung des Gewerbeertrags „hineinwirken“) außer Ansatz bleibenden Beteiligungserträgen vor, jedoch nur, soweit diese nicht die Voraussetzungen des § 9 1 2 3 4 5 6 7

BGBl. I 1986, 2488 = BStBl. I 1987, 181. BGBl. I 2003, 2840 = BStBl. I 2004, 14. BGBl. I 2006, 2878 = BStBl. I 2007, 28. BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 11. BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 164; aA Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 16.

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§ 9 Nr. 2a Rz. 11 Kürzungen (Inländische Schachtelerträge) Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen. Damit bildet § 9 Nr. 2a GewStG eine zentrale Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Nr. 5 GewStG.1 c) Verhältnis zu § 7a GewStG 11

§ 7a Abs. 1 Satz 1 GewStG verfügt die Nichtanwendbarkeit der gewstl. Schachtelprivilegien bei der Ermittlung des Gewerbeertrags von Organgesellschaften; sie werden erst iRd. Ermittlung des Zurechnungsbetrags berücksichtigt (s. § 7a GewStG Rz. 24 ff.). Im Rahmen der Ermittlung des stl. Gewerbeertrags einer Organgesellschaft findet deshalb unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder Nr. 7 GewStG zunächst eine Hinzurechnung der außer Ansatz gebliebenen Gewinnanteile statt. § 7a GewStG ist eine Reaktion auf die Rspr. des BFH, die die Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG gewstl. für nicht anwendbar hielt, wenn die Dividende durch eine Organgesellschaft bezogen wurde und § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG anwendbar waren (s. Rz. 49).2 2. Verfassungsrecht

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Aus verfassungsrechtlicher Sicht stellt sich ganz grds. die Frage, wie die (gewstl.) Doppelbelastung bei Streubesitzdividenden – eine eindeutige Ungleichbehandlung – zu rechtfertigen ist. Insoweit kann man insbes. an das Gebot der Folgerichtigkeit denken. Die parallele Problematik stellt sich seit Einführung von § 8b Abs. 4 KStG auch iRd. KSt. Für möglich gehalten wird eine Rechtfertigung wohl nur aufgrund des Arguments, dass die Dividendenfreistellungen ein betriebliches Engagement voraussetzen, das bei Minderheitsbeteiligungen – bei allerdings typisierender Betrachtung – nicht gegeben sei.3 Das ist allerdings wenig überzeugend, weil der Zweck von § 9 Nr. 2a GewStG gerade nicht auf betriebliches Engagement zielt, sondern auf die Vermeidung der gewstl. Doppelbelastung bzw. auf die konsequente Verwirklichung des gewstl. Territorialitätsprinzips (s. Rz. 2). Im Ergebnis ist das System der gewstl. Behandlung von (Streu-)Besitzdividenden daher verfassungsrechtlich nur schwerlich zu rechtfertigen.

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Die fiskalisch motivierte Anhebung der Mindestbeteiligungsquote von 10 % auf 15 %4 ist nach Auffassung des BFH unter Berücksichtigung des insoweit zu berücksichtigenden, weiten Gestaltungsspielraums des Steuergesetzgebers verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.5 Richtig dürfte daran sein, dass die genaue Höhe der Mindestbeteiligungsquote in der Tat verfassungsrechtlich nicht aus sich heraus vorgegeben sein dürfte, wenn man eine gewstl. Doppelbelastung grundsätzlich als verfassungsgemäß ansieht (s. Rz. 12). Im Hinblick auf die Beteiligungsquote von 15 % kommt allerdings erschwerend hinzu, dass im EU-Fall aufgrund der Mutter-Tochter-RL 2011/96/EU die 10 %-Grenze gilt (s. § 9 Nr. 7 GewStG). Insofern kann man – gleichheitsrechtlich und fiskalpolitisch – schon die Frage stellen, warum inländ. Beteiligungen schlechter gestellt werden als Beteiligungen im EU-Ausland.6

14

Nach einer Entsch. des FG Ba.-Wü. verstößt das in § 9 Nr. 2a GewStG normierte Stichtagsprinzip, wonach eine gewstl. Schachtelbeteiligung zu Beginn des jeweiligen EZ gegeben sein muss, nicht gegen Art. 3 GG.7 Es handele sich um eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende und somit zulässige Typisierung durch den Gesetzgeber. Unbeantwortet lässt die Entsch. allerdings, warum überhaupt eine zeitliche Typisierung erforderlich sein soll. Denkbar dürfte allein eine Vermeidung von Missbräuchen sein.8 Wünschenswert – wenn auch verfassungsrechtlich wohl nicht zwingend – wäre dann aller1 Zum missglückten Wortlaut des in § 8 Nr. 5 GewStG enthaltenen Verweises auf § 9 Nr. 2a und 7 GewStG s. § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 24. 2 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. 3 Erwogen von Herlinghaus, FR 2013, 529; Watermeyer (in H/H/R, § 8b KStG Rz. 7) sieht für § 8b Abs. 4 KStG keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung. 4 BT-Drucks. 16/5491, 23 f. 5 BFH v. 30.5.2014 – I R 12/13, BFH/NV 2014, 1402 Rz. 12; FG Schl.-Holst. v. 31.1.2013 – 1 K 82/11, EFG 2013, 538 Rz. 40. 6 Krit. aus steuersystematischer Sicht zB auch Kessler/Knörzer, IStR 2008, 121; Starke/Günther, FR 2008, 814 (816). 7 FG Ba.-Wü. v. 25.3.2010 – 3 K 1386/07, rkr., EFG 2010, 1714 Rz. 34 ff. 8 Erwogen, aber abgelehnt von Starke/Günther, FR 2008, 814.

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B. Tatbestandliche Voraussetzungen (Sätze 1 und 2)

Rz. 19 § 9 Nr. 2a

dings eine Abstimmung der zeitlichen Regelungen (zumindest) in § 8b Abs. 4 KStG, § 9 Nr. 2a GewStG und § 9 Nr. 7 GewStG, die nach derzeit geltender Gesetzeslage nicht gegeben ist. 3. Europarecht Die umstrittene Frage, ob Beteiligungserträge von doppelt ansässigen KapGes. unter § 9 Nr. 2a 15 oder 7 GewStG fallen können (nach teils vertretener Auffassung fallen sie weder unter § 9 Nr. 2a GewStG noch unter § 9 Nr. 7 GewStG1), ist nach zutreffender Auffassung jedenfalls im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-RL 2001/96/EU europarechtlich in dem Sinne zu beantworten, dass insoweit § 9 Nr. 2a GewStG greift.2

B. Tatbestandliche Voraussetzungen (Sätze 1 und 2) I. Anforderungen an den Anteilseigner Als Anteilsinhaber kommen nur Unternehmen iSv. § 2 GewStG in Betracht, dh. KapGes., Personenge- 16 sellschaften, Einzelgewerbebetriebe, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Stiftungen sowie sonstige juristische Personen oder nicht rechtsfähige Körperschaften, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der nicht die Land- und Forstwirtschaft betrifft, unterhalten.3

II. Anforderungen an die Beteiligung 1. Anforderungen an die ausschüttende Gesellschaft a) Überblick Der Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG unterliegen Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefrei- 17 ten inländ. KapGes., einer Kredit- oder Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts, einer Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft oder einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft. Die Beteiligung (im praktischen Regelfall: an der KapGes.) muss zu Beginn des EZ mindestens 15 % des Stamm- oder Grundkapitals ausmachen (s. Rz. 28 ff.). b) Nicht steuerbefreite inländische Kapitalgesellschaft aa) Kapitalgesellschaft Nach § 2 Abs. 2 GewStG erfasst sind Europäische Gesellschaften, AG, KGaA sowie GmbH. Europäi- 18 sche Gesellschaften sind im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-RL4 durch Art. 2 Abs. a Nr. i der RL iVm. Anh. I Teil A enumerativ bezeichnet.5 bb) Inländisch § 9 Nr. 2a GewStG enthält keine eigenständige Definition des Tatbestandsmerkmals „inländische 19 Kapitalgesellschaft“. Die Frage, was unter einer „inländischen“ KapGes. zu verstehen ist, ist daher umstritten. Zum Teil wird ein doppelter Inlandsbezug (Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland) verlangt.6 Zum Teil wird auch – in unterschiedlichen Ausprägungen – verlangt, dass der Ort der Ge1 2 3 4

Gosch in Blümich, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 164; aA Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 16. Ausführlich Kollruss, IStR 2014, 51; vgl. auch Schnitger, IStR 2013, 82 (87). S. § 2 GewStG Rz. 22 ff., 110 ff. und 163 ff.; vgl. auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 14. RL Nr. 2011/96/EU des Rates über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten v. 30.11.2011. 5 Vgl. auch Anlage 2 zum EStG. 6 Gosch in Blümich, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 164; Deloitte, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 5; aA Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 16 mwN.

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§ 9 Nr. 2a Rz. 20 Kürzungen (Inländische Schachtelerträge) schäftsleitung (oder jedenfalls eine Betriebsstätte) im Inland liegt; wobei wiederum teilweise dann die Schachtelbegünstigung auf solche Dividenden begrenzt wird, die auf Erträge aus inländ. Betriebsstätten der KapGes. entfallen.1 20

Der Wortlaut „inländische Kapitalgesellschaft“ ist offen; er wird im GewStG sonst nicht verwendet. Er ist deshalb im Regelungssystem insbes. der §§ 8 Nr. 5, 9 Nr. 7 und 8 GewStG auszulegen. Nach wohl hM dient § 9 Nr. 2a GewStG der Vermeidung der doppelten Erfassung von Erträgen mit GewSt,2 während § 9 Nr. 7 GewStG – jedenfalls soweit auf Ebene der ausschüttenden KapGes. keine GewSt anfällt (weil sie ihre Erträge im Ausland erzielt) – eine sachliche Steuerbefreiung darstellen soll.3 Nach uE vorzugswürdiger Ansicht ist im Hinblick auf den Gesetzeszweck folgende Differenzierung vorzunehmen: Ziel der Vorschriften zur gewstl. Kürzung der Dividenden ist die Vermeidung der gewstl. Belastung von Dividenden auf Anteilseignerebene, soweit sie entweder schon – auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft – der GewSt unterlegen haben (Regelfall des § 9 Nr. 2a GewStG, s. Rz. 2) oder aber soweit sie bei der ausschüttenden Gesellschaft deshalb nicht der GewSt unterlegen haben, weil sie nicht im Inland erzielt worden sind (Regelfall des § 9 Nr. 7 GewStG, s. § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 6). Dann ist es überzeugend, als inländ. KapGes. eine solche mit dem Ort der Geschäftsleitung im Inland anzusehen.4 Für die Einbeziehung von KapGes. mit Satzungssitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland spricht iÜ auch, dass die Regelung EU-rechtlich kaum zu halten sein dürfte.5

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Eher schwierig dürfte es hingegen sein, Gesellschaften mit Sitz im Inland und Ort der Geschäftsleitung im Ausland unter § 9 Nr. 2a GewStG zu fassen, weil in diesen Fällen im Grundsatz gerade keine Vorbelastung mit GewSt gegeben ist. Richtiger Regelungsstandort wäre vielmehr § 9 Nr. 7 GewStG, der diese Fälle aber ausdrücklich nicht erfasst. Im Ergebnis dürfte dies allerdings auch keine allzu große praktische Bedeutung haben: Denn zum einen dürften diese Fälle aufgrund der in Deutschland geltenden Sitztheorie ohnehin eher selten sein; zum anderen bleibt idR noch der Rückgriff auf das jeweilige DBA.

22

Zum Teil wird es für sachgerecht erachtet, bei Gesellschaften mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland, die nur vom restriktiveren § 9 Nr. 7 GewStG erfasst werden, eine Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG im Hinblick auf solche Dividendenanteile zuzulassen, die – wegen einer inländ. Betriebsstätte der ausschüttenden Auslandsgesellschaft – bereits der deutschen GewSt unterlegen haben.6 Eine solche Meistbegünstigung – die man als Teilkorrektur der zu hohen Restriktionen des § 9 Nr. 7 GewStG begreifen kann – kann für sich in Anspruch nehmen, das wünschenswerte Ziel (keine gewstl. Doppelbelastung) besser zu erreichen. Allerdings widerspricht diese Auslegung dem klaren Gesetzeswortlaut. cc) Nicht steuerbefreit

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Voraussetzung für die Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG ist, dass die ausschüttende KapGes. nicht von der GewSt befreit ist. Begründet wird dies mit dem Ziel der Vorschrift, eine gewstl. Mehrfachbelastung zu vermeiden. Dazu kann es bei gewerbesteuerbefreiten Gesellschaften aber nicht kommen. Die Vorschrift dient hingegen nicht der Vermeidung der einmaligen Erhebung der GewSt auf Betei-

Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 3. Dazu bereits oben Rz. 2. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 288; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 18. Suchanek/Hannacher, Ubg 2016, 441; aA Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 17. Vgl. Elser/Dürrschmidt, IStR 2010, 79 (85); Schnitger, IStR 2013, 82 (87); Meining, GmbHR 2015, 1309; in Anlehnung an § 1 Abs. 2 Satz 3 UStG und im Umkehrschluss zu § 9 Nr. 7 GewStG auch Rehfeld in Deloitte, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 5; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 16; Braunagel in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 112; aA Kollruss, StuW 2009, 346 (349), der auch § 9 Nr. 2a GewStG wegen seines Wortlauts nicht für anwendbar und damit im Ergebnis für europarechts- und verfassungswidrig hält; vgl. zu Letzterem Kollruss, IStR 2014, 51; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 164. 6 Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 16; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 3; Rehfeld in Deloitte, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 5; Frotscher/Maas, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 133a; Bregenhorn-Kuhs/Drumm/Wagner, IWB 2009, 739; Bergemann/Wingler, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 113; aA Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 164. 1 2 3 4 5

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B. Tatbestandliche Voraussetzungen (Sätze 1 und 2)

Rz. 28 § 9 Nr. 2a

ligungseinkünfte.1 Durch die Tatbestandsvoraussetzung „nicht steuerbefreit“ wird eine Fernwirkung der Gewerbesteuerbefreiung ausgeschlossen.2 Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei nicht die deutsche unbeschränkte StPfl. (§ 1 KStG), sondern vielmehr die gesellschaftsrechtliche Rechtsform und deren GewStPfl. Unerheblich ist, ob die Steuerbefreiung (vgl. § 3 GewStG) in Gänze oder auch nur partiell persönlich oder sachlich gegeben ist.3 Die (partielle) Steuerbefreiung ist für Kürzungszwecke nur dann unschädlich, wenn das Gesetz eine 24 ausdrückliche Rückausnahme vorsieht, wie etwa für Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaften sowie Unternehmensbeteiligungsgesellschaften iSd. § 3 Nr. 23 GewStG. Letztere Ausnahme ist dem gesetzgeberischen Bemühen geschuldet, Initiatoren und Gründer einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft gewstl. nicht schlechter zu stellen, als wenn sie sich an einer Beteiligungsgesellschaft beteiligen, die nicht dem Anlegerpublikum geöffnet werden soll.4 c) Kredit- oder Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts Seit 1974 erfasst § 9 Nr. 2a GewStG auch die Gewinne aus Anteilen an einer Kreditanstalt des öffent- 25 lichen Rechts. Sie ist eine durch oder aufgrund eines Gesetzes errichtete Sach- und Personalgesamtheit, die in der Hand eines öffentlichen Verwaltungsträgers liegt und dem besonderen öffentlichen Zweck der Kreditgewährung auf Dauer zu dienen bestimmt ist. d) Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft Das Vorliegen einer Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft bestimmt sich nach den zivilrechtlichen 26 Vorschriften des G betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG) v. 16.10.2006.5 e) Unternehmensbeteiligungsgesellschaft Ebenfalls kürzungsberechtigt sind Unternehmensbeteiligungsgesellschaften iSd. § 3 Nr. 23 GewStG. 27 Ihre Aufführung ist dem Umstand geschuldet, dass sie aufgrund der Gewerbesteuerbefreiung in § 3 Nr. 23 GewStG nicht die Voraussetzungen der „nicht steuerbefreiten“ Gesellschaft erfüllen und daher einer gesonderten Erwähnung bedürfen.6 Für Unternehmensbeteiligungsgesellschaften handelt es sich bei der Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG ausnahmsweise tatsächlich um ein (Schachtel-)Privileg, da es aufgrund der Steuerbefreiung eigentlich zu keiner Doppel- oder Mehrfachbelastung kommen kann. Durch dieses steuerpolitische Instrument sollen Initiatoren und Gründer einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft gewstl. genauso gestellt werden, als wenn sie sich in einer geschlossenen Beteiligungsgesellschaft engagieren.7 2. Art und Umfang der Beteiligung an der Gesellschaft a) Überblick § 9 Nr. 2a GewStG verlangt, dass die Mindestbeteiligung iHv. 15 % eine Beteiligung am Gesellschafts- 28 vermögen der Gesellschaft gewährt. Auf die sonstige gesellschaftsrechtliche Beschaffenheit der Beteiligung, wie zB die Vermittlung von Stimmrechten, kommt es hingegen nicht an.8 Eine bloße Gewinnbeteiligung genügt ebenfalls nicht. Erforderlich ist stets eine kapitalmäßige Beteiligung an der Gesellschaft in entsprechender Höhe.9 Die Vorschrift unterscheidet nicht nach Stamm- und Vorzugsanteilen, sodass sie – solange sie eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen gewähren – von § 9 1 2 3 4 5 6 7 8 9

BFH v. 24.1.2012 – I B 34/11, BFH/NV 2012, 1175 = GmbHR 2012, 700. BFH v. 24.1.2012 – I B 34/11, BFH/NV 2012, 1175 = GmbHR 2012, 700. BFH v. 24.1.2012 – I B 34/11, BFH/NV 2012, 1175 = GmbHR 2012, 700. Vgl. BT-Drucks. 10/4551, 32. BGBl. I 2006, 2230. Krit. zur gesetzessystematisch missglückten Formulierung Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 165. Vgl. BT-Drucks. 10/4551, 32. FG Schl.-Holst. v. 31.1.2013 – 1 K 82/11, EFG 2013, 538, juris, Rz. 34. BFH v. 30.5.2014 – I R 12/13, BFH/NV 2014, 1402 Rz. 11.

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§ 9 Nr. 2a Rz. 29 Kürzungen (Inländische Schachtelerträge) Nr. 2a GewStG nicht unterschiedlich behandelt werden.1 Unerheblich ist auch, ob die Beteiligung unmittelbar oder nur mittelbar besteht.2 Ist ein Grund- oder Stammkapital nicht vorhanden, so tritt an dessen Stelle nach § 9 Nr. 2a Satz 2 GewStG das Vermögen bzw. bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die Summe der Geschäftsguthaben. b) Schuldrechtliche Kapitalüberlassung, insbesondere Genussrechte 29

Nach wie vor nicht vollständig geklärt ist die Frage, wie eigenkapitalähnliche Genussrechte zu behandeln sind, also solche, die eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös gewähren und bei denen Beteiligungserträge deshalb wegen § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG stl. wie Gewinnausschüttungen bzw. Dividenden zu behandeln sind.3 Die Frage geht im Kern dahin, ob und – bejahendenfalls – wie Genussrechte bei der Ermittlung der erforderlichen Beteiligungsquote zu berücksichtigen sind. Das Problem liegt letztlich darin begründet, dass Genussrechte schuldrechtlich vereinbart werden und deshalb keine Beteiligung am Stamm- oder Grundkapital (dh. keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung), wohl aber am Vermögen der „ausschüttenden“ Gesellschaft gewähren. Vertreten werden hierzu im Wesentlichen folgende Auffassungen (unter Einbeziehung der Auffassungen zu § 8b Abs. 4 KStG, der dasselbe Problem aufweist): – Das Genussrechtskapital wird bei der Ermittlung der Quote überhaupt nicht berücksichtigt, jedenfalls dann nicht, wenn die Gesellschaft über ein Grund- oder Stammkapital verfügt.4 – Das Grund- oder Stammkapital ist um das Genussrechtskapital zu erhöhen. Auf diesen Gesamtbetrag ist zu berechnen, ob ein Gesellschafter (wiederum unter Zusammenrechnung von „echten“ Anteilen und Genussrechten) die erforderliche Quote von 15 % erreicht.5 – Die Beteiligungsquoten am Grund- oder Stammkapital einerseits und am Genussrechtskapital andererseits werden jeweils getrennt ermittelt.6 Vorzugswürdig ist uE die dritte Auffassung. Eine vollständige Nichtberücksichtigung des Genussrechtskapitals (wie von den Vertretern der ersten Ansicht vertreten) würde zu dem – uE nicht nachvollziehbaren – Ergebnis führen, dass bei (zu) geringer Beteiligung am Nennkapital der ausschüttenden Gesellschaft auch bei einem noch so hohen Anteil am Genussrechtskapital – und damit am Gesellschaftsvermögen – § 9 Nr. 2a GewStG nicht anwendbar wäre. Das wäre auch angesichts der systematisch gebotenen und von § 9 Nr. 2a GewStG intendierten Vermeidung der gewstl. Doppelbelastung bedenklich. Eine Zusammenrechnung von Grund- oder Stammkapital einerseits sowie Genussrechtskapital andererseits, wie sie die Vertreter der zweiten Ansicht für angezeigt halten, steht in Widerspruch zum Wortlaut des § 9 Nr. 2a GewStG, wonach eine Beteiligung von 15 % am Grundoder Stammkapital ausreicht, um eine gewstl. Schachtelbeteiligung zu begründen. Eine Zusammenrechnung von gesellschaftsrechtlichem Nennkapital und schuldrechtlichem Genussrechtskapital wird auch praktisch oftmals nicht ohne Schwierigkeit durchführbar sein, weil sich der Nennbetrag eines Genussrechts nicht ohne Weiteres mit der Höhe des Stamm- oder Grundkapitals und der dadurch vermittelten Vermögensbeteiligung vergleichen lässt. Die dritte Auffassung vermeidet dagegen die nicht im Einklang mit dem Gesetzeszweck stehenden Ergebnisse und praktischen Schwierigkeiten der anderen beiden Ansätze. Sie ist iÜ auch mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar. Die getrennte Beurteilung von gesellschaftsrechtlichem Nennkapital und Genussrechtskapital lässt sich nämlich darauf stützen, dass in Bezug auf das Genussrechtskapital gerade kein Grund- oder Stammkapital vorhanden ist, sodass es – insoweit – auf die Beteiligung am (Genussrechts-)Vermögen ankommt.

1 Vgl. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 168. 2 BFH v. 17.5.2000 – I R 31/99, BStBl. II 2001, 685 = FR 2001, 248; OFD Frankfurt/M. v. 14.10.2002 – G 1425 A - 12 - St II 22, G 1425 A - 15 - St II 22, DStR 2003, 251; mit Bsp. Schnitter in Frotscher, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 138. 3 Da es auf die stl. Qualifikation gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ankommt, sind weitere Rechte – wie zB Stimmrechte – unbeachtlich; zB Gosch, Außensteuerliche Aspekte der GewSt, Grüne Hefte Nr. 177/2011, 7. 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 4. 5 So wohl Roser (in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 25), der diese Methode als „Gesamtfiktion“ bezeichnet. 6 Schönfeld, DStR 2013, 937 (942) zur Parallelproblematik in § 8b Abs. 4 KStG.

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B. Tatbestandliche Voraussetzungen (Sätze 1 und 2)

Rz. 34 § 9 Nr. 2a

Diese im Wortlaut angelegte Differenzierung in Bezug auf die Quotenermittlung findet sich im Gesetz allerdings nicht hinsichtlich der (zu kürzenden) Bezüge. Konsequenterweise sind deshalb sämtliche Bezüge schon dann freizustellen, wenn auch nur eine der Beteiligungsvoraussetzungen erfüllt ist. Ist der Gesellschafter mit 15 % oder mehr am gesellschaftsrechtlichen Nennkapital beteiligt, sind Bezüge aus Genussrechten also unabhängig davon – vollumfänglich – freizustellen, wie hoch die Quote am Genussrechtskapital ist. Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall. Schuldrechtliche Kapitalüberlassungen oder Gewinnbeteiligungen, die nicht die Anforderungen des 30 § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG – Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös – erfüllen, werden von § 9 Nr. 2a GewStG grds. nicht erfasst (zu möglichen Rückausnahmen s. Rz. 32). Dies gilt zB für Beteiligungen als stiller Gesellschafter und für Gesellschafterdarlehen.1 Letztlich ungeklärt ist die Frage, ob Anwartschaftsrechte auf den Erwerb einer Beteiligung bereits 31 als gewstl. Schachtelbeteiligung anzusehen sein können.2 Da Anwartschaftsrechte nicht zu Dividendenbezügen führen, hat die Frage (nur) Bedeutung für die Berechnung der Mindestbeteiligungsquote, wenn sowohl Anteile als auch Anwartschaftsrechte auf Anteile von einer Person gehalten werden.3 Ihre praktische Bedeutung dürfte daher eher überschaubar sein. Richtigerweise wird man uE davon ausgehen müssen, dass Anwartschaftsrechte nicht in die Quotenberechnung nach § 9 Nr. 2a GewStG einzubeziehen sind. Dies würde dem Wortlaut der Norm widersprechen, da durch eine Anwartschaft gerade noch keine Beteiligung am Gesellschaftskapital vermittelt wird. Die Frage, ob eigenkapitalersetzende Darlehen unter § 9 Nr. 2a GewStG fallen, hat sich mit dem Mo- 32 MiG 2008 erledigt.4 Sie stellt sich heute allerdings in abgewandelter Form: Nach der neueren Rspr. des BFH5 ist im Fall eines Rangrücktritts, der gem. § 5 Abs. 2a EStG zur Ausbuchung der Verbindlichkeit auf Ebene der Darlehensnehmerin führt, eine Einlage iHd. (werthaltigen) Teils der Darlehensforderung anzunehmen. Ob, wie zT6 vertreten, eine Hinzurechnung des Nominalwerts zum Stammkapital zu vernünftigen Ergebnissen führt, kann man schon deshalb bezweifeln, weil sich die Bezugsgrößen Nominalwert der Einlage und Stammkapital (das gerade keine echte Nominalgröße ist) nicht ohne Weiteres vergleichen lassen. Da derlei Darlehen auch zu keinen Dividenden führen, sondern zu Zinsen, lässt sich auch ihre Nichtbeachtung iRv. § 9 Nr. 2a GewStG durchaus vertreten. Alternativ kann man auch daran denken, entsprechend der zum Genussrecht skizzierten Gedanken zu verfahren (Rz. 29). c) Mittelbare Beteiligungen § 9 Nr. 2a GewStG enthält hinsichtlich des Beteiligungserfordernisses keine Beschränkung auf un- 33 mittelbare Beteiligungen. Daraus wird von der hM zutreffend der Schluss gezogen, dass auch mittelbare Beteiligungen iRv. § 9 Nr. 2a GewStG zu berücksichtigen sind.7 Das hilft bspw. im Hinblick auf das zeitliche Erfordernis der Beteiligung zu Beginn des EZ (dazu Rz. 35 ff.), wenn etwa eine Obergesellschaft unterjährig eine gewstl. Schachtelbeteiligung auf ihren (alleinigen) Gesellschafter überträgt (oder umgekehrt). Zum Teil wird darauf auch die Schachtelbefreiung für treuhänderisch gehaltene Beteiligungen gestützt, auch wenn das richtigerweise bereits aus § 39 AO folgen sollte.8 d) Eigene Anteile Eigene Anteile bleiben iRv. § 9 Nr. 2a GewStG unberücksichtigt. Das gilt zunächst für die Ermittlung 34 der maßgeblichen Beteiligungshöhe – hier ist das um die eigenen Anteile verminderte Nennkapital 1 Vgl. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 168; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 136a. 2 Bejahend Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 26a; ablehnend Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 168. 3 Zutreffend Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 26a. 4 Vgl. dazu zB Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 168; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 4a; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 136. 5 BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, BStBl. II 2015, 769 = FR 2015, 995. 6 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 168a. 7 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 172; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 27; inzwischen folgt dem auch die FinVerw., vgl. R 9.3 Satz 1 GewStR 2009. 8 Ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 27.

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§ 9 Nr. 2a Rz. 35 Kürzungen (Inländische Schachtelerträge) zugrunde zu legen.1 Die Frage, ob eigene Anteile eine gewstl. Schachtelbefreiung darstellen können, stellt sich nicht, weil eigene Anteile grds. keine Beteiligungserträge generieren können. Die insoweit in der Literatur geführte Diskussion dürfte noch auf die in den §§ 12, 13 GewStG aF normierte Einbeziehung des Gewerbekapitals in die GewSt zurückzuführen sein.2 3. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beteiligung a) Überblick 35

§ 9 Nr. 2a GewStG setzt voraus, dass das maßgebliche Beteiligungsquorum zu Beginn des EZ besteht, also im Regelfall zum 1.1. eines Jahres (§ 14 Satz 2 GewStG; zur Verfassungsmäßigkeit dieses zeitlichen Erfordernisses für die gewstl. Kürzung s. Rz. 14). Veränderungen vor oder nach Beginn des EZ sind unbeachtlich.3 EZ ist nach § 14 Satz 2 GewStG das Kj. Bei unterjährigem Beginn der GewStPfl. kommt es auf die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Verhältnisse an, weil dann ausnahmsweise ein abgekürzter EZ entsteht (§ 14 Satz 3 GewStG).4 Der Zweck des in § 9 Nr. 2a GewStG vorgesehenen Stichtagsprinzips erschließt sich nicht recht.5 Insbesondere wäre es zu begrüßen, wenn eine dem § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG vergleichbare Regelung ergänzt würde, nach der auch unterjährige Beteiligungserwerbe zum Schachtelprivileg berechtigen können. Zwar ist auch § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG zu Recht Kritik ausgesetzt.6 Allerdings verfolgt die Vorschrift die richtige Regelungsidee, die Anwendung des Schachtelprivilegs nicht aus rein zufälligen, zeitlichen Gründen zu versagen. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum das iRd. Gewerbesteuerrechts anders sein sollte – im Gegenteil: Die starre Regelung führt in der Praxis zu erheblichen Fallstricken vor allem bei unterjährigen Beteiligungserwerben. b) Stichtagsprinzip bei Umwandlungen

36

Besonders augenfällig wird die Problematik der Stichtagsregelung auch bei Umwandlungen. Es stellt sich dabei regelmäßig die Frage, ob und inwieweit die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs, wenn sie beim übertragenden Rechtsträger vorgelegen haben, auf den übernehmenden Rechtsträger (bzw. dessen Anteilseigner) übergehen. Erfolgt die Umwandlung ohne stl. Rückbeziehung, ist danach zu differenzieren, wie die stl. Rechtsnachfolge in Bezug auf die Umwandlungsmaßnahme im Einzelfall geregelt ist: – Im Falle eines qualifizierten Anteilstausches gem. § 21 UmwStG gelten gem. § 23 Abs. 1 UmwStG die Regelungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 und § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG entsprechend. Daraus mag man mit dem BFH7 den Schluss ziehen, dass es nicht auf die allg. stl. Rechtsnachfolge gem. § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG ankommt, sondern auf § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG.8 Folgt man dem BFH insoweit, kommt es darauf an, ob man den Zeitpunkt des Beteiligungserfordernisses gem. § 9 Nr. 2a GewStG als „Dauer“ iSd. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG versteht. Der BFH9 hat das entgegen der (jedenfalls früheren) Auffassung der FinVerw.10 und der hM11 in der Literatur verneint. Diese

1 Dies gilt insbes. seit dem BilMoG, vgl. § 272 Abs. 1a, 1b HGB sowie BMF v. 27.11.2013 – IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl. I 2013, 1615; BFH v. 24.9.1970 – IV R 138/69, BStBl. II 1971, 89. 2 Vgl. FG Ba.-Wü. v. 25.3.2003 – 1 K 59/03, EFG 2003, 1034; aus der Literatur zB Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 132c; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 15a. 3 R 9.3 Satz 2 GewStR 2009. 4 R 9.3 Satz 5 GewStR 2009. 5 Vgl. Starke/Günther, FR 2008, 814. 6 Vgl. zum Meinungsstand Rengers in Blümich, § 8b KStG Rz. 118a. 7 BFH v. 16.4.2014 – I R 44/13, BStBl. II 2015, 303 = FR 2014, 817 m. Anm. Nöcker. 8 Insoweit zustimmend Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 36. 9 BFH v. 16.4.2014 – I R 44/13, BStBl. II 2015, 303 = FR 2014, 817 m. Anm. Nöcker. 10 Umwandlungssteuererlass (UmwStE) 2011, BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Tz. 04.15; s. aber H 9.3 GewStH 2016. 11 Bilitewski in Haritz/Menner, UmwStG, 3. Aufl. 2010, § 23 Rz. 30; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 36.

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C. Rechtsfolge und Umfang der Kürzung

Rz. 39 § 9 Nr. 2a

Rspr. des BFH wird zu Recht kritisiert.1 UE gibt es der Wortlaut von § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG durchaus her, auch das von § 9 Nr. 2a GewStG aufgestellte Beteiligungserfordernis zu Beginn des EZ unter § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG zu fassen. – Jedenfalls in jenen Fällen, in denen entweder § 4 Abs. 2 UmwStG oder § 12 Abs. 3 UmwStG unmittelbar gilt, ist auch der vom BFH gezogene Schluss, dass für alle zeitbezogenen Fragen § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG die allgemeine Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG und des § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG verdränge, nicht zwingend.2 Hält man – wie der BFH – den Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG für so eng, dass er zeitpunktbezogene Merkmale nicht umfasst, kann schon die Frage gestellt werden, warum die Vorschrift für zeitraumbezogene Merkmale gerade auch für zeitpunktbezogene Fragen (die sie nach diesem Verständnis gar nicht regelt) systematischen Vorrang haben sollte.3 – Weitgehend anerkannt dürfte schließlich sein, dass in den Fällen der stl. Rückbeziehung gem. § 2 oder § 20 Abs. 5, 6 UmwStG auch die Beteiligung rückbezogen wird (soweit die Rückbeziehung reicht, vgl. insbes. § 2 Abs. 1 und 2 UmwStG).4 Im Ergebnis ist deshalb richtigerweise davon auszugehen, dass in allen Fällen der Eintritt in die stl. Rechtsnachfolge auch für den Beteiligungszeitpunkt gem. § 9 Nr. 2a GewStG gilt; für die Praxis bleibt die – abweichende – BFH-Rspr. zu beachten.

C. Rechtsfolge und Umfang der Kürzung I. Gewinnanteile 1. „Gewinne aus Anteilen“ Nach § 9 Nr. 2a GewStG sind „Gewinne aus Anteilen“ zu kürzen, was gleichbedeutend mit dem 37 ebenfalls in der Vorschrift verwendeten Begriff „Gewinnanteile“ ist.5 Anders als etwa § 8b Abs. 1 KStG enthält § 9 Nr. 2a GewStG keinen Verweis auf einzelne Nummern des § 20 EStG, um den Begriff der Gewinnanteile zu definieren. Der BFH definiert Gewinnanteile als wirtschaftliche Vorteile, die aus dem Halten der Anteile gezo- 38 gen werden und beim Anteilseigner zu steuerbaren Bezügen führen.6 Richtigerweise können das (seit der Einfügung von § 20 Abs. 1 Nr. 3a EStG im Zuge der Reform des InvStG 2018) Bezüge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3a EStG sein.7 Darauf, in welche zivilrechtliche Form die Vorteilsgewährung gekleidet ist, kommt es nicht an.8 Die Vorschrift gilt – wie auch § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG – sowohl für offene als auch für verdeckte Gewinnausschüttungen.9 Ausschüttungen, für die Beträge des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 KStG als verwendet gel- 39 ten, sind – jedenfalls soweit sie den Beteiligungsbuchwert nicht übersteigen – schon keine Bezüge iSd. 1 Vgl. Lenz/Adrian, DB 2014, 2670; krit. zu dem an den Wortlaut geklammerten Verständnis des BFH auch Mattern, DStR 2014, 2376; Schaarwächter, GmbHStB 2015, 79 (81); Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 36; für eine rückwirkende Zurechnung und Zusammenrechnung von Anteilen Ernst, Ubg 2012, 678 (683 f.). 2 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 36. 3 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 36. 4 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 175. 5 Zutreffend Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 41; ebenso die st. Rspr. des BFH, zB BFH v. 15.9.2004 – I R 16/04, BStBl. II 2005, 297 = FR 2005, 604. 6 BFH v. 8.5.2003 – IV R 35/01, BStBl. II 2004, 460 = FR 2003, 1017; v. 15.9.2004 – I R 16/04, BStBl. II 2005, 297 = FR 2005, 604; ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 41; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 180. 7 Ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 41; ebenso zur alten Rechtslage (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG) BFH v. 8.5.2003 – IV R 35/01, BStBl. II 2004, 460 = FR 2003, 1017; aA Gosch in Blümich, § 9 GewStG Nr. 182 (nur Bezüge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). 8 BFH v. 7.12.2004 – VIII R 70/02, BStBl. II 2005, 468 Rz. 14. 9 Vgl. Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 142; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 7.

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§ 9 Nr. 2a Rz. 40 Kürzungen (Inländische Schachtelerträge) § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und damit auch keine Gewinne, die nach § 9 Nr. 2a GewStG zu kürzen wären.1 Für Zwecke von § 8b KStG ist umstritten, wie handelsrechtliche Ausschüttungen stl. zu beurteilen sind, die stl. aus dem Einlagekonto gespeist werden, für die aber kein hinreichender Beteiligungsbuchwert besteht, mit dem die Ausschüttung verrechnet werden kann. Der in solchen Konstellationen entstehende buchmäßige Gewinn (iHd. Differenz zwischen handelsrechtlicher Ausschüttung und Beteiligungsbuchwert) ist richtigerweise gleichwohl als Bezug iSv. § 8b Abs. 1 KStG und konsequenterweise auch unter § 9 Nr. 2a GewStG zu fassen. Gegen die insbes. von der FinVerw.2 angenommene Anwendung von § 8b Abs. 2 KStG spricht, dass in der Sache kein Veräußerungsvorgang gegeben ist. Für die Anwendung von § 8b Abs. 1 KStG und gegen eine Regelbesteuerung3 spricht insbes., dass (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) erst die – formale – Bescheinigung als Einlagenrückgewähr gem. § 27 Abs. 3 KStG aus einer Dividende eine Einlagenrückgewähr macht.4 Die Verwendung des Einlagekontos lässt sich somit durch die ausschüttende Gesellschaft steuern.5 Auch daran zeigt sich, dass eine Einordnung in § 8b Abs. 1 KStG und § 9 Nr. 2a GewStG systematisch zutreffend ist. 40

In die Kürzung sind gem. § 9 Nr. 2a Satz 1 aE GewStG nur Gewinnanteile einzubeziehen, die den Gewinn iSd. § 7 GewStG erhöht haben. Eine Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG kommt daher nicht in Betracht, soweit die Gewinnanteile nach § 3 Nr. 40, 41 EStG (Teileinkünfteverfahren) bzw. § 8b Abs. 1, 5 KStG von der GewSt freigestellt sind. Eine Kürzung erfolgt allerdings dann, wenn mangels Erfüllen des Korrespondenzprinzips gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d) Satz 2 EStG bzw. § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG oder wegen § 8b Abs. 7 KStG keine körperschaftsteuerliche Freistellung erfolgt. 2. Umfang der Kürzung bei teilweise steuerbefreiter Körperschaft

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Bei einer ausschüttenden Körperschaft, die teilweise von der GewSt befreit ist und teilweise eine gewstpfl. Tätigkeit ausübt,6 ist die Kürzung nach Auffassung der FinVerw. nach dem Verhältnis der stpfl. Gewinnanteile zum Gesamtgewinn der Körperschaft vorzunehmen.7 Erforderlichenfalls kann der begünstigte Teil im Wege der Schätzung ermittelt werden.8 3. Keine Kürzung von Veräußerungsgewinnen

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Der Gewerbeertrag ist nach allg. Auffassung nicht um den sich aus der Veräußerung der Beteiligung ergebenden Gewinn zu kürzen.9 Das lässt sich bereits aus dem Wortlaut „Gewinne aus Anteilen“ ableiten. Systematisch wird dies verschiedentlich gestützt, zB durch die verwandte Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG, die nur auf § 8b Abs. 1 KStG abstellt, oder durch den Umstand, dass § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG nur auf § 8b Abs. 5 KStG verweist, nicht aber auf § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG, der die Schachtelstrafe für Veräußerungsgewinne normiert. Ob das vor dem Hintergrund des Regelungszwecks des § 9 Nr. 2a GewStG zutreffend ist, der insbes. der Doppelbelastung mit GewSt entgegenwirkt (s. Rz. 2), kann man mit guten Gründen bezweifeln. Denn letztlich sind Veräußerungsgewinne durch thesaurierte Gewinne (und nicht realisierte stille Reserven) verursacht, sodass man – entgegen der Auffassung des BFH10 – auch bei Veräußerungsgewinnen eine Notwendigkeit für eine gewstl. Kürzung er1 BFH v. 15.9.2004 – I R 16/04, BStBl. II 2005, 297 = FR 2005, 604; vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 43; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 8. 2 BMF v. 28.4.2003, BStBl. I 2003, 292 Rz. 9; ebenso zB M. Prinz, FR 2010, 580; wohl auch Herlinghaus in R/H/N, § 8b KStG Rz. 186; ablehnend ggü. der Anwendung von § 8b Abs. 1 KStG auch der BFH zum alten Recht; BFH v. 28.10.2009 – I R 116/08, BStBl. II 2011, 898 = FR 2010, 578 m. Anm. Prinz (ohne allerdings auf § 8b Abs. 2 KStG eingehen zu müssen). 3 Dafür aber Gosch in Gosch3, § 8b KStG Rz. 106. 4 Für eine Anwendung von § 8b Abs. 1 KStG zB auch Pung in D/P/M, § 8b KStG Rz. 137; Watermeyer in H/H/R, § 8b KStG Rz. 41. 5 Vgl. zu darauf beruhenden Gestaltungsempfehlungen zB Stimpel in R/H/N, § 27 KStG Rz. 173. 6 ZB in den Fällen des § 3 Nr. 5, 8, 9, 12, 13, 15, 17 und 20 GewStG. 7 R 9.3 S. 6 GewStR 2009. 8 R 9.3 S. 7 GewStR 2009. 9 BFH v. 2.2.1972 – I R 217/69, BStBl. II 1972, 470; v. 29.8.1984 – I R 154/81, BStBl. II 1985, 160 = FR 1985, 104; H 9.3 GewStH 2016; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 44 (allerdings nur für 100-prozentige Beteiligungen); Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 181. 10 BFH v. 29.8.1984 – I R 154/81, BStBl. II 1985, 160 = FR 1985, 104.

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C. Rechtsfolge und Umfang der Kürzung

Rz. 46 § 9 Nr. 2a

kennen kann.1 In der Praxis ist der Effekt oft überschaubar, weil entweder § 8b Abs. 2 KStG bereits zur Freistellung führt oder die Anrechnung des ohnehin gem. § 3 Nr. 40 EStG auf 60 % gekürzten Veräußerungsgewinns auf die ESt gem. § 35 EStG möglich ist; in letzterem Fall jedoch oftmals mit Anrechnungsüberhängen. 4. Gewinnanteile bei Liquidation Auskehrungen bei der Liquidation werden von § 9 Nr. 2a GewStG erfasst, soweit sie Bezüge gem. § 20 43 Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellen. Das ist der Fall, soweit die Bezüge keine Einlagenrückgewähr gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG bilden und soweit sie keine Rückzahlung von Nennkapital sind, § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG. 5. Gewinnanteile bei Umwandlung Bei Umwandlungen ist zu unterscheiden zwischen den eigentlichen Umwandlungsgewinnen und 44 der fiktiven Ausschüttung offener Rücklagen gem. § 7 UmwStG: – § 7 UmwStG legt in dem dort definierten Umfang fest, dass dem Anteilseigner das Eigenkapital des übertragenden Rechtsträgers abzgl. des Bestands des Einlagekontos als Einnahmen aus Kapitalvermögen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zufließt. Aufgrund dieser gesetzlichen Anordnung entspricht es allg. Auffassung, dass auf diesen Bezug § 9 Nr. 2a GewStG – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – anwendbar ist.2 – Im Übrigen sind Gewinne aus Umwandlungen (soweit sie Kapitalgesellschaftsanteile betreffen) regelmäßig Veräußerungsgewinne und keine Dividendenbezüge, sodass die gewstl. Behandlung nicht durch § 9 Nr. 2a GewStG determiniert wird, sondern durch § 8b Abs. 2 KStG und § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG. Dies gilt namentlich für Übernahmegewinne gem. § 4 Abs. 4 UmwStG, die nach § 4 Abs. 7 UmwStG nach § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG zu besteuern sind, und zwar jeweils als Veräußerungsgewinn.3 Ungeachtet dessen bleibt der Gewinn (vorbehaltlich § 18 Abs. 3 UmwStG) gem. § 18 Abs. 2 UmwStG gewstl. außer Ansatz.

II. Kürzung des „Nettogewinns“ Nach § 9 Nr. 2a Satz 3 GewStG mindern die im unmittelbaren Zusammenhang mit Gewinnanteilen 45 stehenden Aufwendungen den Kürzungsbetrag, soweit entsprechende Beteiligungserträge zu berücksichtigen sind. Die Vorschrift gilt seit dem EZ 2006 und wurde als Reaktion auf die Rspr. des BFH eingeführt, der insbes. – entgegen der damaligen Auffassung der FinVerw.4 – die Auffassung vertritt, dass dem GewStG kein Abzugsverbot wie jenes des § 3c Abs. 1 EStG zu entnehmen ist.5 Anders als für Zwecke der ESt einerseits und der KSt andererseits wird aber für gewstl. Zwecke nicht danach differenziert, ob es sich um Gewinnanteile handelt, die § 3 Nr. 40 EStG unterfallen, oder um solche, die mittels § 8b KStG von der Besteuerung freigestellt sind. Der Unterschied liegt darin, dass bei Körperschaften § 8b Abs. 5 KStG auch gewstl. nach der ausdrücklichen Anordnung des § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG gilt. Eigentlich ersetzt § 8b Abs. 5 KStG körperschaftsteuerlich § 3c EStG. Gewerbesteuerlich ist dies nach der gesetzgeberischen Vorstellung nicht der Fall, sodass es iHd. Schachtelstrafe zu einem doppelten Nichtabzug von Betriebsausgaben in der GewSt kommen kann.6 Für die Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewStG ist eine doppelte Nichtberücksichtigung nicht zu 46 befürchten, weil § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG die Anwendbarkeit von § 8 Nr. 1 GewStG ausschließt, soweit die Nichtberücksichtigung nach § 9 Nr. 2a GewStG greift.7 1 2 3 4 5 6 7

Krit. auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 44. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 44a; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 181a. ZB van Lishaut in R/H/vL2, § 4 UmwStG Rz. 131. R 61 Abs. 1 Satz 12 GewStR 1998. BFH v. 25.1.2006 – I R 104/04, BStBl. II 2006, 844 = FR 2006, 519 m. Anm. Wendt. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 45a; Gosch in Blümich, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 184b. Ebenso Gosch in Blümich, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 184b.

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§ 9 Nr. 2a Rz. 47 Kürzungen (Inländische Schachtelerträge) 47

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, welche Aufwendungen von § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG erfasst werden. Gosch folgert aus dem Wortlaut „in unmittelbarem Zusammenhang mit Gewinnanteilen stehende Aufwendungen“, dass es sich nur um unmittelbare Kosten des Dividendenbezugs handeln kann, wie etwa Kosten des Geldverkehrs der Dividendenzahlung.1 Für diese Sichtweise dürfte immerhin sprechen, dass die Formulierung des § 3c Abs. 2 EStG deutlich weiter gefasst ist („wirtschaftlicher Zusammenhang“). Hinzu kommt, dass Veräußerungsgewinne nicht freigestellt werden, sodass man die – kaum mögliche – Abgrenzung vornehmen müsste, welche Aufwendungen dem Dividendenbezug dienen und welche der Erzielung von Veräußerungserlösen.2 Trotz dieser Bedenken dürfte zumindest die FinVerw. ähnliche Grundsätze wie zu § 3c EStG anwenden.3

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Sind im Einzelfall die Aufwendungen höher als der Betrag der Ausschüttung, entfällt die Kürzung insgesamt. Es kommt nicht etwa zu einer negativen Kürzung (also Hinzurechnung) der von § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG erfassten Aufwendungen. Das folgt aus dem Wortlaut des § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG, der den Zusatz „soweit entsprechende Beteiligungserträge zu berücksichtigen sind“ enthält.4

III. Besonderheiten bei der Organschaft 49

Bezieht eine OG nach § 9 Nr. 2a GewStG freizustellende Bezüge, gilt seit dem EZ 2017 das besondere Regime des § 7a GewStG. Die Regelung ist eine Reaktion auf die Rspr. des BFH, die bei der Vereinnahmung von Schachteldividenden durch OG dazu führte, dass sich die Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG gewstl. nicht auswirkte.

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Nach dem bis einschließlich EZ 2016 geltenden Recht galt Folgendes:5 § 15 KStG ordnet für die Gewinnermittlung der OG an, dass § 8b KStG (s. § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG) und die DBA-Schachtelprivilegien (s. § 15 Satz 2 KStG) nicht anzuwenden sind. Gewerbesteuerlich waren die Vorschriften des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG mangels einer dem § 15 KStG entsprechenden Regelung anwendbar. Das führte dazu, dass § 9 Nr. 2a und 7 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der OG unmittelbar anwendbar waren, weil die Bezüge noch in vollem Umfang im Gewerbeertrag gem. § 7 GewStG enthalten waren – eine Kürzung gem. § 8b Abs. 1 KStG oder aufgrund eines DBA war wegen § 15 KStG gerade ausgeschlossen.6 Da § 8b KStG durch § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG nicht anwendbar war, konnte auch § 8b Abs. 5 KStG nicht angewandt werden, und zwar auch nicht über den in § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG enthaltenen Verweis.

D. Kürzungsverbot (Satz 5) 51

Für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds enthält § 9 Nr. 2a GewStG seit dem EZ 2004 einen Kürzungsausschluss für Gewinne aus Anteilen, die den Kapitalanlagen zuzurechnen sind. Diese erhöhen bereits die Bemessungsgrundlage für die Zuführung zu Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (§ 21 Abs. 1 und 2 KStG). Da der hierdurch geminderte körperschaftsteuerliche Gewinn nach § 7 GewStG die Grundlage für die Ermittlung des Gewerbeertrags darstellt, bedarf es einer Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG nicht mehr (s. auch zur Parallelregelung § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 37).

1 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 184b; s. auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 45; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 9b. 2 Ähnlich Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 45. 3 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 45. 4 Ebenso Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 45; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 185; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 GewStG Rz. 9. 5 Die FinVerw. hat ihre alte Auffassung (OFD Münster v. 4.9.2006 – G 1421-138-St 12-33, Fall 3.1, juris) aufgegeben und wendet die BFH-Rspr. an; OFD NRW v. 2.10.2017 – G 1425-2015/0018 St 13, juris; OFD Karlsruhe v. 6.12.2017 – G142.5/50/12-St 226, juris. 6 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 45b; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 187a.

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Kürzungen (KGaA-Gewinnanteile)

Rz. 2 § 9 Nr. 2b

§ 9 Nr. 2b [KGaA-Gewinnanteile] Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um … 2b. die nach § 8 Nr. 4 dem Gewerbeertrag einer Kommanditgesellschaft auf Aktien hinzugerechneten Gewinnanteile, wenn sie bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . .

7

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

5

II. Maßgeblichkeit des tatsächlich hinzugerechneten Betrags . . . . . . . . . . . . . . .

8

III. Möglichkeit einer doppelten Entlastung bei der GmbH & Co. KGaA . . . . . . . . .

11

IV. Bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzte Gewinnanteile . . . . . . . . . .

12

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . B. Nach § 8 Nr. 4 GewStG dem Gewerbeertrag einer Kommanditgesellschaft auf Aktien hinzugerechnete Gewinnanteile . .

6

7

Literatur: Gosch, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Gewerbesteuer, FR 1991, 345; Thiel/Eversberg, Gesetz zur steuerlichen Förderung von Kunst, Kultur und Stiftung sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften, DB 1991, 118; Kollruss, Gewerbesteuerliche Optimierung bei der GmbH & Co. KGaA, INF 2003, 347; Kollruss, Die hybride Rechtsform der GmbH & Co. KGaA – Möglichkeiten zur Steuergestaltung im Rahmen der pauschalierten Gewerbesteueranrechnung, GmbHR 2003, 709; Schmincke/Heuel, § 8 Nr. 4 GewStG: Gewerbesteuerfalle bei der Kapitalgesellschaft & Co. KGaA, FR 2004, 861; Herlinghaus, Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 bei KGaA mit gewerbesteuerpflichtigem Komplementär, Anm. zu FG Köln v. 17.8.2006 – 6 K 6170/03, EFG 2006, 1923; Binge/May, Noch einmal: Die GmbH & Co. KG auf Aktien als Rechtsform für börsenwillige Familienunternehmen?, BB 2012, 1988, 2393; Bielinis, Die Besteuerung der KGaA, Diss., Bonner Schriften zum Steuer-, Finanz- und Unternehmensrecht, 2013.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck Nach § 9 Nr. 2b GewStG sind beim persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft 1 auf Aktien (KGaA) die dem Gewerbeertrag der KGaA nach § 8 Nr. 4 GewStG hinzugerechneten Gewinnanteile zu kürzen, wenn sie bei der Ermittlung des Gewinns des persönlich haftenden Gesellschafters angesetzt worden sind. Bei GewStPfl. des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA konnte es vor Einführung des § 9 Nr. 2b GewStG aufgrund des auf Ebene der KGaA anzuwendenden § 8 Nr. 4 GewStG zu einer gewstl. Doppelbelastung kommen.1 § 9 Nr. 2b GewStG soll diese Doppelbelastung beseitigen.2 Der persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA begründet mit seinen Einkünften nach § 15 Abs. 1 2 Nr. 3 EStG für sich genommen keinen eigenen Gewerbebetrieb iSv. § 2 Abs. 1 GewStG und unterliegt damit nicht der GewSt.3 Um eine gewstl. Besteuerungslücke zu vermeiden, werden nach § 8 Nr. 4 GewStG bei der KGaA die Gewinnanteile, die an persönlich haftende Gesellschafter auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind und die nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG das körperschaftsteuerliche Einkom-

1 Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drucks. 11/7833. 2 Thiel/Eversberg, DB 1991, 118 (128). 3 FG Köln v. 17.8.2006 – 6 K 6170/03, EFG 2006, 1923 (nachgehend BFH v. 6.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462).

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§ 9 Nr. 2b Rz. 3 Kürzungen (KGaA-Gewinnanteile) men der KGaA und damit deren Gewinn iSv. § 7 GewStG gemindert haben, gewstl. wieder hinzugerechnet (s. § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 5). 3 Unterliegt der persönlich haftende Gesellschafter hingegen mit seinem Gewinnanteil der GewSt, sei

es, dass er einen eigenen Gewerbebetrieb unterhält, in dem die Anteile erfasst sind, oder dass kraft Rechtsform gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG eine GewStPfl. besteht, käme es ohne Kürzungsvorschrift steuersubjektsübergreifend zu einer doppelten gewstl. Erfassung dieses Gewinnanteils. Der Gesetzgeber hat sich mit Einführung des § 9 Nr. 2b GewStG für eine Kürzung auf der Ebene des persönlich haftenden Gesellschafters und gegen eine Modifikation der Hinzurechnungsregelung auf Ebene der KGaA entschieden.1 Eine Minderung des Hinzurechnungsbetrags bei der KGaA ist daher nicht vorzunehmen, da kein allgemeiner Grundsatz besteht, wonach eine Kürzung durchzuführen ist, soweit es ohne die Kürzung zu einer Doppelerfassung kommt.2 Damit scheidet auch eine teleologische Reduktion des § 8 Nr. 4 GewStG aus.3 4 Das gesetzgeberische Konzept der Hinzurechnung und Kürzung von Gewinnanteilen bei der KGaA

und ihrem persönlich haftenden Gesellschafter in § 8 Nr. 4 und § 9 Nr. 2b GewStG hat der BFH als verfassungsgemäß erachtet,4 da es dem Leistungsfähigkeitsprinzip hinreichend Rechnung trägt. Dem Gesetzgeber steht dabei ein weitreichender Typisierungsspielraum zur Verfügung, der im Regelfall, jedoch nicht zwingend uneingeschränkt, eine doppelte stl. Belastung durch Abstimmung der einzelnen Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften vermeiden soll.

II. Anwendungsbereich 5 Der persönliche Anwendungsbereich der Norm erfasst den persönlich haftenden Gesellschafter ei-

ner KGaA, unabhängig davon, ob es sich um natürliche oder juristische Personen handelt.5 Keine Kürzung erfolgt bei den Kommanditaktionären der KGaA. Dies gilt insoweit auch, wie der persönlich haftende Gesellschafter als Aktionär am Grundkapital der Gesellschaft beteiligt ist.6 Bei einer Beteiligungshöhe von . 15 % ist eine Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG zu prüfen.7

III. Rechtsentwicklung 6 Die Norm wurde durch das G zur steuerlichen Förderung von Kunst, Kultur und Stiftung sowie

zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 13.12.19908 in das GewStG eingefügt und wurde seither nicht mehr geändert. Sie gilt nach § 36 Abs. 1 GewStG idF des Einigungsvertragsgesetzes v. 23.9.19909 ab dem EZ 1991.10

1 BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360. 2 BFH v. 19.7.1971 – I R 164/68, BStBl. II 1972, 858; v. 23.10.1985 – I R 235/81, BStBl. II 1986, 72 = FR 1986, 157. 3 BFH v. 23.10.1985 – I R 235/81, BStBl. II 1986, 72 = FR 1986, 157 zur Rechtslage vor Einführung des § 9 Nr. 2b GewStG; aA Graf, DStR 1991, 1374. 4 BFH v. 6.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462. 5 Zur Zulässigkeit einer KapGes. als persönlich haftender Gesellschafter vgl. BGH v. 24.2.1997 – II ZB 11/96, BGHZ 134, 392; BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360; v. 6.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462. 6 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 4; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 GewStG Rz. 1. 7 Vgl. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 197. 8 BGBl. I 1990, 2775. 9 BGBl. II 1990, 885. 10 Thiel/Eversberg, DB 1991, 118 (128).

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B. Nach § 8 Nr. 4 dem Gewerbeertrag einer KGaA hinzugerechnete Gewinnanteile

Rz. 11 § 9 Nr. 2b

B. Nach § 8 Nr. 4 GewStG dem Gewerbeertrag einer Kommanditgesellschaft auf Aktien hinzugerechnete Gewinnanteile I. Vorbemerkung Die Kürzung umfasst die auf Ebene der KGaA nach § 8 Nr. 4 GewStG hinzugerechneten Gewinn- 7 anteile, die an persönlich haftende Gesellschafter auf ihre nicht auf das Grundkapital gemachten Einlagen oder als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt worden sind.1 Der nach § 8 Nr. 4 GewStG hinzugerechnete Betrag ist maßgeblich für die Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewSt; es besteht eine „Spiegelbildlichkeit“2 der Regelungen.

II. Maßgeblichkeit des tatsächlich hinzugerechneten Betrags § 9 Nr. 2b GewStG korrespondiert mit dem nach § 8 Nr. 4 GewStG tatsächlich bei der KGaA hin- 8 zugerechneten Betrag. Die „abstrakte“ materielle Rechtslage ist nicht entscheidend. Dies entspricht auch dem gesetzgeberischen Ziel des § 9 Nr. 2b GewStG, insoweit eine gewstl. Doppelbelastung zu vermeiden.3 Nicht maßgeblich ist hingegen, ob die Hinzurechnung bei der KGaA nach § 8 Nr. 4 GewStG aufgrund von gewstl. Verlusten iErg. nicht zu einer höheren Besteuerung geführt hat, da der Wortlaut der Norm nur auf die Hinzurechnung zum Gewerbeertrag abstellt.4 Die Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewStG beim persönlich haftenden Gesellschafter unterbleibt, wenn 9 die KGaA von der GewSt befreit ist.5 Es mangelt insoweit an der „tatsächlichen“ Hinzurechnung bei der KGaA iSv. § 8 Nr. 4 GewStG. Das Ergebnis deckt sich mit der Zielsetzung der Norm, eine gewstl. Doppelbelastung zu vermeiden.6 Ein Rechtsanspruch des persönlich haftenden Gesellschafters auf Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 10 GewStG bei der KGaA ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.7 Das FG Mecklenburg-Vorpommern8 hat einen Rechtsanspruch auf Drittanfechtung des Gewerbesteuermessbescheids im Kontext der im Streitjahr noch geltenden, vergleichbaren Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften des § 8 Nr. 7 und § 9 Nr. 4 GewStG mangels Drittbetroffenheit zu Recht abgelehnt. Die Systematik der betroffenen Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften soll lediglich eine steuersubjektsübergreifende Doppelbelastung vermeiden, nicht hingegen bestimmte Teile des gewstl. maßgeblichen Gewinns begünstigen.

III. Möglichkeit einer doppelten Entlastung bei der GmbH & Co. KGaA Die Anwendung der §§ 8 Nr. 4 und 9 Nr. 2b GewStG kann bei einem persönlich haftenden Gesell- 11 schafter in der Rechtsform einer KapGes.9 in bestimmten Fällen zu einer doppelten Entlastung10 führen. Betroffen sind Sachverhalte, in denen der persönlich haftende Gesellschafter seine Kosten für die Vergütung eines Fremdgeschäftsführers von der KGaA erstattet bekommt. Die KGaA rechnet die körperschaftsteuerlich nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG abgezogene Kostenerstattung an die GmbH gewstl. nach § 8 Nr. 4 GewStG wieder hinzu. Die Hinzurechnung wird nicht durch die Aufwendungen des persönlich haftenden Gesellschafters für die Vergütung der Fremdgeschäftsführer gemindert (sog.

1 Zum Umfang der Hinzurechnung vgl. § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 11 ff. 2 Herlinghaus, EFG 2006, 1923; Gosch, FR 1991, 345. 3 BFH v. 4.12.2012 – I R 42/11, BFH/NV 2013, 589 zur gewerbesteuerbefreiten KGaA; Bielinis, Die Besteuerung der KGaA, 2013, 299. 4 Gosch, FR 1991, 345; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 205; aA Kollruss, DStZ 2012, 650 (656). 5 ZB § 3 Nr. 23 GewStG. 6 BFH v. 4.12.2012 – I R 42/11, GmbHR 2013, 384. 7 Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 9. 8 FG MV v. 16.9.2009 – 3 K 163/09, juris. 9 Zur Zulässigkeit einer GmbH & Co. KGaA s. Rz. 5. 10 Kollruss, INF 2003, 347 (349), mit Bsp.

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§ 9 Nr. 2b Rz. 12 Kürzungen (KGaA-Gewinnanteile) Bruttobetrachtung).1 Der persönlich haftende Gesellschafter erhält den Kostenersatz als Gewinnanteil (Sondervergütung) iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Gleichzeitig mindert sich sein Gewinn durch die Vergütung an die Fremdgeschäftsführer (Betriebsausgaben iSv. § 4 Abs. 4 EStG). Gewerbesteuerlich wird der Saldo durch die Anwendung des § 9 Nr. 2b GewStG iHd. Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG („brutto“) gekürzt. Im Ergebnis versteuert die KGaA gewstl. damit die Vergütung für die Geschäftsführung, der persönlich haftende Gesellschafter erzielt insoweit ein negatives gewstl. Ergebnis.2 Übt der persönlich haftende Gesellschafter der GmbH & Co. KGaA neben der Übernahme der Haftung und der Geschäftsführung für die KGaA keine weitere Tätigkeit aus, erzielt er folglich dauerhaft gewstl. (nicht ausgleichbare) Verluste und baut gewstl. Verlustvorträge auf (sog. „Gewerbesteuerfalle“).3 Andererseits ist für die Anwendung des § 9 Nr. 2b GewStG im Einzelfall auch ohne Bedeutung, ob der Gewinnanteil überhaupt zu einer Doppelbelastung geführt hat. Dies gilt insbes. in Fällen, in denen sich bei der KGaA aufgrund gewstl. Verluste die Hinzurechnung nicht gewerbesteuererhöhend auswirkt. Zwischen den Normen besteht insoweit nur eine „rechtstechnische“ Verknüpfung.4

IV. Bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzte Gewinnanteile 12

Eine Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewStG erfolgt nur, wenn die bei der KGaA hinzugerechneten Gewinnanteile und Vergütungen iSv. § 8 Nr. 4 GewStG bei der Ermittlung des Gewinns des persönlich haftenden Gesellschafters5 iSv. § 7 GewStG angesetzt worden sind. Die Gewinnanteile müssen demnach im Gewerbeertrag des persönlich haftenden Gesellschafters enthalten sein. § 9 Abs. 2b aE GewStG führt somit nicht zu einer Beschränkung des Kürzungsumfangs der Norm.6 Die Kürzung erfolgt im EZ der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG bei der KGaA.7 Wird in einem späteren EZ die Hinzurechnung vorgenommen oder geändert, erfolgt eine Änderung des Bescheids des persönlich haftenden Gesellschafters nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.8

§ 9 Nr. 3 [Ausländische Betriebsstätte] Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um … 3. den Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte dieses Unternehmens entfällt; dies gilt nicht für Einkünfte im Sinne des § 7 Satz 8. 2Bei Unternehmen, die ausschließlich den Betrieb von eigenen oder gecharterten Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben, gelten 80 Prozent des Gewerbeertrags als auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallend. 3Ist Gegenstand eines Betriebs nicht ausschließlich der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen 1 BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360; vgl. § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 26. 2 Zu Gestaltungen zur Nutzung der pauschalierten Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG vgl. Kollruss, GmbHR 2003, 709. 3 Schmincke/Heuel, FR 2004, 861, mit Vorschlägen zur teleologischen Reduktion des § 8 Nr. 4 GewStG in vergleichbaren Fällen; ebenso: Binge/May, BB 1988, 2393 (2400); eine teleologische Reduktion ablehnend BFH v. 6.10.2009 – I R 102/06, BFH/NV 2010, 462; s. auch Bielinis, Die Besteuerung der KGaA, 2013, 310, der die Aufwandsentschädigung nicht unter § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und damit § 8 Nr. 4 GewStG subsumiert und so eine doppelte Entlastung vermeidet, vgl. § 8 Nr. 4 GewStG Rz. 26. 4 Gosch, FR 1991, 345, zur Vergleichbarkeit mit § 8 Nr. 7 und § 9 Nr. 4 GewStG aF. 5 Nicht der KGaA: FG Münster v. 6.4.2011 – 9 K 1046/09 G,F, EFG 2011, 2000. 6 Gosch, FR 1991, 345. 7 BFH v. 31.10.1990 – I R 32/86, BStBl. II 1991, 253 = FR 1991, 360, zur zeitgleichen Hinzurechnung bei einer Kürzung nach § 9 Nr. 1 KStG mit Hinweis auf den Zweck der Norm; ein vergleichbares Verhältnis besteht zwischen § 8 Nr. 4 und § 9 Nr. 2b GewStG; so auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 GewStG Rz. 2; Roser in Lenski/ Steinberg, § 9 GewStG Rz. 8a. 8 Gosch, FR 1991, 345; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 GewStG Rz. 9, mit Hinweis auf BFH v. 7.11.2000 – III R 87/97, BFH/NV 2001, 814 zu den vergleichbaren Regelungen des § 8 Nr. 7 und des § 9 Nr. 4 GewStG aF.

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Kontny/Herbst

Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte)

§ 9 Nr. 3

Verkehr, so gelten 80 Prozent des Teils des Gewerbeertrags, der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, als auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallend; in diesem Fall ist Voraussetzung, dass dieser Teil gesondert ermittelt wird. 4Handelsschiffe werden im internationalen Verkehr betrieben, wenn eigene oder gecharterte Handelsschiffe im Wirtschaftsjahr überwiegend zur Beförderung von Personen und Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der freien See eingesetzt werden. 5Für die Anwendung der Sätze 2 bis 4 gilt § 5a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes entsprechend; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

4. Verhältnis zum Unionsrecht . . . . . . . . .

16

B. Kürzung um ausländische Betriebsstätten (Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . .

18

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

3

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Historie des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG . . . . 2. Historie des § 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 GewStG .

5 5 7

I. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG . . 3. Verhältnis zum Abkommensrecht . . .

. . .

8

C. Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr (Sätze 2 bis 5) . . . . .

36

. . . . . . . . .

8 12 14

I. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

Literatur: Brendle/Schaaf, Gewerbesteuerliche Behandlung von inländischen Bauunternehmen mit Ergebnissen aus einer Tätigkeit im Ausland, FR 1975, 589; Schröder, Die Betriebsstätte im deutschen Außensteuerrecht, StBp 1978, 169; Bader/Klose, Steuerliche Behandlung vergeblicher Auftragskosten für ausländische Bauprojekte, IStR 1996, 318, Behrens/Schmitt, § 7 Satz 2 GewStG n.F. – Neue Gewerbesteuer-Tatbestände für Mitunternehmerschaften und KGaA, BB 2002, 860; Schön, Besteuerung im Binnenmarkt – die Rechtsprechung des EuGH zu den direkten Steuern, IStR 2004, 289; Suchanek, Anwendung von § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG bei der Veräußerung von doppelstöckigen Mitunternehmerschaften, GmbHR 2007, 248; Englisch, Anmerkung zu EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/ 06 – Lidl Belgium, IStR 2008, 404; Bartsch, Die Besteuerung des Auflösungsgewinns eines bei Übergang zur Tonnagegewinnermittlung nach § 5a Abs. 4 EStG gebildeten Unterschiedsbetrages, BB 2009, 1049; v. Glasenapp, Die Änderungen im Tonnagesteuererlass durch das Schreiben des BMF v. 31.10.2008, DStR 2009, 1462; Benecke/Staats, Anmerkung zu BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, IStR 2010, 668; Braunagel, Verstößt die Nichtberücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste im Rahmen der Gewerbesteuer gegen Gemeinschaftsrecht? – Zugleich eine Besprechung der Urteile des FG Hamburg v. 18.11.2009 – 6 K 147/08, und des FG Düsseldorf v. 8.9.2009 – 6 K 308/04 K, IStR 2010, 313; Kessler/Philipp, Zur gemeinschaftsrechtlichen Notwendigkeit der inländischen Berücksichtigung „finaler“ Verluste aus EU-Betriebsstätten – Anmerkungen zur BFH-Judikatur und deren Folgefragen, IStR 2010, 865; Kußmaul/Delarber, Zur aktuellen BFH-Rspr. zu finalen ausländischen Betriebsstättenverlusten – Anmerkungen zu den BFH-Urt. v. 9.6.2010, Ubg 2010, 900; Roser, Umsetzung und Umfang der Verlustnutzung nach Marks & Spencer – Umsetzungsfragen in der Praxis, Ubg 2010, 30; Wangler/Gühne, Inländische Nutzung ausländischer Betriebsstättenverluste, FR 2010, 1113; Gebhardt/Quilitzsch, Berücksichtigung finaler Betriebsstättenverluste im Rahmen der Gewerbesteuer, FR 2011, 359; Herbst, Die Entstrickung stiller Reserven unter besonderer Berücksichtigung des SEStEG, Diss. 2011; Bier, Die Gewerbesteuer aus Sicht der Unternehmen, DStJG 35 (2012), 219; Kraft/Quilitzsch, Belastungswirkungen der Hinzurechnungsbesteuerung unter dem Postulat steuerlicher Wettbewerbsneutralität – zugleich eine Warnung an die Gestaltungspraxis vor Hinzurechnungsfallstricken, ISR 2012, 109; Klein, Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Hotelleistungen bei Reiseveranstaltern, DStR 2014, 1321; Quilitzsch, Einbeziehung des Hinzurechnungsbetrags nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG in den Gewerbeertrag für Zwecke der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages, ISR 2014, 192; Schnorberger/Dust/Golz, Anmerkung zu FG Düsseldorf v. 28.11.2013 – 16 K 2513/12 G, IStR 2014, 271; Becker/Loose, Erfordert die gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG das Bestehen einer auch abkommensrechtlichen Betriebsstätte?, Ubg 2015, 520; Haase, Einkünftefiktionen im Steuerrecht und ihre Wirkung – Anmerkung zum BFH-Urt. v. 11.3.2015, IStR 2015, 966; Hielscher/Beermann, Der Hinzurechnungsbetrag gem. § 10 AStG unterliegt nicht der Gewerbesteuer – Die Folgen des BFH-Urt. v. 11.3.2015 für die Praxis, BB 2015, 2782; Kollruss, Fiktive Dividenden im Lichte der gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegierung: Eine steuersystematische Analyse unter besonderer Berücksichtigung des AStG-Hinzurechnungsbetrags, FR 2015, 693; Kraft/Schreiber, Die Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags – Belastungseffekte, normative Analyse, systematische Rechtfertigung, IStR 2015, 149; Kramer, Der Hin-

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§ 9 Nr. 3 Rz. 1 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) zurechnungsbetrag nach § 10 AStG und die Gewerbesteuer, IStR 2015, 669; Roser, Vor- und Nachlaufkosten – Gewerbesteuerliches Niemandsland?, Ubg 2015, 582; Wassermeyer, Die BFH-Rspr. zur Betriebsstättenbesteuerung vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 5 AStG und der BsGaV, IStR 2015, 37; Becker/Loose/Misere, Bewirkt § 20 Abs. 2 AStG eine Verrechnung ausländischer Betriebsstättenverluste im Inland?, IStR 2016, 353; Benecke/Staats, Anmerkung zu EuGH v. 17.12.2015 – Rs. C-388/14 – Timac Agro, IStR 2016, 80; Hielscher, Betriebsstättenbegriff gem. § 12 AO ist maßgebend für die Kürzung gem. § 9 Nr. 3 GewStG, BB 2016, 2984; Kahlenberg, Vercharterung von Handelsschiffen – gewerbesteuerliche Kürzung bei Weitervercharterung, ISR 2016, 237; Kahlenberg, Einwirkung abkommensrechtlicher Begriffsbestimmungen auf innerstaatliches Steuerrecht, ISR 2016, 424; Mitschke, Kommentar zu EuGH v. 17.12.2015 – Rs. C-388/14 – Timac Agro, FR 2016, 132; Niemann/Dodos, Verrechnung von „finalen“ Auslandsverlusten – auch nach „Timac Agro“!, DStR 2016, 1057; Roser, Territorialitätsprinzip bei der Gewerbesteuer – Systembrüche und Folgerungen, in Lüdicke/Mellinghoff/Rödder (Hrsg.), Nationale und internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, FS für Dietmar Gosch, München 2016, 351; Schnitger, EuGH in der Rs. Timac Agro zu finalen ausländischen Betriebsstättenverlusten – War es das bei der Freistellungsmethode?, IStR 2016, 72; Schwenke, Ist das Veranlassungsprinzip bei Auslandsbetriebsstätten grenzenlos?, in Lüdicke/Mellinghoff/Rödder (Hrsg.), Nationale und internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, FS für Dietmar Gosch, München 2016, 377; Adrian/Rautenstrauch/Sterner, Gewerbesteuer bei der Hinzurechnungsbesteuerung, DStR 2017, 1457; Ebner/Malzahn/Martini ua., Verzinsung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sowie methodischer und verfassungsrechtlicher Rahmen richterlicher Gesetzeskorrektur, DStR-Beihefter 2017, 77; Kahle/ Willner, Hinzurechnungsbesteuerung und Gewerbesteuer, Ubg 2017, 21; Kollruss, Hinzurechnungsbesteuerung: Overkill durch Kodifizierung einer allgemeinen gewerbesteuerlichen Erfassung?, IStR 2017, 522; Rauert, Gewerbesteuerliche Kürzung für den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr – Keine Anwendung auf die Binnenschifffahrt, Anm. zu BFH v. 10.8.2016 – I R 60/14, ISR 2017, 6; Schulz-Trieglaff, Die Auslegung des Betriebsstättenbegriffs in § 9 Nr. 3 GewStG, IStR 2017, 406; Staschweski, Gewerbesteuerliche Kürzung für den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr – Keine Anwendung auf die Binnenschifffahrt, Anm. zu BFH v. 10.8.2016 – I R 60/14, DStRK 2017, 21; Zieglmaier, BEPS 1-Gesetz: Hinzurechnungsbesteuerung und Gewerbesteuer, StuB 2017, 1.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG füllt grundsätzlich die gewerbesteuerlichen Leitprinzipien des § 2 Abs. 1

GewStG aus, wobei der Kürzungsvorschrift lediglich eine rein deklaratorische Bedeutung zukommt.1 Dem Objektsteuercharakter der GewSt2 folgend setzt die (sachliche) GewStPfl. nach § 2 Abs. 1 GewStG einen inländischen Gewerbetrieb voraus und beschränkt die GewStPfl. auf diesen (Objektsteuer- und Territorialitätsprinzip,3 vgl. § 2 GewStG Rz. 1). Über die Regelungstechnik des § 7 Satz 1 GewStG wird der nach EStG und KStG ermittelte Gewinn – unter Beachtung des Welteinkommensprinzips einschließlich des Gewinns aus einer ausländischen Betriebsstätte – der Ermittlung des Gewerbeertrags zugrunde gelegt. Hieran anschließend sieht § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG die Kürzung für den Gewinnanteil vor, der nicht auf eine inländische Betriebsstätte entfällt. Durch die Kürzungsvorschrift wird das Territorialitätsprinzip für Zwecke der Ermittlung des Gewebeertrags bei den nach EStG bzw. KStG unbeschränkt StPfl. systemkonform umgesetzt. Im Zuge der jüngsten Änderungen durch das BEPS-UmsG hat der Gesetzgeber nochmals verdeutlicht, dass der Vorschrift nur eine klarstellende Bedeutung beizumessen ist.4 2 Da fahrende Schiffe selbst nicht als (ausländische) Betriebsstätte qualifizieren, kommt grundsätzlich

die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG – bei isolierter Betrachtung – nicht unmittelbar zu Anwendung (vgl. Rz. 4). Daraus ergibt sich eine „systemwidrige Belastung von Schiff-

1 BFH v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 212; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 2. 2 BVerfG v. 15.1.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 = FR 2008, 818 m. Anm. Keß; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 14 und § 2 GewStG Rz. 1; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 1 GewStG Rz. 9 ff.; Roser in Lenski/ Steinberg, § 7 GewStG Rz. 5. 3 Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 35; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 15; Roser, FS Gosch, 351. 4 BR-Drucks. 406/16, 63, 66.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 4 § 9 Nr. 3

fahrtsunternehmen“,1 da es nicht sachgerecht erscheint, deren weltweite Tätigkeit – auch ohne dass der Gewerbeertrag auf eine inländische Betriebsstätte entfällt und damit auch faktisch keine Belastung im Sinne des Äquivalenzprinzips2 verursacht3 – für Zwecke der GewSt zu erfassen. Zudem ist es kaum praktisch möglich, den jeweiligen Gewinnanteil ausländischer Betriebsstätten zu ermitteln.4 Diesen Erwägungen folgend konkretisieren § 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 GewStG das Territorialitätsprinzip (vgl. § 2 GewStG Rz. 1) für den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dahingehend, dass ein pauschalierter Teil des Gewerbeertrags ohne Anknüpfung an die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit im Ausland zu kürzen ist. Hierzu sieht die Regelungstechnik des § 9 Nr. 3 Sätze 2 bzw. 3 GewStG vor, dass einer nicht im Inland belegenen Betriebsstätte 80 % des Gewerbeertrags zugewiesen wird (Zuordnungs- bzw. Betriebsstättenfiktion). Die Vorschrift soll damit eine sachgerechte und einfache Ermittlung des nicht der GewSt unterliegenden Anteils des Gewerbeertrags am gesamten Gewerbeertrag des Schifffahrtsunternehmens gewährleisten (Vereinfachungsfunktion5).6 Bezugnehmend auf den insoweit konstitutiven Regelungsgehalt7 des § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG hat der BFH zudem klargestellt, dass es sich – in Abgrenzung zu § 5a EStG – nicht „um eine [reine] Subventionsnorm zur Sicherung und Stärkung des Schifffahrtsstandorts Deutschland“ handelt.8 Allerdings habe nach Auffassung des BFH die Vorschrift „zumindest auch“ den Charakter einer steuerlichen Förder- oder Lenkungsnorm.9

II. Anwendungsbereich § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG ist auf sämtliche GewSt-Schuldner anzuwenden, unabhängig von der Ein- 3 ordnung stehender Gewerbebetriebe oder Reisegewerbebetriebe. Faktisch beschränkt sich die Anwendung auf nach dem EStG bzw. KStG unbeschränkt StPfl.,10 da in Inbound-Konstellationen ausländische Betriebsstättengewinne von beschränkt StPfl. über die Regelungen der beschränkten StPfl. in § 49 EStG bereits nicht in den Gewinn nach EStG bzw. KStG eingehen und auch keine Korrektur aufgrund der Besonderheiten des GewSt-Rechts geboten ist. Beispiel: Die KapGes. A mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in den USA unterhält eine deutsche Betriebsstätte. A ist nur hinsichtlich des Gewinns, der auf die deutsche Betriebsstätte entfällt, beschränkt KSt-pflichtig (§ 2 Nr. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) und auch nur dieser Gewinn(-anteil) ist in die Ermittlung des Gewerbeertrags über § 7 Satz 1 GewStG einzubeziehen.

Der persönliche Anwendungsbereich von § 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 GewStG ist für Schifffahrtsunter- 4 nehmen eröffnet, da der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr vorausgesetzt wird;

1 BT-Drucks. 13/5952, 54. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 20; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 11 f. 3 ZB verursachen Ein-Schiff-Gesellschaften, die allein die Geschäftsleitung als Betriebsstätte im Inland unterhalten, während das Schiff selbst nur im Ausland verkehrt, im Inland keine signifikanten Lasten, die nach dem gewstl. Äquivalenzprinzip auszugleichen wären. 4 Zu Gewinnabgrenzungsfragen bei Vertreterbetriebsstätte (insbesondere bei Tätigkeit von General- und Linienagenten) BFH v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785. 5 Hey in HHR, Einf. zu ESt Rz. 64, zu Vereinfachungszwecknormen. 6 BT-Drucks. 13/5952, 54; BFH v. 26.9.2013 – IV R 45/11, BStBl. II 2015, 296 Rz. 38 = FR 2014, 387 m. Anm. Nöcker. 7 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 3a und 20; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 212. 8 BFH v. 26.9.2013 – IV R 45/11, BStBl. II 2015, 296 Rz. 38 = FR 2014, 387 m. Anm. Nöcker; v. 26.6.2014 – IV R 10/11, BStBl. II 2015, 300 Rz. 20 = FR 2014, 867; allerdings abschwächend BFH v. 10.8.2016 – I R 60/14, DStR 2016, 2749 Rz. 29 f.; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 20 f.; Rauert in Schönfeld/Ditz, DBA, 2013, Art. 8 OECD-MA Fn. 3 zu Rz. 17; aA FinVerw. in dem Verfahren zu FG Hbg. v. 27.5.2009 – 6 K 102/08, EFG 2009, 1665 (rkr.); ebenfalls aA Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 156; nach Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 212, 216 und 223, werden Schifffahrtsunternehmen durch das Sonderregime des § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG in systemwidriger und dem Territorialitätsprinzip widersprechender Weise begünstigt; als vorzugswürdig erachtet er vielmehr eine eigenständige Regelung zur Ermäßigung der Steuermesszahl. 9 BFH v. 10.8.2016 – I R 60/14, DStR 2106, 2749 Rz. 29 f. 10 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 213; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 17; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 5.

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§ 9 Nr. 3 Rz. 5 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) insoweit ist unerheblich, ob die Schiffe in ein inländisches Seeschiffsregisters eingetragen sind oder die deutsche Flagge führen.1 § 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 GewStG ist nicht in Fällen anzuwenden, in denen die Schifffahrtsunternehmen bereits zur Tonnagebesteuerung gem. § 5a EStG optiert haben.2 Regelmäßig sind von der Kürzungsvorschrift – vergleichbar zu der Regelungstechnik von Satz 1 – beschränkt stpfl. Schifffahrtsunternehmen nicht betroffen, da das deutsche Besteuerungsrecht im Abkommensfall über Art. 8 OECD-MA beschränkt wird (vgl. Rz. 15). Hieraus ergibt sich bei entsprechenden InboundKonstellationen erhebliches Gestaltungspotenzial. Beispiel: Die niederländische Reederei-BV M mit Geschäftsleitung in den Niederlanden hält alle Anteile an der deutschen Reederei-GmbH T. Der Betrieb von T qualifiziert grundsätzlich für die Inanspruchnahme von § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG. Vollzieht nunmehr T einen Formwechsel in eine GmbH & Co. KG, steht das Besteuerungsrecht für die von T erzielten Gewinne aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach Art. 8 DBA-Niederlande 20123 nicht (mehr) Deutschland, sondern den Niederlanden aufgrund des dort belegenen Orts der Geschäftsleitung der M zu. In der Folge sind die Gewinne grds. freizustellen, sodass § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG insoweit nicht zur Anwendung kommen kann.

III. Rechtsentwicklung 1. Historie des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 5 Gesetzgeberischer Ursprung des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG ist § 9 der Preußischen Verord-

nung über die vorläufige Neuregelung der GewSt v. 15.3.19274 sowie nachfolgend § 12 Nr. 2 des GewSt-Rahmengesetzes 1930 v. 1.12.19305 und § 11 Nr. 1 idF des GewSt-Rahmengesetzes 1935 v. 30.6.1935.6 Die Vorschrift wurde erstmals durch das GewStG v. 1.12.19367 normiert. 6 Im Zuge der Neufassung des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG durch das BEPS-UmsG v. 20.12.2016 (BStBl. I

2016, 3000) wurden lediglich die Worte „dieses Unternehmens“ sowie der zweite Halbsatz (Bezugnahme auf den ebenfalls neu eingeführten § 7 Satz 8 GewStG) ergänzt. Diese Änderungen sind mangels expliziter Anwendungsvorschriften grundsätzlich ab dem EZ 2016 anzuwenden. Über die Bezugnahme auf § 7 Satz 8 GewStG wirkt sich dessen zeitliche Anwendung ab dem EZ 2017 (gem. § 36 Abs. 2a GewStG) faktisch auch auf § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 2 GewStG aus. 2. Historie des § 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 GewStG 7 Das Sonderregime für Handelsschiffe im internationalen Verkehr wurde erstmalig durch das JStG

1997 v. 20.12.19968 neu eingeführt. Die Regelungen sind erstmalig ab dem EZ 1997 anzuwenden. Durch das Seeschifffahrtsanpassungsgesetz v. 9.9.19989 wurde der Verweis in § 9 Nr. 3 Satz 5 GewStG auf den weggefallenen § 34c Abs. 4 Satz 3 EStG durch den Verweis auf den stattdessen neu eingeführten § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG ersetzt. Diese Änderung ist ab dem EZ 1999 anzuwenden. Durch das JStG 2007 v. 13.12.200610 wurden § 9 Nr. 3 Sätze 2 und 3 GewStG lediglich redaktionell geändert.

1 Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 166. 2 BFH v. 6.7.2005 – VIII R 74/02, BStBl. II 2008, 180 = FR 2005, 1246 m. Anm. Wendt; v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 8; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 226; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 158, 172. 3 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen v. 12.4.2012, BGBl. II 2012, 1414; Rauert in Schönfeld/Ditz, DBA, 2013, Art. 8 OECD-MA Rz. 116 ff. 4 Preußische Gesetzessammlung 1927, 21. 5 RGBl. I 1930, 517. 6 RStBl. I 1935, 929. 7 RStBl. I 1936, 1149. 8 BStBl. I 1996, 1523. 9 BStBl. I 1998, 1158. 10 BStBl. I 2007, 28.

522

Herbst

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 13 § 9 Nr. 3

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG Die grundsätzliche Konzeption der Kürzung um ausländische Betriebsstättengewinne in § 9 Nr. 3 8 Satz 1 Halbs. 1 GewStG ergänzt das in § 2 Abs. 1 GewStG zum Ausdruck kommende Territorialitätsprinzip und hat insoweit nur klarstellende Bedeutung (vgl. § 2 GewStG Rz. 1). Die in § 7 Sätze 7 und 8 GewStG normierten Zuordnungsfiktionen für (Zwischen-)Einkünfte iSd. 9 §§ 7 ff. AStG bzw. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG gehen der Anwendung des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG vor. Der Regelungsbereich der Kürzungsvorschrift wird nicht berührt, da die entsprechenden Einkünfte in einer inländischen Betriebsstätte als angefallen bzw. als in einer solchen erzielt gelten und insoweit keine in einer ausländischen Betriebsstätte erzielten Gewinne gegeben sind. Die entsprechende Anpassung des Wortlauts von § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG durch das BEPS-UmsG hat eine rein klarstellende Bedeutung.1 § 9 Nr. 2 GewStG erfasst die von einer Mitunternehmerschaft bezogenen Gewinnanteile und ist inso- 10 weit lex specialis zu § 9 Nr. 3 GewStG.2 Die pauschale Zuordnungs- und Betriebsstättenfiktion in § 9 Nr. 3 Satz 2 f. GewStG geht der An- 11 wendung des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG als lex specialis vor. 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG Auch negative Einkünfte aus einer in einem Drittstaat belegenen gewerblichen Betriebsstätte iSd. § 2a 12 Abs. 1 Nr. 2 EStG (für welche der Ausnahmekatalog des § 2a Abs. 2 EStG keine Anwendung findet) fallen in den Anwendungsbereich von § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG, da die dem GewSt-Recht wesensfremde – dh. dem Objektsteuercharakter widersprechende – Verlustausgleichsbeschränkung nicht auf die GewSt „durchschlägt“.3 Auch handelt es sich bei § 2a EStG nicht um eine über § 7 Satz 1 GewStG einzubeziehende Gewinnermittlungsvorschrift im engeren Sinne, da § 2a EStG systematisch erst nach der Ermittlung des Gewinns (aus Gewerbebetrieb) iRd. Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) zur Anwendung kommt (verdeutlicht auch durch die Überschriften zu den jeweiligen Abschnitten des EStG).4 Die Tonnagebesteuerung stellt eine besondere, nur auf Antrag zu gewährende Art der (pauschalen) 13 Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 EStG dar. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5a Abs. 2 EStG stimmen weitgehend mit denen des § 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 4 GewStG überein und können damit als Auslegungshilfe herangezogen werden.5 Über § 7 Satz 3 GewStG gilt der Tonnage-Gewinn als inländischer Gewerbeertrag und wird die Anwendung der Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften, insbesondere von § 9 Nr. 3 GewStG, ausgeschlossen.6 Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Verweises gilt dies auch für einen sich aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG ergebenden Gewinn.7 1 2 3 4

BR-Drucks. 406/16, 66; Kollruss, IStR 2017, 522. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 7. So auch Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 36; Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 15. So auch Wagner in Blümich, § 2a EStG Rz. 47; Dreyer in Littman/Bitz/Pust, § 2a EStG Rz. 12, 177; Naujok in Bordewin/Brandt, § 2a EStG Rz. 37; wohl entsprechender Ansicht auch Gosch in Kirchhof17, § 2a EStG Rz. 12, der vor Anwendung des § 2a EStG zunächst die Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG anwendet. 5 Neben § 5a EStG kann für die Auslegung von § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG grundsätzlich auch auf die bereits aufgehobenen § 11 Abs. 3 Nr. 2 GewStG aF und (ggf. eingeschränkt) § 34c Abs. 4 Satz 2 f. EStG aF zurückgegriffen werden; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 25. 6 H 9.4 GewStH 2009 „Tonnagebesteuerung“; BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133 a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 37, geändert durch BMF v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133 - a/07/10001, BStBl. I 2008, 956, und v. 10.9.2013 – IV C 6 - S 2133 - a/09/10001:001, BStBl. I 2013, 1152; BFH v. 6.7.2005 – VIII R 74/02, BStBl. II 2008, 180 = FR 2005, 1246 m. Anm. Wendt; v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 215; Hofmeister in Blümich, § 5a EStG Rz. 8; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 1b; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 158, 172; Ziehr in Deloitte, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 17 aE. 7 H 9.4 GewStH 2009 „Tonnagebesteuerung“; BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133 a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 37 f., geändert durch BMF v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133 - a/07/10001, BStBl. I 2008, 956, und v. 10.9.2013

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§ 9 Nr. 3 Rz. 14 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) 3. Verhältnis zum Abkommensrecht 14

Neben der ESt und KSt wird die GewSt durch die von Deutschland abgeschlossenen DBA1 regelmäßig mit der Bezugnahme auf „Steuern vom Einkommen“ erfasst. Gegenüber § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG vorrangig – als lex specialis – wirkt eine abkommensrechtliche Freistellung von Betriebsstätteneinkünften (entsprechend Art. 7 iVm. Art. 23A OECD-MA), soweit kein Switch-over angeordnet wird bzw. eine Subject-to-tax-Klausel – auch unter Berücksichtigung der innerstaatlichen Vorschriften (§ 50d Abs. 9 EStG und § 20 Abs. 2 EStG) – die Freistellung versagt.2 Ist damit abkommensrechtlich die Schwelle zur Begründung einer Betriebsstätte im Ausland überschritten, wirkt sich die (bilaterale) abkommensrechtliche Freistellung über § 7 Satz 1 GewStG bereits auf die Ermittlung des Gewerbeertrags aus, ohne dass es der (unilateralen) Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG noch bedarf.3 Ist allerdings nach der meist restriktiveren Betriebsstättenfiktion des jeweiligen DBA – im Gegensatz zum innerstaatlichen Recht – (noch) keine Betriebsstätte im Ausland anzunehmen, kommt § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG zur Anwendung. Beispiel: Ein inländisches Unternehmen betreibt in der Türkei ein Einkaufsbüro.4 Diese Tätigkeit qualifiziert zwar nicht nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. d des DBA-Türkei 1985,5 aber nach § 12 Satz 2 Nr. 6 Alt. 1 AO („Einkaufsstelle“) als Betriebsstätte. Der Anwendungsbereich der abkommensrechtlichen Freistellung ist damit nicht eröffnet, sodass ein Rückgriff auf die nationale Kürzungsvorschrift grundsätzlich in Betracht kommt.

15

Über eine Art. 8 OECD-MA entsprechende Vorschrift des jeweiligen DBA wird – als lex specialis zu Art. 7 OECD-MA (Betriebsstättenprinzip) – das Besteuerungsrecht für Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr abschließend dem Staat zugewiesen, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet (Schifffahrtsprinzip); auch Betriebsstätten im anderen Staat sind insoweit nicht maßgeblich.6 Für deutsche Reeder – dh. Schifffahrtsunternehmen mit tatsächlicher Geschäftsleitung im Inland – bedeutet dies, dass sie grundsätzlich iRd. unbeschränkten StPfl. mit ihren Welteinkünften aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr der deutschen Besteuerung unterliegen. Umgekehrt wird das Besteuerungsrecht für die Gewinne ausländischer Reeder dem ausländischen Staat zugewiesen. Diese Gewinne unterliegen damit iRd. beschränkten StPfl. weder der ESt bzw. KSt noch der GewSt, sodass folglich auch die Kürzungsvorschrift nicht zur Anwendung kommen kann. Die abkommensrechtliche Freistellung einer Art. 8 Abs. 1 OECD-MA entsprechenden DBA-Vorschrift wirkt damit vorrangig vor der gewstl. Kürzung des § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG. 4. Verhältnis zum Unionsrecht

16

Die Nicht-Berücksichtigung des ausländischen Betriebsstättenergebnisses ist – anders als iRd. EStG – als eine in sich kohärente Ausprägung des in § 2 Abs. 1 GewStG verankerten Territorialitätsprinzips und Objektsteuercharakters (nur inländischer Gewerbebetrieb unterliegt der GewSt) anzusehen und

1 2 3 4 5 6

– IV C 6 - S 2133 - a/09/10001:001, BStBl. I 2013, 1152; BFH v. 13.12.2007 – IV R 92/05, BStBl. II 2008, 583; v. 26.6.2014 – IV R 10/11, BStBl. II 2015, 300; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 GewStG Rz. 8; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 226; Hofmeister in Blümich, § 5a EStG Rz. 8; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 1b; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 158, 172; Ziehr in Deloitte, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 17 aE; differenzierend Bartsch, BB 2009, 1049; aA Glasenapp, DStR 2009, 1462; Rosenke/Liedtke, FR 2007, 290, begründen über eine restriktive Auslegung des § 7 Satz 3 GewStG eine Anwendung der Kürzungsvorschrift. BMF v. 19.1.2016 – IV B 2 - S 1301/07/10017-07, BStBl. I 2016, 76, betr. den Stand der DBA und anderer Abkommen im Steuerbereich sowie der Abkommensverhandlungen am 1.1.2016. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 212; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 1a; iErg. auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 3. BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744 Rz. 28 = FR 2010, 896 m. Anm. Buciek. Das Beispiel ist dem Sachverhalt zu dem Urt. des FG Köln v. 7.5.2015 – 10 K 73/13, EFG 2015, 1558 (nachgehend BFH v. 20.7.2016 – I R 50/15, BStBl. II 2017, 230) nachgebildet, aber auch auf das aktuelle Recht mangels wesentlicher Änderungen der zugrunde liegenden Rechtsvorschriften übertragbar. Abkommen zwischen der BRD und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen v. 16.4.1985, BStBl. I 1989, 471. Rauert in Schönfeld/Ditz, DBA, 2013, Art. 8 OECD-MA Rz. 1; Kreutziger/Krings in Wassermeyer, DBA, Art. 8 OECD-MA Rz. 1 f.; Hemmelrath in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl. 2015, Art. 8 OECD-MA Rz. 8.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 16 § 9 Nr. 3

begegnet damit keinen grundsätzlichen unionsrechtliche Bedenken.1 Insbesondere stellt die Beschränkung des Steuergegenstands in quantitativer Hinsicht auf reine Inlandsfälle eine zulässige Inländerdiskriminierung dar. Diese Betrachtung erstreckt sich nach der hier vertretenen Auffassung auch auf die Geltendmachung finaler Verluste (zB aus der Aufgabe einer ausländischen Betriebsstätte ohne weitere Nutzungsmöglichkeit der Verluste im Ausland). Auch die FinVerw. lehnt den Verlustimport – wenn auch nicht offiziell, so aber doch aus einer Reihe von Verfahren offensichtlich – ab. Demgegenüber hatte der BFH mit Urt. v. 9.6.20102 zunächst einen Verlustabzug für Zwecke der ESt bzw. KSt zugelassen und auch explizit die Einbeziehung in die Ermittlung des Gewerbeertrags (ohne Kürzungsmöglichkeit) unter Betonung des Anwendungsvorrangs der unionsrechtlichen Grundfreiheiten festgestellt. Unabhängig von der territorialen Verursachung seien ausländische finale Verluste wie Inlandsverluste zu behandeln3 und könnten insoweit zumindest einmal stl. Wirkung entfalten, ohne im „steuerlichen Niemandsland“ zu entschwinden. Zudem sollte nach dem vom BFH implizit zugrunde gelegten Verständnis erforderlich sein, dass im Ausland eine der GewSt entsprechende Steuer erhoben wird,4 wodurch die Reichweite der Entsch. des BFH eine bereits erhebliche Einschränkung erfährt.5 In der Rs. Timac Agro hat der EuGH mit Urt. v. 17.12.20156 entschieden, dass der Eingriff in die Niederlassungsfreiheit an der fehlenden tatbestandlichen Vergleichbarkeit von (freigestellten) Auslandsund Inlandsbetriebsstätten scheitere.7 Folglich stellt sich nach dem Verständnis des EuGH auch nicht mehr die Frage nach der Verlustfinalität. Mit Urt. v. 22.2.20178 hat sich der BFH dem EuGH – trotz dogmatischer Zweifel und Bedenken an der Reichweite der EuGH-Entsch.9 – angeschlossen und damit iErg. seine frühere Rspr. aufgegeben. Letztlich belasse die EuGH-Entsch. keinen Raum „für vernünftige Zweifel hinsichtlich der richtigen Auslegung der fraglichen Rechtsnorm“. Eine weiter gehende Positionierung ist in den anhängigen Verfahren des EuGH (C-650/16, A/S Bevola und Jens W. Trock ApS) und des BFH (I R 17/16) zu erwarten. Nähme man gleichwohl (mit der früheren Auffassung des BFH) einen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit an, führt dies jedoch nicht zu einer Berücksichtigung der (finalen) Auslandsverluste für Zwecke der GewSt. Denn die Aufhebung der abkommensrechtlichen Freistellung führt zu einem „Wiederaufleben“ der innerstaatlichen Kürzungsvorschrift.10 Aufgrund des strukturellen Inlandsbezugs der GewSt trägt uE die Begründung zur Durchbrechung der Symmetriethese (Freistellung von Gewinnen und Verlusten nach DBA) nicht zugleich auch eine unionsrechtlich begründete Reduktion der Rechtsfolgen

1 BFH v. 18.9.2003 – X R 2/00, BStBl. II 2004, 17 = FR 2004, 82 m. Anm. Keß; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 1a; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 158a; Wingler in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 166. 2 BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744, insbesondere Rz. 28 = FR 2010, 896 m. Anm. Buciek, v. 9.6.2010 – I R 100/09, BStBl. II 2010, 1065 = FR 2010, 901; zustimmend Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 221c; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 20b f.; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4; Roser, Ubg 2010, 30; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 164e; Wingler in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 177; Braunagel, IStR 2010, 313; ausführlich Kessler/Philipp, IStR 2010, 865; ambivalent Bier, DStJG 35, 219. 3 Schön, IStR 2004, 289, differenziert zusätzlich nach der Person des GewSt-Schuldners, da nur bei Personenund KapGes. ein einheitlicher, alle Betriebsstätten umfassender Gewerbebetrieb eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung gebiete. 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4a. 5 Nach Bier, DStJG 35, 219, haben nur vier weitere EU-Staaten (Italien, Luxemburg, Polen und Ungarn) eine vergleichbare, von Gemeinden beeinflussbare Steuer. 6 EuGH v. 17.12.2015 – Rs. C-388/14 – Timac Agro, BStBl. II 2016, 362. 7 FG München v. 31.5.2016 – 7 V 3044/15, EFG 2016, 1232 (Rev. I R 17/16); Mitschke, FR 2016, 132; Schnitger, IStR 2016, 72; Benecke/Staats, IStR 2016, 80; aA Niemann/Dodos, DStR 2016, 1057, die in dem Urt. keine mögliche Abkehr, sondern vielmehr eine Bestätigung der früheren Finalitäts-Rspr. des EuGH sehen. 8 BFH v. 22.2.2017 – I R 2/15, BFH/NV 2017, 975. 9 BFH v. 22.2.2017 – I R 2/15, BFH/NV 2017, 975 Rz. 41 mwN, insbes. mit Verweis auf die in anderen Verfahren unterbliebene Vergleichbarkeitsprüfung. 10 Kessler/Philipp, IStR 2010, 865; aA Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 221c, wonach infolge der „Überwindung“ der abkommensrechtlichen symmetrischen Freistellung die finalen Verluste als „Quasi-Inlandsverluste“ zu qualifizieren sind; der Ansässigkeitsstaat garantiere eine „Ausfallbürgschaft“.

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§ 9 Nr. 3 Rz. 17 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) von § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG.1 Die Besonderheiten des GewSt-Rechts (Territorialitätsprinzip und insbes. der Objektsteuercharakter als maßgebliche, systemkonstituierende Leitgedanken) rechtfertigen insoweit einen potenziellen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit.2 17

Da es sich nach der hier vertretenen Auffassung bei § 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 GewStG – anders als bei § 5a EStG3 – dem Grunde nach nicht um eine Subventionierung, sondern vielmehr um eine Vereinfachungsregelung (im Wege der Zuordnungs- bzw. Betriebsstättenfiktion) handelt (vgl. Rz. 2), sollte die Kürzungsvorschrift keine Beihilfe iSd. Art. 107 Abs. 1 AEUV4 darstellen.5 Zu bedenken gilt es, dass sich der Anwendungsbereich auf Schifffahrtsunternehmen, jedoch nicht auf im internationalen Verkehr vergleichbar tätige Unternehmen (insbesondere hinsichtlich des Betriebs von internationalen Beförderungsmitteln, wie zB Luft-,6 Schienen- oder Kraftfahrzeugen) erstreckt und damit der gesetzgeberischen Maßnahme eine Selektivität nur schwerlich abgesprochen werden kann.7 Auch kann die Regelung je nach Einzelfall in faktischer Hinsicht – neben der erleichterten Gewinnabgrenzung als solche iRd. steuerlichen Compliance – aufgrund der pauschalisierenden Zuordnungsfiktion begünstigend wirken.8 Gleichwohl wohnt eine solche gesetzgeberische Unwägbarkeit jeder pauschalisierenden Regelung inne.9 Der Aufteilungsmaßstab erscheint zumindest bei besonderer Berücksichtigung des Geschäftsmodells von Schifffahrtsunternehmen, welche Handelsschiffe im internationalen Verkehr betreiben, angesichts des der GewSt als Referenzsystem zugrunde liegenden Äquivalenzprinzips10 nicht willkürlich. Rechtfertigend ist mithin anzuführen, dass durch die Regelung eine an sich „systemwidrige Belastung von Schifffahrtsunternehmen“11 infolge der zu restriktiv gehandhabten Umsetzung des Territorialitätsprinzips vermieden wird. Letztlich ist damit keine Ausnahme zum Referenzsystem (zu dem territorial ausgerichteten GewSt-Recht) gegeben; vielmehr handelt es sich bei § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG um eine referenzsystemkonforme Regelung. Vergleichbaren Unternehmen sollte daher angeraten werden, mit verfassungs- bzw. unionsrechtlicher Begründung eine erweiternde Auslegung des § 9 Nr. 3 GewStG einzufordern.

B. Kürzung um ausländische Betriebsstätten (Satz 1) I. Tatbestand 18

Die Anwendung der Kürzungsvorschrift kommt in Betracht, wenn ein (inländisches) Unternehmen eine ausländische Betriebsstätte unterhält. Die negative Formulierung „nicht im Inland belegene Betriebsstätte“ wird terminologisch häufig mit der Formulierung „ausländische Betriebsstätte“ gleich gesetzt. Dies ist grundsätzlich zutreffend, da mangels „betriebsstättenloser“ Einkünfte12 nur eine al1 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4a; Benecke/Staats, IStR 2010, 668; Kußmaul/Delarber, Ubg 2010, 900; Wangler/Gühne, FR 2010, 1113; ausf. Gebhardt/Quilitzsch, FR 2011, 359 mwN. 2 Englisch, IStR 2008, 404. 3 Gem. des Schreibens des Generalsekretärs der Europäischen Kommission v. 11.12.1998 an den Bundesminister des Auswärtigen hat die Kommission entschieden, die Tonnagesteuer als mit dem (damals geltenden) EG-Vertrag, insbesondere dessen Art. 92 Abs. 3 Buchst. c, vereinbar anzusehen, Bekanntmachung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen v. 21.12.1998, BGBl. I 1998, 4023. 4 ABl. EU 2008 Nr. C 115, 47. 5 Ausdrücklich offengelassen in BFH v. 22.12.2015 – I R 40/15, BStBl. II 2016, 537 Rz. 19 = FR 2016, 724 m. Anm. Nöcker. 6 So werden bspw. Seeschiffe und Luftfahrzeuge für Zwecke der abkommensrechtlichen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse in Art. 8 Abs. 1 OECD-MA gleich behandelt. 7 Demgegenüber sieht Seeger in Schmidt37, § 5a EStG Rz. 3, eine sachgerechte Differenzierung des Betriebs von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zu anderen Arten des Handelstransports im Hinblick auf den branchenimmanenten internationalen Bezug des Seetransports sowie dessen spezifische Risiken (Stürme, Piraterie, kriegerische Konflikte). 8 Die FinVerw. geht wohl von einer begünstigenden Wirkung des § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG aus, BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.5.2. 9 Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 3 Rz. 23 f. und 147 f. 10 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 20; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 11 f. 11 BT-Drucks. 13/5952, 54. 12 BFH v. 19.12.2007 – I R 19/06, BStBl. II 2010, 398 = FR 2008, 920.

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B. Kürzung um ausländische Betriebsstätten (Satz 1)

Rz. 19 § 9 Nr. 3

ternative Zuordnung der Einkünfte zu einer in- oder ausländischen Betriebsstätte in Betracht kommt. Tatbestandsseitig sind dabei weder abkommensrechtliche Fiktionen zur Existenz einer Betriebsstätte noch entsprechende Zuordnungsfiktionen für § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG relevant.1 Der Inlandsbegriff ist für Zwecke des GewStG grundsätzlich hoheitsrechtlich auszulegen (vgl. § 2 GewStG Rz. 99 ff.) und erfährt eine Erweiterung in § 2 Abs. 7 GewStG (vgl. § 2 GewStG Rz. 233 ff.). Wesentliches Tatbestandsmerkmal ist die Existenz einer ausländischen Betriebsstätte,2 wobei das 19 GewStG keine eigenständige Definition vorsieht. Entsprechend der Auslegung iRd. § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG (vgl. § 2 GewStG Rz. 88 ff.) ist auch für Zwecke des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG der Begriff „Betriebsstätte“ nach nationalem Recht anhand der Kriterien des § 12 AO zu bestimmen und sind die – zumeist restriktiveren – abkommensrechtlichen Maßstäbe nicht entscheidungserheblich.3 Demgegenüber argumentierte das FG Köln,4 dass die abkommensrechtliche Definition als lex specialis auf das nationale Recht durchschlage. Hierdurch könne ein dem Willen der Vertragsparteien zuwiderlaufendes Ergebnis der zumindest teilweisen doppelten Nichtbesteuerung vermieden werden. Grundsätzlich ist dem FG Köln beizupflichten, dass abkommensrechtliche Wertungen das nationale Recht überlagern können, soweit es sich bei dem nationalen Recht um die (technische) Umsetzung der abkommensrechtlichen Regelungen handelt.5 Demgegenüber stellt § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG keine Ausprägung des Abkommensrechts, sondern vielmehr der GewSt-immanenten Leitprinzipien dar. Die Begriffsbestimmung über § 12 AO bietet insoweit kein abkommensrechtliches „Einfallstor“, wobei diesbezüglich Nr. 4 des AEAO zu § 12 AO wohl missverständlich formuliert ist.6 Verdeutlicht wird dies insbesondere in dem konkreten Urteilsfall durch die Eingangsworte des Art. 5 Abs. 1 DBA-Türkei 1985 („Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck ‚Betriebsstätte‘…“). Dh., die Reichweite der abkommensrechtlichen Betriebsstättenfiktion beschränkt sich auf das DBA und schlägt nicht auf das nationale Recht durch. Eine am Abkommensrecht ausgerichtete Auslegung des Betriebsstättenbegriffs ist damit uE abzulehnen.7 Dies entspricht auch dem grundsätzlichen Verständnis des Abkommensrechts als „Schrankenrecht“. Eine konsequente Anwendung der Auffassung des FG Köln würde auch zu wenig sachgerechten Ergebnissen führen: Wäre im DBA-Fall eine Kürzung zu versagen, könnte hingegen im Nicht-DBA-Fall die Kürzungsvorschrift in Anspruch genommen werden. Folgerichtig hat daher auch – angelehnt an die vorbezeichnete Argumentation – der BFH mit Urt. v. 20.7.20168 das Urt. des FG Köln aufgehoben.9 Ein anderweitiges Ergebnis sollte sich auch nicht ergeben, wenn sich neuere 1 AA Roser in FS Gosch, 351. 2 Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 160; wohl auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 6; Roser, Ubg 2015, 582; aA Brendle/Schaaf, FR 1975, 589, die ausgehend von der Formulierung in § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 GewStG zur Annahme des Steuerobjekts „Gewerbebetrieb“ eine Beschränkung auf die inländische Betriebsstätte vornehmen, unabhängig von der Existenz einer ausländischen Betriebsstätte. 3 BFH v. 13.9.2000 – X R 174/96, BStBl. II 2001, 734 = FR 2001, 420; v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 Rz. 8 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein; v. 22.12.2015 – I R 40/15, BStBl. II 2016, 537 Rz. 16 f. = FR 2016, 724 m. Anm. Nöcker; v. 20.7.2016 – I R 50/15, BStBl. II 2017, 230 Rz. 14 ff.; FG Düsseldorf v. 14.9.1990 – 10 K 580/85 G, EFG 1991, 290 (rkr.); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 2a; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 218; Wingler in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 169; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 6; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 162; Ziehr in Deloitte, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 3, 44; Hielscher, BB 2016, 2984; Kahlenberg, ISR 2016, 424; Schulz-Trieglaff, IStR 2017, 406; diesbezüglich wohl missverständlich formuliert AEAO zu § 12 Rz. 4, BMF v. 31.1.2014 – IV A 3 - S 0062/14/10002, BStBl. I 2014, 290. 4 FG Köln v. 7.5.2015 – 10 K 73/13, EFG 2015, 1558, jedoch aufgehoben durch BFH v. 20.7.2016 – I R 50/15, BStBl. II 2017, 230. 5 ZB orientiert sich die Auslegung des Begriffs der ausländischen Einkünfte iSd. § 34c EStG an der abkommensrechtlichen Begriffsbestimmung; vgl. BFH v. 1.7.2009 – I R 113/08, BFH/NV 2009, 1992; v. 20.12.1995 – I R 57/94, BStBl. II 1996, 261 = FR 1996, 255. 6 Lüdicke, IStR 2015, 770; Becker/Loose, Ubg 2015, 520 Fn. 8; nach Schulz-Trieglaff, IStR 2017, 406, lege die Verwaltungsanweisung lediglich fest, dass im Anwendungsbereich anderer Regelungen (zB eines DBA) eine dort enthaltene Definition der allgemeinen Vorschrift des § 12 AO vorgehe. 7 Lüdicke, IStR 2015, 770; Becker/Loose, Ubg 2015, 520. 8 BFH v. 20.7.2016 – I R 50/15, BStBl. II 2017, 230. 9 Schulz-Trieglaff, IStR 2017, 406, weist zwar darauf hin, dass in diesen Konstellationen mangels abkommensrechtlicher Betriebsstätte keine Betriebsstättengewinnaufteilung nach § 1 Abs. 5 AStG bzw. den Verwaltungsgrundsätzen Betriebsstättengewinnaufteilung, BStBl. I 2017, 182, durchzuführen sei; jedoch sollte eine entsprechende Anwendung dieser Grundsätze in Betracht kommen.

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§ 9 Nr. 3 Rz. 20 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) DBA – zB über eine entsprechende Formulierung der Präambel – an der „Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen“ – insbes. dem Verhandlungsziel der Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung – orientieren.1 Entsprechend der Betriebsstättendefinition des § 12 Satz 1 AO wird demnach vorausgesetzt, dass – bei einer festen Beziehung zur Erdoberfläche – eine Geschäftseinrichtung oder Anlage gegeben ist, die von einer gewissen Dauer ist, über die der StPfl. eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat2 und die der Tätigkeit des Unternehmens dient3 (vgl. § 2 GewStG Rz. 89).4 IErg. kommt es damit grundsätzlich zu einem Gleichlauf der Betriebsstättendefinition in § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG mit derjenigen des EStG und KStG. Die Beantwortung der Abgrenzungsfragen findet damit regelmäßig bereits iRd. einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Gewinnermittlung statt. 20

Ein nicht verselbstständigter Teil der unternehmerischen Betätigung des Gesamtunternehmens – also eine bloße Ausübung einer Tätigkeit oder ihre Verwertung im Ausland – genügt nicht, da tatbestandsseitig das Vorliegen einer Betriebsstätte und damit insbesondere ein räumlicher Anknüpfungspunkt vorausgesetzt wird. Nicht entscheidend ist hingegen, dass die im Ausland ausgeübte Tätigkeit auch als gewerbliche Tätigkeit qualifiziert; jedwede Betätigung eines inländischen Gewerbebetriebs im Ausland (zB auch eine reine Vermögensverwaltung) dient grundsätzlich auch dem Gesamtzweck des Unternehmens. Jede ausländische Betriebsstätte ist für sich genommen zu beurteilen. Voneinander unabhängige Bauausführungen oder Montagen, die gleichzeitig oder aufeinanderfolgend ausgeführt werden, können dementsprechend nicht zusammengezogen werden, sondern sind grundsätzlich jeweils an den Betriebsstättenkriterien des § 12 Satz 2 Nr. 8 AO zu messen (insbesondere einer sechs Monate überschreitenden Dauer).5 Allerdings können mehrerer Bauausführungen dann zusammenzufassen sein (§ 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. b und c AO), wenn die einzelnen Bauausführungen in einer Gemeinde ohne zeitliche Unterbrechung aufeinanderfolgen6 oder ein besonderer wirtschaftlicher und geografischer Zusammenhang besteht (einheitliche Betrachtung als Gesamtprojekt).7 Werden im Zusammenhang mit Bauausführungen oder Montagen feste Geschäftseinrichtungen oder Anlagen errichtet (zB Baukantinen, Geräteschuppen, Unterkunftsbaracken usw.), können diese ebenfalls geeignet sein, eine Betriebsstätte zu begründen.8

21

Ein ständiger Vertreter ist nach § 13 AO eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt, dh. insbesondere für ein Unternehmen nachhaltig Verträge abschließt bzw. vermittelt oder Aufträge einholt bzw. einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt, ohne sich jedoch in das Unternehmen des Vertretenen einzugliedern. Als ständiger Vertreter kommt auch ein selbstständiger Gewerbetreibender in Betracht, wenn er neben seiner Tätigkeit im eigenen Gewerbebetrieb Geschäfte für einen anderen Unternehmer besorgt, unabhängig davon, ob er diese Handlungen im Rahmen seines Gewerbebetriebs oder außerhalb desselben vornimmt.9 Grundsätzlich qualifiziert ein ständiger Vertreter für sich genommen nicht als inländische Betriebsstätte und bildet damit keinen GewSt-relevanten 1 Kahlenberg, ISR 2016, 424; aA Schulz-Trieglaff, IStR 2017, 406. 2 BFH v. 3.2.1993 – I R 80/91, I R 81/91, BStBl. II 1993, 462 = FR 1993, 336 m. Anm. Kempermann; v. 4.6.2008 – I R 30/07, BStBl. II 2008, 922 = FR 2009, 192 mwN. 3 BFH v. 10.2.1988 – VIII R 159/84, BStBl. II 1988, 653 = FR 1988, 398. 4 Zu weiteren Einzelheiten wird auf Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 4 ff. Bezug genommen. 5 R 2.9 Abs. 2 Satz 3 ff. GewStR 2009; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 GewStG Rz. 158; Güroff in Glanegger/ Güroff9, § 2 GewStG Rz. 636. 6 R 2.9 Abs. 2 Satz 6 GewStR 2009; Ziehr in Deloitte, § 2 GewStG Rz. 480 mwN. 7 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.3.5; demgegenüber beschränkt R 2.9 Abs. 2 Satz 3 ff. GewStR 2009 das Zusammenziehen auf den rein geografischen Zusammenhang; BFH v. 16.12.1998 – I R 74/98, BStBl. II 1999, 365 = FR 1999, 662; v. 16.5.2001 – I R 47/00, BStBl. II 2002, 846 = FR 2001, 1067; v. 9.7.2003 – I R 4/02, BFH/NV 2004, 83; v. 19.11.2003 – I R 3/02, BStBl. II 2004, 932; Renner in Bergemann/Wingler, § 2 GewStG Rz. 158; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 636; Ziehr in Deloitte, § 2 GewStG Rz. 480. 8 AA Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2666; aA wohl auch H 2.9 Abs. 2 GewStH 2009 „Montage“, zweiter Spiegelstrich, jedoch mit Verweis auf BFH v. 27.4.1954 – I B 136/53 U, BStBl. III 1954, 179. 9 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 1.1.2; BFH v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2697.

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B. Kürzung um ausländische Betriebsstätten (Satz 1)

Rz. 23 § 9 Nr. 3

territorialen Anknüpfungspunkt, anders als für Zwecke des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (beschränkte StPfl.), des § 34d Nr. 2 Buchst. a EStG (ausländische Einkünfte) und des Art. 5 Abs. 5 OECD-MA (abkommensrechtliche Betriebsstättendefinition) (vgl. auch § 2 GewStG Rz. 97).1 Denn es genügt nicht, wenn der Vertreter in den eigenen Räumlichkeiten tätig wird, da dem vertretenen Unternehmen insoweit keine Verfügungsmacht zukommt (außer bei explizit von diesen Grundsätzen abweichender Vereinbarung).2 Der Vertreter kann ausnahmsweise dem Vertretenen eine Betriebsstätte vermitteln, wenn er an die geschäftlichen Weisungen des Vertretenen gebunden ist (zB im Rahmen eines Dienstvertrags).3 Die mittelbare Beteiligung über ausländische Personen- oder KapGes. an deren ausländischen Akti- 22 vitäten ist für Zwecke des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG – auch iRd. Hinzurechnungsbesteuerung (vgl. Rz. 31) – nicht geeignet, eine ausländische Betriebsstätte zu vermitteln, noch begründet das Halten der Beteiligung für sich genommen eine solche.4 Das Ergebnis aus der Beteiligung gehört zum Gewerbeertrag des inländischen Unternehmens, wobei andere Kürzungsvorschriften (§ 9 Nr. 2 und 7 bzw. 8 GewStG) in Betracht kommen. Ein fahrendes Schiff qualifiziert – abgesehen von dem Ausnahmefall einer auf einem in einem inlän- 23 dischen Schiffsregister eingetragenen Kauffahrteischiff unterhaltenen Betriebsstätte (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG) (vgl. § 2 GewStG Rz. 104 ff.) – nicht als Betriebsstätte iSd. Betriebsstättendefinition des § 12 Satz 1 AO.5 Es stellt weder eine feste Geschäftseinrichtung noch eine Anlage dar, da diesbezüglich eine feste Beziehung zur Erdoberfläche gefordert wird. Sind die bei dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr insoweit spezielleren Regelungen der § 9 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 GewStG nicht einschlägig (zB mangels qualifizierter Tätigkeit bei Weitervercharterung eines bereits ausgerüsteten Handelsschiffs), so kann nach Auffassung des BFH6 gleichwohl eine Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG unter Modifikation der Betriebsstättendefinition grundsätzlich in Betracht kommen. Über die Regelungstechnik der Betriebsstättenfiktion in § 9 Nr. 3 Satz 2 bzw. 3 GewStG sei die Definition des § 12 AO dahingehend auszulegen, dass deren Kriterien – vorbehaltlich des Fehlens der festen Beziehung zur Erdoberfläche – zu prüfen sind. Dem BFH ist beizupflichten, dass grundsätzlich die Definition der Betriebsstätte in § 12 Satz 1 AO für alle Steuerarten gelten soll,7 jedoch von dieser Begriffsbestimmung auch ohne explizite Regelung in einem Einzelsteuergesetz abgewichen werden kann, wenn sich aus dem gesetzlichen Zusammenhang ergibt, dass der in einer Vorschrift verwendete Begriff der Betriebsstätte einen anderen Inhalt hat. Nach der hier vertretenen Auffassung „überdehnt“ der BFH allerdings die Reichweite des § 9 Nr. 3 Satz 2 bzw. 3 GewStG, die sich allein auf die Vereinfachungsfunktion für Schifffahrtsunternehmen erstrecken soll (vgl. Rz. 2).8 Eine eigenständige Auslegung des Betriebsstättenbegriffs für Zwecke des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG, die sich von der Betriebsstättendefinition der AO loslöst und damit auch den Gleichlauf von GewSt und ESt bzw. KSt insoweit aushebelt, ist abzulehnen. Auch erscheint es unsystematisch, § 9 Nr. 3 Satz 2 bzw. 3 GewStG anzuwenden (zumindest bezogen auf die Betriebsstättenfiktion), ohne dass die Regelungen tatbestandlich einschlägig sind; der BFH hatte zunächst überzeugend festgestellt, dass eine für den Betrieb

1 BFH v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785. 2 H 2.9 Abs. 4 GewStH 2009 „Ständiger Vertreter“, vierter Spiegelstrich; BFH v. 14.7.1971 – I R 127/68, BStBl. II 1971, 776; v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785; v. 30.1.1974 – I R 87/72, BStBl. II 1974, 327; v. 18.3.1976 – IV R 168/72, BStBl. II 1976, 365; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 328; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2534, 2698 ff. 3 R 2.9 Abs. 4 Satz 2 ff. GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 626. 4 BFH v. 29.8.1984 – I R 154/81, BStBl. II 1985, 160; v. 1.7.1992 – I R 5/92, BStBl. II 1993, 131; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 2; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 218; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 161; Brendle/Schaaf, FR 1975, 589; Suchanek, GmbHR 2007, 248. 5 BFH v. 13.2.1974 – I R 219/71, BStBl. II 1974, 361; v. 13.2.1974 – I R 218/71, BFHE 111, 416; v. 26.6.1996 – XI R 18/94, BStBl. II 1998, 278; v. 22.12.2015 – I R 40/15, BStBl. II 2016, 537 Rz. 16 = FR 2016, 724 m. Anm. Nöcker; FG Hbg. v. 27.5.2009 – 6 K 102/08, EFG 2009, 1665 (rkr.); BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 4.5.1; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 166; Drüen in Tipke/Kruse, § 12 AO Rz. 7b. 6 BFH v. 22.12.2015 – I R 40/15, BStBl. II 2016, 537 Rz. 16 = FR 2016, 724 m. Anm. Nöcker. 7 BT-Drucks. VI/1982, 103. 8 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 5.

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§ 9 Nr. 3 Rz. 24 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erforderliche qualifizierende Tätigkeit nicht gegeben war (vgl. Rz. 36 ff.). 24

Abweichend von der abkommensrechtlichen1 sowie einkommen-/körperschaftsteuerlichen Behandlung2 sind vorweggenommene oder nachträgliche Einnahmen oder Aufwendungen, die nicht in einem EZ anfallen, in dem die ausländische Betriebsstätte – schon bzw. noch – besteht, bei einer streng an dem Prinzip der Territorialitäts- und Abschnittsbesteuerung orientierten Betrachtungsweise nicht nach § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG zu kürzen;3 demgegenüber sollte eine Kürzung (bzw. Hinzurechnung) im selben EZ gerechtfertigt sein. Mangels Begründung einer ausländischen Betriebsstätte unterfallen auch (vergebliche) Aufwendungen der fehlgeschlagenen Betriebsstättenbegründung nicht der Kürzung des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG, sondern mindern den Gewerbeertrag des inländischen Stammhauses.4 Nicht genügen sollte insbesondere der Umstand, dass die Aufwendungen angefallen sind, um den Objektbezug (ausländische Betriebsstätte) herzustellen.5 Insofern eröffnen sich auch Gestaltungsmöglichkeiten, da das Vorhandensein einer ausländischen Betriebsstätte entscheidungserheblich auf den tatsächlichen Umständen beruht, auf die der StPfl. in einem gewissen Umfang Einfluss nehmen kann. Bspw. für Anlaufverluste im Ausland ist somit denkbar, diese nicht der Kürzung (bzw. faktisch der Hinzurechnung) unterfallen zu lassen, indem die Betätigung im Ausland (noch) nicht die Betriebsstättenschwelle überschreitet.6

II. Rechtsfolgen 25

Nach § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG ist der Gewerbeertrag um den Teil zu kürzen, der nicht auf eine inländische Betriebsstätte entfällt. Obwohl im Sinne eines allgemeinen Sprachgebrauchs der Begriff „Ertrag“ eine positive Größe kennzeichnet, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 7 GewStG, dass der Gewerbeertrag ausgehend von dem nach EStG bzw. KStG ermittelten Gewinn auch eine negative Rechengröße (Verlust) sein kann. Diese Auslegung entspricht auch dem am Territorialitätsprinzip orientierten Zweck, das ausländische Betriebsstättenergebnis vollständig zu neutralisieren. Die Vorschrift erfasst mithin nicht nur einen auf die ausländische Betriebsstätte entfallenden Gewinn (Kürzung), sondern auch einen Verlust (Hinzurechnung);7 dies gilt auch für finale Verluste ausländischer Betriebsstätten (vgl. Rz. 16). Im Ergebnis kann § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG damit auch zu einem negativen Kürzungsbetrag – de facto also einer Hinzurechnung – führen. Im Vergleich zu § 9 Nr. 2 GewStG ist insoweit eine korrespondierende Regelung zu § 8 Nr. 8 GewStG weder vorgesehen noch erforderlich.

26

Ausgangspunkt der Kürzung bildet nach § 7 Satz 1 GewStG der einheitlich für das gesamte Unternehmen zu ermittelnde Gewerbeertrag, dh. einschließlich des Ergebnisses von ausländischen Betriebsstätten. Neben den laufenden Gewinnen der ausländischen Betriebsstätte sind auch Veräußerungs- oder Aufgabegewinne iSd. § 7 Satz 2 GewStG einzubeziehen.8 Nicht zu berücksichtigen sind jedoch bereits aufgrund des Anwendungsvorrangs die nach einem jeweiligen DBA freizustellenden Betriebsstätten (vgl. Rz. 14 f.). Im Umkehrschluss gehen damit lediglich Anrechnungsbetriebsstätten (zB in Fällen, in denen kein DBA besteht oder eine Subject-to-tax bzw. Switch-over-Klausel zur Anwendung kommt) 1 2 3 4

5 6 7

8

Roser, Ubg 2015, 582 mwN. BFH v. 20.5.2015 – I R 75/14, BFH/NV 2015, 1687 Rz. 7 ff. mwN; Schwenke in FS Gosch, 377. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 19; Roser, Ubg 2015, 582; Schröder, StBp. 1978, 169. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 221; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 164b; Wingler in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 179; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 19; Roser, Ubg 2015, 582; entsprechend Schröder, StBp. 1978, 169; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4; Bader/Klose, IStR 1996, 318; wohl auch Ziehr in Deloitte, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 9. Abweichend zur abkommensrechtlichen Beurteilung BFH v. 26.2.2014 – I R 56/12, BStBl. II 2014, 703 Rz. 19 ff. = FR 2014, 855 mwN. Beispielhaft zur Exploration von Erdölfeldern Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 12. H 7.1 GewStH 2009 „Ausländische Betriebsstättenergebnisse“; H 9.4 GewStH 2009 „Verluste einer ausländischen Betriebsstätte“; BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743 mwN; v. 10.7.1974 – I R 248/71, BStBl. II 1974, 752; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 221; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4. Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 164a; Behrens/Schmitt, BB 2002, 860.

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B. Kürzung um ausländische Betriebsstätten (Satz 1)

Rz. 27 § 9 Nr. 3

in den Gewerbeertrag ein. Der so ermittelte (einheitliche) Gewerbeertrag wird anschließend insbesondere um die entsprechenden Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) modifiziert, bevor der auf die ausländische Betriebsstätte entfallende (modifizierte) Gewerbeertrag gekürzt wird.1 Beispiel: Erzielt die ausländische Betriebsstätte unter Berücksichtigung des Zinsaufwands iHv. 80 einen Gewinn von insgesamt 1.000, so ist der Gewerbeertrag des Unternehmens nach § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG um 1.020 zu kürzen, da nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG eine Hinzurechnung iHv. einem Viertel des Zinsaufwands (20) vorzunehmen ist. Aus praktischen Erwägungen sollte allerdings auf die Hinzurechnung nach § 8 GewStG und die korrespondierende Erhöhung des Kürzungsbetrags verzichtet werden können.

§ 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG sieht keine explizite Regelung vor, wie der auf die nicht im Inland 27 belegene Betriebsstätte „entfallende Teil“ des Gewerbeertrags zu berechnen ist. Auf die Betriebsstätte entfällt der Teil, der iRd. Gesamtunternehmens durch die in der Betriebsstätte ausgeübte oder ihr zuzurechnende unternehmerische Betätigung erzielt worden ist.2 Der hierbei anzuwendende Aufteilungsmaßstab ergibt sich als Konsequenz aus der Abgrenzung des Steuerobjekts iSd. GewSt (dh. des inländischen Gewerbebetriebs nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG) und der Bezugnahme auf die Gewinnermittlung nach den Vorschriften des EStG bzw. KStG (§ 7 Satz 1 GewStG).3 Grundsätzlich findet die Gewinnabgrenzung bereits für Zwecke der ESt bzw. KSt nach Maßgabe des Veranlassungsprinzips4 (insbesondere bei § 34d EStG und § 49 EStG) sowie im weiteren Sinne für Abkommenszwecke (Betriebsstättengewinnabgrenzung entsprechend Art. 7 Abs. 2 ff. OECD-MA) statt, wobei eine direkte Gewinnabgrenzungsmethode – auch unter Berücksichtigung interner quasi-schuldrechtlicher Verträge („dealings“)5 nach Maßgabe des in § 1 Abs. 4 ff. AStG gesetzlich verankerten Authorized OECD Approach6 und der Gewinnkorrekturen aufgrund einer (Nutzungs-) Entstrickung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 KStG als auch einer Verstrickung iSd. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG – vorzugswürdig ist.7 Wurde der Gewinnanteil, der auf die ausländische Betriebsstätte entfällt, hingegen nicht gesondert für Zwecke der ESt bzw. KSt ermittelt und ergibt sich auch nicht einwandfrei im richtigen Ausmaß aus der Buchführung (direkte Methode), so ist im Schätzungswege – unter sinngemäßer Anwendung der Zerlegungsvorschriften (§§ 29 ff. GewStG) – aus dem Gesamtgewinn des Unternehmens der Gewinnanteil abzuleiten, der auf die ausländische Betriebsstätte entfällt (indirekte Methode).8 Beispiel: Bei Reiseveranstaltern kann sich eine ausländische Betriebsstätte durch die den Reiseleitern zur Verfügung stehenden festen Büroeinrichtungen vor Ort ergeben.9 Die Tätigkeit der Reiseleiter (Betreuung der Reisenden) wird regelmäßig in der ausländischen Betriebsstätte ausgeübt. Demgegenüber werden Transport-, Unterbrin1 OFD Kiel v. 16.6.1999 – G 1425 A - St 141/S 2283a A - St 132, FR 1999, 866; BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743; v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 5. 2 BFH v. 28.3.1985 – IV R 80/82, BStBl. II 1985, 405 = FR 1985, 543. 3 H 9.4 GewStH 2009 „Aufteilung des Gewerbeertrags“; BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743. 4 Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2006, Rz. 1.25 f. 5 Eine entsprechende Vorgehensweise ist auch für Zwecke der Ermittlung des Kürzungsbetrags im Schreiben des BMF v. 22.12.2016 (Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung, BStBl. I 2017, 182 Rz. 22 f., 25) vorgesehen. 6 Nach dem Authorized OECD Approach soll der Fremdvergleichsgrundsatz auch auf die Geschäftsbeziehung zwischen inländischem Stammhaus und ausländischer Betriebsstätte anzuwenden sein. 7 BFH v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785; v. 28.3.1985 – IV R 80/82, BStBl. II 1985, 405 = FR 1985, 543; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 2 ff.; Gosch in Kirchhof17, § 34d EStG Rz. 5, 8; Gosch in Kirchhof17, § 49 EStG Rz. 15 ff.; Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2006, Rz. 2 ff. und 9.38; Wassermeyer, IStR 2015, 37; differenzierend Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 19. 8 H 9.4 GewStH 2009 „Aufteilung des Gewerbeertrags“; BFH v. 21.4.1971 – I R 200/67, BStBl. II 1971, 743; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 13 ff.; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 165; Ziehr in Deloitte, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 11; nach Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 222, und Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4b, soll die direkte Methode – so weitgehend wie möglich – auch neben der indirekten Methode Anwendung finden; eine derartige gemischte Methode wird zwar in der Praxis häufig angewandt, ein praktisches Bedürfnis sollte sich aber bei einer konsequenten Anwendung des AOA nicht mehr ergeben. 9 In Abgrenzung dazu stellt die Hotelunterkunft als solche mangels Verfügungsmacht des Reiseveranstalters keine Betriebsstätte dar; vgl. Klein, DStR 2014, 1321.

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§ 9 Nr. 3 Rz. 28 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) gungs- und Verpflegungsdienstleistungen von ihnen weder veranlasst noch abgewickelt und sind der ausländischen Betriebsstätte damit nicht zuzurechnen (bloße Hilfstätigkeit für den Reiseveranstalter). Können die Kosten nicht direkt zugeordnet werden (etwa indem die ausländische Betriebsstätte wie ein externer Reiseveranstalter behandelt würde), kommt eine Gewinnabgrenzung unter Zugrundelegung modifizierter Lohnsummen in Betracht.1 Um auszugleichen, dass die Tätigkeit der Reiseleiter nicht mit derjenigen des übrigen Personals vergleichbar ist, könnten auch von Dritten erfasste Leistungen als Lohnanteile einbezogen werden.2

28

Wird ein dem inländischen BV zugeordnetes WG einer ausländischen Betriebsstätte vorübergehend überlassen, ist nach den Regelungen zur Nutzungsentstrickung gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 KStG der Gewinn um den gemeinen Wert der Nutzungen zu erhöhen. Diese Gewinnkorrektur ist – ebenso wie das zugrunde liegende WG – der inländischen Betriebsstätte zuzuordnen und daher einer Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG nicht zugänglich.3 Wird im Zuge einer endgültigen Verbringung des WG die Anwendbarkeit des einkommensteuer- bzw. körperschaftsteuerlichen Entstrickungstatbestands infolge der Aufrechterhaltung des deutschen Besteuerungsrechts abgelehnt, wird dieser Vorgang auch im GewSt-Recht – mangels spezialgesetzlich normierten Entstrickungstatbestands4 – nicht erfasst und unterliegt eine nachfolgende Realisation der dem WG anhaftenden stillen Reserven der Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG.5

29

Ebenso unterfällt auch nach hier vertretener Auffassung die Berichtigung von Einkünften nach § 1 AStG – insbesondere eine Gewinnabgrenzung nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 AStG (AOA) – nicht der Kürzung des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG.6 Zwar wird im Wege der Einkünftekorrektur über § 1 Abs. 1 AStG keine (direkte) Zuordnung zu einer inländischen Betriebsstätte fingiert, jedoch erfolgt die Einkünftekorrektur entsprechend der Zuordnung der Geschäftsbeziehung, die der tatbestandlich vorausgesetzten Einkünfteminderung zugrunde liegt. Diese Geschäftsbeziehung geht regelmäßig von einer inländischen Betriebsstätte aus. Im Zusammenhang mit der (inländischen) Gewinnerhöhung ist zugleich eine korrespondierende Minderung im Ausland zu berücksichtigen.7

30

Mit seinem Urteil v. 11.3.20158 hat der BFH eine seit den Anfängen des AStG unbeanstandete, von der seinerzeitigen Gesetzesbegründung9 abgeleitete Verwaltungsauffassung gekippt, nach der der Hinzurechnungsbetrag iSd. § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG iVm. § 10 Abs. 2 Satz 2 AStG auch der GewSt unterliegt. So hat der BFH unter Aufhebung des entgegenstehenden Urteils der Vorinstanz10 entschieden, dass der Hinzurechnungsbetrag einen Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens darstellt, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Nach Auffassung des I. Senats sei für die Anwendung der Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG unerheblich, dass es sich nicht um die Betriebsstätte des StPfl., sondern der Zwischengesellschaft handele, da der Wortlaut verallgemeinernd die ausländischen Betriebsstättengewinne „eines“ Unternehmens erfasse. Dh., einbezogen werden sämtliche, einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnenden Gewinne, unabhängig von dem die Gewinne erzielenden Unternehmen. Zudem führe die Hinzurechnung zu einer „Umformung“ der Einkünfte der Zwischengesellschaft in solche der an ihr qualifiziert beteiligten Inlandsgesellschaft. Die (Dividenden-) Fiktion des § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG wurde damit seitens des BFH nicht mit finaler Konsequenz bedacht (ansonsten wäre eine Kürzung nach den unionsrechtlich bedenklichen § 9 Nr. 7 und 8 GewStG in Betracht gekommen). Gleichzeitig mit dem Urteil wurden durch die FinVerw. die gleich lautenden Ländererlasse v. 14.12.201511 veröffentlicht, nach denen das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden ist (Nichtanwendungserlass).

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

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Zu weiteren möglichen Zerlegungsfaktoren Ziehr in Deloitte, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 11. BFH v. 28.3.1985 – IV R 80/82, BStBl. II 1985, 405 = FR 1985, 543. Herbst, Die Entstrickung stiller Reserven unter besonderer Berücksichtigung des SEStEG, 2011, 219 f. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 19a f. Roser in FS Gosch, 351. IErg. auch FG Sachs. v. 26.1.2016 – 3 K 653/11, EFG 2016, 1328 (Rev. I R 14/16). Entsprechend zu § 7 ff. AStG: BFH v. 19.3.2002 – I R 4/01, BStBl. I 2002, 644 = FR 2002, 1058; BMF v. 14.5.2004 – IV B 4 - S 1340 - 11/04, BStBl. I Sondernr. 1/2004, 3 Tz. 10.1.1.1. BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein. BT-Drucks. VI/2883, 19. FG Düsseldorf v. 28.11.2013 – 16 K 2513/12 G, EFG 2014, 304. BStBl. I 2015, 1090.

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B. Kürzung um ausländische Betriebsstätten (Satz 1)

Rz. 31 § 9 Nr. 3

In der Literatur ist die Anwendung der gewstl. Kürzungstatbestände – insbesondere von § 9 Nr. 3 und 7 GewStG – umstritten. Teile der Literatur1 befürworten eine Anwendung von § 9 Nr. 3 GewStG, da der Hinzurechnungsbetrag auf eine ausländische Betriebsstätte entfalle und damit eine Gleichbehandlung mit Betriebsstätteneinkünften gerechtfertigt sei. Beizupflichten ist den Erwägungen, dass der Hinzurechnungsbetrag aus einer ausländischen Betriebsstätte im wirtschaftlichen Sinne „gespeist“ wird und der insoweit unspezifische Wortlaut des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG Auslegungsspielräume eröffnen könnte. Darüber hinaus erscheint das Urteil allerdings „ergebnisorientiert“ am richterlichen Gerechtigkeitsempfinden bzw. rechtspolitischen Vorstellungen ausgerichtet. Nach hier vertretener Auffassung hat der Hinzurechnungspflichtige keinen die Anwendung des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG gebietenden Tatbestand verwirklicht.2 Denn § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG ordnet an, dass der Hinzurechnungsbetrag zu den Kapitaleinkünften iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehört, dh. auf Ebene des Hinzurechnungssteuerpflichtigen wie ein Gewinnanteil aus einer ausländischen Tochterkapitalgesellschaft („Quasi-Ausschüttung“)3 zu behandeln ist. Bei konsequenter Beachtung der Dividendenfiktion ist es Ausfluss des korporationsrechtlichen Trennungsprinzips, dass sich eine Umqualifikation der zugrunde liegenden Einkünfte (auf Ebene des originären Einkunftserzielungssubjekts) im Wege der (fingierten) Ausschüttung auf Ebene des Ausschüttungsempfängers in Kapitaleinkünfte vollzieht. Weitere Besteuerungsmerkmale haften dem Einkünfteerhöhungsbetrag nicht an. Neben § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG kommt grundsätzlich auch eine Kürzungsmöglichkeit nach § 9 Nr. 7 oder 8 GewStG in Betracht (vgl. § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 41 f.). Eine Kürzung des Hinzurechnungsbetrags für Zwecke der GewSt widerspräche aber wohl der in § 21 Abs. 7 AStG zum Ausdruck gebrachten Intention des Gesetzgebers. Mit Wirkung ab dem EZ 20164 hat der Gesetzgeber rechtsprechungsbrechend – neben der in § 7 31 Satz 7 GewStG neu geregelten, vorrangigen Zuordnungsfiktion – den Wortlaut der Kürzungsvorschrift dahingehend ergänzt, dass nunmehr die Kürzung nur für ausländische Betriebsstättengewinne des nämlichen Unternehmens („dieses“) anwendbar ist. Aufgrund dieses „minimalinvasiven“ Eingriffs in den bisherigen Wortlaut der Vorschrift unterfällt der Hinzurechnungsbetrag nicht mehr der gewstl. Kürzung (zumindest des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG), da der Betrieb der Zwischengesellschaft nicht als ausländische Betriebsstätte des hinzurechnungssteuerpflichtigen Unternehmens qualifiziert. Angesichts der Zuordnungsfiktion in § 7 Satz 7 GewStG hätte es der Änderung in § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG eigentlich nicht bedurft; denkbar ist, dass eine Übertragung auf andere Sachverhalte außerhalb der Hinzurechnungsbesteuerung (zB bei der Zurechnungsbesteuerung ausländischer Familienstiftungen gem. § 15 AStG) ausgeschlossen werden sollte.5 Besonders gilt es zu beachten, dass über die zeitliche Zurechnungsfiktion des § 10 Abs. 2 Satz 2 AStG bereits die für den VZ 2015 festgestellten Zwischeneinkünfte im EZ 2016 der GewSt unterliegen. Wie weitreichend sich die Anwendung der Neuregelung damit gestaltet, verdeutlicht das nachfolgende Beispiel. Beispiel: Das inländische Unternehmen U und die ausländische Zwischengesellschaft Z haben ein vom Kj. abweichendes Wj. (Abschlussstichtag: 31.1.). Die Zwischeneinkünfte von Z aus dem Wj. 2014/2015 erhöhen den nach EStG bzw. KStG ermittelten Gewinn für das Wj. von U, das nach dem Abschlussstichtag von Z (31.1.2015) endet. Dh., die Zwischeneinkünfte gehen als laufender Gewinn in das Wj. 2015/2016 ein und werden damit für Zwecke der GewSt im EZ 2016 besteuert. Die Neuregelung wirkt somit auf Einkünfte zurück, die Z seit dem 1.2.2014 erzielt hat. 1 Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 10 AStG Rz. 187.1; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 1b mwN; Roser in FS Gosch, 351; Kraft/Schreiber, IStR 2015, 149; Hielscher/Beermann, BB 2015, 2782; wohl auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 221a mwN. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 4 aE; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 164c; Schnorberger/Dust/Golz, IStR 2014, 271; Quilitzsch, ISR 2014, 194; Kramer, IStR 2015, 669; Haase, IStR 2015, 966; Kollruss, FR 2015, 693; wohl auch BFH v. 21.12.2005 – I R 4/05, BStBl. II 2006, 555 = FR 2006, 605. 3 BFH v. 7.9.2005 – I R 118/04, BStBl. II 2006, 537 = FR 2006, 236 m. Anm. Kempermann; v. 11.2.2009 – I R 40/08, BStBl. II 2009, 594 = FR 2009, 921. 4 Sich für eine Anwendung ab EZ 2017 aussprechend Adrian/Rautenstrauch/Sterner, DStR 2017, 1457; angesichts der Kurzinformation GewSt 03/2017 der OFD NRW v. 26.4.2017, DB 2017, 1118, könnte eine extensive Ausweitung des zeitlichen Anwendungsbereichs drohen, da aufgrund der klarstellenden Bedeutung § 7 Satz 7 GewStG nicht erst ab EZ 2016, sondern bereits auf alle offenen Fälle anzuwenden sei; eine explizite Aussage zu § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG wird allerdings nicht getroffen. 5 Zieglmaier, StuB 2017, 1.

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§ 9 Nr. 3 Rz. 32 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) 32

Im Zuge der vorbezeichneten Änderung des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG hat der Gesetzgeber zugleich mit dem neu eingefügten Halbs. 2 sichergestellt, dass eine Kürzung für die in § 7 Satz 8 GewStG aufgeführten Einkünfte unterbleibt.1 Diese Regelung läuft rechtsfolgenseitig leer, da die – positiven und wohl auch negativen2 – Einkünfte iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG aus einer passiv tätigen, niedrig besteuerten ausländischen Betriebsstätte vorrangig über die Zuordnungsfiktion des § 7 Satz 8 GewStG als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt gelten3 und damit bereits dem Grunde nach nicht in den Regelungsbereich des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG fallen (vgl. § 7 GewStG Rz. 169).4

33

Abzugrenzen hiervon sind die Fälle, in denen die Beteiligung an der ausländischen Zwischengesellschaft unter funktionalen Gesichtspunkten einer ausländische Betriebsstätte des unbeschränkt StPfl. zuzuordnen ist. Entsprechend ist auch der Hinzurechnungsbetrag der Betriebsstätte zuzuordnen und damit der Kürzung des § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG zugänglich.5 Obwohl Hinzurechnungsverpflichteter der unbeschränkt StPfl. ist (also das deutsche Stammhaus), kann die bloße Zuordnungsfiktion des § 7 Satz 7 GewStG sich nicht über eine tatsächliche Zuordnung hinwegsetzen (vgl. § 7 GewStG Rz. 168).6 Denn es entspricht der Intention des Gesetzgebers,7 den Anwendungsbereich auf diejenigen Hinzurechnungsverpflichteten zu beschränken, die (selbst) keine ausländische Betriebsstätte haben. Folgerichtig ist in § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 2 GewStG auch kein Verweis auf § 7 Satz 7 GewStG vorgesehen.

34

Durch die Änderungen des § 7 Satz 7 und 8 GewStG als auch des § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG kommt es nunmehr auf gesetzlicher Grundlage zu einem Gleichlauf der Behandlung sowohl des Hinzurechnungsbetrags für Zwecke des EStG bzw. KStG und des GewStG als auch von ausländischen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten.8 Ein erheblicher Unterscheid besteht allerdings in der Möglichkeit, ausländische Steuern nach Maßgabe des § 12 AStG auf die ESt bzw. KSt anzurechnen. Eine derartige Steueranrechnung ist für Zwecke der GewSt nicht vorgesehen, dh., es kommt faktisch zu einer systematisch nicht zu rechtfertigenden Doppelbesteuerung.9 Eine Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Angesichts der klar kommunizierten Finanzverwaltungsauffassung sind (Zwischen-) Einkünfte iSd. §§ 7 ff. AStG und § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG in der GewSt-Erklärung auszuweisen und unterliegen nicht der Kürzung. Bis einschließlich EZ 2015 sollte die Inanspruchnahme der Kürzungsvorschrift über den Rechtsweg aufgrund der eindeutigen Positionierung des BFH gute Aussichten auf Erfolg haben.

35

In Organschaftsfällen bestehen grundsätzlich keine Besonderheiten. Zwar gilt die Organgesellschaft selbst als Betriebsstätte des Organträgers (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) und damit endet die persönliche GewSt-Pflicht der Organgesellschaft, da allein der Organträger die Steuerschuldnerschaft für den Organkreis übernimmt. Jedoch ist die Organgesellschaft auf Grundlage der gebrochenen Einheitstheorie10 (vgl. § 2 GewStG Rz. 140) selbst weiterhin als eigenständiges Subjekt für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags anzusehen; dh., die Kürzung um ausländische Betriebsstättengewinne findet auf Ebene der Organgesellschaft Anwendung, wenn die Organgesellschaft selbst diese unterhält.11 Dementsprechend stellt eine ausländische Organgesellschaft (mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im 1 BR-Drucks. 406/16, 66. 2 Ausführliche Darstellung bei Becker/Loose/Misere, IStR 2016, 353 mwN; Adrian/Rautenstrauch/Sterner, DStR 2017, 1457. 3 BR-Drucks. 406/16, 63. 4 Adrian/Rautenstrauch/Sterner, DStR 2017, 1457; Zieglmaier, StuB 2017, 1. 5 Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 20 AStG Rz. 30 und 103 (vor Einführung des § 7 Satz 7 GewStG); Kollruss, IStR 2017, 522. 6 Zweifelnd Kollruss, IStR 2017, 522. 7 BT-Drucks. 18/9536, 58. 8 Zum unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot von Tochtergesellschaften und Betriebsstätten vgl. BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 Rz. 10 mwN = FR 2015, 719 m. Anm. Klein. 9 BFH v. 21.12.2005 – I R 4/05, BStBl. II 2006, 555 = FR 2006, 605; Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 10 AStG Rz. 187.2; Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, BetriebsstättenHandbuch, 2006, Rz. 9.40; Kraft/Quilitzsch, ISR 2012, 109; Quilitzsch, ISR 2014, 194; Becker/Loose, Ubg 2015, 399; Kahle/Willner, Ubg 2017, 21; Zieglmaier, StuB 2017, 1. 10 BFH v. 18.9.1996 – I R 44/95, BStBl. II 1997, 181 = FR 1997, 159; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3760. 11 Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 161; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 8.

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C. Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr (Sätze 2 bis 5)

Rz. 37 § 9 Nr. 3

Ausland) – bei wohl unionsrechtlich gebotener Auslegung der Organschaftsvoraussetzungen in Ansehung der Groupe-Steria-Rspr. des EuGH1 – selbst keine ausländische Betriebsstätte des Organträgers dar und berechtigt damit nicht zur Geltendmachung der Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 1 GewStG. In Abgrenzung dazu unterliegen Organgesellschaften mit Sitz in Deutschland und ausländischer Geschäftsleitungsbetriebsstätte (doppelt ansässige Gesellschaft) zwar weiterhin aufgrund des inländischen Sitzes der KSt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG), jedoch ohne (weitere) inländische Betriebsstätte nicht der deutschen GewStPfl. (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG; vgl. § 2 GewStG Rz. 18).

C. Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr (Sätze 2 bis 5) I. Tatbestand Schifffahrtsunternehmen können die Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 2 bzw. 3 GewStG in Anspruch neh- 36 men, wenn bzw. soweit sie eine qualifizierte Tätigkeit ausüben – dh. Handelsschiffe im internationalen Verkehr betreiben. § 9 Nr. 3 Satz 2 setzt dabei eine Ausschließlichkeit der qualifizierten Tätigkeit voraus, wohingegen § 9 Nr. 3 Satz 3 GewStG bei Mischbetrieben zur Anwendung kommt. Nach der Legaldefinition in Satz 4 – nahezu identisch mit der Definition in § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG2 – 37 werden Handelsschiffe im internationalen Verkehr betrieben, wenn sie überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der freien See eingesetzt werden.3 Prägend für die Begriffsbestimmung ist mithin der tätigkeitsbezogene Einsatz des Schiffs (Beförderungsleistungen). Im Zweifel ist auf den Hauptzweck abzustellen, den das Schifffahrtsunternehmen mit dem Betrieb des Handelsschiffs verfolgt.4 So gilt als Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr grundsätzlich auch die Tätigkeit eines Schleppschiffs (zum Gütertransport)5 sowie auch die Durchführung von Einkaufsfahrten.6 Demgegenüber stellen der Abtransport von Müll von einem ausländischen Hafen auf die offene See7 sowie der Betrieb von unbemannten Seeleichtern (Pontons),8 von Bagger- und Bergungsschiffen sowie Taucher- und Fischereifahrzeugen keine qualifizierenden Tätigkeiten dar.9 Die Verwendung der Konjunktion und in Satz 4 – in Abgrenzung zu der Formulierung in § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG (Beförderung von „Personen oder Gütern“) – ist auf eine sprachliche Ungenauigkeit der gesetzgeberischen Formulierung zurückzuführen, dh., es ist nicht maßgeblich, ob zugleich Personen und Güter transportiert werden; ausreichend ist, wenn allein eines der beiden Kriterien alternativ erfüllt wird (zB Transport von Rohstoffen, ohne dass weitere Personen – über die Schiffsmannschaft hinaus – befördert werden).10 Dies entspricht auch den faktischen Gegebenheiten, da Schiffe regelmäßig speziell für die Beförderung entweder von Gütern oder von Personen ausgerüstet werden. 1 EuGH v. 2.9.2015 – Rs. C-386/14, ABl. EU 2014 Nr. C 372, 4 = FR 2015, 1135. 2 § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG erfordert zusätzlich, dass das Handelsschiff im Wj. überwiegend in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen ist; daneben ist unbeachtlich, dass Handelsschiffe zur Beförderung von „Personen oder Gütern“ (§ 5a Abs. 2 Satz 1 EStG) bzw. „Personen und Gütern“ (§ 9 Nr. 3 Satz 4 GewStG) eingesetzt werden. 3 Insbesondere Voß in HHR, § 5a EStG Rz. 40 ff., zur einkommensteuerlich geprägten Auslegung der Begrifflichkeiten. 4 BFH v. 28.3.1984 – I S 17/83, BStBl. II 1984, 566 = FR 1984, 429; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 23. 5 BFH v. 11.4.1990 – I R 163/87, BStBl. II 1990, 783; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 168; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 27. 6 Wenn ein ausländischer Hafen auch tatsächlich angefahren wird, Aus- und Zusteigemöglichkeiten gegeben sind und ein Landaufenthalt im Ausland ermöglicht wird; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 6a; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 168a. 7 BFH v. 28.3.1984 – I S 17/83, BStBl. II 1984, 566 = FR 1984, 429. 8 Wird mit dem Ponton zugleich die Antriebskraft und die Steuerung eines (bemannten) Schleppers überlassen, kann dies zusammen genommen als Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr angesehen werden; BFH v. 14.11.1985 – IV R 170/83, BStBl. II 1986, 60 = FR 1986, 269. 9 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 6a; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 168; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 27. 10 BFH v. 10.8.2016 – I R 60/14, DStR 2016, 2749 Rz. 12 f.

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§ 9 Nr. 3 Rz. 38 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) 38

Dem Wortlaut von Satz 4 können weiter gehende, objekt- oder zustandsbezogene Anwendungsvoraussetzungen grundsätzlich nicht entnommen werden. Dh., es ist nicht maßgeblich, ob es sich um eigene oder gecharterte Handelsschiffe handelt, das Schiff in ein inländisches Seeschiffsregister eingetragen ist oder eine deutsche Flagge führt.1 In diesem Sinne hat das FG Düsseldorf2 – entgegen der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung3 – auch bei dem Betrieb von Binnenschiffen die Anwendung der Kürzungsvorschrift zugelassen. Diese Auslegung wird durch die Vergleichbarkeit der Tätigkeiten (grenzüberschreitende Transportdienstleistung)4 unter besonderer Beachtung des Äquivalenzprinzips5 gerechtfertigt und erscheint verfassungsrechtlich geboten. In Abgrenzung zu den insoweit eindeutig formulierten Vorschriften des § 5a EStG (Seeschiffe) und Art. 8 OECD-MA (Differenzierung zwischen See- und Binnenschiffen) wird in § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG – trotz Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren6 – lediglich der Begriff „Handelsschiff“7 verwendet und es wurde keine weiter gehende, gesetzlich verankerte Einschränkung des Anwendungsbereichs vorgesehen. Allerdings misst der BFH diesem Begriff angesichts dessen Verwendung im Rahmen von ähnlich gelagerten, teils rechtshistorischen Gesetzestatbeständen (§ 34c Abs. 4 EStG aF; §§ 11 Abs. 4 bzw. 3 und 13 Abs. 3 GewStG aF) ein tradiertes Verständnis im Sinne einer gesetzgeberischen „Vorprägung“ bei und hat dem folgend – unter Aufhebung des Urt. des FG Düsseldorf – die Anwendung des § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG für Binnenschiffe versagt.8 Dh. im Umkehrschluss, dass nur Seeschiffe die Kürzungsvorschrift in Anspruch nehmen können. Ein Seeschiff ist – in Abgrenzung zu Binnenschiffen – zum Einsatz auf hoher See (Seefahrt) bestimmt;9 der Eintragung in ein (Binnen- bzw. See-)Schiffsregister kommt insoweit lediglich Indizfunktion zu (vgl. § 2 GewStG Rz. 107).10

39

Die Legaldefinition in Satz 4 wird in Satz 5 um den Verweis auf § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG ergänzt, indem über die sinngemäße Anwendung der einkommensteuerlichen Regelung auch für Zwecke der GewSt die Vercharterung von ausgerüsteten Handelsschiffen als qualifizierte Tätigkeit gilt; zudem werden in quantitativer Hinsicht auch die unmittelbar mit dem Einsatz oder der Vercharterung zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte,11 die Veräußerung der Handelsschiffe und der unmittelbar ihrem Betrieb dienenden WG einbezogen.

1 Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 166. 2 FG Düsseldorf v. 19.9.2014 – 12 K 1857/12 G, DStRE 2015, 1509. 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 6; nach Auffassung von Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 168, ist maßgeblich auf die Zweckbestimmung abzustellen, wonach andere als Seeschiffe nicht in den Anwendungsbereich von § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG fallen und die inländische Küstenschifffahrt folglich auszuschließen wäre, auch wenn gelegentlich ausländische Häfen angesteuert werden; zweifelnd Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 23. 4 FG Bremen v. 2.3.1999 – 2 98 088 K 2, EFG 1999, 1044, zur Konkurrenzsituation von Binnen- und Seeschifffahrt. 5 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 20; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 1 GewStG Rz. 11 f. 6 Die Diskussionen, dass der Anwendungsbereich der Kürzungsvorschrift auf Seeschifffahrtsunternehmen begrenzt werden sollte, ohne die Binnenschifffahrt einzubeziehen (BT-Drucks. 13/5952, 35 f.), haben letztlich keinen Niederschlag in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/5952, 54) gefunden. 7 Nach BFH v. 6.8.1985 – VII R 73/81, BFHE 144, 302; v. 6.8.1985 – VII R 102/81, BFHE 144, 306; und v. 3.2.2004 – VII R 4/03, BFH/NV 2004, 1042, stellt die Handelsschifffahrt den „Verkehrszweig zur Beförderung von Personen und Gütern auf dem Wasser durch Schiffe“ dar. 8 BFH v. 10.8.2016 – I R 60/14, DStR 2016, 2749 Rz. 14 ff.; Rauert, ISR 2017, 6; Staschweski, DStRK 2017, 21, weist – uE zurecht – auf die systemwidrige Benachteiligung von Binnenschiffen im Vergleich zu konkurrierenden Seeschiffen hin; nach Reimer stelle die Interpretation des Senats eine „als Belastung wirkende Textbeschränkung“ dar und es sei die Frage nach der „Reparaturbefugnis“ – insbes. angesichts der verfassungsrechtlichen Vorgaben – zu stellen, Ebner/Malzahn/Martini ua., DStR-Beihefter 2017, 77. 9 Gosch in Kirchhof17, § 49 EStG Rz. 19. 10 Lieber in HHR, § 49 EStG Rz. 432 mwN. 11 Zu Neben- und Hilfsgeschäften BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133 a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 6, geändert durch BMF v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133-a/07/10001, BStBl. I 2008, 956; und v. 10.9.2013 – IV C 6 - S 2133-a/09/10001:001, BStBl. I 2013, 1152; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 24; Voß in HHR, § 5a EStG Rz. 45; Gosch in Kirchhof17, § 5a EStG Rz. 12; Rauert in Schönfeld/Ditz, DBA, 2013, Art. 8 OECDMA Rz. 29 f.

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C. Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr (Sätze 2 bis 5)

Rz. 40 § 9 Nr. 3

Die bloße Vermietung eines Handelsschiffs genügt demnach nicht (Bareboat Charter iSd. § 553 Abs. 1 HGB),1 der (Weiter-)Vercharterer muss selbst2 zusätzlich auch als Ausrüster tätig werden;3 dh., das Schiff muss nicht nur in einem betriebsbereiten Zustand versetzt, sondern insbesondere auch mit einer Mannschaft versehen werden (§ 557 Abs. 1 HGB).4 In diesem Zustand kann das Handelsschiff für Beförderungsleistungen im internationalen Verkehr eingesetzt werden. Folglich können in den Fällen der Vercharterung eines Handelsschiffs zwei Gewerbetreibende (ausrüstender Vercharterer und Transportdienstleister, aber nicht Erst- und Zweitvercharterer) hinsichtlich desselben Handelsschiffs die Kürzungsvorschrift in Anspruch nehmen. Eine weitere Unterteilung der Tätigkeiten (zB eine anteilige Übernahme der Ausrüstungsbestandteile) sollte nicht genügen, um als „Betrieb eines Handelsschiffs“ qualifizieren.5 Für jedes Handelsschiff ist im Rahmen einer objektbezogenen Betrachtung und unter Beachtung des 40 Prinzips der Abschnittsbesteuerung zu ermitteln, ob es im Wj. überwiegend – dh. zu mehr als 50 % seiner tatsächlichen Gesamtreisetage – im internationalen Verkehr betrieben wird; nicht maßgeblich ist also insbesondere, ob die Schwelle bei Zusammenrechnung aller Gesamtreisetage aller Schiffe überschritten wird.6 Im Erstjahr sind allein die Reisetage nach Indienststellung maßgeblich (verkürzter Ermittlungszeitraum), wobei auch bereits vor der Indienststellung getätigte Hilfsgeschäfte (zB im Zusammenhang mit dem Erwerb oder Bau eines Handelsschiffs) in die gesonderte Gewerbeertragsermittlung für Kürzungszwecke einzubeziehen sind und bei vorhergehenden EZ auf das Verhältnis der Reisetage aus dem (verkürzten) EZ der Indienststellung abzustellen ist.7 Dh., vorweggenommene Aufwendungen unterliegen regelmäßig der Kürzung (bzw. faktisch der Hinzurechnung). Erfüllt nur ein Handelsschiff des Schifffahrtsunternehmens diese Voraussetzung nicht (oder werden andere, nicht qualifizierte Tätigkeiten betrieben), ist nicht Satz 2, sondern Satz 3 einschlägig. Denn die von § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG geforderte Ausschließlichkeit der Tätigkeit verbietet jedwede schädliche Tätigkeiten, wobei eine Bagatellgrenze – anders als zB in § 9 AStG iHv. 10 % – nicht vorgesehen ist. Auch bei kurzfristigem Betrieb sind der Bau eines Schiffs in der Absicht, es später zu veräußern, als auch die Veräußerung des letzten Handelsschiffs bei anschließender Änderung des Unternehmensgegenstands grundsätzlich nicht den qualifizierten Tätigkeiten zuzurechnen, da insofern der Hauptzweck des Gewerbebetriebs nicht der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, sondern der Schiffshandel ist (der Bau bzw. die Veräußerung wird also nicht als Hilfsgeschäft gewertet).8

1 BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133 a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 10, geändert durch BMF v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133-a/07/10001, BStBl. I 2008, 956, und v. 10.9.2013 – IV C 6 - S 2133-a/09/10001:001, BStBl. I 2013, 1152. 2 Der Vercharterer muss nicht selbst in eigener Person die Ausrüstung übernehmen, dies kann auch – in der Verantwortung des Vercharterers – durch einen beauftragten Dritten erfolgen; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 28. 3 Lieber in HHR, § 49 EStG Rz. 443, zur Einordnung typischer Charterverträge (zB Time Charter, Voyage Charter, Slot Charter). 4 BFH v. 14.11.1985 – IV R 170/83, BStBl. II 1986, 60 = FR 1986, 269; v. 22.12.2015 – I R 40/15, BStBl. II 2016, 537 Rz. 10 ff. = FR 2016, 724 m. Anm. Nöcker, unter Heranziehung des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG und des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. b EStG als Auslegungshilfe und Abgrenzung zu § 34c Abs. 4 Satz 3 aF; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 168c; aA BFH v. 5.8.1976 – IV R 12/73, BStBl. II 1976, 710; v. 7.12.1989 – IV R 86/88, BStBl. II 1990, 433 = FR 1990, 338 (zu § 34c Abs. 4 Satz 3 EStG aF); Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 28. 5 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 29; aA Kahlenberg, ISR 2016, 239. 6 BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133 a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 5, geändert durch BMF v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133-a/07/10001, BStBl. I 2008, 956, und v. 10.9.2013 – IV C 6 - S 2133-a/09/10001:001, BStBl. I 2013, 1152; BFH v. 11.4.1990 – I R 163/87, BStBl. II 1990, 783; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 169; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 7; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 26. 7 BFH v. 13.2.1980 – I R 181/76, BStBl. II 1980, 190 = FR 1980, 222; v. 24.11.1983 – IV R 74/80, BStBl. II 1984, 155 = FR 1984, 184; v. 19.1.1984 – IV R 26/81, BStBl. II 1984, 376 = FR 1984, 367; v. 26.9.2013 – IV R 45/11, BStBl. II 2015, 296 Rz. 47 = FR 2014, 387 m. Anm. Nöcker; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 26, 29. 8 BFH v. 26.9.2013 – IV R 45/11, BStBl. II 2015, 296 Rz. 39 ff. = FR 2014, 387 m. Anm. Nöcker; FG Hbg. v. 10.2.2009 – 2 K 124/07, EFG 2009, 950; v. 2.2.2010 – 2 K 147/08, EFG 2010, 1116.

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§ 9 Nr. 3 Rz. 41 Kürzungen (Ausländische Betriebsstätte) Mangels Ausschließlichkeit ist nicht § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG, sondern Satz 3 anzuwenden. Diesbezüglich kann sich auch eine Umstellung des Wj. anbieten, um eine periodengerechte Abgrenzung der unterschiedlichen – qualifizierten und nicht qualifizierten – Tätigkeiten vorzunehmen.

II. Rechtsfolgen 41

Als Rechtsfolge von § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG gelten pauschal 80 % des Gewerbeertrags auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallend (Zuordnungsfiktion) und sind nach Satz 1 zu kürzen; im Umkehrschluss unterliegen lediglich 20 % des Gewerbeertrags der Besteuerung. Dieser pauschalierende Ansatz folgt dem Verständnis des BFH, dass ein Teil des erzielten Gewinns stets dem Bereich der (inländischen) Geschäftsleitung zuzuordnen ist.1 Im Ergebnis werden durch die pauschale Kürzung auch die auf inländische Betriebsstätten des qualifizierten Schifffahrtsunternehmens entfallenden Gewinne erfasst. Die Vorschrift stellt diesbezüglich eine (vereinfachende) Zuordnungsregelung dar, deren Wirkungsweise allerdings nicht so weitgehend ist, das Territorialitätsprinzip zu durchbrechen, sondern letztlich auszufüllen (vgl. Rz. 2).2

42

Werden nicht ausschließlich Handelsschiffe im internationalen Verkehr betrieben (Mischbetrieb), ist über Satz 3 der entsprechende, gesondert zu ermittelnde Gewerbeertrag der Zuordnungsfiktion zugänglich. Aus Gründen der Regelungssystematik erfolgt die gesonderte Ermittlung anhand der zu Satz 1 dargelegten Grundsätze zur Gewinnabgrenzung (vgl. Rz. 27).3 Der entsprechende Anteil am Gewerbeertrag schließt Neben- und Hilfsgeschäfte,4 den Gewinn aus der Veräußerung des Handelsschiffs5 und zugeordneter WG ein.

43

Zur Ermittlung des Kürzungsbetrags ist der Gewerbeertrag um Hinzurechnungen nach § 8 GewStG sowie Kürzungen nach § 9 GewStG – vorbehaltlich des § 9 Nr. 3 GewStG – zu modifizieren (vgl. Rz. 26).6 Einzubeziehen sind auch die Ergebnisse des Sonderbetriebsvermögens.7 Der Kürzungsbetrag kann sowohl positiv als auch negativ ausfallen;8 dh., es kommt im Falle eines negativen Kürzungsbetrags de facto zu einer Hinzurechnung bzw. es verbleiben nach Anwendung von § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG lediglich 20 % des Gewerbeverlustes.9 Dieser kann nach Maßgabe des § 10a GewStG vorgetragen und in einem nachfolgenden EZ entsprechend den Regelungen der Mindestbesteuerung genutzt werden; Besonderheiten sollten hierbei nicht zu berücksichtigen sein (vgl. § 10a GewStG Rz. 20, 138 ff.). Insbesondere eine einschränkende Anwendung des § 10a GewStG, nach welcher nur aus dem qualifizierenden Bereich stammende Fehlbeträge zur Verrechnung berechtigen, kann weder aus systematischen noch teleologischen Erwägungen überzeugen.10 § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG etablieren durch

1 BFH v. 28.6.2006 – I R 92/05, BStBl. II 2007, 100 Tz. II.5. aE. 2 AA Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 223. 3 Entsprechend BMF v. 12.6.2002 – IV A 6 - S 2133 a - 11/02, BStBl. I 2002, 614 Rz. 3, geändert durch BMF v. 31.10.2008 – IV C 6 - S 2133-a/07/10001, BStBl. I 2008, 956, und v. 10.9.2013 – IV C 6 - S 2133-a/09/10001:001, BStBl. I 2013, 1152; nach Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 8b, erfolgt die gesonderte Ermittlung zunächst auch nach der direkten Methode; in einem zweiten Schritt seien die nicht unmittelbar zuzuordnenden Einnahmen und Ausgaben nach dem jeweiligen Geschäftsumfang (insbesondere dem Umsatz) zuzuordnen, ohne dass eine Schätzung in Betracht komme; aA BFH v. 15.7.1986 – VIII R 269/81, BStBl. II 1986, 860 = FR 1986, 602 (zu § 11 Abs. 4 GewStG aF); nach Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 226, mit Verweis auf § 11 Rz. 38, soll von dem gesamten Gewerbeertrag derjenige Anteil abgezogen werden, der auf den qualifizierten Bereich entfällt; ebenso Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 167; Wingler in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 189. 4 ZB der Warenverkauf auf Linienschiffen; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 8b; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 168b. 5 Rosenke/Liedtke, FR 2007, 290. 6 AA wohl Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 8a, der den der Kürzung unterliegenden Gewerbeertrag auch unter Anwendung der §§ 10, 10a GewStG ermittelt. 7 BFH v. 24.4.2008 – IV R 31/06, BStBl. II 2009, 142. 8 OFD Kiel v. 16.6.1999, G 1425 A - St 141/S 2283a A - St 132, FR 1999, 866. 9 Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 167; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 20. 10 BFH v. 15.7.1986 – VIII R 269/81, BStBl. II 1986, 860 = FR 1986, 602; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 8a.

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Kürzungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge)

§ 9 Nr. 5

die Regelungstechnik der Zuordnungs- und Betriebsstättenfiktion eine Vereinfachung für qualifizierte Schifffahrtsunternehmen, deren Reichweite sich rechtsfolgenseitig (lediglich) auf die Ermittlung des zu kürzenden Gewerbeertrags erstreckt.1

§ 9 Nr. 4

(weggefallen)

§ 9 Nr. 5 [Spenden und Mitgliedsbeiträge] Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um … 5. die aus den Mitteln des Gewerbebetriebs geleisteten Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung bis zur Höhe von insgesamt 20 Prozent des um die Hinzurechnungen nach § 8 Nummer 9 erhöhten Gewinns aus Gewerbebetrieb (§ 7) oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter. 2Voraussetzung für die Kürzung ist, dass diese Zuwendungen a) an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine öffentliche Dienststelle, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet, oder b) an eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder c) an eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet, und die nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes in Verbindung mit § 5 Absatz 2 Nummer 2 zweiter Halbsatz des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde, geleistet werden (Zuwendungsempfänger). 3Für nicht im Inland ansässige Zuwendungsempfänger nach Satz 2 ist weitere Voraussetzung, dass durch diese Staaten Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung geleistet werden. 4Amtshilfe ist der Auskunftsaustausch im Sinne oder entsprechend der Amtshilferichtlinie gemäß § 2 Absatz 2 des EU-Amtshilfegesetzes. 5Beitreibung ist die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Sinne oder entsprechend der Beitreibungsrichtlinie einschließlich der in diesem Zusammenhang anzuwendenden Durchführungsbestimmungen in den für den jeweiligen Veranlagungszeitraum geltenden Fassungen oder eines entsprechenden Nachfolgerechtsaktes. 6Werden die steuerbegünstigten Zwecke des Zuwendungsempfängers im Sinne von Satz 2 Buchstabe a nur im Ausland verwirklicht, ist für eine Kürzung nach Satz 1 Voraussetzung, dass natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, gefördert werden oder dass die Tätigkeit dieses Zuwendungsempfängers neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beitragen kann. 7In die Kürzung nach Satz 1 sind auch Mitgliedsbeiträge an Körperschaften 1 Davon abzugrenzen ist das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Sonderregimes: In der Vergangenheit konnten im Billigkeitswege Sonderabschreibungen nach der inzwischen ausgelaufenen Vorschrift des § 82f EStDV in den vortragsfähigen Fehlbetrag eingehen. Wurde in diesem Zusammenhang ebenfalls die Inanspruchnahme der Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 2 ff. GewStG begehrt, war der auf die Sonderabschreibungen entfallende Teil des Fehlbetrags um 80 % zu kürzen; vgl. OFD Kiel v. 16.6.1999 – G 1425 A - St 141/S 2283a A - St 132, FR 1999, 866. Diese Maßnahme war notwendig, um die jeweiligen Sonderregimes aufeinander abzustimmen.

Herbst/Erdbrügger

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§ 9 Nr. 5 Kürzungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) einzubeziehen, die Kunst und Kultur gemäß § 52 Absatz 2 Nummer 5 der Abgabenordnung fördern, soweit es sich nicht um Mitgliedsbeiträge nach Satz 11 Nummer 2 handelt, auch wenn den Mitgliedern Vergünstigungen gewährt werden. 8Überschreiten die geleisteten Zuwendungen die Höchstsätze nach Satz 1, kann die Kürzung im Rahmen der Höchstsätze nach Satz 1 in den folgenden Erhebungszeiträumen vorgenommen werden. 9Einzelunternehmen und Personengesellschaften können auf Antrag neben der Kürzung nach Satz 1 eine Kürzung um die im Erhebungszeitraum in das zu erhaltende Vermögen (Vermögensstock) einer Stiftung, die die Voraussetzungen der Sätze 2 bis 6 erfüllt, geleisteten Spenden in diesem und in den folgenden neun Erhebungszeiträumen bis zu einem Betrag von 1 Million Euro vornehmen. 10Nicht abzugsfähig nach Satz 9 sind Spenden in das verbrauchbare Vermögen einer Stiftung. 11Der besondere Kürzungsbetrag nach Satz 9 kann der Höhe nach innerhalb des Zehnjahreszeitraums nur einmal in Anspruch genommen werden. 12Eine Kürzung nach den Sätzen 1 bis 10 ist ausgeschlossen, soweit auf die geleisteten Zuwendungen § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden ist oder soweit Mitgliedsbeiträge an Körperschaften geleistet werden, die 1. den Sport (§ 52 Abs. 2 Nr. 21 der Abgabenordnung), 2. kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, 3. die Heimatpflege und Heimatkunde (§ 52 Abs. 2 Nr. 22 der Abgabenordnung) oder 4. Zwecke im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 23 der Abgabenordnung fördern. 13§ 10b Absatz 3 und 4 Satz 1 sowie § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes und § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes, sowie die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zur Abziehbarkeit von Zuwendungen gelten entsprechend. 14Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung über Spenden und Mitgliedsbeiträge ausstellt oder veranlasst, dass entsprechende Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden (Veranlasserhaftung), haftet für die entgangene Gewerbesteuer. 15In den Fällen der Veranlasserhaftung ist vorrangig der Zuwendungsempfänger in Anspruch zu nehmen; die natürlichen Personen, die in diesen Fällen für den Zuwendungsempfänger handeln, sind nur in Anspruch zu nehmen, wenn die entgangene Steuer nicht nach § 47 der Abgabenordnung erloschen ist und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Zuwendungsempfänger nicht erfolgreich sind; § 10b Absatz 4 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend. 16Der Haftungsbetrag ist mit 15 Prozent der Zuwendungen anzusetzen und fließt der für den Spendenempfänger zuständigen Gemeinde zu, die durch sinngemäße Anwendung des § 20 der Abgabenordnung bestimmt wird. 17Der Haftungsbetrag wird durch Haftungsbescheid des Finanzamts festgesetzt; die Befugnis der Gemeinde zur Erhebung der entgangenen Gewerbesteuer bleibt unberührt. 18§ 184 Abs. 3 der Abgabenordnung gilt sinngemäß; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . .

1

IV. Sachzuwendung (Satz 13) . . . . . . . . . .

19

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

V. Aufwandsspende (Satz 13) . . . . . . . . .

22

II. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

5

III. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

VI. Zuwendung aus den Mitteln des Gewerbebetriebs (Satz 1) . . . . . . . . . .

24

6

VII. Zuwendung darf nicht unter § 8 Abs. 3 KStG fallen (Satz 12 Alt. 1) . . . . . . . . .

25

C. Höchstbeträge und Vortrag, Sonderregelungen für Stiftungen (Sätze 1, 8 bis 11 und 13) . . . . . . . . .

28

7

B. Zuwendung aus Mitteln des Gewerbebetriebs und Abgrenzung zu verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen (Sätze 1 und 12 Alt. 1, Satz 13) .

I. Höchstbeträge (Satz 1) . . . . . . . . . . .

28

9

II. Vortrag (Sätze 8 und 13) . . . . . . . . . .

29

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

II. Mitgliedsbeiträge (Satz 1) . . . . . . . . . .

10

III. Sonderregelung für Stiftungen (Sätze 9 bis 11) . . . . . . . . . . . . . . . .

30

III. Spenden (Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . .

12

D. Begünstigte Zwecke und Einschränkungen für bestimmte Zwecke . . . . . .

31

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Erdbrügger

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Steuerbegünstigte Zwecke . . . . . . . . . .

31

II. Kunst und Kultur (Satz 7) . . . . . . . . . .

32

Rz. 5 § 9 Nr. 5

IV. Steuerbegünstigte private ausländische Körperschaften (Satz 2 Buchst. c) . . . . .

37

V. Einschränkung der Abzugsfähigkeit für nicht im Inland ansässige Körperschaften (Sätze 3 bis 6) . . . . . . . . . . . . . . . .

39

41

III. Einschränkungen bei bestimmten Zwecken (Satz 12 Alt. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

E. Begünstigte Einrichtungen (Sätze 2 bis 6)

34

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

II. Juristische Personen des öffentlichen Rechts (Satz 2 Buchst. a) . . . . . . . . . . .

35

F. Zuwendungsbescheinigung und Veranlasserhaftung bei unrichtigen Zuwendungsbescheinigungen (Sätze 13 bis 18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Steuerbegünstigte private inländische Körperschaften (Satz 2 Buchst. b) . . . . . .

I. Funktion der Zuwendungsbescheinigung .

41

36

II. Veranlasserhaftung . . . . . . . . . . . . .

43

Literatur: Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, München, 3. Aufl. 2010; Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, Achim, 11. Aufl. 2015; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, Köln, 3. Aufl. 2015. Verwaltungsanweisungen: R 10b.1 EStR 2012; R 8.11 KStR 2015; AEAO zu §§ 51–68.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen aus Betriebsmitteln geleistete Zuwendungen 1 (Spenden und Mitgliedsbeiträge) an steuerbegünstigte Körperschaften für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke aus dem Gewerbeertrag gem. § 7 GewStG herausgekürzt werden können. An sich sind solche Zuwendungen dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen. Der Gesetzgeber möchte allerdings auch für Gewerbesteuersubjekte einen Anreiz für die Gewährung von Zuwendungen an steuerbegünstigte Körperschaften schaffen, um damit die öffentlichen Haushalte von der Finanzierung gemeinwohlorientierter Tätigkeiten zu entlasten.1 Als Nachweis für die steuerbegünstigte Verwendung dient die Zuwendungsbescheinigung der steuer- 2 begünstigten Körperschaft. Der Zuwendende kann grds. auf die Richtigkeit der Zuwendungsbescheinigung vertrauen. Im Gegenzug besteht eine Veranlasserhaftung bei unrichtigen Zuwendungsbescheinigungen. Die Kürzung ist betragsmäßig begrenzt, und zwar in Abhängigkeit vom Gewinn (20 %) oder vom 3 Umsatz (0,4 %). Ein Vortrag nicht abzugsfähiger Zuwendungen ist möglich. Ein zusätzlicher Abzug ist – allerdings rechtsformabhängig – bei Spenden in den Grundstock einer Stiftung möglich. Für bestimmte Zuwendungen, bei denen eine ideelle Gegenleistung gewährt wird, sowie im Falle verdeckter Gewinnausschüttungen oder Einlagen ist der Abzug nicht möglich. Neben der Gewährung einer Zuwendung besteht die Möglichkeit des Abschlusses von Sponsoring- 4 verträgen, bei denen die Aufwendungen betragsmäßig unbeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar sind. Die Zuflüsse sind dann allerdings bei der steuerbegünstigten Körperschaft uU stpfl.

II. Rechtsentwicklung § 9 Nr. 5 GewStG ist durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements 5 v. 10.10.20072 mit Wirkung zum EZ 2007 neu gefasst worden.3 Auf Antrag ist aber noch das alte Recht bis zum EZ 2007 anwendbar.4 1 BFH v. 2.8.2006 – XI R 6/03, BStBl. II 2007, 8 = FR 2007, 145; v. 22.9.1993 – X R 107/91, BStBl. II 1993, 874 = FR 1994, 15 m. Anm. Schmidt. 2 BGBl. I 2007, 2332. 3 § 36 Abs. 8a GewStG aF. 4 § 36 Abs. 8a GewStG aF.

Erdbrügger

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§ 9 Nr. 5 Rz. 6 Kürzungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) Mit dem JStG 2009 v. 19.12.20081 ist der heutige Satz 14 zur Veranlasserhaftung geändert worden. Das EU-Vorgabengesetz v. 8.4.20102 brachte Anpassungen an die EuGH-Rspr. zum Spendenabzug. Der Verweis auf die Beitreibungsrichtlinie (RL 2010/24/EU) in Satz 5 wurde durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz v. 7.12.20113 aufgenommen. Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts v. 21.3.20134 wurden eine Regelung zum Spendenabzug bei Verbrauchsstiftungen sowie der Verweis auf die einkommensteuerlichen Vorschriften zum Spendenabzug (ua. auf § 50 EStDV zur Zuwendungsbescheinigung) aufgenommen. Das Gesetz über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedstaaten der EU v. 26.6.20135 führte zu Anpassung in Bezug auf die EU-Amtshilferichtlinie.

III. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 6 Nach der Vorschrift wird der gem. § 7 GewStG ermittelte Gewerbeertrag gekürzt. Bei Körperschaften

wirkt sich der Spendenabzug über § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG bereits iRd. stl. Gewinnermittlung aus. Anders ist dies bei natürlichen Personen und Personengesellschaften mit natürlichen Personen als Gesellschaftern. Hier ist der Spendenabzug nur in Form eines Sonderausgabenabzugs vorgesehen. Im Sinne einer – im Ausgangspunkt rechtsformübergreifend – einheitlichen Behandlung aller Gewerbesteuersubjekte wird der körperschaftsteuerrechtliche Spendenabzug nach § 8 Nr. 9 GewStG daher zunächst mittels einer entsprechenden Hinzurechnung „neutralisiert“ (s. § 8 Nr. 9 GewStG Rz. 1). 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG 7 Die Vorschrift hat einen weitgehend identischen Inhalt wie die Spendenabzugsregelungen im Ein-

kommensteuerrecht (§ 10b EStG) und im Körperschaftsteuerrecht (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Zudem wird in § 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG normergänzend auf § 10b Abs. 3 und 4 EStG sowie § 9 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 KStG verwiesen. 8 Schließlich spielen die §§ 51 bis 68 AO eine bedeutende Rolle, da diese definieren, welche Körper-

schaften begünstigte Spendenempfänger sein können und welche Zwecke stl. begünstigt sind.

B. Zuwendung aus Mitteln des Gewerbebetriebs und Abgrenzung zu verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen (Sätze 1 und 12 Alt. 1, Satz 13) I. Vorbemerkung 9 Nach § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG sind die aus den Mitteln des Gewerbebetriebs geleisteten Zuwendun-

gen abzugsfähig. Nach der gesetzlichen Definition handelt es sich bei Zuwendungen um Mitgliedsbeiträge und Spenden. Abzugsfähig sind allerdings nur Zuwendungen, auf die nicht § 8 Abs. 3 KStG anzuwenden ist.

II. Mitgliedsbeiträge (Satz 1) 10

Nach dem körperschaftsteuerrechtlichen Verständnis, das auch für § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG zugrunde gelegt werden kann,6 sind Mitgliedsbeiträge solche Beiträge, die von Personenvereinigungen (insbes. 1 2 3 4 5 6

BGBl. I 2008, 2794. BGBl. I 2010, 386. BGBl. I 2011, 2592. BGBl. I 2013, 556. BGBl. I 2013, 1809. Leichinger in Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Rz. 3.3.1.

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B. Zuwendung aus Mitteln des Gewerbebetriebs/Abgrenzung zu vGA (S. 1, 12, 13)

Rz. 16 § 9 Nr. 5

Vereinen) aufgrund der Satzung von den Mitgliedern in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden (§ 8 Abs. 5 KStG). Soweit die Beiträge für die Wahrnehmung besonderer geschäftlicher Interessen oder für Leistungen zugunsten der Mitglieder geleistet werden, handelt es sich um keine Mitgliedsbeiträge.1 Dies gilt auch, wenn der Mitgliedsbeitrag von der tatsächlichen Inanspruchnahme von Leistungen abhängt.2 Wenn Beiträge sowohl „echte“ Mitgliedsbeiträge als auch Leistungsentgelte („unechte“ Mitgliedsbei- 11 träge) darstellen, ist eine sachgerechte Aufteilung vorzunehmen.3 In diesem Zusammenhang sind auch vereinbarte, nicht kostendeckende Leistungsentgelte ggf. im Wege der Schätzung anzupassen.4 Solche Konstellationen treten zB auf, wenn ein Verein Leistungen für ein verbilligtes Entgelt abgibt und die nicht gedeckten Kosten aus echten Mitgliedsbeiträgen finanziert werden. Für bestimmte Mitgliedsbeiträge, die iZm. der Förderung von Kunst und Kultur, Sport und privilegierter Freizeitgestaltung stehen, besteht ein Abzugsverbot (s. Rz. 32 f.).

III. Spenden (Satz 1) Eine Spende ist eine freigiebige Zuwendung. Dies umfasst alle freiwilligen Vermögensopfer, die das 12 Vermögen des Spenders mindern.5 Die Zuwendung kann in Geld oder, wie in § 9 Nr. 5 Satz 13 iVm. § 10b Abs. 3 EStG und § 9 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 KStG vorgesehen, in WG bestehen. Auch bei Spenden ist die Abgrenzung zu Leistungsentgelten vorzunehmen, die entrichtet werden, 13 um eine Gegenleistung zu erhalten. Anders als bei Mitgliedsbeiträgen soll eine Aufteilung von gemischt veranlassten Zuwendungen in einen Entgelt- und einen Spendenteil nicht möglich und die entsprechende Zuwendung damit insgesamt nicht abzugsfähig sein.6 Dies ist bei Gestaltungen zu beachten, bei denen einer steuerbegünstigten Körperschaft ein bewusst über dem Marktwert liegendes Entgelt zugewendet werden soll (zB ein Fundraising-Dinner). Insoweit ist eine klare Trennung von Entgelt und Spende geboten. Es bleibt abzuwarten, ob die Rspr. im Hinblick auf die nunmehr differenzierende Sichtweise zu gemischt veranlassten Aufwendungen an der bisher vertretenen Ansicht festhält.7 Insbesondere beim sog. Sponsoring liegen vielfach keine freigiebigen Zuwendungen, sondern Leis- 14 tungsentgelte vor. Leistungsentgelte können aus Sicht des Zuwendenden unbeschränkt als Betriebsausgaben abzugsfähig sein. Die Höchstbeträge für den Spendenabzug gelten nicht (vgl. dazu Rz. 3). Auf der anderen Seite sind Entgelte auf Ebene der Empfängerkörperschaft regelmäßig im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu versteuern, wobei es teilweise Erleichterungen wie § 64 Abs. 6 AO gibt. Spenden können dagegen ertragsteuerfrei (iRd. sog. ideellen Bereichs der steuerbegünstigten Körperschaft) vereinnahmt werden. Die Einordnung als Entgelt oder Spende ergibt sich aus der Motivation des Zuwendenden, die wie- 15 derum aus der Gegenleistung abzuleiten ist. Bezweckt dieser eine werbewirksame Darstellung seines Unternehmens in der Öffentlichkeit, ist von Kosten der Öffentlichkeitsarbeit (Betriebsausgaben) auszugehen. Allerdings führt ein bloß dezenter Hinweis auf den Spender (Danksagung) noch nicht zu einer Werbeleistung. Vielmehr muss eine Erhöhung des unternehmerischen Ansehens oder eine Produktwerbung durch eine entsprechend werbewirksame Darstellung vorliegen.8 Keine freigiebige Zuwendung sind Zahlungen, die zur Erfüllung einer Auflage nach § 153a Abs. 1 16 Satz 2 Nr. 2 StPO oder § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB an eine steuerbegünstigte Körperschaft geleistet werden.9 Ebenso wenig sind sog. „Beitrittsspenden“, die zB anlässlich der Aufnahme in einen Sport1 2 3 4 5 6 7 8

BFH v. 28.6.1989 – I R 86/85, BStBl. II 1990, 550 = FR 1989, 693; R 8.11 Abs. 1 Satz 2 KStR 2015. R 8.11 Abs. 1 Satz 3 KStR 2015. BFH v. 9.2.1965 – I 25/63 U, BStBl. III 1965, 294; R 8.11 Abs. 3 Satz 2 KStR 2015. BFH v. 9.2.1965 – I 25/63 U, BStBl. III 1965, 294. BFH v. 20.2.1991 – X R 191/87, BStBl. II 1991, 690 = FR 1991, 495. BFH v. 2.8.2006 – XI R 6/03, BStBl. II 2007, 8 = FR 2007, 145. BFH v. 21.9.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 = FR 2010, 225 m. Anm. Kempermann. BFH v. 9.8.1989 – I R 4/84, BStBl. II 1990, 237 = FR 1990, 254; dazu auch der „Sponsoringerlass“ des BMF v. 18.2.1998 – IV B 2 - S 2144 - 40/98, BStBl. I 1998, 212. 9 BFH v. 19.12.1990 – X R 40/86, BStBl. II 1991, 234 = FR 1991, 201.

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§ 9 Nr. 5 Rz. 17 Kürzungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) verein als Gegenleistung für den Erwerb der Mitgliedschaft oder die Nutzung der Vereinsanlagen geleistet werden, als freigiebige Zuwendung anzusehen.1 17

Nach den allgemeinen Grundsätzen können Spenden nicht abgezogen werden, wenn sie mit der Auflage gewährt werden, sie für nicht steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, wie zB sie an natürliche Personen weiterzuleiten oder für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Empfängerkörperschaft zu verwenden.2 Unschädlich sind dagegen sog. Durchlaufspenden, die an inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts mit der Auflage gewährt werden, sie an steuerbegünstigte Körperschaften weiterzuleiten.3

18

Der Spender muss durch seine Zuwendung endgültig wirtschaftlich belastet sein.4 Daher sind bloße Nutzungsüberlassungen oder Zuwendungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung (zB Darlehen) nicht abzugsfähig.5 Die Spende ist in dem Zeitpunkt abzugsfähig, in dem sie beim Spender iSv. § 11 Abs. 2 EStG abfließt.6 Bei Zahlungen mit Kreditkarten wird iZm. Werbekostenabzügen davon ausgegangen, dass es auf den Zeitpunkt der Verfügung (Unterschrift bzw. Transaktionsfreigabe) ankommt.7

IV. Sachzuwendung (Satz 13) 19

Als Zuwendung gilt nach § 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG iVm. § 10b Abs. 3 EStG und § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 5 KStG auch die Zuwendung von WG, jedoch ausdrücklich mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen.

20

Die Bewertung der Zuwendung richtet sich zwar grds. nach dem gemeinen Wert (§ 10b Abs. 3 Satz 3 EStG). Ist das WG jedoch (wie in § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG vorausgesetzt) zuvor einem BV entnommen worden, richtet sich die Zuwendungshöhe nach dem dabei angesetzten Wert sowie zusätzlich der dabei ggf. angefallenen USt (§ 10b Abs. 3 Satz 2 EStG bzw. § 9 Abs. 2 Satz 3 KStG). Die Entnahme eines WG aus einem BV ist grds. mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG darf die Entnahme für eine begünstigte Zuwendung jedoch mit dem Buchwert angesetzt werden (Buchwertprivileg).

21

Die Entnahme eines WG aus dem Unternehmensvermögen für die Bewirkung einer Zuwendung stellt umsatzsteuerrechtlich eine unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG dar, soweit beim Erwerb der Vorsteuerabzug möglich war. Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG wird die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage anhand des Einkaufspreises zzgl. Nebenkosten bzw. der Selbstkosten – jeweils im Zeitpunkt der Wertabgabe – ermittelt. Für Lebensmittelzuwendungen an sog. Tafeln ist die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage nach Auffassung der Finanzverwaltung mit null anzusetzen, soweit die Waren zB wegen des bevorstehenden Ablaufs des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr verkäuflich sind. Dies gilt auch für vergleichbare Fälle bei Non-Food-Artikeln.8

V. Aufwandsspende (Satz 13) 22

Aufwendungen (Nutzungen und Leistungen) können grds. nicht als Spende geltend gemacht werden. In diesem Fall sind die aus einem Betrieb geleisteten Zuwendungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 5 EStG zwingend mit dem Teilwert anzusetzen. Die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage für

1 2 3 4 5 6 7

BFH v. 2.8.2006 – XI R 6/03, BStBl. II 2007, 8 = FR 2007, 145. R 10b.1 Abs. 1 Satz 2 EStR 2012. R 10b.1 Abs. 2 EStR 2012. BFH v. 20.2.1991 – X R 191/87, BStBl. II 1991, 690 = FR 1991, 495; R 10b.1 Abs. 1 Satz 3 EStR 2012. Leichinger in Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Rz. 3.3.2.1. BFH v. 23.10.1996 – X R 75/94, BStBl. II 1997, 239 = FR 1997, 178 m. Anm. Weber-Grellet. FG Rh.-Pf. v. 18.3.2013 – 5 K 1875/10, EFG 2013, 1029; vgl. auch OFD Nds. v. 14.8.2013 – S 2223 - 404 - St 235, juris, zu Paypal. 8 OFD Nds. v. 27.3.2017 – S 7109 - 31 - St 171, DB 2017, 941.

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B. Zuwendung aus Mitteln des Gewerbebetriebs/Abgrenzung zu vGA (S. 1, 12, 13)

Rz. 27 § 9 Nr. 5

unentgeltliche Wertabgaben gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 bzw. 2 UStG ist nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 bzw. 3 UStG, also grds. auf Kostenbasis, zu ermitteln. Etwas anderes gilt jedoch, wenn ein satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufwendungsersatzanspruch 23 besteht und auf die Erstattung verzichtet wird. In diesem Fall wird zunächst der Aufwendungsersatzanspruch realisiert (ggf. ertrag- und umsatzsteuerpflichtige Einkünfte) und anschließend der Abzug der Zuwendung ermöglicht. Insoweit bietet dieser Weg im Falle einer Ertrag- und Umsatzsteuerpflicht grds. keine Vorteile, außer wenn die Einkünfte – zB bei der Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 EStG) – ertragsteuerfrei sind. Voraussetzung für die Anerkennung ist, dass der Entgeltanspruch nicht unter dem Vorbehalt des späteren Verzichts steht (§ 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG iVm. § 10b Abs. 3 Satz 6 EStG bzw. § 9 Abs. 2 Satz 5 KStG). Zudem muss der Anspruch im Zeitpunkt des Verzichts werthaltig sein und dieser zeitnah erfolgen.1

VI. Zuwendung aus den Mitteln des Gewerbebetriebs (Satz 1) Die Zuwendungen können nur abgezogen werden, soweit sie aus Mitteln des Gewerbebetriebs stam- 24 men. Daher ist bei allen StPfl., die nicht in ihrer Gesamtheit als Gewerbesteuersubjekt gelten, die Herkunft der zugewandten Mittel zu prüfen.2

VII. Zuwendung darf nicht unter § 8 Abs. 3 KStG fallen (Satz 12 Alt. 1) Eine Zuwendung kann nicht berücksichtigt werden, wenn sie zugleich die Tatbestandsvoraussetzun- 25 gen des § 8 Abs. 3 KStG erfüllt, also als verdeckte Gewinnausschüttung oder verdeckte Einlage einzustufen ist. Die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 3 KStG sind dann vorrangig. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermö- 26 gensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Gewinnermittlung auswirkt und nicht auf einem Gesellschafterbeschluss beruht.3 Die Zuwendung einer Körperschaft an eine steuerbegünstigte Körperschaft kann als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen sein. Dies ist der Fall, wenn die Zuwendung vorrangig durch ein Näheverhältnis veranlasst ist.4 Insbesondere bei Spenden an öffentliche oder gemeinnützige Gesellschafter geht die Rspr. von der Drittüblichkeit als Maßstab aus, dh., es kommt darauf an, in welchem Umfang Spenden üblicherweise auch an andere steuerbegünstigte Einrichtungen geleistet werden.5 Ähnliche Folgen können sich ergeben, wenn die Spende erheblich durch private Interessen des Gesellschafters veranlasst ist.6 Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der 27 Körperschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.7 Das ist dann der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer einer Gesellschaft, mit der kein Beteiligungs- oder Näheverhältnis besteht, die Zuwendung nicht vornehmen würde.8 Eine verdeckte Einlage kann demnach zB vorliegen, wenn ein nicht steuerbegünstigter Gesellschafter an einer steuerbegünstigten Tochtergesellschaft beteiligt ist. Die Behandlung solcher Konstellationen ist bislang ungeklärt. Viel spricht für eine Beurteilung anhand der Drittüblichkeit wie im Fall der verdeckten Gewinnausschüttung. 1 BFH v. 9.5.2007 – XI R 23/06, BFH/NV 2007, 2251; vgl. wegen der Einzelheiten BMF v. 25.11.2014 – IV C 4 S 2223/07/0010:005 – DOK 2014/0766502, BStBl. I 2014, 1584 sowie v. 24.8.2016 – IV C 4 - S 2223/07/0010:007 – DOK 2016/0528723, BStBl. I 2016, 994. 2 Leichinger in Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Rz. 3.1.2. 3 R 8.5 Abs. 1 Satz 1 KStR 2015. 4 R 9 Abs. 6 KStR 2015. 5 BFH v. 9.8.1989 – I R 4/84, BStBl. II 1990, 237 = FR 1990, 254. 6 Leichinger in Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Rz. 3.3.2.8. 7 BFH v. 14.7.2009 – IX R 6/09, BFH/NV 2010, 397; v. 28.4.2004 – I R 20/03, BFH/NV 2005, 19; v. 12.12.2000 – VIII R 22/92, BStBl. II 2001, 385 = FR 2001, 690; R 8.9 Abs. 1 KStR 2015. 8 BFH v. 28.2.1956 – I 92/54 U, BStBl. III 1956, 154; v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160; H 8.9 KStH 2015 „Gesellschaftsrechtliche Veranlassung“.

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§ 9 Nr. 5 Rz. 28 Kürzungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge)

C. Höchstbeträge und Vortrag, Sonderregelungen für Stiftungen (Sätze 1, 8 bis 11 und 13) I. Höchstbeträge (Satz 1) 28

Nach § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG können Zuwendungen nur bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 20 % des nach § 8 Nr. 9 GewStG erhöhten Gewinns gem. § 7 GewStG oder 4‰ der gesamten Umsätze und der aufgewandten Löhne und Gehälter abgezogen werden.

II. Vortrag (Sätze 8 und 13) 29

Werden die Höchstbeträge überschritten, kann die Kürzung (wieder iRd. Höchstbeträge) in den folgenden EZ vorgenommen werden (§ 9 Nr. 5 Satz 8 GewStG). Die Feststellung ist nach § 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG iVm. § 10d Abs. 4 EStG vorzunehmen.

III. Sonderregelung für Stiftungen (Sätze 9 bis 11) 30

Nach § 9 Nr. 5 Sätze 9 bis 11 GewStG gilt eine Sonderregelung für Zuwendungen in den Grundstock einer steuerbegünstigten Stiftung. Danach können natürliche Personen und Personengesellschaften – nicht jedoch KapGes. – auf Antrag Zuwendungen von bis zu 1 Mio. Euro in das zu erhaltende Vermögen (Grundstock) einer Stiftung innerhalb eines Zehnjahreszeitraums abziehen (§ 9 Nr. 5 Sätze 10 und 11 GewStG). Begünstigt sind rechtsfähige Stiftungen und nicht rechtsfähige Stiftungen des privaten oder öffentlichen Rechts, nicht jedoch Stiftung-GmbHs.1 Zuwendungen in das verbrauchbare Vermögen sind nach § 9 Nr. 5 Satz 10 GewStG ausdrücklich ausgenommen.

D. Begünstigte Zwecke und Einschränkungen für bestimmte Zwecke I. Steuerbegünstigte Zwecke 31

Nach § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG sind nur Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke iSd. §§ 52 bis 54 AO begünstigt. Dies sind gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke. Bezüglich der Definition der steuerbegünstigten Zwecke wird auf die Kommentierung zu § 3 Nr. 6 verwiesen (§ 3 Nr. 6 GewStG Rz. 15 ff.).

II. Kunst und Kultur (Satz 7) 32

Nach § 9 Nr. 5 Satz 7 GewStG sind in die Kürzung auch Mitgliedsbeiträge an Körperschaften einzubeziehen, die Kunst und Kultur gem. § 52 Abs. 2 Nr. 5 AO fördern, selbst wenn den Mitgliedern Vergünstigungen gewährt werden (zB verbilligte Karten). Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich um kulturelle Betätigungen handelt, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen (zB Gesangsverein).

III. Einschränkungen bei bestimmten Zwecken (Satz 12 Alt. 2) 33

Nach § 9 Nr. 5 Satz 12 GewStG sind Mitgliedsbeiträge an bestimmte Einrichtungen nicht abzugsfähig, da bei diesen ein Eigennutz vermutet wird. Hierbei handelt es sich um Beiträge an Sportvereine, Kulturvereine, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, sowie Einrichtungen, die sich mit Heimatpflege und Heimatkunde oder privilegierten Freizeitbeschäftigungen gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO befassen. 1 Leichinger in Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Rz. 3.5.6.2.2.

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E. Begünstigte Einrichtungen (Sätze 2 bis 6)

Rz. 37 § 9 Nr. 5

E. Begünstigte Einrichtungen (Sätze 2 bis 6) I. Vorbemerkung § 9 Nr. 5 Satz 2 GewStG legt fest, dass nur Zuwendungen an bestimmte steuerbegünstigte Einrich- 34 tungen abzugsfähig sind. Hierbei erfolgt mittlerweile1 eine weitgehende, aber nicht vollständige Gleichstellung von inländischen Zuwendungsempfängern und solchen mit Sitz in der EU bzw. dem EWR.

II. Juristische Personen des öffentlichen Rechts (Satz 2 Buchst. a) Abzugsfähig sind nach § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a GewStG sämtliche Zuwendungen an juristische Per- 35 sonen des öffentlichen Rechts oder an eine öffentliche Dienststelle, die in einem Mitgliedstaat der EU oder einem EWR-Staat belegen ist. Dies betrifft vor allem die inländischen jPdöR (zB Bund, Länder und Gemeinden, Stiftungen des öffentlichen Rechts). Aufgrund der EuGH-Rspr. zum deutschen Spendenabzugsrecht und den Grundfreiheiten2 werden auch öffentliche Einrichtungen in anderen EU-Mitgliedstaaten begünstigt. Die ebenfalls begünstigten EWR-Staaten sind Norwegen, Island und Liechtenstein, nicht jedoch zB die Schweiz oder der Vatikan.3 Für die demnach begünstigten ausländischen Körperschaften sind iÜ die Sätze 3 bis 6 zu beachten (vgl. Rz. 39 f.).

III. Steuerbegünstigte private inländische Körperschaften (Satz 2 Buchst. b) Ohne Weiteres abzugsfähig sind nach § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b GewStG Zuwendungen an Körper- 36 schaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit sind. Dies sind die in Deutschland unbeschränkt stpfl. Körperschaften, also inländische Vereine, Stiftungen bürgerlichen Rechts oder gemeinnützige KapGes. (GmbH, AG). Da die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG weitgehend mit denen des § 3 Nr. 6 GewStG identisch sind, sei auf die dortige Kommentierung verwiesen (§ 3 Nr. 6 GewStG Rz. 6 ff.).

IV. Steuerbegünstigte private ausländische Körperschaften (Satz 2 Buchst. c) Schließlich sind nach § 9 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c GewStG auch die Zuwendungen an Körperschaften, 37 Personenvereinigungen oder Vermögensmassen abzugsfähig, die in einem Mitgliedstaat der EU oder einem EWR-Staat belegen sind und die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG iVm. § 5 Abs. 2 Satz 2 KStG steuerbefreit wären, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würden. Demnach sind auch EU-/EWR-Körperschaften begünstigt, wenn sie im Falle einer beschränkten StPfl. steuerbefreit sein könnten. Für Zuwendungen an ausländische Körperschaften außerhalb der EU/EWR (zB Schweiz, Vatikan)4 besteht keine Abzugsmöglichkeit.

1 EU-Vorgabengesetz v. 8.4.2010, BGBl. I 2010, 386. 2 EuGH v. 14.9.2006 – C-386/04 – Stauffer, FR 2007, 242 = DStR 2006, 1736 zu beschränkt stpfl. Einkünften; v. 18.12.2007 – C-281/06 – Jundt, DStRE 2008, 666 zur Übungsleiterpauschale; v. 27.1.2009 – C-318/07 – Persche, BStBl. II 2010, 440 = FR 2009, 230 zum Spendenabzug bei Auslandsspenden. 3 Dazu FG Köln v. 15.1.2014 – 13 K 3735/10, rkr., EFG 2014, 667; vgl. auch FG Ba.-Wü. v. 23.4.2015 – 3 K 1766/13, IStR 2015, 701. Mangels Entscheidungserheblichkeit geht die Revisionsentsch. (BFH v. 15.11.2017 – I R 39/15, BFH/NV 2018, 611) nicht näher darauf ein. 4 FG Köln v. 15.1.2014 – 13 K 3735/10, rkr., EFG 2014, 667; FG Ba.-Wü. v. 23.4.2015 – 3 K 1766/13, IStR 2015, 701. Mangels Entscheidungserheblichkeit geht die Revisionsentsch. (BFH v. 15.11.2017 – I R 39/15, BFH/ NV 2018, 611) nicht näher darauf ein.

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§ 9 Nr. 5 Rz. 38 Kürzungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) 38

Auch diese Regelung beruht auf der EuGH-Rspr. zur Gleichbehandlung von Auslandsspenden nach den EU-Grundfreiheiten.1 Die Voraussetzungen des Satzes 2 Buchst. c dürften in der Praxis allerdings nur von wenigen ausländischen Körperschaften erfüllt werden. Denn die Voraussetzung für die Befreiung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 KStG ist die Einhaltung der formellen Satzungsmäßigkeit und der tatsächlichen Geschäftsführung nach den §§ 51 ff. AO. Die ausländische Körperschaft kann diese Anforderungen nicht durch Anforderungen des eigenen nationalen Rechts substituieren. Sie muss also (auch) deutsches Recht einhalten.2 Darüber hinaus nimmt die Rspr. gesteigerte Mitwirkungs- und Nachweispflichten an, da es sich um Auslandssachverhalte handelt (§ 90 Abs. 2 AO).3 Für die gleichwohl begünstigten ausländischen Körperschaften sind die Einschränkungen in den Sätzen 3 bis 6 zu beachten (vgl. Rz. 39 f.).

V. Einschränkung der Abzugsfähigkeit für nicht im Inland ansässige Körperschaften (Sätze 3 bis 6) 39

Bei Ansässigkeit in einem anderen EU- oder EWR-Staat ist der Empfänger nach den Sätzen 3 bis 5 nur begünstigt, wenn sein Staat Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung leistet. Hierbei bezieht sich der Begriff der Amtshilfe auf die Amtshilferichtlinie gem. § 2 Abs. 2 des EU-Amtshilfegesetzes. Der Begriff der Beitreibung bezieht sich dagegen auf die Beitreibungsrichtlinie und die dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen.

40

Bei Zuwendungen an Empfängerkörperschaften, die ausschließlich im Ausland tätig werden, setzt die Abzugsfähigkeit nach Satz 6 zudem voraus, dass mit der Zuwendung natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland oder das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gefördert werden (sog. struktureller Inlandsbezug). Die Rspr. zu Auslandsspenden sowie die gesetzlichen Einschränkungen werden im Schrifttum teilweise deutlich kritisiert und ihre Vereinbarkeit mit den EU-Grundfreiheiten in Zweifel gezogen.4

F. Zuwendungsbescheinigung und Veranlasserhaftung bei unrichtigen Zuwendungsbescheinigungen (Sätze 13 bis 18) I. Funktion der Zuwendungsbescheinigung 41

Der Zuwendende kann den Abzug nur geltend machen, wenn er nachweist, dass die Voraussetzungen gem. § 9 Nr. 5 GewStG vorliegen. Insbesondere ist nachzuweisen, dass der Empfänger eine steuerbegünstigte Körperschaft ist und mit der Zuwendung steuerbegünstigte Zwecke gefördert werden sollen. Diesen Nachweis muss der Zuwendende gem. § 50 Abs. 1 EStDV mittels einer vom Zuwendungsempfänger ausgestellten Zuwendungsbescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erbringen. Die Ausgestaltung der Zuwendungsbescheinigungen wird durch ein BMF-Schreiben geregelt, das auch vorsieht, dass grds. keine Abweichungen von den Mustern zulässig sind.5 Das Vorliegen der Zuwendungsbescheinigung wird als sachliche Voraussetzung für den Abzug angesehen. Die Bescheinigung ist nicht nur Beweismittel.6 Die Vorlage kann daher ein rückwirkendes Ereignis sein.7

1 EuGH v. 14.9.2006 – C-386/04 – Stauffer, FR 2007, 242 = DStR 2006, 1736 zu beschränkt stpfl. Einkünften; v. 18.12.2007 – C-281/06 – Jundt, DStRE 2008, 666 zur Übungsleiterpauschale; v. 27.1.2009 – C-318/07 – Persche, BStBl. II 2010, 440 = FR 2009, 230 zum Spendenabzug bei Auslandsspenden. 2 BFH v. 17.9.2013 – I R 16/12, BStBl. II 2014, 440. 3 BFH v. 21.1.2015 – X R 7/13, BStBl. II 2015, 588; so auch BMF v. 16.5.2011 – IV C 4 - S 2223/07/0005:008, BStBl. I 2011, 559. 4 Seer in Tipke/Kruse, § 51 AO Rz. 8; Helios in Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 22 Rz. 47. 5 BMF v. 7.11.2013 – IV C 4 - S 2223/07/0018:005, BStBl. I 2013, 1333. 6 BFH v. 5.2.1992 – I R 63/91, BStBl. II 1992, 748. 7 BFH v. 6.3.2003 – XI R 13/02, BStBl. II 2003, 554 = FR 2003, 680.

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Erdbrügger

Kürzungen (Ausländische Schachtelerträge)

§ 9 Nr. 7

Nach § 9 Nr. 5 Satz 13 GewStG iVm. § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG bzw. § 9 Abs. 3 Satz 1 KStG kann der 42 Zuwendende auf die Richtigkeit der Zuwendungsbescheinigung der steuerbegünstigten Körperschaft vertrauen, es sei denn, er hat die Bescheinigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt oder ihm war die Unrichtigkeit der Bescheinigung bekannt oder grob fahrlässig nicht bekannt. Nach der Rspr. ist dabei auf ein (ggf. laienhaftes) Bewusstsein der Unrichtigkeit und die dem zugrunde liegenden Tatsachen im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung abzustellen.1

II. Veranlasserhaftung Korrespondierend mit dem Vertrauensschutz für den Zuwendenden, der auf die Richtigkeit der 43 Zuwendungsbestätigung grds. vertrauen kann, sieht das Gesetz eine Veranlasserhaftung vor, die eingreift, wenn eine Zuwendungsbestätigung unrichtig ist. Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Zuwendungsbescheinigung ausstellt oder veranlasst, dass die Zuwendung nicht für die angegebenen begünstigten Zwecke verwendet wird, haftet für die entgangene GewSt (§ 9 Nr. 5 Satz 14 GewStG). Dies gilt allerdings nur in Bezug auf Zuwendende, die gewstpfl. sind. Die GewSt wird mit 15 % pauschal, also unabhängig vom jeweiligen Hebesatz, angesetzt (§ 9 Nr. 5 Satz 16 GewStG). Vorrangig ist der Zuwendungsempfänger in Anspruch zu nehmen. Die Steuerfestsetzung durch die Gemeinden wird in § 9 Nr. 5 Sätze 17 und 18 GewStG berücksichtigt.

§ 9 Nr. 6

(weggefallen)

§ 9 Nr. 7 [Ausländische Schachtelerträge] Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um … 7. die Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, an deren Nennkapital das Unternehmen seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu 15 Prozent beteiligt ist (Tochtergesellschaft) und die ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten und aus Beteiligungen an Gesellschaften bezieht, an deren Nennkapital sie mindestens zu einem Viertel unmittelbar beteiligt ist, wenn die Beteiligungen ununterbrochen seit mindestens zwölf Monaten vor dem für die Ermittlung des Gewinns maßgebenden Abschlussstichtag bestehen und das Unternehmen nachweist, dass 1. diese Gesellschaften Geschäftsleitung und Sitz in demselben Staat wie die Tochtergesellschaft haben und ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus den unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten beziehen oder 2. die Tochtergesellschaft die Beteiligungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit eigenen unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 fallenden Tätigkeiten hält und die Gesellschaft, an der die Beteiligung besteht, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus solchen Tätigkeiten bezieht, wenn die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind; das gilt auch für Gewinne aus Anteilen an einer Gesellschaft, die die in der Anlage 2 zum Einkommensteuergesetz genannten Voraussetzungen des Artikels 2 der Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30. November 2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 345 vom 29.12.2011, S. 8) erfüllt, weder Ge1 BFH v. 2.8.2006 – XI R 6/03, BStBl. II 2007, 8 = FR 2007, 145.

Erdbrügger/Bergmann

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§ 9 Nr. 7 Kürzungen (Ausländische Schachtelerträge) schäftsleitung noch Sitz im Inland hat und an deren Nennkapital das Unternehmen zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens zu einem Zehntel beteiligt ist. 2§ 9 Nr. 2a Satz 3 gilt entsprechend. 3§ 9 Nr. 2a Satz 4 gilt entsprechend. 4Bezieht ein Unternehmen, das über eine Tochtergesellschaft mindestens zu 15 Prozent an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes (Enkelgesellschaft) mittelbar beteiligt ist, in einem Wirtschaftsjahr Gewinne aus Anteilen an der Tochtergesellschaft und schüttet die Enkelgesellschaft zu einem Zeitpunkt, der in dieses Wirtschaftsjahr fällt, Gewinne an die Tochtergesellschaft aus, so gilt auf Antrag des Unternehmens das Gleiche für den Teil der von ihm bezogenen Gewinne, der der nach seiner mittelbaren Beteiligung auf das Unternehmen entfallenden Gewinnausschüttung der Enkelgesellschaft entspricht. 5Hat die Tochtergesellschaft in dem betreffenden Wirtschaftsjahr neben den Gewinnanteilen einer Enkelgesellschaft noch andere Erträge bezogen, so findet Satz 4 nur Anwendung für den Teil der Ausschüttung der Tochtergesellschaft, der dem Verhältnis dieser Gewinnanteile zu der Summe dieser Gewinnanteile und der übrigen Erträge entspricht, höchstens aber in Höhe des Betrags dieser Gewinnanteile. 6Die Anwendung des Satzes 4 setzt voraus, dass 1. die Enkelgesellschaft in dem Wirtschaftsjahr, für das sie die Ausschüttung vorgenommen hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten oder aus unter Satz 1 Nr. 1 fallenden Beteiligungen bezieht und 2. die Tochtergesellschaft unter den Voraussetzungen des Satzes 1 am Nennkapital der Enkelgesellschaft beteiligt ist. 7Die Anwendung der vorstehenden Vorschriften setzt voraus, dass das Unternehmen alle Nachweise erbringt, insbesondere 1. durch Vorlage sachdienlicher Unterlagen nachweist, dass die Tochtergesellschaft ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten oder aus unter Satz 1 Nr. 1 und 2 fallenden Beteiligungen bezieht, 2. durch Vorlage sachdienlicher Unterlagen nachweist, dass die Enkelgesellschaft ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten oder aus unter Satz 1 Nr. 1 fallenden Beteiligungen bezieht, 3. den ausschüttbaren Gewinn der Tochtergesellschaft oder Enkelgesellschaft durch Vorlage von Bilanzen und Erfolgsrechnungen nachweist; auf Verlangen sind diese Unterlagen mit dem im Staat der Geschäftsleitung oder des Sitzes vorgeschriebenen oder üblichen Prüfungsvermerk einer behördlich anerkannten Wirtschaftsprüfungsstelle oder einer vergleichbaren Stelle vorzulegen. 8Die Sätze 1 bis 7 sind bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen auf Gewinne aus Anteilen, die den Kapitalanlagen zuzurechnen sind, nicht anzuwenden; für Pensionsfonds gilt Entsprechendes; … A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . . 1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 6

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

8

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

10

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis von § 9 Nr. 7 Satz 1 und Satz 4 GewStG . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis zu § 8 Nr. 5 GewStG . . .

11

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Bergmann

. . . . . .

11

. . . . . .

11 12

c) Verhältnis zu § 9 Nr. 2a GewStG . . . . d) Verhältnis zu § 9 Nr. 8 GewStG . . . . . e) Verhältnis zu § 7a GewStG . . . . . . . 2. Verhältnis zu § 8b KStG und DBA-Schachtelprivilegien . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zum EU-Recht . . . . . . . . . . B. Kürzung für Gewinnanteile aus Tochtergesellschaften (Satz 1) . . . . . . . . . . . . I. Voraussetzungen für die Qualifikation als Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsform der Tochtergesellschaft . . . . . 2. Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 14 15 16 17 20 20 20 21

§ 9 Nr. 7

Kürzungen (Ausländische Schachtelerträge) 3. Art und Umfang der Beteiligung . . . . . . . 4. Ununterbrochene Beteiligung seit Beginn des EZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aktivitätsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . 1. Bruttoerträge aus aktiver Tätigkeit . . . . 2. Bruttoerträge aus Funktions- oder Landesholding . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zeitliche Anforderungen an die aktive Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

C. Kürzung für Gewinnanteile aus Enkelgesellschaften (Sätze 4 bis 6) . . . . . . . .

44

26

I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

. . . .

29 29

. . . .

33

II. 1. 2. 3.

. . . .

46 46 48 50

38

II. (Anteilige) Kürzung der Gewinnanteile . .

51

D. Nachweispflichten . . . . . . . . . . . . . .

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E. Kürzungsverbot (Satz 8) . . . . . . . . . .

54

III. Erleichterte Voraussetzungen im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

IV. Kürzung der Gewinnanteile . . . . . . . . . .

41

Kürzungsvoraussetzungen . . Beteiligungsvoraussetzungen Aktivitätsvorbehalt . . . . . . Antragserfordernis . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

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. . . .

Literatur: Altehofer/Krebs/Nolte/Roland, Steuerentlastungsgesetz 1984, DStZ 1984, 4; Meilicke, Der Begriff der Bruttoerträge im Außensteuerrecht, FR 1985, 318; Ritter, Das Steueränderungsgesetz 1992 und die Besteuerung grenzüberschreitender Unternehmenstätigkeit, BB 1992, 361; Killinger, Berücksichtigung von Betriebsausgaben bei der Anwendung der Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG, BB 1999, 500; Grotherr, Gewerbesteuerliche Auswirkungen der mit steuerfreien Dividenden im Zusammenhang stehenden nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben, BB 2001, 597; Haas, Die Gewerbesteuerpflicht von Dividenden aus Streubesitz nach § 8 Nr. 5 GewStG und ihre Auswirkungen auf 100 %-Beteiligungen, DB 2002, 549; Prinz/Simon, Kuriositäten und Ungereimtheiten des UntStFG: Ungewollte Abschaffung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs für Kapitalgesellschaften?, DStR 2002, 149; Rödder, Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz: Wesentliche Änderungen des verkündeten Gesetzes gegenüber dem Regierungsentwurf, DStR 2002, 105; Lüdicke, Beteiligungen an IFSC-Gesellschaften – Gemeinschaftsrechtskonforme Anwendung der Schachtelprivilegien im DBA-Irland, im Gewerbesteuergesetz und im Bewertungsgesetz, IStR 2003, 188; Kollruss, Kein pauschales Abzugsverbot nach § 8b Abs. 5 KStG für GewSt-Zwecke bei Bezug von Schachteldividenden über eine Organgesellschaft, DStR 2006, 2291; Hageböke, Zum Konkurrenzverhältnis von DBA-Schachtelprivileg und § 8b KStG, IStR 2009, 473; Kollruss, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg bei doppelt ansässigen Kapitalgesellschaften, StuW 2009, 346; Rödder, Ist der Hinzurechnungsbetrag gewerbesteuerpflichtig?, IStR 2009, 873; Ruf/Wohlfahrt, Gewerbesteuerliche Folgen der Hinzurechnungsbesteuerung, Ubg 2009, 496; Baier/Schmid, Qualifikation der Verzinsung des Eigenkapitals einer brasilianischen Kapitalgesellschaft, IStR 2010, 20; Ernst, Das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg – Irrungen und Wirrungen in nationalen und grenzüberschreitenden Konstellationen, Ubg 2010, 494; Heurung/Engel/Seidel, Das DBA-Schachtelprivileg in Körperschaft- und Gewerbesteuer, DB 2010, 1551; Kessler/Dietrich, Auf den zweiten Blick: Warum § 3c EStG auf DBA-Schachteldividenden nicht anwendbar ist, IStR 2010, 696; Schönfeld, Neues zum DBA-Schachtelprivileg oder: Was bleibt von § 8 Nr. 5 GewStG und § 8b Abs. 5 KStG bei grenzüberschreitenden Dividenden?, IStR 2010, 658; Beckmann/Schanz, Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen und Kürzungen im Zusammenhang mit Beteiligungserträgen, DB 2011, 954; Gosch, Außensteuerliche Aspekte der Gewerbesteuer, Hefte zur Internationalen Besteuerung, Nr. 177/2011; Haas, Reformbedarf im deutschen internationalen Steuerrecht, IStR 2011, 353; Kempf/Gelsdorf, Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie in deutsches Steuerrecht – eine alte Kamelle?, IStR 2011, 173; Schnitger, Die Niederlande als Niedrigsteuerland iSd. § 8 Abs. 3 AStG und die gewerbesteuerliche Kürzung des Hinzurechnungsbetrags, IStR 2011, 328; Anger/Wagemann, Schachtelprivileg für die „S-Corporation“ auch nach dem neuen DBA-USA? Wieder ist der BFH gefragt!, IStR 2012, 648; Kessler/Dietrich, Wann ist eine Beteiligung eine Schachtelbeteiligung?, DStR 2012, 2101; Kollruss, EWR-Abkommen, Primärrecht und (DBA-)Schachtelprivilegien, IStR 2013, 766; Kraft, Belastungswirkungen des internationalen gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs im tiefer gestuften Kapitalgesellschaftskonzern, IStR 2013, 293; Kraft/Jochimsen, Normative Strukturen des internationalen gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs im tiefer gestuften Kapitalgesellschaftskonzern im einfachgesetzlichen, verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Spiegel, IStR 2013, 334; Rödder/Liekenbrock, Verstößt die gewerbesteuerliche Belastung des Hinzurechnungsbetrags iSd. § 10 AStG gegen Europarecht?, Ubg 2013, 23; Schnitger, Fragestellungen zur steuerlichen Behandlung doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften, IStR 2013, 82; Schön, Deutsche Hinzurechnungsbesteuerung und Europäische Grundfreiheiten, IStR-Beihefter 2013, 3; Kollruss, Europarechtswidrigkeit der gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegien bei doppelt ansässigen ausländischen EU-Tochtergesellschaften, IStR 2014, 51; Pyska/Nienhaus, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg bei Gewinnausschüttungen sowie vororganschaftlichen Mehrabführungen an eine Organgesellschaft, DStR 2014, 1585; Adrian, Gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden bei Organschaft, BB 2015, 1113; Gosch/Schönfeld, Kapitalverkehrsfreiheit und Drittstaaten – Ein (vorläufiger) Zwischenstand, IStR 2015, 755; Gläser/Birk, Hinzurechnungsbesteuerung nach dem BFH-Urt. v. 11.3.2015 – eine Bestandsaufnahme, ISR 2015, 231; Haase, Einkünftefiktionen im Steuerrecht und ihre Wirkung – Anm. zum BFH-Urt. v. 11.3.2015, IStR 2015, 966; Hielscher/Beermann, Der Hinzurechnungsbetrag gem. § 10 AStG unterliegt nicht der Gewerbesteuer – Die Folgen des BFH-Urt. v. 11.3.2015 für die Praxis, BB 2015, 2782; Jo-

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§ 9 Nr. 7 Rz. 1 Kürzungen (Ausländische Schachtelerträge) chimsen/Zinowsky, DBA-Schachtelprivileg und Gewerbesteuer im Organschaftsfall, DStR 2015, 1999; Kofler, Seminar I: Die Effektivität von „Schachtelbefreiungen“, IStR 2015, 603; Kollruss, Verfassungswidrigkeit des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs bei doppelt ansässigen Tochtergesellschaften, FR 2015, 446; Kraft/Schreiber, Die Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags – Belastungseffekte, normative Analyse, systematische Rechtfertigung, IStR 2015, 149; Kramer, Der Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG und die Gewerbesteuer, UStR 2015, 669; Schnitger, Keine 5 % nicht abzugsfähige Betriebsausgaben infolge grenzüberschreitender Organschaft, IStR 2015, 772; Schön, Free Movement of Capital and Freedom of Establishment, MPI Working Paper 2015-03; Kraft/ Hohage, Kapitalverkehrsfreiheit und gewerbesteuerliches Schachtelprivileg, IStR 2018, 175. Verwaltungsanweisungen: R 9.5 GewStR 2009; H 9.5 GewStH 2016; Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 14.12.2015, BStBl. I 2015, 1090.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1. Regelungsgegenstand 1 § 9 Nr. 7 GewStG regelt die Kürzung von Gewinnanteilen, die aus Beteiligungen an ausländ. KapGes.

stammen. Es lassen sich dabei drei Grundkonstellationen unterscheiden, (1) die Kürzung nach § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG (s. Rz. 2), (2) die Kürzung im Bereich der EU-Mutter-Tochter-RL gem. § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG (s. Rz. 3) und (3) die Kürzung von Gewinnanteilen aus Enkelgesellschaften, § 9 Nr. 7 Satz 4 GewStG (s. Rz. 4). 2 § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG erfasst dabei seinerseits drei Fälle:

– Der Grundfall ist die Ausschüttung einer ausländ. KapGes., an der eine Beteiligung iHv. mindestens 15 % besteht (vom Gesetz als Tochtergesellschaft definiert) und die ausschließlich oder fast ausschließlich Bruttoerträge iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG erzielt. Es kommt dann zur vollständigen Kürzung. – Der Grundfall wird erweitert um die sog. Landesholding gem. § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 Nr. 1 GewStG. Zu den für die Kürzung gem. § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG qualifizierenden Erträgen der Tochtergesellschaft zählen danach auch solche, die aus Dividenden einer nachgeordneten Gesellschaft stammen, die in demselben Staat wie die ausländ. KapGes. ansässig ist und ebenfalls ausschließlich oder fast ausschließlich Bruttoerträge iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG erzielt. Die (zwingend unmittelbare) Beteiligung an der nachgeordneten Gesellschaft muss mindestens 25 % betragen. Auch hier kommt es zur vollständigen Kürzung. – Gleichgestellt ist die sog. Funktionsholding gem. § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 Nr. 2 GewStG. In dieser Konstellation ist das bei der Landesholding bestehende Erfordernis des gleichen Ansässigkeitsstaates dadurch ersetzt, dass die von der Funktionsholding gehaltenen Beteiligungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit eigener Tätigkeit iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG stehen. Im Übrigen sind die Voraussetzungen dieselben wie im Fall der Landesholding; auch bei der Funktionsholding kommt es zur vollen Kürzung. 3 § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG setzt die Mutter-Tochter-RL1 um, indem Gewinne aus den in Anla-

ge 2 zum EStG genannten EU-Gesellschaften ohne Aktivitätserfordernis ab einer Beteiligungshöhe von 10 % von der GewSt freigestellt werden. 4 Schließlich erweitert § 9 Nr. 7 Sätze 4 ff. die gewstl. Kürzung auf Antrag des StPfl. um Gewinne aus

einer aktiv tätigen ausländ. Enkelgesellschaft. Zwei Konstellationen sind erfasst: – § 9 Nr. 7 Satz 4 GewStG betrifft zunächst die Kürzung von Dividenden einer Tochtergesellschaft, die aus einer vom Gesetz als Enkelgesellschaft definierten KapGes. stammen, die ihrerseits ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus aktiven Tätigkeiten iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG erzielt. An beiden Gesellschaften muss die Beteiligungsquote jeweils mindestens 15 % betragen. In diesen Fällen wird die Kürzung der Dividende der Tochtergesellschaft nur anteilig gewährt, soweit sie auf die Ausschüttung der Enkelgesellschaft an die Tochtergesellschaft entfällt. Auf die Tätigkeit der Tochtergesellschaft kommt es dabei nicht an. 1 RL 90/435/EWG, ABl. EG 1990 L 225, 6.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 10 § 9 Nr. 7

– Ergänzt wird die Kürzung gem. § 9 Nr. 7 Satz 4 GewStG insofern, als auch solche Erträge der Enkelgesellschaft zu den begünstigten Erträgen gehören, die aus Beteiligungen stammen, die die Voraussetzungen der Landesholding iSd. § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 Nr. 1 GewStG erfüllen. Nicht erfasst sind Erträge, die als solche einer Funktionsholding iSd. § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 Nr. 2 GewStG qualifizieren würden. Für Kranken- und Lebensversicherungen sowie für Pensionsfonds sind diese Kürzungen des Ge- 5 werbeertrages nach § 9 Nr. 7 Satz 8 GewStG nicht möglich, wenn die Beteiligung zu den Kapitalanlagen gehört, also für die Gewinne eine entsprechende Rückstellung für Beitragsrückzahlungen gebildet werden kann (§ 21 KStG). 2. Regelungszweck Die GewSt soll nach ihrer Konzeption nur das inländ. Ergebnis belasten, § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG. 6 Daraus lässt sich denn auch der Zweck des § 9 Nr. 7 GewStG ableiten: Die Vorschrift verwirklicht (wenn auch unvollkommen) das Territorialitätsprinzip, indem sie Gewinnausschüttungen ausländ. KapGes. (unter den zum Teil allerdings restriktiven Voraussetzungen) in Deutschland von der GewSt freistellt.1 Denn entweder sind die Gewinne, die ausgeschüttet werden, nicht in Deutschland erwirtschaftet worden (und sollten damit auch nicht der GewSt unterliegen), oder aber sie sind in Deutschland – mithin einer inländ. Betriebsstätte – erwirtschaftet worden, dann aber bereits gewerbeversteuert. Diese Verwirklichung des Territorialitätsprinzips lässt sich auch aus der Gesetzesbegründung zur Einführung von § 9 Nr. 7 GewStG ableiten, die (auch) auf eine Gleichstellung mit nach § 9 Nr. 3 GewStG freigestellten ausländ. Betriebsstätteneinkünften abhebt und das Territorialitätsprinzip anführt.2 Daneben lässt sich im System der Besteuerung der Beteiligungserträge anführen, dass die Vorschrift 7 der Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung dient. Denn ungeachtet des Umstands, dass die GewSt nach herkömmlicher Auffassung neben den eigentlichen Ertragsteuern steht und im Ausland in aller Regel kein Pendant zur deutschen GewSt besteht, besteht ein Bedürfnis zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Letztlich ist die GewSt wirtschaftlich (wesentlicher) Teil der Steuerbelastung; ihr entspricht im Ausland idR ein höherer Körperschaftsteuersatz.

II. Anwendungsbereich In zeitlicher Hinsicht gilt § 9 Nr. 7 GewStG in der aktuellen Fassung (insbes. hinsichtlich des Erforder- 8 nisses einer 15-prozentigen Schachtelbeteiligung; zuvor: 10 %) erstmals für den EZ 2008 (s. Rz. 10 aE). Der persönliche Anwendungsbereich der Norm weist keine Besonderheiten auf: § 9 Nr. 7 GewStG gilt 9 im Ausgangpunkt für jeden Gewerbebetrieb iSd. § 2 GewStG. Da bei KapGes., soweit keine Streubesitzbeteiligung gem. § 8b Abs. 4 KStG (oder ein sonstiger, § 8b Abs. 1 KStG ausschließender Grund) gegeben ist, Gewinnausschüttungen bzw. Dividenden aufgrund des auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 Satz 1 GewStG maßgeblichen § 8b Abs. 1 KStG im Gewerbeertrag nicht enthalten sind, kommt es zur unmittelbaren Anwendung von § 9 Nr. 7 GewStG vor allem bei einkommensteuerpflichtigen Gewerbebetrieben.

III. Rechtsentwicklung Die Vorschrift wurde durch das G zur Wahrung der stl. Gleichmäßigkeit bei Auslandbeziehungen 10 und zur Verbesserung der stl. Wettbewerbslage bei Auslandsinvestitionen v. 8.9.19723 (sog. AußensteuerreformG) in das GewStG eingefügt und ist auf Gewinnanteile, die ab dem EZ 1972 bezogen wurden, anzuwenden. 1 Ebenso zB Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 18. 2 BT-Drucks. VI/2883, 22 Rz. 44. 3 BGBl. I 1972, 1713.

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§ 9 Nr. 7 Rz. 11 Kürzungen (Ausländische Schachtelerträge) Durch das G zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von stl. Vorteilen v. 22.12.19831 (StEntlG 1984) wurde die Mindestbeteiligungshöhe des § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG ab dem EZ 1984 von ursprünglich 25 % auf 10 % abgesenkt. Wirtschaftspolitischer Hintergrund war das Gutachten der Steuerreformkommission 1971, in dem eine Beteiligungshöhe von 25 % als „konzentrationsfördernd“ und daher zu hoch bezeichnet wurde. Durch das Steueränderungsgesetz 1986 v. 19.12.19852 erfolgt die Klarstellung, dass die Kürzung für ausländ. Schachtelerträge aus Leistungsgesellschaften allen Gewerbetreibenden zusteht. Hierzu wurde der Begriff der „Muttergesellschaft“ durch den des „Unternehmens“ ersetzt. Durch das G zur Entlastung der Familien und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze v. 25.2.19923 (StÄndG 1992) erfolgte die Umsetzung der Mutter-Tochter-RL4 durch die Einfügung des § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG in deutsches Recht. Durch das G zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung v. 23.10.20005 (StSenkG) wurde – nachdem zunächst die Streichung der Vorschrift erwogen wurde6 – mit Geltung ab dem EZ 2001 § 9 Nr. 7 Satz 3 GewStG neu gefasst, der bis dahin auf den durch das StSenkG aufgehobenen § 26 Abs. 5 KStG aF verwies. Durch das G zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts v. 20.12.20017 (UntStFG) erfolgte mit Geltung ab dem EZ 2002 die infolge des Wegfalls des § 8 Abs. 2 AStG aF erforderlich gewordene Anpassung des § 9 Nr. 7 GewStG; insbes. wurde die Regelung zur Landes- und Funktionsholding unmittelbar in § 9 Nr. 7 GewStG inkorporiert. Durch das G zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 22.12.20038 (Protokollerklärungsgesetz) schloss der Gesetzgeber Lebens- und Krankenversicherungen sowie Pensionsfonds von der Kürzung nach § 9 Nr. 7 GewStG grds. ab dem EZ 2004 aus. Durch das JStG 2007 v. 13.12.20069 erfolgte die Einfügung der Verweise auf den § 9 Nr. 2a Sätze 3 und 4 GewStG in § 9 Nr. 7 Sätze 2 und 3 GewStG. Satz 2 ist ab dem EZ 2006 anzuwenden, Satz 3 auch für EZ vor 2006.10 Durch das UntStRefG 2008 v. 14.8.200711 wurde die Beteiligungsanforderung des § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 und Satz 4 GewStG zur Verstetigung des Gewerbesteueraufkommens von 10 % auf 15 % erhöht. Die Änderung gilt ab dem EZ 2008. Durch das JStG 2008 v. 20.12.200712 wurde das Erfordernis der Beteiligungsdauer für EU-Gesellschaften in § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG an das in § 9 Nr. 2a GewStG („zu Beginn“) rückwirkend für alle noch offenen Fälle angepasst.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG a) Verhältnis von § 9 Nr. 7 Satz 1 und Satz 4 GewStG 11

Das Verhältnis von § 9 Nr. 7 Satz 1, Halbs. 1 GewStG zu Satz 4 wird teilweise problematisiert, denn die Holdingvarianten sind ebenso dreistufige Strukturen wie die Kürzungen der Gewinnanteile aus Enkelgesellschaften. Richtigerweise schließen sich die Varianten zwar nicht tatbestandlich aus.13 We-

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

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BGBl. I 1983, 1583. BGBl. I 1985, 2436. BGBl. I 1992, 254. Richtlinie 90/435/EWG, ABl. EG 1990 L 225, 6. BGBl. I 2000, 1433. Vgl. BT-Drucks. 2683, 129. BGBl. I 2001, 3858. BGBl. I 2003, 2840. BGBl. I 2006, 2878. § 36 Abs. 8 GewStG idF des JStG 2007. BGBl. I 2007, 1912. BGBl. I 2007, 3150. Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 200; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 GewStG Rz. 3.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 16 § 9 Nr. 7

gen der unterschiedlichen Rechtsfolgen ist das allerdings unproblematisch, denn wenn eine der Holdingvarianten greift, kommt es zur vollen Kürzung, sodass dann für die begrenzte Kürzung gem. § 9 Nr. 7 Sätze 4 ff. kein Anwendungsbereich mehr besteht.1 b) Verhältnis zu § 8 Nr. 5 GewStG § 8 Nr. 5 GewStG sieht die Hinzurechnung von nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b Abs. 1 KStG außer 12 Ansatz bleibenden Beteiligungserträgen vor, jedoch nur, soweit diese nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG erfüllen. Damit bildet § 9 Nr. 7 GewStG eine zentrale Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Nr. 5 GewStG.2 c) Verhältnis zu § 9 Nr. 2a GewStG § 9 Nr. 2a GewStG erfasst im Ausgangspunkt nur inländ. Anteilsbesitz, während Anteilsbesitz an aus- 13 länd. Gesellschaften dem § 9 Nr. 7 GewStG unterliegt. Konkurrenzfragen ergeben sich im Fall von doppelt ansässigen Gesellschaften (s. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 15) und nach teils vertretener Auffassung im Fall von Dividenden ausländ. KapGes., soweit sie aus inländ. Betriebsstätten stammen (s. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 9). d) Verhältnis zu § 9 Nr. 8 GewStG Die FinVerw. gewährt dem StPfl. die günstigere Regelung zwischen dem DBA-Schachtelprivileg iVm. 14 § 9 Nr. 8 GewStG einerseits und § 9 Nr. 7 GewStG andererseits.3 Das ist in der Literatur nicht unumstritten, dazu ausf. § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 8 f. e) Verhältnis zu § 7a GewStG § 7a Abs. 1 Satz 1 verfügt die Nichtanwendbarkeit der gewstl. Schachtelprivilegien bei der Ermittlung 15 des Gewerbeertrags von Organgesellschaften; sie werden erst iRd. Ermittlung des Zurechnungsbetrags berücksichtigt (s. § 7a GewStG Rz. 24 ff., 31 ff.). Im Rahmen der Ermittlung des stl. Gewerbeertrags einer Organgesellschaft findet deshalb unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG zunächst eine Hinzurechnung der außer Ansatz gebliebenen Gewinnanteile statt. § 7a GewStG ist eine Reaktion auf die Rspr. des BFH, die die Schachtelstrafe des § 8b Abs. 5 KStG gewstl. für nicht anwendbar hielt, wenn die Dividende durch eine Organgesellschaft bezogen wurde und § 9 Nr. 2a oder 7 anwendbar war (s. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 11).4 2. Verhältnis zu § 8b KStG und DBA-Schachtelprivilegien Die körperschaftsteuerliche Gewinnermittlung geht den gewstl. Hinzurechnungen und Kürzungen 16 vor. Dies folgt aus der Systematik der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 Abs. 1 GewStG, die zu einem systematischen Vorrang der DBA-Schachtelfreistellung und von § 8b KStG ggü. § 9 Nr. 7 GewStG führt. Der gem. § 7 Abs. 1 GewStG ermittelte Gewinn ist der Gewinn nach Anwendung von § 8b KStG und von DBA-Schachtelprivilegien. Dabei stehen § 8b KStG und die DBA-Schachtelprivilegien nach der Rspr. des BFH zwar gleichrangig nebeneinander, allerdings ist das Verhältnis regelmäßig zugunsten von § 8b KStG aufzulösen, weil dieser idR die geringeren tatbestandlichen Anforderungen stellt.5 Folge ist, dass sich auch die Höhe der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach der Freistellungsvorschrift richtet: Ist § 8b Abs. 1 KStG anwendbar, gilt der pauschal wirkende § 8b Abs. 5 KStG, ist das DBA-Schachtelprivileg anwendbar, gilt § 3c Abs. 1 EStG. 1 BFH v. 21.8.1996 – I R 186/94, BStBl. II 1997, 434. 2 Zum missglückten Wortlaut des in § 8 Nr. 5 GewStG enthaltenen Verweises auf § 9 Nr. 2a und 7 GewStG s. § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 24. 3 R 9.5 Satz 7 GewStR 2009. 4 BFH v. 17.12.2014 – I R 39/14, BStBl. II 2015, 1052 = FR 2015, 472 m. Anm. Roser. 5 BFH v. 14.1.2009 – I R 47/08, BStBl. II 2011, 131 = FR 2009, 825; v. 23.6.2010 – I R 71/09, BStBl. II 2011, 129 = FR 2010, 1154.

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§ 9 Nr. 7 Rz. 17 Kürzungen (Ausländische Schachtelerträge) Über § 7 Abs. 1 GewStG erlangt die vorstehend aufgeführte Systematik auch gewstl. Geltung. Insbesondere ist nach Auffassung des BFH dann, wenn bereits körperschaftsteuerlich ein Schachtelprivileg angewandt worden ist, der wegen § 8b Abs. 5 KStG oder § 3c EStG iErg. nicht gekürzte Teil der Dividende auch gewstl. nicht nach § 9 Nr. 7 GewStG kürzungsfähig, vielmehr schlägt die körperschaftsteuerliche Qualifikation als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe auch gewstl. durch.1 In der sich hieraus ergebenden Ungleichbehandlung der unterschiedlichen Freistellungsregime hat der BFH keine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung gesehen.2 3. Verhältnis zum EU-Recht 17

Seit Langem wird in der Literatur zu Recht die Auffassung vertreten, dass § 9 Nr. 7 GewStG die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV verletzt.3 Dieser Auffassung hat sich das FG Münster angeschlossen und die Vorschrift dem EuGH vorgelegt.4 Nachdem der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen für die Unionsrechtswidrigkeit von § 9 Nr. 7 GewStG plädiert hat,5 hat sich der EuGH mit Entsch. v. 20.9.2018 dieser Auffassung angeschlossen und § 9 Nr. 7 GewStG als unionsrechtswidrig eingestuft.6

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Die erste Weichenstellung des EuGH war die Frage, ob für § 9 Nr. 7 GewStG die Kapitalverkehrsoder die Niederlassungsfreiheit der anzuwendende Maßstab ist, weil die Beschränkungen des § 9 Nr. 7 GewStG letztlich nur im Drittstaatenfall gelten (§ 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG) und dieser nur von der Kapitalverkehrsfreiheit geschützt wird. Die Frage entscheidet sich danach, ob die zu prüfende Norm sicheren Einfluss auf die Beteiligung erfordert.7 Das ist für § 9 Nr. 7 GewStG nach zutreffender Auffassung des EuGH nicht der Fall.8 So hatten es auch schon das FG Münster und der Generalanwalt gesehen.9

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Aufgrund der vielfältigen Beschränkungen, die § 9 Nr. 7 GewStG im Vergleich zu § 9 Nr. 2a GewStG aufstellt – namentlich den Aktivitätsvorbehalt, die erhöhten zeitlichen Anforderungen und die Beschränkung auf dreistufige Strukturen10 –, ist die Frage der Unionsrechtswidrigkeit eine solche der Rechtfertigung und der Stand-still-Klausel. Eine Rechtfertigung als Missbrauchsvermeidungsvorschrift hat der EuGH zutreffend abgelehnt. Da die Vorschrift – anders als insbes. das AStG – nicht auf die Höhe der Besteuerung der ausschüttenden Gesellschaft abstellt, ist schon im Ausgangspunkt sehr zweifelhaft, ob § 9 Nr. 7 GewStG überhaupt der Missbrauchsvermeidung dienen kann.11 Der EuGH konnte daher nicht erkennen, „welche Art von Missbrauch“ § 9 Nr. 7 GewStG bekämpfen solle. Jedenfalls scheiterte eine Rechtfertigung – was vorhersehbar war – daran, dass es keine Möglichkeit zum Gegenbeweis durch den StPfl. gibt.12 Das aber ist nach der st. Rspr. des EuGH Voraussetzung für eine Rechtfertigung als Missbrauchsvermeidungsvorschrift.13 Noch am ehesten denkbar14 war es, § 9 Nr. 7 GewStG über die sog. Stand-still-Klausel gem. Art. 64 Abs. 1 AEUV zu „retten“. Auch auch dem hat der EuGH eine Absage erteilt.15 Voraussetzungen der Stand-still-Klausel sind insbes. zwei: 1 BFH v. 22.2.2006 – I R 30/05, BFH/NV 2006, 1659. 2 BFH v. 22.2.2006 – I R 30/05, BFH/NV 2006, 1659; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 18a (der aber einen Verstoß gegen das Territorialitätsprinzip sieht). 3 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 20a; Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 201; zweifelnd auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 297 f. 4 FG Münster v. 20.9.2016 – 9 K 3911/13, DStR 2017, 384 (Az. des EuGH: C-685/16). 5 Schlussanträge des Generalanwalts Melchior Wathelet v. 7.2.2018, IStR 2018, 203; dazu zB Kraft/Hohage, IStR 2018, 175. 6 EuGH v. 20.9.2018 – C-685/16 – EV, DStR 2018, 2016. 7 Kraft/Hohage, IStR 2018, 175 (176) mwN. 8 EuGH v. 20.9.2018 – C-685/16 – EV, DStR 2018, 2016. 9 FG Münster v. 20.9.2016 – 9 K 3911/13, DStR 2017, 384; Schlussanträge des Generalanwalts Melchior Wathelet v. 7.2.2018, IStR 2018, 203; Kraft/Hohage, IStR 2018, 175 (176). 10 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 20a. 11 Was vom EuGH aber vorausgesetzt wird, EuGH v. 16.7.1998 – C-264/96 – ICI, IStR 1998, 467. 12 EuGH v. 20.9.2018 – C-685/16 – EV, DStR 2018, 2016. 13 ZB EuGH v. 12.9.2006 – C-196/04, EU:C:2006:544 – Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas, IStR 2006, 670. 14 Dobratz, IStR 2017, 1006 (1008). 15 EuGH v. 20.9.2018 – C-685/16 – EV, DStR 2018, 2016.

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B. Kürzung für Gewinnanteile aus Tochtergesellschaften (Satz 1)

Rz. 21 § 9 Nr. 7

Erstens muss die Beschränkung bereits vor 1994 bestanden haben und zweitens muss sie iZm. Direktinvestitionen stehen. Jedenfalls Ersteres ist hier nicht der Fall. Zwar gab es § 9 Nr. 7 GewStG in ähnlicher Fassung schon seit 1993, allerdings kommt es nicht (allein) auf den Wortlaut der Vorschrift an. Deshalb haben das FG Münster und der Generalanwalt darauf abgestellt, dass sich aufgrund der Umstellung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren der Bedeutungsgehalt des § 9 Nr. 7 GewStG grundlegend verändert hat.1 Hinzu kommt, dass 2008 die Beteiligungsquote von 10 % auf 15 % angehoben worden ist, was ebenfalls eine nicht nur unwesentliche Änderung darstellt.2 Beide Aspekte hat auch der EuGH dafür angeführt, dass die Stand-still-Klausel nicht anwendbar sei.3 Nachdem nun der EuGH die Unionsrechtswidrigkeit von § 9 Nr. 7 GewStG für den (praktisch einzig relevanten) Drittstaatenfall festgestellt hat, fragt sich, wie der deutsche Rechtsanwender damit umzugehen hat. Anders als Entscheidungen des BVerfG führen EuGH-Urteile nicht unmittelbar zur Unwirksamkeit der betreffenden Norm. Deshalb hat der BFH es in der Vergangenheit unternommen, unionsrechtswidrige Normen durch Auslegung an die Vorgaben des EuGH „anzupassen“.4 Angesichts des eindeutigen Urteils des EuGH dürfte die Richtung klar sein: § 9 Nr. 7 GewStG ist so zu „lesen“, dass alle unionsrechtswidrigen Tatbestandsmerkmale außer Betracht bleiben. Das sind letztlich alle, die strenger sind als in § 9 Nr. 2a GewStG. Es dürfte auch nicht ausreichen, die Vorschrift dadurch in die Vorgaben des EuGH einzupassen, dass man dem StPfl. eine Entlastungsmöglichkeit in Anlehnung an § 8 Abs. 2 AStG zubilligt. Denn das ändert nichts am Grundproblem des § 9 Nr. 7 GewStG, dass nämlich nicht erkennbar ist, welche Art von Missbrauch überhaupt untersagt werden soll.5 Gleichwohl bleibt abzuwarten, wie Rspr. und Gesetzgeber auf die EuGH-Entsch. reagieren werden.

B. Kürzung für Gewinnanteile aus Tochtergesellschaften (Satz 1) I. Voraussetzungen für die Qualifikation als Tochtergesellschaft 1. Rechtsform der Tochtergesellschaft Bei der „Tochtergesellschaft“, an der das Unternehmen die Anteile hält, aus denen die Gewinne bezo- 20 gen wurden, muss es sich nach der Legaldefinition des § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG um eine „Kapitalgesellschaft“ handeln. Das G lässt offen, was es unter einer ausländ. KapGes. versteht. Zutreffend geht die hM davon aus, dass es sich nach deutschen stl. Maßstäben um eine KapGes. handeln muss, sodass ein Rechtstypenvergleich6 durchzuführen ist.7 Eine mit der ausländ. Jurisdiktion korrespondierende Qualifikation ist nicht erforderlich;8 auch kennt § 9 Nr. 7 GewStG kein Korrespondenzprinzip, wie etwa § 8b Abs. 1 KStG. Ergibt der Typenvergleich, dass es sich aus deutscher Sicht um eine Personengesellschaft handelt, kann noch § 9 Nr. 2 GewStG greifen. 2. Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland Die Tochtergesellschaft darf nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG weder 21 ihren Sitz noch ihren Ort der Geschäftsleitung in Deutschland haben. Das führt dazu, dass § 9 Nr. 7 GewStG auf doppelt ansässige Gesellschaften mit einem dieser beiden Anknüpfungspunkte in 1 Schlussanträge des Generalanwalts Melchior Wathelet v. 7.2.2018, IStR 2018, 203; Kraft/Hohage, IStR 2018, 175 (177). 2 Schlussanträge des Generalanwalts Melchior Wathelet v. 7.2.2018, IStR 2018, 203; Kraft/Hohage, IStR 2018, 175 (177). 3 EuGH v. 20.9.2018 – C-685/16 – EV, DStR 2018, 2016. 4 Wie etwa durch Anwendung des Sonderausgabenabzugs für ausländ. Schulgelder, indem das unionsrechtswidrige Tatbestandsmerkmal „gestrichen“ wurde, BFH v. 21.10.2008 – X R 15/08, BFH/NV 2009, 559. 5 EuGH v. 20.9.2018 – C-685/16 – EV, DStR 2018, 2016. 6 Zum Typenvergleich, der sich praktisch oft bei US LLC stellt, s. zB BFH v. 20.8.2008 – I R 34/08, BStBl. II 2009, 263 = FR 2009, 299; speziell zur Einordnung der US LLC BMF v. 19.3.2004 – IV B 4 - S 1301 USA-22/04, BStBl. I 2004, 411. 7 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 23; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 302. 8 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 23.

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§ 9 Nr. 7 Rz. 22 Kürzungen (Ausländische Schachtelerträge) Deutschland nicht anwendbar ist. Wenn in diesen Fällen der Ort der Geschäftsleitung in Deutschland liegt, kommt § 9 Nr. 2a GewStG in Betracht, bei inländ. Sitz nur das DBA-Schachtelprivileg (ggf. iVm. § 9 Nr. 8 GewStG; s. ausf. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 19 ff.). Überzeugend ist das aus gesetzgeberischer Sicht nicht. Anwendbar ist § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG nach seinem Wortlaut aber dann, wenn die Tochtergesellschaft ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung zwar in unterschiedlichen Staaten hat (also doppelt ansässig ist), aber keinen von beiden in Deutschland. 3. Art und Umfang der Beteiligung 22

Erforderlich ist eine Beteiligung von mindestens 15 % am „Nennkapital“ der Tochtergesellschaft (seit dem EZ 2008, s. Rz. 10 aE). Damit unterscheidet sich die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung von jener des § 9 Nr. 2a GewStG, in dem auf die gesellschaftsrechtlichen Begriffe des Stamm- bzw. Grundkapitals abgestellt wird und ferner auch Fälle fehlenden Grund- oder Stammkapitals erfasst werden; an anderen Stellen im Steuerrecht findet sich dagegen ebenfalls der Begriff des Nennkapitals, zB in §§ 27, 28 KStG. Die Problematik für die Auslegung des Begriffs iRd. § 9 Nr. 7 GewStG ergibt sich einerseits daraus, dass es sich um das Nennkapital ausländ. Gesellschaften handelt. Zweitens stellt sich – wie auch für § 9 Nr. 2a GewStG – die Frage, ob und inwieweit hybride Beteiligungsformen (insbes. Genussrechte) erfasst werden.

23 Zunächst ist es durchaus folgerichtig, dass der Gesetzgeber – weil es auf die vergleichbare Größe des

jeweils einschlägigen ausländ. Rechts ankommen soll – den Begriff „Nennkapital“ verwendet hat. Das ist aus deutscher Sicht der Oberbegriff zu den im AktG (Grundkapital) und GmbHG (Stammkapital) verwendeten Begriffen, wie sich an § 16 AktG zeigt.1 Dem entspricht es, dass zB für Zwecke der §§ 27 ff. KStG – die ebenfalls von Nennkapital sprechen – anerkannt ist, dass auch die Summe der Geschäftsguthaben einer Erwerbs- oder Wirtschaftsgenossenschaft „Nennkapital“ sein können.2 24

Für die Auslegung des Begriffs des Nennkapitals in § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG folgt daraus zunächst, dass § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG auch dann anwendbar sein kann, wenn die ausländ. Gesellschaft über kein Grund- oder Stammkapital im engeren (deutschen) Sinn verfügt. Ferner folgt daraus uE, dass sich die für § 9 Nr. 2a GewStG aufgestellten Grundsätze übertragen lassen, wonach insbes. auch Eigenkapitalgenussrechte einzubeziehen sind (s. ausf. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 29).3

25

Auch iÜ entspricht die Ermittlung der Mindestbeteiligungsquote jener für Zwecke des § 9 Nr. 2a GewStG: Auf den Umfang der Stimmrechte kommt es nicht an.4 Eigene Anteile werden bei der Ermittlung der Quote nicht berücksichtigt.5 Schließlich genügen auch mittelbare Beteiligungen.6 4. Ununterbrochene Beteiligung seit Beginn des EZ

26

Anders als § 9 Nr. 2a GewStG verlangt § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG, dass die Beteiligung seit Beginn des EZ besteht.7 Das ist – unabhängig von einem ggf. abweichenden Wj. – der Beginn des Kj. (§ 14 Satz 2 GewStG). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die GewStPfl. während des laufenden Kj. beginnt (etwa bei Neugründung): Dann ist der Beginn der GewStPfl. der Beginn des EZ.

27

Nicht eindeutig geregelt und vom BFH8 auch nicht entschieden ist die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Beteiligung bestehen muss. Während nach einer Auffassung9 die Beteiligung bis zum En1 Vgl. zB Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und Konzernrecht, 8. Aufl. 2016, § 16 AktG Rz. 10. 2 Berninghaus in H/H/R, § 28 KStG Anm. 10 mwN; BMF v. 4.6.2003 – IV A 2 - S 2836 - 2/03, BStBl. I 2003, 366 (zu Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften). 3 IErg. wohl ebenso Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 307. 4 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 307. 5 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 307. 6 BFH v. 17.5.2000 – I R 31/99, BStBl. II 2001, 685 = FR 2001, 248; OFD Hannover v. 15.7.2002 – G 1425 - 34 StO 231/G 1425 - 60 - StH 241, DB 2002, 1917; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 23. 7 Allg. Meinung, zB Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 24. 8 Offengelassen in BFH v. 29.8.1984 – I R 154/81, BStBl. II 1985, 160 = FR 1985, 104; ebenfalls – anders als in der Vorinstanz – nicht entschieden in BFH v. 23.6.2010 – I R 71/09, BStBl. II 2011, 129 = FR 2010, 1154. 9 Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 309.

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B. Kürzung für Gewinnanteile aus Tochtergesellschaften (Satz 1)

Rz. 32 § 9 Nr. 7

de des EZ (oder, bei abweichendem Wj., bis zu dessen Ende) gehalten werden muss, ist nach der Gegenauffassung1 der Zeitpunkt des Gewinnbezugs maßgeblich. Letztere Auffassung ist überzeugend. Dafür spricht zum einen der Wortlaut der Vorschrift, der gerade nicht sagt, dass die Beteiligung für den gesamten EZ gehalten wird.2 Zum anderen ist anzuführen, dass nach dem Gewinnbezug kein Anlass mehr für das Mindestbeteiligungserfordernis besteht, weil die Schachtelbeteiligung gerade für den Gewinnbezug bestehen soll.3 Die Beteiligung muss in dem geforderten Zeitraum ununterbrochen bestehen. Anders als iRd. § 9 28 Nr. 2a GewStG stellt sich dabei nicht das Problem, dass möglicherweise keine Besitzzeitanrechnung bei Umwandlungsvorgängen erfolgt (s. dazu § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 36). Das deshalb, weil das genannte Problem aus der Zeitpunktbezogenheit von § 9 Nr. 2a GewStG resultiert, die § 9 Nr. 7 GewStG gerade nicht aufweist.

II. Aktivitätsvorbehalt 1. Bruttoerträge aus aktiver Tätigkeit Der Begriff der Bruttoerträge ist gesetzlich nicht definiert; der BFH hat sich bislang nicht abschlie- 29 ßend zur Definition geäußert. Nach Auffassung der FinVerw. zum AStG sind die Bruttoerträge die Summe der Solleinnahmen ohne durchlaufende Posten und ohne eine evtl. gesondert ausgewiesene USt.4 Der BFH hat die Frage bislang ausdrücklich offengelassen.5 Die Auffassung der FinVerw. dürfte auch in der Literatur6 herrschend sein; ihr ist zumindest für die Praxis zu folgen. Die Bruttoerträge müssen ausschließlich oder wenigstens fast ausschließlich aus aktiver Tätigkeit der 30 Tochtergesellschaft stammen. Fast ausschließlich meint dabei nach zutreffender Auffassung des BFH und der hM in der Literatur einen Anteil von mindestens 90 %.7 Die Gegenauffassung, wonach 99 % der Bruttoerträge aus aktiver Tätigkeit stammen müssen, ist als zu restriktiv abzulehnen.8 Die Bruttoerträge müssen aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten (oder solchen 31 aus Landes- oder Funktionsholding, dazu Rz. 33 ff.) stammen. Durch die Begrenzung auf den ersten Teil des Aktivitätskatalogs von § 8 Abs. 1 AStG sind – anders als für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung – relevante Tatbestände aktiver Einkünfte nicht erfasst. Das sind die Vergabe von Krediten (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG), Dividendeneinkünfte (§ 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG), die Einkünfte aus Veräußerung aktiver Beteiligungen (§ 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG) und bestimmte Umwandlungsgewinne (§ 8 Abs. 1 Nr. 10 AStG). Ungeachtet der grundsätzlichen Kritik am Aktivitätserfordernis ist die weitere Einschränkung des Aktivitätskatalogs seinerseits kritikwürdig.9 Ist die Tochtergesellschaft (mitunternehmerisch) an einer Personengesellschaft beteiligt, werden ihr 32 deren Bruttoerträge entsprechend ihrer Beteiligung nach Art und Umfang zugerechnet.10 In mehrstufigen Personengesellschaftsstrukturen gilt Entsprechendes.11

1 FG Düss. v. 16.6.2009 – 8 K 3412/06 G, F, EFG 2010, 899 (aus anderen Gründen aufgehoben durch BFH v. 23.6.2010 – I R 71/09, BStBl. II 2011, 129 = FR 2010, 1154); Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 24; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 5a; Möhrle in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 20.107. 2 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 24. 3 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 24; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 5a. 4 AEAStG, Tz. 9.0.1. 5 BFH v. 13.2.2008 – I R 75/07, BStBl. II 2010, 1028 = FR 2008, 1175. 6 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 25; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 9 GewStG Rz. 206. 7 BFH v. 13.2.2008 – I R 75/07, BStBl. II 2010, 1028 = FR 2008, 1175; v. 30.8.1995 – I R 77/94, BStBl. II 1996, 122 = FR 1996, 178 (zu § 8 Abs. 2 AStG); Roser in Lenski/Steinberg § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 26; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 9 GewStG Rz. 206a. 8 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 10a. 9 Krit. auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 27. 10 BFH v. 13.2.2008 – I R 75/07, BStBl. II 2010, 1028 = FR 2008, 1175; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 25. 11 BFH v. 13.2.2008 – I R 75/07, BStBl. II 2010, 1028 = FR 2008, 1175.

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§ 9 Nr. 7 Rz. 33 Kürzungen (Ausländische Schachtelerträge) 2. Bruttoerträge aus Funktions- oder Landesholding 33

Neben den eigenen aktiven Einkünften gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG sind auch Bruttoerträge aus bestimmten Beteiligungen von § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 begünstigt, nämlich im Fall der sog. Landesholding und der sog. Funktionsholding.

34

Gemeinsame Voraussetzung beider Varianten ist zunächst, dass die Tochtergesellschaft an der Gesellschaft unmittelbar beteiligt ist und dass die Beteiligung mindestens 25 % am Nennkapital beträgt. Für die Ermittlung der Beteiligungshöhe gelten dieselben Grundsätze wie im Hinblick auf die Ermittlung der Beteiligungshöhe an der Tochtergesellschaft (s. dazu Rz. 22 ff.).

35

Ferner muss die Beteiligung an der jeweiligen Gesellschaft ununterbrochen seit mindestens 12 Monaten vor dem für die Ermittlung des Gewinns maßgebenden Abschlussstichtag bestanden haben. Relevanter Bezugspunkt ist der Abschlussstichtag der Tochtergesellschaft, die an den jeweiligen Gesellschaften beteiligt ist.1

36

Die in § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 Nr. 1 GewStG geregelte Variante der Landesholding verlangt, dass die Gesellschaft ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung in demselben Staat wie die Tochtergesellschaft hat. Ferner muss die Gesellschaft ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten erzielen. Insofern gelten dieselben Grundsätze wie jene auf Ebene der Tochtergesellschaft (s. Rz. 29 ff.).

37

Die Variante der Funktionsholding gem. § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG verlangt dagegen nicht, dass die Gesellschaft in demselben Staat ansässig ist wie die Tochtergesellschaft. Erforderlich ist aber, dass die Tochtergesellschaft die Beteiligung an der Gesellschaft im wirtschaftlichen Zusammenhang mit eigenen, unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten hält. Außerdem muss die Gesellschaft ihrerseits ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus Tätigkeiten erzielen, die unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallen. Es gelten dieselben Grundsätze wie auf Ebene der Tochtergesellschaft (s. Rz. 29 ff.). 3. Zeitliche Anforderungen an die aktive Tätigkeit

38 Das G trifft keine ausdrückliche Aussage dazu, für welchen Zeitraum die Tätigkeitserfordernisse

der Tochtergesellschaft und der nachgeordneten Gesellschaften erfüllt sein müssen. Nach zutreffender hM, die von der FinVerw. geteilt wird, müssen die Tätigkeitserfordernisse für das Wj. vorliegen, für das die Ausschüttung der Tochtergesellschaft erfolgt.2 Das gilt sowohl für die eigene aktive Tätigkeit der Tochtergesellschaft als auch für die von ihr bezogenen Gewinnanteile aus nachgeordneten Gesellschaften in den Holdingvarianten. Für welches Wj. die Ausschüttung vorgenommen wurde, ist durch den Gewinnverwendungsbeschluss zu bestimmen; ohne einen solchen Beschluss erfolgt die Ausschüttung im Wj. der vermögensmindernden Auswirkung (insbes. bei einer vGA).3

III. Erleichterte Voraussetzungen im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie 39

§ 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG erleichtert in Umsetzung der Mutter-Tochter-RL4 die Voraussetzungen von § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG. Voraussetzung für die Anwendung von § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG ist, dass die ausschüttende Gesellschaft eine solche ist, die von Art. 2 der Mutter-TochterRL erfasst ist. Unerheblich ist dagegen, ob der Gesellschafter unter die RL fällt. Insoweit geht die gewstl. Richtlinienumsetzung über die RL hinaus.

1 Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 8 AStG Rz. 616 zu § 8 Abs. 2 AStG aF. 2 R 9.5 Satz 13 GewStR 2009; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 35; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 304. 3 Braunagel in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 268. 4 Richtlinie Nr. 90/435/EWG, ABl. EG Nr. L 225, 6.

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C. Kürzung für Gewinnanteile aus Enkelgesellschaften (Sätze 4 bis 6)

Rz. 44 § 9 Nr. 7

Liegt diese Voraussetzung vor, setzt § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG die Mindestbeteiligungsquote 40 von 15 % auf 10 % herab. Diese Beteiligung muss auch nicht seit Beginn des EZ bestehen, sondern nur zu Beginn des EZ – es gilt also dieselbe zeitliche Anforderung wie iRv. § 9 Nr. 2a GewStG (s. dazu § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 35). Ferner gelten dann keinerlei Aktivitätsvoraussetzungen.1

IV. Kürzung der Gewinnanteile Gekürzt werden „Gewinne aus Anteilen“. Es gelten grds. dieselben Grundsätze wie für § 9 Nr. 2a 41 GewStG, sodass auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann (s. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 37 ff.). Der Gleichlauf wird (auch) dadurch erzeugt, dass § 9 Nr. 7 Sätze 2 und 3 GewStG festlegen, dass § 9 Nr. 2a Sätze 3 und 4 GewStG entsprechend anwendbar sind. Offen ist, ob als Gewinnanteile iSv. § 9 Nr. 7 GewStG auch Hinzurechnungsbeträge nach dem AStG 42 qualifizieren können.2 Systematischer Ausgangspunkt dafür ist § 10 Abs. 2 AStG, wonach Hinzurechnungsbeträge Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bilden. Daraus wurde in der Literatur insbes. vor dem Urt. des BFH,3 der Hinzurechnungsbeträge gewstl. der Kürzung gem. § 9 Nr. 3 GewStG unterworfen hat, die Anwendung von § 9 Nr. 7 GewStG auf Hinzurechnungsbeträge gefolgert.4 Nachdem der Gesetzgeber mit Einführung von § 7 Satz 7 GewStG die Entsch. des BFH dadurch korrigiert hat, dass Hinzurechnungsbeträge nach dem AStG nunmehr Einkünfte sind, die in einer inländ. Betriebsstätte angefallen sind (s. § 7 GewStG Rz. 168), bleibt nur noch § 9 Nr. 7 GewStG als Ausweg. Die Frage stellt sich wegen des Aktivitätsvorbehalts von § 9 Nr. 7 GewStG praktisch nur im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-RL, also des § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG. Im Ergebnis dürfte es aus folgenden Gründen fraglich sein, ob in der Praxis die Anwendung von § 9 Nr. 7 GewStG auf Hinzurechnungsbeträge durchsetzbar ist:5 Zunächst ist zu konstatieren, dass der BFH nicht § 9 Nr. 7 GewStG (dessen Voraussetzungen im Streitfall auch nicht vorgelegen hätten), sondern § 9 Nr. 3 GewStG angewandt hat und die Zuordnung des § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG demgegenüber als nur fiktive angesehen hat. Der Anwendungsbereich von § 9 Nr. 7 GewStG dürfte daher nicht ohne Weiteres eröffnet sein.6 Gegen eine Anwendung dürfte letztlich auch sprechen, dass der Gesetzgeber in § 7 Sätze 7 ff. GewStG zum Ausdruck gebracht hat, den Hinzurechnungsbetrag der GewSt unterwerfen zu wollen. All das ändert nichts daran, dass die aktuelle Gesetzeslage, die keine Anrechnung von Hinzurechnungsbeträgen auf die GewSt vorsieht, gleichzeitig aber die Schwelle der Niedrigbesteuerung bei 25 % zieht (§ 8 Abs. 3 AStG), kaum zu rechtfertigen ist. Eine Kürzung erfolgt nur, soweit die Gewinnanteile im Gewerbeertrag gem. § 7 GewStG angesetzt 43 worden sind. Das ist nicht der Fall, wenn die Gewinnanteile wegen eines DBA-Schachtelprivilegs, § 8b KStG oder § 3 Nr. 40 EStG (teilweise) außer Ansatz geblieben sind. Insbesondere ist § 9 Nr. 7 GewStG nicht anwendbar, wenn die Gewinnanteile lediglich gem. § 8 Nr. 5 GewStG hinzugerechnet worden sind.

C. Kürzung für Gewinnanteile aus Enkelgesellschaften (Sätze 4 bis 6) I. Überblick Gekürzt werden können auf Antrag auch durchgeschüttete Gewinne einer Tochtergesellschaft aus 44 Anteilen an einer aktiv tätigen Enkelgesellschaft; erfasst werden (sollen) solche Ausschüttungen, die auf die aktive Tätigkeit der Enkelgesellschaft entfallen. Erforderlich ist, dass jeweils eine Beteiligungs1 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 46; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 4. 2 Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 420. 3 BFH v. 11.3.2015 – I R 10/14, BStBl. II 2015, 1049 = FR 2015, 719 m. Anm. Klein = ISR 2015, 276 m. Anm. Quilitzsch. 4 Dazu zB Rödder, IStR 2009, 873; zurückhaltend Schnitger, IStR 2011, 328. 5 Zurückhaltend auch Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 420, der sich jedoch für eine Anwendung von § 9 Nr. 7 GewStG ausspricht. 6 Zurückhaltend auch Gosch, BFH/PR 2015, 256.

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§ 9 Nr. 7 Rz. 45 Kürzungen (Ausländische Schachtelerträge) quote von mindestens 15 % besteht. Da die Kürzung gem. § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG über jene nach § 9 Nr. 7 Sätze 4 bis 6 GewStG hinausgeht, folgt daraus faktisch, dass Letztere nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Voraussetzungen der Kürzung nach § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG nicht erfüllt sind (s. auch Rz. 11). 45

Wie auch für § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG gelten für die Kürzung gem. § 9 Nr. 7 Sätze 4 bis 6 GewStG keine Besonderheiten im Hinblick auf das kürzungsberechtigte Unternehmen. Es können sich daher alle inländ. Gewerbebetriebe gem. § 2 GewStG auf § 9 Nr. 7 Sätze 4 bis 6 GewStG berufen.1

II. Kürzungsvoraussetzungen 1. Beteiligungsvoraussetzungen 46

§ 9 Nr. 7 Sätze 4 bis 6 GewStG erfassen dreistufige Strukturen, wobei die Muttergesellschaft über die Tochtergesellschaft zu mindestens 15 % an der Enkelgesellschaft beteiligt sein muss. Dabei muss – da § 9 Nr. 7 Satz 4 GewStG den Begriff der Tochtergesellschaft verwendet, der in § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG definiert wird – die Beteiligung an der Tochtergesellschaft den Kriterien (mit Ausnahme des Aktivitätserfordernisses) genügen, die § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG aufstellt. Das umfasst insbesondere eine 15-prozentige Beteiligung am Nennkapital, die ununterbrochen seit Beginn des EZ besteht (s. Rz. 22 ff.).

47

Die Tochtergesellschaft muss ihrerseits in identischer Weise an der Enkelgesellschaft beteiligt sein, also insbes. im Umfang von mindestens 15 %.2 Das folgt aus § 9 Nr. 7 Satz 6 Nr. 2 GewStG, der auf die Anforderungen des § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG verweist. Die dortige Kommentierung gilt entsprechend (s. Rz. 22 ff.). Zu beachten ist, dass die Beteiligungsquote der Tochtergesellschaft an der Enkelgesellschaft von 15 % nicht durch Zusammenrechnung mit einer etwaigen unmittelbaren Beteiligung des die Kürzung begehrenden Gewerbebetriebs an der Enkelgesellschaft erreicht werden kann.3 2. Aktivitätsvorbehalt

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Die Enkelgesellschaft muss ihrerseits einem – in § 9 Nr. 7 Satz 6 Nr. 1 GewStG normierten – Aktivitätsvorbehalt genügen. Erforderlich ist, dass sie in dem Wj., für das die Ausschüttung vorgenommen wird, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus Tätigkeiten iSv. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG erzielt. Gleichgestellt sind Bruttoerträge, die die Enkelgesellschaft unter den Voraussetzungen der Landesholdingregelung des § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 Nr. 1 GewStG erzielt. Dagegen gilt die Regelung zur Funktionsholding nicht entsprechend. Zu den jeweiligen Voraussetzungen s. Rz. 29 ff. und Rz. 33 ff.

49

Die Kürzung nach § 9 Nr. 7 Sätze 4 bis 6 GewStG ist auch in zeitlicher Hinsicht restriktiv. Die Ausschüttung der Gewinne aus der Enkelgesellschaft in die Tochtergesellschaft muss in dem Wj. erfolgen, in dem die Tochtergesellschaft ihrerseits an ihren Gesellschafter ausschüttet.4 Auf die Reihenfolge der Ausschüttungen – solange sie in demselben Wj. erfolgen – kommt es nach dem Wortlaut nicht an. Daneben muss die Ausschüttung der Enkelgesellschaft für ein Wj. erfolgen, in dem die Aktivitätsvoraussetzungen erfüllt sind. 3. Antragserfordernis

50

Im Gegensatz zur Kürzung gem. § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG wird die Kürzung gem. § 9 Nr. 7 Sätze 4 bis 6 GewStG nur auf Antrag gewährt. Davon abgesehen gelten dieselben verfahrensmäßigen Anforderungen wie für § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG (s. Rz. 53).

1 2 3 4

Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 56. Ausf. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 56. BFH v. 21.8.1996 – I R 186/94, BStBl. II 1997, 434; H 9.5 GewStH 2016. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 57; Gosch in Blümich, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 325.

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Kürzungen (DBA-Schachtelerträge)

§ 9 Nr. 8

II. (Anteilige) Kürzung der Gewinnanteile Wesentlicher Unterschied zur Kürzung gem. § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG ist, dass die Kürzung nach § 9 51 Nr. 7 Sätze 4 bis 6 GewStG nur anteilig erfolgt, nämlich im (rechnerischen) Umfang der begünstigten Gewinnausschüttungen der Enkelgesellschaft. Das ist nach der Gesetzessystematik deshalb erforderlich, weil sonst auch solche Dividendenanteile gekürzt würden, die nach dem Willen des Gesetzgebers mangels Erfüllen der Aktivitätsvoraussetzungen nicht gekürzt werden sollen. Technisch umgesetzt wird die Begrenzung der Kürzung durch § 9 Nr. 7 Satz 5 GewStG, und zwar wie 52 folgt:1 Hat die Tochtergesellschaft in dem relevanten Wj. noch weitere Erträge außer den Gewinnanteilen der Enkelgesellschaft bezogen, so wird – im Sinne einer Höchstbetragsregelung – die Kürzung nur im Verhältnis der Gewinnanteile der Enkelgesellschaft zu den gesamten Erträgen der Enkelgesellschaft gewährt. Ist der danach ermittelte Kürzungsbetrag höher als der Gewinnanteil, den die Tochtergesellschaft von der Enkelgesellschaft vereinnahmt hat, ist der Kürzungsbetrag auf diesen Gewinnanteil begrenzt. Diese Regelungstechnik führt dazu, dass eine nicht sofort erfolgende Weiterausschüttung solcher Erträge, die die Tochtergesellschaft von der Enkelgesellschaft bezogen hat, eine spätere Kürzung hindert. Das liegt daran, dass eine nicht ausgeschöpfte Kürzung nicht vorgetragen werden kann.2 Im Übrigen – insbes. hinsichtlich des Begriffs der Gewinnanteile – richtet sich die Auslegung der Vorschrift nach den Grundsätzen, die auch für § 9 Nr. 7 Satz 1 GewStG gelten (s. Rz. 41 ff.).

D. Nachweispflichten Eine weitere Besonderheit des § 9 Nr. 7 GewStG ist § 9 Nr. 7 Satz 7 GewStG. Danach hängt die Kür- 53 zung stets davon ab, dass „alle Nachweise“ erbracht werden. Hierzu führt § 9 Nr. 7 Satz 7 GewStG in seinen Nr. 1 bis 3 insbes. Nachweise zu den Aktivitätsvorbehalten und zum ausgeschütteten Gewinn auf. Es handelt sich dabei ausweislich des Wortlauts „insbesondere“ um keine abschließende Aufzählung. Die weitgehende Überwälzung der Beweislast auf den StPfl. ist – auch wenn man die Regelungen als Konkretisierung von § 90 Abs. 2 AO ansieht – bedenklich und ein weiterer Beleg für die Restriktionen des § 9 Nr. 7 GewStG.

E. Kürzungsverbot (Satz 8) Für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds enthält § 9 Nr. 7 Satz 8 54 GewStG seit dem EZ 2004 einen Kürzungsausschluss für Gewinne aus Anteilen, die den Kapitalanlagen zuzurechnen sind. Diese erhöhen bereits die Bemessungsgrundlage für die Zuführung zu Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (§ 21 Abs. 1 und 2 KStG). Da der hierdurch geminderte körperschaftsteuerliche Gewinn nach § 7 GewStG Grundlage für die Ermittlung des Gewerbeertrags darstellt, bedarf es einer Kürzung nach § 9 Nr. 7 GewStG nicht mehr (s. auch zur Parallelregelung § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 51).

§ 9 Nr. 8 [DBA-Schachtelerträge] Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um … 8. die Gewinne aus Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter der Voraussetzung einer Mindestbeteiligung von der Gewerbesteuer befreit sind, wenn die Beteiligung mindestens 15 Prozent beträgt und die 1 Dazu auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 66; Gosch in Blümich, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 326. 2 Gosch in Blümich, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 326.

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§ 9 Nr. 8 Rz. 1 Kürzungen (DBA-Schachtelerträge) Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind; ist in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine niedrigere Mindestbeteiligungsgrenze vereinbart, ist diese maßgebend. 2§ 9 Nr. 2a Satz 3 gilt entsprechend. 3§ 9 Nr. 2a Satz 4 gilt entsprechend. 4Satz 1 ist bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen auf Gewinne aus Anteilen, die den Kapitalanlagen zuzurechnen sind, nicht anzuwenden; für Pensionsfonds gilt Entsprechendes. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

4

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

7

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

8

B. Tatbestandliche Voraussetzungen . . . . . .

11

I. Anforderungen an den Anteilseigner . . . . II. 1. 2. 3.

Anforderungen an die Beteiligung „Ausländische Gesellschaft“ . . . . Erforderliche Beteiligungsquote . . Weitere Voraussetzungen . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

11

. . . .

12 12 14 16

C. Umfang der Kürzung . . . . . . . . . . . .

17

Literatur: Altehofer/Krebs/Nolte/Roland, Steuerentlastungsgesetz 1984, DStZ 1984, 4; Manke, Vermögensteuerund Außensteuerrecht nach dem Steuerentlastungsgesetz 1984, FR 1984, 77; Pauka, Änderungen des Gewerbesteuergesetzes, NWB Fach 5, 1539; Birker/Seidel, Neue Auslegung des DBA-Schachtelprivilegs bei Einkünften aus typisch stillen Beteiligungen, BB 2009, 244. Verwaltungsanweisungen: R 9.5 GewStR 2009.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 Nach § 9 Nr. 8 GewStG sind Gewinne aus Anteilen an einer ausländ. Gesellschaft zu kürzen, wenn

ein DBA-Schachtelprivileg greift. Eigentlicher Regelungsgehalt ist insofern, dass § 9 Nr. 8 GewStG die Mindestbeteiligungsquote auf 15 % herabsetzt, falls das DBA-Schachtelprivileg eine höhere Beteiligungsquote als 15 % erfordert. Die Vorschrift sieht also für gewstl. Zwecke eine unilaterale Senkung des Mindestbeteiligungserfordernisses nach DBA auf 15 % (bzw. bis einschließlich EZ 2007 10 %) vor. 2 Mit der Einführung der Vorschrift zum EZ 1984 war bezweckt worden, die in den DBA übliche Min-

destbeteiligungsquote für gewstl. Zwecke von 25 % auf 10 % (ab EZ 2008: 15 %) abzusenken.1 Vergleichbare Regelungen wurden auch im KStG und im BewG eingeführt. Ferner wurde damit ein Gleichlauf der DBA-Schachtelprivilegien mit den unilateralen Schachtelkürzungen des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG gewährleistet.2 3 Die praktische Bedeutung von § 9 Nr. 8 GewStG ist überschaubar. Das ergibt sich bereits daraus, dass

inzwischen die wesentlichen, von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen DBA eine Mindestbeteiligungsquote von 10 % (und nicht mehr von 25 %) für das DBA-Schachtelprivileg vorsehen, sodass es einer unilateralen Absenkung des Beteiligungserfordernisses mittels § 9 Nr. 8 GewStG in diesen Fällen nicht mehr bedarf. Hinzu kommt, dass § 9 Nr. 8 GewStG auch nicht von den weiteren Voraussetzungen des DBA-Schachtelprivilegs suspendiert, insbes. nicht von den regelmäßig enthaltenen Aktivitätsvorbehalten. Insoweit sind die Anforderungen von § 9 Nr. 7 GewStG und den DBA-Schachtelprivilegien oft nicht wesentlich unterschiedlich. Nicht zuletzt ist – aufgrund der Regelungszusammenhänge von § 8b KStG, § 8 Nr. 5 und § 9 Nr. 8 GewStG – nicht abschließend geklärt, in welchen Fällen § 9 Nr. 8 GewStG überhaupt anwendbar ist (s. Rz. 8 f.).

1 Vgl. BT-Drucks. 10/336, 32. 2 Vgl. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 340.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 7 § 9 Nr. 8

II. Anwendungsbereich § 9 Nr. 8 GewStG stellt für den persönlichen Anwendungsbereich keine besonderen Erfordernisse 4 auf. Kürzungsberechtigt ist damit grds. jedes gewerbliche Unternehmen. Nicht anwendbar ist die Vorschrift nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut auf Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie auf Pensionsfonds, soweit Anteile betroffen sind, die den Kapitalanlagen zuzurechnen sind (s. Rz. 18). Wesentlich eingeschränkt wird der Anwendungsbereich der Norm allerdings deshalb, weil die DBA- 5 Schachtelprivilegien regelmäßig nur für KapGes. als Dividendenempfänger gelten.1 Die FinVerw.2 hat – mit gewissen Einschränkungen für Stiftungen3 – für Zwecke der KSt die Anwendbarkeit der DBA-Schachtelprivilegien auf unbeschränkt stpfl. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen erweitert. In der Rechtslehre wird zu Recht die Auffassung vertreten, dass diese Billigkeitsregelung auch für die Anwendung des § 9 Nr. 8 GewStG durchgreift.4 Zu beachten ist allerdings, dass das betr. BMF-Schreiben inzwischen nicht mehr auf der Positivliste des BMF5 enthalten ist. Ungeachtet dieser Erweiterung für Körperschaftsteuersubjekte bleibt es aber dabei, dass § 9 Nr. 8 GewStG für einkommensteuerpflichtige Anteilseigner im Grundsatz keine Bedeutung hat. Schließlich ist § 9 Nr. 8 GewStG nicht anwendbar, wenn die Gesellschaft Organgesellschaft ist. Das 6 ergab sich bereits vor Einführung von § 7a GewStG daraus, dass gem. § 15 Satz 1 Nr. 2 iVm. Satz 2 KStG aufgrund der sog. Bruttomethode die Anwendung von DBA-Schachtelprivilegien bei der Gewinnermittlung der Organgesellschaft ausgeschlossen war (anders als für § 9 Nr. 2a und 7 GewStG, s. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 50). Durch § 7a Abs. 1 GewStG ist nunmehr die Anwendung von § 9 Nr. 8 GewStG auf die Ermittlung des Gewerbeertrags von Organgesellschaften auch unmittelbar ausgeschlossen.

III. Rechtsentwicklung Die Vorschrift wurde durch das G zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur 7 Einschränkung von stl. Vorteilen v. 22.12.19836 (StEntlG 1984) mit einer Mindestbeteiligungshöhe von 10 % und Geltung ab EZ 1984 in das GewStG eingefügt. Durch das G zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung v. 23.10.20007 (StSenkG) wurde mit Geltung ab dem EZ 2001 das Erfordernis in § 9 Nr. 8 GewStG aufgenommen, dass die zu kürzenden Gewinnanteile bei der Gewinnermittlung nach § 7 GewStG angesetzt worden sein müssen. Durch das G zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 22.12.20038 (ProtokollerklärungsG) schloss der Gesetzgeber Lebens- und Krankenversicherungen sowie Pensionsfonds von der Kürzung nach § 9 Nr. 8 GewStG grds. ab dem EZ 20049 aus, was mit dem ebenfalls durch das ProtokollerklärungsG geänderten § 21 KStG korreliert. Durch das JStG 2007 v. 13.12.200610 erfolgte die Einfügung der Verweise auf den § 9 Nr. 2a Sätze 3 und 4 GewStG in § 9 Nr. 8 Sätze 2 und 3 GewStG. Satz 2 der Norm ist ab dem EZ 2006 anzuwenden, Satz 3 auch für EZ vor 2006.11

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 2. BMF v. 30.12.1983 – IV C 5 - S 1300 - 386/83, DStZ/E 1984, 19. BMF v. 12.5.1989 – IV C 5 - S 1300 - 186/89, juris. Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 340. BMF v. 23.3.2015 – IV A 2 - O 2000/14/10001 – DOK 2015/0188422, BStBl. I 2015, 278. BGBl. I 1983, 1583. BGBl. I 2000, 1433. BGBl. I 2003, 2840. Zu Besonderheiten des Geltungsbeginns Schnitter in Frotscher/Maas, § 9 GewStG Rz. 199. BGBl. I 2006, 2878. Vgl. § 36 Abs. 8 GewStG idF des JStG 2007.

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§ 9 Nr. 8 Rz. 8 Kürzungen (DBA-Schachtelerträge) Durch das UntStRefG 2008 v. 14.8.20071 wurde die Beteiligungsanforderung des § 9 Nr. 8 GewStG zur Verstetigung des Gewerbesteueraufkommens von 10 % auf 15 % erhöht. Die Änderung gilt ab dem EZ 2008. Zur Kritik an der Anhebung der Mindestbeteiligungsquote s. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 13.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 8 Nicht abschließend geklärt ist das Zusammenwirken von § 8b KStG, den DBA-Schachtelprivilegien,

§ 8 Nr. 5 GewStG und § 9 Nr. 8 GewStG. Das hängt letztlich damit zusammen, dass körperschaftsteuerlich regelmäßig § 8b Abs. 1 und 5 KStG zur Anwendung kommen, wenn und weil sie geringere Anforderungen aufstellen als die DBA-Schachtelprivilegien (s. hierzu schon § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 11). Das führt dazu, dass die – insoweit freigestellten – Bezüge im Gewerbeertrag gem. § 7 Satz 1 GewStG schon nicht mehr enthalten sind; es ist dann § 8 Nr. 5 GewStG zu prüfen. Zwar wirkt das DBA-Schachtelprivileg – wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind – hinzurechnungshindernd (s. § 8 Nr. 5 GewStG Rz. 11).2 Liegen aber nur unter Einschluss von § 9 Nr. 8 GewStG die Voraussetzungen für eine Kürzung vor, kommt es nach wohl hM zur Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 5 GewStG.3 Es stellt sich dann die Frage, ob § 9 Nr. 8 GewStG noch zur Kürzung führen kann. Dies ist deshalb fraglich und wird nach hM abgelehnt, weil die Bezüge wegen § 8b Abs. 1 und 5 KStG nicht im Gewerbeertrag angesetzt waren, was aber die Kürzungsvorschriften voraussetzen. Allein die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG genügt hierfür grds. nicht.4 9 Diese Auffassung führt im Ergebnis dazu, dass kaum ein Fall denkbar ist, in dem § 9 Nr. 8 GewStG

anwendbar wäre – was hieße, dass der Gesetzgeber eine Norm geschaffen bzw. aufrechterhalten hätte, die (jedenfalls inzwischen) nahezu überflüssig ist. Die FinVerw. ist (wohl) anderer Auffassung und wendet § 9 Nr. 8 GewStG an, wenn er günstiger als § 9 Nr. 7 GewStG ist.5 Das ist iErg. zutreffend und lässt sich mit dem gesetzgeberischen Willen begründen, für gewstl. Zwecke die Mindestbeteiligungsquote auf 15 % zu senken, was in § 9 Nr. 8 GewStG zum Ausdruck kommt.6 10

Zu beachten ist schließlich, dass das jeweils einschlägige DBA die Anwendung von § 9 Nr. 8 GewStG determiniert. Insofern ist insbes. erforderlich, dass das jeweilige Schachtelprivileg auch für die GewSt gilt. Das ist für die deutschen DBA der Fall.

B. Tatbestandliche Voraussetzungen I. Anforderungen an den Anteilseigner 11

§ 9 Nr. 8 GewStG selbst stellt keine besonderen Anforderungen an den Anteilseigner auf; diese ergeben sich allerdings daraus, dass die Voraussetzungen des DBA-Schachtelprivilegs erfüllt sein müssen. Im Regelfall ist die Kürzung deshalb nur KapGes. zu gewähren; nach einer Billigkeitsregelung der FinVerw. ggf. auch anderen Körperschaften (s. Rz. 4 ff.).

II. Anforderungen an die Beteiligung 1. „Ausländische Gesellschaft“ 12

§ 9 Nr. 8 GewStG fordert die Beteiligung an einer „ausländischen Gesellschaft“, ohne dies näher zu spezifizieren. Nach hM ist damit auf den Begriff der Gesellschaft in § 7 AStG rekurriert.7 Es sind deshalb nicht nur KapGes. erfasst, sondern sämtliche Gesellschaften, die nach dem jeweiligen ausländ. 1 2 3 4 5 6 7

BGBl. I 2007, 1912. BFH v. 23.6.2010 – I R 71/09, BStBl. II 2011, 129 = FR 2010, 1154. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 4; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 340a. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 4; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 340a. R 9.5 GewStR 2005. Ähnlich Braunagel in Bergemann/Wingler, § 9 GewStG Rz. 343 ff., 348. Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 2; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 342.

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C. Umfang der Kürzung

Rz. 18 § 9 Nr. 8

Recht der KSt unterliegen.1 Damit ist der Kreis der Gesellschaften grds. weiter gezogen als in § 9 Nr. 7 GewStG. Zu beachten ist aber, dass es letztlich darauf ankommt, für welche Gesellschaften das in Rede stehende DBA das Schachtelprivileg gewährt.2 In der Regel sind dies nur KapGes., sodass die im Ausgangspunkt weit gefasste Formulierung in § 9 Nr. 8 GewStG dann ohne weitere Folge bleibt. Richtigerweise sind ausländ. Gesellschaften iSd. § 9 Nr. 8 GewSG auch solche, die nach nationalem 13 Recht in Deutschland unbeschränkt stpfl. sind, aber nach dem jeweiligen DBA aufgrund der sog. „tie-breaker-rule“ als im anderen Staat ansässig gelten.3 Anders als in § 9 Nr. 7 GewStG stellt § 9 Nr. 8 GewStG nämlich gerade nicht das Erfordernis auf, dass Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland liegen müssen. Es liegt deshalb nahe, die Frage, ob die Gesellschaft eine ausländ. ist, nach dem jeweiligen DBA zu entscheiden. 2. Erforderliche Beteiligungsquote § 9 Nr. 8 GewStG setzt eine Beteiligungsquote von mindestens 15 % voraus. Beträgt die im DBA 14 vereinbarte Beteiligungsquote ebenfalls 15 % oder (wie regelmäßig) weniger als 15 %, braucht es § 9 Nr. 8 GewStG nicht; gleichwohl regelt § 9 Nr. 8 Satz 1 Halbs. 2 GewStG, dass dann die niedrigere Quote des DBA maßgebend ist. Anders als § 9 Nr. 7 GewStG enthält § 9 Nr. 8 GewStG keine zeitlichen Limitationen. Das ist auch konsequent, weil diese – und weitere Voraussetzungen – im jeweiligen DBA geregelt sind (s. Rz. 16). Anders als § 9 Nr. 2 und 7 GewStG ist in § 9 Nr. 8 GewStG nicht näher definiert, welcher Natur die 15 Beteiligung sein muss. Daraus ergibt sich nach zutreffender hM, dass auch insoweit die Regelung des jeweiligen DBA maßgeblich ist.4 Auch die Frage, ob es für § 9 Nr. 8 GewStG einer unmittelbaren Beteiligung bedarf, richtet sich nach dem jeweiligen DBA und ist typischerweise der Fall. 3. Weitere Voraussetzungen Auch die weiteren Voraussetzungen des jeweiligen DBA müssen erfüllt sein. So stellt § 9 Nr. 8 Gew- 16 StG zwar keine zeitlichen Anforderungen auf, allerdings ergeben sich solche idR aus den DBASchachtelprivilegien. DBA stellen regelmäßig Aktivitätserfordernisse auf oder enthalten sonstige besondere Missbrauchsvermeidungsvorschriften. Diese müssen erfüllt sein, damit § 9 Nr. 8 GewStG zur Geltung kommt.

C. Umfang der Kürzung § 9 Nr. 8 GewStG sieht die Kürzung der „Gewinne aus Anteilen“ vor und folgt damit dem Wortlaut 17 des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG. Durch den Verweis auf § 9 Nr. 2a Sätze 3 und 4 GewStG gelten auch die dort normierten Beschränkungen des Kürzungsumfangs, insbes. im Hinblick auf mit den freigestellten Erträgen zusammenhängende Betriebsausgaben. Zu Einzelheiten des Kürzungsumfangs s. § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 45 ff. Wie auch § 9 Nr. 2a und 7 GewStG ist auch in § 9 Nr. 8 GewStG die Kürzung für Lebens- und Kran- 18 kenversicherungsvereine sowie Pensionsfonds ausgeschlossen, soweit die Anteile, aus denen sich die Dividenden speisen, den Kapitalanlagen zuzurechnen sind (§ 9 Nr. 8 Satz 4 GewStG; s. auch § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 51).

§ 9 Nr. 9 und 10

(weggefallen)

1 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 2. 2 ZB Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 2; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 1c. 3 AA wohl Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 342 (Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland); Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 5 (Sitz im DBA-Staat). 4 Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 8 GewStG Rz. 3; Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 344.

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§ 10 Maßgebender Gewerbeertrag (1) Maßgebend ist der Gewerbeertrag, der in dem Erhebungszeitraum bezogen worden ist, für den der Steuermessbetrag (§ 14) festgesetzt wird. (2) Weicht bei Unternehmen, die Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs zu führen verpflichtet sind, das Wirtschaftsjahr, für das sie regelmäßig Abschlüsse machen, vom Kalenderjahr ab, so gilt der Gewerbeertrag als in dem Erhebungszeitraum bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. § 16 GewStDV § 16 Gewerbeertrag bei Abwicklung und Insolvenz (1) Der Gewerbeertrag, der bei einem in der Abwicklung befindlichen Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 2 des Gesetzes im Zeitraum der Abwicklung entstanden ist, ist auf die Jahre des Abwicklungszeitraums zu verteilen. (2) Das gilt entsprechend für Gewerbebetriebe, wenn über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

3. Verhältnis zu Vorschriften des KStG . . . .

9

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

3

B. Definition des maßgebenden Gewerbeertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

4

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG . . . . .

7

C. Bezugsfiktion bei abweichendem Wirtschaftsjahr (Abs. 2) . . . . . . . . . .

11

D. Besonderheiten bei Abwicklung und Insolvenz (§ 16 GewStDV) . . . . . . . . .

16

7 8

Literatur: Kempf/Zipfel, Offene Fragen der Einkommenszurechnung bei abweichendem Wirtschaftsjahr im Organkreis, DStR 2005, 1301; Wälzholz, Steuerliche Probleme der GmbH in der Liquidation, GmbH-StB 2011, 117.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 10 GewStG leitet systematisch von der Ermittlung des Gewerbeertrags zur Festsetzung des Steuer- 1 messbetrags über und regelt – neben § 14 GewStG – die zeitlichen Grundlagen für die Zwecke der GewSt. Die Vorschrift betont damit den eigenständigen, vom EStG und KStG losgelösten Charakter des GewStG. Konkret wird mit Absatz 1 der maßgebende Gewerbeertrag unter Beachtung der zeitlichen Prinzi- 2 pien der Gegenwarts- als auch der Abschnittsbesteuerung definiert und in Abs. 2 durch eine zeitliche Bezugsfiktion bei abweichendem Wj. ergänzt, ohne allerdings eine eigenständige, über die Klarstellung hinausgehende Bedeutung zu haben. Dieser deklaratorische Charakter wird deutlich, vergegenwärtigt man sich den weitreichenden Regelungsgehalt des § 7 Satz 1 GewStG.1

1 Roser in Lenski/Steinberg, § 10 Rz. 7f; Hofmeister in Blümich, § 10 Rz. 7; Schnitter in Frotscher/Maas, § 10 Rz. 10.

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§ 10 Rz. 3 Maßgebender Gewerbeertrag

II. Anwendungsbereich 3 Abs. 1 betrifft grds. die zeitliche Gewerbeertragszuordnung für alle GewSt-Schuldner. Demgegen-

über ist der Anwendungsbereich des Abs. 2 in persönlicher Hinsicht auf die nach dem HGB buchführungspflichtigen Unternehmen beschränkt.

III. Rechtsentwicklung 4 Gesetzgeberischer Ursprung von § 10 idF des GewStG v. 1.12.19361 ist das preußische GewSt-Recht.

Wie in § 16 der Preußischen Verordnung über die vorläufige Neuregelung der GewSt v. 15.3.19272 wurde das System der Vergangenheitsbesteuerung für Zwecke der zeitlichen Gewerbeertragszuordnung statuiert, dh., der im Kj. vor dem EZ (Rechnungsjahr beginnend am 1.4.) bezogene Gewerbeertrag galt als maßgeblich. 5 In der Gesetzeshistorie3 hat § 10 GewStG als wesentliche gesetzliche Änderung eine strukturelle

Wandlung in der Neufassung durch das GewSt-Änderungsgesetz v. 27.12.19514 erfahren. Wurde zuvor das System der Vergangenheitsbesteuerung normiert, bestätigt nunmehr auch § 10 GewStG – entsprechend den Regelungen im EStG und KStG – das System der Gegenwartsbesteuerung. Dh., der Bemessungszeitraum für den Gewerbeertrag und der EZ für die GewSt iSd. § 14 Satz 2 GewStG sind deckungsgleich (dasselbe Kj.). 6 Durch das Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 26.7.19575 wurden Sonderregelungen

in Abs. 2 (Bezugsfiktion bei abweichendem Wj.) und Abs. 3 (Umrechnung des Gewerbeertrags auf einen Jahresbetrag) eingeführt, wobei Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 durch die Neufassung des § 10 GewStG im Steuerbereinigungsgesetz v. 19.12.19856 ersatzlos gestrichen wurden und die restliche Vorschrift im Wesentlichen ihre heutige Gestalt erhielt. Zuletzt wurde der Wortlaut der Vorschrift im Zuge des Wegfalls der Gewerbekapitalsteuer durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.19977 nur noch geringfügig angepasst (Streichung des Wortes „einheitliche“).

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 7 Systematisch geht § 7 Satz 1 GewStG der Anwendung des § 10 GewStG vor (vgl. § 7 GewStG Rz. 4).

Nach § 7 Satz 1 GewStG ermittelt sich der Gewerbeertrag für den EZ ausgehend von dem Gewinn iSd. EStG bzw. KStG für den entsprechenden VZ. Die Gewinnermittlung erfolgt damit bereits unter Beachtung der gleichlaufenden zeitlichen Vorgaben der §§ 2 Abs. 7 Satz 2, 4a, 25 Abs. 1 EStG bzw. des § 7 Abs. 3 Satz 2 sowie Abs. 4 KStG, ohne dass es einer eigenständigen Regelung in § 10 Abs. 1 GewStG bedarf. 2. Verhältnis zu Vorschriften des EStG 8 Grundsätzlich entsprechen Tatbestand und Rechtsfolge (Bezugsfiktion) des § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG

weitestgehend denjenigen des § 10 Abs. 2 GewStG, wobei über § 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG die Eintragung der Firma des Gewerbetreibenden in das Handelsregister als weitere (einschränkende) Anwendungsvoraussetzung normiert wird.

1 2 3 4 5 6 7

RStBl. I 1936, 1149. Preußische Gesetzessammlung 1927, 21. Ausführliche Darstellung der Rechtsentwicklung bei Roser in Lenski/Steinberg, § 10 Rz. 1. BGBl. I 1951, 996. BGBl. I 1957, 848. BGBl. I 1985, 2436. BGBl. I 1997, 2590.

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C. Bezugsfiktion bei abweichendem Wirtschaftsjahr (Abs. 2)

Rz. 13 § 10

3. Verhältnis zu Vorschriften des KStG Sowohl der Tatbestand des § 10 Abs. 2 GewStG (abweichendes Wj.) als auch dessen Rechtsfolge (Be- 9 zugsfiktion) ist dem Wortlaut des § 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 KStG nachgebildet. Über die Systematik des § 7 Satz 1 GewStG findet die Rechtsfolge des § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG bei KSt-Subjekten auch in der Gewerbeertragsermittlung vorrangig Anwendung, dh., abweichend von § 4a Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 EStG ist die Eintragung der Firma des Gewerbetreibenden in das Handelsregister keine einschränkende Anwendungsvoraussetzung.

B. Definition des maßgebenden Gewerbeertrags Angesichts der gesetzlichen Überschrift definiert § 10 Abs. 1 GewStG den „maßgebenden Gewerbe- 10 ertrag“. Das ist derjenige Gewerbeertrag, der in dem für die Steuerfestsetzung relevanten Kj. bezogen worden ist. Diese Begrifflichkeit wird – außer als Bezugsgröße in § 10a GewStG – im GewStG nicht wieder aufgegriffen. Aufgrund ihrer systematischen Stellung leitet die Vorschrift grds. von der Ermittlung des Gewerbeertrags in § 7 GewStG zur Festsetzung des Steuermessbetrags in § 14 GewStG über, wobei beiden Vorschriften bereits eine zeitliche Komponente („für den Erhebungszeitraum“) innewohnt. Insbesondere normiert § 7 Satz 1 GewStG hinsichtlich des Ermittlungszeitraums den Gleichlauf von EStG und KStG (vgl. § 7 GewStG Rz. 4). Für einen eigenständigen Regelungsgehalt des § 10 Abs. 1 GewStG verbleibt damit kein Raum.

C. Bezugsfiktion bei abweichendem Wirtschaftsjahr (Abs. 2) Nach § 10 Abs. 2 GewStG gilt bei Unternehmen mit abweichendem Wj. der (maßgebende) Gewerbe- 11 ertrag als in dem EZ bezogen, in dem das Wj. endet (Bezugsfiktion). Dh., der handelsrechtliche Abschlussstichtag ist entscheidend für die zeitliche Zuordnung des Gewerbeertrags zu einem EZ, ohne dass es zu einer Aufteilung des Gewerbeertrags kommt. Unerheblich ist es für Zwecke des § 10 Abs. 2 GewStG, ob es sich um ein volles oder verkürztes (Rumpf-)Wj. handelt. Über § 7 Satz 1 GewStG werden vorrangig die zeitlichen Vorgaben des EStG als auch des KStG 12 übernommen, da Ausgangsgröße der Ermittlung des Gewerbeertrags derjenige Gewinn ist, der für einen VZ zu berücksichtigen ist. Infolgedessen läuft die zeitliche Zuordnung des § 10 Abs. 2 GewStG grds. ins Leere. Auch die tatbestandliche Restriktion von § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 EStG (Eintragung der Firma) hat keine praktische Bedeutung, da es bei den betroffenen „sonstigen Gewerbetreibenden“1 nicht zu einem abweichenden Wj. kommen kann, sondern es gem. § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG bei dem Kj. bleibt.2 Explizit auszunehmen von dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 GewStG sind die Fälle des abgekürzten EZ iSd. § 14 Satz 3 GewStG (zB bei einer Betriebsaufgabe). Denn auch bei einem abweichenden Wj. ist nicht dessen Ende, sondern in entsprechender Anwendung des § 7 Satz 1 GewStG das Ende des abgekürzten EZ für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags maßgeblich, ggf. abweichend zu dem Ende des Gewinnermittlungszeitraums für Zwecke des EStG.3 Im Zuge der gem. § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG iVm. § 8b Abs. 2 Satz 2 EStDV und § 7 Abs. 4 13 Satz 3 KStG seitens des FA zustimmungsbedürftigen Umstellung des Wj. auf ein von dem Kj. abweichendes Wj. kann es bei der GewSt – ebenso wie bei der ESt und KSt – zu einer Steuerpause kommen.4 Diese Folge ist zwar aufseiten der über den zwangsläufigen Einnahmeausfall betroffenen Gemeinden unerwünscht, aber systemimmanent. 1 Heinicke in Schmidt37, § 4a EStG Rz. 6; Pfirrmann in Kirchhof17, § 4a EStG Rz. 7. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10 Rz. 7; Schnitter in Frotscher/Maas, § 10 Rz. 9; im Ergebnis auch Roser in Lenski/Steinberg, § 10 Rz. 8. 3 Schnitter in Frotscher/Maas, § 10 Rz. 14; Hofmeister in Blümich, § 10 Rz. 9. 4 Roser in Lenski/Steinberg, § 10 Rz. 10; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10 Rz. 8; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10 Rz. 14 ff.

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§ 10 Rz. 14 Maßgebender Gewerbeertrag Zugleich gilt es zu beachten, dass bei einer Umstellung eines abweichenden Wj. auf das Kj. zwei Wj. in einem EZ enden und dementsprechend der Gewerbeertrag für beide Wj. (also insgesamt von bis zu 23 Monaten) in einem EZ zu versteuern sein kann.1 Hierbei ist unter Anwendung der Bezugsfiktion nur ein einheitlicher Gewerbeertrag für den EZ zu ermitteln.2 Diese Überlegung eröffnet aus Sicht der Gestaltungsberatung die Möglichkeit, ohne Beschränkung durch § 10a GewStG einen unmittelbaren Verlustausgleich zwischen den Wj. vorzunehmen.3 Beispiel: Das Wj. der A-GmbH beginnt am 1.7. Im ersten Wj. (1.7.01–30.6.02) erleidet die A-GmbH einen Gewerbeverlust von 10 Mio. Euro (Anlaufverluste), wobei für das darauffolgende Wj. (1.7.02–30.6.03) ein – unterstellt linear über das Jahr verteilter – Gewerbeertrag von 10 Mio. Euro absehbar ist. In 02 wird das Wj. auf das Kj. umgestellt, in 03 wieder im Einvernehmen mit dem Finanzamt zurück auf das abweichende Wj. (30.6.). Lösung: Im EZ 02 endet sowohl das Wj. 01/02 (isolierter Gewerbeverlust: 10 Mio. Euro) als auch das Rumpf-Wj. (isolierter Gewerbeertrag: 5 Mio. Euro), sodass sich ein einheitlicher Gewerbeverlust von 5 Mio. Euro ergibt. Die Verlustverrechnung erfolgt ohne die Restriktionen des § 10a GewStG. Im EZ 03 endet das Rumpf-Wj. (1.1.03– 30.6.03) mit einem Gewerbeertrag von 5 Mio. Euro. Nach § 10a GewStG kann der Fehlbetrag iHv. 3,4 Mio. Euro (1 Mio. Euro plus 60 % von 4 Mio. Euro) verrechnet werden, sodass ein maßgebender Gewerbeertrag von 1,6 Mio. Euro verbleibt. Ohne Umstellung des Wj. würde sich im EZ 03 ein maßgebender Gewerbeertrag nach Verlustverrechnung von 3,6 Mio. Euro ergeben, da die Verlustverrechnung auf einen Fehlbetrag von 6,4 Mio. Euro (1 Mio. plus 60 % von 9 Mio. Euro) beschränkt ist. Der verbleibende Fehlbetrag kann erst im EZ 04 genutzt werden. Die Vorteilhaftigkeit wird insbesondere deutlich, wenn eine signifikante Gewinnrealisierung (zB durch einen Veräußerungsvorgang) vor dem 31.12. eintritt.

14

Auch die vom KSt-Recht losgelöste Handhabung von Organschaftsfällen weicht nicht von den zeitlichen Vorgaben des § 10 GewStG ab. Zwar gilt die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) und damit endet auch die persönliche GewStPfl. der Organgesellschaft, da allein der Organträger die Steuerschuldnerschaft für den Organkreis übernimmt. Jedoch ist die Organgesellschaft auf Grundlage der gebrochenen Einheitstheorie selbst weiterhin als eigenständiges Subjekt für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags anzusehen (vgl. § 2 GewStG Rz. 140).4 Entscheidend ist damit, ob die Organgesellschaft selbst ein dem Kj. gleiches oder ein abweichendes Wj. hat (isolierte Betrachtungsweise). Gleichwohl kann auch die Ebene des Organträgers bedeutsam sein für den relevanten Zeitraum zur Ermittlung des Gewerbeertrags auf Ebene der Organgesellschaft. So hat das FG München mit Beschluss v. 19.8.19995 in einem Fall des unterjährigen Wechsels des GewSt-Organträgers (bisheriger Organträger wird selbst zur Organgesellschaft), ohne dass eine gleichlaufende KSt-Organschaft gegeben war, einen Vorrang der Steuerschuldnerschaft (§ 2 GewStG) vor den Vorschriften über die Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 7 GewStG) gesehen. So wurde der Gewerbeertrag von zwei im selben EZ endenden Wj. nicht – wie bei der KSt – zusammengezogen und dem neuen Organträger als einheitlicher Gewerbeertrag zugerechnet, sondern der Gewerbeertrag zum Ende jedes Wj. getrennt ermittelt und dem jeweiligen Organträger entsprechend der Steuerschuldnerschaft am Abschlussstichtag zugerechnet. Obwohl sich das FG von einer strikten Abhängigkeit der KSt-rechtlichen Gewinnermittlung löst, verbleibt die sich an § 2 GewStG orientierende Würdigung innerhalb der zeitlichen Vorgaben des § 10 GewStG. Ein diesem Fall zugrunde liegendes Auseinanderfallen von KSt- und GewSt-Organschaft ist nach dem derzeit geltenden Recht nicht (mehr) denkbar. Bisher nicht abschließend geklärt sind allerdings ähnliche Fallkonstellationen: Wird zB der bisherige Organträger unterjährig selbst Organgesellschaft und hat die (Enkel-)Organgesellschaft ein dem Kj. gleiches Wj., kommt es im laufenden Wj. der (Enkel-)Organgesellschaft zu einem Wechsel des GewStSchuldners.6 Denkbar ist unter zeitlichen Gesichtspunkten sowohl eine Zurechnung des Gewerbeertrags zu dem bisherigen Organträger bzw. zu dem neuen Organträger als auch eine zeitanteilige Auf-

1 BT-Drucks. 10/1636, 69. 2 Schnitter in Frotscher/Maas, § 10 Rz. 13; Hofmeister in Blümich, § 10 Rz. 8; Bergemann in Bergemann/Wingler, § 10 Rz. 8; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10 Rz. 17; entsprechend zur ESt Pfirrmann in Kirchhof17, § 4a EStG Rz. 11. 3 Zu entsprechenden Überlegungen zur optimalen Verlustnutzung bei der ESt noch Lambrecht in Kirchhof, 14. Aufl. 2014, § 4a EStG Rz. 5. 4 BFH v. 18.9.1996 – I R 44/95, BStBl. II 1997, 181 = FR 1997, 159; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 Rz. 3760. 5 FG München v. 19.8.1999 – 15 V 2468/99, EFG 2000, 92. 6 Zu weiteren Fallkonstellationen Kempf/Zipfel, DStR 2005, 1301.

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C. Bezugsfiktion bei abweichendem Wirtschaftsjahr (Abs. 2)

Rz. 15 § 10

teilung.1 Überträgt man den Rechtsgedanken des vorangehend skizzierten FG-Beschlusses, entspräche wohl eine an der Steuerschuldnerschaft orientierte Teilung des Gewinnermittlungszeitraums dem Regelungsgehalt des § 2 GewStG. Eine Aufteilung des Gewerbeertrags ist allerdings der heutigen Fassung des GewStG fremd. Auch ist nach den Leitgedanken des § 10 GewStG dem Bezug im maßgeblichen EZ als auch dem handelsrechtlichen Abschlussstichtag eine besondere Bedeutung beizumessen. Demnach sollte – abweichend von einer Zurechnung zu dem bisherigen Organträger – allein dem am Abschlussstichtag neuen Organträger der Gewerbeertrag in voller Höhe zuzurechnen sein, wenn die Organschaft zum neuen Organträger für den entsprechenden EZ (in den der Abschlussstichtag fällt) bereits zu einer Gewerbeertragszurechnung führt.2 Beispiel: Das Wj. der Muttergesellschaft (M) und der Enkelgesellschaft (E) entsprechen dem Kj., wohingegen das Wj. der Tochtergesellschaft (T) am 30.6. endet. Es besteht eine langjährige Organschaft zwischen E und T. Zwischen M und T wird im EZ 01 ab dem 1.7. eine Organschaft begründet. Das Wj. von T wird auf das Kj. umgestellt. Lösung: Der Gewerbeertrag der E für den EZ 01 ist M zuzurechnen, da M zum Abschlussstichtag von E (31.12.01) bereits neuer Organträger ist und die Organschaft für den EZ 01 bereits zu einer Gewerbeertragszurechnung führt. Demgegenüber wäre T und nicht M der Gewerbeertrag zuzurechnen, wenn T das Wj. nicht umstellen würde (Gewerbeertragszurechnung an M über die Organschaft erstmalig im EZ 02).

Aufgrund der Kürzung des § 9 Nr. 2 GewStG hat das Wj. nachgeschalteter Mitunternehmerschaften 15 für den Mitunternehmer gewerbesteuerlich grds. keine Relevanz. Anders als bei der ESt bzw. KSt3 sind bei der GewSt auf der Ebene des Mitunternehmers grds. auch keine Besonderheiten bei der Veräußerung bzw. Aufgabe des Mitunternehmeranteils zu beachten, da im Falle des § 7 Satz 2 GewStG beide Vorgänge letztlich nach Maßgabe des Objektsteuerprinzips bzw. unter Anwendung der Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG4 nicht auf die Ebene des Mitunternehmers „durchschlagen“. Allerdings können Ausnahmen zu beachten sein, soweit die Anwendung der Kürzungsvorschrift versagt wird, also bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds als Mitunternehmern. Darüber hinaus wird nach § 9 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 GewStG über den Verweis auf § 7 Satz 8 GewStG ab dem EZ 2017 (§ 36 Abs. 2a GewStG) die Anwendung der Kürzungsvorschrift für Mitunternehmerschaften bei Bezug von (niedrig besteuerten, passiven) Einkünften iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG eingeschränkt (vgl. § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 38). In diesen Fällen ist das Wirtschaftsjahresende der Mitunternehmerschaft für Zwecke der Ermittlung ihres Gewerbeertrags maßgeblich. Die Mitunternehmerschaft bleibt ein eigenständiges GewSt-Subjekt und wird nicht zur „quasi-Betriebsstätte“ des Mitunternehmers. Am Ende des Wj. der Mitunternehmerschaft geht der Gewinnanteil in den Gewerbeertrag des Mitunternehmers gem. § 7 Satz 1 GewStG iVm. § 15 Abs. 1 EStG ein (Transparenzprinzip)5 und ist in dem für den Mitunternehmer nach § 10 GewStG relevanten EZ zu erfassen. Dh., das für den Mitunternehmer maßgebende Wj. „überlagert“ für Zwecke der GewSt zwar nicht die Ermittlung des (gewerbesteuerlich modifizierten) Gewinnanteils aus der Mitunternehmerschaft, jedoch dessen zeitliche Zuordnung zu dem EZ des Mitunternehmers. Nachgeschaltete vermögensverwaltende Personengesellschaften sind hingegen kein eigenständiges GewSt-Subjekt und unterliegen auch nicht der Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG. Die Geschäftsvorfälle auf Ebene der Personengesellschaft sind dem Gesellschafter (ggf. anteilig) zuzurechnen und die entsprechenden Einkünfte gehen in den (laufenden) Einkünften des gewerbetreibenden Gesellschafters auf (Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Kommt es zu nicht identischen Wj. der Personengesellschaft und des Gesellschafters, ist dieses Konkurrenzverhältnis zugunsten des maßgebenden Wj. des Gesellschafters aufzulösen.

1 Kempf/Zipfel, DStR 2005, 1301. 2 Zur Behandlung für KSt-Zwecke Kempf/Zipfel, DStR 2005, 1301; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 818; Dötsch in D/P/M, § 14 KStG Rz. 309; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 635 mwN; Kolbe in H/H/R, § 14 KStG Anm. 87 mwN. 3 BFH v. 18.8.2010 – X R 8/07, BStBl. II 2010, 1043 = FR 2011, 28 m. Anm. Kanzler; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Anm. 36. 4 Zur Diskussion Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 Rz. 32 mwN. 5 Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 Rz. 3.

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§ 10 Rz. 16 Maßgebender Gewerbeertrag

D. Besonderheiten bei Abwicklung und Insolvenz (§ 16 GewStDV) 16

Der Beginn der Abwicklung bzw. Insolvenz von Gewerbebetrieben berührt die GewStPfl. grds. nicht (§ 4 GewStDV), auch bestehen die allgemeinen Buchführungspflichten grds. weiter.1 In diesen Fällen wird § 10 Abs. 1 bzw. 2 GewStG durch § 16 GewStDV verdrängt. Abweichend von der einkommensteuerlichen bzw. körperschaftsteuerlichen Behandlung normiert § 16 GewStDV eine Bezugsfiktion zur Aufteilung des Gewerbeertrags auf den jeweiligen EZ, sodass trotz des längeren Zeitraums für Zwecke der Gewerbeertragsermittlung der jeweilige EZ maßgeblich für Zwecke der GewSt-Erhebung bleibt. Dh., es erfolgt keine Verlängerung des Besteuerungszeitraums (wie bei § 11 Abs. 1 Satz 1 KStG vorgesehen), es bleibt bei „Jahresveranlagungen“ (s. dazu allg. Anh. 2 Rz. 20 ff.).2

17

Der Anwendungsbereich ist für Abwicklungen (§ 16 Abs. 1 GewStDV) in persönlicher Hinsicht auf Gesellschaften iSd. § 2 Abs. 2 GewStG begrenzt, also auf Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, AG, KGaA, GmbH), Genossenschaften einschließlich Europäischer Genossenschaften sowie Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit. Der Abwicklungszeitraum beginnt grds. mit dem Auflösungsbeschluss (bzw. der tatsächlichen Abwicklung) und endet, wenn das zur Schlussverteilung kommende Gesellschaftsvermögen feststeht.3 Wird von der Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs abgesehen, beginnt der Abwicklungszeitraum am Schluss des vorangegangenen Wj.4

18

Auf alle Gewerbetreibende,5 also auch solche, die keine Gesellschaft iSd. § 2 Abs. 2 GewStG darstellen (zB Personengesellschaften), ist in Insolvenzfällen § 16 Abs. 2 GewStDV anzuwenden, der eine entsprechende Anwendung von § 16 Abs. 1 GewStDV vorsieht. Der relevante Insolvenzzeitraum beginnt ab dem Tag der Insolvenzeröffnung (bzw. der tatsächlichen Insolvenzabwicklung)6 und endet mit dem Schluss des Insolvenzverfahrens.

19

Als Rechtsfolge von § 16 Abs. 1 GewStDV ist der Gewerbeertrag, der im Zeitraum der Abwicklung bzw. Insolvenz entstanden ist, auf die einzelnen Jahre dieses Zeitraums zeitanteilig nach Monaten aufzuteilen (Bezugsfiktion), dh. im Verhältnis der Monate des Kj., in denen eine GewStPfl. bestanden hat, zu der Gesamtzahl der Kalendermonate.7 Damit bleibt es bei der kalenderjährlichen Erhebung, wobei der (anteilige) Gewerbeertrag des jeweiligen EZ zunächst im Schätzungswege vorläufig zu ermitteln ist. Da § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG keine Gewinnermittlungsvorschrift ist, ist eine Festsetzung eines einheitlichen, mehrere EZ zusammenfassenden GewSt-Messbetrags in Bezug auf den von der Zwischenveranlagung abgedeckten (idR dreijährigen) Sollabwicklungszeitraum uE abzulehnen.8 Vielmehr stellen etwaige Zwischenveranlagungen für die Ermittlung des (anteiligen) Gewerbeertrags lediglich eine geeignete Schätzgrundlage dar.9 Endgültig kann die Verteilung des Gewerbeertrags erst 1 BFH v. 8.6.1972 – IV R 129/66, BStBl. II 1972, 784. 2 BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904, Tz. 17; Roser in Lenski/Steinberg, § 10 Rz. 3a; Wälzholz, GmbHStB 2011, 117. 3 Der handelsrechtliche Liquidationszeitraum ist insoweit nicht deckungsgleich; FG Hbg. v. 25.8.2016 – 5 K 53/15, rkr., EFG 2016, 1971 m. Anm. Fu. 4 R 7.1 Abs. 8 Satz 3 GewStR 2009 und H 7.1 Abs. 8 GewStH 2009 „Beginn der Abwicklung“; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10 Rz. 5; zur Verpflichtung, ein Rumpf-Wj. einzulegen, BFH v. 17.7.1974 – I R 233/71, BStBl. II 1974, 692. 5 R 7.1 Abs. 8 Satz 7 GewStR 2009. 6 Die Eröffnung des Insolvenzplanverfahrens (§§ 217 ff. InsO) lässt den Insolvenzzeitraum noch nicht beginnen; FG Köln v. 13.11.2014 – 10 K 3569/13, EFG 2015, 673 (Rev. I R 64/16). 7 R 7.1 Abs. 8 Satz 4 f. GewStR 2009; BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904, Tz. 17; Drüen in Blümich, § 7 Rz. 82; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 Rz. 230; Roser in Lenski/Steinberg, § 10 Rz. 3a. 8 BMF v. 4.4.2008 – IV B 7 - S 2760/0, BStBl. I 2008, 542 Tz. 2; FG Hbg. v. 25.8.2016 – 5 K 53/15, rkr., EFG 2016, 1971 m. Anm. Fu; Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 11 KStG Rz. 64 f.; Pfirrmann in Blümich, § 11 KStG Rz. 12; Stalbold in Gosch3, § 11 KStG Rz. 12; offengelassen in BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904 Rz. 17; aA wohl noch BFH v. 18.9.2007 – I R 44/06, BStBl. II 2008, 319 = FR 2008, 268 m. Anm. Pezzer; FG Hbg. v. 29.5.2006 – 5 K 136/03, rkr., EFG 2006, 1857; entgegen Micker in H/H/R, § 11 KStG Anm. 12, stellt § 35c Abs. 1 Buchst. b GewStG eine taugliche Rechtsgrundlage dar. 9 AA Stalbold in Gosch3, § 11 KStG Rz. 13, der mit Verweis auf die Diskussion zur „Schlussbesteuerung“ im Rahmen von § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG von einer Maßgeblichkeit der Zwischenveranlagung anstelle einer Schlussbesteuerung ausgeht.

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D. Besonderheiten bei Abwicklung und Insolvenz (§ 16 GewStDV)

Rz. 20 § 10

nach Ablauf des Abwicklungs- bzw. Insolvenzzeitraums – also ex post für Zwecke der „Jahresveranlagungen“ als rückwirkendes Ereignis im (materiell-rechtlichen) Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO1 – durchgeführt werden. Bei der Ermittlung des zu verteilenden Gewerbeertrags ist gem. der in § 7 Satz 1 GewStG geregelten 20 Anknüpfung an die einkommensteuerliche bzw. körperschaftsteuerliche Gewinnermittlung bei Körperschaften die spezielle Art der Gewinnermittlung nach § 11 Abs. 2 KStG (Liquidationsbesteuerung) zu berücksichtigen.2 Für den gesamten Abwicklungszeitraum ist nur ein Gewerbeertrag zu ermitteln, der Gegenstand der zeitanteiligen Aufteilung ist.3 Hierfür spricht insbes. der Wortlaut des § 16 Abs. 1 GewStDV. Als Konsequenz ist insbes. sowohl nur ein Freibetrag gem. § 8 Nr. 1 GewStG als auch nur ein Sockelbetrag gem. § 10a Satz 1 GewStG zu gewähren.4

1 Rückwirkendes Ereignis ist der Eintritt des Endes des Abwicklungszeitraums; FG Hbg v. 25.8.2016 – 5 K 53/15, rkr., EFG 2016, 1971 m. Anm. Fu. Dies kann insbes. relevant werden für Zwecke der Verzinsung von Steuernachforderungen (§ 233a AO), wobei sich die Anwendung von § 233a Abs. 2a AO auch auf Erstbescheide erstrecken sollte; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 233a AO Rz. 32, 38. 2 Drüen in Blümich, § 7 KStG Rz. 82; Pfirrmann in Blümich, § 11 KStG Rz. 12; Stalbold in Gosch3, § 11 KStG Rz. 12. 3 BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904 Rz. 17; Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 11 KStG Rz. 64 f. 4 BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904 Rz. 17. Die von Stalbold in Gosch3, § 11 KStG Rz. 13, angesprochene Problematik, dass § 10a GewStG erst nach § 10 GewStG anzuwenden sei, sollte dahingehend aufgelöst werden können, dass § 16 GewStDV aus gesetzessystematischer Sicht § 10 GewStG verdrängt und die Bezugsfiktion erst nach § 10a GewStG Anwendung findet.

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§ 10a Gewerbeverlust 1Der

maßgebende Gewerbeertrag wird bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. 2Der 1 Million Euro übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 Prozent um nach Satz 1 nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. 3Im Fall des § 2 Abs. 2 Satz 2 kann die Organgesellschaft den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen, die sich vor dem rechtswirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags ergeben haben. 4Bei einer Mitunternehmerschaft ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen. 5Für den Abzug der den Mitunternehmern zugerechneten Fehlbeträge nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende maßgebende Gewerbeertrag sowie der Höchstbetrag nach Satz 1 den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag für das Abzugsjahr ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen. 6Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert festzustellen. 7Vortragsfähige Fehlbeträge sind die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags nach Satz 1 und 2 zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleibenden Fehlbeträge. 8Im Fall des § 2 Abs. 5 kann der andere Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben. 9§ 8 Abs. 8 und 9 Satz 5 bis 8 des Körperschaftsteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden. 10Auf die Fehlbeträge sind § 8c des Körperschaftsteuergesetzes und, wenn ein fortführungsgebundener Verlustvortrag nach § 8d des Körperschaftsteuergesetzes gesondert festgestellt wird, § 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; dies gilt mit Ausnahme des § 8d des Körperschaftsteuergesetzes auch für den Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft, soweit dieser 1. einer Körperschaft unmittelbar oder 2. einer Mitunternehmerschaft, soweit an dieser eine Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist, zuzurechnen ist. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . .

2

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

5

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

V. Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungskonformität der Mindestbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unzulässige Rückwirkung von § 10a Sätze 4 und 5 GewStG . . . . . . . . . . . 4. Verfassungswidrigkeit von § 10a Satz 10 GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 27

. .

a) Verfassungswidrigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG für Erhebungszeiträume bis einschließlich 2015 . . . . . . . . . b) Verfassungswidrigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG für Zeiträume ab 2016 . . c) Verfassungswidrigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . d) Verfassungswidrigkeit von § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG . . . . . . . .

36

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge . . . . . . .

37

20 22

.

29

.

31

.

32

I. Allgemeines und Verfahrensrecht . . . . . II. 1. 2. 3.

Unternehmensidentität . . . . . . . . Bedeutung und Herleitung . . . . . . Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . Unterfall: Teil-Unternehmensidentität a) Begrifflichkeiten und Herleitung . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . .

. . . . . .

32 33 34

37

. . . . . .

39 39 42 48 48 52

Suchanek/Hesse

577

§ 10a Gewerbeverlust

4. 5. 6.

7. 8.

c) Verlustverrechnung bei Teil-Unternehmensidentität . . . . . . . . . . . . . Beweislast des Vorliegens der (Teil-)Unternehmensidentität . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei Einzelunternehmen . . Besonderheiten bei Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . b) Unternehmensidentität bei gewerblich geprägten Personengesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG . . . . c) Unternehmensidentität bei atypisch stiller Gesellschaft . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften . Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unternehmensidentität bei Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unternehmensidentität bei Umwandlungsvorgängen . . . . . . . . . . . . . . aa) Umwandlungen von oder auf Kapitalgesellschaften . . . . . . . . bb) Umwandlungen von oder auf Personengesellschaften . . . . . . . cc) Realteilung . . . . . . . . . . . . .

III. 1. 2. 3. 4.

Unternehmeridentität . . . . . . . . . . . . Definition und Rechtsfolgen . . . . . . . . Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei Einzelunternehmen . . Besonderheiten bei Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitunternehmerbezogene Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . bb) Mitunternehmerstellung einer Personengesellschaft bei einer anderen Personengesellschaft . . . . b) Änderung der Beteiligungsverhältnisse . 5. Besonderheiten bei Körperschaften . . . . 6. Besonderheiten bei Betrieben gewerblicher Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umwandlungen unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . aa) Vielfache spezialgesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . bb) Formwechsel einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften . . . . . . . . dd) Einbringung in Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . b) Umwandlungen oder Übertragungsvorgänge unter Beteiligung von Personengesellschaften . . . . . . . . . . . aa) Unternehmeridentität bei Formwechsel des Gesellschafters einer Personengesellschaft . . . . . . . . bb) Formwechsel einer Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . .

578

Suchanek/Hesse

53 59 61 65 65 71 72 78 80 80 85 85 86 93 95 95 96 99 102 102 102 105 109 111 112 113 113 113 114 115 117 118 118 119

cc) Unternehmeridentität bei Verschmelzung und Spaltung des Gesellschafters einer Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . dd) Unternehmeridentität bei Anwachsung und Verschmelzung einer Personengesellschaft auf ihren Gesellschafter . . . . . . . . ee) Verschmelzung und Spaltung von bzw. auf eine andere Personengesellschaft . . . . . . . . . . ff) Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben in eine Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . gg) Einbringung von Mitunternehmeranteilen . . . . . . . . . . . . hh) Realteilung . . . . . . . . . . . . . ii) Begründung und Auflösung von atypisch stillen Gesellschaften . . jj) Begründung und Auflösung von Unterbeteiligungen . . . . . . . . kk) Nießbrauch . . . . . . . . . . . . C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Höhe nach limitierte Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags um die Fehlbeträge vorangegangener Erhebungszeiträume (Satz 1) . . . . . . . . . . . . . 1. Regelungsinhalt und Einbindung in das gesetzliche Konzept der gewerbesteuerlichen Verlustberücksichtigung . . . . . . 2. Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags und der Fehlbeträge . . . . . . . . a) Allgemeine Ermittlungsgrundsätze . . b) Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fehlbeträge werden iHv. bis zu 1 Mio. Euro vom maßgebenden Gewerbeertrag gekürzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kürzung der Fehlbeträge zu 60 % des 1 Mio. Euro übersteigenden Betrags (Mindestbesteuerung, Satz 2) . . . . . . . 1. Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . 2. Durchführung des Verlustabzugs nach Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausschluss der Fehlbetragskürzung um vor dem wirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags erwirtschaftete Fehlbeträge (Satz 3) . . . . . . . . . . . . 1. Regelungsinhalt und Bedeutung der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Differenzierung der Fehlbeträge bei Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organschaftliche Fehlbeträge . . . . . b) Außerorganschaftliche Fehlbeträge . . 3. Abzugsverbot für vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft . . . . . . . 4. Kein Abzugsverbot für sonstige außerorganschaftliche Fehlbeträge . . . . . . .

121

123 125 129 132 133 134 136 137 138

138 138 140 140 144 145

150 150 151

154 154 157 157 158 159 165

Gewerbeverlust IV. Besonderheiten bei der mitunternehmerschaftlichen Verlustzurechnung und beim mitunternehmerschaftlichen Verlustabzug (Sätze 4 und 5) . . . . . . . . . . 1. Gesetzgeberischer Hintergrund und Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verlustzurechnung an die Mitunternehmer im Jahr der Entstehung eines Fehlbetrags (Satz 4) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . b) Ausgangspunkt: sich insgesamt ergebender Fehlbetrag . . . . . . . . . . . . c) Zurechnung nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel . . . . . . . d) Nichtberücksichtigung von Vorabgewinnanteilen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abzug der den Mitunternehmern zugerechneten Fehlbeträge (Satz 5) . . . . . . . a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . b) Zurechnung des maßgebenden Gewerbeertrags und des Höchstbetrags nach § 10a Satz 1 . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nichtberücksichtigung von Vorabgewinnanteilen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zurechnung von fehlerhaft festgestellten Fehlbeträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fehlbetragskürzung bei Gesellschafterwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterscheidung der Fallgruppen . . . . b) Vollständiger Gesellschafterwechsel . . c) Wechsel eines oder mehrerer, aber nicht aller Gesellschafter . . . . . . . . . aa) Austritt zum Ende oder zu Beginn eines Erhebungszeitraums . . bb) Unterjähriger Gesellschafterwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gleichstellung des Mitunternehmers mit dem Einzelunternehmer (Gleichstellungsthese) . . . . (2) Intraperiodische Verlustverrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Interperiodischer Verlustabzug . . 6. Anrechnung der Gewerbesteuer (§ 35 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

b) Keine Kürzung durch Fehlbeträge . . 167 167 172 172 173 174 177 178 178 179 182 183 184 184 185 186 186 187 187 188 192 195

V. Gesonderte Feststellung (Satz 6) . . . . . . 198 1. Verfahrensrechtliche Einbindung . . . . . . 198 2. Inhalt des Feststellungsbescheids . . . . . . 204 VI. Definition des vortragsfähigen Fehlbetrags (Satz 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 VII. Fehlbetragsuntergang bei Übertragung des Gewerbebetriebs (Satz 8) . . . . . . . . . . 1. Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatbestandsmerkmal: „Im Fall des § 2 Abs. 5 …“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolge: Der andere Unternehmer kann die Fehlbeträge des übergegangenen Unternehmens nicht von seinen Gewerbeerträgen kürzen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der andere Unternehmer . . . . . . . .

§ 10a

209 209 210

213 213

VIII. Entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 8 und 9 Sätze 5 bis 8 KStG (Satz 9) 1. Regelungsinhalt und Hintergrund . . . 2. Spartenrechnung . . . . . . . . . . . . . a) Betriebe gewerblicher Art . . . . . . b) Eigengesellschaften . . . . . . . . . .

. . . . .

IX. Entsprechende Anwendung der §§ 8c, 8d KStG (Satz 10) . . . . . . . . . . . . . 1. Regelungsinhalt und gesetzgeberischer Hintergrund der Norm . . . . . . . . . . a) § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG . . . . b) § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG . . . . 2. Verfassungsrechtliche Aspekte und daraus resultierende zeitliche Anwendungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Feststellungslast . . . . . . . . . . . . . . . 4. Entsprechende Anwendung von §§ 8c, 8d KStG auf die Fehlbeträge einer Körperschaft (Satz 10 Halbs. 1) . . . . . . . . a) Anwendung des § 8c KStG bei Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tatbestände . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolge: Anwendung des § 8c KStG auf Fehlbeträge . . . . cc) Ausnahmen vom grundsätzlichen Verlustuntergang: Anwendung der Konzernklausel und der Stille-Reserven-Klausel . . . . (1) Konzernklausel . . . . . . . . . . (2) Stille-Reserven-Klausel . . . . . . (a) Ermittlung der zu erhaltenden Fehlbeträge . . . . . . . . . . . . (b) Gewerbesteuerliche Besonderheiten bei der Berücksichtigung von stillen Reserven . . . . . . . . . . b) Anwendung des § 8d KStG bei Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zeitliche Anwendung . . . . . . . bb) Zugangsvoraussetzungen . . . . . cc) Antragserfordernis . . . . . . . . dd) Erfordernis der gesonderten Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags . . . ee) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . ff) Schädliche Ereignisse nach Feststellung von fortführungsgebundenen Fehlbeträgen . . . . . . . . 5. Entsprechende Anwendung des § 8c KStG auf Fehlbeträge von Mitunternehmerschaften, die einer Körperschaft unmittelbar oder mittelbar nachgeordnet sind (Satz 10 Halbs. 2) . . . . . . . . . . . a) Anwendung des § 8c KStG . . . . . . aa) Tatbestandsverwirklichung auf Ebene der Körperschaft . . . . . bb) Verlustuntergang in Höhe der zugerechneten Fehlbeträge der Mitunternehmerschaft . . . . . .

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215 216 216 218 218 221 224 224 224 227 229 231 232 232 232 238

242 242 244 244 245 248 248 249 254 255 256 257

260 260 260 262

579

§ 10a Gewerbeverlust (1) Unmittelbare Beteiligung der Körperschaft an der Mitunternehmerschaft (Satz 10 Halbs. 2 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (2) Mittelbare Beteiligung der Körperschaft an der Mitunternehmerschaft über eine Mitunternehmerschaft (Satz 10 Halbs. 2 Nr. 2) . . . 264

cc) Anwendung der Konzernklausel und der Stille-ReservenKlausel . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine entsprechende Anwendung des § 8d KStG für Fehlbeträge von Mitunternehmerschaften . . . . . . . . . .

265 268

Literatur: Orth, Unternehmeridentität und Gewerbeverlust (§ 10a GewStG) – Zur Rechtslage nach dem StBereinigungsG 1986, FR 1986, 81; Weßling, Der Gewerbeverlust gem. § 10a GewStG bei Wechsel der Gesellschafter einer Personengesellschaft, DB 1986, 1894; Authenrieth, Brennpunkte der Beratung – Verlustvortrag beim Mantelkauf, DStZ 1987, 203; Kraushaar, Brennpunkte der Beratung – Wegfall der Unternehmeridentität als Voraussetzung für den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag nach § 10a GewStG, DStZ 1987, 255; Pauka, Veränderungen bei der Gewerbesteuer in der Zeit von 1984 bis 1986 (Teil II), DB 1987, 655; Robbisch, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag – Anmerkungen zum Fehlbetragsbeschluss des Großen Senats v. 3.5.1993, BB 1993, 1499; Bordewin, Verlustausgleich und Verlustabzug bei Personengesellschaften/insbesondere nach neuester Rechtsprechung des BFH, DStR 1994, 673; Weßling, Der Gewerbeverlust bei Wechsel im Gesellschafterverband und Umwandlung von Personengesellschaften, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1994, 686; Bordewin, Abzug des Gewerbeverlustes bei Personengesellschaften – Alte und neue Erkenntnisse nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, DStR 1995, 313; Bordewin, Gewerbesteuerlicher Verlustabzug bei Umwandlung einer einstöckigen in eine doppelstöckige Kommanditgesellschaft, DStR 1996, 1594; Herzig/Förster/Förster, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei Wechseln im Gesellschafterbestand und Umstrukturierung von Personengesellschaften, DStR 1996, 1025; Pyszka, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei „stufenweisem“ Gesellschafterwechsel in Personengesellschaften, DStR 1997, 1073; Söffing, Gedanken zum Fehlbetragsbeschluss des Großen Senats – Anm. zum BFH-Beschl. v. 3.5.1993 – GrS 2/93, DB 1997, 447; Günther, Gewerbesteuerlicher Verlustabzug nach § 10a GewStG im Falle des Gesellschafterwechsels bei Personengesellschaften (Rundverfügung v. 29.1.1994 – G 1427 A – St 34 3), Wpg. 1998, 438; Eckert/Kneip/Rieke, Aktuelle Fragen zur Gewerbesteuer nach Verabschiedung des StEntlG 1999/2000/2002 und der GewStR 1998, INF 1999, 225; Prinz/Ommerborn, Neue „Organschaftsfalle“ bei Verlusten: Abschn. 68 Abs. 5 GewStR 1998, FR 1999, 993; Patt/Stimpel, Verlustverwertung im Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft – Behandlung vortragsfähiger Fehlbeträge, die das Organträgerunternehmen vor Begründung der Organschaft erzielt hat, FR 2000, 705; Rödder, Verlustverrechnung im gewerbesteuerlichen Organkreis, DStR 2001, 780; Wendt, Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag bei doppelstöckiger Personengesellschaft – Anm. zu BFH v. 6.9.2000 – IV R 69/99, FR 2001, 77; Füger/ Rieger, Veräußerung von Mitunternehmeranteilen und Gewerbesteuer, DStR 2002, 933; Dötsch/Pung, Die Neuerungen bei der Körperschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer durch das Steuergesetzgebungspaket vom Dezember 2003, Teil II: Die Änderungen insbes. bei der Verlustnutzung und bei § 8b KStG, DB 2004, 151; Günkel/Levedag, Die Gewerbesteuer bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen durch Kapitalgesellschaften, FR 2004, 261; Rautenstrauch/Adrian, Anmerkungen zum Entwurf des BMF-Schreibens zu Änderungen der ertragsteuerlichen Organschaft durch das StVergAbG, DB 2005, 1018; Walter, Der Entwurf eines neuen BMF-Schreibens zur Organschaft, GmbHR 2005, 456; Prinz/Hick, Transfer gewerbesteuerlicher Verlustabzüge einer Personengesellschaft durch Anwachsung auf eine Organgesellschaft, GmbHR 2006, 841; Thill, Der Übergang von Verlustvorträgen bei Anwachsung einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft, FR 2006, 407; Dötsch/Pung, JStG 2007 – Die Änderungen des KStG und des GewStG, DB 2007, 11; Hans, Unternehmensteuerreform 2008: Kritik der Neuregelung über die Nutzung körperschaftsteuerlicher Verluste (§ 8c KStG), FR 2007, 775; Neyer, Verlustnutzung nach Anteilsübertragung: Die Neuregelung des Mantelkaufs durch § 8c KStG n.F., BB 2007, 1415; Suchanek, Anwendung von § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG bei der Veräußerung von doppelstöckigen Mitunternehmerschaften, GmbHR 2007, 248; Wassermeyer, Vorlage des BFH an das BVerfG: § 36 Abs. 9 GewStG i.d.F. des JStG 2007 ist verfassungswidrig – Berechnung des anteiligen Wegfalls eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts – Berücksichtigung nur des Gewinnverteilungsschlüssels oder auch der Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben des ausscheidenden Gesellschafters – Rückwirkende Änderung nicht möglich, DB 2007, 1676; Behrendt/Arjes, Gewerbesteuerliche Unternehmeridentität bei Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, DStR 2008, 811; Kempermann, Rücknahme der Vorlagen an das BVerfG wegen rückwirkender Änderung von § 10a GewStG, DStR 2008, 2316; Lishaut, Grenzfragen zum „Mantelkauf“ (§ 8c KStG), FR 2008, 789; Oenings, Gewerbesteuerliche Verlustverrechnung – Unternehmeridentität i.S.d. § 10a GewStG bei atypisch stiller Gesellschaft, DStR 2008, 279; Salzmann, Anm. zum BFH-Urt. v. 7.8.2008 – IV R 85/05, DStR 2008, 2016; Beinert/Benecke, Änderungen der Unternehmensbesteuerung im JStG 2009, Ubg 2009, 169; Bracksiek, Die Neuregelung des steuerlichen Querverbunds durch das JStG 2009, FR 2009, 15; Frey/Mückel, Entschärfung von Transaktionshindernissen beim Verlustabzug durch Konzernklausel und Verschonungsregelung, AG 2009, 866; Gosch, Zum Verlust der wirtschaftlichen Identität i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG, BFH/PR 2009, 148; Hey, Körperschaftund Gewerbesteuer und objektives Nettoprinzip, DStR-Beihefter zu 34/2009, 109; Hoffmann, Weitere Verlustvernichtung im JStG 2009, DStR 2009, 257; Honert/Obse, Gewerbesteuerliche Verluste bei Mitunternehmerschaften –

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Suchanek/Hesse

Gewerbeverlust

§ 10a

Aktuelle Entwicklungen, EStB 2009, 404; Kleinheisterkamp, Gewerbeverlust und Zinsvortrag bei Übergang und Aufgabe von Teilbetrieben – Zugleich Besprechung des BFH-Urt. v. 7.8.2008 – IV R 86/05, FR 2009, 522; Frey/ Mückl, Entschärfung von Transaktionshindernissen beim Verlustabzug durch Konzernklausel und Verschonungsregelung, Steuer-Journal 2009, 866; Sistermann/Brinkmann, Wachstumsbeschleunigungsgesetz: Die Änderungen bei der Mantelkaufregelung, DStR 2009, 2633; Suchanek, Ertragsteuerliche Änderungen im JStG 2009 zur Verhinderung von Gestaltungen im Zusammenhang mit § 8c KStG – Die „Verlustvernichtung“ geht weiter, Ubg 2009, 178; Brandenberg, Dogmatische Zweifelsfragen des Gewerbeverlusts, JbFfSt. 2009/2010, 445; Bien/Wagner, Die Konzernklausel bei § 8c KStG, BB 2010, 923; Dörr, Wachstumsbeschleunigung durch den neuen § 8c KStG – Erleichterungen bei der Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften, NWB 2010, 184; Frey/Mückl, Konzeption und Systematik der Änderungen beim Verlustabzug (§ 8c KStG) – Chancen und Risiken für die Gestaltungspraxis, GmbHR 2010, 71; Hierstetter, (Mit-)Unternehmeridentität bei Verschmelzung bzw. Spaltung einer KapGes. – Zur Reichweite des § 4 Abs. 2 Satz 1 und § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG, DB 2010, 1089; Kutt/Möllmann, Rechtsformabhängige Verlustnutzungsmöglichkeiten beim (unterjährigen) Beteiligungserwerb, DB 2010, 1150; Patt, Einbringung betrieblicher Einheiten durch KapGes. – Verwertung gewerbesteuerlicher Verluste, EStB 2010, 146; Scheipers/Linn, Änderungen des § 8c KStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, Ubg 2010, 8; Scheunemann/Dennisen/Behrens, Steuerliche Änderungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, BB 2010, 23; Schneider/Roderburg, Beratungsrelevante Änderungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, FR 2010, 58; Weber, Nutzung des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaftskonzernen bei Umstrukturierung und Veräußerung, Ubg 2010, 201; Wittkowski/Hielscher, Änderungen des § 8c KStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, DB 2010, 11; Brandenberg, § 10a GewStG bei Anwachsung und Einbringung, JbFfSt. 2010/2011, 430; Desens, Der Verlust von Verlustvorträgen nach der Mindestbesteuerung, FR 2011, 745; Hötzel, Die neue Stille-Reserven-Klausel bei § 8c KStG, JbFfSt. 2010/2011, 150; Forst/Kofmann/Pittelkow, Verschiedene Ausgliederungsmodelle im Überblick, EStB 2011, 40; Kube, Die intertemporale Verlustverrechnung – Verfassungsrechtlicher Rahmen und legislativer Gestaltungsraum, DStR 2011, 1781; Schöneborn, Gewerbeverluste gem. § 10a GewStG bei Personengesellschaften – Auswirkungen des § 8c KStG bei „darüber hängenden“ Kapitalgesellschaften, NWB 2011, 366; Wacker, Festschrift für Wulf Goette zum 65. Geburtstag, 2011, 561; Wagner, Das Treuhandmodell als Gestaltungsinstrument, StbJb. 2011/ 2012, 133; Böwing-Schmalenbrock, Umwandlung einer atypischen Kommandit-Unterbeteiligung in eine Direktbeteiligung – Kein Formwechsel, sondern steuerneutrale Realteilung, FR 2012, 121; Esterer/Bartelt, Einordnung ausgewählter Verlustnutzungsregelungen in die Steuersystematik – Kritische Analyse von sog. Mantelkaufregelung und Mindestgewinnbesteuerung, Ubg 2012, 383; Roser, Gewerbesteuerliche Teilbetriebe, EStB 2012, 461; Suchanek, Übergang des Gewerbeverlusts nach § 10a GewStG von einer Kapital- auf eine Personengesellschaft – Kritische Anmerkung zum Erlass des FinMin. NRW v. 27.1.2012, FR 2012, 296; Behrendt/Scheewe/Lache, (Keine) Nutzung gewerbesteuerlicher Anlaufverluste von Personengesellschaften, DB 2013, 249; Kleinheisterkamp, Einzelfragen zur Unternehmer- und (Teil-)Unternehmensidentität, JbFfSt, 2012/2013, 504; Kleinheisterkamp, Bindungswirkung eines Bescheids über einen vortragsfähigen Gewerbeverlust bei Personengesellschaften: BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, JbFfSt, 2012/2013, 519; Ley, Einzelfragen zur Nutzung der Gewerbeverluste im Zusammenhang mit Personengesellschaften, KÖSDI 2013, 18466; Ley, Nutzung der Gewerbeverluste im Zusammenhang mit Personengesellschaften, KÖSDI 2013, 18366; Schöneborn, Das Merkmal der Unternehmensidentität bei gewerblichen Verlusten – Risiko Teilbetriebsveräußerung bei Personengesellschaften: Droht der Verlust der Altverluste?, NWB 2013, 863; Teiche, Verfahrensrechtliche Aspekte nach der Organschaftsreform, DStR 2013, 2197; Brinkmann, § 8c KStG und Organschaft bei unterjähriger Anteilsveräußerung – Zugleich Anmerkung zum BMF-Entwurf zur Anwendung des § 8c KStG, StBp. 2014, 193; Kleinheisterkamp, Neues zu gewerbesteuerlichen Fehlbeträgen, JbFfSt 2013/2014, 459; Kupfer/Göller/Leibner, Droht der Untergang von Gewerbeverlusten nach § 10a GewStG bei Mitunternehmerschaften?, Ubg 2014, 361; Neu/Hamacher, Gewerbesteuer und Gewerbesteuerermäßigung bei unterjähriger gewerbesteuerpflichtiger Anteilsveräußerung, GmbHR 2014, 841; Nöcker, Nutzung des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags bei Beteiligung eines Kommanditisten als atypisch stiller Gesellschafter der KG, FR 2014, 863; Schimmele, Nutzung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge bei Begründung einer KG & atypisch stillen Gesellschaft – Anm. zu BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, EStB 2014, 287; Schneider/Sommer, Der Entwurf des neuen BMF-Schreibens zu § 8c KStG, FR 2014 537; Suchanek/Rüsch, Gewerbesteuerliche Organschaft und Zinsschranke im Organschaftsfall – Die Wirkungen des § 8c KStG, DStZ 2014, 871; Suchanek/Trinkaus, Gewerbesteuerlicher Verlustuntergang innerhalb doppelstöckiger Personengesellschaften – Neue Erkenntnisse aus dem BFH-Urt. v. 24.4.2014, Ubg 2014, 495; Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG, StbJb. 2014/2015, 97; Maetz, Ausgewählte ertragsteuerliche Problemkreise bei atypischen Unterbeteiligungen: Sperrfrist nach § 6 Abs. 5 S. 4 EStG, Gewerbeverlust nach § 10a GewStG, Wechsel in eine direkte Beteiligung, DStR 2015, 1844; Rogge, Wegfall des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags wegen fehlender Unternehmensidentität – Eine Übersicht ausgewählter Rechtsprechung, DB 2015, 1182; Schulze zur Wiesche, Die atypisch stille Beteiligung an GmbH, GmbH & Co. KG, StBp. 2015, 221; Förster, Das aktuelle BMF-Schreiben zur Steuerermäßigung gem. § 35 EStG, DB 2016, 2866; Keilhoff/Risse, Unzureichende Umsetzung der Intentionen des Gesetzgebers im neuen § 8d KStG-E, FR 2016, 1085; Kleinheisterkamp, Nutzung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge bei stiller Beteiligung an einer Personengesellschaft, JbFfSt 2015/2016, 525; Moritz, Unterjährige Beteiligungswechsel bei Organschaft – Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c Abs. 1 KStG, § 10a S. 10 GewStG?, GmbHR 2016, 861; Ortmann-Babel/Bolik, Verlustrettung durch fortführungsgebundenen

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§ 10a Rz. 1 Gewerbeverlust Verlustvortrag nach § 8d KStG, DB 2016, 2984; Suchanek/Rüsch, Erweiterung der körperschaftsteuerlichen Verlustverrechnung: Der Entwurf zu einem „fortführungsgebundenen Verlustvortrag“ (§ 8d KStG-E), Ubg 2016, 576; Suchanek/Rüsch, Die „nahestehende Person“ bei § 8c KStG, Wpg. 2016, 173; Wilcken, Rettung der Sanierungsklausel durch einen neuen § 8d KStG?, NZI 2016, 996; Dreßler/Oenings, Chancen und Risiken der Gewerbesteueranrechnung bei unterjährigem Gesellschafterwechsel – Zugleich Anm. zu den BFH-Urt. IV R 5/14 und IV R 48/12 v. 14.1.2016, DStR 2017, 625; Ernst/Roth, Der Vorhang zu und alle Fragen offen – Zur (Un-)Vereinbarkeit von § 8c KStG mit Verfassungsrecht nach der „Paukenschlag“-Entscheidung des BVerfG, Ubg 2017, 366; Förster/von Cölln, Die Neuregelung des § 8d KStG beim schädlichen Beteiligungserwerb, DStR 2017, 8; Gänsler, Die Rettung steuerlicher Verlustvorträge, Wpg. 2017, 534; Görgen/Rüschoff, Die Verlustnutzung im Rahmen der atypisch stillen Beteiligung – eine Analyse der Rechtslage zu § 15a EStG, § 10a GewStG sowie § 8c KStG mit Beispielen, Ubg 2017, 453; Kessler/Egelhof/Probst, Auswirkungen des BVerfG-Beschlusses v. 29.3.2017 auf § 8c Abs. 1 S. 1 KStG i.V.m. § 8d KStG und § 8c Abs. 1 S. 2 KStG, DStR 2017, 1289; Mirbach, Erweiterung der Verlustnutzung bei Kapitalgesellschaften, KÖSDI 2017, 20330; Neumann/Heuser, § 8d KStG – Weiterentwicklung der körperschaftsteuerlichen Verlustverrechnung für eng begrenzte Sonderfälle, GmbHR 2017, 281; Neyer, Der neue § 8d KStG: Verlustretter mit Schwachstellen, BB 2017, 415; Pauli, Verfassungswidrigkeit des § 8c Abs. 1 S. 1 KStG nach Einführung des § 8d KStG? – Offene Fragen nach der Entscheidung des BVerfG v. 29.3.2017, FR 2017, 663; Suchanek, Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften beim Verlustabzug infolge eines schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c Satz 1 KStG (jetzt § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG), FR 2017, 587; Suchanek, Die Gleichstellung der atypisch stillen Gesellschaft mit den übrigen ertragsteuerlichen Mitunternehmerschaften – Zugleich Anm. zu BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, GmbH 2017, 292: Suchanek/Hesse, § 10a Satz 10 GewStG – Die entsprechende Anwendung der §§ 8c, 8d KStG auf die Fehlbeträge, Der Konzern 2017, 335; Suchanek/Rüsch, Update zu § 8d KStG: Die Änderungen im verabschiedeten Gesetz, Ubg 2017, 7; Weiss, BB-Kommentar „Kein Wegfall des Gewerbeverlustes beim heterogenen Formwechsel des (Mit-)Unternehmers“, BB 2017, 40.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 Die Vorschrift des § 10a GewStG regelt die Verrechnung des Gewerbeertrags mit Fehlbeträgen vorheri-

ger EZ und hat damit den interperiodischen Verlustabzug zum Gegenstand. Von seinem Regelungsinhalt nicht umfasst ist hingegen der intraperiodische Verlustausgleich. Die Vorschrift durchbricht den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und gewährleistet so, (zumindest) dem Kernbereich des objektiven Nettoprinzips gerecht zu werden. Gesetzgeberisch ist somit eine Steuerwürdigkeitsentscheidung gefallen, die die Regelung als Fiskalzwecknorm und nicht als Steuervergünstigung qualifiziert.1 Entstandene Verluste können jedoch nur mit zukünftigen Gewerbeerträgen verrechnet werden. Ein Rücktrag in vorangegangene EZ ist, anders als bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer, nicht vorgesehen. Diese Besonderheit dient der haushaltspolitischen Planungssicherheit der Gemeinden, denen die GewSt zusteht.2 Eingeschränkt wird die Verlustverrechnung durch das Konzept der Mindestbesteuerung, welches auch in § 10d EStG Anwendung findet. Danach lässt § 10a Satz 1 GewStG die Kürzung des Gewerbeertrags bis zu einem Betrag von 1 Mio. Euro um die Fehlbeträge zu, die sich in vorangegangenen EZ ergeben haben. Übersteigt der Gewerbeertrag den Betrag von 1 Mio. Euro, kann er gem. § 10a Satz 2 GewStG nur zu 60 % mit einem nach § 10a Satz 1 GewStG nicht berücksichtigten Fehlbetrag ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Fehlbeträge werden weiter vorgetragen. Dieses Konzept der Mindestbesteuerung kann in bestimmten Fällen zu Definitivbelastungen führen, die zumindest verfassungsrechtlich fragwürdig sind (s. ausf. Rz. 29 f.).

II. Anwendungsbereich 2 § 10a GewStG enthält sowohl persönliche als auch sachliche Elemente. In persönlicher Hinsicht fin-

det er auf alle Gewerbetreibenden iSd. §§ 2, 35a GewStG Anwendung, wenn sie nicht sachlich oder persönlich von der GewSt befreit sind. Der zukünftige Verlustabzug ist im Weiteren personell an den (Mit-)Unternehmer gebunden. Ursprünglich von dem Gedanken der Missbrauchsvermeidung getrie1 Vgl. auch Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 21 (Stand: April 2017); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 4 mwN (Stand: März 2017). 2 BT-Drucks. 7/4604, 3.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 8 § 10a

ben, ist im Laufe der Zeit auch die gemessen an den Grundsätzen der Unternehmeridentität eigentlich irrelevante Anteilseignerebene von Körperschaften für die Fehlbetragsverrechnung relevant geworden, was aktuell in Satz 10 durch einen Rechtsfolgenverweis auf § 8c KStG gesetzgeberische Umsetzung gefunden hat. Sachlich ist der Fehlbetrag an den Bestand und die Identität des Unternehmens gekoppelt, was 3 dem Charakter der GewSt als Objektsteuer geschuldet ist. Dementsprechend ist der Abzug von Aufwendungen bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften ausgeschlossen, die vor Beginn der sachlichen StPfl., also vor Aufnahme der werbenden, laufenden gewerblichen Tätigkeit, getätigt wurden. Die Möglichkeit, einen Fehlbetrag als Gewerbeverlust vorzutragen bzw. einen vortragsfähigen Fehlbetrag gesondert festzustellen, setzt daher voraus, dass die sachliche GewStPfl. entstanden ist, der Verlust also während des Bestehens eines Gewerbebetriebs verursacht worden ist.1 Aus dem Objektsteuercharakter folgt im Weiteren, dass Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs iSv. § 16 EStG – vorbehaltlich der Einschränkungen des § 7 Satz 2 – nicht der GewSt unterliegen,2 sodass entsprechende Veräußerungsverluste bei der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags iSd. § 10a Satz 1 GewStG unberücksichtigt bleiben. Dies stellt den umgekehrten Fall zur Nichtberücksichtigung von Anlaufverlusten dar. Gesetzgeberische Beschränkungen sachlicher Natur finden sich auch in § 10a Sätze 3 und 9 GewStG. Danach können Organgesellschaften ihren Gewerbeertrag nicht um (eigene) vororganschaftliche Fehlbeträge kürzen bzw. finden die Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 8 Abs. 8 und 9 KStG entsprechende Anwendung. Eine weitere Beschränkung in sachlicher Hinsicht ergibt sich für den Fall der Pauschfestsetzung des 4 Gewerbesteuermessbetrags nach § 15 GewStG. § 10a GewStG findet in diesen Fällen (s. hierzu § 15 GewStG Rz. 11) mangels Ermittlung eines Gewerbeertrags keine Anwendung.

III. Rechtsentwicklung Die Möglichkeit des Verlustabzugs bei der GewSt wurde erst mit der Einführung des § 19 der Dritten 5 GewStDV v. 31.1.19403 eröffnet. Danach war der Gewerbeertrag bei Gewerbetreibenden, die Bücher nach den Vorschriften des HGB führen, grds. um Fehlbeträge der beiden vorangegangenen Wj. zu kürzen. Mit dem Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.19514 wurde diese ursprüngliche 6 Regelung durch Art. 1 Nr. 10 vollständig verändert und als § 10a GewStG in das GewStG übernommen. Die ab dem EZ 1950 geltende Vorschrift ermöglichte den Verlustabzug für die drei vorangegangenen EZ (anstatt Wj.) für Gewerbetreibende, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln. Mit dem Gesetz zur Neuordnung von Steuern v. 16.12.19545 verlängerte der Gesetzgeber den Zeit- 7 raum des Verlustabzugs durch Art. 8 Nr. 4 auf fünf Jahre. Außerdem wurde die Abzugsmöglichkeit auf Gewerbetreibende, die ihren Gewinn nach § 5 EStG aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, beschränkt. Durch Art. 6 Nr. 1 des StÄndG v. 13.7.19616 wurde § 2 Abs. 5 GewStG eingeführt. Durch Art. 6 Nr. 8 8 des Gesetzes ist Satz 2 hinzugekommen (heutiger Satz 8). Danach entfällt der Verlustvortrag bei

1 St. Rspr., vgl. nur BFH v. 19.8.1977 – IV 107/74, BStBl. II 1978, 23; v. 27.10.1992 – VIII R 30/90, BFH/NV 1993, 264; v. 15.1.1998 – IV R 8/97, BStBl. II 1998, 478 = FR 1998, 697; v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 Rz. 24 = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt. 2 Vgl. nur BFH v. 3.12.2015 – IV R 4/13, BStBl. II 2016, 544 Rz. 14 = FR 2016, 478 m. Anm. Nöcker; v. 26.6.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289 Rz. 36 = FR 2007, 1075; v. 7.2.1995 – VIII R 36/93, BStBl. II 1995, 770 = FR 1995, 781; v. 28.2.1990 – I R 92/86, BStBl. II 1990, 699; v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 = FR 1988, 79. 3 RGBl. I 1940, 284. 4 BGBl. I 1951, 996 = BStBl. I 1952, 2. 5 BGBl. I 1954, 373 = BStBl. I 1954, 575. 6 BGBl. I 1961, 981 = BStBl. I 1961, 444.

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§ 10a Rz. 9 Gewerbeverlust Übergang eines ganzen Gewerbebetriebs auf einen anderen Unternehmer. Die Änderungen galten ab dem EZ 1961. 9 Die Worte „auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung“ in § 10a Satz 1 GewStG entfielen mit Art. 1

Nr. 1 des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz v. 21.12.1974.1 Erstmalig fand diese Regelung für Fehlbeträge, die sich bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für den EZ 1975 ergaben, Anwendung (§ 36 Abs. 1 GewStG idF des Art. 1 Nr. 3 EG-EStRefG). 10

Mit Art. 10 Nr. 7 des StBereinG 1986 v. 19.12.19852 konnten auch Gewerbetreibende, die ihren Gewinn nach Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, Gewerbeverluste vortragen, da die Formulierung „bei Gewerbetreibenden, die den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes ermitteln“ in § 10a Satz 1 GewStG gestrichen wurde. Anwendung fand die Regelung nach § 36 Abs. 3 GewStG idF des Art. 10 Nr. 14 des StBereinG 1986 rückwirkend ab dem EZ 1975.

11

Die zeitliche Einschränkung des Verlustabzugs wurde mit Art. 3 Nr. 4 des StRefG 1990 v. 25.7.19883 abgeschafft. Gleichzeitig wurde mit dem Gesetz die gesonderte Feststellung der Höhe des vortragsfähigen Fehlbetrags durch Einfügung eines neuen Satzes 2 (heutiger Satz 6) eingeführt. Die Neuregelungen galten ab dem EZ 1985 (§ 36 Abs. 5 idF des StRefG 1990). Des Weiteren wurde mit dem StRefG 1990 der Satz 4 (heutiger Satz 10) ergänzt, der auf den ebenfalls neu eingeführten § 8 Abs. 4 KStG verwies. Danach wurde der Verlustabzug bei Körperschaften von ihrer wirtschaftlichen Identität abhängig gemacht. § 8 Abs. 4 KStG und damit auch § 10a Satz 4 wurden erstmalig für den EZ 1990 angewandt (§ 36 Abs. 1 GewStG idF des StRefG 1990). Jedoch ordnete § 36 Abs. 6 GewStG idF des StRefG 1990 weiterhin an, dass die Neufassung auch für EZ vor 1990 Anwendung fand, sofern Rechtsgeschäfte, die nach dem 23.6.1988 geschlossen wurden, zum Verlust der wirtschaftlichen Identität führten.

12

Ab dem EZ 1990 ist § 10a GewStG auch bei Betriebsstätten im beigetretenen Teil Deutschlands gem. § 36 Abs. 5a GewStG idF des Einigungsvertragsgesetzes v. 23.9.19904 anzuwenden.

13

Mit Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze v. 23.12.20035 wurde wie im neu gefassten § 10d Abs. 2 EStG auch im GewStG die Mindestbesteuerung verankert. Danach ist ein unbegrenzter Verlustabzug nur bis zu einem Gewerbeertrag von 1 Mio. Euro möglich; ein überschießender Gewerbeertrag kann nur bis zu 60 % gekürzt werden (Satz 2). Des Weiteren wurde in der ab dem EZ 2004 geltenden Fassung Satz 3 eingefügt, der den Verlustabzug von vororganschaftlichen Fehlbeträgen versagt. Somit wurden die bisherigen Sätze 2 bis 4 zu Sätzen 4 bis 6.

14

Im Rahmen des JStG 2007 v. 13.12.20066 fügte der Gesetzgeber durch Art. 5 Nr. 4 die Sätze 4 und 5 ein. Damit wurde die bisherige Verwaltungsauffassung, wonach bei Mitunternehmerschaften die Zurechnung des maßgebenden Fehlbetrags auf die Mitunternehmer und der Abzug des maßgebenden Gewerbeertrags nach dem Gewinnverteilungsschlüssel ohne Berücksichtigung von Vorabgewinnen zu erfolgen hat, rechtsprechungsbrechend7 im Gesetz verankert (s. dazu Rz. 167 ff.). Die bisherigen Sätze 4 bis 6 wurden dadurch Sätze 6 bis 8. Die neu eingeführte Regelung zu Mitunternehmerschaften fand gem. § 36 Abs. 9 GewStG idF des Art. 5 Nr. 6 Buchst. g JStG 2007 auch für EZ vor 2007 Anwendung.8

15

Mit dem UntStRefG v. 14.8.20079 wurde § 8c KStG, der erstmal für den VZ 2008 anzuwenden war, unter Aufhebung von § 8 Abs. 4 KStG eingeführt. Dadurch passte der Gesetzgeber den Verweis in Satz 8 auf § 8 Abs. 4 KStG aF an und erklärte den neuen § 8c KStG ab 2008 für entsprechend anwendbar. 1 2 3 4 5 6 7

BGBl. I 1974, 3656 = BStBl. I 1975, 2. BGBl. 1986, 2436 = BStBl. I 1985, 2436. BGBl. I 1988, 1093 = BStBl. 1988 1093. BGBl. II 1990, 885 = BStBl. I 1990, 654. BGBl. I 2003, 2922 = BStBl. I 2004, 20. BGBl. I 2006, 2878 = BStBl. I 2007, 28. Vgl. BFH v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, BFHE 213, 12 = FR 2006, 557 m. Anm. Wendt; v. 19.4.2007 – IV R 4/06, BStBl. II 2008, 140. 8 Der mit BFH v. 19.4.2007 – IV R 4/06, BStBl. II 2008, 140, verbundene Vorlagebeschl. an das BVerfG, ob die Anwendungsregelung des § 36 Abs. 9 idF des JStG 2007 eine mit dem GG unvereinbare echte Rückwirkung darstellt, ist durch Rücknahme der Rev. aufgrund Klaglosstellung des Klägers durch die FinVerw. nicht zur Entsch. durch das BVerfG gekommen; vgl. BFH v. 30.10.2008 – IV R 4/06, BFH/NV 2009, 214. 9 BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 22 § 10a

Durch Art. 5 Nr. 2 des JStG 2008 v. 20.12.20071 fügte der Gesetzgeber die Definition des vortrags- 16 fähigen Fehlbetrags in einen neuen Satz 7 ein. Damit wurden die bisherigen Sätze 7 und 8 zu Sätzen 8 und 9. Die Regelung findet auch für EZ vor 2007 Anwendung (§ 36 Abs. 9 Satz 7 idF des Art. 5 Nr. 4 Buchst. c JStG 2008). Durch Art. 4 Nr. 4 des JStG 2009 v. 19.12.20082 wurde nach Satz 8 ein neuer Satz 9 eingefügt, der den 17 ebenfalls mit dem JStG 2009 neu eingefügten § 8 Abs. 8 und 9 Sätze 5 bis 7 KStG für entsprechend anwendbar erklärt. Der bisherige Satz 9 wurde Satz 10. Anwendung findet die Neuregelung erstmals für den EZ 2009 (§ 36 Abs. 9 Satz 8 idF des Art. 4 Nr. 8 Buchst. h JStG 2009). Zudem wurde Satz 10 (bisheriger Satz 9) neu gefasst. Es wurde ein zweiter Halbsatz eingefügt, nachdem § 8c KStG auf Fehlbeträge einer Mitunternehmerschaft entsprechend anzuwenden ist, soweit der Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft, an der eine Körperschaft (unmittelbar bzw. mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften) beteiligt ist, einer Körperschaft zuzurechnen ist. Anzuwenden ist die Regelung für schädliche Beteiligungserwerbe, die nach dem 28.11.2008 stattfinden (§ 36 Abs. 9 Satz 10 idF des Art. 4 Nr. 8 Buchst. h JStG 2009). Mit Art. 3 Nr. 3 des JStG 2010 v. 8.12.20103 wurde Satz 9 dahingehend erweitert, dass § 8 Abs. 9 Sät- 18 ze 5 bis 8 KStG (statt zuvor Satz 5 bis 7) auch für gewstl. Zwecke Anwendung finden. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der stl. Verlustverrechnung bei Körperschaften v. 19 20.12.20164 wurde mit Art. 2 der Verweis auf den neu im KStG eingeführten § 8d KStG in Satz 10 eingefügt. Die Regelung gilt gem. § 36 Abs. 1, 2c GewStG idF des Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der stl. Verlustverrechnung für schädliche Beteiligungserwerbe iSd. § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG, die nach dem 31.12.2015 erfolgen.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG Die Vorschrift steht im direkten Zusammenhang mit der Vorschrift des § 10 GewStG, in der der 20 maßgebende Gewerbeertrag geregelt wird. Denn der maßgebende Gewerbeertrag nach § 10 wird um den festgestellten Fehlbetrag der Vorjahre unter Beachtung der Mindestbesteuerung gekürzt (§ 10a Sätze 1 und 2). Der nach der Verrechnung sich ergebende Gewerbeertrag ist Grundlage für die Berechnung des Steuermessbetrags des § 11 GewStG. Ist der maßgebende Gewerbeertrag eines EZ negativ, so entsteht ein Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG. § 10a kann aufgrund der Verlustverrechnung und der Mindestbesteuerung somit die Bemessungsgrundlage für die GewSt (§ 14 GewStG) und damit auch die Höhe der Steuer (§ 16 GewStG) beeinflussen. Die Steuer hat wiederum Auswirkung auf die Vorauszahlung des Folgejahres (§ 19 Abs. 2 GewStG). Sofern ein StPfl. gem. § 3 GewStG von der GewSt befreit ist, können im Zeitraum der Steuerfreiheit 21 erwirtschaftete Verluste in späteren Jahren, in denen die StPfl. besteht, nicht mit positiven Gewerbeerträgen verrechnet werden. Außerdem findet § 10a bei der pauschalen Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags nach § 15 GewStG keine Anwendung. 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG Die einkommensteuerliche Parallelvorschrift zu § 10a GewStG ist § 10d EStG, in dem u.a. die Ver- 22 lustverrechnung für ESt-Zwecke und über § 8 Abs. 1 KStG für KSt-Zwecke geregelt ist, sodass er im Verhältnis zu diesem lex specialis ist. Der bedeutendste Unterschied der beiden Regelungen ist, dass § 10d EStG einen Verlustrücktrag zulässt, § 10a GewStG diesen jedoch nicht ermöglicht. Die Regelungen über die Mindestbesteuerung sind in beiden Vorschriften identisch.

1 2 3 4

BGBl. I 2007, 3150 = BStBl. I 2008, 218. BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. BGBl. I 2010, 1768 = BStBl. I 2010, 1394. BGBl. I 2016, 2998 = BStBl. I 2017, 3.

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§ 10a Rz. 23 Gewerbeverlust 23

Die Verlustzurechnungsvorschriften des § 15a EStG, worin die Verlustnutzung bei beschränkter Haftung geregelt wird, findet für die Ermittlung des Gewerbeertrags keine Anwendung. Zwar bestimmt § 7 GewStG, dass der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb ist, bei § 15a EStG handelt es sich jedoch nicht um Gewinnermittlungsvorschriften, sondern um Vorschriften der Verlustzurechnung.1 Entsprechendes gilt für § 15b EStG.2

24

Ebenso bleibt die Vorschrift des § 15 Abs. 4 EStG, die den Verlustausgleich und -abzug bei gewerblicher Tierzucht und -haltung, bei Innenbeteiligungen an KapGes. und bei betrieblichen Termingeschäften regelt, für Gewerbesteuerzwecke außer Acht.3

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Nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG ist § 8c KStG auf die vortragsfähigen Gewerbeverluste einer Körperschaft entsprechend anwendbar. Ebenso findet bei Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags § 8d KStG entsprechende Anwendung. Es besteht somit eine rechtliche Verbindung in Gestalt eines Rechtsfolgenverweises zwischen den Vorschriften. Außerdem erklärt § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG § 8c KStG auf die vortragsfähigen Gewerbeverluste einer Mitunternehmerschaft für entsprechend anwendbar, soweit an dieser mittelbar oder unmittelbar eine Körperschaft beteiligt ist. § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG ist insoweit als Öffnungsvorschrift für § 8c KStG zu qualifizieren und erweitert iErg. seinen persönlichen und sachlichen Geltungsbereich auf vortragsfähige Gewerbeverluste einer Mitunternehmerschaft. § 8d KStG findet gem. § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG auf die Fehlbeträge der Mitunternehmerschaften hingegen keine Anwendung.

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Das UmwStG hat eigenständige Sonderregelungen zur GewSt, in denen auch die Übertragbarkeit der gewstl. Verluste bei Umwandlungen geregelt ist. Geht Vermögen im Wege der Umwandlung von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person über oder ändert eine Körperschaft ihre Rechtsform in die einer Personengesellschaft, so ordnet § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG den Untergang der Fehlbeträge iSd. § 10a GewStG der übertragenden Körperschaft an. Bei der Verschmelzung zweier Körperschaften gehen ebenso die Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft unter (§ 19 Abs. 2 UmwStG iVm. § 12 Abs. 3 UmwStG). Geht Vermögen im Wege der Abspaltung auf eine andere Körperschaft über, so geht der Fehlbetrag des § 10a GewStG beim übertragenden Rechtsträger anteilig unter (§ 19 Abs. 2 UmwStG iVm. § 15 Abs. 3 UmwStG). Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil im Wege der Einbringung nach § 20 UmwStG auf eine KapGes. übertragen, regelt § 23 Abs. 5 UmwStG, dass der maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden Gesellschaft nicht um die vortragsfähigen Fehlbeträge des Einbringenden gekürzt werden kann. Festzuhalten ist somit, dass Fehlbeträge iSd. § 10a GewStG der übertragenden Gesellschaft bzw. des Einbringenden nur bei Umwandlungen iSd. § 24 UmwStG erhalten bleiben können. Für diese gelten die allgemeinen Regeln von Unternehmens- (s. hierzu Rz. 86 ff.) und Unternehmeridentität (s. hierzu Rz. 125 ff.).

V. Verfassungsrecht 1. Allgemeines 27

In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist zu differenzieren. § 10a Satz 1 GewStG trägt mit der Möglichkeit des interperiodischen Verlustausgleichs dem objektiven Nettoprinzip Rechnung, das Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips und folglich Maßstab des Gleichheitssatzes gem. Art. 3 GG ist. Für die GewSt als Objektsteuer ist das Leistungsfähigkeitsprinzip infolge der Verweisung in § 7 Satz 1 auf die Grundsätze der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung als Grundlage für die Ermittlung des Gewerbeertrags (vor Hinzurechnungen bzw. Kürzungen) ebenfalls zu berücksichtigen.4 Allerdings 1 2 3 4

BFH v. 28.5.1997 – VIII R 39/97, BFH/NV 1997, 857. R 7.1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 GewStR 2009. R 7.1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GewStR 2009. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 Rz. 18 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach; v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 Rz. 29 = FR 2013, 132; v. 27.1.2006 – VIII B 179/05, BFH/NV 2006, 1150; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 13; Hey, DStR-Beihefter zu 34/2009, 109 (115); Kube, DStR 2011, 1781 (1789); Desens, FR 2011, 745 (746); Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, 2010, 232.

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Suchanek/Hesse

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 30 § 10a

hält der BFH1 unter Hinweis auf den „Charakter der Gewerbesteuer“ Einschränkungen für möglich. Diese sind insbes. die Hinzurechnungen und Kürzungen nach §§ 8, 9 GewStG sowie das Erfordernis der Unternehmensidentität für den Verlustausgleich.2 Dass der Gesetzgeber für Zwecke der GewSt – entgegen der Situation bei der ESt und KSt – keinen Ver- 28 lustrücktrag vorgesehen hat, stellt keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG dar.3 Im Rahmen seiner grds. vorgesehenen Gestaltungsfreiheit hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, die Sicherstellung der kommunalen Haushalte über die individuelle Leistungsfähigkeit des StPfl. zu stellen. Der Gesetzgeber ist dabei nicht gehalten, den vorstehenden Gegensatz einseitig zugunsten des Leistungsfähigkeitsprinzips zu lösen.4 Denn sieht er einen Verlustausgleich vor, steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der nur durch das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot begrenzt ist.5 Die Durchbrechung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung durch Gewährung eines Verlustabzugs in Form eines Verlustvortrags ist sachgerecht, soweit der Gewerbeertrag nicht die gegenwärtige Handlungsfreiheit vermittelt, sondern diese erst nach Deckung der früheren Verluste zurückgewonnen werden kann. Hierdurch wird dem Gesichtspunkt der abschnittsübergreifenden Leistungsfähigkeit ausreichend Rechnung getragen, soweit dieser bei der GewSt für die Beurteilung der objektiven Leistungsfähigkeit von Bedeutung ist.6 2. Verfassungskonformität der Mindestbesteuerung Die durch § 10a Sätze 1 und 2 GewStG kodifizierte Mindestbesteuerung ist grds. verfassungskon- 29 form, sofern mit ihr lediglich eine zeitliche Streckung der zukünftigen Verlustnutzung einhergeht.7 Das BVerfG hat sich bereits mehrfach zu Einschränkungen des periodenübergreifenden Verlustausgleichs bzw. der Verlustverrechnung geäußert. Danach ist ein uneingeschränkter Verlustvortrag verfassungsrechtlich nicht garantiert. Die Beschränkung des Verlustvortrags auf bestimmte Einkunftsarten und damit der Ausschluss anderer Einkunftsarten von jeglichem Verlustvortrag war ebenso wenig verfassungsrechtlich zu beanstanden8 wie die Beschränkung des Verlustvortrags auf bestimmte, durch BV-Vergleich ermittelte Betriebsverluste.9 Ferner bestanden unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit keine Bedenken gegen eine Beschränkung des Verlustabzugs auf einen einjährigen Verlustrücktrag und einen fünfjährigen Verlustvortrag.10 Lediglich der völlige Ausschluss der Verlustverrechnung bei laufenden Einkünften aus der Vermietung beweglicher Gegenstände (§ 22 Nr. 3 Satz 3 EStG 1983) wurde für verfassungswidrig erklärt.11 Vor diesem Hintergrund wird die mit der Mindestbesteuerung grds. verbundene zeitliche Streckung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein. Sind mit der Mindestbesteuerung allerdings Definitiveffekte verbunden, ist § 10a Satz 2 GewStG uE 30 nicht mit dem durch Art. 3 Abs. 1 GG verankerten objektiven Nettoprinzip als Ausfluss des Leistungsfähigkeitsprinzips zu vereinbaren, da sodann der Verlustabzug gänzlich ausgeschlossen ist und die Wirkungen einer leistungsfähigkeitswidrigen Substanzbesteuerung eintreten.12 Dieser Ausschluss der zu1 BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132 Rz. 30 ff. 2 BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132 Rz. 31. 3 BFH v. 31.7.1990 – I R 62/86, BStBl. II 1990, 1083 = FR 1991, 56; v. 9.11.1990 – III R 54/89, BFH/NV 1991, 766; FG Hbg. v. 23.9.1999 – II 147/97, rkr., juris. 4 BVerfG v. 8.3.1978 – 1 BvR 117/78, HFR 1978, 293. 5 BVerfG v. 22.7.1991 – 1 BvR 313/88, HFR 1992, 423. 6 Differenzierend Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 22 (Stand: April 2017). 7 BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach; v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132; v. 20.9.2012 – IV R 29/10, BStBl. II 2013, 505 = FR 2013, 386, v. 20.9.2012 – IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408; v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 = FR 2013, 213 m. Anm. Hallerbach (BVerfG 2 BvR 2998/12); v. 26.8.2010 – I B 49/10, BStBl. II 2011, 826; v. 27.1.2006 – VIII B 179/05, BFH/NV 2006, 1150. 8 BVerfG v. 8.3.1978 – 1 BvR 117/78, HFR 1978, 293. 9 BVerfG v. 8.3.1978 – 1 BvR 117/78, HFR 1978, 293; v. 30.10.1980 – 1 BvR 785/80, HFR 1981, 181. 10 BVerfG v. 22.7.1991 – 1 BvR 313/88, HFR 1992, 423. 11 BVerfG v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, FR 1998, 1028. 12 BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach (BVerfG 2 BvL 19/14); v. 26.8.2010 – I B 49/10, BStBl. II 2011, 826; FG München v. 31.7.2008 – 8 V 1588/08, rkr., EFG 2008, 1736; FG Hess. v. 26.7.2010 – 8 V 938/10, rkr., EFG 2010, 1811; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 27e (Stand: Juli

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 31 Gewerbeverlust künftigen Verlustverrechnung lässt sich nicht durch die systematischen Besonderheiten der GewSt als Objektsteuer oder den kommunalen Finanzbedarf rechtfertigen. Im Gegensatz zu einem Verlustrücktrag muss die Gemeinde bei einer Suspendierung der Mindestbesteuerung in Definitivfällen nicht eine bereits vereinnahmte und verplante Einnahme wieder zurückgewähren. Ebenso können Definitiveffekte nach zutr. Ansicht des BFH1 nicht durch eine Billigkeitsmaßnahme2 verhindert werden, da der Gesetzgeber die ungünstige Rechtslage bewusst in Kauf genommen oder angeordnet hat.3 Bei Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung ist zu beachten, dass diese zu verwehren sind, wenn der StPfl. durch sein eigenes Verhalten dazu beigetragen hat, dass ein Gewerbeertrag entstanden ist, der nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG nicht vollständig mit vortragsfähigen Verlusten verrechnet werden konnte.4 Dieses ist in klassischen Definitivfällen wie der Veräußerung, dem Forderungsverzicht, der Anteilsübertragung oÄ immer der Fall, sodass nach diesem Verständnis Billigkeitsmaßnahmen nur absolut ausnahmsweise zu gewähren wären. Beispiel: Die P-KG ist als Projektgesellschaft gegründet worden. In den drei Anfangsjahren erwirtschaftet die KG einen Verlust von 1,3 Mio. Euro. Nach vier Jahren wird das entwickelte Projekt für 1,4 Mio. Euro veräußert. Im Anschluss wächst die Gesellschaft an ihren Gesellschafter an, wobei die verbleibenden Verluste mangels Unternehmensidentität nicht weiter genutzt werden können. Lösung: Durch die Mindestbesteuerung kommt es insgesamt zu einem Verlustabzug von 1,24 Mio. Euro. Fehlbeträge iHv. 60.000 Euro gehen in der Folge unter, obwohl noch ein zu verrechenbarer Gewinn gegeben ist. Es kommt zu einer Definitivbelastung, da nach dem Verkauf des Projekts die Verluste nicht mehr genutzt werden können.

Geht der Verlust, wie im obigen Bsp. endgültig unter, obwohl eine Verrechnung mit Gewinnen möglich wäre, wird das Steuersubjekt mit seinem Totalgewinn nicht nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert. Dem I. Senat5 ist daher zuzustimmen, dass in den Fällen, in denen es zu einer Definitivbelastung durch die Mindestbesteuerung kommt, ein verfassungsrechtlicher Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vorliegt. 3. Unzulässige Rückwirkung von § 10a Sätze 4 und 5 GewStG 31

Der Gesetzgeber sieht in der rückwirkenden Anwendung von § 10a Sätze 4 und 5 GewStG auch auf EZ vor 2007 keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückbewirkung von Rechtsfolgen, da nur „eine in der Vergangenheit herrschende Rechtspraxis kodifiziert“ worden sein soll.6 Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen.7 Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich auf einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt angewandt wird. Im Steuerrecht ist dies nach der st. Rspr. des BVerfG dann der Fall, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert.8 Belastende Steuergesetze dürfen daher ihre Wirksamkeit grds. nicht auf bereits abgeschlossene Tatbestände erstrecken9 oder schutzwürdiges Vertrauen ohne hinreichende Rechtfertigung anderweitig enttäuschen.10 Die vom BVerfG hierzu entwickelten rechtfertigenden Kriterien liegen im Falle der Einführung der Sätze 4 und 5 nicht vor. Der StPfl. hätte nicht schon aufgrund der von der Rspr. abweichenden Verwaltungsauffassung mit einer Gesetzesänderung rechnen müssen. Vielmehr ist der Fortbestand der vom BFH entschiedenen Rechtslage bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss schutz-

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2015); Hey in FS Gosch, 161 (165); Hallerbach in H/H/R, § 10d EStG Anm. 13 (Stand: September 2016) mwN; Desens, FR 2011, 745 (748); aA BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 Rz. 36 f. = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach. So BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132 Rz. 57. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 Rz. 37 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach; v. 23.7.2013 – VIII R 17/10, BStBl. II 2013, 820 = FR 2014, 18 m. Anm. Kanzler. BFH v. 20.9.2012 – IV R 29/10, BStBl. II 2013, 505 = FR 2013, 386 Rz. 28. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach. BT-Drucks. 16/3368, 23. Ebenso Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 114 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 43 (Stand: Juli 2015); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 362 (Stand: April 2017); Wassermeyer, DB 2007, 1676; verfassungsrechtlich bedenklich Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 120e; Kempermann, DStR 2008, 2316. BVerfG v. 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BGBl. I 2012, 2344, Orientierungssatz 2c. BVerfG v. 19.12.1961 – 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261 (271). BVerfG v. 14.5.1986 – 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200 (254).

Suchanek/Hesse

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 33 § 10a

würdig. Diese Ansicht hat auch der BFH vertreten. In seinem Urt. v. 19.4.2007 betont er, dass die Rechtspraxis, die Sätze 4 und 5 auch in VZ vor 2007 anzuwenden, nicht verfassungskonform ist.1 Daher hat er die Frage dem BVerfG zur Entsch. vorgelegt.2 Nachdem die Rev. jedoch aufgrund der Klaglosstellung durch das FA zurückgenommen wurde, hob der BFH den an das BVerfG gerichteten Vorlagebeschluss auf.3 Die Rücknahme der Richtervorlage ändert jedoch nichts an der verfassungsrechtlichen Beurteilung. Sie offenbart vielmehr, dass das Vorgehen der FinVerw., eine Entsch. des BVerfG zu vermeiden, rechtsstaatlich hoch bedenklich ist.4 4. Verfassungswidrigkeit von § 10a Satz 10 GewStG a) Verfassungswidrigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG für Erhebungszeiträume bis einschließlich 2015 Der Rechtsfolgenverweis auf § 8c KStG in § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG ist nach den Feststellun- 32 gen des BVerfG in Bezug auf § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG für den Zeitraum 2008 bis 2015 für unmittelbare schädliche Beteiligungserwerbe nicht mit dem GG vereinbar, da dieser bereits am Maßstab des Willkürverbots einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhält.5 Entgegen der absolut überwiegenden Auffassung6 ist das BVerfG der Ansicht, dass in § 8c (Abs. 1) Satz 1 KStG eine typisierende Missbrauchsvorschrift zu erblicken ist.7 Der Gesetzgeber darf sich iRd. gesetzlichen Typisierung nicht an einem atypischen Fall als Leitbild orientieren, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren.8 Daran fehlt es, soweit § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG eine Missbrauchsverhinderung bezweckt,9 da ein reiner Beteiligungserwerb zwischen 25 % und 50 % gemessen an den Tatbestandsmerkmalen des § 8 Abs. 4 KStG aF keinen typischen Missbrauchsfall darstellt. Der Gesetzgeber ist daher gehalten, bis zum 31.12.2018 eine verfassungskonforme Regelung mit Wirkung ab dem 1.1.2008 zu schaffen. Für den mittelbaren schädlichen Beteiligungserwerb, Zeiträume ab 2016 sowie zur Gemengelage bei § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG hat das BVerfG hingegen mangels Entscheidungserheblichkeit, aufgrund der Einfügung von § 8d KStG sowie aufgrund einer anderen Tatbestandsmäßigkeit explizit keine Feststellungen getroffen. b) Verfassungswidrigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG für Zeiträume ab 2016 Für Zeiträume ab 2016 ist der Rechtsfolgenverweis in § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG auf § 8c Abs. 1 33 Satz 1 KStG ebenfalls nicht mit Art. 3 GG vereinbar. § 8d KStG, der verhinderte, dass das BVerfG seine Entsch. auch auf Zeiträume nach 2015 ausgedehnt hat, wird aufgrund seiner äußerst engen Tatbestandsmerkmale sehr wahrscheinlich nur einen äußerst begrenzten praktischen Anwendungsbereich haben.10 Im Ergebnis ist er nur auf Körperschaften anwendbar, die nicht organschaftlich verbunden sind und keine mitunternehmerische Beteiligung halten. Da es für diese bei der Anwendung von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG durch reines Abstellen auf die teilweise Veränderung im persönlichen Substrat verbleibt, ist uE für diese Fallgestaltungen weiterhin von einer verfassungsrechtlichen Unvereinbarkeit der Norm auszugehen, denn gemessen an dem Maßstab von § 8 Abs. 4 KStG aF, der durch das BVerfG ausdrücklich als Referenz in Bezug genommen wird,11 ist weiterhin nicht von einer Missbrauchsnorm 1 BFH v. 19.4.2007 – IV R 4/06, BStBl. II 2008, 140. 2 BFH v. 19.4.2007 – IV R 4/06, BStBl. II 2008, 140; dazu OFD Rheinland v. 11.12.2007 – G 1427 - St 157, DB 2007, 2802; OFD Münster v. 11.12.2007 – G 1427 - 86 - St 12 – 33, DB 2007, 2802. 3 Der an das BVerfG gerichtete Vorlagebeschl. wurde inzwischen am 30.10.2008 vom BFH aufgehoben, nachdem die Rev. zurückgenommen wurde (BFH v. 30.10.2008 – IV R 4/06, BFH/NV 2009, 214). 4 Vgl. Kempermann, DStR 2008, 2316; s. auch Cato, FR 2009, 3. 5 BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, FR 2017, 577. 6 Vgl. nur BMF-Antwortschreiben v. 10.12.2008 zum IDW-Schreiben v. 31.10.2008, Ubg 2009, 71; BFH v. 26.8.2010 – I B 49/10, BStBl. II 2011, 826 = FR 2011, 75 m. Anm. Buciek; Brandis in Blümich, § 8c KStG Rz. 22 (Stand: März 2016); Wernicke in Lademann, KStG, § 8c Rz. 1 (Stand: November 2016); Gosch, BFH/PR 2009, 148. 7 BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, FR 2017, 577 Rz. 126. 8 BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, FR 2017, 577 Rz. 127. 9 BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, FR 2017, 577 Rz. 128. 10 S. hierzu nur Suchanek/Rüsch, Ubg 2016, 576 (585). 11 BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, FR 2017, 577 Rz. 131 ff.

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§ 10a Rz. 34 Gewerbeverlust auszugehen, sodass ein Verstoß gegen das Willkürverbot unverändert vorliegt.1 Ferner ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass die Frage der Beihilferechtskonformität des § 8d KStG höchst fragwürdig ist.2 Die Herstellung der Verfassungskonformität des § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG durch eine Norm, die unter dem Verdacht steht, als unzulässige Beihilfe zu qualifizieren, ist uE nur schwer vorstellbar.3 c) Verfassungswidrigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG 34

Die Regelung zum vollständigen Verlustuntergang nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG ist vor dem Hintergrund der Maßstäbe der Entsch. des BVerfG zu § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG4 ebenfalls verfassungswidrig.5 Ausgehend davon, dass auch § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG eine spezialgesetzliche Missbrauchsvorschrift ist, wird mit diesem gemessen am Leitbild des § 8 Abs. 4 KStG aF, nach dem neben der persönlichen Komponente (Übertragung der Anteile) noch eine sachliche Komponente (Veränderung im sachlichen Substrat/BV) der Körperschaft hinzukommen muss, ebenfalls gegen das Willkürverbot verstoßen, da im Rahmen einer Typisierung unterstellt wird, dass mit jedem Mehrheitserwerb an einer Gesellschaft auch eine Veränderung der wirtschaftlichen Identität eintritt. Der reine Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung stellt allerdings noch keinen Missbrauchsfall dar.

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Durch die nur eingeschränkt vorhandenen Aufklärungsmöglichkeiten zu mittelbar stattgefundenen Beteiligungserwerben im Ausland unterliegt der Tatbestand des mittelbaren Anteilserwerbs einem strukturellen Vollzugsdefizit, womit der Rechtsfolgenverweis auf § 8c KStG in § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG verfassungswidrig ist.6 d) Verfassungswidrigkeit von § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG

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Der Rechtsfolgenverweis des § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG ist uE ebenfalls nicht mit dem GG vereinbar. Neben der bereits einschlägigen Frage nach dem Verstoß gegen das Willkürverbot7 verletzt § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG evident das Gebot der Folgerichtigkeit.8 Die Gewerbeverluste einer Unterpersonengesellschaft gehen nach den Grundsätzen von Unternehmens- und Unternehmeridentität nicht unter, wenn bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft die Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft wechseln. § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG lässt den Verlust einer Personengesellschaft hingegen untergehen, wenn die Gesellschafter einer Körperschaft wechseln, die Mitunternehmerin der Personengesellschaft ist. Damit greift § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG weiter als das Tatbestandsmerkmal der Unternehmeridentität bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft. Ein Mitunternehmerwechsel bei der Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft führt nämlich gerade nicht zu einem Untergang der Verlustvorträge der Untergesellschaft, da die Obergesellschaft selbst als Mitunternehmerin der Untergesellschaft gilt (s. Rz. 105). Die Aussage der Begründung des Gesetzentwurfs,9 dass sich § 10a Satz 10 GewStG in das Konzept der Unternehmeridentität kraft gesetzlicher Anordnung einfüge, kann damit nur als unzutr. bezeichnet werden. Beispiel: X ist zu 100 % an der X-GmbH beteiligt, die wiederum an der A-KG zu 50 % beteiligt ist. Die A-KG hält 30 % der Anteile an der B-KG. Lösung: Wenn X seine Anteile an der X-GmbH veräußert, gehen die gewstl. Fehlbeträge der A-KG zu 50 % und der B-KG zu 15 % unter (50 % × 30 %). 1 Ebenso Ernst/Roth, Ubg 2017, 366 (373 ff.); Kessler/Egelhof/Probst, DStR 2017, 1289 (1292 ff.); Pauli, FR 2017, 663 (670 f.); Suchanek, FR 2017, 587 (589). 2 Zu dieser s. Suchanek/Rüsch in H/H/R, § 8d KStG Anm. 7 (Stand: Oktober 2017); Förster/von Cölln, DStR 2017, 8 (18); Brandis in Blümich, § 8d KStG Rz. 33 (Stand: April 2017); s. auch Hackemann in Mössner/Seeger, § 8d KStG Rz. 26 ff. (Stand: März 2017); Wilcken, NZI 2016, 996 (998); offengelassen Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher2, § 8d KStG Rz. 33. 3 Ebenso Ernst/Roth, Ubg 2017, 366 (375). 4 BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, FR 2017, 577. 5 FG Hbg. v. 29.8.2017 – 2 K 245/17, EFG 2017, 1906 = FR 2017, 1134; Kessler/Egelhof/Probst, DB 2017, 1289. 6 Zu dieser Rechtsfrage s. ausf. Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 5 f. (Stand: Januar 2017). 7 So BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, FR 2017, 577 zu § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG. 8 Vgl. auch Suchanek, Ubg 2009, 178 (184). 9 Vgl. BT-Drucks. 16/11108, 37.

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Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 39 § 10a

Verkauft hingegen die X-GmbH ihre Anteile an der A-KG, gehen aufgrund der Unternehmeridentität nur die Gewerbeverluste der A-KG unter. Die Verluste der B-KG bleiben hingegen erhalten.

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge I. Allgemeines und Verfahrensrecht Nach st. Rspr. sowohl des RFH als auch des BFH ist bei Personenunternehmen Voraussetzung für 37 den Verlustabzug nach § 10a GewStG und zuvor nach § 19 der 3. GewStDV sowohl die Unternehmensidentität als auch die Unternehmeridentität.1 Gehen also Unternehmens- oder Unternehmeridentität verloren, geht damit der Untergang des entsprechenden Verlustabzugspotenzials einher. Eine weitere Beschränkung für den Verlustabzug von Personenunternehmen findet sich in § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG (zu diesem s. Rz. 260), der einen Untergang von Fehlbeträgen bei Erfüllung seiner Tatbestandsvoraussetzungen anordnet, selbst wenn gemessen an den allgemeinen Grundsätzen der Verlustuntergang nicht eintreten würde. Für Körperschaften hingegen gilt ausschließlich die Vorschrift des § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG, mithin die Frage von dem Vorhandensein wirtschaftlicher Identität (s. hierzu ausf. Rz. 232 ff.). Die zu Unternehmens- und Unternehmeridentität entwickelten Grundsätze sind dahin zu verstehen, 38 dass über die Frage ihres Wegfalls bereits im Verlustfeststellungsbescheid des EZ zu entscheiden ist, in dem der hierfür maßgebliche Umstand eingetreten ist, und nicht erst im Gewerbesteuermessbescheid des (nachfolgenden) Verlustabzugsjahres (s. hierzu ausf. Rz. 203).2 Dies bedeutet, dass die Rechtsfolgen des Wegfalls von Unternehmens- oder Unternehmeridentität nicht in einem späteren EZ nachgeholt werden können.

II. Unternehmensidentität 1. Bedeutung und Herleitung Unternehmensidentität bedeutet, dass der im Anrechnungsjahr bestehende Gewerbebetrieb iden- 39 tisch mit dem Gewerbebetrieb ist, der im Jahr der Entstehung des Verlustes bestanden hat.3 Dementsprechend scheidet eine Kürzung des Gewerbeertrags des einen Betriebs um Verluste des anderen Betriebs aus, wenn gleichzeitig oder hintereinander mehrere Betriebe4 desselben Unternehmers unterhalten werden, da jeder Betrieb ein eigener Steuergegenstand ist und als solcher selbstständig der GewSt zu unterwerfen ist.5 Dabei ist es unerheblich, dass der Unternehmer gleichzeitig Steuerschuldner der mehreren Gewerbebetriebe ist.6 Dies gilt nicht, wenn sich mehrere Betätigungen als ein einheitlicher Gewerbebetrieb darstellen.7

1 RFH v. 26.8.1942 – VI 236/42, RStBl. 1942, 1024; BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210 (212); v. 23.6.1958 – I 139/57 U, BStBl. III 1958, 426; v. 19.8.1958 – I 78/58 U, BStBl. III 1958, 468; v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65; v. 8.1.1963 – I 237/61 U, BStBl. III 1963, 188; v. 14.1.1965 – IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115; v. 4.2.1966 – VI 272/63, BStBl. III 1966, 374. 2 BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 20 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. 3 BFH v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 19.12.1984 – I R 165/80, BStBl. II 1985, 403 = FR 1985, 362; v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 = FR 1990, 339; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFH/NV 2014, 1303 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker; R 10a.2 Satz 1 GewStR 2009. 4 Zur Abgrenzung zwischen voller Selbstständigkeit beim gesonderten Betrieb und der teilweisen Selbstständigkeit des Teilbetriebs s. BFH v. 15.3.1984 – IV R 189/81, BStBl. II 1984, 486 = FR 1984, 425; ausf. § 2 GewStG Rz. 22 ff.; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 1470 ff. 5 Vgl. auch BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 18 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 46 (Stand: März 2016). 6 BFH v. 14.11.1968 – I R 16/66, BStBl. II 1969, 169; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 10. 7 BFH v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 10.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 40 Gewerbeverlust 40

Mit Beendigung der bisherigen Tätigkeit endet die sachliche StPfl. des bisherigen Gewerbebetriebs und mit der Aufnahme der neuen Tätigkeit wird eine neue sachliche StPfl. begründet.1 Beginn und Beendigung der sachlichen StPfl. führen nach § 14 Satz 3 GewStG zu einem abgekürzten EZ.

41

Die Tatbestandsvoraussetzung der Unternehmensidentität, die nicht gesetzlich geregelt ist, lässt sich zum einen aus dem Objektsteuercharakter der GewSt herleiten2 und zum anderen ergibt sie sich aus der sachlichen Selbstständigkeit eines jeden Gewerbebetriebs (§§ 2, 35a GewStG).3 2. Beurteilungsmaßstab

42

Die Unternehmensidentität ist nach denselben Grundsätzen zu bestimmen, die für die Frage heranzuziehen sind, ob mehrere gewerbliche Betätigungen eines Unternehmers einen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellen.4 Ob Unternehmensidentität vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob es einen sachlich, wirtschaftlich, organisatorisch und finanziellen Zusammenhang der Tätigkeit des Gewerbebetriebes im Entstehungsjahr und im Abzugsjahr gibt.5

43

Der für die Prüfung des Vorliegens von Unternehmensidentität relevante Begriff des „Unternehmens“ wird im Gesetz ebenso wenig definiert wie der der „Unternehmensidentität“. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG erläutert nur, dass unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen iSd. EStG zu verstehen ist. Somit verweist § 2 GewStG wegen des grundlegenden Begriffs des Steuergegenstands auf § 15 EStG. Für natürliche Personen sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Bei Personengesellschaften kommt es grds. auf die Art der Tätigkeit an. Aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG folgt, dass die Tätigkeit einer Personengesellschaft, bei der die Gesellschafter als gewerbliche Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind, einen Gewerbebetrieb darstellt. Betreibt eine Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und übt sie neben diesem noch andere nicht gewerbliche Tätigkeiten aus, erzielt die Personengesellschaft gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In diesem Fall sind sämtliche Einkünfte dem gewerblichen Unternehmen zuzuordnen. Nur im Falle der gewerblichen Prägung erzielt die Personengesellschaft gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vollumfänglich gewerbliche Einkünfte, obwohl sie kein gewerbliches Unternehmen aufgrund eigener originärer gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) unterhält.

44

Für die Prüfung, ob Unternehmensidentität vorliegt, haben sich iRd. Rspr. die folgenden Beurteilungskriterien entwickelt:6 – Art der Betätigung, – Kunden- und Lieferantenkreis,

1 BFH v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; v. 7.11.2006 – VIII R 30/05, BStBl. II 2007, 723 = FR 2007, 708 m. Anm. Wendt. 2 BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210; v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666; v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 24.6.1981 – I S 3/81, BStBl. II 1981, 748 = FR 1981, 494; v. 5.9.1990 – X R 20/89, BStBl. II 1991, 25 = FR 1990, 756. 3 Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 18 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 46 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 49 (Stand: Juli 2015). 4 BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65; v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 47 (Stand: März 2016); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 19 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 50 (Stand: Juli 2015). 5 BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65; v. 28.5.1968 – 340/64, BStBl. II 1968, 688; v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1978, 348; v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623; R 10a.2 Satz 4 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 19 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 11; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 100. 6 Vgl. RFH v. 21.12.1938 – VI 730/38, RStBl. 1939, 372; BFH v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 19.11.1986 – VIII R 310/83, BStBl. II 1986, 719; v. 25.4.1989 – VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 27.11.2008 – IV R 72/06, BFH/NV 2009, 791; v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623; R 10a.2 Satz 3 GewStR 2009.

592

Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

– – – –

Rz. 47 § 10a

Arbeitnehmerschaft, Geschäftsleitung, Betriebsstätten/räumliche Unterbringung sowie Umfang und Zusammensetzung des Aktivvermögens.

Die genannten Kriterien sind dabei für jeden Einzelfall zu prüfen und zu gewichten. Entscheidend 45 für die Frage, ob der Gewerbebetrieb im Entstehungsjahr der Verluste und im Anrechnungsjahr identisch ist, ist das Gesamtbild aller Verhältnisse unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung.1 Dabei ist iRd. vorzunehmenden Gesamtbeurteilung kein kleinlicher Maßstab anzulegen.2 Das größte Gewicht bei der Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen von Unternehmensidentität 46 ist der Frage nach der Gleichartigkeit der ausgeübten Tätigkeit beizumessen.3 Den Änderungen in der Geschäftsleitung, im betrieblichen Rechnungswesen4 oder in der Finanzierung des Aktivvermögens kommt hingegen eher eine geringere Bedeutung zu.5 Auch das Merkmal „räumlichen Nähe“ ist nur ein „Untermerkmal“ iRd. Prüfung des sachlichen Zusammenhangs.6 Betriebsbedingte und strukturelle Anpassungen eines Gewerbebetriebs, die aufgrund von veränderten wirtschaftlichen Gegebenheiten vollzogen werden, dürfen ebenso nicht zur Versagung eines Verlustabzuges führen.7 So kann zB auch ein Branchenwechsel unter Wahrung der Unternehmensidentität vollzogen werden, wenn der alte und der neue Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise identisch sind.8 Denn der Objektsteuercharakter der GewSt erlaubt es nicht, die Voraussetzung der Unternehmensidentität so zu interpretieren, dass vom Unternehmer als wirtschaftlich sinnvoll erachtete Anpassungs- bzw. Umstrukturierungsmaßnahmen zu einem Wegfall des Verlustabzugs nach § 10a GewStG führen.9 Kein Fall der Aufgabe der Unternehmensidentität ist zudem gegeben, sofern ein Gewerbebetrieb zu- 47 vor steuerpflichtige Einkünfte erzielt und dann unter eine der persönlichen Steuerbefreiungen des § 3 GewStG fällt. Der Wechsel in der StPfl. eines Gewerbesteuersubjekts infolge eines persönlichen Befreiungsgrundes führt somit nicht zwangsläufig zum Wegfall der gesondert festgestellten Fehlbeträge. Bei erneutem Beginn der StPfl. ist die Unternehmensidentität gewahrt, sofern ein sachlicher, wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang der Tätigkeiten vorliegt. Gewerbeverluste aus vorangegangenen, nicht steuerbefreiten EZ sind deshalb nach Wiedereintritt in die StPfl. abzugsfähig.10

1 BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 21 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 47 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 50 (Stand: Juli 2015); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 100; Rogge, DB 2015, 1182; Suchanek, FR 2012, 296 (297). 2 BFH v. 15.3.1994 – XI R 60/89, BFH/NV 1994, 899; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 100; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 50 (Stand: Juli 2015); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 21 (Stand: April 2017). 3 BFH v. 17.3.1981 – VIII R 149/76, BStBl. II 1981, 746 = FR 1981, 466; v. 25.4.1989 – VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 21 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 52 (Stand: Juli 2015). 4 Vgl. BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511. 5 Vgl. BFH v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 22 (Stand: April 2017). 6 Vgl. BFH v. 21.1.2005 – XI B 23/04, BFH/NV 2005, 1134. 7 BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 53 (Stand: Juli 2015); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 101. 8 BFH v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 12; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 53 (Stand: Juli 2015). 9 Vgl. R 10a.2 Satz 5 GewStR 2009; Drüen in Blümich, § 10a GewstG Rz. 49 (Stand: März 2016); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 101; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 12; Rogge, DB 2015, 1182 (1183). 10 BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733 = FR 1999, 1080.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 48 Gewerbeverlust 3. Unterfall: Teil-Unternehmensidentität a) Begrifflichkeiten und Herleitung 48

Das Merkmal der Unternehmensidentität ist auch im Fall der Veräußerung oder Aufgabe von Teilbetrieben zu prüfen.1 Mit der Aufgabe bzw. der Veräußerung eines Teilbetriebs verliert der ursprüngliche Betrieb seine (Teil-)Unternehmensidentität, da dadurch der wirtschaftliche Zusammenhang der fortgeführten mit der bisherigen Tätigkeit teilweise aufgegeben wird.2 Das Erfordernis der Teil-Unternehmensidentität schließt der BFH zum einen aus dem in § 2 Abs. 1 GewStG verankerten Wesen der GewSt als Objektsteuer und zum anderen aus der Tatsache, dass Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe von Betrieben oder Teilbetrieben eines Einzelunternehmers oder einer Mitunternehmerschaft, soweit sie auf eine natürliche Person als „unmittelbar“ beteiligten Mitunternehmer entfallen (Umkehrschluss aus § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG, s. dazu § 7 GewStG Rz. 96 ff.), nicht zum Gewerbeertrag gehören.3

49

Ein Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein lebensfähig ist.4 Dabei gilt der nationale Teilbetriebsbegriff, wie er im Anwendungsbereich von § 16 EStG auszulegen ist,5 sodass es zu einer Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen unter Zugrundelegung der funktional quantitativen Betrachtungsweise6 kommen muss. Der europäische Teilbetriebsbegriff findet vor dem Hintergrund des dort verankerten Grundsatzes der „Europäisierung“ nur iRd. UmwStG Anwendung. Bei einem Teilbetrieb handelt es sich um eine Untereinheit des Gesamtbetriebs und einen selbstständigen Zweigbetrieb im Rahmen eines Gesamtunternehmens.7 Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche gewisse Selbstständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden.8 Indizien für die ausreichende Selbstständigkeit eines Betriebsteils sind örtliche Trennung, Verwendung jeweils anderer Betriebsmittel, insbes. eigenen AV, selbstständige Preisgestaltung, eigener Kundenstamm sowie der Einsatz verschiedenen Personals.9 Als Teilbetrieb können u.a. gelten: – bei einer Brauerei eine von ihr betriebene Gastwirtschaft,10 – beim Betreiben von mehreren Gaststätten ist jede Gaststätte ein Teilbetrieb,11 – eine Einzelhandelsfiliale, wenn dem dort beschäftigten leitenden Personal eine Mitwirkung beim Wareneinkauf und bei der Preisgestaltung der Filiale eingeräumt ist,12 – die Niederlassung einer Fahrschule,13 – bei einem Verlag, der mehrere Fachgebiete verlegerisch betreut, ein gesondertes Fachgebiet,14 – eine Spielhalle, die neben der Aufstellung und Betreuung von Spielautomaten in Gaststätten betrieben wird,15 1 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 Rz. 37. Von der FinVerw. wird die Entsch. auf Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften uneingeschränkt angewendet, explizit ausgeschlossen ist die Anwendung auf KapGes., vgl. OFD Münster v. 27.6.2012 – G 1427 - 159 - St 11 – 33, EStB 2012, 331. 2 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 Rz. 37. 3 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. 4 Vgl. ua. BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123 = FR 2000, 143 m. Anm. Kempermann; v. 5.6.2003 – IV R 18/02, BStBl. II 2003, 838 = FR 2003, 1181 m. Anm. Wendt. 5 Ebenso Schöneborn, NWB 2013, 863 (868). 6 Zu dieser s. ausf. Geissler in H/H/R, § 16 EStG Anm. 121 (Stand: März 2013). 7 BFH v. 27.3.1969 – IV R 113/68, BStBl. II 1969, 464; v. 13.2.1980 – I R 14/77, BStBl. II 1980, 498 = FR 1980, 417. 8 BFH v. 12.9.1979 – I R 146/76, BStBl. II 1980, 51 = FR 1980, 23. 9 BFH v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735 = FR 1998, 1004. 10 BFH v. 3.8.1966 – IV 380/62, BStBl. III 1967, 47. 11 BFH v. 18.6.1998 – IV R 56/97, BStBl. II 1998, 735 = FR 1998, 1004. 12 BFH v. 12.9.1979 – I R 146/76, BStBl. II 1980, 51 = FR 1980, 23. 13 BFH v. 24.8.1989 – IV R 120/88, BStBl. II 1990, 55 = FR 1990, 86. 14 BFH v. 15.3.1984 – IV R 189/81, BStBl. II 1984, 486 = FR 1984, 425. 15 BFH v. 10.10.2001 – XI R 35/00, BFH/NV 2002, 336.

594

Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 52 § 10a

– bei einem Unternehmer, der ein Hotel betreibt und außerdem in einem Appartementhaus Ferienwohnungen vermietet, die Vermietungstätigkeit von Ferienwohnungen1 Veräußert ein Wohnungsbauunternehmen, dem Wohnungen in mehreren Städten gehören, seinen in einer Stadt belegenen Grundbesitz, so handelt es sich in der Regel nicht um die Veräußerung eines Teilbetriebs, und zwar auch dann nicht, wenn für den veräußerten Grundbesitz ein hauptamtlicher Verwalter bestellt ist.2 Ebenso liegen bei Fertigungsbetrieben mit mehreren Produktionszweigen idR keine selbstständigen Teilbetriebe vor, wenn die für die einzelnen Produktionen wesentlichen Maschinen nur für alle Produktionsabteilungen insgesamt zur Verfügung stehen.3 Die Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung, die das gesamte Nennkapital umfasst, führt 50 nicht zum teilweisen Wegfall von Fehlbeträgen, obwohl gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG diese Beteiligung als Teilbetrieb gilt, denn diese Definition gilt nicht für die GewSt und der Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung ist voll gewstpfl.4 Dabei ist insbes. zu berücksichtigen, dass die Kapitalgesellschaftsbeteiligung einen eigenen Steuergegenstand nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG bildet und die Gewerbeerträge um Erträge aus der Beteiligung nach § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG zu kürzen sind. An diesem Befund ändert sich nichts, wenn die KapGes. eine Organgesellschaft ist. Der Gewinn aus der Veräußerung der Organgesellschaft gilt unverändert als laufender Gewinn,5 sodass kein Verlust der Teil-Unternehmensidentität zu verzeichnen ist.6 Zwar gilt die Organgesellschaft gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des Organträgers. Trotz der Fiktion bilden die Organgesellschaft und der Organträger jedoch kein einheitliches Unternehmen, sondern bleiben selbstständige Gewerbebetriebe und verschiedene Steuergegenstände iRd. § 2 GewStG, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie, s. zu dieser ausf. § 2 GewStG Rz. 140).7 Ebenso wenig ist ein fiktiver Teilbetrieb in Gestalt eines Mitunternehmeranteils im Aufgabe- oder Veräußerungsfall durch das Unternehmen bei der Beurteilung des Vorliegens von Teil-Unternehmensidentität von Relevanz, da dieser einen eigenen Steuergegenstand für Zwecke der GewSt darstellt. Anders verhält es sich, wenn der Unternehmer neben seinem eigentlichen Unternehmen Komple- 51 mentär/Treugeber einer sog. Treuhand-KG (Ein-Unternehmer-Personengesellschaft)8 ist, da diese nicht gewstpfl. ist und ihre sämtlichen WG nach der Bruchteilsmethode gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO dem Treugeber zugerechnet werden.9 Hier ist im Fall der Veräußerung der Beteiligung an der Treuhand-KG zu prüfen, ob diese einen ertragsteuerlichen Teilbetrieb des Gesamtunternehmens gebildet hat. Hiergegen sprechen zB gemeinsame wesentliche Betriebsgrundlagen, die im Zuge der Veräußerung vom Unternehmer zurückbehalten werden.10 Ist die Treuhand-KG nicht als Teilbetrieb zu qualifizieren gewesen, kommt es demnach auch nicht zum Verlust der Teil-Unternehmensidentität. b) Stellungnahme Die dargestellte Rechtslage ist nicht zweifelsfrei. Warum die Gewerbesteuerfreiheit des Veräußerungs- 52 oder Aufgabegewinns den (anteiligen) Ausschluss des Verlustabzugs rechtfertigt, ist uE nicht ohne

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BFH v. 23.11.1988 – X R 1/86, BStBl. II 1989, 376 = FR 1989, 278. BFH v. 27.3.1969 – IV R 113/68, BStBl. II 1969, 464. BFH v. 8.9.1971 – I R 66/68, BStBl. II 1972, 118. Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 330 mwN (Stand: März 2016). BFH v. 27.9.1960 – I 162/60 U, BStBl. III 1960, 471; v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582; 26.4.2001 – IV R 75/99, FR 2001, 852 = DB 2001, 1536. Ebenso Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2012/13, 504 (506 f.). Vgl. BFH v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582; v. 18.5.2011 – X R 4/10, BStBl. II 2011, 1565 = FR 2011, 964 m. Anm. Wendt. Vgl. hierzu BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß. Zum sog. Treuhand-Modell s. ausf. Wagner, StbJb. 2011/2012, 133; Forst/Kofmann/Pittelkow, EStB 2011, 40. In der Praxis werden Treuhand-KGs regelmäßig errichtet, um eine organisatorische Trennung von Betrieben zu erreichen, ohne dass der auf die Trehand-KG übertragene Betrieb einen Teilbetrieb iSd. §§ 20, 24 UmwStG darstellt, da wesentliche Betriebsgrundlagen wie Grundstücke, Patente usw. auch vom Hauptbetrieb genutzt werden und bei diesem zurückbleiben.

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§ 10a Rz. 53 Gewerbeverlust Weiteres nachvollziehbar.1 Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, dass § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG die Gewerbesteuerfreiheit des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns bei Teilbetrieben in Mitunternehmerschaften davon abhängig macht, dass natürliche Personen „unmittelbarer“ Mitunternehmer der Personengesellschaft sind. Die Entsch. des BFH2 spricht aber undifferenziert von Teil-Unternehmensidentität und macht den partiellen Verlustuntergang nicht von der Frage abhängig, ob der Gewinn der GewSt unterlegen hat oder nicht,3 auch wenn die Entsch. zur Rechtslage vor Geltung von § 7 Satz 2 GewStG ergangen ist. Im Weiteren ist die vorgenommene Differenzierung zwischen dem Verlustausgleich zwischen Teilbetrieben (s. Rz. 54) und dem Verlustabzug bei Personengesellschaften nicht nachvollziehbar. Aufgrund der Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 Abs. 3 EStG ist die Verlustverrechnung zwischen Teilbetrieben zu rechtfertigen, auch wenn die Tätigkeiten der Teilbetriebe sachlich nicht verflochten sind. Dann ist jedoch unklar, warum die Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs nicht mehr von Relevanz sein soll.4 c) Verlustverrechnung bei Teil-Unternehmensidentität 53

Der BFH hat mit seinem Urt. vom 7.8.20085 entschieden, dass Verluste bei der Veräußerung eines Teilbetriebs anteilig untergehen können. Jedoch ist ein Verlustausgleich zwischen den Teilbetrieben eines Unternehmens ungeachtet deren Verselbstständigung nach Auffassung des BFH trotzdem möglich, soweit und solange sie demselben Unternehmen zuzurechnen sind.6 Nähere Ausführungen, warum dieses möglich ist, macht der BFH in seiner Entsch. nicht.

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Problematisch in diesem Zusammenhang ist die Ermittlung der Verluste, die auf einen Teilbetrieb entfallen. Da grds. eine Verrechnung der Verluste der Teilbetriebe möglich ist, werden idR über die gesamte Lebensdauer eines Unternehmens mit mehreren Teilbetrieben keine Nebenrechnungen über die Ergebnisse der Teilbetriebe geführt. Möglich wäre daher eine Aufteilung der Ergebnisse nach dem Prinzip der direkten oder indirekten Methode, die früher bei der Aufteilung von Betriebsstätten- und Stammhausergebnis im Bereich der Verrechnungspreise Anwendung fand.7 Bei der direkten Methode wird der Gewinn der Betriebsstätte gesondert aufgrund der Buchführung und der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelt.8 Bei der indirekten Methode ist der Gesamtgewinn des Unternehmens aufgrund eines sachgerechten Schlüssels aufzuteilen. Bei Funktionsgleichheit und gleicher innerer Struktur können zB im Handels- und Dienstleistungsbereich die Umsätze,9 im Versicherungsbereich die Prämieneinnahmen, im Bankenbereich der Anteil am gesamten Betriebskapital und im Produktionsbereich die Lohn- und/oder Materialkosten als Schlüssel dienen.10 Denkbar wäre uE auch eine Schätzung aufgrund der Kostenrechnung oder Betriebsabrechnungen.11

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Entscheidend ist bei der Aufteilung, dass sie verursachungsgerecht erfolgt. Zudem müssen bei Personengesellschaften Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben den Teilbetrieben zugeordnet werden (s. hierzu mit einem Bsp. Rz. 70). Übergeordnete WG, wie zB Beteiligungen, deren Erträge nach § 8 Nr. 5 iVm. § 9 Nr. 2a GewStG im Gewerbeertrag enthalten sind, müssen uE nicht dem Teilbetrieb zugeordnet werden. Der Aufteilungsmaßstab gemeiner Wert, wie er im Falle der Abspaltung von KapGes. in § 19 Abs. 2 UmwStG iVm. mit § 15 Abs. 3 UmwStG geregelt wird, ist lex specialis für Abspal-

1 Ebenso Kleinheisterkamp, FR 2009, 522 (524); Salzmann, DStR 2008, 2016 (2017); krit. Pohl in Hidien/Pohl/ Schnitter15, 804; Roser, EStB 2012, 461 (464); Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 12 Rz. 36; Prinz, JbFfSt. 2009/2010, 454; Crezelius, JbFfSt. 2009/2010, 455 (456); aA Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 59 (Stand: Juli 2015); Wacker, JbFfSt 2009/2010, 455. 2 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. 3 Vor dem Hintergrund des § 7 Satz 2 GewStG ebenso Prinz, JbFfSt. 2012/2013, 512 (513). 4 Ebenso Kleinheisterkamp, FR 2009, 522 (524); Salzmann, DStR 2008, 2016 (2017). 5 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. 6 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. 7 Vgl. Kempf/Walenta in Lüdicke/Kempf/Brink, Verluste im Steuerrecht, 2010, 232 f.; zweifelnd Salzmann, DStR 2008, 2016 (2017 f.). 8 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 2.3.1. 9 So auch Schöneborn, NWB 2013, 863 (870). 10 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Tz. 2.3.2. 11 So auch Schöneborn, NWB 2013, 863 (870).

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B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 58 § 10a

tungen von KapGes. und findet daher uE bei Veräußerungen, Übertragung oder Aufgaben von Teilbetrieben keine Anwendung. Neben der Aufteilung des Ergebnisses einer Personengesellschaft zu einzelnen Teilbetrieben stellt sich 56 die rechtliche Frage nach der Reihenfolge der Verrechnung von Verlusten verschiedener Teilbetriebe mit positiven Ergebnissen anderer Betriebsteile. Beispiel:1 Eine KG unterhält drei Teilbetriebe A, B und C. Teilbetrieb A erwirtschaftet einen jährlichen Gewinn von 1.000, Teilbetrieb B einen jährlichen Fehlbetrag von 600 und Teilbetrieb C einen jährlichen Fehlbetrag von 700. Am Ende des dritten Jahres beträgt daher der Verlustvortrag 900. Zum Ende des dritten Geschäftsjahres wird der Teilbetrieb C aufgegeben. Lösung: Je nach Ausgleich der Fehlbeträge während der einzelnen Jahre ergeben sich verschiedene Möglichkeiten: a) Es entfällt kein Verlustvortrag, da die Verluste des Teilbetriebs C in jedem Jahr vorrangig mit den Gewinnen des Teilbetriebs A verrechnet wurden. b) Es entfällt der volle Verlustvortrag, da die Verluste des Teilbetriebs C in jedem Jahr nachrangig mit den Gewinnen des Teilbetriebs A verrechnet wurden. Es hat also zunächst immer eine Verrechnung des vollen Fehlbetrags des Teilbetriebs B und erst dann für den Restbetrag der des Teilbetriebs C stattgefunden. c) Es entfallen 7/13 des Verlustvortrags, da die Verluste des Teilbetriebs B und C jeweils pro rata mit den Gewinnen des Teilbetriebs A verrechnet wurden. Mangels einer gesetzlichen Regelung darf nur die für den StPfl. günstige Lösung, dass kein Verlustvortrag entfällt, Anwendung finden.

Zusätzlich zu der Frage des Verlustuntergangs bei der Übertragung eines Teilbetriebs ergibt sich – wie 57 bei der Unternehmensidentität im Allgemeinen – die Frage, ob ein Erwerber des Teilbetriebs den beim Veräußerer untergehenden Verlustvortrag nutzen kann (s. dazu auch Rz. 85 ff.). Sofern die Unternehmeridentität gewahrt ist, ist dies uE eindeutig möglich, da die Teil-Unternehmensidentität aus der Gleichstellung von Betrieben und Teilbetrieben resultiert. Da bei gegebener Unternehmeridentität eine Nutzung der Fehlbeträge im Fall der Unternehmensidentität möglich ist, ist dies bei Teil-Unternehmensidentität nur konsequent. Die Verlustnutzung würde im Weiteren auch im Einklang mit einer möglichen Verlustnutzung bei einer Realteilung stehen.2 Im Weiteren ist in den bisherigen BFH-Entsch.3 die Frage offengeblieben, ob bei unterjährigem 58 Wegfall der Teil-Unternehmensidentität eine Verrechnung von positiven laufenden Gewerbeerträgen oder einem etwaigen positiven Veräußerungsgewinn mit zum letzten Feststellungszeitpunkt vorhandenen Fehlbeträgen zulässig ist, da die GewSt nach § 18 GewStG erst mit Ablauf des EZ entsteht und die Veräußerung oder Aufgabe des Teilbetriebs nicht nach § 14 Satz 3 GewStG zu einem abgekürzten EZ führt. Unseres Erachtens ist diese Frage zu bejahen.4 Hier ist zunächst zu berücksichtigen, dass sowohl die Entstehung der Steuer nach § 18 GewStG als auch deren Festsetzung keinen Einfluss auf die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen haben.5 Dementsprechend ist unter Heranziehung der Gründe zum unterjährigen Verlustabzug bei § 8c KStG6 auch bei § 10a die Möglichkeit vorhanden, zum letzten Feststellungszeitpunkt vorhandene Fehlbeträge von einem bis zum Verlust der Teil-Unternehmensidentität erwirtschafteten Gewinn abzuziehen.7 Zusätzlich rechtfertigt sich der Verlustabzug mit dem Vergleich beim unterjährigen Verlust der Unternehmeridentität, bei dem ein Verlustabzug als zulässig angesehen wird.8 Der anteilige Verlustuntergang bei Teil-Unternehmensidentität rechtfertigt 1 Beispiel nach Kempf/Walenta in Lüdicke/Kempf/Brink, Verluste im Steuerrecht, 2010, 232 f.; vgl. auch Kleinheisterkamp, FR 2009, 522 (526). 2 Vgl. auch Kleinheisterkamp, FR 2009, 522 (526). 3 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 Rz. 37. 4 IErg. ebenso Drüen in Blümich, § 10a GewstG Rz. 56 (Stand: März 2016); Wacker, JbFfSt. 2009/2010, 455; Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2012/2013, 504 (509 f.); Prinz, JbFfSt. 2012/2013, 512; Brandenberg, JbFfSt. 2009/2010, 445 (452); Brandenberg, JbFfSt. 2012/2013, 512; aA Schöneborn, NWB 2013, 863 (870 f.). 5 Vgl. BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843 = FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann, zum unterjährigen Wegfall der Unternehmeridentität. 6 Vgl. BFH v. 30.11.2011 – I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 = FR 2012, 310 m. Anm. Klein/Nosky. 7 So auch Prinz, JbFfSt. 2012/2013, 512; Brandenberg, JbFfSt. 2012/2013, 512. 8 S. hierzu BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFH/NV 2009, 843 = FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann; R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 9 GewStR 2009.

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§ 10a Rz. 59 Gewerbeverlust sich mit der Gleichstellung von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen aus Betriebs- und Teilbetriebsveräußerungen. Im Fall der Betriebsaufgabe und Veräußerung nach § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG ist ein Verlustabzug mit unterjährigen Gewinnen möglich, sodass dieses bei unterjährigem Entfall der TeilUnternehmensidentität aus Gleichstellungsgründen ebenfalls möglich sein muss.1 4. Beweislast des Vorliegens der (Teil-)Unternehmensidentität 59

Nach den allgemeinen Grundsätzen trifft den StPfl. immer dann die Feststellungslast (objektive Beweislast), wenn die zu beweisende Tatsache die Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen begründet oder den Steueranspruch aufhebt oder einschränkt. Bei steuerbegründenden Tatsachen trägt hingegen die FinVerw. die objektive Beweislast.2 Die Unternehmensidentität ist eine Tatbestandvoraussetzung für den Verlustabzug. Da es sich bei dem Verlustabzug um eine steuermindernde Tatsache handelt, hat grds. der StPfl. die Nachweispflicht für das Vorliegen der Unternehmensidentität.

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Im Zusammenhang mit der Teilunternehmensidentität kann es für einen StPfl. sowohl stl. günstig sein, wenn ein Teilbetrieb vorliegt, weil er diesen auf einen anderen Betrieb übertragen will, als auch stl. ungünstig, weil er einen Unternehmensteil veräußert und die Verluste damit untergehen. Da es für das Vorliegen der Teilunternehmensidentität und eine etwaige Zuordnung der Verlustvorträge zum Teilbetrieb sowohl auf steuerbegründende als auch steuerentlastende bzw. -mindernde Tatsachen ankommen kann, ist die Beweislastgrundformel in diesem Fall nicht absolut anzuwenden.3 Vielmehr ist die Wirkungsweise des Vorliegens eines Teilbetriebs und die Zuordnung von Verlusten nach der Maßgeblichkeit im konkreten Einzelfall, dh. relativ zu prüfen.4 Es kommt somit darauf an, ob sich das Tatbestandsmerkmal zugunsten oder zuungunsten des StPfl. auswirkt. Die Beweislast trifft in strittigen Fällen also denjenigen Beteiligten, der sich zur Ableitung bestimmter, ihm günstiger Rechtsfolgen auf ein Tatbestandsmerkmal beruft.5 5. Besonderheiten bei Einzelunternehmen

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Bei Einzelunternehmern ist jede sachlich selbstständige Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 GewStG als selbstständiger Gewerbebetrieb zu qualifizieren (s. dazu § 2 GewStG Rz. 19 ff.).6 Daher ist für jeden einzelnen Gewerbebetrieb, der von einem Einzelunternehmer betrieben wird, die Unternehmensidentität zwingende Tatbestandsvoraussetzung für den Verlustabzug nach § 10a GewStG. Besteht zwischen dem Gewerbebetrieb des Entstehungsjahres und dem Gewerbebetrieb des Abzugsjahres ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang, so sind die Fehlbeträge abzugsfähig (s. ausf. Rz. 42 ff.). Entscheidend ist unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung das Gesamtbild der Verhältnisse.7 Beim Wechsel von einem Restaurant zu einer Imbissbude unter teilweiser Beibehaltung des Personals und Ortswechsel innerhalb eines Stadtgebiets kann zB nach der BFH-Rspr. Unternehmensidentität angenommen werden.8 Hingegen ist die Unternehmensidentität bei einem Franchiseunternehmer, der sein Einzelhandelsgeschäft schließt und an einem 600 km entfernten Ort ein neues Einzelhandelsgeschäft, das zur gleichen Unternehmensgruppe gehört und einen weitgehend identischen Franchisevertrag zum ursprünglichen Vertrag hat, jedoch nicht gewahrt.9

1 Ebenso Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2012/2013, 504 (509 f.). 2 Vgl. nur BFH v. 5.11.1970 – V R 71/67, BStBl. II 1971, 220, zur grundsätzlichen Feststellungslast für steuerbegründende Tatsachen. 3 AA Kleinheisterkamp, FR 2009, 522 (526), der die Feststellungslast der Zuordnung der Verluste bei der FinVerw. sieht. 4 Vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 96 FGO Rz. 84 (Stand: April 2017); s. BFH v. 28.4.1977 – IV R 98/73, BStBl. II 1977, 728, zum Tatbestandsmerkmal der „Nachhaltigkeit einer gewerblichen Betätigung“. 5 Vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 96 FGO Rz. 84 (Stand: April 2017). 6 Vgl. R 2.4 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 30 (Stand: April 2017). 7 BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477 = FR 1994, 408. 8 BFH v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425. 9 BFH v. 7.11.2006 – VIII R 30/05, BStBl. II 2007, 723 = FR 2007, 708 m. Anm. Wendt.

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B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 65 § 10a

Unterhält ein Unternehmer gleichzeitig mehrere sachlich selbstständige Gewerbebetriebe, unter- 62 liegt jeder dieser Gewerbebetriebe als separater Steuergegenstand für sich der GewSt.1 In diesem Fall ist sowohl eine Verlustverrechnung als auch ein Verlustabzug zwischen den verschiedenen Betrieben mangels Unternehmensidentität nicht möglich;2 andererseits steht jedem Betrieb der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG zu und die Veräußerung eines sachlich selbstständigen Gewerbebetriebs beeinflusst korrespondierend die Verlustabzugsmöglichkeiten eines anderen Gewerbebetriebs nicht. Ebenso können Verluste aus einer Beteiligung eines Einzelunternehmers an einer Mitunternehmerschaft nicht verrechnet oder abgezogen werden, da insoweit keine Unternehmensidentität besteht.3 Mitunternehmerschaft und Einzelunternehmen sind verschiedene Steuergegenstände und Verluste aus der Personengesellschaftsbeteiligung werden daher auch nach § 8 Nr. 8 GewStG dem Gewerbeertrag des Einzelunternehmens hinzugerechnet. Anders ist die Frage eventuell zu beurteilen, wenn die zivilrechtlich existente Personengesellschaft als sog. Ein-Unternehmer-Personengesellschaft (TreuhandKG)4 einzustufen ist. Hier ist nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, ob ein oder mehrere selbstständige Gewerbebetriebe des Einzelunternehmers vorliegen.5 Eine andere Antwort ergibt sich, sofern ein Einzelunternehmer einen Gewerbetrieb führt, der aus 63 mehreren Teilbetrieben besteht, da nicht jeder Teilbetrieb für sich ein eigener Steuergegenstand ist, sondern ausschließlich der gesamte Gewerbebetrieb. In diesem Fall dürfen die Fehlbeträge aus den einzelnen Teilbetrieben miteinander verrechnet werden. Veräußert ein Einzelunternehmer einen Teilbetrieb oder gibt er einen Teilbetrieb auf, so verliert jedoch der ursprüngliche Betrieb seine Teil-Unternehmensidentität.6 Verluste, soweit sie auf den veräußerten (bzw. aufgegebenen) Teilbetrieb entfallen, stehen daher mangels Teil-Unternehmensidentität nicht für eine Kürzung von Gewerbeerträgen des verbleibenden Betriebs in späteren EZ zur Verfügung.7 Bei unterjährigem Fortfall der (Teil-)Unternehmensidentität können bis zu diesem Zeitpunkt angefallene positive und negative Gewerbeerträge innerhalb des gesamten Unternehmens verrechnet werden,8 denn der BFH spricht von der Verrechnung in zukünftigen EZ (s. hierzu ausf. Rz. 56). Gänzlich ungeklärt iZm. Teilbetrieben ist die Frage, wie die Aufteilung des Fehlbetrags auf die un- 64 terschiedlichen Teilbetriebe erfolgt. Siehe dazu Rz. 54. 6. Besonderheiten bei Personengesellschaften a) Vorbemerkung Unternehmensidentität ist nach der st. Rspr. des RFH und des BFH auch bei Personengesellschaften 65 für die Berücksichtigung gewstl. Verlustvorträge erforderlich.9 Im Gegensatz zu Einzelunternehmern 1 BFH v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29. 2 Vgl. BFH v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 30 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 102; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 54 (Stand: Juli 2015). 3 BFH v. 14.11.1968 – I R 16/66, BStBl. II 1969, 169. 4 Zu dieser s. BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß; ausf. Wagner, StbJb. 2011/2012, 133; Forst/Kofmann/Pittelkow, EStB 2011, 40. 5 Ebenso Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 56 (Stand: Juli 2015); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 31 (Stand: April 2017). 6 Vgl. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 Rz. 37. Von der FinVerw. wird die Entsch. auf Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften uneingeschränkt angewendet; vgl. OFD Münster v. 27.6.2012 – G 1427 - 159 - St 11 – 33, EStB 2012, 331. 7 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 Rz. 37. 8 Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2012/13, 504 (509 f.); Drüen in Blümich § 10a GewStG Rz. 56 (Stand: März 2016); aA Schöneborn, NWB 2013, 863 (870). 9 RFH v. 26.8.1942 – VI 236/42, RStBl. 1942, 1024; BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210 (212); v. 23.7.1958 – I 139/57 U, BStBl. III 1958, 426; v. 19.8.1958 – I 78/58 U, BStBl. III 1958, 468; v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65; v. 8.1.1963 – I 237/61 U, BStBl. III 1963, 188; v. 14.1.1965 – IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115; v. 4.2.1966 – VI 272/63, BStBl. III 1966, 374; v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 2.3.1983 – I R 85/79, BStBl. II 1983, 427 = FR 1983, 335; v. 19.12.1984 – I R 165/80, BStBl. II 1985, 403 = FR

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§ 10a Rz. 66 Gewerbeverlust betreibt eine Personengesellschaft nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 Abs. 3 EStG immer nur einen einzigen Gewerbebetrieb und damit ein einziges Unternehmen, selbst wenn sie gleichzeitig sachlich an sich selbstständige Tätigkeiten ausübt.1 Folglich werden Gewinne und Verluste aus verschiedenen Teilbereichen einer Personengesellschaft zusammengefasst und verrechnet. Nur wenn die Aktivitäten von zwei verschiedenen Personengesellschaften ausgeübt werden, können auch zwei unterschiedliche Gewerbebetriebe bzw. Unternehmen vorliegen. Mangels Unternehmensidentität können daher mehrere Personengesellschaften nicht zu einem einheitlichen Unternehmen für Zwecke des Verlustabzugs zusammengefasst werden.2 Dies gilt selbst dann, wenn zwischen den Personengesellschaften Gesellschafter- und Beteiligungsidentität besteht.3 66

Hat eine Personengesellschaft nur einen Gewerbebetrieb und veräußert sie diesen gesamten Gewerbebetrieb im Rahmen eines sog. asset deals, so gilt der Gewerbebetrieb als durch die Mitunternehmer eingestellt (§ 2 Abs. 5 GewStG).4 Selbiges gilt, wenn alle Mitunternehmer ihre Anteile an einer Personengesellschaft veräußern (s. dazu Rz. 211). Durch die fiktive Einstellung des Betriebs gem. § 2 Abs. 5 GewStG kommt es gem. § 14 Satz 3 GewStG zu einem abgekürzten EZ (s. Rz. 212).

67 Vor diesem Hintergrund führt die Fiktion des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 Abs. 3 EStG nicht

dazu, dass bei zeitlich nacheinander ausgeübten verschiedenartigen Tätigkeiten – ggf. nach einer Phase von gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen – vom Vorliegen von Unternehmensidentität auszugehen ist.5 Es liegen vielmehr nicht durchgängig die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 EStG vor, sodass der sachliche Zusammenhang zwischen der neuen und der alten gewerblichen Betätigung verifiziert werden muss.6 Mit Beendigung der bisherigen Tätigkeit endet die sachliche StPfl. des bisherigen Gewerbebetriebs und mit der Aufnahme der neuen Tätigkeit wird eine neue sachliche StPfl. begründet.7 68

Im Gegensatz dazu geht die Unternehmensidentität nicht verloren, wenn eine von mehreren Tätigkeiten aufgegeben wird8 und diese nicht als Teilbetrieb qualifiziert wird.

69

Neben der Veräußerung eines gesamten Gewerbebetriebs ist bei Personengesellschaften auch die Möglichkeit des anteiligen Untergangs eines Fehlbetrags in Erwägung zu ziehen, wenn ein Teilbetrieb veräußert oder aufgegeben wird (Entfall der Teil-Unternehmensidentität).9 Zur Herleitung der TeilUnternehmensidentität s. Rz. 48. Das Erfordernis der Teil-Unternehmensidentität schließt die Verlustverrechnung zwischen den Teilbetrieben nicht aus. Die Verluste aus dem veräußerten oder aufgegebenen Teilbetrieb stehen (nur) für den Verlustabzug in späteren EZ nicht mehr zur Verfügung (zur Kritik s. Rz. 52).10

1

2 3 4 5 6 7 8 9 10

600

1985, 362; v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 = FR 1990, 339; v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916; v. 5.9.1990 – X R 20/89, BStBl. II 1991, 25 = FR 1990, 756; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477 = FR 1994, 408; v. 31.10.1996 – VIII B 129/95, BFH/NV 1997, 528; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; v. 14.3.2006 – I R 1/04, BStBl. II 2006, 549 = FR 2006, 646 m. Anm. Pezzer; v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. BFH v. 25.6.1996 – VIII R 28/94, BStBl. II 1997, 202 = FR 1997, 16; v. 7.9.2016 – IV R 31/13; BStBl. II 2017, 482 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg § 10a GewStG Rz. 27 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich § 10a GewStG Rz. 56 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 58 (Stand: Juli 2015); differenzierend Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 20. BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1980, 465. Vgl. H 2.4 Abs. 3 GewStH 2009 „Zusammenfassung“; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 59 (Stand: März 2016); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 114. Vgl. BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666; Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 5514 (Stand: Juni 2017). BFH v. 7.11.2006 – VIII R 30/05, BStBl. II 2007, 723 = FR 2007, 708 m. Anm. Wendt; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 Rz. 38. Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg § 10a GewStG Rz. 26 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich § 10a GewStG Rz. 57 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 60 (Stand: Juli 2015). BFH v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; v. 7.11.2006 – VIII R 30/05, BStBl. II 2007, 723 = FR 2007, 708 m. Anm. Wendt. BFH v. 15.3.1994 – XI R 60/89, BFH/NV 1994, 899. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, DStR 2017, 2038 Rz. 37; OFD Münster v. 27.6.2012 – G 1427 - 159 - St 11 – 33, EStB 2012, 331. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt.

Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 72 § 10a

Bei Ermittlung des untergehenden Fehlbetrags sind im Gegensatz zum Untergang aufgrund eines 70 Unternehmerwechsels auch Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen, da die gesetzliche Anordnung des § 10a Sätze 4 und 5 GewStG nur für den Fall der Unternehmeridentität von Relevanz ist. Zur Problematik der Ermittlung der Fehlbeträge im Allgemeinen s. Rz. 54 ff. Beispiel: Die X-GmbH & Co. KG unterhält die Teilbetriebe A und B. Sie erwirtschaftet im Jahr 01 einen Jahresfehlbetrag iHv. 100.000 Euro. Dabei entfällt auf jeden Teilbetrieb ein Fehlbetrag von 50.000 Euro. Der Gesellschafter X hatte der X-GmbH & Co. KG zwei Darlehen im Jahr 01 gewährt. Ein Darlehen wurde für allgemeine Kosten von beiden Teilbetrieben genutzt. Die Zinsen beliefen sich für beide Teilbetriebe auf insgesamt 20.000 Euro. Das andere Darlehen hat der Gesellschafter X zur Finanzierung einer Maschine, die der Teilbetrieb A angeschafft hat, genutzt (Zinsen in 01: 5.000 Euro). Zum 1.1.2002 wurde der Teilbetrieb B veräußert. Lösung: Durch die Teilbetriebsveräußerung geht der Fehlbetrag, der auf den Teilbetrieb B entfällt, unter. Die Fehlbeträge der beiden Teilbetriebe ermitteln sich wie folgt: Teilbetrieb A Teilbetrieb B Jahresfehlbetrag ./. 50.000 t ./. 50.000 t Sonderbetriebseinnahmen X + 15.000 t + 10.000 t Hinzurechnungen/Kürzungen (§§ 8 und 9 GewStG) 0t 0t Gewerbeertrag ./. 35.000 t ./. 40.000 t Der Fehlbetrag des Teilbetriebs B iHv. 40.000 Euro kann im Jahr 02 aufgrund der Veräußerung nicht mehr mit Ergebnissen des Teilbetriebs A verrechnet werden.

b) Unternehmensidentität bei gewerblich geprägten Personengesellschaften im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Das aus dem Objektsteuercharakter abgeleitete Erfordernis der Unternehmensidentität muss auch 71 bei gewerblich geprägten Gesellschaften iSv. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vorliegen und wird nicht von der Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 Abs. 3 EStG verdrängt.1 Insbesondere verbietet sich die Gleichstellung der gewerblich geprägten Personengesellschaft mit einer KapGes., bei der aufgrund ihrer Rechtsform nach § 2 Abs. 2 Satz 1 stets und in vollem Umfang von einem Gewerbebetrieb auszugehen ist (s. hierzu Rz. 78 f.), wohingegen für eine Personengesellschaft § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG gilt, der einen Gewerbebetrieb iSd. EStG erfordert und erst unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 EStG die gesamte Tätigkeit der Personengesellschaft in vollem Umfang zu einem (einheitlichen) Gewerbebetrieb zusammenfasst. Hieraus ergibt sich eine Verschiedenartigkeit von Kapital- und Personengesellschaften in der stl. Behandlung, welche auch hinsichtlich der Unternehmensidentität als Voraussetzung des Abzugs des Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG gilt.2 Daraus lässt sich nach zutr. Auffassung des BFH schließen, dass der Gesetzgeber auch gewerbesteuerrechtlich keine Gleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften – auch nicht, soweit sie keine originär gewerbliche Tätigkeit ausüben, sondern gewerblich geprägt sind – beabsichtigt hat.3 Verfassungsrechtlich ist eine solche Gleichbehandlung auch nicht geboten.4 c) Unternehmensidentität bei atypisch stiller Gesellschaft Die atypisch stille Gesellschaft ist nicht als Subjekt der GewSt anzusehen.5 Adressat der Gewerbesteu- 72 erbescheide ist ausschließlich der Inhaber des Handelsgeschäfts, da § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG für eine Mitunternehmerschaft in Form einer Innengesellschaft nicht anwendbar ist.6 Ungeachtet dessen ist 1 BFH v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 Rz. 31; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 20; aA Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 25 f. (Stand: April 2017); Kleinheisterkamp, FR 2009, 522 (523); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 60 (Stand: Juli 2015); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 56 (Stand: März 2016); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 96. 2 BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666. 3 BFH v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 Rz. 31. 4 BFH v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 Rz. 31. 5 BFH v. 31.8.1999 – VIII R 22/98, BFH/NV 2000, 420; v. 28.3.2003 – VIII B 194/01, BFH/NV 2003, 1308. 6 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 = FR 1996, 293; v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794; v. 10.11.1993 – I R 20/93, BStBl. II 1994, 327.

Suchanek/Hesse

601

§ 10a Rz. 73 Gewerbeverlust der von der atypisch stillen Gesellschaft unterhaltene Gewerbebetrieb jedoch sachlich gewstpfl.1 Für die Frage der Nutzung der vortragsfähigen Gewerbeverluste ist daher auch hier das Vorliegen von Unternehmensidentität zu prüfen. Dabei ist zu beachten, dass das Unternehmen des Inhabers, an dem das atypisch stille Beteiligungsverhältnis besteht, und die atypisch stille Gesellschaft zwei (unterschiedliche) Gewerbebetriebe iSd. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG darstellen, für die nach § 14a Satz 1 GewStG jeweils eine eigene Gewerbesteuererklärung abzugeben ist.2 Sofern der Entsch. v. 23.4.20093 zu entnehmen war, dass es in einem solchen Fall nur einen Gewerbebetrieb – den des Inhabers des Handelsgewerbes – gäbe, ist dieses mit der Entsch. v. 8.12.20164 explizit aufgegeben worden. Die Unternehmensidentität ist daher für den Steuergegenstand zu prüfen, der von der atypisch stillen Gesellschaft betrieben wird, auch wenn im Außenverhältnis nur der Inhaber tätig wird.5 73

Begründet der Inhaber eines Handelsgewerbes an seinem gesamten Betrieb eine stille Gesellschaft und ist die Gesellschaft ertragsteuerlich als Mitunternehmerschaft anzusehen, weil der stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt, wird das Unternehmen des Inhabers des Handelsgewerbes für die Dauer des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft ertragsteuerlich der Mitunternehmerschaft zugeordnet. Zwischen dem Unternehmen des Inhabers des Handelsgewerbes vor Begründung der stillen Gesellschaft und dem (später) von ihm für Rechnung der stillen Gesellschaft geführten Unternehmen besteht daher gewstl. Unternehmensidentität,6 sodass ein bisher für den Inhaber festgestellter Fehlbetrag auf die atypisch stille Gesellschaft übergeht und iHd. Beteiligung des Inhabers von zukünftigen positiven Gewerbeerträgen abgezogen werden kann.7

74

Beteiligt sich einer oder mehrere atypisch stille Gesellschafter nur an einem Teil des Handelsgewerbes, liegen mindestens zwei oder mehrere Gewerbebetriebe vor.8 Dementsprechend kommt es bei mehreren Gewerbebetrieben auf die Unternehmensidentität des jeweiligen Gewerbes an. Beispiel: X produziert Sicherheitsgurte und Airbags für die Automobilindustrie. Y und Z beteiligen sich im Jahr 05 zu jeweils 10 % atypisch still am Geschäftsbereich „Sicherheitsgurte“. Im Jahr 07 und 08 erwirtschaftet die atypisch stille Gesellschaft einen gewstl. Fehlbetrag. Zum 1.1.09 wird der Bereich „Sicherheitsgurte“ veräußert. Lösung: Weil die atypisch stille Gesellschaft nur an einem bestimmten Geschäftsbereich des Handelsgewerbes beteiligt ist, bestehen jeweils zwei getrennte Gewerbebetriebe. Dies sind der Gewerbebetrieb des X in Gestalt des Bereichs „Airbags“ und der Geschäftsbetrieb „Sicherheitsgurte“ der atypisch stillen Gesellschaft, bestehend aus den Gesellschaftern X, Y und Z. Gewinne und Verluste der Gewerbebetriebe sind nach Begründung der atypisch stillen Gesellschaft nicht mehr verrechenbar, da die atypisch stille Gesellschaft einen eigenen Steuergegenstand bildet,9 auch wenn den X weiterhin die subjektive Steuerschuldnerschaft für den Betrieb der atypisch stillen Gesellschaft trifft (s. hierzu Rz. 72).

75

Zusätzlich ist in diesem Zusammenhang noch die Teil-Unternehmensidentität von Bedeutung. Stellt das auf die atypisch stille Gesellschaft übergehende Vermögen einen Teilbetrieb dar, wird man diese beim Inhaber des Handelsgewerbes verneinen müssen, was allerdings mit einem Übergang des auf den Teilbetrieb entfallenden Fehlbetrag auf die atypisch stille Gesellschaft unter zukünftiger Verlustnutzung verbunden ist, soweit der Inhaber des Handelsgewerbes an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt ist (zum Übergang des Verlustes bei Teil-Unternehmensidentität s. Rz. 57).

1 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; bestätigt durch BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 Rz. 23 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker. 2 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 Rz. 25, 27 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker. 3 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler. 4 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 Rz. 27 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker. 5 AA Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 35 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 10a GewStG Rz. 62a (Stand: Juli 2015). 6 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623 Rz. 26; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker = BFH/NV 2014, 1303 Rz. 24. 7 Vgl. BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623 Rz. 27; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 62a (Stand: Juli 2015); Görgen/Rüschoff, Ubg 2017, 453 (456 f.); Suchanek/Trinkaus, Ubg 2014, 495. 8 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 = FR 1996, 293. 9 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 Rz. 23 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker.

602

Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 78 § 10a

Abwandlung: Wie Beispiel in Rz. 74. Der Bereich „Sicherheitsgurte“ stellte bei X einen Teilbetrieb dar, auf den zum 31.12.04 ein Fehlbetrag von 500 entfiel. In den Jahren 05 bis 08 werden vom Teilbetrieb „Sicherheitsgurte“ positive Gewerbeerträge erwirtschaftet und zum 1.1.09 wird der Bereich veräußert. Lösung: Der auf den Teilbetrieb „Sicherheitsgurte“ entfallende vortragsfähige Fehlbetrag von 500 geht auf die atypisch stille Gesellschaft über und kann zu 80 % (s. hierzu Rz. 109) mit den positiven Erträgen der Jahre 05 bis 08 verrechnet werden. Sofern danach noch ein Fehlbetrag verbleibt, geht dieser wegen des Verlusts der Unternehmensidentität auf Ebene des Steuergegenstands „atypisch stille Gesellschaft“ unter.

Sofern durch die atypisch stille Beteiligung ein neuer Gewerbebetrieb entsteht, ist keine Unter- 76 nehmensidentität gegeben, ein Verlustabzug der beim Inhaber entstandenen Fehlbeträge bei der atypisch stillen Gesellschaft scheidet mangels Unternehmensidentität aus.1 Wenn allerdings beim Inhaber eine Fortführung des bisherigen Unternehmens gegeben ist, liegt bei ihm weiterhin Unternehmensidentität vor, sodass er die bei ihm entstandenen Fehlbeträge iRd. Verlustabzugs berücksichtigen kann. Wird eine an einer GmbH & atypisch still beteiligte GmbH auf die still beteiligte Personengesell- 77 schaft verschmolzen und geht das Vermögen der atypisch stillen Gesellschaft bei Zugrundelegung einer stl. Betrachtungsweise aufgrund der Verschmelzung auf die Personengesellschaft vergleichbar einer Anwachsung über, können die für die atypisch stille Gesellschaft festgestellten Verlustvorträge, die auf die Personengesellschaft entfallen, bei dieser abgezogen werden, sofern das Handelsgewerbe der GmbH fortgeführt wird.2 Die Personengesellschaft muss demnach zum Abzug der Verlustvorträge der atypisch stillen Gesellschaft das Merkmal der Unternehmensidentität erfüllen. 7. Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften Die Tätigkeit einer KapGes. gilt gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Ge- 78 werbebetrieb. Aus diesem Grund können KapGes. nur einen Betrieb unterhalten, der unabhängig von der Tätigkeit der Gesellschaft ist.3 Daher kommt es nach Ansicht des BFH bei KapGes. für den Verlustabzug nicht auf die Unternehmensidentität an.4 Entscheidend sind bei KapGes. daher ausschließlich die rechtliche und wirtschaftliche Identität. Letztere wurde als Reaktion des Gesetzgebers auf die Entscheidung des BFH v. 29.10.19865 in § 8 Abs. 4 KStG aF kodifiziert und findet seit dem EZ 2008 über § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c KStG (s. hierzu Rz. 232 ff.) ihren gesetzlichen Niederschlag. Nur im Falle einer Anwachsung einer Personengesellschaft auf eine KapGes. mit gleichzeitigem Übergang der Verlustvorträge (s. hierzu Rz. 87) kann die Unternehmensidentität eine Rolle spielen.6 Beispiel: Die KapGes. X hat aus einem Pizzalieferdienst, der mit drei Mitarbeitern in Essen betrieben wurde, einen Fehlbetrag von 1.000 erwirtschaftet und stellt diesen in 01 ein. In 05 nimmt die X eine Stahlproduktion im Harz auf, in der 500 Mitarbeiter beschäftigt werden, ohne dass die Anteile an der X übertragen wurden. Lösung: Der Verlust aus dem Pizzalieferdienst kann mit Gewinnen aus der Stahlproduktion verrechnet werden, da das Merkmal der Unternehmensidentität nicht von Relevanz ist.

1 Vgl. OFD Frankfurt v. 19.7.2011 – G 1427 A - 13 - St 55, DStR 2011, 2154; OFD Magdeburg v. 6.3.2012 – G 1400 - 16 - St 216, DStR 2012, 1088. 2 Vgl. BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623 Rz. 32. 3 BFH v. 29.10.1986 – I R 318/83, I R 319/83, BStBl. II 1987, 310 = FR 1987, 67; v. 22.8.1990 – I R 67/88, BStBl. II 1991, 250 = FR 1991, 152; v. 25.11.2009 – I R 18/08, BFH/NV 2010, 941; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 29 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 65 (Stand: Juli 2015); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 103; aA FG München v. 27.9.1990 – 15 K 15181/85, rkr., EFG 1991, 272; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 60 (Stand: März 2016); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 25. 4 BFH v. 29.10.1986 – I R 318/83, I R 319/83, BStBl. II 1987, 310 = FR 1987, 67; v. 25.11.2009 – I R 18/08, BFH/ NV 2010, 941; aA Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 60 (Stand: März 2016); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 25. Nach diesen sei § 2 Abs. 2 GewStG nur zu entnehmen, dass auch bei einer Änderung der Betätigung stets ein Gewerbebetrieb der KapGes., vorliegt, nicht jedoch, dass dies derselbe Gewerbebetrieb sei. 5 BFH v. 29.10.1986 – I R 318/83, I R 319/83, BStBl. II 1987, 310 = FR 1987, 67. 6 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 29 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 10a GewStG Rz. 66 (Stand: Juli 2015); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 103.

Suchanek/Hesse

603

§ 10a Rz. 79 Gewerbeverlust 79

Ebenso gibt es bei KapGes. keine Teilunternehmensidentität, da die gesamte Betätigung immer als einheitlicher Gewerbebetrieb gilt.1 Das Merkmal der Teil-Unternehmensidentität bezieht seine Rechtfertigung – wie auch die Unternehmensidentität – aus dem Wesen der GewSt als Objektsteuer und zum anderen aus der Tatsache, dass Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe von Betrieben oder Teilbetrieben eines Einzelunternehmers oder einer Mitunternehmerschaft, soweit sie auf eine natürliche Person als „unmittelbar“ beteiligten Mitunternehmer entfallen, nicht zum Gewerbeertrag gehören (s. zur Teil-Unternehmensidentität Rz. 48).2 Wenn folglich vor diesem Hintergrund aus der spezialgesetzlichen Anordnung des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG die Unternehmensidentität bei KapGes. nicht zu prüfen ist, dann muss dies für die Teil-Unternehmensidentität erst recht gelten. 8. Einzelfälle a) Unternehmensidentität bei Betriebsaufspaltung

80

Bei einer Betriebsaufspaltung gelten Verpachtungsunternehmen und Betriebsunternehmen nicht als ein einheitliches Unternehmen.3 Unabhängig von der Art der Betriebsaufspaltung liegen somit grds. zwei Gewerbebetriebe vor, wobei beim Verpachtungsunternehmen die gewerbliche Tätigkeit in der Nutzungsüberlassung von WG an das Betriebsunternehmen besteht.4

81

Wird eine echte Betriebsaufspaltung begründet, bei der das Besitzunternehmen ein Einzelunternehmer oder eine Personengesellschaft ist und das Betriebsunternehmen eine KapGes., gehen die Verluste des Besitzunternehmens nicht auf das Betriebsunternehmen über, was im Wesentlichen allerdings auf der fehlenden Unternehmeridentität beruht (zu dieser s. Rz. 95 ff.). Ein Fehlbetrag des ursprünglichen Betriebs, der zur Besitzgesellschaft wird, geht mangels Unternehmensidentität unter, denn die Tätigkeit des Unternehmens hat sich durch die Begründung der Betriebsaufspaltung geändert. Schließlich ist die Betätigung des Besitzunternehmens am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gegenüber den zuvor wahrgenommenen Aufgaben deutlich eingeschränkt, da sie ausschließlich Vermietungsleistungen wahrnimmt. Zudem zählt zum Kundenkreis des Besitzunternehmens nach Beginn der Betriebsaufspaltung nur noch das Betriebsunternehmen, während zuvor der Kundenkreis aus den jetzigen Kunden des Betriebsunternehmens bestand.5 Wird hingegen ein Besitzunternehmen in der Rechtsform der GbR unter Eintritt in den Pachtvertrag in eine KG eingebracht, ist von Unternehmensidentität auszugehen.6

82

Anders ist uE der Fall zu beurteilen, wenn eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung begründet wird. Zur Begründung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung kommt es, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen von einer Besitzpersonengesellschaft an eine Betriebspersonengesellschaft entgeltlich verpachtet werden und beide Gesellschaften personell verflochten sind.7 Dies gilt nicht nur dann, wenn die verpachteten WG im Gesamthandseigentum der Besitzgesellschaft stehen, sondern auch dann, wenn sie im Bruchteilseigentum ihrer Gesellschafter stehen und von der Besitzgesellschaft oder zumindest von einer konkludent vereinbarten Besitz-GbR entgeltlich an die Betriebsgesellschaft verpachtet werden.8

83

Im Falle der Begründung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung geht im Gegensatz zur echten Betriebsaufspaltung ein gewstl. Verlust der Besitzpersonengesellschaft bei der Begründung der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung auf die Betriebspersonengesellschaft über, sofern auch Unternehmeridentität besteht. Zwar kommt es durch die Begründung der Betriebsaufspaltung in der Re-

1 Vgl. OFD Münster v. 27.6.2012 – G 1427 - 159 - St 11 – 33, DStR 2012, 2019; Zweifel äußernd Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 29 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 103. 2 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt. 3 BFH v. 7.3.1961 – I 251/60 S, BStBl. III 1961, 211; v. 9.3.1962 – I 123/60 U, BStBl. III 1962, 199; v. 28.5.1968 – IV 340/64, BStBl. II 1968, 688; Dehmer, Betriebsaufspaltung, 3. Aufl. 2015, § 6B Rz. 34. 4 Vgl. BFH v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477 = FR 1994, 408. 5 Vgl. Pieper in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, § 10a GewStG Rz. 19 (Stand: Februar 2017). 6 H 10a.2 GewStH 2009; BFH v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477 = FR 1994, 408. 7 Vgl. BFH v. 18.8.2005 – IV R 59/04, BStBl. II 2005, 830 = FR 2006, 23 m. Anm. Wendt. 8 BFH v. 18.8.2005 – IV R 59/04, BStBl. II 2005, 830 = FR 2006, 23 m. Anm. Wendt.

604

Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 85 § 10a

gel nicht zu einer Übertragung von WG von der Besitzpersonengesellschaft auf die Betriebspersonengesellschaft, aber nach Maßgabe des Gesamtbilds der Verhältnisse im Einzelfall und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung kann nach unserem Verständnis ein sachlicher, wirtschaftlicher, finanzieller und organisatorischer Zusammenhang zwischen dem Besitzunternehmen vor der Begründung der Betriebsaufspaltung und dem Betriebsunternehmen nach der Begründung gegeben sein (s. hierzu allgemein Rz. 42 ff.).1 Die richtungsweisenden Kriterien, die Art der gewerblichen Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Geschäftsleitung, die Arbeitnehmerschaft sowie die Betriebsstätte bleiben in der Regel erhalten (zu den maßgebenden Kriterien s. Rz. 44). Allein die Zusammensetzung und Finanzierung des Aktivvermögens verändert sich, da das AV idR bei der Besitzgesellschaft verbleibt. Die Tätigkeit der bisherigen Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft sind daher uE identisch, sofern die Betriebsgesellschaft auch unter demselben Firmennamen agiert. Eine andere Beurteilung ergibt sich bei der Besitzpersonengesellschaft. Die Besitzpersonengesell- 84 schaft selbst ändert ihre Betätigung zu einem reinen Vermietungsunternehmen, wodurch die Unternehmensidentität – wie im Fall der Begründung einer echten Betriebsaufspaltung – nicht gewahrt wird. Beispiel: A ist zu 99 % und B zu 1 % als Kommanditist an der X-KG beteiligt. Die KG betreibt eine Maschinenfabrik. Die KG hat einen gewstl. Fehlbetrag aus dem Jahr 01 von 100, der zu 99 % auf A und zu 1 % auf B entfällt. Im Jahr 02 verpachtet die X-KG ihren gesamten Betrieb an die AC-KG, an der A zu 70 % und C zu 30 % beteiligt sind. Es wird eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung begründet. Mit Abschluss des Mietvertrags firmiert die AC-KG unter X-KG und die X-KG als Vermietungs-KG. Lösung: Die in der X-KG entstandenen Verluste kann A bei der AC-KG (X-KG neu) fortführen. Es besteht Unternehmensidentität, da nach dem allgemeinen Gesamtbild der Verhältnisse und der allgemeinen Verkehrsanschauung die AC-KG das Unternehmen der X-KG fortführt.

b) Unternehmensidentität bei Umwandlungsvorgängen aa) Umwandlungen von oder auf Kapitalgesellschaften Für KapGes. bestehen in Bezug auf vortragsfähige Fehlbeträge gesetzliche Spezialregelungen, die die 85 allgemeinen Regeln über Unternehmens- und Unternehmeridentität verdrängen. So gehen die vortragsfähigen Verluste der übertragenden KapGes. nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG unter, wenn eine KapGes. formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt wird. Bei einer Verschmelzung einer KapGes. auf eine Personengesellschaft sind die vortragsfähigen Fehlbeträge der KapGes. auf Ebene der Personengesellschaft nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nicht mehr nutzbar. Für die Fehlbeträge der übernehmenden Personengesellschaft hingegen gibt es keine speziellen Regelungen im UmwStG, sodass die allgemeinen Regelungen zur Unternehmens- und Unternehmeridentität gelten. Sofern die Unternehmeridentität gewahrt bleibt (zB Verschmelzung einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft auf eine Personengesellschaft), können die Verluste der Personengesellschaft mit den Erträgen aus dem übernommenen Gewerbebetrieb verrechnet werden, wenn iRd. Umwandlung der bisherige Geschäftsbetrieb nicht eingestellt wird.2 Wird eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen im Wege der Einbringung auf eine KapGes. übertragen, so gehen die vortragsfähigen Fehlbeträge des Einbringenden unabhängig von der Unternehmensidentität gem. § 23 Abs. 5 UmwStG nicht auf die übernehmende KapGes. über.

1 Allgemein BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65; v. 28.5.1968 – 340/64; BStBl. II 1968, 688; v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1978, 348; v. 12.1.1983 – IV R 177/80, BStBl. II 1983, 425; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623; R 10a.2 Satz 4 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 19 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 11; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 100. 2 Ebenso Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 35; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 16; Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 26 (Stand: Mai 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 18 UmwStG Rz. 57 (Stand: September 2012).

Suchanek/Hesse

605

§ 10a Rz. 86 Gewerbeverlust bb) Umwandlungen von oder auf Personengesellschaften 86

Die Frage, ob die Unternehmensidentität im Rahmen von Umwandlungsvorgängen gewahrt wird, spielt in der Praxis hauptsächlich bei der Übertragung von Gewerbebetrieben oder Teilbetrieben von einer oder auf eine Personengesellschaft eine Rolle. Spezielle gesetzliche Regelungen existieren im UmwStG für die Berücksichtigung von vortragsfähigen Fehlbeträgen bei Einbringungen in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG nicht; insbes. ist § 23 Abs. 5 UmwStG von dem Verweis in § 24 Abs. 4 Halbs. 1 UmwStG ausgenommen. Da kein automatischer Verlustübergang oder -untergang geregelt wird, gelten die allgemeinen Grundsätze, dass zur Nutzung der Fehlbeträge Unternehmensund Unternehmeridentität gegeben sein müssen (zur Problematik bei der Unternehmeridentität s. Rz. 125 ff.).1 Die Geltung der allgemeinen Grundsätze schließt auch das Merkmal der Teil-Unternehmensidentität ein (s. hierzu allgemein Rz. 48 ff.).2

87

Damit Unternehmensidentität bei Übertragung auf eine Personengesellschaft besteht, muss die Tätigkeit des übertragenen Unternehmens bzw. Unternehmensteils nach dem Gesamtbild (wirtschaftlich, organisatorisch und finanzieller Art) bei der übernehmenden Personengesellschaft erhalten bleiben.3 Unbedeutend für die Nutzung eines Verlustvortrags ist dabei, ob der eingebrachte Betrieb auf Ebene der aufnehmenden Mitunternehmerschaft die Voraussetzung an einen Teilbetrieb erfüllt oder diesem das Gepräge gibt.4 In zeitlicher Hinsicht ist dabei für das Vorliegen von Unternehmensidentität nicht nur auf den Zeitpunkt des Übergangs des Betriebs auf die übernehmende Personengesellschaft, sondern auch auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme des jeweiligen Verlustabzugs abzustellen, da die Rspr.5 explizit die Fortführung des Unternehmens fordert.6 Dies gilt auch in den Fällen der Anwachsung einer Personen- auf eine KapGes. Die Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG bzw. die Nichtgeltung der Unternehmensidentität bei KapGes. (s. hierzu Rz. 78) ist bei dieser Beurteilung nicht einschlägig,7 da beides für die Beantwortung der Frage, ob der Betrieb im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Verlustabzugs noch identisch mit dem Betrieb ist, der den Verlust verursacht hat, ohne Bedeutung ist.8 Die Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG besagt lediglich, dass die KapGes. stets und in vollem Umfang einen Gewerbebetrieb unterhält. Eine Aussage in Bezug auf den übergegangenen Betrieb ist damit nicht verbunden. Es ist daher ein Vergleich des Unternehmens vor und nach dem Übergang bzw. im Zeitpunkt der Verlustnutzung notwendig. Dabei ist entscheidend, dass die Identität des übergehenden Unternehmens innerhalb der Gesamttätigkeit der aufnehmenden Personengesellschaft gewahrt bleibt.9

88

Unbeachtlich für die Frage der Unternehmensidentität ist auch, ob durch den Übergang des Gewerbebetriebs eine größere wirtschaftliche Einheit entsteht.10 Wird bspw. ein Teilbetrieb mit vor1 Vgl. nur Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 260; Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 202 (Stand: November 2011); Ley, KÖSDI 2013, 18466 (18467). 2 Ebenso Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 205 f. (Stand: November 2011); Jäschke in Lademann2, § 24 UmwStG Rz. 52; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 260. 3 BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 35 (Stand: April 2017); Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 205 (Stand: November 2011); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 260. 4 Vgl. BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 19.12.1984 – I R 165/80, BStBl. II 1985, 403 = FR 1985, 362; FG Nürnberg v. 25.10.2016 – 1 K 1229/14, EFG 2017, 929 Rz. 72 – Rev. I R 14/17; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 260; Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 205 (Stand: November 2011). 5 BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201. 6 FG Nürnberg v. 25.10.2016 – 1 K 1229/14, EFG 2017, 929 Rz. 72 – Rev. I R 14/17; Kleinheisterkamp in Lenski/ Steinberg, § 10a GewStG Rz. 36 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewstG Rz. 115; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 62 (Stand: Juli 2015); aA für den Übergang auf KapGes. FG Düss. v. 28.10.2010 – 11 K 3637/09 F, rkr., EFG 2011, 477. 7 So FG Düss. v. 28.10.2010 – 11 K 3637/09 F, rkr., EFG 2011, 477. 8 Vgl. FG Nürnberg v. 25.10.2016 – 1 K 1229/14, EFG 2017, 929 Rz. 77 – Rev. I R 14/17; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 36 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewstG Rz. 115. 9 Vgl. BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 35 (Stand: April 2017). 10 Vgl. Bordewin, DStR 1995, 313 (317).

606

Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 90 § 10a

tragsfähigem Fehlbetrag von einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Personengesellschaft übertragen, kommt es wegen Unternehmens- und Unternehmeridentität zur vollständigen Verlustübertragung in Bezug auf den Verlust, der durch den Teilbetrieb verursacht wurde (zur Ermittlung des Verlusts bei Teil-Unternehmensidentität s. Rz. 53 ff.). Selbiges gilt für die Verschmelzung von zwei Schwester-Personengesellschaften, wenn alle Gesellschafter/Mitunternehmer der umgewandelten Personengesellschaft auch an der übernehmenden Personengesellschaft beteiligt sind.1 Umstritten ist die Frage, ob es unbeachtlich für die Unternehmensidentität ist, wenn ein Einzelunter- 89 nehmer, eine Personengesellschaft oder eine KapGes. seinen/ihren Betrieb in eine Personengesellschaft einbringt. Bringt ein Einzelunternehmer2 oder eine Personengesellschaft3 seinen/ihren Betrieb oder Teilbetrieb in eine Personengesellschaft ein, so ist die Unternehmensidentität nach den vorstehend beschriebenen Grundsätzen gewahrt. Etwaige Verlustvorträge eines Betriebs oder eines Teilbetriebs gehen vom Einzelunternehmen oder von der übertragenden Personengesellschaft auf die aufnehmende Personengesellschaft über und können unter den Voraussetzungen der Unternehmeridentität genutzt werden, sofern das Unternehmen fortgeführt wird.4 Wird hingegen ein Teilbetrieb eingebracht, der Gewinne erwirtschaftet, sodass iRd. Aufteilung auf ihn kein Fehlbetrag entfällt (zur Ermittlung des Verlusts bei Teil-Unternehmensidentität s. Rz. 53 ff.), so geht kein Verlust auf die aufnehmende Gesellschaft über.5 Die Möglichkeit des Verlustabzugs verbleibt mithin beim übertragenden Rechtsträger, sofern bei ihm die Unternehmensidentität gewahrt bleibt, was bei einer Teilbetriebseinbringung fast ausnahmslos der Fall sein wird. Ungeklärt ist die Frage, ob die Verluste einer KapGes. bei einer Einbringung eines Betriebs oder 90 Teilbetriebs in eine Personengesellschaft übergehen. Die Auffassung der FinVerw. zum Übergang der Verlustvorträge aufgrund der Unternehmensidentität bei Einbringung von Betrieben/Teilbetrieben einer KapGes. in eine Personengesellschaft ist nicht einheitlich. Zum einen vertritt die FinVerw.6 die Auffassung, dass ein Übergang der gewstl. Verlustvorträge bei Einbringung eines Betriebs durch eine KapGes. in eine Personengesellschaft nicht möglich sei. Begründet wird dies mit der Tatsache, dass nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG, wonach auf Ebene der einbringenden KapGes. auch nach der Einbringung ein (unveränderter) Gewerbebetrieb vorliege, der Gewerbeverlust auf Ebene der KapGes. weiterhin vorgetragen7 und – zumindest dem Grunde nach – mit positiven Gewerbeerträgen aus der künftigen Tätigkeit verrechnet werden kann. Zum anderen bestätigt sie jedoch den Übergang von Verlustvorträgen bei der Begründung einer GmbH & atypisch stillen Gesellschaft, wenn die Beteiligung des atypisch Stillen am gesamten Gewerbebetrieb erfolgt,8 obwohl dies ebenfalls eine Einbringung entsprechend9 § 24 UmwStG ist. Dass die FinVerw. aus der lediglich entsprechenden Anwendung eine Differenzierung ableitet, ist ausgeschlossen, da sich hieraus allenfalls die Frage ergibt, ob ebenfalls das Erfordernis der fristgerechten Antragstellung nach § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG iVm. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG eingehalten werden muss.

1 Vgl. BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511. 2 Zum Einzelunternehmer s. H 10a.3 Abs. 2 GewStH 2009; s. auch BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616. 3 Zur Personengesellschaft vgl. FinMin. NRW v. 27.1.2012 – G 1427 - 26 – V B 4, FR 2012, 238: BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477 = FR 1994, 408; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81. 4 Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 41 (Stand: April 2017); Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 205 (Stand: November 2011); Ley, KÖSDI 2013, 18466 (18467 f.). 5 Vgl. auch Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 204 (Stand: November 2011). 6 Vgl. FinMin. NRW v. 27.1.2012 – 1427 - 26 – V B 4, FR 2012, 238; OFD Nds. v. 5.4.2012 – G 1427 - 65 - St 252, juris. 7 Vgl. auch Brandenberg, JbFfSt. 2010/2011, 430 (432). 8 OFD Frankfurt v. 19.7.2011 – G 1427 A - 13 - St 55, DStR 2011, 2154; OFD Magdeburg v. 6.3.2012 – G 1400 16 - St 216, DStR 2012, 1088. 9 S. hierzu nur BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 Rz. 16 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker, wonach die Begründung der atypisch stillen Gesellschaft „… insoweit wie eine Einbringung des Betriebs des Inhabers des Handelsgewerbes in die stille Gesellschaft im Sinne des § 24 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zu würdigen“ ist. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass der Inhaber des Handelsgewerbes zivilrechtlich keine Gesellschaftsrechte an der stillen Gesellschaft erhält.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 91 Gewerbeverlust 91

Stellungnahme. Die Auffassung, dass die Verluste bei der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft durch eine KapGes. nicht übergehen, ist nicht zutr.1 Die FinVerw. beantwortet die Frage nach dem Vorliegen von Unternehmensidentität ausschließlich aus Sicht der übertragenden KapGes. und nicht aus dem Blickwinkel der den Betrieb aufnehmenden Personengesellschaft. Jedoch sind auf dieser Ebene die allgemeinen Grundsätze zur Unternehmensidentität anzuwenden, wenn es um das Recht der zukünftigen Verrechnung der aus dem übergegangenen Betrieb resultierenden Fehlbeträge geht. Damit Unternehmensidentität bei Übertragung auf eine Personengesellschaft besteht, muss die Tätigkeit des übertragenen Unternehmens bzw. Unternehmensteils nach dem Gesamtbild (wirtschaftlich, organisatorisch und finanzieller Art) bei der übernehmenden Personengesellschaft erhalten bleiben,2 sodass die Beurteilung ausschließlich mit Blick auf den übergehenden Betrieb zu erfolgen hat, da der Verlust mit dem eingebrachten Betrieb „verknüpft“ ist.3 Dass bei der KapGes. ein Betrieb verbleibt, für den die Frage nach der Unternehmensidentität nicht von Bedeutung ist, ist folglich für den auf die Personengesellschaft übergegangenen Betrieb ohne Relevanz. Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass genau die Fallkonstellation der Einbringung des Betriebs der KapGes. in eine Personengesellschaft Grund für die Einführung von § 10a Satz 10 Halbs. 2 war.4 Demnach geht der Gesetzgeber von einem Verlustübergang aus, da sich ansonsten die Frage nach dem gesetzgeberischen Hintergrund stellen würde.5

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Ebenso geht uE auch der auf einen Teilbetrieb entfallende Fehlbetrag einer KapGes. auf eine Personengesellschaft wegen bestehender Teil-Unternehmensidentität über,6 wenn im Weiteren die Voraussetzung der Unternehmeridentität erfüllt ist. Auch hier ist nach den Maßstäben der Teil-Unternehmensidentität (zu diesen s. allgemein Rz. 48 ff.) zu prüfen, ob die Tätigkeiten des übertragenden Unternehmens- bzw. Unternehmensteils nach dem Gesamtbild (wirtschaftlich, organisatorisch und finanzieller Art) bei der übernehmenden Personengesellschaft erhalten bleiben.7 Maßgebende Sichtweise ist wie bei der Unternehmensidentität (s. hierzu Rz. 91) ausschließlich die Orientierung am übergehenden Teilbetrieb. Dass bei der KapGes. ein Betrieb verbleibt, für den die Frage nach der (Teil-)Unternehmensidentität nicht von Bedeutung ist, ist folglich auch hier für den auf die Personengesellschaft übergegangenen Teilbetrieb ohne Relevanz. cc) Realteilung

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Bei der Realteilung einer Mitunternehmerschaft werden Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne WG in das jeweilige BV der einzelnen Mitunternehmer übertragen. Voraussetzung für eine Nutzung der Fehlbeträge nach der Realteilung ist, dass das fortzuführende Einzelunternehmen einen Teilbetrieb der Personengesellschaft darstellt und diesem Teilbetrieb ein bestimmter Verlustanteil anhand der Buchführung sachlich zugeordnet werden kann.8 Diese Rspr. ist im Einklang mit der 1 FG Ba-Wü. v. 30.1.2017 – 10 K 3703/14, EFG 2017, 1604 – Rev. I R 35/17; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 41 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 110; Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 212 (Stand: August 2014); Patt, EStB 2010, 146 (148 f.); Fuhrmann in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 2185 (Stand: Mai 2017); Ley, KÖSDI 2013, 18466 (18468); Weber, Ubg 2010, 201 (204); ausf. Suchanek, FR 2012, 296; undifferenziert Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 260; Jäschke in Lademann2, § 24 UmwStG Rz. 54; aA Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 127; Kupfer/Göiler/Leibner, Ubg 2014, 361 (369). 2 BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 35 (Stand: April 2017); Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 205 (Stand: November 2011); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 260. 3 Ebenso Wacker, JbFfSt. 2010/2011, 432. 4 Vgl. BT-Drucks. 16/11108, 30. 5 FG Ba-Wü. v. 30.1.2017 – 10 K 3703/14, EFG 2017, 1604 – Rev. I R 35/17; Suchanek, FR 2012, 296 (299 f.). 6 Ebenso Wacker, JbFfSt. 2010/2011, 432; aA Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 110; Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 213 (Stand: August 2014); Patt, EStB 2010, 146 (150); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/ Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 262 f.; Weber, Ubg 2010, 201 (204). 7 Allgemein BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81. 8 Vgl. BFH v. 5.9.1990 – X R 20/89, BStBl. II 1991, 25 = FR 1990, 756; H 10a.2 GewStH 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 23e; aA Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 40; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 63 (Stand: Juli 2015), die es als ausreichend ansehen, dass die real geteilte Wirtschaftseinheit als selbstständiger originärer Gewerbebetrieb tätig sein kann.

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Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 95 § 10a

Theorie zur Teil-Unternehmensidentität,1 wonach Verluste untergehen, sofern ein Teilbetrieb veräußert oder aufgegeben wird (s. Rz. 48 ff.). Mit jüngerer Rspr. hat der BFH seine bisherige Auffassung, dass eine Realteilung nur vorliegt, wenn die 94 Mitunternehmerschaft aufgelöst wird, aufgegeben.2 Eine Realteilung wird nach neuer Rspr. auch angenommen, wenn ein oder mehrere Mitunternehmer unter Mitnahme jeweils eines Teilbetriebs oder von Einzelwirtschaftsgütern aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet/ausscheiden und die Mitunternehmerschaft von den verbleibenden Mitunternehmern oder – wenn nur noch ein Mitunternehmer verbleibt – von diesem als Einzelunternehmen fortgeführt wird.3 Dass der fortgeführte Unternehmensteil einen Teilbetrieb darstellen muss, wird nicht gefordert. Sofern die Unternehmensidentität für den verbleibenden Bereich bestehen bleibt und diesem die Verluste anhand der Buchführung zugeordnet werden können, bleiben die Fehlbeträge, selbst wenn kein Teilbetrieb vorliegt, uE erhalten. Fehlbeträge, die dem übergehenden Teilbetrieb zugeordnet werden können, gehen entsprechend auf den Betrieb des ausscheidenden Mitunternehmers über, wenn die Tätigkeit des übertragenen Unternehmensteils nach dem Gesamtbild (wirtschaftlich, organisatorisch und finanzieller Art) bei ihm erhalten bleibt.4

III. Unternehmeridentität 1. Definition und Rechtsfolgen Neben der Unternehmensidentität ist Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10a GewStG die 95 Unternehmeridentität.5 Unternehmeridentität bedeutet, dass der Gewerbebetrieb im Abzugsjahr von demselben Unternehmer betrieben wird, der den Verlust im Entstehungsjahr erlitten hat.6 Der Unternehmer muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein.7 Unternehmer ist gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG derjenige, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird. Träger des Rechts auf Verlustabzug ist somit der Unternehmer und nicht der Gewerbebetrieb.8 Dabei muss der StPfl. im Zeitraum zwischen Entstehungsjahr und Anrechnungsjahr ununterbrochen Inhaber des Unternehmens gewesen sein.9 Bereits der Wegfall der Unternehmeridentität für eine logische Sekunde ist für 1 BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138. 2 BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BFH/NV 2017, 1125; v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37 = FR 2016, 567 m. Anm. Kanzler. 3 BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37 Rz. 34 = FR 2016, 567 m. Anm. Kanzler. 4 Vgl. allgemein BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 16.4.2002 – VIII R 16/01, BFH/NV 2003, 81. 5 Vgl. nur RFH v. 26.8.1942 – VI 236/42, RStBl. 1942, 1024; BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210 (212); v. 23.6.1958 – I 139/57 U, BStBl. III 1958, 426; v. 19.8.1958 – I 78/58 U, BStBl. III 1958, 468; v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65; v. 8.1.1963 – I 237/61 U, BStBl. III 1963, 188; v. 14.1.1965 – IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115; v. 4.2.1966 – VI 272/63, BStBl. III 1966, 374; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. 6 Vgl. nur BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C.II.1.; v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker; R 10a.3 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009; Kleinheisterkamp, in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 45 (Stand: April 2017), Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 67 (Stand: Juli 2015); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 61 (Stand: März 2016); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 118; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 90. 7 Vgl. nur BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 26 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 8 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 27 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 9 Vgl. BFH v. 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176 Rz. 19, 20; v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 14; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 45 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 10a GewStG Rz. 67a (Stand: Juli 2015).

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 96 Gewerbeverlust den Verlustabzug schädlich,1 wobei der BFH es in dem entschiedenen Fall dahinstehen ließ, ob der Eintretende in der logischen Sekunde überhaupt Mitunternehmer werden konnte, da der Austretende für die maßgebliche Sekunde seine Mitunternehmerstellung eingebüßt hatte.2 Liegt die Voraussetzung der Unternehmeridentität nicht vor, führt dies – zum ggf. anteiligen – Untergang der auf den Unternehmer entfallenden Fehlbeträge, auch wenn die Unternehmensidentität gewahrt bleibt. Dabei ist es unerheblich, ob der Unternehmerwechsel entgeltlich oder unentgeltlich bzw. durch Gesamtoder Einzelrechtsnachfolge erfolgt.3 2. Herleitung 96

Das Merkmal der Unternehmeridentität hatte keine direkte gesetzliche Grundlage. Ursprünglich wurde ihr Erfordernis allein aus § 10a GewStG in der bis zum StÄndG 19614 geltenden Fassung bzw. der Vorgängervorschrift des § 19 der 3. GewStDV5 hergeleitet. Danach durften Gewerbetreibende, die den Gewinn nach § 5 EStG aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, den Gewerbeertrag um die Gewerbeverluste der drei vorangegangenen EZ kürzen. Die Rspr. hat hieraus geschlossen, dass die Kürzung nur demjenigen Gewerbetreibenden zustehe, der auch den Verlust erlitten hat.6 Durch das StÄndG 1961 wurde in § 2 Abs. 5 Satz 2 GewStG die Bestimmung aufgenommen, dass ein Gewerbebetrieb, der im Ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht, als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt gilt. Gleichzeitig wurde § 10a um den heutigen Satz 8 (ursprünglich Satz 2) ergänzt, wonach im Falle des § 2 Abs. 5 GewStG Fehlbeträge des übergegangenen Unternehmens vom anderen Unternehmer nicht abgezogen werden könnten. Die nachfolgende Rspr. hat diese Gesetzesänderung für das Erfordernis der Unternehmeridentität herangezogen.7

97

Die Rspr. hat durch das Fachschrifttum vielfältige Kritik erfahren.8 Die überwiegende Kritik stützte sich darauf, dass es für Mitunternehmerschaften an einer gesetzlichen Grundlage mangele. § 2 Abs. 5 GewStG stelle mit der Übertragung des Gewerbebetriebs im Ganzen einen gesetzlichen Spezialfall auf und nur für diesen ordnet der heutige § 10a Satz 8 GewStG den Untergang der Fehlbeträge an.9 Daher wurde das Merkmal der Unternehmeridentität als dem Objektsteuercharakter der GewSt zuwiderlaufend angesehen.10 Diese Argumentation wurde jedoch vom BFH weiterhin als nicht durchschlagend angesehen.11 Mit Einfügung von § 10a Sätze 4 und 5 GewStG ist die Kritik weitestgehend verstummt, da hierin nach hM eine ausreichende gesetzliche Grundlage zu erblicken ist.12

98

Für Körperschaften hat das Erfordernis der Unternehmeridentität keine Bedeutung, da Körperschaften als solche Unternehmer sind (s. hierzu Rz. 111). Aus diesem Grund gelten für Körperschaften ausschließlich die Sonderregelungen des § 10a Satz 10 GewStG. 1 BFH v. 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176 Rz. 24; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 28 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 2 Zur Besprechung des Falls BFH v. 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176, und zu Alternativgestaltungen, die nicht zum Verlustuntergang geführt hätten, s. ausf. Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2013/2014, 459 (475 ff.). 3 BFH v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 10. 4 StÄndG 1961 v. 13.7.1961, BGBl. I 1961, 981. 5 3. GewStDV v. 31.1.1940, RGBl. I 1940, 284. 6 RFH v. 26.8.1942 – VI 236/42, RStBl. 1942, 1024; BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210; v. 23.7.1958 – I 139/57 U, BStBl. III 1958, 426. 7 BFH v. 14.1.1965 – IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115; v. 4.2.1966 – VI 272/63, BStBl. III 1966, 374; v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 24.6.1981 – I S 3/81, BStBl. II 1981, 748 = FR 1981, 494; v. 19.12.1984 – I R 165/80, BStBl. II 1985, 403 = FR 1985, 362. 8 S. hierzu nur die Auflistung in BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C.II.3. der Gründe. 9 Vgl. hierzu auch Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 120; ausf. Kleinheisterkamp in Lenski/ Steinberg, § 10a GewStG Rz. 47 (Stand: April 2017). 10 S. hierzu nur die Ausführungen bei Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 47 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 90; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 62 (Stand: März 2016). 11 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C.III.2. der Gründe. 12 Vgl. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 90; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 121; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 67a (Stand: Juli 2015); eine mittelbare gesetzliche Grundlage annehmend Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 47 (Stand: April 2017); aA Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 62 (Stand: März 2016).

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Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 102 § 10a

3. Besonderheiten bei Einzelunternehmen Das Erfordernis der Unternehmeridentität für den Verlustabzug regelt für Einzelunternehmer § 10a 99 Satz 8 iVm. § 2 Abs. 5 GewStG. Danach gehen Fehlbeträge, die bei dem bisherigen Unternehmer entstanden sind, beim Unternehmerwechsel unter.1 Dies kann die Übertragung eines Einzelunternehmens auf ein anderes Einzelunternehmen, auf eine Personengesellschaft, an der der bisherige Einzelunternehmer nicht beteiligt ist, oder auf eine KapGes. sein.2 Wird jedoch ein Einzelunternehmen nach Eintritt einer oder mehrerer Personen als Personengesellschaft fortgeführt, kann der in dem Einzelunternehmen entstandene Fehlbetrag auch weiterhin insgesamt, jedoch nur von dem Betrag abgezogen werden, der von dem gesamten Gewerbeertrag der Personengesellschaft entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf den früheren Einzelunternehmer entfällt.3 Unbedeutend für den Untergang des Verlustabzuges ist die Übertragungsform. Ob die Übertragung 100 im Rahmen der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge, entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, spielt für die Frage der Unternehmeridentität keine Rolle.4 So ist auch eine Übertragung im Wege der gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge oder der vorweggenommenen Erbfolge für den Verlustabzug schädlich.5 Entscheidend ist ausschließlich, dass ein Wechsel in der Person des Unternehmers stattfindet. Bei der Vereinigung von Betrieben in der Hand des Einzelunternehmers ist die Unternehmeriden- 101 tität nicht gewahrt, wenn er von einem anderen Unternehmer erworben wurde. In Bezug auf den beim Erwerber bereits existenten Betrieb bleiben die Fehlbeträge bei Wahrung der Unternehmensidentität erhalten.6 4. Besonderheiten bei Personengesellschaften a) Mitunternehmerbezogene Betrachtung aa) Vorbemerkung Unternehmeridentität bedeutet auch bei einer Personengesellschaft, dass der StPfl., der den Verlust- 102 abzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Der StPfl. muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein.7 Bei Personengesellschaften richtet sich die Beurteilung der Unternehmeridentität nicht nach der bürgerlich-rechtlichen Identität der Gesellschaften als solche, sondern nach der Identität der an ihnen als Mitunternehmer beteiligten Gesellschafter,8 sodass der Wechsel im Gesellschafterbestand der Personengesellschaft insoweit zum Verlust der Unternehmeridentität führt, wie der Gesellschafterbestand sich verändert. Dementsprechend entfällt bei einer Personengesellschaft – wie bei einem Einzelunternehmen – der Verlustabzug wegen fehlender Unternehmeridentität nach § 10a Satz 8 iVm. § 2 Abs. 5 GewStG zur Gänze, wenn ihr Gewerbebetrieb auf einen anderen Unternehmer übertragen wird (s. hierzu auch Rz. 211). Die Übertragung sämtlicher Personengesellschaftsanteile auf einen oder mehrere neue Mitunternehmer führt ebenfalls zum Untergang der Fehlbeträge, da keine Unternehmeridentität gegeben ist. Dabei ist es unbeachtlich, ob die Übertragung durch Verkauf oder im Wege der (vorweggenommenen) Erbfolge erfolgt. § 10a Satz 8 iVm. § 2 Abs. 5 GewStG findet hierbei Anwendung. 1 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; H 10a.3 Abs. 2 GewStH 2009. 2 Vgl. BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; H 10a.3 Abs. 2 GewStH 2009. 3 BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 = FR 1990, 339; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; H 10a.3 Abs. 2 GewStH 2009. 4 BFH v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 10; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 57 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 124; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 91; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 69 (Stand: Juli 2015). 5 BFH v. 23.7.1958 – I 137/59 U, BStBl. III 1958, 426; v. 14.1.1965 – IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115; krit. für den Fall der unentgeltlichen Übertragung des Betriebs Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 65 (Stand: März 2016). 6 R 10a.3 Abs. 1 Satz 3 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 92; Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 10a GewStG Rz. 69 (Stand: Juli 2015). 7 Vgl. BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 = FR 1990, 339. 8 Vgl. BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 103 Gewerbeverlust 103 Nach st. Rspr. sind Gesellschafter einer Personengesellschaft als Mitunternehmer zu qualifizieren,

wenn sie Mitunternehmerrisiko und -initiative tragen.1 Diese Definition gilt auch für gewstl. Zwecke, denn die einkommensteuerlichen Mitunternehmer sind aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit – strukturell vergleichbar einem Einzelunternehmen – ebenfalls Unternehmer des Betriebs und somit Träger des Verlustabzugs2 sowie sachlich gewstpfl.3 Folglich führt das Ausscheiden eines Unternehmers (Mitunternehmers) eines Betriebs zu einem (partiellen) Unternehmerwechsel (Mitunternehmerwechsel), wodurch der Verlustvortrag der Personengesellschaft anteilsmäßig untergeht. Selbiges gilt, wenn ein Mitunternehmer aus einer Personengesellschaft vollständig ausscheidet und die Altgesellschafter die Anteile übernehmen (zur Berechnung s. Rz. 186 ff.). 104 Mitunternehmer einer Personengesellschaft können natürliche Personen, Personengesellschaften oder

Körperschaften sein.4 Ist eine Körperschaft Mitunternehmerin einer Personengesellschaft, so führt die Änderung der Anteilseignerstruktur der Körperschaft grds. nicht zur Änderung der Mitunternehmerstellung (zur etwaigen Anwendung von § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG auf diesen Sachverhalt s. Rz. 260) und hat folglich auch keine Auswirkung auf die Unternehmeridentität in Bezug auf die Personengesellschaft. Dies gilt auch, wenn die Körperschaft eine Organgesellschaft ist.5 Zwar wird die Organgesellschaft durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG zur Betriebsstätte des Organträgers qualifiziert, dadurch erlangt der Organträger jedoch nicht die Mitunternehmerstellung an der Personengesellschaft.6 bb) Mitunternehmerstellung einer Personengesellschaft bei einer anderen Personengesellschaft 105 Im Fall der doppelstöckigen Personengesellschaft ist die Oberpersonengesellschaft Mitunternehmer

der Unterpersonengesellschaft.7 Sie wird damit Trägerin des Rechts auf Verlustabzug.8 Dies gilt unabhängig davon, ob die Oberpersonengesellschaft originär gewerblich, gewerblich geprägt iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder lediglich gewerblich infiziert nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist.9 Ebenso nicht von Relevanz bei dieser Wertung ist, ob es sich um Innen- oder Außenpersonengesellschaften handelt.10 Die Stellung der Oberpersonengesellschaft als Mitunternehmer der Unterpersonengesellschaft hat einerseits zur Folge, dass ein Wechsel im Kreis der Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft die Unternehmeridentität bzgl. der Unterpersonengesellschaft unberührt lässt.11 Andererseits ergibt sich daraus, dass der Verlustabzug nach § 10a GewStG selbst dann (anteilig) entfällt, wenn der aus der Unterpersonengesellschaft ausscheidende Gesellschafter über die Oberpersonengesellschaft wei1 Vgl. nur BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619; v. 28.10.1981 – I R 25/79, BStBl. II 1982, 186 = FR 1982, 121; v. 28.1.1982 – IV R 197/79, BStBl. II 1982, 389 = FR 1982, 332. 2 R 10a.3 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009. 3 Vgl. BFH v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 = FR 1990, 339; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11; v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623 Rz. 31; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 27 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 4 Vgl. nur BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691 = FR 1991, 270 m. Anm. Schwichtenberg; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616. 5 BFH v. 10.11.1983 – IV R 56/80, BStBl. II 1984, 150 = FR 1984, 237. 6 BFH v. 10.11.1983 – IV R 56/80, BStBl. II 1984, 150 = FR 1984, 237. 7 BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691 = FR 1991, 270 m. Anm. Schwichtenberg; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616. 8 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 28 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 9 Vgl. auch Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 52 (Stand: April 2017), mit einer Darstellung der Rechtslage vor Änderung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch das JStG 2007. 10 Siehe BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker, jeweils zur Begründung und Auflösung von atypisch stillen Gesellschaften. 11 BFH v. 13.11.1984 – VIII R 312/82, BStBl. II 1985, 334 = FR 1985, 276; v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731 = FR 2001, 77 m. Anm. Wendt; v. 3.2.2010 – IV 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 28 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker.

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Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 107 § 10a

terhin mittelbar an der Unterpersonengesellschaft beteiligt bleibt1 oder der Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft infolge des Untergangs der Oberpersonengesellschaft durch Anteilsvereinigung zum unmittelbaren Gesellschafter der bisherigen Unterpersonengesellschaft wird.2 Hieran ändert der Umstand nichts, dass der Mitunternehmer der Obergesellschaft gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch Mitunternehmer der Untergesellschaft ist. Diese Mitunternehmerstellung beschränkt sich ausschließlich auf den Sonderbetriebsbereich sowie die Tätigkeits- und Nutzungsvergütungen des Gesellschafters der Oberpersonengesellschaft bei der Unterpersonengesellschaft.3 Der Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft ist somit lediglich (Sonder-)mitunternehmer der Unterpersonengesellschaft4 für Sonderbetriebsvermögens- bzw. Sondervergütungszwecke, sodass lediglich ein Verlustabzug im Rahmen seines Sonderbetriebsvermögensbereichs zulässig ist.5 Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ab dem EZ 2007 aufgrund von § 10a Sätze 4 und 5 GewStG eine Fehlbetragszurechnung der Unterpersonengesellschaft an die Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft nicht mehr möglich ist (s. hierzu ausf. Rz. 176).6 Wird hingegen der Betrieb einer Personengesellschaft in eine ihr nachgeordnete Unterpersonenge- 106 sellschaft eingebracht und wird die Personengesellschaft hierdurch Mitunternehmerin der Unterpersonengesellschaft bzw. stockt sie ihre Mitunternehmerstellung auf, ist die Unternehmeridentität gewahrt und der Fehlbetrag der Oberpersonengesellschaft geht bei gegebener Unternehmensunteridentität (s. hierzu Rz. 86 ff.) auf die Unterpersonengesellschaft über und kann demnach mit dem Teil des Gewerbeertrags der Untergesellschaft verrechnet werden, der auf die Obergesellschaft entfällt.7 Begründet wird dies mit der Parallele zum Einzelunternehmer, der seinen Betrieb in eine Personengesellschaft einbringt. Ferner behalten die Mitunternehmer der zukünftigen Oberpersonengesellschaft ihre Unternehmerstellung mittelbar bei, was bei Einbringung der Mitunternehmeranteile wiederum für unerheblich erachtet wird.8 Insoweit hat die vom Großen Senat des BFH9 betonte Grundwertung, dass die Gesellschafter Mitunternehmer des Betriebs sind, Vorrang vor der zivilrechtlich orientierten Betrachtungsweise, dass mit der Einbringung die einbringende Gesellschaft zur Obergesellschaft und damit selbst zur Mitunternehmerin geworden ist. Scheidet jedoch später einer der betreffenden Mitunternehmer aus der Obergesellschaft aus, geht der auf ihn entfallende Verlustvortrag allerdings unter.10 Beim Übergang des Betriebs einer Unterpersonengesellschaft auf die Oberpersonengesellschaft 107 geht die Rspr. ebenfalls von der Wahrung der Unternehmeridentität aus, soweit die Oberpersonengesellschaft an der Unterpersonengesellschaft beteiligt war, obwohl nach dem grundsätzlichen Verständnis Unternehmerin des übergegangenen Betriebs die Oberpersonengesellschaft war und mit dem Betriebsübergang ihre Mitunternehmer die Unternehmerstellung einnehmen.11 1 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 28 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 2 BFH v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 28 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 3 BFH v. 31.8.1999 – VIII B 74/99, BStBl. II 1999, 794 = FR 1999, 1309 m. Anm. Wendt; v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731 = FR 2001, 77 m. Anm. Wendt; v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 = FR 2004, 997; v. 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176 Rz. 16. 4 S. auch Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 612. 5 BFH v. 31.8.1999 – VIII B 74/99, BStBl. II 1999, 794 = FR 1999, 1309 m. Anm. Wendt; v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731 = FR 2001, 77 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11. 6 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 75 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 77 (Stand: März 2016); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 136; Suchanek/ Trinkaus, Ubg 2014, 495 (496). 7 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 30 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 8 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11. 9 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C.III.6.a cc. 10 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 30 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 11 Zu dem Ergebnis s. BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623 Rz. 29; R 10a Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Satz 6 GewStR 2009; OFD Münster v. 28.5.2008 – GewSt Nr. 002/2008, DStR 2008, 1193; iErg. ebenso FG Düss. v. 2.2.2005 – 7 K 4746/03 F, nv.; Suchanek/Trinkaus, Ubg 2014, 495 (500); Kupfer/Göller/Leibner, Ubg 2014, 361 (370).

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 108 Gewerbeverlust 108 Stellungnahme. Die Rspr. des BFH zur Unternehmeridentität bei doppelstöckigen Personengesell-

schaften ist uneinheitlich und zu kritisieren. Eine Personengesellschaft kann nicht Unternehmerin ihres eigenen Betriebs sein, wohl aber kann sie (Mit-)Unternehmerin des Betriebs einer anderen Personengesellschaft sein.1 Ferner wird derzeit zwischen der Einbringung von Mitunternehmeranteilen in eine andere Mitunternehmerschaft, bei der die Unternehmeridentität verloren geht (s. hierzu Rz. 105), und der Übertragung eines Betriebs auf die oder von der Unterpersonengesellschaft (s. hierzu Rz. 106 f.) unterschieden. Diese Unterscheidung ist uE inkonsequent und sachlich nicht zu rechtfertigen,2 da in beiden Fällen der Steuergegenstand Betrieb transferiert wird und in einer identischen Zielstruktur endet. Der BFH hätte daher gut daran getan, auch in dem Fall der Mitunternehmeranteilseinbringung von einem Verlust der Unternehmeridentität abzusehen und wie bei der Betriebseinbringung3 die Unternehmeridentität vom Gesellschafterbestand bei der Oberpersonengesellschaft abhängig zu machen.4 Insbesondere kann im Wege der folgenden Umstrukturierungsschritte auch die Einbringung von Mitunternehmeranteilen so gestaltet werden, dass die Verluste der eingebrachten Gesellschaft nicht untergehen. Es ist nicht ersichtlich, warum die vortragsfähigen Gewerbeverluste bei der Errichtung der identischen Struktur mittels unmittelbarer Einbringung des Mitunternehmeranteils ein abweichendes Schicksal erleiden sollten. Ursprüngliche Strukturierung: X bringt seine Anteile an der X-KG (100 %) in die Y-KG ein. Die Verlustvorträge der X-KG dürfen mangels Unternehmeridentität nicht mehr genutzt werden. Gestaltungsalternative 1: Die X-KG bringt ihren Betrieb in die Y-KG ein und die KGs ändern ihre Firmierung, sofern notwendig. Die Unternehmeridentität ist gewahrt, solange X an der Oberpersonengesellschaft beteiligt bleibt.5 Gestaltungsalternative 2: 1. X bringt den (Teil-)Betrieb der X-KG in die Y-KG ein (Abspaltung). Wird der Betrieb einer Personengesellschaft in eine (andere) Personengesellschaft eingebracht, hat dies zur Folge, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust auf die Personengesellschaft übergeht, soweit die Gesellschafter der eingebrachten Gesellschaft auch Gesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft sind.6 Nach der Einbringung des (Teil-)Betriebs der X-KG in die Y-KG kann folglich die Y-KG künftige Gewerbeerträge mit den vortragsfähigen Verlusten der X-KG verrechnen. X ist vor und nach der Einbringung zu 100 % Träger der Verluste, sodass neben der unterstellten Unternehmens- auch Unternehmeridentität gegeben ist. 2. X bringt seinen Mitunternehmeranteil in die Y-KG ein. X bringt den gesamten Mitunternehmeranteil an der X-KG gem. § 24 UmwStG in die Y-KG ein. Dies hat keine Auswirkung auf den Gewerbeverlust. 3. Die Y-KG bringt den ehemaligen Betrieb der X-KG in die X-KG wieder ein Nach dem BFH-Urt. v. 24.4.20147 hat die Einbringung des Betriebs der Y-KG in die X-KG keinen Untergang der Verlustvorträge zur Folge. X behält mittelbar seine Unternehmerstellung bei. Vortragsfähige Verluste der im Zeitpunkt der Einbringung beteiligten Mitunternehmer (X zu 100 %) dürfen folglich mit dem Teil des Gewerbeertrags der Untergesellschaft verrechnet werden, der auf die Obergesellschaft entfällt. Nur soweit X aus der Y-KG ausscheiden oder seine Beteiligungsquote reduzieren sollte, erfolgt ein (partieller) Verlustuntergang auf Ebene der Untergesellschaft. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO ist nicht zu erblicken, da das Gesetz diese Strukturierungsmöglichkeit bietet.

Unseres Erachtens erscheint es zwingend, dass das gesamte Konzept der Unternehmeridentität bei Personengesellschaft überdacht werden sollte.8 Der Umstieg auf ein vollständiges Transparenzprinzip erscheint hier ein geschlossenes System zu liefern.9 In diesem würde der Verlust der Unternehmer1 Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 53 mwN (Stand: April 2017). 2 Ebenfalls einen Widerspruch erkennend Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 63a (Stand: April 2017); Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2015/2016, 525 (529 ff.); aA Nöcker, FR 2014, 866. 3 S. hierzu BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 30 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 4 S. hierzu ausf. Suchanek/Trinkaus, Ubg 2014, 495 (498 ff.). 5 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 30 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 6 Vgl. BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477; R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 GewStR 2009; FinMin. NRW v. 27.1.2012 – G 1427 - 26 – V B 4, FR 2012, 238. 7 Vgl. BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 31 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 8 Ebenso Wacker in FS Goette, 561 (579 ff.); Wacker, JbFfSt. 2015/2016, 534 f.; Bordewin, DStR 1995, 313 (314 f.); Bordewin, DStR 1996, 1594 (1595 f.). 9 Ebenso Wacker in FS Goette, 561 (579 ff.); Wacker, JbFfSt. 2015/2016, 534 f.

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Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 111 § 10a

identität nur eintreten, wenn unmittelbar oder mittelbar über eine weitere Personengesellschaft eine natürliche Person oder Körperschaft aus- oder hinzutritt. Hinzuweisen ist dabei allerdings, dass dieses nur mit einer Gesetzesänderung einhergehen könnte, da dies konzeptionell zB mit § 7 Satz 2 GewStG nicht zu vereinbaren wäre. b) Änderung der Beteiligungsverhältnisse Bei einer partiellen Änderung der Beteiligungsverhältnisse einer Personengesellschaft ist zu unter- 109 scheiden, ob ein neuer Mitunternehmer in die Gesellschaft eintritt, ein Gesellschafter austritt oder sich nur die Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter zueinander ändern. Die partielle Übertragung von Mitunternehmeranteilen auf Nichtgesellschafter führt grds. zur Änderung der Unternehmeridentität und somit zum partiellen Untergang der Verluste der Personengesellschaft. Selbiges gilt, wenn ein Mitunternehmer aus einer Personengesellschaft vollständig ausscheidet und die Altgesellschafter die Anteile übernehmen (zur Berechnung s. Rz. 193). Beim Tod eines Gesellschafters gelten die Grundsätze zum Gesellschafterwechsel entsprechend.1 Der auf den Verstorbenen entfallende Gewerbeverlust geht unter, selbst wenn die Erben in die Mitunternehmerstellung des Erblassers eintreten.2 Voraussetzung für den Verlustabzug ist die Unternehmeridentität und nicht die Beteiligungsiden- 110 tität.3 Ändern sich ausschließlich die Beteiligungsverhältnisse einer Mitunternehmerschaft ohne Austritt eines Mitunternehmers, bleiben die Fehlbeträge der Mitunternehmerschaft vollständig erhalten. Nur die anteilige Verrechnung der Verluste mit zukünftigen Gewinnen ändert sich,4 wodurch es für den Gesellschafter, der seine Anteile veräußert hat, zur zeitlichen Streckung der Fehlbeträge kommt (s. dazu Rz. 184). Selbiges gilt für den Eintritt eines neuen Gesellschafters in eine bestehende Personengesellschaft.5 Auch in diesem Fall ändert sich die Unternehmeridentität der bisherigen Mitunternehmer nicht. Der bestehende Fehlbetrag ist jedoch nur von dem Betrag abziehbar, der nach dem Gewinnverteilungsschlüssel im Abzugsjahr auf die Altgesellschafter entfällt. Wie bei der Verschiebung der Beteiligungsverhältnisse führt die Aufnahme eines neuen Gesellschafters lediglich zur zeitlichen Streckung der Verlustverrechnung. Beispiel: A und B sind jeweils zu 50 % an der A & B OHG beteiligt. Die A & B OHG hat einen gewstl. Fehlbetrag zum 31.12.01 von 100.000 Euro. Am 1.2.02 veräußert A 30 % seiner Anteile an B. Lösung: A und B sind Mitunternehmer der A & B OHG. Durch die Änderung der Beteiligungsverhältnisse ändert sich die Unternehmeridentität nicht, wodurch der Gewerbesteuerverlust vollständig erhalten bleibt.

5. Besonderheiten bei Körperschaften Körperschaften sind selbst Unternehmer und damit Träger ihres Unternehmens, sodass das Erforder- 111 nis der Unternehmeridentität für den Verlustabzug bei KapGes. nur beim Übergang eines Gewerbebetriebs von einer anderen Körperschaft Bedeutung erlangt.6 Der Wechsel eines Gesellschafters 1 BFH v. 23.7.1958 – I 139/57 U, BStBl. III 1958, 426. 2 BFH v. 4.2.1966 – VI 272/63, BStBl. III 1966, 374; v. 7.12.1993 – VIII R 160/86, BStBl. II 1994, 331 = FR 1994, 266; v. 26.6.1997 – VIII B 70/96, BFHNV 1997, 897. 3 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, FR 2006, 557 m. Anm. Wendt = DStR 2006, 461; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 72 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 91; Pieper in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, § 10a GewStG Rz. 38 (Stand: Februar 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 72 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 82a (Stand: Juli 2015). 4 BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210; v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477 = FR 1994, 408; R 10a.3 Abs. 3 Satz 8 GewStR 2009. 5 R 10a.3. Abs. 3 Satz 9 Nr. 2 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 72 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 75 (Stand: März 2016); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 134; Herzig/Förster/Förster, DStR 1996, 1025 (1027 f.). 6 Vgl. R 10a.3 Abs. 4 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 85 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 84 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 90 (Stand: Juli 2015).

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§ 10a Rz. 112 Gewerbeverlust führt somit im Gegensatz zu Personengesellschaften nicht zu einem Unternehmerwechsel. Vielmehr findet für den Fall des Gesellschafterwechsels § 10a Satz 10 GewStG Anwendung (s. hierzu Rz. 232). 6. Besonderheiten bei Betrieben gewerblicher Art 112 Auch bei BgA ist die Unternehmeridentität zu beachten. So geht diese verloren, wenn eine rechtsfähige

Anstalt des öffentlichen Rechts durch Umwandlung eines BgA im Wege der Gesamtrechtsnachfolge errichtet wird.1 Wurden BgA zusammengefasst, war ein Verlustvortrag nur insoweit zulässig, als der Verlust durch dieselbe Tätigkeit wie der um ihn zu mindernde Gewerbeertrag entstanden war, da die Trägerkörperschaft Steuersubjekt jedes einzelnen BgA ist.2 Ab dem EZ 2009 ist § 10a Satz 9 GewStG zu beachten (zu diesem s. Rz. 216 ff.). 7. Einzelfälle a) Umwandlungen unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften aa) Vielfache spezialgesetzliche Regelungen 113 Im Rahmen von übertragenden Umwandlungen von KapGes., die auf Basis des UmwStG vollzogen

werden, findet grds. immer ein Unternehmerwechsel statt, sodass mit der Umwandlung kein Übergang der Fehlbeträge von dem übertragenden auf den übernehmenden Rechtsträger verbunden wäre bzw. diese auch untergingen, wenn der übertragende Rechtsträger im Zuge der Umwandlung erlischt.3 Andererseits tritt der übernehmende Rechtsträger nach §§ 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG iVm. § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG bzw. bei Buch- oder Zwischenwerteinbringung nach § 23 Abs. 1 UmwStG in die stl. Rechtsstellung des Übertragenden ein. Vor dem Hintergrund dieser stl. Fußstapfentheorie ist in Bezug auf Gewerbeverluste eine Vielzahl von Verlustabzugsbeschränkungen im UmwStG enthalten.4 bb) Formwechsel einer Kapitalgesellschaft 114 Wird eine KapGes. in eine KapGes. anderer Rechtsform oder eine Genossenschaft formwechselnd um-

gewandelt, bleibt die Unternehmeridentität gewahrt und der Verlustabzug bleibt erhalten.5 Wird hingegen ein Formwechsel in ein Personenunternehmen vollzogen, ist die Unternehmeridentität nicht mehr gewahrt.6 Ferner ist zu beachten, dass § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG einschlägig ist, der den Übergang der Fehlbeträge versagt.7 Dabei ist § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG trotz des eindeutigen Wortlauts („übernehmende“ Personengesellschaft) auch für den Fall des Formwechsels anwendbar,8 da insoweit die stl. Fiktion der Vermögensübertragung von der Kapital- auf die Personengesellschaft zu beachten ist.9 cc) Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften 115 Bei der Verschmelzung zweier KapGes. kann der übernehmende Rechtsträger die Gewerbeverluste

des übertragenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 2 UmwStG iVm. §§ 12 Abs. 3 Halbs. 2, 4 Abs. 2 Satz 2

1 2 3 4 5 6 7 8 9

BFH v. 12.1.2011 – I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194. BFH v. 4.12.1991 – I R 74/89, BStBl. II 1992, 433; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 105. Ebenso Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 84 (Stand: März 2016). Zu einer Darstellung der Rechtslage vor Geltung des SEStEG s. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 86 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 103. R 10a.3 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009. Vgl. bereits RFH v. 26.8.1942 – VI 236/42, RStBl. 1942, 1024. R 10.3 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 GewStR 2009. Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 87 (Stand: April 2017); Widmann in Widmann/ Mayer, § 18 UmwStG Rz. 36 (Stand: Oktober 2009). Zur Fiktion einer Vermögensübertragung vgl. nur BFH v. 26.6.2007 – IV R 58/06, BStBl. II 2008, 73 = FR 2008, 33 m. Anm. Kempermann; Birkemeier in R/H/vL2, § 9 UmwStG Rz. 31; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 9 UmwStG Rz. 8.

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Suchanek/Hesse

B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 120 § 10a

UmwStG nicht abziehen.1 Bei der Spaltung gilt Entsprechendes. Ferner mindert sich in den Fällen der Abspaltung auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers der Gewerbeverlust nach § 19 Abs. 1 UmwStG iVm. § 15 Abs. 3 UmwStG in dem Verhältnis, in dem bei Zugrundelegung des gemeinen Werts das Vermögen auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Wird eine KapGes. auf eine Personengesellschaft verschmolzen, kann die übernehmende Personen- 116 gesellschaft die Fehlbeträge der Körperschaft nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nicht in Abzug bringen.2 Bei der Abspaltung kommt es ebenfalls auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers zu einem partiellen Untergang der Fehlbeträge.3 dd) Einbringung in Kapitalgesellschaften Da die Körperschaft als solche Unternehmer ist, führt die Einbringung eines Betriebs oder Teil- 117 betriebs in eine KapGes. unabhängig von den Anteilseignern zu einem Unternehmerwechsel. § 23 Abs. 5 UmwStG ordnet daher an, dass der übernehmende Rechtsträger die Gewerbeverluste des Übertragenden nicht nutzen kann. Ist der übertragende Rechtsträger eine KapGes., verbleiben die Verluste bei dieser.4 b) Umwandlungen oder Übertragungsvorgänge unter Beteiligung von Personengesellschaften aa) Unternehmeridentität bei Formwechsel des Gesellschafters einer Personengesellschaft Ist eine KapGes. Mitunternehmer einer Personengesellschaft und vollzieht diese einen Formwechsel 118 in eine Personengesellschaft, sodass eine doppelstöckige Personengesellschaftsstruktur entsteht, führt dies nicht zum anteiligen Wegfall des auf die KapGes. entfallenden Gewerbeverlustes bei der Unterpersonengesellschaft.5 Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG gehen zwar die Verlustvorträge der Obergesellschaft selbst durch den Formwechsel unter, auf Ebene der Untergesellschaft bleibt die Unternehmeridentität jedoch erhalten, da der Formwechsel nicht zu einer veränderten Identität der Obergesellschaft geführt hat.6 Ebenso bleibt der Verlustabzug bei der Untergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft erhalten, wenn die Obergesellschaft in eine KapGes. umgewandelt wird.7 bb) Formwechsel einer Personengesellschaft Bei der formwechselnden Umwandlung (zB OHG in KG) einer Personengesellschaft in eine ande- 119 re Personengesellschaft anderer Rechtsform ergeben sich keine Auswirkungen auf die Unternehmeridentität.8 Entsprechendes gilt im Fall einer doppelstöckigen Personengesellschaft beim Formwechsel der Oberpersonengesellschaft in Bezug auf die Fehlbeträge der Unterpersonengesellschaft, da aufgrund der zivilrechtlichen Identität der Oberpersonengesellschaft keine Veränderungen im Gesellschafterbestand stattgefunden haben. Wird die Personengesellschaft hingegen formwechselnd in eine KapGes. umgewandelt, sind nicht 120 mehr die Mitunternehmer, sondern die KapGes. selbst Träger des Unternehmens, sodass die Unternehmeridentität verloren geht.9 1 2 3 4 5 6 7 8 9

R 10a.3 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 GewStR 2009. R 10a.3 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 GewStR 2009. R 10a.3 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 2 GewStR 2009. R 10a.3 Abs. 4 Satz 6 GewStR 2009 zur Ausgliederung; ebenso für die Einbringung allgemein Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 88 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 85 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 92b (Stand: Juli 2015). Vgl. FG Schl.-Holst. v. 28.9.2016 – 2 K 41/16, EFG 2016, 1977 (rkr.); Oenings, DStR 2008, 279 (283). Vgl. FG Schl.-Holst. v. 28.9.2016 – 2 K 41/16, EFG 2016, 1977 Rz. 46 ff. (rkr.); Oenings, DStR 2008, 279 (283). Vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Satz 5 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 75 (Stand: April 2017). R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 3 GewStR 2009. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 4 GewStR 2009.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 121 Gewerbeverlust cc) Unternehmeridentität bei Verschmelzung und Spaltung des Gesellschafters einer Personengesellschaft 121 Nimmt eine KapGes. die Mitunternehmerstellung bei einer Personengesellschaft ein und wird diese

KapGes. auf eine andere KapGes. verschmolzen, so geht die Unternehmeridentität verloren.1 Die FinVerw. scheint den Untergang der Fehlbeträge der nachgeordneten Mitunternehmerschaft mit einer entsprechenden Anwendung von § 19 Abs. 2 iVm. §§ 12 Abs. 3 Halbs. 2, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zu begründen.2 Unseres Erachtens bedarf es dieser entsprechenden Anwendung nicht, da bereits nach allgemeinen Unternehmeridentitätsgrundsätzen von einem Fehlbetragsuntergang auszugehen ist. Der mit der Verschmelzung verbundene, ggf. auch anteilige Unternehmerwechsel bei der nachgeordneten Personengesellschaft wird nicht von der stl. Rechtsnachfolge nach § 19 Abs. 1 UmwStG iVm. §§ 12 Abs. 3 Halbs. 1, 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG überlagert.3 Diese gilt nur objektbezogen für bestimmte, stl. relevante Umstände, die den übergehenden WG anhaften.4 Es bedürfte hier einer § 19 Abs. 2 UmwStG 2002 vergleichbaren Norm, die vor Inkrafttreten des SEStEG5 für den hier zu beurteilenden Fall einen Erhalt der Verlustvorträge anordnete.6 Für die Auf- oder Abspaltung der Mitunternehmerstellung auf eine andere Körperschaft gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Es kommt zum Verlust der Unternehmeridentität iRd. Spaltung.7 122 Für den Fall der Verschmelzung des Gesellschafters einer Personengesellschaft in der Rechtsform

der KapGes. auf eine Personengesellschaft ist ebenfalls vom Verlust der Unternehmeridentität und damit verbunden einem Untergang der Fehlbeträge in der Höhe auszugehen, wie die Körperschaft an der Mitunternehmerschaft beteiligt war.8 Dass auch hier die übernehmende Personengesellschaft in die stl. Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt, hat den BFH nicht von der Nichtanwendung der allgemeinen Unternehmeridentitätsgrundsätze abbringen können. Für die Auf- oder Abspaltung auf eine Personengesellschaft kommt es aus den identischen Gründen ebenfalls zum Verlust der Unternehmeridentität. dd) Unternehmeridentität bei Anwachsung und Verschmelzung einer Personengesellschaft auf ihren Gesellschafter 123 Führt der Austritt des vorletzten Gesellschafters zur Anwachsung eines Gewerbebetriebes einer Per-

sonengesellschaft auf einen Einzelunternehmer oder eine KapGes., bleibt der Fehlbetrag aufgrund der Unternehmeridentität in dem Umfang erhalten, in dem der letzte Gesellschafter an der Personengesellschaft beteiligt war.9 Entsprechendes kann auch durch Verschmelzung der beiden einzigen Gesellschafter der Obergesellschaft geschehen.10 Denn der Mitunternehmer war in diesem Umfang Träger des Rechts auf Verlustabzug und der Verlust der Personengesellschaft hat ihn insoweit tatsächlich

1 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623 Rz. 32 zur Verschmelzung einer Kapitalauf eine Personengesellschaft; ebenso Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10 GewStG Rz. 135; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 80 (Stand: März 2016); Trossen in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl. 2013, § 19 Rz. 32; Möhlenbrock in D/P/M, § 19 UmwStG Rz. 16 (Stand: Dezember 2011); aA Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 74 (Stand: April 2017); Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2012/213, 513; Hierstetter, DB 2010, 1089 (1090); Behrendt/Arjes, DStR 2008, 811. 2 Vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 6 Satz 1 GewStR 2009. 3 Ebenso Trossen in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl. 2013, § 19 Rz. 32 in Fn. 1; Möhlenbrock in D/P/M, § 19 UmwStG Rz. 16 (Stand: Dezember 2011); Schießl in Widmann/Mayer, § 19 UmwStG Rz. 64 (Stand: Mai 2015); aA Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 74 (Stand: April 2017); Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2012/213, 513. 4 Ebenso Schießl in Widmann/Mayer, § 19 UmwStG Rz. 64 (Stand: Mai 2015). 5 SEStEG v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782. 6 Zu einem Überblick der alten Rechtslage s. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 74 (Stand: April 2017). 7 Hierzu allgemein FG Nürnberg v. 26.11.2008 – III 262/05, EFG 2009, 1045. 8 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623 Rz. 32. 9 Vgl. nur R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 4 GewStR 2009; BFH v. 18.5.1972 – I R 153/70, BStBl. II 1972, 775; aA FG München v. 22.9.1982 – IX 43/80 G, EFG 1983, 569. 10 BFH v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 75 (Stand: April 2017).

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B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 128 § 10a

belastet.1 Für den Fall der erweiterten Anwachsung in der typischen GmbH & Co. KG, bei der die Kommanditisten ihre Mitunternehmeranteile in die nicht vermögensmäßig beteiligte KomplementärGmbH einbringen, bedeutet dies, dass die Unternehmeridentität zur Gänze nicht gewahrt ist und die Fehlbeträge in der Folge vollständig untergehen, auch wenn die GmbH das Unternehmen unverändert fortführt. Auch bei einer doppelstöckigen-Personengesellschaft geht der Verlust der Untergesellschaft bei Anwachsung auf die Obergesellschaft im Verhältnis ihrer Beteiligung über (s. dazu Rz. 107).2 Umwandlungssteuerrechtlich nicht geregelt ist die Verschmelzung einer Unterpersonengesellschaft 124 auf ihren Gesellschafter. Wirtschaftlich betrachtet ist diese Verschmelzung einem Anwachsungsvorgang auf den verbliebenen Gesellschafter vergleichbar, sodass auch bei der Up-stream-Verschmelzung einer Personengesellschaft die Unternehmeridentität insoweit gewahrt ist, wie der aufnehmende Rechtsträger an der Personengesellschaft beteiligt war.3 Entsprechendes gilt, wenn der aufnehmende Rechtsträger eine KapGes. ist.4 ee) Verschmelzung und Spaltung von bzw. auf eine andere Personengesellschaft Werden zwei personenidentische Schwester-Personengesellschaften verschmolzen, besteht weiter- 125 hin Unternehmeridentität,5 sodass die aufnehmende Personengesellschaft bei Wahrung der Unternehmensidentität (s. hierzu Rz. 86) die Fehlbeträge der übertragenden Personengesellschaft nutzen kann. Ist neben der Unternehmeridentität auch die Beteiligungsidentität gewahrt (zu dieser s. Rz. 109 f.), treten im Vergleich zur übertragenden Personengesellschaft keine Veränderungen beim Verlustabzug auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers ein.6 Dagegen kann der der übernehmenden Personengesellschaft selbst zustehende Gewerbeverlust von dieser nur mit dem Teil des Gewerbeertrags verrechnet werden, der auf die bisherigen Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft entfällt.7 Wird jedoch eine Oberpersonengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft verschmolzen, gehen die Fehlbeträge wegen fehlender Unternehmeridentität unter, da mit dem Eintritt der neuen Oberpersonengesellschaft ein vollständiger Gesellschafterwechsel bei der Unterpersonengesellschaft eingetreten ist.8 Dies gilt nach der Rspr. des BFH9 selbst dann, wenn zwischen den Gesellschaftern der untergehenden und der aufnehmenden Oberpersonengesellschaft Gesellschafter- und Beteiligungsidentität besteht (zur Kritik an dieser Wertung s. Rz. 108).10 Sind an der aufnehmenden Gesellschaft Personen beteiligt, die nicht an der übertragenden Ge- 126 sellschaft beteiligt waren, ist insoweit die Unternehmeridentität nicht gewahrt. Insoweit ist folglich kein Verlustabzug möglich. Bei der Ab- oder Aufspaltung von Personengesellschaften gilt in Bezug auf die beteiligten Gesell- 127 schafter und die Beteiligungshöhe Entsprechendes. Zu beachten ist aber insbes., dass auf den aufnehmenden Rechtsträger Teilbetriebe übergehen müssen, um die Teil-Unternehmensidentität zu wahren (zu dieser s. Rz. 48). Wird eine Oberpersonengesellschaft auf die Unterpersonengesellschaft verschmolzen und werden 128 die Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft zu „unmittelbaren“ Gesellschaftern der Unterpersonengesellschaft, ist zu differenzieren. Die gewstl. Fehlbeträge gehen in der Höhe mangels Unterneh1 Siehe auch Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 61 (Stand: April 2017). 2 Vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Satz 6 GewStR 2009; BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623 Rz. 32; grds. von einem Verlustuntergang ausgehend Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 61 (Stand: April 2017). 3 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 61 (Stand: April 2017). 4 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 4 Satz 2 iVm. Nr. 5 Satz 4 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 61 (Stand: April 2017). 5 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 2 GewStR 2009; BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511. 6 Vgl. auch Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 79a (Stand: Juli 2015). 7 Ebenso Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 79a (Stand: Juli 2015). 8 Vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Satz 3 GewStR 2009. 9 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 3.2.2010 – IV 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 28 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 10 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Satz 3 GewStR 2009.

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§ 10a Rz. 129 Gewerbeverlust meridentität verloren, wie die Oberpersonengesellschaft an der Unterpersonengesellschaft beteiligt war, da mit der Verschmelzung nicht mehr die Oberpersonengesellschaft. sondern ihre Gesellschafter zu Trägern des Verlustabzugs der bisherigen Unterpersonengesellschaft werden.1 Sofern die Oberpersonengesellschaft eigene Fehlbeträge hatte, gehen diese bei Wahrung der Unternehmensidentität hingegen auf die Unterpersonengesellschaft über, da weiterhin die Gesellschafter der Oberpersonengesellschaft Träger des Verlustabzugs bleiben. ff) Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben in eine Personengesellschaft 129 Bringt ein Einzelunternehmer oder eine KapGes. ihren Betrieb oder einen Teilbetrieb in eine Per-

sonengesellschaft ein, ist in Höhe der Beteiligung des einbringenden Rechtsträgers an der aufnehmenden Personengesellschaft die Unternehmeridentität gewahrt (zu der Streitfrage nach dem Vorliegen von [Teil-]Unternehmensidentität bei Einbringungen durch eine KapGes. s. Rz. 90 ff.).2 Der Einzelunternehmer bzw. die KapGes. bleiben Träger des Verlustabzugs (s. hierzu allgemein Rz. 103). 130 Ebenso liegt Unternehmeridentität iHd. Beteiligung der einbringenden Personengesellschaft vor, wenn

ein Betrieb oder Teilbetrieb einer Personengesellschaft in eine nachgeordnete Personengesellschaft eingebracht wird. Der auf die Unterpersonengesellschaft übergehende Fehlbetrag geht allerdings (anteilig) unter, wenn Gesellschafter aus der Oberpersonengesellschaft ausscheiden.3 131 Auch im Fall des Beitritts eines Gesellschafters zu einem Einzelunternehmen oder in eine bestehen-

de Personengesellschaft, was jeweils umwandlungssteuerrechtlich als Einbringung nach § 24 UmwStG gewertet wird,4 bleibt die Unternehmeridentität gewahrt.5 Der vor dem Eintritt des neuen Gesellschafters entstandene Fehlbetrag ist weiterhin insgesamt, jedoch nur von dem Betrag abziehbar, der von dem gesamten Gewerbeertrag entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf die bereits vorher beteiligten Gesellschafter entfällt.6 gg) Einbringung von Mitunternehmeranteilen 132 Die Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine Kapital- oder Personengesellschaft führt

zum Untergang der Fehlbeträge, wie sie auf den bisherigen Gesellschafter entfielen, da die Unternehmeridentität verloren geht, selbst wenn der bisherige Gesellschafter bei Einbringung in eine Personengesellschaft mittelbar über die Oberpersonengesellschaft beteiligt bleibt.7 Zu der fortbestehenden Mitunternehmerstellung in Bezug auf das Sonderbetriebsvermögen s. Rz. 105. hh) Realteilung 133 Bei der Realteilung einer Personengesellschaft gelten unabhängig davon, wie die zivilrechtliche Tei-

lung erfolgt, die Grundsätze der Unternehmens- und Unternehmeridentität. Liegen die Voraussetzungen der Unternehmensidentität bei einer Realteilung vor (s. dazu Rz. 93 f.), kann der Inhaber eines aus der Realteilung hervorgegangenen Betriebs vom Gewerbeertrag dieses Unternehmens den vortragsfähigen Fehlbetrag der Personengesellschaft insoweit abziehen, als ihm dieser nach § 10a Satz 4 und 5 GewStG zuzurechnen war (zur in diesem Zusammenhang ebenfalls zu beachtenden Unternehmensidentität s. Rz. 93 f.).8 1 BFH v. 12.5.2016 – IV R 29/13, BFH/NV 2016, 1489 Rz. 22. 2 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 4 GewStR 2009; BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436 = FR 1990, 339. 3 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 30 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker; aA Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 81 (Stand: Juli 2015). 4 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 01.47. 5 BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201. 6 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 2 GewStR 2009. 7 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 3.2.2010 – IV 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 28 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 8 Für die Verlustübernahme bei zwei Teilbetrieben s. BFH v. 5.9.1990 – X R 20/89, BStBl. II 1991, 25 = FR 1990, 756; R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 7 GewStR 2009 und H 10a.3 Abs. 3 GewStH 2009 „Realteilung“; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 40 (Stand: April 2017).

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B. Übergeordnete Voraussetzungen für die Nutzung der Fehlbeträge

Rz. 137 § 10a

ii) Begründung und Auflösung von atypisch stillen Gesellschaften Die Grundsätze zur Unternehmeridentität bei Austritt bzw. Eintritt eines Gesellschafters gelten eben- 134 so für atypisch stille Gesellschaften. Scheidet ein atypisch stiller Gesellschafter aus, so geht der Verlustvortrag anteilig verloren.1 Liegen atypisch stille Beteiligungen an bestimmten Geschäftsbereichen vor, können mehrere Gewerbebetriebe existieren (zur Unternehmensidentität bei atypisch stiller Gesellschaft s. ausf. Rz. 72 ff.).2 Hierbei sind die Gewerbebetriebe gesondert zu betrachten und ein Austritt eines atypisch stillen Beteiligten führt zum Untergang des auf ihn entfallenden Fehlbetrags für den entsprechenden Gewerbebetrieb. Die Begründung der atypisch stillen Gesellschaft ist wie der Beitritt eines Gesellschafters in ein Ein- 135 zelunternehmen zu behandeln (s. hierzu Rz. 129). Der vor dem Eintritt des neuen Gesellschafters entstandene Fehlbetrag ist weiterhin insgesamt, jedoch nur von dem Betrag abziehbar, der von dem gesamten Gewerbeertrag entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf den Inhaber des Handelsgewerbes entfällt.3 jj) Begründung und Auflösung von Unterbeteiligungen Bei Zugrundelegung der Urteilsgrundsätze der Entsch. v. 11.10.20124 gehen bei Begründung und 136 Auflösung einer atypischen Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil die gewstl. Verluste des Hauptbeteiligten bei der Mitunternehmerschaft unter. Die Unterbeteiligung ist zivilrechtl. eine bürgerlich-rechtliche Innengesellschaft, die der stillen Gesellschaft nahesteht.5 Anders als ein stiller Beteiligter ist der Unterbeteiligte nicht direkt am Handelsgewerbe, sondern am Gesellschaftsanteil beteiligt. Jedoch wird wie bei der stillen Gesellschaft nach denselben Kriterien zwischen typischen und atypischen Unterbeteiligungen unterschieden.6 Trägt der atypisch Unterbeteiligte Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative, so ist er, sofern der Hauptbeteiligte an der Personengesellschaft Mitunternehmer ist, Mitunternehmer der Unterbeteiligungsgesellschaft.7 Die Unterbeteiligungsgesellschaft ist in diesem Fall eine Personengesellschaft, die gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gewerbliche Einkünfte erzielt.8 Kommt es nun zur Begründung einer Unterbeteiligungsgesellschaft aufgrund einer neuen Unterbeteiligung, so bringt der Hauptgesellschafter seine Beteiligung an der Hauptgesellschaft entsprechend § 24 UmwStG9 in die Unterbeteiligungsgesellschaft ein, sodass insoweit eine doppelstöckige Personengesellschaft entsteht. Nach der BFH-Rspr.10 würden in diesem Fall die Verluste des Hauptbeteiligten an der Hauptgesellschaft untergehen. Bei Auflösung der Unterbeteiligung käme es entsprechend zu einem Verlustuntergang, da die Beteiligung von einer Mitunternehmerschaft auf eine Einzelperson übertragen würde (zur Kritik an dieser Sichtweise s. Rz. 108). kk) Nießbrauch Der Nießbrauch ist das unveräußerliche und unvererbliche absolute Recht, die Nutzungen (§ 100 137 BGB) einer fremden Sache, eines fremden Rechts oder eines Vermögens zu ziehen. Der Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil ist dabei nicht ausdrücklich normiert, gleichwohl aber möglich. Folge der Nießbrauchsbestellung an einem Gesellschaftsanteil ist, dass die Substanz der Mitgliedschaft beim 1 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 Rz. 32 = FR 2013, 623; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 Rz. 30 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker. 2 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 = FR 1996, 293. 3 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 76 (Stand: April 2017). 4 Vgl. BFH v. 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176. 5 Vgl. BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/89, BStBl. II 1995, 449; Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121. 6 Vgl. dazu BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = FR 2006, 386. 7 Vgl. BFH v. 5.11.1973 – GrS 3/72, BStBl. II 1974, 414; v. 29.10.1991 – VIII R 51/84, BStBl. II 1992, 512 = FR 1992, 297 m. Anm. Schmidt; Haep in H/H/R, § 15 EStG Anm. 430 (Stand: Mai 2017). 8 Vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2268 (Stand: Juni 2016). 9 Da der Hauptbeteiligte zivilrechtlich keine Anteile an der Unterbeteiligungsgesellschaft erhält, ist wie bei der Begründung einer atypisch stillen Beteiligung lediglich von einer entsprechenden Anwendung des § 24 UmwStG auszugehen. 10 Vgl. nur BFH v. 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176 Rz. 16.

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§ 10a Rz. 138 Gewerbeverlust Gesellschafter bleibt, während der Nießbraucher die Nutzungen, insbes. den auf die Beteiligung entfallenden Gewinnanteil erhält.1 Wird an einem Mitunternehmeranteil ein Nießbrauch bestellt, ist in Bezug auf die Fehlbeträge die Frage zu stellen, ob sich die Unternehmeridentität hierdurch verändert. Die Antwort auf die Frage hängt ausschließlich davon ab, ob der Nießbrauchsbesteller oder der Nießbrauchsberechtigte die Mitunternehmerstellung bei der Personengesellschaft einnimmt.2 Dementsprechend ist bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils unter Nießbrauchsvorbehalt die Unternehmeridentität gewahrt, wenn der Nießbrauchsberechtigte weiterhin Mitunternehmerrisiko innehat und Mitunternehmerinitiative entwickeln kann, sodass er weiterhin als Mitunternehmer zu qualifizieren ist. Geht hingegen die Mitunternehmerstellung auf den Nießbrauchsbesteller über, kommt es zum Verlust der Unternehmeridentität und zum Untergang der Fehlbeträge. Sollten sowohl Nießbrauchsberechtigter als auch Nießbrauchsbesteller als Mitunternehmer einzustufen sein,3 ist die Unternehmeridentität gewahrt, da der bisherige Gesellschafter weiterhin Mitunternehmer ist. Es wird allerdings zu einer nur noch anteiligen Verrechnung der Verluste mit zukünftigen Gewinnen kommen,4 da sich die Beteiligungsverhältnisse ändern (zur Beteiligungsidentität s. Rz. 109), wodurch es für den bisherigen Gesellschafter zu einer zeitlichen Streckung des Verlustabzugs kommt.

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten I. Der Höhe nach limitierte Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags um die Fehlbeträge vorangegangener Erhebungszeiträume (Satz 1) 1. Regelungsinhalt und Einbindung in das gesetzliche Konzept der gewerbesteuerlichen Verlustberücksichtigung 138 § 10a Satz 1 GewStG ist die Kernvorschrift für den gewstl. Verlustabzug und bildet mit Satz 2 das ge-

schlossene Regelungskonzept der Mindestbesteuerung (zu den verfassungsrechtl. Implikationen s. Rz. 29 f.). Sie ordnet an, dass der maßgebende Gewerbeertrag bis zur Höhe eines Maximalbetrags von 1 Mio. Euro um die Fehlbeträge der vorangegangenen EZ gekürzt wird, sofern in vorangegangen EZ die Fehlbeträge noch nicht berücksichtigt wurden. Ein Verlustrücktrag, wie er gem. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG möglich ist, ermöglicht das GewStG hingegen nicht.5 Für Personengesellschaften wird Satz 1 um Sonderregelungen in den Sätzen 4 und 5 für die Verlustnutzung bei Mitunternehmerschaften ergänzt (s. dazu Rz. 167 ff.). 139 Die Vorschrift durchbricht den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und gewährleistet so, (zu-

mindest) dem Kernbereich des objektiven Nettoprinzips gerecht zu werden (s. hierzu ausf. Rz. 27). Gesetzgeberisch ist somit eine Steuerwürdigkeitsentscheidung gefallen, die die Regelung als Fiskalzwecknorm und nicht als Steuervergünstigung qualifiziert.6 2. Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags und der Fehlbeträge a) Allgemeine Ermittlungsgrundsätze 140 Der maßgebende Gewerbeertrag iSd. Satzes 1 entspricht dem maßgebenden Gewerbeertrag des § 10

GewStG. Es ist folglich der für den EZ nach den Vorschriften des EStG oder KStG ermittelte Gewinn 1 Vgl. etwa Pohlmann in MünchKomm BGB, 7. Aufl. 2017, § 1068 Rz. 49. 2 Zur Frage der Mitunternehmerstellung ausf. Haep in H/H/R, § 15 EStG Anm. 443 EStG (Stand: August 2017). 3 S. hierzu Haep in H/H/R, § 15 EStG Anm. 443 (Stand: August 2017). 4 BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210; v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, BStBl. II 1994, 764 = FR 1994, 511; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477 = FR 1994, 408; R 10a.3 Abs. 3 Satz 8 GewStR 2009. 5 Durch die Versagung des Verlustrücktrags werden die kommunalen Finanzen geschützt, denn auf die Mindereinnahmen infolge von Verlustvorträgen kann sich die Gemeinde einstellen, eine Rückzahlung vereinnahmter und evtl. verbrauchter GewSt hätte uU katastrophale Folgen für den Haushalt einer Gemeinde. 6 Vgl. auch Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 21 (April 2017); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 4 mwN (Stand: März 2017).

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C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 145 § 10a

nach § 7 GewStG, einschließlich der Hinzurechnungen und Kürzungen nach §§ 8, 9 GewStG.1 Die Ermittlung des Gewerbeertrags im Anrechnungsjahr und die Ermittlung der Fehlbeträge im Entstehungsjahr richten sich nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG. Folglich wird im Anrechnungsjahr zuerst der Gewerbeertrag iSd. § 10 GewStG ermittelt. Von diesem Gewerbeertrag wird der in § 10a Satz 7 GewStG definierte vortragsfähige Fehlbetrag des Vorjahres unter Beachtung des Höchstbetrags von 1 Mio. Euro abgezogen. Aufgrund der Anknüpfung des § 10a GewStG an den maßgebenden Gewerbeertrag nach § 10 GewStG 141 werden Verluste aus persönlich oder sachlich steuerbefreiten Einkünften nicht berücksichtigt.2 Ebenso dürfen bei Einzelunternehmern oder Personengesellschaften Aufwendungen, die vor Beginn der gewerblichen Tätigkeit entstanden sind, nicht berücksichtigt sein, da die sachliche GewStPfl. erst beginnt, wenn der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist (s. hierzu ausf. § 2 GewStG Rz. 47 ff.).3 Da die Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs bzw. eines Mitunter- 142 nehmeranteils, soweit sie auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfallen, nicht gewerbesteuerbar sind,4 bleiben Gewinne und Verluste bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags sowie bei der Ermittlung der Fehlbeträge unberücksichtigt. Soweit jedoch ein Veräußerungsgewinn nach § 7 Satz 2 GewStG zum Gewerbeertrag gehört, sind die entsprechenden Gewinne und Verluste aus einer entsprechenden Veräußerung in den Anwendungsbereich von Satz 1 einzubeziehen.5 Ausländ. Betriebsstättenergebnisse beeinflussen ebenfalls nicht den maßgebenden Gewerbeertrag 143 und die Fehlbeträge, da sie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG nicht der StPfl. unterliegen.6 Sofern jedoch die Tatbestandsmerkmale des § 7 Satz 8 GewStG erfüllt sind (s. zu diesen § 7 GewStG Rz. 169 f.), gelten die Gewinne und Verluste als in einer inländ. Betriebsstätte bezogen, sodass nach § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbs. 2 GewStG eine Kürzung unterbleibt und sie Eingang in die Gewerbeertrags- und Fehlbetragsermittlung finden. b) Organschaft Organgesellschaft und Organträger bleiben trotz Bestehen eines Organschaftsverhältnisses nach § 2 144 Abs. 2 Satz 2 GewStG sachlich selbstständige Steuersubjekte.7 Sie ermitteln daher ihren eigenen Gewerbeertrag nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 7 bis 9 GewStG.8 Danach werden die Gewerbeerträge von Organträger und Organgesellschaft ohne förmliche Zurechnung zusammengefasst.9 Ergeben sich durch die Zusammenrechnung beim Organträger Fehlbeträge, kann der Verlustausgleich nach § 10a GewStG insoweit nur auf der Ebene des OT erfolgen (zu näheren Einzelheiten s. § 2 GewStG Rz. 140 ff.). 3. Fehlbeträge werden iHv. bis zu 1 Mio. Euro vom maßgebenden Gewerbeertrag gekürzt Der Begriff der Fehlbeträge ist identisch mit dem Begriff „Gewerbeverlust“, wie er in der amtlichen 145 Überschrift des § 10a GewStG verwendet wird. Sie müssen sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags der vorangegangenen EZ nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben ha1 R 10a.1 Abs. 1 Sätze 1 und 4 GewStR 2009. 2 Vgl. BFH v. 28.7.1959 – I 41/58 S, BStBl. III 1959, 366; v. 3.7.1963 – I 276/61 S, BStBl. III 1963, 464; R 10a.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 46. 3 Vgl. R 2.5 Abs. 1 Sätze 2–4 GewStR 2009; BFH v. 30.8.2012 – IV R 54/10, BStBl. II 2012, 927 Rz. 20 f. mwN = FR 2013, 294 m. Anm. Wendt. 4 Vgl. nur BFH v. 3.12.2015 – IV R 4/13, BStBl. II 2016, 544 Rz. 14 = FR 2016, 478 m. Anm. Nöcker; v. 26.6.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289 Rz. 36 = FR 2007, 1075; v. 7.2.1995 – VIII R 36/93, BStBl. II 1995, 770 = FR 1995, 781; v. 28.2.1990 – I R 92/86, BStBl. II 1990, 699; v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 = FR 1988, 79. 5 Vgl. auch Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 348 (Stand: April 2017). 6 Vgl. Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 40 (Stand: Juli 2015). 7 R 2.3 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009. 8 S. nur BFH v. 21.10.2009 – I R 29/09, BStBl. II 2010, 644 = FR 2010, 527; v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630 = FR 1992, 490. 9 Vgl. dazu BFH v. 18.9.1996 – I R 44/95, BStBl. II 1997, 181 = FR 1997, 159 mwN.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 146 Gewerbeverlust ben und dürfen nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen EZ berücksichtigt worden sein. Um dieses verfahrensrechtl. sicherzustellen, ist in Satz 6 ein Feststellungsverfahren eingeführt worden (s. hierzu Rz. 198 ff.). Die Berücksichtigung des Verlustabzugs in einem EZ erfolgt nach der Ermittlung des Gewerbeertrags, aber vor dem Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3.1 Er unterliegt seit dem EZ 1985 nach § 36 Abs. 5 idF des StRefG 1990 auch keiner zeitlichen Beschränkung.2 146 Der Fehlbetrag „wird“ nach dem Gesetzeswortlaut gekürzt. Die Reduzierung des Gewerbeertrags er-

folgt somit von Amts wegen.3 Ein Antrag durch den StPfl. ist nicht notwendig. Jedoch besteht auch kein Wahlrecht des StPfl., in welchem Jahr er den Verlust geltend machen will4 oder in welcher Höhe der Verlust berücksichtigt werden soll, sodass auch ein Verlustabzug erfolgt, wenn der Gewerbeertrag unterhalb des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Satz 3 liegt. Ebenso kommt es zu einem Verbrauch des Gewerbeverlusts, wenn der Gewerbeertrag durch den Verlustabzug unter den Freibetrag von 24.500 Euro für Einzelunternehmen und Personengesellschaften sinkt.5 Da im Gesetz nicht geregelt ist, welcher Verlustvortrag zuerst genutzt werden kann/muss, ist die Reihenfolge zulässig, die die größtmögliche Kürzung des Gewerbeertrags zulässt (Meistbegünstigung).6 Die Reihenfolge der Verlustnutzung hat bspw. dann eine Bedeutung, wenn ein Verlust übertragen wurde (zB Verschmelzung auf eine beteiligungsidentische Schwestergesellschaft oder Anwachsung, s. dazu Rz. 87 ff.) und die Unternehmensidentität für den Unternehmensteil, auf den die übertragenden Verluste entfallen, langfristig nicht gewahrt bleiben kann. 147 Der Höhe nach ist der unbeschränkte Verlustabzug auf einen Betrag von 1 Mio. Euro gedeckelt. Dies

bedeutet, dass von einem positiven Gewerbeertrag von bis zu 1 Mio. Euro die Fehlbeträge der vorangegangenen EZ eins zu eins zum Abzug gebracht werden können. Bis zu diesem Sockelbetrag bleibt die sog. Mindestbesteuerung ohne Auswirkung. Der Sockelbetrag ist pro EZ einmalig zu gewähren. Entsprechendes gilt auch im Fall der Organschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG. Die Sockelbetragsgewährung erfolgt ausschließlich auf Ebene des Organträgers, da die persönliche StPfl. der Organgesellschaft während des Bestehens der Organschaft suspendiert ist,7 auch wenn die eigentliche Gewerbeertragsberechnung für Organträger und Organgesellschaft im ersten Schritt getrennt erfolgt (s. hierzu ausf. § 2 GewStG Rz. 144). 148 Übersteigt der Abwicklungszeitraum bei Liquidation oder Insolvenz einen Zeitraum von zwölf Mo-

naten, sieht § 16 Abs. 1 GewStDV eine Verteilung des Gewerbeertrags, der bei einem in der Abwicklung befindlichen Gewerbebetrieb iSd. § 2 Abs. 2 GewStG im Zeitraum der Abwicklung entstanden ist, auf die Jahre des Abwicklungszeitraums vor. Diese Verteilung des Gewerbeertrags auf die EZ des Abwicklungszeitraums bewirkt jedoch nicht, dass eine separate Ermittlung des Gewerbeertrags pro EZ mit der Möglichkeit eines jeweiligen Ansatzes des Sockelbetrags stattfindet, da über § 16 Abs. 1 GewStDV nur eine zeitanteilige Zuweisung des für den gesamten Abwicklungszeitraum ermittelten Gewerbeertrags auf die (einzelnen) Jahre des Abwicklungszeitraums vorgenommen wird.8 Dementsprechend ist der Sockelbetrag für den Abwicklungszeitraum nur einmal zum Ansatz zu bringen.9 Hieran ändert sich auch nichts, wenn nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG Zwischenveranlagungen10 durch-

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

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R 10a.1 Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009; BFH v. 9.1.1958 – IV 250/57 U, BStBl. III 1958, 134. S. auch BFH v. 28.11.1990 – X R 102/89, BStBl. II 1991, 477. Vgl. R 10a.1 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009; BFH v. 9.1.1958 – IV 250/57 U, BStBl. III 1958, 134. BFH v. 9.1.1958 – IV 250/57 U, BStBl. III 1958, 134; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 38 (Stand: Juli 2015); Wingler in Bergemann/Wingler, § 10a GewStG Rz. 19. H 10a.1 GewStH 2009 „Verlustausgleich und Freibetrag“. Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 357 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 10a GewStG Rz. 40 (Stand: Juli 2015); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 113a; Wingler in Bergemann/Wingler, § 10a GewStG Rz. 18; aA Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 115. Vgl. nur BFH v. 18.9.1996 – I R 44/95, BStBl. II 1997, 181 = FR 1997, 159 mwN. BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904 Rz. 17. BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904 Rz. 17; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 355 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a Rz. 114. Zu der Streitfrage, welchen Charakter die Veranlagungen bei einem drei Jahre übersteigenden Liquidationszeitraum bei der KSt haben, s. nur Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Anm. 6 mwN.

Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 153 § 10a

geführt werden,1 da § 16 Abs. 1 GewStDV für die GewSt-Festsetzung im Abwicklungszeitraum eine eigenständige Regelung trifft. Der Sockelbetrag von 1 Mio. Euro geht zurück auf ein Vermittlungsergebnis iRd. Gesetzgebungsverfah- 149 rens2 und soll die mit der Mindestbesteuerung verbundenen Härten für sog. mittelständische Strukturen verhindern.3 Im ursprünglichen Gesetzentwurf war noch ein Sockelbetrag von 100.000 Euro vorgesehen.4

II. Kürzung der Fehlbeträge zu 60 % des 1 Mio. Euro übersteigenden Betrags (Mindestbesteuerung, Satz 2) 1. Regelungsinhalt Satz 2 enthält die eigentliche Regelung zur Mindestbesteuerung, indem sie den Verlustabzug des 150 1 Mio. Euro übersteigenden Betrags prozentual begrenzt. Er knüpft an Satz 1 an und findet ausschließlich Anwendung, wenn der maßgebende Gewerbeertrag des EZ den Sockelbetrag des Satzes 1 übersteigt. Übersteigt der maßgebende Gewerbeertrag den Sockelbetrag nicht, bleibt Satz 2 unanwendbar. Die Regelung gilt seit dem EZ 2004 und ist die Parallelvorschrift zu § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG (zu den verfassungsrechtl. Aspekten s. Rz. 29 f.). 2. Durchführung des Verlustabzugs nach Satz 2 Nach Verbrauch des Sockelbetrags iHv. 1 Mio. Euro ordnet Satz 2 an, dass der verbleibende Fehlbetrag 151 nur zu 60 % um nach Satz 1 nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen EZ (Verlustvorträge) zu kürzen ist. Folglich werden 40 % des 1 Mio. Euro übersteigenden Betrags der Besteuerung unterworfen, selbst wenn noch ausreichend Fehlbeträge zur Kompensation des maßgebenden Gewerbeertrags vorhanden wären. Werden Fehlbeträge aufgrund der Mindestbesteuerung nicht genutzt, können diese in spätere EZ vorgetragen und genutzt werden (Klarstellung durch § 10a Satz 7 GewStG).5 Beispiel 1: Die X-GmbH hat einen Gewerbeverlust zum 31.12.01 iHv. 2 Mio. Euro. Im Jahr 02 erwirtschaftet sie einen positiven Gewerbeertrag nach § 10 GewStG iHv. 1,5 Mio. Euro. Lösung: Es sind 1,3 Mio. Euro des Fehlbetrags mit dem Gewerbeertrag verrechenbar (1 Mio. + 500.000 × 60 % = 1,3 Mio.). Die verbleibenden 200.000 Euro werden vorgetragen und können mit Gewinnen im Folgejahr verrechnet werden.

Bei der Ermittlung des Kürzungsbetrags nach Satz 2 dürfen ausschließlich Fehlbeträge vorangegan- 152 gener EZ in Abzug gebracht werden, die bei Satz 1 nicht berücksichtigt wurden. Dies bedeutet, dass eine Berücksichtigung von Fehlbeträgen im Anwendungsbereich von Satz 2 nur möglich ist, wenn die Fehlbeträge mehr als 1 Mio. Euro betragen. Beispiel 2: Wie Beispiel 1, nur hat die X-GmbH hat einen Gewerbeverlust zum 31.12.01 iHv. 1 Mio. Euro. Lösung: Es erfolgt der Abzug des Sockelbetrags nach Satz 1 iHv. 1 Mio. Euro. Ein weiterer Abzug nach Satz 2 ist nicht möglich, da kein nach Satz 1 unberücksichtigter Fehlbetrag mehr vorhanden ist. Es werden folglich 500.000 Euro der Besteuerung unterworfen.

Die Verlustverrechnung erfolgt vor der Berücksichtigung der in § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG genann- 153 ten Freibeträge.6 Verbleibt bei einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft somit nach der Verrechnung mit dem Fehlbetrag ein Gewerbeertrag iHv. 0 Euro, besteht keine Möglichkeit, den 1 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 355 (Stand: April 2017). 2 BT-Drucks. 15/2248. 3 S. BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132 Rz. 52 unter Verweis auf das Gesetzgebungsverfahren. 4 BT-Drucks. 15/1517, 7. 5 Vgl. Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 110 (Stand: März 2016). 6 Vgl. R 10a.1 Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009; H 10a.1 GewStH 2009 „Verlustausgleich und Freibetrag“; BFH v. 9.1.1958 – IV 250/57 U, BStBl. III 1958, 134.

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§ 10a Rz. 154 Gewerbeverlust Freibetrag zu nutzen. Greift hingegen die Mindestbesteuerung, ist ein Abzug der Freibeträge des § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG von dem verbleibenden Gewerbeertrag möglich.1 Beispiel 3: Die X-GmbH & Co. KG hat einen Gewerbeverlust zum 31.12.01 iHv. 1,5 Mio. Euro. Im Jahr 02 erwirtschaftet sie einen positiven Gewerbeertrag nach § 10 GewStG iHv. 1,2 Mio. Euro. Lösung: Nach Verlustverrechnung verbleibt ein Gewerbeertrag iHv. 120.000 Euro (1,2 Mio. ./. 1 Mio. ./. 60 % v. 0,2 Mio. = 80.000). So sind 1,12 Mio. Euro des Fehlbetrags mit dem Gewerbeertrag verrechenbar (1 Mio. + 200.000 × 60 % = 1,12 Mio.). Von diesem Gewerbeertrag kann der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG iHv. 24.500 Euro in Abzug gebracht werden, sodass ein Betrag iHv. 95.500 Euro verbleibt, auf den die Steuermesszahl nach § 11 Abs. 2 GewStG angewandt wird.

III. Ausschluss der Fehlbetragskürzung um vor dem wirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags erwirtschaftete Fehlbeträge (Satz 3) 1. Regelungsinhalt und Bedeutung der Vorschrift 154 § 10a Satz 3 GewStG verbietet im Fall des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG (gewstl. Organschaft) die Kür-

zung des maßgebenden Gewerbeertrags der Organgesellschaft um Fehlbeträge, die sich vor dem wirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags ergeben haben. Er wurde mit dem Gesetz zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze v. 23.12.20032 mit Wirkung ab dem EZ 2004 eingefügt. Bis zum EZ 2003 konnten außerorganschaftliche, einschließlich vororganschaftlicher Verluste der Organgesellschaft bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags abgezogen werden.3 Dementsprechend wurde dem Organträger in der Vergangenheit nur ein um den vororganschaftlichen Verlust verminderter Gewerbeertrag zur Besteuerung zugewiesen. Dies ergab sich aus der Tatsache, dass die Unternehmen des Organkreises ihre Selbstständigkeit behielten und auch ihr Gewerbeertrag zunächst jeweils selbstständig, dh. grds. unabhängig vom Bestehen der Organschaft, zu ermitteln war.4 § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG, wonach ein Verlustabzug iSd. § 10d EStG bei der Organgesellschaft für Zwecke der KSt nicht zulässig ist, stand dem nicht entgegen, da diese Sondervorschrift für die Ermittlung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens nicht von der Verweisung des § 7 GewStG in Bezug genommen war.5 155 Die Norm bezweckt ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine Gleichbehandlung körper-

schaft- und gewerbesteuerlicher Verluste.6 Sie ist uE aber ausschließlich als reine Fiskalzwecknorm zu qualifizieren, um Mehreinnahmen zu generieren. So wurden mit der Norm bei Einführung Mehreinnahmen iHv. 55 Mio. Euro p.a. verbunden.7 Heute dürften diese noch wesentlich höher zu beziffern sein. 156 Systematisch stellt Satz 3 eine Durchbrechung der gebrochenen oder eingeschränkten Einheits-

theorie dar, da die auf Ebene der Organgesellschaft stattfindende getrennte Gewerbeertragsermittlung (s. hierzu Rz. 157 und § 2 GewStG Rz. 140, 144) auch den Abzug ihrer vor Begründung der Organschaft erwirtschafteten Fehlbeträge einschließt.8

1 Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 356 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 10a GewStG Rz. 39 (Stand: Juli 2015). 2 BGBl. I 2003, 2922 = BStBl. I 2004, 20. 3 BFH v. 31.1.1956 – I 254/55 U, BStBl. III 1956, 91; v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582; v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 530 = FR 1992, 490. 4 BFH v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630 = FR 1992, 490; v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582; v. 31.1.1956 – I 254/55 U, BStBl. III 1956, 91; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 333 (Stand: April 2017). 5 Siehe auch Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 333 (Stand: April 2017). 6 Vgl. BT-Drucks. 15/1517, 19. 7 BT-Drucks. 15/1517, 15. 8 BFH v. 31.1.1956 – I 254/55 U, BStBl. III 1956, 91; v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582; v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630 = FR 1992, 490.

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 160 § 10a

2. Differenzierung der Fehlbeträge bei Organschaft a) Organschaftliche Fehlbeträge Organgesellschaft und Organträger bleiben trotz Bestehen eines Organschaftsverhältnisses sachlich 157 selbstständige Steuersubjekte.1 Sie ermitteln daher ihren eigenen Gewerbeertrag nach den allgemeinen Vorschriften des § 7 GewStG.2 Die gebrochene Einheitstheorie, wonach die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers gilt, bewirkt sodann im Weiteren, dass die Gewerbeerträge von Organträger und Organgesellschaft des jeweiligen EZ ohne förmliche Zurechnung zusammenzufassen sind, da die eingeschränkte oder gebrochene Einheitstheorie der Organgesellschaft die persönliche StPfl. für die Dauer der Organschaft entzieht und dem Organträger zurechnet.3 Ergeben sich durch die Zusammenrechnung beim Organträger Fehlbeträge, kann der Verlustausgleich nach § 10a GewStG insoweit nur auf der Ebene des OT erfolgen, wobei nicht verbrauchte Fehlbeträge der Organgesellschaft nicht auf den Organträger übertragen werden dürfen.4 Die ausschließliche Fehlbetragsberücksichtigung beim Organträger gilt sowohl während des Bestehens der Organschaft als auch nach ihrer Beendigung.5 b) Außerorganschaftliche Fehlbeträge Außerorganschaftliche Verluste sind Fehlbeträge, die nicht im Organkreis entstanden sind. Hierbei 158 ist zwischen vororganschaftlichen und sonstigen außerorganschaftlichen Fehlbeträgen zu unterscheiden.6 Vororganschaftliche Fehlbeträge sind Verluste, die aus der Zeit vor Wirksamwerden des Gewinnabführungsvertrags stammen. Sonstige außerorganschaftliche Fehlbeträge sind Verluste, die außerhalb des Organkreises, mithin auf Ebene einer Personengesellschaft, entstanden sind und die durch Anwachsung übergegangen sind.7 3. Abzugsverbot für vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft § 10a Satz 3 GewStG normiert für die Organgesellschaft ausschließlich ein Abzugsverbot für vor- 159 organschaftliche Fehlbeträge. Inhaltsadressat der Norm ist die Organgesellschaft. Der Organträger kann im Gegensatz zur Organgesellschaft seine außerorganschaftlichen Verluste – einschließlich vororganschaftlicher Fehlbeträge – mit eigenen positiven Gewerbeerträgen und Gewerbeerträgen der Organgesellschaft verrechnen,8 da die Organgesellschaft aufgrund der Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG zur Betriebsstätte des Organträgers wird. Die Fehlbeträge aus der vororganschaftlichen Zeit werden während der Organschaft auf Ebene der 160 Organgesellschaft gesondert festgestellt und können nach Beendigung der Organschaft mit Gewerbeerträgen der Organgesellschaft verrechnet werden.9

1 R 2.3 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009. 2 S. nur BFH v. 21.10.2009 – I R 29/09, BStBl. II 2010, 644 = FR 2010, 527; v. 23.1.1992 – XI R 47/89, BStBl. II 1992, 630 = FR 1992, 490. 3 Vgl. dazu BFH v. 18.9.1996 – I R 44/95, BStBl. II 1997, 181 = FR 1997, 159 mwN. 4 BFH v. 31.1.1956 – I 254/55 U, BStBl. III 1956, 91; v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582. 5 BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916; v. 27.6.1990 – I R 158/87, BFH/NV 1991, 116; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 330 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 96 (Stand: März 2016); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 107; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 106 (Stand: Juli 2015). 6 Zu der Unterscheidung s. auch BFH v. 29.8.2000 – VIII R 1/00, BStBl. II 2001, 114 = FR 2001, 251 m. Anm. Wendt; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 331 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 10a GewStG Rz. 107 (Stand: Juli 2015). 7 Vgl. Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 96 (Stand: März 2016). 8 Vgl. gleich lautende Ländererl. v. 14.12.1999, BStBl. I 1999, 1134; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 332 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 94 (Stand: März 2016); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 109; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 108 (Stand: Juli 2015); Prinz/Ommerborn, FR 1999, 993 (995 f.); Prinz/Ommerborn, FR 2000, 705 (706 f.); Eckert/Kneip/Rieke, INF 1999, 225 (227 ff.); Rödder, DStR 2001, 780 (781); krit. Patt/Stimpel, FR 2000, 705 (706 f.). 9 BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733 = FR 1999, 1080.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 161 Gewerbeverlust 161 Laut Gesetzeswortlaut ist die Kürzung von gewstl. Fehlbeträgen, die vor dem rechtswirksamen Ab-

schluss des Gewinnabführungsvertrags entstanden sind, nicht möglich. Satz 3 stellt also eine Bezugnahme auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Gewinnabführungsvertrags – mithin auf seine Unterzeichnung – her. Bei der KSt hingegen ist der Verlustausgleich nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG iVm. § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG für den VZ des Wirksamwerdens des Gewinnabführungsvertrags ausgeschlossen. Wirksam wird ein Gewinnabführungsvertrag nicht mit seinem Abschluss, sondern nach § 294 Abs. 2 AktG erst mit seiner Eintragung ins Handelsregister der Organgesellschaft, sodass bei der KSt die Verluste vom Abzugsverbot des § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG erfasst sind, die zum letzten Feststellungszeitpunkt vor Begründung eines körperschaftsteuerlichen Organschaftsverhältnisses gesondert festgestellt wurden. Nach dem Wortlaut der Vorschriften besteht somit eine Inkonsistenz zwischen den beiden Regelungen. 162 Die FinVerw. legt Satz 3 deckungsgleich mit § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG aus.1 Begründet wird dies damit,

dass die gewstl. Organschaft wie die körperschaftsteuerliche Organschaft erst mit Wirksamkeit des Gewinnabführungsvertrags begründet wird, da die Organgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des Organträgers gilt, wenn sie Organgesellschaft iSd. §§ 14, 17 KStG ist. Das Vorliegen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft ist mithin Voraussetzung für die gewstl. Organschaft. Aus diesem Grund wird es als nicht sachgerecht angesehen, die Rechtsfolgen von körperschaft- und gewerbesteuerlicher Organschaft auseinanderfallen zu lassen.2 Fallen Abschluss und Eintragung des Gewinnabführungsvertrags in unterschiedliche EZ, ist der auf das Ende des EZ vor dem Wirksamwerden der Organschaft festgestellte Verlust vom Abzugsverbot des Satzes 3 erfasst. Beispiel 1: Die T-GmbH als Organgesellschaft und die M-GmbH als Organträgerin schließen am 15.9.2016 einen Gewinnabführungsvertrag, der mit Eintragung ins Handelsregister am 17.1.2017 wirksam wird. Lösung: Der auf den 31.12.2016 festzustellende Gewerbeverlust der Organgesellschaft unterliegt dem Abzugsverbot des § 10a Satz 3.

163 Die Gegenauffassung legt § 10a Satz 3 GewStG wortlautgetreu aus.3 Fallen der wirksame Abschluss

des Gewinnabführungsvertrags und die Eintragung ins Handelsregister in zwei verschiedene EZ, wird daraus geschlossen, dass von dem Abzugsverbot bei der Organgesellschaft nur der bis zu diesem Zeitpunkt erwirtschaftete Fehlbetrag vom Abzugsverbot des Satzes 3 erfasst ist. Dies könne ggf. eine Aufteilung der Ergebnisse erforderlich machen.4 Der ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Gewinnabführungsvertrags generierte Fehlbetrag der Organgesellschaft stünde dieser nicht mehr bei ihrem eigenen Gewerbeertrag zur Verfügung, soweit er in dem Zeitraum zwischen Abschluss und Ende des EZ erwirtschaftet wurde. Er würde insoweit stattdessen erst bei tatsächlichem Wirksamwerden des Organschaftsverhältnisses iRd. organschaftlichen Gewerbeertragsermittlung auf Ebene der Organgesellschaft berücksichtigt, um sodann lediglich den geminderten Betrag dem Organträger zur Besteuerung zuzuweisen. Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass im Fall des Auseinanderfallens des EZ des Abschlusses des Gewinnabführungsvertrags und des EZ des erstmaligen Wirksamwerdens der Organschaft mit der Auslegung der FinVerw. (s. hierzu Rz. 162) eine Verschärfung für die StPfl. eintreten würde, die nur gesetzlich geregelt werden könne. Entsprechendes gilt, wenn Abschluss und Eintragung des Gewinnabführungsvertrags im selben EZ erfolgen. Sodann wären allerdings Verluste, die bis zum Abschluss des Gewinnabführungsvertrags von der Organgesellschaft erwirtschaftet werden, vom Abzugsverbot des Satzes 3 erfasst. Beispiel 2: Die T-GmbH als Organgesellschaft und die M-GmbH als Organträgerin schließen am 15.9.2016 einen Gewinnabführungsvertrag, der mit Eintragung ins Handelsregister am 17.1.2017 wirksam wird. In der Zeit zwischen dem 1.1.2016 bis zum 14.9.2016 erwirtschaftet die T-GmbH einen Verlust iHv. 300. Ab dem 15.9.2016 erzielt sie einen weiteren Verlust von 100. In 2017 erwirtschaftet die T-GmbH einen Gewinn von 200.

1 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038 Rz. 25. 2 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 - S 2770 - 24/05, BStBl. I 2005, 1038; Dötsch/Pung, DB 2004, 151 (152); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 109 (Stand: Juli 2015). 3 Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 334 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 94 (Stand: März 2016); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 108; Rautenstrauch/Adrian, DB 2005, 1018 (1021); Walter, GmbHR 2005, 456 (458 f.). 4 Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 334 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 108; Walter, GmbHR 2005, 456 (458 f.).

628

Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 165 § 10a

Lösung: Der Verlust, der bis zum 14.9.2016 entstanden ist, unterliegt nach der Gegenauffassung dem Abzugsverbot des Satzes 3. Der ab dem 15.9.2016 generierte Verlust ist nicht als vororganschaftlicher Verlust einzustufen, da er sich nicht vor Abschluss des Gewinnabführungsvertrags ergeben hat, sodass er den in 2017 erzielten positiven Gewerbeertrag mindert, sodass dem Organträger in 2017 nur noch 100 zur Besteuerung zugewiesen werden. Beispiel 3: Die T-GmbH als Organgesellschaft und die M-GmbH als Organträgerin schließen am 15.9.2017 einen Gewinnabführungsvertrag, der mit Eintragung ins Handelsregister am 17.11.2017 wirksam wird. In der Zeit zwischen dem 1.1.2017 bis zum 14.9.2017 erwirtschaftet die T-GmbH einen Verlust iHv. 300. Ab dem 15.9.2017 erzielt sie einen Gewinn von 400. Lösung: Bei wörtlicher Auslegung des Satzes 3 wäre der Verlust, der bis zum 14.9.2017 erzielt wurde, nicht vom Gewerbeertrag der Organgesellschaft in 2017 zu kürzen, sodass der Organträgerin ein Gewerbeertrag von 400 zugewiesen würde. Für körperschaftsteuerliche Zwecke hätte die Organträgerin 100 zu versteuern. Der Fehlbetrag von 300 bliebe auf Ebene der Organgesellschaft bis zur Beendigung der Organschaft „eingefroren“.

Stellungnahme. Der Gegenauffassung ist grds. der Vorzug zu geben, da der Gesetzeswortlaut eindeutig 164 und keiner anderweitigen Auslegung zugänglich ist. Allerdings bedarf es uE keiner unterjährigen Aufteilung von Ergebnissen bei der Organgesellschaft.1 Satz 3 erklärt ein Verbot der Kürzung um „Fehlbeträge“. Fehlbeträge werden in § 10a Satz 1 GewStG dergestalt definiert, dass sie den maßgebenden Gewerbeertrag mindern, wenn sie aus vorangegangenen EZ stammen. Vortragsfähige Fehlbeträge wiederum sind nach § 10a Satz 7 GewStG die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags nach § 10a Sätze 1 und 2 zum Schluss des EZ verbleibenden Fehlbeträge,2 sodass ein (laufender) Gewerbeverlust bei einem unterjährigen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags aufgrund eindeutiger Definition des Begriffs „Fehlbeträge“ von Satz 3 nicht betroffen ist (zu der entsprechenden Auslegung des Fehlbetragsbegriffs bei § 10a Satz 10 GewStG s. Rz. 239). Der Fehlbetrag entsteht vielmehr erst nach Abschluss des Gewinnabführungsvertrags zum Ende des EZ. Durch diese zutreffende Auslegung kommt es insbes. auch nicht dazu, dass das Ergebnis der Organgesellschaft aufzuteilen ist, wenn der Abschluss des Gewinnabführungsvertrags und das Wirksamwerden der Organschaft in einem EZ liegen. Beispiel 4: Die T-GmbH als Organgesellschaft und die M-GmbH als Organträgerin schließen am 15.9.2016 einen Gewinnabführungsvertrag, der mit Eintragung ins Handelsregister am 17.1.2017 wirksam wird. Zum 31.12.2015 wurde für die T-GmbH ein Fehlbetrag von 500 festgestellt. In der Zeit zwischen dem 1.1.2016 bis zum 14.9.2016 erwirtschaftet die T-GmbH einen Verlust iHv. 300. Ab dem 15.9.2016 erzielt sie einen weiteren Verlust von 100. In 2017 erwirtschaftet die T-GmbH einen Gewinn von 200. Lösung: Es unterliegt ausschließlich der auf den 31.12.2015 festgestellte Gewebeverlust iHv. 500 dem Abzugsverbot des § 10a Satz 3 GewStG. Der in 2016 erwirtschaftete Fehlbetrag iHv. insgesamt 400 wird auf Ebene der Organgesellschaft gesondert festgestellt und kürzt den Fehlbetrag des EZ 2017 der Organgesellschaft um 200, sodass der M-GmbH von der T-GmbH ein Gewerbeertrag von 0 zur Besteuerung zugewiesen wird. Der verbleibende, aus 2016 stammende Betrag von 200 steht zur Kürzung zukünftiger Gewerbeerträge der T-GmbH innerhalb der Organschaft zur Verfügung. Eine Verrechnung mit einem positiven Gewerbeertrag der M-GmbH ist nicht möglich. Es erfolgt eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Fehlbetrags iHv. 200 auf Ebene der T-GmbH für das Jahr 2017.

Zu beachten ist im Weiteren, dass bei dem Abzug der Fehlbeträge, die in der Zeit nach Abschluss des Gewinnabführungsvertrags, aber in einem EZ, der vor dem Wirksamwerden der Organschaft liegt, erwirtschaftet wurden, nur iRd. Mindestbesteuerung nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG bei der Gewerbeertragsermittlung der Organgesellschaft berücksichtigt werden können. 4. Kein Abzugsverbot für sonstige außerorganschaftliche Fehlbeträge Sonstige außerorganschaftliche Fehlbeträge einer Organgesellschaft sind Verluste, die außerhalb 165 des Organkreises, mithin auf Ebene einer Mitunternehmerschaft, entstanden sind, an der die Organgesellschaft beteiligt ist.3 Diese Verluste bleiben während der Existenz der Personengesellschaft im

1 Ebenso Rautenstrauch/Adrian, DB 2005, 1018 (1021); aA Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 334 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 108; Walter, GmbHR 2005, 456 (458 f.). 2 S. hierzu BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann. 3 Vgl. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 108.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 166 Gewerbeverlust Organkreis unberücksichtigt, da die Personengesellschaft als Mitunternehmerschaft nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG einen eigenen Steuergegenstand darstellt und nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG iVm. §§ 14, 17 KStG nicht die Fähigkeit besitzt, Organgesellschaft zu sein.1 Gehen im Zuge einer Anwachsung nach den Grundsätzen von Unternehmens- (s. hierzu Rz. 87) und Unternehmeridentität (s. hierzu Rz. 123) Verluste einer Personengesellschaft auf eine Organgesellschaft über, so ist danach zu differenzieren, ob die Verluste auf Ebene der Personengesellschaft vor oder nach dem Abschluss des GAV entstanden sind. Fehlbeträge, die ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des GAV auf Ebene der Personengesellschaft entstanden sind und auf die Organgesellschaft übergehen, können als innerorganschaftliche Verluste mit dem Gewerbeertrag der Organgesellschaft verrechnet werden.2 Die Verrechnung findet im Jahr der Anwachsung statt, wobei auf Ebene der Organgesellschaft die Mindestbesteuerung Anwendung findet,3 da nach der gebrochenen Einheitstheorie der Gewerbeertrag auf Ebene der Organgesellschaft ermittelt wird. Der nach Abzug des übergegangenen Fehlbetrags ermittelte Gewerbeertrag der Organgesellschaft wird dem Organträger zugerechnet. 166 Für Fehlbeträge, die eine Personengesellschaft vor Abschluss des GAV erwirtschaftet hat und die

im Rahmen einer Anwachsung auf eine Organgesellschaft übergehen, gilt das Abzugsverbot des Satzes 3, da es sich hierbei um vorvertragliche Fehlbeträge handelt.4 Die durch die Anwachsung übergegangenen Verluste werden in diesem Fall bei der Organgesellschaft gesondert festgestellt und können nach Beendigung der Organschaft genutzt werden. Beispiel: Die T-GmbH ist seit dem Jahr 04 Organgesellschaft der M-GmbH. Die T-GmbH wiederum ist alleinige kapitalmäßig beteiligte Kommanditistin der E-GmbH & Co. KG. Die E-GmbH & Co. KG hat in den Jahren 01–03 gewstl. Fehlbeträge von insgesamt 200 und im Jahr 04 und 05 von jeweils 100 erwirtschaftet. Zum 1.1.06 wächst das Vermögen der E-GmbH & Co. KG der T-GmbH an, wobei das Geschäft der E-GmbH & Co. KG auf Ebene der T-GmbH unverändert fortgeführt wird. Die T-GmbH hat in 06 einen Gewerbeertrag vor Berücksichtigung der Verluste iHv. 300. Lösung: Die Fehlbeträge der E-GmbH & Co. KG von 200 aus den Jahren 01–03 gelten als Fehlbeträge iSd. Satzes 3 und müssen auf Ebene der T-GmbH gesondert festgestellt werden. Die aus den Jahren 04 und 05 stammenden Fehlbeträge iHv. 200 können mit dem Gewerbeertrag der T-GmbH im Jahr 06 verrechnet werden. Folglich wird der M-GmbH in 06 ein Gewerbeertrag von 100 für die T-GmbH zugewiesen.

Die vorstehend beschriebene Berücksichtigung der Fehlbeträge bei der Organgesellschaft entspricht iErg. der Verlustberücksichtigung von Personengesellschaften für körperschaftsteuerliche Zwecke. Aufgrund des Transparenzprinzips werden die Verluste der Organgesellschaft direkt zugerechnet. Stammen sie aus vorvertraglicher Zeit, so sind sie aufgrund des § 15 Satz 1 Nr. 1 KStG auf Ebene der Organgesellschaft „eingefroren“. Verluste, die während der Organschaft auf Ebene der Personengesellschaft entstehen, werden bei der Organgesellschaft im Einkommen berücksichtigt und können innerhalb des Organkreises verrechnet werden.

IV. Besonderheiten bei der mitunternehmerschaftlichen Verlustzurechnung und beim mitunternehmerschaftlichen Verlustabzug (Sätze 4 und 5) 1. Gesetzgeberischer Hintergrund und Verfahrensrecht 167 Bei Mitunternehmerschaften sind trotz der sachlichen StPfl. der Personengesellschaft die Mitunter-

nehmer Träger des Rechts auf Verlustverrechnung und Verlustabzug iSd. § 10a GewStG.5 Hieraus

1 BFH v. 2.3.1983 – I R 85/79, BStBl. II 1983, 427 = FR 1983, 335; v. 29.8.2000 – VIII R 1/00, BStBl. II 2001, 114 = FR 2001, 251 m. Anm. Wendt. 2 Vgl. R 10a.4 Satz 3 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 335 (Stand: April 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 110 (Stand: Juli 2015); Prinz/Hick, GmbHR 2006, 841 (844). 3 AA Prinz/Hick, GmbHR 2006, 841 (845). 4 Vgl. R 10a.4 Satz 2 GewStR 2009; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 110 (Stand Juli 2015). 5 Vgl. BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; zu laufenden Verlusten BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843.

630

Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 170 § 10a

leitet sich das Merkmal der Unternehmeridentität ab, die bedeutet, dass der Gewerbebetrieb im Abzugsjahr von demselben Unternehmer betrieben wird, der den Verlust im Entstehungsjahr erlitten hat (zur Rechtfertigung des Merkmals der Unternehmeridentität durch § 10a Sätze 4 und 5 GewStG s. Rz. 97).1 Dementsprechend sind die Fehlbeträge im Jahr der Verlustentstehung und der Gewerbeertrag im An- 168 rechnungsjahr (Verlustabzug) den Mitunternehmern individuell zuzurechnen.2 Verfahrensmäßig erfordert die Verlustverrechnung dabei gem. § 10a Satz 1 GewStG eine auf die einzelnen Mitunternehmer bezogene Berechnung, bei der die Verlustverrechnung jeweils für den einzelnen Mitunternehmer vorzunehmen ist; die Ergebnisse der einzelnen Verrechnungen sind sodann wieder zum (einheitlichen) Gewerbeertrag des Unternehmens zusammenzufassen.3 Beim Wegfall der Unternehmeridentität erlangen die vorgenommenen Zurechnungen im Weiteren Bedeutung, um den untergehenden Betrag der Fehlbeträge zu ermitteln. Die individuelle Zurechnung von Verlusten zu Mitunternehmern wird im Jahr der Entstehung von 169 Fehlbeträgen in Satz 4 und der mitunternehmerindividuelle Gewerbeertrag im Anrechnungsjahr für Zwecke des Verlustabzugs in Satz 5 des § 10a GewStG geregelt. Maßgebend für die Zurechnung und den Verlustabzug ist ausschließlich der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel, was iErg. bei Vorhandensein von individuellen Ergebnissen aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen sowie stpfl. Veräußerungsgewinnen zu sachwidrigen Ergebnissen führt. Dem kann aber durch Gewinnverteilungsabreden Rechnung getragen werden.4 Vor Einführung der Sätze 4 und 5 entschied der BFH, dass die Zuweisung des Gewerbeertrages zu 170 jedem Mitunternehmer verursachungsgerecht erfolgen muss. Dies bedeutete, dass dem Mitunternehmer der sich aus der Gesamthandsbilanz der Mitunternehmerschaft ergebende Gewerbeertrag prozentual zugerechnet wurde und bei ihm zusätzlich seine individuellen Ergebnisse aus Ergänzungsund Sonderbilanzen berücksichtigt wurden.5 Die FinVerw. lehnte die vom BFH befürwortete mitunternehmerbezogene Verlustverrechnung stets ab.6 Nach Auffassung der FinVerw. setzt die Berücksichtigung eines Gewerbeverlustes nur voraus, dass bei der Personengesellschaft im Entstehungsjahr ein negativer und im Anrechnungsjahr ein positiver Gewerbeertrag vorliegt, wobei Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben jeweils in die Ermittlung des Gewerbeertrags einzubeziehen sind. Diese Auffassung wurde mit Einführung der Sätze 4 und 5 gesetzlich festgeschrieben, weil die Auffassung des BFH durch den Gesetzgeber in größeren Gesellschaften als nicht handhabbar bzw. streitanfällig angesehen wurde.7 Dabei ordnete § 36 Abs. 9 GewStG idF des JStG 2007 an, dass die Sätze 4 und 5 rückwirkend auch für EZ vor 2007 Anwendung finden sollen (zur verfassungsrechtl. Frage der damit vorliegenden unzulässigen Rückwirkung von Rechtsfolgen s. Rz. 31).

1 Vgl. nur BFH v. 19.12.1957 – IV 666/55 U, BStBl. III 1958, 210; v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, unter C.II.1; v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176; v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BStBl. II 2017, 233 = FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker; R 10a.3 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 45 (Stand: April 2017), Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 67 (Stand: Juli 2015); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 61 (Stand: März 2016); Brauer/ Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 118; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 90. 2 Vgl. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 120a; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 41 (Stand: Juli 2015). 3 BFH v. 16.2.1994 – XI R 50/88, BStBl. II 1994, 364 = FR 1994, 334; v. 16.6.2011 – IV R 11/08, FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt = BFH/NV 2011, 1750 Rz. 12. 4 Ebenso Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 113 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 42 (Stand: Juli 2015). 5 Vgl. BFH v. 16.2.1994 – XI R 50/88, BStBl. II 1994, 364 = FR 1994, 334; v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, FR 2006, 557 m. Anm. Wendt = BFH/NV 2006, 885; v. 8.11.2007 – IV B 171/06, BStBl. II 2008, 380. 6 Vgl. Koordinierter Ländererlass (Nichtanwendungserlass) v. 16.12.1996 – 3 - G 1427/6, BStBl. I 1996, 1392; dazu OFD Köln v. 12.2.1997 – G 1427 - 6 - St 132, DStR 1997, 1046. 7 Vgl. BT-Drucks. 16/3368, 22.

Suchanek/Hesse

631

§ 10a Rz. 171 Gewerbeverlust Beispiel nach OFD Köln:1 Rechtslage vor Geltung von § 10a Sätze 4 und 5 GewStG auf Basis von BFH v. 17.1.20062 KG Gesamt

A (50 %) ./. 100.000

./. 50.000

Sonder-BE (von A)

+ 60.000

+ 60.000

Sonder-BA (von A)

./. 40.000

./. 40.000

Gewerbeertrag

./. 80.000

./. 30.000

B (50 %) ./. 50.000

./. 50.000

171 Ein gesondertes Feststellungsverfahren in Bezug auf die den Mitunternehmern zuzurechnenden

Fehlbeträge, deren Verbrauch oder den wegen fehlender Unternehmeridentität nicht mehr zur Verfügung stehenden Anteil ist dabei allerdings weder in den Sätzen 4 und 5 noch in § 10a Satz 6 GewStG geregelt (s. hierzu Rz. 205),3 was in der Praxis entsprechende Nebenrechnungen erforderlich macht.4 Die Zurechnung zu den Mitunternehmern wird verfahrensrechtlich erst im GewSt-Messbescheid des Anrechnungsjahres umgesetzt.5 Vor dem Hintergrund der damit gegebenen Fehleranfälligkeit ist uE dem Gesetzgeber anzuraten, die Einführung eines Feststellungsverfahrens in Erwägung zu ziehen.6 2. Verlustzurechnung an die Mitunternehmer im Jahr der Entstehung eines Fehlbetrags (Satz 4) a) Regelungsinhalt 172 § 10a Satz 4 Halbs. 1 GewStG ordnet an, dass bei einer Mitunternehmerschaft der sich für die Mit-

unternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen ist. Vorabgewinnanteile sind nach § 10a Satz 4 Halbs. 2 GewStG bei der Zurechnung nach Satz 4 Halbs. 1 nicht zu berücksichtigen. b) Ausgangspunkt: sich insgesamt ergebender Fehlbetrag 173 Jeder Mitunternehmer einer Mitunternehmerschaft ist für sich betrachtet ein Unternehmer und ihm

wird ein Teil des Fehlbetrags der Mitunternehmerschaft zugerechnet. Dennoch ordnet Satz 4 für die Ermittlung des Zurechnungsbetrags zunächst die Ermittlung des sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebenden Fehlbetrags an, da der Verlustabzug bei einer Mitunternehmerschaft im Anrechnungsjahr voraussetzt, dass die Mitunternehmerschaft im Entstehungsjahr insgesamt einen negativen Gewerbeertrag (Fehlbetrag) erwirtschaftet hat.7 Dieser umfasst selbstverständlich auch die Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen der Mitunternehmer.8 Entsprechendes gilt für Hinzurechnungen und Kürzungen nach §§ 8, 9 GewStG9 sowie einen nach § 7 Satz 2 GewStG stpfl. Ver-

1 2 3 4 5

6 7 8 9

Vgl. OFD Köln v. 12.2.1997 – G 1427 - 6 - St 132, DStR 1997, 1046. BFH v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, FR 2006, 557 m. Anm. Wendt = BFH/NV 2006, 885. BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 18 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. Vgl. auch Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 119 (Stand: März 2016); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 383 (Stand: April 2017). BFH v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 15; v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 17 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt; FG Berlin-Bdb. v. 26.6.2007 – 6 K 6317/06 B, rkr., EFG 2007, 1718; FG Köln v. 20.1.2016 – 10 K 2841/13, rkr., EFG 2016, 667; v. 29.9.2016 – 10 K 1180/13, EFG 2017, 320 – Rev. IV R 59/16; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 119 (Stand: März 2016); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 383 mwN (Stand: April 2017). Ebenso Wendt, FR 2011, 1111; Suck, FR 2011, 1111 (1112). Vgl. insoweit auch BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 360 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 120a. Vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 359 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 42 (Stand: Juli 2015). Vgl. Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 73.

632

Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 175 § 10a

äußerungsgewinn.1 Im Umkehrschluss folgt daraus, dass Satz 4 zur Gänze unanwendbar bleibt und eine Verlustfeststellung nach § 10a Satz 6 GewStG unterbleibt, wenn unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus Sonder- und Ergänzungsbereich, stpfl. Veräußerungen sowie Hinzurechnungen nach § 8 GewStG im Entstehungsjahr insgesamt kein Fehlbetrag erwirtschaftet wurde. Beispiel: Gewinnverteilung KG

A (50 %)

Gesamt

./. 50.000

./. 25.000

Sonder-BE (von A)

+ 80.000

+ 80.000

Sonder-BA (von B)

./. 10.000

Gewerbeertrag

+ 20.000

B (50 %) ./. 25.000

./. 10.000 + 55.000

./. 35.000

Lösung: Obwohl Gesellschafter B einen Verlust von ./. 35.000 erwirtschaftet hat, ist ihm kein Fehlbetrag nach Maßgabe des Satzes 4 Halbs. 1 zuzurechnen, da die Personengesellschaft keinen sich insgesamt ergebenden Fehlbetrag aufweist. Folglich findet auch keine Verlustfeststellung auf das Ende des EZ nach § 10a Satz 6 GewStG statt.

c) Zurechnung nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel Der sich insgesamt ergebende negative Gewerbeertrag wird den Mitunternehmern anhand des sich 174 aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet, sofern dieser auch stl. anzuerkennen ist.2 Die gesellschaftsrechtliche Beteiligungshöhe eines Mitunternehmers ist damit für die Verlustzuweisung unbeachtlich, wenn sie nicht dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel entspricht. Entsprechendes gilt, wenn etwaige Einlagen in Personengesellschaften nicht geleistet wurden, aber der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel hiervon unberührt bleibt.3 Da das Gesetz auf den sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Gewinnverteilungsschlüssel ab- 175 stellt, beeinflusst das Ergebnis von Ergänzungs- und Sonderbilanzen sowie das Ergebnis aus stpfl. Veräußerungen nach § 7 Satz 2 GewStG und § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG zwar die Höhe des Fehlbetrags der Mitunternehmerschaft, es kommt jedoch nicht zu einer unmittelbaren individuellen Zurechnung der entsprechenden Ergebnisse beim betroffenen Mitunternehmer.4 Beispiel 1 unter Anpassung nach OFD Köln:5 Aktuelle Rechtslage (nach JStG 2007) KG

A (50 %)

Gesamthand

./. 100.000

Nach § 7 Satz 2 GewStG stpfl. Veräußerungsverlust (von B) zum Ende des EZ

./. 200.000

Sonder-BE (von A)

+ 60.000

Sonder-BA (von A)

./. 40.000

Gewerbeertrag

./. 280.000

./. 140.000

B (50 %)

./. 140.000

1 Ebenso Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2017/2018, 613 (619 ff.); Ley, KÖSDI 2013, 18366 (18376 f.); Neu/Hamacher, GmbHR 2014, 841 (845). 2 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 359 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 10a GewStG Rz. 42 (Stand: Juli 2015). 3 FG Sachs. v. 9.4.2014 – 8 K 170/13, rkr., GmbHR 2014, 726 Rz. 16; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 120a. 4 Vgl. Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 68; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 359 (Stand: April 2017). 5 Vgl. OFD Köln v. 12.2.1997 – G 1427 - 6 - St 132, DStR 1997, 1046.

Suchanek/Hesse

633

§ 10a Rz. 176 Gewerbeverlust Lösung: Dem A wird die Hälfte des durch B erwirtschafteten Veräußerungsverlusts zugerechnet und steht diesem zukünftig für den Verlustabzug zur Verfügung. Der Verlust des B geht im Weiteren wegen fehlender Unternehmeridentität unter.

176 Bei doppelstöckigen Personengesellschaften ist die Obergesellschaft Mitunternehmerin der Unter-

gesellschaft. Jedoch stehen gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbaren Gesellschafter gleich. So können Mitunternehmer der Obergesellschaft auch Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebseinnahmen bei der Untergesellschaft haben. Er ist somit (Sonder-)mitunternehmer der Unterpersonengesellschaft1 für Sonderbetriebsvermögens- bzw. Sondervergütungszwecke. Diese Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben werden bei der Berechnung des Gewerbeertrags berücksichtigt und führen beim mittelbaren Mitunternehmer zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Ein Verlustabzug ist jedoch grds. nur im Rahmen seines Sonderbetriebsvermögensbereichs zulässig.2 Jedoch erfolgt die Verteilung des Fehlbetrags nach Satz 4 nur auf die direkten Gesellschafter gem. dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel. Dem mittelbaren Gesellschafter wird folglich kein Gewerbeverlust zugeordnet, da er bei Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels unberücksichtigt bleibt. Beispiel 2: KG Gesamt Sonder-BA (von C) Fehlbetrag

./. 100.000

A (50 %)

B (50 %)

./. 50.000

./. 50.000

./. 70.000

./. 70.000

C (Sonder-MU)

./. 40.000 ./. 140.000

d) Nichtberücksichtigung von Vorabgewinnanteilen 177 Vorabgewinne sind nach Satz 4 Halbs. 2 für die Höhe der Verlustzurechnung ohne Bedeutung. Die

Ergänzung des Gesetzestexts, dass Vorabgewinne bei der Zurechnung des Fehlbetrags nicht berücksichtigt werden dürfen, hat uE nur klarstellenden Charakter, da allein der Gewinnverteilungsschlüssel maßgeblich für die Zurechnung des Fehlbetrags ist und ein Vorabgewinn keine Auswirkung auf die Verlustzuteilung hat.3 3. Abzug der den Mitunternehmern zugerechneten Fehlbeträge (Satz 5) a) Regelungsinhalt 178 Satz 5 Halbs. 1 regelt, dass für den Abzug der den Mitunternehmern zugerechneten Fehlbeträge nach

Maßgabe von § 10a Sätze 1 und 2 GewStG der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende maßgebende Gewerbeertrag sowie der Höchstbetrag nach Satz 1 den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag für das Abzugsjahr ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen sind. Wie im Anwendungsbereich von Satz 4 (s. Rz. 177) sind nach Satz 5 Halbs. 2 Vorabgewinnanteile nicht zu berücksichtigen. b) Zurechnung des maßgebenden Gewerbeertrags und des Höchstbetrags nach § 10a Satz 1 179 Der Verlustabzug setzt voraus, dass auf Ebene der Mitunternehmerschaft im Entstehungsjahr ein ne-

gativer und im Abzugsjahr ein positiver Gewerbeertrag vorliegt.4 Entsprechend der Zurechnung des Fehlbetrags nach § 10a Satz 4 GewStG ordnet Satz 5 Halbs. 1 die mitunternehmerbezogene Auf1 Siehe auch Wacker in Schmidt37, § 15 EStG Rz. 612. 2 BFH v. 31.8.1999 – VIII B 74/99, BStBl. II 1999, 794 = FR 1999, 1309 m. Anm. Wendt; v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731 = FR 2001, 77 m. Anm. Wendt; v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 11. 3 Vgl. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a Rz. 120d; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 359 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 72. 4 R 10a.3 Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009.

634

Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 180 § 10a

teilung des gesamten Gewerbeertrags für Zwecke des Verlustabzugs an. Maßgebend für dessen Zurechnung ist wie in Satz 4 Halbs. 1 ausschließlich der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel, sofern er stl. anzuerkennen ist (s. hierzu Rz. 174). Individuelle Ergebnisse aus Ergänzungs- und Sonderbilanzen sowie ein stpfl. Veräußerungsgewinn1 bleiben auch bei der Zurechnung des Gewerbeertrags unberücksichtigt. Der positive Gewerbeertrag wird sodann entsprechend der Sätze 1 und 2 mit dem Fehlbetrag verrechnet. Beispiel (Veräußerungsgewinn): Die AB-OHG macht im Jahr 05 ein Ergebnis von 1.300.000 Euro. A ist zu 50 % beteiligt und ihm ist aus den Vorjahren ein Fehlbetrag von 450.000 Euro zuzurechnen. Die B-KG hält die übrigen 50 % und hat ebenfalls einen vortragsfähigen Fehlbetrag von 450.000 Euro. Sie veräußert ihre Beteiligung mit Wirkung zum 31.12.05 unter Generierung eines Veräußerungsgewinns von 400.000 Euro an C. Lösung: A (50 %)

B-KG (50 %)

C

Gewerbeertrag Gesamthand

650.000

650.000

Veräußerungsgewinn

200.000

200.000

Gewerbeertrag vor Verlustabzug

850.000

850.000

./. 450.000

./. 450.000

Abzug Sockelbetrag Gewerbeertrag vor Satz 2

0

0

Kürzung nach Satz 2 (60 %)

0

0

400.000

400.000

0

0

Gewerbeertrag des EZ vortragsfähige Fehlbeträge

Der Veräußerungsgewinn, der ausschließlich durch die B-KG erwirtschaftet wird, wird aufgrund der Anordnung des § 10a Satz 5 Halbs. 1 GewStG für Zwecke des Verlustabzugs hälftig dem A zugerechnet und mindert zur Gänze dessen vortragsfähige Fehlbeträge.

Für die Zurechnung des Höchstbetrags nach Satz 1 (Sockelbetrag von 1 Mio. Euro, der unein- 180 geschränkt abziehbar ist) an die Mitunternehmer wird ebenfalls nur auf den allgemeinen, stl. anzuerkennenden Gewinnverteilungsschlüssel abgestellt. Die direkte Zurechnung des Höchstbetrags zu den einzelnen Mitunternehmern ist im Vergleich zum direkten Abzug auf Ebene der Mitunternehmerschaft immer dann von Nachteil, wenn der einem Mitunternehmer zugerechnete Teil des Höchstbetrags nach Satz 1 höher ist als seine Verlustvorträge.2 Beispiel 1: Die ABC-OHG macht im Jahr 05 einen Gewinn von 1.300.000 Euro. A ist zu 25 % beteiligt und ihm ist aus den Vorjahren ein Fehlbetrag von 450.000 Euro zuzurechnen. B hat eine Beteiligung von 25 % und einen vortragsfähigen Fehlbetrag von 600.000 Euro. C hat seinen Anteil von 50 % zu Beginn des Jahres 05 erworben, sodass er keine Verlustvorträge als Mitunternehmer der ABC-OHG hat. Lösung: positiver Gewerbeertrag zugerechneter Höchstbetrag nach Satz 1 verbleibender Gewerbeertrag

A (25 %) 325.000 ./. 250.000 75.000

B (25 %) 325.000 ./. 250.000 75.000

C (50 %) 750.000 (./. 500.000) 750.000

A und B werden jeweils 25 % des Höchstbetrags nach Satz 1 zugerechnet. Auf C entfällt ein Anteil von 50 %, wobei er selbst keine Verlustvorträge hat. Durch die direkte Zurechnung des Höchstbetrags anhand des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels unterliegen 150.000 Euro der Mindestbesteuerung von 60 % bei A und B. Der Anteil von C unterliegt mangels Verlustvorträge vollständig der Besteuerung. Würde der Höchstbetrag nach Satz 1 nicht

1 Vgl. auch Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2017/2018, 613 (619 ff.); Heinemann, JbFfSt. 2017/2018, 624; Ley, KÖSDI 2013, 18366 (18376 f.); Neu/Hamacher, GmbHR 2014, 841 (845). 2 Vgl. auch R 10a.3 Abs. 3 Satz 6 ff. GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 365 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 120c; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 44 (Stand: Juli 2015).

Suchanek/Hesse

635

§ 10a Rz. 181 Gewerbeverlust nach dem Gewinnverteilungsschlüssel verteilt, so könnten die Verluste von A und B vollständig zur Kompensation des auf die beiden Gesellschafter entfallenden positiven Gewerbeertrags genutzt werden.

181 Auch bei der Zurechnung des Gewerbeertrags sowie des Sockelbetrags nach Satz 1 für Zwecke des

Verlustabzugs nach Satz 5 Halbs. 1 ergibt sich die Verwerfung für die Ergebnisse des Sonderbereichs eines „mittelbaren“ Mitunternehmers im Fall der doppelstöckigen Personengesellschaft (s. zur nicht stattfindenden Zurechnung eines Fehlbetrags nach Satz 4 Halbs. 1 Rz. 176). Ihm wird konsequenterweise auch im Anwendungsbereich von Satz 5 Halbs. 1 kein Gewerbeertrag sowie kein Anteil am Sockelbetrag nach Satz 1 zugerechnet. Ein Verlustabzug findet folglich in Bezug auf ihn auch nicht statt. Beispiel 2: Die AB-OHG macht im Jahr 05 einen Gewinn von 1.300.000 Euro. A ist zu 50 % beteiligt und ihm ist aus den Vorjahren ein Fehlbetrag von 450.000 Euro zuzurechnen. Die B-KG hält die übrigen 50 % und hat einen vortragsfähigen Fehlbetrag von 600.000 Euro. Der Kommanditist B der B-KG hat der AB OHG zuzuordnende Finanzierungsaufwendungen von 50.000 Euro. Lösung: Gewerbeertrag Gesamthand Finanzierungsaufwendungen B Gewerbeertrag vor Verlustabzug Abzug Sockelbetrag Gewerbeertrag vor Satz 2 Kürzung nach Satz 2 (60 %) Gewerbeertrag des EZ vortragsfähige Fehlbeträge

A (50 %) 650.000 ./. 25.000 625.000 ./. 450.000 175.000 0 175.000 0

B-KG (50 %) 650.000 ./. 25.000 625.000 ./. 500.000 125.000 ./. 75.000 50.000 ./. 25.000

B

B nimmt nicht an der Zuordnung des Gewerbeertrags und des Sockelbetrags nach Satz 1 teil. Sie werden dem A und der B-KG nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet. Da A lediglich Fehlbeträge zuzurechnen waren, die niedriger als der Sockelbetrag waren, bleibt ein Betrag von 50.000 Euro insoweit ungenutzt.

c) Nichtberücksichtigung von Vorabgewinnanteilen 182 Wie Satz 4 Halbs. 2 enthält Satz 5 Halbs. 2 die Anordnung, dass bei der Zurechnung des sich insge-

samt ergebenden Gewerbeertrags an die Mitunternehmer Vorabgewinnanteile unberücksichtigt bleiben (zum lediglich klarstellenden Charakter der Regelung s. Rz. 177). 4. Zurechnung von fehlerhaft festgestellten Fehlbeträgen 183 Nach § 10a Satz 6 GewStG wird die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge zum Ende des EZ aus-

schließlich für die Mitunternehmerschaft festgestellt (s. hierzu ausf. Rz. 205).1 Die Zurechnung zu den Mitunternehmern wird verfahrensrechtlich erst im GewSt-Messbescheid des Anrechnungsjahres umgesetzt (s. hierzu auch Rz. 171), sodass eine fehlerhaft unterbliebene Kürzung von Fehlbeträgen im Verlustfeststellungsbescheid nach Satz 6 – zB wegen fehlender Unternehmeridentität – dazu führt, dass der Fehlbetrag den verbleibenden Gesellschaftern zur Kürzung von zukünftigen Gewerbeerträgen zur Verfügung steht.2 Dieser zu Unrecht festgestellte Betrag der Personengesellschaft darf jedoch nicht unabhängig vom Gesellschafterbestand genutzt werden. Er ist vielmehr den verbleibenden Gesellschaftern anhand des allgemeinen, stl. anzuerkennenden Gewinnverteilungsschlüssels anteilig zuzurechnen.3 Die Entsch. des BFH v. 16.6.20114 spricht zwar von einer Aufteilung nach Maßgabe 1 BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 17 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. 2 BFH v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 15; v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 17 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt; FG Berlin-Bdb. v. 26.6.2007 – 6 K 6317/06 B, rkr., EFG 2007, 1718; FG Köln v. 20.1.2016 – 10 K 2841/13, rkr., EFG 2016, 667; v. 29.9.2016 – 10 K 1180/13, EFG 2017, 320 – Rev. IV R 59/16; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 119 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 44 (Stand: Juli 2015); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 383 mwN (Stand: April 2017). 3 BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 19 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. 4 BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt (strittig waren die EZ 1997 bis 2000).

636

Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 184 § 10a

der Beteiligungsquote. Wegen der seit dem EZ 2004 gültigen Verteilung von Fehlbeträgen auf Basis des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels nach Satz 4 Halbs. 1 ist aber uE zumindest ab dem EZ 2004 ausschließlich eine Zurechnung nach diesem möglich (zur Unbeachtlichkeit der Beteiligungsquote bei Satz 4 s. Rz. 174). Beispiel: Für die ABC-OHG wird zum 31.12.01 ein Fehlbetrag von 1.000.000 Euro festgestellt, der entsprechend des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zu 25 % auf A, zu 25 % auf B und zu 50 % auf C entfällt. Zum 1.1.02 veräußert C seinen Anteil jeweils hälftig an A und B. Im Jahr 02 wird ein weiterer Fehlbetrag von 200.000 Euro erwirtschaftet und auf den 31.12.02 wird ein Fehlbetrag von 1.200.000 Euro festgestellt. Der durch den Austritt des C verursachte Verlust der Unternehmeridentität wird folglich nicht in dem Verlustfeststellungsbescheid umgesetzt. Lösung: Fehlbetrag zum 31.12.01 grds. Verlustuntergang Fehlbetrag 02 „fehlerhafter“ Fehlbetrag Fehlbetrag zum 31.12.02

A ./. 250.000

B ./. 250.000

./. 100.000 ./. 250.000 ./. 600.000

./. 100.000 ./. 250.000 ./. 600.000

C ./. 500.000 500.000

Der zu Unrecht nicht untergehende Fehlbetrag iHv. 500.000 Euro, der bis dato auf C entfiel, wird hälftig auf A und B verteilt, da diese insoweit am Gewinn teilnehmen.

5. Fehlbetragskürzung bei Gesellschafterwechsel a) Unterscheidung der Fallgruppen Der Wechsel von Gesellschaftern bei Personengesellschaften führt aufgrund des Wegfalls der Unter- 184 nehmeridentität grds. zum Untergang des auf den Gesellschafter entfallenden Verlustvortrags (s. hierzu Rz. 105).1 Für die tatsächliche Verlustverrechnung nach § 10a Sätze 4 und 5 GewStG sind die folgenden zwei Fälle zu unterscheiden: 1) Sämtliche Anteilseigner der Personengesellschaft wechseln, wodurch es zu einer fiktiven Beendigung des Gewerbebetriebs nach § 2 Abs. 5 GewStG kommt. 2) Wechsel eines Mitunternehmers oder Austritt, wodurch die sachliche GewStPfl. der Personengesellschaft nicht berührt wird.2 Eine Verbesserung der Verlustnutzungsmöglichkeiten lässt sich in diesem Kontext nicht generieren, wenn der Gesellschafterwechsel stufenweise erfolgt.3 Beispiel:4 Der vortragsfähige Gewerbeverlust der A-OHG belief sich zum 31.12.01 auf 600. An der A-OHG waren zum 31.12.01 die Gesellschafter A, B, C und D zu je 25 % beteiligt. Mit Wirkung zum 1.1.02 veräußert D einen Anteil von 20 % an A, sodass D noch zu 5 % an der A-OHG beteiligt blieb. In 02 erzielte die A-OHG einen Gewerbeverlust von 200. Zum 31.12.02 veräußert D auch seinen restlichen Mitunternehmeranteil von 5 % an A. Lösung: Die Veräußerung der 20 % von D an A führt zunächst zu keinem Verlustuntergang, da der übertragende Gesellschafter weiterhin als Mitunternehmer an der Personengesellschaft beteiligt bleibt. Durch die Veräußerung der verbleibenden 5 % scheidet D vollständig aus der Mitunternehmerschaft aus. Der insgesamt auf D entfallende Verlust geht damit unter. Es entfällt der Verlustabzug anteilig mit der Quote, mit der D im EZ der Verlustfeststellung an dem Gewerbeverlust beteiligt war. Der Umfang der Beteiligung zum Zeitpunkt des Ausscheidens (5 %) ist für den Verlustuntergang nicht maßgebend. Der entfallende Verlustabzug errechnet sich wie folgt: 25 % von 600 = 150 (bis 31.12.01) 5 % von 200 = 10 (für das Jahr 02) insgesamt untergehender Fehlbetrag: 160

1 R 10a.3 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009. 2 Vgl. BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann. 3 OFD Köln v. 12.5.1998 – G 1427 - 6 - St 132, DStR 1998, 1472; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 364 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 46a (Stand: Juli 2015); Pyszka, DStR 1997, 1823 (1825 f.); Pyszka, DStR 1997, 1073; Herzig/Förster/Förster, DStR 1996, 1025 (1026 ff.); aA Weßling, INF 1994, 686 (688 f.). 4 Vgl. OFD Köln v. 12.5.1998 – G 1427 - 6 - St 132, DStR 1998, 1472.

Suchanek/Hesse

637

§ 10a Rz. 185 Gewerbeverlust b) Vollständiger Gesellschafterwechsel 185 Im ersten Fall wechseln sämtliche Mitunternehmer zeitgleich, wodurch es zur Übertragung des Ge-

werbebetriebs im Ganzen auf einen anderen Unternehmer kommt. Der Betrieb gilt in diesem Fall nach § 2 Abs. 5 GewStG als durch den bisherigen Unternehmer (fiktiv) eingestellt und durch den anderen Unternehmer neu gegründet,1 sofern er beim Betriebsübernehmer nicht mit einem bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird. In diesem Fall kommt es nach § 14 Satz 3 GewStG zu zwei abgekürzten EZ (s. hierzu auch Rz. 212).2 Je nach Perspektive endet bzw. beginnt die sachliche GewStPfl. der Personengesellschaft im laufenden Kj. Dementsprechend ist jeweils ein gesonderter Gewerbeertrag für den Zeitraum vor und nach dem Wechsel zu ermitteln und es ergehen zwei gesonderte GewSt-Messbescheide.3 Gewinne, die bis zum Übertragungsstichtag entstanden sind, können vollständig mit Fehlbeträgen verrechnet werden. c) Wechsel eines oder mehrerer, aber nicht aller Gesellschafter aa) Austritt zum Ende oder zu Beginn eines Erhebungszeitraums 186 Erfolgt der Austritt des Mitunternehmers zum Ende eines Wj., ergeben sich für die Ermittlung des

Gewerbeertrags des EZ des Ausscheidenden keine Besonderheiten.4 Ein im Jahr des Ausscheidens sich ergebender positiver Gewerbeertrag kann nach Maßgabe der Sätze 4 und 5 mit einem eventuell bestehenden vorgetragenen Fehlbetrag unter Beachtung der Mindestbesteuerung verrechnet werden. Der nach dem Ausscheiden des Mitunternehmers festzustellende Fehlbetrag ermittelt sich wie folgt:5 Bestand zu Beginn des Jahres ./. Anteil, der auf den ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt, soweit er nicht bis zum Ausscheiden verbraucht ist ./. Verlustabzug im EZ + Gewerbeverlust des EZ vortragsfähiger Gewerbeverlust zum Ende des Jahres Endet das Jahr des Ausscheidens mit einem positiven Gewerbeertrag, fällt der auf den ausscheidenden Mitunternehmer entfallende vortragsfähige Gewerbeverlust aus Vorjahren nach Verrechnung mit dem positiven Gewerbeertrag des Ausscheidensjahres weg. Im Fall eines negativen Gewerbeertrags ist der Verlustabzug um den Anteil des Ausgeschiedenen zu kürzen6 und nur der um den Anteil des Ausgeschiedenen gekürzte laufende Fehlbetrag festzustellen. Die vorstehend beschriebenen Grundsätze bei Ausscheiden eines Mitunternehmers zum Ende eines EZ gelten entsprechend beim Ausscheiden mit Beginn des EZ, da analog zu § 2 Abs. 5 GewStG die sachliche StPfl. des Gesellschafters mit Beginn des Jahres endet und ihm keine Gewinne oder Verluste im Ausscheidensjahr zuzurechnen sind.7 bb) Unterjähriger Gesellschafterwechsel (1) Gleichstellung des Mitunternehmers mit dem Einzelunternehmer (Gleichstellungsthese) 187 Im zweiten Fall (s. Rz. 184), in dem nur ein oder mehrere, aber nicht alle Gesellschafter wechseln, gilt

die Fiktion des § 2 Abs. 5 GewStG nicht.8 In dieser Fallkonstellation verbleibt also mindestens ein Gesellschafter in der Personengesellschaft. Auf eine Kapital- oder Gewinnbeteiligung des verbleibenden Gesellschafters kommt es dabei nicht an.9 § 14 Satz 3 GewStG, der zu einem abgekürzten EZ 1 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C.III.9; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477; v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann; R 2.7 Abs. 2 GewStR 2009. 2 Vgl. FG Ba-Wü. v. 18.5.2017 – 1 K 3691/15, EFG 2017, 1183 Rz. 44 – Rev. IV R 8/17. 3 Vgl. Neu/Hamacher, GmbHR 2014, 841 (844). 4 Siehe auch Ley, KÖSDI 2013, 18366 (18375). 5 Vgl. Ley, KÖSDI 2013, 18366 (18376). 6 Vgl. BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843. 7 Ebenso Ley, KÖSDI 2013, 18366 (18376). 8 R 2.7 Abs. 2 GewStR 2009. 9 FG Ba-Wü. v. 18.5.2017 – 1 K 3691/15, EFG 2017, 1183 Rz. 46 – Rev. IV R 8/17.

638

Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 189 § 10a

führt, findet in der Folge keine Anwendung, da der Betrieb der Personengesellschaft fortgeführt wird, wenn ein Gesellschafterwechsel innerhalb eines EZ erfolgt.1 Dementsprechend wäre eine Verlustverrechnung und ein Verlustabzug für den ausscheidenden Mitunternehmer bei Zugrundelegung der allgemeinen Grundsätze nicht möglich, da die GewSt nach § 18 GewStG erst mit Ablauf des EZ entsteht, was mit einer Verrechnung und einem Abzug von Verlusten erst zu diesem Stichtag verbunden wäre.2 Dies verkennt jedoch, dass die Rspr. des BFH3 bzgl. des Wegfalls des Verlustabzugs gem. § 10a GewStG beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft auf der grundlegenden Annahme beruht, dass der partielle Unternehmerwechsel im Grundsatz dem Wechsel des Alleinunternehmers auch bei der Anwendung des § 10a GewStG gleichgestellt werden muss. Diese Gleichstellung muss dann aber konsequenterweise auch insoweit erfolgen, als der partielle Unternehmerwechsel unterjährig stattfindet. Der Übergang des Gewerbebetriebs auf einen anderen Unternehmer wäre beim Alleinunternehmer gem. § 2 Abs. 5 GewStG als Betriebseinstellung und beim Übernehmer als Neugründung zu beurteilen. Bis zur unterjährigen Betriebseinstellung erzielte positive Gewerbeerträge könnten daher mit früheren Verlusten des übertragenden Unternehmers verrechnet werden. Die Gleichstellung erfordert es daher, dass der positive Gewerbeertrag, der bis zum Ausscheiden des Mitunternehmers entstanden ist, ebenfalls um Verluste früherer Jahre gekürzt werden kann. Da der Gewerbebetrieb bei partiellem (Mit-)Unternehmerwechsel jedoch nicht als eingestellt gilt, sind diese positiven Gewerbeerträge zunächst mit etwaigen Verlusten, die nach dem Ausscheiden des Mitunternehmers entstanden sind, zu verrechnen.4 (2) Intraperiodische Verlustverrechnung Bei einem unterjährigen Gesellschafterwechsel wird der Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft für 188 den gesamten EZ, in dem der Mitunternehmerwechsel stattfindet, einheitlich ermittelt.5 Denn anders als im Fall des Unternehmerwechsels wird die sachliche GewStPfl. bei einem Gesellschafterwechsel nicht unterbrochen. Der nach dem Gesellschafterwechsel entstandene Verlust wird mit dem vor dem Gesellschafterwechsel entstandenen Gewinn und umgekehrt verrechnet.6 Selbiges Ergebnis ergibt sich, wenn die Personengesellschaft ein abweichendes Wj. hat. Zwar wird in diesem Fall ein Gewerbeertrag erst zum Ende des Kj. festgestellt (§ 10 Abs. 2 GewStG), dies führt jedoch zu keiner abweichenden Beurteilung. Alleinige Besonderheit in diesem Fall ist, dass der EZ der Feststellung des Gewerbeertrags beim Austritt eines Mitunternehmers und das Kj. des Austritts selbst voneinander abweichen können. Beispiel: A und B sind zu jeweils 50 % an der AB-OHG beteiligt. Die AB-OHG hat ein abweichendes Wj. vom 1.7. bis 30.6. Zum 30.6.02 erwirtschaftet die AB-OHG einen Fehlbetrag von 1 Mio. Euro. Am 1.10.02 veräußert A seinen Anteil an den C. Lösung: Der Fehlbetrag der AB-OHG wird zum 31.12.02 iHv. 1 Mio. Euro festgestellt. A kann einen auf ihn entfallenden positiven Gewerbeertrag, der bis zum 1.10.02 entstanden ist, verrechnen, sofern der Gewerbeertrag der AB-OHG im EZ 03 positiv ist. Die entsprechende Feststellung erfolgt erst zum 31.12.03.

Die für diese Zwecke erforderliche Aufteilung des einheitlich ermittelten positiven oder negativen 189 Gewerbeertrags kann dann nach Auffassung der FinVerw. zeitanteilig erfolgen, sofern dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt.7

1 Vgl. BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann; v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 99. 2 Siehe auch Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 368a (Stand: April 2017). 3 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 unter C.III.9; v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843. 4 BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann. 5 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 9 Satz 1 GewStR 2009; Pieper in Lippross/Seibel, § 10a GewStG Rz. 6 (Stand: Februar 2017). 6 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 9 Satz 1 GewStR 2009; BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 369 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 46 (Stand: Juli 2015); aA Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 83. 7 Vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 9 Satz 3 GewStR 2009.

Suchanek/Hesse

639

§ 10a Rz. 190 Gewerbeverlust Beispiel 1 (Auffassung der FinVerw.):1 A und B sind zu je 25 % und C zu 50 % an der ABC-KG beteiligt. C scheidet zum 30.6.01 aus. Im EZ 01 ergibt sich ein Fehlbetrag von insgesamt 400. Dieser setzt sich aus einem positiven Gewerbeertrag von 200 vor dem Ausscheiden von C und einem Verlust von 600 nach dem Ausscheiden zusammen. Lösung: bis 30.6.01 ab 1.7.01 vortragsfähiger Gewerbeverlust aus Vorjahren Gewerbeertrag bis 30.6.01 6/12 von ./. 400 Gewerbeertrag ab 1.7.01 6/12 von ./. 400 Fehlbetragsuntergang Fehlbeträge 31.12.01

A 25 % 50 %

B 25 % 50 %

C 50 %

Summe

./. 400

./. 400

./. 800

./. 1.600

./. 50

./. 50

./. 100

./. 200

./. 100 ./. 150 0 ./. 550

./. 100 ./. 150 0 ./. 550

./.100 900 0

./. 200 ./. 400 900 ./. 1.100

190 Der BFH hingegen verneint explizit eine zeitanteilige Aufteilung.2 Eine Verlustverrechnung ist grds.

nur hinsichtlich des tatsächlich bis zum Ausscheiden des Mitunternehmers erzielten positiven Gewerbeertrags möglich. Dies erfordert folglich eine separate (unterjährige) Ermittlung des bis zum Ausscheidungszeitpunkt angefallenen Gewerbeertrags.3 Nach der Rspr. des BFH muss daher ein Zwischenabschluss zum Tag des Ausscheidens des Gesellschafters erstellt werden oder eine Aufteilung muss nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen. Ferner sind positive Gewerbeerträge zunächst mit etwaigen Fehlbeträgen, die nach dem Ausscheiden des Mitunternehmers entstanden sind, zu verrechnen.4 Dies hat zur Konsequenz, dass eine Verrechnung zwischen den Mitunternehmern erfolgen muss. Somit wird iErg. auch ein Gewerbeertrag des Ausscheidenden mit Fehlbeträgen verrechnet, die eigentlich den verbleibenden Gesellschaftern zuzurechnen sind. Dies beinhaltet insbes. auch einen nach § 7 Satz 2 GewStG, § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG stpfl. Veräußerungsgewinn, der den Mitunternehmern nach dem allg. Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet wird.5 Beispiel 2 (Auffassung BFH):6 Sachverhalt wie in Beispiel 1. Lösung: bis 30.6.01 ab 1.7.01 vortragsfähiger Gewerbeverlust aus Vorjahren Gewerbeertrag bis 30.6.01 Fehlbetrag ab 1.7.01 Zwischenergebnis 01 Verrechnung unter den Gesellschaftern Veränderung des Verlustvortrags Fehlbetragsuntergang Fehlbeträge 31.12.01

A 25 % 50 %

B 25 % 50 %

C 50 %

Summe

./. 400 50 ./. 300 ./. 250

./. 400 50 ./. 300 ./. 250

./. 800 100

./. 1.600 200 ./. 600 ./. 400

50

50

./. 100

./. 200 0 ./. 600

./. 200 0 ./. 600

0 800 0

100

./. 400 800 ./. 1.200

191 Alternativ zur Berechnung des BFH ist aber auch eine Verrechnung des Verlustes ohne Verrechnung

unter den Gesellschaftern als Lösungsmöglichkeit denkbar. Diese Berechnungsweise wird uE der 1 2 3 4

Bsp. in Anlehnung an Ley, KÖSDI 2013, 18366. BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843. Vgl. BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843. Vgl. BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann. 5 Vgl. auch Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2017/2018, 613 (619 ff.); Heinemann, JbFfSt. 2017/2018, 624; Ley, KÖSDI 2013, 18366 (18376 f.); Neu/Hamacher, GmbHR 2014, 841 (845). 6 Bsp. in Anlehnung an Ley, KÖSDI 2013, 18366.

640

Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 193 § 10a

Gleichstellungsthese gerechter,1 da insoweit ausschließlich eine Verlustverrechnung unter den Gesellschaftern stattfände, was dem vom BFH2 zurate gezogenen Vergleich mit dem Einzelunternehmer näher käme. Beispiel 3 (Gleichstellungsthese):3 Sachverhalt wie in Beispiel 1. Lösung: bis 30.6.01 ab 1.7.01 vortragsfähiger Gewerbeverlust aus Vorjahren Gewerbeertrag bis 30.6.01 Fehlbetrag ab 1.7.01 Gewerbeertrag pro Gesellschafter Verlustabzug Fehlbetragsuntergang Fehlbeträge 31.12.01

A 25 % 50 %

B 25 % 50 %

C 50 %

Summe

./. 400 50 ./. 300

./. 400 50 ./. 300

./. 800 100

./. 1.600 200 ./. 600

./. 250 0 0 ./. 650

./. 250 0 0 ./. 650

100 ./. 100 700 0

./. 100 700 ./. 1.300

Diese Berechnungsweise läuft jedoch derzeit der Rspr. des BFH4 zuwider, wonach positive Gewerbeerträge, die bis zum Ausscheiden erwirtschaftet wurden, zunächst mit etwaigen Fehlbeträgen, die nach dem Ausscheiden des Mitunternehmers entstanden sind, zu verrechnen sind. Es ist zu hoffen, dass der BFH seine diesbezügliche Rspr. noch einmal überdenkt.

(3) Interperiodischer Verlustabzug Die Gleichstellungsthese (s. Rz. 187) ist auch beim interperiodischen Verlustabzug zu beachten. Da- 192 her kann auch bei diesem ein bis zum Ausscheiden erzielter Gewinn noch um die auf den Ausscheidenden entfallenden Fehlbeträge vorangegangener EZ gekürzt werden.5 Dabei ist ebenso ein etwaiger Gewinn nach § 7 Satz 2 GewStG bzw. § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG dem Zeitraum vor dem Unternehmerwechsel zuzuordnen. Denn die Tatsache, dass § 7 Satz 2 GewStG und § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG eine Zurechnung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns zum Gewerbeertrag der Personengesellschaft vornehmen, impliziert eine Entstehung des jeweiligen Gewinns vor dem Ausscheiden des Gesellschafters.6 Im Zusammenhang mit der Verlustverrechnung bei einem unterjährigen Gesellschafterwechsel ist 193 bislang vom BFH auch noch nicht die Frage entschieden, wie der Höchstbetrag nach § 10a Satz 1 GewStG iHv. 1 Mio. Euro aufzuteilen ist. Nach Auffassung des FG Baden-Württemberg7 ist der Höchstbetrag auf die Zeit vor und nach dem Gesellschafterwechsel zeitanteilig aufzuteilen, weil der Höchstbetrag nicht auf der Ebene der Mitunternehmerschaft, sondern auf der Ebene der Mitunternehmer angewendet wird. Beispiel 1: A und B sind an der A & B-OHG zu jeweils 50 % am Gewinn beteiligt. Beide Gesellschafter haben einen gewstl. Verlustvortrag von 2 Mio. Euro zum 31.12.01. B verkauft zum 30.6.02 seinen OHG-Anteil an den C. Der Gewerbeertrag der OHG im Jahr 02 beträgt insgesamt 3 Mio. Euro. Dabei sind 2,5 Mio. Euro des Ertrags im Zeitraum bis zum 30.6. angefallen und 500.000 Euro im Zeitraum 30.6.02 bis 31.12.02.

1 2 3 4 5

Vgl. auch Ley, KÖSDI 2013, 18366 (18377). BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843. Bsp. in Anlehnung an Ley, KÖSDI 2013, 18366. BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann. Vgl. BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2009, 843; R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 9 GewStR 2009 sowie das Bsp. in H 10a.3 Abs. 3 GewStH 2009. 6 Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 368 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 99; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 85 ff. mit Berechnungsbeispielen; Füger/Rieger, DStR 2002, 933 (937); Günkel/Levedag, FR 2004, 261 (263). 7 FG Ba-Wü. v. 18.5.2017 – 1 K 3691/15, BB 2017, 1622 (Leitsatz) – Rev. IV R 8/17.

Suchanek/Hesse

641

§ 10a Rz. 194 Gewerbeverlust Lösung: bis 30.6.02 ab 1.7.02 vortragsfähiger Gewerbeverlust zum 31.12.01 Gewerbeertrag bis 30.6.02 Gewerbeertrag ab 1.7.02 Gewerbeertrag (gesamt) vor Fehlbetragskürzung uneingeschränkter Verlustabzug darüber hinaus 60 % Fehlbetragsuntergang Gewerbeertrag nach Fehlbetragskürzung Fehlbeträge 31.12.02

A 50 % 50 %

B 50 %

./. 2.000 1.250 250

./. 2.000 1.250

1.500

C

Summe

50 %

250

./. 4.000 2.500 500

1.250

250

3.000

./. 500 ./. 600

./. 250 ./. 600 1.150

(./. 250)

./. 750 ./. 1.200 1.150

400 ./. 900

400 0

250 0

1.050 ./. 900

194 Alternativ wäre auch eine verursachungsgerechte Aufteilung für den austretenden und den eintre-

tenden Gesellschafter denkbar. Dabei könnte der Sockelbetrag von 1 Mio. Euro nach Satz 1 anhand des Gewerbeertrags, der auf den jeweiligen Gesellschafter im Jahr des Aus- und Eintritts entfällt, aufgeteilt werden. Dies entspricht uE eher dem Gedanken von Satz 5, der eine Aufteilung auf Basis des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels vornimmt. Dies bedeutet für den Fall eines Verlustes vor oder nach dem Gesellschafterwechsel, dass bei der verursachungsgerechten Aufteilung kein Anteil des Sockelbetrags auf den eintretenden (Verlust vor dem Gesellschafterwechsel) oder austretenden Gesellschafter (Verlust nach dem Gesellschafterwechsel) entfällt. Beispiel 2: Sachverhalt wie in Beispiel 1. Lösung: Auf A und B entfallen im ersten Schritt 50 % des Sockelbetrags, mithin also jeweils 500.000 Euro. Für A verbleibt es bei diesem. Für B und C ist eine weitere Aufteilung wie folgt vorzunehmen: B: 500.000 × 1.250.000/1.500.000 = 416.667 (417.000 für Berechnungszwecke) C: 500.000 × 250.000/1.500.000 = 83.333 (83.000 für Berechnungszwecke) A B C Summe bis 30.6.02 50 % 50 % ab 1.7.02 50 % 50 % vortragsfähiger Gewerbeverlust zum 31.12.01 ./. 2.000 ./. 2.000 ./. 4.000 Gewerbeertrag bis 30.6.02 1.250 1.250 2.500 Gewerbeertrag ab 1.7.02 250 250 500 Gewerbeertrag (gesamt) vor Fehlbetragskürzung 1.500 1.250 250 3.000 uneingeschränkter Verlustabzug ./. 500 ./. 417 (./. 83) ./. 917 darüber hinaus 60 % ./. 600 ./. 500 ./. 1.100 Fehlbetragsuntergang 1.083 1.083 Gewerbeertrag nach Fehlbetragskürzung 400 333 250 983 Fehlbeträge 31.12.02 ./. 900 0 0 ./. 900 Beispiel 3: A und B sind an der A & B-OHG zu jeweils 50 % beteiligt. Beide Gesellschafter haben einen gewstl. Verlustvortrag von 2 Mio. Euro zum 31.12.01. B verkauft zum 30.6.02 seinen OHG-Anteil an den C. Der Gewerbeertrag der OHG im Jahr 02 beträgt insgesamt 3 Mio. Euro. Dabei entfallen 4 Mio. Euro auf den Zeitraum bis zum 30.6.02 und ./. 1 Mio. Euro auf den Zeitraum 1.7.02 bis 31.12.02. Lösung: bis 30.6.02 ab 1.7.02 vortragsfähiger Gewerbeverlust zum 31.12.01 Gewerbeertrag bis 30.6.02

642

Suchanek/Hesse

A 50 % 50 %

B 50 %

./. 2.000 2.000

./. 2.000 2.000

C

Summe

50 % ./. 4.000 4.000

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten Gewerbeertrag ab 1.7.02 Gewerbeertrag (gesamt) vor Fehlbetragskürzung Verrechnung unter den Gesellschaftern uneingeschränkter Verlustabzug darüber hinaus 60 % Fehlbetragsuntergang Gewerbeertrag nach Verlustverrechnung Fehlbeträge 31.12.02

./. 500

Rz. 198 § 10a

./. 500

./. 1.000

1.500

2.000

./. 500

3.000

./. 250 ./. 500 ./. 450

./. 250 ./. 500 ./. 750 500

500

0 ./. 1.000 ./. 1.200

300 ./. 1.150

500 0

0

800 ./. 1.150

6. Anrechnung der Gewerbesteuer (§ 35 EStG) § 35 EStG bewirkt grds. eine pauschalierte Anrechnung der GewSt auf die ESt eines Einzel- oder Mit- 195 unternehmers. Entgegen der bisherigen Auffassung des BMF1 hat der BFH in seinen Urt. vom 14.1.20162 entschieden, dass der auf einen Veräußerungsgewinn eines Mitunternehmeranteils entfallende Anteil am GewSt-Messbetrag nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Mitunternehmer zu verteilen ist, und zwar nur auf die Mitunternehmer, die zum Zeitpunkt der Entstehung der GewSt an der Personengesellschaft beteiligt sind. Nur diese werden wirtschaftlich über die Personengesellschaft mit der GewSt belastet. Somit werden unterjährig ausgeschiedene Gesellschafter bei Fortbestand der Personengesellschaft nicht in der gesonderten und einheitlichen Feststellung des GewSt-Messbetrags berücksichtigt. Das BMF hat sich der Entsch. des BFH angeschlossen.3 Aus den Urt. folgt, dass der unterjährige Anteilsveräußerer keine GewSt-Anrechnung auf den von 196 ihm zu versteuernden Veräußerungsgewinn hat. Dafür werden die am Ende des EZ verbleibenden Mitunternehmer überproportional, nämlich auch mit dem Anteil des GewSt-Messbetrags, der auf den Veräußerungsgewinn unterjährig ausgeschiedener Gesellschafter entfällt, einkommensteuerrechtlich über § 35 EStG entlastet. Dies wird insbes. bei einem Gesellschafterwechsel zwischen natürlicher Person und KapGes. relevant, da bei Letzterer die Anrechnung leerläuft.4 Folglich unterscheidet sich die Ermittlung des Gewerbeertrags bei unterjährigem Gesellschafter- 197 wechsel bei einer Personengesellschaft vollständig von der tatsächlichen Anrechnung der GewSt iRd. ESt. Nur wenn es bei einer Personengesellschaft zum Unternehmerwechsel iSd. § 2 Abs. 5 GewStG kommt, da alle Gesellschafter der Personengesellschaft ihre Anteile übertragen, wird der GewSt-Messbetrag zum Übertragungszeitpunkt gesondert festgestellt und dieser GewSt-Messbetrag ist maßgebend für die Anrechnung nach § 35 EStG.5

V. Gesonderte Feststellung (Satz 6) 1. Verfahrensrechtliche Einbindung Seit dem VZ 1990 regelt Satz 6 für alle StPfl. die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Fehl- 198 betrags. Durch die gesonderte Feststellung wird sichergestellt, dass kein falscher Verlustabzug durch das FA oder den StPfl. erfolgt, denn Verluste können nur in den Folgejahren abgezogen werden, sofern sie gesondert festgestellt wurden.6 Unterbleibt die gesonderte Feststellung bis zum Ablauf der Feststellungsfrist, ist ein Abzug in den Folgejahren nicht mehr möglich. Eine Durchbrechung der Feststel-

1 BMF v. 24.2.2009 – IV C 6 - S 2296 - a/08/10002, BStBl. I 2009, 440 Rz. 30. 2 BFH v. 14.1.2016 – IV R 5/14, BStBl. II 2016, 875 = FR 2016, 1062 Rz. 48 ff.; v. 14.1.2016 – IV R 48/12, BFH/NV 2016, 1024 Rz. 43. ff. 3 BMF v. 3.11.2016 – IV C 6 - S 2296 - a/08/10002 :003, BStBl. I 2016, 1187; Levedag in H/H/R, § 35 EStG Anm. 23 (Stand: Mai 2017). 4 Vgl. Dreßler/Oenings, DStR 2017, 625. 5 Vgl. BMF v. 3.11.2016 – IV C 6 - S 2296 - a/08/10002 :003, BStBl. I 2016, 1187 Rz. 31. 6 BFH v. 1.7.2010 – IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056.

Suchanek/Hesse

643

§ 10a Rz. 199 Gewerbeverlust lungsfrist kann nur durch § 181 Abs. 5 AO erreicht werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass dieser nach § 35b Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2 GewStG nur anzuwenden ist, wenn die zuständige FinBeh. die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts pflichtwidrig unterlassen hat. 199 Bei dem Feststellungsbescheid handelt es sich um einen Grundlagenbescheid nach § 182 AO. Der

Bescheid ist zum einen Grundlagenbescheid für den GewSt-Messbescheid des Folgejahres1 und zum anderen für einen etwaigen Verlustfeststellungsbescheid des Folgejahres.2 Selbst bei einer fehlerhaften Feststellung eines Fehlbetrags besteht eine Bindungswirkung für die aufgeführten Folgebescheide.3 Folglich müssen sich Rechtsbehelfe wegen zukünftiger Verlustabzugsmöglichkeiten gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Fehlbetrags im Entstehungsjahr der Fehlbeträge richten.4 200 Andererseits sind bei der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts nach § 35b

Abs. 2 Satz 2 GewStG die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie bei der Festsetzung des Steuermessbetrags für den EZ, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festgestellt wurde, zugrunde zu legen sind. Die §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 351 Abs. 2 AO, 42 FGO gelten dabei entsprechend, sodass der GewSt-Messbescheid für den Verlustfeststellungsbescheid eine Grundlagenfunktion entfaltet. Diese Grundlagenfunktion beschränkt sich allerdings auf Berechnungsgrundlagen, die sich auf die Höhe der Messbetragsfestsetzung auswirken. Dies sind der Gewerbeertrag iSd. § 6 GewStG und der abziehbare Fehlbetrag nach § 10a GewStG.5 Keine Bindungswirkung des GewSt-Messbescheids besteht danach, wenn sich das Merkmal der sachlichen StPfl. (Unternehmensidentität) ändert,6 sodass der Verlustfeststellungsbescheid nicht automatisch zu ändern ist, wenn in dem GewSt-Messbescheid über Beginn und Ende der sachlichen StPfl. entschieden wird, da § 184 Abs. 1 Satz 4 AO iVm. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO im Verhältnis des GewSt-Messbescheids zum Verlustfeststellungsbescheid nicht anwendbar ist.7 201 Ferner entfaltet das in § 14 Abs. 5 KStG normierte Feststellungsverfahren keine Bindungswirkung

für die GewSt.8 Korrekturen können ausschließlich über § 35b GewStG erfolgen. Dies schließt grds. auch die Möglichkeit ein, im GewSt-Messbescheid des OT Korrekturen von Gewerbeerträgen vorzunehmen, die die OG erzielt hat.9 Dies setzt aber immer einen geänderten KSt-, ESt- oder Feststellungsbescheid voraus. Wird dieser zeitlich nach dem GewSt-Messbescheid erlassen, greift die Korrekturmöglichkeit des § 35b GewStG nicht (s. hierzu auch § 35b GewStG Rz. 32, 19).10 202 Eine gesonderte Feststellung eines Fehlbetrags erfolgt, solange nach Verrechnung mit positiven Ge-

werbeerträgen noch ein Fehlbetrag verbleibt.11 Ohne gesonderte Feststellung eines entsprechenden Fehlbetrags für den vorangegangenen EZ kommt eine Kürzung des Gewerbeertrags im Anrechnungsjahr nicht in Betracht.12 Die Feststellung erfolgt immer zum 31.12. eines Jahres. Dies gilt auch bei abweichendem Wj., da § 10 Abs. 2 GewStG eine Bezugsfiktion zum EZ aufstellt (s. hierzu § 10 GewStG Rz. 11 ff.). Örtlich zuständig für den Erlass des Feststellungsbescheids ist nach § 35b Abs. 2 Satz 1 GewStG das FA, das für den Erlass des GewSt-Messbescheids örtlich zuständig ist. Die Bekanntgabe 1 BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733 = FR 1999, 1080; v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 15 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. 2 Vgl. BFH v. 28.2.2001 – I R 77/00, BFH/NV 2001, 1293. 3 BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 18 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. 4 Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 387 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 118 (Stand: März 2016); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 42; Pieper in Lippross/Seibel, § 10a GewStG Rz. 11 (Stand: Februar 2017). 5 BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 30 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt; Sarrazin in Lenski/ Steinberg, § 35b GewStG Rz. 35 f. (Stand: Oktober 2015); Hofmeister in Blümich, § 35b GewStG Rz. 53 (Stand: Mai 2016). 6 BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 23, 31 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. 7 BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 28 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. 8 Ebenso Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 120 (Stand: März 2016); Drüen in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2015, Rz. 4.58. 9 BFH v. 21.10.2009 – I R 29/09, BStBl. II 2010, 644 = FR 2010, 527. 10 BFH v. 31.7.1990 – I R 28/88, BStBl. II 1991, 244 = FR 1991, 153; Teiche, DStR 2013, 2197 (2202). 11 BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733 = FR 1999, 1080. 12 Vgl. auch Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 120 (Stand: Juli 2015); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 42.

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 205 § 10a

des Bescheids erfolgt an den Steuerschuldner der GewSt. Bei der Personengesellschaft ist Adressatin des Verlustfeststellungsbescheids daher die Gesellschaft selbst.1 Im Fall der gewstl. Organschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG wird die Feststellung ausschließlich dem OT bekannt gegeben, da die eingeschränkte bzw. gebrochene Einheitstheorie der OG die persönliche StPfl. für die Dauer der Organschaft entzieht und dem OT zurechnet.2 Lediglich die Bekanntgabe des Feststellungsbescheids über vororganschaftliche Fehlbeträge erfolgt gegenüber der betreffenden OG. Die Regelungswirkung eines Bescheides, der einen Gewerbeverlust zum 31.12. eines Jahres feststellt, 203 bezieht sich auf die Umstände, die sich im jeweiligen EZ ereignet haben.3 Folglich sind Sachverhalte, die Einfluss auf die Höhe der Verluste haben – wie zB die Kürzung des Gewerbeverlusts bei Ausscheiden eines Gesellschafters, der Verlust der Unternehmensidentität, die Überführung eines Gewerbeverlusts von einem auf einen anderen Betrieb im Fall der Anwachsung oder bei Umwandlungsvorgängen –, stets für den EZ und bei dem Gewerbebetrieb zu erklären, dem sie zuzuordnen sind, wobei die zeitliche Zuordnung zum EZ bei abweichendem Wj. über die Bezugsfiktion des § 10 Abs. 2 GewStG erfolgt. Die Umsetzung hat sodann in dem Verlustfeststellungsbescheid des betreffenden EZ und nicht erst im GewSt-Messbescheid des nachfolgenden Verlustabzugsjahres zu erfolgen.4 Die Feststellung umfasst nämlich neben der Höhe der Fehlbeträge auch deren stl. Wertigkeit nach Maßgabe der im Feststellungszeitpunkt geltenden Rechtslage.5 Eine korrigierende Abrechnung für den Fall fehlerhaft unterbliebener Kürzungen darf damit so lange nicht vorgenommen werden, wie der Verlustfeststellungsbescheid Bestand hat.6 2. Inhalt des Feststellungsbescheids Inhalt der gesonderten Feststellung ist 204 – die Summe der unberücksichtigten Fehlbeträge bzw. die Höhe des Verlustabzugsbetrags, – der Verbrauch des vortragsfähigen Verlustvortrags einschließlich seines Untergangs sowie – die stl. Abzugsfähigkeit des Betrags nach Maßgabe der im Feststellungszeitpunkt geltenden Rechtslage für spätere Abzugsjahre.7 Der Bestand des vortragsfähigen Gewerbeverlusts sowie dessen Entwicklung sind dabei lückenlos für den StPfl. festzustellen, wie sich nach Verrechnung mit positiven Gewerbeerträgen noch ein Fehlbetrag ergibt.8 Obwohl bei Personengesellschaften die Mitunternehmer Träger des Verlustabzugs sind,9 wird für eine 205 Mitunternehmerschaft nur ein „Gesamt“-Fehlbetrag festgestellt.10 Es findet mangels gesetzlicher Grundlage keine Feststellung der Zurechnung zu jedem einzelnen Gesellschafter statt (s. hierzu Rz. 171). Hieran hat auch die sog. „Anlage MU“ nichts geändert, in der seit dem EZ 2009 Angaben zur mitunternehmerbezogenen Verlustverrechnung zu machen sind und die dem Bescheid über die vortragsfähigen Fehlbeträge beigefügt wird, da sich der Umfang der Bindungswirkung des Feststellungsbescheids weiterhin nach dem Verfügungssatz des Feststellungsbescheids richtet.11 Die Gründe des Feststellungsbescheids sind zur Bestimmung seines Tenors nur dann heranzuziehen, wenn der 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Vgl. BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 18 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. Vgl. dazu BFH v. 18.9.1996 – I R 44/95, BStBl. II 1997, 181 = FR 1997, 159 mwN. Vgl. BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958 = FR 2013, 623 Rz. 14 f. BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 Rz. 20 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. BFH v. 22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468 = FR 2004, 607; v. 26.5.2004 – I R 112/03, BStBl. II 2004, 1085 = FR 2004, 1387 m. Anm. Schloßmacher; v. 1.10.2014 – I R 95/04, FR 2009, 614 = BStBl. II 2015, 612; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 386 (Stand: April 2017). Vgl. BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 18 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. BFH v. 22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468 = FR 2004, 607; v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 18 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. BFH v. 9.6.1999 – I R 92/98, BStBl. II 1999, 733 = FR 1999, 1080; FG Hbg. v. 15.11.2012 – 2 K 140/11, rkr., EFG 2013, 389; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 382 (Stand: April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 116 (Stand: März 2016); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 39. R 10a.3 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009. BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 18 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. Ebenso Kleinheisterkamp, JbFfSt. 2012/2013, 519 (525).

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 206 Gewerbeverlust Verfügungssatz selbst Raum zu Zweifeln über seinen Inhalt lässt.1 Aus diesem Grund muss bei Mitunternehmern eine Schattenrechnung, bei der die gesellschafterbezogene Fehlbetragsermittlung erfolgt, geführt werden. Wird im Falle eines Mitunternehmerwechsels der anteilige Verlustuntergang nicht berücksichtigt und wird der Feststellungsbescheid formell bestandskräftig, so wird der gesamte Verlust auf die verbleibenden Gesellschafter nach Maßgabe des Gewinnverteilungsschlüssels verteilt (s. hierzu ausf. Rz. 183).2 206 Eine erstmalige Feststellung eines Fehlbetrags ist erst möglich, wenn die sachliche GewStPfl. begon-

nen hat und damit ein vortragsfähiger Verlust entsteht.3 Während die ESt und KSt als Personensteuern sämtliche betrieblichen Vorgänge von der ersten Vorbereitungshandlung zur Eröffnung eines Betriebs an erfassen, ist Gegenstand der GewSt nur der auf den laufenden Betrieb entfallende, durch eigene gewerbliche Leistungen entstandene Gewinn bzw. Verlust (s. hierzu § 2 GewStG Rz. 47 ff.).4

VI. Definition des vortragsfähigen Fehlbetrags (Satz 7) 207 In Satz 7 wird der vortragsfähige Fehlbetrag als der nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbe-

ertrags nach Satz 1 und Satz 2 zum Schluss des EZ verbleibende Fehlbetrag definiert, der nach Satz 6 gesondert festgestellt wird. Fehlbetrag ist der negative maßgebende Gewerbeertrag und kann mit dem Begriff „Gewerbeverlust“ aus der amtlichen Überschrift des § 10a GewStG gleichgesetzt werden. Folglich ist der vortragsfähige Fehlbetrag der verbleibende gewstl. Verlustvortrag zum Ende des EZ. Er ist die Summe des Gewerbeertrags des jeweiligen EZ (positiv oder negativ), erhöht bzw. vermindert um den festgestellten verbleibenden nicht ausgeglichenen Fehlbetrag zum Ende des vorangegangenen EZ. Er stellt der Höhe nach den Betrag dar, der für positive Gewerbeerträge iRd. Verlustabzugsregelung des § 10a Sätze 1 und 2 GewStG zur Verfügung steht. 208 Die gesetzliche Definition ist dabei eine klarstellende gesetzliche Festschreibung der Methode zur Er-

mittlung der maßgebenden vortragsfähigen Fehlbeträge, auf die in Sätzen 1 und 2 seit jeher abgestellt wird. Die Ermittlungsmethode entspricht der vergleichbaren Regelung in § 10d Abs. 4 EStG und der bisherigen Praxis.5

VII. Fehlbetragsuntergang bei Übertragung des Gewerbebetriebs (Satz 8) 1. Regelungsinhalt 209 Satz 8 regelt den Untergang des Fehlbetrags bei der Übertragung eines Gewerbebetriebs gem. § 2

Abs. 5 GewStG. Die Vorschrift ist eine gesetzliche Konkretisierung der Tatbestandsvoraussetzung der Unternehmeridentität (zu dieser s. ausf. Rz. 95 ff.),6 die zum Inhalt hat, dass der StPfl., der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss.7 2. Tatbestandsmerkmal: „Im Fall des § 2 Abs. 5 …“ 210 Um den Anwendungsbereich von Satz 8 zu eröffnen, muss ein Fall des § 2 Abs. 5 GewStG vorliegen.

§ 2 Abs. 5 GewStG ordnet das Ende und den Neubeginn der sachlichen GewStPfl. an, wenn ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Inhaber übergeht. Der Gewerbebetrieb wird nach § 2 Abs. 5 GewStG so behandelt, als sei er durch den bisherigen Unternehmer eingestellt und durch den 1 BFH v. 28.11.1985 – IV R 178/83, BStBl. II 1986, 293; v. 18.11.1997 – VIII R 65/95, BFH/NV 1998, 573; v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 16 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. 2 BFH v. 16.6.2011 – IV R 11/08, BStBl. II 2011, 903 Rz. 19 = FR 2011, 1108 m. Anm. Wendt. 3 Vgl. BFH v. 19.8.1977 – IV R 107/74, BStBl. II 1978, 23; Ley, KÖSDI 2015, 18366 (18368). 4 Vgl. BFH v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014, 1000 = FR 2014, 1023 m. Anm. Wendt. 5 Vgl. BT-Drucks. 16/6290, 76; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 110 (Stand: März 2016). 6 BFH v. 14.1.1965 – IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115; v. 4.2.1966 – VI 272/63, BStBl. III 1966, 374; v. 12.1.1978 – IV R 26/73, BStBl. II 1978, 348; v. 24.6.1981 – I S 3/81, BStBl. II 1981, 748 = FR 1981, 494; v. 19.12.1984 – I R 165/80, BStBl. II 1985, 403 = FR 1985, 362. 7 Vgl. nur BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, unter C.II.1; R 10a.3 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009.

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 214 § 10a

an seine Stelle tretenden Unternehmer neu begründet, wenn er nicht mit einem bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird.1 § 2 Abs. 5 GewStG erfasst zum einen die Übertragung eines Gewerbebetriebs durch einen Einzel- 211 unternehmer. Zum anderen liegt aber auch ein Fall des § 2 Abs. 5 GewStG vor, wenn alle Mitunternehmer einer Personengesellschaft ihre Anteile übertragen2 oder eine Personengesellschaft ihren gesamten Gewerbebetrieb im Rahmen eines asset deals veräußert.3 Kein Fall des § 2 Abs. 5 GewStG ist gegeben, wenn bei einer KG die nicht am Kapital beteiligte Komplementärin ihre Komplementärstellung beibehält, da diese ebenfalls Mitunternehmerin ist.4 Ebenfalls greift § 2 Abs. 5 GewStG nicht, wenn nur ein TB veräußert wird, da es an einer Einstellung des Gewerbebetriebs mangelt.5 Im Fall des § 2 Abs. 5 GewStG kommt es zu zwei abgekürzten EZ (§ 14 Satz 3 GewStG).6 Je nach Per- 212 spektive endet bzw. beginnt die sachliche GewStPfl. des Einzelunternehmers oder der Personengesellschaft im laufenden Kj. Dementsprechend ist jeweils ein gesonderter Gewerbeertrag für den Zeitraum vor und nach dem Wechsel zu ermitteln und es ergehen zwei gesonderte GewSt-Messbescheide (s. hierzu auch Rz. 185).7 3. Rechtsfolge: Der andere Unternehmer kann die Fehlbeträge des übergegangenen Unternehmens nicht von seinen Gewerbeerträgen kürzen a) Der andere Unternehmer Der andere Unternehmer iSd. Satzes 8 ist der Unternehmer, auf den das Unternehmen übergegangen 213 ist. Er kann sowohl ein Einzelunternehmer als auch eine Körperschaft sein. Ebenfalls als Unternehmer gelten sämtliche Mitunternehmer einer Personengesellschaft, wenn diese einen Gewerbebetrieb erwirbt oder wenn eine Personengesellschaft erworben wird. Überträgt daher ein Einzelunternehmer seinen Gewerbebetrieb auf eine Personengesellschaft, an der er selbst beteiligt ist, liegt zwar ein Fall des § 2 Abs. 5 GewStG vor und es kommt zur Beendigung der persönlichen GewStPfl. des Einzelunternehmers.8 Der Verlust des Einzelunternehmers geht jedoch nicht unter, weil insoweit kein anderer Unternehmer beteiligt ist (s. dazu auch Rz. 129). Für die Anwendung des Satzes 8 ist es nicht entscheidend, auf welche Art und Weise das Unterneh- 214 men auf einen anderen Unternehmer übertragen wird. Es kann eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung vorliegen. Zudem kann die Übertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder der Einzelrechtsnachfolge stattfinden.9 So ist auch eine Übertragung im Wege der gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge oder der vorweggenommenen Erbfolge für den Verlustabzug schädlich.10 Entscheidend ist ausschließlich, dass ein Wechsel in der Person des Unternehmers stattfindet (s. auch Rz. 100).

1 Vgl. nur R 2.7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GewStR 2009. 2 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616; v. 27.1.1994 – IV R 137/91, BStBl. II 1994, 477; v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann; Umkehrschluss aus R 2.7 Abs. 2 GewStR 2009. 3 Vgl. BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666. 4 FG Ba-Wü. v. 18.5.2017 – 1 K 3691/15, EFG 2017, 1183 Rz. 46 – Rev. IV R 8/17. 5 R 2.7 Abs. 3 Satz 1 GewStR 2009. 6 Für Personengesellschaften s. BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann. 7 Vgl. Neu/Hamacher, GmbHR 2014, 841 (844). 8 BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596. 9 BFH v. 3.2.2010 – IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 Rz. 10; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 57 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 124; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 91; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 69 (Stand: Juli 2015). 10 BFH v. 23.7.1958 – I 137/59 U, BStBl. III 1958, 426; v. 14.1.1965 – IV 173/64 S, BStBl. III 1965, 115; krit. für den Fall der unentgeltlichen Übertragung des Betriebs Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 65 (Stand: März 2016).

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 215 Gewerbeverlust b) Keine Kürzung durch Fehlbeträge 215 Die Fehlbeträge, die der übertragende (Mit-)Unternehmer in eigener Personen erlitten hat, gehen

vollständig unter. Sie können folglich vom übernehmenden Unternehmer nicht genutzt werden. Fehlbeträge werden in § 10a Satz 1 GewStG so definiert, dass sie den maßgebenden Gewerbeertrag mindern, wenn sie aus vorangegangenen EZ stammen. Da es aufgrund des § 14 Satz 3 iVm. § 2 Abs. 5 GewStG zu einem abgekürzten EZ kommt, wird der Verlust des übertragenden Unternehmers zum Übertragungsstichtag festgestellt. Im Gegensatz zur Übertragung einer Körperschaft, bei der ausschließlich Satz 10 Anwendung findet (s. hierzu Rz. 239), gehen somit auch die Verluste des laufenden Jahres unter. Dies gilt ebenso bei Personengesellschaften, sofern eine Übertragung des gesamten Gewerbebetriebs oder eine Übertragung sämtlicher Mitunternehmeranteile stattfindet. Beispiel: Die A-GmbH & Co. KG hat einen vortragsfähigen Fehlbetrag zum 31.12.01 von 1,5 Mio. Euro. Alleinige Kommanditistin der A-GmbH & Co. KG ist die A-GmbH. Komplementärin ist die A-Verwaltungs GmbH. Zum 30.6.02 veräußert die A-GmbH & Co. KG ihren gesamten Gewerbebetrieb. Zum 30.6.02 hat die KG einen laufenden Gewinn von 300.000 Euro erwirtschaftet. Aus der Veräußerung resultiert ein auf Ebene der KG gewstpfl. Gewinn von 1 Mio. Euro. Am 1.8.02 erwirbt die KG einen neuen Gewerbebetrieb. Im zweiten Halbjahr 02 erwirtschaftet die A-GmbH & Co. KG einen Verlust von 100.000 Euro. Lösung: Durch die Veräußerung des gesamten Gewerbebetriebes kommt es aufgrund der fiktiven Aufgabe des Gewerbebetriebs iSd. § 2 Abs. 5 GewStG nach § 14 Satz 3 GewStG zu zwei abgekürzten EZ. Je nach Perspektive endet bzw. beginnt die sachliche GewStPfl. der Personengesellschaft im laufenden Kj. Dementsprechend ist jeweils ein gesonderter Gewerbeertrag für den Zeitraum bis zum 30.6.02 und ab dem 1.8.02 zu ermitteln und es ergehen zwei gesonderte GewSt-Messbescheide.1 Für die Verlustverrechnung im ersten Halbjahr findet die Mindestbesteuerung der Sätze 1 und 2 Anwendung.

VIII. Entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 8 und 9 Sätze 5 bis 8 KStG (Satz 9) 1. Regelungsinhalt und Hintergrund 216 Satz 9 ordnet die entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 8 und 9 Sätze 5 bis 8 KStG an, sodass nicht

nur die Rechtsfolgen, sondern auch die vollständige Tatbestandsebene für gewstl. Zwecke angewandt wird. Mit der entsprechenden Anwendung ist eine Einschränkung der Verlustnutzung für gewstl. Zwecke für die vom Tatbestand erfassten Rechtsträger verbunden. Die Regelung wurde mit dem JStG 2009 neu eingefügt und durch das JStG 2010 hinsichtlich der Verweisung geändert (s. hierzu Rz. 18). Die entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 8 und 9 Sätze 5 bis 8 KStG findet gem. § 36 Abs. 9 Satz 8 f. GewStG idF des JStG 2009 ab dem EZ 2009 statt.2 217 Die Beschränkung der Verlustnutzung ist mit der Einf. des § 8 Abs. 7 KStG zu begründen, wonach

Dauerverlustgeschäfte bei BgA und Eigengesellschaften nicht zu vGA führen. Die Regelung ist ein für den StPfl. begünstigendes Nichtanwendungsgesetz als Reaktion auf das BFH-Urt. v. 22.8.2007.3 Denn hieraus folgt, dass insoweit regelmäßig erhebliche stl. Verluste angesammelt werden.4 Diese Verluste aus dauerdefizitären BgA und Eigengesellschaften sollen im Weiteren jedoch nicht mit Gewinnen aus profitablen Unternehmungen verrechnet werden, sodass § 10a Satz 9 GewStG die für die KSt angeordnete Spartenrechnung auch für Zwecke der GewSt anordnet.5

1 Vgl. Neu/Hamacher, GmbHR 2014, 841 (844). 2 BFH v. 12.1.2011 – I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194 (1196). 3 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth; dazu BMF v. 7.12.2007 – IV B 7 - S 2706/07/0011, BStBl. I 2007, 905 (Nichtanwendungserlass). 4 Vgl. Bericht des Finanzausschusses v. 27.11.2008, BT-Drucks. 16/11108, 27. 5 BT-Drucks. 16/11108, 27, 33.

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 223 § 10a

2. Spartenrechnung a) Betriebe gewerblicher Art StPfl. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG ist bei einem BgA die ihn tragende jPdöR.1 Diese ist auch der Unter- 218 nehmer iSd. § 10a GewStG.2 Verluste aus einem Betrieb dürfen dabei nur mit Gewinnen desselben BgA in späteren Jahren verrechnet werden. Satz 9 iVm. § 8 Abs. 8 KStG regelt den Verlustvor- und -rücktrag zwischen zusammengefassten BgA und den Ergebnissen der einzelnen BgA vor Zusammenfassung. Ein Verlustrücktrag ist bei der GewSt jedoch bereits aus fiskalischen Gründen ausgeschlossen (s. hierzu Rz. 1). Bei der Zusammenfassung von BgA ist für die Verlustnutzung zu unterscheiden, ob es sich um eine 219 Zusammenfassung von nicht gleichartigen BgA oder gleichartigen BgA handelt. Handelt es sich um nicht gleichartige BgA, ist § 10d EStG auf den BgA anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt (§ 8 Abs. 8 Satz 1 KStG). Hinzu kommt bei nicht gleichartigen Zusammenschlüssen, dass Verluste aus der Zeit vor dem Zusammenschluss eingefroren werden und daher nicht beim zusammengefassten BgA abgezogen werden dürfen (§ 8 Abs. 8 Satz 4 KStG). Nach Beendigung der Zusammenfassung der BgA können die eingefrorenen Verlustvorträge der nicht gleichartigen BgA wieder bei dem BgA genutzt werden, der ihn zuvor erlitten hat (§ 8 Abs. 8 Satz 4 KStG). Wenn BgA zusammengefasst werden, die gleichartig sind (§ 4 Abs. 6 KStG), gelten die vorstehend 220 dargestellten Einschränkungen nicht (§ 8 Abs. 8 Satz 5 KStG). Somit können jPdöR bei gleichartigen BgA gezielt Verlustvorträge zusammenfassen und diese nutzen. Diese Regelung ist darauf zurückzuführen, dass bei gleichartigen BgA eine besonders enge Verknüpfung vorliegt, die bei den anderen Zusammenfassungsgründen nach § 4 Abs. 6 KStG nicht gegeben ist.3 Nicht gesetzlich geregelt ist die Frage, was mit dem von einem zusammengefassten BgA aufgebauten Fehlbetrag nach der Beendigung des Zusammenschlusses geschieht. Dieser sollte nach Beendigung der Zusammenfassung bei dem BgA abziehbar sein, der ihn erlitten hat.4 b) Eigengesellschaften Für sog. Eigengesellschaften findet § 8 Abs. 9 Sätze 5 bis 7 KStG Anwendung, wenn für die Eigenge- 221 sellschaft die Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG gegeben sind. Hiernach muss sich die Mehrheit der Stimmrechte an einer KapGes., die ein Dauerverlustgeschäft ausübt, unmittelbar oder mittelbar in der Hand von jPdöR befinden und ausschließlich diese tragen die Verluste aus Dauerverlustgeschäften. § 8 Abs. 9 Sätze 5 bis 7 KStG regelt sodann, dass die Spartenrechnung entsprechend anzuwenden ist. Bei KapGes. führt der Betrieb unterschiedlicher Teilbereiche grds. zu einer Zusammenfassung auf Ebene der Gesellschaft. Die in § 8 Abs. 9 KStG geregelte Spartenrechnung soll die Gleichbehandlung mit dem BgA sichern. Dies erfolgt, indem auch auf Ebene der KapGes., dh. der Eigengesellschaft, verschiedene Bereiche unterschieden werden.5 § 10a Satz 9 GewStG nimmt explizit Bezug nur auf § 8 Abs. 9 Sätze 5 bis 9 KStG. Gem. § 8 Abs. 9 222 Satz 5 KStG erfolgt der Verlustvor- und -rücktrag nur innerhalb der jeweiligen Sparten. Das bedeutet, dass für die Zwecke der Verlustverrechnung jede Sparte als eigenständig anzusehen ist. Ein verbleibender Verlustvortrag ist gesondert festzustellen, wobei ein Verlustrücktrag gewstl. per se nicht möglich ist. Nach § 8 Abs. 9 Satz 6 und 7 KStG ist die KapGes. als einheitliches Rechtssubjekt zu behandeln, so- 223 fern innerhalb eines VZ die Spartenrechnung beendet wird, weil Stimmrechtsmehrheit oder Verlusttragung der öffentlichen Hand wegfallen. Die laufenden Gewinne dieses VZ sind für Zwecke der letztmaligen Spartenrechnung entsprechend aufzuteilen. Nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten 1 2 3 4

BFH v. 12.1.2011 – I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194 Rz. 9. Vgl. Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 100 (Stand: März 2016). Vgl. Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 100 (Stand: März 2016). Ebenso Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 69 (Stand: Juli 2015); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 100 (Stand: März 2016). 5 S. hierzu nur Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Anm. 605 ff. (Stand: März 2017).

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§ 10a Rz. 224 Gewerbeverlust ausgeübt werden, entfallen. Verluste, die vor Eintritt der Voraussetzungen zur Spartenrechnung entstehen, sind bis zu diesem Zeitpunkt abzugsfähig. Danach sind sie nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG der Sparte zuzuordnen, in der keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden. Abschließend bildet § 10a Satz 9 GewStG iVm. § 8 Abs. 9 Satz 8 KStG die Rechtsgrundlage für die gesonderte Feststellung der Fehlbeträge in den jeweiligen Sparten, die sodann mit Wirkung auf das Ende des EZ stattzufinden hat.

IX. Entsprechende Anwendung der §§ 8c, 8d KStG (Satz 10) 1. Regelungsinhalt und gesetzgeberischer Hintergrund der Norm a) § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG 224 Nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG ist im Rahmen eines umfassenden Rechtsfolgenverweises § 8c

KStG auf die Fehlbeträge einer Körperschaft entsprechend anzuwenden. Durch Satz 10 Halbs. 1 findet folglich neben einem potenziellen Verlustuntergang für kstl. Zwecke auch ein (anteiliger) Untergang von Fehlbeträgen der Körperschaft statt, wenn nicht die Ausnahmen der sog. Konzern- und Stille-Reserven-Klausel nach § 8c Abs. 1 Satz 5 oder 6 KStG greifen. Ferner ordnet Satz 10 Halbs. 1 ebenfalls eine entsprechende Anwendung von § 8d KStG an, der bei Erfüllung seiner Voraussetzungen im Fall eines schädlichen Beteiligungserwerbs § 8c KStG suspendiert, was jedoch unter die zusätzliche gesetzliche Voraussetzung der Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags nach § 8d Abs. 1 Sätze 6 und 7 KStG gestellt wird. 225 Gesetzgeberischer Hintergrund von § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG ist, dass das Merkmal der Unter-

nehmeridentität bei KapGes. bedeutungslos ist, da diese selbst Träger des Unternehmens sind. Unternehmeridentität ist daher so lange zu bejahen, als die Zivilrechtsfähigkeit der Körperschaft nicht erlischt.1 Ebenfalls ohne Belang für den Verlustabzug einer KapGes. ist die Unternehmensidentität, da ihre Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, woraus folgt, dass sie unabhängig von der tatsächlichen Tätigkeit nur einen einheitlichen Betrieb hat.2 Um den Handel mit Verlustvorträgen bei KapGes. dennoch zu versagen und Veränderungen im personalen Substrat der Körperschaft beim Verlustausgleich und -abzug zu berücksichtigen, verweist Satz 10 Halbs. 1 auf die entsprechende Anwendung des § 8c KStG und versagt die Kürzung von Gewerbeerträgen durch Fehlbeträge, die vor einem sog. schädlichen Beteiligungserwerb entstanden sind. Der Verweis auf § 8c KStG wurde durch das UntStRefG 20083 eingeführt und ist im Wesentlichen erstmalig für den EZ 2008 anwendbar. Zuvor wurde die Verlustverrechnung bei Körperschaften durch den Verweis auf § 8 Abs. 4 KStG eingeschränkt.4 226 Die Regelung des § 8d KStG, die mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustver-

rechnung bei Körperschaften5 eingeführt wurde, ist gem. § 36 Abs. 2c KStG erstmalig für schädliche Beteiligungserwerbe iSd. § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 stattfinden. Grund der gesetzgeberischen Einfügung des § 8d KStG ist die Erkenntnis des Gesetzgebers, dass § 8c KStG trotz Konzern- und Stille-Reserven-Klausel Verlustuntergangsfälle zu verzeichnen waren, die aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht gerechtfertigt waren.6 b) § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG 227 Ist eine Körperschaft unmittelbar (Satz 10 Halbs. 2 Nr. 1) oder mittelbar (Satz 10 Halbs. 2 Nr. 2) über

eine Personengesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt, so findet § 8c KStG über Satz 10 Halbs. 2 im Rahmen eines Rechtsfolgenverweises ebenfalls auf die Fehlbeträge der jeweils nachgeordneten Mitunternehmerschaften entsprechende Anwendung. Eingeführt wurde Satz 10 Halbs. 2, um zu 1 BFH v. 29.10.1986 – I R 202/82, BStBl. II 1987, 308 = FR 1987, 69; v. 29.10.1986 – I R 318/83, I R 319/83, BStBl. II 1987, 310 = FR 1987, 67. 2 BFH v. 29.10.1986 – I R 318/83, I R 319/83, BStBl. II 1987, 310 = FR 1987, 67. 3 UntStRefG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 4 S. dazu Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 208 ff. (Stand: April 2017). 5 G v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 2998. 6 Vgl. BT-Drucks. 18/9986, 12.

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 231 § 10a

vermeiden, dass die Gewerbeverluste einer Körperschaft erhalten bleiben, in dem der Verlustbetrieb vor dem schädlichen Beteiligungserwerb an der Körperschaft auf eine Personengesellschaft ausgegliedert wurde (s. zu dieser Frage ausf. Rz. 91).1 Vor Einf. des § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG gingen die Verluste bei einem schädlichen Beteiligungserwerb auf Ebene der KapGes. bei der nachgelagerten Personengesellschaft daher nicht unter, da vom persönlichen Geltungsbereich des § 8c KStG ausschließlich Körperschaften erfasst sind2 und Fehlbeträge einer Personengesellschaft nur nach den Grundsätzen von Unternehmens- und Unternehmeridentität untergehen. Auf Fehlbeträge von Personengesellschaften, die nach Satz 10 Halbs. 2 grds. vom Untergang betroffen sind, findet § 8d KStG aufgrund expliziter Ausnahme im Wortlaut der Norm keine Anwendung. § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG soll sich in das Konzept der Unternehmeridentität kraft gesetzlicher An- 228 ordnung einfügen.3 Diese Aussage ist nicht zutreffend. § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG geht weiter als das Tatbestandsmerkmal der Unternehmeridentität bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft. Ein Mitunternehmerwechsel bei der Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft führt nicht zu einem Untergang der Verlustvorträge der Untergesellschaft, da die Obergesellschaft selbst als Mitunternehmerin der Untergesellschaft gilt (s. Rz. 105). § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG stellt konzeptionell damit einen eindeutigen Bruch in dem Konzept der Verlustverrechnung und des Verlustabzugs bei Mitunternehmerschaften dar. 2. Verfassungsrechtliche Aspekte und daraus resultierende zeitliche Anwendungsfragen Der Rechtsfolgenverweis auf § 8c KStG in § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG ist nach den Feststellungen 229 des BVerfG in Bezug auf § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG für den Zeitraum 2008 bis 2015 nicht mit dem GG vereinbar, da dieser bereits am Maßstab des Willkürverbots einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhält (s. hierzu ausf. Rz. 32).4 Satz 10 Halbs. 1 iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ist somit bis einschließlich EZ 2015 auf den Gewerbeverlust einer Körperschaft nicht anzuwenden. Der Gesetzgeber ist daher gehalten, bis zum 31.12.2018 eine verfassungskonforme Regelung mit Wirkung ab dem 1.1.2008 zu schaffen. Für Zeiträume ab 2016, zu § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG sowie zu den Rechtsfolgen des § 10a Satz 10 230 Halbs. 2 GewStG hat das BVerfG hingegen aufgrund der Einfügung von § 8d KStG sowie aufgrund einer anderen Tatbestandsmäßigkeit explizit keine Feststellungen getroffen (zu der uE dennoch vorliegenden Verfassungswidrigkeit s. Rz. 33 ff.). Die zeitlichen Einschränkungen aus der Entscheidung des BVerfG5 gelten daher nicht, sodass insoweit eine Anwendbarkeit auch für EZ bis einschließlich 2015 gegeben ist. 3. Feststellungslast Das Vorhandensein von Fehlbeträgen oder deren Untergang folgt den allgemeinen Beweislastregeln. 231 Nach allgemeinen Grundsätzen6 trifft den StPfl. die Feststellungslast (objektive Beweislast) für Tatsachen, die Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen begründen oder den Steueranspruch aufheben oder einschränken, und die FinVerw. die Feststellungslast über steuerbegründende Tatsachen.7 Dementsprechend trifft den StPfl. die allgemeine Feststellungslast über das Vorhandensein von Fehlbeträgen. Andererseits trifft die FinVerw. die Feststellungslast über die Verwirklichung der Tatbestände des § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG, die nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG für die Fehlbeträge entsprechend gelten.8 Andererseits trifft den StPfl. als rechtshindernde Tatsache9 die Beweislast für das 1 2 3 4 5 6 7 8

Vgl. BT-Drucks. 16/11108, 30. Vgl. nur Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 9 mwN (Stand: Januar 2017). BT-Drucks. 16/11108, 37. BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, FR 2017, 577. BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, FR 2017, 577. Vgl. hierzu allg. BFH v. 5.11.1970 – V R 71/67, BStBl. II 1971, 220. Vgl. hierzu allg. BFH v. 5.11.1970 – V R 71/67, BStBl. II 1971, 220. Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 392 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 44. 9 Vgl. allg. hierzu BFH v. 15.7.1986 – VII R 145/85, BStBl. II 1986, 857; v. 23.5.1989 – X R 17/85, BStBl. II 1989, 879 = FR 1989, 746.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 232 Gewerbeverlust Vorliegen der Ausnahmetatbestände des § 8c Abs. 1 Sätze 5 und 6 KStG1 und das Vorliegen der Antragsvoraussetzungen für § 8d KStG. 4. Entsprechende Anwendung von §§ 8c, 8d KStG auf die Fehlbeträge einer Körperschaft (Satz 10 Halbs. 1) a) Anwendung des § 8c KStG bei Körperschaften aa) Tatbestände 232 Gem. Satz 10 Halbs. 1 ist § 8c KStG auf Fehlbeträge entsprechend anzuwenden. § 8c KStG ist eine

Vorschrift, die Restriktionen zur Nutzbarkeit von Verlusten einer Körperschaft enthält, wenn Anteile an einer Körperschaft übertragen werden. § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG ordnet an, dass es bei einem sog. schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 25 % bzw. von mehr als 50 % durch einen Erwerber, eine dem Erwerber nahestehende Person oder eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen innerhalb von fünf Jahren zu einem quotalen (§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) bzw. vollständigen (§ 8c Abs. 1 Satz 2 KStG) Untergang der Verluste einer Körperschaft kommt. Maßgebende Bezugsgrößen für das quantitative Erfordernis von mehr als 25 % bzw. 50 % sind: – Anteile am gezeichneten Kapital, – Mitgliedschaftsrechte, – Beteiligungsrechte, – Stimmrechte oder – ein vergleichbarer Sachverhalt zu der Übertragung der vorstehenden Bezugsgrößen. Der persönliche Geltungsbereich des § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG umfasst dabei nach Auffassung der FinVerw.2 Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen. Unseres Erachtens ist die Einbeziehung von Personenvereinigungen und Vermögensmassen nicht vom Gesetz gedeckt, denn § 8c KStG ist überschrieben mit „Verlustabzug bei Körperschaften“.3 Satz 10 Halbs. 1 enthält dabei keine tatbestandlichen Erweiterungen, sodass die Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs auf Körperschaften auch im Anwendungsbereich des gewstl. Verlustabzugs einschlägig ist. 233 Die Übertragung der vorstehenden Bezugsgrößen kann unmittelbar, mithin an der Verlustkörper-

schaft selbst, oder mittelbar über andere Rechtsträger vollzogen werden. Maßgebender Zeitpunkt für die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale ist der Zeitpunkt, zu dem das wirtschaftliche Eigentum4 auf den Erwerber übergeht, sodass dies ein beliebiger Zeitpunkt innerhalb eines EZ sein kann.5 234 Eine Kapitalerhöhung steht nach § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG der Übertragung des gezeichneten Kapitals

gleich, soweit sie zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten am Kapital der Körperschaft führt. Entscheidend ist bei der Übertragung die Übereignung des wirtschaftlichen und nicht des zivilrechtlichen Eigentums, unbedeutend ist hingegen die Übertragungsform. Sowohl die unentgeltliche als auch die entgeltliche Übertragung im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge führen zum Un1 Vgl. nur Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 16. 2 Vgl. BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 1. 3 Ebenso Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 9 (Stand: Januar 2017); Brandis in Blümich, § 8c KStG Rz. 25 (Stand: März 2016); Roser in Gosch3, § 8c KStG Rz. 11; B. Lang in Ernst & Young, § 8c KStG Rz. 16.3 (Stand: Februar 2017); R. Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, 2015, § 8c KStG Rz. 19; aA Gohr in Schnitger/ Fehrenbacher, § 8c KStG Rz. 14; van Lishaut, FR 2008, 789 (790). 4 Zur Maßgeblichkeit des wirtschaftlichen Eigentums als für § 8c KStG relevante Eigentumsposition s. BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 13; Dötsch/Leibner in D/P/M, § 8c KStG Rz. 79 (Stand: April 2016); R. Neumann in R/H/N, 2015, § 8c KStG Rz. 66; Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 9 (Stand: Januar 2017); Gohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 8c KStG Rz. 75; Dörr, NWB Fach 4, 5181 (5185); Neyer, BB 2007, 1415 (1417); differenzierend Frotscher in Frotscher/Drüen, § 8c KStG Rz. 27b (Stand: August 2013), der bei ausschließlicher Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums einen vergleichbaren Sachverhalt annimmt; aA Roser in Gosch3, § 8c KStG Rz. 35; Reitsam in Breithecker/Förster/ Förster/Klapdor, 2007, § 8c KStG Rz. 43, die auf das zivilrechtliche Eigentum abstellen. 5 Vgl. nur BFH v. 30.11.2011 – I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 Rz. 13 = FR 2012, 310 m. Anm. Klein/Nosky; BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 31.

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 237 § 10a

tergang der Fehlbeträge. Ferner kann sich ein schädlicher Beteiligungserwerb direkt bei den Anteilen an der Verlustkörperschaft vollziehen („unmittelbar“) oder aber auf einer höher gelagerten Beteiligungsstufe („mittelbar“) stattfinden. Im Falle des mittelbaren Beteiligungserwerbs ist es unbeachtlich, ob dieser im In- oder Ausland oder über Körperschaften oder Personengesellschaften erfolgt. Erwerber iSd. § 8c KStG kann eine natürliche oder juristische Person oder auch eine Personengesell- 235 schaft sein. Für vermögensverwaltende Personengesellschaften soll allerdings nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO eine anteilige Zuordnung an die Gesellschafter gelten.1 Diese Auffassung kann nicht uneingeschränkt geteilt werden. Grund hierfür ist, dass der Begriff der Übertragung an einen Erwerber auch unter Zugrundelegung einer zivilrechtlichen Betrachtungsweise ausgelegt werden kann. Die zivilrechtliche Betrachtungsweise würde auch im Einklang mit der BFH-Rspr. zu § 8 Abs. 4 KStG aF stehen.2 Bei der Prüfung, ob ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt, sind Erwerbe durch den eigentli- 236 chen Erwerber und ihm nahestehende Personen zusammenzufassen. Die Erreichung der schädlichen Beteiligungsgrenze kann demnach nicht dadurch vermieden werden, dass die qualifizierte Beteiligung durch verschiedene Erwerber angeschafft wird, die als nahestehende Personen einzustufen sind. Nahestehende Personen iSd. § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG sind nach Auffassung der FinVerw. alle Personen, die als nahestehende Personen iSd. Rspr. zu § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren sind.3 Das können nach der BFH-Rspr. Beziehungen – familienrechtlicher Art (zB Verwandte,4 Ehegatten und Partner nicht ehelicher Lebensgemeinschaften5), – gesellschaftsrechtlicher Art (zB Personengesellschaften,6 KapGes.7 und verbundene Unternehmen des Gesellschafters8), – schuldrechtlicher Art (zB Vertragspartner einer persönlichen Geschäftsbeziehung) und – tatsächlicher Art (zB enge Freunde,9 nicht jedoch gewöhnliche freundschaftliche Beziehungen10) sein.11 Diese Auffassung der FinVerw. ist jedoch nicht unumstritten. Teile der Literatur wollen den Begriff der nahestehenden Person iSd. § 8c KStG mit guten Argumenten auf eine gesellschaftsrechtliche Verbundenheit beschränken.12 Erwerbe von Personen, die einander nicht nahestehen, werden grds. nicht zusammengefasst – es sei 237 denn, es handelt sich um eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen (§ 8c Abs. 1 Satz 3 KStG). Diese Gruppe gilt nach dem G auch als ein Erwerber. Was gleichgerichtete Interessen iSd. § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG sind, wird vom G nicht – auch nicht anhand eines Beispiels – erläutert. Das reine gemeinschaftliche Halten der Beteiligung oder der gleichzeitige Erwerb von Anteilen an der Verlustgesellschaft reicht jedenfalls nicht aus, um gleichgerichtete Interessen iSd. § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG anzunehmen.13 Von einem „neuen wirtschaftlichen Engagement“ kann hiernach nur gesprochen werden, wenn die Erwerber nicht nur in der Situation des Erwerbs (als „erwerbsbezogene Zweckgemeinschaft“), sondern auch im zukünftigen Wirtschaften als „Gruppe“ aufzutreten willens und in der Lage sind. Dazu reicht die bloße Möglichkeit eines Beherrschens nicht aus.14 Ob der erforderliche Zweck auch auf den Erhalt der Verlustvorträge ausgerichtet sein muss, ist in der Entsch. offengeblieben. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 25. Vgl. BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614 = FR 2004, 161 m. Anm. Pezzer, zu § 8 Abs. 4 KStG aF. BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 26. Vgl. BFH v. 29.4.1987 – I R 192/82, BStBl. II 1987, 797 = FR 1987, 537. BFH v. 29.11.2000 – I R 90/99, BStBl. II 2001, 204 = FR 2001, 532. BFH v. 22.2.1989 – I R 9/85, BStBl. II 1985, 631 = FR 1989, 562. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160. BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350. BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350. BFH v. 27.4.2005 – I R 75/04, BStBl. II 2005, 702 = FR 2005, 1205. BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350. S. hierzu nur Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 26 (Stand: Januar 2017); Suchanek/Rüsch, Wpg. 2016, 173; Roser in Gosch3, § 8c KStG Rz. 73. 13 BFH v. 22.11.2016 – I R 30/15, BStBl. II 2017, 921 Rz. 23 f. 14 BFH v. 22.11.2016 – I R 30/15, BStBl. II 2017, 921 Rz. 23.

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 238 Gewerbeverlust bb) Rechtsfolge: Anwendung des § 8c KStG auf Fehlbeträge 238 Die Rechtsfolge der entsprechenden Anwendung des § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG auf die Fehlbeträge

tritt im EZ des schädlichen Beteiligungserwerbs ein. Nach Ansicht der FinVerw. sollen durch Anwendung des § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG auf die Fehlbeträge einer Körperschaft sowohl die vortragsfähigen Fehlbeträge als auch ein etwaiger laufender Verlust untergehen.1 Bei einem unterjährigen Beteiligungserwerb geht sodann der Fehlbetrag bis zum Tag des schädlichen Beteiligungserwerbs unter, sofern der Gewerbeertrag des gesamten EZ negativ ist. Die Aufteilung des Fehlbetrags erfolgt zeitanteilig,2 sofern kein Zwischenabschluss erstellt wurde.3 239 Stellungnahme. Die vorstehende Auffassung der FinVerw. zur Miterfassung des laufenden Verlustes

von der entsprechenden Anwendung von § 8c KStG ist nicht zutreffend. Bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb ist § 8c KStG nicht auf den laufenden Verlust, sondern nur auf die nach § 10a Satz 6 GewStG festgestellten vortragsfähigen Fehlbeträge zum Ende des EZ, der vor dem schädlichen Beteiligungserwerb geendet hat, entsprechend anzuwenden.4 § 8c KStG soll laut Gesetzeswortlaut entsprechend auf die gewstl. Fehlbeträge angewandt werden. Gem. § 10a Satz 1 GewStG mindern Fehlbeträge den maßgebenden Gewerbeertrag, wenn sie aus vorangegangenen EZ stammen. Vortragsfähige Fehlbeträge sind nach § 10a Satz 7 GewStG die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG zum Schluss des EZ verbleibenden Fehlbeträge.5 Ein (laufender) Gewerbeverlust ist demnach bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb aufgrund eindeutiger Definition des Begriffs „Fehlbeträge“ und mangels Verweisung in § 10a Satz 10 GewStG nicht von der entsprechenden Anwendung der Rechtsfolgen des § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG betroffen. Folglich gehen bei einem schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 25 % bzw. von mehr als 50 % lediglich die zum Ende des vorangegangenen EZ festgestellten vortragsfähigen Fehlbeträge quotal bzw. vollständig unter. 240 Ein bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielter positiver Gewerbeertrag kann mit noch nicht ge-

nutzten Verlusten verrechnet werden.6 Maßgebend ist dabei der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb tatsächlich erwirtschaftete Gewerbeertrag. Daher bleibt ein zum Ende des dem schädlichen Beteiligungserwerb vorangegangenen EZ gesondert festgestellter Fehlbetrag abweichend von § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG abziehbar, soweit bis zum schädlichen Beteiligungserwerb ein positiver Gewerbeertrag erzielt wurde. Dies gilt auch, wenn im EZ, in dem der schädliche Beteiligungserwerb erfolgt, insgesamt ein niedrigerer Gewerbeertrag als in der Zeit bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielt wird.7 Denn § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ordnet eine eindeutige zeitliche Zäsur (Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs) an, die verhindern soll, dass vor dem Anteilseignerwechsel entstandene Verluste für das wirtschaftliche Engagement des neuen Anteilseigners genutzt werden.8 Das Jahressteuerprinzip der GewSt nach § 14 Satz 2 GewStG sowie veranlagungstechnische Voraussetzungen für den Verlustabzug sind dabei unbeachtlich, da § 10a Satz 10 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG ausschließlich den nicht abzugsfähigen nicht genutzten Fehlbetrag bestimmen will.9

1 2 3 4

5 6 7 8 9

Vgl. R 10a.1 Abs. 3 Sätze 7 und 8 GewStR 2009. R 10a.1 Abs. 3 Satz 7 GewStR 2009. Vgl. BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 35. Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 371 (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 74; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 89 (Stand: März 2016); Wingler in Bergemann/Wingler, § 10a GewStG Rz. 94; Hackemann in Mössner/Seeger3, § 8c KStG Rz. 455; Brandis in Blümich, § 8c KStG Rz. 24 (Stand März 2016); Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 32c (Stand: Januar 2017); Förster, StbJb. 2014/2015, 97 (106); offen Gohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 8c KStG Rz. 35; aA R. Neumann in R/H/N, § 8c KStG Rz. 168; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 150; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 96 (Stand: Juli 2015). Siehe hierzu BFH v. 26.6.1996 – VIII R 41/95, BStBl. II 1997, 179 = FR 1996, 640 m. Anm. Kempermann. BFH v. 30.11.2011 – I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 (Ls.). Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 29.11.2017, BStBl. I 2017, 1643 iVm. BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 34. So BT-Drucks. 16/4841, 76; BFH v. 30.11.2011 – I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 Rz. 13 und 16. BFH v. 30.11.2011 – I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 Rz. 17.

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 241 § 10a

Folglich haben auch die Regelungen über die Mindestbesteuerung keinen Einfluss auf die Bestimmung der nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG vom Untergang betroffenen nicht genutzten Verluste,1 da es sich auch hierbei (lediglich) um eine veranlagungstechnische Voraussetzung für den Verlustabzug handelt, die im Weiteren gesetzessystematisch nach der Ermittlung des nicht ausgeglichenen negativen Gewerbeertrags iSd. § 10a Satz 1 und 2 GewStG einsetzt, mithin also nach Eingriff des § 8c KStG.2 Zur Anwendung der Mindestbesteuerung kommt es daher in Bezug auf den noch nicht untergegangenen Fehlbetrag erst iRd. Jahresveranlagung.3 Beispiel: A ist zu 50 % an der T-GmbH beteiligt, die über nicht genutzte Fehlbeträge iHv. 4 Mio. Euro verfügt. Mit Wirkung zum 1.11.2016 überträgt A seine Beteiligung auf B. In dem Zeitraum vom 1.1. bis 31.10.2015 (Wj. = Kj.) erwirtschaftet die T-GmbH einen positiven Gewerbeertrag von 4 Mio. Euro. Im Zeitraum 1.11. bis 31.12.2016 wird kein Ergebnis erwirtschaftet. Lösung: Grundsätzlich ist der Fehlbetrag von 2 Mio. Euro vom Verlustuntergang nach § 10a Satz 10 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG betroffen. Zur Bestimmung des untergehenden Betrags kann der von § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG betroffene Fehlbetrag vollständig mit dem bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschafteten positiven Gewerbeertrag verrechnet werden, sodass die Rechtsfolgen des § 10a Satz 10 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG nicht eintreten. Zum Ende des VZ 2016 findet jedoch bei der T-GmbH die Mindestbesteuerung nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG Anwendung, sodass die T-GmbH einen Betrag von 1,2 Mio. Euro zu versteuern hat. Gleichzeitig wird ein vortragsfähiger Fehlbetrag von 1,2 Mio. Euro festgestellt.

Die FinVerw. geht davon aus, dass auch im Rahmen einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Gew- 241 StG die unterjährigen Verluste der OG von den Rechtsfolgen des § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG betroffen sind.4 Aus dem vorstehend dargelegten Grund (s. Rz. 239) ist dies ebenfalls nicht der Fall. Aber selbst wenn die Auffassung der FinVerw., dass ein laufender gewstl. Verlust ebenfalls vom Verlustuntergang nach § 10a Satz 10 GewStG iVm. § 8c KStG betroffen ist, entgegen des dargelegten Rechtsstandpunkts zutreffend sein sollte, bedeutet dies nicht, dass auch die unterjährigen Verluste einer OG vor Zusammenfassung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG beim OT untergehen. Im Gegensatz zur körperschaftsteuerlichen Organschaft, die auf der sog. Zurechnungstheorie5 basiert und bei der die Einkommenszurechnung der OG zum OT als letzter eigenständiger Geschäftsvorfall zum Ende des Wj. bzw. des VZ erfolgt,6 fußt die gewstl. Organschaft auf der gebrochenen oder eingeschränkten Einheitstheorie.7 Der Verweis auf § 14 KStG in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG bedient sich nur der zu erfüllenden Voraussetzungen auf der Tatbestandsebene für die gewstl. Organschaft, nicht hingegen der Rechtsfolgen. Die OG gilt nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des OT. Dies bewirkt, dass Gewinne und Verluste von OT und OG im Fall des unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerbs ohne förmliche Zurechnung zusammenzufassen sind, da die eingeschränkte oder gebrochene Einheitstheorie der OG die persönliche StPfl. für die Dauer der Organschaft entzieht und dem OT zu1 BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 34. 2 Ebenso zu § 8c KStG Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 32a (Stand: Januar 2017); Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 81a (Stand: August 2014); G. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 79f (Stand: Januar 2014); Adrian, StuB 2014, 464 (465); Adrian/Weiler, BB 2014, 1303 (1305 f.); Ritzer/Stangl, DStR 2014, 977 (978); Rödder, Ubg 2014, 317 (325); Schneider/Sommer, FR 2014, 537 (538); zweifelnd Gosch, JbFfSt. 2014/2015, 105 f.; aA Möhlenbrock, JbFfSt. 2014/2015, 107 f. 3 Ebenso zu § 8c KStG Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 32a (Stand: Januar 2017); Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 81a (Stand: August 2014); G. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 79f (Stand: Januar 2014); offen Grieser/Faller, DStR 2012, 1007 (1009 ff.); zur potenziellen Verfassungswidrigkeit der Mindestbesteuerung bei Definitiveffekten s. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 (BVerfG 2 BvL 19/14). 4 BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 37; aA Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 32b (Stand: Januar 2017). 5 Siehe BT-Drucks. V/3017, 6 f., zur erstmaligen gesetzlichen Regelung der Organschaft in § 7a KStG 1969, sowie BT-Drucks. 7/1470, 347 ff., zur Neuregelung durch §§ 14 ff. KStG 1977. 6 Vgl. BFH v. 28.2.2013 – IV R 50/09, FR 2013, 1137 = BFH/NV 2013, 1036 Rz. 19. 7 Vgl. BFH v. 6.10.1953 – I 29/53 U, BStBl. III 1953, 329; v. 27.9.1960 – I 162/60 U, BStBl. III 1960, 471; v. 8.1.1963 – I 237/61 U, BStBl. III 1963, 188; v. 13.3.1965 – I 338/60 U, BStBl. III 1965, 449; v. 17.2.1972 – IV R 17/68, BStBl. II 1972, 582; v. 6.11.1985 – I R 56/82, BStBl. II. 1986, 73; v. 26.4.2001 – IV R 75/99, FR 2001, 852; v. 24.2.2005 – IV R 12/03, BStBl. II 2006, 361; v. 17.12.2014 – I R 39/14, BFH/NV 2015, 749; Keß in Lenski/ Steinberg, § 2 GewStG Rz. 3525 ff. (Stand: Juni 2016); Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 157 (Stand: April 2013); M. Frotscher in Frotscher/Drüen, § 2 GewStG Rz. 69 ff. (Stand: Januar 2018); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 2 GewStG Rz. 488.

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§ 10a Rz. 242 Gewerbeverlust rechnet.1 In der Hand der OG erwachsen folglich keine (unterjährigen) Fehlbeträge iSd. § 10a Satz 10 GewStG, die wegen der Rechtsfolgen des § 10a Satz 10 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG untergehen könnten, da sie für die Zeit der Dauer der Organschaft nicht als Gewerbetreibender gilt, für den ein „maßgebender Gewerbeertrag“ nach § 10a Satz 1 GewStG zu ermitteln ist. Nur für den Gewerbetreibenden können Fehlbeträge ermittelt werden,2 die nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG untergehen. Bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb an einem OT kann daher von § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG nur ein auf Ebene des OT zusammengefasstes Ergebnis erfasst werden. Ausschließlich vororganschaftliche vortragsfähige Gewerbeverluste der OG sind vom Verlustuntergang nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c KStG direkt erfasst. cc) Ausnahmen vom grundsätzlichen Verlustuntergang: Anwendung der Konzernklausel und der Stille-Reserven-Klausel (1) Konzernklausel 242 Auch die Konzernklausel und die Stille-Reserven-Klausel sind auf die gewstl. Fehlbeträge von Körper-

schaften entsprechend anzuwenden.3 Nach der Konzernklausel liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb nicht vor, wenn – an dem übertragenden Rechtsträger der Erwerber zu 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist und der Erwerber eine natürliche oder juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft ist (§ 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 KStG), – an dem übernehmenden Rechtsträger der Veräußerer zu 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist und der Veräußerer eine natürliche oder juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft ist (§ 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 KStG) oder – an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe natürliche oder juristische Person oder dieselbe Personenhandelsgesellschaft zu jeweils 100 Prozent mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist (§ 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 KStG). Da § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG in allen seinen Varianten das Nichtvorliegen eines schädlichen Beteiligungserwerbs anordnet, wird iErg. bereits die Tatbestandserfüllung des § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG suspendiert. 243 Allen drei Fallkonstellationen des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG ist ein durchgängiges 100-prozentiges Be-

teiligungsverhältnis gemeinsam. Entweder muss der Erwerber am übertragenden Rechtsträger (§ 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 Nr. 1 KStG), der Veräußerer am übernehmenden Rechtsträger (§ 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 Nr. 2 KStG) oder dieselbe natürliche oder juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft (§ 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 Nr. 3 KStG) mittelbar oder unmittelbar zu 100 % beteiligt sein. Das 100 %-Erfordernis bezieht sich auf die Beteiligung am Stamm-/Nennkapital oder an einer vergleichbaren Eigenkapitalposition bei anderen in- oder ausländischen Körperschaften.4 Da das G auf die Beteiligung abstellt, ist das Halten sämtlicher Stimmrechte nicht ausreichend für die Anwendung der Konzernklausel.5 Ferner wird eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen zwar gem. § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG als Erwerber iSd. § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG qualifiziert und gilt somit auch als Erwerber oder derjenige, der die Beteiligung am übernehmenden und übertragenden Rechtsträger hält. Jedoch ist sie weder eine natürliche oder juristische Person noch eine Personenhandelsgesellschaft, wodurch 1 Vgl. dazu BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916; v. 18.9.1996 – I R 44/95, BStBl. II 1997, 181 = FR 1997, 159; v. 7.11.2006 – VIII R 18/98, BFH/NV 2007, 667; v. 27.11.2008 – IV R 72/06, BFH/NV 2009, 791 mwN. 2 Vgl. BFH v. 27.6.1990 – I R 183/85, BStBl. II 1990, 916. 3 Vgl. Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 87 (Stand: März 2016); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 96 (Stand: Juli 2015); Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 14 (Stand: Januar 2017); Bien/Wagner, BB 2010, 923 (932); Kutt/Möllmann, DB 2010, 1150 (1151 f.); Esterer/Bartelt, Ubg 2012, 383 (386). 4 Ebenso G. Frotscher in Frotscher/Drüen, § 8c KStG Rz. 113 (Stand: August 2013); Gohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 8c KStG Rz. 272; Dörr, NWB 2010, 184 (189 f.); Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71 (72); R. Neumann in Binnewies/Spatschek, FS Streck, 2011, 103 (109); aA Schneider/Roderburg, FR 2010, 58 (59 f.). 5 Vgl. G. Frotscher in Frotscher/Drüen, § 8c KStG Rz. 113 (Stand: August 2013); Gohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 8c KStG Rz. 272.

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C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 246 § 10a

diese nicht unter die Begünstigungen der geänderten Konzernklausel fällt. Zur Anwendung der Konzernklausel bei Fehlbeträgen einer Personengesellschaft s. Rz. 266. (2) Stille-Reserven-Klausel (a) Ermittlung der zu erhaltenden Fehlbeträge Neben der Konzernklausel kann ein Verlustuntergang nach § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG durch die 244 Anwendung der sog. Stille-Reserven-Klausel verhindert werden. Im Gegensatz zur Konzernklausel (§ 8c Abs. 1 Satz 5 KStG), die bereits die Tatbestandserfüllung des § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG gänzlich ausschließt, handelt es sich bei der Stille-Reserven-Klausel lediglich um eine Einschränkung der Rechtsfolgen des § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG, sodass die Stille-Reserven-Klausel subsidiär zur Konzernklausel ist.1 Die Stille-Reserven-Klausel ist in § 8c Abs. 1 Sätze 6 bis 9 KStG geregelt und besagt, dass nicht genutzte Verluste bei Beteiligungserwerben erhalten bleiben, soweit sie bei einem schädlichen Beteiligungserwerb iSv. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG die anteiligen und bei einem schädlichen Beteiligungserwerb iSv. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG die gesamten stillen Reserven des inländischen BV der Körperschaft nicht übersteigen. Die stillen Reserven sind in Abhängigkeit vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8c Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 KStG definiert als Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen oder dem gesamten in der stl. Gewinnermittlung ausgewiesenen Eigenkapital und dem auf dieses Eigenkapital jeweils entfallenden gemeinen Wert der Anteile an der Körperschaft, soweit diese im Inland stpfl. sind. Berechnungstechnisch ist dabei wie folgt vorzugehen: Nach § 10a Satz 10 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG nicht abziehbarer Verlust ./. Anteilige oder gesamte stille Reserven nach § 8c Abs. 1 Satz 7 bzw. 8 KStG + Nicht im Inland gewstpfl. stille Reserven = Positiver oder negativer Unterschiedsbetrag Ergibt sich ein negativer Unterschiedsbetrag oder ist dieser null, sind die bei der jeweiligen Verlustkörperschaft vom Untergang nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG betroffenen, nicht genutzten Verluste insgesamt nach § 10a Satz 10 Halb. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG abziehbar. Verbleibt hingegen ein positiver Unterschiedsbetrag, stellt dieser die nicht genutzten Verluste der Körperschaft dar, für die die Ausnahmeregelung des § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG nicht greift und die somit weiterhin nicht abziehbar bleiben. (b) Gewerbesteuerliche Besonderheiten bei der Berücksichtigung von stillen Reserven Bei der Anwendung der Stille-Reserven-Klausel auf gewstl. Fehlbeträge wird auf die im Inland gewstpfl. 245 stillen Reserven abgestellt. Diese können von den körperschaftsteuerpflichtigen stillen Reserven abweichen. So unterliegen bspw. stille Reserven in sog. Anrechnungsbetriebsstätten oder Betriebsstätten, auf deren Einkünfte § 20 Abs. 2 AStG anzuwenden ist, bei der Körperschaft der Besteuerung mit KSt im Inland, sodass sie zu den anteiligen oder gesamten stpfl. stillen Reserven iSd. § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG für Zwecke der KSt gehören. Bei der Unterschiedsbetragsermittlung nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG sind sie allerdings nicht zu erfassen,2 da sie nicht zum inländ. Steuergegenstand der GewSt zählen und somit insoweit auch nicht der inländ. GewStPfl. unterliegen.3 Sofern sie allerdings über § 9 Nr. 3, 7 Satz 8 GewStG als in einer inländ. Betriebsstätte erzielt gelten, sind auch die stillen Reserven aus dieser Betriebsstätte für den Verlusterhalt zu berücksichtigen. Stille Reserven in einer der unbeschränkt stpfl. Verlustkörperschaft nachgeordneten inländ. Mit- 246 unternehmerschaft dürfen ebenso – entgegen der körperschaftsteuerlichen Behandlung – nicht bei 1 Vgl. Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 51 (Stand: Januar 2017); Bien/Wagner, BB 2009, 2627 (2629); Frey/ Mückl, GmbHR 2010, 71 (74); Scheipers/Linn, Ubg 2010, 8 (13); aA Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633 (2635); Dörr, NWB 2010, 184 (202); Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 23 (29). 2 Ebenso Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 57 (Stand: Januar 2017); R. Neumann in R/H/N, 2015, § 8c KStG Rz. 250; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11 (16). 3 Siehe hierzu BFH v. 6.7.2005 – VIII R 72/02, BStBl. II 2010, 828 = FR 2009, 140; Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 2 (Stand: Oktober 2015); Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz. 212 (Stand: November 2012); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 1; Ziehr in Deloitte, § 9 Nr. 3 GewStG Rz. 2; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 9 GewStG Rz. 156 (Stand: April 2014); Suchanek/Hesse, Der Konzern 2017, 335 (338).

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§ 10a Rz. 247 Gewerbeverlust Ermittlung der gewstpfl. stillen Reserven berücksichtigt werden,1 da Gewinnanteile aus Mitunternehmerschaften nach dem Objektsteuerprinzip der GewSt nicht dem Gewerbebetrieb der vorgeschalteten Körperschaft zuzurechnen sind.2 Die Mitunternehmerschaft stellt vielmehr einen eigenen Steuergegenstand dar, sodass der Gewerbeertrag nur bei dieser anzusetzen ist. Dies gilt ebenfalls, wenn doppel- oder mehrstöckige inländische Mitunternehmerschaften der Körperschaft nachgeordnet sind. Auch in diesen Fällen werden die anteiligen oder gesamten stillen Reserven der Mitunternehmerschaften für Zwecke des Erhalts des vortragsfähigen Gewerbeverlusts der Verlustkörperschaft nicht berücksichtigt. Zur Unterschiedsbetragsermittlung nach § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG auf Ebene der Mitunternehmerschaft s. Rz. 267. Gestaltungshinweis:3 Sofern die Verlustkörperschaft die einzige vermögensmäßig beteiligte Mitunternehmerin einer Mitunternehmerschaft ist und die eigenen anteiligen stillen Reserven der Verlustkörperschaft nicht ausreichen, um ihre vortragsfähigen Gewerbeverluste nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG zu erhalten, besteht die Gestaltungsmöglichkeit im Vorfeld eines schädlichen Beteiligungserwerbs, die Mitunternehmerschaft auf die Körperschaft steuerneutral nach §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB iVm. § 738 BGB anwachsen zu lassen.4 Die stillen Reserven der Mitunternehmerschaft werden dann zu eigenen stillen Reserven der Körperschaft, die für den Verlusterhalt iHd. stillen Reserven genutzt werden können. Zudem geht der eigene Gewerbeverlust der Mitunternehmerschaft auf die Körperschaft über (s. dazu Rz. 123). Neben der Anwachsung als Gestaltungsmöglichkeit ist auch die Wandlung der der Körperschaft nachgelagerten Personengesellschaft in eine Treuhand-KG zur Nutzung der stillen Reserven denkbar.5 Die stillen Reserven der Mitunternehmerschaft werden dann ebenfalls zu eigenen stillen Reserven der Körperschaft. Die Personengesellschaft bleibt jedoch im Fall der Wandlung in eine Treuhand-KG zivilrechtlich existent.

247 Stille Reserven in einer der unbeschränkt stpfl. Verlustkörperschaft nachgeordneten ausländ. Mit-

unternehmerschaft werden bei der Ermittlung der stillen Reserven für Zwecke der GewSt grds. ebenfalls nicht berücksichtigt, weil die jeweiligen Gewinn- und Verlustanteile aus der ausländ. Mitunternehmerschaft nicht dem Steuergegenstand der Verlustkörperschaft zuzurechnen sind.6 Werden die Einkünfte einer ausländ. Mitunternehmerschaft jedoch über § 7 Satz 8 GewStG fiktiv einer inländ. Betriebsstätte zugerechnet und ist die Kürzung über § 9 Nr. 2 Satz 2 GewStG ausgeschlossen, dürfen die stillen Reserven in der ausländ. Mitunternehmerschaft auch für den Erhalt des vortragsfähigen Gewerbeverlusts der inländ. Körperschaft berücksichtigt werden. b) Anwendung des § 8d KStG bei Körperschaften aa) Zeitliche Anwendung 248 Gem. § 36 Abs. 2d GewStG ist § 8d KStG (nach Maßgabe des § 10a Satz 10 GewStG) erstmals auf

schädliche Beteiligungserwerbe iSd. § 8c anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 erfolgen. Die gewstl. Anwendungsvorschrift enthält im Gegensatz zur körperschaftsteuerlichen Anwendungsvorschrift in § 34 Abs. 6a KStG keine Einschränkung für die Ein- oder Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs. Kommt auch die Bildung eines ausschließlich gewstl. Verlustvortrags iSd. § 8d KStG in Betracht (s. Rz. 255), ist eine vorherige Ein- oder Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs für die Anwendung von § 8d KStG in der GewSt mangels ausdrücklicher Anordnung unschädlich. bb) Zugangsvoraussetzungen 249 Neben der entsprechenden Anwendung des § 8c KStG ordnet § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG auch

die Anwendung des § 8d KStG an. Dieser bewirkt auf Antrag des StPfl., dass im Falle eines schädli1 Ebenso Neumann in R/H/N, § 8c KStG Rz. 255; Gohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 8c KStG Rz. 308; Hackemann in Mössner/Seeger3, § 8c KStG Rz. 414; Hötzel, JbFfSt. 2010/2011, 150 (160); Schneider/Sommer, FR 2014, 537 (540). 2 Vgl. BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794; s. hierzu auch Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 3 (Stand: Juni 2016); Schreiber in Deloitte, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 5. 3 Vgl. auch Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 57 (Stand: Januar 2017). 4 Vgl. nur OFD Berlin v. 19.7.2002 – St 122 - S 2241 - 2/02, DB 2002, 1966 = GmbH-StB 2002, 345; OFD Koblenz v. 21.10.2002 – S 2241 A, juris. 5 Vgl. Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 57 (Stand: Januar 2017). 6 Vgl. Keß in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2 GewStG Rz. 20 (Stand: Juni 2016).

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 253 § 10a

chen Beteiligungserwerbs nach § 8c KStG die weitere Nutzung der Verluste möglich ist, sofern der Geschäftsbetrieb der Körperschaft erhalten bleibt und eine anderweitige Nutzung der Verluste ausgeschlossen ist. Zweck der Regelung ist die Vermeidung stl. Hemmnisse für Unternehmen, welche die Voraussetzungen der Konzernklausel und der Stille-Reserven-Klausel nicht erfüllen, bei denen aber die Neuaufnahme oder der Wechsel von Anteilseignern zur Finanzierung notwendig wird.1 Gem. § 8d Abs. 1 KStG ist § 8c KStG nach einem schädlichen Beteiligungserwerb auf Antrag nicht 250 anzuwenden, wenn die Körperschaft seit Gründung oder zumindest seit Beginn des dritten EZ, der dem EZ des schädlichen Beteiligungserwerbs vorausgeht (Beobachtungszeitraum),2 ausschließlich denselben Geschäftsbetrieb unterhält. Des Weiteren darf die Verlustkörperschaft zu Beginn des dritten EZ, der dem EZ des schädlichen Beteiligungserwerbs vorausgeht, nicht Organträger und nicht an einer Mitunternehmerschaft beteiligt sein und der Geschäftsbetrieb der Verlustkörperschaft darf vor dem 1.1.2016 weder eingestellt noch ruhend gestellt worden sein. Außerdem dürfen im Beobachtungszeitraum folgende schädliche Ereignisse nicht eingetreten sein: – der Geschäftsbetrieb darf nicht ruhend gestellt werden, – der Geschäftsbetrieb darf keiner andersartigen Zweckbestimmung zugeführt werden, – die Körperschaft darf keinen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufnehmen, – die Körperschaft darf sich nicht an einer Mitunternehmerschaft beteiligen, – die Körperschaft darf nicht die Stellung eines Organträgers iSd. § 14 Abs. 1 KStG einnehmen oder – auf die Körperschaft dürfen keine WG übertragen werden, die sie zu einem geringeren als dem gemeinen Wert ansetzt. Zwingende Voraussetzung für die Anwendung von § 8d KStG ist ein schädlicher unmittelbarer oder 251 mittelbarer Beteiligungserwerb iSd. § 8c KStG und die weiter gehende tatsächliche Anwendung von § 8c KStG. Folglich findet § 8d KStG keine Anwendung, sofern kein schädlicher Beteiligungserwerb gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn3 – die Konzernklausel gem. § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG greift oder – der vermeintlich schädliche Erwerb der Anteile durch eine natürliche Person durch Erbfall, unentgeltliche Erbauseinandersetzung oder vorweggenommene Erbfolge erfolgt ist.4 Des Weiteren muss die Körperschaft denselben Geschäftsbetrieb im Beobachtungszeitraum un- 252 unterbrochen betrieben haben und es darf in diesem Zeitraum kein schädliches Ereignis iSd. § 8d Abs. 2 Nr. 1 bis 6 KStG eingetreten sein. Der Beobachtungzeitraum beginnt mit der Gründung der Verlustkörperschaft oder mit dem Beginn des dritten VZ, der dem VZ des schädlichen Beteiligungserwerbs vorausgeht, und endet mit dem Schluss des EZ des schädlichen Beteiligungserwerbs. Ein Geschäftsbetrieb umfasst gem. § 8d Abs. 1 Satz 3 KStG die von einer einheitlichen Gewinnerzie- 253 lungsabsicht getragene, nachhaltige, sich gegenseitig ergänzende und fördernde Betätigung der Körperschaft und bestimmt sich nach qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung. Qualitative Merkmale sind insbes. die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikation der Arbeitnehmer (§ 8d Abs. 1 Satz 4 KStG). Die Auslegung des Begriffs Geschäftsbetrieb5 sollte sich an der gewerbesteuerrechtlichen Terminierung der „Unternehmensidentität“ orientieren,6 sodass der sachliche Zusammenhang der Tätigkeit der Körperschaft maßgeblich ist. Auch für die Anwendung des § 8d KStG sollte auf die wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Eingliederung in den wesentlichen Punkten abgestellt werden. Sofern diese unverändert ist, liegt auch ein und derselbe Geschäftsbetrieb iSd. § 8d KStG vor.

1 2 3 4

Vgl. BT-Drucks. 18/9986, 1, 9, 12. Vgl. BT-Drucks. 18/10495, 14. Vgl. Förster/von Cölln, DStR 2017, 8 (9). Vgl. BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 4; aA zur vorweggenommenen Erbfolge jedoch FG Münster v. 4.11.2015 – 9 K 3478/13 F, rkr., DStRE 2016, 480 (Rev. aus formellen Gründen unzulässig, BFH v. 20.7.2016 – I R 6/16, BFH/NV 2016, 1733). 5 Ausf. zur Auslegung des Begriffs Geschäftsbetrieb s. Suchanek/Rüsch, Ubg 2016, 576. 6 Ebenso Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 91 (Stand: April 2017).

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 254 Gewerbeverlust cc) Antragserfordernis 254 Die Nichtanwendung des § 8c KStG bedarf nach § 8d Abs. 1 Satz 1 KStG eines Antrags des StPfl. Dieser

ist nach § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG in der Steuererklärung für die Veranlagung des EZ zu stellen, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt. Der Gesetzeswortlaut enthält dabei keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung für die Antragsausübung, sodass es nicht die erstmalige Steuererklärung sein muss.1 Der Antrag kann auch bis zur formellen und materiellen Bestandskraft des jeweiligen Steuerbescheids zurückgenommen werden.2 Wird für Zwecke der KSt ein Antrag gestellt, hat dies zur Konsequenz, dass damit zwingend eine entsprechende Anwendung des § 8d KStG auf die Fehlbeträge einhergeht.3 dd) Erfordernis der gesonderten Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags 255 § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG enthält neben der erforderlichen Tatbestandserfüllung nach § 8d KStG

eine eigenständige Voraussetzung für die entsprechende Anwendung auf die Fehlbeträge einer Körperschaft. Hiernach ist nach dem Gesetzeswortlaut die gesonderte Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags nach § 8d KStG erforderlich. Problematisch sind in diesem Zusammenhang die Fälle, in denen nur ein gewstl. Verlust und kein körperschaftsteuerlicher Verlust erwirtschaftet wird. Zwar kann in diesen Konstellationen ein schädlicher Beteiligungserwerb iSd. § 8c KStG vorliegen, sodass die Anwendung des § 8d KStG grds. möglich ist. Jedoch ist eine gesonderte Feststellung nach § 8d KStG mangels Verlusts nicht möglich. Da Satz 10 zur Anwendung des § 8d KStG auf Fehlbeträge jedoch die gesonderte Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrages nach § 8d KStG fordert, kann die Ansicht vertreten werden, dass die Vorschrift für den vorstehend beschriebenen Fall ins Leere liefe. Dieses Ergebnis ist uE nicht im Einklang mit dem Gesetzeszweck der Vorschrift. Aus diesem Grund sollte die Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags abstrakt zu verstehen sein. Wenn es mangels Verlusts für Körperschaftsteuerzwecke nicht zur tatsächlichen Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags kommt, sollte uE dennoch auf Antrag eine entsprechende Feststellung für Gewerbesteuerzwecke möglich sein.4 ee) Rechtsfolge 256 Rechtsfolge der entsprechenden Anwendung von § 8d Abs. 1 KStG ist, dass der zum Schluss des abge-

laufenen EZ festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust auf Antrag insgesamt zum fortführungsgebundenen Gewerbeverlust wird. Dies gilt nicht nur in den Fällen eines schädlichen Beteiligungserwerbs iSd. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG, sondern auch im Fall eines quotalen Verlustuntergangs nach § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG.5 Der fortführungsgebundene Gewerbeverlust ist gesondert festzustellen und gem. § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8d Abs. 1 Satz 8 KStG vorrangig vor dem vortragsfähigen Fehlbetrag abzuziehen. Die Anwendung der Mindestbesteuerung nach § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG wird auf den fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d Abs. 1 Satz 6 mit guten Gründen in Zweifel gezogen.6 Der fehlende Verweis auf § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in § 8d KStG hat je1 Siehe hierzu Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 207a (Stand: April 2017); Suchanek/Rüsch in H/H/R, § 8d KStG Anm. 41 (Stand: Oktober 2017). 2 Vgl. Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 207a (Stand: April 2017); Suchanek/Rüsch in H/H/R, § 8d KStG Anm. 41 (Stand: Oktober 2017); Brandis in Blümich, § 8d KStG Rz. 41 (Stand: April 2017); Neyer, BB 2017, 415 (417); aA Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher2, § 8d KStG Rz. 46; Förster/von Cölln, DStR 2017, 7 (10). 3 Vgl. Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 90 (Stand: April 2017); Suchanek/Rüsch in H/H/R, § 8d KStG Anm. 17 (Stand: Oktober 2017); aA Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 207a (Stand: April 2017); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 88b; Ortmann-Babel/Bolik, DB 2016, 2984 (2986). 4 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 207a (Stand: April 2017); Suchanek/Rüsch in H/H/R, § 8d KStG Anm. 17 (Stand: Oktober 2017); Suchanek/Rüsch, Ubg 2017, 7 (13); aA Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 90 (Stand: April 2017). 5 Zur Kritik s. nur BR-Drucks. 544/16 (B), 3; Suchanek/Rüsch, Ubg 2016, 576 (583). 6 Vgl. Suchanek/Rüsch in H/H/R, § 8d KStG Anm. 16 (Stand: Oktober 2017); Leibner/Dötsch in D/P/M, § 8d KStG Rz. 46 (Stand: Januar 2017); Brandis in Blümich, § 8d KStG Rz. 42 (Stand: April 2017); Mirbach, KÖSDI 2017, 20330 (20338); Gänsler, Wpg. 2017, 534 (535); aA Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher2, § 8d KStG Rz. 126; Keilhoff/Risse, FR 2016, 1085 (1089); Förster/von Cölln, DStR 2017, 8 (15); B. Lang in Ernst & Young, § 8c KStG Rz. 247 (Stand: Februar 2017).

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 260 § 10a

doch für die GewSt keine Konsequenz. Vielmehr enthält § 10a Satz 1 und 2 GewStG eine eigenständige Regelung für die Mindestbesteuerung iRd. GewSt. § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG bewegt sich uE in einem eindeutigen Regelungsumfeld, für dessen Anwendung es keines ausdrücklichen Verweises bedarf, sodass auf einen fortführungsgebundenen Verlustvortrag für Zwecke der GewSt § 10a Sätze 1 und 2 GewStG Anwendung findet.1 ff) Schädliche Ereignisse nach Feststellung von fortführungsgebundenen Fehlbeträgen Neben der Einstellung des Geschäftsbetriebs nach § 8d Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 KStG enthält § 8d Abs. 2 257 Satz 2 Nr. 1 bis 6 KStG eine abschließende Aufzählung von schädlichen Ereignissen, die zum Untergang des fortführungsgebundenen Verlustvortrags führen. Ein schädlicher Beteiligungserwerb iSd. § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG hat durch den abschließenden Charakter der Aufzählung des § 8d Abs. 2 KStG hingegen nicht den Untergang eines bestehenden fortführungsgebundenen Fehlbetrags nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG iVm. § 8d Abs. 1 Satz 6 KStG zur Konsequenz. § 8d Abs. 2 KStG ist insoweit lex specialis.2 Der nach § 8d Abs. 1 KStG zuletzt festgestellte fortführungsgebundene Verlustvortrag geht, neben 258 dem Fall, in dem der Geschäftsbetrieb eingestellt wird (§ 8d Abs. 2 Satz 1 KStG), in den folgenden Fällen unter: – der Geschäftsbetrieb wird ruhend gestellt, – der Geschäftsbetrieb wird einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt, – die Körperschaft nimmt einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb auf, – die Körperschaft beteiligt sich an einer Mitunternehmerschaft, – die Körperschaft nimmt die Stellung eines Organträgers iSd. § 14 Abs. 1 KStG ein oder – auf die Körperschaft werden WG übertragen, die sie zu einem geringeren als dem gemeinen Wert ansetzt. § 8d Abs. 2 KStG enthält keine zeitliche Befristung. Dies bedeutet, dass die Verwirklichung eines seiner Tatbestände so lange schädlich ist, wie ein fortführungsgebundener Fehlbetrag für Zwecke des § 10a GewStG besteht. Im Falle eines schädlichen Ereignisses iSd. § 8d Abs. 2 KStG findet nach § 8d Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 259 KStG die Stille-Reserven-Klausel zum Schluss des dem schädlichen Ereignis vorangegangenen EZ Anwendung. Beispiel: Die X-GmbH hat zum 31.12.2016 einen Verlust iHv. 500.000 Euro. Im Jahr 16 erwirbt D die X-GmbH zu 100 %. Es wird ein Antrag gem. § 8d KStG gestellt. Im Jahr 2018 beteiligt sich die X-GmbH an der XY-GmbH & Co. KG. Zum 31.12.2017 betragen die stillen Reserven 300.000 Euro. Das Ergebnis in 2017 war ausgeglichen. Lösung: § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG findet grds. Anwendung. Die Verluste würden unter Berücksichtigung der stillen Reserven zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs untergehen. Der Antrag gem. § 8d Abs. 1 KStG führt dazu, dass der Verlust in voller Höhe (500.000 Euro) zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag wird. Die Beteiligung an der KG im Jahr 2018 stellt jedoch ein schädliches Ereignis iSd. § 8d Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 KStG dar. Der fortführungsgebundene Verlustvortrag geht iHv. 200.000 Euro unter, da für die Verschonung die stillen Reserven zum 31.12.2017 (24:00 Uhr) maßgebend sind.

5. Entsprechende Anwendung des § 8c KStG auf Fehlbeträge von Mitunternehmerschaften, die einer Körperschaft unmittelbar oder mittelbar nachgeordnet sind (Satz 10 Halbs. 2) a) Anwendung des § 8c KStG aa) Tatbestandsverwirklichung auf Ebene der Körperschaft § 8c KStG findet gem. § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG entsprechende Anwendung auf Fehlbeträge ei- 260 ner Mitunternehmerschaft, die einer Körperschaft nachgeordnet ist. Hierbei werden im Wege eines 1 Wohl auch Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 207a (Stand: April 2017). 2 Ebenso Suchanek/Rüsch in H/H/R, § 8d KStG Anm. 15 (Stand: Oktober 2017); Leibner/Dötsch in D/P/M, § 8d KStG Rz. 48 (Stand: Januar 2017); Hackemann in Mössner/Seeger, § 8d KStG Rz. 92 (Stand: Juni 2017); aA Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher2, § 8d KStG Rz. 127; Neumann/Heuser, GmbHR 2017, 281 (289); Förster/ von Cölln, DStR 2017, 8 (17).

Suchanek/Hesse

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§ 10a Rz. 261 Gewerbeverlust Rechtsfolgenverweises1 zwei Fallgestaltungen unterschieden. Satz 10 Halbs. 2 Nr. 1 regelt den Sachverhalt der direkten Beteiligung einer Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft. Satz 10 Halbs. 2 Nr. 2 behandelt den Fall, wenn die Körperschaft über eine oder mehrere Mitunternehmerschaften an einer Mitunternehmerschaft mittelbar beteiligt ist. 261 Für den Untergang des Fehlbetrags einer Personengesellschaft gem. § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG er-

folgt zunächst die Prüfung, ob auf Ebene der Körperschaft, als unmittelbarer oder mittelbarer Anteilseigner der Personengesellschaft, ein schädlicher Beteiligungserwerb iSd. § 8c Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 KStG vorliegt.2 Die Prüfung erfolgt nicht auf Ebene der Personengesellschaft selbst. Folglich geht ein gewstl. Verlust auf Ebene der Personengesellschaft auch dann unter, wenn die Körperschaft weniger als 25 % am Kapital der Mitunternehmerschaft beteiligt ist.3 Ebenso kommt es zum Untergang der Fehlbeträge einer Personengesellschaft nach § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG, sofern die beteiligte KapGes. selbst keine Verlustvorträge hat. bb) Verlustuntergang in Höhe der zugerechneten Fehlbeträge der Mitunternehmerschaft (1) Unmittelbare Beteiligung der Körperschaft an der Mitunternehmerschaft (Satz 10 Halbs. 2 Nr. 1) 262 § 10a Satz 10 Halbs. 2 Nr. 1 GewStG ordnet die entsprechende Anwendung von § 8c KStG auf den

Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft an, soweit dieser einer Körperschaft unmittelbar zuzurechnen ist. Dies ist der nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nach Satz 4 zugeordnete Fehlbetrag (s. hierzu Rz. 174) der Mitunternehmerschaft im Verlustentstehungsjahr bzw. der auf sie entfallende verbleibende Fehlbetrag nach Verrechnungen mit positiven Gewerbeerträgen im Abzugsjahr nach Satz 5 (s. hierzu Rz. 180).4 § 10a Satz 10 Halbs. 2 Nr. 1 GewStG ordnet ebenso wie Satz 10 Halbs. 1 die entsprechende Anwendung des § 8c KStG auf die Fehlbeträge einer Mitunternehmerschaft an. Folglich werden bei Personengesellschaften – wie bei Körperschaften – keine laufenden Verluste von § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG erfasst (s. dazu Rz. 239).5 Des Weiteren bleibt – wie bei Körperschaften – der zum Ende des dem schädlichen Beteiligungserwerb vorangegangenen EZ gesondert festgestellte verbleibende Fehlbetrag abweichend von § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG abziehbar, soweit bis zum schädlichen Beteiligungserwerb ein positiver Gewerbeertrag erzielt wurde. Im Gegensatz zum Mitunternehmerwechsel, bei dem der gesamte Gewerbeertrag für eine etwaige Verlustverrechnung im Jahr des Mitunternehmerwechsels positiv sein muss (s. dazu Rz. 187 f.), gilt Vorstehendes bei der entsprechenden Anwendung des § 8c KStG auf den Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft auch, wenn im EZ, in dem der schädliche Beteiligungserwerb erfolgt, insgesamt ein niedrigerer Gewerbeertrag als in der Zeit bis zum schädlichen Beteiligungserwerb oder sogar ein negativer Gewerbeertrag erzielt wird (s. dazu auch Rz. 240).6 263 In Höhe des von der Mitunternehmerschaft zuzurechnenden Anteils ist sodann auf Ebene der Kör-

perschaft zu differenzieren, ob es zu einer Tatbestandsverwirklichung nach § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG gekommen ist. Ist der Tatbestand des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG realisiert, geht der zugerechnete Verlust anteilig unter, bei Verwirklichung des Tatbestands des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG geht er vollständig unter.

1 AA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 121. 2 R 10a.1 Abs. 3 Sätze 5 und 6 GewStR 2009; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 101 (Stand: Juli 2015); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 155; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 121; Schöneborn, NWB 2011, 366 (368). 3 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 82 (Stand: April 2017). 4 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 81 (Stand: April 2017); Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 156. 5 Vgl. auch Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 81 (Stand: April 2017); Suchanek, Ubg 2009, 178 (184 f.). 6 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 29.11.2017, BStBl. I 2017, 1643 iVm. BMF v. 28.11.2017 – IV C 2 - S 2745 - a/09/10002 :004 – DOK 2017/0789973, BStBl. I 2017, 1645 Rz. 34.

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Suchanek/Hesse

C. Gesetzliche Regelungen zu den Gewerbeverlusten

Rz. 266 § 10a

Beispiel 1: A ist Alleingesellschafter der A-GmbH, die im Jahr 01 zu 80 % an der A-OHG beteiligt ist. Der zum 31.12.01 vortragsfähige Gewerbeverlust der A-OHG beträgt 300.000 Euro. Im Jahr 02 erwirbt B von A 30 % der Anteile an der A-GmbH. Lösung: Auf Ebene der A-GmbH erfolgt im EZ 02 ein schädlicher Beteiligungserwerb iSd. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG. Der A-GmbH werden 80 % der Verluste der A-OHG zugerechnet. Unter Berücksichtigung der Beteiligungshöhe von 80 % der A-GmbH an A-OHG folgt, dass vom vortragsfähigen Gewerbeverlust der A-OHG im EZ 02 nunmehr 30 % von 80 % (= 24 % von 300.000 Euro) nach Satz 10 Halbs. 2 Nr. 1 untergehen. Beispiel 2: Wie Beispiel 1. Nur verkauft A 80 % der Anteile an der A-GmbH an B. Lösung: Auf Ebene der A-GmbH wird das Tatbestandsmerkmal des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG erfüllt, da mehr als 50 % der Anteile an der A-GmbH übertragen werden. Dies führt dazu, dass sämtliche Verluste der A-GmbH untergehen. Die Verluste der A-OHG gehen unter Berücksichtigung der Beteiligungshöhe von 80 % nach Satz 10 Halbs. 2 Nr. 1 vollständig unter.

(2) Mittelbare Beteiligung der Körperschaft an der Mitunternehmerschaft über eine Mitunternehmerschaft (Satz 10 Halbs. 2 Nr. 2) Satz 10 Halbs. 2 Nr. 2 geht zur Bestimmung des Untergangs von Fehlbeträgen einer Unterpersonenge- 264 sellschaft, an der die Körperschaft über eine Oberpersonengesellschaft beteiligt ist, über eine zweistufige Zurechnung vor (doppeltes „soweit“). Er ordnet im ersten Schritt den entsprechenden Fehlbetrag der Unterpersonengesellschaft der Oberpersonengesellschaft zu, soweit diese an der Unterpersonengesellschaft beteiligt ist. Diese Zurechnung wird jedoch auf den Betrag eingeschränkt, soweit eine Körperschaft unmittelbar oder über weitere Mitunternehmerschaften an der Oberpersonengesellschaft beteiligt ist. Die Höhe des Verlustuntergangs auf Ebene der Personengesellschaft wird somit anteilig berechnet. Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft, bei der § 10a Satz 10 Halbs. 2 Nr. 2 GewStG Anwendung findet, ist der Verlustvortrag folglich in Höhe der durchgerechneten Beteiligungsquote nicht mehr verrechenbar.1 Beispiel 1: A ist Alleingesellschafter der A-GmbH, die im Jahr 01 zu 80 % an der A-OHG (Obergesellschaft) beteiligt ist. Die A-OHG ist ihrerseits zu 50 % an der B-OHG (Untergesellschaft) beteiligt. Die zum 31.12.01 vortragsfähigen Gewerbeverluste betragen für die A-OHG 300.000 Euro und für die B-OHG 200.000 Euro. Im Jahr 02 erwirbt B von A 30 % der Anteile an der A-GmbH. Lösung: Auf Ebene der A-GmbH erfolgt im EZ 02 ein schädlicher Beteiligungserwerb iSd. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG. Der A-GmbH werden 80 % der Verluste der A-OHG zugerechnet. Unter Berücksichtigung der Beteiligungshöhe von 80 % der A-GmbH an der A-OHG folgt, dass vom vortragsfähigen Gewerbeverlust der A-OHG im EZ 02 nunmehr 30 % von 80 % (= 24 % von 300.000 Euro) untergehen. Weiterhin ist der vortragsfähige Gewerbeverlust der B-OHG aufgrund der mittelbaren Beteiligung der A-GmbH an der B-OHG von 40 % (80 % von 50 %) im Jahr 02 ebenfalls zu 30 % (= 12 % von 200.000 Euro) nicht mehr abziehbar. Beispiel 2: Wie Beispiel 1. Nur verkauft A 80 % der Anteile an der A-GmbH an B. Lösung: Auf Ebene der A-GmbH wird das Tatbestandsmerkmal des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG erfüllt, da mehr als 50 % der Anteile an der A-GmbH übertragen werden. Dies führt dazu, dass sämtliche Verluste der A-GmbH untergehen. Die Verluste der A-OHG gehen unter Berücksichtigung der Beteiligungshöhe von 80 % vollständig unter. Bei der B-OHG reduziert sich der Verlustvortrag iHv. 40 % (80 % von 50 % von 200.000 Euro).

cc) Anwendung der Konzernklausel und der Stille-Reserven-Klausel Der Verweis auf § 8c KStG in den Regelungen des § 10a Satz 10 Halbs. 2 schließt dabei auch die An- 265 wendbarkeit der Ausnahmeregelungen für konzerninterne Übertragungen (s. hierzu Rz. 242 f.) sowie für den Verlusterhalt iHd. stillen Reserven (s. hierzu Rz. 244) ein. Ebenso wie die grundsätzliche Anwendung des § 8c KStG wird für Zwecke des § 10a Satz 10 Halbs. 2 266 GewStG die Konzernklausel allein auf Ebene der Körperschaft geprüft und nicht auf Ebene der 1 Vgl. R 10 a.1 Abs. 3 Satz 6 GewStR 2009; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 82 (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 102 (Stand: Juli 2015); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 121; Beinert/Benecke, Ubg 2009, 169 (172 f.); Brandenberg, JbFfSt. 2010/11, 430 (443); aA Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 158 f.; Hoffmann, DStR 2009, 257 (258); Suchanek, Ubg 2009, 178 (183) (Auffassung aufgegeben).

Suchanek/Hesse

663

§ 10a Rz. 267 Gewerbeverlust nachgelagerten Personengesellschaften. Greift die Konzernklausel auf Ebene der Körperschaft, so liegt kein schädlicher Beteiligungserwerb vor und die Verluste der Personengesellschaft bleiben unabhängig von der Beteiligungshöhe der Körperschaft erhalten.1 Die durchgängige 100 %-Kette ist damit nur bei den der Mitunternehmerschaft vorgeschalteten Körperschaften erforderlich. Die Höhe der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft ist unbeachtlich.2 Beispiel: Die A-GmbH ist alleinige Anteilseignerin der B-GmbH und der C-GmbH. Die C-GmbH hält 30 % der Anteile an der X-OHG, die einen vortragsfähigen Fehlbetrag von 100.000 Euro hat. Die A-GmbH veräußert ihre Anteile an der C-GmbH an die B-GmbH. Lösung: Grundsätzlich liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb iSd. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG vor. Da aber die A-GmbH an dem übernehmenden Rechtsträger als Veräußerer zu 100 % unmittelbar beteiligt ist und zudem eine juristische Person ist, greift § 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 KStG. Ein schädlicher Beteiligungserwerb liegt daher nicht vor. Folglich bleiben die vortragsfähigen Fehlbeträge der X-OHG erhalten.

267 Neben der Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG kann der Verlustuntergang auch durch An-

wendung der Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 Satz 6 bis 8 KStG) vermieden werden. Fraglich ist, ob für Zwecke der entsprechenden Anwendung hinsichtlich des Bestehens stiller Reserven auf die Körperschaft oder die Mitunternehmerschaft abzustellen ist. Da § 10a Satz 10 Halbs. 2 rechtstechnisch die Gewerbeverluste der Personengesellschaft der Körperschaft als Mitunternehmerin zurechnet und einen Rechtsfolgenverweis auf § 8c KStG anordnet, sind maßgebende stille Reserven die stillen Reserven der vorgeschalteten Körperschaft, wobei diese allerdings auch die stillen Reserven der Mitunternehmerschaft beinhalten.3 b) Keine entsprechende Anwendung des § 8d KStG für Fehlbeträge von Mitunternehmerschaften 268 Gem. § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG findet § 8d KStG explizit keine Anwendung für den Fehlbetrag

einer Mitunternehmerschaft. Folglich gehen Verluste einer Mitunternehmerschaft, sofern die Konzernklausel oder die Stille-Reserven-Klausel nicht greift, unter. Der Ausschluss der Anwendung des § 8d KStG auf die Fehlbeträge von Mitunternehmerschaften kann nur mit rein fiskalischen Zwecken begründet werden und ist zu kritisieren, da keine Verrechnung von Gewerbeerträgen und Fehlbeträgen zwischen Mitunternehmerschaft und Körperschaft stattfindet und somit keine Gefahr einer Verlustnutzung außerhalb des Geschäftsbetriebs der Mitunternehmerschaft besteht,4 und weil für den Erhalt von Fehlbeträgen einer Mitunternehmerschaft ohnehin die Voraussetzung der Unternehmensidentität vorliegen muss und die Anwendung von § 8d KStG hieran nichts ändern würde.5 Der gesetzessystematische Bruch, der durch die entsprechende Anwendung von § 8c KStG auf die Fehlbeträge einer nachgeordneten Mitunternehmerschaft kodifiziert wird (s. hierzu Rz. 227), und die daraus resultierende fehlende Folgerichtigkeit des § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG (s. hierzu Rz. 36) wird durch die Nichtanwendung von § 8d KStG weiter verfestigt.

1 Ebenso Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 84a (Stand: April 2017); Schnitter in Frotscher/ Drüen, § 10a GewStG Rz. 103a (Stand: Juli 2015); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 121b; aA Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71 (72). 2 Vgl. auch Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 14 (Stand: Januar 2017). 3 Vgl. auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 10a GewStG Rz. 121c; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 10a GewStG Rz. 103a (Stand: Juli 2015); Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Anm. 14 (Stand: Januar 2017), unter Verweis auf R 10a.1 Abs. 3 Sätze 5 und 6 GewStR 2009 zur Maßgeblichkeit der Tatbestandsverwirklichung auf Ebene der Körperschaft; aA Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 84b (Stand: April 2017); Frey/Mückl, AG 2009, 866 (869). 4 Zur Kritik s. ebenfalls Suchanek/Rüsch, Ubg 2016, 576 (584); IDW, Ubg 2016, 698 (701). 5 Vgl. auch Suchanek/Rüsch in H/H/R, § 8d KStG Anm. 17 (Stand: Oktober 2017); Suchanek/Rüsch, Ubg 2017, 7 (13).

664

Suchanek/Hesse

§ 11 Steuermesszahl und Steuermessbetrag (1) 1Bei der Berechnung der Gewerbesteuer ist von einem Steuermessbetrag auszugehen. 2Dieser ist durch Anwendung eines Prozentsatzes (Steuermesszahl) auf den Gewerbeertrag zu ermitteln. 3Der Gewerbeertrag ist auf volle 100 Euro nach unten abzurunden und 1. bei natürlichen Personen sowie bei Personengesellschaften um einen Freibetrag in Höhe von 24.500 Euro, 2. bei Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 3 und des § 3 Nr. 5, 6, 8, 9, 15, 17, 21, 26, 27, 28 und 29 sowie bei Unternehmen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts um einen Freibetrag in Höhe von 5.000 Euro, höchstens jedoch in Höhe des abgerundeten Gewerbeertrags, zu kürzen. (2) Die Steuermesszahl für den Gewerbeertrag beträgt 3,5 Prozent. (3) 1Die Steuermesszahl ermäßigt sich auf 56 Prozent bei Hausgewerbetreibenden und ihnen nach § 1 Abs. 2 Buchstabe b und d des Heimarbeitsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 804-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 13. Juli 1988 (BGBl. I S. 1034), gleichgestellten Personen. 2Das Gleiche gilt für die nach § 1 Abs. 2 Buchstabe c des Heimarbeitsgesetzes gleichgestellten Personen, deren Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus der Tätigkeit unmittelbar für den Absatzmarkt im Erhebungszeitraum 25.000 Euro nicht übersteigen. § 22 GewStDV § 22 Hausgewerbetreibende und ihnen gleichgestellte Personen 1Betreibt

ein Hausgewerbetreibender oder eine ihm gleichgestellte Person noch eine andere gewerbliche Tätigkeit und sind beide Tätigkeiten als eine Einheit anzusehen, so ist § 11 Abs. 3 des Gesetzes nur anzuwenden, wenn die andere Tätigkeit nicht überwiegt. 2Die Vergünstigung gilt in diesem Fall für den gesamten Gewerbeertrag. Verwaltungsanweisungen: R 11.1 bis R 11.2 GewStR 2009; H 11.1 bis H 11.2 GewStH 2009; OFD Magdeburg v. 6.3.2012 – G 1400 - 16 - St 216, GewSt-Kartei ST § 5 GewStG Karte 1 – Besonderheiten bei der GmbH & atypisch stillen Gesellschaft im Rahmen der gewerbesteuerlichen Veranlagung. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und Zweck . . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . 2. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . .

3 3 6

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

8

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

9

B. Berechnung nach Steuermessbetrag und Freibetrag (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . .

13

I. Berechnung nach Messbetrag (Abs. 1 Sätze 1 bis 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Berechnung der GewSt (Abs. 1 Satz 1) . . . . 2. Berechnung des Steuermessbetrags (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prozentsatz als Steuermesszahl . . . . . . b) Anwendung des Prozentsatzes auf den Gewerbeertrag . . . . . . . . . . . . . . . c) Steuermessbetrag . . . . . . . . . . . . . .

17 18

II. Abrundung (Satz 3 Halbs. 1) . . . . . . . . .

19

III. Freibeträge (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2) . . . . .

20

13 13 16 16

1. Freibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . a) Natürliche Personen . . . . . . . . . . b) Personengesellschaften . . . . . . . . . c) Besondere Personenunternehmen . . aa) Atypische Innengesellschaft . . . bb) Betriebsaufspaltung . . . . . . . . cc) Organschaft . . . . . . . . . . . . 2. Freibetrag für juristische Personen (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 Nr. 2) . . . . . . . a) Freibetrag für bestimmte juristische Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Andere juristische Personen (zum Beispiel Kapitalgesellschaften) . . . . 3. Kein negativer Messbetrag durch Freibeträge (Abs. 1 Satz 3 letzter Satzteil) . . . . 4. Betriebsbezogene Betrachtung . . . . . . a) Voller Freibetrag im Erhebungszeitraum des Betriebsbeginns und der Betriebsbeendigung . . . . . . . . . . b) Anteiliger Freibetrag bei Fortbestehen der sachlichen Steuerpflicht und partieller Unternehmeridentität . . . . .

. . . . . . .

20 20 23 25 25 29 30

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31

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31

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35 36

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Schulze

665

§ 11 Rz. 1 Steuermesszahl/-messbetrag C. Höhe der Steuermesszahl im Regelfall (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

I. Rechtslage ab dem Erhebungszeitraum 2008 (Einheitstarif) . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

II. Rechtslage vor dem Erhebungszeitraum 2008 (Staffeltarif) . . . . . . . . . . . . . . .

39

D. Ermäßigte Steuermesszahl (Abs. 3) . . . . .

41

I. Ermäßigung der Steuermesszahl . . . . . . .

41

II. Hausgewerbetreibende (Abs. 3 Satz 1 Alt. 1) . 1. Tatbestandliche Anknüpfung . . . . . . . . . 2. Hausgewerbetreibender (§ 1 Abs. 1 Buchst. b, § 2 Abs. 2 HAG) . . . . . . . . . . a) Begriff des § 2 Abs. 2 HAG . . . . . . . . b) Wesentliche Mitarbeit am Stück . . . . .

42 42 45 45 49

c) Beschäftigung von Hilfskräften und Heimarbeitern . . . . . . . . . . . . . d) Tätigkeitsort . . . . . . . . . . . . . . e) Auf „Waren“ beschränkter Tätigkeitsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Fremdverwertung des Arbeitsergebnisses durch Auftraggeber . . . . . . . g) Personenzusammenschlüsse . . . . . .

. .

50 54

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55

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56 60

III. Personen mit ähnlicher Stellung (Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2) . . . . . . . . . . .

61

E. Anhang: § 22 GewStDV . . . . . . . . . . .

67

I. Mehrere Tätigkeiten (Satz 1) . . . . . . . .

67

II. Vergünstigung für gesamten Gewerbeertrag (Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

Literatur: Schnädter, Ist der Freibetrag beim Gewerbeertrag für jeden Gewerbebetrieb oder nur einmal je Unternehmer anzusetzen?, FR 1985, 93; Schuhmacher, Mehrheit von Gewerbebetrieben einer natürlichen Person im Gewerbesteuerrecht, StuW 1987, 111; Unvericht, Gewerbeertrag und Gewerbekapital der atypisch stillen Gesellschaft, DStR 1987, 413; Binger, Einkommen- und Gewerbesteuer bei der atypisch stillen Gesellschaft, DB 1988, 414; Döllerer, Die atypische stille Gesellschaft in der neuesten Rechtsprechung des BFH, StbJb. 1987/1988, 289; Heidner, Grundzüge der Organschaft im Körper-, Gewerbe- und Umsatzsteuerrecht, DStR 1988, 87; Rendels, Unternehmerlohn bei der Gewerbesteuer? – Überlegungen zur Beseitigung eines Systemmangels, DStR 1988, 234; Schnädter, Die Belastungen durch die Gewerbesteuer und die Möglichkeit, sie zu vermeiden, BB 1988, 313; Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz, Zur gewerbesteuerrechtlichen Organschaft unter Beteiligung einer GmbH & atypisch Still, DStR 1988, 128; Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, Regensburger Habilitation, Köln 1990; Schneider, Sinn und Widersinn der steuerlichen Investitionsförderung für die neuen Bundesländer und des Solidaritätszuschlags, DB 1991, 1081; Tittel/Grothkopf, Besteuerung der Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, StBp. 1991, 117; Beránek, Zur Berechnung der effektiven Gewerbeertragsteuer nach dem neuen Staffeltarif des § 11 Abs. 2 Nr. 1 GewStG, BB 1992, 1832; König/Kunkel/Stegmaier, Auswirkungen der Einführung des Staffeltarifs bei der Gewerbeertragsteuer, DStR 1992, 922; Pauka, Berechnung der Gewerbesteuer – Rückstellung bei Anwendung des Staffeltarifs, DB 1992, 1837; Pauka, StÄndG 1992: Die Änderungen im Gewerbesteuerrecht, DB 1992, 1207; Binz/Vogel, Gewerbeertragsteuerberechnung bei Personengesellschaften ab 1993, BB 1993, 1710; Gerl, Steueroptimale Dotierung der Gewerbesteuerrückstellung ab 1993, DStR 1993, 141; Mielke, Die neue Gewerbesteuerformel bei Personengesellschaften, DB 1993, 2446; Seer, Rechtsformabhängige Unternehmensbesteuerung – Kritische Bestandsaufnahme der derzeitigen Rechtslage, StuW 1993, 114; Stüttgen, Die Berechnung der Gewerbesteuerrückstellung ab 1.1.1993, DB 1993, 950; Pasch, Die Berechnung der Gewerbesteuerrückstellung ab 1.1.1993, DB 1994, 343; Winkeljohann/Halfar, Gewerbesteuerliche Vorzüge der GmbH & atypisch Still?, DB 1994, 2471; Horn/Maertins, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Ruban, Die atypisch stille Gesellschaft im Ertragsteuerrecht – Tendenzen in der neueren Rechtsprechung des BFH, DStZ 1995, 637; Friedrich, BFH – Gewerbesteuerliche Behandlung von atypisch stiller Beteiligung an einer GmbH, WiB 1996, 693; Gosch, Partielle atypisch stille Beteiligung, StBp. 1996, 135; Lindwurm, Gewinnverteilung und Gewinnfeststellung bei der Kumulation von stillen Gesellschaften, DStR 2000, 53; Derlien/Wittkowski, Neuerungen bei der Gewerbesteuer – Auswirkungen in der Praxis, DB 2008, 835; Bauschatz, Verunglückte Trading-Stock-Struktur, DStZ 2009, 582; Kanzler, Vervielfältigung des Gewerbesteuerfreibetrags durch Flucht in die Scheinselbständigkeit – kein einfaches Gestaltungsmodell, FR 2009, 1140; Schulze zur Wiesche, Innengesellschaften an einzelnen Geschäftszweigen eines Unternehmens als selbständige Mitunternehmerschaft, DStZ 2009, 873; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still in der aktuellen Rechtsprechung, DB 2011, 1477; Schulze, Anm. zu BFH v. 25.4.2018 – IV R 8/16, FR 2018, 664; Schulze, GewSt-Messbetrag bei partiellem Unternehmerwechsel und Wechsel der Steuerschuldnerschaft, StuB 2018, 575.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und Zweck 1 Durch § 11 Abs. 1 Satz 1 GewStG wird das zweistufige Verfahren zur Ermittlung der GewSt zum

Ausdruck gebracht (Rz. 14 f.). Danach ist zunächst der GewSt-Messbetrag nach Maßgabe der §§ 6 bis 10a und § 11 Abs. 1 S. 3 GewStG zu ermitteln und festzusetzen (§ 14 Satz 1 GewStG). Der festgesetzte 666

Schulze

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 6 § 11

GewSt-Messbetrag ist für die Festsetzung der GewSt maßgeblich (Rz. 13 ff. und § 14 GewStG Rz. 39 ff. – Grundlagenbescheid). § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 GewStG determiniert, wie der GewSt-Messbetrag zu ermitteln ist. 2 Dazu bestimmt er die Berechnungsmodalitäten einerseits (§ 11 Abs. 1 Satz 2 GewStG) und die Höhe der Steuermesszahl (§ 11 Abs. 2 und 3) andererseits. Die Festlegung der Berechnungsmodalitäten zur Ermittlung des Steuermessbetrags sowie die Festlegung der Höhe des Steuermesszahl charakterisiert § 11 GewStG als Tarifvorschrift, die an die Besteuerungsgrundlage Gewerbeertrag (§ 6 GewStG) anknüpft.1 Sie legt fest, welche Steuermesszahl (Rz. 38 ff.) auf den abgerundeten (Rz. 19) und ggf. um einen Freibetrag gekürzten (Rz. 20 ff.) Gewerbeertrag anzuwenden ist. Hingegen handelt es sich bei § 11 GewStG nicht um eine sog. Kürzungsvorschrift (vergleichbar § 9 GewStG), die bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zur Anwendung kommt. Denn der Charakter der Norm wird nicht durch die Kürzung um einen bestimmten Freibetrag, sondern durch die Anwendung der Steuermesszahl auf den abgerundeten und um einen Freibetrag gekürzten Gewerbeertrag geprägt.2 Diese Unterscheidung ist bei Organschaftsverhältnissen (Rz. 30 f.) oder im Insolvenzfall (Anh. 2 Rz. 40) von Bedeutung. Bei Abrundung und Freibetrag handelt es sich folglich um Tarifvergünstigungen.3

II. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 und 3 GewStG bestimmt die bundesweit einheitlichen Berech- 3 nungsmodalitäten zur Ermittlung des GewSt-Messbetrags (Rz. 14).4 Ausgangsgröße zur Ermittlung des GewSt-Messbetrags ist der Gewerbeertrag. Gewerbeertrag iSd. § 11 4 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist der nach §§ 7 bis 10a GewStG ermittelte und nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG abgerundete sowie ggf. um einen Freibetrag gekürzte Gewerbeertrag. Auf den danach ermittelten Gewerbeertrag (korrigierter Gewerbeertrag, vgl. Rz. 17) ist sodann der feste Prozentsatz (Steuermesszahl) anzuwenden (Messbetragstarif). Der Messbetragstarif beträgt grds. 3,5 % (§ 11 Abs. 2 GewStG, Rz. 38 ff.) und ermäßigt sich in Ausnahmefällen auf 1,96 % (§ 11 Abs. 3 GewStG, Rz. 41 ff.). Die innensystematische Ordnung des § 11 GewStG ist im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG 5 missverständlich. Gewerbeertrag iSd. § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist der nach Maßgabe der §§ 7 bis 10 GewStG ermittelte (maßgebliche) Gewerbeertrag abzgl. eines vorgetragenen Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG. Dieser Gewerbeertrag (§ 7 bis § 10a GewStG) ist anschließend abzurunden (Rz. 19) und ggf. um einen Freibetrag zu kürzen (Rz. 20 ff.). § 11 Abs. 1 Satz 2 GewStG knüpft sodann an den abgerundeten und um einen Freibetrag gekürzten Gewerbeertrag iSd. § 10 Abs. 1 Satz 3 GewStG an. Nahegelegen hätte es deshalb, den Inhalt des § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG (Freibeträge) der Vorschrift voranzustellen. 2. Persönlicher Anwendungsbereich Die Steuermesszahl (Tarif) ist zwischenzeitlich rechtsformneutral ausgestaltet und gilt rechtsform- 6 übergreifend einheitlich für alle Gewerbetreibende (Rz. 38).5 Nur für bestimmte unter das Heimarbeitsgesetz (HAG) fallende Personenunternehmen gilt nach § 11 Abs. 3 GewStG eine Tarifermäßigung (Rz. 40). Diese knüpft tatbestandlich nicht an die Rechtsform des gewerblichen Unternehmens, sondern tätigkeitsbezogen an eine unter sozialen Gesichtspunkten bestimmte schutzwürdige Tätig-

1 BFH v. 15.7.1986 – VIII R 269/81, BStBl. II 1986, 860 = FR 1986, 602; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 5 (Stand: Juli 2014); Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 4 (Stand: Oktober 2013); Tittel/Grothkopf, StBp. 1991, 117 (118); Schumacher, StuW 1987, 111. 2 Rendels, BFH v. 28.10.1987 – I R 126/83, FR 1988, 49 = DStR 1988, 111. 3 Schumacher, StuW 1987, 111 (119); Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 8 (Stand: Oktober 2013); aA Schnädters, FR 1985, 93. 4 BFH v. 15.7.1986 – VIII R 269/81, BStBl. II 1986, 860 Rz. 30 = FR 1986, 602. 5 Durch Art. 3 Nr. 4 des UntStRefG 2008 v. 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912) gilt seit dem EZ 2008 grds. ein einheitlicher Tarif von 3,5 %.

Schulze

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§ 11 Rz. 7 Steuermesszahl/-messbetrag keit an. Gleichwohl können nur Einzelgewerbetreibende und unter engen Voraussetzungen auch Personengesellschaften in den Genuss der Tarifermäßigung kommen (Rz. 60). 7 Für die Gewährung eines Freibetrags (§ 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG) wird demgegenüber an die Rechts-

form des Gewerbetreibenden angeknüpft. Natürlichen Personen und Personengesellschaften ist ein Freibetrag von 24.500 Euro (Rz. 20, 23), bestimmten juristischen Personen ein Freibetrag von 5.000 Euro (Rz. 31) und den übrigen juristischen Personen kein Freibetrag (Rz. 33) zu gewähren. Zu den Besonderheiten bei atypisch stillen Beteiligungen Rz. 25 ff., der Betriebsaufspaltung Rz. 29 und Organschaften Rz. 30.

III. Rechtsentwicklung 8 Die Tarifvorschrift war seit ihrer Einführung im GewStG 19361 regelmäßig Gegenstand von Ände-

rungen. Die wichtigsten Änderungen im Überblick: StÄndG 1977:2 Ab dem EZ 1978 wurde der Staffeltarif durch die einheitliche Steuermesszahl von 5 %, bei Hausgewerbetreibenden von 2,5 %, ersetzt und für Personenunternehmen ein Freibetrag von 24.000 DM eingeführt. StÄndG 1979:3 Der Freibetrag wurde ab dem EZ 1980 auf 36.000 DM erhöht. Zudem wurde eine Freigrenze von 5.000 DM für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe bestimmter juristischer Personen eingefügt (§ 11 Abs. 6 GewStG aF). StBereinG 1986:4 Die Freigrenze wurde ab dem EZ 1984 wieder aufgehoben. StÄndG 1992:5 Für Personenunternehmen wurde ab dem EZ 1993 der Freibetrag auf 48.000 DM erhöht und der Staffeltarif erneut eingeführt. UntStRFoG:6 Die (redaktionelle) Teiländerung des § 11 GewStG ab 1998 wurde nach der ersatzlosen Aufhebung der Gewerbekapitalsteuer7 notwendig. StEuglG:8 Mit Wirkung ab dem EZ 2002 erfolgte die Umstellung der DM-Beträge auf Euro-Beträge (ua. Freibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften von 48.000 DM auf 24.500 Euro, Freibetrag für bestimmte juristische Personen von 7.500 DM auf 3.835 Euro [später: 3.900 Euro], die Staffeltarifschritte von 24.000 DM auf 12.000 Euro). HaushaltsbegleitG:9 Die Tarifermäßigung für Hausgewerbetreibende wurde ab dem EZ 2004 von 2,5 % (50 % des regulären Tarifs) auf 1,96 % (56 % des regulären Tarifs) verringert. EURLUmsG10/JStG 2007:11 Die Teiländerungen des § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 und 2 und Abs. 3 Satz 1 GewStG waren redaktioneller Natur. UntStRefG 2008:12 Mit Wirkung ab dem EZ 2008 wurde der bisher für Personenunternehmen geltende Staffeltarif (wieder) abgeschafft. Die bisherige allgemeine Steuermesszahl von 5 % wurde für alle Gewerbetreibende auf einheitlich 3,5 % festgelegt. 3. MittelstandsentlastungsG:13 Der Freibetrag für bestimmte juristische Personen (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG) wurde ab dem EZ 2009 von 3.900 Euro auf 5.000 Euro erhöht.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

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RGBl. I 1936, 979. G v. 16.8.1977, BGBl. I 1977, 1586. G v. 30.11.1978, BGBl. I 1978, 1849. G v. 19.12.1985, BGBl. I 1986, 2436, Art. 10 Nr. 8 Buchst. b. G v. 25.2.1992, BGBl. I 1992, 297, Art. 10 Nr. 5 Buchst. a; § 36 Abs. 1 idF des StÄndG 1992. G v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590, Art. 4 Nr. 7 (Streichung der Wörter „nach dem GewSt-Ertrag“ als Folgeänderung nach der Abschaffung der Besteuerung nach dem Gewerbekapital). Aufhebung von § 12 und § 13 GewStG mit Wirkung zum EZ 1998 durch Art. 4 Nr. 8 des UntStRFoG v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. G v. 19.12.2000, BGBl. I 2000, 1790, Art. 7 Nr. 3; § 36 GewStG idF des StEuglG. G v. 29.12.2003, BGBl. I 2003, 3076, Art. 12 Nr. 1; § 36 Abs. 7a GewStG idF des HaushaltsbegleitG. G v. 9.12.2004, BGBl. I 2004, 3310, ber. 3843, Art. 4 Nr. 4. G v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878, Art. 5 Nr. 7. G v. 14.8.2007, BGBl. I 2008, 1912, Art. 3 Nr. 4; § 36 Abs. 9a GewStG idF des UntStRefG 2008. G v. 17.3.2009, BGBl. I 2009, 550, Art. 6a.

Schulze

A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 12 § 11

JStG 2010:1 Die letzte (Teil-)Änderung diente der sprachlichen Präzisierung des § 11 Abs. 3 Satz 1 GewStG.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften Verhältnis zu §§ 6–11 GewStG. Besteuerungsgrundlage für die GewSt ist der Gewerbeertrag (§ 6 9 GewStG). Dieser Gewerbeertrag bemisst sich nach den §§ 7 bis 11 GewStG (vgl. amtliche Überschrift vor § 7 GewStG „Bemessung der Gewerbesteuer“). Gemeint ist also der Gewerbeertrag nach Anwendung der in § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG geregelten sachlichen und persönlichen Tarifvergünstigung (Rz. 19 ff.). Verhältnis zu § 35 EStG. Der festgesetzte GewSt-Messbetrag ist nach § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG die Be- 10 zugsgröße für die seit dem VZ 2001 eingeführte Anrechnung der GewSt auf die ESt. Soweit die tarifliche ESt auf gewerbliche Einkünfte entfällt, ermäßigt sie sich danach um das 3,8-Fache (bis VZ 2007: 1,8-Fache) des GewSt-Messbetrags. Dies entspricht einem typisierten Hebesatz von 380 % (bis 2007: 180 %). Für Zwecke des § 35 EStG ist der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG nicht einem bestimmten Bestandteil des Gewerbeertrags (zB einem nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG und einem zugleich nach § 5a EStG ermittelter Gewinn) zuzuordnen.2 Die durch den Freibetrag von 24.500 Euro für natürliche Personen und Personengesellschaften (§ 11 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG, Rz. 20 ff.) gegenüber juristischen Personen bestehende Ungleichbehandlung, die entweder keinen oder nur einen Freibetrag von 5.000 Euro erhalten (Rz. 31 ff.), verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.3 Juristische Personen können den für die GewSt nach § 7 Satz 1 GewStG maßgeblichen Gewinn durch (angemessene) Geschäftsführervergütungen (auch an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer) mindern. Personenunternehmen haben diese Abzugsmöglichkeit nicht. Der Unternehmerlohn eines Einzelunternehmers ist keine Betriebsausgabe. Bei einer gewerblichen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) sind Tätigkeitsvergütungen zwar gewinnmindernd zur berücksichtigen, gleichwohl aber als nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG hinzuzurechnende Sondervergütungen Teil des Gewerbeertrags.4 Durch den Freibetrag von 24.500 Euro für Personenunternehmen wird in pauschalierter Form ein fiktiver Unternehmerlohn berücksichtigt. Dadurch wird nicht nur die Ungleichbehandlung gegenüber juristischen Personen gerechtfertigt, sondern zugleich auch die bestehende Ungleichbehandlung wegen der Abzugsfähigkeit der Geschäftsführervergütungen zwischen Personenunternehmen und juristischen Personen eliminiert.5 Soweit § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG nur bestimmten körperschaftsteuerpflichtigen Personen ei- 12 nen Freibetrag von 5.000 Euro gewährt (Rz. 31 f.), liegt zwar gegenüber den übrigen juristischen Personen (zB KapGes., Rz. 33 f.) eine Ungleichbehandlung in Form eines Begünstigungsausschlusses vor. Die scheinbar willkürliche Auswahl dieser durch den Freibetrag begünstigten Unternehmen wird vor Art. 3 Abs. 1 GG teils krit. betrachtet.6 Die Ungleichbehandlung kann aber entweder wegen der untergeordneten wirtschaftlichen Bedeutung der Tätigkeiten oder der besonderen Art der ausgeübten Tätigkeit, die nicht vornehmlich auf eigennützige Gewinnerzielung gerichtet ist, gerechtfertigt sein. 1 G v. 8.12.2010, BGBl. I 2010, 1768, Art. 3 Nr. 4 – Das Merkmal „Steuermesszahlen“ wurde durch „Steuermesszahl“ ersetzt, nachdem der Steuertarif (§ 11 Abs. 2 GewStG) bereits durch das UntStRefG 2008 vereinheitlicht wurde. 2 BFH v. 4.12.2014 – IV R 27/11, BStBl. II 247, 441 Ls. = FR 2015, 423 m. Anm. Nöcker. 3 BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 1. mwN; v. 30.8.2007 – IV R 47/05, BStBl. II 2008, 200 = FR 2008, 383 m. Anm. Wendt, unter II.b mwN; v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler, unter II.3.a aa; v. 27.8.2014 – VIII R 6/12, BStBl. II 2015, 1002 Rz. 59; zu den gesetzgeberischen Motiven des Freibetrags: Begr. zum Gesetzesentwurf des BR zur Vereinsbesteuerung v. 6.7.1979, BT-Drucks. 8/3243, 8; Rendels, DStR 1988, 234 (235); Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, 275; krit. gegenüber dem Freibetrag Seer, StuW 1993, 114 (118). 4 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, unter C.III.6.b bb mwN. 5 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 11 (Stand: Juli 2014): Der Freibetrag von 24.500 Euro sei nach dem Wegfall des Staffeltarifs zu niedrig. 6 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 11 GewStG Rz. 8 aE; Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 12d (Stand: Oktober 2013); Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 24 aE (Stand: Juli 2014).

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§ 11 Rz. 13 Steuermesszahl/-messbetrag

B. Berechnung nach Steuermessbetrag und Freibetrag (Abs. 1) I. Berechnung nach Messbetrag (Abs. 1 Sätze 1 bis 2) 1. Berechnung der GewSt (Abs. 1 Satz 1) 13

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist bei der Berechnung der GewSt von einem Steuer-Messbetrag auszugehen. Er ist damit die materiell-rechtliche Grundlage zur Berechnung der GewSt. Der StMessbetrag kann nur positiv sein (Rz. 35). Dieser Gesetzesbefehl manifestiert die Grundlage für das zweistufige Verfahren zur Ermittlung der GewSt.

14 Auf der ersten Verfahrensstufe ermitteln die Landesfinanzbehörden den GewSt-Messbetrag (§ 11

GewStG) und setzen diesen fest (§ 14 GewStG). Es handelt sich dabei um eine bundesweit einheitliche Rechengröße. Der GewSt-Messbetrag (Rz. 18) bildet den – verfahrensrechtlich bindenden (§ 184 Abs. 1 Satz 4 iVm. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO) – Ausgangswert zur Berechnung der GewSt. Der nach § 14 Satz 1 GewStG festgesetzte GewSt-Messbetrag ist damit zugleich Ausgangswert für die Festsetzung und Erhebung der GewSt durch die hebeberechtigte Körperschaft (§ 16 Abs. 1 GewStG). 15 Auf der zweiten Verfahrensstufe setzt die hebeberechtigte Körperschaft die GewSt durch Anwen-

dung des – satzungsmäßig durch jede Gemeinde individuell festgesetzten – Hebesatzes (weiterer Prozentsatz) auf den nach bundesweit einheitlichen Kriterien ermittelten GewSt-Messbetrag fest (§ 11 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 14, § 16 Abs. 1 GewStG). Erst das – durch die Selbstverwaltungsgarantie verbürgte (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 GG) – kommunale Hebesatzrecht hat zur Folge, dass derselbe (einheitlich ermittelte) Steuermessbetrag (Gewerbeertrag × Steuermesszahl) aufgrund unterschiedlicher Hebesätze unterschiedlich hoch besteuert wird. 2. Berechnung des Steuermessbetrags (Abs. 1 Satz 2) a) Prozentsatz als Steuermesszahl 16 § 11 Abs. 1 Satz 2 GewStG schreibt vor, wie der Steuermessbetrag iSd. § 11 Abs. 1 Satz 1 GewStG zu

ermitteln ist. Dieser ist durch Anwendung eines Prozentsatzes auf den Gewerbeertrag zu ermitteln. Der nach § 11 Abs. 1 Satz 2 GewStG anzuwendende Prozentsatz wird legal als Steuermesszahl definiert. Die jeweils anzuwendende Steuermesszahl ergibt sich aus § 11 Abs. 2 GewStG (Regelmesszahl, vgl. Rz. 38) und Abs. 3 (ermäßigte Messzahl, vgl. Rz. 41). b) Anwendung des Prozentsatzes auf den Gewerbeertrag 17 Die Steuermesszahl ist auf den Gewerbeertrag anzuwenden. Gewerbeertrag iSd. § 11 Abs. 1 Satz 2

GewStG ist der nach §§ 7 bis 10a GewStG ermittelte und nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG abgerundete und (ggf.) um einen (persönlichen) Freibetrag gekürzte Gewerbeertrag.1 Er wird auch als „korrigierter Gewerbeertrag“ bezeichnet.2 c) Steuermessbetrag 18

Aus der Anwendung der StMesszahl auf den korrigierten Gewerbeertrag ergibt sich der Steuermessbetrag. Denn das am Anfang der Vorschrift stehende Pronomen „dieser“ bezieht sich auf das Merkmal Steuermessbetrag in § 11 Abs. 1 Satz 1. Es ergibt sich folgende Berechnungsformel: Korrigierter Gewerbeertrag (Rz. 17) × Steuermesszahl (Rz. 16) = Steuermessbetrag (Rz. 18).

II. Abrundung (Satz 3 Halbs. 1) 19

Nach § 11 Abs. 1 S. 3 GewStG erster Satzteil ist der (positive) Gewerbeertrag iSd. §§ 7 bis 10a GewStG auf volle 100 Euro nach unten abzurunden. Durch die Abrundung darf der Gewerbeertrag nicht 1 BFH v. 15.7.1986 – VIII R 269/81, BStBl. II 1986, 860 = FR 1986, 602, Rz. 30. 2 BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 1.

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B. Berechnung nach Steuermessbetrag und Freibetrag (Abs. 1)

Rz. 24 § 11

negativ werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 letzter Teilsatz). Die Abrundung erfolgt rechtsformneutral für jeden gewstpfl. Betrieb. Deshalb handelt es sich bei der Abrundung faktisch um eine sachliche Tarifvergünstigung, die in maximaler Höhe von 99 Euro zu gewähren ist. Die Abrundung erfolgt betriebsbezogen1 (vgl. dazu für Einzelbetriebe Rz. 22; für Personengesellschaften Rz. 24).

III. Freibeträge (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2) 1. Freibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 Nr. 1) a) Natürliche Personen Der abgerundete Gewerbeertrag ist bei natürlichen Personen ab dem EZ 2002 (Rz. 8) um 24.500 Eu- 20 ro (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Alt. 1 GewStG) zu kürzen. Es handelt sich um eine persönliche Tarifvergünstigung (beachte aber Rz. 22). Übersteigt der Gewerbeertrag den (jeweiligen) Freibetrag nicht, entfällt die Verpflichtung zur Abgabe einer GewSt-Erklärung (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 GewStDV). Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Freibetrags Rz. 11. Rechtsentwicklung. Der Freibetrag betrug vor dem EZ 1957: 1.200 DM, von 1957 bis 1960: 2.400 DM, 21 von 1961 bis 1974: 7.200 DM, von 1975 bis 1977: 15.000 DM, von 1978 bis 1979: 24.000 DM, von 1980 bis 1991: 36.000 DM und von 1992 bis 2001: 48.000 DM. Entsprechend dem (ertragsorientierten) Objektsteuercharakter der GewSt ist die persönliche Tarif- 22 begünstigung betriebsbezogen auszulegen. Diese Auslegung knüpft an den Wortlaut „bei“ natürlichen Personen an. Unterhält eine natürliche Person (GewSt-Subjekt) mehrere eigenständige (Gewerbe-)Betriebe (selbstständige GewSt-Objekte)2 (§ 2 GewStG Rz. 22 ff.), ist jeweils der volle Freibetrag für den einzelnen Betrieb zu berücksichtigen. Unerheblich ist, dass die einzelnen Gewerbebetriebe einem GewSt-Subjekt (natürliche Person) zuzurechnen sind.3 b) Personengesellschaften Der abgerundete Gewerbeertrag ist bei Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) ab dem EZ 23 2002 (Rz. 8) um 24.500 Euro (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Alt. 2 GewStG) zu kürzen (die Ausführungen unter Rz. 19 f. gelten entsprechend). Zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung des Freibetrags Rz. 11. Personengesellschaften haben – wie auch KapGes. – nur einen Betrieb.4 Deshalb ist der Freibetrag 24 nur einmal zu gewähren. Der betriebsbezogene Freibetrag ist auch nicht entsprechend der Anzahl ihrer Gesellschafter zu vervielfältigen.5 Eine Vervielfältigung des Freibetrags kommt auch nicht dann in Betracht, wenn der Betrieb der Personengesellschaft in verschiedene Tätigkeitsbereiche oder Teilbetriebe gegliedert ist.6 Die Gesellschafter können aber für sachlich selbstständige Betriebe entsprechend den unterschiedlichen Zwecken eigenständige (Schwester-)Personengesellschaften gründen. Bei selbst-

1 BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 1. 2 Eine natürliche Person kann mehrere eigenständige Gewerbebetriebe unterhalten, vgl. R 2.4 GewStR 2009; BFH v. 10.2.1989 – III R 78/86, BStBl. II 1989, 467 = FR 1989, 440, unter 3.; v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29, Ls. 1; v. 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252 Rz. 14; dazu auch Horn, BB 1984, 134. 3 St. Rspr., BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 1.; v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler, unter II.3.a., mwN; R 11.1 Satz 1 GewStR 2009; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 15 (Stand: Juli 2014); Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 9 (Stand: Oktober 2013); Schnädter, BB 1988, 313; aA Schumacher, StuW 1987, 111. 4 BFH v. 1.12.1960 – IV 353/60 U, BStBl. III 1961, 65; v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29, unter 2.; v. 15.12.1992 – VIII R 52/91, BFH/NV 1993, 684, unter II.2.a, mwN; v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler, unter II.3.a aa. 5 BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764 = FR 1995, 789, unter II.D.; v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler, unter II.3.a aa; zur Reformdiskussion Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 12 (Stand: Juli 2014). 6 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler, unter II.3.a aa, mwN.

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§ 11 Rz. 25 Steuermesszahl/-messbetrag ständig tätigen Schwesterpersonengesellschaften1 ist der Freibetrag – ungeachtet der personellen Verflechtung – bei jeder Gesellschaft zu berücksichtigen.2 c) Besondere Personenunternehmen aa) Atypische Innengesellschaft 25

Begründet der Inhaber eines Handelsgewerbes an seinem Betrieb (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) eine stille Gesellschaft und ist diese ertragsteuerlich als Mitunternehmerschaft anzusehen, entsteht eine sog. atypisch stille Gesellschaft als eigenständige Mitunternehmerschaft. Es bestehen also zwei eigenständige Gewerbebetriebe (Betrieb des Inhabers und Betrieb der atypisch stillen Gesellschaft).3 Die Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft sind der Inhaber des Handelsgewerbes und der oder die (atypisch) still Beteiligten.4 Gewerbesteuerpflichtig ist aber weder die – als eigenständige Mitunternehmerschaft zu qualifizierende – atypisch stille Gesellschaft noch deren Mitunternehmer. Sie sind auch nicht Schuldner der GewSt. Schuldner der GewSt kann allein der nach außen auftretende Unternehmer – Inhaber des Handelsgeschäfts – sein.5 Wegen ihrer mitunternehmerischen Struktur6 ist die atypisch stille Gesellschaft aber Objekt der GewSt.7 Nach dem Grundsatz der Betriebsbezogenheit des Freibetrags (Rz. 22 und 24) ist der Freibetrag von 24.500 Euro sowohl der atypisch stillen Gesellschaft8 als auch dem Betrieb zu gewähren, an dem die atypisch stille Beteiligung besteht (Handelsgewerbe).

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Der Freibetrag von 24.500 Euro ist für das Besteuerungsobjekt atypisch stille Gesellschaft auch dann zu gewähren, wenn sich natürliche Personen, Personengesellschaften, KapGes. oder sonstige juristische Personen atypisch still am gewerblichen Unternehmen einer KapGes. (Inhaberin des Handelsgewerbes) beteiligen.9 Denn die atypisch stille Beteiligung (eigenständige Mitunternehmerschaft) ist ein von der KapGes. zu unterscheidender eigenständiger Betrieb iSd. GewStG.

27

Grundsätzlich ist der Freibetrag auch bei Bestehen mehrerer atypisch stiller Beteiligungsverhältnisse an einem Unternehmen nur einmal zu gewähren.10 Die gewerbliche Tätigkeit solcher Gesellschaften bildet nur einen Gewerbebetrieb und damit nur einen Steuergegenstand (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Denn der Zweck der atypisch stillen Beteiligung ist regelmäßig auf die gemeinsame Betätigung mit dem Inhaber des Handelsgewerbes gerichtet (einheitliche Tätigkeit).

28

Am Betrieb eines Handelsgewerbes können aber auch mehrere selbstständige atypisch stille Beteiligungsverhältnisse bestehen, die jeweils einen eigenständigen Betrieb bilden.11 Getrennt zu beurtei1 Grundlegend BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1980, 465 (Aufgabe der Rspr. zur Unternehmenseinheit im GewSt-Recht); v. 26.1.1995 – IV R 73/93, BStBl. II 1995, 589 = FR 1995, 608 m. Anm. Söffing, unter II.2. 2 BFH v. 15.12.1992 – VIII R 52/91, BFH/NV 1993, 684, unter II.2.a, mwN; v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler, unter II.3.a (obiter dictum); Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 18 f. (Stand: Juli 2014). 3 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker = DB 2017, 221, Rz. 24. 4 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker = DB 2017, 221, Rz. 16. 5 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244, Ls.und unter IV.; v. 5.2.2014 – X R 1/12, BFHE 244, 516 = FR 2014, 946, Rz. 18 mwN; v. 8.12.2016 – IV R 8/14, FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker = DB 2017, 221, Rz. 16 mwN. 6 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 = FR 1996, 293, unter II.1. 7 BFH v. 30.8.2007 – IV R 47/05, BStBl. II 2008, 200 = FR 2008, 383 m. Anm. Wendt, unter II. mwN; Binder, DB 1988, 414 (415); Horn/Maertins, GmbHR 1995, 816 (817 f.). 8 BFH v. 30.8.2007 – IV R 47/05, BStBl. II 2008, 200 = FR 2008, 383 m. Anm. Wendt, unter II. mwN. 9 H 11.1 „Atypisch stille Gesellschaft“ GewStH 2009; BFH v. 10.11.1993 – I R 20/93, BStBl. II 1994, 327 = FR 1994, 228 m. Anm. Kempermann, unter II.D.1.; v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764 = FR 1995, 789, unter II.D. (jeweils Beteiligung natürlicher Personen als stille Gesellschafter an einer KapGes.); v. 30.8.2007 – IV R 47/05, BStBl. II 2008, 200, Ls. (Beteiligung einer KapGes. als stille Gesellschafterin einer anderen KapGes.); Unvericht, DStR 1987, 413; Döllerer, StbJb. 1987/1988, 289 (302); Binger, DB 1988, 414 (416); aA Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz, DStR, 1988, 128 (132); Winkeljohann/Halfar, DB 1994, 2471. 10 BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764 = FR 1995, 789, unter II.D.; v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler, unter II.3.a bb; Ruban, DStZ 1995, 637 (644); aA Lindwurm, DStR 2000, 53 (59). 11 OFD Magdeburg v. 6.3.2012 – G 1400 - 16 - St 216, GewSt-Kartei ST § 5 GewStG Karte 1, unter 1.1.1. und 3.

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Schulze

Rz. 31 § 11

B. Berechnung nach Steuermessbetrag und Freibetrag (Abs. 1)

lende Tätigkeiten müssen auf getrennten Vereinbarungen beruhen, auf einen bestimmten Geschäftsbereich beschränkt sein und eigenständige Gesellschaftszwecke verfolgen (Segmentierung).1 Folge einer solchen Segmentierung ist ua., dass der Freibetrag von 24.500 Euro für jede atypisch stille Gesellschaft (jeweils eigenständige Mitunternehmerschaft des jeweiligen Geschäftsbereichs) zu berücksichtigen ist.2 bb) Betriebsaufspaltung Bei einer Betriebsaufspaltung ist sowohl dem Betriebs- als auch dem Besitzunternehmen der ihnen 29 nach ihrer Rechtform jeweils zustehende Freibetrag zu gewähren. Es handelt sich um jeweils selbstständige Gewerbebetriebe, die trotz ihrer Verbundenheit nicht als einheitliche gewerbliche Tätigkeit zusammengefasst werden (§ 2 GewStG Rz. 67);3 anders ist dies im Organschaftsverhältnis (Rz. 30). cc) Organschaft Im Organschaftsverhältnis (§ 2 GewStG Rz. 123 ff.) kommt es für die Anwendung des Freibetrags 30 immer auf die Rechtsform des Organträgers an.4 Der Grundsatz der betriebsbezogenen Betrachtungsweise (Rz. 22) findet auf die Organgesellschaft wegen der gesetzlichen Anordnung in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als unselbstständige Betriebsstätte des Organträgers keine Anwendung. Der Organgesellschaft geht ein ihr – bei isolierender Betrachtung – zustehender Freibetrag deshalb stets verloren. Der etwaige Freibetrag (24.500 Euro oder 5.000 Euro) ist beim Organträger nach Hinzurechnung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft zu berücksichtigen. Vorteilhaft kann der Organkreis aber sein, wenn der Organträger seinen Freibetrag nicht voll ausschöpft. Beispiel: Die Organträger-KG (OT) – Gewerbeertrag 4.500 Euro – und die Organgesellschaft (OG) – Gewerbeertrag 20.000 Euro – bilden einen ertragsteuerlich anerkannten Organkreis; Hebesatz: 400 %. GewSt ohne Organschaft OT

GewSt mit Organschaft

OG

Organkreis

Gewerbeertrag

4.500 t

20.000 t

24.500 t

./. Freibetrag

4.500 t

0t

24.500 t

0t

20.000 t

0t

= Zwischensumme

700 t

× Messbetrag (3,5 %)

2.800 t

× Hebesatz (400 %) = GewSt

2.800 t

0t

2. Freibetrag für juristische Personen (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 Nr. 2) a) Freibetrag für bestimmte juristische Personen Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 Nr. 2 GewStG ist der abgerundete Gewerbeertrag bei den dort be- 31 nannten Unternehmen seit dem EZ 2009 um einen Freibetrag von 5.000 Euro zu kürzen. Es handelt sich um eine persönliche Tarifvergünstigung für bestimmte juristische Personen des privaten und

1 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 = FR 1996, 293, unter II.2.; v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, unter II.3.a cc (zu den Voraussetzungen für Innengesellschaftsverträge – Tracking-StockStrukturen –, die zu einem selbstständigen Gewerbebetrieb führen); Kanzler, FR 2009, 1140 (1141); Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 873. 2 H 11.1 Satz 3 „Atypisch stille Gesellschaft“ GewStH 2009; BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler, unter II.3.a cc; Gosch, StBp. 1996, 135 (136); Friedrich, WiB 1996, 693 (694). 3 H 2.4 Abs. 3 „Betriebsaufspaltung“ GewStH 2009. 4 Heidner, DStR 1988, 87 (89 f.) unter II.2.

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§ 11 Rz. 32 Steuermesszahl/-messbetrag öffentlichen Rechts. Der Freibetrag für bestimmte juristische Personen wurde erstmals durch das VereinsförderG1 eingeführt und im sachlichen Anwendungsbereich sowie der Höhe nach (von 1990 bis 2001: 7.500 DM, von 2002 bis 2008: 3.900 Euro) mehrfach erweitert.2 Übersteigt der Gewerbeertrag den Freibetrag nicht, entfällt die Verpflichtung zur Abgabe einer GewSt-Erklärung (§ 25 Abs. 1 Nr. 3, 4 und 5 GewStDV). 32

Der Freibetrag wird gewährt für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der ansonsten steuerbefreiten juristischen Personen sowie für grds. steuerbefreite juristische Personen, die aber die körperschaftsteuerlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllen. Nach der abschließenden Aufzählung in § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 Nr. 2 GewStG ist der Freibetrag den folgenden juristischen Personen sowie Unternehmen zu gewähren:3 – sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts (ua. rechtsfähige Vereine, Stiftungen) und den nicht rechtsfähigen Vereinen (§ 54 BGB) für ihre wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe (§ 2 Abs. 3 GewStG, § 2 GewStG Rz. 163 ff.); – Gewerbebetrieben von Realgemeinden, wenn sie über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinausgehen (§ 3 Nr. 5 GewStG, § 3 Nr. 5 GewStG Rz. 1 ff.); – steuerbegünstigten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen iSd. §§ 51 ff. AO für ihre wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe (§ 3 Nr. 6 GewStG, § 3 Nr. 6 GewStG Rz. 1 ff.). Zur GewStPfl. kommt es aber nur, wenn die Einnahmen der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe die Besteuerungsgrenze von 35.000 Euro im Jahr (§ 64 Abs. 2 und 3 AO) überschreiten; – Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereinen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG (land- und forstwirtschaftliche Vereine), soweit sie nicht von der KSt befreit und deshalb gewstpfl. sind (§ 3 Nr. 8 GewStG, § 3 Nr. 8 GewStG Rz. 1 ff.); – rechtsfähigen Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG, soweit sie nicht von der KSt befreit und deshalb gewstpfl. sind (§ 3 Nr. 9 GewStG, § 3 Nr. 9 GewStG Rz. 1 ff.); – Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereinen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG, soweit sie nicht von der KSt befreit und deshalb gewstpfl. sind (§ 3 Nr. 15 GewStG, § 3 Nr. 15 GewStG Rz. 1 ff.); – gemeinnützigen Siedlungsunternehmen, wenn sie wegen § 3 Nr. 17 Satz 2 GewStG gewstpfl. sind (§ 3 Nr. 17 GewStG, § 3 Nr. 17 GewStG Rz. 1 ff.); – Entschädigungs- und Sicherungseinrichtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG, soweit sie nicht von der KSt befreit und deshalb gewstpfl. sind (§ 3 Nr. 21 GewStG, § 3 Nr. 21 GewStG Rz. 1 ff.); – Gesamthafenbetrieben, soweit sie nicht von der KSt befreit und deshalb gewstpfl. sind (§ 3 Nr. 26 GewStG, § 3 Nr. 26 GewStG Rz. 1 ff.); – Zusammenschlüssen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 20 KStG, soweit sie nicht von der KSt befreit und deshalb gewstpfl. sind (§ 3 Nr. 27 GewStG, § 3 Nr. 27 GewStG Rz. 1 ff.); – den Arbeitsgemeinschaften Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (§ 278 SGB V) und der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (§ 282 SGB V), soweit sie nicht von der KSt befreit und deshalb gewstpfl. sind (§ 3 Nr. 28 GewStG, § 3 Nr. 28 GewStG Rz. 1 ff.); – den gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 22 KStG, soweit sie nicht von der KSt befreit und deshalb gewstpfl. sind (§ 3 Nr. 29 GewStG, § 3 Nr. 29 GewStG Rz. 1 ff.); – Unternehmen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit es sich um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handelt. Wird das Unternehmen in der Rechtsform einer KapGes.

1 Neuregelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 durch Art. 10 Nr. 3 Buchst. a des VereinsförderG v. 18.12.1989, BGBl. I 1989, 2212. 2 Erweiterung durch WohnungsbauförderungsG v. 22.12.1989, BGBl. I 1989, 2408; G zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie v. 16.7.1998, BGBl. I 1998, 1842; StBereinG 1999 v. 22.12.1999, BGBl. I 1999, 2601. 3 Zur Begr. des Freibetrags für juristische Personen mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb vgl. Gesetzesentwurf des BR v. 8.10.1979, BT-Drucks. 8/3243, 8.

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B. Berechnung nach Steuermessbetrag und Freibetrag (Abs. 1)

Rz. 36 § 11

betrieben, ist der Freibetrag nicht zu gewähren (Rz. 33).1 Dies gilt auch, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts zu 100 % Anteilseigner ist. b) Andere juristische Personen (zum Beispiel Kapitalgesellschaften) Den übrigen juristischen Personen steht ein Freibetrag nicht zu (zur verfassungsrechtlichen Rechtfer- 33 tigung des Freibetrags Rz. 12). Dies gilt insbes. für KapGes., Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG. Ein Freibetrag von 5.000 Euro kommt gleichwohl zum Ansatz, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 Nr. 2 GewStG erfüllt sind (zB gemeinnützige GmbH, AG oder Genossenschaft, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält).2 Zum Organschaftsverhältnis vgl. Rz. 30. Der KGaA steht ein Freibetrag nicht zu. Ungeachtet bestimmter personengesellschaftsrechtlicher Cha- 34 rakterzüge bildet die als KapGes. geltende KGaA einen einheitlichen Besteuerungsgegenstand.3 Deshalb ist der (anteilige) Gewerbeertrag, der rechnerisch auf den persönlich haftenden Gesellschafter der KGaA entfällt, auch nicht um den Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG zu kürzen.4 3. Kein negativer Messbetrag durch Freibeträge (Abs. 1 Satz 3 letzter Satzteil) Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 letzter Satzteil GewStG darf der Gewerbeertrag weder durch die Abrundung 35 (Rz. 19) noch durch den Freibetrag (Rz. 20 ff.) negativ werden. Damit wird klargestellt, dass sich aufgrund der sachlichen oder persönlichen Tarifvergünstigungen kein Gewerbeverlust (§ 10a GewStG) ergeben kann.5 Der korrigierte Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG) beläuft sich daher minimal auf 0 Euro. Zugleich ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Satz 3 letzter Satzteil GewStG, dass sich ein etwaiger Gewerbeverlust durch die Tarifvergünstigungen nicht noch erhöht. 4. Betriebsbezogene Betrachtung a) Voller Freibetrag im Erhebungszeitraum des Betriebsbeginns und der Betriebsbeendigung Die Regelung des Freibetrags knüpft an die sachliche, nicht aber an die subjektive GewStPfl. an6 (be- 36 triebsbezogene Betrachtung, vgl. Rz. 22). Deshalb ist der abgerundete Gewerbeertrag auch im Jahr der Betriebseröffnung und -schließung (Beginn und Ende der sachlichen GewStPfl.) um den vollen Freibetrag zu kürzen, wenn die sachliche GewStPfl. nicht während des gesamten EZ besteht (§ 14 GewStG Rz. 51).7 Dies gilt folgerichtig auch dann, wenn der Gewerbebetrieb iSd. § 2 Abs. 5 GewStG im Ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht (Ende der persönlichen und sachlichen GewStPfl.).8 Demgegenüber ist der partielle Unternehmerwechsel kein Fall des § 2 Abs. 5 GewStG (§ 2 GewStG Rz. 212).9 Zur Aufteilung des Freibetrags bei partiellem Unternehmerwechsel vgl. Rz. 37. Beispiel: B verkauft seinen Betrieb zum 1.4. an die GmbH & Co. KG (KG), an der er nicht beteiligt ist. Die KG führt den Betrieb fort. Da der Betrieb im Ganzen auf die KG übergeht (§ 2 Abs. 5 GewStG), ist die persönliche GewSt-Schuld für B und die KG getrennt für die jeweils abgekürzten EZ (§ 14 Satz 3 GewStG) zu ermitteln. Dabei ist der Freibetrag im EZ des Übergangs sowohl dem B als auch der KG vollständig zu gewähren.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

FG Münster v. 2.7.1997 – 9 K 219/94 G – rkr., EFG 1997, 1452, Ls. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 25 (Stand: Juli 2014). BFH v. 4.5.1965 – I 186/64 U, BStBl. III 1965, 418 (aE). Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 10 (Stand: Juli 2014); Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 9 (Stand: Oktober 2013); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 11 GewStG Rz. 4a. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 9 (Stand: Juli 2014). BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 3.; v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BFH/NV 2018, 890 = FR 2018, 663 Rz. 23. R 11.1 Satz 2 GewStR 2009. BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 2.b. BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, unter C.III.9.g. mwN; v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 2.b. mwN; v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BFH/NV 2018, 890 = FR 2018, 663 Rz. 18.

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§ 11 Rz. 37 Steuermesszahl/-messbetrag b) Anteiliger Freibetrag bei Fortbestehen der sachlichen Steuerpflicht und partieller Unternehmeridentität 37

Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist den StPfl. in einem EZ nur anteilig zu gewähren, wenn die persönliche GewStPfl. während des EZ wechselt, die sachliche GewStPfl. aber fortbesteht1 und dabei die Unternehmeridentität hinsichtlich des fortgeführten Unternehmens wenigstens teilweise (partielle Unternehmeridentität) bestehen bleibt, also die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG nicht vorliegen (zB Einbringung oder unentgeltliche Übertragung eines Betriebs in eine Personengesellschaft2 oder Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft und Fortführung des Betriebs durch den verbliebenen ehemaligen anderen Gesellschafter3). Ein solcher Wechsel der Steuerschuldnerschaft zwischen Einzelunternehmer (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG) und Personengesellschaft (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG) – oder umgekehrt – hat zur Folge, dass dem jeweiligen Steuerschuldner nur der Teil der Steuerschuld zugerechnet werden darf, der auf die Dauer seiner persönlichen GewStPfl. entfällt.4 Ungeachtet der verschiedenen Steuerschuldnerschaften ist – ausgehend vom Fortbestand der sachlichen GewStPfl. – im EZ des Rechtsformwechsels (§ 14 Satz 1 GewStG) der GewSt-Messbetrag einheitlich zu ermitteln (also keine getrennte Ermittlung des GewSt-Messbetrags unter Berücksichtigung der von den jeweiligen Steuerschuldnern bezogenen Gewerbeerträge).5 Bei der einheitlichen Ermittlung setzt sich der Gewerbeertrag aus den für den EZ ermittelten Gewinnen und den Hinzurechnungs- und Kürzungsbeträgen der jeweiligen Steuerschuldner zusammen. Der einheitliche Gewerbeertrag ist sodann um den im EZ nur einmal zu gewährenden Freibetrag zu kürzen (betriebsbezogene Betrachtung).6 Nach Anwendung der Steuermesszahl auf den korrigierten Gewerbeertrag (Rz. 17) ist der einheitlich ermittelte GewSt-Messbetrag – im prozentualen Verhältnis der erzielten Gewerbeerträge – auf die Steuerschuldner aufzuteilen und ihnen ggü. getrennt festzusetzen (§ 14 GewStG Rz. 25).7 Demgegenüber kommt als Maßstab eine personenbezogene Aufteilung des Freibetrags – pro rata temporis – nicht in Betracht.8 Beispiel: A schied zum 31.8. aus der zweigliedrigen GbR aus. Sein Gesellschaftsanteil wuchs dem verbliebenen Gesellschafter B an, der den Gewerbebetrieb ab dem 1.9. als Einzelunternehmer fortführte. Die GbR bezog bis zum 31.8. einen Gewerbeertrag von 26.606 Euro, B im Zeitraum vom 1.9. bis 31.12. einen von 3.942 Euro. Es liegt ein Fall des Wechsels der Person des Steuerschuldners vor. Bis zum Rechtsformwechsel ist die GbR, danach B Steuerschuldner. Der Wechsel des Steuerschuldners bewirkt, dass dem jeweiligen Steuerschuldner nur der Teil der Steuerschuld zuzurechnen ist, der auf die Dauer seiner persönlichen GewStPfl. entfällt. Wegen der Fortführung des Betriebs sowie der partiellen Unternehmeridentität (vermittelt durch B) ist der Betrieb nicht im Ganzen nach § 2 Abs. 5 GewStG auf B übergegangen. Dies hat zur Folge, dass der Gewinn einheitlich zu ermitteln und der betriebsbezogene Freibetrag nur einmal zu gewähren ist (Auffassung der Rspr.: Gewerbeertrag GbR: 26.606 Euro + Gewerbeertrag B: 3.942 Euro = 30.548 Euro (davon entfallen 87,1 % auf die GbR und 12,9 % auf B); abgerundet: 30.500 Euro; abzgl. Freibetrag von 24.500 Euro = korrigierter Gewerbeertrag: 6.000 Euro × GewSt-Messzahl (3,5 %) = einheitlicher GewSt-Messbetrag: 210 Euro; davon entfallen 183 Euro (87,1 %) auf die GbR und 27 Euro (12,9 %) auf B). Nach Auffassung der FinVerw. (R 11.1 Satz 5 f. GewStH 2009) ergeben sich folgende GewStMessbeträge: Gewerbeertrag GbR: 26.606 Euro; abgerundet: 26.600 Euro; abzgl. anteiliger Freibetrag (2.042 Euro × 8 Monate = 16.336 Euro) = korrigierter Gewerbeertrag: 10.264 Euro × GewSt-Messzahl (3,5 %) = anteiliger GewSt-Messbetrag der GbR: 359 Euro; Gewerbeertrag Einzelunternehmer B: 3.942 Euro; abgerundet: 3.900 Euro; abzgl. anteiliger Freibetrag (2.042 Euro × 4 Monate = 8.168 Euro) = korrigierter Gewerbeertrag: 0 Euro; GewStMessbetrag B: 0 Euro.

1 2 3 4 5 6

7 8

Vgl. dazu BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 2.a. BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201. BFH v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BFH/NV 2018, 890 = FR 2018, 663. R 11.1 Satz 4 GewStR 2009; BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596, unter II.2.b.cc; v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BFH/NV 2018, 890 = FR 2018, 663 Rz. 20 mwN. R 11.1 Satz 3 GewStR 2009; BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 4.; v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BFH/NV 2018, 890 = FR 2018, 663 Rz. 20 f. BFH v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BFH/NV 2018, 890 = FR 2018, 663 Rz. 22 f.; soweit der BFH in einem obiter dictum noch eine personenbezogene Aufteilung des Freibetrags vertreten hat (BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 4.), hält er daran nicht mehr fest (BFH v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BFH/ NV 2018, 890 = FR 2018, 663 Rz. 24). R 11.1 Satz 3 f. GewStR 2009; BFH v. 26.8.1993 – IV R 133/90, BStBl. II 1995, 791 = FR 1994, 201, unter 4., v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BFH/NV 2018, 890 = FR 2018, 663 Rz. 21. So aber: R 11.1 Satz 5 f. GewStR 2009; FG Ba-Wü. v. 28.10.1993 – 6 K 141/91, rkr., EFG 1994, 496.

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Schulze

C. Höhe der Steuermesszahl im Regelfall (Abs. 2)

Rz. 40 § 11

C. Höhe der Steuermesszahl im Regelfall (Abs. 2) I. Rechtslage ab dem Erhebungszeitraum 2008 (Einheitstarif) Die auf den korrigierten Gewerbeertrag (Rz. 17) anzuwendende allgemeine Steuermesszahl (Prozent- 38 satz) beträgt – vorbehaltlich § 11 Abs. 3 GewStG – seit dem EZ 2008 (Rz. 8) rechtsformunabhängig 3,5 % (Einheitstarif). Die Steuermesszahl bildet zusammen mit dem jeweiligen gemeindlichen Hebesatz den Steuersatz für die GewSt.1

II. Rechtslage vor dem Erhebungszeitraum 2008 (Staffeltarif) Bis einschließlich EZ 2007 wurde rechtsformunabhängig eine einheitliche Steuermesszahl von 5 % 39 zugrunde gelegt (Rz. 8). In den EZ 19932 bis 2007 galt daneben rechtsformabhängig (für natürliche Personen und Personengesellschaften) eine progressiv gestaffelte Steuermesszahl (Staffeltarif).3 Erst auf den korrigierten Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG) von über 48.000 Euro wurde die einheitliche Steuermesszahl von 5 % angewendet. Die Steuermesszahlen betrugen nach Freibetrag und Abrundung:4 Gewerbeertrag für die ersten

12.000 t

für die weiteren

12.000 t

für die weiteren für die weiteren

kumulierter Ge- Steuermesszahl werbeertrag

Steuermessbetrag

kumulierter Steuermessbetrag

1%

=

120 t

120 t

(24.000 t)

2%

=

240 t

360 t

12.000 t

(36.000 t)

3%

=

360 t

720 t

12.000 t

(48.000 t)

4%

=

480 t

1.200 t

für die weiteren Beträge

5%

Im Organschaftsverhältnis (§ 2 GewStG Rz. 123 ff.) kommt es für die Anwendung des Tarifs (Staf- 40 feltarif oder Einheitstarif) immer auf die Rechtsform des Organträgers an.5

1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 29 (Stand: Juli 2014). 2 Der Staffeltarif galt für Gewerbebetriebe, die von natürlichen Personen oder Personengesellschaften betrieben wurden, bereits ab dem EZ 1991, wenn die Geschäftsleitung der Betriebe überwiegend in den neuen Bundesländern war; vgl. dazu Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 16 und 16b (Stand: Oktober 2013); Schneider, DB 1991, 1081 (1086). 3 Begr. zum Gesetzesentwurf der Regierungsfraktion v. 3.9.1991, BT-Drucks. 12/1108, 70: Sinn des Stufentarifs sollte sein, bei kleineren und mittleren Gewerbebetrieben von Personenunternehmen einen „sanften Übergang“ auf die volle Messzahl von 5 % herzustellen. 4 Tabelle der sich aus dem Staffeltarif ergebenden Messbeträge: Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 31 (Stand: Juli 2014); zur Berechnung der GewSt-Rückstellung bei Anwendung des Staffeltarifs, vgl. Pauka, DB 1992, 1837; Gerl, DStR 1993, 141; Stüttgen, DB 1993, 950; Mielke, DB 1993, 2446; Pasch, DB 1994, 343; zur steueroptimalen Berechnung der effektiven Gewerbeertragsteuer nach dem Staffeltarif vgl. Binz/Vogel, BB 1993, 1710; Beránek, BB 1992, 1832; König/Kunkel/Stegmaier, DStR 1992, 922. 5 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 48 (Stand: Juli 2014); Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 42 (Stand: Oktober 2013); krit. gegenüber dem Staffeltarif Seer, StuW 1993, 114 (118).

Schulze

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§ 11 Rz. 41 Steuermesszahl/-messbetrag

D. Ermäßigte Steuermesszahl (Abs. 3) I. Ermäßigung der Steuermesszahl 41

§ 11 Abs. 3 GewStG regelt eine Tarifermäßigung für bestimmte (Kleinst-)Gewerbetreibende. Dazu verweist die Vorschrift auf bestimmte Personengruppen des Hausarbeitsgesetzes (HAG). In der Rechtsfolge ermäßigt sich für diesen Personenkreis die Steuermesszahl auf 1,96 % (56 % von 3,5 %).

II. Hausgewerbetreibende (Abs. 3 Satz 1 Alt. 1) 1. Tatbestandliche Anknüpfung 42

Die Steuerermäßigung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 GewStG setzt voraus, dass es sich um einen „Hausgewerbetreibenden“ handelt (für gleichgestellte Personen vgl. Rz. 61 ff.). An weitere Voraussetzungen ist die Steuerermäßigung nicht geknüpft. Das GewStG selbst definiert das Merkmal „Hausgewerbetreibender“ nicht. § 11 Abs. 3 GewStG knüpft vielmehr an das arbeitsrechtliche Heimarbeitsgesetz (HAG) an.1 Hausgewerbetreibende sind gewerbliche Unternehmer,2 die zugleich die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 HAG erfüllen.

43

Arbeitsrechtlicher Schutzzweck. Die Einordnung einer Person als GewSt-Subjekt und als Hausgewerbetreibender bzw. gleichgestellte Person nach dem HAG müssen nicht deckungsgleich sein. Für die Qualifizierung als GewSt-Subjekt sind ausschließlich das GewStG und das EStG maßgeblich, für die Qualifizierung als Hausgewerbetreibender oder diesem gleichgestellte Person nur das HAG. Die Finanzrechtsprechung legt das HAG für gewstl. Zwecke selbstständig aus und ist dabei insbes. nicht an arbeitsgerichtliche Entsch. gebunden.3 Die Auslegung erfolgt indes ausschließlich nach Maßgabe des arbeitsrechtlichen Schutzzwecks des HAG. Zur faktischen Bindung bei gleichgestellten Personen vgl. Rz. 62.

44

Selbstständigkeit nach steuerrechtlichen Kriterien. Obwohl nach § 1 Abs. 1 HAG zu den in Heimarbeit Beschäftigten sowohl die Heimarbeiter (§ 2 Abs. 1 HAG) als auch die Hausgewerbetreibenden (§ 2 Abs. 2 HAG) gehören, verweist § 11 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 GewStG für die Steuerermäßigung ausdrücklich nur auf die Personengruppe der „Hausgewerbetreibenden“ (§ 1 Abs. 1 Buchst. b HAG). Dies ist unter dem Gesichtspunkt verständlich, dass „Hausgewerbetreibende“ nach Maßgabe des HAG selbstständige Gewerbetreibende sind, während „Heimarbeiter“ als Unselbstständige betrachtet werden4 und damit nicht gewstpfl. wären. Der allein tätige Hausgewerbetreibende unterscheidet sich vom Heimarbeiter also dadurch, dass er Gewerbetreibender ist und zudem über eine eigene, von seinem Auftraggeber unabhängige Organisationsstruktur verfügt. „Heimarbeiter“ werden gleichwohl von § 11 Abs. 3 GewStG erfasst, wenn sie nach den maßgeblichen gewstl. Gesichtspunkten selbstständig tätig sind (vgl. Rz. 43).5 Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.6 Bei verfassungskonformer Auslegung ist in diesen Konstellationen auch den „Heimarbeitern“ die Tarifermäßigung zu gewähren.7

1 BFH v. 26.6.1987 – III R 223/83, BStBl. II 1987, 719, unter 1.; R 11.2 Satz 2 GewStR 2009. 2 BFH v. 9.8.1989 – X R 30/86, BStBl. II 1989, 891 = FR 1989, 722, unter 1. 3 BFH v. 26.6.1987 – III R 223/83, BStBl. II 1987, 719, unter 1. (überschießend, soweit der BFH davon ausgeht, dass mit der Qualifikation als Hausgewerbetreibender durch die Finanzgerichtsbarkeit dieser zugleich und vorrangig als Gewerbetreibender den arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen nach dem HAG unterliegt). 4 BAG v. 27.10.1972 – 3 AZR 151/72, Arbeitsrecht in Stichworten 1973, 52, unter II.1. 5 BFH v. 13.2.1980 – I R 17/78, BStBl. II 1980, 303 = FR 1980, 298, Ls. 6 BFH v. 24.11.1961 – VI 183/59 S, BStBl. III 1962, 37. 7 Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 28 (Stand: Oktober 2013); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 11 GewStG Rz. 12.

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Schulze

D. Ermäßigte Steuermesszahl (Abs. 3)

Rz. 49 § 11

2. Hausgewerbetreibender (§ 1 Abs. 1 Buchst. b, § 2 Abs. 2 HAG) a) Begriff des § 2 Abs. 2 HAG Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 HAG ist Hausgewerbetreibender, wer in eigener Arbeitsstätte (eigener Woh- 45 nung oder Betriebsstätte) mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften oder Heimarbeitern im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt, wobei er selbst wesentlich am Stück mitarbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt. Wer als Hausgewerbetreibender anzusehen ist und damit die Steuerermäßigung in Anspruch nehmen kann, beurteilt sich nur nach den arbeitsschutzrechtlichen Tatbeständen und Begriffen des HAG.1 Eine – zB die Zweckrichtung des – § 11 Abs. 3 GewStG berücksichtigende Auslegung der maßgeblichen Tatbestände des HAG kommt nicht in Betracht.2 Bei der Auslegung ist nur die Zweckbestimmung des HAG zu berücksichtigen. Das HAG will Kleinstgewerbetreibende arbeitsrechtlich schützen. Diese üben zwar eine gewerbliche 46 oder handwerkliche Tätigkeit in rechtlicher und persönlicher Hinsicht selbstständig aus, befinden sich aber in tatsächlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihren Auftraggebern.3 Aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von grds. nur einem Auftraggeber folgt die Schutzbedürftigkeit dieser Personen.4 Denn eine solche Abhängigkeit geht mit existenzgefährdendem Charakter einher.5 Die erhöhte Schutzbedürftigkeit wird unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 HAG unwiderlegbar vermutet. Die Begriffsbestimmungen sind weit auszulegen, müssen sich aber iRd. sozialpolitischen Schutzzwecks des HAG bewegen. Die Auslegung entspricht dann nicht mehr dem Gesetzeszweck, wenn die infolge der wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Auftraggeber bestehende Schutzbedürftigkeit und damit das typische Element des Hausgewerbetreibenden fehlt oder entfällt. Bei der Auslegung des Merkmals „Hausgewerbetreibender“ – zB auch in Abgrenzung zum „echten 47 Selbstständigen“ – kommt es auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an, die der tatrichterlichen Würdigung unterliegen.6 Entscheidend ist, ob der Betriebsinhaber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu den Personen gehört, die durch das HAG geschützt werden sollen.7 Die Schutzbedürftigkeit liegt grds. vor, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 HAG kumulativ erfüllt sind. Die sozialpolitische Schutzbedürftigkeit der Hausgewerbetreibenden manifestiert sich sodann in der gewstl. Tarifmäßigung. Bei der Abgrenzung zwischen Haugewerbetreibenden und „echten Selbstständigen“ kommt es nicht 48 darauf an, ob der Betrieb gewerberechtlich angemeldet oder in die Handwerksrolle eingetragen ist. Auch dessen handels- und sozialversicherungsrechtliche Einordnung ist unerheblich.8 b) Wesentliche Mitarbeit am Stück Hausgewerbetreibender kann der Inhaber des Gewerbebetriebs nur sein, wenn er „selbst wesentlich 49 am Stück mitarbeitet“. Dazu muss der Gewerbebetrieb durch die Mitarbeit des Gewerbetreibenden sein Gepräge erhalten. Grundsätzlich muss der Inhaber am Produktionsprozess (Herstellung, Bearbeitung oder Verpackung von Waren) wesentlich mitwirken. Unternehmerische Funktionen (Einleitung, Leitung, Beaufsichtigung der Arbeit) und Hilfstätigkeiten (Buchführung, Beschaffung der Roh- und Hilfsstoffe oder Ablieferung der fertigen Arbeiten) dürfen hingegen grds. nicht überwiegen. Dabei stellt § 2 Abs. 2 Satz 2 HAG klar, dass die Eigenschaft als Hausgewerbetreibender nicht da1 R 11.2 Satz 3 GewStR 2009; BFH v. 8.3.1984 – I R 67/80, BStBl. II 1984, 534 = FR 1984, 430, unter II.1.; v. 26.2.2002 – X R 61/99, BStBl. II 2003, 31 = FR 2002, 795, unter II.1.; FG Ba.-Wü. v. 26.7.1995 – 5 K 365/93 – rkr., EFG 1996, 37. 2 BFH v. 26.6.1987 – III R 223/83, BStBl. II 1987, 719, unter 1. 3 BAG v. 15.12.1960 – 5 AZR 437/58, DB 1961, 343, unter II.2.a. 4 BVerfG v. 11.2.1976 – 2 BvL 2/73, BVerfGE 41, 314, unter II.3.b. 5 BFH v. 26.2.2002 – X R 61/99, BStBl. II 2003, 31 = FR 2002, 795, unter II.2.b dd; FG Ba.-Wü. v. 26.7.1995 – 5 K 365/93, EFG 1996, 37 (38). 6 BAG v. 27.10.1972 – 3 AZR 151/72, Arbeitsrecht in Stichworten 1973, 52, Ls. 7 FG Ba.-Wü. v. 26.7.1995 – 5 K 365/93 – rkr., EFG 1996, 37. 8 BFH v. 13.2.1980 – I R 17/78, FR 1980, 298 = BStBl. II 1980, 303; FG Ba.-Wü. v. 26.7.1995 – 5 K 365/93 – rkr., EFG 1996, 37.

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§ 11 Rz. 50 Steuermesszahl/-messbetrag durch entfällt, dass der Betriebsinhaber die für den Verarbeitungsprozess notwendigen Roh- und Hilfsstoffe selbst beschafft. Unter „Mitarbeit am Stück“ sind daher die körperliche Arbeit am Arbeitsprodukt und nicht hingegen kaufmännische und unternehmerische Tätigkeiten zu verstehen.1 Die Tätigkeit muss für das Gesamtergebnis unter quantitativen und qualitativen Gesichtspunkten wesentlich sein. Deshalb ist die Art der Tätigkeit des Inhabers im Einzelfall abhängig von Größe und Struktur des Betriebs.2 Für die Einzelfallbetrachtung ist auch die Größe des Betriebs entscheidend. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass mit zunehmender Betriebsgröße notwendigerweise die unternehmerischen Funktionen und Hilfstätigkeiten durch den Inhaber auszuführen sind, sodass er selbst nicht mehr im wesentlichen Maße produktiv tätig sein kann.3 Der hilfsweise Einsatz von Maschinen ist angesichts der technischen Entwicklung unschädlich.4 Zur „wesentlichen Mitarbeit am Stück“ bei Personenzusammenschlüssen s. Rz. 60. c) Beschäftigung von Hilfskräften und Heimarbeitern 50

Der Hausgewerbetreibende kann alleine5 oder zusammen mit „nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften“ oder „Heimarbeitern“ tätig sein (zur Tätigkeit vgl. Rz. 49; zu Personenzusammenschlüssen, vgl. Rz. 60). Obwohl das HAG den Begriff „Hausgewerbetreibender“ einheitlich verwendet, unterteilt die Vorschrift Hausgewerbetreibende in solche mit nicht mehr als zwei (§ 2 Abs. 2 HAG) und solche mit mehr als zwei fremden Hilfskräften oder Heimarbeitern (§ 1 Abs. 2 Buchst. b HAG). Letztere sind dann aber sog. gleichgestellte Personen, für die weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. Rz. 61 ff.).

51

Als fremde Hilfskräfte bezeichnet § 2 Abs. 6 HAG diejenigen, die als Arbeitnehmer eines Hausgewerbetreibenden oder nach § 1 Abs. 2 Buchst. b und c HAG Gleichgestellten in deren Arbeitsstätte beschäftigt sind. Fremde Hilfskräfte des Hausgewerbetreibenden sind alle aufgrund von Arbeitsverträgen bei ihm (auch aushilfsweise oder in Teilzeit) beschäftigten Arbeitnehmer. Dazu gehören auch Angehörige (§ 2 Abs. 5 Buchst. a bis c HAG), die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, vorausgesetzt, dass sie die Arbeitsleistung auf arbeitsrechtlicher und nicht auf familienrechtlicher Grundlage erbringen.6

52

Der Hausgewerbetreibende kann aber auch Heimarbeiter iSd. § 2 Abs. 1 HAG beschäftigen. Die Tätigkeit des Hausgewerbetreibenden unterscheidet sich vom Heimarbeiter dadurch, dass er iSd. HAG selbstständig tätig ist und eine eigene, von der seines Auftraggebers unabhängige Arbeitsorganisation unterhält. Anders als der Heimarbeiter kann der Hausgewerbetreibende selbst Arbeitgeber durch die Beschäftigung fremder Hilfskräfte oder Heimarbeiter sein.

53

Die Eigenschaft als Hausgewerbetreibender entfällt, wenn der Gewerbetreibende fortgesetzt mit mehr als zwei fremden Hilfskräften oder Heimarbeitern arbeitet (Ausnahme: § 2 Abs. 2 Buchst. b HAG, vgl. Rz. 61 ff.); dies gilt grds. auch, wenn die zeitliche Arbeitsleistung dieser Personen insgesamt nicht über die zeitliche Arbeitsleistung zweier vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer hinausgeht.7 Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn aus besonderem Anlass mehr als zwei Hilfskräfte oder Heimarbeiter beschäftigt werden. Als Vergleichsmaßstab ist auf die normale Beschäftigungslage abzustellen. Entscheidendes Kriterium ist, ob das Gewerbe auf Dauer auch mit nur zwei Hilfskräften betrieben werden kann.8 Deshalb entfällt die Eigenschaft als Hausgewerbetreibender zB nicht, wenn zwar in einzelnen Monaten mehr als zwei Hilfskräfte beschäftigt werden, aber in anderen Jahren die Zahl von zwei Hilfskräften im

1 BFH v. 8.7.1971 – IV 186/65, BStBl. II 1972, 385, Ls. 3. 2 BFH v. 8.7.1971 – IV 186/65, BStBl. II 1972, 385, unter II.2. (juris Rz. 26). 3 BFH v. 8.7.1971 – IV 186/65, BStBl. II 1972, 385, unter II.2. (die produktive Tätigkeit von 36 % der Gesamttätigkeit genügt nicht, um „selbst wesentlich am Stück mitgearbeitet“ zu haben). 4 FG Ba.-Wü. v. 30.5.1990 – II K 86/86 – rkr., EFG 1991, 38. 5 BAG v. 27.10.1972 – 3 AZR 151/72, Arbeitsrecht in Stichworten 1973, 52, unter II.2.b. 6 H 11.2 „Fremde Hilfskräfte“ GewStH 2009; BFH v. 26.2.2002 – X R 61/99, BStBl. II 2003, 31 = FR 2002, 795, Ls. 2. 7 BFH v. 26.6.1987 – III R 223/83, BStBl. II 1987, 719, Ls. 8 BFH v. 8.3.1984 – I R 67/80, BStBl. II 1984, 534 = FR 1984, 430, Ls., unter II.1.a.

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D. Ermäßigte Steuermesszahl (Abs. 3)

Rz. 59 § 11

Wesentlichen nicht überschritten wird.1 Wird er hingegen fortgesetzt mit mehr als zwei Hilfskräften oder Heimarbeitern tätig, entfällt die Eigenschaft als Hausgewerbetreibender.2 d) Tätigkeitsort Die Tätigkeit des Hausgewerbetreibenden ist – bereits terminologisch – ortsgebunden „in eigener Ar- 54 beitsstätte“ zu erledigen. Nach der Klammerdefinition (§ 2 Abs. 2 Satz 1 HAG) handelt es sich dabei um die eigene Wohnung oder eine Betriebsstätte des Inhabers. Der Gewerbetreibende muss ein Recht an den Räumlichkeiten haben. Betriebsstätte iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 HAG kann deshalb auch eine Räumlichkeit sein, die dem Auftraggeber gehört, dem Gewerbetreibenden aber zur Nutzung überlassen wird und er aufgrund des Nutzungsrechts jeden anderen von der Nutzung ausschließen kann.3 Eine eigene Arbeitsstätte liegt nicht vor, wenn der Gewerbetreibende stets auf Baustellen bzw. in fremden Räumen Montagearbeiten (zB Einbau von Küchen) ausführt.4 e) Auf „Waren“ beschränkter Tätigkeitsbereich Hausgewerbetreibender kann nur sein, wer „Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt“. Dabei sind 55 Waren iSd. § 2 Abs. 2 HAG nicht nur marktfähige Produkte, sondern auch Einzelteile, die erst in einem weiteren – nicht vom Hausgewerbetreibenden ausgeführten – Produktionsschritt ihre Marktfähigkeit erlangen. f) Fremdverwertung des Arbeitsergebnisses durch Auftraggeber Den Hausgewerbetreibenden charakterisiert, dass er im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwi- 56 schenmeistern tätig wird und die Verwertung des Arbeitsergebnisses dem auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt. Zwischenmeister ist nach § 2 Abs. 3 HAG, wer, ohne Arbeitnehmer zu sein, die ihm von Gewerbe- 57 treibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibende weitergibt. Zwischenmeister ist danach eine Mittelsperson, deren Tätigkeit darin besteht, die Vergabe von Heimarbeit zu organisieren, die geeigneten Beschäftigten auszusuchen, die Arbeitsergebnisse zu kontrollieren und anstelle des Auftraggebers die meisten seiner Funktionen auszuüben. Diese Eigenschaft verliert eine Person, wenn sie die Ware vor Weitergabe selbst bearbeitet.5 Die Person ist dann nicht Mittler, sondern selbst Unternehmer, der andere bei der Herstellung der von ihm geschuldeten Arbeitsergebnisse beschäftigt.6 Die Überlassung der Verwertung des Arbeitsergebnisses bedeutet, dass das Absatzrisiko für die her- 58 gestellten, bearbeiteten oder verpackten Waren unmittelbar oder mittelbar durch den Auftraggeber zu tragen ist. Folglich muss die Ware dem auftraggebenden Gewerbetreibenden zurückgegeben werden, damit dieser sie am Markt anbieten kann. Unschädlich ist, wenn der Hausgewerbetreibende diese Ware auf Weisung des auftraggebenden Gewerbetreibenden an bestimmte Abnehmer ausliefert oder verkauft. Nach außen muss dabei erkennbar sein, dass der Warenvertrieb nicht im eigenen Namen oder für eigene Rechnung erfolgt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HAG ist es für die Eigenschaft als Hausgewerbetreibender unschädlich, wenn 59 die Person vorübergehend unmittelbar für den Absatzmarkt arbeitet. Vorübergehend ist eine Tätigkeit, die entweder nur gelegentlich oder ständig, ihrem Umfang nach aber nur nebenbei7 ausgeübt wird und deshalb für die Gesamtleistung unwesentlich ist.8 Die unmittelbare Arbeit für den Absatz1 BFH v. 8.3.1984 – I R 67/80, BStBl. II 1984, 534 = FR 1984, 430, unter II.1.b (vorübergehender Einsatz von drei fremden Hilfskräften). 2 BFH v. 26.6.1987 – III R 223/83, BStBl. II 1987, 719, Ls., unter 3.b. 3 BFH v. 8.3.1960 – I 226/59 U, BStBl. III 1960, 160. 4 FG Ba.-Wü. v. 1.2.1989, II K 23/85 – rkr., EFG 1989, 303. 5 BFH v. 27.3.1979 – VIII R 88/76, BStBl. II 1979, 576 (577). 6 BFH v. 8.7.1971 – IV 186/65, BStBl. II 1972, 385, unter II.1. 7 BFH v. 4.10.1962 – IV 100/60 U, BStBl. III 1963, 66 (juris Rz. 22 und 28). 8 R 11.2 Satz 8 GewStR 2009.

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§ 11 Rz. 60 Steuermesszahl/-messbetrag markt darf 10 % (geringfügige Überschreitungen sind unschädlich) nicht übersteigen.1 Relationsgröße ist der Umfang der Arbeitszeit der im Betrieb tätigen Personen, der auf die Anfertigung von Waren für den Absatzmarkt im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit entfällt.2 Bei einer Gesamtbetrachtung darf der unmittelbare Absatz am Markt die wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Gewerbetreibenden nicht aufheben.3 Neben der zeitlichen Bestimmung des Merkmals „vorübergehend“ wäre auch eine Umsatzrelation denkbar.4 g) Personenzusammenschlüsse 60

Hausgewerbetreibende sind grds. nur natürliche Personen. Ausnahmsweise kann aber auch ein Personenzusammenschluss (GbR) die Voraussetzungen erfüllen (Zusammenschluss von Hausgewerbetreibenden, § 2 Abs. 2 Satz 1 HAG).5 Dies setzt voraus, dass alle Gesellschafter wesentlich am Stück mitarbeiten (vgl. Rz. 49). Andernfalls kommt die Tarifbegünstigung für die Personengesellschaft nicht in Betracht.6 Ausgeschlossen sind aber Personenhandelsgesellschaften.

III. Personen mit ähnlicher Stellung (Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2) 61

Die Steuermesszahl ermäßigt sich nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2 GewStG auch für die den Hausgewerbetreibenden gleichgestellten Personen. Den Haugewerbetreibenden gleichgestellte Personen sind: – Hausgewerbetreibende, die mit mehr als zwei fremden Hilfskräften (§ 2 Abs. 6 HAG) oder Heimarbeitern (§ 2 Abs. 1 HAG) arbeiten (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 GewStG iVm. § 1 Abs. 2 Buchst. b HAG), – andere im Lohnauftrag arbeitende Gewerbetreibende, die infolge ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit eine ähnliche Stellung wie Hausgewerbetreibende einnehmen (§ 11 Abs. 3 Satz 2 GewStG iVm. § 1 Abs. 2 Buchst. c HAG) und – Zwischenmeister (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 iVm. § 1 Abs. 2 Buchst. d HAG).

62

Die Gleichstellung erfolgt durch widerrufliche Entsch. des zuständigen Heimarbeitsausschusses (bei Fehlen eines solchen Ausschusses durch die zuständige Arbeitsbehörde) als sog. Gruppengleichstellung, in Ausnahmefällen durch Einzelgleichstellung. Sie wird im Bundesanzeiger veröffentlicht (§ 1 Abs. 4 und 5 iVm. § 4 HAG). Materielle Voraussetzung der Gleichstellung ist die einem Hausgewerbetreibenden vergleichbare Schutzbedürftigkeit (Rz. 46). Deshalb kommt es maßgeblich auf die wirtschaftliche Abhängigkeit an. Dabei sind insbes. die Zahl der fremden Hilfskräfte, die Abhängigkeit von einem oder mehreren Auftraggebern, die Möglichkeiten des unmittelbaren Zugangs zum Absatzmarkt, die Höhe und die Art der Eigeninvestitionen sowie der Umsatz zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HAG). Die Steuerverwaltung ist an die Gleichstellungsentscheidung des Heimarbeitsausschusses oder der Arbeitsbehörde ohne eigene Prüfungskompetenz gebunden.7

63

Der Unterschied zwischen Hausgewerbetreibenden nach § 1 Abs. 2 Buchst. b HAG und Hausgewerbetreibenden iSd. § 2 Abs. 2 HAG besteht ausschließlich in der Anzahl der beschäftigten Hilfskräfte bzw. Heimarbeiter (Rz. 50 ff.). Für die Steuerermäßigung muss der Hausgewerbetreibende iSd. § 1 Abs. 2 Buchst. b HAG iÜ die Voraussetzungen der Rz. 49 ff. erfüllen. Dabei ist der Auslegungsmaß-

1 H 11.2 „Vorübergehende Tätigkeit“ GewStH 2009; BFH v. 10.12.1974 – VIII R 11/69, BStBl. II 1975, 265 (bei einem Anteil von 13,1 % an der Gesamtarbeitszeit sei die Grenze zu einer vorübergehenden Tätigkeit am Absatzmarkt überschritten); v. 4.10.1962 – IV 100/60 U, BStBl. III 1963, 66 (10,4 % seien unschädlich). 2 BFH v. 10.12.1974 – VIII R 11/69, BStBl. II 1975, 265, Ls. 3 Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 23 (Stand: Oktober 2013). 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 11 GewStG Rz. 11a, unter cc; Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 23 (Stand: Oktober 2013). 5 BFH v. 8.3.1960 – I 226/59 U, BStBl. III 1960, 160; H 11.2 „Personenzusammenschlüsse“ GewStH 2009. 6 BFH v. 8.7.1971 – IV 186/65, BStBl. II 1972, 385, Ls. 1., unter II.2. 7 R 11.2 Sätze 5 und 6 GewStR 2009; BFH v. 4.10.1962 – IV 100/60 U, BStBl. III 1963, 66; FG Düss. v. 12.6.1997 – 8 K 4496/93 G, EFG 1997, 1254, Ls. 1.

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E. Anhang: § 22 GewStDV

Rz. 70 § 11

stab der Schutzbedürftigkeit zu berücksichtigen (Rz. 46). Für Personenzusammenschlüsse gelten die Ausführungen unter Rz. 60. Zwischenmeister iSd. § 1 Abs. 2 Buchst. d HAG ist nach § 2 Abs. 3 HAG, wer ohne Arbeitnehmer zu 64 sein, die ihm von Gewerbetreibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibende weitergibt. Es handelt sich um eine Mittelsperson, die letztlich die Funktion des Auftraggebers des Hausgewerbetreibenden ausübt (Rz. 57). Für die Steuerermäßigung unerheblich ist, wenn ein Hausgewerbetreibender iSd. § 1 Abs. 2 Buchst. b HAG zugleich als Zwischenmeister tätig ist und sich die Tätigkeiten als Hausgewerbetreibender und Zwischenmeister nicht eindeutig trennen lassen.1 Gleichgestellte Personen iSd. § 1 Abs. 2 Buchst. c HAG sind sonstige (Kleinst-)Gewerbetreibende, 65 die nicht die Voraussetzungen für einen Hausgewerbetreibenden erfüllen (§ 2 Abs. 2 HAG), die aber sozial und wirtschaftlich in gleicher Weise abhängig und deshalb ebenfalls schutzwürdig sind. Dies sind zB Gewerbetreibende, die nicht am Stück mitarbeiten (Rz. 49) oder auch den Absatzmarkt unmittelbar beliefern (Rz. 56 ff.). Gleichgestellte Personen iSd. § 1 Abs. 2 Buchst. c HAG werden nach § 11 Abs. 3 Satz 2 GewStG aber nur dann begünstigt, wenn deren Entgelte iSd. § 10 Abs. 1 UStG (also Nettoumsatz) aus der Tätigkeit unmittelbar für den Absatzmarkt 25.000 Euro im EZ nicht übersteigen; andernfalls entfällt die Tarifvergünstigung. Damit wird die stl. Tarifvergünstigung um ein – von der Steuerverwaltung zu prüfendes – Merkmal erweitert. Tätigkeiten unmittelbar am Absatzmarkt sind solche, die nicht mit dem auftraggebenden Gewerbetreibenden getätigt werden. Erfüllt eine Person zugleich die Voraussetzungen als Hausgewerbetreibender oder als gleichgestellte 66 Person iSd. § 1 Abs. 2 Buchst. b oder d HAG und als Lohngewerbetreibender nach § 1 Abs. 2 Buchst. c HAG und übersteigen dessen Entgelte die Grenze von 25.000 Euro im EZ, ist der Person der ermäßigte Steuersatz nicht zu gewähren, wenn sich die beiden Bereiche nicht trennen lassen.2

E. Anhang: § 22 GewStDV I. Mehrere Tätigkeiten (Satz 1) § 22 Satz 1 GewStDV schränkt die Tarifbegünstigung für den Fall ein, dass der Hausgewerbetrei- 67 bende (Rz. 45 ff.) oder eine diesem gleichgestellte Person (Rz. 61 ff.) im selben EZ neben der tarifbegünstigten Tätigkeit eine weitere gewerbliche Tätigkeit betreibt, beide Tätigkeiten als untrennbare Einheit anzusehen sind und die weitere Tätigkeit nicht überwiegt.3 § 22 Satz 1 GewStDV setzt voraus, dass die Person iSd. § 11 Abs. 3 GewStG neben der steuerermäßig- 68 ten gewerblichen Tätigkeit eine weitere gewerbliche Tätigkeit betreibt. Dabei muss es sich grds. um eine von der steuerermäßigten Tätigkeit abgrenzbare gewerbliche Tätigkeit handeln. Obwohl es sich um zwei grds. abgrenzbare Tätigkeiten handelt, müssen sie eine untrennbare Einheit 69 bilden. Dies ist der Fall, wenn die Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung und nach den Betriebsverhältnissen als Teil eines Gewerbebetriebs anzusehen sind.4 Dies kommt zB in Betracht, wenn ein Hausgewerbetreibender iSd. § 2 Abs. 2 HAG zugleich unmittelbar auch für Privatkunden tätig wird und dabei die Grenze des § 2 Abs. 2 Satz 2 HAG überschreitet (Rz. 59). Dies gilt auch, wenn ein Gewerbetreibender die Voraussetzungen des HAG im EZ vorübergehend nicht erfüllt, zB bei gelegentlicher Überschreitung der zugelassenen Höchstzahl fremder Arbeitskräfte, die begünstigte Tätigkeit im EZ insgesamt aber überwiegt.5 Welche Tätigkeit überwiegt, ist nach Maßgabe der jeweils erzielten Betriebseinnahmen abzugren- 70 zen.

1 2 3 4 5

BFH v. 7.2.1963 – IV 154/61 U, BStBl. III 1963, 146. Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 31 (Stand: Oktober 2013). R 11.2 Satz 10 GewStR 2009. Vgl. dazu R 11.2 Satz 10 iVm. R 2.4 Abs. 2 GewStR 2009. R 11.2 Satz 11 GewStR 2009.

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§ 11 Rz. 71 Steuermesszahl/-messbetrag 71

Liegt eine einheitliche Tätigkeit vor und überwiegt die weitere Tätigkeit, entfällt die Tarifbegünstigung insgesamt.1 Liegt keine einheitliche Tätigkeit iSd. § 22 Satz 1 GewStDV vor, ist die Tarifermäßigung nur hinsichtlich der Tätigkeit als Hausgewerbetreibender oder diesem gleichgestellte Person zu gewähren.

II. Vergünstigung für gesamten Gewerbeertrag (Satz 2) 72

Mit der Formulierung „gilt in diesem Fall“ knüpft § 22 Satz 2 GewStDV tatbestandlich an § 22 Satz 1 GewStDV an. Für die Anwendung des § 22 Satz 2 GewStDV muss also ein Hausgewerbetreibender oder diesem gleichgestellte Person eine weitere – die ermäßigte Tätigkeit nicht überwiegende – gewerbliche Tätigkeit ausüben, die mit der tarifermäßigten Tätigkeit eine Einheit bildet. Als Rechtsfolge regelt § 22 Satz 2 GewStDV die Gewährung der Tarifermäßigung dann auch für den Gewerbeertrag der (weiteren) im selben EZ betriebenen gewerblichen Tätigkeit des Hausgewerbetreibenden.

Abschnitt III

§§ 12, 13

(weggefallen)

1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 47 (Stand: Juli 2014); Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 30 (Stand: Oktober 2013).

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§ 11 Rz. 71 Steuermesszahl/-messbetrag 71

Liegt eine einheitliche Tätigkeit vor und überwiegt die weitere Tätigkeit, entfällt die Tarifbegünstigung insgesamt.1 Liegt keine einheitliche Tätigkeit iSd. § 22 Satz 1 GewStDV vor, ist die Tarifermäßigung nur hinsichtlich der Tätigkeit als Hausgewerbetreibender oder diesem gleichgestellte Person zu gewähren.

II. Vergünstigung für gesamten Gewerbeertrag (Satz 2) 72

Mit der Formulierung „gilt in diesem Fall“ knüpft § 22 Satz 2 GewStDV tatbestandlich an § 22 Satz 1 GewStDV an. Für die Anwendung des § 22 Satz 2 GewStDV muss also ein Hausgewerbetreibender oder diesem gleichgestellte Person eine weitere – die ermäßigte Tätigkeit nicht überwiegende – gewerbliche Tätigkeit ausüben, die mit der tarifermäßigten Tätigkeit eine Einheit bildet. Als Rechtsfolge regelt § 22 Satz 2 GewStDV die Gewährung der Tarifermäßigung dann auch für den Gewerbeertrag der (weiteren) im selben EZ betriebenen gewerblichen Tätigkeit des Hausgewerbetreibenden.

Abschnitt III

§§ 12, 13

(weggefallen)

1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 11 GewStG Rz. 47 (Stand: Juli 2014); Gosch in Blümich, § 11 GewStG Rz. 30 (Stand: Oktober 2013).

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Abschnitt IV Steuermessbetrag

§ 14 Festsetzung des Steuermessbetrags 1Der

Steuermessbetrag wird für den Erhebungszeitraum nach dessen Ablauf festgesetzt. 2Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr. 3Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht während des ganzen Kalenderjahrs, so tritt an die Stelle des Kalenderjahrs der Zeitraum der Steuerpflicht (abgekürzter Erhebungszeitraum). A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und Zweck . . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

3

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

4

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

5

B. Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

I. Festsetzung des Steuermessbetrags für den Erhebungszeitraum (Satz 1) . . . . . . . . . 1. Festsetzung des Messbetrags . . . . . . . . a) Für die Festsetzung anzuwendende Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . b) GewSt-Messbescheid . . . . . . . . . . . aa) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . bb) Form und Inhalt . . . . . . . . . . (1) Formvorschriften . . . . . . . . . . (2) Sachliche Steuerpflicht . . . . . . . (3) Persönliche Steuerpflicht und Inhaltsadressat . . . . . . . . . . . (4) Keine Bestimmung des Steuergläubigers . . . . . . . . . . . . . .

. .

9 9

. . . . . .

9 12 12 15 15 16

.

17

.

23

cc) Bekanntgabeadressat . . . . . . . . dd) Festsetzung mehrerer Gewerbesteuermessbeträge für einen Erhebungszeitraum . . . . . . . . . . . c) Korrekturverfahren/Festsetzungsfrist/ Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtsbehelfsverfahren . . . . . . . . . . aa) Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid . . . . . . . . . bb) AdV-Verfahren . . . . . . . . . . . e) Verfahrensrechtliche Wirkung des Gewerbesteuermessbescheids . . . . . . aa) Materielle Bindewirkung . . . . . . bb) Mitteilung der bindenden Festsetzungen an Gemeinde (§ 184 Abs. 3 AO) . . . . . . . . . . . . . . 2. Festsetzung für und nach Ablauf des Erhebungszeitraums (Satz 1) . . . . . . . .

24 25 27 30 30 37 39 39 42 44

II. Kalenderjahr als Erhebungszeitraum (Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

III. Abgekürzter Erhebungszeitraum (Satz 3) .

50

Literatur: Hartz, Zur Stellung der Gemeinden im Gewerbesteuerverfahren, DB 1962, 681; Soell, Überlegungen zur gerichtlichen Geltendmachung kommunaler Realsteueransprüche, BayVBl. 1980, 73; Hammer, Steuergeheimnis – Übersendung von GewSt-Meßbescheiden an die Gemeinden, DStR 1982, 98; Lüders/Meyer-Kessel, Gewerbeertragsteuer bei Unternehmen mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr, DStR 1991, 141; Lüders/Meyer-Kessel, Gewerbesteuer bei Unternehmen mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr, DStR 1991, 703; Rößler, Bekanntgabe von Gewerbesteuermeßbescheiden, Anm. zum BFH-Beschl. v. 12.11.1992 – XI B 69/92, DStZ 1993, 542; Pump, Die Verwirkung der Gewerbesteuer aufgrund fehlerhafter Einkommensteuerveranlagung, StBp. 1995, 36; App, Zum Sicherheitsverlangen bei der Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuerbescheiden durch die Gemeinde und zur Stellung des Gewerbesteuerpflichtigen, BB 1997, 2354; Reitz/Strothmann, Rückverlagerung von Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer von den Gemeinden auf die Finanzämter, KStZ 2000, 45; App, Zur Adressierung und Bekanntgabe von kommunalen Steuerbescheiden und Bescheiden über andere Kommunalabgaben – ein Überblick, KStZ 2005, 205; Weber/Aberle, Zur Notwendigkeit einer einheitlichen Fristberechnung beim Einlegen von Rechtsbehelfen gegen Steuerbescheide, DStR 2008, 1315; Schulze, Anm. zu BFH v. 25.4.2018 – IV R 8/16, FR 2018, 664; Schulze, GewSt-Messbetrag bei partiellem Unternehmerwechsel und Wechsel der Steuerschuldnerschaft, StuB 2018, 575. Verwaltungsanweisungen: R 14.1 GewStR 2009; H 14.1 GewStH 2009.

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§ 14 Rz. 1 Festsetzung des Steuermessbetrags

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und Zweck 1 In §§ 6 bis 11 und in § 15 GewStG sind die materiell-rechtlichen Grundlagen zur Ermittlung oder

Pauschalierung des GewSt-Messbetrags geregelt. Demgegenüber trifft § 14 GewStG (iVm. mit Vorschriften der AO) verfahrensrechtliche Regelungen zur Festsetzung des GewSt-Messbetrags. Dazu ordnet § 14 Satz 1 GewStG deklaratorisch an, dass der GewSt-Messbetrag festzusetzen ist, und schreibt konstitutiv vor, für welchen Zeitraum und ab wann dies geschehen darf (§ 14 Sätze 1 bis 3 GewStG). § 14 Satz 1 GewStG enthält folglich eine sachbezogene (Festsetzung des GewSt-Messbetrags), eine zeitraumbezogene (für den EZ) und eine zeitbezogene (nach Ablauf des EZ) Rechtsfolge. In diesem Zusammenhang definiert § 14 Satz 2 GewStG den EZ als Kj. § 14 Satz 3 GewStG regelt den Fall des abgekürzten EZ, wenn also die materielle StPfl. nicht während des gesamten Kj. besteht. Bezogen auf die Festsetzung des Steuermessbetrags schreibt erst § 184 Abs. 1 Satz 1 AO vor, dass der – nach dem GewStG ermittelte – GewSt-Messbetrag durch Steuermessbesch. (hier: GewSt-Messbesch.) festzusetzen ist. 2 Bereits die amtlichen Überschriften vor § 14 GewStG (Festsetzung des Messbetrags) und vor § 16 Gew-

StG (Entstehung, Festsetzung und Erhebung der Steuer) beschreiben die Zweistufigkeit der GewStFestsetzung.1 Zunächst wird der GewSt-Messbetrag – bundesweit einheitlich nach den Regelungen der §§ 6 bis 11 GewStG – ermittelt oder pauschaliert (§ 15 GewStG) und verfahrensrechtlich nach § 184 Abs. 1 Satz 1 AO iVm. § 14 GewStG durch den GewSt-Messbesch. festgesetzt (Grundlagenbesch.). Sodann setzt die hebeberechtigte Gemeinde die GewSt auf der bindenden Grundlage des ihr mitgeteilten Messbetrags (§ 184 Abs. 3 AO) durch einen GewSt-Besch. (Folgebesch.) fest.2 Bei dem GewSt-Messbesch. und dem GewSt-Besch. handelt es sich auch dann um zwei selbstständige Verwaltungsakte, denen selbstständige Verfahren zugrunde liegen, wenn das FA ausnahmsweise sowohl für die Festsetzung des Messbetrags als auch für die Festsetzung der GewSt zuständig ist (Berlin und Hbg.).

II. Anwendungsbereich 3 § 14 GewStG gilt für alle GewStPfl. und für jedes GewSt-Objekt. Im Regelfall ist der GewSt-Mess-

betrag für einen EZ gegenüber dem StPfl. (Steuersubjekt) für einen Gewerbebetrieb (Steuerobjekt) festzusetzen. In Ausnahmefällen sind für einen Gewerbebetrieb in einem EZ mehrere Messbesch. zu erlassen (Rz. 25 f.). Im Zusammenhang mit abweichenden Wj. kann es dazu kommen, dass in einem EZ Gewerbeerträge zweier Wj. in einem GewSt-Messbescheid festzusetzen sind (Rz. 49).

III. Rechtsentwicklung 4 § 14 GewStG in der seit EZ 1998 bis heute gültigen Fassung3 gilt auch nach Neufassung des GewStG

im Jahr 20024 unverändert fort. Die Neuregelung des § 14 GewStG ab 1998 wurde nach der ersatzlosen Aufhebung der Gewerbekapitalsteuer durch das UntStRFoG v. 29.10.19975 notwendig. Denn 1 Zur landesrechtlichen Kompetenzaufteilung bei der GewSt vgl. BVerwG v. 15.6.2011 – 9 C 4/10, BVerwGE 140, 34 Rz. 20; BVerwG v. 12.8.2014 – 9 B 23/14, BVerwG v. 12.8.2014 – 9 B 23.14, HFR 2014, 1117 Rz. 5. 2 Grundsätzlich sind für die Festsetzung der GewSt die FinBeh. zuständig (Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG). Die Flächenländer haben die Aufgabe der GewSt-Festsetzung und -erhebung nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG durch LandesG regelmäßig auf die Gemeinden übertragen (zB Art. 18 KAG Bayern; § 1 der Realsteuern-Zuständigkeitsverordnung Hess. v. 10.12.1981, GVBl. I 1981, 413; § 1 des G über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern v. 16.12.1981, GVBl. NRW 1981, 732). 3 Neuregelung von § 14 GewStG durch Art. 4 Nr. 9 des UntStRFoG v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. Nach § 36 idF des Art. 4 Nr. 15 des UntStRFoG ist die Neuregelung des § 14 GewStG erstmals ab dem EZ 1998 anzuwenden. 4 Neufassung des GewStG v. 15.10.2002, BGBl. I 2002, 4167. 5 BGBl. I 1997, 2590; Aufhebung von § 12 und § 13 GewStG mit Wirkung zum EZ 1998 durch Art. 4 Nr. 8 des UntStRFoG.

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B. Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer

Rz. 10 § 14

nach 1997 war ein einheitlicher Messbetrag1 nach § 14 Abs. 1 GewStG idF für EZ vor 1998 – bestehend aus Gewerbeertrag und Gewerbekapital – nicht mehr zu bilden.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften Verhältnis zu § 35b GewStG. § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG enthält eine eigenständige Rechtsgrundlage 5 für die Aufhebung und Änderung des GewSt-Messbesch., wenn der dem Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheid zugrunde liegende Gewinn aus Gewerbebetrieb geändert wird und diese Änderung die Höhe des Gewerbeertrags beeinflusst. Verhältnis zu Vorschriften der AO. Der nach §§ 6 bis 11 GewStG ermittelte oder nach § 15 GewStG 6 pauschalierte und nach § 14 Satz 1 GewStG iVm. § 184 Abs. 1 Satz 1 AO festzusetzende GewSt-Messbetrag ist die Grundlage für die Festsetzung der GewSt nach § 16 Abs. 1 GewStG und für seine Zerlegung (§ 28 Abs. 1 GewStG). Zur Anwendung des § 184 vgl. Rz. 9 f., 15, 27 f., 39, 42 f. Verhältnis zu § 35 EStG. Der festgesetzte GewSt-Messbetrag ist nach § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG die 7 Bezugsgröße für die seit dem VZ 2001 eingeführte Anrechnung der GewSt auf die ESt (Verweis auf § 11 GewStG) und verfahrensrechtlich Grundlagenbesch. für die Einkommensteuerermäßigung (§ 35 Abs. 3 EStG).2 Verhältnis zum IHKG. Die Entscheidung über die persönliche und sachliche GewSt-Pflicht im GewSt- 8 Messbesch. entfaltet für die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 1 IHKG Tatbestandswirkung.3 Zudem knüpft § 3 Abs. 3 IHKG für die Bemessung der Kammerbeiträge und Umlagen ua. an den festgesetzten GewSt-Messbetrag an.

B. Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer I. Festsetzung des Steuermessbetrags für den Erhebungszeitraum (Satz 1) 1. Festsetzung des Messbetrags a) Für die Festsetzung anzuwendende Vorschriften Der Steuermessbetrag ist nach § 14 Satz 1 GewStG iVm. § 184 Abs. 1 Satz 1 AO durch Steuermess- 9 besch. „festzusetzen“. Der Steuermessbesch. ist Verwaltungsakt iSd. § 118 Abs. 1 AO. Daher sind die allgemeinen Vorschriften über Verwaltungsakte (§ 118 bis § 133 AO) grds. anzuwenden. Qualitativ ist der GewSt-Messbesch. aber ein dem (speziellen Verwaltungsakt) Steuerbescheid gleichgestellter Besch., weil auf ihn die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung (§ 134 bis § 217 AO) sinngemäß anzuwenden sind (§ 184 Abs. 1 Satz 3 AO). Durch diese Verweisung werden die allgemeinen Vorschriften über Verwaltungsakte (§ 118 bis § 133 AO) teilweise verdrängt (zB durch §§ 172 ff. AO) oder unterliegen strengeren Anforderungen (zB zwingendes Schriftformerfordernis, § 157 Abs. 1 Satz 1 AO). Eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung kommt 10 dagegen nicht in Betracht, wenn eine Vorschrift unmittelbar auf den Messbesch. anzuwenden ist (zB § 152 Abs. 2 Satz 1 AO) oder die Vorschriften, auf die verwiesen wird, so speziell sind, dass ihre sinngemäße Anwendung auf die GewSt-Messbetragsfestsetzung nicht in Betracht kommt (zB §§ 182 Abs. 3 AO4 oder § 183 AO). Inwieweit hingegen durch die allgemeine Verweisung auf die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung (§ 184 Abs. 1 Satz 3 AO iVm. § 134 bis § 217 AO) und die spezielle 1 Zu Verfahrensgrundsätzen zum einheitlich festgesetzten Messbetrag vgl. BFH v. 25.2.2010 – IV R 24/07, BFH/ NV 2010, 1491, unter II.2. mwN. 2 BFH v. 15.4.2010 – IV R 5/08, BStBl. II 2010, 912 = FR 2011, 34 m. Anm. Wendt, unter II.1.e. 3 BVerwG v. 11.7.2011 – 8 C 23/10, HFR 2011, 1379, unter 2.a. mwN (Nur die Festsetzung eines positiven Messbetrags entfaltet Tatbestandswirkung über die IHK-Beitragspflicht. Eine GewSt-Messbetragsfestsetzung über 0 Euro enthält für Zwecke der IHK-Beitragsfestsetzung keine positive Feststellung der GewStPfl.). 4 BFH v. 12.5.1993 – XI R 66/92, BStBl. II 1994, 5, unter II.1.

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§ 14 Rz. 11 Festsetzung des Steuermessbetrags Verweisung durch § 184 Abs. 1 Satz 4 AO auf § 182 Abs. 1 AO die Anwendung der „Vorschriften über die gesonderte Feststellung“ (§ 179 bis § 183 AO) in Betracht kommt, ist noch nicht abschließend geklärt.1 11

Durch den GewSt-Messbesch. wird keine Steuer, sondern ein Messbetrag als Besteuerungsgrundlage (gesondert) festgesetzt.2 Der GewSt-Messbesch. ist ein Grundlagenbescheid iSd. § 171 Abs. 10 Satz 1 AO, der für andere Besch. bindend ist3 (Rz. 39). b) GewSt-Messbescheid aa) Zuständigkeit

12

Sachlich zuständig für die Festsetzung des GewSt-Messbetrags sind die Landesfinanzbehörden in Landeseigenverwaltung (Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG; arg. § 184 Abs. 3 AO); innerhalb der Landesfinanzverwaltung sind funktional die FÄ zuständig (§ 16 AO iVm. § 17 Abs. 2 FVG).

13

Örtlich zuständig für die Festsetzung des GewSt-Messbetrags ist nach § 22 Abs. 1 Satz 1 AO grds. das Betriebs-FA iSd. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO (maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist der Ort der Geschäftsleitung oder der Betriebsstätte). Befindet sich die Geschäftsleitung eines Unternehmens im Ausland, ist für die Festsetzung das FA zuständig, in dessen Bezirk eine Betriebsstätte, bei mehreren Betriebsstätten die wirtschaftlich bedeutendste Betriebsstätte unterhalten wird.4 Für bestimmte Bauleistungsbetriebe iSd. § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG ist die besondere Zuständigkeit nach § 22 Abs. 1 Satz 2 AO zu beachten. Für reine Reisegewerbebetriebe ist das FA zuständig, in dessen Bezirk sich der Mittelpunkt der gewerblichen Betätigung befindet.5 Der Erlass eines GewSt-Messbescheids durch ein örtlich unzuständiges FA ist nach § 127 AO kein Aufhebungsgrund.6

14

Zuständig für die Festsetzung und Bekanntgabe des GewSt-Messbesch. ist das örtlich zuständige FA. Die Festsetzung des Messbetrags obliegt allein den FinBeh.7 Nach Auffassung der Verwaltung dürfen die FÄ bei der Durchführung der Bekanntgabe des GewSt-Messbesch. durch die Gemeinden – als Boten – unterstützt werden (zB technische Herstellung und gemeinsames Versenden des Messund GewSt-Besch.).8 Nach der Rspr. bedarf es einer landesrechtlichen Ermächtigung9 für eine Bekanntgabe des GewSt-Messbesch. durch die Gemeinde.10 Das Fehlen einer solchen Grundlage macht den Besch. aber nicht nichtig, sondern „nur“ rechtswidrig. Die Fehlerhaftigkeit kann im Einspruchsverfahren geheilt werden.11

1 Ausf. dazu Hofmeister in Blümich, § 14 GewStG Rz. 8; ausdrücklich offengelassen BFH v. 5.2.2014 – X R 1/12, BStBl. II 2016, 567 = FR 2014, 946, unter II.2. 2 BFH v. 5.2.2014 – X R 1/12, BStBl. II 2016, 567 = FR 2014, 946 Rz. 22. 3 BFH v. 21.7.1999 – I R 111/98, BFH/NV 2000, 346, unter II. 4 R 1.3 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009. 5 R 1.3 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. 6 BFH v. 19.11.2003 – I R 88/02, BStBl. II 2004, 751 = FR 2004, 588, unter II.4. (unter Aufgabe seiner gegenteiligen BFH-Rspr. v. 14.11.1984 – I R 151/80, BStBl. II. 1985, 607, Ls.). 7 BFH v. 21.7.1999 – I R 111/98, BFH/NV 2000, 346, unter II. 8 R 1.4 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009. 9 ZB § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG Ba.-Wü.; § 1 Abs. 2 RealSt-VerwaltungsübertragungsG v. 12.4.1996 des Landes Bdb. (GVBl. I 1996, 162); § 1 Abs. 2 des G zur Übertragung der Verwaltung der GewSt auf die Gemeinden v. 5.8.1991 des Landes MV (GVOBl. 1991, 338); § 2 Abs. 3 RealSt-ErhebungsG v. 22.12.1981 des Landes Nds. (GV 1981, 732); § 2 Abs. 1 des G über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der RealSt v. 16.12.1981 des Landes NRW (GVBl. 1981, 732); § 7 Abs. 3 KAG Sachsen; § 3 Abs. 3 KAG Sachsen-Anhalt und § 1 Abs. 2 des G zur Übertragung der Verwaltung der GewSt auf die Gemeinden v. 7.3.1991 des Landes Thüringen (GVBl. 1991, 723). 10 BFH v. 31.7.1990 – I R 28/88, BStBl. II 1991, 244 = FR 1991, 153, unter II.1.b; v. 23.4.1986 – I R 178/82, BStBl. II 1986, 880 = FR 1986, 516, unter B.I.; v. 12.11.1992 – XI B 69/92 (AdV), BStBl. II 1993, 263 unter 3. (Darstellung des Meinungsstands); aA Schnitter in Frotscher/Drüen, § 14 GewStG Rz. 22 (Stand: Januar 2016). 11 BFH v. 12.11.1992 – XI B 69/92 (AdV), BStBl. II 1993, 263, unter 4.; Rößler, DStZ 1993, 542 (543).

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B. Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer

Rz. 20 § 14

bb) Form und Inhalt (1) Formvorschriften Der GewSt-Messbesch. ist schriftlich zu erteilen (§ 157 Abs. 1 Satz 1 AO). Er kann unter dem Vor- 15 behalt der Nachprüfung bzw. punktuell vorläufig nach § 184 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 164 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 165 AO festgesetzt werden. Zu den inhaltlichen Mindestanforderungen (§ 119 Abs. 1 AO) des GewSt-Messbesch. gehören – und damit für den GewSt-Besch. bindend (Rz. 39) – die Festsetzung der Höhe des Messbetrags (§ 157 Abs. 1 S. 2 AO), die Feststellung des EZ sowie die Feststellung der sachlichen und persönlichen StPfl.1 (§ 184 Abs. 1 Satz 2 AO). Das Fehlen einer dieser Angaben hat die Nichtigkeit des Besch. zur Folge (§ 125 Abs. 1, § 184 Abs. 1 Satz 3 AO). (2) Sachliche Steuerpflicht Mit der Angabe der sachlichen StPfl. ist die Feststellung verbunden, welcher Betrieb Gegenstand der 16 Messbetragsfestsetzung ist2 und ggf. ob eine sachliche Steuerbefreiung greift. Besondere Bedeutung kommt dem zu, wenn eine natürliche Person mehrere eigenständige Gewerbebetriebe (selbstständige Steuerobjekte iSd. § 2 Abs. 1 GewStG) unterhält.3 Der GewSt-Messbetrag ist dann gegenüber dem Inhaber der Gewerbebetriebe (Steuersubjekt) für jeden Gewerbebetrieb (Steuerobjekt) einzeln festzusetzen. Die Unterscheidung erfolgt zB aufgrund der tatsächlichen Bezeichnung des Betriebs im jeweiligen Besch. oder anhand der unterschiedlichen Steuernummern.4 Fehlende Unterscheidbarkeit führt nur dann zu Nichtigkeit, wenn auch die Auslegung der Besch. oder des Besch. kein eindeutiges Ergebnis liefert.5 (3) Persönliche Steuerpflicht und Inhaltsadressat Die Angabe der persönlichen StPfl. beinhaltet die Feststellung, wer die Steuer nach § 5 GewStG schul- 17 det (Inhaltsadressat)6 und ggf. ob eine persönliche Steuerbefreiung in Betracht kommt. Dabei muss der Steuerschuldner im GewSt-Messbesch. nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden. Es genügt, dass er sich aus dem objektiven Erklärungsgehalt des Besch. (durch Auslegung) bestimmen lässt.7 Lässt sich der Steuerschuldner auch nicht durch Auslegung ermitteln, ist der Messbesch. nichtig. Der Steuermessbetrag einer gewerblich tätigen Personengesellschaft ist wegen § 5 Abs. 1 Satz 3 Gew- 18 StG ihr gegenüber festzusetzen. Gegenüber Personengesellschaften, an denen nur ein Gesellschafter unternehmerschaftlich beteiligt ist (Treuhandmodell), ist ein GewSt-Messbetrag nicht festzusetzen, weil sie nicht der GewSt unterliegen.8 Bei Vollbeendigung einer Personengesellschaft durch Liquidation (ohne Eintritt einer Rechtsnach- 19 folge) ist der GewSt-Messbesch. inhaltlich gegenüber der Personengesellschaft bekannt zu geben. Denn diese ist gewerbesteuerrechtlich erst dann voll beendet, wenn das Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem FA abgewickelt ist.9 Anders verhält es sich bei einer Vollbeendigung der Personengesellschaft ohne Liquidation. Geht 20 zB das Vermögen einer zweigliedrigen Personengesellschaft beim Ausscheiden eines der beiden Gesellschafter auf den verbleibenden Gesellschafter über und endet damit die Steuerschuldnerschaft der Gesellschaft (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG), sind zwei GewSt-Messbesch. zu erlassen.10 Der GewSt-Mess1 BFH v. 21.7.1988 – V R 97/83, BFH/NV 1989, 356, unter 1.a aa. 2 BFH v. 21.7.1988 – V R 97/83, BFH/NV 1989, 356, unter 1.a aa. 3 Vgl. R 2.4 GewStR 2009; BFH v. 10.2.1989 – III R 78/86, BStBl. II 1989, 467 = FR 1989, 440, unter 3.; v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29, Ls. 1; v. 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252 Rz. 14. 4 BFH v. 3.3.2011 – III R 45/08, BStBl. II 2011, 673 (FA verwechselte bei einer Änderung der GewSt-Messbesch. die beiden Betriebe des Inhabers, die sich formal nur anhand der Steuernummer unterschieden). 5 BFH v. 20.3.2013 – X R 38/11, BFH/NV 2013, 1125, unter II.1. 6 BFH v. 15.4.2010 – IV R 67/07, BFH/NV 2010, 1606, unter II.3.a aa. 7 BFH v. 19.3.2009 – IV R 78/06, BStBl. II 2009, 803 = FR 2009, 1060, unter II.1.b. bb (1), zur Auslegung des Inhaltsadressaten bei einer Ehegatten-GbR. 8 BFH v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751 = FR 2010, 628 m. Anm. Keß, unter II.3. 9 BFH v. 24.3.1987 – X R 28/80, BStBl. II 1988, 316, Ls.; v. 22.1.2015 – IV R 62/11, BFH/NV 2015, 995 Rz. 13. 10 H 5.1 Abs. 1 „Formwechsel“ GewStH 2009.

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§ 14 Rz. 21 Festsetzung des Steuermessbetrags besch. für die Zeit vor Vollbeendigung der Gesellschaft ist inhaltlich an den verbleibenden „Gesellschafter“ als deren Rechtsnachfolger, derjenige für die Zeit nach Beendigung der Gesellschaft an den den Gewerbebetrieb fortführenden Einzelgewerbetreibenden zu richten.1 Die inhaltliche Bekanntgabe des GewSt-Messbesch. an eine – im Zeitpunkt der Bekanntgabe – nicht mehr existierende Person oder Gesellschaft ist hingegen nichtig.2 21

Mitunternehmerschaftliche Innengesellschaften (zB Innen-GbR oder atypisch stille Gesellschaft) können mangels eigenen Vermögens nicht Steuerschuldner iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG sein. Dies kann nur der Inhaber des Handelsbetriebs sein, dem der GewSt-Messbesch. als Inhaltsadressaten bekannt zu geben ist.3

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Bei Organschaftsverhältnissen (§ 2 GewStG Rz. 123 ff.) ist der GewSt-Messbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe (Betriebe der Organgesellschaften und des Organträgers) ausschließlich gegenüber dem Organträger festzusetzen, soweit ihm das Betriebsergebnis der jeweiligen Organgesellschaften in vollem Umfang zuzurechnen ist.4 (4) Keine Bestimmung des Steuergläubigers

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Die Bestimmung des Steuergläubigers (hebeberechtigte Gemeinde) gehört nicht zu den Wirksamkeitsoder Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des GewSt-Messbesch.5 Die Bestimmung des Steuergläubigers ist als materiell-rechtliche Voraussetzung beim Erlass des GewSt-Besch. zu prüfen, sofern sie nicht Gegenstand eines Zuteilungsbesch. nach § 190 AO oder eines Zerlegungsbesch. nach § 185 AO ist. cc) Bekanntgabeadressat

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Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben (Bekanntgabeadressat), für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird (Inhaltsadressat). Ist der Bekanntgabeadressat nicht mit dem Inhaltsadressaten identisch, so ist er im Besch. zusätzlich zum Inhaltsadressaten anzugeben. Grundsätzlich ist der Inhaltsadressat nicht nur Bekanntgabeadressat, sondern auch „Empfänger“ des Verwaltungsakts (postalischer Adressat). Das ist derjenige, dem der Verwaltungsakt tatsächlich zugehen soll, damit er durch Bekanntgabe wirksam wird. Sind Inhaltsadressat (Steuerschuldner), Bekanntgabeadressat und Empfänger nicht dieselbe Person, muss jeder im Steuerbescheid benannt werden. Der GewSt-Messbescheid bzw. Zerlegungsbescheid ist grds. dem Steuerschuldner iSd. § 5 Abs. 1 GewStG (Inhaltsadressaten) bekannt zu geben (an den Einzelunternehmer, die Personengesellschaft6 oder KapGes.7); bei Handelsgesellschaften (eK, OHG, KG, KapGes.) unter ihrer im Handelsregister eingetragenen Firma.8 Bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne formalen Namen sind die Besch. an die Personenvereinigung unter Angabe des geschäftsüblichen Namens zu richten und dem bestellten Geschäftsführer (§ 34 Abs. 1 AO) oder der als Verfügungsberechtigter auftretenden Person (§ 35 AO) bekannt zu geben. Bei einer atypisch stillen Gesellschaft ist der Messbescheid an den Inhaber des Handelsgewerbes zu richten.9 Der Bekanntgabeadressat kann eine andere Person auch zum Empfang des Verwaltungsakts bevollmächtigen (Empfangsbevollmächtigter als postalischer Adressat). Dies kann zB ein Rechtsanwalt

1 BFH v. 13.10.2005 – IV R 55/04, BStBl. II 2006, 404 = FR 2006, 390, unter I.2. 2 BFH v. 13.12.2007 – IV R 91/05, BFH/NV 2008, 1289, unter II.1.c, mwN; v. 15.4.2010 – IV R 67/07, BFH/NV 2010, 1606, unter II.3. (Bekanntgabe des GewSt-Messbesch. an die voll beendete GbR). 3 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244, Ls.; v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 435 Rz. 26 = FR 2013, 623; v. 5.2.2014 – X R 1/12, BStBl. II 2016, 567 Rz. 18 = FR 2014, 946, mwN. 4 BFH v. 18.9.1996 – I R 44/95, BStBl. II 1997, 181 = FR 1997, 159, unter II.1.; v. 19.11.2003 – I R 88/02, BStBl. II 2004, 751 = FR 2004, 588, unter II.1. 5 BFH v. 19.11.2003 – I R 88/02, BStBl. II 2004, 751 = FR 2004, 588, unter II.4.b; v. 9.1.2013 – IV B 64/11, BFH/ NV 2013, 512 Rz. 3. 6 AEAO (2014) zu § 122, Nr. 2.4.1 Buchst. b. 7 AEAO (2014) zu § 122, Nr. 2.8. 8 AEAO (2014) zu § 122, Nr. 2.4.1.1. 9 R 5.1 Abs. 2 GewStR 2009; AEAO (2014) zu § 122, Nr. 2.4.1, mwN aus der Rspr.

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B. Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer

Rz. 29 § 14

oder Steuerberater sein.1 Ein während eines Gerichtsverfahrens ergehender Änderungsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten bekannt zu geben.2 dd) Festsetzung mehrerer Gewerbesteuermessbeträge für einen Erhebungszeitraum Im Regelfall ist für einen EZ ein GewSt-Messbesch. gegenüber dem StPfl. für den Gewerbebetrieb zu 25 erlassen. In den Fällen des Unternehmerwechsels (§ 2 Abs. 5 iVm. § 5 Abs. 2 GewStG) müssen für den EZ zwei GewSt-Messbesch. ergehen, die eine zeitliche Zuordnung vornehmen (Rz. 50 f.).3 Bei einem Unternehmerwechsel im laufenden Kj. liegen jeweils abgekürzte EZ vor (Rz. 50). Aber auch in Fällen, in denen ein Unternehmerwechsel nicht vorliegt, weil mindestens einer der bis- 26 herigen Betriebsinhaber den Betrieb fortführt (§ 5 GewStG Rz. 55), kann der Erlass getrennter Messbesch. für einen EZ notwendig werden (zB bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft4 oder bei der Fortführung des Gewerbebetriebs einer Personengesellschaft von einem Gesellschafter als Einzelunternehmen5). Denn bei einem solchen Übergang von einem Einzelunternehmen auf eine Personengesellschaft (und umgekehrt) kommt es zu einem Wechsel des Steuerschuldners. Dies erfordert die – zeitraumbezogene – Festsetzung des GewSt-Messbetrags gegenüber dem jeweiligen StPfl. für den EZ. c) Korrekturverfahren/Festsetzungsfrist/Verwirkung Für die Aufhebung und Änderung des GewSt-Messbesch. sind die §§ 164, 165 AO sowie die §§ 172 ff. 27 AO (iVm. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO), für die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten § 129 AO anzuwenden. Die §§ 130, 131 AO sind nicht anzuwenden. § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG enthält eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Aufhebung und Änderung des GewSt-Messbesch. als Folgeänderung des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbesch. Nach Ablauf der (grds. vierjährigen) Festsetzungsfrist ist der Erlass, die Änderung oder Aufhebung 28 eines GewSt-Messbesch. nicht mehr zulässig (§ 169 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO iVm. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO). Der Verstoß hiergegen führt zur Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Nichtigkeit des Besch.6 Der Beginn der Festsetzungsfrist richtet sich nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO iVm. § 14 Satz 2 (Abgabe der Messbetragserklärung).7 Die Ablaufhemmungen nach § 171 AO sind sinngemäß anzuwenden.8 Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 14 AO ist auf den GewSt-Messbesch. als Grundlagenbesch. nicht anzuwenden.9 Ob die Ablaufhemmung nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO anzuwenden ist, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.10 Dem Erlass eines GewSt-Messbesch. kann ausnahmsweise der Grundsatz von Treu und Glauben in Ge- 29 stalt der Verwirkung entgegenstehen.11 Treuwidrig ist die GewSt-Messbetragsfestsetzung aber nicht deshalb, weil die GewStPfl. für die Vorjahre vom FA ausdrücklich verneint oder weil die Tätigkeit des StPfl. bei der ESt-Festsetzung nicht als gewerblich qualifiziert wurde.12

1 AEAO (2014) zu § 122, Nr. 1.5. 2 BFH v. 5.5.1994 – VI R 98/93, BStBl. II 1994, 806, Ls.; v. 29.10.1997 – X R 37/95, BStBl. II 1998, 266 = FR 1998, 326, Ls. 3 BFH v. 16.1.1974 – I R 254/70, BStBl. II 1974, 388, unter 1.; v. 25.4.2018 – IV R 8/16, BFH/NV 2018, 890 = FR 2018, 663 Rz. 21. 4 BFH v. 17.2.1989 – III R 36/85, BStBl. II 1989, 664 = FR 1989, 596, unter II.2.b. 5 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, unter C.III.9.g. 6 BFH v. 3.3.2011 – III R 45/08, BStBl. II 2011, 673 Rz. 11. 7 BFH v. 20.4.2006 – III R 1/05, BStBl. II 2007, 375 = FR 2007, 247, unter II.4.c. 8 Vgl. dazu BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, DB 2017, 221 Rz. 32 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker. 9 BFH v. 5.2.2014 – X R 1/12, BStBl. II 2016, 567 = FR 2014, 946, Ls. 1. 10 BFH v. 5.2.2014 – X R 1/12, BStBl. II 2016, 567 = FR 2014, 946 Rz. 25 ff., mit Nachweisen zum Meinungsstand. 11 BFH v. 7.6.1984 – IV R 180/81, BStBl. II 1984, 780 = FR 1984, 652, unter 2.b; v. 21.7.1988 – V R 97/83, BFH/ NV 1989, 356, unter 1.a bb (juris Rz. 27). 12 BFH v. 7.6.1984 – IV R 180/81, BStBl. II 1984, 780 = FR 1984, 652, unter 2.b; vgl. auch Pump, StBp. 1995, 39.

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§ 14 Rz. 30 Festsetzung des Steuermessbetrags d) Rechtsbehelfsverfahren aa) Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid 30

Gegen einen GewSt-Messbesch. ist nach § 347 Abs. 1 Nr. 1 AO der Einspr. als außergerichtlicher Rechtsbehelf statthaft. Die im GewSt-Messbesch. (Grundlagenbescheid) getroffenen Entscheidungen können nach § 351 Abs. 2 AO nur durch Anfechtung dieses Besch., nicht aber durch Anfechtung des GewSt-Besch. (Folgebescheid) angegriffen werden. Erlässt das FA sowohl den GewSt-Messbesch. als auch den GewSt-Besch., so muss der Messbesch. angefochten werden, wenn zB Einwendungen gegen die Höhe des Messbetrags, gegen die persönliche oder sachliche StPfl. geltend gemacht werden.1 Folglich können im Rechtsbehelfsverfahren gegen den GewSt-Besch. Einwendungen gegen die im GewStMessbesch. getroffenen Feststellungen nicht berücksichtigt werden.2

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Richtet sich die Einwendung gegen den nach EStG oder KStG ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb (nach § 7 Satz 1 GewStG Grundlage für den Gewerbeertrag), kann dies im Rechtsbehelfsverfahren sowohl gegen den GewSt-Messbesch. als auch gegen den ESt-, KSt- oder Gewinnfeststellungsbesch. geltend gemacht werden. Denn der Gewerbeertrag nach § 7 GewStG ist bei der Festsetzung des GewSt-Messbetrags eigenständig und ohne Bindung an den Einkünftefeststellungsbesch. zu ermitteln.3 Wird im Rechtsbehelfsverfahren gegen den ESt-, KSt- oder Gewinnfeststellungsbesch. der Gewinn aus Gewerbebetrieb geändert, führt dies nach § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG zu einer Änderung des GewSt-Messbesch. von Amts wegen. Umgekehrt führt eine (isolierte) Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb im Rechtsbehelfsverfahren gegen den GewSt-Messbesch. nur dann zu einer Änderung des ESt-, KSt- oder Gewinnfeststellungsbesch., wenn die materiellen Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO kommt nicht in Betracht, weil der GewSt-Messbesch. im Verhältnis zu den vorgenannten Bescheiden kein Grundlagenbesch. ist. Auch § 35b GewStG greift nicht, weil dieser eine Änderung nur im umgekehrten Fall anordnet.

32

Der Einspr. ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des GewSt-Messbesch. (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO) beim FA, das den Besch. erlassen hat, oder bei der Gemeinde, die für die Erteilung des GewSt-Besch. zuständig ist (§ 357 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO), schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären (§ 357 Abs. 1 Satz 1 AO).

33

Rechtsbehelfsbefugt ist derjenige, der eine persönliche und sachliche Beschwer geltend macht (§ 350 AO). Durch eine GewSt-Messbetragsfestsetzung ist der StPfl. sachlich beschwert. Ist der GewSt-Messbetrag auf 0 Euro festgesetzt, fehlt grds. die sachliche Beschwer.4 Die Beschwer bei einem auf 0 Euro festgesetzten Messbetrag fehlt dann nicht, wenn die GewStPfl. dem Grunde nach bestritten wird5 oder wenn für eine landesrechtliche Abgabe die im Messbesch. festgestellte sachliche GewStPfl. und nicht die Höhe des Messbetrags maßgeblich ist.6

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Die für die Festsetzung des GewSt-Besch. zuständigen Kommunen sind nicht rechtsmittelbefugt und können den GewSt-Messbesch. – anders als den Zerlegungsbesch. (§ 186 Nr. 2 AO) – deshalb nicht anfechten.7 Daraus folgt, dass sie auch für ein AdV-Verfahren nicht antragsbefugt sind.8 Eine Gemeinde hat auch keinen Anspruch auf Ersatz eines GewSt-Ausfalls, der durch Fehler der zuständi-

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BFH v. 10.6.1987 – I R 301/83, BStBl. II 1987, 816 = FR 1987, 536, Ls. 2 und unter II.5. BVerwG v. 17.1.1980 – 7 C 56/78, HFR 1981, 285. BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681 = FR 2008, 1017 m. Anm. Keß, unter II.2.b, mwN. BFH v. 21.7.1999 – I R 111/98, BFH/NV 2000, 346. BFH v. 18.1.1984 – I R 138/79, BStBl. II 1984, 451 = FR 1984, 321, unter I., mwN; v. 29.1.1997 – XI R 23/96, BStBl. II 1997, 437 = FR 1997, 342; v. 19.3.2009 – IV R 78/06, BStBl. II 2009, 803 = FR 2009, 1060, unter II.1.a, mwN. 6 Vgl. dazu BVerwG v. 11.7.2011 – 8 C 23/10, HFR 2011, 1379, unter 2.a., mwN (Nur die Festsetzung eines positiven Messbetrags entfaltet Tatbestandswirkung über die IHK-Beitragspflicht. Eine GewSt-Messbetragsfestsetzung über 0 Euro enthält für Zwecke der IHK-Beitragsfestsetzung keine positive Feststellung der GewStPfl.). 7 BFH v. 30.1.1976 – III R 60/74, BStBl. II 1976, 426, Ls.; BVerfG v. 30.6.1976 – 2 BvR 475/76 (Vorlagebeschl. nicht zur Entsch. angenommen); BFH v. 21.6.2017 – IV B 8/16, BFH/NV 2017, 1323 Rz. 5; AEAO (2014) zu § 184 Satz 1; Hartz, DB 1962, 681 (durch die Realsteuerreform von 1936 wurde den Gemeinden die Rechtsmittelbefugnis entzogen; vgl. dazu Soell, BayVBl. 1980, 73). 8 BFH v. 17.10.2001 – I B 6/01, BStBl. II 2002, 128, unter II.A. (AdV).

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B. Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer

Rz. 39 § 14

gen Landesfinanzbehörde bei der Festsetzung des GewSt-Messbetrags (§ 14 GewStG) entstanden ist.1 Auch ein Amtshaftungsanspruch besteht nicht.2 Nach § 40 Abs. 3 FGO bzw. § 360 Abs. 2 AO ist die abgabenberechtigte Gemeinde hinsichtlich des GewSt-Messbesch. ausnahmsweise dann einspruchs- und klagebefugt, wenn das den Messbesch. erlassende Land selbst die Besteuerungstatbestände verwirklicht (durch BgA des Landes) oder es öffentlich-rechtlich verpflichtet ist, die Abgabenschuld eines Dritten zu erfüllen.3 Die Gemeinde darf nicht zu einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den GewSt-Messbesch. hinzugezo- 35 gen (§ 360 AO) werden. Bei Rechtsbehelfsverfahren von größerer Bedeutung ist sie aber vom FA zu unterrichten.4 Für Streitigkeiten über den GewSt-Messbesch. ist – grds. nach Abschluss des Einspr.-Verfahrens (§ 44 36 FGO) – der Finanzrechtsweg gegeben (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Bei Klagen gegen den GewSt-Besch. ist hingegen der Verwaltungsrechtsweg gegeben, wenn der GewSt-Besch. nach Maßgabe des Landesrechts durch die Kommune zu erlassen ist (vgl. Rz. 2).5 bb) AdV-Verfahren Die Vollziehung des GewSt-Messbesch. (Grundlagenbesch., vgl. Rz. 40) ist auszusetzen, wenn ernst- 37 liche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen (§ 361 Abs. 2 Satz 2 AO). Es kommt also für das Aussetzungsverlangen nicht auf den die Zahlungspflicht begründenden GewSt-Besch. (Folgebesch.) an. Für die AdV des GewSt-Messbesch. ist das FA zuständig, das diesen erlassen hat (§ 361 Abs. 2 Satz 1 AO). Nach § 361 Abs. 3 Satz 1 AO hat die Gemeinde die Vollziehung des GewSt-Besch. aber auszusetzen, soweit das FA die Vollziehung des GewSt-Messbesch. ausgesetzt hat. Die AdV des GewSt-Besch. tritt also nicht automatisch mit der Aussetzung des GewSt-Messbesch. ein. Es bedarf vielmehr einer eigenen Aussetzungs-Vfg. der Gemeinde. Einen Ermessensspielraum hat sie dabei nicht. Nach § 361 Abs. 2 Satz 3 AO ist die zuständige Behörde ermächtigt, die AdV von einer Sicherheits- 38 leistung abhängig zu machen. Zuständig für die Entscheidung über die Sicherheitsleistung ist gem. § 361 Abs. 3 Satz 3 AO grds. die Gemeinde. Diese Kompetenz entfällt aber dann, wenn das FA eine Sicherheitsleistung ausdrücklich ausschließt (§ 361 Abs. 3 Satz 3 aE).6 e) Verfahrensrechtliche Wirkung des Gewerbesteuermessbescheids aa) Materielle Bindewirkung Durch den GewSt-Messbesch. wird keine Steuer, sondern ein Messbetrag als Besteuerungsgrund- 39 lage (gesondert) festgesetzt.7 Der GewSt-Messbesch. ist nach § 184 Abs. 1 Satz 4 iVm. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO für andere Feststellungs-, Messbetrags- oder Steuerbesch. (Folgebesch.) bindend, soweit die getroffene Festsetzung für die Folgebesch. von Bedeutung ist. Damit ist der GewSt-Messbesch. – im Verhältnis zu solchen Besch. – ein Grundlagenbesch. iSd. § 171 Abs. 10 Satz 1 AO.8 Neben der Bindewirkung knüpft an das Verhältnis zwischen Grundlagen und Folgebesch. verfahrensrechtlich die Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO iVm. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO an. Wird der GewStMessbesch. erlassen, aufgehoben oder geändert, sind auch die Folgebesch. entsprechend zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern.

1 BVerwG v. 15.6.2011 – 9 C 4/10, BVerwGE 140, 34, Ls. 2. 2 BGH v. 25.9.2003 – III ZR 362/02, HFR 2004, 265. 3 BFH v. 17.10.2001 – I B 6/01, BStBl. II 2002, 128, unter II.A. (AdV); v. 21.6.2017 – IV B 8/16, BFH/NV 2017, 1323 Rz. 5 ff.; vgl. dazu Soell, BayVBl. 1980, 73 (74 f.). 4 AEAO (2014) zu § 184 Satz 2. 5 Zur Rechtswegaufspaltung zB Weber/Aberle, DStR 2008, 1315 (1316). 6 Vgl. dazu App, BB 1997, 2354; OVG NRW v. 23.4.2014 – 14 B 1487/13, juris. 7 BFH v. 5.2.2014 – X R 1/12, BStBl. II 2016, 567 Rz. 22 = FR 2014, 946. 8 BFH v. 21.7.1999 – I R 111/98, BFH/NV 2000, 346, unter II.

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§ 14 Rz. 40 Festsetzung des Steuermessbetrags 40

Der GewSt-Messbesch. ist Grundlagenbesch. im Verhältnis zum GewSt-Besch.1 (§ 16 Abs. 1 GewStG), zum Zerlegungsbesch.2 (§ 28 GewStG iVm. § 188 AO) und zum Zuteilungsbesch. (§ 190 AO). Die Gemeinde kann als Steuerschuldner nur denjenigen in Anspruch nehmen, der im Besch. genannt ist. Zudem ist er Grundlagenbesch. für Zwecke der Einkommensteuerermäßigung nach § 35 EStG (Rz. 7).3

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Weder die nicht selbstständig anfechtbare Einkünftefeststellung in einem ESt- oder KSt-Besch. noch die selbstständig anfechtbare Einkünftefeststellung in einem (Gewinn-)Feststellungsbesch. sind für die unselbstständigen Feststellungen oder die Festsetzung des GewSt-Messbetrags bindend.4 Der Gewerbeertrag nach § 7 GewStG ist bei der Festsetzung des GewSt-Messbetrags eigenständig und ohne Bindung an den Einkünftefeststellungsbesch. zu ermitteln.5 Umgekehrt muss die ausgeübte Tätigkeit, trotz Festsetzung eines GewSt-Messbetrags, im ESt-, KSt- oder Feststellungsverfahren nicht als Gewerbebetrieb qualifiziert werden. bb) Mitteilung der bindenden Festsetzungen an Gemeinde (§ 184 Abs. 3 AO)

42

Soweit die Festsetzung der GewSt der Gemeinde obliegt (Rz. 2), teilt das FA ihr den Inhalt des GewStMessbesch. mit (§ 184 Abs. 3 AO). Aus der Kompetenzverteilung zur Festsetzung des Messbesch. (FÄ) einerseits und des GewSt-Besch. (regelmäßig: Gemeinden) andererseits ergibt sich die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit zwischen kommunalen Behörden und Landesbehörden. Die daraus resultierende Mitteilungspflicht nach § 184 Abs. 3 AO ist weder Teil des Steuermessbesch. noch selbstständiger Verwaltungsakt, sondern eine durch die Kompetenzverteilung gebotene verwaltungsinterne Maßnahme technischer Natur ohne unmittelbare Außenwirkung. Es handelt sich um eine schlichte Informationsweitergabe, die nicht selbstständig anfechtbar ist.6 Das Steuergeheimnis steht der gesetzlich angeordneten Mitteilungspflicht nicht entgegen (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO).7

43

Ist ein GewSt-Messbesch. von größerer Bedeutung angefochten, soll das FA die steuerberechtigte Gemeinde darüber unterrichten.8 2. Festsetzung für und nach Ablauf des Erhebungszeitraums (Satz 1)

44

Der Steuermessbetrag wird für den EZ nach dessen Ablauf festgesetzt. Damit ordnet § 14 Satz 1 GewStG die Festsetzung in zeitraumbezogener (für den EZ) und in zeitlicher Hinsicht (nach Ablauf des EZ) an.

45

Der Steuermessbetrag wird jeweils für einen EZ festgesetzt.9 Der zeitliche Umfang eines EZ wird in § 14 Sätze 2 und 3 GewStG determiniert (Rz. 47 ff.). Die Festsetzung darf erst nach Ablauf des EZ erfolgen (§ 14 Satz 1 GewStG). Damit darf die Festsetzung im Regelfall (§ 14 Satz 2 GewStG) also frühestens nach Ablauf des Kj., im Ausnahmefall (§ 14 Satz 3 GewStG) sofort nach Wegfall der persönlichen StPfl., also schon während des laufenden Kj. erfolgen.10

46

§ 14 GewStG regelt indes nicht, dass bei einem abgekürzten EZ (§ 14 Satz 3 GewStG) der Messbetrag sofort nach Wegfall der StPfl. festgesetzt werden muss. Entsprechend zurückhaltend formuliert die Verwaltung, dass die Festsetzung sofort nach Erlöschen der persönlichen StPfl. erfolgen „kann“ (zur

1 BFH v. 10.6.1987 – I R 301/83, BStBl. II 1987, 816 = FR 1987, 536, unter 5.; BVerwG v. 12.8.2014 – 9 B 23/14, BVerwG v. 12.8.2014 – 9 B 23.14, HFR 2014, 1117 Rz. 5, mwN. 2 BFH v. 21.1.1988 – IV R 100/85, BStBl. II 1988, 456 = FR 1988, 257, unter 2. 3 BFH v. 15.4.2010 – IV R 5/08, BStBl. II 2010, 912 = FR 2011, 34 m. Anm. Wendt, unter II.1.e; v. 4.12.2014 – IV R 27/11, BStBl. II 2015, 278 Rz. 34 = FR 2015, 423 m. Anm. Nöcker. 4 BFH v. 11.12.1997 – III R 14/96, BStBl. II 1999, 401 = FR 1998, 607 = FR 1998, 696 m. Anm. Paus, unter II.4., mwN; H 14.1 „Gewerbliche Einkünfte – Keine Bindewirkung an den Einkommensteuerbescheid“ GewStH 2009. 5 BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681 = FR 2008, 1017 m. Anm. Keß, unter II.2.b, mwN. 6 BFH v. 25.11.2015 – I R 85/13, BStBl. II 2016, 479 Rz. 18 mwN = FR 2016, 876. 7 AA Hammer, DStR 1982, 98. 8 AEAO (2014) zu § 184 Satz 2. 9 R 14.1 Satz 2 GewStR 2009. 10 R 14.1 Sätze 4 f. GewStR 2009.

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Schulze

B. Erhebungszeitraum für die Gewerbesteuer

Rz. 51 § 14

Abgabepflicht der Messbetragserklärung bei abgekürzten EZ § 14a GewStG Rz. 35).1 Kenntnis vom Erlöschen der persönlichen StPfl. erlangt die Finanzverwaltung aufgrund der Anzeigepflicht nach § 138 Abs. 1 Satz 4 AO (Anzeigepflicht bei Aufgabe eines Betriebs). Mitteilungen nach § 138 Abs. 1 AO sind innerhalb eines Monats nach dem meldepflichtigen Ereignis zu erstatten (§ 138 Abs. 3 Satz 1 AO).

II. Kalenderjahr als Erhebungszeitraum (Satz 2) Erhebungszeitraum ist der Zeitabschnitt, für den der GewSt-Messbetrag festgesetzt wird. Es handelt 47 sich also um einen abschnittsbezogenen Zeitraum, in dem grds. der maßgebliche Gewerbeertrag bezogen (§ 10 Abs. 1 GewStG), für den der nach § 11 GewStG ermittelte Gewerbeertrag festzusetzen (§ 14 Satz 1 GewStG) und für den die entstandene (§ 18 GewStG) GewSt zu erheben (§ 16 Abs. 1 GewStG) ist. Davon zu unterscheiden ist der Ermittlungszeitraum, also der Zeitabschnitt, für den die Besteuerungsgrundlage (§ 6 GewStG) zu ermitteln ist. Grundsätzlich entspricht auch dieser dem Kj. (§ 10 Abs. 1 GewStG). Nach § 10 Abs. 2 GewStG gelten die Grundsätze für abweichende Wj. aber auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Nach der Legaldefinition des § 14 Satz 2 GewStG entspricht der EZ – vorbehaltlich § 14 Satz 3 GewStG 48 – dem Kj. Bei einem vom Kj. abweichenden Wj. gilt nach § 10 Abs. 2 GewStG der Gewerbeertrag (im Ermittlungszeitraum) als in dem EZ bezogen, in dem das Wj. endet. Bei einer Betriebseröffnung (1.7.01) mit einem vom Kj. abweichenden Wj. (1.7.–30.6.) führt dies dazu, dass im ersten EZ (01) kein Messbetrag festgesetzt wird. Die Festsetzung darf nach § 14 Satz 1 GewStG frühestens nach Ablauf des EZ (also nach dem 31.12.02) erfolgen. Im Falle abweichender Wj. können in einem EZ auch zwei Wj. enden, wenn das abweichende Wj. 49 (1.7.–30.6.) im laufenden Kj. (02) auf ein kalenderjahrgleiches Wj. umgestellt wird. Im EZ 02 sind der Gewerbeertrag des in 02 endenden abweichenden Wj. sowie der des Rumpf-Wj. (1.7.02 bis 31.12.02) zu erfassen.2

III. Abgekürzter Erhebungszeitraum (Satz 3) § 14 Satz 3 GewStG regelt den Fall des abgekürzten EZ. Nach der Legaldefinition ist der EZ – abwei- 50 chend von § 14 Satz 2 – nicht das Kj., wenn die persönliche StPfl. nicht während des gesamten Kj. besteht. Erhebungszeitraum ist dann die Dauer der StPfl. im Kj.3 Gesetzestechnisch wird der EZ dazu mit der (materiellen) StPfl. verknüpft. Nachdem § 18 GewStG (Entstehung der GewSt) ebenfalls an den Ablauf des EZ anknüpft, entsteht die Steuer im Falle des abgekürzten EZ bereits mit dem Erlöschen der persönlichen StPfl. Voraussetzung für einen abgekürzten EZ ist, dass die GewStPfl. nicht während des ganzen Kj. be- 51 steht. Damit kommt ein abgekürzter EZ bei Erlöschen der GewStPfl. vor Ablauf des Kj. als auch bei Begründung der GewStPfl. während des laufenden Kj. in Betracht. Praktisch relevant wird dies insbes. beim Unternehmerwechsel (§ 2 Abs. 5 iVm. § 5 Abs. 2 GewStG) während des laufenden Kj. Denn im Zeitpunkt des Übergangs eines Gewerbebetriebs im Ganzen auf einen anderen Unternehmer erlischt sowohl die sachliche als auch die persönliche StPfl.4 Wird im laufenden Kj. bspw. ein Einzelunternehmen auf einen anderen Einzelunternehmer im Ganzen übertragen oder geht der Betrieb einer Personengesellschaft im Ganzen auf einen Einzelunternehmer über, der an der Gesellschaft zuvor nicht beteiligt war, besteht die persönliche StPfl. nicht während des gesamten Kj., was einen abgekürzten EZ zur Folge hat (s. auch Rz. 25).

1 2 3 4

R 14.1 Satz 5 GewStR 2009. De Hesselle in Lenski/Steinberg, § 14 GewStG Rz. 77 (Stand: Juli 2013). R 14.1 Satz 1 GewStR 2009. BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, unter C.III.1. und 3. (dort mit Bsp., in welchen Fällen die Unternehmeridentität und damit die persönliche StPfl. erlischt).

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§ 14a Steuererklärungspflicht 1Der

Steuerschuldner (§ 5) hat für steuerpflichtige Gewerbebetriebe eine Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags und in den Fällen des § 28 außerdem eine Zerlegungserklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. 2Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Steuerschuldner oder von den in § 34 der Abgabenordnung bezeichneten Personen eigenhändig zu unterschreiben. § 25 GewStDV § 25 Gewerbesteuererklärung (1) Eine Gewerbesteuererklärung ist abzugeben 1. für alle gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen, deren Gewerbeertrag im Erhebungszeitraum den Betrag von 24.500 Euro überstiegen hat; 2. für Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung), wenn sie nicht von der Gewerbesteuer befreit sind; 3. für Genossenschaften einschließlich Europäischer Genossenschaften und für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, wenn sie nicht von der Gewerbesteuer befreit sind. 2Für sonstige juristische Personen des privaten Rechts und für nichtrechtsfähige Vereine ist eine Gewerbesteuererklärung nur abzugeben, soweit diese Unternehmen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb – ausgenommen Land- und Forstwirtschaft – unterhalten, dessen Gewerbeertrag im Erhebungszeitraum den Betrag von 5.000 Euro überstiegen hat; 4. für Unternehmen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie als stehende Gewerbebetriebe anzusehen sind und ihr Gewerbeertrag im Erhebungszeitraum den Betrag von 5.000 Euro überstiegen hat; 5. für Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 5, 6, 8, 9, 15, 17, 21, 26, 27, 28, und 29 des Gesetzes nur, wenn sie neben der von der Gewerbesteuer befreiten Tätigkeit auch eine der Gewerbesteuer unterliegende Tätigkeit ausgeübt haben und ihr steuerpflichtiger Gewerbeertrag im Erhebungszeitraum den Betrag von 5.000 Euro überstiegen hat; 6. für Unternehmen, für die zum Schluss des vorangegangenen Erhebungszeitraums vortragsfähige Fehlbeträge gesondert festgestellt worden sind; 7. für alle gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen, für die vom Finanzamt eine Gewerbesteuererklärung besonders verlangt wird. (2) 1Die Steuererklärung ist spätestens an dem von den obersten Finanzbehörden der Länder bestimmten Zeitpunkt abzugeben. 2Für die Erklärung sind die amtlichen Vordrucke zu verwenden. 3Das Recht des Finanzamts, schon vor diesem Zeitpunkt Angaben zu verlangen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, bleibt unberührt. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

2

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

3

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

4

B. Steuererklärungspflicht . . . . . . . . . . .

6

I. Elektronische Abgabe der Erklärungen zur Gewerbesteuer und für eine Zerlegung (Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Steuerschuldner als Erklärungspflichtiger . 2. Steuerpflichtige Gewerbebetriebe . . . . . . 3. Gewerbesteuererklärungen . . . . . . . . . 4. Zerlegungserklärung . . . . . . . . . . . . . 5. Elektronische Erklärung . . . . . . . . . . .

. . . . . .

6 6 8 12 14 15

II. Verzicht auf elektronische Erklärung (Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16

1. Voraussetzungen des Verzichts (Satz 2 Halbs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolge: Abgabe manueller Erklärung (Satz 2 Halbs. 2) . . . . . . . . . . . . . . .

16 21

C. Anhang: § 25 GewStDV . . . . . . . . . . .

23

I. Konkretisierung der Abgabepflicht (§ 25 Abs. 1 Satz 1 GewStDV) . . . . . . . . . . .

23

II. Abgabefrist und Form der Steuererklärung (§ 25 Abs. 2 GewStDV) . . . . . . 1. Von oberster Landesfinanzbehörde bestimmter Zeitpunkt (§ 25 Abs. 2 Satz 1 GewStDV) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Form der Steuererklärung (§ 25 Abs. 2 Satz 2 GewStDV) . . . . . . . . . . . . . 3. Abgekürzter Erhebungszeitraum (§ 25 Abs. 2 Satz 3 GewStDV) . . . . . . . . .

. .

31

. .

31

. .

34

. .

35

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§ 14a Rz. 1 Steuererklärungspflicht

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 Zur Festsetzung des GewSt-Messbetrags hat der Steuerschuldner iSd. § 5 GewStG für jeden stpfl. Ge-

werbebetrieb (Steuerobjekt) eine Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags (GewSt-Erklärung) und ggf. eine Zerlegungserklärung elektronisch zu übermitteln oder im Ausnahmefall auf Vordrucken abzugeben. Dabei bestimmt § 14a Satz 1 GewStG die persönliche Abgabeverpflichtung („der Steuerschuldner“), abstrakt die sachliche Verpflichtung zur Abgabe der geforderten Erklärungen („für steuerpflichtige Gewerbebetriebe“) und den grundsätzlichen Übermittlungsweg („elektronische Übermittlung). Zur Vermeidung unbilliger Härten regelt § 14a Satz 2 Halbs. 1 GewStG die im Ermessen des FA bestehende Möglichkeit, auf die elektronische Übermittlung zu verzichten. § 14a Satz 2 Halbs. 2 GewStG bestimmt die Rechtsfolge der Verzichtserklärung. Der StPfl. hat die Erklärungen dann durch Erklärungsvordrucke in Papierform abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben. § 25 GewStDV schränkt die sachliche Abgabeverpflichtung konkretisierend ein und regelt ergänzend die zeitliche Abgabeverpflichtung.

II. Anwendungsbereich 2 Die gewerbesteuerrechtlich bestimmte Pflicht zur Einreichung der GewSt- und Zerlegungserklärung

gehört zu den einzelsteuergesetzlich geregelten Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 1, § 149 Abs. 1 Satz 1 AO iVm. § 14a Satz 1 GewStG. Gewerbesteuerrechtliche Steuererklärungen sind die Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags (GewSt-Erklärung) und die Zerlegungserklärung. Gegenüber der hebeberechtigten Gemeinde ist keine (weitere Steuererklärung) abzugeben. Diese bekommt die Besteuerungsgrundlagen nach § 184 Abs. 3 AO mitgeteilt (§ 14 GewStG Rz. 42).

III. Rechtsentwicklung 3 Bis zur (rückwirkenden) Einfügung des § 14a GewStG ab dem EZ 1984 durch das StBereinG 19851

(Pflicht zur Abgabe einer Messbetrags- und ggf. Zerlegungserklärung) war die Pflicht zur Abgabe der GewSt-Erklärung2 nur durch § 25 GewStDV geregelt.3 Die (redaktionelle) Teiländerung des § 14a GewStG ab 1998 durch das UntStRFoG v. 29.10.19974 wurde nach der ersatzlosen Aufhebung der Gewerbekapitalsteuer5 notwendig. Aufgrund der Neuregelung des § 14a GewStG durch das Steuerbürokratieabbaugesetz v. 20.12.20086 sind die Steuererklärungen ab dem EZ 2011 grds. elektronisch an das FA zu übermitteln.

1 G v. 14.12.1984, BGBl. I 1985, 1493; § 36 Abs. 2 GewStG idF des Art. 15 Nr. 4 Buchst. b des StBereinG 1985. 2 In § 25 GewStDV wird bis heute – terminologisch ungenau – die Abgabe einer „Gewerbesteuererklärung“ gefordert. Gemeint war schon immer – wie in § 14a GewStG präzise formuliert – die „Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags“. 3 Der parlamentarisch legitimierte § 14a GewStG sei aus Gründen der Rechtssicherheit geboten (BT-Drucks. 10/1636, 68, 70). Nach dem Urt. des FG München v. 11.5.1990 – 15 K 4481/89, rkr., EFG 1991, 95, stelle allein § 25 GewStDV keine wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Pflicht zur Abgabe der GewSt-Erklärung dar; aA BFH v. 8.11.1984 – IV R 19/82, BStBl. II 1985, 199 = FR 1985, 308, unter 2.b. 4 § 14a GewStG idF des Art. 4 Nr. 6 und § 36 Abs. 1 GewStG idF des Art. 4 Nr. 15 des G v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. 5 Aufhebung von §§ 12 und 13 GewStG mit Wirkung zum EZ 1998 durch Art. 4 Nr. 8 des UntStRFoG v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590; fortan war keine „Erklärung zur Festsetzung des einheitlichen Steuermessbetrags“, sondern eine „Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags“ abzugeben. 6 § 14a GewStG idF des Art. 7 Nr. 1 des G v. 20.12.2008, BGBl. I 2008, 2850; § 36 Abs. 9b GewStG idF des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Steuerbürokratieabbaugesetzes (Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Gewerbesteuererklärungen gehört zum Gesamtkonzept der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Durch IT-gestützte Verfahren – eGovernment – sollen Unternehmer finanziell entlastet und die Verwaltung moderner, leistungsfähiger und effizienter werden, BT-Drucks. 16/10188, 28 f.).

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B. Steuererklärungspflicht

Rz. 9 § 14a

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften Zum Abgabezeitpunkt enthält § 14a keine gesonderte Regelung. Hier gilt grundsätzlich die allgemei- 4 ne Regelung nach § 149 AO (Rz. 31 f.). Auf die Verletzung der Übermittlungs- oder Abgabepflicht kann die Finanzverwaltung durch die An- 5 wendung von Zwangsmitteln (§§ 328 ff. AO), mit der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) und mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags (§ 152 AO, § 14b) reagieren. Im Fall der Schätzung bleibt die Pflicht zur Abgabe der GewSt- und ggf. Zerlegungserklärung bestehen (§ 149 Abs. 1 Satz 4 AO). Zudem beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kj., in dem die GewSt-Erklärung beim FA eingereicht worden ist, spätestens aber mit Ablauf des dritten Kj., das dem Jahr folgt, in dem die GewSt entstanden ist (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO). Stellt die Nichtabgabe der GewStErklärung zugleich eine Steuerhinterziehung iSd. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO oder leichtfertige Steuerverkürzung iSd. § 378 Abs. 1 AO dar, verlängert sich die Festsetzungsfrist auf zehn bzw. fünf Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

B. Steuererklärungspflicht I. Elektronische Abgabe der Erklärungen zur Gewerbesteuer und für eine Zerlegung (Satz 1) 1. Steuerschuldner als Erklärungspflichtiger Nach § 14a Satz 1 GewStG trifft die (Mitwirkungs-)Verpflichtung zur Übermittlung der GewSt- und 6 Zerlegungserklärung den Steuerschuldner iSd. § 5 GewStG. Bei einem Einzelunternehmen und bei atypisch stillen Beteiligungsformen1 ist dies – vorbehaltlich einer gesetzlichen Vertretung – der Inhaber des (Handels-)Betriebs. Für die handlungsunfähige Kapital- oder Personengesellschaft hat diese Pflicht der Vertreter iSd. § 34 Abs. 1 AO zu erfüllen. Bei einer Organschaft ist der Organträger zur Abgabe der eigenen und der GewSt- und Zerlegungs- 7 erklärung der Organgesellschaft verpflichtet. Bei einer Betriebsaufspaltung ist durch den jeweiligen Betriebsinhaber bzw. die Person(en) iSd. § 34 AO sowohl für das Betriebs- als auch das Besitzunternehmen eine GewSt- und ggf. eine Zerlegungserklärung abzugeben, soweit dies nicht nach § 25 Abs. 1 GewStDV unterbleiben kann.2 2. Steuerpflichtige Gewerbebetriebe Grundsätzlich ist für jeden Gewerbebetrieb eine GewSt-Erklärung zu übermitteln. Sind einem Steuer- 8 schuldner (natürliche Person) mehrere eigenständige Gewerbebetriebe (selbstständige Steuerobjekte iSd. § 2 Abs. 1 GewStG) zuzurechnen,3 ist für jeden Betrieb, im Falle unselbstständiger Betriebsstätten, nur eine GewSt-Erklärung zu übermitteln, dann aber ggf. noch eine Zerlegungserklärung (Rz. 14). Sind sowohl der Betrieb des Inhabers des Handelsgewerbes als auch die daran bestehende atypisch stille Gesellschaft als gewerblich zu qualifizieren (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 EStG), liegen zwei selbstständige Gewerbebetriebe iSd. § 2 Abs. 1 GewStG vor, für die jeweils eine eigenständige GewStErklärung abzugeben ist.4 Enden in einem EZ ausnahmsweise zwei Wj. (§ 14 GewStG Rz. 49), ist gleichwohl nur eine GewSt- 9 und Zerlegungserklärung zu übermitteln. Eine GewSt-Erklärung ist – bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist – auch dann noch abzugeben, wenn sich die Gewerblichkeit erst später herausstellt. Dies

1 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker = DB 2017, 221, Ls. 2. 2 BFH v. 8.11.1984 – IV R 19/82, BStBl. II 1985, 199 = FR 1985, 308, Ls. 1 (zur Rechtslage vor Einführung des § 14a GewStG). 3 Vgl. R 2.4 GewStR 2009; BFH v. 10.2.1989 – III R 78/86, BStBl. II 1989, 467 = FR 1989, 440, unter 3.; v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29, Ls. 1; v. 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252 Rz. 14. 4 BFH v. 8.12.2016 – IV R 8/14, FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker = DB 2017, 221, Rz. 24, 27 f.

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§ 14a Rz. 10 Steuererklärungspflicht kann der Fall sein, wenn sich das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels erst rückblickend aus dem Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften späterer Jahre ergibt.1 10

Nach § 14a Satz 1 GewStG ist eine GewSt-Erklärung nur „für steuerpflichtige Gewerbebetriebe“ zu übermitteln. In vollem Umfang von der GewSt befreite Unternehmen müssen daher – ohne ermessensgerechte Aufforderung durch das FA – keine GewSt-Erklärungen übermitteln. Wer im Einzelnen GewSt-Erklärungen abzugeben hat, wird durch § 25 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 GewStDV konkretisiert, wobei eine nach § 14a Satz 1 GewStG bestehende Übermittlungsverpflichtung dadurch systemkonform eingeschränkt wird (Rz. 24 ff.).

11 Die Pflicht zur Abgabe der GewSt-Erklärung besteht neben der Pflicht zur Abgabe der ESt- (§ 25 Abs. 3

EStG), KSt- (§ 31 Abs. 1a KStG) oder Feststellungserklärung (§ 181 Abs. 2 AO). Denn die GewSt-Erklärung verlangt gewerbesteuerspezifische Angaben (zB Hinzurechnungen und Kürzungen).2 3. Gewerbesteuererklärungen 12

Gewerbesteuerrechtliche Steuererklärungen sind die Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags (Gewerbesteuererklärung) und die Zerlegungserklärung. Gegenüber der hebeberechtigten Gemeinde ist keine (weitere Steuererklärung) abzugeben.

13

In der Gewerbesteuererklärung sind neben Grundangaben zum Betrieb insbes. Angaben zur Bestimmung des Gewerbeertrags zu machen. Die Gewerbesteuererklärung ist deshalb auch dann zu übermitteln, wenn bereits eine ESt-, KSt- oder Feststellungserklärung übermittelt wurde (Rz. 11). Obwohl das GewStG neben der Übermittlung der Gewerbesteuererklärung nicht ausdrücklich zur Übermittlung weiterer Unterlagen verpflichtet, sind gleichwohl die Gewinnermittlungsunterlagen (§ 60 EStDV) beizufügen, wenn diese nicht bereits zusammen mit der ESt-, KSt- oder Feststellungserklärung übermittelt worden sind.3 4. Zerlegungserklärung

14

Werden im EZ Betriebsstätten in mehreren Gemeinden zur Ausübung des Gewerbes unterhalten, hat der Steuerschuldner für den nach § 28 Abs. 1 GewStG auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Zerlegungsanteil des GewSt-Messbetrags eine Zerlegungserklärung zu übermitteln. In dieser sind Angaben zur Ermittlung des Zerlegungsmaßstabs (§ 29 GewStG) zu machen (zB Betriebsstättengemeinden und auf einzelne Betriebsstätten entfallende Arbeitslöhne). 5. Elektronische Erklärung

15

Ab dem EZ 20114 müssen die GewSt- und Zerlegungserklärungen dem Betriebs-FA nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz mittels Datenfernübertragung übermittelt werden (elektronische Übermittlung). Es handelt sich um eine einzelsteuergesetzliche Verpflichtung iSd. § 150 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 und 7 AO. Die Einzelheiten zum Datensatz und zur Übermittlung werden durch § 150 Abs. 7 AO (VO-Ermächtigung) iVm. der Steuerdaten-ÜbermittlungsVO (StDÜV) geregelt.5 Auf dieser Grundlage können die GewSt- und Zerlegungserklärung durch das kostenlose Steuererklärungssystem der Finanzverwaltung oder durch kostenpflichtige Programme kommerzieller Anbieter übermittelt werden. Durch die Finanzverwaltung werden die Programme „Elster-Formular“6 und „Elster-Online-Portal“7 angeboten. § 150 Abs. 6 und 7 AO enthält gegenüber § 87a Abs. 3 AO (Grundprinzip: qualifizierte 1 BFH v. 20.4.2006 – III R 1/05, BStBl. II 2007, 375 = FR 2007, 247, Ls. 3. 2 De Hesselle in Lenski/Steinberg, § 14a GewStG Rz. 2 (Stand: Juli 2013). 3 De Hesselle in Lenski/Steinberg, § 14a GewStG Rz. 7 aE (Stand: Juli 2013); Selder in Glanegger/Güroff9, § 14a GewStG Rz. 5; aA Hofmeister in Blümich, § 14a GewStG Rz. 9 (Stand: Mai 2016) (Übermittlung von Unterlagen nur auf Verlangen des FA). 4 § 14a GewStG idF des Art. 7 Nr. 1 des Steuerbürokratieabbaugesetzes v. 20.12.2008, BGBl. I 2008, 2850; § 36 Abs. 9b GewStG idF des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Steuerbürokratieabbaugesetzes. 5 Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 150 AO Rz. 50 ff. (Stand: August 2016). 6 Abrufbar unter https://www.elster.de. 7 Abrufbar unter https://www.elsteronline.de.

700

Schulze

B. Steuererklärungspflicht

Rz. 20 § 14a

elektronische Signatur nach dem SigG) eine speziellere Regelung zur elektronischen Signatur, die ein vereinfachtes „Elster-Authentifizierungsverfahren“ ermöglicht.1 Die grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Gewerbesteuererklärung ist verfassungsgemäß.2 Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird durch die Härtefallregelung (§ 14a Satz 2 Halbs. 1 GewStG) Rechnung getragen.

II. Verzicht auf elektronische Erklärung (Satz 2) 1. Voraussetzungen des Verzichts (Satz 2 Halbs. 1) Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Über- 16 mittlung verzichten (§ 14a Satz 2 Halbs. 1 GewStG). Diese Regelung wird durch § 150 Abs. 8 AO konkretisierend ergänzt.3 Verzichtet die Finanzverwaltung auf die elektronische Übermittlung, hat der StPfl. die Steuererklärungen in Papierform abzugeben (§ 14a Satz 2 Halbs. 2 GewStG). Ein Verzicht der Finanzverwaltung setzt einen Antrag des Steuerschuldners oder einer Person iSd. 17 § 34 AO voraus. Zur Antragstellung können sich diese Personen – soweit gesetzlich zulässig – vertreten lassen. Der Antrag ist nicht formbedürftig. Er kann konkludent durch Abgabe der GewSt- und ggf. Zerlegungserklärung in Papierform gestellt werden.4 Die elektronische Übermittlung der Steuererklärungen ist nach § 150 Abs. 8 AO dann unbillig, wenn 18 es dem StPfl. wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist, die technischen Voraussetzungen für eine elektronische Übermittlung einzurichten.5 Dies ist insbes. der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der StPfl. nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.6 In der Praxis dürften diese Voraussetzungen insbes. bei Kleinstbetrieben erfüllt sein. Liegen die Voraussetzungen des § 150 Abs. 8 AO vor, hat der StPfl. einen Anspruch auf die Ver- 19 zichtserklärung des FA. Bei Härtefällen iS einer wirtschaftlichen oder persönlichen Unzumutbarkeit besteht kein Ermessensspielraum.7 Liegen die – gerichtlich im Rahmen einer Verpflichtungsklage voll überprüfbaren – Voraussetzungen des § 150 Abs. 8 AO nicht vor, hat das FA über den Verzichtsantrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (§ 14a Satz 2 Halbs. 1 GewStG). Diese Entsch. ist im gerichtlichen Verfahren nach § 102 FGO nur eingeschränkt überprüfbar. Sowohl die Ablehnung des Verzichtsantrags als auch die Gewährung des Verzichts sind Verwaltungs- 20 akte. Die Verzichtserklärung auf die elektronische Übermittlung kann konkludent dadurch ergehen, dass das FA den GewSt-Messbetrag auf der Grundlage der in Papierform eingereichten GewSt-Erklärung beanstandungslos festsetzt. Lehnt das FA den Verzichtsantrag ab, kann es die elektronische Übermittlung der Erklärungen mit Zwangsmitteln durchsetzen und die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 AO schätzen. Bei der Schätzung muss es aber auf die in Papierform gemachten Angaben zurückgreifen.

1 Seer in Tipke/Kruse, § 150 AO Rz. 39 (Stand: Juli 2016); Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 150 AO Rz. 36a ff. (Stand: August 2016). 2 BFH v. 14.3.2012 – XI R 33/09, BStBl. II 2012, 477, Ls. 1, Rz. 28 ff. (zur Übermittlung der USt-Voranmeldung); v. 17.8.2015 – I B 133/14, BFH/NV 2016, 72 (für KSt und GewSt). 3 Bericht des Finanzausschusses (zum Entwurf der Bundesregierung des Steuerbürokratieabbaugesetzes) v. 13.11.2008, BT-Drucks. 16/10940, 10 (linke Spalte). 4 Bericht des Finanzausschusses (zum Entwurf der Bundesregierung des Steuerbürokratieabbaugesetzes) v. 13.11.2008, BT-Drucks. 16/10940, 8 (rechte Spalte). 5 Gesetzentwurf der Bundesregierung (Steuerbürokratieabbaugesetz) v. 2.9.2008, BT-Drucks. 16/10188, 29 (linke Spalte). 6 Vgl. hierzu BFH v. 14.3.2012 – XI R 33/09, BStBl. II 2012, 477 Rz. 51 bis 70. 7 BFH v. 14.3.2012 – XI R 33/09, BStBl. II 2012, 477 Rz. 38 mwN.

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§ 14a Rz. 21 Steuererklärungspflicht 2. Rechtsfolge: Abgabe manueller Erklärung (Satz 2 Halbs. 2) 21

Verzichtet das FA – antragsgemäß – auf die elektronische Übermittlung der Erklärungen, müssen diese „nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck“1 abgegeben werden (§ 150 Abs. 1 Satz 1 AO iVm. § 14a Satz 2 Halbs. 2 GewStG iVm. § 25 Abs. 2 Satz 2 GewStDV, Rz. 34). Die Abgabe der Erklärung (Realakt) kann durch den handlungsfähigen StPfl., einen Stellvertreter oder einen Boten erfolgen.

22

Die abzugebenden GewSt- und Zerlegungserklärungen müssen vom Steuerschuldner oder von der in § 34 AO2 bezeichneten Person eigenhändig unterschrieben sein.3 Eigenhändige Unterschrift bedeutet, dass der StPfl. selbst durch Namensunterschrift unterzeichnen muss. Eine Stellvertretung ist nur unter den Voraussetzungen des § 150 Abs. 3 AO zulässig.

C. Anhang: § 25 GewStDV I. Konkretisierung der Abgabepflicht (§ 25 Abs. 1 Satz 1 GewStDV) 23

Ermächtigungsgrundlage für die RechtsVO ist § 35c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e GewStG. Durch § 25 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 GewStDV wird die sachliche Abgabepflicht konkretisiert. Nach § 25 Abs. 1 GewStDV ist eine GewSt-Erklärung unter bestimmten sachlichen Voraussetzungen abzugeben.4

24

Nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 GewStDV haben – ab EZ 20025 – alle gewstpfl. Unternehmen (gemeint sind Einzelunternehmen und Personengesellschaften), deren Gewerbeertrag im EZ 24.500 Euro übersteigt, eine GewSt-Erklärung abzugeben. Vollständig von der GewSt befreite Unternehmen (§ 3 GewStG) haben – vorbehaltlich § 25 Abs. 1 Nr. 7 GewStDV – auch dann keine GewSt-Erklärung abzugeben, wenn der Gewerbeertrag den Betrag von 24.500 Euro übersteigt. Die VO verknüpft die Abgabepflicht mit dem Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG. Aus dieser Systematik wird erkennbar, dass § 25 Abs. 1 Nr. 1 GewStDV ausschließlich natürliche Personen und Personengesellschaften erfasst. Der innere Normzusammenhang bestätigt dies. Denn in § 25 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 GewStDV werden die übrigen Gewerbebetriebe anderer Rechtsformen erfasst. Entscheidend ist der Gewerbeertrag im EZ. Dies gilt auch dann, wenn in einem EZ ausnahmsweise die Gewerbeerträge zweier Wj. zu erfassen sind (§ 14 GewStG Rz. 49).

25

Nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 GewStDV ist eine GewSt-Erklärung für KapGes. (AG, KGaA, GmbH) und nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GewStDV6 für (europäische) Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit abzugeben. Die Pflicht entfällt nur dann, wenn diese von der GewSt befreit sind.

26

Nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 GewStDV7 ist eine GewSt-Erklärung für sonstige juristische Personen des privaten Rechts (rechtsfähige Vereine, Stiftungen ua.) und für nicht rechtsfähige Vereine (§ 54 BGB) iSd. § 2 Abs. 3 GewStG abzugeben, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird, dessen Gewerbeertrag im EZ 5.000 Euro übersteigt. Klarstellend gilt dies nicht, wenn es sich um einen land- und forstwirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handelt. 1 Vgl. dazu BFH v. 22.5.2006 – VI R 15/02, BStBl. II 2007, 2 = FR 2006, 1139, unter II.2.b, mwN; BMF v. 3.4.2012 – IV A 5 - O 1000/07/10086 - 07, BStBl. I 2012, 522, unter 2. 2 Dazu Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 34 AO Rz. 9 ff. (Stand: August 2016). 3 Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 150 AO Rz. 34 ff. (Stand: August 2016). 4 Terminologisch verwendet § 25 Abs. 1 GewStDV weiterhin den Begriff „abgeben“. Damit ist die RechtsVO sprachlich noch nicht an die moderne Welt der „elektronischen Übermittlung“ angepasst. 5 IdF des Art. 8 Nr. 1 Buchst. a (Teiländerung) des StEuglG v. 19.12.2000, BGBl. I 2000, 1790; § 36 GewStDV idF des StEuglG; v. EZ 1993 bis 2001 galt die Grenze von 48.000 DM (§ 25 Abs. 1 Nr. 1, § 36 GewStDV idF der 4. VO zur Änderung der GewStDV v. 17.12.1993, BGBl. I 1993, 2172). 6 IdF des Art. 5 Nr. 1 (Teiländerung) des SEStEG v. 7.12.2006 (BGBl. I 2006, 2782), ab EZ 2006 (§ 36 GewStDV idF des SEStEG. 7 IdF des Art. 6b Nr. 1 (Teiländerung) des Dritten Mittelstandsentlastungsgesetzes v. 17.3.2009, BGBl. I 2009, 550; nach § 36 GewStDV idF des Dritten Mittelstandsentlastungsgesetzes ab dem EZ 2009; vom EZ 2002 bis 2008 galt die Grenze von 3.900 Euro (§ 25 Abs. 1 Nr. 1, § 36 GewStDV idF des 5. G zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen v. 23.7.2002, BGBl. I 2002, 2715); v. EZ 1991 bis 2001 galt eine Grenze von 7.500 DM, davor von 5.000 DM.

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C. Anhang: § 25 GewStDV

Rz. 33 § 14a

Nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 GewStDV1 ist eine GewSt-Erklärung für Unternehmen von juristischen Per- 27 sonen des öffentlichen Rechts abzugeben, wenn sie als stehende Gewerbebetriebe anzusehen sind und ihr Gewerbeertrag im EZ den Betrag von 5.000 Euro überstiegen hat. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 GewStDV2 ist eine GewSt-Erklärung für Unternehmen iSd. § 3 Nr. 5, 6, 8, 9, 28 15, 17, 21, 26, 27, 28 und 29 GewStG abzugeben, wenn sie neben der von der GewSt befreiten Tätigkeit auch eine der GewSt unterliegende Tätigkeit ausgeübt haben und ihr stpfl. Gewerbeertrag im EZ den Betrag von 5.000 Euro überstiegen hat. Betroffen sind Unternehmen, die neben der nach § 3 GewStG steuerbefreiten Tätigkeit eine weitere der GewSt unterliegende Tätigkeit (im Regelfall einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb) ausgeübt haben. Die VO verknüpft die Abgabepflicht jeweils mit dem (gleichlautenden) Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 6 GewStDV3 ist eine GewSt-Erklärung (ab dem EZ 1991) für Unternehmen ab- 29 zugeben, für die zum Schluss des vorangegangenen EZ vortragsfähige Fehlbeträge gesondert festgestellt (§ 10a GewStG) worden sind. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 7 GewStDV ist – unabhängig von § 25 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 GewStDV – auf Verlan- 30 gen des FA für alle gewstpfl. Unternehmen eine GewSt-Erklärung abzugeben. Das Verlangen ist nach pflichtgemäßem Ermessen auszuüben.4 Das Verlangen ist ermessensgerecht, wenn die Möglichkeit einer Steuerschuld besteht oder die Frage der StPfl. zu klären ist. Besteht offensichtlich keine StPfl., ist das Verlangen ermessensfehlerhaft.

II. Abgabefrist und Form der Steuererklärung (§ 25 Abs. 2 GewStDV) 1. Von oberster Landesfinanzbehörde bestimmter Zeitpunkt (§ 25 Abs. 2 Satz 1 GewStDV) Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 GewStDV ist die Steuererklärung spätestens an dem von den obersten Fi- 31 nanzbehörden der Länder bestimmten Zeitpunkt abzugeben. Damit ergänzt die Vorschrift die allgemeine Abgabefrist nach § 149 Abs. 2 Satz 1 AO, wonach die GewSt-Erklärung grds. spätestens fünf Monate nach Ablauf des dem EZ folgenden Kj. zu übermitteln ist. Gestützt auf § 109 Abs. 1 AO (und § 25 Abs. 2 Satz 1 GewStDV) regeln die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder (jährlich wiederkehrend) allgemein gültige Fristverlängerungen sowie die Möglichkeit der Fristverlängerung im Einzelfall.5 Werden die GewSt- und Zerlegungserklärung durch Personen und Gesellschaften (usw.) iSd. §§ 3 und 4 StBerG angefertigt, wird die Frist regelmäßig allgemein bis zum 31.12. des dem EZ folgenden Kj. verlängert. Bei einem abweichenden Wj. (1.7.01 bis 30.6.02) sind die GewSt- und Zerlegungserklärung für den 32 EZ 02 nach § 149 AO spätestens bis zum Ablauf des 31.5.03, bei Vorliegen der Voraussetzungen für die allgemeine Fristverlängerung bis zum 31.12.03 zu übermitteln. Für nach dem 31.12.2017 beginnende Besteuerungszeiträume gilt § 149 AO idF des VerfModG (nF).6 33 Nach der allgemeinen Abgabefrist (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO nF) sind GewSt-Erklärungen grds. spätestens sieben Monate nach Ablauf des dem EZ folgenden Kj. zu übermitteln. Werden die Erklärungen zur Festsetzung des GewSt-Messbetrags oder die Zerlegungserklärungen durch Personen und Gesellschaften (usw.) iSd. §§ 3 und 4 StBerG angefertigt, so sind die Erklärungen nach § 149 Abs. 3 Nr. 3 AO nF grds. bis spätestens zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kj. abzugeben. Unter den Voraussetzungen des § 149 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AO nF

1 2 3 4 5

Wie Fn. 7 auf S. 702. Wie Fn. 7 auf S. 702. IdF des Art. 1 Nr. 4 (Einfügung) der 3. VO zur Änderung der GewStDV v. 17.12.1990, BGBl. I 1990, 2829. Selder in Glanegger/Güroff9, § 14a GewStG Rz. 5 aE. ZB Gleich lautende Erlasse v. 4.1.2016, BStBl. I 2016, 38 (für das Kj. 2015); v. 2.1.2015, BStBl. I 2015, 41 (für das Kj. 2014). 6 Neuregelung des § 149 AO durch Art. 1 Nr. 23 des G zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016, BGBl. I 2016, 1679 (VerfModG). Nach Art. 97 § 10a Abs. 4 EGAO idF des VerfModG ist § 149 AO idF des VerfModG grds. erstmals auf Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 beginnen.

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§ 14a Rz. 34 Steuererklärungspflicht kann das FA im Einzelfall einen kürzeren Abgabezeitraum anordnen. Fristverlängerungen sind nach Maßgabe des § 109 Abs. 1 und 2 AO nF möglich. 2. Form der Steuererklärung (§ 25 Abs. 2 Satz 2 GewStDV) 34

Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 GewStDV sind für die GewSt-Erklärung die amtlichen Vordrucke zu verwenden. Amtlich vorgeschriebene Vordrucke sind:1 – Vordrucke, die mit den von den zuständigen Finanzbehörden freigegebenen Druckvorlagen hergestellt worden sind (amtliche Vordrucke), einschließlich der Formulare, die auf den Internetseiten der Steuerverwaltungen angeboten werden (Internetformulare); – Vordrucke, die im Rahmen einer elektronischen Übermittlung von Steuererklärungsdaten erstellt und ausgefüllt worden sind (komprimierte Vordrucke);2 – Vordrucke, die nach dem Muster einer amtlichen Druckvorlage durch Druck, Ablichtung oder mithilfe von Datenverarbeitungsanlagen hergestellt worden sind (nichtamtliche Vordrucke). Damit liegt die Verwendung eines amtlichen Vordrucks auch dann vor, wenn der StPfl. ein privat gedrucktes Formular verwendet, das dem amtlichen Muster umfänglich entspricht,3 wenn der verwendete Vordruck also in der drucktechnischen Ausgestaltung (Layout), in der Papierqualität und in den Abmessungen dem amtlichen Vordruck entspricht.4 3. Abgekürzter Erhebungszeitraum (§ 25 Abs. 2 Satz 3 GewStDV)

35

Auch im Falle eines abgekürzten EZ (§ 14 Satz 3 GewStG, s. § 14 GewStG Rz. 50 f.) besteht keine Pflicht zur Übermittlung der GewSt- und Zerlegungserklärung vor Ablauf der allgemein gültigen Abgabefristen nach § 149 Abs. 2 Satz 1 und § 109 Abs. 1 AO). Dies ergibt sich schon daraus, dass die Pflicht zur Übermittlung dieser Erklärungen (§ 14a Satz 1 GewStG) nicht an den EZ anknüpft und eine vorzeitige Abgabepflicht auch nicht nach Maßgabe des § 25 Abs. 2 Satz 1 GewStDV iVm. den „gleichlautenden Ländererlassen“ besteht. Allerdings kann das FA im Falle eines abgekürzten EZ die vorzeitige Übermittlung der Erklärungen nach § 25 Abs. 2 Satz 3 GewStDV durch gesonderte Aufforderung verlangen.

1 BMF v. 3.4.2012 – IV A 5 - O 1000/07/10086 - 07, BStBl. I 2012, 522 Tz. 1. 2 BMF v. 16.11.2011 – IV A 7 - O 2200/09/10009 :001 – DOK 2011/0877760, BStBl. I 2011, 1063 Tz. 2 Abs. 2 Sätze 3 bis 5. 3 BFH v. 26.3.1999 – X B 196/98, BFH/NV 1999, 1309, unter 2. 4 BMF v. 3.4.2012 – IV A 5 - O 1000/07/10086 - 07, BStBl. I 2012, 522 Tz. 2 (mit weiteren Details).

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§ 14b Verspätungszuschlag 1Ein

nach § 152 der Abgabenordnung zu entrichtender Verspätungszuschlag fließt der Gemeinde zu. 2Sind mehrere Gemeinden an der Gewerbesteuer beteiligt, so fließt der Verspätungszuschlag der Gemeinde zu, in der sich die Geschäftsleitung am Ende des Erhebungszeitraums befindet. 3Befindet sich die Geschäftsleitung im Ausland, so fließt der Verspätungszuschlag der Gemeinde zu, in der sich die wirtschaftlich bedeutendste Betriebsstätte befindet. 4Auf den Verspätungszuschlag ist der Hebesatz der Gemeinde nicht anzuwenden. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . . 1. Normüberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . .

1 1 2

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

3

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

5

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

6

B. Voraussetzungen und Rechtsfolgen . . . . .

7

I. Ertragshoheit der Gemeinde für Verspätungszuschlag (Satz 1) . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzung: Nach § 152 AO zu entrichtender Verspätungszuschlag . . . . . . . . . . a) Verspätungszuschlag nach § 152 AO . . . aa) Verspätungszuschlag wegen verspäteter Abgabe der GewSt- oder Zerlegungserklärung . . . . . . . . . bb) Verspätungszuschlag nach § 152 AO in der am 31.12.2016 geltenden Fassung (aF) . . . . . . . . . . . . . cc) Verspätungszuschlag nach § 152 AO in der ab dem 1.1.2017 geltenden Fassung (nF) . . . . . . . . . . .

7 7 7 7 8

b) Festsetzung des Verspätungszuschlags als Voraussetzung für „zu entrichtenden VSpZl.“ . . . . . . . . . . . . . . . . c) „Zu entrichtender“ Verspätungszuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolge: Zufluss bei der Gemeinde . . . a) Ertragshoheit der Gemeinde . . . . . . b) Erhebungszuständigkeit der Gemeinde II. Ertragshoheit bei Beteiligung mehrerer Gemeinden (Sätze 2 und 3) . . . . . . . . 1. Beteiligung mehrerer Gemeinden an der Gewerbesteuer (Sätze 2 und 3) . . . . . . 2. Ertragshoheit bei Geschäftsleitung im Inland (Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beteiligung mehrerer Gemeinden . . . b) Geschäftsleitung am Ende des EZ . . . c) Rechtsfolge: keine Aufteilung des Verspätungszuschlags . . . . . . . . . . . 3. Ertragshoheit bei Geschäftsleitung im Ausland (Satz 3) . . . . . . . . . . . . . .

17 22 23 23 26

.

29

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29

. . .

30 30 31

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34

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35

III. Keine Anwendung des Hebesatzes auf den Verspätungszuschlag (Satz 4) . . . . . .

37

11

Literatur: Lemaire, Ärgernis Verspätungszuschlag – Vermeidungsstrategien und Rechtsschutz gegen rechtswidrige Festsetzungen, AO-StB 2002, 229; Loschelder, Rechtsschutz gegen Verspätungszuschläge – Herabsetzung nach Korrektur der Steuerfestsetzung?, AO-StB 2002, 422.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1. Normüberblick § 14b Satz 1 GewStG bestimmt, dass ein vom Steuerschuldner zu entrichtender VSpZl. zur GewSt (§ 3 1 Abs. 4, § 152 AO) der Gemeinde (KöR) zufließt (Ertragshoheit, Rz. 23 ff. und Erhebungszuständigkeit, vgl. Rz. 26 f.). Die Sätze 2 und 3 regeln die Ertragshoheit bei mehreren hebeberechtigten Gemeinden (Rz. 29 ff.). Klarstellend regelt § 14b Satz 4 GewStG, dass der Hebesatz der berechtigten Gemeinde auf den VSpZl. nicht anzuwenden ist (Rz. 37). 2. Bedeutung und Telos § 14b Satz 1 GewStG regelt eine von § 3 Abs. 5 Satz 5 AO abweichende Ertragshoheit für das Auf- 2 kommen an den zu entrichtenden VSpZl. wegen Nichtabgabe oder nicht fristgemäßer Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des GewSt-Messbetrags oder der Zerlegungserklärung (VSpZl. zur GewSt) Schulze

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§ 14b Rz. 3 Verspätungszuschlag zugunsten der hebeberechtigten Gemeinden. Kommt ein StPfl. seiner Verpflichtung zur Übermittlung oder Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags oder der Zerlegungserklärung (§ 14a GewStG Rz. 12 ff.) nicht nach, kann gegenüber dem Erklärungspflichtigen ein VSpZl. (zur GewSt) festgesetzt werden. Der VSpZl. ist eine stl. Nebenleistung iSd. § 3 Abs. 4 Nr. 2 AO. Grundsätzlich fließt das Aufkommen an den zu entrichtenden VSpZl. (zur GewSt) nach § 3 Abs. 5 Satz 5 AO als „übrige steuerliche Nebenleistungen“ der sie „verwaltenden Körperschaft“ zu. Für die Verwaltung des VSpZl. zur GewSt sind als Annex zur Zuständigkeit der Verwaltung des GewSt-Messbetrags bzw. der Zerlegung die Landesfinanzbehörden zuständig (Rz. 18, 26), sodass das Aufkommen grds. den Ländern zustehen würde. Ungeachtet der nach § 3 Abs. 5 Satz 5 AO für die Ertragshoheit maßgeblichen Verwaltungshoheit steht das Aufkommen der VSpZl. zur GewSt wegen § 14b Satz 1 GewStG aber ausschließlich den Gemeinden zu (Rz. 23 ff.). Wegen der Identität von Verwaltungsund Ertragshoheit hat § 14b Satz 1 GewStG für Stadtstaaten keine Bedeutung.

II. Anwendungsbereich 3 § 14b GewStG hat ausschließlich Bedeutung im Verhältnis zwischen den öffentlich-rechtlichen (Ge-

biets-)Körperschaften. Der zur Entrichtung des VSpZl. Verpflichtete wird durch die Rechtsfolgen nicht in seinen subjektiven Rechten berührt. Dies auch, weil die berechtigte Gemeinde den VSpZl. weder selbst festsetzen noch dessen Höhe verändern darf (vgl. § 14b Satz 4 GewStG, Rz. 37). Der Verpflichtete hat für Zwecke des § 14b Sätze 2 und 3 GewStG (Rz. 30 ff. und 35 f.) lediglich Auskunft über den Ort der Geschäftsleitung zu erteilen. 4 Die Zuweisung der Ertragshoheit durch § 14b GewStG bezieht sich auf das Innenverhältnis zwischen

der teilweise die GewSt verwaltenden (Landesfinanzbehörde) und der nebenleistungsberechtigten Körperschaft (Gemeinde). Die Landesfinanzbehörden sind für die Festsetzung des VSpZl. wegen Nichtabgabe oder nicht fristgemäßer Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des GewSt-Messbetrags und ggf. der Zerlegungserklärung zuständig (Rz. 18, 24). Ein Einspr. gegen die Festsetzung des VSpZl. zur GewSt ist bei der zuständigen FinBeh. (§ 357 Abs. 2 Satz 1 AO) oder bei der Gemeinde (§ 357 Abs. 2 Satz 2 AO analog) anzubringen. Als festsetzende Behörde ist die Landesfinanzbehörde – und nicht die Gemeinde – zur Entsch. über den Einspr. berufen. Für die Erhebung oder ggf. Vollstreckung des von der FinBeh. festgesetzten VSpZl. zur GewSt ist die Gemeinde zuständig (Rz. 26 f.).1

III. Rechtsentwicklung 5 Ursprünglich war die Ertragshoheit der Gemeinden für den VSpZl. durch § 26 Abs. 2 GewStDV2 ge-

regelt. Die Regelung wurde inhaltsgleich mit Wirkung ab dem EZ 1984 durch das StBereinG 19853 in § 14b GewStG eingefügt. Der im Widerspruch zu höherrangigem Recht (§ 3 Abs. 4 u. 5 AO) stehende § 26 Abs. 2 GewStDV wurde aufgehoben.4 Durch die Neuregelung des § 14b GewStG ab dem EZ 1996 durch das JStG 19965 wurde die Ertragshoheit bei mehreren an der GewSt beteiligten Gemeinden sowie bei einer sich im Ausland befindlichen Geschäftsleitung konkretisiert.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 6 § 14b GewStG steht im systematischen Zusammenhang mit der Regelung des § 14a Satz 1 GewStG

über die Pflicht zur Abgabe einer Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags und der Zerlegungserklärung. Kommt der Erklärungspflichtige seiner Mitwirkungspflicht zur Abgabe dieser Steu1 Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 152 AO Rz. 8 (Stand: April 2014). 2 Fassung der GewStDV v. 26.1.1979. 3 Art. 15 Nr. 2 des G v. 14.12.1984, BGBl. I 1985, 1493; § 36 Abs. 1 GewStG idF des Art. 15 Nr. 4 Buchst. a des StBereinG 1985. 4 Art. 1 Nr. 7 der 2. VO zur Änderung der GewStDV v. 24.11.1986, BGBl. I 1986, 2073. 5 Art. 16 Nr. 3 des G v. 11.10.1995, BGBl. I 1995, 1250; § 36 Abs. 1 GewStG idF des Art. 16 Nr. 4 Buchst. a des JStG 1996.

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B. Voraussetzungen und Rechtsfolgen

Rz. 10 § 14b

ererklärungen nicht oder nicht fristgemäß nach, kann nach § 152 Abs. 1 AO bzw. muss nach § 152 Abs. 2 und 3 AO nF (s. dazu Rz. 11 ff.) ein VSpZl. festgesetzt werden. § 14b Satz 1 GewStG setzt einen nach Maßgabe des § 152 AO festgesetzten VSpZl. voraus. Durch § 14b Satz 1 GewStG werden weder die materiellen Voraussetzungen des VSpZl. (Rz. 8 ff.) noch die formellen Voraussetzungen für dessen Durchsetzung (Rz. 17 ff.) ergänzt oder verändert.

B. Voraussetzungen und Rechtsfolgen I. Ertragshoheit der Gemeinde für Verspätungszuschlag (Satz 1) 1. Voraussetzung: Nach § 152 AO zu entrichtender Verspätungszuschlag a) Verspätungszuschlag nach § 152 AO aa) Verspätungszuschlag wegen verspäteter Abgabe der GewSt- oder Zerlegungserklärung § 14b Satz 1 GewStG setzt einen VSpZl. nach § 152 AO voraus. Unausgesprochen muss es sich dabei 7 um einen VSpZl. wegen Nichtabgabe oder nicht fristgemäßer Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags oder der Zerlegungserklärung iSd. § 152 Abs. 1, Abs. 6 AO idF des VerfModG (dazu Rz. 11 ff.) handeln. Durch § 14b Satz 1 GewStG werden die in § 152 AO determinierten materiellen Voraussetzungen für die Festsetzung des VSpZl. (zur GewSt) weder ergänzt noch verändert. bb) Verspätungszuschlag nach § 152 AO in der am 31.12.2016 geltenden Fassung (aF) Nach § 152 Abs. 1 AO in der am 31.12.2016 geltenden Fassung1 (aF) kann gegen denjenigen, der sei- 8 ner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein VSpZl. festgesetzt werden, es sei denn, die Versäumnis erscheint entschuldbar. Die Pflicht zur Abgabe der GewSt-Erklärung und ggf. Zerlegungserklärung ergibt sich aus § 14a Satz 1 GewStG iVm. § 25 Abs. 1 GewStDV (zur Abgabefrist dieser Erklärungen § 14a GewStG Rz. 31 f.). Die Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe der Erklärungen muss schuldhaft verletzt worden sein. Der Verschuldensmaßstab richtet sich nicht nach objektiven Kriterien, sondern nach den persönlichen Verhältnissen des Erklärungspflichtigen.2 Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich. Die Entscheidung über die Festsetzung eines VSpZl. steht im pflichtgemäßen Ermessen der für die 9 Festsetzung zuständigen Behörde (§ 152 Abs. 1 Satz 1 AO aF). Sie hat zu entscheiden, ob (Entschließungsermessen) und in welcher Höhe (Auswahlermessen) ein VSpZl. festgesetzt werden soll.3 Die FinBeh. muss ihr Ermessen dem Zweck des § 152 Abs. 1 und 2 AO aF entsprechend ausüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten (§ 5 AO).4 Als Druckmittel eigener Art dient der VSpZl. der Sicherung eines ordnungsgemäßen Veranlagungsverfahrens. Repressiv soll die Störung der Veranlagungsarbeit durch den verzögerten oder unterbliebenen Eingang der Steuererklärung sanktioniert und präventiv zur pünktlichen Abgabe der Steuererklärung künftig angehalten werden.5 Nach § 152 Abs. 2 Satz 1 AO aF darf der VSpZl. 10 % des festgesetzten Messbetrags nicht über- 10 schreiten (relative Grenze) und höchstens 25.000 Euro betragen (absolute Grenze). Hierdurch sind die Grenzen festgelegt, innerhalb derer sich die Ermessensausübung bewegen darf. Die Festsetzung 1 Nach Art. 97 § 8 Satz 3 Nr. 1 EGAO (VerfModG) ist § 152 AO in der am 31.12.2016 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden auf Steuererklärungen, die vor dem 1.1.2019 einzureichen sind. 2 BFH v. 11.12.1991 – I R 73/90, BFH/NV 1992, 577, unter II.1.; zu Einzelfällen Heuermann in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 152 AO Rz. 17 (Stand: April 2014); vgl. auch Lemaire, AO-StB 2002, 229. 3 BFH v. 26.9.2001 – IV R 29/00, BStBl. II 2002, 120, unter 2. mwN. 4 Zu den Ermessensgesichtspunkten Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 152 AO Rz. 29 ff. (Stand: April 2014), zu § 152 Nr. 7 AEAO 2014, mit Rspr.-Nachweisen. 5 BFH v. 18.11.1986 – VIII R 183/84, BFH/NV 1987, 416, unter 2.; v. 18.8.1988 – V R 19/83, BStBl. II 1988, 929, unter B.1.; v. 19.6.2001 – X R 83/98, BStBl. II 2001, 618, unter II.1.; v. 18.8.2015 – V R 2/15, BFH/NV 2015, 1665 Rz. 12.

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§ 14b Rz. 11 Verspätungszuschlag des VSpZl. iZm. der Nichtabgabe oder verspäteten Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des GewStMessbetrags oder die Zerlegungserklärung steht also nicht in Abhängigkeit von der festgesetzten GewSt, sondern ausschließlich in Abhängigkeit vom festgesetzten GewSt-Messbetrag.1 cc) Verspätungszuschlag nach § 152 AO in der ab dem 1.1.2017 geltenden Fassung (nF) 11

Durch das VerfModG v. 18.7.2016 hat der Gesetzgeber § 152 AO neu geregelt.2 Die Neuregelung ist nach Art. 97 § 8 Satz 1 EGAO (VerfModG) grds. erstmals auf Steuererklärungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 einzureichen sind.3

12

Ebenso wie nach der alten Fassung kann nach § 152 Abs. 1 iVm. Abs. 6 Satz 1 AO nF ein VSpZl. wegen Nichtabgabe oder nicht fristgemäßer Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des GewSt-Messbetrags oder der Zerlegungserklärung festgesetzt werden, es sei denn, der Erklärungspflichtige iSd. § 5 GewStG macht glaubhaft, dass die Verspätung entschuldbar ist. Der Erklärungspflichtige muss sich ein Verschulden eines Vertreters oder Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen. Die Regelung des § 152 Abs. 1 AO nF hat sich gegenüber der alten Fassung zwar sprachlich, aber nicht inhaltlich verändert. Für das Entschließungsermessen gelten die Ausführungen unter Rz. 9.

13

Für die auf ein Kj. bezogene GewSt (§ 14 Satz 2 GewStG) muss – vorbehaltlich § 152 Abs. 3 AO – nach § 152 Abs. 2 iVm. Abs. 6 Satz 1 AO nF ein VSpZl. wegen Nichtabgabe oder nicht fristgemäßer Abgabe der Erklärungen zur Festsetzung des GewSt-Messbetrags oder der Zerlegungserklärungen festgesetzt werden, wenn die Erklärungen nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kj. abgegeben wurden (kein Entschließungsermessen).

14

Nach § 152 Abs. 6 Satz 2 AO nF beträgt der VSpZl. für die Nichtabgabe oder nicht fristgemäße Abgabe der Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags oder der Zerlegungserklärung für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 25 Euro. Abs. 5 (betrifft nur Erklärungen, die unmittelbar zu einer Steuerfestsetzung führen) und Abs. 7 (betrifft ausschließlich die Erklärung für gesondert festzustellende Einkünfte nach § 180 AO) des § 152 AO finden auf die GewSt-Erklärungen keine Anwendung. Die absolute Höchstgrenze von 25.000 Euro nach § 152 Abs. 10 AO nF hat für den VSpZl. zur GewSt keine praktische Bedeutung.

15

Zur Berechnung der eingetretenen Verspätung kommt es darauf an, bis zu welchem Zeitpunkt die Steuererklärungen spätestens einzureichen waren (§ 14a GewStG Rz. 31 ff.) und zu welchem Zeitpunkt sie tatsächlich bei der zuständigen Behörde eingereicht worden sind. Werden die Erklärung zur Festsetzung des GewSt-Messbetrags oder die Zerlegungserklärung nicht abgegeben, ist der VSpZl. nach § 152 Abs. 9 Satz 2 AO nF für einen Zeitraum bis zum Ablauf desjenigen Tages zu berechnen, an dem die erstmalige Festsetzung der Besteuerungsgrundlage wirksam wird.

16

Nach § 152 Abs. 4 AO kann die zuständige Behörde nach ihrem Ermessen entscheiden, ob sie den Verspätungszuschlag gegen eine der erklärungspflichtigen Personen, gegen mehrere der erklärungspflichtigen Personen oder gegen alle erklärungspflichtigen Personen festsetzt, wenn mehrere Personen zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind (Auswahlermessen). b) Festsetzung des Verspätungszuschlags als Voraussetzung für „zu entrichtenden VSpZl.“

17

Ein „zu entrichtender Verspätungszuschlag“ iSd. § 14b Satz 1 GewStG setzt zwangsläufig einen zuvor durch Verwaltungsakt festgesetzten VSpZl. nach § 152 AO voraus. Zwar verwendet § 14b Satz 1 GewStG den Begriff „festgesetzter“ VSpZl. nicht. Der ausdrückliche Verweis auf einen VSpZl. „nach § 152 AO“ enthält jedoch inzident die Voraussetzung eines „festgesetzten“ VSpZl. Denn dieser entsteht nicht kraft Gesetzes, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 152 AO durch einen Ver1 Vgl. auch Loschelder, AO-StB 2002, 422. 2 Neuregelung des § 152 AO durch Art. 1 Nr. 25 des VerfModG v. 18.7.2016, BGBl. I 2016, 1679. Nach Art. 97 § 8 Satz 1 EGAO idF des VerfModG ist § 152 idF des VerfModG grds. erstmals auf Steuererklärungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 einzureichen sind. 3 Nach Art. 97 § 8 Satz 4 EGAO (VerfModG) kann das BMF mit Zustimmung des BR durch RechtsVO einen abweichenden erstmaligen Anwendungszeitpunkt festlegen, wenn bis zum 30.6.2018 erkennbar ist, dass die technischen oder organisatorischen Voraussetzungen für eine Anwendung des § 152 AO (VerfModG) noch nicht erfüllt sind.

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B. Voraussetzungen und Rechtsfolgen

Rz. 22 § 14b

waltungsakt iSd. § 118 AO.1 Durch § 14b Satz 1 werden die (formellen) Voraussetzungen für die Festsetzung des VSpZl. (zur GewSt) weder ergänzt noch verändert. Für die Festsetzung des VSpZl. wegen Nichtabgabe oder nicht fristgemäßer Abgabe der Erklärung zur 18 Festsetzung des GewStMessbetrags oder der Zerlegungserklärung ist als Annex die Behörde zuständig, die auch für die Festsetzung des GewSt-Messbetrags und die Zerlegung zuständig ist (§ 14 GewStG Rz. 12 ff.).2 In den Flächenländern sind dies die Landesfinanzbehörden. Die Annexzuständigkeit der Landesfinanzbehörde für die Festsetzung des VSpZl. zur GewSt wird durch § 152 Abs. 11 AO (VerfModG, s. dazu Rz. 11 ff.) bestätigt. Denn eine Verbindung der Festsetzung des GewSt-Messbetrags bzw. der Zerlegung in einem Bescheid mit der Festsetzung des VSpZl. zur GewSt ist nur dann möglich, wenn dieselbe Behörde für diese Festsetzungen zuständig ist. Zudem ist auch nur der für die Festsetzung des GewSt-Messbetrags bzw. die Zerlegung zuständigen Behörde der Zeitpunkt des Eingangs der entsprechenden Steuererklärungen bekannt. Diese Kenntnis ist maßgebliche Voraussetzung für die Festsetzung des VSpZl. (zur GewSt). In den Flächenländern sind die Gemeinden zur Festsetzung des VSpZl. demnach nicht befugt. In den Stadtstaaten erfolgt die Festsetzung des GewSt-Messbetrags und der GewSt ohnehin aus einer Hand, sodass auch die Festsetzung des VSpZl. der dafür zuständigen Behörde obliegt. Die Festsetzung des VSpZl. durch die Landesfinanzbehörde erfolgt ohne Leistungsgebot und regel- 19 mäßig mit dem Hinweis, dass der VSpZl. zusammen mit dem GewSt-Besch. angefordert wird. Der durch die Landesfinanzbehörde festgesetzte VSpZl. (zur GewSt) wird der Gemeinde mitgeteilt (§ 184 Abs. 3 AO, vgl. § 14 GewStG Rz. 42). Die Landesfinanzbehörden üben auch das Auswahlermessen nach § 152 Abs. 4 AO nF aus, wenn mehrere Personen zur Abgabe der Steuererklärungen verpflichtet sind. Die Gemeinden haben gegenüber den für die Festsetzung des VSpZl. zuständigen Landesfinanzbehörden keinen Anspruch auf Festsetzung eines VSpZl. dem Grunde oder der Höhe nach sowie gegenüber einer bestimmten erklärungspflichtigen Person. Sie sind an die Festsetzung des VSpZl. gebunden. Die Gemeinden fordern aber den festgesetzten VSpZl. durch ein Leistungsgebot zusammen mit dem GewSt-Bescheid (verbundener Bescheid) an (Rz. 28). Die Festsetzung des VSpZl. erfolgt durch einen selbstständigen – anfechtbaren – Verwaltungsakt iSd. 20 § 118 Abs. 1 AO. Es handelt sich um einen sonstigen Verwaltungsakt und nicht um einen Steuerbescheid oder einen diesem gleichgestellten Bescheid mit der Folge, dass ausschließlich die allgemeinen Vorschriften über Verwaltungsakte (§§ 118 ff., §§ 347 ff. AO), nicht aber zB die Vorschriften über die Festsetzungsfrist (§§ 169 ff. AO) oder Änderungsvorschriften (§§ 172 ff. AO) Anwendung finden. Für die Korrektur der Festsetzung eines VSpZl. kommen grds. nur die §§ 129 ff. AO in Betracht. Durch § 152 Abs. 12 AO (VerfModG, s. dazu Rz. 11 ff.) wurde eine gegenüber §§ 130 f. AO speziellere Korrekturvorschrift eingefügt, die die Beziehung zwischen der Festsetzung des GewSt-Messbetrags und des VSpZl. nach Art eines Grundlagen-Folgebescheids ausgestaltet. Die Festsetzung des VSpZl. (zur GewSt) soll nach § 152 Abs. 11 AO (§ 152 Abs. 3 AO aF) regelmäßig 21 mit der Festsetzung des Steuermessbetrags oder der Zerlegung verbunden werden (gleichzeitige Festsetzung). Die gleichzeitige Festsetzung wird regelmäßig – aber nicht zwingend – in demselben Bescheid erfolgen. Dieser enthält dann mehrere selbstständige – in einem Formular verbundene – Verwaltungsakte (zB Festsetzung des GewSt-Messbetrags, Festsetzung des VSpZl. und Festsetzung der Vorauszahlungen). Zudem sollte der Bescheid den Hinweis enthalten, dass der festgesetzte VSpZl. durch die hebeberechtigte Gemeinde angefordert wird. c) „Zu entrichtender“ Verspätungszuschlag § 14b Satz 1 GewStG stellt auf den „zu entrichtenden Verspätungszuschlag“ ab. Aus Sicht des Schuld- 22 ners ist der durch die zuständige Behörde festgesetzte VSpZl. (Rz. 18) an die hebeberechtigte Gemeinde (Rz. 27) zu entrichten. Indem das Gesetz tatbestandlich nicht auf den festgesetzten, sondern auf den entrichteten VSpZl. abstellt, wird deutlich, dass die hebeberechtigte Gemeinde keinen (Ausgleichs-) Anspruch gegenüber dem Land hat, wenn der durch die Landesfinanzbehörde festgesetzte und die Gemeinde angeforderte VSpZl. durch den Schuldner nicht oder nur teilweise entrichtet wird. 1 BFH v. 18.8.1988 – V R 19/83, BStBl. II 1988, 929, unter B.1. 2 So auch Ley in Deloitte, § 14b GewStG Rz. 7.

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§ 14b Rz. 23 Verspätungszuschlag 2. Rechtsfolge: Zufluss bei der Gemeinde a) Ertragshoheit der Gemeinde 23

Rechtsfolge des § 14b Satz 1 GewStG ist eine von § 3 Abs. 5 Satz 5 AO abweichende Ertragshoheit des zu entrichtenden VSpZl. zur GewSt zugunsten der Gemeinden. Der VSpZl. ist eine stl. Nebenleistung iSd. § 3 Abs. 4 Nr. 2 AO. Die Verteilung des Aufkommens der stl. Nebenleistungen (Ertragshoheit) wird grds. durch § 3 Abs. 5 AO geregelt.

24 Der VSpZl. fließt nach dem Auffangtatbestand des § 3 Abs. 5 Satz 5 AO als „übrige steuerliche Neben-

leistung“ der sie „verwaltenden Körperschaft“ zu. Einfachgesetzlich wird die Ertragshoheit für den VSpZl. mit der Verwaltungshoheit für den VSpZl. verknüpft. Für die Verwaltung der GewSt sind grds. die Landesfinanzbehörden in Landeseigenverwaltung zuständig (Art. 108 Abs. 2 GG).1 Ihnen obliegt daher die Festsetzung des GewSt-Messbetrags (§ 14 Satz 1) sowie ggf. dessen Zerlegung (§ 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG) ebenso wie die Festsetzung der GewSt (§ 16 Abs. 1 GewStG). Als Annex sind die Landesfinanzbehörden auch für die Festsetzung (Verwaltung) des VSpZl. zur GewSt zuständig (arg. ex § 152 Abs. 11 AO, Rz. 18). Deshalb würde das Aufkommen an den VSpZl. zur GewSt grds. der die GewSt verwaltenden Körperschaft – also dem jeweiligen Land – zustehen. 25

Abweichend von § 3 Abs. 5 Satz 5 AO steht die Ertragshoheit für VSpZl. zur GewSt nach § 14b Satz 1 GewStG aber ausschließlich den Gemeinden zu, ohne dass es darauf ankäme, welche Körperschaft diese stl. Nebenleistung (ganz oder teilweise) verwaltet. Deshalb ist es in diesem Zusammenhang auch unerheblich, wer die verwaltende Körperschaft für VSpZl. zur GewSt iSd. § 3 Abs. 5 Satz 5 AO ist, wenn den Gemeinden – wie üblich – nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG iVm. landesrechtlichen Vorschriften2 die Verwaltung der GewSt teilweise (Festsetzung und Erhebung der GewSt) übertragen worden ist und die Verwaltung der GewSt iÜ (Festsetzung und Zerlegung des GewSt-Messbetrags) den Landesfinanzbehörden obliegt. Wegen der Identität von Verwaltungs- und Ertragshoheit hat § 14b Satz 1 GewStG für Stadtstaaten keine Bedeutung. b) Erhebungszuständigkeit der Gemeinde

26

Weitere Rechtsfolge des § 14b Satz 1 GewStG ist die Erhebungszuständigkeit der Gemeinde für den VSpZl. zur GewSt. Die Zuständigkeit der Gemeinde für das Erhebungs- (§§ 218 ff. AO) bzw. Vollstreckungsverfahren3 lässt sich daraus ableiten, dass ihr das Aufkommen an den VSpZl. zur GewSt nach § 14b Satz 1 GewStG zufließt.

27

Die Höhe des durch die Landesfinanzbehörden festgesetzten VSpZl. zur GewSt wird der Gemeinde zusammen mit der Messbetragsfestsetzung mitgeteilt (§ 184 Abs. 3, vgl. § 14 GewStG Rz. 42). Der Gemeinde fließt der VSpZl. zur GewSt durch Erhebung (Vollzug des festgesetzten VSpZl.) zu. Dazu muss die Gemeinde den – festgesetzten, möglicherweise noch anfechtbaren (dazu Rz. 4) – VSpZl. gegenüber der verpflichteten Person anfordern (Rz. 28). Diese hat den angeforderten VSpZl. an die Gemeinde zu entrichten. Kommt der Schuldner des VSpZl. der Aufforderung zur Entrichtung des Betrags nicht nach, kann die Gemeinde den angeforderten VSpZl. vollstrecken.

28 Die Anforderung des VSpZl. gegenüber der verpflichteten Person geschieht – unter Bezugnahme auf

den festgesetzten VSpZl. – durch Leistungsgebot (selbstständiger Verwaltungsakt). Regelmäßig wird das erforderliche Leistungsgebot mit einer Zahlungsfrist verbunden sein (§ 254 iVm. § 220 Abs. 2 Satz 1 AO). Zudem wird das Leistungsgebot regelmäßig mit der Festsetzung der GewSt im selben Bescheid verbunden, wenn der Schuldner der GewSt (§ 5 GewStG) zugleich diejenige Person ist, der ge-

1 Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 2 Rz. 75, 79; § 21 Rz. 40. 2 Die Flächenländer haben die Aufgabe der GewSt-Festsetzung u. -Erhebung nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG durch LandesG regelmäßig auf die Gemeinden übertragen (zB § 9 Abs. 2 Satz 1 KAG Ba.-Wü.; Art. 18 KAG Bay.; § 1 der RealStZustVO Hess. v. 10.12.1981, GVBl. I 1981, 413; § 1 des G über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der RealSt v. 16.12.1981, GVBl. NRW 1981, 732; § 5 Abs. 1 KAG Rh-Pf.; § 3 Abs. 7 KAG Saarl.; § 3 Abs. 3 Satz 1 KAG Sa.-Anh.). 3 Die Vollstreckung erfolgt nach Maßgabe des jeweiligen LandesvollstreckungsG, soweit die Vorschriften der AO nicht für anwendbar erklärt werden.

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Rz. 32 § 14b

B. Voraussetzungen und Rechtsfolgen

genüber der VSpZl. zur GewSt festgesetzt worden ist. Andernfalls ergehen die Festsetzung der GewSt sowie die Leistungsaufforderung zur Entrichtung des VSpZl. zumindest zeitgleich.

II. Ertragshoheit bei Beteiligung mehrerer Gemeinden (Sätze 2 und 3) 1. Beteiligung mehrerer Gemeinden an der Gewerbesteuer (Sätze 2 und 3) § 14b Satz 1 GewStG regelt das Verhältnis der Ertragshoheit für den VSpZl. zwischen dem Land und 29 der Gemeinde (vertikale Ebene). In Abgrenzung zu den Sätzen 2 und 3 setzt Satz 1 des § 14b GewStG inzident voraus, dass nur eine Gemeinde an der GewSt beteiligt ist. § 14b Sätze 2 und 3 GewStG ergänzen § 14b Satz 1 GewStG für den Fall, dass mehrere Gemeinden an der GewSt beteiligt sind. In diesem Fall muss geregelt werden, welcher Gemeinde das Aufkommen an einem VSpZl. zusteht. Während also § 14b Satz 1 GewStG die Ertragshoheit für den VSpZl. zwischen Land und Gemeinde (vertikale Ebene) regelt, bestimmt § 14b Sätze 2 und 3 GewStG die Verteilung des VSpZl. für den Fall, dass mehrere Gemeinden an der GewSt beteiligt sind (horizontale Ebene). Für Inlandssachverhalte wird dabei auf die Geschäftsleitung (Satz 2), für Auslandssachverhalte auf die wirtschaftlich bedeutendste Betriebsstätte (Satz 3) abgestellt. 2. Ertragshoheit bei Geschäftsleitung im Inland (Satz 2) a) Beteiligung mehrerer Gemeinden Mehrere Gemeinden sind an der GewSt beteiligt, wenn ein GewStPfl. in mehreren Gemeinden Be- 30 triebsstätten unterhält oder sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden erstreckt und somit der Zerlegungstatbestand des § 28 Abs. 1 GewStG erfüllt ist. Auf die tatsächliche Zerlegung des Steuermessbetrags kommt es tatbestandlich aber nicht an. Denn der Zerlegungsbesch. ist kein Grundlagenbesch. für die Verteilung des entrichteten VSpZl. Deshalb kann einer Gemeinde, die fehlerhaft (infolge Rechtsfehlers, Verjährung etc.) keinen Zerlegungsanteil zugewiesen bekommt, gleichwohl der zu entrichtende VSpZl. zufließen, wenn sich die Geschäftsleitung am Ende des EZ im Gemeindebezirk befindet. b) Geschäftsleitung am Ende des EZ Zur Bestimmung, welcher von mehreren Gemeinden der VSpZl. zufließen soll, wird seit dem EZ 31 1996 (Rz. 5) nur noch auf den Ort der Geschäftsleitung am Ende des EZ (vormals auf die Gemeinde mit dem größten Zerlegungsanteil) abgestellt. Das vormalige Abstellen auf die Gemeinde mit dem größten Zerlegungsanteil habe die Fälle ungenügend geregelt, in denen mehrere Gemeinden ein gleich großer Zerlegungsanteil zugewiesen wurde. Durch die Maßgeblichkeit des „Orts der Geschäftsleitung am Ende des EZ“ für den Zufluss des VSpZl. zur GewSt sollte die berechtigte Gemeinde eindeutig bestimmbar werden. Zudem sei dieses Kriterium ua. auch maßgeblich für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Betriebs-FA für die Festsetzung und Zerlegung der Steuermessbeträge (§ 22 Abs. 1 iVm. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO).1 Ob das Abstellen auf den Ort der Geschäftsleitung für die Zuweisung des VSpZl. zur GewSt tatsächlich eine Vereinfachung darstellt, lässt sich nur schwer sagen. Klar ist aber, dass das Merkmal „Ort der Geschäftsleitung“ keine präzisen Konturen aufweist und von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig ist. Zudem können sich StPfl. und FA über den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung – und damit möglicherweise zulasten einer Gemeinde – tatsächlich verständigen.2 Der Ort der Geschäftsleitung befindet sich nach § 10 AO dort, wo sich der Mittelpunkt der ge- 32 schäftlichen Oberleitung befindet.3 Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung ist dort, wo der

1 Entwurf eines JStG 1996 v. 27.3.1995, BT-Drucks. 13/901, 147 (rechte Spalte). 2 BFH v. 22.8.2012 – I B 86, 87/11, BFH/NV 2013, 6 Rz. 12. 3 Dazu de Hesselle in Lenski/Steinberg, § 14b GewStG Rz. 5 (Stand: Juli 2013); Drüen in Tipke/Kruse, § 10 AO Rz. 1 ff. mwN.

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§ 14b Rz. 33 Verspätungszuschlag für die Geschäftsführung maßgebende Wille gebildet wird,1 also der Ort, an dem die Geschäftsführungsbefugnis dauerhaft, also insbes. das Tagesgeschäft ausgeübt wird. Jedes Unternehmen hat einen Ort der Geschäftsleitung.2 Eine feste eigene Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, ist hierfür nicht erforderlich.3 Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung kann sich bspw. auch in der Wohnung des Geschäftsführers einer KapGes. befinden. Maßgeblich ist der Ort, dem nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht die größte Bedeutung zukommt.4 Entscheidend sind stets die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.5 33

Für Zwecke der Zuweisung des VSpZl. zur GewSt ist es ohne Bedeutung, wenn sich der Ort der Geschäftsleitung innerhalb eines Wj. nacheinander an verschiedenen Orten befunden hat.6 Denn für Zwecke des VSpZl. zur GewSt kommt es ausschließlich auf den Ort der Geschäftsleitung am Ende des EZ an. c) Rechtsfolge: keine Aufteilung des Verspätungszuschlags

34

Als Rechtsfolge bestimmt § 14b Satz 2 GewStG, dass der VSpZl. der Gemeinde zufließt, in der sich die Geschäftsleitung am Ende des EZ befindet. Damit ordnet das Gesetz an, dass der VSpZl. – anders als das GewSt-Aufkommen – nicht zwischen den beteiligten Gemeinden aufzuteilen ist, sondern vollständig nur einer (von mehreren) Gemeinden zufließen soll. 3. Ertragshoheit bei Geschäftsleitung im Ausland (Satz 3)

35

Befindet sich die Geschäftsleitung im Ausland (vgl. dazu § 2 Abs. 6 GewStG), fließt der VSpZl. der Gemeinde zu, in der sich die wirtschaftlich bedeutendste Betriebsstätte befindet. Anders als im reinen Inlandssachverhalt kann hier nicht auf den Ort der Geschäftsleitung (Rz. 32) abgestellt werden, weil der zu entrichtende VSpZl. zur GewSt nur einer inländischen Gemeinde zufließen kann.

36

Zur Bestimmung der wirtschaftlich bedeutendsten Betriebsstätte ist auf die Ertragskraft der jeweiligen Betriebsstätten abzustellen.7 Aus Vereinfachungsgründen kann dazu auch auf die Gemeinde mit dem größten Zerlegungsanteil abgestellt werden.

III. Keine Anwendung des Hebesatzes auf den Verspätungszuschlag (Satz 4) 37

§ 14b Satz 4 GewStG regelt, dass die gemeindlichen Hebesätze auf die vom FA festgesetzten Verspätungszuschläge keine Anwendung finden. Die Klarstellung war notwendig, weil der VSpZl. regelmäßig von den Landesfinanzbehörden zusammen mit dem GewSt-Messbetrag (§ 152 Abs. 3 AO aF, § 152 Abs. 11 AO nF) festgesetzt wird (Rz. 18 f.). Dennoch ist der VSpZl. nicht Teil des festgesetzten Messbetrags, sodass auf den festgesetzten VSpZl. auch nicht der Hebesatz nach § 16 Abs. 1 GewStG anzuwenden ist. Des Weiteren kommt der Hebesatz nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 GewStG auch nur zur Festsetzung der Steuer, nicht hingegen bei der Festsetzung stl. Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) – wie dem VSpZl. – zur Anwendung.

1 BFH v. 5.11.2014 – IV R 30/11, BStBl. II 2015, 601 = FR 2015, 905 Rz. 27; v. 12.2.2004 – IV R 29/02, BStBl. II 2004, 602 = FR 2004, 756 m. Anm. Kempermann, unter 1.a mwN. 2 BFH v. 16.12.1998 – I R 138/97, BStBl. II 1999, 437 = FR 1999, 756 m. Anm. Kempermann, unter II.2.a mwN. 3 BFH v. 28.7.1993 – I R 15/93, BStBl. II 1994, 148 = FR 1994, 58 m. Anm. Kempermann, unter II.2.b. 4 BFH v. 23.1.1991 – I R 22/90, BStBl. II 1991, 554, unter II.2.c. 5 Umfassend Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 10 AO Rz. 14 ff. (Stand: Januar 2016). 6 Dazu BFH v. 16.12.1998 – I R 138/97, BStBl. II 1999, 437 = FR 1999, 756 m. Anm. Kempermann, unter II.2.a. 7 Selder in Glanegger/Güroff9, § 14b GewStG Rz. 2; Sailer Khuepach in Bergemann/Wingler, § 14b GewStG Rz. 3.

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§ 15 Pauschfestsetzung Wird die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer in einem Pauschbetrag festgesetzt, so kann die für die Festsetzung zuständige Behörde im Einvernehmen mit der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde auch den Steuermessbetrag in einem Pauschbetrag festsetzen. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

3

III. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften der AO und FGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4 4

B. Voraussetzungen und Rechtsfolgen . . . . .

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I. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . 1. Pauschale Festsetzung der ESt bzw. KSt als notwendige Voraussetzung . . . . . . . . . . 2. Pauschale Festsetzung nach § 34c Abs. 5 EStG und § 26 Abs. 1 KStG . . . . . . . . . .

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3. Pauschale Festsetzung nach § 50 Abs. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Pauschale Festsetzung nach der Verordnung zur Vereinfachung des Verfahrens bei Steuernachforderungen v. 28.7.1941 . . 5. Zustimmung der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde . . . . . . II. Rechtsfolge: Ermessensentscheidung mit Zustimmungsvorbehalt . . . . . . . . . . . 1. Festsetzung des GewSt-Messbetrags in einem Pauschbetrag . . . . . . . . . . . . . 2. Ermessen der für die Festsetzung zuständigen Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 16 17 18 18 19

12

Verwaltungsanweisung: R 15.1 GewStR 2009.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 15 GewStG ermöglicht die Festsetzung des GewSt-Messbetrags in einem Pauschbetrag. Dabei ist 1 § 15 GewStG keine selbstständige Grundlage für die Pauschalierung des Messbetrags, sondern setzt die pauschale Festsetzung der ESt oder KSt voraus (Rz. 11). Der eingeschränkte Anwendungsbereich besteht fast ausschließlich für Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten (Rz. 12 bis 16). Die Ermittlung des GewSt-Messbetrags erfolgt grds. nach den materiell-rechtlichen Grundlagen der 2 §§ 6–11 GewStG. Abweichend davon ist der GewSt-Messbetrag unter den speziellen Voraussetzungen des § 15 GewStG in einem „niedrigeren“ Pauschbetrag festzusetzen (Rz. 11 ff.). In der Praxis ist die Anwendung der Pauschbetragsfestsetzung selten. Die pauschale Festsetzung von Steuern (zB § 34c Abs. 5, § 50 Abs. 4 EStG, § 15 GewStG) ist teils wirtschaftspolitisch motiviert (zB § 50 Abs. 4 EStG, Rz. 15) und dient teils auch der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens.

II. Rechtsentwicklung Die Pauschalfestsetzung des GewSt-Messbetrags war bereits in § 15 des GewStG von 19361 enthalten. 3 Die Regelung wurde durch das GewStRechtsÄndG v. 27.12.19512 teilweise geändert. Fortan kam es für die Pauschbetragsfestsetzung nicht mehr auf das Einvernehmen des „Reichsministers des Innern oder der von ihm bestimmten Behörde“, sondern auf das „der Landesregierung oder der von ihr be-

1 GewStG v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. 2 Teiländerung durch Art. 1 Nr. 15 des G zur Änderung des GewStG v. 27.12.1951, BGBl. I 1951, 996.

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§ 15 Rz. 4 Pauschfestsetzung stimmten Behörde“ an. Die Teiländerung des § 15 GewStG ab dem EZ 1998 durch das UntStRFoG v. 29.10.19971 wurde nach der ersatzlosen Aufhebung der Gewerbekapitalsteuer2 notwendig.3

III. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 4 § 15 GewStG regelt eine besondere Form der Ermittlung des GewSt-Messbetrags. Deshalb sind die

allgemeinen Vorschriften zur Ermittlung des Messbetrags (§§ 6 bis 11 GewStG) nicht anwendbar. Insbesondere kommt die Berücksichtigung des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG nicht in Betracht. 5 Die Pauschalfestsetzung ist nicht mit einer Steuervereinbarung gleichzusetzen. Vereinbarungen über

die Festsetzung oder Erhebung eines Steueranspruchs sind – anders als tatsächliche Verständigungen über den Sachverhalt – wegen § 85 AO unzulässig.4 6 Die verfahrensrechtliche Festsetzung des Pauschbetrags erfolgt grds. auf Antrag nach § 14 GewStG

(iVm. mit Vorschriften der AO) durch GewSt-Messbescheid (Rz. 18). Die Pauschbetragsfestsetzung des GewSt-Messbetrags hat für jeden EZ zu erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn die Pauschalierung für mehrere Jahre nachzuholen ist.5 7 Kommt es nachträglich – durch eine geänderte Entscheidung – zu einer Pauschalierung der ESt oder

KSt, muss das FA von Amts wegen die Anwendung des § 15 GewStG prüfen. Ist bereits ein GewStMessbetrag festgesetzt, erfolgt die Änderung der Festsetzung nach § 35b GewStG. 2. Verhältnis zu Vorschriften der AO und FGO 8 Die hebeberechtigte Gemeinde ist nach § 184 Abs. 1 Satz 4 iVm. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO an die Pau-

schalierungsentscheidung der für die Festsetzung des GewSt-Messbescheids zuständigen Behörde (grds. das Betriebs-FA) gebunden (§ 14 GewStG Rz. 39 ff.). Insbesondere steht ihr hiergegen kein Rechtsbehelf zu (§ 14 GewStG Rz. 30 ff.). 9 Die Pauschalierungsentscheidung und eine Schätzungsbefugnis nach § 162 AO stehen selbstständig

nebeneinander. Die Anwendungsbereiche schließen sich nicht gegenseitig aus.6 10

Lehnt die zuständige Behörde die Festsetzung des GewSt-Messbetrags als Pauschbetrag ab, ist diese Entsch. durch das FG im Rahmen einer Verpflichtungsklage nur eingeschränkt (§ 102 FGO) überprüfbar.

B. Voraussetzungen und Rechtsfolgen I. Tatbestandsvoraussetzungen 1. Pauschale Festsetzung der ESt bzw. KSt als notwendige Voraussetzung 11

Notwendige Voraussetzung der Festsetzung des GewSt-Messbetrags in einem Pauschbetrag ist die pauschale Festsetzung der ESt oder KSt7 (s. Rz. 12 bis 16) Andernfalls kommt eine gewstl. Pauschalierung des GewSt-Messbetrags nicht in Betracht. Die pauschale Festsetzung der ESt oder KSt ist aber 1 Teiländerung durch Art. 4 Nr. 6 des G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590; zur erstmaligen Anwendung ab dem EZ 1998 § 36 Abs. 1 GewStG idF des UntStRFoG. 2 Aufhebung von § 12 und § 13 GewStG mit Wirkung zum EZ 1998 durch Art. 4 Nr. 8 des UntStRFoG v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. 3 § 15 GewStG idF des Art. 4 Nr. 6 und § 36 idF des Art. 4 Nr. 15 des UntStRFoG v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. 4 de Hesselle in Lenski/Steinberg, § 15 GewStG Rz. 12 (Stand: Juli 2013). 5 R 15.1 Satz 3 GewStR 2009. 6 Buciek in Beermann/Gosch, § 162 AO Rz. 11. 7 Zu den Fallgruppen vgl. R 15.1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 GewStR 2009.

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B. Voraussetzungen und Rechtsfolgen

Rz. 15 § 15

keine hinreichende Bedingung für eine Pauschalfestsetzung des GewSt-Messbetrags. Wegen der nach § 15 GewStG zu treffenden Ermessensentscheidung durch die für die Festsetzung des GewSt-Messbetrags zuständige Behörde kann der GewSt-Messbetrag – abweichend von der Pauschalfestsetzung der ESt oder KSt – auch aufgrund der Messbetragsermittlung nach §§ 6 bis 11 GewStG erfolgen. Anspruch besteht nur auf eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung (Rz. 19). Des Weiteren kommt die Festsetzung des GewSt-Messbetrags in einem Pauschbetrag nur bei Zustimmung durch die Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde in Betracht (Rz. 17). 2. Pauschale Festsetzung nach § 34c Abs. 5 EStG und § 26 Abs. 1 KStG Nach § 34c Abs. 1 EStG (§ 26 Abs. 1 KStG) können unbeschränkt StPfl., die im Ausland eine der 12 deutschen ESt oder KSt entsprechende Steuer bezahlt haben, diese auf die inländische Steuerschuld anrechnen, soweit sie auf die ausländischen Einkünfte (§ 34d EStG) entfällt. Unter den Voraussetzungen des § 34c Abs. 5 EStG kann die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche ESt in einem Pauschbetrag festgesetzt werden. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG gilt für unbeschränkt stpfl. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§ 1 Abs. 1 KStG) die Pauschalierungsmöglichkeit des § 34c Abs. 5 EStG entsprechend. Die Pauschfestsetzung nach § 34c Abs. 5 EStG setzt voraus, dass dies aus wirtschaftlichen Gründen zweckmäßig oder die Anwendung des § 34c Abs. 1 EStG (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG) besonders schwierig ist. Die Billigkeitsmaßnahme nach § 34c Abs. 5 EStG kommt insbes. in Betracht, wenn weder § 34c Abs. 6 EStG (DBA) noch § 34c Abs. 1 oder 2 EStG (Steueranrechnung) zu volkswirtschaftlich erwünschten Ergebnissen führen. Die Pauschalierung nach § 34c Abs. 5 EStG ist für gewstl. Zwecke jedoch nur eingeschränkt über- 13 tragbar. Für die Fallgruppe, das die Ermittlung der auf ausländische Einkünfte entfallenden deutschen ESt oder KSt besonders schwierig ist, besteht für eine pauschale Festsetzung des GewSt-Messbetrags kein sachlicher Anwendungsbereich. Für die Anrechnung ausländischer (Quellen-)Steuern fehlt im GewSt-Recht eine gesetzliche Grundlage.1 Für eine Pauschalierung des Messbetrags besteht auch dann keine Notwendigkeit, wenn in die (inländische) Gewinnermittlung einbezogene ausländische Einkünfte im Wege der Kürzungsvorschriften (§ 9 Nr. 2, 3, 7 und 8 GewStG) aus der Bemessungsgrundlage ausgenommen (freigestellt) werden. Wird die ESt oder KSt nach § 34c Abs. 5 EStG bzw. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG aus volkswirt- 14 schaftlichen Zweckmäßigkeitserwägungen pauschal festgesetzt, ist auch die pauschale Festsetzung des auf die ausländischen Einkünfte entfallenden GewSt-Messbetrags zulässig. Für gewstl. Zwecke ist die Pauschalierung in diesen Fällen aber der Natur der Sache nach ausgeschlossen, wenn die entsprechenden ausländischen Einkünfte – zB nach § 9 Nr. 3 oder 7 GewStG – nicht Teil des Gewerbeertrags sind.2 3. Pauschale Festsetzung nach § 50 Abs. 4 EStG Nach der Billigkeitsregelung des § 50 Abs. 4 EStG3 (bis VZ 2008: § 50 Abs. 7 EStG), ggf. iVm. § 8 15 Abs. 1 KStG, können die obersten FinBeh. der Länder mit Zustimmung des BMF die ESt oder KSt bei beschränkt StPfl. ua. in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt (ähnlich und in der Zielrichtung vergleichbar mit § 34c Abs. 5 EStG). Nach § 50 Abs. 4 Nr. 1 und 2 EStG besteht ein solches Interesse insbes. bei inländischen Veranstaltungen international bedeutsamer kultureller und sportlicher Ereignisse, um deren Ausrichtung ein internationaler Wettbewerb stattfindet (Nr. 1), oder bei inländischen Auftritten ausländischer Kulturvereinigungen, wenn

1 de Hesselle in Lenski/Steinberg, § 15 GewStG Rz. 7 (Stand: Juli 2013); Ley in Deloitte, § 15 GewStG Rz. 4; Selder in Glanegger/Güroff9, § 15 GewStG Rz. 3; zur Frage der Zuständigkeit einer etwaigen Anrechnung ausländischer Quellensteuern auf die deutsche GewSt vgl. BVerwG v. 12.8.2014 – 9 B 23.14, HFR 2014, 1117. 2 Frotscher/Drüen, § 15 GewStG Rz. 8. 3 Neuregelung des § 50 Abs. 4 EStG durch Art. 1 Nr. 35 des JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794; zur zeitlichen Anwendung § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG idF des JStG 2009; Teiländerung des § 50 Abs. 4 durch Art. 1 Nr. 34 Buchst. b des JStG 2010 v. 8.12.2010, BGBl. I 2010, 1768; Teiländerung des § 50 Abs. 4 durch Art. 3 Nr. 9 des StÄndG 2015 v. 2.11.2015, BGBl. 2015, 1834.

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§ 15 Rz. 16 Pauschfestsetzung ihr Auftritt wesentlich aus öffentlichen Mitteln gefördert wird (Nr. 2).1 Die Pauschalierung des GewSt-Messbetrags kommt aber nur dann in Betracht, wenn dabei eine inländische Betriebsstätte begründet wird. Werden ausländische Einkünfte indes nicht in die inländische Bemessungsgrundlage einbezogen (§ 9 Nr. 3 GewStG), besteht für eine Pauschalierung insoweit keine Notwendigkeit. 4. Pauschale Festsetzung nach der Verordnung zur Vereinfachung des Verfahrens bei Steuernachforderungen v. 28.7.1941 16

Eine Festsetzung der ESt in einem Pauschbetrag und folglich auch eine Pauschfestsetzung nach § 15 GewStG kommt bei Anwendung der „Verordnung zur Vereinfachung des Verfahrens bei Steuernachforderungen“ (StNFoV)2 in Betracht. Voraussetzung ist die Nachholung von Steuern aufgrund einer Änderungsfestsetzung. Sie gilt nicht für die erstmalige Veranlagung einer Steuer.3 Die praktische Bedeutung dieser RechtsVO ist gering, nachdem die meisten Länder diese nicht mehr anwenden. 5. Zustimmung der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde

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Die Festsetzung des GewSt-Messbetrags in einem Pauschbetrag setzt – anstelle der nach § 34c Abs. 5 oder § 50 Abs. 4 EStG geforderten Zustimmung des BMF – die Zustimmung der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde4 voraus. Die Zustimmung ist grds. vor Bekanntgabe des GewSt-Messbescheids, in dem der GewSt-Messbetrag in einem Pauschbetrag festgesetzt werden soll, einzuholen. Die Zustimmung ist eine Mitwirkungshandlung im Rahmen eines mehrstufigen Verwaltungsverfahrens. Die behördliche Zustimmung ist eine verwaltungsinterne Erklärung (ohne Außenwirkung) gegenüber der für die Entsch. über den GewSt-Messbescheid zuständigen Behörde. Eine fehlende Zustimmung führt zur Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Unwirksamkeit der GewSt-Messbetragsfestsetzung in einem Pauschbetrag. Die Zustimmung durch die Landesregierung kann auch durch einen allgemeingültigen (Ministerial-)Erlass des zuständigen Ressorts erfolgen.5

II. Rechtsfolge: Ermessensentscheidung mit Zustimmungsvorbehalt 1. Festsetzung des GewSt-Messbetrags in einem Pauschbetrag 18

Die Festsetzung des GewSt-Messbetrags in einem Pauschbetrag erfolgt durch einen GewSt-Messbescheid (§ 14 GewStG Rz. 12 ff.). Für jeden EZ ist eine eigenständige Festsetzung durchzuführen. 2. Ermessen der für die Festsetzung zuständigen Behörde

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Die Entsch., ob und in welchem Umfang von der Möglichkeit der Pauschfestsetzung nach § 15 GewStG Gebrauch gemacht wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen der für die Festsetzung des GewSt-Messbetrags zuständigen Behörde (§ 14 GewStG Rz. 12 f.). Gegenüber der Pauschalierung der ESt oder KSt handelt es sich um eine eigenständige Ermessensentscheidung. Anspruch besteht nur auf eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung. Hat die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Behörde der Festsetzung des GewSt-Messbetrags in einem Pauschbetrag zugestimmt (Rz. 17), muss eine davon abweichende Entscheidung der den Messbetrag festsetzenden Behörde besondere Ermessensgründe erkennen lassen.

Bsp. Gosch in Kirchhof17, § 50 EStG Rz. 31. RechtsVO v. 28.7.1941, RGBl. I 1941, 489. BFH v. 2.2.1954 – I 166/53 U, BStBl. III 1954, 114. ZB Vfg. der OFD Hannover v. 11.10.1976 – G 1437 - 12 - StO 212, juris; § 34 der Bay. ZuständigkeitsVO v. 16.6.2015, GVBl. 2015, 184. 5 Vgl. zB Erl. des FinMin. NRW v. 10.3.1966 – S 1301 - Japan 2 - V B 1, juris. 1 2 3 4

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Abschnitt V Entstehung, Festsetzung und Erhebung der Steuer

§ 16 Hebesatz (1) Die Steuer wird auf Grund des Steuermessbetrags (§ 14) mit einem Prozentsatz (Hebesatz) festgesetzt und erhoben, der von der hebeberechtigten Gemeinde (§§ 4, 35a) zu bestimmen ist. (2) Der Hebesatz kann für ein Kalenderjahr oder mehrere Kalenderjahre festgesetzt werden. (3) 1Der Beschluss über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahrs mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahrs zu fassen. 2Nach diesem Zeitpunkt kann der Beschluss über die Festsetzung des Hebesatzes gefasst werden, wenn der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet. (4) 1Der Hebesatz muss für alle in der Gemeinde vorhandenen Unternehmen der gleiche sein. 2Er beträgt 200 Prozent, wenn die Gemeinde nicht einen höheren Hebesatz bestimmt hat. 3Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, so kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen. 4In den Fällen des Satzes 3 sind die §§ 28 bis 34 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle mehrerer Gemeinden die Gebietsteile der Gemeinde mit verschiedenen Hebesätzen treten. (5) In welchem Verhältnis die Hebesätze für die Grundsteuer der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für die Grundsteuer der Grundstücke und für die Gewerbesteuer zueinander stehen müssen, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen und inwieweit mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde Ausnahmen zugelassen werden können, bleibt einer landesrechtlichen Regelung vorbehalten. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

3

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

4

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

5

B. Hebesatz und Besteuerungsverfahren (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Festsetzung des Hebesatzes . . . . . . . . . . II. Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Festsetzung der Gewerbesteuer . . . . . . a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . b) Gewerbesteuerbescheid . . . . . . . . c) Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . 2. Erhebung der Gewerbesteuer . . . . . . . 3. Vollstreckung der Gewerbesteuer . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

6 6 10 10 10 11 15 16 21

C. Gültigkeitszeitraum des Hebesatzes (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

D. Fristen für die Hebesatzfestsetzung (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

E. Gleichheit des Hebesatzes und Mindesthebesatz (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . .

25

I. Gleichheit des Hebesatzes (Abs. 4 Satz 1) .

25

II. Mindesthebesatz (Abs. 4 Satz 2) . . . . . .

27

III. Hebesätze bei Gebietsreformen (Abs. 4 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

IV. Entsprechende Anwendung der Zerlegungsvorschriften bei Gebietsreformen (Abs. 4 Satz 4) . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

F. Koppelungsvorschriften und Höchsthebesatz (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . .

31

Literatur: Flies, Entspricht die im Laufe eines Kalenderjahres angeordnete Erhöhung der Hebesätze der Gewerbesteuer dem Grundgesetz?, FR 1994, 248; Fromme, Nachfolgeregelung für die Gewerbesteuer – Der dritte Weg, ZRP 2003, 198; Walz/Süß, Verfassungswidrigkeit der gewerbesteuerlichen Änderungen durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz? – Gemeinde und Unternehmer als Spielball des Gesetzgebers, DStR 2003, 1637; Otting, Verfassungsrechtliche Grenzen der Bestimmung des Gewerbesteuerhebesatzes durch Bundesgesetz, DB 2004, 1222; Selmer/ Hummel, Verfassungsgerechte Pflicht der Gemeinden zur Erhebung von Gewerbesteuer? – Überlegungen auf der Grundlage des BVerfG-Beschlusses vom 25.1.2005, NVwZ 2006, 14; Suck, Das Auskunfts- und Teilnahmerecht der Gemeinden nach § 21 Abs. 3 FVG am Beispiel der Gewerbesteuer, DStZ 2009, 402; Faber/Figatowski, Grenzen,

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§ 16 Rz. 1 Hebesatz Chancen und interkommunale Kooperation: Die kommunalen Rechte in der Realsteuerverwaltung, KommJur 2013, 212; Lange, Der Kampf um die Hebesätze, NVwZ 2015, 695; Tietze, Sanierungsgewinn und Gewerbesteuer – Abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags in Sanierungsfällen?, DStR 2016, 1306.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 16 GewStG enthält mehrere Regelungsgegenstände, die das Gewerbesteuerrecht maßgeblich prä-

gen. Einerseits befassen sich die Abs. 1 bis 5 mit dem Hebesatz. Dessen Festsetzung ist den Gemeinden verfassungsrechtlich garantiert (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 und Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG). § 16 GewStG gestaltet diese Garantie aus und legt inhaltliche Rahmenbestimmungen für Hebesätze fest. Darüber hinaus stellt Abs. 1 klar, dass die Gewerbesteuer durch Anwendung des Hebesatzes auf den Steuermessbetrag (§ 14 GewStG) festgesetzt und erhoben wird, benennt somit den letzten Abschnitt des zweistufigen Besteuerungsverfahrens (s. § 4 GewStG Rz. 19). 2 Der Hebesatz entscheidet unmittelbar darüber, wie hoch die tatsächliche Steuerbelastung eines Ge-

werbe- oder Reisegewerbebetriebs in der jeweiligen Gemeinde ist. Zusammen mit dem Steuermessbetrag bildet der Hebesatz den Steuertarif. Anders als im ersten Teil des Gewerbesteuerverfahrens (Ermittlung des Steuermessbetrags durch die Landesfinanzbehörden) ist die Bestimmung des Hebesatzes nicht bundeseinheitlich. § 16 GewStG gibt lediglich einen Rahmen zur Bestimmung des Hebesatzes vor, innerhalb dessen den einzelnen Gemeinden grundsätzlich ein weiter, jedoch nicht unbegrenzter Ermessensspielraum zusteht.1 In der Praxis spielt die Frage des Hebesatzes eine bedeutende Rolle sowohl für Gewerbetreibende als auch für Gemeinden, deren wichtigste originäre Einnahmequelle die Gewerbesteuer ist. Die verfassungsrechtliche Selbstverwaltungshoheit führt im Rahmen der Gewerbesteuer zu einem Steuerwettbewerb.2 Gemeinden können sich durch Bestimmung eines entsprechenden Hebesatzes von anderen Gemeinden absetzen und hierdurch versuchen, die Ansiedlung von Gewerbebetrieben zu fördern. Zugleich bietet eine Erhöhung des Hebesatzes – unter Beachtung der haushalts- und verfassungsrechtlichen Vorgaben – ein Mittel zur Finanzierung einer hochwertigen Infrastruktur. Es findet somit Konkurrenz zwischen den Kommunen statt, wenngleich „Steueroasen“ mit sehr niedrigen Hebesätzen oder sogar einem generellen Verzicht auf die Erhebung von Gewerbesteuer mittlerweile durch den Gesetzgeber ausgeschlossen wurden (s. Rz. 27). Die aus dem Hebesatzrecht folgende unterschiedliche Belastung von Gewerbetreibenden im Bundesgebiet führt teilweise zu Kritik.3 Die noch vor wenigen Jahren diskutierte Abschaffung der Gewerbesteuer4 wird derzeit jedoch nicht mehr weiter verfolgt.5

II. Anwendungsbereich 3 Die Regelungen des § 16 GewStG knüpfen ausdrücklich an die Hebeberechtigung der Gemeinden

iSd. §§ 4 und 35a GewStG an. Die Vorschrift findet daher sowohl bei stehenden Gewerbebetrieben als auch bei Reisegewerbebetrieben Anwendung. Die Terminologie ist insoweit unscharf. Hebeberechtigung ist nach R 4.1 GewStR 2009 das Recht einer Gemeinde, den Gewerbesteueranspruch unmittelbar dem Steuerpflichtigen gegenüber geltend zu machen, wenn ihr die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer durch ein Landesgesetz übertragen ist. In den Flächenstaaten sowie Berlin und Hamburg fand eine derartige Übertragung statt bzw. ist sie entbehrlich, da die Gebietskörperschaften Land und Gemeinde identisch sind (s. § 4 GewStG Rz. 1). Im Bundesland Bremen fand eine Übertragung auf die Gemeinden dagegen nicht statt. Die Gemeinden Bremen und Bremerhaven wä1 BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04 und 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 16. 2 BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04 und 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141. 3 Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 18; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 5. 4 S. zB BT-Drucks. 15/2349; Fromme, ZRP 2003, 198. 5 S. zB Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 18.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 5 § 16

ren damit nach der Definition der R 4.1 GewStR 2009 nicht hebeberechtigt und somit auch nicht befugt, einen Hebesatz gem. § 16 GewStG festzusetzen. In der Praxis ist die Kompetenz Bremens und Bremerhavens zur Festsetzung eines Hebesatzes jedoch unbestritten.

III. Rechtsentwicklung Das GewStG v. 1.12.1936 enthielt in § 16 GewStG bereits Regelungen zum Hebesatz.1 Grundsätzlich 4 musste der Hebesatz für alle Gewerbebetriebe gleich sein, Ausnahmen waren aber bei Zweigstellen möglich. Die Bestimmungen zu den Hebesätzen wurden durch die §§ 2 bis 6 des Einführungsgesetzes zu den Realsteuergesetzen v. 1.12.1936 ergänzt.2 Nach § 3 konnten zB Einrichtungen, die eine Mehrbelastung der Gemeinde verursachen, mit einem höheren Hebesatz belastet werden. Durch das Vermögensteuerreformgesetz v. 17.4.1974 wurden das EinfGRealStG aufgehoben und die Regelungen zum Hebesatz vollständig in § 16 GewStG integriert.3 Im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 1979 v. 30.11.1978 erfolgte eine redaktionelle Anpassung aufgrund des Wegfalls der Lohnsummensteuer in Abs. 5 durch Streichung der Worte „nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital“.4 Ab dem EZ 1998 entfiel die Gewerbekapitalsteuer, sodass das Wort „einheitlichen“ vor „Steuermessbetrag“ in Abs. 1 durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform v. 29.10.1997 gestrichen wurde.5 Das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze v. 23.12.2003 legte in § 16 Abs. 4 GewStG einen Mindesthebesatz iHv. 200 % fest.6 Der Mindesthebesatz ist ab dem EZ 2004 zu berücksichtigen.7 Durch das Jahressteuergesetz 2007 v. 13.12.2006 wurden in Abs. 1 „Hundertsatz“ durch „Prozentsatz“ und in Abs. 4 Satz 2 „vom Hundert“ durch „Prozent“ ersetzt.8 Die letzte inhaltliche Änderung erfuhr die Vorschrift durch das Jahressteuergesetz 2009 v. 19.12.2008.9 Durch den neu eingefügten Abs. 4 Satz 4 wurden die Zerlegungsvorschriften der §§ 28 bis 34 GewStG für unterschiedliche Hebesätze infolge von Gemeindegebietsänderungen iSd. Abs. 4 Satz 3 für entsprechend anwendbar erklärt. Die Regelung gilt seit dem EZ 2009.10

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften § 16 GewStG ergänzt die §§ 1, 4 und 35a GewStG. Während § 1 GewStG den Charakter der Gewerbe- 5 steuer als Gemeindesteuer unterstreicht und die §§ 4 und 35a GewStG Regelungen darüber enthalten, welche Gemeinde im Einzelfall hebeberechtigt ist, vervollständigt § 16 GewStG diese Struktur mit Bestimmungen, wie die Hebeberechtigung konkret ausgeübt werden kann. Zugleich stellt die Vorschrift die einfachgesetzliche Ausgestaltung von Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG im Bereich der GewSt dar.11

1 § 16 GewStG v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. 2 §§ 2–6 Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen v. 1.12.1936 (EinfGRealStG), RGBl. I 1936, 961. 3 Art. 9 Abs. 1 Nr. 4 und Art. 3 Nr. 9 Vermögensteuerreformgesetz v. 17.4.1974, BGBl. I 1974, 949 = BStBl. I 1974, 233. 4 Art. 2 Nr. 10 StÄndG1979 v. 30.11.1978, BGBl. I 1978, 1849 = BStBl. I 1978, 479. 5 Art. 4 Nr. 6 G zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590 = BStBl. I 1997, 928. 6 Art. 2 Nr. 5 G zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze v. 23.12.2003, BGBl. I 2003, 2922 = BStBl. I 2004, 20. 7 Art. 36 Abs. 1 GewStG idF des G zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 23.12.2003, BGBl. I 2003, 2840 = BStBl. I 2004, 14. 8 Art. 5 Nr. 7 JStG 2007 v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878 = BStBl. I 2007, 28. 9 Art. 4 Nr. 5 JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. 10 § 36 Abs. 1 GewStG idF des JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. 11 BVerwG v. 27.10.2010 – 8 C 43/09, NVwZ 2011, 424.

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§ 16 Rz. 6 Hebesatz

B. Hebesatz und Besteuerungsverfahren (Abs. 1) I. Festsetzung des Hebesatzes 6 Den Gemeinden ist die Festsetzung der Realsteuerhebesätze im Rahmen der Gesetze verfassungs-

rechtlich garantiert (Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG). § 16 Abs. 1 GewStG ermächtigt als einfachgesetzliche Umsetzung dieser Vorgabe die hebeberechtigen Gemeinden zur Bestimmung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer. Das hierbei zu berücksichtigende Verfahren wird durch Vorgaben in den Abs. 2 bis 5 weiter konkretisiert, jedoch nicht abschließend geregelt. Ergänzend sind auch haushalts- und gemeinderechtliche Regelungen zu beachten. 7 Hebesatz ist ein Prozentsatz, mit dem der von der Finanzverwaltung ermittelte Gewerbesteuermess-

betrag (s. § 14 GewStG Rz. 9 ff.) vervielfältigt und so die Gewerbesteuerschuld ermittelt wird, dient mithin als Steuersatz. Mit der Festsetzung des Hebesatzes wird materielles Steuerrecht geschaffen.1 Festsetzungsberechtigt sind ausschließlich die hebeberechtigten Gemeinden (s. §§ 4, 35a GewStG). Wird kein Hebesatz festgesetzt, gilt der Mindesthebesatz des § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG (s. Rz. 27). 8 Die Form des Rechtsakts richtet sich nach dem Landesrecht. In den Flächenstaaten ist hierfür eine

vom Gemeinderat beschlossene und öffentlich bekannt gemachte Satzung notwendig. In der Regel wird die Festsetzung des Hebesatzes Teil der Haushaltssatzung sein.2 Es kann aber auch eine eigenständige Satzung über die Realsteuerhebesätze erlassen werden.3 In letzterem Fall ist eine etwaige Nennung der Hebesätze in der Haushaltssatzung rein deklaratorisch.4 Ein Gemeinderatsmitglied ist bei der Beschlussfassung nicht allein befangen, weil es selbst der GewStPfl. unterliegt.5 In den Stadtstaaten fallen Bundesland und Gemeindegebiet zusammen, sodass die Bestimmung idR im Rahmen eines Haushaltsgesetzes oder eines Hebesatzgesetzes getroffen wird.6 Bremen nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als das Land aus zwei Gemeinden besteht (s. Rz. 3). Dementsprechend sind auch zwei Rechtsakte zur Festsetzung der Hebesätze erforderlich.7 9 Grundsätzlich steht der Gemeinde hinsichtlich der Bestimmung des Hebesatzes ein weiter Ermessen-

spielraum zu.8 Einschränkungen ergeben sich zum einen aus § 16 Abs. 2 bis 5 GewStG (s. Rz. 22 ff.), zum anderen aus haushalts- und verfassungsrechtlichen Grundsätzen.9 Trotz der finanziellen Eigenverantwortung kann die Kommunalaufsicht Beschlüsse der Gemeinden über die Senkung des Hebesatzes uU aufheben – dies insbesondere dann, wenn eine Haushaltsnotlage zu verzeichnen ist und Haushaltssicherungskonzepte keinen vernünftigen Ausgleich der Einnahmeverluste aufzeigen.10 Eine Anfechtung der Hebesatzfestsetzung ist – soweit landesrechtlich zulässig – mittels abstrakter Normenkontrolle oder incidenter im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Gewerbesteuerbescheid möglich.11

1 BVerfG v. 21.12.1966 – 1 BvR 33/64, BVerfGE 21, 54. 2 S. zB Art. 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GO Bay.; Art. 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GO NRW. 3 OVG NW v. 6.8.1990 – 22 A 57/89, NVwZ 1991, 1208 (rkr.); VGH Bay. v. 21.2.2006 – 4 ZB 05.1169, BeckRS 2007, 23039 für die GrSt (rkr.); Art. 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 GO Ba.-Wü. sieht die Wahl einer gesonderten Satzung zB ausdrücklich vor. 4 OVG NW v. 6.8.1990 – 22 A 57/89, NVwZ 1991, 1208 (rkr.). 5 Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 14. 6 § 4 HG 16/17, Berlin GVBl. 2015, 570; § 1 RealStHFestG HA 2015, HmbGVBl. 2015, 320. 7 § 1 OrtsG Hebesätze GewStGrSt HJ 2016 Bremerhaven, BremGBl. 2015, 626; § 1 OrtsG über Hebesätze für GewSt und GrSt v. 2.12.2003 Bremen, BremGBl. 2003, 391. 8 BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04 und 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141. 9 Zum Subsidiaritätsprinzip und Erdrosselungswirkung bei Realsteuerhebesätzen s. Lange, NVwZ 2015, 695; Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 39; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 16 GewStG Rz. 11 f. 10 BVerwG v. 27.10.2010 – 8 C 43/09, NVwZ 2011, 424. 11 Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 31; Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 46f.

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B. Hebesatz und Besteuerungsverfahren (Abs. 1)

Rz. 13 § 16

II. Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer 1. Festsetzung der Gewerbesteuer a) Zuständigkeit Nach § 16 Abs. 1 GewStG wird die Steuer aufgrund des Steuermessbetrags mit dem Hebesatz fest- 10 gesetzt und erhoben. Die Zuständigkeit für den zweiten Teil des Besteuerungsverfahrens richtet sich nach der landesrechtlichen Kompetenzverteilung (s. § 4 GewStG Rz. 19). In den Flächenstaaten wurden die Festsetzung und die Erhebung gem. Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG den hebeberechtigten Gemeinden übertragen.1 In Berlin und Hamburg fallen Gebietskörperschaft Land und Gemeinde zusammen, sodass die Verwaltung weiterhin den Landesfinanzbehörden obliegt (Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG). Bremen nimmt eine Sonderstellung ein. Das Bundesland besteht aus zwei Gemeinden und die Verwaltung der Gewerbesteuer wurde den Landesfinanzbehörden zugewiesen.2 b) Gewerbesteuerbescheid Die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer richtet sich grundsätzlich nach den Verfahrens- 11 vorschriften der AO, unabhängig davon, ob die Verwaltung der Realsteuern den Landesfinanzbehörden (§ 1 Abs. 1 AO) oder den Gemeinden (§ 1 Abs. 2 AO) zugewiesen ist. Festgesetzt wird die Gewerbesteuer mittels schriftlichem Steuerbescheid (§ 155 iVm. § 157 Abs. 1 Satz 1 AO). Dieser muss neben einer Rechtsbehelfsbelehrung die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet (§ 157 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO). Ein Steuerbescheid setzt für seine Wirksamkeit zwingend eine ordnungsgemäße Bekanntgabe voraus (§ 155 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Für die Bekanntgaben des GewSt-Bescheids gelten die Vorgaben des § 122 AO.3 Der GewSt-Bescheid basiert auf dem Messbescheid (§ 14 GewStG iVm. § 184 AO) bzw. im Zerlegungs- 12 verfahren auf dem Zerlegungsbescheid (§ 185 ff. AO). Er ist daher Folgebescheid iSd. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO. Herrscht Streit über die Zerlegung, kann ein Zuteilungsbescheid (§ 190 Satz 1 AO) erlassen werden. Messbescheid, Zerlegungsbescheid und Zuteilungsbescheid werden der Gemeinde vom FA mitgeteilt und sind Grundlagenbescheide. Als solche haben sie Bindungswirkung, unabhängig von ihrer Bestandskraft (§ 184 Abs. 1 Satz 4 iVm. § 182 Abs. 1 AO). Als Ausgleich für die Bindung an die Grundlagenbescheide und das Fehlen eines Rechtsmittels der Gemeinden gegen Messbescheide wurden diese durch § 21 Abs. 3 FVG ermächtigt, durch eigene Bedienstete an Außenprüfungen der staatlichen FA teilzunehmen, soweit es sich um Betriebsstätten im Gemeindegebiet handelt.4 In der Praxis nehmen trotz spürbaren Mehrgewinns wenige Kommunen ihre Teilnahmerechte wahr oder unterhalten gar eine kommunale Betriebsprüfung.5 Ohne einen entsprechenden GewSt-Messbescheid darf die Gemeinde idR keinen GewSt-Bescheid er- 13 lassen.6 Liegt ein GewSt-Messbescheid vor, so muss auch die Gemeinde grundsätzlich einen GewStBescheid erlassen.7 Wird der Grundlagenbescheid geändert oder aufgehoben, ist auch der GewSt-Bescheid zu ändern oder aufzuheben, selbst dann, wenn er bereits bestandskräftig sein sollte (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Inhaltlich kann die Gemeinde von den im Messbescheid oder Zerlegungsbescheid getroffenen Feststellungen nicht abweichen. Hierzu gehören die Höhe des Messbetrags, die Bestimmung des Steuerschuldners, der Zeitraum der Steuerpflicht oder der Zerlegungsanteil. Der vom FA übermittelte Gewerbesteuermessbetragsbescheid bestimmt nicht mit bindender Wirkung

1 2 3 4

S. für eine Auflistung der Landesgesetze Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 63. § 2 Bremisches Abgabengesetz v. 15.5.1962, BremGBl. 1962, 139. S. im Einzelnen Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 71 ff. AO. BVerwG 27.1.1995 – 8 C 30.92, BStBl. II 1995, 522; kritisch zur Beteiligung von Kommunen an Außenprüfungen Suck, DStZ 2009, 402. 5 Faber/Figatowski, KommJur 2013, 212; bei der Landeshauptstadt München sind Mehreinnahmen von durchschnittlich ca. 1,6 Mio. Euro pro Jahr und Betriebsprüfer zu verzeichnen, Revisionsamt Prüfbericht v. 5.10.2012, abrufbar unter www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/2960775.pdf (Abruf: 6.9.2018). 6 Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 66; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 36. 7 BFH v. 4.10.1996 – I B 54/96, BStBl. II 1997, 136; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 35.

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§ 16 Rz. 14 Hebesatz die hebeberechtigte Gemeinde.1 Die Bestimmung hat vielmehr in eigener Zuständigkeit zu erfolgen. Die Bindungswirkung setzt sich auch bei einer Aussetzung der Vollziehung fort (§ 361 Abs. 3 Satz 1 AO). Wurde eine Sicherheitsleistung bei der Aussetzung des Grundlagenbescheids nicht ausdrücklich ausgeschlossen, kann die für den Folgebescheid zuständige Behörde eine solche fordern (§ 361 Abs. 3 Satz 3 AO). 14

Die Festsetzungsverjährung richtet sich sowohl in den Stadtstaaten als auch den Flächenstaaten nach §§ 169 ff. AO. Nach Ablauf der Frist ist eine Festsetzung der GewSt nicht mehr zulässig, führt jedoch nicht zur Nichtigkeit des Bescheids (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Die grundsätzlich vierjährige Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die GewSt-Erklärung eingereicht wurde oder aber, sofern dies nicht geschieht, mit Ablauf des dritten dem Kalenderjahr der Entstehung der Steuer folgenden Kalenderjahrs (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Da der GewSt-Messbescheid Grundlagenbescheid ist, läuft die Frist nach § 171 Abs. 10 AO nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des GewSt-Messbescheids ab. Wird der Grundlagenbescheid aufgehoben bzw. geändert, beginnt die Frist von neuem zu laufen.2 c) Rechtsmittel

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Wird der GewSt-Bescheid von den Landesfinanzbehörden erlassen, so richtet sich der Rechtsweg nach der FGO bzw. der AO. Es ist Einspruch nach § 347 ff. AO und bei Erfolglosigkeit Klage (§§ 40 ff., 63 ff. FGO) bzw. Revision (§§ 115 ff. FGO) bei den FG einzulegen. Die Rechtsmittel decken sich mit denen gegen den Gewerbesteuermessbescheid (s. § 14 GewStG Rz. 30 ff.). In den Flächenstaaten ist dagegen, sofern vorhanden, das Widerspruchsverfahren (§ 68 VwGO) und im Anschluss der Verwaltungsrechtsweg nach der VwGO (§§ 40 ff. und 81 ff., 124 ff. und 132 ff. VwGO) zu beschreiten.3 Auf dem Verwaltungsrechtsweg können jedoch nur Einwände gegen die Festsetzung der GewSt, nicht gegen den GewSt-Messbetrag vorgebracht werden.4 2. Erhebung der Gewerbesteuer

16

Die Differenzierung nach der Verwaltungskompetenz (s. Rz. 10) setzt sich auch bei der in § 16 Abs. 1 GewStG weiter genannten Erhebung fort. Entweder sind hierfür die FA (Stadtstaaten) oder die Gemeinden (Flächenstaaten) zuständig. Das Verfahren unterliegt unabhängig von der Zuständigkeit stets den Vorschriften der §§ 218 ff. AO (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 5 AO). Nachfolgende Ausführungen treffen daher sowohl auf die Verwaltung durch die FA als auch durch die Gemeinde zu.

17 Für die Zahlungsverjährung sind daher die §§ 228 ff. AO maßgeblich. Ein festgesetzter Gewerbesteu-

eranspruch verjährt nach fünf Jahren (§ 228 Satz 2 AO). Die Frist beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO). Gründe für eine Verjährungshemmung oder -unterbrechung sind abschließend in §§ 230 und 231 AO niedergelegt. Nach Ablauf der Verjährungsfrist geht der GewSt-Anspruch einschließlich der von ihm abhängigen Zinsen unter (§ 232 AO). 18 Stundungen richten sich nach § 222 AO und Entscheidungen hierüber ergehen stets gebührenfrei.5

Voraussetzung für eine Stundung ist, dass die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. In der Verwaltungspraxis setzen Stundungen idR eine Antrag voraus und es wird eine Sicherheitsleistung gefordert (§ 222 Abs. 1 Satz 2 AO). Werden GewSt-Ansprüche gestundet, so sind für das Hinausschieben der Fälligkeit Stundungszinsen nach § 234 Abs. 1 Satz 1 AO zu erheben. Auf die Zinserhebung kann aus Billigkeitsgründen verzichtet werden (§ 234 Abs. 1 Satz 2 AO).6

1 BFH v. 19.11.2003 – I R 88/02, BStBl. II 2004, 751 = FR 2004, 588; die frühere Rspr. vertrat eine aA, s. zB BFH v. 14.11.1984 – I R 151/80, BStBl. II 1985, 607; kritisch Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 67. 2 S. auch Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 85. 3 Das Widerspruchsverfahren ist zB in Bayern fakultativ (Art. 15 AGVwGO BAY). 4 Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 90; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 16 GewStG Rz. 4. 5 BVerwG v. 20.8.1986 – 8 C 89.84, NVwZ 1987, 55. 6 S. hierzu Nr. 11 AEAO zu § 234.

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C. Gültigkeitszeitraum des Hebesatzes (Abs. 2)

Rz. 22 § 16

Eine in der Praxis bedeutsame Billigkeitsmaßnahme ist der Erlass. Dieser richtet sich nach § 227 AO 19 und erlaubt den vollständigen oder teilweisen Erlass von GewSt-Forderungen, sofern deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Liegen die Voraussetzungen eines Erlasses vor und es wurden bereits Zahlungen auf die Forderung geleistet, ist auch eine Erstattung oder Anrechnung möglich (§ 227 AO). Ein Erlass kann von Amts wegen gewährt werden, ein Antrag ist nicht zwingend erforderlich, wenngleich anzuraten.1 Die erforderliche Unbilligkeit kann sich entweder aus sachlichen oder persönlichen Gründen ergeben.2 Eine Unbilligkeit kann dagegen nicht aus unterlassenen sozialoder wirtschaftspolitischen Maßnahmen oder der niedrigeren Hebesatzbelastung in Nachbargemeinden hergeleitet werden.3 Wesentliche Bedeutung erlangen Erlässe bei Unternehmenssanierungen.4 Hier ist eine umfassende Abstimmung aller beteiligten Gemeinden erforderlich, wobei weder Finanzamtsmitteilungen noch das hierzu ergangene BMF-Schreiben v. 27.3.2002 Bindungswirkung für die Kommunen entfalten.5 Zur Vermeidung unterschiedlicher Entscheidungen und damit Verhinderung wünschenswerter Sanierungen haben manche Gemeinden eine entsprechende Anwendung des BMF-Schreibens mit Gemeinderatsbeschluss festgelegt.6 Zu unterscheiden ist der Erlass im Festsetzungs- und Erhebungsverfahren von dem Erlass im Rahmen des Verfahrens zur Festsetzung des Messbetrags. Eine Entscheidung des FA über einen Erlass auf der ersten Ebene des Besteuerungsverfahrens (§ 184 Abs. 2 Satz 1 AO) hat keine Bindungswirkung für die Gemeinde. Vielmehr hat diese im Rahmen der allgemeinen Ermessensgrundsätze selbständig über einen Erlass auf der zweiten Ebene des Besteuerungsverfahrens zu entscheiden.7 Auch die Regelung über Säumniszuschläge in § 240 AO findet im Gewerbesteuerverfahren Anwen- 20 dung. Werden Steueransprüche nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag zu entrichten. Dabei fallen grundsätzlich auch dann Säumniszuschläge an, wenn der zugrunde liegende GewSt-Messbescheid oder der GewSt-Bescheid fehlerhaft ist.8 3. Vollstreckung der Gewerbesteuer Das Vollstreckungsverfahren, sofern erforderlich, richtet sich nach der Verwaltungszuständigkeit. 21 Obliegt die Festsetzung und Erhebung den FÄ, so sind die Vollstreckungsvorschriften der §§ 249 ff. AO anzuwenden. In den Flächenstaaten mit teilweiser Verwaltung der Realsteuern durch die Gemeinden richten sich Vollstreckungen – mit Ausnahme von § 351 und § 361 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 AO – nach den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 AO). Dies schließt nicht aus, dass Landesrecht eine entsprechende Anwendung von Vorschriften der AO anordnet.

C. Gültigkeitszeitraum des Hebesatzes (Abs. 2) § 16 Abs. 2 GewStG eröffnet den Gemeinden ein Ermessen hinsichtlich des Zeitraums, für den ein 22 Hebesatz bestimmt wird. Es besteht die Möglichkeit, einen Hebesatz für ein einziges oder aber auch für mehrere Kalenderjahre festzusetzen. Soll eine Festsetzung für mehrere Kalenderjahre erfolgen, ist der Zeitraum genau zu bezeichnen. Eine Bestimmung „bis auf Weiteres“ in Anlehnung an abgabenrechtliche Dauerbescheide (s. zB Art. 12 Abs. 1 KAG Bay., § 14 Abs. 2 KAG NRW) ist ausgeschlossen. Zudem sind die gemeinde- und haushaltsrechtlichen Vorgaben zu beachten. IdR erfolgt die Be1 2 3 4 5

S. auch Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 103. S. im Einzelnen Loose in Tipke/Kruse, § 227 AO Rz. 40 ff. S. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 16 GewStG Rz. 8. S. für eine ausführliche Darstellung und Kritik Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 106. Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 106; BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240. 6 ZB Landeshaupstadt München, Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 11233, abrufbar unter www.ris-muenchen.de/ RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/2901540.pdf (Abruf: 6.9.2018). 7 BVerwG v. 23.8.1990 – 8 C 42/88, NJW 1991, 1073; zu der Änderung des § 184 Abs. 2 Satz 1 AO durch das Zollkodex-AnpG s. Tietze, DStR 2016, 1306. 8 BVerwG v. 8.7.1998 – 8 C 31/96, NVwZ-RR 1999, 193.

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§ 16 Rz. 23 Hebesatz stimmung der Hebesätze in der Haushaltssatzung (s. Rz. 8). Dort können maximal Festlegungen für zwei Haushaltsjahre, nach Jahren getrennt, erfolgen (s. zB Art. 63 Abs. 1 Satz 2 GO Bay., § 78 Abs. 3 Satz 2 GO NRW). Längere Zeiträume können in einer getrennten Hebesatzung festgelegt werden (s. Rz. 8). Eine Abweichung vom Kalenderjahr ist nicht zulässig. Festsetzungszeitraum ist somit stets der 1.1. bis 31.12. eines oder mehrerer Jahre.1 Wird der Hebesatz nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß neu festgesetzt – unabhängig davon, ob er sich zahlenmäßig verändert –, gilt im Zweifel der Mindesthebesatz des § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG. Ein einmal festgesetzter Hebesatz kann auch geändert werden (s. Rz. 23).

D. Fristen für die Hebesatzfestsetzung (Abs. 3) 23

Die Festsetzung des Hebesatzes ist an zeitliche Fristen gebunden, die durch § 16 Abs. 3 GewStG bestimmt werden. Der Beschluss zur Festsetzung des Hebesatzes muss grundsätzlich bis zum 30.6. eines Kalenderjahres gefasst werden und wirkt auf den Beginn dieses Kalenderjahres zurück, § 16 Abs. 3 Satz 1 GewStG. Die Rückwirkung ist verfassungsrechtlich zulässig.2 Der Wortlaut der Vorschrift bezieht sich lediglich auf den Beschluss selbst, unerheblich ist, wann die (Haushalts-)Satzung bekannt gemacht oder wann eine ggf. erforderliche aufsichtsrechtliche Genehmigung erteilt wird.3 Die Frist des § 16 Abs. 3 Satz 1 GewStG gilt ausdrücklich für Festsetzungen und Änderungen. Der Gemeinde ist es jederzeit möglich, vor dem 30.6. einen bereits festgesetzten Hebesatz sowohl zu vermindern als auch zu erhöhen.

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Sinn der zeitlichen Einschränkung ist es, Gewerbetreibende vor unvorhersehbaren Nachforderungen zu verschonen. Diese Zielrichtung spiegelt sich auch in § 16 Abs. 3 Satz 2 GewStG wider, der eine Ausnahme von der Frist des Satzes 1 enthält. So ist eine Beschlussfassung über die Festsetzung nach dem 30.6. möglich, sofern der Hebesatz die Höhe der letzten Festsetzung nicht überschreitet. Ein gleich bleibender oder reduzierter Hebesatz kann daher auch in der zweiten Jahreshälfte mit Rückwirkung zum Beginn des Kalenderjahrs bestimmt werden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen einer echten Rückwirkung ist eine nicht erhöhende Festsetzung auch noch nach Ablauf des Kalenderjahrs möglich.4 Strittig ist der Umgang mit erstmaligen Festsetzungen. Die Auffassung, dass mangels eines Abgleichs mit einer früheren Festsetzung eine erstmalige Bestimmung des Hebesatzes auch noch nach dem 30.6. zulässig sei, ist uE abzulehnen.5 Ausgehend von dem bezweckten Schutz der Gewerbetreibenden vor unvorhergesehenen Nachforderungen stellt eine erstmalige Festsetzung ein Mehr zum bisherigen Verzicht auf die Erhebung einer GewSt dar und ist nach dem 30.6. ausgeschlossen.6 Durch die Einführung des § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG verlor der Streit seine Praxisrelevanz. Seit dem EZ 2004 sind die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 GewStG stets an dem Mindesthebesatz von 200 % zu messen. Die erstmalige Bestimmung eines höheren Hebesatzes ist an die Frist bis zum 30.6. gebunden.

E. Gleichheit des Hebesatzes und Mindesthebesatz (Abs. 4) I. Gleichheit des Hebesatzes (Abs. 4 Satz 1) 25

Für alle in der Gemeinde vorhandenen Unternehmen muss der Hebesatz der gleiche sein (§ 16 Abs. 4 Satz 1 GewStG). Dies gilt sowohl für stehende Gewerbe als auch für Reisegewerbebetriebe. Der 1 Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 19. 2 BVerfG v. 19.12.1961 – 2 BvR 2/60, BVerfGE 13, 279; BVerwG v. 5.3.1971 – VII C 44.68, BStBl. II 1971, 443; BFH v. 29.8.1969 – VI R 318/67, BStBl. II 1970, 20; alle zum EinfGRealStG; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 16 GewStG Rz. 10a; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 21; aA Flies, FR 1994, 248; differenzierend Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 43. 3 BVerwG v. 13.7.1979 – 7 B 143.79, BayVBl. 1979, 730; Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 44; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 21; einschränkend Güroff in Glanegger/Güroff9, § 16 GewStG Rz. 10a, der die Wahrung eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen Beschlussfassung und Bekanntmachung fordert. 4 Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 44; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 21. 5 S. BVerwG v. 5.3.1971 – VII C 44.68, BStBl. II 1971, 443 zum EinfGRealStG; Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 42; Güroff in Glanegger/Güroff9, 16 GewStG Rz. 10a. 6 So auch Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 21.

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E. Gleichheit des Hebesatzes und Mindesthebesatz (Abs. 4)

Rz. 29 § 16

Ermessensspielraum der Gemeinden wird hierdurch ebenso wie durch den Mindesthebesatz des Satzes 2 (s. Rz. 27) eingeschränkt. Eine Differenzierung des Hebesatzes nach unterschiedlichen Branchen, Unternehmensformen oder in Abhängigkeit zu einer angenommenen Mehrbelastung scheidet damit aus. Hierdurch werden sozialpolitisch veranlasste Subventionen oder Belastungen ausgeschlossen. Einzige Ausnahme von dem Grundsatz des Satzes 1 sind Übergangszeiten einer Gebietsreform (s. Rz. 29). Die Vorgängernormen des GewStG 19361 sowie des EinfGRealStG2 boten noch Raum für Differen- 26 zierung. So konnten Zweigstellen von Bank-, Kredit- und Wareneinzelhandelsunternehmen nach § 17 GewStG 1936 mit einem bis zu 30 % höheren Hebesatz belastet werden (Zweigstellensteuer). § 3 EinfGRealStG erlaubte es mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde, höhere Hebesätze bei einer Mehrbelastung der Gemeinde durch Einrichtungen bestimmter Steuergegenstände oder in bestimmten Gemeindeteilen anzuwenden. Darüber hinaus waren unter einem Zustimmungsvorbehalt der Aufsichtsbehörde auch individuelle Vereinbarungen über die Höhe der GewSt möglich, § 5 EinfGRealStG.

II. Mindesthebesatz (Abs. 4 Satz 2) § 16 GewStG gibt einen Rahmen zur Bestimmung des Hebesatzes vor, innerhalb dessen den einzelnen 27 Gemeinden grundsätzlich ein weiter, jedoch nicht unbegrenzter Ermessensspielraum zusteht.3 Ab dem EZ 2004 bestimmt § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG einen Mindesthebesatz iHv. 200 %.4 Dieser gilt immer dann, wenn kein anderer Hebesatz (wirksam) festgesetzt wurde. Die Bestimmung eines Hebesatzes unterhalb des gesetzlichen Mindestprozentsatzes ist als nichtig anzusehen.5 Der Mindesthebesatz iVm. mit dem ebenfalls ab EZ 2004 geänderten § 1 GewStG führt zu einer Pflicht der Gemeinden, Gewerbesteuer zu erheben.6 Durch den Mindesthebesatz sollen die negativen Folgen eines unkontrollierten Steuerwettbewerbs 28 zwischen den Gemeinden vermieden und gleichwertige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet geschaffen werden.7 Hierzu gehörte ua. auch der Verzicht auf die Erhebung einer Gewerbesteuer bei gleichzeitiger Partizipation an den Gewerbesteuereinnahmen anderer Gemeinden durch Gewerbesteuerumlage und Schlüsselzuweisungen im Finanzausgleich. Verfassungsrechtlich rief dieser Eingriff in die Hebesatzautonomie Kritik hervor.8 Das BVerfG bestätigte hingegen die Zulässigkeit mit der Begründung, Art. 106 Abs. 6 GG lasse Beschränkungen des Hebesatzrechts der Gemeinden zu und der Mindesthebesatz diene der legitimen Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit.9 Auch liege kein Eingriff in den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung – hier in Gestalt der kommunalen Finanzautonomie – vor, da den Gemeinden auch bei Bindung an einen Mindesthebesatz noch ein weiter Ermessenspielraum verbleibe.

III. Hebesätze bei Gebietsreformen (Abs. 4 Satz 3) Satz 3 enthält eine Ausnahme von dem Grundsatz eines einheitlichen Hebesatzes im Gemeindege- 29 biet. Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, können für eine bestimmte Übergangszeit verschiedene Hebesätze für die betroffenen Gebietsteile zugelassen werden. Hierdurch sollen Gewerbetreiben1 GewStG v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. 2 EinfGRealStG, RGBl. I 1936, 961. 3 BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04 und 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 16. 4 S. für ausgewählte Statistiken zu den Hebesätzen Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 48 ff. 5 So auch Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 25. 6 S. zur früheren Rechtslage Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 26 f. 7 BT-Drucks. 15/1517, 19; Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag v. 4.3.2016 – WD 4 - 3000 – 023/16; Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 28. 8 S. zB Walz/Süß, DStR 2003, 1637; Otting, DB 2004, 1222. 9 BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04 und 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141; so auch Selmer/Hummel, NVwZ 2006, 14; Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 28.

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§ 16 Rz. 30 Hebesatz de vor einer überraschenden Mehrbelastung geschützt werden. Hat die aufnehmende Gemeinde einen höheren Hebesatz als die bisherige Betriebsstättengemeinde, so wäre ohne Satz 3 eine Mehrbelastung unmittelbar mit Wirksamwerden der Gebietsänderung gegeben (s. § 4 Rz. 11). Die Übergangszeit gewährleistet eine erleichterte Anpassung an die zukünftige Steuerlast. Nicht gleichzusetzen ist die Regelung mit einer Einfrierung des Hebesatzes der aufnehmenden Gemeinde. Eine Erhöhung des Hebesatzes für das bisherige Gemeindegebiet der Aufnahmegemeinde ist daher auch während der Übergangszeit möglich, sofern der Hebesatz dort bereits im Zeitpunkt der Gebietsänderung über dem der eingegliederten Gemeinde(n) lag.1 Zuständig für eine Zulassung unterschiedlicher Hebesätze ist die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 16 Abs. 4 Satz 3 GewStG). Satz 3 ist als enge Ausnahme zu Satz 1 zu verstehen und lässt die Kompetenzverteilung unberührt. Daher kann die Landesregierung lediglich eine Abweichung zulassen, nicht aber die Festsetzungskompetenz der Gemeinde selbst in Anspruch nehmen. Auch können unterschiedliche Hebesätze nur zwischen Gemeindeteilen, nicht zwischen Unternehmen dieser Gemeindeteile differenzieren.2

IV. Entsprechende Anwendung der Zerlegungsvorschriften bei Gebietsreformen (Abs. 4 Satz 4) 30

Wird von der Ausnahme in Satz 3 Gebrauch gemacht, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen die unterschiedlichen Hebesätze für Gewerbetreibende haben, die nach der Gebietsänderung Betriebsstätten in mehreren Gebietsteilen einer Gemeinde unterhalten. Vor einer Gebietsreform lagen derartige Betriebsstätten in unterschiedlichen Gemeinden, sodass ein Zerlegungsverfahren durchgeführt wurde (§ 28 Abs. 1 GewStG). Satz 4 ordnet in diesen Fällen eine entsprechende Anwendung der §§ 28 bis 34 GewStG mit der Maßgabe an, dass an die Stelle mehrerer Gemeinden die Gebietsteile mit unterschiedlichen Hebesätzen treten. Der Gewerbesteuermessbetrag wird somit auch bei unterschiedlichen Hebesätzen in Gebietsteilen einer einzigen Gemeinde vom FA zerlegt. Die Regelung ist erforderlich, da ohne eine Fortsetzung der Zerlegung das Fortbestehen des gemeindlichen Hebesatzrechts nach § 16 Abs. 4 Satz 3 GewStG leerlaufen würde.3 Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, dass Satz 4 erst seit dem EZ 2009 Anwendung findet, obwohl das Gewerbesteuerrecht bereits seit 1936 unterschiedliche Hebesätze infolge von Gebietsreformen kennt.4 Bis zur Einführung von Satz 4 mussten sich die Gemeinden selbst mit einer Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags auseinandersetzen.5 Ein förmliches Zerlegungsverfahren durch die FÄ wurde mangels Betriebsstätten in mehreren Gemeinden ausdrücklich abgelehnt.6 Insofern kann bei der Einführung von Satz 4 nicht von einer „Klarstellung“ gesprochen werden.7

F. Koppelungsvorschriften und Höchsthebesatz (Abs. 5) 31

§ 16 Abs. 5 GewStG eröffnet die Möglichkeit, die Bestimmung des Hebesatzes durch landesrechtliche Regelungen an bestimmte Vorgaben zu knüpfen. Eine Pflicht, gesetzgeberisch tätig zu werden, besteht nicht.8 Der Landesgesetzgeber kann vorschreiben, in welchem Verhältnis die Hebesätze der GrSt der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, der GrSt der Grundstücke und der GewSt zueinander stehen müssen (Koppelungsvorschriften). Die Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf das Ver-

1 BVerwG v. 15.9.1981 – 8 B 210/81, NVwZ 1982, 250; so auch Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 38; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 23; kritisch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 16 GewStG Rz. 11c. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 16 GewStG Rz. 11c. 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 16 GewStG Rz. 11c; BT-Drucks. 16/11108, 30. 4 § 4 EinfGRealStG v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 961. 5 Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 25. 6 S. zB FinMin. Bay. v. 26.7.1974 – 34 - G 1140 - 1/12 - 43 554, juris, zur GrSt. 7 BT-Drucks. 16/11108, 30. 8 Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 29; FG Berlin v. 15.1.1997 – II 370/04, FG Berlin v. 15.1.1997 – II 370/94, EFG 1997, 723 (rkr.) zur GrSt.

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F. Koppelungsvorschriften und Höchsthebesatz (Abs. 5)

Rz. 33 § 16

hältnis zwischen Grund- und Gewerbesteuerhebesätzen. Eine Koppelung an andere Maßstäbe, zB die Höhe der Einnahmen einer Gemeinde, scheidet aus.1 Auch ist die Festlegung eines Höchsthebesatzes nach Abs. 5 möglich. Hierunter ist nach der Rspr. ei- 32 ne zahlenmäßige Begrenzung des Hebesatzes zu verstehen.2 Legt der Landesgesetzgeber eine solche Höchstgrenze fest, hat er seine Kompetenzen insoweit ausgeschöpft. Innerhalb des durch den gesetzlichen Mindest- und landesrechtlichen Höchsthebesatz festgelegten Rahmens gilt die Hebesatzautonomie der Gemeinde. Die Bestimmung eines Hebesatzes oberhalb der landesrechtlichen Höchstgrenze wäre als nichtig anzusehen (s. Rz. 27). Sowohl hinsichtlich der Koppelungsvorschriften als auch des Höchsthebesatzes erlaubt Abs. 5 mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörden Ausnahmeregelungen. Durch die möglichen landesrechtlichen Regelungsbereiche wird die gemeindliche Hebesatzautono- 33 mie – ebenso wie durch das Differenzierungsverbot des Abs. 4 Satz 1 und den Mindesthebesatz des Abs. 4 Satz 2 – eingeschränkt. Diese Einschränkung dient der gleichmäßigen Verteilung von Lasten, der Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse und der Beschränkung des gemeindlichen Ermessensspielraums.3 Verfassungsrechtlich bestehen keine Bedenken gegen Abs. 5.4 Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG gewährt lediglich ein Hebesatzrecht innerhalb des gesetzlichen Rahmens und lässt beschränkende Regelungen zu.5 Soweit bekannt, gibt es derzeit keine auf Abs. 5 gestützte Regelung durch eine Landesregierung, sodass die Vorschrift in der Praxis keine Bedeutung hat.6

§ 17

1 2 3 4 5 6

(weggefallen)

BVerwG v. 11.6.1993 – 8 C 32/90, NVwZ 1994, 176. BVerwG v. 11.6.1993 – 8 C 32/90, NVwZ 1994, 176. BT-Drucks. IV/3418, 110; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 29. So auch Selmer/Hummel, NVwZ 2006, 14. BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04 und 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141. Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag v. 4.3.2016 – WD 4 - 3000 - 023/16, für Höchstsätze; Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 35.

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F. Koppelungsvorschriften und Höchsthebesatz (Abs. 5)

Rz. 33 § 16

hältnis zwischen Grund- und Gewerbesteuerhebesätzen. Eine Koppelung an andere Maßstäbe, zB die Höhe der Einnahmen einer Gemeinde, scheidet aus.1 Auch ist die Festlegung eines Höchsthebesatzes nach Abs. 5 möglich. Hierunter ist nach der Rspr. ei- 32 ne zahlenmäßige Begrenzung des Hebesatzes zu verstehen.2 Legt der Landesgesetzgeber eine solche Höchstgrenze fest, hat er seine Kompetenzen insoweit ausgeschöpft. Innerhalb des durch den gesetzlichen Mindest- und landesrechtlichen Höchsthebesatz festgelegten Rahmens gilt die Hebesatzautonomie der Gemeinde. Die Bestimmung eines Hebesatzes oberhalb der landesrechtlichen Höchstgrenze wäre als nichtig anzusehen (s. Rz. 27). Sowohl hinsichtlich der Koppelungsvorschriften als auch des Höchsthebesatzes erlaubt Abs. 5 mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörden Ausnahmeregelungen. Durch die möglichen landesrechtlichen Regelungsbereiche wird die gemeindliche Hebesatzautono- 33 mie – ebenso wie durch das Differenzierungsverbot des Abs. 4 Satz 1 und den Mindesthebesatz des Abs. 4 Satz 2 – eingeschränkt. Diese Einschränkung dient der gleichmäßigen Verteilung von Lasten, der Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse und der Beschränkung des gemeindlichen Ermessensspielraums.3 Verfassungsrechtlich bestehen keine Bedenken gegen Abs. 5.4 Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG gewährt lediglich ein Hebesatzrecht innerhalb des gesetzlichen Rahmens und lässt beschränkende Regelungen zu.5 Soweit bekannt, gibt es derzeit keine auf Abs. 5 gestützte Regelung durch eine Landesregierung, sodass die Vorschrift in der Praxis keine Bedeutung hat.6

§ 17

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(weggefallen)

BVerwG v. 11.6.1993 – 8 C 32/90, NVwZ 1994, 176. BVerwG v. 11.6.1993 – 8 C 32/90, NVwZ 1994, 176. BT-Drucks. IV/3418, 110; Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 29. So auch Selmer/Hummel, NVwZ 2006, 14. BVerfG v. 27.1.2010 – 2 BvR 2185/04 und 2 BvR 2189/04, BVerfGE 125, 141. Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag v. 4.3.2016 – WD 4 - 3000 - 023/16, für Höchstsätze; Beutel in Lenski/Steinberg, § 16 GewStG Rz. 35.

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§ 18 Entstehung der Steuer Die Gewerbesteuer entsteht, soweit es sich nicht um Vorauszahlungen (§ 21) handelt, mit Ablauf des Erhebungszeitraums, für den die Festsetzung vorgenommen wird. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

B. Entstehung der Gewerbesteuer . . . . . .

8

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

I. Entstehung der Gewerbesteuer mit Ablauf des Erhebungszeitraums . . . . . . . . . . .

8

II. Gewerbesteuer bei Insolvenz des Gewerbebetriebs (§ 38 InsO) . . . . . . . . . . . .

10

III. Bedeutung der Festsetzung der entstandenen Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . .

12

II. 1. 2. 3.

Anwendungsbereich . . . . . . . . Sachlicher Anwendungsbereich . . Zeitlicher Anwendungsbereich . . Persönlicher Anwendungsbereich

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

3 3 4 5

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

6

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

7

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck Nach der allgemeinen Vorschrift des § 38 AO entsteht die GewSt, sobald der (hier: GewSt-)Tatbestand 1 verwirklicht ist. Dies wird in § 18 GewStG dahingehend konkretisiert, dass die GewSt nicht fortlaufend nach Verwirklichung der Einzeltatbestände, sondern erst mit Ablauf des EZ, für den die GewSt nach § 16 Abs. 1 GewStG von der Gemeinde festzusetzen ist, entsteht. Diese Regelung entspricht der Entstehung der veranlagten ESt (§ 36 Abs. 1 EStG) und der veranlagten KSt (§ 30 Nr. 3 KStG). Die Entstehung der Vorauszahlungen zur GewSt ist in § 21 GewStG geregelt. Von der Entstehung der Steuer zu unterscheiden ist deren Festsetzung durch den Steuerbescheid (§ 16 Abs. 1 GewStG). Der Zeitpunkt, zu dem die GewSt entsteht, hat vor allem Bedeutung für:1 2 – die Frist zur Erklärung (§ 14a GewStG, § 25 Abs. 2 Satz 1 GewStDV, § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 149 Abs. 2 AO), – die Festsetzungsverjährung (§ 1 Abs. 2 Nr. 4, § 170 Abs. 1 AO), – die Aufrechnung (§ 1 Abs. 2 Nr. 5, § 226 AO), – die Zinsberechnung (§ 1 Abs. 2 Nr. 5, § 233a Abs. 2 AO), – den Rückgriff auf Erben beim Tod des Gewerbetreibenden (§ 1 Abs. 2 Nr. 2, § 45 AO) und – die Haftung anderer Personen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2, §§ 69 ff. AO; §§ 25 ff. HGB).

II. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt für die Entstehung des GewSt-Anspruchs. Aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher 3 Bestimmung in Satz 1, 2. Teilsatz gilt die Vorschrift dagegen nicht für die Vorauszahlungen zur GewSt. Die Entstehung der Vorauszahlungen ist in § 21 GewStG geregelt. 2. Zeitlicher Anwendungsbereich Die Vorschrift ist seit mehreren Jahrzehnten unverändert.

4

1 Vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 18 GewStG Rz. 8 (Stand: Mai 2015).

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§ 18 Rz. 5 Entstehung der Steuer 3. Persönlicher Anwendungsbereich 5 Der persönliche Anwendungsbereich umfasst alle Gewerbesteuerobjekte. Wirkung hat die Vorschrift

sowohl für den Steuerschuldner (§ 5 GewStG) als auch für die hebeberechtigte Gemeinde (§ 4 GewStG).

III. Rechtsentwicklung 6 Bei Einführung des GewStG 1936 war die Entstehung der Steuer in § 3 Abs. 5 StAnpG geregelt. Diese

Regelung wurde bei Abschaffung des StAnpG durch das Einführungsgesetz zur AO (EGAO) 19771 mit § 18 GewStG in das GewStG übernommen. Im Übrigen ist die Vorschrift seit mehreren Jahrzehnten unverändert.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 7 Aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung in Satz 1, 2. Teilsatz gilt die Vorschrift nicht für

die Vorauszahlungen zur GewSt. Die Entstehung der Vorauszahlungen ist in § 21 GewStG geregelt. Keine Bedeutung hat die Vorschrift für stl. Nebenleistungen zur GewSt wie Verspätungszuschläge, Zinsen, Säumniszuschläge usw. Insoweit ist der bestandskräftige GewSt-Bescheid über deren Entstehung maßgebend.2

B. Entstehung der Gewerbesteuer I. Entstehung der Gewerbesteuer mit Ablauf des Erhebungszeitraums 8 Entsprechend der Ermittlung der GewSt für den EZ, welcher mit dem Kj. übereinstimmt (§ 14 Gew-

StG), konkretisiert § 18 GewStG die allgemeine Vorschrift des § 38 AO über die Entstehung der Steuer dahingehend, dass die GewSt mit Ablauf des EZ, für den die Festsetzung vorgenommen wird, entsteht. Dabei wird § 18 GewStG im Allgemeinen so verstanden, dass die GewSt mit Ablauf des EZ entsteht, ohne dass es einer Festsetzung per Bescheid bedarf.3 Dies entspricht auch der Regelung für die ESt (§ 36 Abs. 1 EStG) und für die KSt (§ 30 Nr. 3 KStG). § 18 GewStG hat zur Folge, dass der GewSt-Anspruch kraft Gesetzes entsteht.4 Ausdrücklich ausgeschlossen von § 18 GewStG werden die GewSt-Vorauszahlungen, deren Entstehung in § 21 GewStG geregelt ist. 9 Die Entstehung des Steueranspruches nach § 18 GewStG begründet das Steuerschuldverhältnis zwi-

schen der hebeberechtigten Gemeinde (§ 4 GewStG) und dem Steuerschuldner (§ 5 GewStG). Der Zeitpunkt der Entstehung der GewSt hat zudem Konsequenzen für die Fristen im Verfahren zur Festsetzung der GewSt, für die Erfüllung und Verzinsung der GewSt-Schuld sowie für die Haftung von Personen, die nicht der Steuerschuldner sind:5 – Erklärungsfrist. Nach § 14a Satz 1 GewStG hat der Steuerschuldner eine Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags und ggf. eine Zerlegungserklärung abzugeben. Da die GewSt nach § 18 GewStG mit Ablauf des EZ entsteht und EZ nach § 14 Satz 2 GewStG regelmäßig das Kj. ist, sind die Erklärungspflichten nach § 149 Abs. 2 Satz 1 AO spätestens fünf Monate nach Ablauf des EZ zu erfüllen. – Beginn der Festsetzungsverjährung. Die Frist für die Festsetzung des GewSt-Messbetrags beginnt nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO mit Ablauf des Kj., in dem die Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags eingereicht wird, spätestens mit Ablauf des 3. Kj., das auf das

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Einführungsgesetz zur AO (EGAO) 1977 v. 14.12.1976, BGBl. I 1976, 3341. OVG Rh.-Pf. v. 26.8.2008 – 6 A 11154/07.OVG, juris. Vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 18 GewStG Rz. 14 (Stand: Mai 2015). So auch Hofmeister in Blümich, § 18 GewStG Rz. 8 (Stand: März 2014). Ausf. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 18 GewStG Rz. 19 ff. (Stand: Mai 2015).

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B. Entstehung der Gewerbesteuer

Rz. 11 § 18

Kj. folgt, in dem die GewSt entstanden ist. Die Festsetzungsfrist endet also spätestens sieben Jahre nach Ablauf des Kj., in dem die GewSt entstanden ist.1 – Aufrechnungslage. Mit Entstehung der GewSt nach § 18 GewStG kann mit oder gegen ihn aufgerechnet werden (§ 226 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 5 AO). – Zinsberechnung nach § 233a AO. Der Zinslauf beginnt gem. § 233a Abs. 2 Satz 1 AO 15 Monate nach Ablauf des EZ, da die GewSt zu diesem Zeitpunkt nach § 18 GewStG entstanden ist.2 – Haftung der Erben beim Tod des Gewerbetreibenden (§ 45 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 2 AO). Beim Tod des Gewerbetreibenden geht die GewSt-Schuld nach § 45 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 2 AO auf den oder die Erben über. Die Erben haften für die GewSt-Schuld wie für andere Nachlassverbindlichkeiten, soweit die GewSt-Schuld nach § 18 GewStG zum Todeszeitpunkt bereits entstanden ist (§ 45 Abs. 2 iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 2 AO).

II. Gewerbesteuer bei Insolvenz des Gewerbebetriebs (§ 38 InsO) Wird über den Gewerbebetrieb das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist aus rechtlicher Sicht nach 10 § 38 InsO wie folgt zu differenzieren: 1. Ist die GewSt vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Gewerbebetrieb iSd. § 38 InsO begründet worden, muss diese als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden (§ 174 InsO). Der Erlass eines Steuerbescheids ist insoweit wirkungslos, ein dennoch erlassener Bescheid unwirksam.3 2. Die GewSt, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wird, ist dagegen nach § 55 InsO Masseverbindlichkeit. Diese muss gegenüber dem Insolvenzverwalter durch einen Steuerbescheid festgesetzt werden.4 Zu den Masseverbindlichkeiten gehören nach § 55 Abs. 4 InsO5 bereits diejenigen Steuerschulden, die der vorläufige Insolvenzverwalter oder der Insolvenzschuldner mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters begründet hat.6 Ein Steueranspruch ist dann eine Insolvenzforderung iSv. § 38 InsO, wenn er vor der Eröffnung des 11 Insolvenzverfahrens in der Weise begründet worden ist, dass der zugrunde liegende zivilrechtliche Sachverhalt, der zur Entstehung der Steuerforderung führt, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist.7 Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die stl. Entstehung der Forderung (§ 38 AO iVm. § 18 GewStG) und deren Fälligkeit kommt es dagegen nicht an.8 Entscheidend ist nach der Rspr. des BFH, wann der Rechtsgrund für den Steueranspruch gelegt wurde.9 Der Rechtsgrund für einen (abstrakten) Steueranspruch ist gelegt, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand verwirklicht wird. Insoweit ist der einzelne Besteuerungstatbestand maßgebend,10 also im Zweifel, wann der Gewinn aus dem einzelnen Geschäftsvorfall im bilanzsteuerlichen Sinne realisiert ist.11 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Vgl. BFH v. 20.4.2006 – III R 1/05, BStBl. II 2007, 375 = FR 2007, 247. Vgl. VG Osnabrück v. 21.5.2008 – 1 A 553/06, juris. OVG Sachs. v. 27.9.2013 – 5 A 898/10, juris. BFH v. 1.6.2016 – X R 26/14, BStBl. II 2016, 848 = FR 2016, 1111 Rz. 28. § 55 Abs. 4 wurde mit Wirkung ab dem VZ 2011 in das G eingefügt. Bis dahin konnte der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter noch keine Masseverbindlichkeit begründen, vgl. FG Thür. v. 18.11.2015 – 3 K 198/15, juris; BFH v. 9.12.2014 – X R 12/12, BStBl. II 2016, 852 = FR 2016, 1111 Rz. 20. Vgl. BMF v. 17.1.2012 – IV A 3 - S 0550/10/10020-05 – DOK 2012/0042691, BStBl. I 2012, 120 Rz. 20, 21. BFH v. 1.4.2008 – X B 201/07, BFH/NV 2008, 925. BFH v. 18.12.2014 – X B 89/14, BFH/NV 2015, 470 Rz. 13; v. 16.11.2004 – VII R 75/03, BStBl. II 2006, 193, unter II.2. der Gründe; v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 = FR 2014, 243 m. Anm. Roth, unter II.1.a; v. 18.5.2010 – X R 60/08, BStBl. II 2011, 429, unter II.1. BFH v. 18.12.2014 – X B 89/14, BFH/NV 2015, 470; v. 1.4.2008 – X B 201/07, BFH/NV 2008, 925, jeweils mwN; BGH v. 12.1.2006 – IX ZB 239/04, NJW 2006, 1127. Ausdrücklich für die GewSt: FG Hbg. v. 25.11.2015 – 2 K 152/15, EFG 2016, 504 – NZB IV B 119/15; auch BFH v. 9.12.2014 – X R 12/12, FR 2016, 1111 = BFH/NV 2015, 988, Rz. 27 mwN. BFH v. 29.3.1984 – IV R 271/83, BStBl. II 1984, 602, Rz. 14; FG Düsseldorf v. 19.7.2016 – 10 K 2384/10 E, EFG 2016, 1443 Rz. 34 ff.

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§ 18 Rz. 12 Entstehung der Steuer

III. Bedeutung der Festsetzung der entstandenen Gewerbesteuer 12

Umstritten ist die Wirkung der Festsetzung der GewSt per Steuerbescheid in Bezug auf die gesetzlich in § 18 GewStG geregelte Entstehung der Steuer. Zum Teil wird vertreten, dass die Festsetzung lediglich klarstellende Bedeutung habe.1 Jedenfalls entsteht der GewSt-Anspruch unabhängig von seiner Festsetzung.2 Letztlich hat diese Frage in der Praxis keine wesentliche Bedeutung. Von der Entstehung des Steueranspruchs ist insbes. dessen Fälligkeit zu trennen. Die Fälligkeit einer Abschlusszahlung oder -erstattung ergibt sich aus § 20 Abs. 2 GewStG und knüpft an die Bekanntgabe des Steuerbescheids an. Ist allerdings kein Steuertatbestand verwirklicht und damit keine GewSt nach § 18 GewStG entstanden, so wird dennoch ein GewSt-Anspruch begründet, wenn eine Steuer per Steuerbescheid festgesetzt wird.3 In diesem Fall wirkt die Steuerfestsetzung per Bescheid anspruchsbegründend. Konstitutive Wirkung hat der Steuerbescheid auch hinsichtlich der durch ihn festgesetzten stl. Nebenleistungen, wie bspw. Steuerzinsen oder eines Verspätungszuschlags.4

1 2 3 4

So Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 18 GewStG Rz. 27 (Stand: Mai 2015). Nur Drüen in Tipke/Kruse, § 38 AO Rz. 10. Vgl. Hofmeister in Blümich, § 18 GewStG Rz. 11 (Stand: März 2014). Vgl. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 18 GewStG Rz. 2; Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 38 AO Rz. 86.

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§ 19 Vorauszahlungen (1) 1Der Steuerschuldner hat am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November Vorauszahlungen zu entrichten. 2Gewerbetreibende, deren Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweicht, haben die Vorauszahlungen während des Wirtschaftsjahrs zu entrichten, das im Erhebungszeitraum endet. 3Satz 2 gilt nur, wenn der Gewerbebetrieb nach dem 31. Dezember 1985 gegründet worden oder infolge Wegfalls eines Befreiungsgrundes in die Steuerpflicht eingetreten ist oder das Wirtschaftsjahr nach diesem Zeitpunkt auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum umgestellt worden ist. (2) Jede Vorauszahlung beträgt grundsätzlich ein Viertel der Steuer, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat. (3) 1Die Gemeinde kann die Vorauszahlungen der Steuer anpassen, die sich für den Erhebungszeitraum (§ 14) voraussichtlich ergeben wird. 2Die Anpassung kann bis zum Ende des 15. auf den Erhebungszeitraum folgenden Kalendermonats vorgenommen werden; bei einer nachträglichen Erhöhung der Vorauszahlungen ist der Erhöhungsbetrag innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Vorauszahlungsbescheids zu entrichten. 3Das Finanzamt kann bis zum Ende des 15. auf den Erhebungszeitraum folgenden Kalendermonats für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen den Steuermessbetrag festsetzen, der sich voraussichtlich ergeben wird. 4An diese Festsetzung ist die Gemeinde bei der Anpassung der Vorauszahlungen nach den Sätzen 1 und 2 gebunden. (4) Wird im Laufe des Erhebungszeitraums ein Gewerbebetrieb neu gegründet oder tritt ein bereits bestehender Gewerbebetrieb infolge Wegfalls des Befreiungsgrundes in die Steuerpflicht ein, so gilt für die erstmalige Festsetzung der Vorauszahlungen Absatz 3 entsprechend. (5) 1Die einzelne Vorauszahlung ist auf den nächsten vollen Betrag in Euro nach unten abzurunden. 2Sie wird nur festgesetzt, wenn sie mindestens 50 Euro beträgt. §§ 29, 30 GewStDV § 29 Anpassung und erstmalige Festsetzung der Vorauszahlungen (1) 1Setzt das Finanzamt nach § 19 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes einen Steuermessbetrag für Zwecke der GewerbesteuerVorauszahlungen fest, so braucht ein Zerlegungsbescheid nicht erteilt zu werden. 2Die hebeberechtigten Gemeinden können an dem Steuermessbetrag in demselben Verhältnis beteiligt werden, nach dem die Zerlegungsanteile in dem unmittelbar vorangegangenen Zerlegungsbescheid festgesetzt sind. 3Das Finanzamt hat in diesem Fall gleichzeitig mit der Festsetzung des Steuermessbetrags den hebeberechtigten Gemeinden mitzuteilen 1. den Prozentsatz, um den sich der Steuermessbetrag gegenüber dem in der Mitteilung über die Zerlegung (§ 188 Abs. 1 der Abgabenordnung) angegebenen Steuermessbetrag erhöht oder ermäßigt, oder den Zerlegungsanteil, 2. den Erhebungszeitraum, für den die Änderung erstmals gilt. (2) 1In den Fällen des § 19 Abs. 4 des Gesetzes hat das Finanzamt erforderlichenfalls den Steuermessbetrag für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen zu zerlegen. 2Das Gleiche gilt in den Fällen des § 19 Abs. 3 des Gesetzes, wenn an den Vorauszahlungen nicht dieselben Gemeinden beteiligt sind, die nach dem unmittelbar vorangegangenen Zerlegungsbescheid beteiligt waren. 3Bei der Zerlegung sind die mutmaßlichen Arbeitslöhne des Erhebungszeitraums anzusetzen, für den die Festsetzung der Vorauszahlungen erstmals gilt.

§ 30 Verlegung von Betriebsstätten 1Wird

eine Betriebsstätte in eine andere Gemeinde verlegt, so sind die Vorauszahlungen in dieser Gemeinde von dem auf die Verlegung folgenden Fälligkeitstag ab zu entrichten. 2Das gilt nicht, wenn in der Gemeinde, aus der die Betriebsstätte verlegt wird, mindestens eine Betriebsstätte des Unternehmens bestehen bleibt. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

3. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . .

6

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

7

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . 2. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . .

4 4 5

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . .

8

B. Festsetzung von Vorauszahlungen (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 19 Rz. 1 Vorauszahlungen I. Festsetzung von Vorauszahlungen im Regelfall (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Festsetzung der Vorauszahlungen . . . . . . 2. Regelmäßige Vorauszahlungstermine . . . . 3. Verfahrensrechtliche Fragen . . . . . . . . . . II. Abweichende Vorauszahlungstermine bei Gewerbetreibenden mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr (Abs. 1 Sätze 2 und 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz: Vorauszahlungen im Wirtschaftsjahr, das im Erhebungszeitraum endet (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendung nur auf seit 1.1.1986 gegründete, steuerpflichtige oder umgestellte Betriebe (Abs. 1 Satz 3) . . . . . . . . . . . .

10 10 14 16

20 20 22

1. Erreichung einer Anpassung der Vorauszahlungen an die voraussichtliche Steuer . 2. Ermessensentscheidung der Gemeinde . . .

26 28

II. Zeitliche Grenzen einer Anpassung (Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

III. Gewerbesteuermessbescheid für Zwecke der Vorauszahlungen (Abs. 3 Sätze 3 und 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Festsetzung eines geänderten Gewerbesteuermessbetrags für Vorauszahlungszwecke durch das Finanzamt . . . . . . . . 2. Bindung der Gemeinde an den geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid . . . .

35

IV. Gewerbesteuer-Vorauszahlungen in Zerlegungsfällen (§ 29 GewStDV) . . . . . . . .

36

V. Vorauszahlungen bei der Verlegung von Betriebsstätten (§ 30 GewStDV) . . . . . .

39

40 41

C. Bemessung der Vorauszahlungen (Abs. 2) .

23

I. Bemessung nach der Gewerbesteuer bei der letzten Veranlagung . . . . . . . . . . . . . .

23

II. Gleichmäßige Verteilung auf die Vorauszahlungstermine . . . . . . . . . . . . . . . .

24

E. Festsetzung von Vorauszahlungen bei neu gegründeten Gewerbebetrieben und bei Wegfall der Steuerbefreiung (Abs. 4) .

D. Anpassung der Vorauszahlungen (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

F. Abrundung und Kleinbetragsregelung (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Anpassungsmöglichkeit für die Gemeinde (Abs. 3 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

32 32

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 19 GewStG ist die Anspruchsgrundlage für die Erhebung von Vorauszahlungen zur GewSt und re-

gelt die Vorauszahlungstermine, also die Fälligkeitszeitpunkte und Einzelheiten zu deren Ermittlung (Höhe der Vorauszahlungen). Wie bei den anderen Ertragsteuern (§ 37 EStG und § 31 Abs. 2 KStG) werden auch bei der GewSt Vorauszahlungen auf die später entstehende (§ 18 GewStG) und/ bzw. festgesetzte GewSt (§ 16 Abs. 1 GewStG) angerechnet. Ergänzend zu § 19 GewStG bestimmt § 20 GewStG die Abrechnung über die Vorauszahlungen und § 21 GewStG die Entstehung der Vorauszahlungen. Zweck der Vorschriften ist in erster Linie die Sicherung eines stetigen Mittelzuflusses bei den Gemeinden. Die quartalsweise zu entrichtenden Vorauszahlungen bewirken, dass die Zahlungseingänge gleichmäßiger auf das Jahr verteilt werden. 2 Konkret bildet Abs. 1 Satz 1 die Anspruchsgrundlage für die Erhebung der GewSt-Vorauszahlungen

und bestimmt deren Fälligkeitszeitpunkte. Abs. 1 Sätze 2 und 3 regeln die Ermittlung der Vorauszahlungen bei vom Kj. abweichendem Wj. Abs. 2 enthält die Grundregel für die Bemessung der Vorauszahlungen und Abs. 3 bestimmt die Möglichkeiten und Grenzen für die Anpassung von Vorauszahlungen. Abs. 4 schließlich regelt die erstmalige Festsetzung von Vorauszahlungen bei neu gegründeten Gewerbebetrieben bzw. im Falle des Wegfalls einer Steuerbefreiung. Schließlich enthält Abs. 5 eine Abrundungs- und Kleinbetragsregelung. Ergänzend definieren § 29 GewStDV Regelungen zur Anpassung und erstmaligen Festsetzung von Vorauszahlungen und § 30 GewStDV Regelungen für den Fall der Verlegung von Betriebsstätten. 3 Bedeutung haben Vorauszahlungen für den StPfl. vor allem mit Blick auf seine Liquidität. Insoweit

ist regelmäßig die Festsetzung möglichst niedriger Vorauszahlungen und eine zeitnahe Herabsetzung der Vorauszahlungen bei geänderten Verhältnissen von Interesse. Beachtet werden muss aber auch die Vollverzinsung der Abschlusszahlung nach §§ 233a, 238 AO, die 15 Monate nach Entstehung des Steueranspruchs einsetzt und mit 6 % p.a. derzeit vergleichsweise hoch ist.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 7 § 19

II. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich § 19 GewSt gilt für alle der GewSt unterliegenden und nicht von dieser befreiten Gewerbetreibenden. 4 Die Sonderregelung des § 19 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GewStG gilt nur für Gewerbetreibende, deren Wj. vom Kj. abweicht. 2. Zeitlicher Anwendungsbereich Die Vorschrift hat in der jüngeren Vergangenheit keine Änderungen erfahren. Die letzte materielle 5 Änderung, die aktuell noch Bestand hat, erfolgte mit der Einfügung von Abs. 1 Satz 3 durch Art. 6 Nr. 5 StBerG 1999.1 3. Persönlicher Anwendungsbereich § 19 GewStG gilt für alle Steuerschuldner iSd. § 5 GewStG. Anspruchsberechtigter ist die hebeberech- 6 tigte Gemeinde (§ 4 GewStG).

III. Rechtsentwicklung Die Vorschrift wurde bereits mit dem GewStG 1936 eingeführt. Seine jetzige Fassung erhielt die Vor- 7 schrift im Wesentlichen mit dem G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951.2 Das G zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft v. 8.6.19673 verlängerte die Anpassungsfrist bis zum Ablauf des EZ, der auf den laufenden EZ folgte. Weiterhin wurde die Kleinbetragsgrenze erhöht. Das VStRefG v. 17.4.19744 regelte die Voraussetzungen zur Festsetzung des einheitlichen Steuermessbetrags für Zwecke der GewSt-Vorauszahlungen dahingehend, dass diese Festsetzung nicht mehr eine Anpassung der ESt- bzw. KSt-Vorauszahlungen voraussetzt. Durch das StRefG 19905 wurde in Abs. 1 der Satz 2 eingefügt und die Kleinbetragsgrenze weiter erhöht. Mit dem WoBauFG v. 22.12.19896 wurde die Anpassungsfrist bis zum Ende des fünfzehnten auf den EZ folgenden Kalendermonats verlängert. Mit dem G zur Fortsetzung der UntStReform v. 29.10.19977 erfolgte eine Anpassung des Abs. 3 Sätze 1 u. 3 aufgrund des Wegfalls der Gewerbekapitalsteuer. Mit dem StBerG 1999 v. 22.12.19998 wurde Abs. 1 Satz 3 eingefügt. Mit dem StEuglG v. 19.12.20009 stellte mit Wirkung ab dem EZ 2002 in Abs. 5 (Abrundungsregelung) die Währungsbezeichnung auf Euro und den Betrag auf 50 Euro (Kleinbetragesregelung) um. Mit dem UntStRefG 2008 v. 14.8.200710 wurde mit Wirkung erstmals für den EZ 2008 Abs. 3 Satz 5 eingefügt, wonach das FA die Änderungen durch das UntStRefG nur auf Antrag mittels besonderem Vordruck berücksichtigte. Mit dem Kroatien-AnpG v. 25.7.201411 wurde diese Regelung mit Wirkung ab dem EZ 2015 wieder aufgehoben, da diese infolge Zeitablaufs ihre Bedeutung verloren hatte.12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

StBerG 1999 v. 22.12.1999, BGBl. I 1999, 2601; s. BR-Drucks. 475/99, 69. G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951, BGBl. I 1951, 996. G zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft v. 8.6.1967, BGBl. I 1967, 582. Versorgungsausgleich-Strukturreformgesetz v. 17.4.1974, BGBl. I 1974, 949. StRefG 1990 v. 25.7.1988, BGBl. I 1988, 1093. WoBauFG v. 22.12.1989, BGBl. I 1989, 2408. Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. StBerG 1999 v. 22.12.1999, BGBl. I 1999, 2601. StEuglG v. 19.12.2000, BGBl. I 2000, 1790. UntStRefG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. Kroatien-AnpG v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266. Vgl. BT-Drucks. 18/1529.

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§ 19 Rz. 8 Vorauszahlungen Die §§ 29 und 30 GewStDV gehen auf die §§ 32 und 33 GewStDV 1950 zurück und haben in den letzten Jahrzehnten keine inhaltlichen, sondern nur redaktionelle Änderungen erfahren.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 8 Die Vorschrift steht in unmittelbarem Zusammenhang zu § 21 GewStG, der die Entstehung der Vo-

rauszahlungen regelt und zu § 20 GewStG hinsichtlich der Abrechnung über die Vorauszahlungen (Anrechnung auf die Steuerschuld). 9 Die Festsetzung der Vorauszahlungen zur ESt (§ 37 EStG) bzw. zur KSt (§ 31 Abs. 2 KStG) erfolgt

nach ähnlichen Grundprinzipien und in der Praxis wird die Anpassung des für Zwecke der ESt bzw. KSt ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb regelmäßig auch zum Anlass für eine Anpassung der Vorauszahlungen zur GewSt genommen. Rechtlich ist die Festsetzung der Vorauszahlungen zur GewSt aber nicht an die Festsetzung der Vorauszahlungen zur ESt bzw. KSt geknüpft.

B. Festsetzung von Vorauszahlungen (Abs. 1) I. Festsetzung von Vorauszahlungen im Regelfall (Abs. 1 Satz 1) 1. Festsetzung der Vorauszahlungen 10

§ 19 Abs. 1 Satz 1 GewStG bestimmt lapidar, dass der Steuerschuldner (s. § 5 GewStG) Vorauszahlungen „zu entrichten“ hat. Die GewSt-Vorauszahlungen sind aber durch Vorauszahlungsbescheid festzusetzen (§ 155 Abs. 1, § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO).1 Der Vorauszahlungsbescheid muss nach § 157 Abs. 1 Satz 1 AO schriftlich oder elektronisch erteilt werden und nach § 157 Abs. 1 Satz 2 AO die zu leistenden Vorauszahlungen genau bezeichnen, angeben, für welchen Gewerbebetrieb die Vorauszahlungen zu leisten sind und wer sie schuldet. Schuldner der Vorauszahlungen ist nach § 19 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 5 Abs. 1 GewStG der Steuerschuldner. Die Festsetzung von Vorauszahlungen ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Satz 2 AO).

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Eine Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen im Hinblick auf Vorauszahlungen besteht nicht. Nach Aufforderung der FinVerw. bzw. der Gemeinde gelten die allgemeinen Erklärungs- und Mitwirkungspflichten aus den §§ 90 ff., 138 und 153 AO. Den StPfl. trifft damit grds. keine Erklärungspflicht, wenn er erkennt, dass die Ergebnissituation des Gewerbebetriebs eine Festsetzung oder Erhöhung von Vorauszahlungen verlangen würde. Insbes. trifft den StPfl. keine Erklärungspflicht, wenn er erkennt, dass die Steuerschuld voraussichtlich höher sein wird als die Summe der Vorauszahlungen.2 Erkennt der StPfl. im Nachhinein, dass von ihm abgegebene Erklärungen unrichtig oder unvollständig waren, so besteht eine Berichtigungspflicht. Eine Berichtigungspflicht besteht dagegen nicht, wenn richtige und vollständig dargelegte Erwartungen im Nachhinein nicht eintreten, zB, wenn sich die Gewinnlage wider Erwarten doch positiv entwickelt.3

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Zuständig für die Festsetzung der Vorauszahlungen ist die hebeberechtigte Gemeinde, soweit dieser nach den landesrechtlichen Vorgaben die Verwaltungskompetenz für die GewSt übertragen wurde.4 In den Ländern Berlin, Hamburg und Bremen sind die FÄ für das gesamte Besteuerungsverfahren bei der GewSt und damit auch für die Festsetzung der Vorauszahlungen zuständig. Die Gemeinde ist bei der Festsetzung der Vorauszahlungen an den vom FA erlassenen Bescheid über den GewSt-Messbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen gebunden.

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Der Erlass eines GewSt-Vorauszahlungsbescheids erfordert keinen GewSt-Messbetragsbescheid für Zwecke der Vorauszahlungen.5 Liegt ein solcher allerdings vor, so greift Abs. 3 Satz 4 (s. hierzu 1 Ebenso Güroff in Glanegger/Güroff9, § 19 GewStG Rz. 2. 2 Vgl. zur ESt: OFD Münster v. 4.7.1994 – S 0324 - St 31 - 34, DStR 1995, 886. 3 Zur ESt: OFD Münster v. 4.7.1994 – S 0324 - St 31 - 34, DStR 1995, 887; FinMin. Schl.-Holst. v. 16.6.1994 – VI 320a - S 0324 - 001, DStR 1994, 1085. 4 R 1.2 (1) Satz 2 GewStR 2009. 5 VG München v. 10.10.2016 – M - 10 S 16.4193, juris.

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B. Festsetzung von Vorauszahlungen (Abs. 1)

Rz. 19 § 19

Rz. 35). In der Praxis verbinden die Gemeinden regelmäßig die Festsetzung der Vorauszahlungen mit der Veranlagung der GewSt. 2. Regelmäßige Vorauszahlungstermine Als Vorauszahlungstermine bestimmt § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStG den 15.2., 15.5., 15.8. und 15.11. Da- 14 mit wird die Fälligkeit der GewSt-Vorauszahlungen festgelegt. Diese vier Vorauszahlungstermine sind zwingend. Von der Ermächtigung des § 35c Nr. 2 Buchst. g GewStG, für die Vorauszahlungen andere Termine zu bestimmen, hat die Bundesregierung keinen Gebrauch gemacht. Werden festgesetzte GewSt-Vorauszahlungen zum Fälligkeitstag nicht entrichtet, fallen Säumniszuschläge an (§ 240 AO), und zwar auch dann, wenn der zugrunde liegende GewSt-Messbescheid fehlerhaft ist und deswegen die Vollziehung dieses Bescheids ausgesetzt wurde.1 Stundung ist unter den Voraussetzungen des § 222 AO möglich. Entspricht das Wj. dem Kj., sind die Vorauszahlungen während des Kj. zu entrichten, das dem EZ ent- 15 spricht, für den sie zu leisten sind. Die voraussichtliche Steuer für den EZ ist gleichmäßig auf diese vier Vorauszahlungstermine zu verteilen, selbst dann, wenn der Gewerbeertrag nicht gleichmäßig über den EZ verteilt entsteht, wie bspw. einem Saisonbetrieb.2 Dass an den jeweiligen vier Terminen das entsprechende Quartal noch nicht abgelaufen ist, lässt nicht an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorauszahlungssystems zweifeln.3 3. Verfahrensrechtliche Fragen Die Festsetzung der Vorauszahlungen ist kraft Gesetzes eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der 16 Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Satz 2, § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO). Somit kann jederzeit deren Aufhebung oder Änderung beantragt werden (§ 164 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 2, § 1 Abs. 2 Nr. 4 AO). Gegen GewSt-Messbescheide für Zwecke der Vorauszahlungen gem. § 19 Abs. 3 Satz 3 GewStG und 17 Zerlegungsbescheide gem. § 29 Abs. 2 GewStDV ist der Einspruch gegeben (§ 347 Abs. 1 AO). Soweit (ausnahmsweise) der GewSt-Vorauszahlungsbescheid durch das FA erlassen wurde, ist gegen den Bescheid der Einspruch gegeben. Gegen Vorauszahlungsbescheide der Gemeinden ist der Widerspruch gem. § 69 VwGO gegeben, so- 18 weit dieser nicht landesgesetzlich ausgeschlossen ist.4 Im Übrigen ist die Klage vor dem VG möglich. Insoweit kann der StPfl. nur einwenden, dass aus dem GewSt-Messbescheid für Vorauszahlungszwecke nicht die richtigen Konsequenzen gezogen worden seien, weil bspw. der festgestellte GewSt-Messbetrag für Vorauszahlungszwecke falsch übernommen wurde, der Herangezogene nach dem Messbescheid nicht Steuerschuldner sei, eine andere Gemeinde Steuergläubigerin sei, oder dass ein unrichtiger Hebesatz angewendet worden oder dass die Steuer verjährt sei.5 Einwendungen hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen (zugrunde gelegter Gewerbeertrag, Steuerschuldner, hebeberechtigte Gemeinde) können nur gegen den GewSt-Messbescheide für Zwecke der Vorauszahlungen geltend gemacht werden. Ein Rechtsbehelfsverfahren wegen GewSt-Vorauszahlungen bzw. gegen einen Bescheid über den Gew- 19 St-Messbetrag für Vorauszahlungszwecke bzw. einen entsprechenden Zerlegungsbescheid erledigt sich grds. in der Hauptsache, sobald und soweit für den entsprechenden EZ ein Veranlagungsbescheid gem. § 16 Abs. 1 GewStG ergangen ist.6 Wird ein GewSt-Messbescheid für Vorauszahlungszwecke angefochten und ergeht während des Klageverfahrens der Bescheid über die Festsetzung des GewSt-Messbetrags

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BVerwG v. 8.7.1998 – 8 C 31/96, HFR 2000, 225. So zur ESt: BFH v. 22.11.2011 – VIII R 11/09, BStBl. II 2012, 329. So zur ESt: BFH v. 22.11.2011 – VIII R 11/09, BStBl. II 2012, 329. Vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 184 AO Rz. 20 mwN (Stand: Mai 2015). Bspw. wurde in NRW das Widerspruchsverfahren ab dem 1.1.2016 wieder eingeführt (G zur Änderung des Landesbeamtengesetzes und des Justizgesetzes NRW v. 9.12.2014, GV.NRW Nr. 39 v. 16.12.2014). 5 Vgl. Gosch in Blümich, § 16 GewStG Rz. 45. 6 BFH v. 3.7.1995 – GrS 3/93, BStBl. II 1995, 730 = FR 1995, 706 m. Anm. Groh, mwN.

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§ 19 Rz. 20 Vorauszahlungen gem. § 14 GewStG für den entsprechenden EZ, so wird der Bescheid über die Festsetzung des GewStMessbetrags gem. § 68 FGO automatisch Gegenstand des Klageverfahrens.1

II. Abweichende Vorauszahlungstermine bei Gewerbetreibenden mit vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr (Abs. 1 Sätze 2 und 3) 1. Grundsatz: Vorauszahlungen im Wirtschaftsjahr, das im Erhebungszeitraum endet (Abs. 1 Satz 2) 20

§ 19 Abs. 1 Satz 2 GewStG enthält eine (zwingend anzuwendende) Sonderregelung für Gewerbetreibende, deren Wj. vom Kj. abweicht. Der Anwendungsbereich erstreckt sich also auf die Gewerbetreibenden, die zulässigerweise nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG bzw. § 7 Abs. 4 KStG den stl. Gewinn für einen vom Kj. abweichenden Zeitraum ermitteln. In diesem Fall bestimmt § 19 Abs. 1 Satz 2 GewStG, dass „die Vorauszahlungen während des Wirtschaftsjahres zu entrichten [sind], das im Erhebungszeitraum endet“. Die Fälligkeitszeitpunkte bleiben also der 15.2., 15.5., 15.8. und 15.11., aber insoweit sind beginnend vom Ende des Wj. die vier davor liegenden Fälligkeitszeitpunkte auszuwählen, soweit diese im Wj. liegen.2 Beispiel 1: Das Wj. läuft vom 1.7.2016 bis zum 30.6.2017. Lösung: Die Vorauszahlungen für den EZ 2017 sind zu leisten am 15.8.2016, 15.11.2016, 15.2.2017 und 15.5.2017. Beispiel 2: Der Betrieb wird am 1.1.2017 gegründet. Die Abschlüsse werden regelmäßig auf den 30.6., der erste Jahresabschluss also auf den 30.6.2017 für den Zeitraum 1.1.2017 bis 30.6.2017 erstellt. Lösung: Vorauszahlungen für den EZ 2017 sind am 15.2.2017 und am 15.5.2017 zu leisten und zwar jeweils 1/2 der voraussichtlichen GewSt für den EZ. Vorauszahlungen für den EZ 2018 sind am 15.8.2017, 15.11.2017, 15.2.2018 und 15.5.2018 zu leisten. Beispiel 3: Der Betrieb wird am 1.6.2016 gegründet. Die Abschlüsse werden regelmäßig auf den 30.6., der erste Jahresabschluss also auf den 30.6.2016 für den Zeitraum 1.6.2016 bis 30.6.2016 erstellt. Lösung: Für den EZ 2016 ist gar keine Vorauszahlung zu leisten, da in dem Rumpf-Wj. 1.6.2016 bis 30.6.2016 kein Vorauszahlungstermin liegt.

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Beim Übergang von einem vom Kj. abweichenden Wj. auf ein mit dem Kj. übereinstimmendes Wj. enden in diesem EZ zwei Wj., sodass ggf. für den EZ an mehr als vier Terminen Vorauszahlungen zu leisten sind.3 In diesem Fall ist die den Vorauszahlungen zugrunde gelegte GewSt auf die Vorauszahlungstermine gleichmäßig zu verteilen.4 Beispiel 4: Bislang werden Abschlüsse auf den 30.6. eines Jahres erstellt. In 2016 wird der Abschlussstichtag auf den 31.12. umgestellt. in 2016 enden somit zwei Wj., und zwar das Wj. vom 1.7.2015 bis 30.6.2016 und das Rumpf-Wj. vom 1.7.2016 bis zum 31.12.2016. Für den EZ 2016 sind somit sechs Vorauszahlungen fällig, und zwar am 15.8.2015, 15.11.2015, 15.2.2016, 15.5.2016, 15.8.2016 und 15.11.2016. In diesem Fall ist die den Vorauszahlungen zugrunde gelegte GewSt auf die sechs Vorauszahlungstermine, also zu je 1/6 zu verteilen.

2. Anwendung nur auf seit 1.1.1986 gegründete, steuerpflichtige oder umgestellte Betriebe (Abs. 1 Satz 3) 22

Die Sonderregelung des Satzes 2 gilt nach Satz 3 ausdrücklich nur dann, wenn „der Gewerbebetrieb nach dem 31.12.1985 gegründet worden oder infolge Wegfalls eines Befreiungsgrunds in die Steuerpflicht eingetreten ist oder das Wirtschaftsjahr nach diesem Zeitpunkt auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum umgestellt worden ist“. Hintergrund hierfür ist, dass durch das StBereinG 1986 die Umrechnung bei der Gewerbeertragsteuer seit 1986 weggefallen ist und der Gewerbeertrag

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BFH v. 19.5.2005 – V R 31/03, BStBl. II 2005, 671. So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 19 GewStG Rz. 12 (Stand: Mai 2015). Vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 19 GewStG Rz. 14 (Stand: Mai 2015). So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 19 GewStG Rz. 20 (Stand: Mai 2015).

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C. Bemessung der Vorauszahlungen (Abs. 2)

Rz. 25 § 19

seitdem entsprechend der Regelung bei der ESt und der KSt nur noch in dem EZ erfasst wird, in dem er bezogen worden ist. Von der Anwendung des § 19 Abs. 1 Satz 2 GewStG ausgenommen sind demnach Gewerbebetriebe, die – am 31.12.1985 bereits bestanden haben, – seitdem ununterbrochen gewstpfl. sind und – seitdem ununterbrochen ein vom Kj. abweichendes Wj. haben.1 In diesem Fall ist zwingend die Grundregelung des Satzes 1 anzuwenden, dh., Vorauszahlungen sind während des EZ zu entrichten. Beispiel: Das Wj. läuft vom 1.7.2015 bis zum 30.6.2016. Lösung: Die Vorauszahlungen zur GewSt für den EZ 2016 sind zu leisten am 12.2.2016, 15.5.2016, 15.8.2016 und 15.11.2016.

In diesem Fall ist ein Teil der Vorauszahlungen nach dem Stichtag für den Jahresabschluss zu leisten, was zur Folge hat, dass im Jahresabschluss regelmäßig eine Rückstellung für die GewSt des abgelaufenen Wj. zu bilden ist.

C. Bemessung der Vorauszahlungen (Abs. 2) I. Bemessung nach der Gewerbesteuer bei der letzten Veranlagung § 19 Abs. 2 GewStG bestimmt, dass sich die Vorauszahlungen zur GewSt grds. nach der GewSt bei 23 der letzten Veranlagung richten. Letzte Veranlagung von allen bisher durchgeführten Veranlagungen ist diejenige, die sich auf den EZ bezieht, der dem Vorauszahlungsjahr zeitlich am nächsten liegt.2 Damit ist also nicht die zuletzt durchgeführte Veranlagung für einen weiter zurückliegenden EZ gemeint. In der Praxis wird Abs. 2 von den Gemeinden so verstanden, dass den Vorauszahlungen der GewSt-Messbetrag der letzten Veranlagung zugrunde gelegt und darauf der für den VorauszahlungsEZ aktuelle GewSt-Hebesatz der Gemeinde angewandt wird.

II. Gleichmäßige Verteilung auf die Vorauszahlungstermine Die Gesamtsteuer bei der letzten Veranlagung ist auf die vier Vorauszahlungstermine (§ 19 Abs. 1 24 Satz 1 GewStG) gleichmäßig zu verteilen. Die gleichmäßige Verteilung ist zwingend; das Wort „grundsätzlich“ bezieht sich nicht auf die Viertelung der Steuer, sondern auf die Bemessung nach dem zuletzt veranlagten EZ.3 Unterschiedlich hohe Vorauszahlungen an den einzelnen Vorauszahlungsterminen können sich jedoch bei einer unterjährigen Anpassung der Vorauszahlungen ergeben. In diesem Fall werden nur die noch ausstehenden Vorauszahlungen geändert. Beim Übergang von einem vom Kj. abweichenden Wj. auf ein mit dem Kj. übereinstimmendes Wj. 25 enden in diesem EZ zwei Wj., sodass ggf. für den EZ an mehr als vier Terminen Vorauszahlungen zu leisten sind. In diesem Fall ist die den Vorauszahlungen zugrunde gelegte GewSt auf die Vorauszahlungstermine gleichmäßig zu verteilen.4

1 Anders insoweit Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 19 GewStG Rz. 16 (Stand: Mai 2015), wonach der Gewerbebetrieb „seitdem ununterbrochen dasselbe abweichende Wirtschaftsjahr hat“. 2 So auch R 19.1 Satz 8 GewStR 2009; ebenso Güroff in Glanegger/Güroff9, § 19 GewStG Rz. 3. 3 BVerwG v. 22.5.1987 – 8 C 33/86, BStBl. II 1987, 698; vgl. auch BFH v. 22.11.2011 – VIII R 11/09, BStBl. II 2012, 329 zu ESt-Vorauszahlungen; ebenso Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 19 GewStG Rz. 22 (Stand: Mai 2015); Langel, DB 1987, 196 (198). 4 So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 19 GewStG Rz. 20 (Stand: Mai 2015).

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§ 19 Rz. 26 Vorauszahlungen

D. Anpassung der Vorauszahlungen (Abs. 3) I. Anpassungsmöglichkeit für die Gemeinde (Abs. 3 Satz 1) 1. Erreichung einer Anpassung der Vorauszahlungen an die voraussichtliche Steuer 26

Abweichend von dem Grundsatz des § 19 Abs. 2 GewStG, wonach sich die Vorauszahlung nach der letzten Veranlagung bemisst, eröffnet § 19 Abs. 3 Satz 1 GewStG der Gemeinde die Möglichkeit der Anpassung der Vorauszahlung an die sich voraussichtlich für den EZ ergebende Steuer. Zweck dieser Regelung ist, dass erreicht werden kann, dass die Vorauszahlung der später veranlagten Steuer möglichst nahekommt. Somit können positive wie negative Veränderungen der Bemessungsgrundlage und/oder des GewSt-Hebesatzes seit dem letzten veranlagten EZ berücksichtigt werden. Damit können sowohl für den StPfl. als auch für die Gemeinde Nachzahlungen bzw. Erstattungen vermieden werden. Relevanz hat Satz 1 grds. nur insoweit, als der Gemeinde die Festsetzung und Erhebung von Vorauszahlungen übertragen wurde (s. Rz. 12).

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Die Anpassung erfolgt durch Vorauszahlungsbescheid. Wichtiger Anwendungsfall sind Änderungen des GewSt-Hebesatzes gegenüber der letzten GewSt-Veranlagung, die im Grundsatz der Festsetzung der Vorauszahlungen zugrunde liegt.1 Die Anpassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des StPfl. erfolgen. 2. Ermessensentscheidung der Gemeinde

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Die Gemeinde „kann“ die Vorauszahlungen anpassen. Die Entscheidung, ob und ggf. wann und wie die Gemeinde von dem Recht auf Anpassung Gebrauch macht, ist mithin eine Ermessensentscheidung.2 Eine Anpassungspflicht besteht dagegen nicht.3 Ggf. kann das Ermessen allerdings auf null reduziert sein. Anpassung bedeutet eine Veränderung nach oben oder nach unten.4 Das Ermessen der Gemeinde bezieht sich auch auf die Frage, wie die Anpassung erfolgt: So können die Vorauszahlungen bereits verstrichener Vorauszahlungstermine angepasst werden oder der Änderungsbetrag auf die verbleibenden Vorauszahlungstermine verteilt werden.5 Eingeschränkt wird diese Ermessensentscheidung insbesondere durch Satz 4, also die Bindung der Gemeinde an einen Vorauszahlungsbescheid des FA.6

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Praktisch erfordert eine Entscheidung über die Anpassung der Vorauszahlungen nach pflichtgemäßem Ermessen, dass die Gemeinde Grundlagen für die Anpassung der Vorauszahlungen ermittelt, was nur durch Rückgriff auf den StPfl. geschehen kann. Praktisch ergibt sich insoweit eine wesentliche Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden aus R 19.2 Abs. 4 GewStR 2009, welcher anordnet, dass sich die Gemeinde zur Vermeidung von Doppelarbeit mit dem FA in Verbindung zu setzen hat, bevor sie von sich aus, dh. ohne dass ein GewSt-Messbetrag für Vorauszahlungszwecke festgesetzt worden ist, die Vorauszahlungen anpasst.

II. Zeitliche Grenzen einer Anpassung (Abs. 3 Satz 2) 30

Zeitlich ist die Anpassung der Vorauszahlungen nach Satz 2 Halbs. 1 nur bis zum Ende des 15. auf den EZ folgenden Kalendermonats zulässig. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Bekanntgabe des geänderten Vorauszahlungsbescheids. Hintergrund dieser Regelung ist, dass ab diesem Zeitpunkt die Vollverzinsung nach § 233a AO einsetzt. Eine Anpassung kann für alle Fälligkeitstermine erfolgen, und nicht etwa nur für den letzten Vorauszahlungstermin, wie nach § 37 Abs. 4 Satz 1 EStG bei der ESt.

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Kommt es zu einer nachträglichen Erhöhung der Vorauszahlungen, also zu einer Anpassung nach Verstreichen des letzten Vorauszahlungstermins, ist der Erhöhungsbetrag nach Satz 2 Halbs. 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Vorauszahlungsbescheids zu entrichten. 1 2 3 4 5 6

Vgl. VG Gelsenkirchen v. 6.9.2011 – 5 K 4441/10, juris. BVerwG v. 22.5.1987 – 8 C 33/86, BStBl. II 1987, 698. BVerwG v. 22.5.1987 – 8 C 33/86, BStBl. II 1987, 698. BVerwG v. 22.5.1987 – 8 C 33/86, BStBl. II 1987, 698. Vgl. VG Berlin v. 3.5.2016 – 6 L 1224/15, juris., mwN. OVG NRW v. 11.11.2014 – 14 A 759/13, juris.

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D. Anpassung der Vorauszahlungen (Abs. 3)

Rz. 36 § 19

III. Gewerbesteuermessbescheid für Zwecke der Vorauszahlungen (Abs. 3 Sätze 3 und 4) 1. Festsetzung eines geänderten Gewerbesteuermessbetrags für Vorauszahlungszwecke durch das Finanzamt Nach Abs. 3 Satz 3 kann das FA den GewSt-Messbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen festsetzen. 32 Dies dient insbesondere der Effizienz des Besteuerungsverfahrens, denn das FA kann die Erkenntnisse aus der Erhebung der ESt, KSt und USt und deren Vorauszahlungen bzw. Voranmeldungen nutzen. Grundsätzlich dürfte Satz 3 nur insoweit zur Anwendung kommen, als das FA insoweit in das Erhebungsverfahren eingebunden ist. Die Festsetzung ist wie in Satz 2 zeitlich begrenzt bis zum Ende des 15. auf den EZ folgenden Kalendermonats. Die Festsetzung erfolgt mittels Bescheids. Es handelt sich um eine Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Satz 2, § 184 Abs. 1 Satz 3 AO).1 Die Festsetzung eines GewSt-Messbetragsbescheids für Zwecke der Vorauszahlungen durch das FA ist 33 eine Ermessensentscheidung. Dies setzt keinen Antrag der Gemeinde oder des StPfl. voraus. Trägt der StPfl. allerdings Tatsachen vor, welche die Entstehung einer GewSt oder auch eine geringere (oder ggf. höhere) Steuer als bislang angenommen rechtfertigen, und belegt diese durch entsprechende Unterlagen, so hat das FA einen entsprechenden GewSt-Messbetragsbescheid zu erlassen. Als Nachweis der aktuellen Gewinnentwicklung des Gewerbetriebs ist insbes. eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) geeignet.2 In der Praxis wird regelmäßig der Erlass eines GewSt-Messbetragsbescheids im Veranlagungsverfahren zum Anlass genommen, einen GewSt-Messbetragsbescheid für Zwecke der Vorauszahlungen zu erlassen. Begehrt der StPfl. eine Herabsetzung der GewSt-Vorauszahlungen, ist wegen der Bindung der Gew- 34 St an den Messbetrag sowohl ein Antrag auf Herabsetzung des GewSt-Messbetrags an das FA als auch ein Antrag auf Reduzierung der Vorauszahlungen an die Gemeinde unter Hinweis auf den Antrag an das FA sinnvoll. Eine Erhöhung der Vorauszahlungen ist ein belastender Verwaltungsakt, dessen Erlass nach § 91 AO die Anhörung des StPfl. voraussetzt. 2. Bindung der Gemeinde an den geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid Liegt ein GewSt-Messbetragsbescheid für Zwecke der Vorauszahlungen vor, ist nach Abs. 3 Satz 4 die 35 Gemeinde bei der Anpassung der Vorauszahlungen nach den Sätzen 1 und 2 an den festgesetzten Messbetrag gebunden.3 Die Bindung betrifft alle zukünftigen EZ.4 Damit ist ein Abweichen nicht möglich.5 Diese Bindung betrifft allerdings nur den GewSt-Messbetrag und nicht die Verteilung der voraussichtlichen Steuer auf die Vorauszahlungstermine.6 Nach dem Wortlaut bezieht sich die Bindung der Gemeinde nur auf eine durchzuführende Anpassung der Vorauszahlungen nach Abs. 3 Sätze 1 und 2. Liegt allerdings ein Vorauszahlungsbescheid des FA vor, so dürfte das Ermessen der Gemeinde zum zeitnahen Erlass eines entsprechenden GewSt-Vorauszahlungsbescheids auf null reduziert sein.7

IV. Gewerbesteuer-Vorauszahlungen in Zerlegungsfällen (§ 29 GewStDV) Regelungen zur erstmaligen Festsetzung und zur Anpassung von Vorauszahlungen in Zerlegungsfäl- 36 len sind in § 29 GewStDV getroffen. In Zerlegungsfällen braucht das FA parallel zum GewSt-Messbetragsbescheid für Zwecke der Vorauszahlungen keinen Zerlegungsbescheid zu erlassen. Vielmehr kann die Zerlegung nach den Zerlegungsanteilen des unmittelbar vorangegangenen EZ erfolgen. In diesem Fall hat das FA den hebeberechtigten Gemeinden mitzuteilen (1) den Prozentsatz, um den 1 2 3 4 5 6 7

BFH v. 18.8.2004 – I B 87/04, BStBl. II 2005, 143. VG Gelsenkirchen v. 3.12.2012 – 5 L 1402/12, juris. OVG NRW v. 11.11.2014 – 14 A 759/13, ZKF 2015, 115. OVG NRW v. 11.11.2014 – 14 A 759/13, ZKF 2015, 115. Auch OVG NRW v. 11.11.2014 – 14 A 759/13, ZKF 2015, 115. BVerwG v. 22.5.1987 – 8 C 33/86, BStBl. II 1987, 698. So auch Hofmeister in Blümich, § 19 GewStG Rz. 30 (Stand: September 2016).

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§ 19 Rz. 37 Vorauszahlungen sich dieser GewSt-Messbetrag gegenüber dem in der Mitteilung über die Zerlegung gem. § 188 Abs. 1 AO angegebenen GewSt-Messbetrag erhöht oder ermäßigt, oder den auf die jeweilige Gemeinde entfallenden Anteil an dem GewSt-Messbetrag für Zwecke der Vorauszahlung und (2) den EZ, für den die Erhöhung oder Ermäßigung erstmals gilt. In der Regel wird das FA aber im automatisierten Verfahren einen Zerlegungsbescheid für Zwecke der GewSt-Vorauszahlungen erlassen. 37 Gem. § 29 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GewStDV ist ein Zerlegungsbescheid stets zu erteilen:

– wenn an den Vorauszahlungen nicht mehr dieselben Gemeinden beteiligt sind, die nach dem unmittelbar vorangegangenen Zerlegungsbescheid gem. § 188 Abs. 1 AO beteiligt waren oder – wenn ein GewSt-Messbetragsbescheid gem. Abs. 4 iVm. Abs. 3 Satz 3 erstmals festgesetzt wird und das FA erkennt, dass ein Zerlegungsfall vorliegt. 38 Erfolgt die Festsetzung eines Zerlegungsbescheids für Vorauszahlungszwecke, so legt § 29 Abs. 2 Satz 3

GewStDV fest, dass die Zerlegung auf Basis der voraussichtlichen Arbeitslöhne des betreffenden EZ erfolgt. Andere Zerlegungsmaßstäbe (s. § 29 Abs. 1 Nr. 2 und § 33 GewStG) werden insoweit nicht erwähnt. UE ist das Gesetz aber dem Sinn nach so auszulegen, dass das FA den voraussichtlichen Zerlegungsmaßstab zugrunde zu legen hat, also nicht zwingend nach dem Verhältnis der voraussichtlichen Arbeitslöhne zu zerlegen ist.

V. Vorauszahlungen bei der Verlegung von Betriebsstätten (§ 30 GewStDV) 39

§ 30 GewStG bestimmt, dass wenn eine Betriebsstätte in eine andere Gemeinde verlegt wird, die Vorauszahlungen von dem auf die Verlegung folgenden Fälligkeitstag ab in der neuen Gemeinde zu entrichten sind, soweit in der bisherigen Gemeinde nicht eine Betriebsstätte bestehen bleibt. Bei der Verlegung von der Gemeinde A in die Gemeinde B ergeben sich also folgende Konsequenzen: – Gemeinde A: Verbleibt dort keine Betriebsstätte, so kann diese ab dem Zeitpunkt der Verlegung keine Vorauszahlungen mehr erheben. Verbleibt dort eine Betriebsstätte, so sind die festgesetzten Vorauszahlungen weiterhin an die Gemeinde A zu entrichten. Ggf. besteht die Pflicht zur Anpassung der Vorauszahlungen, wenn sich durch die Verlegung eine wesentliche Änderung der voraussichtlichen GewSt ergibt. – Gemeinde B: Verbleibt in der Gemeinde A keine Betriebsstätte, so sind die bisher festgesetzten Vorauszahlungen ohne weiteren Bescheid ab dem Zeitpunkt der Verlegung an die Gemeinde B zu entrichten. Verbleibt in der Gemeinde A dagegen eine Betriebsstätte, so sind Vorauszahlungen an die Gemeinde B nur aufgrund eines von dieser Gemeinde erlassenen GewSt-Bescheids für Zwecke der Vorauszahlungen zu entrichten.

E. Festsetzung von Vorauszahlungen bei neu gegründeten Gewerbebetrieben und bei Wegfall der Steuerbefreiung (Abs. 4) 40

Für einen neu gegründeten oder infolge Wegfalls der GewSt-Befreiung gewstpfl. gewordenen Gewerbebetrieb bildet Abs. 4 die gesetzliche Grundlage zur Festsetzung von Vorauszahlungen. Bei der Festsetzung ist Abs. 3 entsprechend anzuwenden.

F. Abrundung und Kleinbetragsregelung (Abs. 5) 41

Abs. 5 Satz 1 bestimmt, dass die einzelnen Vorauszahlungen auf den nächsten vollen Eurobetrag abzurunden sind. Abs. 5 Satz 2 setzt als Mindestbetrag für die Festsetzung der einzelnen Vorauszahlung den Betrag von 50 Euro fest.

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§ 20 Abrechnung über die Vorauszahlungen (1) Die für einen Erhebungszeitraum (§ 14) entrichteten Vorauszahlungen werden auf die Steuerschuld für diesen Erhebungszeitraum angerechnet. (2) Ist die Steuerschuld größer als die Summe der anzurechnenden Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag, soweit er den im Erhebungszeitraum und nach § 19 Abs. 3 Satz 2 nach Ablauf des Erhebungszeitraums fällig gewordenen, aber nicht entrichteten Vorauszahlungen entspricht, sofort, im Übrigen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten (Abschlusszahlung). (3) Ist die Steuerschuld kleiner als die Summe der anzurechnenden Vorauszahlungen, so wird der Unterschiedsbetrag nach Bekanntgabe des Steuerbescheids durch Aufrechnung oder Zurückzahlung ausgeglichen. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . . I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . . II. 1. 2. 3.

Anwendungsbereich . . . . . . . . Sachlicher Anwendungsbereich . . Zeitlicher Anwendungsbereich . . Persönlicher Anwendungsbereich

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

1

V. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . .

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1

B. Anrechnung der entrichteten Vorauszahlungen (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . .

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C. Berechnung und Fälligkeit einer Abschlusszahlung (Abs. 2) . . . . . . . . .

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D. Berechnung und Fälligkeit eines Abschlussguthabens (Abs. 3) . . . . . . . .

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2 2 3 4

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

5

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

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A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 20 GewStG regelt die Abrechnung der GewSt-Vorauszahlungen als Abschlagszahlungen auf die Steu- 1 erschuld für den entsprechenden EZ. Die Vorschrift betrifft das Steuererhebungsverfahren. Konkret betrifft Abs. 1 die Anrechnung der geleisteten Vorauszahlungen auf die gem. § 16 Abs. 1 GewStG festgesetzte GewSt, Abs. 2 definiert den Begriff und bestimmt die Fälligkeit einer Abschlusszahlung und Abs. 3 regelt die Fälligkeit eines Abrechnungsguthabens.

II. Anwendungsbereich 1. Sachlicher Anwendungsbereich Die Vorschrift betrifft das Erhebungsverfahren und konkret die Anrechnung der Vorauszahlungen 2 auf die Steuerschuld und die Behandlung des sich ergebenden Unterschiedsbetrags (Abschlusszahlung bzw. Abrechnungsguthaben/Abschlusserstattung). 2. Zeitlicher Anwendungsbereich Die Vorschrift ist seit Langem unverändert. Zur Rechtsentwicklung s. Rz. 5.

3

3. Persönlicher Anwendungsbereich § 20 GewStG gilt für alle Steuerschuldner iSd. § 5 GewStG. Die Vorschrift betrifft das Verhältnis zwi- 4 schen Gemeinde und GewStPfl.

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§ 20 Rz. 5 Abrechnung über die Vorauszahlungen

III. Rechtsentwicklung 5 Abs. 1 beruht auf dem G zur Änderung des GewSt-Rechts v. 27.12.1951,1 wobei der Verweis auf § 14

GewStG durch das UntStRefG v. 29.10.19972 eine formale Anpassung erfuhr. Abs. 2 besteht in der jetzigen Fassung seit dem EZ 1953.3 Abs. 3 beruht auf dem G zur Änderung des GewSt-Rechts v. 27.12.1951.4

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 6 Die Vorschrift nimmt unmittelbar Bezug auf die Steuerschuld, welche sich aus § 16 GewStG ergibt,

und auf die Vorauszahlungen, welche sich nach § 19 GewStG ergeben. Dabei wird allerdings ausdrücklich nicht auf die festgesetzten Vorauszahlungen, sondern auf die entrichteten Vorauszahlungen Bezug genommen.

V. Verfahrensrecht 7 Die Anrechnung der Vorauszahlungen auf die Steuerschuld erfolgt regelmäßig in dem GewSt-Be-

scheid. Verfahrensrechtlich liegt ein separater (eigenständiger) Verwaltungsakt (Anrechnungsverfügung) vor, der nach den §§ 129, 130 AO5 oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 182 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 AO6 geändert werden kann.7 Kommt es zu Streitigkeiten über das Erlöschen des Steueranspruchs, so entscheidet die Gemeinde durch Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 Satz 1 AO iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 5 AO).8

B. Anrechnung der entrichteten Vorauszahlungen (Abs. 1) 8 Nach Abs. 1 werden die für den EZ geleisteten Vorauszahlungen auf die Steuerschuld für diesen EZ

angerechnet, also mit der Steuerschuld verrechnet, sodass diese als getilgt gilt. Dabei werden nur die tatsächlich entrichteten Vorauszahlungen angerechnet. Dabei bezieht sich die Anrechnung ausschließlich auf die Vorauszahlungen, die für den EZ entrichtet worden sind, für den die Steuerschuld entstanden ist. Nicht maßgeblich ist, wann die Vorauszahlungen entrichtet worden sind, also während des EZ oder aber – ggf. als nachträgliche Vorauszahlungen – nach dem EZ. UE sind auch freiwillige Vorauszahlungen oder Überzahlungen erfasst. 9 Formal erfolgt die Anrechnung in einer (deklaratorischen) Anrechnungsverfügung, welche regel-

mäßig mit dem GewSt-Bescheid verknüpft ist. Festgesetzte GewSt wird nur in dem Umfang fällig, in dem in der Anrechnungsverfügung eine Abschlusszahlung ausgewiesen wird.9 Ergeht kein GewSt-Bescheid, weil bspw. keine GewStPfl. besteht, kann dennoch eine Anrechnungsverfügung ergehen, um geleistete Vorauszahlungen zur Erstattung zu bringen.

C. Berechnung und Fälligkeit einer Abschlusszahlung (Abs. 2) 10

Abs. 2 definiert die Abschlusszahlung als Differenz zwischen der Steuerschuld und der anzurechnenden Vorauszahlungen. Anzurechnende Vorauszahlungen sind nach Abs. 1 die tatsächlich gezahl1 2 3 4 5 6 7 8 9

G zur Änderung des GewSt-Rechts v. 27.12.1951, BGBl. I 1951, 996. G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. G zur Änderung stl. Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung v. 24.6.1953, BGBl. I 1953, 413. G zur Änderung des GewSt-Rechts v. 27.12.1951, BGBl. I 1951, 996. BFH v. 27.10.2009 – VII R 51/08, BStBl. II 2010, 382 mwN. BFH v. 29.10.2013 – VII R 68/11, BStBl. II 2016, 115. So auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 20 GewStG Rz. 2. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 20 GewStG Rz. 3 (Stand: März 2015). Zu § 220 Abs. 1 AO und § 36 Abs. 4 EStG: BFH v. 18.7.2000 – VII R 32/99, VII R 33/99, BFH v. 18.7.2000 – VII R 32, 33/99, BStBl. II 2001, 133.

744

Schiffers

D. Berechnung und Fälligkeit eines Abschlussguthabens (Abs. 3)

Rz. 13 § 20

ten Vorauszahlungen, sodass uE auch nur diese gegen die Steuerschuld verrechnet werden, sodass die Abschlusszahlung auch die fälligen, aber noch nicht gezahlten Vorauszahlungen umfasst.1 Fällig ist die Abschlusszahlung grds. einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids. Weiter- 11 hin bestimmt Abs. 2, dass, soweit die Abschlusszahlung auf fällige, aber noch nicht entrichtete Vorauszahlungen entfällt, diese sofort fällig wird.

D. Berechnung und Fälligkeit eines Abschlussguthabens (Abs. 3) Ist die Steuerschuld kleiner als die Summe der anzurechnenden Vorauszahlungen, so ergibt sich ein 12 Abschlussguthaben (Erstattungsanspruch) des StPfl., welches nach Bekanntgabe des Steuerbescheids durch Aufrechnung oder Zurückzahlung ausgeglichen wird. Fällig wird dieses Abrechnungsguthaben mit Bekanntgabe des GewSt-Bescheids.2 Das G sieht ausdrücklich die Möglichkeit der Aufrechnung des Abschlussguthabens vor; die Voraussetzungen einer Aufrechnung bestimmen sich nach § 387 BGB.3 Ggf. kann ein Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 AO gestellt werden. 13 Dies gilt insbes., wenn kein GewSt-Bescheid erlassen wird, weil zB keine GewStPfl. besteht oder die Gemeinde, an die die Vorauszahlungen geleistet worden sind, nicht hebeberechtigt ist.

1 So auch Lenski/Steinberg, § 20 GewStG Rz. 10; Hofmeister in Blümich, § 20 GewStG Rz. 6 (Stand: März 2015); aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 20 GewStG Rz. 3 (gesamte festgesetzte Vorauszahlungen). 2 BVerwG v. 14.12.1984 – 8 B 112/84, juris; OVG NRW v. 22.8.1979 – III A 233/77, juris. 3 VG München v. 30.4.2015 – M 10 14.4547, juris.

Schiffers

745

§ 21 Entstehung der Vorauszahlungen Die Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer entstehen mit Beginn des Kalendervierteljahrs, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind, oder, wenn die Steuerpflicht erst im Laufe des Kalendervierteljahrs begründet wird, mit Begründung der Steuerpflicht. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

3

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . .

4

II. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . .

2

B. Entstehung der Vorauszahlungen . . . . .

5

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 21 GewStG bestimmt den Zeitpunkt, zu dem Vorauszahlungsansprüche entstehen. Damit wird die 1 Grundlage für die Erfüllung und Fälligkeit des Anspruchs gelegt, da hierfür dessen Existenz, also Entstehung Voraussetzung ist. Die Entstehung der Vorauszahlungen auf die GewSt ist vor allem bedeutsam für die Haftung von Personen, die nicht Steuerschuldner sind (§ 1 Abs. 2 Nr. 2, §§ 45 und 69 ff. AO; §§ 25 ff. HGB). Die Entstehung des Anspruchs kann daneben im Insolvenzverfahren von Bedeutung sein.1 § 21 GewStG füllt für die GewSt-Vorauszahlungsansprüche die Blankettnorm des § 38 AO aus.

II. Sachlicher Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt für alle GewSt-Vorauszahlungsansprüche, die per Vorauszahlungsbescheid fest- 2 gesetzt werden.

III. Rechtsentwicklung Die Norm mit ihrem jetzigen Regelungsinhalt wurde durch das EGAO 19772 in das GewStG ein- 3 gefügt, wobei inhaltlich der zuvor geltende § 3 Abs. 5 Nr. 3 Buchst. a StAnpG fortgeführt wurde.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften Die Vorschrift ergänzt § 19 GewStG hinsichtlich des Zeitpunkts der Entstehung des Anspruchs auf 4 GewSt-Vorauszahlungen; Höhe und Fälligkeit der GewSt-Vorauszahlungen ergeben sich aus § 19 GewStG. Die Entstehung der GewSt allgemein wird durch § 18 GewStG konkretisiert.

B. Entstehung der Vorauszahlungen Die Vorauszahlungsansprüche entstehen gem. § 21 Alt. 1 GewStG grds. mit Beginn des Kalendervier- 5 teljahrs, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind (= fällig werden). Dies gilt für sämtliche Vorauszahlungen zur GewSt, also auch für nach § 19 Abs. 3 Satz 2 GewStG nachträglich festgesetzte Vorauszahlungen.3

1 Vgl. VGH München v. 11.2.1998 – 4 B 96.3715, juris. 2 EGAO 1977 v. 14.12.1976, BGBl. I 1976, 3341. 3 Ebenso Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 21 GewStG Rz. 4 (Stand: Mai 2015).

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§ 21 Rz. 6 Entstehung der Vorauszahlungen 6 Wird die GewStPfl. erst im Laufe des Kalendervierteljahrs begründet und wird bereits in diesem Vier-

teljahr die erste Vorauszahlung fällig, entsteht der Anspruch auf diese Vorauszahlung im Zeitpunkt der Begründung der GewStPfl. (§ 21 Alt. 2 GewStG). 7 § 21 GewStG verweist hinsichtlich der Entstehung der GewSt-Vorauszahlungen auf den Zeitpunkt, in

dem diese zu entrichten sind, also auf den Fälligkeitszeitpunkt. Da die Fälligkeit von GewSt-Vorauszahlungen einen Vorauszahlungsbescheid voraussetzt, setzt auch die Entstehung der GewSt-Vorauszahlungen einen Vorauszahlungsbescheid vor.1

§§ 22–27

(weggefallen)

1 So auch Hofmeister in Blümich, § 21 GewStG Rz. 5 (Stand: März 2015); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 21 GewStG Rz. 2.

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§ 21 Rz. 6 Entstehung der Vorauszahlungen 6 Wird die GewStPfl. erst im Laufe des Kalendervierteljahrs begründet und wird bereits in diesem Vier-

teljahr die erste Vorauszahlung fällig, entsteht der Anspruch auf diese Vorauszahlung im Zeitpunkt der Begründung der GewStPfl. (§ 21 Alt. 2 GewStG). 7 § 21 GewStG verweist hinsichtlich der Entstehung der GewSt-Vorauszahlungen auf den Zeitpunkt, in

dem diese zu entrichten sind, also auf den Fälligkeitszeitpunkt. Da die Fälligkeit von GewSt-Vorauszahlungen einen Vorauszahlungsbescheid voraussetzt, setzt auch die Entstehung der GewSt-Vorauszahlungen einen Vorauszahlungsbescheid vor.1

§§ 22–27

(weggefallen)

1 So auch Hofmeister in Blümich, § 21 GewStG Rz. 5 (Stand: März 2015); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 21 GewStG Rz. 2.

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Abschnitt VI Zerlegung

§ 28 Allgemeines (1) 1Sind im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, so ist der Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen. 2Das gilt auch in den Fällen, in denen eine Betriebsstätte sich über mehrere Gemeinden erstreckt hat oder eine Betriebsstätte innerhalb eines Erhebungszeitraums von einer Gemeinde in eine andere Gemeinde verlegt worden ist. (2) 1Bei der Zerlegung sind die Gemeinden nicht zu berücksichtigen, in denen 1. Verkehrsunternehmen lediglich Gleisanlagen unterhalten, 2. sich nur Anlagen befinden, die der Weiterleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe sowie elektrischer Energie dienen, ohne dass diese dort abgegeben werden, 3. Bergbauunternehmen keine oberirdischen Anlagen haben, in welchen eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird. 4. (weggefallen) 2Dies gilt nicht, wenn dadurch auf keine Gemeinde ein Zerlegungsanteil oder der Steuermessbetrag entfallen würde. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

III. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . 1. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . .

8 8 10

IV. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

11

V. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12 12 15

B. Zerlegungsfälle nach Abs. 1 . . . . . . . . .

16

I. Betriebsstättenzerlegung . . . . . . . . . . . .

16

II. Zerlegung nach Abs. 1 Satz 1 . . . . . . . 1. Erhebungszeitraum . . . . . . . . . . . . 2. Der Begriff der Betriebsstätte . . . . . . . a) Die Betriebsstätte . . . . . . . . . . . . b) Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . c) Nicht zu berücksichtigende Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Betriebsstätte in mehreren Gemeinden . 4. Zerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zerlegungsverfahren . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

19 19 22 22 27

. . . . .

. . . . .

28 31 32 32 33

aa) Verhältnis zur Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags und der Festsetzung der Gewerbesteuer . . bb) Das Zerlegungsverfahren im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . dd) Beteiligungsrechte der Gemeinden ee) Änderung von Zerlegungsbescheiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 189 AO . . . . . . . . . . . . . . . (2) Änderung nach den Vorschriften der AO . . . . . . . . . . . . . . . .

33 36 39 40 41 41 44

III. Mehrgemeindliche Betriebsstätte (Abs. 1 Satz 2 Alt. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

C. Von der Zerlegung ausgeschlossene Gemeinden (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . .

50

I. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

II. Nicht zu berücksichtigende Gemeinden . . 1. Verkehrsunternehmen (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anlagen zur Weiterleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe sowie elektrischer Energie (Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) . . . . . . . . 3. Bergbauunternehmen (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gewerbesteueroasen (Abs. 2 Satz 1 Nr. 4) .

51

III. Rückausnahmen (Abs. 2 Satz 2) . . . . . .

51 52 55 56 57

Literatur: Dietrich/Krakowiak, Deutschland – Ein Steuerparadies für Kapitalgesellschaften? – Optimierungspotenzial der Gewerbesteuerlast am Beispiel einer Kapitalgesellschaft mit Betriebsstätten in mehreren Gemeinden, DStR 2009, 661; Urbahns, Beispielhafte Darstellung von Gestaltungspotenzial, Optimierte Zerlegung des Gewerbesteuer-

Leister

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§ 28 Rz. 1 Zerlegung (Allgemeines) messbetrags, StuB 2010, 425; Scheffler, Innerstaatliche Erfolgszuordnung als Instrument der Steuerplanung, Ubg 2011, 262; Waldhoff/Engler, Die Küste im deutschen Ertragssteuerrecht – am Beispiel der Besteuerung von Offshore-Energieerzeugung, FR 2012, 254; Felten/Löhr, Mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten bei mehreren Geschäftsführern, EStB 2015, 122; Steinhauff, Mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten bei mehreren Geschäftsführern mit gleichwertigen Aufgaben, StBW 2015, 283.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 Die GewSt bildet als Gemeindesteuer die Grundlage der finanziellen Eigenverantwortlichkeit der

Kommunen, die jeweils für sich einen individuellen Steuersatz bestimmen können (Art. 28 Abs. 1 Satz 3, 106 Abs. 6 GG). Hebeberechtigt (dh. Steuergläubiger) sind gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 GewStG die Gemeinden, in deren Gemeindebereich ein Gewerbebetrieb eine Betriebsstätte unterhält. Befinden sich Betriebsstätten(teile) desselben Gewerbebetriebs innerhalb eines EZ in mehreren Gemeinden, so wird die GewSt in jeder Gemeinde nach dem Teil des Gewerbesteuermessbetrags erhoben, der auf sie entfällt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Die Durchführung dieser Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags ist die Funktion der Zerlegung. 2 Zerlegung meint allg. die Aufteilung einer Steuer bzw. der zugrunde liegenden Bemessungsgrundlage.

Unter Zerlegung iSd. § 28 GewStG ist die Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags auf mehrere hebeberechtigte Gemeinden zu verstehen. Eine Zerlegung der Steuer scheidet im Bereich der GewSt – anders als etwa bei der Zerlegung der KSt – aufgrund der unterschiedlichen Hebesätze der Gemeinden aus. 3 Die Zerlegung entspricht dem der GewSt zugrunde liegenden Äquivalenzprinzip, nach dem die Un-

ternehmen durch die Zahlung der GewSt einen Beitrag dafür leisten, dass sie durch ihr Bestehen und Tätigwerden den Gemeinden besondere Lasten verursachen.1 Dabei geht es nicht um die Deckung des Finanzbedarfs der Gemeinden an sich, sondern nur um einen Ausgleich für Lasten, die sich über Ausgaben direkt auf die gemeindlichen Haushalte auswirken.2 Die Zerlegung soll darüber hinaus auch keinen Finanzausgleich ersetzen.3 Sie ist insbes. deshalb erforderlich, weil die Bemessungsgrundlage der GewSt (s. § 6 GewStG) und damit auch der Gewerbesteuermessbetrag einheitlich für den gesamten Gewerbebetrieb – und nicht etwa für einzelne Betriebsstätten oder Betriebsteile – ermittelt wird. 4 Die §§ 4, 28 GewSt geben den Gemeinden, in deren Bereich sich Betriebsstätten befinden, jedoch kei-

nen unbedingten Anspruch auf Beteiligung an dem Gewerbesteuermessbetrag.4 Vielmehr müssen die Voraussetzungen des § 28 GewStG im Einzelnen erfüllt sein, damit es zu einer Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags kommt. Zur Durchführung der Zerlegung nennt das Gewerbesteuergesetz in §§ 29, 30, 33 verschiedene Zerlegungsmaßstäbe. Die von der FinVerw. durchzuführende Zerlegung ist vornehmlich für die beteiligten Gemeinden, aber auch für den StPfl. von erheblicher finanzieller Bedeutung. Insbesondere das bestehende Hebesatzgefälle zwischen den einzelnen Gemeinden macht es in Zerlegungsfällen möglich, durch gezielte Gestaltungen die Steuerlast des Unternehmens zu beeinflussen.5 5 Mit der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags verfolgt der Gesetzgeber die Absicht, sämtliche

Standortgemeinden des Betriebs über die Erhebung von GewSt an der Ertragskraft des Betriebs teilhaben zu lassen. Dabei wird der einheitlich ermittelte Steuermessbetrag nach bestimmten Maßstäben (§§ 29 ff. GewStG) auf die entsprechenden Gemeinden verteilt, in denen das Unternehmen im EZ eine Betriebsstätte oder einen Betriebsstättenteil unterhielt (§ 28 Abs. 1 GewStG). Der Betriebsstättenbegriff hat dabei die Funktion, unternehmerische Tätigkeiten und Betriebsvermögen örtlich zuzuordnen, damit Besteuerungstatbestände und Besteuerungsverfahren an diese Zuordnung anknüpfen

1 2 3 4 5

BFH v. 22.7.1988 – III R 286/84, BFH/NV 1990, 56. BFH v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836. BFH v. 9.10.1975 – IV R 114/73, BStBl. II 1976, 123; v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836. BFH v. 13.5.1958 – I B 49/58 U, BStBl. III 1958, 379. Dietrich/Krakowiak, DStR 2009, 661; Urbahns, StuB 2010, 425, Scheffler, Ubg 2011, 262.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 10 § 28

können.1 Eine Zerlegung erfolgt jedoch nur, soweit die Betriebsstätten nach § 28 Abs. 2 GewStG nicht ausdrücklich von der Zerlegung ausgeschlossen sind.

II. Überblick § 28 Abs. 1 GewStG definiert zunächst den Begriff der Zerlegung und grenzt den grundsätzlichen 6 Anwendungsbereich ein. Darüber hinaus wird als Betrachtungszeitraum der EZ nach § 14 GewStG festgelegt. Die Zerlegung eines einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags kommt danach zur Anwendung, wenn im EZ (= Kj.) Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten werden. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein und derselbe Gewerbebetrieb zu irgendeinem Zeitpunkt im EZ gleichzeitig oder nacheinander Betriebsstätten(-teile) in verschiedenen Gemeinden unterhält (§ 4 Abs. 1 Satz 2 GewStG). In § 28 Abs. 2 GewStG finden sich Sonderregelungen für die Zerlegung von Gewerbesteuermessbeträ- 7 gen von Verkehrs- und Bergbauunternehmen und für die Fälle, in denen sich in einer Gemeinde lediglich Anlagen eines gewstpfl. Betriebs zur Weiterleitung von Stoffen oder elektrischer Energie befinden. Diese Regelungen sollen nach der amtlichen Begründung das Zerlegungsverfahren vereinfachen.2

III. Anwendungsbereich 1. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich Unter den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschrift fallen alle Unternehmer iSd. § 5 GewStG, 8 die eine inländ. Betriebsstätte unterhalten. Ausländische Betriebsstätten sind bei der Zerlegung nicht zu berücksichtigen.3 Auf Unternehmen, die Offshore-Anlagen auf dem deutschen Anteil des Festlandsockels betreiben, ist § 28 GewStG zumindest analog anzuwenden.4 § 28 GewStG regelt grds. die Zerlegung in den Fällen, in denen Betriebsstätten in mehreren Gemeinden unterhalten werden. Offshore-Anlagen befinden sich jedoch im Bereich des Festlandsockels und/oder der ausschließlichen Wirtschaftszone und somit in Gebieten, die in der Verwaltungskompetenz der Länder (gemeinde- bzw. kreisfreie Gebiete) liegen.5 Betriebsstätten werden daher nicht in mehreren Gemeinden, sondern auf Gebieten unterhalten, in denen die Ertragshoheit Gemeinden und/oder (verschiedenen) Bundesländern zusteht. Eine analoge Zerlegung nach § 28 GewStG ist jedoch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift naheliegend. Sachlich findet die Vorschrift grds. auf alle der GewSt unterliegenden Betriebe Anwendung. Beson- 9 derheiten gelten für Reisegewerbetreibende. Für einen Reisegewerbebetrieb ist gem. § 35 Abs. 3 GewStG die Gemeinde hebeberechtigt, in der sich der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit befindet. Eine Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags kommt bei Reisegewerbetreibenden nur dann in Betracht, wenn der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit im Laufe des EZ von einer Gemeinde in eine andere verlegt wird (s. § 35a Abs. 4 GewStG, § 35 Abs. 2 GewStDV). Ausdrücklich durch § 28 Abs. 2 Nr. 1 und 3 GewStG ausgeschlossen sind Verkehrsunternehmen, die lediglich Gleisanlagen unterhalten (vgl. Rz. 51), und Bergbauunternehmen, die keine oberirdischen Anlagen betreiben, in welchen eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (vgl. Rz. 55). 2. Zeitlicher Anwendungsbereich Eine Zerlegung ist bereits seit dem Jahr 1936 in allen Fällen vorzunehmen, in denen ein Gewerbe- 10 betrieb eine Betriebsstätte unterhält. Dabei kommt es stets auf die Verhältnisse des einzelnen VZ an. Die für den jeweiligen EZ geltenden Fassungen des § 28 GewStG sind dabei zu beachten.6 1 2 3 4 5 6

Urbahns, StuB 2010, 425. BT-Drucks. 7/5458, 11. § 2 Abs. 1 iVm. § 9 Nr. 3 GewStG; R 28.1 Abs. 3 GewStR 2009. Waldhoff/Engler, FR 2012, 254. § 2 Abs. 7 iVm. § 4 Abs. 2 Satz 2 GewStG. Vgl. die Rechtsentwicklung unter Rz. 11.

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§ 28 Rz. 11 Zerlegung (Allgemeines)

IV. Rechtsentwicklung 11

Bereits im Jahre 1936 bestimmte § 28 Abs. 1 GewStG,1 dass der Gewerbesteuermessbetrag entsprechend der auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile zu zerlegen war, wenn Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten wurden oder sich eine Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden erstreckte. Maßgebend waren ursprünglich die Verhältnisse an einem Stichtag (Beginn des EZ). Das Stichtagsprinzip führte jedoch insbes. bei der Errichtung, Verlegung und Schließung von Betriebsstätten im Laufe eines EZ zu willkürlichen Ergebnissen. Mit dem G zur Änderung des GewStR vom 27.12.19512 wurde deshalb das Stichtagsprinzip durch die Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen EZ ersetzt. Die durch das EGAO vom 14.12.19763 verabschiedete Fassung des § 28 GewStG ist bis heute noch in weiten Teilen gültig. Für die EZ bis 1990 wurde die Zerlegung jedoch durch § 28 Abs. 1 Satz 3 GewStG auf bestimmte Gemeinden eingeschränkt. Betriebsstätten in den sog. Beitrittsgebieten4 sollten in diesem Zeitraum an der Zerlegung des auf das Gewerbekapital entfallenden Teils des einheitlichen Steuermessbetrags nicht partizipieren. Gemeint waren insbes. die Gebiete der DDR und Ostberlin, in denen bis 1990 eigenständig GewSt erhoben wurde, dessen Aufkommen nicht den Gemeinden, sondern dem Staat zustand.5 Diese Anwendungseinschränkung war durch die Wiedervereinigung überholt.6 Darüber hinaus wurde § 28 GewStG durch das UntStRFoG v. 29.10.19977 an die Änderungen in § 14 GewStG angepasst (Streichung des Wortes „einheitlich“ sowohl in Abs. 1 als auch in Abs. 2 der Vorschrift). Die durch das SteuervergünstigungsabbauG v. 16.5.20038 eingefügte Sondervorschrift der Nr. 4 des § 28 Abs. 2 GewStG wurde nach nur einjähriger Geltungsdauer bereits mit Wirkung ab dem EZ 2004 wieder aufgehoben.9 In diesem Zeitraum waren bei der Zerlegung niedrig besteuernde Gemeinden vorübergehend nicht zu berücksichtigen. Grund für die zeitnahe Wiederaufhebung war die ab dem EZ 2004 eingeführte Verpflichtung der Gemeinden, stets eine GewSt zu einem Mindesthebesatz von 200 % zu erheben.10

V. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 12

Den Grundstein für die Zerlegung legt § 4 GewStG. Hebeberechtigt ist danach die Gemeinde, in der eine Betriebsstätte unterhalten wird. Befinden sich Betriebsstätten desselben Gewerbebetriebs in mehreren Gemeinden oder erstreckt sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden, so wird die GewSt in jeder Gemeinde nach dem Teil des Steuermessbetrags erhoben, der auf sie entfällt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG).

13

Ob eine Zerlegung durchzuführen ist, bestimmt sich nach den Verhältnissen im EZ. Dieser wird durch § 14 GewStG definiert und ist gem. § 14 Satz 2 GewStG grds. das Kj. Die jeweiligen Zerlegungsmaßstäbe ergeben sich aus §§ 29 ff. GewStG und sind zur Durchführung der Zerlegung heranzuziehen.

14

Eingeschränkt wird die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 GewStG durch die Kleinbetragsregelung des § 34 GewStG. Als Kleinbetrag gilt ein einheitlicher Steuermessbetrag von nicht mehr als 10 Euro. In diesem Fall wird der Messbetrag in voller Höhe der Gemeinde zugewiesen, in der sich die Geschäftsleitung bzw. der wirtschaftlich bedeutendste Teil der zu berücksichtigenden Betriebsstätten befindet. 1 2 3 4 5 6 7 8 9

GewStG v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979 = RStBl. 1936, 1149. BGBl. I 1951, 996. BGBl. I 1976, 3341. § 2 Abs. 6 Satz 1 GewStG idF v. 14.5.1984. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 2 (Stand: Juni 2016). EinigungsvertragsG v. 23.9.1990, BGBl. II 1190, 885 (977). BGBl. I 1997, 2590. Art. 4 Nr. 5 StVergAbG, BGBl. I 2003, 660. Art 2 Nr. 6 des G zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze (GewStÄndG) v. 23.12.2003, BGBl. I 2003, 2922. 10 G zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze (GewStÄndG) v. 23.12.2003, BGBl. I 2003, 2922.

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B. Zerlegungsfälle nach Abs. 1

Rz. 19 § 28

Entsprechendes gilt, wenn zwar der einheitliche Steuermessbetrag 10 Euro übersteigt, aber der auf eine Gemeinde entfallende Zerlegungsanteil diesen Betrag nicht überschreitet (§ 34 Abs. 2 GewStG). Sofern sich im Rahmen einer Änderung oder Berichtigung des Zerlegungsbescheides der Zerlegungsanteil einer Gemeinde nur bis zu 10 Euro erhöht oder ermäßigt, wird der Betrag der Erhöhung oder Ermäßigung gem. § 34 Abs. 3 Satz 1 GewStG ebenfalls dem Zerlegungsanteil der Geschäftsleitungsgemeinde zugerechnet. Dies gilt jedoch nicht, wenn sich dadurch für die Geschäftsleitungsgemeinde ein negativer Zerlegungsanteil ergibt.1 Ebenso schränkt § 2 Abs. 1 iVm. § 9 Nr. 3 GewStG die Zerlegung auf inländ. Betriebsstätten ein (Rz. 28). 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG Das Zerlegungsverfahren wird durch die Sondervorschriften der §§ 185–190 AO gesetzlich geregelt. 15 Da das GewStG und insbes. die §§ 28 ff. GewStG keine eigene Definition des Betriebsstättenbegriffs enthalten, ist diesbezüglich § 12 AO heranzuziehen. Sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, finden gem. § 2 ZerlG die Vorschriften der §§ 28 ff. GewStG analog Anwendung bei der Zerlegung des Körperschaftsteueranspruchs.

B. Zerlegungsfälle nach Abs. 1 I. Betriebsstättenzerlegung 16 Gemäß § 28 Abs. 1 GewStG wird der Messbetrag in den folgenden Fällen zerlegt: – ein Gewerbebetrieb unterhält im EZ mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden oder – eine Betriebsstätte erstreckt sich über mehrere Gemeinden (sog. mehrgemeindliche Betriebsstätte, beachte § 30 GewStG) oder – eine Betriebsstätte wird von einer Gemeinde in eine andere Gemeinde verlegt.

Eine Zerlegung ist auch notwendig, wenn Betriebsstätten eines Unternehmens sowohl in einer Ge- 17 meinde als auch in einem gemeindefreien Gebiet liegen, dessen Gewerbesteueraufkommen einer anderen Gemeinde oder dem Land zugewiesen worden ist. In diesen Fällen regelt die Regierung des Landes, dem das gemeindefreie Gebiet angegliedert ist, das Heberecht für das entsprechende Gebiet durch Rechtsverordnung (§ 4 Abs. 2 GewStG). Als häufigster Anwendungsfall sind hier die OffshoreWindparks zu nennen.2 Werden von einem Unternehmen mehrere Betriebsstätten im Bezirk derselben Gemeinde unterhal- 18 ten, findet – da nur ein Steuergläubiger vorliegt – eine Zerlegung grds. nicht statt. Eine Ausnahme wird durch § 16 Abs. 4 Sätze 3 und 4 GewStG geregelt. Befinden sich verschiedene Betriebsstätten eines Unternehmens in verschiedenen Gebietsteilen einer Gemeinde mit unterschiedlichen Hebesätzen oder erstreckt sich eine Betriebsstätte über ein Gemeindegebiet mit unterschiedlichen Hebesätzen, kann eine Zerlegung ebenfalls in Betracht kommen.

II. Zerlegung nach Abs. 1 Satz 1 1. Erhebungszeitraum Für die Frage, ob eine Zerlegung durchzuführen ist, sind die Verhältnisse im EZ maßgeblich. Die Re- 19 gelung gilt für sämtliche in § 28 Abs. 1 GewStG genannten Zerlegungsfälle. Erhebungszeitraum ist gem. § 14 Satz 2 GewStG das Kj. bzw. ein ggf. abgekürzter Zeitraum. Die Vorschrift des § 10 Abs. 2 GewStG, nach der bei Gewerbetreibenden, die ein vom Kj. abweichendes Wj. bilden, das abweichende Wj. für die Gewerbeertragsermittlung zugrunde gelegt wird, gilt nicht für die Zerlegung. Der BFH 1 R 34.1 GewStR 2009. 2 Vgl. auch die Kommentierung zu § 4 Abs. 2 GewStG und Waldhoff/Engler, FR 2012, 254.

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§ 28 Rz. 20 Zerlegung (Allgemeines) begründet dies mit einer fehlenden Regelung im GewStG, nach der der Gewerbeertrag eines vom EZ abweichenden Wj. für Zwecke der Zerlegung nur dem Teil des EZ zuzuordnen ist, der sich mit dem Wj. deckt.1 Somit ist auch dann, wenn ein Gewerbebetrieb ein abweichendes Wj. gewählt hat, für die Zerlegung das Kj. als Betrachtungszeitraum maßgeblich.2 Dadurch können uU auch Betriebsstätten bei der Zerlegung zu berücksichtigen sein, die in dem Wj., in dem der für die Festsetzung des Steuermessbetrags maßgebende Gewerbeertrag nach § 10 Abs. 1 GewStG erzielt wurde, noch nicht bestanden haben. Beispiel: Die A-GmbH hat für sich als abweichendes Wj. den Zeitraum 1.10.–30.9 bestimmt. Sie unterhält seit mehreren Jahren Betriebsstätten in Köln und Münster. Am 5.10.2017 hat die A-GmbH eine weitere Betriebsstätte in Düsseldorf eröffnet. Lösung: Gemäß § 10 Abs. 2 GewStG ist der Gewerbeertrag des abweichenden Wj. 1.10.2016–30.9.2017 dem EZ 2017 zuzurechnen, weil das abweichende Wj. in 2017 endet. Der so ermittelte Steuermessbetrag ist auf die Gemeinden Köln, Münster und Düsseldorf zu zerlegen. Insbesondere ist auch die Gemeinde Düsseldorf an der Zerlegung zu beteiligen, weil die A-GmbH im EZ 2017 (hinsichtlich der Zerlegung ist dieser immer mit dem Kj. identisch) eine Betriebsstätte in Düsseldorf unterhalten hat. Bei Durchführung der Zerlegung sind die Arbeitslöhne in der Zeit vom 1.1.–31.12.2017 (EZ) maßgebend (§ 29 Abs. 2 GewStG).

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Die vorgenannten Grundsätze gelten auch dann, wenn eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft während eines im folgenden EZ endenden Wj. des Organträgers begründet wird und der für den EZ der Begründung der Organschaft für den Betrieb des Organträgers festgesetzte einheitliche Gewerbesteuermessbetrag somit ausschließlich auf vororganschaftlichen Besteuerungsgrundlagen beruht. In diesem Fall müssen bei der Zerlegung des Messbetrags auch die Betriebsstätten und Lohnzahlungen der Organgesellschaft(en) berücksichtigt werden.3

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Einer bestimmten Mindestdauer des Bestehens der einzelnen Betriebsstätten zur Berücksichtigung im Zerlegungsverfahren bedarf es nicht.4 Es kommt allein darauf an, dass zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt innerhalb des EZ eine Betriebsstätte unterhalten wurde. Auch in Fällen, in denen eine aktive Tätigkeit nicht stattgefunden hat (bspw. wegen eines Feiertags), ist die Zerlegung vorzunehmen.5 2. Der Begriff der Betriebsstätte a) Die Betriebsstätte

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Die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags setzt mindestens eine Betriebsstätte in einer von dem Stammsitz des Unternehmens abweichenden Gemeinde voraus. Wird ein Unternehmen in einer Gemeinde tätig, ohne dass dort eine Betriebsstätte ganz oder zumindest teilweise unterhalten wird, ist eine Zerlegung nicht, auch nicht nach § 33 GewStG, vorzunehmen. Dies gilt selbst dann, wenn für die Gemeinde, in der das Unternehmen keine Betriebsstätte unterhält, bedeutsame Lasten entstehen.6

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Der Betriebsstättenbegriff wird durch das GewStG nicht eigenständig definiert. Es ist deshalb für die Begriffsbestimmung auf § 12 AO zurückzugreifen.7 Eine Betriebsstätte ist nach § 12 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Dies setzt Räumlichkeiten, Flächen oder Anlagen mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer sind, der Tätigkeit des Unternehmens dienen und über die der StPfl. eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat.8 Nicht erforderlich sind besondere Räumlichkeiten oder Vorrichtungen. Die Rechtsstellung der Nutzung (zB Eigentümer, Mieter oder auch nur ein erkennbarer 1 2 3 4 5 6 7 8

BFH v. 17.2.1993 – I R 19/92, BStBl. II 1993, 679 = FR 1993, 614. BFH v. 17.2.1993 – I R 19/92, BStBl. II 1993, 679 = FR 1993, 614; H 28.1 GewStH 2009. BFH v. 17.2.1993 – I R 19/92, BStBl. II 1993, 679 = FR 1993, 614. BFH v. 25.11.2009 – I R 18/08, BFH/NV 2010, 941; Hofmeister in Blümich, § 28 GewStG Rz. 10 (Stand: November 2014). BFH v. 5.6.2007 – I R 49/06, BFH/NV 2007, 2346; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 26 (Stand: Juni 2016). Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 11 (Stand: Juni 2016). R 2.9 Abs. 1 GewStR 2009. BFH v. 3.2.1993 – I R 80/91, I R 81/91, BStBl. II 1993, 462 = FR 1993, 336 m. Anm. Kempermann; v. 19.5.1993 – I R 80/92, BStBl. II 1993, 655 = FR 1993, 614 m. Anm. Kempermann; v. 13.9.2000 – X R 174/96, BStBl. II 2001, 734 = FR 2001, 420; v. 17.9.2003 – I R 12/02, BStBl. II 2004, 396 = FR 2004, 291.

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B. Zerlegungsfälle nach Abs. 1

Rz. 25 § 28

Anspruch auf Verfügungsmacht gegenüber einer dritten Person) ist nicht entscheidend, solange die Rechtsposition gesichert ist und dem Unternehmer nicht ohne Weiteres entzogen oder verändert werden kann. Aus diesem Grund reicht auch die bloße Möglichkeit der (Mit-)Benutzung nicht aus.1 Unter der Voraussetzung, dass jeder Gewerbebetrieb eine für seinen Bereich geltende Verfügungsmacht besitzt, ist es im Einzelfall möglich, dass eine Anlage oder Geschäftseinrichtung gleichzeitig eine Betriebsstätte für mehrere Gewerbebetriebe bildet. Eine Alleinverfügungsmacht wird nicht vorausgesetzt (vgl. auch § 2 GewStG Rz. 92).2 Als Betriebsstätten kommen insbes. in Betracht: – die Stätte der Geschäftsleitung (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO), – Zweigniederlassungen (§ 12 Satz 2 Nr. 2 AO), – Geschäftsstellen (§ 12 Satz 2 Nr. 3 AO), – Fabrikations- oder Werkstätten (§ 12 Satz 2 Nr. 4 AO), – Warenlager (§ 12 Satz 2 Nr. 5 AO), – Ein- oder Verkaufsstellen (§ 12 Satz 2 Nr. 6 AO), – Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen (§ 12 Satz 2 Nr. 7 AO) und – Bauausführungen und Montagen, wenn die einzelne Bauausführung oder Montage länger als sechs Monate dauert (§ 12 Nr. 8 AO). Als Betriebsstätten kommen nach der BFH-Rspr. bspw. ein Imbissstand im Caravan3 oder ein Container4 in Betracht. Nicht unter den Begriff der Betriebsstätte fällt ua. ein einmalig für vier Wochen im Jahr unterhaltener Verkaufsstand auf einem (Weihnachts-)Markt5 oder ein Auslieferungslager, in dem der Unternehmer keine Arbeitnehmer beschäftigt. Diese begründen daher keinen Anspruch der Gemeinde auf einen Zerlegungsanteil.6 Für weitere Beispiele vgl. auch § 2 GewStG Rz. 91. Zur Ausübung des Gewerbes unterhalten wird eine Geschäftseinrichtung/Anlage, wenn in oder mit 24 ihr eine gewerbliche Tätigkeit des Unternehmens tatsächlich ausgeübt wird.7 Erforderlich ist eine andauernde, wenn auch nur unwesentliche (Hilfs-)Tätigkeit, die dem Unternehmern dient. Ein lediglich mittelbarer Einfluss auf die ausgeübte Tätigkeit (bspw. Einrichtungen, die den notwendigen sozialen Bedürfnissen der Arbeitnehmer, wie Wohn-, Erholungs- und Sportzwecken dienen, als auch Hygiene-Einrichtungen) ist jedoch nicht ausreichend, vgl. § 2 GewStG Rz. 95. In der Literatur ist diese Rechtsauffassung umstritten.8 Hängt die Annahme einer Betriebsstätte von einer gewissen Dauer ab (§ 12 Nr. 8 AO, Bestehen von 25 sechs Monaten), dürfen einzelne Zeiträume von weniger als sechs Monaten nicht als Betriebsstätte zusammengerechnet werden.9 Dies gilt jedoch nicht, wenn dadurch auf keine Gemeinde ein Zerlegungsanteil oder der einheitliche Steuermessbetrag entfallen würde.10 Bei der Zeitraumermittlung komme es nicht auf die Verhältnisse innerhalb eines EZ an.11 Es sind vielmehr erhebungszeitraumübergreifend die Zeiträume des Bestehens zusammenzurechnen. Dabei berühren witterungs- oder bautechnisch bedingte Unterbrechungen von kurzer Dauer den Fortgang der Sechsmonatsfrist nicht.12 Erst im nächsten Schritt bei den Zerlegungsmaßstäben kommt es dann ausschließlich auf die Verhältnisse innerhalb eines EZ an. 1 BFH v. 8.3.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735; v. 11.10.1989 – I R 77/88, BStBl. II 1990, 166 = FR 1990, 230 mwN. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 12 (Stand: Juni 2016). 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 28 GewStG Rz. 3a. 4 BFH v. 16.12.1998 – I R 138/97, BStBl. II 1999, 437 = FR 1999, 756 m. Anm. Kempermann. 5 BFH v. 17.9.2003 – I R 12/02, BStBl. II 2004, 396 = FR 2004, 291. 6 BFH v. 12.7.1960 – I B 47/59 S, BStBl. III 1960, 386; H 28.1 GewStH 2009. 7 BFH v. 30.10.1996 – II R 12/92, BStBl. II 1997, 12. 8 Entsprechend: Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 18 ff. (Stand: Juni 2016); Güroff in Glanegger/ Güroff9, § 28 GewStG Rz. 3c; krit.: Hofmeister in Blümich, § 28 GewStG Rz. 12 (Stand: November 2014). 9 R 28.1 Abs. 1 Satz 5 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 28 GewStG Rz. 5. 10 R 28.1 Abs. 1 Satz 6 GewStR 2009. 11 R 2.9 Abs. 2 Satz 5 GewStR 2009. 12 BFH v. 8.2.1979 – IV R 56/76, BStBl. II 1979, 479.

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§ 28 Rz. 26 Zerlegung (Allgemeines) 26

Im Fall der Verpachtung oder Stilllegung eines Teilbetriebs unterhält der Unternehmer im Allgemeinen keine Betriebsstätte in der Gemeinde, in der sich die Anlagen befinden. Die Belegenheitsgemeinde hat deshalb grds. keinen Anspruch auf einen Zerlegungsanteil.1 Dies gilt auch in Fällen der Betriebsaufspaltung. Hier ist jeweils getrennt für das Besitz- und das Betriebsunternehmen zu prüfen, in welchen Gemeinden die entsprechenden Tätigkeiten ausgeübt werden. Die Besitzgesellschaft übt dabei idR keinen eigenen Gewerbebetrieb in der Belegenheitsgemeinde aus, sodass eine Zerlegung des einheitlichen Steuermessbetrags des Besitzunternehmens auf die Belegenheitsgemeinden der verpachteten Betriebsstätten nicht stattfindet.2 Betriebsstätten, in denen der Betrieb nur vorübergehend ruht (wie zB bei Saisonbetrieben), nehmen dagegen an der Zerlegung teil. Dies gilt auch für mehrfach in einem Jahr ruhende Betriebsstätten.3 b) Organschaft

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Eine Zerlegung ist auch im Fall der Organschaft geboten, weil die Organgesellschaft gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des Organträgers gilt. Dabei ist eine einheitliche Betriebsstätte trotz dieser Betriebsstättenfiktion grds. nicht anzunehmen. Der ggü. dem Organträger festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag ist somit auf die Betriebsstätten des gesamten Organkreises (Organträger und Organgesellschaften) zu zerlegen.4 Es kommt damit, im Gegensatz zu nicht organschaftlich verbundenen Unternehmen, zu keiner direkten Erfolgszuordnung der erzielten Gewerbeerträge (getrennte Besteuerung entsprechend den von Mutter- und Tochterunternehmen erzielten Erfolgen), sondern zu einer indirekten Erfolgszuordnung (Aufteilung des einheitlich ermittelten Gewerbeertrags nach den Vorschriften der §§ 29 ff. GewStG).5 Die Organgesellschaft kann darüber hinaus, ebenso wie der Organträger, mehrere Betriebsstätten oder auch mehrgemeindliche Betriebsstätten unterhalten, was zu einer mehrstufigen Zerlegung führen kann (vgl. insoweit Rz. 48). c) Nicht zu berücksichtigende Betriebsstätten

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Bei der Zerlegung nicht zu berücksichtigen sind Betriebsstätten im Ausland. Für diese besteht keine GewStPfl., sodass eine Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags wegen dieser Betriebsstätten nicht erforderlich ist. Der auf sie entfallende Teil des Gewerbeertrags scheidet vielmehr bereits bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage durch § 2 Abs. 1 iVm. § 9 Nr. 3 GewStG aus.6 Die vorgenannte Beschränkung ergibt sich ebenfalls daraus, dass allein deutsche Gemeinden steuerberechtigt sind.

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Darüber hinaus kann es aufgrund des anzuwendenden Zerlegungsmaßstabs dazu kommen, dass Gemeinden, in denen sich eine Betriebsstätte befindet, bei der Zerlegung nicht berücksichtigt werden. Diese Situation ergibt sich bspw. dann, wenn die Zerlegung gem. § 29 GewStG nach Arbeitslöhnen erfolgt, in der entsprechenden Betriebsstätte aber keine Arbeitnehmer des Unternehmens tätig waren. Zur Anwendung eines besonderen Zerlegungsmaßstabs in diesen Fällen vgl. § 33 GewStG Rz. 17.

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Abschließend kann die Kleinbetragsverordnung des § 34 GewStG dazu führen, dass einzelne Gemeinden bei der Zerlegung unberücksichtigt bleiben. Übersteigt der Steuermessbetrag den Betrag von 10 Euro, ist nach § 34 Abs. 1 GewStG zwar grds. eine Zerlegung durchzuführen. Sollte jedoch nach den Zerlegungsvorschriften auf eine Gemeinde ein Zerlegungsanteil von weniger als 10 Euro entfallen, so ist diese Gemeinde nach § 34 Abs. 2 GewStG nicht zu berücksichtigen. Der auf sie entfallende Messbetragsanteil ist der Gemeinde, in der sich die Geschäftsleitung bzw. die wirtschaftlich bedeutendste der zu berücksichtigenden Betriebsstätten befindet, zuzuweisen.

1 R 28.1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GewStR 2009; BFH v. 30.8.1960 – I B 148/59 U, BStBl. III 1960, 468; v. 19.3.1981 – IV R 49/77, BStBl. II 1981, 538 = FR 1981, 468; v. 10.2.1988 – VIII R 159/84, BStBl. II 1988, 653 = FR 1988, 398; Hofmeister in Blümich, § 28 GewStG Rz. 11 (Stand: November 2014) und Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 21 ff. (Stand: Juni 2016). 2 BFH v. 10.6.1966 – VI B 31/63, BStBl. III 1966, 598. 3 R 28.1 Abs. 1 Satz 4 GewStR 2009. 4 BFH v. 17.2.1993 – I R 19/92, BStBl. II 1993, 679. 5 Scheffler, Ubg 2011, 262. 6 § 2 Abs. 1 GewStG; R 28.1 Abs. 3 GewStR 2009; BFH v. 23.2.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354.

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B. Zerlegungsfälle nach Abs. 1

Rz. 36 § 28

3. Betriebsstätte in mehreren Gemeinden In mehreren Gemeinden wird ein Gewerbebetrieb unterhalten, wenn dieser innerhalb eines EZ gleich- 31 zeitig oder nacheinander Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden betreibt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Dabei wird auch die Verlegung einer Betriebsstätte von einer Gemeinde in eine andere Gemeinde miterfasst (ausdrücklich in § 28 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GewStG genannt). Unter die Vorschrift fällt darüber hinaus die Neueröffnung einer Betriebsstätte in einer anderen Gemeinde. Gleichgestellt ist der Fall, in dem ein Unternehmen Betriebsstätten zwar nur in einem Gemeindegebiet unterhält, die Gemeinde jedoch für die verschiedenen Gebietsteile, in denen die Betriebsstätten liegen, nach § 16 Abs. 4 Satz 4 GewStG unterschiedliche Hebesätze festgelegt hat. 4. Zerlegung a) Begriff Die Zerlegung dient dazu, den einheitlich ermittelten Gewerbesteuermessbetrag auf die jeweiligen 32 Betriebsstätten, die der Betrieb unterhält, und damit auf die hebeberechtigten Gemeinden aufzuteilen. Sie erfolgt in einem besonderen Verfahren, dem Zerlegungsverfahren gem. §§ 185 bis 189 AO. b) Zerlegungsverfahren aa) Verhältnis zur Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags und der Festsetzung der Gewerbesteuer Das Zerlegungsverfahren schließt an das Verfahren zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 33 an. Der Gewerbesteuermessbetrag wird mittels Gewerbesteuermessbescheids festgesetzt. Mit diesem stellt das FA den Messbetrag für den gesamten Gewerbebetrieb fest. Die Ergebnisse einzelner Betriebsstätten werden dabei nicht gesondert festgehalten, sondern uneingeschränkt miteinander saldiert. Der Gewerbesteuermessbescheid ist Grundlagenbescheid für den Zerlegungsbescheid als Folgebescheid und damit für diesen bindend (§ 171 Abs. 10 AO). Die Bindungswirkung erstreckt sich auf den Messbetrag, den EZ und den Steuerschuldner.1 Keine Bindungswirkung besteht jedoch hinsichtlich der Steuerberechtigten, der hebeberechtigten Gemeinden.2 Mit dem Zerlegungsbescheid, einem feststellenden Verwaltungsakt (§ 188 Abs. 1 AO), teilt das zu- 34 ständige (Betriebs-)FA (§ 22 Abs. 1 iVm. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO) den einheitlich ermittelten Gewerbesteuermessbetrag unter den Voraussetzungen der §§ 28 ff. GewStG auf die jeweiligen Betriebsstätten und damit auf die hebeberechtigten Gemeinden auf. Der jeweilige Zerlegungsanteil ist Grundlage für die Anwendung des Hebesatzes nach § 16 GewStG zur Ermittlung der GewSt. Im letzten Schritt setzen die hebeberechtigten Gemeinden, denen durch die Zerlegung ein Anteil am 35 Gewerbesteuermessbetrag zugewiesen wurde, mit dem Gewerbesteuerbescheid unter Berücksichtigung ihres jeweiligen individuellen Hebesatzes die GewSt auf Grundlage des Gewerbesteuermessbescheids und des Zerlegungsbescheids fest. bb) Das Zerlegungsverfahren im Überblick Die Zerlegung erfolgt in einem besonderen Verfahren, für das die Vorschriften der §§ 185 bis 189 36 AO gelten. Zuständig für die Zerlegung ist das Betriebsfinanzamt (§ 22 Abs. 1 iVm. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO), dem auch die Festsetzung des einheitlichen Steuermessbetrags obliegt. An dem Zerlegungsverfahren sind neben dem StPfl. alle Gemeinden beteiligt, denen ein Anteil am Steuermessbetrag zugeteilt worden ist oder die einen solchen Anteil für sich beanspruchen. Grundsätzlich ist das Zerlegungsverfahren von Amts wegen durchzuführen, §§ 85 ff. AO. Unabhängig hiervon können jedoch auch die Beteiligten ein Zerlegungsverfahren nach § 189 Abs. 1 Satz 1 AO beantragen.

1 BFH v. 28.6.2000 – I R 84/98, BStBl. II 2001, 3. 2 BFH v. 19.11.2003 – I R 88/02, BStBl. II 2004, 751 = FR 2004, 588; v. 9.1.2013 – IV B 64/11, BFH/NV 2013, 512.

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§ 28 Rz. 37 Zerlegung (Allgemeines) 37

Das FA erteilt den Beteiligten über die Zerlegung einen schriftlichen Bescheid. Dieser muss – die Höhe des zu zerlegenden Steuermessbetrags enthalten, – bestimmen, welche Anteile den beteiligten Steuerberechtigten zugeteilt werden und – die Zerlegungsgrundlagen angeben (§ 188 AO).

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Der Zerlegungsbescheid ist ggü. allen Beteiligten einheitlich bekannt zu geben und kann mit Nebenbestimmungen (insbes. solche iSd. §§ 164, 165 AO) versehen werden. Macht eine Gemeinde zu Unrecht einen Zerlegungsanteil geltend, muss dieser Antrag ausdrücklich zurückgewiesen werden (§ 189 Abs. 1 Satz 1 AO). cc) Rechtsmittel

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Der Zerlegungsbescheid kann von jedem der Beteiligten, also sowohl von dem StPfl. als auch den beteiligten Gemeinden, mit dem Einspruch1 angefochten werden. Auch gegen einen Bescheid, mit dem ein Antrag auf Zerlegung abgelehnt wird, ist der Einspruch zulässig. Voraussetzung für einen Einspruch ist stets die Geltendmachung einer Beschwer. Dabei ist der StPfl. nur dann beschwert, wenn die betroffenen Gemeinden unterschiedliche Hebesätze anwenden.2 Aufgrund der Verpflichtung zur einheitlichen Bekanntgabe des Zerlegungsbescheids sind die übrigen Beteiligten im Falle eines Einspruchsverfahrens nach § 360 Abs. 3 AO hinzuzuziehen bzw. im Klageverfahren nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen, es sei denn, ihre Belange werden durch das Verfahren nicht berührt. Bei Änderungsbescheiden ist der Einspruch nur insoweit zulässig, wie die Änderung reicht (§ 351 Abs. 1 AO). dd) Beteiligungsrechte der Gemeinden

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Die §§ 4, 28 GewStG geben den Gemeinden, in deren Bereich sich Betriebsstätten befinden, keinen unbedingten Anspruch auf Beteiligung an dem Gewerbesteuermessbetrag.3 Als Beteiligte des Verfahrens können die hebeberechtigten Gemeinden den Zerlegungsbescheid jedoch mit dem Einspruch4 anfechten oder, sollten sie bisher nicht am Zerlegungsverfahren beteiligt worden sein, eine Zerlegung nach § 189 AO beantragen (vgl. Rz. 41 ff.). Für die beteiligten Gemeinden ist insbes. auch der Zerlegungsmaßstab von Bedeutung. Die betroffenen Gemeinden sind als Beteiligter daher dazu berechtigt (mündlich oder schriftlich), Auskünfte über die Zerlegungsgrundlagen einzuholen. Darüber hinaus besteht – (nur) bei einem positiven Steuermessbetrag5 – ein entsprechendes Akteneinsichtsrecht nach § 187 AO. Das Akteneinsichtsrecht kann nach dem Wortlaut des § 187 AO nur durch einen Amtsträger und bspw. nicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt wahrgenommen werden.6 Bei der Anwendung eines abweichenden Zerlegungsmaßstabs nach § 33 GewStG ist die FinBeh. darüber hinaus verpflichtet, in dem Zerlegungsbescheid einen diesbezüglichen Hinweis aufzunehmen, sodass auch die beteiligten Gemeinden darüber Kenntnis erhalten. Diese Kennzeichnungspflicht besteht insbes. bei der erstmaligen Anwendung eines abweichenden Zerlegungsmaßstabs und ist auch dann zu beachten, wenn Einigkeit über dessen Anwendung mit dem StPfl. besteht. Zu unterscheiden ist das Zerlegungsverfahren von dem in § 190 AO geregelten Zuteilungsverfahren.7

1 2 3 4 5 6 7

§§ 347 ff. AO; R 28.1 Abs. 4 GewStR 2009. BFH v. 22.7.1988 – III R 286/84, BFH/NV 1990, 56. BFH v. 13.5.1958 – I B 49/58 U, BStBl. III 1958, 379. §§ 347 ff. AO; R 28.1 Abs. 4 GewStR 2009. BFH v. 21.7.1999 – I R 111/98, BFH/NV 2000, 346. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 38 (Stand: Juni 2016). Ist ein Steuermessbescheid in voller Höhe einem Steuerberechtigten zuzuteilen, besteht aber Streit darüber, welchem StPfl. der Steuermessbetrag zusteht, so entscheidet die FinBeh. durch Zuteilungsbescheid. Gegen diesen Zuteilungsbescheid ist ebenfalls das Rechtsmittel des Einspruchs zulässig.

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B. Zerlegungsfälle nach Abs. 1

Rz. 45 § 28

ee) Änderung von Zerlegungsbescheiden (1) § 189 AO § 189 AO ist eine spezielle Änderungsvorschrift für Zerlegungsbescheide. Sie findet dann Anwen- 41 dung, wenn eine oder mehrere Gemeinden bei der Zerlegung unberücksichtigt geblieben sind, ohne dass ihre Beteiligung an der Zerlegung ausdrücklich abgelehnt wurde.1 Dies sind idR die Fälle, in denen Gemeinden versehentlich oder aus Unkenntnis des FA über die Existenz einer Betriebsstätte keine Berücksichtigung gefunden haben. In derartigen Fällen wird der Zerlegungsbescheid gem. § 189 AO von Amts wegen oder auf Antrag geändert. Ist der bisherige Zerlegungsbescheid ggü. denjenigen Steuerberechtigten, die an dem Zerlegungsverfahren beteiligt waren, bereits unanfechtbar geworden, so dürfen bei der Änderung der Zerlegung nur solche Änderungen vorgenommen werden, die sich aus der nachträglichen Berücksichtigung der bisher übergangenen Steuerberechtigten ergeben. Die Regelungen des § 189 AO sind unmaßgeblich, wenn der Zerlegungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, weil nach § 164 AO jederzeit eine allumfängliche Änderung durchgeführt werden kann. Die Änderungsmöglichkeit nach § 189 AO ist – um den (bisher) beteiligten Gemeinden Rechtssicher- 42 heit zu geben – durch § 189 Satz 3 AO zeitlich begrenzt (Zerlegungssperre). Eine Änderung der Zerlegung kann danach nicht mehr vorgenommen werden, wenn der bisherige Steuermessbescheid bereits ein Jahr unanfechtbar ist, es sei denn, der übergangene Steuerberechtigte hat die Änderung oder Nachholung der Zerlegung vor Ablauf dieses Jahres beantragt. Die Jahresfrist des § 189 AO gilt auch für die Fälle, in denen keine geänderte, sondern eine erstmalige Zerlegung durchzuführen ist.2 Maßgebend für den Beginn der Jahresfrist ist der Zeitpunkt, an dem der zuletzt bekannt gegebene Gewerbesteuermessbescheid unanfechtbar geworden ist.3 Demnach setzt eine Änderung des ursprünglichen Gewerbesteuermessbescheids zB nach den §§ 172, 173, 175 AO oder § 35b GewStG für die übergangenen Gemeinden eine neue Frist in Gang.4 Ein Antrag iSv. § 189 Satz 3 AO kann nur von dem übergangenen Steuerberechtigten gestellt wer- 43 den. Der Eintritt der Zerlegungssperre wird hingegen nicht durch einen Antrag des StPfl. vermieden.5 Er wirkt auch nur für den (übergangenen) Steuerberechtigten, der den Antrag gestellt hat.6 Wird die Jahresfrist versäumt, so ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO unter den dort genannten Voraussetzungen möglich.7 § 189 gilt nur für den Fall, dass eine Gemeinde überhaupt nicht berücksichtigt ist. Wurde sie lediglich mit einem unzutreffenden Anteil berücksichtigt, greift § 189 AO nicht.8 (2) Änderung nach den Vorschriften der AO Zerlegungsbescheide können auch nach den Vorschriften der AO geändert werden. Sie unterliegen 44 als Steuerbescheide den allg. Korrekturvorschriften der §§ 129, 164 f., 172 ff. AO. Insoweit unterliegt die Änderbarkeit des Zerlegungsbescheids auch den allg. Verjährungsvorschriften (§§ 169 ff. AO). Der Gewerbesteuermessbescheid ist hinsichtlich des zu zerlegenden Messbetrags Grundlagenbe- 45 scheid für den Zerlegungsbescheid. Wird der Gewerbesteuermessbescheid hinsichtlich des Steuermessbetrags nach einer bereits vorgenommenen Zerlegung geändert, so muss auch der Zerlegungsbescheid geändert werden.9 Eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist jedoch nur insoweit möglich, wie die Grundlagenfunktion des Messbescheids reicht.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

R 28.1 Abs. 2 Satz 4 GewStR 2009. BFH v. 7.3.1957 – IV B 288/55 U, BStBl. III 1957, 178. H 28.1 GewStH 2009; BFH v. 13.1.1959 – I B 7/58 U, BStBl. III 1959, 106. R 28.1 Abs. 1 Satz 5 GewStR 2009. BFH v. 8.11.2000 – I R 1/00, BStBl. II 2001, 769; H 28.1 GewStH 2009. BFH v. 17.2.1993 – I R 19/92, BStBl. II 1993, 679 = FR 1993, 614. BFH v. 8.11.2000 – I R 1/00, BStBl. II 2001, 769. BFH v. 7.9.2005 – VIII R 42/02, BFH/NV 2006, 498. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. §§ 185, 184 Abs. 1 Satz 3 AO.

Leister

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§ 28 Rz. 46 Zerlegung (Allgemeines) Beispiel: Der Gewerbesteuermessbescheid wird gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert. Der Messbetrag beträgt nunmehr 10.000 Euro (bisher 8.000 Euro). Gleichzeitig wird festgestellt, dass Tantiemen iHv. 20.000 Euro bisher fehlerhaft als Arbeitslohn iSv. § 31 GewStG bei einer Gemeinde berücksichtigt worden sind. Lösung: Der Zerlegungsbescheid kann gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert werden, soweit infolge der Änderung des Gewerbesteuermessbescheids ein um 2.000 Euro höherer Messbetrag festgesetzt worden ist. Eine Änderung des Arbeitslohns iSv. § 31 GewStG ist nicht durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gedeckt. Eine derartige Änderung wäre nur unter den Voraussetzungen anderer Änderungsnormen möglich (zB § 173 AO).

46

Mit Urt. v. 24.3.19921 hat der BFH entschieden, dass Zerlegungsbescheide auch nach § 173 AO geändert werden können. Nach dem Urt. des BFH ist bei der Änderung von Zerlegungsbescheiden nach § 173 AO nicht zu differenzieren, ob es sich um neue Tatsachen zugunsten oder zuungunsten des StPfl. handelt. Dies ist wegen der spezifischen Besonderheiten des Zerlegungsverfahrens ohnehin nicht möglich. Die Änderung eines Zerlegungsanteils zugunsten einer Gemeinde wirkt sich automatisch zuungunsten einer anderen Gemeinde und, abhängig von den Hebesätzen der jeweiligen Gemeinden, zugunsten oder zuungunsten des StPfl. aus. Auch das Tatbestandsmerkmal des groben Verschuldens ist bei der Änderung von Zerlegungsbescheiden nach § 173 AO unmaßgeblich. Voraussetzung ist allein, dass es sich um eine nachträglich bekannt gewordene neue Tatsache handelt. § 173 AO ist hingegen hinsichtlich der Sachverhalte nicht anwendbar, die in den Regelungsinhalt des § 189 AO fallen. Wird also eine Gemeinde bei der Zerlegung nicht berücksichtigt, kann eine Änderung des Zerlegungsbescheids nur iRv. § 189 AO und nicht nach § 173 AO durchgeführt werden.

47

Als Folgebescheid des Gewerbesteuermessbescheids ist der Zerlegungsbescheid zugleich Grundlagenbescheid des Gewerbesteuerbescheids. Damit unterliegen sowohl der Zerlegungs- als auch der Gewerbesteuerbescheid der Festsetzungsverjährung des § 171 Abs. 10 AO. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO findet auch dann auf die Zerlegung der GewSt Anwendung, wenn sich die Prüfungsanordnung nur auf die GewSt bezogen hat.2

III. Mehrgemeindliche Betriebsstätte (Abs. 1 Satz 2 Alt. 1) 48

Eine mehrgemeindliche Betriebsstätte liegt vor, wenn zwischen verschiedenen Betriebsanlagen, Geschäftseinrichtungen oder deren Teilen ein räumlicher und betrieblicher Zusammenhang besteht, der sich über mehrere Gemeindegebiete erstreckt. Der betriebliche Zusammenhang muss organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Art sein. Für bestimmte Unternehmen kann der räumliche Zusammenhang bei einer besonders engen wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Verbindung jedoch in den Hintergrund treten. So ist es für die Annahme einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte für Unternehmen der Elektrizitätsversorgung und der Mineralölwirtschaft bereits ausreichend, dass der räumliche Zusammenhang durch betriebliche Anlagen unter oder über der Erdoberfläche hergestellt wird. Dies gilt ohne Rücksicht auf deren äußere Sichtbarkeit und zumindest bei Elektrizitätsunternehmen auch ohne Rücksicht auf das Eigentum an den die Verbindung vermittelnden Leitungen.3 Ein räumlicher Zusammenhang kann hingegen nicht angenommen werden, wenn die Verbindung lediglich durch Telefonleitungen oder andere allgemeine Kommunikationsleitungen begründet wird.4 Liegen die genannten Voraussetzungen vor, ist nach § 28 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GewStG eine Zerlegung durchzuführen. Als Zerlegungsmaßstab wird für diese Fälle in § 30 GewStG ein gesonderter Zerlegungsmaßstab bestimmt, § 29 GewStG ist nicht anzuwenden.

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Liegen mehrere Betriebsstätten vor, kann die Vorschrift, sobald sich zumindest eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden erstreckt, zu einer mehrstufigen Zerlegung führen. Dann stellt die Zerlegung auf die jeweiligen Betriebsstätten die Hauptzerlegung dar und die auf einer zweiten Ebene durchzuführende, sich anschließende Zerlegung auf die jeweiligen Gemeinden der mehrgemeindlichen Betriebs1 BFH v. 24.3.1992 – VIII R 33/90, BStBl. II 1992, 869; s. auch R 28.1 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009 und H 28.1 GewStH 2009. 2 BFH v. 13.5.1993 – IV R 1/91, BStBl. II 1993, 828 = FR 1993, 852. 3 BFH v. 16.11.1965 – I B 249/62 U, BStBl. III 1966, 40; v. 18.10.1967 – I B 270/63, BStBl. II 1968, 40; v. 10.7.1974 – I R 54/72, BStBl. II 1975, 42. 4 Für eine ausf. Übersicht zu mehrgemeindlichen Betriebsstätten in der Transport-, Versorgungs- und Telekommunikationswirtschaft vgl. Hidien/Pohl/Schnitter15, Rz. 11.2.4.2.

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Leister

C. Von der Zerlegung ausgeschlossene Gemeinden (Abs. 2)

Rz. 51 § 28

stätten (§ 30 GewStG) bildet die Unterzerlegung. Auch in diesen Fällen hat die Umsetzung der Zerlegung durch Bekanntgabe eines einheitlichen Bescheids zu erfolgen (vgl. Rz. 36 ff.). Eine getrennte Bekanntgabe (durch verschiedene Bescheide) der Haupt- und Unterzerlegung ist nicht möglich.1

C. Von der Zerlegung ausgeschlossene Gemeinden (Abs. 2) I. Übersicht In § 28 Abs. 2 GewStG sind Sonderregelungen für bestimmte Arten von Unternehmen und Anlagen 50 enthalten. Durch die Einschränkung des Kreises der nach allg. Zerlegungsgrundsätzen zu berücksichtigenden Gemeinden soll das Zerlegungsverfahren vereinfacht werden.2 Während Abs. 2 Satz 1 zunächst die Zerlegungsverbote aufzählt, regelt Abs. 2 Satz 2 die Ausnahmen vom Selbigen. Bei der Zerlegung sind nach § 28 Abs. 2 Satz 1 GewStG die Gemeinden nicht zu berücksichtigen, in denen – Verkehrsunternehmen lediglich Gleisanlagen unterhalten (Nr. 1), – sich nur Anlagen befinden, die der Weiterleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe sowie elektrischer Energie dienen, ohne dass diese dort abgegeben werden (Nr. 2), – Bergbauunternehmen keine oberirdischen Anlagen haben, in welchen eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (Nr. 3). Dies gilt lediglich dann nicht, wenn dadurch auf keine Gemeinde ein Zerlegungsanteil oder der Steuermessbetrag entfallen würde (§ 28 Abs. 2 Satz 2 GewStG). Die Regelung des Ausschlusses von Betriebsstätten hat lediglich für einzelgemeindliche Betriebsstätten Bedeutung. Eine Anwendung auf mehrgemeindliche Betriebsstätten ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht.3

II. Nicht zu berücksichtigende Gemeinden 1. Verkehrsunternehmen (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1) Bei der Zerlegung des für Verkehrsunternehmen festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags sind die Ge- 51 meinden nicht zu berücksichtigen, in denen sich im EZ lediglich Gleisanlagen des Unternehmens befinden. Verkehrsunternehmen sind Unternehmen, zu deren ausschließlichem Unternehmenszweck die entgeltliche Beförderung von Personen oder Sachen gehört.4 Unter Gleisanlagen fallen begrifflich alle Fahrwege für Schienenfahrzeuge (zB Schienen, Oberleitungen, Brücken) einschließlich der zur Sicherung des Fahrwegs dienenden Einrichtungen (zB Signale, Schranken, Stellwerke). Nicht zu den Gleisanlagen gehören dagegen zB Bahnhöfe, Anlagen zur Erhaltung der Gleisanlagen oder Schienenfahrzeuge, Güterumschlagseinrichtungen, Tanklager sowie Kraftwerke zur Energieversorgung der Gleisanlagen.5 Befinden sich auf einem Gemeindegebiet neben den Gleisanlagen noch weitere Anlagen, ist die Gemeinde bei der Zerlegung zu berücksichtigen. Gleiches gilt über § 28 Abs. 2 Satz 2 GewStG, wenn das Verkehrsunternehmen neben den Gleisanlagen keine weiteren Anlagen oder Einrichtungen unterhält. Entfällt nämlich unter Anwendung des § 28 Abs. 2 Satz 1 GewStG auf keine Gemeinde ein Zerlegungsanteil, weil das Verkehrsunternehmen ausschließlich Gleisanlagen unterhält, regelt § 28 Abs. 2 Satz 2 GewStG ausdrücklich dessen Nichtanwendung und damit eine Beteiligung aller Gemeinden, auf deren Gemeindegebiet sich Gleisanlagen befinden (vgl. Bsp. in Rz. 57).

1 BFH v. 12.10.1977 – I R 227/75, BStBl. II 1978, 160; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 39 (Stand: Juni 2016). 2 Hofmeister in Blümich, § 28 GewStG Rz. 16 (Stand: November 2014). 3 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 29a (Stand: Juni 2016). 4 BFH v. 26.6.1996 – II R 68/93, BStBl. II 1996, 495; Die Deutsche Bundesbahn ist von der GewSt nach § 3 Nr. 1 GewStG befreit. 5 Hofmeister in Blümich, § 28 GewStG Rz. 17 (Stand: November 2014) und Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 30 (Stand: Juni 2016).

Leister

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§ 28 Rz. 52 Zerlegung (Allgemeines) 2. Anlagen zur Weiterleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe sowie elektrischer Energie (Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) 52

Durch § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GewStG werden die Gemeinden von einer Zerlegung ausgeschlossen, in denen sich nur Anlagen befinden, die der Weiterleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe sowie elektrischer Energie dienen, ohne dass diese dort abgegeben werden. Als Anlagen zur Weiterleitung kommen bspw. in Betracht Gas-, Wasser-, Mineralöl- und Fernwärmeleitungen inkl. der entsprechenden Pump- und Kompressorstationen, die für die Weiterleitung unerlässlich sind, sowie Fernsprech- und Stromleitungen. Dabei ist es unerheblich, ob diese Anlagen ober- oder unterirdisch verlegt wurden.

53

Aktuelle praktische Bedeutung besitzt die Regelung für die bloßen Netzbetreibergesellschaften. Aufgrund des zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts v. 7.7.20051 wurden Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, die Energieversorgungsnetze von ihren anderen Geschäftsbereichen zu trennen. Neben den Energieversorgungsunternehmen entstehen demnach rechtlich selbstständige Netzbetreiber. Auf diese selbstständigen Gewerbebetriebe finden grds. die allg. Zerlegungsvorschriften der §§ 28 ff. GewStG Anwendung. „Nur-Durchleitungsgemeinden“ – Gemeinden, über deren Gebiet zwar entsprechende Leitungen laufen, die feste, flüssige oder gasförmige Stoffe sowie die elektrische Energie transportieren, diese aber vor Ort nicht an Dritte abgegeben werden – sind nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GewStG daher nicht in die Gewerbesteuerzerlegung einzubeziehen. Dies gilt auch für das sog. Hoch- und Höchstspannungsnetz. Anders stellt sich die Situation bei den Netzen der Regionalversorgungsunternehmen dar, welche die Endversorgung der Kunden mit Energie zum Gegenstand haben. Diese Unternehmen verfügen in den Gemeinden, die von diesen Netzen durchzogen werden, auch über Abgabevorrichtungen und andere, nicht nur die reinen Netze betreffende Einrichtungen. Diese Gemeinden sind daher bei der Gewerbesteuerzerlegung zu berücksichtigen. Die Vorschrift trifft keine Aussage für Netze anderer Versorgungs- oder Transportunternehmen. Windkraftanlagen, dh. Windräder („Windparks“), gehören nicht zu den Anlagen iSd. § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GewStG.2

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Diese Regelung führt dazu, dass die GewSt von Unternehmen, die den Transport von Leistungen besorgen (Netzbetreiber), vollumfänglich der Geschäftsleitungsgemeinde zugewiesen wird. Dies wird in der Literatur insbes. deshalb (zutreffend) kritisiert, da auch Gemeinden, in denen ausschließlich ober- oder unterirdische Leitungen verlegt werden, Nachteile durch das Gewerbe in Kauf nehmen müssen, während die Gemeinde, in der sich die Geschäftsleitung befindet, idR eine vergleichbar geringe Belastung erfährt.3 Insbesondere unter dem der GewSt zugrunde liegenden Äquivalenzgedanken sollten uE sämtliche Gemeinden, denen durch ein Unternehmen Lasten entstehen, zumindest die Möglichkeit erhalten, am entsprechenden Gewerbesteueraufkommen beteiligt zu werden. Diese Möglichkeit erhalten die Gemeinden jedoch nur, wenn ihnen durch § 28 GewStG der Zugang zu einer Teilnahme an der Zerlegung nicht versperrt wird. Erst wenn diese Hürde genommen ist, kann in einem zweiten Schritt über die tatsächliche Berücksichtigung und die entsprechende Höhe entschieden werden (§§ 29 bis 33 GewStG). 3. Bergbauunternehmen (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3)

55

Bergbauunternehmern, die natürliche Ablagerungen oder Ansammlungen (Lagerstätten) von mineralischen Rohstoffen – mit der Ausnahme von Wasser – in oder auf der Erde, auf dem Meeresgrund oder im Meeresuntergrund ausbeuten,4 dürfen bei der Zerlegung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GewStG nur mit ihren oberirdischen Betriebsstätten(-teilen) berücksichtigt werden. Gemeinden, in denen keine oberirdischen Anlagen, welche sichtbar bis zur Erdoberfläche oder darüber hinaus reichen, vorhanden sind, sind hingegen bei der Zerlegung nicht zu berücksichtigen.

1 2 3 4

BGBl. I 2005, 1970. Hidien/Pohl/Schnitter15, Rz. 11.2.3.; bzgl. des Zerlegungsmaßstabs vgl. § 29 GewStG Rz. 19 ff. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 28 GewStG Rz. 28 (Stand: Juni 2016). § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 2 BBergG v. 13.8.1980, BGBl. I 1980, 1310.

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Leister

C. Von der Zerlegung ausgeschlossene Gemeinden (Abs. 2)

Rz. 57 § 28

4. Gewerbesteueroasen (Abs. 2 Satz 1 Nr. 4) Die durch das SteuervergünstigungsabbauG v. 16.5.20031 eingefügte Nr. 4 des § 28 Abs. 2 GewStG 56 wurde mit Wirkung ab dem EZ 2004 nach einer nur einjährigen Wirkungsdauer wieder aufgehoben.2 In diesem Anwendungszeitraum waren bei der Zerlegung niedrig besteuernde Gemeinden (Hebesatz unter 200 %) grds. nicht zu berücksichtigen. Diese Regelung ist auf den Willen des Gesetzgebers zurückzuführen, die Gemeinden zu veranlassen, den Hebesatz auf mindestens 200 % festzulegen. So sollten Gewerbesteueroasen und der als unfair angesehene Wettbewerb der Gemeinden verhindert werden.3 Dadurch, dass entsprechende niedrig besteuernde Gemeinden – sowie Gemeinden, die gänzlich auf die Erhebung der GewSt verzichteten (Hebesatz 0 %) – im Zerlegungsverfahren nicht zu berücksichtigen waren, entfiel ein entsprechend höherer Anteil am Gewerbesteuermessbetrag auf Gemeinden mit einem Hebesatz von mehr als 200 %, sodass auch die Gewerbetreibenden nicht von dem niedrigen Hebesatz profitieren konnten. Ab dem EZ 2004 wurde das zuvor dargestellte Ziel durch die Neueinführung des § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG, der einen Mindesthebesatz von 200 % vorsieht, gesetzlich verankert.

III. Rückausnahmen (Abs. 2 Satz 2) § 28 Abs. 2 Satz 2 GewStG bestimmt den Ausschluss der in Abs. 2 Satz 1 genannten Ausnahmetat- 57 bestände, wenn dadurch keine Gemeinde einen Zerlegungsanteil erhalten und der Steuermessbetrag entfallen würde. Die Regelung stellt sicher, dass die GewSt in jedem Fall im Inland erhoben werden kann. Sie führt iErg. zu einer Rangfolge der Gemeinden. Andere als in § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 GewStG genannte Gemeinden (insbes. Gemeinden, in denen sich Betriebsstätten befinden, denen Arbeitnehmer zugeordnet sind) sind bei der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags der angeführten Unternehmen vorrangig zu berücksichtigen. Erst wenn diese nicht vorhanden sind und das Unternehmen damit ausschließlich in Gemeinden tätig wird, die bei einer Zerlegung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 GewStG grds. nicht zu berücksichtigen wären, sodass keiner Gemeinde ein Zerlegungsanteil zugewiesen werden könnte, fällt das Recht auf Beteiligung am Zerlegungsverfahren auf die zuletzt genannten Gemeinden zurück. Beispiel: Ein gewerbliches Unternehmen ist auf die Weiterleitung gasförmiger Stoffe spezialisiert. Hierzu nutzt es ein Rohrleitungssystem, welches sich über das Gemeindegebiet mehrerer Gemeinden erstreckt. Die Geschäftsleitung befindet sich in einem Gebäude in Hamburg. Die transportierten Stoffe werden ausschließlich in Freiburg an Dritte abgegeben. Weitere Anlagen oder Betriebsstätten, denen Arbeitnehmer zugeordnet sind, unterhält das Unternehmen nicht. Lösung: Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GewStG bleiben bei der Zerlegung grds. die Gemeinden unberücksichtigt, in denen sich nur Anlagen zur Weiterleitung gasförmiger Stoffe befinden, ohne dass diese dort abgegeben werden (sog. „Durchleitungsgemeinden“). Am Zerlegungsverfahren werden daher ausschließlich die Gemeinden Hamburg und Freiburg beteiligt (vorrangig zu berücksichtigende Gemeinden). Abwandlung: Sollte das gewerbliche Unternehmen, in Abweichung vom Grundfall, die transportierten Stoffe in keiner (inländ.) Gemeinde an einen Dritten abgeben und keine Geschäftsleitungsbetriebsstätte unterhalten, wären nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GewStG sämtliche, als Zerlegungsbeteiligte in Betracht kommende Gemeinden von der Zerlegung ausgeschlossen, sodass der festgestellte Gewerbesteuermessbetrag entfallen würde. Für diesen Ausnahmefall regelt § 28 Abs. 2 Satz 2 GewStG den Einbezug sämtlicher im Grundfall ausgeschlossener Gemeinden. Diese Durchleitungsgemeinden werden daher (nur) nachrangig bei der Zerlegung berücksichtigt. Gleiches gilt für die Zerlegung des festgesetzten Messbetrags eines Verkehrsunternehmens, welches neben Gleisanlagen keine weiteren Anlagen (insbes. Gebäude) nutzt.

1 Art. 4 Nr. 5 des StVergAbG v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660. 2 Art. 2 Nr. 6 des GewStÄndG v. 23.12.2003, BGBl. I 2003, 2922. 3 BT-Drucks. 15/481, 16.

Leister

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§ 29 Zerlegungsmaßstab (1) 1Zerlegungsmaßstab ist 1. vorbehaltlich der Nummer 2 das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die an die bei allen Betriebsstätten (§ 28) beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind; 2. bei Betrieben, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie betreiben, a) vorbehaltlich des Buchstabens b zu drei Zehnteln das in Nummer 1 bezeichnete Verhältnis und zu sieben Zehnteln das Verhältnis, in dem die Summe der steuerlich maßgebenden Ansätze des Sachanlagevermögens mit Ausnahme der Betriebs- und Geschäftsausstattung, der geleisteten Anzahlungen und der Anlagen im Bau in allen Betriebsstätten (§ 28) zu dem Ansatz in den einzelnen Betriebsstätten steht, b) für die Erhebungszeiträume 2014 bis 2023 bei Betrieben, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus solarer Strahlungsenergie betreiben, aa) für den auf Neuanlagen im Sinne von Satz 3 entfallenden Anteil am Steuermessbetrag zu drei Zehnteln das in Nummer 1 bezeichnete Verhältnis und zu sieben Zehnteln das Verhältnis, in dem die Summe der steuerlich maßgebenden Ansätze des Sachanlagevermögens mit Ausnahme der Betriebs- und Geschäftsausstattung, der geleisteten Anzahlungen und der Anlagen im Bau (maßgebendes Sachanlagevermögen) in allen Betriebsstätten (§ 28) zu dem Ansatz in den einzelnen Betriebsstätten steht, und bb) für den auf die übrigen Anlagen im Sinne von Satz 4 entfallenden Anteil am Steuermessbetrag das in Nummer 1 bezeichnete Verhältnis. 2Der auf Neuanlagen und auf übrige Anlagen jeweils entfallende Anteil am Steuermessbetrag ermittelt sich aus dem Verhältnis, in dem aa) die Summe des maßgebenden Sachanlagevermögens für Neuanlagen und bb) die Summe des übrigen maßgebenden Sachanlagevermögens für die übrigen Anlagen zum gesamten maßgebenden Sachanlagevermögen des Betriebs steht. 3Neuanlagen sind Anlagen, die nach dem 30. Juni 2013 zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus solarer Strahlungsenergie genehmigt wurden. 4Die übrigen Anlagen umfassen das übrige maßgebende Sachanlagevermögen des Betriebs. (2) Bei der Zerlegung nach Absatz 1 sind die Arbeitslöhne anzusetzen, die in den Betriebsstätten der beteiligten Gemeinden (§ 28) während des Erhebungszeitraums (§ 14) erzielt oder gezahlt worden sind. (3) Bei Ermittlung der Verhältniszahlen sind die Arbeitslöhne auf volle 1.000 Euro abzurunden. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

4

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

5

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

6

B. Zerlegungsmaßstäbe (Abs. 1) . . . . . . . .

7

I. Zerlegung nach dem Regelmaßstab der Arbeitslöhne (Abs. 1 Nr. 1) . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis der Arbeitslöhne als Maßstab . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . b) Arbeitslöhne . . . . . . . . . . . . . .

7 7 8 8 9

. . . . .

. . . . .

c) Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschäftigung bei den Betriebsstätten des Unternehmens . . . . . . . . . . . . e) Zerlegungsmaßstab für Windkraftanlagen vor den Erhebungszeiträumen 1997–2008 und für Solaranlagen vor dem Erhebungszeitraum 2014 . . . . . II. Zerlegung nach Arbeitslöhnen und Sachanlagevermögen (Abs. 1 Nr. 2) . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . 2. Zerlegung beim ausschließlichen Betrieb von Anlagen der Wind- und Solarenergie (Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . .

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. .

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. .

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Dieterich

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§ 29 Rz. 1 Zerlegungsmaßstab b) Betrieb von Windkraft- und Solaranlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gemischter Zerlegungsmaßstab . . . 3. Zerlegung beim ausschließlichen Betrieb von Anlagen der Solarenergie im Erhebungszeitraum 2014–2023 (Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

21 25

28 28

b) Ausschließlicher Betrieb von Solaranlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anzuwendender Zerlegungsmaßstab . .

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C. Relevante Arbeitslöhne im Erhebungszeitraum (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . .

34

D. Abrundung der Arbeitslöhne (Abs. 3) . .

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Literatur: Trossen, Zerlegung der Gewerbesteuer bei Windkraftanlagen, DStZ 2006, 836; Dietrich/Krakowiak, Deutschland – Ein Steuerparadies für Kapitalgesellschaften? – Optimierungspotential der Gewerbesteuerlast am Beispiel einer Kapitalgesellschaft mit Betriebsstätten in mehreren Gemeinden, DStR 2009, 661; Wischott/Krohn/Nogens, Steuerliche Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten beim Erwerb und Betrieb von Windkraftanlagen, DStR 2009, 1737; Markus/Maurer, Windenergie und Gewerbesteuer – Zur Lückenhaftigkeit des Rechts der OffshoreWindenergie-Besteuerung, NVwZ-Extra 10/2012, 1; Meier, Ungleichbehandlung bei der gewerbesteuerlichen Veranlagung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im Rahmen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG, FR 2012, 1072; Stöbener/Gach, Photovoltaik einmal anders – Der gewerbesteuerliche Zerlegungsmaßstab bei Solaranlagen, DStR 2012, 1376; Waffenschmidt, Rücken- oder Gegenwind: Gewerbesteuerliche Fragen bei Windparks, FR 2013, 268; Becker, Gewerbesteuerliche Behandlung von Offshore-Windkraftanlagen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) unter Berücksichtigung des StÄnd-AnpG-Kroatien, BB 2014, 2270.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG gibt den Regelmaßstab für die Zerlegung des GewSt-Messbetrags für Be-

triebsstätten vor und spielt damit in der Praxis eine übergeordnete Rolle. Sind mehrere Gemeinden hebeberechtigt, so hat iSd. Äquivalenzgedankens eine Zerlegung des GewSt-Messbetrags entsprechend den jeweiligen Lasten zu erfolgen. Tatsächlich ist es aber nahezu unmöglich, die individuelle Belastung der einzelnen Gemeinde zu ermitteln und zu berücksichtigen. Vielmehr ist ein einfach zu handhabender, typisierender Maßstab notwendig und ausreichend.1 Einen derartigen Maßstab gibt § 29 GewStG vor, indem er eine Zerlegung entsprechend dem Verhältnis der Lohnsummen der einzelnen Betriebsstätten bestimmt. Hierin spiegelt sich der Gedanke wider, dass Belastungen der Gemeinden regelmäßig mit Arbeitnehmern in Verbindung gebracht werden können (zB Aufwendungen für Infrastruktur, Schulen etc.).2 2 Daneben enthält die Vorschrift in Abs. 1 Nr. 2 einen vorrangigen Sondermaßstab für Betriebe, die An-

lagen zur Erzeugung von Wind- und solarer Strahlungsenergie unterhalten (s. Rz. 19 ff.). Die Sonderregelungen sollen die umweltpolitischen Leitlinien der Bundesregierung fördern.3 Der BFH hat mit Urteil v. 4.4.20074 die Anwendung des Regelmaßstabs der Arbeitslöhne auch für Windkraftanlagen bestätigt, wodurch die GewSt idR ausschließlich der Gemeinde zukommt, in der der Geschäftssitz des Windkraftunternehmens liegt. Es wurde daher zu Recht befürchtet, dass die Bereitschaft von Kommunen, Windkraftgebiete auszuweisen und die Folgen des Baus und Betriebs derartiger Anlagen hinzunehmen, ohne einen Zerlegungsanteil an der GewSt spürbar sinken würde.5 Der Sondermaßstab des Abs. 1 Nr. 2 bezieht aus diesem Grund das Sachanlagevermögen in den Zerlegungsmaßstab mit ein (s. Rz. 19 ff.). 3 Die Abs. 2 und 3 enthalten nähere Vorgaben für die Anwendung des Zerlegungsmaßstabs hinsichtlich

des relevanten Zeitraums der Arbeitslöhne und der Abrundung von Beträgen.

1 BVerfG v. 25.10.1977 – 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224. 2 BFH v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201; v. 12.7.1960 – I B 47/59 S, BStBl. III 1960, 386; berechtigte Kritik von Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 4 f. 3 BT-Drucks. 16/11108, 31. 4 BFH v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836. 5 BT-Drucks. 16/11108, 31.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 5 § 29

II. Anwendungsbereich Der Regelmaßstab gilt grundsätzlich für alle stehenden Gewerbebetriebe. Keine Anwendung findet 4 die Vorschrift auf Reisegewerbebetriebe, bei denen eine Zerlegung idR unterbleibt (s. § 35a GewStG Rz. 20 f.). § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG ist subsidiär gegenüber besonderen Zerlegungsmaßstäben. Hierzu gehören die Sondermaßstäbe in Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b. Weitere Sondervorschriften sind bei mehrgemeindlichen Betrieben (§ 30 GewStG) und bei Unbilligkeit der Maßstäbe nach §§ 29 bis 31 GewStG zu berücksichtigen (§ 33 GewStG). Die beiden Normen geben zwar lediglich Grundsätze und nicht einen konkreten Zerlegungsmaßstab vor, verdrängen aber § 29 GewStG. Sofern die Kleinbetragsregelungen des § 34 GewStG einschlägig sind, findet § 29 GewStG in modifizierter Form Anwendung (s. § 34 GewStG Rz. 1). Die Abs. 2 und 3 der Vorschrift finden wiederum bei allen stehenden Betrieben Anwendung.

III. Rechtsentwicklung Bereits das GewStG v. 1.12.1936 legte in § 29 als Regelmaßstab für die Zerlegung das Verhältnis der 5 Lohnsummen der Betriebsstätten im Inland fest.1 Abweichend hiervon fand eine Zerlegung bei Versicherungs-, Bank- und Kreditunternehmen ausschließlich nach dem Verhältnis der Betriebseinnahmen statt. Wareneinzelhandelsunternehmen unterlagen einem gemischten Maßstab aus dem Verhältnis der Arbeitslöhne und der Betriebseinnahmen. Anzusetzen waren nach Abs. 2 grundsätzlich die Arbeitslöhne bzw. Betriebseinnahmen aus dem Jahr vor dem EZ der Zerlegung. Abs. 3 ordnete eine Abrundung auf volle 1.000 RM an. Mit dem Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951 wurde Abs. 2 geändert.2 Von da an waren die Arbeitslöhne bzw. Betriebseinnahmen des EZ der Zerlegung maßgebend. Der Sondermaßstab der Betriebseinnahmen für Versicherungs-, Bank- und Kreditunternehmen wurde durch das Vermögensteuerreformgesetz v. 17.4.1974 gestrichen.3 Das Jahressteuergesetz 1997 v. 20.12.1996 ließ auch die Sonderregelung für Wareneinzelhandelsunternehmen entfallen, sodass ab dem EZ 1997 alleiniger Zerlegungsmaßstab das Verhältnis der Löhne zueinander war.4 Der Wegfall der Gewerbekapitalsteuer führte zu einer redaktionellen Anpassung in § 29 GewStG durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997.5 Anstatt auf § 14 Abs. 2 wurde ab dem EZ 1998 auf § 14 verwiesen. Der Abrundungsbetrag in Abs. 3 wurde mit dem Steuer-Euroglättungsgesetz v. 19.12.2000 für EZ ab 2002 von DM auf Euro umgestellt.6 Das Jahressteuergesetz 2009 v. 19.12.2008 ergänzte § 29 Abs. 1 GewStG um eine Nr. 2, die einen abweichenden Zerlegungsmaßstab für Unternehmen enthält, die Anlagen zur Erzeugung von Windenergie betreiben.7 Der Zerlegungsmaßstab berücksichtigt nur zu 30 % das Verhältnis der Arbeitslöhne und zu 70 % das Verhältnis der Ansätze des Sachanlagevermögens, mit Ausnahme der Betriebsund Geschäftsausstattung, der geleisteten Anzahlungen und der Anlagen im Bau in allen Betriebsstätten. Anzuwenden ist der abweichende Maßstab ab dem EZ 2009.8

1 § 29 GewStG v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. 2 Art. 1 Nr. 27 G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951, BGBl. I 1951, 996 = BStBl. I 1952, 2. 3 Art. 3 Nr. 15 G zur Reform des Vermögensteuerrechts und zur Änderung anderer Steuergesetze (Vermögensteuerreformgesetz) v. 17.4.1974, BGBl. I 1974, 949 = BStBl. I 1974, 233. 4 Art. 13 Nr. 3 JStG 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, 2049 = BStBl. I 1996, 1523. 5 Art. 4 Nr. 12 G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590 = BStBl. I 1997, 928. 6 Art. 7 Nr. 5 G zur Umrechnung und Glättung steuerlicher Euro-Beträge (Steuer-Euroglättungsgesetz) v. 19.12.2000, BGBl. I 2000, 1790 = BStBl. I 2001, 3. 7 Art. 4 Nr. 6 JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. 8 § 36 Abs. 1 GewStG idF des JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74.

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§ 29 Rz. 6 Zerlegungsmaßstab Sowohl eine Erweiterung als auch eine Einschränkung des Abs. 1 Nr. 2 brachte das G zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 26.6.2013.1 Zum einen wurde der Sondermaßstab auch auf Unternehmen ausgedehnt, die Anlagen zur Erzeugung von Strom, anderen Energieträgern und/oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie betreiben. Zum anderen ist der Anwendungsbereich des Abs. 1 Nr. 2 nur noch eröffnet, wenn Unternehmen ausschließlich Anlagen der Wind- bzw. Solarenergie betreiben. Die Änderung gilt ab dem EZ 2014, die neu umfassten Anlagen solarer Strahlungsenergie fallen für die EZ 2014 bis 2023 nur unter den Anwendungsbereich, wenn es sich um Anlagen handelt, die nach dem 30.6.2013 genehmigt worden sind.2 Das G zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.2014 hat die in § 36 Abs. 9d GewStG enthaltene Übergangsregelung für Solaranlagen mit Wirkung zum EZ 2015 gestrichen und wortgleich in Abs. 1 Nr. 2 eingefügt.3 Abs. 1 Nr. 2 wurde neu gefasst und es wurden redaktionelle Änderungen vorgenommen.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 6 § 29 GewStG wird durch §§ 28 und 31 GewStG ergänzt. Eine Zerlegung ist betriebsstättenbezogen

und § 28 GewStG iVm. § 12 AO bestimmt, was eine Betriebsstätte ist. Der Regelmaßstab der Zerlegung knüpft an Arbeitslöhne an, die in § 31 GewStG definiert werden.

B. Zerlegungsmaßstäbe (Abs. 1) I. Zerlegung nach dem Regelmaßstab der Arbeitslöhne (Abs. 1 Nr. 1) 1. Anwendungsbereich 7 § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG enthält den Regelmaßstab der Zerlegung. Er ist grundsätzlich bei allen ste-

henden Gewerbebetrieben anwendbar. In den EZ 1997 bis 2008 war dies der alleinige Maßstab (s. Rz. 5). Seit dem EZ 2009 bildet das Verhältnis der Arbeitslöhne zusammen mit dem Verhältnis des Sachanlagevermögens den Zerlegungsmaßstab für Windkraftanlagen. Seit EZ 2014 fallen auch Solaranlagen uU unter den gemischten Zerlegungsmaßstab (s. Rz. 19 ff.). Keine Anwendung findet § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten (§ 30 GewStG), im Falle der Unbilligkeit der Maßstäbe der §§ 29 bis 31 (§ 33 Abs. 1 GewStG) oder wenn eine Einigung über die Zerlegung zwischen Gemeinde und StPfl. getroffen wurde (§ 33 Abs. 2 GewStG). 2. Verhältnis der Arbeitslöhne als Maßstab a) Vorbemerkung 8 Die Zerlegung erfolgt grundsätzlich nach dem Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die an

die bei allen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden ist. Es handelt sich hierbei um einen einfach zu handhabenden Maßstab, der aber nicht stets einen angemessenen Ausgleich für die Gemeindelasten gewährt, die durch ein Unternehmen verursacht werden. In Zeiten stark vermehrter Mobilität, neuer Arbeits- und Unternehmensmodelle sowie einer fortschreitenden Technologisierung führt eine Anknüpfung an Arbeitnehmer und Arbeitslöhne vermehrt zu ungleichen Verteilungen des GewSt-Messbetrags.4 Zugleich stellt § 33 GewStG hohe Hürden für eine Unbilligkeit und damit Anwendung eines abweichenden Zerlegungsmaßstabs auf (s. § 33 1 Art. 4 Nr. 2 G zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 26.6.2013 (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz), BGBl. I 2013, 1809 = BStBl. I 2013, 802. 2 § 36 Abs. 9d GewStG idF des AmtshilfeRLUmsG, BGBl. I 2013, 1809 = BStBl. I 2013, 802. 3 Art. 5 Nr. 6 G zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266 = BStBl. I 2014, 1126. 4 S. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 7.

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B. Zerlegungsmaßstäbe (Abs. 1)

Rz. 11 § 29

GewStG Rz. 10 ff.). Trotz berechtigter Kritik muss jedoch berücksichtigt werden, dass die zwingend erforderliche Typisierung einerseits und eine umfassende Zerlegung entsprechend der zu tragenden Lasten andererseits nie vollständig zu vereinbaren sein werden. Alternative Regelungsmaßstäbe, wie bspw. das Verhältnis der Gewerbeerträge, dürften insoweit keinen Mehrgewinn bieten.1 b) Arbeitslöhne Ausschlaggebendes Kriterium für die Zerlegung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG ist das Verhältnis der 9 Arbeitslöhne. Das GewStG definiert den Begriff der Arbeitslöhne in § 31 GewStG. Hierbei wird zwar grundsätzlich der lohnsteuerrechtliche Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG iVm. § 2 LStDV zugrunde gelegt, jedoch für die Zwecke der Zerlegung in § 31 Abs. 1 bis 5 GewStG modifiziert. Arbeitslöhne für Auszubildende werden bspw. gem. § 31 Abs. 2 GewStG nicht zu den Arbeitslöhnen gezählt (s. § 31 GewStG Rz. 25). Werden in einer Betriebsstätte keine Arbeitnehmer beschäftigt (s. Rz. 14) und daher auch keine Arbeitslöhne gezahlt, so beträgt der Zerlegungsanteil dieser Betriebsstätte 0 Euro.2 Als Arbeitslohn gilt dagegen gem. § 31 Abs. 5 GewStG der fiktive Unternehmerlohn, der auch bei einer ausschließlichen Tätigkeit durch Unternehmer oder Mitunternehmer zu einem Zerlegungsanteil führt (s. § 31 GewStG Rz. 34 ff.). R 29.1 GewStR 2009 stellt klar, dass Arbeitslöhne iSd. § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG nur solche sind, die das gewerbesteuerpflichtige Unternehmen an eigene Arbeitnehmer zahlt, die in einem Arbeitsverhältnis zu ihm stehen. Dies betrifft ua. die Zuordnung von Arbeitnehmern im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassungen (s. Rz. 11 ff.). c) Arbeitnehmer Die Arbeitslöhne werden nur dann bei einer Zerlegung berücksichtigt, wenn sie an Arbeitnehmer ge- 10 zahlt worden sind, die bei den Betriebsstätten des Unternehmens beschäftigt sind (s. Rz. 14). Im Anwendungsbereich des § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG sind Arbeitnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd. § 1 Abs. 2 LStDV zu dem Unternehmen stehen, für das der zu zerlegende Steuermessbetrag festgesetzt worden ist.3 Grundsätzlich richtet sich der Arbeitnehmerbegriff somit nach dem Lohnsteuerrecht. § 1 Abs. 1 Satz 1 LStDV versteht unter einem Arbeitnehmer eine Person, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt ist oder war und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn bezieht. Darüber hinaus rechnet § 1 Abs. 1 Satz 2 LStDV auch Rechtsnachfolger dieser Person zu den Arbeitnehmern, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen. Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, also in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (§ 1 Abs. 2 LStDV). Zielrichtung des Zerlegungsverfahrens ist es, denjenigen Gemeinden, in denen sich Betriebsstätten ei- 11 nes Unternehmens befinden, für die hieraus erwachsenden Lasten einen angemessenen Anteil am GewSt-Aufkommen des jeweiligen Unternehmens zu sichern. Aufgrund dieser Zielrichtung wird der lohnsteuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff für die Anwendung von § 29 GewStG eingeschränkt. Erforderlich ist ein aktives Dienstverhältnis im jeweiligen EZ der Zerlegung. Dies folgt auch aus der ausschließlichen Verweisung des § 31 GewStG auf § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG sowie der Begrenzung in § 29 Abs. 2 GewStG. Zahlungen an ausgeschiedene Arbeitnehmer (zB Ruhegehälter oder rückständiger Arbeitslohn, der außerhalb des für die Zerlegung relevanten EZ gezahlt wird) sowie Abfindungen für den Wegfall zukünftigen Arbeitslohns sind somit keine Zahlungen an Arbeitnehmer iSd. § 29 Abs. 1 GewStG.4 Nicht erforderlich ist, dass das Dienstverhältnis während des ganzen EZ besteht, auch sehr kurze Zeiträume genügen insoweit, da die auszugleichenden Gemeindelasten, wie zB durch Nutzung der Infrastruktur oder erhöhtes Verkehrsaufkommen, nicht erst bei längeren Dienstverhältnissen eintreten. Ebenfalls nicht erforderlich ist ein Arbeitsvertrag, da sich der Zerlegungsmaß1 2 3 4

Vgl. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 5. BFH v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 826. BFH v. 12.2.2004 – IV R 29/02, BStBl. II 2004, 602 = FR 2004, 756 m. Anm. Kempermann, mwN. S. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 11; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 29 GewStG Rz. 4.

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§ 29 Rz. 12 Zerlegungsmaßstab stab der Lohnsummen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bestimmt.1 Eine gleichzeitige Beschäftigung in verschiedenen Unternehmen ist möglich. Rechtsnachfolger, wie zB Hinterbliebene eines verstorbenen Arbeitnehmers, sind abweichend von § 1 Abs. 1 Satz 1 LStDV keine Arbeitnehmer iSd. § 29 Abs. 1 GewStG, da ihnen uU zwar Arbeitslöhne aus dem Dienstverhältnis eines Dritten zufließen, die Rechtsnachfolger selbst jedoch zu keiner Zeit in einem aktiven Dienstverhältnis stehen.2 12

Keine eigenen Arbeitnehmer sind idR freiberuflich Tätige (zB Ärzte, Rechtsanwälte, Musiker, Künstler) oder selbständig Gewerbetreibende (zB Handelsvertreter, selbständiger Pilot). Bei einer entsprechenden Eingliederung in das Unternehmen und Weisungsgebundenheit kann dagegen auch bei derartigen Tätigkeiten eine Arbeitnehmereigenschaft iSd. § 29 Abs. 1 GewStG vorliegen.3 Die Abgrenzung erfolgt nach den Kriterien des § 1 LStDV und dem Gesamtbild der Verhältnisse.4

13

Bei einer Arbeitnehmerüberlassung ist grundsätzlich nicht von eigenen Arbeitnehmern auszugehen. Die Vergütungen, die von dem entleihenden Unternehmen für die Überlassung von Personal geleistet werden, fließen somit nicht in die Lohnsumme iSd. § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG mit ein.5 Bei einer dauerhaften und ausschließlichen Beschäftigung von überlassenen Arbeitnehmern in bestimmten Betriebsstätten von erheblicher Bedeutung ist jedoch eine Unbilligkeit iSd. § 33 GewStG gegeben, da atypische Umstände vorliegen, die von der Betriebsstättengemeinde nicht beeinflusst werden können und – trotz vorhandener Belastung – zu einem vollständigen Ausschluss vom GewSt-Aufkommen führen würden.6 Fallen Anstellungs- und Beschäftigungsunternehmen auseinander, hat stets eine Zuordnung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten anhand der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Eine Zuordnung zum Beschäftigungsunternehmen ist anzunehmen, wenn kumulativ (1) der vertragliche und tatsächliche Tätigkeitsbereich ausschließlich im Betrieb des Beschäftigungsunternehmens liegt, (2) eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus dieses Unternehmens erfolgt und dessen Weisungen zu folgen ist und (3) das Anstellungsunternehmen vom Beschäftigungsunternehmen lediglich die Lohnaufwendungen erstattet erhält, ohne Verwaltungskosten oder gar einen Gewinnaufschlag zu berechnen.7 Durch entsprechende Gestaltungen kann die GewSt-Last mittels interner Arbeitnehmerüberlassung etc. gesenkt werden.8 d) Beschäftigung bei den Betriebsstätten des Unternehmens

14

Der Regelmaßstab des Verhältnisses der Arbeitslöhne knüpft gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG an die bei den einzelnen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer an. Aus dem Verweis im Wortlaut der Vorschrift folgt, dass nicht sämtliche Betriebsstätten, sondern nur diejenigen relevant sind, die gem. § 28 GewStG an dem Zerlegungsverfahren teilnehmen. Für die Ermittlung des Verhältnisses der Löhne ist eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einzelnen Betriebsstätten erforderlich. Diese Zuordnung erfolgt anhand der Beschäftigung. Ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich an der Betriebsstätte beschäftigt, an der er seine tatsächliche Arbeitsleistung ganz oder überwiegend erbringt.9 Gelegentliche Tätigkeiten in unbedeutendem Umfang, mithin unwesentliche Tätigkeiten, an anderen Betriebsstätten 1 BFH v. 24.3.1999 – I R 64/98, BStBl. II 2000, 41 = FR 2000, 211. 2 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 29 GewStG Rz. 4; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 11, will Arbeitslohnzahlungen an Rechtsnachfolger als Arbeitslohn des Rechtsvorgängers qualifizieren, wenn die Zahlungen aus einem Dienstverhältnis geleistet werden, das im EZ bestanden hat. 3 BFH v. 30.10.1969 – V R 150/66, BStBl. II 1970, 474 zu einem Reisevertreter; v. 26.6.1969 – VI R 147/67, NJW 1969, 2303 für Dienste freiberuflicher Ärzte als Musterungsvertragsärzte; v. 16.5.2002 – IV R 94/99, BStBl. II 2002, 565 ablehnend zu einem selbständigen Pilot; v. 10.9.1976 – VI R 80/74, BStBl. II 1977, 178 ablehnenden zu Musikern, die als selbständige Gesellschaft auftreten; v. 24.5.1973 – IV R 118/72, BStBl. II 1973, 636 = FR 2002, 1004 ablehnend für einen Gastopernsänger. 4 S. zB BFH v. 10.9.1976 – VI R 80/74, BStBl. II 1977, 178; v. 16.5.2002 – IV R 94/99, BStBl. II 2002, 565 = FR 2002, 1004. 5 BFH v. 26.2.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836 mwN; v. 25.3.2004 – IV R 42/03, BFH/NV 2004, 1291. 6 BFH v. 26.2.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836. 7 BFH v. 25.3.2004 – IV R 42/03, BFH/NV 2004, 1291. 8 Dietrich/Krakowiak, DStR 2009, 661. 9 BFH v. 24.5.2006 – I R 102/04, BFH/NV 2007, 270; v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 29 GewStG Rz. 6a fordert insoweit eine Tätigkeit im Umfang von 90 % an der Betriebsstätte.

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B. Zerlegungsmaßstäbe (Abs. 1)

Rz. 17 § 29

ändern nichts an der Zuordnung zu einer Betriebsstätte.1 Dem steht eine ständige, aber unwesentliche Tätigkeit in einer anderen Betriebsstätte gleich. Überschreitet eine Tätigkeit die Grenze der „Unwesentlichkeit“, hat eine Aufteilung der Tätigkeiten auf die Betriebsstätten zu erfolgen.2 Dies gilt generell, wenn ein Arbeitnehmer in mehreren Betriebsstätten jeweils einen wesentlichen Teil der Arbeitsleistung erbringt,3 es sei denn, die Art der Tätigkeit führt zu einer vollumfänglichen Zuordnung. Sarrazin nennt hier exemplarisch einen von der Geschäftsleitung angestellten Reparaturschlosser, der in allen Betriebsstätten eingesetzt wird und daher in Gänze der Betriebsstätte der Geschäftsleitung zuzuordnen ist.4 Ebenso würde hierunter ein zentraler Hausmeisterdienst, der die einzelnen Betriebsstätten betreut, fallen. Bei einer ständigen Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätten des Unternehmens oder bei ständig 15 wechselnden Einsatzstellen ist der Arbeitnehmer der Betriebsstätte zuzuordnen, mit der er überwiegend betrieblich verbunden ist. Dies wird meistens die Betriebsstätte sein, von der aus die Tätigkeiten begonnen und geleitet werden.5 Bei Schiffsmannschaften erfolgt grundsätzlich eine Zuordnung zum Sitz der Geschäftsleitung der Reederei, es sei denn, die Tätigkeiten während des Aufenthalts an Land führen zu einer wesentlichen Verknüpfung mit einer bestimmten Anlegestelle.6 Bei Binnen- und Küstenschifffahrtsbetrieben ohne feste örtliche Anlagen oder Einrichtungen werden Arbeitnehmer dem im Schiffsregister eingetragenen Heimathafen zugeordnet (§ 6 GewStDV). Die Zuordnung erfolgt nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, ein Arbeitsvertrag ist demnach nicht 16 erforderlich.7 Ebenfalls unbedeutend ist, welcher Betriebsstätte die Tätigkeit zugutekommt.8 Auch ist unerheblich, wo der Lohn gezahlt wird oder wo sich der Wohnsitz des Arbeitnehmers befindet.9 Verändern sich die Gegebenheiten während eines EZ, ist der Arbeitslohn entsprechend einer ggf. neuen Zuordnung auf die Zeiträume vor und nach der Änderung aufzuteilen.10 „Betriebsstättenlose“ Arbeitnehmer gibt es in diesem Zusammenhang nicht, sodass stets eine Zuordnung zu mindestens einer Betriebsstätte erfolgen muss.11 e) Zerlegungsmaßstab für Windkraftanlagen vor den Erhebungszeiträumen 1997–2008 und für Solaranlagen vor dem Erhebungszeitraum 2014 Vom EZ 1997 bis zum EZ 2008 war das Verhältnis der Löhne der einzige Regelzerlegungsmaßstab. 17 Auch Unternehmen, deren gewerbliche Tätigkeit im Betreiben von Anlagen der alternativen Energiegewinnung bestand, unterlagen diesem Maßstab. Dies hatte zur Folge, dass häufig Arbeitslöhne lediglich am Geschäftssitz gezahlt wurden, insbesondere, wenn technische Aufgaben, wie Wartung von Anlagen etc., durch Fremdpersonal erledigt wurden. Der gesamte GewSt-Messbetrag und damit die gesamte Gewerbesteuerforderung des Unternehmens floss in diesen Fällen der Geschäftsleitungsgemeinde zu. Für Windkraftanlagen wurde erst mit § 29 Abs. 1 Nr. 2 idF des JStG 2009 v. 19.12.2008 (s. Rz. 5) ein abweichender Zerlegungsmaßstab ab dem EZ 2009 eingeführt (s. Rz. 19 ff.). Bis zum EZ 2008 ist der Regelmaßstab anzuwenden. Im EZ 2009 bis 2013 war ein ausschließlicher Betrieb kein Tatbestandsmerkmal. Der gesamte GewSt-Messbetrag wurde daher nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG aF zerlegt, wenn nebenbei eine Windkraftanlage betrieben wurde. Solaranlagen fallen – mit Einschränkungen – erst ab dem EZ 2014 unter den abweichenden Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG (s. Rz. 19 ff.). Bis zu diesem Zeitpunkt gilt für Zerlegungen der Regelmaßstab. Bei Anlagen zur Erzeugung anderer erneuerbarer Energien erfolgt eine Zerlegung nach wie vor anhand des Verhältnisses der Arbeitslöhne. 1 BFH v. 22.7.1988 – III R 286/84, BFH/NV 1990, 56. 2 BFH v. 22.7.1988 – III R 286/84, BFH/NV 1990, 56 sieht die Tätigkeit an einem Marktstand an einem von insgesamt sechs Tagen in der Woche nicht mehr als unwesentlich an. 3 BFH v. 22.7.1988 – III R 286/84, BFH/NV 1990, 56; v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201. 4 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 15. 5 BFH v. 6.11.1956 – I 25/56 U, BStBl. III 1956, 386; v. 17.4.2008 – III R 100/06, BFH/NV 2008, 1531. 6 BFH v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201. 7 BFH v. 12.2.2004 – IV R 29/02, BStBl. II 2004, 602 = FR 2004, 756 m. Anm. Kempermann. 8 BFH v. 24.5.2006 – I R 102/04, BFH/NV 2007, 270. 9 BFH v. 21.3.1961 – I B 151/60, BB 1961, 857. 10 S. auch Hofmeister in Blümich, § 29 GewStG Rz. 7. 11 BFH v. 25.11.2009 – I R 18/08, BFH/NV 2010, 941 zu „fliegendem Personal“.

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§ 29 Rz. 18 Zerlegungsmaßstab 18

Eine Unbilligkeit iSd § 33 GewStG und damit die Anwendung eines alternativen Maßstabs folgt nicht aus dem Regelmaßstab, auch wenn Standortgemeinden häufig nicht am GewSt-Aufkommen partizipieren können. Zwar wurde dies von der Finanzverwaltung und Literatur teilweise so gesehen,1 von der Rspr. jedoch mit Verweis darauf, dass nicht jede aus dem Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 GewStG resultierende Unbilligkeit, sondern nur eine eindeutige Unbilligkeit von erheblichem Gewicht einen abweichenden Zerlegungsmaßstab rechtfertigt, abgelehnt.2

II. Zerlegung nach Arbeitslöhnen und Sachanlagevermögen (Abs. 1 Nr. 2) 1. Anwendungsbereich 19

§ 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG gibt für Betreiber von Windkraft- und Solarenergie unter bestimmten Bedingungen abweichende Zerlegungsmaßstäbe vor. Bei Unternehmen, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie betreiben, erfolgt eine Zerlegung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GewStG (s. Rz. 20 ff.). Erfüllt ein Unternehmen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b GewStG, so gilt der befristete besondere Zerlegungsmaßstab der Nr. 2 Buchst. a in den EZ 2014 bis 2013 gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b GewStG ausschließlich für Neuanlagen solarer Strahlungsenergie (s. Rz. 28 ff.). Hintergrund hierfür ist die frühere Anwendung des Regelmaßstabs auch bei Unternehmen der alternativen Energiegewinnung, die dazu geführt hat, dass Standortgemeinden häufig einen Zerlegungsanteil von 0 zugewiesen bekamen (s. Rz. 2). Mit den Sondermaßstäben der Nr. 2 sollen die umweltund energiepolitischen Ziele der Bundesregierung gefördert werden (s. Rz. 2). Hofmeister stellt zu Recht infrage, inwieweit das hierdurch verkomplizierte Zerlegungsverfahren die Erzeugung erneuerbarer Energien langfristig tatsächlich fördert.3 Obwohl die Vorschrift zum Ausbau erneuerbarer Energien beitragen soll, bezieht sie sich derzeit ausschließlich auf Wind- und Solarenergie. Andere erneuerbare Energien, wie bspw. Wasserkraft oder Geothermie, unterfallen weiterhin dem Regelmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Zollkodex-AnpG schlug der Bundesrat eine Neufassung von § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG vor.4 Diese sah einen einheitlichen Zerlegungsmaßstab anhand der Verhältnisse der installierten Leistungen iSd. § 5 Nr. 22 EEG für alle Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien vor. Den uE sinnvollen Vorschlag lehnte die Bundesregierung mit der Begründung ab, die Sondermaßstäbe seien bewusst auf Wind- und Solarenergieanlagen beschränkt worden.5 2. Zerlegung beim ausschließlichen Betrieb von Anlagen der Wind- und Solarenergie (Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) a) Vorbemerkung

20

Bei Unternehmen, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie betreiben, erfolgt eine Zerlegung zu drei Zehnteln anhand des Verhältnisses der Arbeitslöhne iSd. § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG und zu sieben Zehnteln nach dem Verhältnis der Ansätze des Sachanlagevermögens. b) Betrieb von Windkraft- und Solaranlagen

21

Voraussetzung für die Anwendung des Sondermaßstabs ist zunächst der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Wind- oder Solarenergie. Windenergie ist die durch Umwandlung von Windkraft gewonnene elektrische Energie. Solarenergie ist die durch Umwandlung von Sonnenstrahlung gewonnene elektrische Energie oder Wärme. 1 OFD Düsseldorf v. 15.3.2004 – G 1450 A - St 142, DB 2004, 733; Wischott/Krohn/Nogens, DStR 2009, 1737; Stöbener/Gach, DStR 2012, 1376. 2 BFH v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836. 3 Hofmeister in Blümich, § 29 GewStG Rz. 15. 4 BT-Drucks. 18/3158, 28 ff. 5 BT-Drucks. 18/3158, 83; s. auch Meier, FR 2012, 1072 zu einer früheren BR-Initiative.

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B. Zerlegungsmaßstäbe (Abs. 1)

Rz. 26 § 29

Zu den Anlagen zur Erzeugung von Wind- und solarer Strahlungsenergie gehören sämtliche hierfür 22 erforderlichen Teile. Windkraftanlagen bestehen somit aus Fundamenten, den Türmen, Generatoren, den Rotoren mit Rotorenblättern, Kompakttransformatoren, Steuerschränken und der internen Verkabelung.1 Zusammen bilden diese Teile ein eigenständiges Wirtschaftsgut in Form einer Windkraftanlage.2 Weiter erforderliche Komponenten, wie externe Verkabelung mit Übergabestation sowie die Zuwegung, sind selbständige Wirtschaftsgüter.3 Hieraus folgt, dass ein Windpark aus mehreren selbständigen Wirtschaftsgütern besteht.4 Solarenergieanlagen setzen sich ebenfalls aus einzelnen Teilen zusammen, wobei diese zwischen thermischen Solaranlagen (Sonnenkollektoren, Solarwärmespeicher, Rohre, Armaturen, Solarregler etc.) und Fotovoltaikanlagen (Fotovoltaikmodule, Wechselrichter, Verkabelung etc.) variieren. Die Anlagen müssen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG betrieben werden. Dies ist der Fall, wenn sie zur 23 Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern bzw. Wärme verwendet werden und der Gewerbebetrieb damit in Gang gesetzt wird. Bau, Probebetrieb, stillgelegte Anlagen oder Abwicklungstätigkeiten stellen kein Betreiben in diesem Sinne dar. Zeitweilige Wartungs- oder Reparaturarbeiten nach Inbetriebnahme sind dagegen unschädlich.5 Bei KapGes. spricht § 2 Abs. 2 GewStG dafür, jegliche Betätigung, mithin auch Vorbereitungshandlungen, als Betreiben einer Anlage anzusehen.6 Wie bei allen Gewerbebetrieben wird ein Betreiben während des gesamten EZ nicht gefordert. Entgegen dem Wortlaut der Norm ist ein gleichzeitiger Betrieb sowohl von Windkraft- als auch Solar- 24 anlagen nicht erforderlich. Auch der alleinige Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien aus Windkraft oder solarer Strahlungsenergie fällt unter § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GewStG.7 Dagegen setzt die Anwendung des besonderen Zerlegungsmaßstabs entgegen der früheren Rechtslage (s. Rz. 5) zwingend den ausschließlichen Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Strom, Wärme oder anderen Energieträgern voraus (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG). Gegenstand des Unternehmens darf somit im jeweiligen EZ nur der Betrieb von derartigen Anlagen sein, wobei Vorbereitungshandlungen und Hilfsgeschäfte unschädlich sind. Gewerbebetriebe, die neben ihrem eigentlichen Tätigkeitsfeld Windkraft- oder Solaranlagen betreiben, fallen nicht (mehr) unter den Sondermaßstab. Eine Anwendung unterschiedlicher Zerlegungsmaßstäbe auf verschiedene Tätigkeitsbereiche eines Unternehmens findet nicht statt. c) Gemischter Zerlegungsmaßstab Der Sondermaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GewStG besteht aus zwei Komponenten, dem Re- 25 gelmaßstab des Abs. 1 Nr. 1 und dem besonderen Maßstab des Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a. Der zu zerlegende GewSt-Messbetrag wird zu 30 % nach dem Regelmaßstab zerlegt (s. Rz. 8 ff.). Die verbleibenden 70 % des GewSt-Messbetrags werden nach dem besonderen Maßstab zerlegt. Hierfür ist das Verhältnis ausschlaggebend, in dem die Summe der steuerlich maßgebenden Ansätze des Sachanlagevermögens mit Ausnahme der Betriebs- und Geschäftsausstattung, der geleisteten Anzahlungen und der Anlagen im Bau in allen Betriebsstätten zu dem Ansatz in den einzelnen Betriebsstätten steht. Der Begriff des Sachanlagevermögens richtet sich mangels steuerrechtlicher Definition grundsätzlich 26 nach den handelsrechtlichen Vorschriften.8 Gem. § 266 Abs. 2 A II HGB zählen hierzu (1) Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremdem Grund; (2) technische Anlagen und Maschinen; (3) andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie (4) geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau. § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GewStG nimmt jedoch Be1 Vgl. BFH v. 14.4.2011 – IV R 46/09, BStBl. II 2011, 696 Rz. 17 = FR 2011, 662 m. Anm. Briesemeister/Joisten/ Vossel. 2 BFH v. 14.4.2011 – IV R 46/09, BStBl. II 2011, 696 Rz. 17 = FR 2011, 662 m. Anm. Briesemeister/Joisten/Vossel. 3 BFH v. 14.4.2011 – IV R 52/10, BFH/NV 2011, 1339 Rz. 26. 4 BFH v. 14.4.2011 – IV R 46/09, BStBl. II 2011, 696 Rz. 21 = FR 2011, 662 m. Anm. Briesemeister/Joisten/Vossel. 5 So auch Hofmeister in Blümich, § 29 GewStG Rz. 19. 6 So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 25; aA Hofmeister in Blümich, § 29 GewStG Rz. 19. 7 So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 28; Hofmeister in Blümich, § 29 GewStG Rz. 18. 8 BFH v. 13.12.2006 – VIII R 51/04, BStBl. II 2008, 137 = FR 2007, 607 m. Anm. Wendt.

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§ 29 Rz. 27 Zerlegungsmaßstab triebs- und Geschäftsausstattung, geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau ausdrücklich aus. Der Sondermaßstab richtet sich somit nach einem modifizierten Begriff des Sachanlagevermögens. Entscheidend ist das Verhältnis zwischen den steuerlich maßgebenden Ansätzen des Sachanlagevermögens des gesamten Unternehmens und den Ansätzen in den einzelnen Betriebsstätten. Es kommt also nicht nur auf die Windkraft- oder Solarenergieanlagen an, sondern sämtliches Sachanlagevermögen des Gewerbebetriebs.1 Unter den steuerrechtlichen Ansätzen sind – unter Zugrundelegung des Regelungszwecks der Vorschrift – die Werte der Steuerbilanz zu verstehen, die auf den Schluss des im EZ endenden Wj. zu erstellen ist.2 27

Die Eignung des gemischten Zerlegungsmaßstab nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GewStG, eine ordnungsgemäße Beteiligung der Standortgemeinden sicherzustellen, wird durchaus in Zweifel gezogen.3 Gerade auch bei Offshore-Windkraftanlagen, die zwangsläufig in gemeindefreien Gebieten (§ 4 Abs. 2 GewStG) liegen, stößt der besondere Zerlegungsmaßstab auf Kritik.4 Ein wiederkehrender Kritikpunkt ist dabei die Anknüpfung an die steuerrechtlichen Ansätze des Sachanlagevermögens. Durch die Abschreibung für Abnutzung reduziert sich der Wert der Anlagen jährlich, sodass nach Ablauf des Abschreibungszeitraums einer Windkraft- oder Solarenergieanlage ein Wegfall des Gewerbesteueranteils der Standortgemeinden befürchtet wird.5 Diese Kritik ist jedenfalls berechtigt, soweit Abschreibungen den auf die betreffende Standortgemeinde entfallenden Zerlegungsanteil mindern, obwohl die Gemeinde durch den Weiterbetrieb der Windkraft- oder Solarenergieanlage tatsächlich unverändert belastet bleibt.6 Betreibt ein Unternehmen Alt- und Neuanlagen, verschieben sich dadurch iErg. die Zerlegungsanteile zulasten der Standorte mit Altanlagen.7 Auch nach vollständiger Abschreibung einer Windkraft- oder Solarenergieanlage wird diese allerdings weiterhin iSv. § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GewStG betrieben, sodass der Sondermaßstab in einem solchen Fall grundsätzlich anwendbar bleibt und der betreffenden Standortgemeinde insoweit ein Zerlegungsanteil zugewiesen werden kann. Damit finden bspw. nicht abschreibbare Sachanlagen, wie etwa Grundstücke, auf denen die Windkraftoder Solarenergieanlagen stehen, iRd. Sondermaßstabs weiterhin Berücksichtigung.8 3. Zerlegung beim ausschließlichen Betrieb von Anlagen der Solarenergie im Erhebungszeitraum 2014–2023 (Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) a) Vorbemerkung

28

§ 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b GewStG enthält übergangsweise einen besonderen Maßstab für Unternehmen, die in den EZ 2014 bis 2023 ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus solarer Strahlungsenergie betreiben. Sofern einschlägig, verdrängt dieser § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Ab dem EZ 2015 folgt dies direkt aus § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b GewStG. Für das EZ 2014 ist die inhaltlich gleiche Regelung in § 36 Abs. 9d Satz 2 f. idF des AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013 enthalten (s. Rz. 5).

29

Durch die Abkehr vom Regelmaßstab und Anwendung des Sondermaßstabs nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GewStG auf Solaranlagen wurden zu Recht Verteilungseffekte im Gewerbesteueraufkommen befürchtet.9 Um den Gemeinden eine Anpassung an die geänderte Rechtslage zu ermöglichen, erfolgt eine Zerlegung nach dem Maßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GewStG für eine Übergangszeit von zehn Jahren nur für neue Solaranlagen (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 1 Doppelbuchst. aa GewStG). 1 2 3 4 5 6 7 8 9

So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 22. So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 22; Hofmeister in Blümich, § 29 GewStG Rz. 29. S. zB Trossen, DStZ 2006, 836; Waffenschmidt, FR 2013, 268. S. zB Becker, BB 2014, 2270; Markus/Maurer, NVwZ-Extra 10/2012, 1, fordern eine Neuregelung des Gewerbesteuerrechts. S. zB BT-Drucks. 18/3158, 29. BT-Drucks. 18/3158, 29. So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 23, der ergänzend darauf hinweist, dass die Geschäftsleitungsgemeinde durch diesen Effekt nur betroffen ist, soweit zur Betriebsstätte der Geschäftsleitung Sachanlagevermögen gehört, das dem Sondermaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GewStG unterliegt. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 23. BR-Drucks. 139/13, 159.

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C. Relevante Arbeitslöhne im Erhebungszeitraum (Abs. 2)

Rz. 34 § 29

b) Ausschließlicher Betrieb von Solaranlagen Der Zerlegungsmaßstab bei Solaranlagen ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 1 Doppelbuchst. aa 30 GewStG zu drei Zehnteln der Regelmaßstab der Nr. 1 und zu sieben Zehnteln das Verhältnis, in dem die Summe der steuerlich maßgebenden Ansätze des Sachanlagevermögens mit Ausnahme der Betriebs- und Geschäftsausstattung, der geleisteten Anzahlungen und der Anlagen im Bau in allen Betriebsstätten zu dem Ansatz in den einzelnen Betriebsstätten steht (s. Rz. 25). Voraussetzung hierfür ist zum einen, dass das Unternehmen ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Solarenergie betreibt. Insoweit gelten die Ausführungen zu § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GewStG entsprechend (s. Rz. 20 ff.). Zum anderen muss es sich bei diesen Anlagen um neue Anlagen handeln. Neuanlagen liegen gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 3 GewStG vor, wenn sie nach dem 30.6.2013 genehmigt wurden. Altanlagen sind dementsprechend Anlagen, die vor diesem Stichtag genehmigt wurden. Für diese gilt der Regelmaßstab der Zerlegung. Der Regelungszweck der Vorschrift spricht dafür, unter Genehmigung bereits die Bau- und nicht erst die Betriebsgenehmigung zu verstehen.1 c) Anzuwendender Zerlegungsmaßstab Betreibt ein Unternehmen ausschließlich Neuanlagen zur Erzeugung von Solarenergie, so findet der 31 kombinierte Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a GewStG Anwendung (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 1 Doppelbuchst. aa GewStG; s. Rz. 25). Handelt es sich dagegen um Altanlagen iSd. Gesetzes, so gilt bis zum EZ 2023 weiterhin der Regelmaßstab der Nr. 1, es erfolgt mithin eine Zerlegung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 1 Doppelbuchst. bb GewStG, s. Rz. 8). Bei Unternehmen, die ausschließlich Solaranlagen, jedoch sowohl alte wie neue Anlagen betreiben, 32 finden unterschiedliche Zerlegungsmaßstäbe Anwendung. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 GewStG wird der Steuermessbetrag zunächst auf die Neu- und Altanlagen aufgeteilt. Maßstab ist hierbei das Verhältnis, in dem die Summe des maßgeblichen Sachanlagevermögens für Neuanlagen und die Summe des übrigen maßgebenden Sachanlagevermögens für die übrigen Anlagen zum gesamten maßgebenden Sachanlagevermögen des Betriebs steht. Nach der Aufteilung erfolgt die eigentliche Zerlegung, bei dem auf Neuanlagen entfallenden Anteil am GewSt-Messbetrag gemäß dem kombinierten Zerlegungsmaßstab, bei Altanlagen nach dem Regelmaßstab.2 Werden dagegen sowohl Windkraft- als auch Solaranlagen betrieben, findet § 29 Abs. 1 Nr. 2 33 Buchst. b GewStG keine Anwendung. In diesen Fällen erfolgt eine Zerlegung für das gesamte Unternehmen nach Nr. 2 Buchst. a, unabhängig davon, ob es sich um Alt- oder Neuanlagen handelt.

C. Relevante Arbeitslöhne im Erhebungszeitraum (Abs. 2) § 29 Abs. 2 GewStG regelt, welche Arbeitslöhne für die Ermittlung der Lohnsummen iSd. Abs. 1 an- 34 zusetzen sind. Danach sind die Arbeitslöhne anzusetzen, die in den Betriebsstätten der beteiligten Gemeinden während des EZ erzielt oder gezahlt worden sind. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind ausschließlich diejenigen Arbeitslöhne zu berücksichtigen, die erzielt oder gezahlt worden sind. Tatsächlich kommt es nur auf die Zahlung an. „Erzielt“ bezog sich auf den in früheren Gesetzesfassungen enthaltenen Zerlegungsmaßstab der Betriebseinnahmen und hat heute keine Relevanz mehr.3 Eine Zahlung iSd. Vorschrift ist erfolgt, wenn der Lohnanspruch erfüllt wurde. Maßgeblich ist die geleistete Zahlung, nicht etwa ein niedriger oder höherer arbeitsvertraglicher Lohnanspruch. Entscheidend sind nur Zahlungen im EZ, auch wenn das Unternehmen ein abweichendes Wj. hat oder eine Organschaft besteht.4

1 So auch Hofmeister in Blümich, § 29 GewStG Rz. 43. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 30, merkt zu Recht an, dass in die Aufteilung sämtliches Sachanlagevermögen mit einfließt, nicht nur das in Form von Solaranlagen. 3 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 29 GewStG Rz. 31. 4 BFH v. 17.2.1993 – I R 19/92, BStBl. II 1993, 679 = FR 1993, 614.

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§ 29 Rz. 35 Zerlegungsmaßstab

D. Abrundung der Arbeitslöhne (Abs. 3) 35

§ 29 Abs. 3 GewStG trägt zur Gewährleistung eines einfach zu handhabenden Zerlegungsmaßstabs bei, indem die Vorschrift eine Abrundung bestimmt. Die zur Ermittlung der Verhältniszahlen notwendigen Arbeitslöhne sind auf volle 1.000 Euro abzurunden. Die nach § 29 Abs. 1 GewStG für eine Zerlegung erforderliche Summe der Arbeitslöhne setzt sich somit aus den abgerundeten Lohnsummen zusammen, die in den einzelnen Betriebsstätten gezahlt werden.

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§ 30 Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten Erstreckt sich die Betriebsstätte auf mehrere Gemeinden, so ist der Steuermessbetrag oder Zerlegungsanteil auf die Gemeinden zu zerlegen, auf die sich die Betriebsstätte erstreckt, und zwar nach der Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

4. Betrieblicher Zusammenhang . . . . . . . .

16

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

C. Zerlegungsmaßstab . . . . . . . . . . . . .

17

I. Verfahren zur Festlegung des Zerlegungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

2

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

4

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

5

B. Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

I. 1. 2. 3.

Mehrgemeindliche Betriebsstätten . . Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an Teilbetriebsstätten Räumlicher Zusammenhang . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

6 6 8 10

II. 1. 2. 3. 4.

Ermittlung des Zerlegungsmaßstabs . . . Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . Lage der örtlichen Verhältnisse . . . . . . Gemeindelasten . . . . . . . . . . . . . . . Gewichtung der Zerlegungsfaktoren und Zerlegung entsprechend den Gemeindelasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

19 19 21 23

.

24

Literatur: Offerhaus/Althof, Gewerbesteuerzerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten am Beispiel eines Großflughafens, FR 2006, 623; Hidien/Rodenhäuser, Der Rechtsbegriff der mehrgemeindlichen Betriebsstätte (§ 12 AO iVm. §§ 28, 30 GewStG) und seine Anwendung auf großtechnische Netzwerke am Beispiel der Telefonkabel des Telefonnetzes der Deutschen Telekom AG, DStZ 2007, 689; Herlinghaus, Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags beim Betreiber eines Verkehrsflughafens, EFG 2008, 1478; Spohn/Peter, Rechtsprechung im Rückwärtsgang? – Lärmmessstationen eines Verkehrsflughafens begründen keine mehrgemeindliche Betriebsstätte, DStR 2010, 1013; Reinke, Die Gewerbesteuerzerlegung – ungerechte Ergebnisse und was Kommunen dagegen tun können, ZKF 2016, 182.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 30 GewStG regelt die Zerlegung für mehrgemeindliche Betriebsstätten. Erstrecken sich eine oder 1 mehrere Betriebsstätten eines Unternehmens über das Gebiet mehrerer Gemeinden, so muss iSd. Äquivalenzgedankens eine Zerlegung des GewSt-Messbetrags entsprechend den jeweiligen Lasten der betroffenen Gemeinden erfolgen. § 30 GewStG stellt somit eine Sonderregelung der Zerlegung dar. Anders als bspw. § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG schreibt die Vorschrift jedoch keinen festen Zerlegungsmaßstab vor. Vielmehr muss in jedem Einzelfall ein angemessener Maßstab unter zwingender Berücksichtigung der Lage der örtlichen Verhältnisse sowie der aus den Betriebstätten(-teilen) erwachsenden Gemeindelasten gefunden werden. Die Vorschrift eröffnet einen Auslegungsspielraum für die Ermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen am ehesten entsprechenden Maßstabs. Dies ist erforderlich, da Zerlegungsmaßstäbe zwar zwingend typisieren müssen, die Anwendung des Regelmaßstabs bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten aber idR nicht zu einem angemessenen Lastenausgleich führen würde.1 In der Praxis ist § 30 GewStG von untergeordneter Natur. Sofern der Anwendungsbereich der Norm eröffnet ist, wird eine Zerlegung nach § 30 GewStG häufig durch eine Einigung iSd. § 33 Abs. 2 GewStG obsolet (s. Rz. 18; § 33 GewStG Rz. 22 ff.).

1 So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 30 GewStG Rz. 3; einschränkend Reinke, ZKF 2016, 182.

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§ 30 Rz. 2 Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten

II. Anwendungsbereich 2 Der Regelmaßstab gilt für alle stehenden Gewerbebetriebe, die zumindest eine mehrgemeindliche

Betriebsstätte unterhalten. Keine Anwendung findet die Vorschrift auf Reisegewerbebetriebe, bei denen eine Zerlegung idR unterbleibt (s. § 35a GewStG Rz. 20). § 30 GewStG ist lex specialis zu § 29 GewStG. Sofern lediglich eine einzige Betriebsstätte gegeben ist, die sich über das Gebiet mehrerer Gemeinden erstreckt, richtet sich die Zerlegung ausschließlich nach § 30 GewStG (Zerlegung des Steuermessbetrags). Unterhält ein Unternehmen dagegen mehrere Betriebsstätten, von denen zumindest eine mehrgemeindlich ist, erfolgt die Zerlegung in zwei Schritten. Unter Anwendung von § 29 GewStG werden im ersten Schritt die auf die einzelnen Betriebsstätten entfallenden Zerlegungsanteile ermittelt. Die Anteile, die hiervon auf mehrgemeindliche Betriebsstätten entfallen, werden sodann in einem zweiten Schritt gem. § 30 GewStG auf die beteiligten Gemeinden aufgeteilt (Zerlegung des Zerlegungsanteils). H 30.1 GewStH 2009 bezeichnet die zweistufige Zerlegung als Hauptund Unterzerlegung. Es handelt sich dennoch um eine einheitliche Zerlegung.1 Über § 16 Abs. 4 Satz 4 GewStG gelten die Regelungen des § 30 GewStG entsprechend, wenn im Zuge einer Gebietsreform Gemeindeteile unterschiedliche Hebesätze haben (s. § 16 GewStG Rz. 29 f.). Voraussetzung ist hier eine sich auf die verschiedenen Gemeindeteile erstreckende Betriebsstätte. 3 Verdrängt wird § 33 Abs. 1 GewStG. Unter Berücksichtigung der Grundsätze in § 30 GewStG ist zwin-

gend ein angemessener Zerlegungsmaßstab für mehrgemeindliche Betriebsstätten zu finden. Dieser kann nicht zugleich zu einer Unbilligkeit iSd. § 33 Abs. 1 GewStG führen, da er sonst bereits die gesetzlichen Anforderungen des § 30 GewStG nicht erfüllt.2 Anwendbar sind dagegen auch bei der Zerlegung mehrgemeindlicher Betriebsstätten individuelle Vereinbarungen iSd. § 33 Abs. 2 GewStG3 sowie die Bagatellgrenzen des § 34 GewStG.

III. Rechtsentwicklung 4 Die Regelung über die Zerlegung des GewSt-Messbetrags bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten war

im Wesentlichen inhaltsgleich bereits in § 30 GewStG idF des GewStG v. 1.12.19364 enthalten. Einzig der Wegfall der Gewerbekapitalsteuer führte zu einer Änderung durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997 in Form der Streichung des Worts „einheitliche“ vor „Steuermessbetrag“.5

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 5 § 30 GewStG ergänzt die Vorschriften über die Zerlegung um eine Sonderregelung für mehrgemeind-

liche Betriebsstätten. Die Ausgestaltung der Norm stellt zugleich eine einfachgesetzliche Konkretisierung des für das Gewerbesteuerrecht prägenden Äquivalenzprinzips dar. Zum Konkurrenzverhältnis zu §§ 29, 33 und 34 GewStG s. Rz. 3 f.

B. Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten I. Mehrgemeindliche Betriebsstätten 1. Begriff 6 Die Regelung des § 30 GewStG setzt das Vorliegen einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte voraus.

Der Betriebsstättenbegriff richtet sich grundsätzlich, wie bei allen Vorschriften der Zerlegung, nach 1 2 3 4 5

BFH v. 12.10.1977 – I R 227/75, BStBl. II 1978, 160. So auch Hofmeister in Blümich, § 30 GewStG Rz. 2. BFH v. 25.9.1968 – I B 118/65, BStBl. II 1968, 827. RGBl. I 1936, 979. Art. 4 Nr. 6 G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590 = BStBl. I 1997, 928.

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B. Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten

Rz. 8 § 30

§ 12 AO.1 Mehrgemeindlich ist eine Betriebsstätte, wenn sich eine einzige Geschäftseinrichtung oder Anlage iSd. § 12 AO über das Gebiet mindestens zweier Gemeinden erstreckt, zB ein unmittelbar auf der Gemeindegrenze stehendes Bürogebäude. Möglich ist aber auch, dass mehrere Anlagen, die alle für sich gesehen Betriebsstätten iSd. § 12 AO sind, eine einheitliche mehrgemeindliche Betriebsstätte bilden und diese sich über mehrere Gemeinden erstreckt. Wann eine solche Einheit vorliegt, regelt das Gesetz nicht. Voraussetzung hierfür ist nach der ständigen Rspr. ein zwischen den Betriebsanlagen, Geschäftseinrichtungen oder Teilen von ihnen bestehender räumlicher (Rz. 10) und betrieblicher (Rz. 16 ff.) Zusammenhang.2 Eine einzige mehrgemeindliche Betriebsstätte liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die einzelnen Teile kumulativ räumlich und betrieblich zusammenhängen und sich über mehrere Gemeinden erstrecken.3 Fehlt es an einem derartigen Zusammenhang, liegen einzelne Betriebsstätten vor, deren Zerlegung sich nach § 29 GewStG richtet (s. § 29 GewStG Rz. 7 ff.). Ob eine oder mehrere Betriebsstätten die Anforderungen des § 30 GewStG erfüllen, ist eine stets zu 7 prüfende Einzelfallentscheidung. Diese kann nicht durch eine einvernehmliche Verständigung nach § 33 Abs. 2 GewStG oder durch die von der Rspr. aufgestellten Grundsätze der „tatsächlichen Verständigung“ ersetzt werden.4 Hervorzuheben ist, dass bei der Beurteilung mehrerer Geschäftseinrichtungen oder Anlagen als geschlossene wirtschaftliche, betriebliche Einheit etwaige Lasten der jeweiligen Gemeinden unbedeutend sind. Dies folgt aus dem Wortlaut der Norm. Voraussetzung für die Anwendung von § 30 GewStG ist lediglich eine mehrgemeindliche Betriebsstätte.5 Die Frage der Gemeindelasten iSd. Äquivalenzgedankens spielt erst bei der Ermittlung des anzuwendenden Zerlegungsmaßstabs eine Rolle (s. Rz. 17 ff.). 2. Anforderungen an Teilbetriebsstätten Über den Wortlaut des § 30 GewStG hinausgehend stellt die Rspr. bestimmte Anforderungen an die 8 einzelnen Geschäftseinrichtungen und Anlagen, die zusammen eine einheitliche mehrgemeindliche Betriebsstätte bilden. Jede dieser Teilbetriebsstätten muss für sich eine Betriebsstätte iSd. § 12 AO sein.6 Darüber hinaus müssen alle Teilbetriebe die Voraussetzungen des § 28 GewStG erfüllen.7 Sie dürfen also nicht unter eine der in § 28 Abs. 2 GewStG genannten Alternativen fallen und müssen eine dauernde gewerbliche Tätigkeit vorweisen können. Mit betrieblich nicht genutzten oder stillgelegten Teilbetriebsstätten kann eine mehrgemeindliche Betriebsstätte somit nicht gebildet werden.8 Die zusätzlichen Anforderungen rechtfertigt die Rspr. damit, dass eine Gemeinde, auf deren Gebiet keine dauernde gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird und die für sich gesehen nicht an dem GewStAufkommen partizipieren würde, nicht über die Annahme einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte wieder in die Zerlegung mit einbezogen werden soll.9 Auch bei der bloßen Durchleitung mittels Rohrleitungen fehlt es an der Ausübung eines stehenden Gewerbes. Anders ist dies dagegen, wenn über die reine Transportfunktion hinaus Gas, Wasser, Elektrizität oder Wärme in den einzelnen Gemeinden abgegeben werden. Leitungen sind demnach grundsätzlich keine Teilbetriebsstätten, können jedoch eine räumliche Verbindung zwischen Teilbetriebsstätten begründen (s. Rz. 13).

1 BFH v. 13.9.2000 – X R 174/96, BStBl. II 2001, 734 = FR 2001, 420 mwN. 2 BFH v. 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. II 2010, 492 mwN; R 30.1 GewStR 2009. 3 BFH v. 26.2.1992 – I R 58/91, BFH/NV 1992, 766 mwN; kritisch zu den kumulativen Anforderungen Güroff in Glanegger/Güroff9, § 30 GewStG Rz. 2b. 4 BFH v. 26.2.1992 – I R 58/91, BFH/NV 1992, 766. 5 BFH v. 28.10.1987 – I R 275/83, BStBl. II 1988, 292 = FR 1988, 173. 6 BFH v. 8.2.1979 – IV R 56/76, BStBl. II 1979, 479; v. 28.10.1987 – I R 275/83, BStBl. II 1988, 292 = FR 1988, 173; aA zu § 16 StAnpG noch BFH v. 26.11.1957 – I B 218/56 U, BStBl. III 1958, 261. 7 BFH v. 12.10.1977 – I R 226/75, BStBl. II 1978, 111; v. 8.3.1988 – VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735; v. 13.9.2000 – X R 174/96, BStBl. II 2001, 734 = FR 2001, 420; ablehnend mit Verweis auf abweichende Rspr. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 30 GewStG Rz. 10. 8 BFH v. 12.10.1977 – I R 226/75, BStBl. II 1978, 111; Hofmeister in Blümich, § 30 GewStG Rz. 3; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 30 GewStG Rz. 4. 9 BFH v. 12.10.1977 – I R 226/75, BStBl. II 1978, 111.

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§ 30 Rz. 9 Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten 9 Durch den Bezug auf §§ 12 AO, 28 GewStG soll nach der Rspr. verhindert werden, dass Gemeinden,

die eigentlich von einem Zerlegungsverfahren ausgeschlossen wären, über den „Umweg“ der mehrgemeindlichen Betriebsstätte dennoch beteiligt werden.1 Mangelt es an diesen Anforderungen, so ist das betroffene Betriebsvermögen der einzigen oder im Falle mehrerer Betriebsstätten dem Hauptsitz zuzuordnen. Betriebsstättenlose Vermögensteile gibt es nicht.2 Nur wenn alle von der Rspr. geforderten Voraussetzungen in den Teilbetrieben gegeben sind, kommt überhaupt eine aus diesen zusammengesetzte mehrgemeindliche Betriebsstätte in Betracht. 3. Räumlicher Zusammenhang 10

Die einzelnen Teilbetriebsstätten müssen räumlich zusammenhängen, also miteinander verbunden sein. Ist ein Unternehmen in verschiedenen Branchen tätig (zB Elektrizitätsversorgung und Nahverkehrsunternehmen), muss der räumliche Zusammenhang in allen Betriebszweigen bestehen.3 Eine räumliche Verbindung kann durch die Erdoberfläche hergestellt werden.4 Ist dies der Fall, kann grundsätzlich von einer einheitlichen Betriebsstätte ausgegangen werden. Aneinander angrenzende Grundstücke im Eigentum desselben Unternehmens gehören gewöhnlich zu derselben Betriebsstätte.5 Bei Vorliegen ganz besonders gelagerter Verhältnisse kommt nach der Rspr. des BFH trotz räumlicher Verbundenheit eine Mehrheit von Betriebsstätten in Betracht.6 Die Entscheidungen des BFH gehen allerdings auf die hierfür erforderlichen besonderen Umstände nicht ein. Güroff nimmt an, es handle sich bei den besonders gelagerten Verhältnissen um das Fehlen eines betrieblichen Zusammenhangs. Die Annahme mehrerer Betriebsstätten wäre insoweit folgerichtig, hätte aber eigentlich nichts mit dem räumlichen Zusammenhang, sondern mit der zweiten Komponente des betrieblichen Zusammenhangs (s. Rz. 16) zu tun.

11

Werden Grundstücke durch Bauwerke oder andere Grundstücke voneinander abgetrennt, so richtet es sich nach der Verkehrsanschauung, ob im jeweiligen Einzelfall dennoch ein räumlicher Zusammenhang anzunehmen ist. Eine das Grundstück umgebende Mauer mit mehreren Durchbrüchen unterbricht die räumliche Verbindung nicht.7 Werden die Grundstücke dagegen durch öffentliche Straßen, Bahndämme, Flüsse etc. vollständig unterbrochen, liegt ein räumlicher Zusammenhang nur vor, wenn durch technische Einrichtungen – wie Überbrückungen, Unterführungen, Fährdienste, Seilbahnen uÄ – ein unmittelbarer Verkehr zwischen den Teilbetriebsstätten gesichert möglich ist.8 Eine derartige technische Einrichtung muss bestehen und nutzbar sein, eine Möglichkeit zur Errichtung reicht nicht aus.9

12

Ein räumlicher Zusammenhang muss nicht zwingend über die Erdoberfläche hergestellt werden, sondern kann auch durch unterirdische (zB Tunnel, Stollen) oder oberirdische (zB Seilbahnen) technische Anlagen begründet werden.10 Voraussetzung für die Begründung eines räumlichen Zusammenhangs ist idR eine betriebseigene technische Anlage.11 Dies bedeutet nicht, dass die Anlagen zwingend Eigentum des Unternehmens sein müssen. Entscheidend ist vielmehr, ob eine über eine tatsächliche Nutzungsmöglichkeit hinausgehende, gesicherte, nicht jederzeit entziehbare Verfügungsmacht über die Anlage gegeben ist, die es dem Unternehmen erlaubt, diese nach eigener Maßgabe für den Unternehmenszweck einzusetzen.12 Es genügt daher, wenn aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarungen ein gefestigtes Verfügungsrecht über die verbindenden Anlagen besteht.13

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

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S. zB BFH v. 12.10.1977 – I R 226/75, BStBl. II 1978, 111. BFH v. 12.10.1977 – I R 226/75, BStBl. II 1978, 111. BFH v. 26.2.1992 – I R 58/91, BFH/NV 1992, 766. BFH v. 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. III 1965, 113. BFH v. 26.11.1957 – I B 218/56 U, BStBl. III 1958, 261. BFH v. 18.4.1951 – I B 34/50 U, BStBl. III 1951, 124; v. 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. III1965, 113. BFH v. 26.11.1957 – I B 218/56 U, BStBl. III 1958, 261. BFH v. 17.8.1954 – I B 58/53, BeckRS 1954, 21009070. BFH v. 17.8.1954 – I B 58/53, BeckRS 1954, 21009070. BFH v. 20.2.1974 – I R 179/72, BStBl. II 1974, 427. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 30 GewStG Rz. 17. AA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 30 GewStG Rz. 3a. BFH v. 18.10.1967 – I B 270/63, BStBl. II 1968, 40.

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B. Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten

Rz. 15 § 30

Bei einem Straßenbahnunternehmen, dessen eigene Schienen sich über mehrere Gemeinden erstre- 13 cken, ist eine verbindende technische Anlage gegeben.1 Ebenso ist ein von einem Unternehmen hergestellter, unterhaltener und sich über Gemeindegrenzen hinweg erstreckender Kanal geeignet, einen räumlichen Zusammenhang zwischen einem Stauwerk und einem Wasserwerk in unterschiedlichen Gemeinden zu begründen.2 Ein Porenspeicher und ein Sammelbohrplatz können durch Rohrleitungen räumlich verbunden sein.3 Stau- und Wehranlagen im Eigentum des Bundes und außerhalb der Verfügungsgewalt eines Wasserkraftwerkbetreibers können dagegen keine räumliche Verbindung herstellen.4 Auch kann bei einem Omnibusunternehmen, das Linien in mehreren Gemeinden befährt, das öffentliche Straßennetz keinen räumlichen Zusammenhang vermitteln, da es jedermann zur Verfügung steht und keine betriebseigene technische Anlage darstellt.5 Eine Verbindung kann demnach auch nicht durch Telefonleitungen und andere allgemeine Kommunikationsleitungen begründet werden.6 Folgerichtig verbindet das allgemeine Stromnetz daher auch nicht Windkraftanlagen in verschiedenen Gemeinden.7 Anders kann dies bei Telekommunikationsleitungen eines Telefonnetzbetreibers sein.8 Stellungnahme. Die Begrenzung auf betriebseigene technische Anlagen überzeugt, da nahezu jede Be- 14 triebsstätte in irgendeiner Form mit dem öffentlichen Verkehrs-, Kommunikations- und Versorgungsnetz verbunden ist und ansonsten das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen § 29 und § 30 GewStG ins Gegenteil verkehrt werden würde.9 Vor diesem Hintergrund muss auch die Entscheidung des BFH zu Lärmmessstationen eines Verkehrsflughafens10 gesehen werden, die vielfach kritisiert wird.11 Zwar führt die Differenzierung zwischen betriebseigenen und fremden bzw. öffentlichen technischen Anlagen letztendlich dazu, dass ein Unternehmen es ggf. selbst in der Hand hat, eine mehrgemeindliche Betriebsstätte zu begründen. Andererseits erscheint dies gegenüber einer Ausdehnung, die unter Verweis auf die ältere Rspr. des BFH primär auf die Bedeutung der Anlage für den Betrieb des Unternehmens und nicht die konkrete Art der Verbindung abstellt,12 gerade auch angesichts der technischen Entwicklung im Bereich der drahtlosen Verbindungen, vorzugswürdig.13 Auch bei Basisstationen von Mobilfunkunternehmen ist eine räumliche Verbindung abzulehnen, da diese nur über drahtlose Funkverbindungen hergestellt werden könnte. Nicht nachvollziehbar ist dagegen der Standpunkt der Finanzverwaltung, Basisstationen generell die Eigenschaft einer Betriebsstätte abzusprechen.14 Derartige Basisstationen sind feste Anlagen, die der Tätigkeit des Mobilfunkunternehmens dienen. Sie erfüllen also die Voraussetzungen des § 12 AO und stellen damit unzweifelhaft Betriebsstätten dar. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Basisstationen räumlich mit anderen Betriebsstätten verbunden sind und unter den Anwendungsbereich des § 30 GewStG fallen (s. Rz. 13 f.). Die Rspr. folgt dem Grundsatz der betriebseigenen technischen Anlage jedoch nicht strikt. So wurde 15 bei einem Fährbetrieb angenommen, der räumliche Zusammenhang zwischen den Anlegestellen würde durch die Wasseroberfläche hergestellt.15 Dies steht im Widerspruch zu der Bewertung öffentlicher Straßen bei Omnibusunternehmen. Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft nehmen nach

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

BFH v. 25.9.1968 – I B 118/65, BStBl. II 1968, 827. BFH v. 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. III 1954, 372. FG Hbg. v. 1.10.2004 – VI 181/2, EFG 2005, 804 (rkr.). BFH v. 4.12.1962 – I B 14/62 U, BStBl. III 1963, 156. BFH v. 25.9.1968 – I B 118/65, BStBl. II 1968, 827. BFH v. 10.7.1974 – I R 54/72, BStBl. II 1975, 42; v. 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. II 2010, 492. FG Nds. v. 16.2.2006 – 6 K 457/04, juris, bestätigt durch BFH v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836; zu der Behandlung eines Windparks als einheitliche Betriebsstätte s. BFH v. 14.4.2011 – IV R 46/09, BStBl. II 2011, 696 = FR 2011, 662 m. Anm. Briesemeister/Joisten/Vossel. FG Köln v. 27.11.2006 – 2 K 6440/03, EFG 2007, 372 (rkr.); s. auch Hidien/Rodenhäuser, DStZ 2007, 689. Hofmeister in Blümich, § 30 GewStG Rz. 5; BFH v. 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. II 2010, 492; kritisch zur Differenzierung nach betriebseigenen und öffentlichen Anlagen Spohn/Peter, DStR 2010, 1013. BFH v. 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. II 2010, 492. Spohn/Peter, DStR 2010, 1013; Offerhaus/Althof, FR 2006, 623; Herlinghaus, EFG 2008, 1478; Hofmeister in Blümich, § 30 GewStG Rz. 5. So zB Spohn/Peter, DStR 2010, 1013. S. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 30 GewStG Rz. 16. R 30.1 GewStR 2009; s. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 30 GewStG Rz. 4. RFH v. 28.2.1939 – I 473/38, RStBl. 1939, 1056.

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§ 30 Rz. 16 Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten der Rspr. eine Sonderstellung ein. Bei ihnen tritt wegen der branchenspezifischen Besonderheiten das Erfordernis eines räumlichen Zusammenhangs gegenüber dem betrieblichen Zusammenhang in den Hintergrund. Kabelleitungen zwischen den einzelnen Elektrizitätswerken sind daher für einen räumlichen Zusammenhang ausreichend, gleich ob es sich um eigene Leitungen oder das verbundwirtschaftliche Stromnetz handelt.1 Allerdings muss in diesen Fällen in organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Beziehung ein enger Zusammenhang bestehen, der notwendige Voraussetzung für die Durchführung der Aufgabe des Versorgungsunternehmens ist. Eine Zeche stellt daher eine eigenständige Betriebsstätte dar, auch wenn sie durch Kabelleitungen mit dem Versorgungsnetz des Elektrizitätsunternehmens verbunden ist.2 Auch bei Unternehmen der Mineralölwirtschaft kann der räumliche Zusammenhang wegen der besonderen wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Verbindung in den Hintergrund treten.3 4. Betrieblicher Zusammenhang 16

Der räumliche Zusammenhang ist grundsätzlich nur eine erforderliche Komponente einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte. Kumulativ müssen die Teilbetriebsstätten auch einen betrieblichen Zusammenhang aufweisen. Hierunter versteht man eine organisatorische, wirtschaftliche und technische Verbindung.4 Bei dem Merkmal des organisatorischen Zusammenhangs kommt es auf das Zusammenwirken der verschiedenen Teilbetriebsstätten an. Aus einer räumlichen Nähe folgt häufig auch eine organisatorische Verbindung. Mit Verwaltungseinrichtungen besteht ein organisatorischer Zusammenhang, wenn diese für die Abwicklung der Betriebsvorgänge unentbehrlich sind, insbesondere, wenn diese den Personaleinsatz steuern.5 Der wirtschaftliche und technische Zusammenhang ist oft schwer zu trennen. Er liegt vor, wenn die Teilbetriebsstätten derart aufeinander abgestimmt sind, dass gerade durch das Zusammenwirken der Zweck der Betriebsstätte erfüllt wird. Es genügt insoweit, wenn die konkrete Ausgestaltung unter mehreren denkbaren Möglichkeiten ein wirtschaftlich sinnvolles Mittel ist, um den betrieblichen Zweck des Unternehmens zu erreichen und dass dieser Zweck nicht erfüllt werden könnte, wenn die Anlage ersatzlos entfällt.6 Zum technischen Zusammenhang s. auch Rz. 12 ff.

C. Zerlegungsmaßstab I. Verfahren zur Festlegung des Zerlegungsmaßstabs 17

§ 30 GewStG regelt den besonderen Fall der Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten, gibt aber keinen konkreten Zerlegungsmaßstab vor. Vielmehr schreibt das Gesetz lediglich die Berücksichtigung bestimmter Faktoren vor, eröffnet für die Ermittlung des konkreten Maßstabs aber einen weiten Entscheidungsspielraum. Die Anwendung des Regelmaßstabs würde bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten zu einem nicht mehr hinnehmbaren Ergebnis führen, da Arbeitnehmer idR nicht einer bestimmten Teilbetriebsstätte zugeordnet werden können.7

18

Zuständig für die Ermittlung und Festlegung des anzuwendenden Maßstabs ist das FA, das für die Zerlegung zuständig ist. Die Festlegung des Maßstabs ist Teil des Zerlegungsbescheids. Während die Rspr. zunächst annahm, die Festlegung durch das FA sei eine Ermessensentscheidung iSd. § 5 AO und damit gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar,8 geht die hM heute von einer gebundenen

1 BFH v. 16.11.1965 – I B 249/62 U, BStBl. III 1966, 40; v. 18.10.1967 – I B 270/63, BStBl. II 1968, 40. 2 BFH v. 2.11.1960 – I B 31/59 U, BStBl. III 1961, 8. 3 BFH v. 20.2.1974 – I R 179/72, BStBl. II 1974, 427; v. 10.7.1974 – I R 54/72, BStBl. II 1975, 42; v. 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. II 2010, 492. 4 BFH v. 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. II 2010, 492. 5 BFH v. 1.12.1959 – I B 125/58, BB 1960, 320. 6 BFH v. 20.2.1974 – I R 179/72, BStBl. II 1974, 427. 7 S. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 30 GewStG Rz. 19; BFH v. 28.2.1956 – I B 170/54, BeckRS 1956, 21009035. 8 BFH v. 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. III 1954, 372.

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C. Zerlegungsmaßstab

Rz. 22 § 30

Verwaltungsentscheidung aus.1 Begründet wird dies zum einen mit dem Wortlaut des § 30 GewStG („so ist … zu zerlegen“), zum anderen damit, dass entgegen der bis 1966 geltenden Rechtslage nunmehr ein Einspruch gegen die Entscheidung des FA zulässig ist. Die Zerlegungsentscheidung des FA ist somit gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar und kann durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden. Zu dem unter Umständen zweistufigen Zerlegungsverfahren bei § 30 GewStG s. Rz. 2. Eine Festlegung durch das FA entfällt, sofern sich die am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden mit dem Steuerschuldner auf einen entsprechenden Zerlegungsmaßstab gem. § 33 Abs. 2 GewStG einigen. In diesem Fall erfolgt die Zerlegung entsprechend diesem Maßstab.2

II. Ermittlung des Zerlegungsmaßstabs 1. Vorbemerkung Der Zerlegungsmaßstab für mehrgemeindliche Betriebsstätten muss in jedem Einzelfall nach der Lage 19 der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten ermittelt werden. Die beiden Punkte hängen untrennbar zusammen. Die Aufzählung der zu berücksichtigenden Faktoren ist abschließend. Dementsprechend dürfen andere Umstände, wie die von einem Unternehmen gezahlten Löhne in den einzelnen Betriebsstätten oder die innere Struktur der Gemeinde oder deren finanzielle Situation, nicht in die Ermittlung des Zerlegungsmaßstabs mit einfließen. Dennoch handelt es sich im Rahmen des § 30 GewStG stets um einen groben Maßstab, der ebenso wie § 29 GewStG nur zu Annäherungswerten führt.3 Die Ermittlung des Zerlegungsmaßstabs vollzieht sich in mehreren Schritten. Zunächst sind die ört- 20 lichen Verhältnisse in den Gemeinden zu ermitteln (s. Rz. 21). Im Anschluss ist festzustellen, welche Lasten den Gemeinden aus der Betriebsstätte erwachsen (s. Rz. 23). In einem dritten Schritt werden dann die aus den örtlichen Verhältnissen gewonnenen Zerlegungsfaktoren gewichtet und die Zerlegungsanteile der betroffenen Gemeinden bestimmt (s. Rz. 24). 2. Lage der örtlichen Verhältnisse Die Zerlegung nach § 30 GewStG richtet sich nach Lage der örtlichen Verhältnisse. Hinter diesem un- 21 bestimmten Rechtsbegriff verbirgt sich die Feststellung, in welcher Art und Weise und in welcher Intensität das Vorhandensein der Betriebsstätte und ihrer Teilbetriebsstätten die örtlichen Gegebenheiten in den einzelnen Gemeinden beeinflusst. Der Sinn und Zweck des Zerlegungsverfahrens (s. § 28 GewStG Rz. 1 ff.) beschränkt dabei die Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse auf die tatsächlich auf der Betriebsstätte beruhenden Gegebenheiten. Darüber hinausgehende allgemeine örtliche Verhältnisse – wie bspw. die finanzielle Situation einer Gemeinde oder ein allgemein gesteigerter Zuzug4 – bleiben insoweit unberücksichtigt. Eine vollständige Trennung der Feststellung der örtlichen Verhältnisse von der Ermittlung der Gemeindelasten (s. Rz. 23) ist nicht möglich. Aus der Betriebsstätte resultierende örtliche Veränderungen und Beeinflussungen wirken sich zwangsläufig wiederum auf die zu tragenden Gemeindelasten aus. Die Lage einer Teilbetriebsstätte sowie die Flächenverhältnisse beeinflussen unmittelbar die örtli- 22 chen Gegebenheiten.5 Zu berücksichtigen ist, welche Fläche des Gemeindegebiets im Verhältnis zum gesamten Gemeindegebiet die jeweilige Teilbetriebsstätte einnimmt. Auch der Wert der in den Gemeinden der einzelnen Teilbetriebsstätten liegenden Betriebsanlagen gehört zu den örtlichen Verhältnissen.6

1 BFH v. 18.12.1986 – I B 31/86, BFH/NV 1987, 394; FG München v. 5.12.2001 – 10 K 1514/99, EFG 2002, 777 (rkr.); Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 30 GewStG Rz. 20 ff. stellt die Entwicklung der Rspr. umfassend dar. 2 BFH v. 25.9.1968 – I B 118/65, BStBl. II 1968, 827; OFD Magdeburg v. 10.11.2008 – G 1450 - 23 - St 216, juris. 3 BFH v. 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. III 1965, 113. 4 BFH v. 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. III 1954, 372. 5 BFH v. 28.2.1956 – I B 170/54, BeckRS 1956, 21009035. 6 BFH v. 28.2.1956 – I B 170/54, BeckRS 1956, 21009035.

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§ 30 Rz. 23 Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten Von großer Bedeutung ist weiter, inwieweit die Infrastruktur der Gemeinden durch die Teilbetriebsstätten beeinflusst wird. Hierzu zählen der Bau sowie die Unterhaltung von Straßen, Versorgungseinrichtungen, Wohnungen, Schulen und Kindergärten, Krankenhäusern, Kultur- und Sporteinrichtungen etc. Maßgeblich sind insbesondere die Anzahl der bei der mehrgemeindlichen Betriebsstätte beschäftigten Arbeitnehmer mit Wohnsitz in den Gemeinden der Teilbetriebsstätten sowie deren die Einrichtungen der Gemeinde nutzende Familienangehörige (vor allem Kinder in Kindergärten oder Schulen).1 Anders als bei § 29 GewStG geht es insoweit nicht um die Löhne, sondern um den Wohnsitz der Arbeitnehmer und die Nutzung der kommunalen Infrastruktur durch die Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen. Unter Umständen können auch die Leistungen einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte bei den örtlichen Verhältnissen berücksichtigt werden. Bei einem Elektrizitätsunternehmen, das Strom in den einzelnen Gemeinden der Teilbetriebsstätten abgibt, kann die Menge des Stroms und die daraus erzielten Betriebseinnahmen mit in die Feststellung der örtlichen Verhältnisse einfließen.2 3. Gemeindelasten 23

§ 30 GewStG fordert zwingend die Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten. Gemeindelasten sind Folgen der durch die Betriebsstätte beeinflussten örtlichen Verhältnisse (s. Rz. 21). Lasten sind ua. der notwendige Bau und Unterhalt von Verkehrsinfrastruktur, Wohnungen, Schulen und Kindergärten, medizinischer Infrastruktur und Verwaltungseinrichtungen. Auch zusätzlicher personeller und technischer Bedarf der Feuerwehr kann eine Last iSd. § 30 GewStG sein.3 Mit Blick auf das Äquivalenzprinzip ist entscheidend, dass die Lasten aus dem Vorhandensein der mehrgemeindlichen Betriebsstätte resultieren. Aufwendungen, die im Vorfeld für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben getätigt wurden, zählen nicht hierzu (Ansiedlungskosten).4 Resultieren Umweltbelastungen – wie bspw. Schadstoffimmissionen – unmittelbar aus dem Vorhandensein der Betriebsstätte, so spricht grundsätzlich nichts gegen eine Berücksichtigung, da diese aus heutiger Sicht spürbar schwerwiegendere Lasten für eine Gemeinde verursachen können als der Bau und Unterhalt von Infrastruktur für weitere Einwohner.5 Die Zerlegung muss unter Berücksichtigung der gesamten Lasten der Betriebsstätte für die einzelnen Gemeinden erfolgen, nicht lediglich unter Berücksichtigung der Lasten, die mit den Teilen der Betriebstätte verbunden sind, die sich in den einzelnen Gemeinden befinden.6 Wohnen in einer Gemeinde keine Arbeitnehmer der Betriebsstätte, können hieraus auch keine Lasten resultieren. Bei der Zerlegung sind in diesem Fall lediglich die übrigen Faktoren – Fläche und Wert der Betriebsanlagen und evtl. Leistungen – zu berücksichtigen.7 Entstehen einer Gemeinde keine Lasten, so beläuft sich ihr Zerlegungsanteil auf 0 Euro.8

1 S. zB BFH v. 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. III 1965, 113; v. 26.11.1957 – I B 218/56 U, BStBl. III 1958, 261; v. 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. III 1954, 372; FG München v. 5.12.2001 – 10 K 1514/99, EFG 2002, 777 (rkr.). 2 RFH v. 7.5.1940 – I 328/39, RStBl. 1940, 714; BFH v. 1.12.1959 – I B 125/58, BB 1960, 320; als nicht mehr zeitgemäß und mit umweltpolitischen Zielen unvereinbar sieht die Zerlegung nach Strommenge das FG Ba.-Wü. v. 22.12.1997 – 12 K 60/97, EFG 1998, 503 (aus formellen Gründen aufgehoben durch BFH v. 28.10.1999 – I R 8/98, BFH/NV 2000, 579). 3 FG Hbg. v. 1.10.2004 – VI 181/02, EFG 2005, 804 (NZB verworfen durch BFH v. 26.6.2006 – VIII B 296/04, BFH/NV 2006, 677). 4 BFH v. 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. III 1965, 113; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 30 GewStG Rz. 26; aA Hofmeister in Blümich, § 30 GewStG Rz. 13. 5 FG Rh.-Pf. v. 19.8.1999 – 4 K 3182/97, EFG 1999, 1149 (rkr.); FG Ba.-Wü. v. 22.12.1997 – 12 K 60/97, EFG 1998, 503 (aus formellen Gründen aufgehoben durch BFH v. 28.10.1999 – I R 8/98, BFH/NV 2000, 579); Offerhaus/Althof, FR 2006, 623; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 30 GewStG Rz. 7, mit Verweis darauf, dass Umweltbelastungen nicht unmittelbar auf die Gemeindehaushalte wirken, sondern allenfalls zu mittelbaren Folgekosten führen; im Anwendungsbereich des § 33 GewStG werden nach R 33.1 Satz 6 GewStR 2009 Umweltbelastungen mangels Quantifizierbarkeit nicht berücksichtigt. 6 BFH v. 18.4.1951 – I B 34/50 U, BStBl. III 1951, 124; v. 27.2.1963 – I B 321/61, HFR 1964, 124. 7 BFH v. 28.10.1987 – I R 275/83, BStBl. II 1988, 292 = FR 1988, 173. 8 FG Hbg. v. 1.10.2004 – VI 181/02, EFG 2005, 804 (NZB verworfen durch BFH v. 26.6.2006 – VIII B 296/04, BFH/NV 2006, 677).

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C. Zerlegungsmaßstab

Rz. 24 § 30

4. Gewichtung der Zerlegungsfaktoren und Zerlegung entsprechend den Gemeindelasten Eine konkrete Ermittlung der tatsächlichen Lasten ist nicht möglich. Vielmehr kann es sich bei dem 24 Zerlegungsmaßstab des § 30 GewStG nur um eine grobe Schätzung unter Abwägung aller Interessen handeln.1 Die Zerlegung erfolgt in der Praxis in zwei Schritten. Im ersten Schritt werden die aus den örtlichen Verhältnissen gewonnenen Zerlegungsfaktoren gewichtet und es werden Quoten bestimmt. IdR werden der Faktor „Arbeitnehmer und Familienangehörige“ und der Faktor „Betriebsanlagen“ gleich hoch gewichtet. Der Zerlegungsmaßstab setzt sich in diesem Fall zu 50 % nach Anzahl der in der Gemeinde wohnhaften Arbeitnehmer und zu 50 % nach den Verhältnissen und dem Wert der Betriebsanlagen zusammen.2 Denkbar sind auch 25 % nach der Anzahl der in der Gemeinde wohnhaften Arbeitnehmer, 25 % nach der Anzahl der schulpflichtigen Kinder und 50 % nach dem Wert der Betriebsanlagen.3 Die Zerlegung selbst wird in einem zweiten Schritt innerhalb der Quoten entsprechend den Gemeindelasten durchgeführt und es werden so die Zerlegungsanteile der Gemeinden bestimmt.

1 BFH v. 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. III 1954, 372. 2 BFH v. 28.10.1964 – I B 403/61 U, BStBl. III 1965, 113. 3 BFH v. 26.10.1954 – I B 186/53 U, BStBl. III 1954, 372; eine umfassende Auflistung der Rspr. zu der Gewichtung der Zerlegungsfaktoren findet sich bei Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 30 GewStG Rz. 28.

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§ 31 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung (1) 1Arbeitslöhne sind vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5 die Vergütungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie nicht durch andere Rechtsvorschriften von der Einkommensteuer befreit sind. 2Zuschläge für Mehrarbeit und für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gehören unbeschadet der einkommensteuerlichen Behandlung zu den Arbeitslöhnen. (2) Zu den Arbeitslöhnen gehören nicht Vergütungen, die an Personen gezahlt worden sind, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden. (3) In den Fällen des § 3 Nr. 5, 6, 8, 9, 12, 13, 15, 17, 21, 26, 27, 28 und 29 bleiben die Vergütungen an solche Arbeitnehmer außer Ansatz, die nicht ausschließlich oder überwiegend in dem steuerpflichtigen Betrieb oder Teil des Betriebs tätig sind. (4) 1Nach dem Gewinn berechnete einmalige Vergütungen (z.B Tantiemen, Gratifikationen) sind nicht anzusetzen. 2Das Gleiche gilt für sonstige Vergütungen, soweit sie bei dem einzelnen Arbeitnehmer 50.000 Euro übersteigen. (5) Bei Unternehmen, die nicht von einer juristischen Person betrieben werden, sind für die im Betrieb tätigen Unternehmer (Mitunternehmer) insgesamt 25.000 Euro jährlich anzusetzen. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

2. Befreiungen durch andere Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

II. Zuschläge für Mehrarbeit sowie Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (Abs. 1 Satz 2) .

24

D. Vergütungen an Auszubildende (Abs. 2) .

25

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

3

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

4

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6 6

E. Ansatz von Vergütungen bei teilweise steuerbefreiten Körperschaften (Abs. 3) .

26

7

B. Die Vorschrift im Überblick . . . . . . . . .

8

F. Nicht zu berücksichtigende Vergütungen (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . .

27

C. Arbeitslohn (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . .

9

II. Einmalige gewinnabhängige Vergütungen (Abs. 4 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

. .

9

. . . .

9 9

III. Sonstige Vergütungen über 50.000 Euro (Abs. 4 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

G. Erweiterung des Arbeitslohnbegriffs (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

. . . . . .

13 15 17

I. Ausgangslage der Vorschrift . . . . . . . . .

34

. .

19

I. Ertragsteuerlicher Arbeitslohnbegriff (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vergütungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . b) Veranlassung durch das Dienstverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Lohnnebenleistungen . . . . . . . . . d) Besondere Dienstvereinbarungen . . e) Aus einem gegenwärtigen Dienstverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Fiktiver Unternehmerlohn in Höhe von 25.000 Euro . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

III. Aufteilung des Unternehmerlohns . . . . .

39

Literatur: Dietrich/Krakowiak, Deutschland – Ein Steuerparadies für Kapitalgesellschaften? – Optimierungspotenzial der Gewerbesteuerlast am Beispiel einer Kapitalgesellschaft mit Betriebsstätten in mehreren Gemeinden, DStR 2009, 661; Fock/Klaus/Genge/Hörcher/Röwekamp, Zerlegungsmaßstab, Praxis der Kommunalverwaltung (Stand: Juli 2009); Urbahns, Beispielhafte Darstellung von Gestaltungspotenzial, Optimierte Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags, StuB 2010, 425; Scheffler, Innerstaatliche Erfolgszuordnung als Instrument der Steuerplanung, Ubg 2011, 262; Waldhoff/Engler, Die Küste im deutschen Ertragsteuerrecht – am Beispiel der Besteuerung von Offshore-Energieerzeugung, FR 2012, 254; Felten/Löhr, Mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten bei mehreren Geschäftsführern, EStB 2015, 122; Steinhauff, Mehrere Geschäftsleitungsbetriebsstätten bei mehreren Geschäftsführern mit gleichwertigen Aufgaben, StBW 2015, 283; Schill, Der Arbeitnehmerbegriff im Kontext der innerstaatlichen Betriebsstätte für die Zwecke der Gewerbesteuerzerlegung, Kommunale Steuer-Zeitschrift 2016, 1.

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§ 31 Rz. 1 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 Durch die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags (vgl. § 28 GewStG) sollen die hebeberechtigten

Gemeinden einen finanziellen Ausgleich für die Lasten, die ihnen durch die auf ihrem Gemeindegebiet unterhaltenen Betriebsstätten entstehen, erhalten. Unter den Lastenbegriff sind dabei insbes. Arbeitnehmerfolgekosten der Gemeinden zu verstehen. Durch die in einer Gemeinde ansässigen Arbeitnehmer entstehen der Gemeinde sowohl einmalige wie auch laufende Aufwendungen (zB Bau und Unterhaltung von Straßen, Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern), die durch die Zuweisung eines Zerlegungsanteils kompensiert werden sollen. Als Zerlegungsmaßstab ist daher grds. das Verhältnis der Arbeitslöhne maßgebend (§ 29 GewStG). Die Löhne eines Arbeitnehmers sind dabei der Betriebsstätte zuzuordnen, welche die jeweiligen Arbeitnehmer beschäftigt. 2 § 31 GewStG definiert abschließend den allgemeinen Begriff der Arbeitslöhne für die gewstl. Zerle-

gung und ist damit die wesentliche Grundlage für die Bestimmung des jeweiligen Zerlegungsanteils der hebeberechtigten Gemeinden. Zweck der Regelung ist es, eine möglichst gemeindegerechte Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags zu definieren. Dies kann praxisgerecht nur durch einen typisierenden Maßstab erfolgen. In der Literatur wird dieser nach eigener Definition typisierende Aufteilungsmaßstab (zutreffend) als überdifferenziert und gestaltungsanfällig1 kritisiert, dessen Ermittlung – insbes. unter Berücksichtigung der stl. Auswirkung – mit einem zu hohen Ermittlungsaufwand einhergeht.2 In der Praxis ist die Ermittlung der Arbeitslöhne nur äußerst selten Gegenstand von Einspruchsverfahren. Es bleibt abzuwarten, ob sich dies auch bei der derzeit bei den FÄ erkennbaren steigenden Beteiligung durch Gemeindeprüfer/innen an Betriebsprüfungen unverändert verhält.

II. Anwendungsbereich 3 Die vom einkommensteuerlichen Arbeitslohnbegriff abweichende Definition des Arbeitslohns für die

gewstl. Zerlegung findet vollumfänglich iRd. Regelzerlegung des § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG und teilweise iRd. Sonderzerlegung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG Anwendung. Der Anwendungsbereich ist jedoch nicht auf diese Zerlegungen beschränkt, sondern auch auf die Zerlegungsschlüssel der §§ 30 und 33 GewStG zu übertragen, sofern der Begriff des Arbeitslohns bei diesen Zerlegungen von Bedeutung ist.3

III. Rechtsentwicklung 4 Die Definition des Begriffs Arbeitslohn für Zwecke der Zerlegung hat ihren Ursprung im GewStG v.

1.12.1936.4 Allerdings reichte bis zum Ende des EZ 1979 zur Begriffsdefinition der Verweis auf die für die Lohnsummensteuer relevanten Begrifflichkeiten unter Bestimmung einzelner Abweichungen. Mit dem Wegfall der Lohnsummensteuer ab dem EZ 1980 musste auch § 31 GewStG durch das StÄndG 1979 v. 30.11.19785 angepasst werden. Seitdem enthält § 31 GewStG eine gesonderte Definition des Arbeitslohnbegriffs für Zwecke der Gewerbesteuerzerlegung, der bis heute im Wesentlichen erhalten geblieben ist. So wurden im Laufe der jüngeren Vergangenheit lediglich Anpassungen der in § 31 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 genannten Beträge,6 Folgeänderungen aufgrund der Änderungen des 1 2 3 4 5 6

Scheffler, Ubg 2012, 269; Urbahns, StuB 2010, 425. Hofmeister in Blümich, § 31 GewStG Rz. 1 (Stand: November 2014); Hidien/Pohl/Schnitter15, Rz. 11.3.2.2. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 3 (Stand: Juni 2016). RGBl. I 1936, 979 = RStBl. 1936, 1149. BGBl. I 1978, 1849 = BStBl. I 1978, 479. StBereinG 1989 v. 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2436 = BStBl. I 1985, 735: Erhöhung des Betrags in § 31 Abs. 4 Satz 2 GewStG von 40.000 DM auf 100.000 DM und in Abs. 5 von 24.000 DM auf 50.000 DM, gleichzeitig wurde Abs. 6, der die Vergütungen von Eisenbahnunternehmen geregelt hatte, gestrichen; StEuglG v. 19.12.2000, BGBl. I 2000, 1790 (1798) = BStBl. I 2001, 3 (11): Ansatz des Betrags in § 31 Abs. 4 Satz 2 GewStG mit 50.000 Euro und in § 31 Abs. 5 mit 25.000 Euro.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 7 § 31

§ 19 EStG1 sowie die Erweiterung der Liste der teilweise von der GewSt befreiten Gewerbebetriebe in § 31 Abs. 3 GewStG2 notwendig. Die Ermittlung der Arbeitslöhne nach § 31 GewStG ist verfassungskonform und verstößt insbes. 5 nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Bereits mit Urt. v. 5.11.19873 entschied der BFH, dass iRd. Zerlegung Pauschalregelungen nicht von vornherein unzulässig sind. So ist der Steuergesetzgeber durch das Gleichheitsgebot nicht daran gehindert, anstelle eines individuellen Maßstabs für die Besteuerung aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe zu wählen, solange deren stl. Vorteile nicht im Missverhältnis zu den mit einer Typisierung üblicherweise einhergehenden Ungleichheiten der stl. Belastung stehen. Im entschiedenen Streitfall ging es insbes. um den pauschalen Ansatz des Unternehmerlohns.4

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG Kommt eine Zerlegung nach § 28 GewStG für einen Gewerbebetrieb in Betracht, regelt grds. § 29 6 GewStG den Zerlegungsmaßstab. Dabei ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die an die bei allen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, maßgebend. Ebenso wird bei der Sonderzerlegung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG zumindest teilweise auf dieses Verhältnis der Arbeitslöhne verwiesen. § 31 GewStG ergänzt die §§ 28 und 29 GewStG, definiert für Zwecke der Gewerbesteuerzerlegung den Begriff der Arbeitslöhne und grenzt den Begriff zu anderen Gesetzesdefinitionen ab. Darüber hinaus ist § 31 GewStG für die Zerlegung in besonderen Fällen nach den §§ 30 und 33 GewStG relevant, sofern hier die Arbeitslöhne als Zerlegungsmaßstab herangezogen werden. Als Betrachtungszeitraum verweist § 31 iVm. § 28 auf § 14 Satz 2 GewStG. Danach sind die Verhältnisse im EZ maßgebend. Dies gilt auch bei einem abweichenden Wj. Zu berücksichtigen sind daher nur die im jeweiligen EZ an die Arbeitnehmer gezahlten Arbeitslöhne. 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG § 31 GewStG bestimmt den Begriff „Arbeitslohn“ ausschließlich für gewstl. Zwecke und verweist zu- 7 nächst auf § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Ausgangsbetrag ist damit der einkommensteuerliche Arbeitslohn, der durch die Abs. 2 bis 5 des § 31 GewStG für gewstl. Zwecke modifiziert wird. Eine Bindungswirkung des nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen ermittelten Arbeitslohns, wie sie § 179 Abs. 10 AO für Grund- und Folgescheide vorsieht, besteht jedoch nicht. Dies ergibt sich bereits aus den unterschiedlichen Intentionen des § 31 GewStG (Ermittlung angemessener Anteile einer Betriebsgemeinde am Gewerbesteuermessbetrag eines Unternehmens als Ausgleich für gemeindliche Lasten) im Vergleich zum Einkommensteuerrecht (Erfassung aller Einnahmen und Besteuerung derselben). Daraus folgt, dass die Arbeitslöhne unabhängig von der stl. Behandlung bei den einzelnen Arbeitnehmern für gewstl. Zwecke gesondert zu ermitteln sind. Gemäß § 2 ZerlG gelten die §§ 28 ff. GewStG und somit auch die Ermittlung des Arbeitslohns nach § 31 GewStG für die Zerlegung der KSt entsprechend.

1 StRefG 1990 v. 25.7.1988, BGBl. I 1988, 1093 = BStBl. I 1988, 224. 2 Aufnahme des § 3 Nr. 15 durch das StRefG 1990 v. 25.7.1988, BGBl. I 1988, 1093 = BStBl. I 1988, 224; Aufnahme der §§ 3 Nr. 9, 12, 13, 17 durch das WoBauFG v. 22.12.1989, BGBl. I 1989, 2408 = BStBl. I 1989, 505; Aufnahme des § 3 Nr. 21 durch das G zur Umsetzung der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie v. 16.7.1998, BGBl. I 1998, 1842, 1849 = BStBl. I 1998, 1112; Aufnahme des §§ 3 Nr. 26–29 durch das StBereinG 1999 v. 22.12.1999, BGBl. I 1999, 2601 (2612) = BStBl. I 2000, 13. 3 BFH v. 5.11.1987 – IV R 153/84, BStBl. II 1988, 191 = FR 1988, 174. 4 § 31 Abs. 2 GewStG idF des GewStG 1968, heute § 31 Abs. 5 GewStG.

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§ 31 Rz. 8 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung

B. Die Vorschrift im Überblick 8 Während § 31 Abs. 1 GewStG die Bestandteile des Arbeitslohns festschreibt und dazu ausdrücklich

auf § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG verweist, wird durch die Abs. 2 bis 4 des § 31 GewStG dieser einkommensteuerliche Begriff des Arbeitslohns für gewstl. Zwecke eingeschränkt. Diese Einschränkungen beruhen insbes. auf dem Interesse der beteiligten Gemeinden, eine möglichst gerechte Entschädigung für die Entstehung der og. (Rz. 1) Lasten zu erhalten. § 31 Abs. 2 GewStG nimmt aus dem Begriff des Arbeitslohns ausdrücklich die Vergütungen an Beschäftigte, die sich in der Berufsausbildung befinden, heraus. Darüber hinaus wird nach § 31 Abs. 3 GewStG der Begriff um die Vergütungen gemindert, welche Gewerbebetriebe, die nach § 3 Nr. 5, 6, 8, 9, 12, 13, 15, 17, 21, 26, 27, 28, und 29 GewStG teilweise von der GewSt befreit sind, an Arbeitnehmer zahlen, die nicht zumindest überwiegend in dem stpfl. Betrieb(steil) tätig sind. Obwohl es grds. unerheblich ist, ob es sich bei den Arbeitslöhnen um laufende oder einmalige Bezüge handelt, wird der für gewstl. Zwecke zu ermittelnde Arbeitslohn insoweit von dem einkommensteuerlichen Begriff differenziert, als dass einmalige Tantiemen, Gratifikationen und ähnliche gewinnabhängige Bezüge sowie sonstige Vergütungen über 50.000 Euro nicht zu berücksichtigen sind, § 31 Abs. 4 GewStG. § 31 Abs. 5 GewStG erweitert den durch die vorhergehenden Absätze bereits modifizierten Begriff abschließend um einen pauschalierten Unternehmerlohn. Für Unternehmen von natürlichen Personen und Personengesellschaften ist für die im Betrieb tätigen Unternehmer insgesamt ein fiktiver jährlicher Unternehmerlohn von 25.000 Euro anzusetzen.

C. Arbeitslohn (Abs. 1) I. Ertragsteuerlicher Arbeitslohnbegriff (Abs. 1 Satz 1) 1. Vergütungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG a) Einnahmen 9 § 31 Abs. 1 Satz 1 GewStG verweist zur Bestimmung des für die gewstl. Zerlegung maßgeblichen Ar-

beitslohnbegriffs ausdrücklich auf das Einkommensteuerrecht. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG iVm. § 2 LStDV gehören grds. alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die durch ein individuelles Dienstverhältnis veranlasst sind, zum Arbeitslohn. Dabei ist es unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. Maßgebend sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer im entsprechenden EZ als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft zufließen und durch die er eine Bereicherung erfährt.1 Erfasst werden Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen, Boni und andere Bezüge und Vorteile. Unerheblich ist, ob es sich um laufende (zB der regelmäßige Monatslohn) oder um einmalige Bezüge (zB Weihnachtsgratifikation) des Arbeitnehmers handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Wird eine einmalige Vergütung jedoch nach dem Gewinn berechnet, gilt dieser Lohnanteil für gewstl. Zerlegungszwecke nach § 31 Abs. 4 Satz 1 GewStG ausdrücklich nicht als Arbeitslohn (Rz. 28 ff.). Zu berücksichtigen ist stets der Bruttolohn. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt weder eine Kürzung um Werbungkosten2 noch um Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen in Betracht.3 Auch wenn der dem Arbeitnehmer zugeflossene Vorteil einen sog. Werbungskostenersatz darstellt, ist Arbeitslohn iSd. § 31 Abs. 1 GewStG gegeben. Eine Saldierung ist insoweit – wie auch im Einkommensteuerrecht – nicht zulässig.4 10

Der Bruttoarbeitslohn erfasst neben Geldleistungen auch die dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt zugewendeten Sachleistungen sowie besondere Zuwendungen, die aufgrund des Dienstverhältnisses gewährt werden. Dazu gehören neben Zuschüssen und Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall (einschließlich der über den gesetzlich verpflichteten Zeitraum hinaus geleisteten Zahlungen)5 auch besondere Entlohnungen für Dienste, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet

1 2 3 4 5

BFH v. 15.12.1977 – VI R 150/75, BStBl. II 1978, 239. Anders: Einkommensermittlung nach Art. 3 Abs. 3 KAG, GVBl. 1993, 264. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 6 (Stand: Juni 2016). Güroff in Glanegger/Güroff9, § 31 GewStG Rz. 2a. § 2 Abs. 2 Nr. 5 LStDV.

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C. Arbeitslohn (Abs. 1)

Rz. 13 § 31

werden (Entlohnung für Überstunden, Überschichten, Sonntagsarbeit).1 Lohnzuschläge, die wegen der Besonderheit einer Arbeit gewährt werden,2 wie bspw. die Lohnzuschläge für Mehrarbeit und Erschwerniszuschläge (Hitze-, Wasser-, Gefahren- und Schmutzzuschläge),3 Entschädigungen für nicht gewährten Urlaub,4 Trinkgelder, Bedienungszuschläge und ähnliche Zuwendungen, auf die der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat,5 gehören ebenfalls zum Arbeitslohn. Insbesondere bei diesen Arbeitslohnbestandteilen, aber auch bei sonstigen Geldleistungen ist darauf zu achten, dass sie nicht von der ESt befreit sind (Rz. 23). Die Rückausnahme bildet diesbezüglich § 31 Abs. 1 Satz 2 GewStG, der Zuschläge für Mehrarbeit sowie Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge ausdrücklich unter den gewstl. Begriff des Arbeitslohns fasst (vgl. Rz. 24). Kein Arbeitslohn ist bei Leistungen des Arbeitgebers gegeben, die im ganz überwiegenden eigen- 11 betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen und durch die der Arbeitnehmer nicht bereichert wird. Dies ist der Fall, wenn der Vorteil für den Arbeitnehmer nicht individualisierbar ist, weil etwa der Arbeitnehmer zur Annahme des Vorteils verpflichtet ist oder er durch einen Pflichtenkreis überlagert wird, der durch den Vorteil kompensiert werden soll (die Teilnahmepflicht an einer auswärtigen Konferenz).6 Unter die Vorteile, die keinen Arbeitslohn darstellen, fallen auch Aufwendungen für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, bspw. durch die Bereitstellung von Aufenthalts-, Wasch- und Erholungsräumen einschließlich Sportstätten, die Gestellung von Arbeitsmitteln,7 Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit oder des Gesundheitsschutzes,8 Zuwendungen für die kostenlose Beratung und Betreuung in persönlichen und sozialen Angelegenheiten9 oder die Übernahme von Kosten, die mit der Tätigkeit zusammenhängen und die Aufwendungen nur unwesentlich übersteigen.10 Auch beim Auslagenersatz und anderen durchlaufenden Geldern, die der Arbeitnehmer – nachweislich – vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben, liegen keine Lohnbezüge vor, da eine Bereicherung des Arbeitnehmers nicht gegeben ist.11 Nicht zu den Arbeitslöhnen gehören auch die von Unternehmen der Bauwirtschaft an die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (Einzugsstelle) in einem Vomhundertsatz der Bruttolohnsumme zu erbringenden Leistungen, soweit sie sich aus Urlaubsgeldern und Lohnausgleichszahlungen für den Zeitraum zwischen Weihnachten und Neujahr zusammensetzen.12 Der sog. Kurzlohn (verringertes Arbeitsentgelt des Arbeitgebers) ist als Arbeitslohn zu erfassen. Dies 12 gilt jedoch nicht für das von der Bundesagentur für Arbeit als Ersatzleistung gezahlte Kurzarbeitergeld, da sich dieses insbes. nicht als Ertrag aus einer nicht selbstständigen Tätigkeit darstellt (vgl. Rz. 13).13 b) Veranlassung durch das Dienstverhältnis Arbeitslohn iSd. § 31 GewStG ist nur dann gegeben, wenn ein objektiver Veranlassungszusammen- 13 hang zwischen dem Zufluss der Einnahmen beim Arbeitnehmer und dem Dienstverhältnis besteht.14 Dieser ist stets anzunehmen, wenn die Einnahmen dem Empfänger nur mit Rücksicht auf das öffentliche oder private Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag seiner nicht selbstständigen Arbeit darstellen.15 Dabei muss der Abfluss nicht unmittelbar durch den Arbeitgeber und der Zufluss 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

§ 2 Abs. 2 Nr. 6 LStDV. § 2 Abs. 2 Nr. 7 LStDV. R 19.3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LStR 2013. R 19.3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LStR 2013. R 19.3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 LStR 2013. Kloubert, FR 2000, 46; BFH v. 2.2.1990 – VI R 15/86, BStBl. II 1990, 472 = FR 1990, 371; v. 4.6.1993 – VI R 95/92, BStBl. II 1993, 687 = FR 1993, 604. R 19.3 Abs. 2 Nr. 1 LStR 2013. R 19. 3 Abs. 2 Nr. 2 LStR 2013. R 19. 3 Abs. 2 Nr. 5 LStR 2013. BFH v. 23.10.1992 – VI R 59/91, BStBl. II 1993, 303 = FR 1993, 401. BFH v. 28.2.1975 – IV R 28/73, BStBl. II 1976, 134. R 31.1 Abs. 2 Sätze 4 und 6 GewStR 2009. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 16 (Stand: Juni 2016). BFH v. 17.9.1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39 = FR 1983, 99. H 19.3 LStH 2013.

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§ 31 Rz. 14 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung des Lohns nicht unmittelbar an den Arbeitnehmer erfolgen. Auch Leistungen durch Dritte können Arbeitslohn sein, wenn der Dritte erkennbar die Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers honorieren will.1 In der Praxis findet man diese Fallgestaltung ua. bei organschaftlich verbundenen Unternehmen. Unterscheiden sich der beschäftigende und der zahlende Betrieb, ist insbes. für die Zerlegung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, welcher Arbeitnehmer welchem Unternehmen zuzurechnen ist. Dabei kommt es – unabhängig davon, welches Unternehmen die Lohnzahlungen leistet – darauf an, in welchem Unternehmen der Arbeitnehmer tätig ist und welches wirtschaftlich mit dem Arbeitslohn belastet ist.2 Bei Zahlungen an einen vom Arbeitnehmer bestimmten Dritten (insbes. Familienangehörige aber auch Versorgungsunternehmen oder Bausparkassen) kommt es entscheidend darauf an, dass der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Geldbetrag oder den geldwerten Vorteil iSd. § 8 Abs. 2 EStG erlangt. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer die Zahlung subjektiv als Gegenleistung für sein Mitwirken in der Beschäftigung des Unternehmens auffassen und der Arbeitgeber die Vergütungen und Vorteile dem Arbeitnehmer wissentlich und willentlich für dessen erbrachte Leistungen gewähren.3 Kein Lohn iSd. Vorschrift ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer auf Lohn verzichtet und keine Bedingungen an die Verwendung der frei gewordenen Mittel knüpft.4 14

Zahlungen an freiberufliche Mitarbeiter, Gewerbetreibende ohne Arbeitnehmerstatus (zB Handelsvertreter) und Leiharbeitnehmer werden bei der Definition des Arbeitslohs nicht berücksichtigt.5 Letztere werden für Zwecke der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags dem Beschäftigungsunternehmen und nicht dem Anstellungsunternehmen zugerechnet, wenn ihr vertraglicher und tatsächlicher Tätigkeitsbereich ausschließlich im Betrieb des Beschäftigungsunternehmens liegt, sie in den geschäftlichen Organismus dieses Unternehmens eingegliedert und dessen Weisungen zu folgen verpflichtet sind und das Anstellungsunternehmen vom Beschäftigungsunternehmen lediglich eine Erstattung der Lohnaufwendungen erhält, ohne Verwaltungskosten oder einen Gewinnaufschlag zu berechnen.6 c) Lohnnebenleistungen

15

Zum Arbeitslohn gehören auch die Lohn- und Kirchensteuerbeträge, soweit sie vom Arbeitgeber übernommen werden und kein Fall des § 40 Abs. 3 EStG vorliegt.7 Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitgeber die Beiträge erst nachträglich – bspw. aufgrund einer Lohnsteueraußenprüfung – an das FA abführt.8 Der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung ist kein Lohnbestandteil und daher auch kein Arbeitslohn nach § 31 Abs. 1 Satz 1 GewStG. Demgegenüber stellt der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung zwar grds. einen Teil des Arbeitslohns dar, dieser ist jedoch nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG als steuerfreier Teil nicht der ESt zu unterwerfen und fällt nicht unter den Begriff des Arbeitslohns nach § 31 Abs. 1 Satz 1 GewStG (vgl. Rz. 23).9 Zahlt der Arbeitgeber vermögenswirksame Leistungen nach dem 5. VermBG, stellen diese nach den einkommensteuerlichen Regelungen stpfl. Einkünfte dar und sind als Arbeitslohn iSd. § 31 Abs. 1 Satz 1 GewStG zu berücksichtigen.10 Die Arbeitnehmersparzulage ist hingegen keine stpfl. Einnahme iSd. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG und demzufolge auch kein Arbeitslohn.11

1 BFH v. 11.11.1971 – IV R 241/70, BStBl. II 1972, 213; v. 28.3.1958 – VI 233/56 S, BStBl. III 1958, 268; v. 27.1.1961 – VI 249/60 U, BStBl. III 1961, 167; v. 21.2.1986 – VI R 9/80, BStBl. II 1986, 768 = FR 1986, 387; v. 18.10.2012 – VI R 64/11, BStBl. II 2015, 184 = FR 2013, 380 m. Anm. Kanzler. 2 BFH v. 12.2.2004 – IV R 29/02, BStBl. II 2004, 602 = FR 2004, 756 m. Anm. Kempermann. 3 Kloubert, FR 2000, 46; BFH v. 23.9.1998 – XI R 18/98, BStBl. II 1999, 98 = FR 1999, 212. 4 BFH v. 23.9.1998 – XI R 18/98, BStBl. II 1999, 98 = FR 1999, 212. 5 Scheffer, Ubg 2011, 262. 6 BFH v. 25.3.2004 – IV R 42/03, BFH/NV 2004, 1291. 7 BFH v. 28.2.1992 – VI R 146/87, BStBl. II 1992, 733 = FR 1992, 664. 8 BFH v. 29.11.2000 – I R 102/99, BStBl. II 2001, 195 = FR 2001, 311; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 12 (Stand: Juni 2016). 9 BFH v. 29.10.1993 – VI R 4/87, BStBl. II 1994, 194 = FR 1994, 123. 10 R 31.1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GewStR 2009. 11 R 31.1 Abs. 3 Satz 3 GewStR 2009.

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C. Arbeitslohn (Abs. 1)

Rz. 20 § 31

Führt der Arbeitgeber iRd. Lohnsteuerpauschalierung Abgaben nach §§ 40, 40a, 40b EStG (LSt, 16 KiSt, SolZ) ab, zählen diese nach § 40 Abs. 3 EStG nicht zu den Vergütungen des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG und sind daher auch für Zerlegungszwecke nicht als Arbeitslohn zu berücksichtigen.1 d) Besondere Dienstvereinbarungen Zu den Arbeitslöhnen gehören die Arbeitsvergütungen an stille Gesellschafter oder deren nahestehen- 17 de Personen für eine Beschäftigung im Betrieb sowie die an Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten Gehälter. Gegenleistungen für die Zurverfügungstellung von Arbeitskraft durch (Familien-)Angehörige eines (Mit-)Unternehmers und die Gewinnanteile von persönlich haftenden Gesellschaftern einer KGaA als Vergütung für die Geschäftsführungstätigkeiten sind ebenfalls als Arbeitslohn zu berücksichtigen. Abgrenzungskriterium ist stets die stl. Behandlung iRd. Gewinnermittlung. Wurden die geleisteten Zahlungen bei dem Gewerbetreibenden als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt, ist daher Arbeitslohn iSd. § 31 Abs. 1 Satz 1 GewStG anzunehmen. Im Gegensatz dazu stehen die als Gewinnanteile behandelten Leistungen an (Mit-)Unternehmer. Hier handelt es sich nicht um Arbeitslohn, sondern um gewerbliche Gewinneinkünfte iSd. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Insoweit ist die Sonderregelung des § 31 Abs. 5 GewStG zu beachten (vgl. Rz. 34 ff.). Zu differenzieren sind die Leistungen iRd. Altersteilzeitgesetzes v. 23.7.1996,2 zuletzt geändert durch 18 Gesetz v. 28.3.2009.3 Leistungen an den Arbeitnehmer sind auch während der Freistellungsphase Arbeitslohn iSd. § 31 GewStG. Diese dürfen nicht um die dem Arbeitgeber zustehenden Ausgleichsleistungen nach § 4 Altersteilzeitgesetz gemindert werden. Hingegen sind weder die Zuführungen zur Rückstellung für Arbeitslöhne iZm. der bevorstehenden Freistellungsphase noch die freiwilligen Aufstockungszahlungen des Arbeitgebers nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Altersteilzeitgesetz den Arbeitslöhnen für Zwecke der Gewerbesteuerzerlegung zuzurechnen.4 e) Aus einem gegenwärtigen Dienstverhältnis Bei der Zerlegung sind aufgrund der expliziten Bezugnahme auf § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur Vergütun- 19 gen aus einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zu berücksichtigen. Zuwendungen während Betriebsveranstaltungen, § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG, Vergütungen aus ehemaligen Arbeits-/Dienstverhältnissen, § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, sowie laufende Beträge/Zuwendungen für eine betriebliche Altersversorgung, § 19 Abs. 1 Nr. 3 EStG, zählen daher nicht zum Begriff des Arbeitslohns für gewstl. Zwecke. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG5 gehören ab dem EZ 2015 alle Aufwendungen eines Arbeitgebers an ei- 20 nen Arbeitnehmer anlässlich von Betriebsveranstaltungen nicht zum Arbeitslohn und fallen somit nicht mehr unter den Begriff der Vergütungen iSd. § 19 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 31 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Unter Betriebsveranstaltungen sind sämtliche Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem – nicht betrieblichem – Charakter zu verstehen.6 Bisher war nach der höchstrichterlichen Rspr. zumindest in einzelnen Fällen Arbeitslohn anzunehmen,7 deshalb fielen entsprechende Aufwendungen bis 2014 auch noch unter den Begriff des Arbeitslohns iSd. § 31 Abs. 1 Satz 1 GewStG. Unabhängig davon sind Aufwendungen mit betrieblichem Charakter (Arbeitsessen, Ehrung eines Jubilars oder ausscheidenden Arbeitnehmers) weiterhin als Arbeitslohn anzusehen und daher auch bei dem Zerlegungsanteil zu berücksichtigen.8

1 2 3 4 5

Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 12 mwN (Stand: Juni 2016). BGBl. I 1996, 1078. BGBl. I 2009, 634. R 31.1 Abs. 4 GewStR 2009. Eingeführt durch G zur Anpassung der AO an den Zollkodex der Union und zur Änderungen weiterer stl. Vorschriften v. 22.10.2014, BGBl. I 2015, 2417 = BStBl. I 2015, 59. 6 Vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG und BMF v. 14.10.2015 – IV C 5 - S 2332/15/10001, BStBl. I 2015, 832. 7 BFH v. 12.12.2012 – VI R 79/10, BFH/NV 2013, 637 = FR 2013, 520 m. Anm. Bergkemper; v. 16.5.2013 – VI R 94/10 und VI R 7/11, BStBl. II 2015, 186 und 189 = FR 2013, 1094 und 1097 m. Anm. Bergkemper. 8 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 17 (Stand: Juni 2016).

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§ 31 Rz. 21 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung 21

Unter die Vergütungen aus früheren Dienstverhältnissen fallen neben den in § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausdrücklich genannten Warte- und Ruhegeldern sowie Witwen- und Waisengeldern insbes. Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a und b EStG und Abfindungszahlungen. Der Nichteinbezug von Leistungen, die als Ersatz für entgehende Einnahmen oder für die Aufgabe bzw. Nichtausübung einer Tätigkeit gezahlt werden, ergibt sich bereits aus dem Zweck der Vorschrift, einen (pauschalen) Zerlegungsmaßstab zur Abgeltung der laufenden Belastungen der Gemeinden anzuwenden. Dies gilt entsprechend für Leistungen, die Ansprüche nach Auflösung des Dienstverhältnisses abgelten. Diese Zahlungen gleichen keinen gegenwärtigen Lohn für beschäftigte Arbeitnehmer aus, sondern stellen eine Entschädigung für selbige dar, wodurch Nachteile aus der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausgeglichen werden.1 Gelten die vom Arbeitgeber geleisteten Zahlungen jedoch noch Ansprüche bis zum Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses ab, sind sie gleichwohl als Arbeitslohn bei der Zerlegung zu berücksichtigen.2 Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer für den Abgeltungszeitraum bereits von der Arbeit freigestellt wurde.3

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Laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers für die betriebliche Altersversorgung stellen nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 EStG einkommensteuerlichen Arbeitslohn dar. Dieser ist für gewstl. Zwecke jedoch nicht zu berücksichtigen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um freiwillige oder vertraglich vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers handelt. Die von der FinVerw. in R 31.1 Abs. 1 Satz 5 GewStR niedergelegte Auffassung ist insoweit missverständlich.4 2. Befreiungen durch andere Rechtsvorschriften

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Der Bruttoarbeitslohn wird nach dem Gesetzeswortlaut nur insoweit für gewstl. Zwecke erfasst, als er nicht nach anderen Rechtsvorschriften von der ESt befreit ist. Zu diesen anderen Rechtsvorschriften iSd. § 31 Abs. 1 EStG zählen neben den gesetzlichen Regelungen (insbes. § 3 EStG) auch Durchführungsverordnungen, Verwaltungsanweisungen (insbes. Lohnsteuerrichtlinien) und die in den DBA enthaltenen Befreiungen.5 Eine klare Abgrenzung zwischen einem nicht steuerbaren und einem steuerfreien Arbeitslohn wird weder im Gesetz noch im Schrifttum klar gezogen, sodass es insoweit zu Überschneidungen kommen kann. Insbesondere die folgenden Sachleistungen stellen aufgrund expliziter Steuerfreistellung keinen Bruttoarbeitslohn dar: – Ersatz von Aufwandsentschädigungen, Reise- und Verpflegungskosten, § 3 Nr. 12, 13, 16 und 26 EStG, – die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von typischer Berufskleidung, § 3 Nr. 4 und 31 EStG, – unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung von Arbeitnehmern zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, soweit dies für den betrieblichen Einsatz notwendig ist, § 3 Nr. 32 EStG, – zusätzlich erbrachte Kinderbetreuungsleistungen des Arbeitgebers, § 3 Nr. 33 EStG, – Maßnahmen der Gesundheitsförderung, § 3 Nr. 34 EStG, – unentgeltlich oder verbilligte Leistungen zur Vermögensbildung der Arbeitnehmer iSd. § 3 Nr. 39 EStG, – Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungsgeräten und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, inkl. überlassener System- und Anwendungsprogramme, § 3 Nr. 45 EStG, – durchlaufende Gelder und Auslagenersatz, § 3 Nr. 50 EStG,

1 BFH v. 13.10.1978 – VI R 91/77, BStBl. II 1979, 155; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 18 (Stand: Juni 2016). 2 BFH v. 17.5.1977 – VI R 150/76, BStBl. II 1977, 735; v. 13.10.1978 – VI R 91/77, BStBl. II 1979, 155; v. 24.4.1991 – XI R 9/87, BStBl. II 1991, 723 = FR 1991, 448. 3 BFH v. 27.4.1994 – XI R 41/93, BStBl. II 1994, 653 = FR 1994, 540. 4 So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 21 und 31 (Stand: Juni 2016). 5 R. 31.1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GewStR 2009; Hofmeister in Blümich § 31 GewStG Rz. 3 (Stand: November 2014); krit. hinsichtlich der RL: Güroff in Glanegger/Güroff9, § 31 GewStG Rz. 4; insoweit differenzierend Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 25 (Stand: Juni 2016).

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D. Vergütungen an Auszubildende (Abs. 2)

Rz. 25 § 31

– freiwillig und ohne Rechtsanspruch von dritter Seite gezahlte Trinkgelder, § 3 Nr. 51 EStG, – Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit eine sozialversicherungsrechtliche oder gesetzliche Verpflichtung besteht, § 3 Nr. 62 EStG. Entsprechendes gilt bei einer freiwilligen Versicherung zur gesetzlichen Rentenversicherung oder für eine öffentlichrechtliche Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe, § 3 Nr. 62 Satz 2 EStG. Entstehen dem Arbeitgeber Aufwendungen für die Rückdeckung einer Versorgungszusage an den Arbeitnehmer, handelt es sich deshalb nicht um Arbeitslohn, weil der Arbeitnehmer nur einen zukünftigen Rechtsanspruch erlangt. Auch die Leistungen, die aufgrund einer Direktzusage oder von einer Unterstützungskasse gewährt werden, sind nicht als Arbeitslohn bei der Zerlegung anzusehen, da sie nicht während des Bestehens des Dienstverhältnisses ausgezahlt werden. Die zuvor geleisteten Beiträge an eine Unterstützungskasse sind mangels Rechtsanspruchs des Arbeitnehmers auf Versorgung ebenfalls nicht zu berücksichtigen.

II. Zuschläge für Mehrarbeit sowie Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (Abs. 1 Satz 2) Nicht einzubeziehen sind nach § 31 Abs. 1 Satz 1 GewStG Arbeitslöhne, die durch andere Rechtsvor- 24 schriften von der ESt befreit sind. Die Rückausnahme bildet § 31 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind gem. § 3b EStG teilweise von der ESt befreit und wären somit zumindest teilweise nicht als Arbeitslohn iSd. § 31 Abs. 1 Satz 1 GewStG zu berücksichtigen. Durch § 31 Abs. 1 Satz 2 GewStG gehören entsprechende Beträge jedoch stets zu den Arbeitslöhnen, und zwar unabhängig davon, wie sie einkommensteuerrechtlich behandelt werden. Zuschläge für Mehrarbeit sind bereits seit dem 1.1.1955 nicht mehr von der ESt befreit und daher stets als Arbeitslohn iSd. § 31 Abs. 1 Satz 1 GewStG zu qualifizieren. Die Erfassung der Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit bei der Zerlegung bietet den Gemeinden einen (weiteren) Ausgleich für die besondere Belastung durch Arbeiten zu eigentlich gesetzlich vorgesehenen Ruhezeiten. In der Praxis fallen die nach Satz 2 zu erfassenden Zuschläge jedoch häufig unter die Kappungsgrenze nach § 31 Abs. 4 Satz 2 GewStG (vgl. Rz. 32 ff.).

D. Vergütungen an Auszubildende (Abs. 2) Der nach § 31 Abs. 1 GewStG ermittelte Begriff des Arbeitslohns erfährt durch § 31 Abs. 2 GewStG ei- 25 ne Einschränkung. Danach zählen Vergütungen, die an Personen gezahlt werden, welche zum Zwecke ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden, nicht zum Arbeitslohn für gewstl. Zerlegungszwecke. Dies gilt unabhängig von deren einkommensteuerlicher Behandlung. Eine Berufsausbildung in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn im Rahmen eines geordneten Ausbildungsgangs einer Person die für die Ausübung eines bestimmten Berufs erforderlichen technischen, handwerklichen oder kaufmännischen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden. Ziel einer Ausbildung ist es, dem Auszubildenden die für die Ausübung der Tätigkeit notwendigen Qualifikationen zu vermitteln und ihm bereits während der Ausbildung die Möglichkeit zu bieten, praktische Erfahrungen zu sammeln.1 Es kommt dabei weder auf die Höhe der Bezüge noch auf den Abschluss eines schriftlichen Ausbildungsvertrags an, solange § 11 BBiG diesen nicht ausdrücklich voraussetzt. Auch muss die Beschäftigung im Betrieb nicht den gesamten Ausbildungsgang umfassen. Es reicht insoweit aus, wenn sie lediglich anteilig in dem Beschäftigungsunternehmen stattfindet.2 Zu dem Personenkreis iSd. § 31 Abs. 2 GewStG gehören neben den Auszubildenden auch Praktikanten sowie Junggrade der Seeschifffahrt und Neubergleute.3

1 § 1 Abs. 3 des Berufsausbildungsgesetzes. 2 Hofmeister in Blümich, § 31 GewStG Rz. 6 (Stand: November 2014). 3 R 31.1 Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009.

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§ 31 Rz. 26 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung

E. Ansatz von Vergütungen bei teilweise steuerbefreiten Körperschaften (Abs. 3) 26

Kapitalgesellschaften unterhalten gem. § 2 GewStG kraft Rechtsform stets einen Gewerbebetrieb. Sie werden aber, sofern sie die Voraussetzungen des § 3 Nr. 5 (Realgemeinden, wie bspw. Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften), Nr. 6 (Unternehmen, die kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgen), Nr. 8 (land- und forstwirtschaftliche Genossenschaften), Nr. 9 (rechtsfähige Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen), Nr. 12 (Personengesellschaften und Genossenschaften, soweit sie eine gemeinschaftliche Tierhaltung betreiben), Nr. 13 (private Schulen und andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen), Nr. 15 (Wohnungsbaugenossenschaften und -vereine), Nr. 17 (Siedlungsunternehmen), Nr. 21 (Entschädigungs- und Sicherungseinrichtungen), Nr. 26 (Gesamthafenbetriebe) Nr. 27 (bestimmte Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts), Nr. 28 (Arbeitsgemeinschaften Medizinischer Dienst der Krankenkassen inkl. der Spitzenverbände) und Nr. 29 GewStG (gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien) erfüllen, (teilweise) von der GewSt befreit.1 Die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags soll den Gemeinden einen Ausgleich für die Belastung durch ansässige Betriebsstätten bieten. Ausgleichsfähige Lasten im Sinne des GewStG können jedoch nur gegeben sein, wenn es sich überhaupt um einen gewstpfl. Betrieb handelt. Dem wird durch die Regelung des § 31 Abs. 3 GewStG Rechnung getragen. Arbeitslöhne von Arbeitnehmern, welche ihre Arbeitsleistung überwiegend in von der GewSt befreiten Betrieben erbringen, werden daher iRd. Lohnsummenermittlung für die Gewerbesteuerzerlegung nicht berücksichtigt. Im Umkehrschluss sind, soweit in den og. Fällen für einen Betrieb oder Betriebsteil eine GewStPfl. besteht, in die Bemessungsgrundlage für die Zerlegung lediglich die Vergütungen an diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die ganz oder überwiegend in dem stpfl. Betrieb oder Betriebsteil tätig sind. Das Merkmal der zumindest überwiegenden Tätigkeit in einem Betrieb oder Betriebsteil ist in erster Linie nach den zeitlichen Anteilen des Erbringens der Arbeitsleistung des jeweiligen Arbeitnehmers zu beurteilen. Die Voraussetzung ist danach erfüllt, wenn der Arbeitnehmer in zeitlicher Hinsicht mehr als die Hälfte der vertraglich zu erbringenden Arbeitsleistung dem gewstpfl. Betrieb oder Betriebsteil widmet. Ist die Gewichtung bzw. die Bedeutung der Tätigkeit in den einzelnen Betriebsteilen sehr unterschiedlich, kann im Einzelfall eine Aufteilung nach der Bedeutung der Tätigkeit gerechtfertigt sein.2 Schon der Wortlaut der Vorschrift lässt auch eine andere als nach Zeitanteilen bemessene Aufteilung zu.

F. Nicht zu berücksichtigende Vergütungen (Abs. 4) I. Vorbemerkung 27

Mit der Einführung des § 31 Abs. 4 GewStG beabsichtigte der Gesetzgeber, der überproportionalen Beteiligung der Geschäftsleitungsgemeinden am Gewerbesteuermess- betrag entgegenzusteuern und den Faktor Anzahl der Arbeitnehmer, der im Endeffekt für die Höhe der entstehenden Lasten wesentlich bedeutsamer ist, stärker zu betonen.3 Nach § 31 Abs. 4 Satz 1 GewStG sind daher gewinnabhängige, einmalige Vergütungen (zB Tantiemen, Gratifikationen) nicht als Arbeitslohn für gewstl. Zweck anzusetzen. Nach § 31 Abs. 4 Satz 2 GewStG scheidet eine Berücksichtigung von sonstigen Vergütungen über 50.000 Euro bei der Ermittlung des Arbeitslohns für gewstl. Zwecke ebenfalls aus (Kappungsgrenze). Da derartige Vergütungen meist nur an Mitarbeiter der Geschäftsführung geleistet werden, würde bei ihrer Erfassung als Arbeitslohn der Geschäftsleitungsgemeinde ein ungerechtfertigter, prozentual überhöhter Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zukommen. Damit wäre der Grundgedanke der Zerlegung, einen möglichst gerechten Ausgleich für die von den Gemeinden zu tragenden Lasten zu schaffen, nicht mehr erfüllt.

1 Bzgl. des jeweiligen Umfangs der vollständigen oder teilweisen Gewerbesteuerbefreiung sowie hinsichtlich der jeweiligen Voraussetzungen vgl. Kommentar zu § 3 GewStG. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 49 (Stand: Juni 2016); Hofmeister in Blümich, § 31 GewStG Rz. 4 (Stand: November 2014); aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 31 GewstG Rz. 6. 3 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 31 GewStG Rz. 7; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 50 (Stand: Juni 2016).

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F. Nicht zu berücksichtigende Vergütungen (Abs. 4)

Rz. 31 § 31

Aus systematischer Sicht sind zunächst die Abs. 1 bis 3 des § 31 GewStG zu prüfen. Unter § 31 Abs. 4 EStG können daher nur Vergütungen fallen, die grds. als Arbeitslohn iSd. § 31 GewStG zu erfassen sind. In einem zweiten Schritt sind dann die nach § 31 Abs. 4 Satz 1 GewStG nicht zu berücksichtigenden Lohnbestandteile auszuscheiden, bevor als letzter Schritt die noch verbleibenden Arbeitslohnbeträge nach Satz 2 zu kappen sind.

II. Einmalige gewinnabhängige Vergütungen (Abs. 4 Satz 1) Für Zerlegungszwecke werden einmalige gewinnabhängige Vergütungen nicht als Arbeitslohn be- 28 rücksichtigt. Gewinn iSd. § 31 Abs. 4 Satz 1 GewStG ist der Gewinn des Unternehmens und nicht der in einer Betriebsstätte ermittelte Gewinn.1 Ob es sich dabei um den nach Handelsrecht oder nach EStG/KStG zu ermittelnden Gewinn handelt, lässt die Vorschrift offen, sodass der Anwendungsbereich uE beide in der Praxis vorkommenden Fallgestaltungen zulässt. Ob auch der eher theoretische Fall einer in Abhängigkeit vom Gewerbeertrag gezahlten Vergütung unter die Vorschrift fällt, ist gerichtlich noch nicht entschieden. Unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Vorschrift ist diese uE aber entsprechend weit zu fassen. Nicht relevant ist jedoch ein ausschließlich für unternehmensinterne Kostenrechnungen dargestellter Gewinn/Überschuss einzelner Betriebsstätten oder Betriebsteile.2 Die Höhe der Vergütung muss unmittelbar aus dem Gewinn abgeleitet sein, dh., der Gewinn muss der Berechnung der Vergütung zugrunde liegen. Im Gegensatz dazu sind Vergütungen, die lediglich von einem Gewinn dem Grunde nach abhängig sind, sehr wohl als Arbeitslohn zu erfassen. Klassische gewinnabhängige einmalige Vergütungen sind zB Tantiemen oder Gratifikationen, die 29 meist an geschäftsführende oder leitende Mitarbeiter gezahlt werden. Diese Sondervergütungen sind zusätzliche Geldleistungen, die auf Grundlage des Gewinns ermittelt und über den Arbeitslohn hinaus gezahlt werden. Sie lassen insoweit den Arbeitnehmer am Erfolg des Unternehmens teilhaben. Auch Prämien oder Boni für besondere Leistungen des Arbeitnehmers bleiben außer Ansatz, sofern sie sich nach dem Gewinn berechnen und nicht als laufende Vergütung angesehen werden.3 Entscheidendes Kriterium ist, dass die Zahlung den Charakter einer einmaligen und nicht einer laufenden Zuwendung besitzt. Es muss sich also um eine grds. in einem Betrag zu zahlende Sonderzuwendung aufgrund eines besonderen Anlasses handeln. Wird die anlassbezogene Zahlung anschließend in mehreren Raten ausgezahlt, dürfte dies für den Nichtansatz unschädlich sein. Auch sind Wiederholungen der Sonderleistungen unschädlich, solange jeweils ein neuer besonderer Anlass deren Grundlage bildet.4 Für das Merkmal der Einmaligkeit der Zahlung ist auf den Erhebungszeitraum abzustellen, da nach 30 § 28 GewStG dieser für die Zerlegung maßgeblich ist. Im EZ zufließende einmalige Sonderzahlungen, die sich jedoch nicht auf Grundlage des Gewinns ermitteln (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder ähnliche anlassbezogene Zahlungen, wie bspw. Geburtstag, Geburt eines Kindes, Dienst- oder Betriebsjubiläen) gehören jedoch unstrittig zu den Arbeitslöhnen. Darüber hinaus fallen auch Lohnbestandteile, die aufgrund besonderer Umstände einmalig in Form von Nachzahlungen geleistet werden, weil zunächst eine bestimmte Grenze überschritten oder ein bestimmtes Zeitfenster abgelaufen sein muss (Wechselschichtzulagen, Zuschläge für Mehrarbeit, die nur jährlich vergütet wird), nicht unter die Vorschrift des § 31 Abs. 4 Satz 1 GewStG.5 Zum einen sind diese Vergütungen nicht gewinnabhängig, zum anderen beruht die Einmaligkeit der Zahlung auf äußeren, meist nur bedingt beeinflussbaren Umständen (Zeitablauf/Mindestbetrag). Diese Vergütungen sind daher trotz der Einmaligkeit ihrer Zahlung wirtschaftlicher Bestandteil des regelmäßigen (monatlichen) Bruttoarbeitslohns. Ob eine im EZ einmalig gezahlte und gewinnabhängige Vergütung ausnahmsweise doch als Arbeits- 31 lohn iRd. Lohnsummenermittlung nach § 31 GewStG zu erfassen ist, wenn es die einzige Vergütung ist, die ein Arbeitnehmer erhält (diese Konstellation ergibt sich zB bei Gesellschaftergeschäftsführern), ist nicht eindeutig geklärt. Unseres Erachtens ist in diesen Fällen die Vergütung trotz des Wortlauts

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R 31.1 Abs. 5 GewStR 2009. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 51 (Stand: Juni 2016). Güroff in Glanegger/Güroff9, § 31 GewStG Rz. 7. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 31 GewStG Rz. 7. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 52 (Stand: Juni 2016).

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§ 31 Rz. 32 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung des § 31 Abs. 4 Satz 1 GewStG in die Arbeitslohnberechnung der einzelnen Betriebsstätten einzubeziehen. Sind am Ort der Geschäftsleitung ausschließlich Arbeitnehmer mit entsprechend ausgestalteten Arbeitsverträgen beschäftigt, würde die Nichteinbeziehung ihrer Gehälter dazu führen, dass die Geschäftsleitungsgemeinde keinen Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zugewiesen bekommt. Eine komplette Nichtberücksichtigung würde der Bedeutung der Geschäftsleitungsgemeinde eines Unternehmens jedoch nicht gerecht und auch dem Sinn und Zweck der Regelung zuwiderlaufen. Ist daher ausschließlich eine gewinnabhängige Vergütung vereinbart, handelt es sich vollumfänglich um die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft, die eindeutig Arbeitslohncharakter hat.

III. Sonstige Vergütungen über 50.000 Euro (Abs. 4 Satz 2) 32

Übersteigt die an einen Arbeitnehmer gezahlte Vergütung den Höchstbetrag von 50.000 Euro, greift nach § 31 Abs. 4 Satz 2 GewStG die sog. Kappungsgrenze. Danach sind sämtliche Vergütungen insoweit nicht zu berücksichtigen, wie sie den Höchstbetrag übersteigen. Auch wenn in erster Linie die Gehälter an geschäftsführende Personen gemeint sind (Rz. 27), gilt die Kappungsregelung nach dem Gesetzeswortlaut uneingeschränkt für alle im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer, unabhängig von der ausgeübten Funktion. Dabei sind vor Anwendung der Kappungsgrenze zunächst die Vergütungsbestandteile auszuscheiden, die bereits nach § 31 Abs. 4 Satz 1 GewStG nicht zu berücksichtigen sind. Ermittlungszeitraum für den Kappungsbetrag ist unter Berücksichtigung des § 28 GewStG ebenfalls der Erhebungszeitraum.

33

Der Betrag von 50.000 Euro gilt pro Arbeitnehmer und pro Unternehmen, sodass bei einem Wechsel des Arbeitnehmers innerhalb des Unternehmens oder des Organkreises der Betrag von 50.000 Euro für diesen Arbeitnehmer nur einmal anzusetzen und folglich den jeweiligen Betriebsstätten zeitanteilig zuzuordnen ist.1 Scheidet der Unternehmer im Laufe des EZ aus dem Unternehmen aus oder wird das Arbeitsverhältnis unterjährig (neu) begründet, erfolgt – mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung – weder eine Hochrechnung auf den fiktiven Jahresbruttolohn noch eine zeitanteilige Kürzung des Kappungsbetrags. Für die Anwendung des Kappungsbetrags ist es danach unerheblich, ob der Arbeitnehmer über den gesamten EZ oder lediglich wenige Monate für das Unternehmen tätig war. Inwieweit der aktuell gültige Höchstbetrag von 50.000 Euro noch in einer angemessenen Relation zu den realen Arbeitslöhnen steht, ist zweifelhaft. Den Höchstbetrag überschreiten in der Praxis bereits heute zahlreiche Bruttojahresgehälter und auch in Zukunft ist davon auszugehen, dass der durch § 31 Abs. 4 Satz 2 GewStG nicht zu berücksichtigende, übersteigende Teilbetrag stetig wächst. Aufgrund des derart niedrigen Kappungsbetrags muss auch zu Recht die Frage gestellt werden, ob die vorherige Kürzung gem. § 31 Abs. 4 Satz 1 GewSt überhaupt noch praxisrelevant ist oder ob die jeweiligen Vergütungen nach Satz 2 ohnehin überwiegend außer Ansatz bleiben.

G. Erweiterung des Arbeitslohnbegriffs (Abs. 5) I. Ausgangslage der Vorschrift 34

Ist der Gewerbetreibende ein Personenunternehmen (Einzelunternehmen, GbR, oHG, KG, aber auch atypisch stille Beteiligungen), wird die durch den (Mit-)Unternehmer geleistete Arbeitskraft nicht als Arbeitslohn ausgewiesen, sondern stellt entnommenen Gewinn dar. Dies ergibt sich bereits aus dem Grundsatz, dass ein Unternehmer kein Arbeitsverhältnis mit seinem eigenen Unternehmen eingehen kann. Bei Mitunternehmerschaften greift insoweit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG (Erfassung als Sonderbetriebseinnahme). Eine entsprechende Vergütung stellt damit keinen Arbeitslohn, sondern einen Gewinnanteil dar, der den stl. Gewinn nicht mindert. Ist in einer Betriebsstätte ausschließlich ein (Mit-)Unternehmer tätig, während in der Betriebsstätte einer anderen Gemeinde nur

1 FinMin. Ba.-Wü. v. 19.11.1979 – G 1450 - 6/79, juris; krit. hierzu Güroff in Glanegger/Güroff9, § 31 GewStG Rz. 8.

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G. Erweiterung des Arbeitslohnbegriffs (Abs. 5)

Rz. 37 § 31

Angestellte beschäftigt werden, würde nach § 29 GewStG die zuerst genannte Gemeinde aufgrund des fehlenden Arbeitslohncharakters nicht an der Zerlegung beteiligt werden. Dieses unbillige Ergebnis wird für Personenunternehmen durch § 31 Abs. 5 EStG beseitigt.1 Danach ist bei Unternehmen, die nicht von einer juristischen Person betrieben werden, für alle im Betrieb tätigen Unternehmer jährlich insgesamt ein Betrag iHv. 25.000 Euro als fiktiver Unternehmerlohn anzusetzen. Ziel dieser Regelung ist es, auch bei Personenunternehmen die Gemeinden, in denen ausschließlich (Mit-)Unternehmer tätig werden, in angemessenem Umfang an der Gewerbesteuerzerlegung zu beteiligen. Der Anwendungsbereich ist jedoch nicht auf die Gemeinden beschränkt, in denen ausschließlich (Mit-)Unternehmer und keine Arbeitnehmer tätig sind. Es genügt nach dem Wortlaut der Vorschrift vielmehr pauschal die Tätigkeit eines Unternehmers. Der Unternehmerlohn ist daher auch anzusetzen, wenn in der Gemeinde, in der ein Unternehmer tätig ist, auch noch andere Mitarbeiter2 oder in dem Unternehmen überhaupt keine Arbeitnehmer beschäftigt werden.3 Ob der Betrag von 25.000 Euro der Höhe nach noch zeitgemäß und zweckdienlich ist, darf bezweifelt werden. Dies gilt insbes. in Fällen, in denen dieser Betrag noch auf mehrere Mitunternehmer und Betriebsstätten aufzuteilen ist. Hier wird sich in der Praxis, unter Berücksichtigung der in großen Unternehmen gezahlten Arbeitslöhne, eine stl. Auswirkung kaum ergeben. Für KapGes. ist eine entsprechende Regelung nicht notwendig, da hier – anders als bei Personenunternehmen – der Arbeitslohn für die in der Geschäftsführung tätigen Gesellschafter stets gewinnmindernd zu erfassen ist. Damit werden auch die Gemeinden, in denen die Geschäftsführer tätig sind, über die entsprechenden Gehälter nach § 31 Abs. 1 bis 4 GewStG am Zerlegungsverfahren beteiligt und bekommen einen entsprechenden Anteil zugewiesen.

II. Fiktiver Unternehmerlohn in Höhe von 25.000 Euro Der Unternehmerlohn wird mit einem Pauschbetrag angesetzt, was der Vereinfachung dienen soll. 35 Bereits mit Urt. v. 5.11.19874 hat der BFH entschieden, dass insoweit auch kein Verfassungsverstoß vorliegt. Der pauschal anzusetzende Unternehmerlohn entspricht mit dem gesetzlich normierten Betrag iHv. 25.000 Euro in etwa dem als Freibetrag anzusetzenden Unternehmerlohn nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG.5 Obwohl § 31 Abs. 5 GewStG ausdrücklich von einem jährlichen Ansatz spricht, kann auch hier nur der EZ iSd. § 14 Satz 2 GewStG gemeint sein, sodass auch ein entsprechend kürzerer Zeitraum in Betracht kommen kann (Rz. 39). Umstritten ist, um welche Art von Tätigkeit es sich bei der Arbeit des Unternehmers handeln muss. 36 Während der RFH noch jegliche Art von Mitwirken des Unternehmers als Rechtfertigung für den Ansatz des fiktiven Unternehmerlohns anerkannte,6 fasste der BFH in seiner Rspr. den Tätigkeitsbegriff deutlich enger und beschränkte diesen für den Ansatz des fiktiven Unternehmerlohns auf geschäftsleitende Tätigkeiten.7 Die FinVerw. hat sich mit R 31.1 Abs. 6 Satz 6 GewStR 2009 wohl ausdrücklich der Rspr. des BFH angeschlossen und verweist ebenfalls auf eine geschäftsleitende Tätigkeit. Unseres Erachtens darf jedoch die Art der Tätigkeit des (Mit-)Unternehmers für den Ansatz des Pauschbetrags keine Rolle spielen, da es analog dazu auch bei den angestellten Arbeitnehmern für Zwecke der Zerlegung nicht auf die Art der Tätigkeit, sondern allein darauf ankommt, dass durch ihre (irgendwie geartete) Tätigkeit das Unternehmen betrieben wird.8 Die Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn der „tätige“ Mitunternehmer eine juristische Person, zB 37 eine Komplementär GmbH & Co. KG, ist. Diese Auffassung wird durch die höchstrichterliche Rspr.

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R 31.1 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 GewStR 2009. RFH v. 2.3.1939 – VI B 1/39, RStBl. 1939, 730. BFH v. 16.9.1964 – IV B 164/64 U, BStBl. III 1965, 69. BFH v. 5.11.1987 – IV R 153/84, BStBl. II 1988, 191 = FR 1988, 174; v. 29.4.1970 – I R 105/68, BStBl. II 1970, 607. 24.500 Euro. RFH v. 2.3.1939 – VI B 1/39, RStBl. 1939, 730. BFH v. 16.9.1964 – IV B 164/64, BStBl. III 1965, 69. So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 57 (Stand: Juni 2016).

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§ 31 Rz. 38 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung gestützt.1 So ist der fiktive Unternehmerlohn auch für eine KapGes. anzusetzen, wenn sie Mitunternehmerin einer Personengesellschaft ist und bspw. als Komplementär-GmbH die Geschäftsführung übernimmt. Der fiktive Unternehmerlohn wird auch nicht durch die Geschäftsführergehälter der bei der Komplementär-Gesellschaft angestellten Personen überlagert. Vielmehr ist für die juristische Person der Betrag von 25.000 Euro anzusetzen. Entscheidend für die Anwendung des § 31 Abs. 5 GewStG ist gem. der Rspr.2 die Rechtsform des Gewerbebetriebs, dessen Messbetrag zerlegt wird, und nicht die Rechtsform, unter der der Unternehmer/Mitunternehmer firmiert. Dies gilt entsprechend, wenn die Geschäftsführung einer Komplementär-GmbH tatsächlich von Personen ausgeübt wird, die in einer anderen Gesellschaft angestellt sind.3 Inwieweit diese Grundsätze auf die atypisch stille Beteiligung an einer KapGes. (GmbH & atypisch Still) zu übertragen sind, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der stetig vorangetriebenen Emanzipation der atypisch stillen Gesellschaft hin zu einer vollwertigen Mitunternehmerschaft4 ist hier uE von einer uneingeschränkten Übertragbarkeit der genannten Grundsätze auszugehen. 38

Nicht eindeutig geklärt ist darüber hinaus die Frage, ob die Tätigkeit des (Mit-)Unternehmers während des gesamten Erhebungszeitraums ausgeübt worden sein muss, damit der Betrag von 25.000 Euro in voller Höhe anzusetzen ist. Der BFH5 geht diesbezüglich von einer ganzjährigen Tätigkeit aus. Bei dem Höchstbetrag von 50.000 Euro iSd. § 31 Abs. 4 Satz 2 ist jedoch stets der tatsächlich gezahlte Arbeitslohn anzusetzen, unabhängig von der Dauer der Beschäftigung im Unternehmen (vgl. Rz. 33). Dies kann im Einzelfall bedeuten, dass der Höchstbetrag schon bei einer sechsmonatigen Tätigkeit ausgeschöpft ist. Anders stellt es sich beim Unternehmerlohn dar. Hier schreibt das Gesetz einen pauschalen jährlichen Betrag für den tätigen (Mit-)Unternehmer vor. Eine anteilige Kürzung ist daher durchaus möglich.6

III. Aufteilung des Unternehmerlohns 39

Laut dem Gesetzeswortlaut erfolgt der Ansatz des fiktiven Unternehmerlohns nur einmal jährlich im Erhebungszeitraum für das gesamte Unternehmen. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der (Mit-)Unternehmer, die im Betrieb tatsächlich tätig sind, und erfordert unter Umständen eine weitere Aufteilung. Bei einem Einzelunternehmen setzt die Verteilung des fiktiven Unternehmerlohns voraus, dass der Unternehmer in mehr als einer Betriebsstätte (geschäftsführend) tätig geworden ist. Diese Voraussetzung ist sowohl bei einer (gleichzeitigen) Ausübung der Tätigkeit in verschiedenen Betriebsstätten unterschiedlicher Gemeinden als auch bei der Verlegung der Geschäftsführungsgemeinde denkbar. Der Betrag von 25.000 Euro ist in der ersten Fallgestaltung nach dem Anteil der Tätigkeit des Unternehmers in den einzelnen Betriebsstätten zu verteilen.7 Im zweiten Fall hat eine zeitanteilige Aufteilung zu erfolgen.8 Ist der Unternehmer lediglich in einer Betriebsstätte geschäftsführend und in einer anderen Betriebsstätte ausschließlich ausführend tätig, kann eine Zerlegung nicht erfolgen.9 Werden bei Personengesellschaften mehrere (Mit-)Unternehmer für den Gewerbebetrieb in unterschiedlichen Betriebsstätten geschäftsführend tätig, ist der Unternehmerlohn insgesamt nur einmal anzusetzen. Es muss jedoch auch in diesen Fällen eine Zuordnung zu den einzelnen Betriebsstätten erfolgen. Dazu ist zunächst eine Aufteilung auf die beschäftigten Gesellschafter vorzunehmen. Diese Aufteilung erfolgt nicht etwa im Verhältnis der Beteiligungshöhe (Personengesellschaften mit unterschiedlichen

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BFH v. 5.11.2014 – IV R 30/11, BStBl. II 2015, 601 = FR 2015, 905. BFH v. 5.11.2014 – IV R 30/11, BStBl. II 2015, 601 = FR 2015, 905. FG Schl.-Holst. v. 5.1.2009 – 2 V 193/08, rkr., EFG 2009, 429; v. 7.1.2009 – 2 V 196/08, rkr., EFG 2009, 682. BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BStBl. II 2015, 141 = FR 2015, 330 m. Anm. Kanzler = ISR 2014, 414 m. Anm. Richter/John; v. 13.10.2016 – IV R 20/14, BFH/NV 2017, 475; v. 8.12.2016 – IV R 8/14, BStBl. II 2017, 538 = FR 2017, 693 m. Anm. Nöcker. BFH v. 12.2.2004 – IV R 29/02, BStBl. II 2004, 602 = FR 2004, 756 m. Anm. Kempermann. AA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 57 (Stand: Juni 2016); Hofmeister in Blümich, § 31 GewStG Rz. 10 (Stand: November 2014). R 31.1 Abs. 6 Satz 4 GewStR 2009. R 31.1 Abs. 6 Satz 5 GewStR 2009. BFH v. 16.9.1964 – IV B 164/64, BStBl. III 1965, 69; anders noch RFH v. 2.3.1939 – VI B 1/39, RStBl. I 1939, 730, vgl. auch Rz. 36.

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G. Erweiterung des Arbeitslohnbegriffs (Abs. 5)

Rz. 39 § 31

Beteiligungsquoten) oder nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (bedeutsamste Tätigkeit), sondern gleichmäßig nach Köpfen.1 Im nächsten Schritt sind die Anteile der einzelnen Mitunternehmer den einzelnen Betriebsgemeinden zuzuweisen, in denen die jeweiligen Mitunternehmer ihre geschäftsführenden Tätigkeiten ausüben. Dies kann im Einzelfall eine (weitere) Unterzerlegung erfordern, und zwar dann, wenn sich die (geschäftsleitende) Tätigkeit des einzelnen Mitunternehmers auf mehrere Betriebsstätten in unterschiedlichen Gemeinden erstreckt oder der Ort der Geschäftsleitungsgemeinde im EZ wechselt. Die Aufteilung ist hier analog zu den Einzelunternehmern nach Tätigkeitsanteilen bzw. zeitanteilig vorzunehmen.2

§ 32

(weggefallen)

1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 60 (Stand: Juni 2016). 2 R 31.1 Abs. 6 Sätze 4 und 5 GewStR 2009.

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G. Erweiterung des Arbeitslohnbegriffs (Abs. 5)

Rz. 39 § 31

Beteiligungsquoten) oder nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (bedeutsamste Tätigkeit), sondern gleichmäßig nach Köpfen.1 Im nächsten Schritt sind die Anteile der einzelnen Mitunternehmer den einzelnen Betriebsgemeinden zuzuweisen, in denen die jeweiligen Mitunternehmer ihre geschäftsführenden Tätigkeiten ausüben. Dies kann im Einzelfall eine (weitere) Unterzerlegung erfordern, und zwar dann, wenn sich die (geschäftsleitende) Tätigkeit des einzelnen Mitunternehmers auf mehrere Betriebsstätten in unterschiedlichen Gemeinden erstreckt oder der Ort der Geschäftsleitungsgemeinde im EZ wechselt. Die Aufteilung ist hier analog zu den Einzelunternehmern nach Tätigkeitsanteilen bzw. zeitanteilig vorzunehmen.2

§ 32

(weggefallen)

1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 31 GewStG Rz. 60 (Stand: Juni 2016). 2 R 31.1 Abs. 6 Sätze 4 und 5 GewStR 2009.

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§ 33 Zerlegung in besonderen Fällen (1) 1Führt die Zerlegung nach den §§ 28 bis 31 zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, so ist nach einem Maßstab zu zerlegen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt. 2In dem Zerlegungsbescheid hat das Finanzamt darauf hinzuweisen, dass bei der Zerlegung Satz 1 angewendet worden ist. (2) Einigen sich die Gemeinden mit dem Steuerschuldner über die Zerlegung, so ist der Steuermessbetrag nach Maßgabe der Einigung zu zerlegen. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

b) Offenbare Unbilligkeit von erheblichem Gewicht . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nachweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ersatzmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 18 19

II. Angabe der Zerlegungsgrundlagen im Bescheid (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . .

21

7

C. Einigung der Gemeinden mit dem Steuerschuldner (Abs. 2) . . . . . . . . . .

22

8

I. Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

3

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

6

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

B. Zerlegung in besonderen Fällen (Abs. 1) .

9

I. Besonderer Zerlegungsmaßstab bei Eintritt eines offenbar unbilligen Ergebnisses . . . 1. Ausgangslage der Vorschrift . . . . . . . . . 2. Offenbar unbilliges Zerlegungsergebnis . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . .

9 9 10 10

. . . .

II. 1. 2. 3. 4. 5.

Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen . . . . . . . . . . . Rechtscharakter der Einigung . . . . Gültigkeitsdauer der Einigung . . . Der besondere Zerlegungsmaßstab . Fristen und Rechtsbehelfsverfahren .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

23 23 24 25 26 27

Literatur: N. Meier, Zum gewerbesteuerlichen Zerlegungsmaßstab beim Betrieb von Windkraftanlagen, FR 2006, 538; Trossen, Zerlegung der Gewerbesteuer bei Windkraftanlagen, DStZ 2006, 836; Fock/Klaus/Genge/Hörcher/Röwekamp, Zerlegungsmaßstab, Praxis der Kommunalverwaltung (Stand: Juli 2009); Urbahns, Optimierte Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags, StuB 2010, 425; Schill, Der Arbeitnehmerbegriff im Kontext der innerstaatlichen Betriebsstätte für die Zwecke der Gewerbesteuerzerlegung, Kommunale Steuer-Zeitschrift 2016, 1.

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 33 GewStG enthält ergänzende Regelungen zur Bestimmung des Zerlegungsmaßstabs. Liegen die 1 Voraussetzungen für eine Zerlegung nach § 28 GewStG dem Grunde nach vor, ist nach § 29 GewStG als Zerlegungsmaßstab grds. das Verhältnis der Arbeitslöhne in den einzelnen Betriebsstätten, ggf. unter Berücksichtigung des Sachanlagevermögens, heranzuziehen. Dieser Zerlegungsmaßstab stellt einen vom Gesetzgeber bewusst nur grob geregelten Verteilungsschlüssel des Gewerbesteuermessbetrags dar.1 In einzelnen Fällen kann dies dazu führen, dass die Zerlegung insgesamt nicht mehr dem ursprünglichen im GewStG verankerten Gedanken der Finanzierung der Gemeinden nach dem Äquivalenzprinzip entspricht. § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG ermöglicht daher für den Fall, dass der Regelzerlegungsmaßstab nach § 29 GewStG zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt, einen den tatsächlichen Verhältnissen eher entsprechenden alternativen Zerlegungsmaßstab anzuwenden. § 33 Abs. 1 Satz 2 GewStG enthält für die Fälle, in denen von einem abweichenden Zerlegungsmaßstab nach Satz 1 Gebrauch gemacht wird, eine ausdrückliche Erläuterungspflicht für das FA im Zerlegungsbescheid.

1 FG Nürnberg v. 28.10.2010 – 4 K 1962/2008, EFG 2011, 559.

Leister/Wanninger

803

§ 33 Rz. 2 Zerlegung in besonderen Fällen 2 Durch § 33 Abs. 2 GewStG wird den Beteiligten eines Zerlegungsverfahrens (Unternehmen und he-

beberechtigten Gemeinden) darüber hinaus ermöglicht, einen besonderen Zerlegungsmaßstab, abweichend von den Regelmaßstäben der §§ 29 bis 31 GewStG, einvernehmlich zu vereinbaren.

II. Anwendungsbereich 3 Voraussetzung für die Anwendung des § 33 GewStG ist – obwohl so nicht ausdrücklich im Gesetzes-

wortlaut genannt –, dass die Grundvoraussetzungen einer Zerlegung nach §§ 4, 28 GewStG erfüllt sind. Dafür muss der Gewerbetreibende seine Tätigkeit innerhalb eines EZ zeitgleich oder nacheinander durch Betriebsstätten oder Betriebsstättenteile in mehreren Gemeinden ausüben (§ 28 GewStG Rz. 16 ff.). Darüber hinaus muss für die Anwendbarkeit des § 33 Abs. 1 GewStG die Zerlegung nach §§ 28 bis 31 GewStG zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führen, wobei der Anwendungsbereich nach Auffassung der FinVerw. aufgrund des Ausnahmecharakters der Vorschrift eher eng auszulegen ist.1 So liegen die Anwendungsvoraussetzungen nicht bereits dann vor, wenn eine nach § 28 GewStG grds. zu beteiligende Gemeinde bei Anwendung des Zerlegungsmaßstabs nach § 29 GewStG unberücksichtigt geblieben ist.2 Nur wenn diese Nichtberücksichtigung oder eine unverhältnismäßig geringe Beteiligung einer Gemeinde offensichtlich unbillig ist, kann § 33 GewStG eingreifen. Durch die Anwendung des § 33 GewStG kann weder der Kreis der hebeberechtigten Gemeinden erweitert noch der Gewerbesteuermessbetrag selbst geändert werden. 4 Richtet sich der Zerlegungsmaßstab nach § 30 GewStG (Zerlegung einer mehrgemeindlichen Be-

triebsstätte nach der Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten), sind bereits die tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls sachgerecht berücksichtigt, sodass der Anwendungsbereich des § 33 GewStG regelmäßig nicht eröffnet ist.3 5 Für die Anwendung des Abs. 2 muss neben den grundsätzlichen Zerlegungsvoraussetzungen nach

§§ 4, 28 GewStG keine weitere Voraussetzung erfüllt sein. Insbesondere stellt ein offenbar unbilliges Ergebnis oder die Nichtanwendbarkeit des § 29 GewStG nach dem Gesetzeswortlaut keine Anwendungsvoraussetzung dar.4

III. Rechtsentwicklung 6 Die heute gültige Fassung des § 33 GewStG entspricht im Wesentlichen dem ursprünglichen Wort-

laut des § 33 GewStG aus dem Jahr 1936.5 Lediglich durch Art. I Nr. 30 des G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.19516 erfuhr die Vorschrift eine Änderung: So entfiel konsequenterweise die Bezugnahme auf den mit gleichem Gesetz gestrichenen § 32 GewStG.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zu anderen Vorschriften des GewStG 7 § 33 Abs. 1 GewStG ist eine Ausnahmeregelung zu den Vorschriften der §§ 28 bis 31 GewStG, die stets

dann zur Anwendung kommt, wenn die Regelzerlegung zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt. Sie stellt damit ein Korrektiv dar. § 33 Abs. 2 rundet die Zerlegungsvorschriften ab und bietet den Beteiligten die Möglichkeit, alternativ zu den gesetzlichen Vorgaben einen individuellen Zerlegungsmaß1 R 33.1 Abs. 1 Satz 1 GewStR 2009. 2 R 33.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009. 3 So auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 7, 15 (Stand: Oktober 2016); Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 2 (Stand: Mai 2016). 4 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 24 (Stand: Oktober 2016); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 33 GewStG Rz. 8; aA Hofmeister in Blümich. § 33 GewStG Rz. 10 (Stand: Mai 2016). 5 RGBl. I 1936, 979 = RStBl. 1936, 1149. 6 BGBl. I 1951, 996 = BStBl. I 1952, 2.

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Leister/Wanninger

B. Zerlegung in besonderen Fällen (Abs. 1)

Rz. 10 § 33

stab auf der Basis einer einvernehmlichen Absprache zwischen den am Zerlegungsverfahren beteiligten Personen (dem StPfl. und allen hebeberechtigten Gemeinden [vgl. § 28 GewStG Rz. 36]) zu bestimmen. Eingeschränkt wird der Anwendungsbereich des § 33 GewStG durch die Kleinbetragsregelungen des § 34 GewStG.1 2. Verhältnis zu Vorschriften außerhalb des GewStG Gemäß § 2 Satz 2 ZerlG gelten die §§ 28 bis 31 und § 33 GewStG entsprechend für die Zerlegung 8 der KSt. Hier sind die Vorschriften über die Zerlegung in besonderen Fällen daher ebenfalls anzuwenden.

B. Zerlegung in besonderen Fällen (Abs. 1) I. Besonderer Zerlegungsmaßstab bei Eintritt eines offenbar unbilligen Ergebnisses 1. Ausgangslage der Vorschrift Nach § 28 GewStG ist der Gewerbesteuermessbetrag in die auf einzelne Gemeinden entfallenden An- 9 teile zu zerlegen, wenn im EZ Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten werden bzw. eine Betriebsstätte sich über mehrere Gemeinden erstreckt oder innerhalb eines EZ eine Betriebsstätte von einer Gemeinde in eine andere Gemeinde verlegt wird. Zerlegungsmaßstab ist dabei grds. das Verhältnis, in dem die Summe der in allen Betriebsstätten gezahlten Arbeitslöhne zu den in den einzelnen Betriebsstätten der Gemeinden gezahlten Arbeitslöhnen steht, ggf. teilweise unter Berücksichtigung des Sachanlagevermögens (§ 29 Abs. 1 und 2 GewStG). Die Zerlegung nach Arbeitslöhnen hat ihren Ursprung im preußischen Gewerbesteuerrecht, also in einer Zeit, zu der die Gemeinden eine Lohnsummensteuer (abgeschafft in 1979) erhoben haben. Da zu dieser Zeit Wohnungs- und Arbeitsort regelmäßig identisch waren, stellte die Zerlegung nach Arbeitslöhnen einen sachgerechten Ausgleich für die Schaffung und Unterhaltung der erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen durch die Gemeinden dar. Darunter fielen in erster Linie Kosten für Straßen und Daseinsvorsorge. Der moderne Arbeitsalltag ist jedoch durch ein erhebliches Maß an beruflicher Mobilität geprägt (Auseinanderfallen von Wohn- und Arbeitsort), und bedingt durch den technischen Fortschritt können Betriebsstätten/Anlagen mitunter nahezu ohne Arbeitnehmer betrieben werden. Die sich daraus ergebende steigende Anzahl von ungerechtfertigten Zerlegungsergebnissen lässt § 33 Abs. 1 GewStG eine immer größere Bedeutung zukommen. Angesichts der durchaus berechtigten Kritik an dem Zerlegungsmaßstab nach Arbeitslöhnen als ausschließlichem Zerlegungskriterium2 sichert § 33 GewStG insgesamt die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften zur Zerlegung ab und bietet damals wie heute insbes. in den og. Fällen eine sachgerechte, individuelle Alternative zum pauschalen Zerlegungsmaßstab. 2. Offenbar unbilliges Zerlegungsergebnis a) Vorbemerkung Der Begriff der offenbaren Unbilligkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der seit seiner Veranke- 10 rung in § 33 GewStG durch die Rspr. unterschiedliche Auslegungen erfahren hat. Während der RFH den Begriff noch sehr großzügig auslegte, wodurch die Regelung des § 33 GewStG einen sehr weit gefassten Anwendungsbereich erfuhr,3 verfolgte der BFH von Beginn an eine sehr strenge Auslegung.4 1 Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 2 (Stand: Mai 2016). 2 S. auch Einführung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG mit Begründung zur Gesetzeseinführung (§ 29 GewStG Rz. 5 und 8). 3 RFH v. 28.10.1939 – I 169/39, RStBl. 1940, 445. 4 BFH v. 13.5.1958 – I B 49/58 U, BFHE 67, 275; v. 12.7.1960 – I B 47/59 S, BFHE 71, 363; v. 6.8.1962 – I B 212/59 und v. 18.9.1962 – I B 99/62 S, BFHE 75, 682.

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§ 33 Rz. 11 Zerlegung in besonderen Fällen Dadurch beschränkte sich der Anwendungsbereich der Vorschrift auf Ausnahmefälle. Letzteres wird gerechtfertigt mit dem Verweis auf den vom Gesetzgeber bewusst grob gewählten Regelzerlegungsmaßstab und einen Ausgleich für ggf. benachteiligte Gemeinden über den bundesweiten Länderfinanzausgleich. So soll die GewSt den Gemeinden zwar einen gewissen Ausgleich für die Lasten bieten, die ihnen die Betriebe der Industrie, des Handels und des Gewerbes verursachen. Zugleich ist jedoch zu beachten, dass der Gesetzgeber für die Zerlegung bewusst ein möglichst einfaches Verfahren vorgeschrieben hat. Eine Zerlegung, die den Verhältnissen des Einzelfalls voll gerecht würde, wäre mit einer nicht zu vertretenden Verwaltungsarbeit verbunden und wegen notwendiger Schätzungen ohnehin kaum zu erreichen. Bei Einführung des § 33 GewStG wurde zudem davon ausgegangen, dass bei der großen Zahl an Zerlegungsfällen sich gewisse, im Einzelfall auftretende Unebenheiten in Laufe der Zeit wieder ausgleichen.1 Im Hinblick auf die heute bestehenden großen Hebesatzunterschiede zwischen den Gemeinden, die zunehmende Belastung der Unternehmen mit GewSt, den sich aufgrund internationaler Verflechtungen ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten sowie das legitime Interesse der Unternehmen, Steuern zu sparen, ist dieser ausgleichende Effekt nur noch sehr bedingt gewährleistet. Gerade in den letzten Jahren ist eine Entwicklung zu beobachten, dass insbes. Konzernstrukturen genutzt werden, um die Gewerbesteuerlast über eine Zerlegung möglichst gering zu halten. Eine gerechte Verteilung ist aus Sicht der Gemeinden daher häufig nicht (mehr) gegeben. Dies gilt insbes. in Fällen, in denen der Hauptsitz des Unternehmens in einer Großstadt belegen ist und damit den Beschäftigungsort zahlreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bildet (Nutzung ökonomischer Aspekte, wie bspw. einer guten Infrastruktur). Die Gewerbesteuerzahllasten werden jedoch dann von den dort anzuwendenden, regelmäßig hohen Hebesätzen (denn die Schaffung einer guten Infrastruktur und eines guten Wirtschaftsstandorts verursacht Kosten) durch Gestaltungen der Lohnzahlungsmodalitäten in Gemeinden mit niedrigeren Hebesätzen verlagert. Die Voraussetzungen des § 42 AO dürften hier regelmäßig nicht vorliegen, da sich neben den Auswirkungen auf die Gewerbesteuerverteilung meist auch gewichtige wirtschaftliche Gründe anführen lassen. Insbesondere für diese Fälle ist mit § 33 GewStG ein Korrektiv geschaffen. Gestaltungen, die nicht mehr dem Ziel der vom Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigten Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags zwischen den Gemeinden entsprechen, wird eine Grenze gesetzt und die ursprünglichen Auswirkungen werden wieder hergestellt. Inwieweit der Regelmaßstab der Zerlegung nach Arbeitslöhnen in Kombination mit der durch die Rspr. des BFH vertretenen strengen Auslegung des § 33 GewStG unter den heutigen, zuvor dargestellten wirtschaftlichen Verhältnissen und Gestaltungsmöglichkeiten dem ursprünglich beabsichtigten Zweck noch gerecht wird, ist jedoch fragwürdig. b) Offenbare Unbilligkeit von erheblichem Gewicht 11 Der unbestimmte Rechtsbegriff der Unbilligkeit wird – im Steuerrecht allg. und auch in § 33 GewStG –

verwendet, um im Einzelfall eine individuelle Korrektur einer nicht fehlerhaften, aber objektiv als ungerecht empfundenen Steuerfestsetzung zu korrigieren. Dabei kann die Unbilligkeit in der Sache liegen (sachliche Unbilligkeit) oder auf die Person des StPfl. zurückzuführen sein (persönliche Unbilligkeit). Während die persönliche Unbilligkeit – ernsthafte Gefährdung oder Vernichtung der wirtschaftlichen oder persönlichen Existenz des StPfl. – für § 33 GewStG eine untergeordnete Bedeutung spielt, ist eine sachliche Unbilligkeit dann gegeben, wenn die Zerlegung nach den Regelzerlegungsmaßstäben zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass diese unbillig erscheint. Dadurch wird über die Grenzen der Rechtsfortbildung hinaus die Möglichkeit geschafften, atypische Sachverhalte durch eine Fortschreibung der im Gesetz enthaltenen Wertungen zu berücksichtigen, und Unzulänglichkeiten des generalisierenden Gesetzes auszugleichen.2 12

Nicht jede Unbilligkeit, die sich iErg. bei Anwendung des Zerlegungsmaßstabs nach Arbeitslöhnen ergibt, führt zwingend zur Anwendung des § 33 GewStG.3 Ein unbilliges Ergebnis liegt jedoch stets dann vor, wenn einem oder mehreren Beteiligten bei objektiver Beurteilung nicht zugemutet werden

1 BFH v. 24.1.1968 – I B 87/64, BStBl. II 1968, 185. 2 FG Ba.- Wü. v. 4.10.1984 – IX 345/82, EFG 1985, 249. 3 BFH v. 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. II 2010, 492; v. 25.11.2009 – I R 18/08, BFH/NV 2010, 941.

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B. Zerlegung in besonderen Fällen (Abs. 1)

Rz. 15 § 33

kann, das nach den Vorschriften der §§ 28 bis 31 GewStG ermittelte Zerlegungsergebnis hinzunehmen.1 Nach st. Rspr. des BFH rechtfertigt nur eine eindeutige Unbilligkeit von erheblichem Gewicht eine Zerlegung nach § 33 GewStG.2 Dieses Merkmal ist erfüllt, wenn für den jeweiligen Einzelfall ein deutliches Missverhältnis zwischen der unmittelbaren Belastung der einzelnen Gemeinden durch die Betriebsstätten und den ihnen zugewiesenen Zerlegungsanteilen besteht (Rz. 14). Darüber hinaus muss das Missverhältnis offenbar sein, dh. für jeden, der sich mit dem Sachverhalt befasst, eindeutig und augenscheinlich sein. Grundvoraussetzung für das beschriebene Missverhältnis ist zunächst, dass der Gemeinde unmittelbar 13 durch die Betriebsstätte wesentliche Lasten erwachsen sind. Dies sind in erster Linie die sog. Arbeitnehmerfolgekosten (Bau von Straßen, Schulen, Krankenhäusern, Altersheimen).3 Lasten, die zivilrechtliche Schadensersatzansprüche oder ein Gebührenerhebungsrecht mit sich bringen, sowie solche, für die an anderer Stelle eine Ausgleichsmöglichkeit besteht, sind nicht zu berücksichtigen.4 Mit der Ausgleichsmöglichkeit ist jedoch nicht die Zuweisung von Mitteln aus dem Länderfinanzausgleich gemeint. Dem gewstl. Zerlegungsverfahren soll auch nicht die Funktion eines kommunalen Finanzausgleichs zukommen, sondern es dient allein dem Ausgleich der Lasten, die sich über die Ausgaben direkt auf die gemeindlichen Haushalte auswirken.5 Nicht zu berücksichtigen sind daher solche Lasten, die lediglich mittelbare Folgen für den Gemeindehaushalt haben. Darunter fallen sämtliche Auswirkungen des Betriebs auf die allgemeine Lebensqualität für die Einwohner der Gemeinde, bspw. Geräuschimmissionen, Umweltbelastungen, Beeinträchtigung des Landschaftsbildes oder der touristischen Attraktivität der Gemeinde, aber auch Einschränkungen der Nutzbarkeit und Wertminderungen von Grundstücken.6 Bei den Lasten iSd. § 33 GewStG muss es sich vielmehr um tatsächlich vorhandene, qualifizierbare Lasten handeln. Entgangene Einnahmen, die bspw. durch Einschränkungen der Planungshoheit in Bezug auf weitere Gewerbegebiete, die durch Schutzbereiche für einen bereits bestehenden Gewerbebetrieb auftreten können, sind daher ebenfalls nicht zu berücksichtigen.7 Lasten im genannten Sinne, die durch das Vorhandensein einer Betriebsstätte in der Gemeinde ent- 14 stehen, führen nur dann zu einer Unbilligkeit iSd. § 33 GewStG, wenn sie einerseits ins Gewicht fallen und andererseits atypisch sind.8 Das Tatbestandsmerkmal „von erheblichem Gewicht“ verdeutlicht, dass § 33 GewStG nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen soll. Unwuchten, die sich durch den vom Gesetzgeber gewählten einfachen und recht groben Aufteilungsmaßstab nach § 29 GewStG regelmäßig ergeben, sollen grds. nicht durch § 33 GewStG ausgeglichen werden.9 Dies bedeutet auch, dass die jeweilige Betriebsstätte eine nicht nur geringe Bedeutung für die Gemeinde besitzen muss.10 Als Bezugsgröße für die Bemessung der Gewichtung ist auf die Anzahl der Arbeitnehmer in der Betriebsstätte abzustellen. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass bei einer nur geringen Anzahl von beschäftigten Arbeitnehmern oder bei einer nur geringen Nichtberücksichtigung von Arbeitnehmern noch kein Grund für die Durchführung einer Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG vorliegt. Der BFH hat eine Betriebsstätte von mehr als 8.000 qm mit nur 40 bis 50 Arbeitnehmern als Betriebsstätte von erheblichem Gewicht anerkannt.11 Darüber hinaus muss es sich um ein für die Zerlegung atypisches Ergebnis handeln. Dies ist insbes. 15 der Fall, wenn ein Unternehmer in einer Betriebsstätte, die nach Art und Umfang von erheblicher Bedeutung ist, dauerhaft ausschließlich Leiharbeitnehmer einsetzt, anstatt wie allg. üblich, die Arbeit-

1 BFH v. 24.1.1968 – I B 87/64, BStBl. II 1968, 185; v. 24.7.1969 – IV B 125/64, BStBl. II 1969, 688. 2 BFH v. 16.12.2009 – I R 56/08, BStBl. II 2010, 492; v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201; v. 17.2.1993 – I R 19/92, BStBl. II 1993, 679 = FR 1993, 614. 3 R 33.1 Abs. 1 Sätze 3 und 4 GewStR 2009. 4 R 33.1 Abs. 1 Satz 15 GewStR 2009. 5 BFH v. 9.10.1975 – IV R 114/73, BStBl. II 1976, 123; v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836. 6 BFH v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836; R 33.1 Abs. 1 Satz 6 GewStR 2009. 7 R 33.1 Abs. 1 Satz 5 GewStR 2009. 8 BFH v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201. 9 BFH v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836; R 33.1 Abs. 1 Satz 8 GewStR 2009; Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 4 (Stand: Mai 2016). 10 BFH v. 12.7.1960 – I B 47/59 S, BStBl. III 1960, 386; v. 5.10.1965 – I B 387/62 U, BStBl. III 1965, 668. 11 BFH v. 26.2.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836.

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§ 33 Rz. 16 Zerlegung in besonderen Fällen nehmer selbst zu beschäftigen.1 Da in diesem Fall die Löhne nicht von dem auftraggebenden Unternehmen, sondern von einer Leiharbeitsfirma ausbezahlt werden, erhält die Gemeinde zwar möglicherweise über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags der Leiharbeitsfirma einen Zerlegungsanteil, sofern diese in der Gemeinde eine Betriebsstätte unterhält. Für die Betrachtung des § 33 GewStG ist jedoch ausschließlich das Zerlegungsergebnis der Firma zu prüfen, in der die Lasten verursachenden Arbeitnehmer tatsächlich tätig sind. Die zu einer offenbaren Unbilligkeit führende Belastung kann auch durch die Art des Gewerbebetriebs begründet sein, zB die gewerbliche Vermietung von Ferienwohnungen, wenn keine Beteiligung der Ferienwohnungsgemeinde erfolgt, weil der Unternehmer nicht am Ferienwohnungsort tätig ist.2 16

Das unbillige Ergebnis muss sich aus dem jeweiligen Regelzerlegungsmaßstab im Einzelnen selbst ergeben. Die Vorschrift greift daher nicht ein, wenn die Anwendung des Regelmaßstabs allg. zu unbilligen Ergebnissen führt.3 Ein ungerechtes Ergebnis liegt daher auch in den Fällen nicht vor, in denen aufgrund der geringen Höhe des zu zerlegenden Messbetrags der absolute Betrag des Zerlegungsanteils sehr niedrig ist und deshalb ein Missverhältnis zwischen der Höhe des Gewerbesteueranspruchs der Gemeinde und der Höhe der Belastungen durch eine Betriebsstätte besteht. Zu keiner Unbilligkeit iSd. § 33 GewStG führen auch Ertrags-, Lohnkosten- oder Hebesatzunterschiede. Dies gilt selbst dann, wenn sie sich bei der Anwendung des Maßstabs nach § 29 GewStG zum Nachteil des StPfl. auswirken.4

17

Eine vom Gesetzgeber in Kauf genommene Unausgewogenheit stellt die Tatsache dar, dass auch bei Betrieben mit abweichendem Wj. für die Zerlegung die Arbeitslöhne des Kj. maßgeblich sind.5 Keine offenbare Unbilligkeit liegt darüber hinaus vor, wenn – losgelöst von einem ausschließlichen Einsatz von Leiharbeitnehmern (vgl. Rz. 15) – im Gebiet einer Gemeinde mit einer Betriebsstätte von geringer Bedeutung keine Arbeitslöhne anfallen und sie deshalb im Zerlegungsverfahren keinen Zerlegungsanteil zugewiesen bekommt.6 Entsprechendes gilt bei der Unterhaltung einer Betriebsstätte ohne oder mit einer verhältnismäßig geringen Anzahl von Arbeitnehmern.7 Auch Wartungsarbeiten an einer Anlage oder einer Betriebsstätte, die durch ein beauftragtes Unternehmen (regelmäßig) durchgeführt werden, sowie der ausschließliche Betrieb einer Einobjektgesellschaft durch vollständige Delegierung der Aufgabenerledigung an andere Gesellschaften rechtfertigen noch nicht die Annahme eines offenbar unbilligen Ergebnisses.8 Dass der Gewerbesteuermessbetrag des Betriebsführers ggf. durch Pacht- oder Lizenzzahlungen an einen Eigentümer gemindert ist, rechtfertigt für sich allein die Anwendung der besonderen Zerlegung ebenfalls noch nicht.9 Ein atypisches Ergebnis ist ebenfalls nicht gegeben, wenn bei Bestehen eines Organverhältnisses die Steuereinnahmen der Sitzgemeinde der Organgesellschaft niedriger ausfallen als bei der selbstständigen Besteuerung der Organgesellschaft.10 Nicht ausreichend ist außerdem, dass die Betriebsstätte einen verhältnismäßig großen Teil des Gemeindegebiets beansprucht.11 Die Voraussetzungen des § 33 GewStG sind darüber hinaus nicht bereits dann gegeben, wenn bei Anwendung des Zerlegungsmaßstabs nach § 29 GewStG eine Gemeinde unberücksichtigt bleibt.12

1 BFH v. 24.1.1968 – I B 87/64, BStBl. II 1968, 185; v. 9.10.1975 – IV R 114/73, BStBl. II 1976, 123; v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201; v. 26.2.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836; v. 24.5.2006 – I R 102/04, BFH/ NV 2007, 270. 2 R 33.1 Abs. 1 Sätze 9 ff. GewStG 2009. 3 BFH v. 24.1.1968 – I B 87/64, BStBl. II 1968, 185. 4 Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 3 (Stand: Mai 2016). 5 BFH v. 12.5.1992 – VIII R 45/90, BFH/NV 1993/191; vgl. insoweit auch § 28 GewStG Rz. 19. 6 BFH v. 13.5.1958 – I B 49/58, BStBl. III 1958, 379; v. 12.7.1960 – I B 47/59 S, BStBl. III 1960, 386; v. 5.10.1965 – I B 387/62 U, BStBl. III 1965, 668. 7 BFH v. 12.7.1960 – I B 47/59 S, BStBl. III 1960, 386; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 13 (Stand: Oktober 2016). 8 R 33.1 Abs. 1 Satz 12 GewStR 2009; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 33 GewStG Rz. 4a. 9 R 33.1 Abs. 1 Satz 14 GewStR 2009. 10 BFH v. 1.3.1967 – I B 240, 241/62, BStBl. III 1967, 324; v. 17.2.1993 – I R 19/92, BStBl. II 1993, 679 = FR 1993, 614. 11 BFH v. 9.10.1975 – IV R 114/73, BStBl. II 1976, 123. 12 R 33.1 Abs. 1 Satz 2 GewStR 2009.

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B. Zerlegung in besonderen Fällen (Abs. 1)

Rz. 21 § 33

3. Nachweispflicht Den Nachweis, dass die Regelzerlegung zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt, hat die Gemein- 18 de, die sich benachteiligt fühlt, durch entsprechende Unterlagen1 zu erbringen. Eine pauschale Betrachtung oder allein der Verweis auf die mit dem Betrieb einhergehenden Gemeindelasten genügt nicht.2 Derjenige, der eine Zerlegung nach § 33 begehrt, muss im Klageverfahren darlegen, dass er durch eine Zerlegung nach § 29 beschwert und in seinen Rechten verletzt ist.3 4. Ersatzmaßstab Führt eine Zerlegung nach dem Regelmaßstab zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, ist nach einem 19 den tatsächlichen Verhältnissen eher entsprechenden Ersatzmaßstab zu zerlegen. Dabei handelt es sich nach dem Gesetzeswortlaut um eine gebundene Entsch. Eine Wahl zu Anwendung eines Ersatzmaßstabs besteht nicht.4 Der Ersatzmaßstab muss zwei Voraussetzungen erfüllen. Er muss zum einen die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls berücksichtigen und diese zudem besser oder genauer umsetzen als der Regelmaßstab (qualitatives Kriterium).5 Genaue Vorgaben zur Art des anzuwendenden Ersatzmaßstabs enthält § 33 GewStG nicht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass für den jeweiligen Einzelfall ein individueller Zerlegungsmaßstab gefunden werden soll, der die tatsächlichen Gegebenheiten individuell berücksichtigt und den Betriebsgemeinden einen – ausgehend vom Grundgedanken der Zerlegung (Ausgleich der durch die Betriebsstätte erwachsenden Lasten) – angemessenen Zerlegungsanteil zuweist. Als Zerlegungsmaßstäbe kommen bspw. in Betracht: Betriebseinnahmen (Umsätze), betriebsbezogene Aufwendungen, innerhalb des Unternehmens verwendete Kostenschlüssel, Zeitanteile (bei Wechsel des Betriebssitzes) und ähnliche Umstände. Denkbar sind auch mehrere Aufteilungsmaßstäbe (50 % Arbeitslöhne und 50 % das Verhältnis des Anlagevermögens). Insbesondere bei einem dauerhaften Einsatz von Leiharbeitskräften käme bspw. auch eine Bemessung nach den Verhältnissen der durch das überlassende Unternehmen gezahlten reinen Löhne in Betracht.6 Nach welchem Maßstab zu zerlegen ist, entscheidet das FA. Dabei muss die Entsch. nachvollziehbar 20 sein und auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Kommen mehrere abweichende Zerlegungsmaßstäbe in Betracht, ist der Zerlegungsmaßstab zu wählen, der nach objektiven Kriterien die tatsächlichen Verhältnisse am zutreffendsten wiederspiegelt.7

II. Angabe der Zerlegungsgrundlagen im Bescheid (Abs. 1 Satz 2) Die Angabe des verwendeten abweichenden Zerlegungsmaßstabs durch das erlassende FA ist zwin- 21 gend vorgesehen und stellt einen Teil des Zerlegungsbescheids dar. Fehlt im Bescheid ein entsprechender Hinweis oder ist dieser unzutreffend (zB Verweis auf § 29 GewStG, obwohl ein abweichender Zerlegungsmaßstab angewendet wurde) und wird aufgrund dieses Begründungsfehlers die rechtzeitige Anfechtung des Zerlegungsbescheids versäumt, greift § 126 Abs. 3 Satz 1 AO. Das Versäumen der Einspruchsfrist gilt dann als nicht verschuldet, sodass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist, § 110 Abs. 2 Sätze 1 und 3 AO. Nach § 126 Abs. 3 Satz 2 AO ist das für die Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat maßgebende Ereignis8 die Nachholung der unterlassenen Begründung (bspw. in einem Änderungsbescheid). Dies gilt sowohl für die beteiligten Gemeinden als auch für den StPfl. 1 2 3 4

5 6 7 8

BFH v. 12.7.1960 – I B 47/59, BStBl. III 1960, 386. BFH v. 4.4.2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836; N. Meier, FR 2006, 538; Trossen, DStZ 2006, 836. BFH v. 10.7.1974 – I R 54/72, BStBl. II 1975, 42; v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 19.10.1971 – GmS-OGB 3/70, BStBl. II 1972, 603; BFH v. 18.12.1986 – I B 31/86, BFH/NV 1987, 394; Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 6 (Stand: Mai 2016); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 33 GewStG Rz. 1a; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 7 (Stand: Oktober 2016). Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 7 (Stand: Mai 2016). BFH v. 26.2.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992, 836. BFH v. 26.8.1987 – I R 376/83, BStBl. II 1988, 201; v. 26.2.1992 – I R 16/90, BFH/NV 1992/836; Güroff in Glanegger/Güroff9, § 33 GewStG Rz. 1a; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 7 (Stand: Oktober 2016); Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 8 (Stand: Mai 2016). § 110 Abs. 2 AO.

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§ 33 Rz. 22 Zerlegung in besonderen Fällen

C. Einigung der Gemeinden mit dem Steuerschuldner (Abs. 2) I. Beteiligte 22

Die Einigung iSd. § 33 Abs. 2 GewStG ist ebenfalls eine Fallgestaltung der Zerlegung in besonderen Fällen. Die Einigung gibt den an der Zerlegung Beteiligten die Möglichkeit, abweichend von den gesetzlichen Vorgaben einen eigenen Zerlegungsmaßstab zu vereinbaren. Bei einer Einigung nach § 33 Abs. 2 GewStG sind der Steuerschuldner und alle grds. hebeberechtigten Gemeinden iSd. § 28 Abs. 1 GewStG zu beteiligen. Nur wenn alle Gemeinden, in denen sich eine Betriebsstätte oder ein Betriebsstättenteil befindet, ungeachtet dessen, ob dort auch Arbeitslöhne anfallen, eingebunden wurden, kann die Einigung Bindungswirkung entfalten. Kein Beteiligungsrecht hat hingegen die zuständige Festsetzungsbehörde für die Zerlegung. Diese ist vielmehr an die einvernehmliche Einigung gebunden und hat die Zerlegungsbescheide entsprechend zu erlassen.1 Ihr steht auch kein Einspruchsrecht zu.2

II. Einigung 1. Voraussetzungen 23

Für die Anwendung des Abs. 2 müssen zunächst die Voraussetzungen für eine Zerlegung nach den §§ 4, 28 GewStG dem Grunde nach vorliegen, da andernfalls die an dem Zerlegungsverfahren zu beteiligenden Gemeinden nicht eindeutig bestimmt werden können. Im Gegensatz zu Abs. 1 wird jedoch ein offenbar unbilliges Ergebnis der Zerlegung bei Anwendung des Regelmaßstabs nicht zwingend vorausgesetzt.3 Der in der Literatur insoweit abweichend vertretenen Meinung, dass eine Einigung nur in den Fällen der mehrgemeindlichen Betriebsstätte (§ 30 GewStG) und der offenbaren Unbilligkeit (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 GewStG), nicht jedoch in den Fällen der Zerlegung nach § 29 GewStG in Betracht kommt,4 kann – insbes. aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlage – nicht gefolgt werden.5 2. Rechtscharakter der Einigung

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Über den rechtlichen Charakter der Einigung bestehen unterschiedliche Meinungen. Nach der höchstrichterlichen Rspr.6 kann die Einigung als Vereinbarung sui generis7 oder als tatsächliche Verständigung8 verstanden werden. Danach kann ein mündlicher Vertrag eine ausreichende Grundlage für die Einigung bilden.9 Nach anderer Ansicht10 handelt es sich bei der Einigung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der zwingend der Schriftform bedarf.11 Gegen diese Sichtweise spricht allerdings, dass die Einigung keinen Verwaltungsakt ersetzt (s. § 54 Satz 2 VwVfG), da ein Zerlegungsbescheid erforderlich bleibt, der von einem – nicht an der Einigung beteiligten – FA zu erlassen ist.12 Aufgrund der unterschiedlichen Meinungen und im Hinblick auf das bestehende Einspruchsrecht aller hebeberechtigten Gemeinden, insbes. zur Geltendmachung, dass die Zerlegungsbehörde von der vereinbarten Einigung abgewichen ist,13 empfiehlt es sich, Selbige schriftlich zu dokumentieren. 1 R 33.1 Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009; einschränkend Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 10 (Stand: Mai 2016). 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 28. 3 R 33.1 Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009. 4 Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 10 (Stand: Mai 2016). 5 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 23 (Stand: Oktober 2016); Güroff in Glanegger/Güroff9, § 33 Rz. 8. 6 BFH v. 20.4.1999 – VIII R 13/97, BStBl. II 1999, 542. 7 So auch BFH v. 25.9.1968 – I B 118/65, BStBl. II 1968, 827. 8 So auch BFH v. 11.12.1984 – VIII R 131/76, BStBl. II 1985, 354 = FR 1985, 306; v. 5.10.1990 – III R 19/88, BStBl. II 1991, 45; v. 6.2.1991 – I R 13/86, BStBl. II 1991, 673; v. 26.2.1992 – I R 58/91, BHF/NV 1992, 766. 9 So auch Güroff in Glanegger/Güroff9, § 33 GewStG Rz. 7; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 26 (Stand: Oktober 2016). 10 Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 11 (Stand: Mai 2016). 11 So auch FG Köln v. 29.9.1982 – I (XII) 1/77 G, EFG 1983, 362. 12 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 7 (Stand: Oktober 2016). 13 BFH v. 25.9.1968 – I B 118/65, BStBl. II 1968, 827.

810

Leister/Wanninger

C. Einigung der Gemeinden mit dem Steuerschuldner (Abs. 2)

Rz. 29 § 33

3. Gültigkeitsdauer der Einigung Eine Einigung der Gemeinden mit dem Steuerschuldner über die Zerlegung des Gewerbesteuermess- 25 bescheids nach § 33 Abs. 2 GewStG gilt – da der Messbetrag nach § 14 Satz 1 GewStG jeweils für den EZ festgesetzt wird – im Zweifel nur für den jeweiligen EZ.1 Soll die Einigung erhebungszeitraumübergreifend wirksam sein (bspw. bei größeren, die Gemeindegrenzen überschreitenden Bauprojekten), ist dies durch eine ausreichend bestimmte Regelung gesondert festzuhalten. Eine für mehrere EZ geltende Vereinbarung mag zwar dem uU erheblichen Interesse der Gemeinden an einer langfristigen Planungssicherheit (besser Kalkulierbarkeit der Einnahmen) ohne jährliche Neuverhandlungen entsprechen, birgt jedoch auch das Risiko, dass die in der Zukunft ggf. wechselnden Verhältnisse nicht mehr sachgerecht berücksichtigt werden. 4. Der besondere Zerlegungsmaßstab Gegenstand der Einigung ist der Gewerbesteuermessbetrag, soweit er durch Bescheid festgestellt wur- 26 de. Die Beteiligten können iRd. Einigung sowohl einen bestimmten Zerlegungsmaßstab (zB nach Umsätzen oder einem prozentualen Anteil) als auch einen absoluten Zerlegungsanteil vereinbaren.2 Die Einigung über den Zerlegungsanteil muss weder den gesamten zu zerlegenden Messbetrag noch alle zu berücksichtigenden Zerlegungsfaktoren umfassen. Es ist auch zulässig, dass die Beteiligten sich lediglich über die Zuweisung eines Teils eines Messbetrags verständigen.3 Diese gilt auch für eine entsprechend vorzunehmende Unterzerlegung auf mehrgemeindliche Betriebsstätten. 5. Fristen und Rechtsbehelfsverfahren Bis zu welchem Zeitpunkt eine Einigung nach § 33 Abs. 2 GewStG möglich ist, ist umstritten. Einig- 27 keit besteht dahingehend, dass eine Einigung auch dann noch wirksam und für das FA bindend ist, wenn sie erst nach Entstehung der Gewerbesteueransprüche (vgl. § 18 GewStG) zustande kommt. Der Grundsatz, dass ein Vertrag nicht mit stl. Rückwirkung Gültigkeit erlangen kann, gilt für § 33 Abs. 2 GewStG nicht.4 Dies ist insoweit folgerichtig, als dass es bei der Zerlegung nicht um die Höhe des festgesetzten Messbetrags, sondern lediglich um dessen Verteilung geht, die durch eine – ausdrücklich durch den Gesetzgeber gestattete – einvernehmliche Einigung aller beteiligten Gemeinden abweichend vom Regelzerlegungsmaßstab erfolgt. Eine Einigung im Rechtsbehelfsverfahren ist damit unstrittig noch möglich. Ist der Zerlegungsbescheid im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung bereits bestandskräftig, 28 kommt uE eine Änderung nach § 175 AO in Betracht. Grundsätzlich unterliegt auch der Steuermessbetrag der Bestandskraft. Bei Zustimmung aller beteiligten Gemeinden und des StPfl. bestehen jedoch gegen eine Änderung keine Bedenken.5 Einwendungen gegen den Zerlegungsbescheid hinsichtlich der Wirksamkeit einer Einigung oder 29 darüber, ob das FA bei der Zerlegung die Einigung in zutreffender Weise berücksichtigt hat, sind im Rechtsbehelfsverfahren gegen Selbigen geltend zu machen.6 Die Vorschriften der §§ 129, 164 f., 172 ff. AO gelten für die Änderung von Zerlegungsbescheiden uneingeschränkt.

1 BFH v. 20.4.1999 – VIII R 13/97, BStBl. II 1999, 542; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 27 (Stand: Oktober 2016); aA FG Köln v. 29.9.1982 – I (XII) 1/77 G, EFG 1983, 362; Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 13 (Stand: Mai 2016). 2 BFH v. 25.9.1968 – I B 118/65, BStBl. II 1968, 827. 3 BFH v. 25.11.2009 – I R 18/08, BFH/NV 2010, 94; aA Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 12 (Stand: Mai 2016). 4 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 33 GewStG Rz. 8; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 28 (Stand: Oktober 2016); Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 14 (Stand: Mai 2016). 5 Güroff in Glanegger/Güroff9, § 33 GewStG Rz. 7; Hofmeister in Blümich, § 33 GewStG Rz. 14 (Stand: Mai 2016); aA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 33 GewStG Rz. 28 (Stand: Oktober 2016). 6 BFH v. 25.9.1968 – I B 118/65, BStBl. II 1968, 827; v. 20.4.1999 – VIII R 13/97, BStBl. II 1999, 542.

Leister/Wanninger

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§ 34 Kleinbeträge (1) 1Übersteigt der Steuermessbetrag nicht den Betrag von 10 Euro, so ist er in voller Höhe der Gemeinde zuzuweisen, in der sich die Geschäftsleitung befindet. 2Befindet sich die Geschäftsleitung im Ausland, so ist der Steuermessbetrag der Gemeinde zuzuweisen, in der sich die wirtschaftlich bedeutendste der zu berücksichtigenden Betriebsstätten befindet. (2) 1Übersteigt der Steuermessbetrag zwar den Betrag von 10 Euro, würde aber nach den Zerlegungsvorschriften einer Gemeinde ein Zerlegungsanteil von nicht mehr als 10 Euro zuzuweisen sein, so ist dieser Anteil der Gemeinde zuzuweisen, in der sich die Geschäftsleitung befindet. 2Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. (3) 1Wird der Zerlegungsbescheid geändert oder berichtigt, würde sich dabei aber der Zerlegungsanteil einer Gemeinde um nicht mehr als 10 Euro erhöhen oder ermäßigen, so ist der Betrag der Erhöhung oder Ermäßigung bei dem Zerlegungsanteil der Gemeinde zu berücksichtigen, in der sich die Geschäftsleitung befindet. 2Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. § 34 GewStDV § 34 Kleinbeträge bei Verlegung der Geschäftsleitung Hat das Unternehmen die Geschäftsleitung im Laufe des Erhebungszeitraums in eine andere Gemeinde verlegt, so ist der Kleinbetrag der Gemeinde zuzuweisen, in der sich die Geschäftsleitung am Ende des Erhebungszeitraums befindet. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Kleinbetragsregelung bei ausländischer Geschäftsleitung (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . .

6

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

2

C. Geringfügiger Zerlegungsanteil (Abs. 2) .

8

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

3

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

4

D. Geringfügige Änderung von Zerlegungsanteilen (Abs. 3) . . . . . . . . . . .

9

B. Geringfügiger Steuermessbetrag (Abs. 1) .

5

I. Kleinbetragsregelung bei inländischer Geschäftsleitung (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . .

E. Kleinbeträge bei Verlegung der Geschäftsleitung (§ 34 GewStDV) . . . . .

11

5

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 34 GewStG ergänzt die Vorschriften über die Zerlegung (§§ 28–30, 33 GewStG) um eine Klein- 1 betragsregelung. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung unterbleibt eine Zerlegung in unwirtschaftlichen Fällen mit unter Umständen vielen Beteiligten, da der Aufwand in keinem Verhältnis zu den einzelnen Zerlegungsanteilen stünde.

II. Anwendungsbereich Die Kleinbetragsgrenze des § 34 GewStG gilt für alle Zerlegungsfälle mit Ausnahme der Sonderrege- 2 lung des § 35a Abs. 4 GewStG. Die Grenze von 10 Euro, bei deren Unterschreiten eine Zerlegung entfällt, findet bei erstmaligen Zerlegungssachverhalten ebenso wie bei nachfolgenden Änderungen Anwendung.

Dieterich

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§ 34 Rz. 3 Kleinbeträge

III. Rechtsentwicklung 3 Mit dem GewStG v. 1.12.1936 wurde eine Kleinbetragsregelung eingeführt, die im Wesentlichen be-

reits dem heutigen § 34 Abs. 1 und 2 GewStG entsprach.1 Durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951 wurden der Bagatellbetrag im Zuge der Währungsreform 1948 auf DM umgestellt und die zum Inland gehörenden Gebiete außerhalb der Geltung des GG in die Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 2 GewStG aufgenommen.2 Das Gesetz zur Neuordnung von Steuern v. 16.12.1954 erhöhte die Betragsgrenze von 10 auf 20 DM und knüpfte die Zuweisung von Zerlegungsanteilen unterhalb der Bagatellgrenze nach Abs. 2 an die Unanfechtbarkeit der Zerlegung.3 Zudem wurden mit dem neu eingeführten Abs. 3 die Kleinbetragsregelungen auch auf geänderte Zerlegungsanteile erstreckt, sofern es sich dabei um Erhöhungen im Rahmen von Rechtsmittelverfahren handelte. Das Erfordernis einer unanfechtbaren Zerlegung in Abs. 2 wurde mit dem G zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts v. 18.7.19584 ersatzlos gestrichen. Der Anwendungsbereich des Abs. 3 erfuhr durch das G zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze v. 20.8.19805 eine deutliche Ausweitung. Fortan galt die Vorschrift nicht nur für Erhöhungen, sondern für alle Änderungen und Berichtigungen. Im Zuge der Wiedervereinigung erlangte § 34 Abs. 1 Satz 2 GewStG durch das Einigungsvertragsgesetz v. 23.9.19906 seine heutige Formulierung. Aufgrund des Wegfalls der Gewerbekapitalsteuer wurde das Wort „einheitliche“ vor „Steuermessbetrag“ in § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 GewStG durch das G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.19977 gestrichen. Die letzte inhaltliche Änderung erfuhr die Vorschrift durch das Steuer-Euroglättungsgesetz v. 19.12.2000,8 das ab dem EZ 2002 die DM-Beträge durch Euro-Beträge ersetzte.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften 4 § 34 GewStG schränkt den Anwendungsbereich der Zerlegungsvorschriften ein, soweit es sich um

Kleinbeträge handelt. Die Vorschrift ist unabhängig von anderen Kleinbetragsregelungen, verfolgt jedoch den gleichen Zweck, unwirtschaftliche Maßnahmen im Steuerverfahren zu vermeiden. Die Kleinbetragsregelungen der auf § 156 AO basierenden Kleinbetragsverordnung v. 19.12.20009 zielen auf die Steuerfestsetzung ab. Bagatellfälle in der Steuererhebung werden durch BMF-Schreiben v. 22.3.200110 geregelt.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

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§ 34 Gewerbesteuergesetz v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. Art. I § 1 Nr. 31 G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951, BGBl. I 1951, 996 = BStBl. I 1952, 2. Art. 8 Nr. 5 G zur Neuordnung von Steuern v. 16.12.1954, BGBl. I 1954, 373 = BStBl. I 1954, 575. Art. 11 Nr. 5 G zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts v. 18.7.1958, BGBl. I 1958, 473 = BStBl. I 1958, 412. Art. 4 Nr. 1 G zur Änderung des EStG, des KStG und anderer Gesetze v. 20.8.1980, BGBl. I 1980, 1545 = BStBl. I 1980, 589. Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 20 Buchst. f Einigungsvertragsgesetz v. 23.9.1990, BGBl. II 1990, 885, 977. Art. 4 Nr. 6 G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590 = BStBl. I 1997, 928. Art. 7 Nr. 7 G zur Umrechnung und Glättung steuerlicher Euro-Beträge v. 19.12.2000, BGBl. I 2000, 1790 = BStBl. I 2001, 3. Kleinbetragsverordnung v. 19.12.2000, BGBl. I 2000, 1790, 1805 = BStBl. I 2001, 3, 18. BMF v. 22.3.2001 – IV A 4 - S 0512 – 2/01, BStBl. I 2001, 242.

Dieterich

D. Geringfügige Änderung von Zerlegungsanteilen (Abs. 3)

Rz. 9 § 34

B. Geringfügiger Steuermessbetrag (Abs. 1) I. Kleinbetragsregelung bei inländischer Geschäftsleitung (Abs. 1 Satz 1) Unterhält ein Gewerbebetrieb Betriebsstätten in mehreren Gemeinden, hat grundsätzlich eine Zer- 5 legung des Steuermessbetrags (§ 11 GewStG) nach §§ 28 ff. GewStG zu erfolgen (s. § 28 GewStG Rz. 19 ff.). Abweichend hiervon findet eine Zerlegung gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 GewStG nicht statt, wenn der Steuermessbetrag nicht mehr als 10 Euro beträgt. Stattdessen wird unterhalb der Kleinbetragsgrenze der Steuermessbetrag insgesamt der Gemeinde zugewiesen, in der sich die Geschäftsleitung iSd. § 10 AO befindet.1 Voraussetzung für die Anwendung von § 34 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist, dass eine Geschäftsleitung im Inland existiert.2

II. Kleinbetragsregelung bei ausländischer Geschäftsleitung (Abs. 1 Satz 2) Eine Zerlegung von Steuermessbeträgen bis einschließlich 10 Euro unterbleibt auch dann, wenn sich 6 die Geschäftsleitung nicht im Inland, sondern im Ausland befindet. In diesem Fall wird der Steuermessbetrag insgesamt der Gemeinde zugewiesen, in der die wirtschaftlich bedeutendste aller Betriebsstätten im Inland gelegen ist (§ 34 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Strittig ist, nach welchen objektiven Merkmalen die wirtschaftlich bedeutendste Betriebsstätte zu 7 ermitteln ist. Teilweise wird auf die Summen der in den einzelnen Betriebsstätten gezahlten Löhne abgestellt.3 Die überwiegende Auffassung zieht dagegen § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO heran und bewertet die wirtschaftliche Bedeutung nach Umfang und Wert der Gebäude und Betriebseinrichtungen sowie dem Umfang der in der Betriebsstätte ablaufenden Geschäftsvorfälle.4 Richtigerweise darf die Lohnsumme als Regelmaßstab einer gewerbesteuerrechtlichen Zerlegung (s. § 29 GewStG Rz. 4) nicht außer Acht gelassen werden, zumal diese im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung leicht zu ermitteln und zu bewerten ist.5 Die wirtschaftlich bedeutendste Betriebsstätte ist primär nach der Lohnsumme zu ermitteln. Sofern jedoch Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser Maßstab zu einem verfälschten Ergebnis führt, ist nachrangig auf die Gebäude und Geschäftseinrichtungen sowie die Geschäftsvorfälle abzustellen.

C. Geringfügiger Zerlegungsanteil (Abs. 2) § 34 Abs. 2 GewStG führt die Kleinbetragsregelung des Abs. 1 auf der nächsten Ebene des Zerle- 8 gungsverfahrens fort. Wird der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 GewStG nicht eröffnet, da der Steuermessbetrag über 10 Euro liegt, so wäre eine Zerlegung von Kleinstzerlegungsanteilen dennoch unwirtschaftlich. Aus diesem Grund unterbleibt eine Zerlegung auch, wenn zwar der Steuermessbetrag, nicht aber der hieraus folgende Zerlegungsanteil die Kleinbetragsgrenze übersteigt. Zerlegungsanteile bis einschließlich 10 Euro werden nach § 34 Abs. 1 Satz 1 GewStG nicht der eigentlich berechtigten Gemeinde, sondern der Geschäftsleitungsgemeinde zugewiesen. Befindet sich die Geschäftsleitung im Ausland, erfolgt die Zuweisung gem. § 34 Abs. 2 Satz 2 GewStG an die Gemeinde mit der wirtschaftlich bedeutendsten inländischen Betriebsstätte (s. Rz. 6 f.).

D. Geringfügige Änderung von Zerlegungsanteilen (Abs. 3) Auch bei geringfügigen Änderungen von Zerlegungsanteilen soll eine Zerlegung aus Wirtschaftlich- 9 keitsgründen unterbleiben. Nach § 34 Abs. 3 Satz 1 GewStG ist der unterhalb der Kleinbetragsgrenze 1 2 3 4

Zum Begriff der Geschäftsleitung s. Drüen in Tipke/Kruse, § 10 AO Rz. 1 ff. Zum Begriff des Inlands s. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2801 ff. Hofmeister in Blümich, § 34 GewStG Rz. 3. Güroff in Glanegger/Güroff9, § 34 GewStG Rz. 2; Markl in Bergemann/Wingler, § 34 GewStG Rz. 2; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 34 GewStG Rz. 9, bezieht die Lohnsumme mit in die Bewertung ein. 5 S. Hofmeister in Blümich, § 34 GewStG Rz. 3.

Dieterich

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§ 34 Rz. 10 Kleinbeträge liegende Betrag der Erhöhung oder Ermäßigung eines Zerlegungsanteils infolge einer Änderung daher nicht bei der jeweiligen Gemeinde, sondern bei der Geschäftsleitungsgemeinde zu berücksichtigen. Befindet sich die Geschäftsleitung im Ausland, erfolgt die Berücksichtigung des Änderungsbetrags gem. § 34 Abs. 3 Satz 2 GewStG bei der Gemeinde mit der wirtschaftlich bedeutendsten inländischen Betriebsstätte (s. Rz. 6 f). Beispiel 1: Im Rahmen einer Zerlegung wurde der Betriebsstättengemeinde A ein Zerlegungsanteil von 75 Euro zugewiesen. Durch eine nachfolgende Änderung reduziert sich der Zerlegungsanteil auf 66 Euro. Die Ermäßigung liegt unterhalb der Kleinbetragsgrenze, sodass es für die Gemeinde A nach § 34 Abs. 3 Satz 1 GewStG bei dem Zerlegungsanteil vor der Korrektur (= 75 Euro) verbleibt. Die Reduzierung um 9 Euro wird beim Zerlegungsanteil der Gemeinde, in der sich im relevanten EZ die Geschäftsleitung befindet, in Abzug gebracht.

10

§ 34 Abs. 3 GewStG gilt für alle Änderungen und Berichtigungen.1 Ermäßigungen unterhalb der Kleinbetragsgrenze dürfen jedoch nicht zu einem negativen Zerlegungsanteil der Geschäftsleitungsgemeinde führen. In diesen Fällen ist § 34 Abs. 3 nicht anzuwenden.2 Der Ermäßigungsbetrag ist mangels Anwendbarkeit der Vorschrift nicht bei der Geschäftsleitungsgemeinde in Abzug zu bringen.3 Stattdessen hat ein Abzug bei der jeweiligen Betriebsstättengemeinde zu erfolgen.4 Die Regelungen von § 34 Abs. 2 und Abs. 3 GewStG finden unabhängig voneinander Anwendung. Dabei ist nach der Finanzverwaltung der auf die jeweilige Gemeinde entfallende, nicht der tatsächlich zugewiesene Zerlegungsanteil maßgeblich.5 Beispiel 2: Auf die Betriebsstättengemeinde A entfällt ein erstmaliger Zerlegungsanteil iHv. 9 Euro. Dieser wird gem. § 34 Abs. 2 Satz 1 der Gemeinde der Geschäftsleitung zugewiesen. Für die Frage, ob bei einer späteren Erhöhung § 34 Abs. 3 Satz 1 GewStG einschlägig ist, ist der auf die Gemeinde A entfallende Zerlegungsanteil von 9 Euro maßgeblich, auch wenn dieser der Geschäftsleitungsgemeinde zugewiesen wurde. Die Kleinbetragsgrenze des Abs. 3 ist daher erst bei einem erhöhten Zerlegungsanteil von mehr als 19 Euro überschritten. Beispiel 3: Bei der erstmaligen Zerlegung entfällt auf die Betriebsstättengemeinde A ein Zerlegungsanteil von 19 Euro. Im Rahmen einer späteren Änderung reduziert sich dieser Zerlegungsanteil auf 9 Euro. Der Zerlegungsanteil der Gemeinde A ist nicht zu ermäßigen, da der Änderungsbetrag unterhalb der Kleinbetragsgrenze des § 34 Abs. 3 Satz 1 GewStG liegt. Stattdessen wird die Ermäßigung von 10 Euro bei der Geschäftsleitungsgemeinde berücksichtigt. Entfällt auf die Gemeinde A ein berichtigter oder geänderter Zerlegungsanteil von 8 Euro, überschreitet der Änderungsbetrag (= 11 Euro) die Bagatellgrenze und es findet eine Ermäßigung bei der Gemeinde A statt. Nunmehr entfällt auf die Gemeinde ein Zerlegungsanteil unterhalb der Kleinbetragsgrenze. Gem. § 34 Abs. 2 GewStG wird der ermäßigte Zerlegungsanteil der Gemeinde der Geschäftsleitung zugewiesen.

E. Kleinbeträge bei Verlegung der Geschäftsleitung (§ 34 GewStDV) 11

Erfolgt eine Verlegung der Geschäftsleitung von einer Gemeinde in eine andere während eines EZ, ist angesichts des Sinn und Zwecks der Kleinbetragsregelungen (s. Rz. 1) ebenfalls eine klare Zuweisungsregelung für Bagatellbeträge notwendig. Nach § 34 GewStDV wird der Kleinbetrag derjenigen Gemeinde zugewiesen, in der sich am Ende des EZ die Geschäftsleitung befand. Diese Regelung gilt ab dem EZ 1996.6

§ 35

(weggefallen)

1 BFH v. 24.3.1992 – VIII R 33/90, BStBl. II 1992, 869. 2 R 34.1 GewStR 2009. 3 S. auch Hofmeister in Blümich, § 34 GewStG Rz. 5; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 34 GewStG Rz. 4, der eine Reduzierung bis auf 0 Euro annimmt. 4 AA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 34 GewStG Rz. 4. 5 OFD Frankfurt/Main v. 21.7.1994 – G 1450 - A - 9 St II 22, DB 1994, 1901; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 34 GewStG Rz. 4, der auf den tatsächlich zugewiesenen Zerlegungsanteil abstellt. 6 § 36 Abs. 2 GewStDV idF des Art. 14 JStG 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, 2049 = BStBl. I 1996, 1523.

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Dieterich

§ 34 Rz. 10 Kleinbeträge liegende Betrag der Erhöhung oder Ermäßigung eines Zerlegungsanteils infolge einer Änderung daher nicht bei der jeweiligen Gemeinde, sondern bei der Geschäftsleitungsgemeinde zu berücksichtigen. Befindet sich die Geschäftsleitung im Ausland, erfolgt die Berücksichtigung des Änderungsbetrags gem. § 34 Abs. 3 Satz 2 GewStG bei der Gemeinde mit der wirtschaftlich bedeutendsten inländischen Betriebsstätte (s. Rz. 6 f). Beispiel 1: Im Rahmen einer Zerlegung wurde der Betriebsstättengemeinde A ein Zerlegungsanteil von 75 Euro zugewiesen. Durch eine nachfolgende Änderung reduziert sich der Zerlegungsanteil auf 66 Euro. Die Ermäßigung liegt unterhalb der Kleinbetragsgrenze, sodass es für die Gemeinde A nach § 34 Abs. 3 Satz 1 GewStG bei dem Zerlegungsanteil vor der Korrektur (= 75 Euro) verbleibt. Die Reduzierung um 9 Euro wird beim Zerlegungsanteil der Gemeinde, in der sich im relevanten EZ die Geschäftsleitung befindet, in Abzug gebracht.

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§ 34 Abs. 3 GewStG gilt für alle Änderungen und Berichtigungen.1 Ermäßigungen unterhalb der Kleinbetragsgrenze dürfen jedoch nicht zu einem negativen Zerlegungsanteil der Geschäftsleitungsgemeinde führen. In diesen Fällen ist § 34 Abs. 3 nicht anzuwenden.2 Der Ermäßigungsbetrag ist mangels Anwendbarkeit der Vorschrift nicht bei der Geschäftsleitungsgemeinde in Abzug zu bringen.3 Stattdessen hat ein Abzug bei der jeweiligen Betriebsstättengemeinde zu erfolgen.4 Die Regelungen von § 34 Abs. 2 und Abs. 3 GewStG finden unabhängig voneinander Anwendung. Dabei ist nach der Finanzverwaltung der auf die jeweilige Gemeinde entfallende, nicht der tatsächlich zugewiesene Zerlegungsanteil maßgeblich.5 Beispiel 2: Auf die Betriebsstättengemeinde A entfällt ein erstmaliger Zerlegungsanteil iHv. 9 Euro. Dieser wird gem. § 34 Abs. 2 Satz 1 der Gemeinde der Geschäftsleitung zugewiesen. Für die Frage, ob bei einer späteren Erhöhung § 34 Abs. 3 Satz 1 GewStG einschlägig ist, ist der auf die Gemeinde A entfallende Zerlegungsanteil von 9 Euro maßgeblich, auch wenn dieser der Geschäftsleitungsgemeinde zugewiesen wurde. Die Kleinbetragsgrenze des Abs. 3 ist daher erst bei einem erhöhten Zerlegungsanteil von mehr als 19 Euro überschritten. Beispiel 3: Bei der erstmaligen Zerlegung entfällt auf die Betriebsstättengemeinde A ein Zerlegungsanteil von 19 Euro. Im Rahmen einer späteren Änderung reduziert sich dieser Zerlegungsanteil auf 9 Euro. Der Zerlegungsanteil der Gemeinde A ist nicht zu ermäßigen, da der Änderungsbetrag unterhalb der Kleinbetragsgrenze des § 34 Abs. 3 Satz 1 GewStG liegt. Stattdessen wird die Ermäßigung von 10 Euro bei der Geschäftsleitungsgemeinde berücksichtigt. Entfällt auf die Gemeinde A ein berichtigter oder geänderter Zerlegungsanteil von 8 Euro, überschreitet der Änderungsbetrag (= 11 Euro) die Bagatellgrenze und es findet eine Ermäßigung bei der Gemeinde A statt. Nunmehr entfällt auf die Gemeinde ein Zerlegungsanteil unterhalb der Kleinbetragsgrenze. Gem. § 34 Abs. 2 GewStG wird der ermäßigte Zerlegungsanteil der Gemeinde der Geschäftsleitung zugewiesen.

E. Kleinbeträge bei Verlegung der Geschäftsleitung (§ 34 GewStDV) 11

Erfolgt eine Verlegung der Geschäftsleitung von einer Gemeinde in eine andere während eines EZ, ist angesichts des Sinn und Zwecks der Kleinbetragsregelungen (s. Rz. 1) ebenfalls eine klare Zuweisungsregelung für Bagatellbeträge notwendig. Nach § 34 GewStDV wird der Kleinbetrag derjenigen Gemeinde zugewiesen, in der sich am Ende des EZ die Geschäftsleitung befand. Diese Regelung gilt ab dem EZ 1996.6

§ 35

(weggefallen)

1 BFH v. 24.3.1992 – VIII R 33/90, BStBl. II 1992, 869. 2 R 34.1 GewStR 2009. 3 S. auch Hofmeister in Blümich, § 34 GewStG Rz. 5; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 34 GewStG Rz. 4, der eine Reduzierung bis auf 0 Euro annimmt. 4 AA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 34 GewStG Rz. 4. 5 OFD Frankfurt/Main v. 21.7.1994 – G 1450 - A - 9 St II 22, DB 1994, 1901; aA Güroff in Glanegger/Güroff9, § 34 GewStG Rz. 4, der auf den tatsächlich zugewiesenen Zerlegungsanteil abstellt. 6 § 36 Abs. 2 GewStDV idF des Art. 14 JStG 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, 2049 = BStBl. I 1996, 1523.

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Abschnitt VII Gewerbesteuer der Reisegewerbebetriebe

§ 35a Gewerbesteuer der Reisegewerbebetriebe (1) Der Gewerbesteuer unterliegen auch die Reisegewerbebetriebe, soweit sie im Inland betrieben werden. (2) 1Reisegewerbebetrieb im Sinne dieses Gesetzes ist ein Gewerbebetrieb, dessen Inhaber nach den Vorschriften der Gewerbeordnung und den dazugehörigen Ausführungsbestimmungen einer Reisegewerbekarte bedarf. 2Wird im Rahmen eines einheitlichen Gewerbebetriebs sowohl ein stehendes Gewerbe als auch ein Reisegewerbe betrieben, so ist der Betrieb in vollem Umfang als stehendes Gewerbe zu behandeln. (3) Hebeberechtigt ist die Gemeinde, in der sich der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit befindet. (4) Ist im Laufe des Erhebungszeitraums der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit von einer Gemeinde in eine andere Gemeinde verlegt worden, so hat das Finanzamt den Steuermessbetrag nach den zeitlichen Anteilen (Kalendermonaten) auf die beteiligten Gemeinden zu zerlegen. § 35 GewStDV § 35 Reisegewerbebetriebe (1) 1Der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit befindet sich in der Gemeinde, von der aus die gewerbliche Tätigkeit vorwiegend ausgeübt wird. 2Das ist in der Regel die Gemeinde, in der sich der Wohnsitz des Reisegewerbetreibenden befindet. 3In Ausnahmefällen ist Mittelpunkt eine auswärtige Gemeinde, wenn die gewerbliche Tätigkeit von dieser Gemeinde (z. B. von einem Büro oder Warenlager) aus vorwiegend ausgeübt wird. 4Ist der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit nicht feststellbar, so ist die Gemeinde hebeberechtigt, in der der Unternehmer polizeilich gemeldet oder meldepflichtig ist. (2) Eine Zerlegung des Steuermessbetrags auf die Gemeinden, in denen das Gewerbe ausgeübt worden ist, unterbleibt. (3) 1Der Steuermessbetrag ist im Fall des § 35a Abs. 4 des Gesetzes nach dem Anteil der Kalendermonate auf die hebeberechtigten Gemeinden zu zerlegen. 2Kalendermonate, in denen die Steuerpflicht nur während eines Teils bestanden hat, sind voll zu rechnen. 3Der Anteil für den Kalendermonat, in dem der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit verlegt worden ist, ist der Gemeinde zuzuteilen, in der sich der Mittelpunkt in diesem Kalendermonat die längste Zeit befunden hat. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

3

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

4

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . .

5

1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reisegewerbekarte (Abs. 2 Satz 1) . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . b) Erfordernis einer Reisegewerbekarte (Abs. 2 Satz 1, § 55 GewO) . . . . . . . c) Ausnahmen von der Erlaubnispflicht (Abs. 2 Satz 1, §§ 55a und 55b GewO) .

8 9 10 10 11 14

B. Gewerbesteuerpflicht (Abs. 1) . . . . . . . .

6

I. Steuerpflicht bei Inlandstätigkeit . . . . . . .

6

II. Steuerpflicht bei Inlands- und Auslandstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Reisegewerbebetrieb als Teil eines einheitlichen Gewerbebetriebs (Abs. 2 Satz 2) . . .

15

7

D. Hebeberechtigung (Abs. 3) . . . . . . . . .

17

C. Reisegewerbebetrieb (Abs. 2) . . . . . . . .

8

E. Zerlegung (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . .

20

I. Begriff des Reisegewerbebetriebs (Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 35a Rz. 1 Reisegewerbebetriebe

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 § 35a GewStG regelt die GewStPfl. von Reisegewerbebetrieben und ergänzt damit § 2 Abs. 1 Satz 1

GewStG, der stehende Gewerbebetriebe der GewSt unterwirft. Das deutsche Gewerbesteuerrecht kennt stehende Gewerbebetriebe und Reisegewerbebetriebe. Die beiden Formen von Gewerbebetrieben schließen sich gegenseitig aus (§ 1 GewStDV) und werden steuerlich unterschiedlich behandelt. Ein Gewerbebetrieb iSd. GewStG kann daher nicht zugleich stehender Gewerbebetrieb und Reisegewerbebetrieb sein (s. § 2 GewStG Rz. 17). Hiervon zu unterscheiden ist die gewerbliche Tätigkeit als solche. Ein Gewerbetreibender kann gem. § 35a Abs. 2 Satz 2 GewStG gleichzeitig einen stehenden Gewerbebetrieb und ein Reisegewerbe betreiben. Entscheidend für die Anwendbarkeit von § 35a GewStG ist in diesem Fall, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegt (s. Rz. 15). 2 Trotz Kritik1 an der Regelung des § 35a GewStG wird weiter an der Unterscheidung zwischen stehen-

dem Gewerbebetrieb und Reisegewerbebetrieb festgehalten.2 In der Praxis sind Reisegewerbebetriebe von untergeordneter Natur. Häufig fehlt es bereits an einer gewerblichen Tätigkeit (s. Rz. 9) oder der geringe Gewerbeertrag überschreitet nicht die Freibetragsgrenzen des § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG, sodass eine Besteuerung nach dem GewStG unterbleibt. Auch stellen sich Probleme der Reisegewerbebesteuerung nicht, wenn ein einheitlicher Betrieb vorliegt und nur die Vorschriften über den stehenden Gewerbebetrieb Anwendung finden (s. Rz. 15).

II. Anwendungsbereich 3 § 35a GewStG gilt ausschließlich für Reisegewerbebetriebe iSd. § 35a Abs. 2 Satz 1 GewStG, stellt aber

keine abschließende Regelung dar. Reisegewerbebetriebe unterfallen grundsätzlich den allgemeinen Vorschriften des GewStG. Nur sofern Regelungen ausdrücklich oder erkennbar auf den stehenden Gewerbebetrieb abstellen, gehen die besonderen Bestimmungen des § 35a GewStG vor. Verdrängt werden daher die Bestimmungen über die GewStPfl. des stehenden Gewerbebetriebs in § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 GewStG, die Regelungen hinsichtlich der Hebeberechtigung der Gemeinden in § 4 GewStG sowie die Vorschriften über die Zerlegung in §§ 28–34 GewStG. Im Übrigen finden die allgemeinen Regelungen, insbesondere auch zur persönlichen Steuerpflicht, Anwendung. Steuerschuldner ist bei natürlichen Personen derjenige, für dessen Rechnung das Reisegewerbe betrieben wird (§ 5 Abs. 1 Satz 1 u. 2 GewStG), mithin der Inhaber iSd. § 35a Abs. 2 Satz 1 GewStG. Bei juristischen Personen ist diese als jeweiliger Träger des Reisegewerbebetriebs Steuerschuldner.3

III. Rechtsentwicklung 4 Das Reisegewerbe – ursprünglich als Wandergewerbe bezeichnet – unterlag ab dem Kj. 1938 einer

Wandergewerbesteuer durch das Gesetz über die Besteuerung des Wandergewerbes v. 10.12.1937.4 Dieses knüpfte bereits die StPfl. an das Erfordernis einer gewerberechtlichen Erlaubnis.5

1 Hartmann in Bergemann/Wingler, § 35a GewStG Rz. 2, 8; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35a GewStG Rz. 6. 2 BT-Drucks. 15/1517, 8: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für eine Reform der Gewerbesteuer im Jahr 2003 sah weitreichende Veränderungen, wie zB die Ausdehnung der StPfl. auf Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, vor, hielt aber unverändert an § 35a GewStG fest. 3 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 5 GewStG Rz. 55; Gosch in Blümich, § 5 GewStG Rz. 58. 4 G über die Besteuerung des Wandergewerbes v. 10.12.1937 (WGewStG), RGBl. I 1937, 1348. 5 § 2 Abs. 1 WGewStG v. 10.12.1937, RGBl. I 1937, 1348.

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B. Gewerbesteuerpflicht (Abs. 1)

Rz. 6 § 35a

Ab dem Kj. 1943 wurde das Wandergewerbe dem GewStG v. 1.12.19361 unterworfen, ohne aber in dieses integriert zu werden.2 Erst mit dem Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951 wurde § 10 GewStVV im Wesentlichen als § 35a in das GewStG eingefügt.3 Nachdem der gewerberechtliche Begriff des „Wandergewerbes“ durch den Begriff „Reisegewerbe“ ersetzt wurde, erfolgte eine entsprechende Anpassung im GewStG durch das Steueränderungsgesetz 1961 v. 13.7.1961.4 Das Steueränderungsgesetz 1979 v. 30.11.1978 gab § 35a Abs. 1 seine heutige Gestalt, nahm jedoch die in § 2 Abs. 6 Satz 1 genannten Gebiete noch von dem Anwendungsbereich aus.5 Das Einigungsvertragsgesetz v. 23.9.1990 ließ die nach § 2 Abs. 6 von der GewSt ausgenommenen Gebiete entfallen und passte § 35a Abs. 1 GewStG dem an.6 Der Wegfall der Gewerbekapitalsteuer führte zu einer entsprechenden Anpassung der Norm durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform v. 29.10.1997.7 Aufgrund der Praxisrelevanz ist auch das 2. Mittelstandsentlastungsgesetz v. 7.9.2007 zu nennen.8 Dieses bezog sich inhaltlich zwar auf die GewO und nicht auf § 35a GewStG, hatte aber aufgrund der engen Verknüpfung zwischen GewStPfl. und Gewerbeordnungsrecht zur Folge, dass seit dem 14.9.2007 auch juristische Personen Inhaber eines Reisegewerbebetriebs sein können.9 § 35a GewStG wurde inhaltlich zuletzt durch das JStG 2010 v. 8.12.2010 geändert.10 Dabei wurde die Norm hinsichtlich des Vertriebs von Blindenwaren an das Gewerbeordnungsrecht angepasst. In seiner derzeitigen Fassung findet § 35a GewStG seit dem EZ 2010 Anwendung.11

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften § 35a GewStG ergänzt den Steuergegenstand des § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG und führt mittelbar auch 5 zur Definition des Begriffs des stehenden Gewerbebetriebs, da dieser in § 1 GewStDV negativ bestimmt ist. Reisegewerbebetriebe müssen über § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG die Merkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen. Die Vorschrift knüpft die StPfl. an das Gewerbeordnungsrecht, ist also untrennbar mit den Regelungen der §§ 55 ff. GewO verbunden.

B. Gewerbesteuerpflicht (Abs. 1) I. Steuerpflicht bei Inlandstätigkeit Abs. 1 ordnet die GewStPfl. von Reisegewerbebetrieben an, soweit sie im Inland betrieben werden.12 6 Die Formulierung des Inlandsbezugs gleicht § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG. Die in § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG enthaltene gesetzliche Definition des Inlandsbezugs kann für Reisegewerbebetriebe aber nicht herangezogen werden. Anders als stehende Gewerbebetriebe setzt ein Reisegewerbe keine im Inland unter1 GewStG v. 1.12.1936, RGBl. I 1936, 979. 2 § 10 Abs. 2 VO über die Erhebung der GewSt in vereinfachter Form v. 31.3.1943 (GewStVV), RGBl. I 1943, 237. 3 Art. I § 1 Nr. 32 G zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951, BGBl. I 1951, 996 = BStBl. I 1952, 2. 4 Art. 6 Nr. 17 StÄndG 1961 v. 13.7.1961, BGBl. I 1961, 981 = BStBl. I 1961, 444. 5 Art. 2 Nr. 19 StÄndG 1979 v. 30.11.1978, BGBl. I 1978, 1849 = BStBl. I 1978, 479. 6 Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 20 Buchst. g Einigungsvertragsgesetz v. 23.9.1990, BGBl. II 1990, 885, 977. 7 Art. 4 Nr. 6 G zur Fortsetzung der Unternehmensteuerrefom v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590 = BStBl. I 1997, 928. 8 Art. 9 Nr. 3 Zweites G zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft v. 7.9.2007 (2. MEG), BGBl. I 2007, 2246. 9 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35a GewStG Rz. 18; Selder in Glanegger/Güroff9, § 35a GewStG Rz. 3. 10 Art. 3 Nr. 5 JStG 2010 v. 8.12.2010, BGBl. I 2010, 1768 = BStBl. I 2010, 1394. 11 § 36 Abs. 1 GewStG idF des Art. 3 Nr. 2 des G zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) v. 22.12.2009, BGBl. I 2009, 3950 = BStBl. I 2010, 2. 12 Zum Begriff des Inlands s. Keß in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2801 ff. und Rz. 2836.

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§ 35a Rz. 7 Reisegewerbebetriebe haltene Betriebsstätte iSd. § 12 AO voraus. Vielmehr wird bei Reisegewerbebetrieben zur Ermittlung der StPfl. an den Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit angeknüpft (s. Rz. 18). Ein Reisegewerbe wird im Inland betrieben, wenn sich der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit im Inland befindet.

II. Steuerpflicht bei Inlands- und Auslandstätigkeit 7 Rein im Ausland betriebene Reisegewerbebetriebe fallen nicht unter die GewStPfl. nach § 35a Abs. 1

GewStG. Ein Reisegewerbe wird im Ausland betrieben, wenn sich der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit im Ausland befindet (s. Rz. 18). Strittig ist der Umfang der GewStPfl. in Fällen, in denen der Reisegewerbebetrieb neben dem Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit im Inland auch Betätigungen im Ausland umfasst. Der Wortlaut des Abs. 1 sowie die Systematik des Gewerbesteuerrechts sprechen für eine Kürzung der Bemessungsgrundlage um die auf ausländische Tätigkeiten entfallenden Erträge.1

C. Reisegewerbebetrieb (Abs. 2) I. Begriff des Reisegewerbebetriebs (Abs. 2 Satz 1) 1. Vorbemerkung 8 Der Begriff des Reisegewerbebetriebs wird in § 35a Abs. 2 Satz 1 GewStG gesetzlich definiert und dient

zugleich als Abgrenzung zu dem Begriff des stehenden Gewerbebetriebs (§ 1 GewStDV). Ein Reisegewerbe setzt einen Gewerbebetrieb voraus, dessen Inhaber zugleich nach den gewerbeordnungsrechtlichen Vorschriften für seine gewerbliche Betätigung eine Reisegewerbekarte benötigt. Die Einordnung als Reisegewerbebetrieb erfolgt nur bei Vorliegen beider Voraussetzungen. 2. Gewerbebetrieb 9 Die Verweisung in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auf gewerbliche Unternehmen iSd. EStG stellt erkenn-

bar nicht nur auf stehende Betriebe ab, sondern findet auch auf Reisegewerbebetriebe Anwendung. Erforderlich ist damit gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG (R 2.1 GewStR 2009) eine selbstständige nachhaltige und mit Gewinnerzielungsabsicht unternommene Betätigung des Inhabers eines Reisegewerbebetriebs am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (s. § 2 GewStG Rz. 20). Liegt kein Gewerbebetrieb iSd. EStG vor, fehlt es bereits am Steuergegenstand und eine GewStPfl. scheidet aus. Durch das 2. Mittelstandsentlastungsgesetz ist die das Reisegewerbe prägende Bindung an die persönliche Ausübung entfallen.2 Seit dem 14.9.2007 können daher auch juristische Personen ein Reisegewerbe iSd. GewO ausüben.3 Insoweit sind die unwiderlegbaren Vermutungen einer gewerblichen Betätigung kraft Rechtsform und kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in § 2 Abs. 2 und 3 GewStG zu berücksichtigen, die auch für Reisegewerbebetriebe gelten. 3. Reisegewerbekarte (Abs. 2 Satz 1) a) Vorbemerkung 10

Eine gewerbliche Betätigung ist nur ein Reisegewerbe iSd. GewStG, wenn der Inhaber einer Reisegewerbekarte nach der GewO oder den Ausführungsbestimmungen zur GewO bedarf. Das Gewerbeordnungsrecht ist somit für die Besteuerung nach § 35a Abs. 1 GewStG ausschlaggebend. Dabei kommt es ausschließlich auf das rechtliche Erfordernis, nicht die tatsächlichen Gegebenheiten an. Unterbleibt die Ausgabe einer Reisegewerbekarte, obwohl dies gewerberechtlich erforderlich wäre, so 1 Selder in Glanegger/Güroff9, § 35a GewStG Rz. 5; Hartmann in Bergemann/Wingler, § 35a GewStG Rz. 8; Hofmeister in Blümich, § 35a GewStG Rz. 12; aA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35a GewStG Rz. 9, der sich auf FG Hess. v. 15.5.1975 – VIII 32/73, rkr., EFG 1975, 586, stützt. 2 Schönleiter in Landmann/Rohmer, § 55 GewO Rz. 7a und 106. 3 Zur früheren Rechtslage s. BFH v. 8.1.1963 – I 317/61 U, BStBl. III 1963, 148.

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C. Reisegewerbebetrieb (Abs. 2)

Rz. 14 § 35a

liegt dennoch ein Reisegewerbebetrieb iSd. § 35a GewStG vor. Umgekehrt ist nicht von einem Reisegewerbebetrieb auszugehen, wenn dessen Inhaber zwar eine Reisegewerbekarte innehat, diese aber nach den Vorschriften der GewO oder den Ausführungsbestimmungen zur GewO nicht erforderlich ist. Benötigt ein Inhaber rechtlich keine Reisegewerbekarte, so folgt aus § 1 GewStDV die Einordnung als stehender Gewerbebetrieb, sofern eine gewerbliche Betätigung iSd. EStG vorliegt. Die Finanzverwaltung weicht in R 35a.1 Satz 6 GewStR 2009 hiervon ab und legt die tatsächlichen Verhältnisse zugrunde, wenn sie anordnet, es könne grundsätzlich darauf abgestellt werden, ob der StPfl. eine Reisegewerbekarte erworben habe. Dies dient lediglich der Verwaltungsvereinfachung und hat keinen Einfluss auf die Tatbestandsvoraussetzungen.1 b) Erfordernis einer Reisegewerbekarte (Abs. 2 Satz 1, § 55 GewO) Nach § 55 Abs. 2 GewO erfordert grundsätzlich jedes Reisegewerbe eine Erlaubnis in Form einer 11 Reisegewerbekarte.2 Der gewerbeordnungsrechtliche Begriff des Reisegewerbes folgt aus § 55 Abs. 1 GewO. Ein Reisegewerbe liegt vor, wenn eine der in Abs. 1 abschließend genannten Tätigkeiten gewerbsmäßig, ohne vorhergehende Bestellung außerhalb der gewerblichen Niederlassung oder ohne eine solche zu haben ausgeübt wird.3 Bei den Tätigkeiten handelt es sich zum einen um das Feilbieten, Vertreiben oder Ankaufen von Waren sowie das Anbieten von Leistungen und Aufsuchen von Leistungsbestellungen, § 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO. Zum anderen fallen unterhaltende Tätigkeiten als Schausteller oder nach Schaustellerart unter das Reisegewerbe, § 55 Abs. 1 Nr. 2 GewO. Wesentliches Merkmal für ein Reisegewerbe ist nach der Rspr. des BVerfG, dass die Initiative der Leistungserbringung vom Anbietenden ausgeht und nicht – wie beim stehenden Gewerbe – der Kunde um Angebote nachsucht.4 Angestellte und andere unselbstständige Personen bedürfen seit dem 14.9.2007 durch den Wegfall 12 der Höchstpersönlichkeit (s. Rz. 4) keiner Reisegewerbekarte. Sie können somit auch keine Reisegewerbetreibende iSd. § 55 Abs. 1 GewO sein.5 R 35a.1 Satz 3 und 4 GewStR 2009 sind überholt.6 Zu juristischen Personen als Inhaber eines Reisegewerbes s. Rz. 9. Die in § 56 GewO abschließend aufgelisteten Tätigkeiten sind nicht mit den Eigenheiten des Reisege- 13 werbes zu vereinbaren und daher stets verboten.7 Wird eine im Reisegewerbe verbotene Tätigkeit ausgeübt, so ist die Erteilung einer Reisegewerbekarte ausgeschlossen und es liegt gewerbesteuerrechtlich ein stehendes Gewerbe vor. c) Ausnahmen von der Erlaubnispflicht (Abs. 2 Satz 1, §§ 55a und 55b GewO) § 55a und § 55b GewO enthalten Ausnahmen von der grundsätzlichen Pflicht einer Reisegewerbekar- 14 te. So bedürfen bspw. der Vertrieb selbst gewonnener Erzeugnisse der Land- und Forstwirtschaft (§ 55a Abs. 1 Nr. 2 GewO), Tätigkeiten iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO in der Gemeinde des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung, sofern diese weniger als 10.000 Einwohner hat (§ 55a Abs. 1 Nr. 3 GewO), das Feilbieten von Druckerzeugnissen an öffentlichen Orten (§ 55a Abs. 1 Nr. 10 GewO) oder die Betätigung außerhalb des Endkundengeschäfts (§ 55b Abs. 1 GewO) keiner Reisegewerbekarte. Mangels Reisegewerbekartenpflicht handelt es sich bei diesen Fällen um stehende Gewerbebetriebe. Die Ausnahmen des § 55a GewO gelten nur, wenn ausschließlich Tätigkeiten aus dem Katalog dieser Norm ausgeübt werden.8 Die Freistellung des Vertriebs von Blindenwaren von 1 2 3 4 5 6 7 8

Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35a GewStG Rz. 17; Hofmeister in Blümich, § 35a GewStG Rz. 10. Zum Hintergrund der Berufszugangsbeschränkung s. Schönleiter in Landmann/Rohmer, § 55 GewO Rz. 104. S. im Einzelnen Schönleiter in Landmann/Rohmer, § 55 GewO Rz. 19 ff., 30 ff., 42 ff., 54 ff., 89 ff. BVerfG v. 27.4.2007 – 2 BvR 449/02, GewArch 2007; v. 27.9.2000 – 1 BvR 2176/98; bei Vertriebssystemen, zB der FA Tupperware, ist keine Reisegewerbekarte erforderlich, VGH BW v. 29.1997 – 14 S 1280/96, rkr., ESVGH 47, 212. Zur früheren Rechtslage und dem Wandel eines Reisegewerbebetriebs in einen stehenden Gewerbebetrieb bei Beschäftigung von Angestellten mit Reisegewerbekarten s. BFH v. 23.11.1983 – I R 201/79, juris. S. Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35a GewStG Rz. 18. Schönleiter in Landmann/Rohmer, § 56 GewO Rz. 10, weist auf weitere Einschränkungen für das Reisegewerbe in Sondergesetzen, wie bspw. dem Arzneimittelgesetz, hin. Schönleiter in Landmann/Rohmer, § 55a GewO Rz. 6.

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§ 35a Rz. 15 Reisegewerbebetriebe der Reisegewerbekartenpflicht ist mit Wirkung zum 14.9.2007 entfallen.1 Der Blindenwarenvertrieb ist somit ein Reisegewerbe. R 35a.1 Satz 1 und 7 GewStR 2009 sind überholt.

II. Reisegewerbebetrieb als Teil eines einheitlichen Gewerbebetriebs (Abs. 2 Satz 2) 15

Ein Gewerbetreibender kann zugleich einen stehenden Gewerbebetrieb und einen Reisegewerbebetrieb betreiben, bspw. im Falle unterschiedlicher Tätigkeiten. Denkbar ist auch, dass die gewerblichen Tätigkeiten nur teilweise einer Reisegewerbekarte bedürfen. Da ein und derselbe Betrieb jedoch nur entweder als stehendes oder als Reisegewerbe qualifiziert werden kann (§ 1 GewStDV), ist eine Kollisionsnorm erforderlich, sofern beide Gewerbearten einen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellen. § 35a Abs. 2 Satz 2 GewStG ordnet in diesen Fällen einen Vorrang der allgemeinen Regelungen an, der einheitliche Betrieb wird in vollem Umfang als stehender Gewerbebetrieb behandelt.

16 Es ist von einem einheitlichen Gewerbebetrieb auszugehen, wenn beide Tätigkeiten organisatorisch,

finanziell und wirtschaftlich so zusammenhängen, dass sie nach dem Gesamtbild eine einheitliche gewerbliche Betätigung darstellen.2 Oft wird eine derartige Verflechtung bei inhaltlich zusammenhängenden Tätigkeiten auf der Hand liegen, wie bspw. beim Betrieb einer Eisdiele und eines mobilen Eiswagens.3 Ein einheitlicher Betrieb kann aber auch bei verschiedenartigen Tätigkeiten gegeben sein.4 Die gleichzeitige Ausübung von stehendem Gewerbe und Reisegewerbe ist nicht zwingend für die Annahme eines einheitlichen Betriebs.5 Mangelt es an dem Erfordernis der Einheitlichkeit, so liegen zwei getrennte Betriebe vor, die gewerbesteuerrechtlich unterschiedlich behandelt werden.

D. Hebeberechtigung (Abs. 3) 17

Abs. 3 enthält von § 4 GewStG abweichende Sonderregelungen für die Hebeberechtigung. Anders als bei stehenden Gewerbebetrieben kann als Anknüpfungspunkt nicht auf Betriebsstätten zurückgegriffen werden, da diese keine Voraussetzung für ein Reisegewerbe sind (s. Rz. 6). Stattdessen ist nach § 35a Abs. 3 GewStG diejenige Gemeinde hebeberechtigt, in der der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit liegt.

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Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit ist nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewStDV dort, von wo aus die gewerbliche Tätigkeit vorwiegend ausgeübt wird. Regelmäßig wird dies die Wohnsitzgemeinde sein (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GewStDV). Wird die gewerbliche Tätigkeit vorwiegend von einer anderen Gemeinde als der Wohnsitzgemeinde ausgeübt, so ist die auswärtige Gemeinde hebeberechtigt (§ 35 Abs. 1 Satz 3 GewStDV). Sollte der Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit nicht bestimmbar sein, stellt die Auffangregelung des § 35 Abs. 1 Satz 4 GewStDV auf die Gemeinde ab, in der der Reisegewerbeinhaber polizeilich gemeldet bzw. meldepflichtig ist. Insoweit ist allein die rechtliche Meldepflicht, nicht die tatsächliche Meldung ausschlaggebend.6

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Die Anknüpfung des § 35 Abs. 1 Satz 2 und 4 GewStDV an den Wohnsitz bzw. das Melderecht stellt erkennbar auf natürliche Personen ab. Bei juristischen Personen (s. Rz. 9) wird die gewerbliche Tätigkeit vorwiegend am Ort der Geschäftsleitung iSd. § 10 AO ausgeübt, sodass die dortige Gemeinde nach § 35a Abs. 3 GewStG hebeberechtigt ist.7

1 S. Hofmeister in Blümich, § 35a GewStG Rz. 9; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35a GewStG Rz. 21. 2 BFH v. 20.3.2013 – X R 38/11, BFH/NV 2013, 1125 Rz. 34; v. 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252 Rz. 15 ff. 3 Hartmann in Bergemann/Wingler, § 35a GewStG Rz. 7. 4 Für Tabakladen und Totto-Lotto-Annahmestelle: BFH v. 19.11.1985 – VIII R 310/83, BStBl. II 1986, 719. 5 Hofmeister in Blümich, § 35a GewStG Rz. 11. 6 VG Augsburg v. 21.3.2007 – Au 6 K 04.1103, rkr., juris. 7 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35a GewStG Rz. 24.

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E. Zerlegung (Abs. 4)

Rz. 21 § 35a

E. Zerlegung (Abs. 4) Reisegewerbe zeichnen sich dadurch aus, dass sie an verschiedenen Orten ausgeübt werden. Eine Zer- 20 legung findet aber grundsätzlich nicht statt (§ 35 Abs. 2 GewStDV), hebeberechtigt ist nur die Gemeinde des Mittelpunkts der gewerblichen Tätigkeit (s. Rz. 17). Den einzigen Fall einer Zerlegung regelt § 35a Abs. 4 GewStG. Wird der Mittelpunkt der gewerb- 21 lichen Tätigkeit innerhalb eines EZ von einer Gemeinde in eine andere verlegt, so erfolgt eine Zerlegung nach zeitlichen Anteilen (§ 35a Abs. 4 GewStG, § 35 Abs. 3 Satz 1 GewStDV). Hierfür wird der Gewerbesteuermessbetrag nach dem Anteil der Kalendermonate zerlegt, in denen die Gemeinden nach § 35a Abs. 3 hebeberechtigt sind. Anteilige Monate sind voll zu rechnen (§ 35 Abs. 3 Satz 2 GewStDV). Der Monat des Wechsels ist derjenigen Gemeinde zuzurechnen, in der sich der Mittelpunkt in diesem Monat die längste Zeit befand (§ 35 Abs. 3 Satz 3 GewStDV). Die GewStDV enthält keine Regelung für den Fall, dass sich der Tätigkeitsmittelpunkt im Wechselmonat in beiden Gemeinden gleich lang befand. Folgerichtig erscheint hier eine jeweils hälftige Zurechnung.1 Die Zerlegung wird, wie beim stehenden Gewerbebetrieb, durch das FA vorgenommen (§ 35a Abs. 4 GewStG) und richtet sich im Übrigen nach den allgemeinen Verfahrensvorschriften.2

1 S. Hofmeister in Blümich, § 35a GewStG Rz. 14. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35a GewStG Rz. 29; Selder in Glanegger/Güroff9, § 35a GewStG Rz. 6.

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Abschnitt VIII Änderung des Gewerbesteuermessbescheids von Amts wegen

§ 35b Änderung des Gewerbesteuermessbescheids von Amts wegen (1) 1Der Gewerbesteuermessbescheid oder Verlustfeststellungsbescheid ist von Amts wegen aufzuheben oder zu ändern, wenn der Einkommensteuerbescheid, der Körperschaftsteuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid aufgehoben oder geändert wird und die Aufhebung oder Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt. 2Die Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb ist insoweit zu berücksichtigen, als sie die Höhe des Gewerbeertrags oder des vortragsfähigen Gewerbeverlustes beeinflusst. 3§ 171 Abs. 10 der Abgabenordnung gilt sinngemäß. (2) 1Zuständig für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes ist das für den Erlass des Gewerbesteuermessbescheids zuständige Finanzamt. 2Bei der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie der Festsetzung des Steuermessbetrags für den Erhebungszeitraum, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festgestellt wird, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Absatz 10, § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Absatz 2 der Abgabenordnung sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung gelten entsprechend. 3Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 2 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung des Gewerbesteuermessbescheids ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe des festzusetzenden Steuermessbetrags unterbleibt. 4Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Erhebungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust gesondert festzustellen ist; § 181 Abs. 5 der Abgabenordnung ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes pflichtwidrig unterlassen hat. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . . 1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 8

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

11

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

12

IV. Verhältnis zu den Änderungsvorschriften der Abgabenordnung . . . . . . . . . . . . .

13

B. Änderung oder Aufhebung von Gewerbesteuermessbescheiden und Verlustfeststellungsbescheiden (Abs. 1) . . . . . . . . . I. Änderung oder Aufhebung von Amts wegen (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . 1. Aufhebung oder Änderung des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheids . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung oder Änderung berührt den Gewinn aus Gewerbebetrieb . . . . . . . . .

3. Aufhebung oder Änderung des Gewerbesteuermessbescheids oder des Verlustfeststellungsbescheids von Amts wegen . . . .

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II. Änderung, soweit die Höhe des Gewerbeertrags bzw. vortragsfähigen Gewerbeverlusts beeinflusst wird (Abs. 1 Satz 2) . . . .

26

III. Sinngemäße Anwendung des § 171 Abs. 10 AO (Abs. 1 Satz 3) . . . . . . . . . .

33

C. Verfahrensrechtliche Regelungen für die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes (Abs. 2) . . . . . . . . .

37

I. Zuständiges Finanzamt (Abs. 2 Satz 1) . . .

37

17

II. Berücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen des Messbetragsverfahrens (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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17

III. Von Satz 2 abweichende Berücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen (Abs. 2 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

IV. Feststellungsfrist (Abs. 2 Satz 4) . . . . . . .

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17

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Literatur: Guth/Rainer, Verfahrensrechtliche Schwierigkeiten bei einer Vereinfachungsregelung, DStZ 1984, 394; Streck/Mack/Schwedhelm, § 35b GewStG und die Aussetzung der Vollziehung, Stbg. 1995, 508; Teiche, Verfahrensrechtliche Aspekte nach der Organschaftsreform, DStR 2013, 2197.

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§ 35b Rz. 1 Änderung des GewSt-Messbescheids von Amts wegen

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1. Regelungsgegenstand 1 § 35b GewStG enthält sowohl eine selbstständige Rechtsgrundlage zur Änderung oder Aufhebung

von Gewerbesteuermessbescheiden und Verlustfeststellungsbescheiden (Abs. 1) als auch Verfahrensvorschriften über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes (Abs. 2). 2 Abs. 1 Satz 1 ordnet die Änderung oder Aufhebung eines Gewerbesteuermessbescheids von Amts we-

gen an, wenn ein Körperschaftsteuerbescheid, Einkommensteuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid aufgehoben oder geändert wird und die Aufhebung oder Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt. 3 Abs. 1 Satz 2 regelt den materiellen Umfang der Änderung. Danach ist eine Änderung nur insoweit

zu berücksichtigen, wie sie die Höhe des Gewerbeertrags oder des vortragsfähigen Gewerbeverlustes beeinflusst. 4 Abs. 1 Satz 3 bestimmt unter entsprechender Anwendung des § 171 Abs. 10 AO den zeitlichen Rah-

men einer Änderung. 5 Abs. 2 Satz 1 enthält eine Zuständigkeitsregelung für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbe-

verlusts. 6 Die Sätze 2 und 3 des Abs. 2 enthalten Regelungen über die inhaltliche Bindungswirkung zwischen

den zu berücksichtigenden Besteuerungsgrundlagen bei der Festsetzung des Steuermessbetrags und der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes. 7 Abs. 2 Satz 4 bindet die Festsetzungsfrist für den Verlustfeststellungsbescheid an die Festsetzungsfrist

für den EZ, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festzustellen ist, und schließt zudem für den Regelfall die Anwendung von § 181 Abs. 5 AO aus. 2. Regelungszweck 8 Die in § 35b Abs. 1 GewStG genannten ESt-, KSt- und Feststellungsbescheide stehen zum Gewer-

besteuermessbescheid oder zum Verlustfeststellungsbescheid nicht im Verhältnis eines bindenden Grundlagenbescheids zum Folgebescheid iSv. § 182 Abs. 1 AO. Eine solche Bindung wurde auch nicht durch die Einführung von § 35b GewStG geschaffen.1 Es handelt sich weiterhin um zwei getrennte, selbstständige Verfahren, auch wenn der Begriff des Gewerbebetriebs für die ESt und die GewSt der gleiche ist. Das FA ist nicht an die Beurteilung im jeweils anderen Verfahren gebunden,2 soweit nicht ausnahmsweise eine Verwirkung des Anspruch begründet wurde.3 9 Die Vorschrift ist eine selbstständige Änderungsvorschrift und dient der Vereinfachung des Verfah-

rensablaufs.4 Sie ermöglicht einerseits dem FA, die Änderung der Höhe des Gewinns im Steuer- bzw. Feststellungsbescheid auch bei der Festsetzung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen, und soll andererseits für den StPfl. sicherstellen, dass sich ein gegen den Steuer- bzw. Feststellungsbescheid eingelegter Rechtsbehelf auf die Festsetzung des Gewerbeertrags oder Gewerbeverlusts auswirkt.5 Allerdings wirkt § 35b GewStG ausschließlich in dem durch den Wortlaut der Norm vorgegebenen Rahmen, dh., eine Änderung erfolgt nur, wenn die Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt und soweit sie die Höhe des Gewerbeertrags oder des vortragsfähigen Gewerbeverlusts beeinflusst. 10

§ 35b Abs. 2 GewStG ist im Wesentlichen der Vorschrift des § 10d Abs. 4 Sätze 4 ff. EStG nachgebildet und stellt sicher, dass bei Änderung der Besteuerungsgrundlagen für den Steuermessbetrag eine

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St. Rspr., vgl. BFH v. 2.3.1961 – IV 185/59, HFR 1962, 108; v. 22.5.1974 – I R 169/72, BStBl. II 1975, 37. St. Rspr., vgl. BFH v. 27.4.1961 – IV 336/59, BStBl. III 1961, 281. Zur Verwirkung vgl. BFH v. 24.8.1995 – IV R 112/94, BFH/NV 1996, 449. St. Rspr., vgl. BFH v. 20.9.1962 – IV 188/60, BStBl. III 1963, 10. St. Rspr., vgl. BFH v. 30.7.1964 – IV 403/61, BStBl. III 1964, 534.

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A. Grundaussagen der Vorschrift

Rz. 12 § 35b

entsprechende Änderung bei der Verlustfeststellung nach § 10a Satz 6 GewStG erfolgt.1 Ausnahmsweise ist nach § 35b Abs. 2 Satz 3 GewStG eine Berücksichtigung der geänderten Besteuerungsgrundlagen auch zulässig, wenn die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids mangels Auswirkung auf die Höhe des festzusetzenden Messbetrags unterbleibt. Zudem wird durch § 35b Abs. 2 Satz 4 GewStG erreicht, dass eine Feststellung nach Ablauf der Festsetzungsfrist für den Gewerbesteuermessbescheid regelmäßig – mit Ausnahme eines pflichtwidrigen Unterlassens der Behörde – nicht mehr erfolgen kann.

II. Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich des § 35b Abs. 1 GewStG erfasst Gewerbesteuermessbescheide und 11 Verlustfeststellungsbescheide. § 35b Abs. 2 GewStG gilt nur für Verlustfeststellungsbescheide. Der persönliche Anwendungsbereich erstreckt sich auf alle durch § 2 GewStG erfassten Gewerbebetriebe. Zur Anwendung in Organschaftsfällen vgl. Rz. 32.

III. Rechtsentwicklung Die Vorschrift des § 35b GewStG geht zurück auf § 5 der Zweiten Verordnung über die Erhebung 12 der Gewerbesteuer in vereinfachter Form (Zweite GewStVV) v. 16.11.1943,2 der im Wesentlichen bereits der aktuellen Fassung in Abs. 1 entsprach. Durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.19513 wurde die Regelung in § 35b GewStG inhaltsgleich übernommen. Das Gesetz zur Neuordnung von Steuern v. 16.12.19544 bezog auch Änderungen des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs mit ein. Zudem wurde die Norm um eine Bagatellregelung ergänzt. Im Rahmen der Reform der AO wurde auch § 35b GewStG durch das Einführungsgesetz zur Abgabenordnung v. 17.12.19765 neu gefasst und die Einteilung in zwei Absätze aufgehoben. Zudem wurde die Formulierung „… und die Änderung die Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb … berührt.“ durch „und die Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb … berührt“ ersetzt.6 Die in 1954 eingeführte Bagatellregelung in § 35b Satz 4 GewStG wurde durch das Steuerbereinigungsgesetz v. 19.12.19857 gestrichen, da sie aufgrund der auch für festgesetzte Gewerbesteuermessbeträge geltenden Kleinbetragsverordnung vom 10.12.1980 (BGBl. I 1980, 2255) entbehrlich war. Durch das Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992) v. 25.2.19928 wurde der Anwendungsbereich der Norm in Abs. 2 um Regelungen zum Bescheid über die Feststellung des Gewerbeverlustes (Verlustfeststellungsbescheid) erweitert. Der Gesetzgeber sah die Verfahrensvorschriften der AO hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen FA und der Berichtigungsvorschriften für den Verlustfeststellungsbescheid nicht als ausreichend an. Abs. 2 der Norm entspricht § 10d Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG in der damals geltenden Fassung. Aufgrund des Wegfalls des Gewerbekapitals als Besteuerungsgrundlage bei der GewSt durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.19979 wurde als redaktionelle Folgeänderung der Verweis auf die Änderung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs in § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG gestrichen. 1 2 3 4 5 6

BT-Drucks. 12/1108, 70. RGBl. I 1943, 684. BGBl. I 1951, 996. BGBl. I 1954, 373. BGBl. I 1976, 3341. Zur Frage der materiellen Bedeutung der Änderung vgl. Rz. 21 f.; BFH v. 10.3.1999 – XI R 28/98, BStBl. II 1999, 475 = FR 1999, 862 und v. 23.6.2004 – X R 59/01, FR 2004, 1287 – Qualifikation der Einkünfte. 7 BGBl. I 1985, 2436. 8 BGBl. I 1992, 297. 9 BGBl. I 1997, 2590.

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§ 35b Rz. 13 Änderung des GewSt-Messbescheids von Amts wegen Das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze v. 23.12.20031 enthält lediglich eine redaktionelle Anpassung des Verweises in § 35b Abs. 2 Satz 1 GewStG (§ 10a Satz 4) an die gleichzeitig durchgeführten Änderungen in § 10a GewStG. Die nächste wesentliche Änderung des § 35b GewStG erfolgte mit Einfügung eines Satzes 4 in Abs. 2 durch das JStG 2007 v. 13.12.2006;2 sie entspricht der gleichzeitigen Änderung in § 10d Abs. 4 EStG. Hierdurch wird sichergestellt, dass bei der Feststellung des Verlustvortrags eine Feststellungverjährung eintreten kann. Die Änderung ist die Reaktion des Gesetzgebers auf mehrere Urteile des BFH3 zur Anwendung des § 181 Abs. 5 AO auf die Feststellung des Verlustvortrags. Die Änderung gilt für alle bei Inkrafttreten des JStG 2007 noch nicht abgelaufenen Feststellungsfristen.4 Durch das JStG 2008 v. 20.12.20075 wurde der Klammerzusatz in § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG mit dem Verweis auf § 10a Satz 4 GewStG gestrichen. Durch die Streichung sollten Folgeänderungen aufgrund zukünftiger Anpassungen des § 10a GewStG entbehrlich werden. Das JStG 2010 v. 8.10.20106 enthält durch eine Ergänzung des § 35b GewStG in Abs. 2 Sätze 2 und 3 erneut eine mit der Änderung des § 10d Abs. 4 EStG gleichlaufende Reaktion auf einen Richtungswechsel in der Rspr. des BFH.7 Die Änderung soll nach der Gesetzesbegründung das Gesetz im Sinne seiner ursprünglichen Zielsetzung sowie der bisherigen Rspr. des BFH und der Rechtsanwendung in der Praxis vor der Rechtsprechungsänderung wieder herstellen. Erstmalige und korrigierte Verlustfeststellungen sind nach Bestandskraft des Steuerbescheids für nachträglich erklärte Verluste nur noch möglich, wenn der Steuerbescheid geändert werden könnte. Die Neuregelung gilt erstmals für Verluste, für die nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes abgegeben wird.

IV. Verhältnis zu den Änderungsvorschriften der Abgabenordnung 13

§ 35b Abs. 1 GewStG dient mangels Bindungswirkung zwischen dem Steuer- bzw. Feststellungsbescheid8 und der Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung bzw. des gewstl. Verlustfeststellungsbescheids der Vereinfachung des Verfahrens und soll unnötige Doppelverfahren vermeiden.9

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Die Norm ist selbstständige Berichtigungsnorm für den Gewerbesteuermessbescheid10 und ist unabhängig davon anwendbar, ob die Voraussetzungen anderer Änderungsvorschriften der AO erfüllt sind.11

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Die Möglichkeit zur Anwendung von § 35b Abs. 1 GewStG nimmt dem StPfl. allerdings nicht das Recht einer selbstständigen und unabhängigen Nachprüfung der Höhe des Gewinns und des Gewerbeertrags in einem selbstständigen Rechtsbehelfsverfahren gegen die Messbetragsfestsetzung oder Verlustfeststellung.12 Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine selbstständige Anfechtung liegt weiterhin vor.13 Ist nicht sicher, ob die Voraussetzungen des § 35b Abs. 1 GewStG greifen, sollte regelmäßig ein selbstständiger Rechtsbehelf eingelegt werden.

1 BGBl. I 2003, 2922. 2 BGBl. I 2006, 2878. 3 BFH v. 1.3.2006 – XI R 33/04, BStBl. II 2007, 919 = FR 2006, 593 m. Anm. Wendt; v. 12.6.2002 – XI R 26/01, BStBl. II 2002, 681 = FR 2002, 1193 m. Anm. Wendt. 4 Verfassungsbeschwerde anhängig: BVerfG-Az. 1 BvR 2582/16. 5 BGBl. I 2007, 3150. 6 BGBl. I 2010, 1768. 7 BFH v. 17.9.2008 – IX R 70/06, BStBl. II 2009, 897 = FR 2009, 396. 8 BFH v. 2.3.1961 – IV 185/59, HFR 1962, 108; v. 30.6.1993 – XI R 76/92, BFH/NV 1994, 303. 9 BFH v. 27.4.1961 – IV 336/59, BStBl. III 1961, 281; v. 18.9.1962 – I 206/61, BStBl. III 1962, 468; v. 20.9.1962 – IV 188/60, BStBl. III 1963, 10. 10 Die Regelung wirkt nicht in umgekehrter Richtung, dh. keine Änderung des ESt-Bescheids bei einer Änderung des GewSt-Messbescheids, vgl. BFH v. 3.8.1988 – I R 115/84, BFH/NV 1989, 482. 11 BFH v. 9.2.1965 – I 157/64, HFR 1965, 414; v. 6.5.1965 – IV 19/65, BStBl. III 1965, 419. 12 BFH v. 6.5.1965 – IV 19/65, BStBl. III 1965, 419. 13 BFH v. 11.10.1996 – VIII B 56/95, BFH/NV 1997, 457.

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B. Änderung/Aufhebung von GewSt-Mess-/Verlustfeststellungsbescheiden (Abs. 1)

Rz. 20 § 35b

Legt der StPfl. gegen den Gewerbesteuermessbescheid oder den Verlustfeststellungsbescheid einen 16 selbstständigen Rechtsbehelf ein, lässt dies für die Anwendung des § 35b GewStG keinen Raum. Das Recht des StPfl., sowohl im ESt- bzw. KSt- als auch im GewSt-Messbetragsverfahren eine selbstständige und unabhängige Nachprüfung der Höhe des Gewinns und des Gewerbeertrags zu verlangen, soll durch § 35b GewStG nicht beeinträchtigt werden.1 Ein Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid kann daher nicht durch Anwendung des § 35b GewStG erledigt werden.2

B. Änderung oder Aufhebung von Gewerbesteuermessbescheiden und Verlustfeststellungsbescheiden (Abs. 1) I. Änderung oder Aufhebung von Amts wegen (Abs. 1 Satz 1) 1. Aufhebung oder Änderung des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheids Voraussetzung für die Anwendung des § 35b Abs. 1 GewStG ist die Aufhebung oder Änderung eines 17 ESt-, KSt- oder Feststellungsbescheids. Auf welcher Grundlage die Änderung des Festsetzungs- oder Feststellungsbescheids beruht, ist unbeachtlich.3 Führt eine Änderung des gewerblichen Gewinns nicht zu einer Änderung des Festsetzungs- bzw. 18 Feststellungsbescheids, weil ein niedrigerer gewerblicher Gewinn durch die Erhöhung in einer anderen Einkunftsart ausgeglichen wird, ist § 35b Abs. 1 GewStG nicht einschlägig.4 Eine Änderung kann ebenfalls nicht mit Erfolg auf § 35b Abs. 1 GewStG gestützt werden, wenn ein 19 Steuer- oder Feststellungsbescheid erstmalig erlassen wird.5 Dies gilt uE auch im Fall der Festsetzung oder der Feststellung nach Erlass eines nichtigen Bescheids (zB wegen fehlerhafter Bekanntgabe).6 Dies ergibt sich – anders als der BFH in seiner Entsch. vom 31.7.19907 darstellt – nicht eindeutig aus dem Wortlaut der Norm, da auch ein nichtiger Verwaltungsakt durch die FinBeh. aufgehoben werden kann.8 Die Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb (hier durch Aufhebung der Festsetzung) beeinflusst jedoch nicht die Höhe des Gewerbeertrags, wenn sie auf verfahrens- oder materiell-rechtlichen Erwägungen beruht, die allein für die Festsetzung der Steuer von Bedeutung sind (vgl. Rz. 30). Daher scheidet eine Änderung nach § 35b GewStG iErg. aus. Der Gegenauffassung ist allerdings zuzugestehen, dass es zu einer Benachteiligung des StPfl. kommen kann, wenn er im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Änderung der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung nicht gesondert gegen den Gewerbesteuermessbescheid vorgegangen ist. Die Änderung des Festsetzungs- oder Feststellungsbescheids muss zudem zeitlich vor bzw. gleich- 20 zeitig mit der Änderung nach § 35b Abs. 1 GewStG erfolgen. Erfolgt die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids bzw. des Verlustfeststellungsbescheids zeitlich vorher, liegt ein Verfahrensfehler vor. Dieser Fehler kann jedoch durch eine anschließende Änderung des ebenfalls angefochtenen Festsetzungs-/Feststellungsbescheids geheilt werden, da die Änderung, jedenfalls wenn sie hinsichtlich der Auswirkungen deckungsgleich ist, wiederum die Voraussetzungen des § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG er1 BFH v. 30.7.1964 – IV 403/61 U, BStBl. III 1964, 534. 2 BFH v. 9.9.1965 – IV 40/65 U, BStBl. III 1965, 667; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35b GewStG Rz. 9; aA Hofmeister in Blümich, § 35b GewStG Rz. 7 und 9; sowie FG Nürnberg v. 3.12.2009 – 7 K 1038/2009, rkr., juris, unter Hinweis auf § 132 AO. Für den Fall, dass die Änderungsvorschrift der AO weitergehender oder günstiger für den StPfl. ist, ist dieser Auffassung zuzustimmen, da eine Ablehnung nicht mehr mit dem Vereinfachungsgedanken der Norm begründet werden kann. 3 BFH v. 1.3.1966 – I 259/64, BStBl. III 1966, 331. 4 BFH v. 2.3.1966 – I 16/65, BStBl. III 1966, 317. 5 BFH v. 5.11.2009 – IV R 99/06, BStBl. II 2010, 593. 6 So auch BFH v. 31.7.1990 – I R 28/88, BStBl. II 1991, 244 = FR 1991, 153; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35b GewStG Rz. 13; aA Selder in Glanegger/Güroff9, § 35b GewStG Rz. 5; Hofmeister in Blümich, § 35b GewStG Rz. 20. 7 BFH v. 31.7.1990 – I R 28/88, BStBl. II 1991, 244 = FR 1991, 153. 8 Vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 124 AO Rz. 18 (Stand: Oktober 2010); Güroff in Beermann/Gosch, § 124 AO Rz. 16.

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§ 35b Rz. 21 Änderung des GewSt-Messbescheids von Amts wegen füllen würde.1 Die Heilung tritt unabhängig davon ein, ob die Einspruchsentscheidung zum Festsetzungs-/Feststellungsbescheid entsprechende Ausführungen hierzu enthält.2 2. Aufhebung oder Änderung berührt den Gewinn aus Gewerbebetrieb 21

Die Aufhebung oder Änderung des Festsetzungs- oder Feststellungsbescheids muss im EZ, für den der Gewerbesteuermessbescheid ergangen ist, den Gewinn aus Gewerbebetrieb berühren. Diese Voraussetzung liegt im Regelfall vor, wenn die Änderung Auswirkungen auf die Höhe des Gewinns hat.

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Allerdings findet § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG auch Anwendung, wenn sich der StPfl. gegen den Ansatz der gewerblichen Einkünfte „dem Grund nach“ wehrt und dies zu einer Umqualifikation von gewerblichen Einkünften in eine andere Einkunftsart oder andersherum führt. Seine entgegenstehende, engere Auslegung der Norm3 hat der BFH aufgegeben.4 Gleiches gilt auch, wenn ein bisher als Veräußerungsgewinn behandelter Gewinn nunmehr als laufender Gewinn (oder andersherum) qualifiziert wird.5 Dies gilt jedenfalls, soweit § 7 Abs. 2 Satz 2 GewStG nicht erfüllt ist, da andernfalls die Höhe des Gewerbeertrags nach § 35b Abs. 1 Satz 2 GewStG nicht beeinflusst würde. 3. Aufhebung oder Änderung des Gewerbesteuermessbescheids oder des Verlustfeststellungsbescheids von Amts wegen

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Die Aufhebung oder Änderung des Gewerbesteuermessbescheids oder des Verlustfeststellungsbescheids nach § 35b GewStG erfolgt von Amts wegen und setzt keinen Antrag des StPfl. voraus. Beantragt der StPfl. eine Änderung des Gewerbesteuermessbescheids oder Verlustfeststellungsbescheids nach § 35b GewStG und lehnt das FA diesen Antrag ab, ist gegen den Ablehnungsbescheid der Einspruch iSv. § 347 Abs. 1 AO statthaft.6 Im Anschluss daran ist der gerichtliche Rechtsweg unter den Voraussetzungen der §§ 40, 115 FGO eröffnet.

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Fraglich ist allerdings, ob dem für den Erlass des Gewerbesteuermessbescheids zuständigen FA ein eigenes Prüfungsrecht hinsichtlich der im Steuer- oder Feststellungsbescheid getroffenen Feststellungen über die Höhe oder die Qualifikation des gewerblichen Gewinns auch bei Anwendung des § 35b GewStG zusteht.7 Gegen ein solches eigenständiges Prüfungsrecht könnte zunächst der Wortlaut der Norm sprechen, wonach unter den Voraussetzungen des § 35b Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuermessbescheid von Amts wegen aufzuheben oder zu ändern ist, wenn der Steuer- oder Feststellungsbescheid aufgehoben oder geändert wird. Ein solches Normverständnis lässt jedoch außer Betracht, dass Steuerbzw. Feststellungsbescheid und Gewerbesteuermessbescheid nicht in dem Verhältnis von Grundlagenund Folgebescheid stehen. Vielmehr ist der Gewerbeertrag selbstständig und unabhängig von dem für die Festsetzung der ESt maßgebenden Gewinn zu ermitteln, auch wenn die Entsch. über den gewerblichen Gewinn im Steuer- bzw. Feststellungsverfahren regelmäßig eine gewichtige Bedeutung für die Ermittlung des Gewerbeertrags haben dürfte.8 § 35b Abs. 1 GewStG dient damit lediglich der Verfahrensvereinfachung und ist insoweit auch nur in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Rechtsgrundlage für die Folgeanpassung eines Gewerbesteuermessbescheids oder eines Verlustfeststellungsbescheids. Durch § 35b Abs. 1 GewStG wird dem FA indes nicht die eigenständige materielle Prüfung des Gewerbeertrags im Hinblick auf den dem Grunde oder der Höhe nach geänderten gewerblichen Gewinn versagt.

1 FG München v. 19.7.2000 – 1 K 83/00, rkr., EFG 2000, 1272, welches unter Verweis auf BFH 26.7.1984 – IV R 13/84, BStBl. II 1985, 3 = FR 1985, 28, ein anderes Ergebnis als reine Förmelei ansieht. 2 Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35b GewStG Rz. 13. 3 BFH v. 10.3.1999 – XI R 28/98, BStBl. II 1999, 475 = FR 1999, 862. 4 BFH v. 23.6.2004 – X R 59/01, BStBl. II 2004, 901 = FR 2004, 1287. 5 BFH v. 30.6.1964 – VI 341/62, BStBl. III 1964, 581; v. 16.12.2004 – X R 14/03, BStBl. II 2005, 184 = FR 2005, 389. 6 R 35b.1 Abs. 2 Satz 4 GewStR 2009. 7 Bejahend: Pieper in Lippross/Seidel, Steuerrecht, § 35b GewStG Rz. 10. 8 Vgl. ua. BFH v. 22.11.1955 – I 139/54, BStBl. III 1956, 4.

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B. Änderung/Aufhebung von GewSt-Mess-/Verlustfeststellungsbescheiden (Abs. 1)

Rz. 28 § 35b

Eine Folgeaussetzung der Vollziehung iSv. § 363 Abs. 3 AO ist auch im Verhältnis Steuerbescheid 25 zum Gewerbesteuermessbescheid zulässig.1 Dies resultiert im Wesentlichen aus der „de-facto“-Wirkung des Steuer- bzw. Feststellungsbescheids als Grundlagenbescheid und aus prozessökonomischen Überlegungen.2 Sie ist auch möglich bei der Umqualifizierung eines steuerbegünstigten Veräußerungsgewinns in einen laufenden Gewinn.3 Eine selbstständige Aussetzung des angefochtenen Gewerbesteuerbescheides bleibt – anders als bei der Anfechtung von Grundlagenbescheiden – davon unbenommen.4 Dies gilt auch für das gerichtliche Aussetzungsverfahren nach § 69 FGO.5 Liegt in einem Verfahren gegen den Gewerbesteuermessbescheid bereits ein rechtskräftiges finanzgerichtliches Urteil vor, besteht hingegen keine Möglichkeit zur Folgeaussetzung aufgrund der erhöhten Bestandskraft iSv. § 110 FGO.6

II. Änderung, soweit die Höhe des Gewerbeertrags bzw. vortragsfähigen Gewerbeverlusts beeinflusst wird (Abs. 1 Satz 2) Die Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb ist nur soweit zu berücksichtigen, wie die Höhe des 26 Gewerbeertrags bzw. des vortragsfähigen Gewerbeverlustes beeinflusst wird. Führt die Änderung des Gewinns nicht zu einer Änderung des KSt- bzw. ESt-Bescheids, kann eine Änderung des Gewerbesteuermessbetrags nach § 35b Abs. 1 GewStG nicht erfolgen.7 Die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids oder Verlustfeststellungsbescheids beschränkt sich 27 auf die im Festsetzungs- bzw. Feststellungsbescheid vorgenommenen punktuellen Änderungen. Die Anwendung von § 35b GewStG bewirkt somit keine Wiederaufrollung des gesamten Steuerfalls einschließlich der im Gewerbesteuermessbescheid vorgenommenen Hinzurechnungen und Kürzungen nach §§ 8 und 9 GewStG.8 Allerdings beeinflusst eine Änderung des Gewinns die Höhe des Gewerbeertrags, wenn und soweit es hierdurch zu Auswirkungen auf Hinzurechnungen oder Kürzungen nach § 8 und § 9 GewStG kommt.9 Werden bspw. im Rechtsmittelverfahren gegen den Festsetzungs- oder Feststellungsbescheid höhere Zinsbeträge als Betriebsausgaben anerkannt und handelt es sich hierbei um Dauerschuldzinsen iSv. § 8 Nr. 1 GewStG, bewirkt die Minderung des Gewinns nach hM eine erhöhte Hinzurechnung.10 Hofmeister11 wendet dagegen ein, dass nicht schon die Änderung des Gewinns den Gewerbeertrag beeinflusst, sondern erst die in der Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung vorzunehmende Beurteilung der Zinsen als Dauerschuldentgelte iSv. § 8 Nr. 1 GewStG. Unseres Erachtens ist der hM zu folgen. Andernfalls würde dem § 35b Abs. 1 GewStG immanentem Vereinfachungszweck nicht ausreichend Rechnung getragen, da der StPfl. in diesen Fällen stets einen selbstständigen Rechtsbehelf gegen den Gewerbesteuermessbescheid einlegen müsste.12 Trotz der punktuellen Korrekturwirkung des § 35b GewStG sind bei der Änderung des Gewerbesteu- 28 ermessbescheids § 177 iVm. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO zu beachten. Daher können auch bei einer Berichtigung nach § 35b GewStG darüber hinausgehende Fehler, die bei Erlass des Gewerbesteuermessbescheids eingetreten sind, in den Grenzen des § 177 AO korrigiert werden. Dies kann iErg. dazu führen, dass eine Änderung ganz bzw. teilweise unterbleibt.13

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R 1.7 Abs. 2 GewStR 2009; Streck/Mack/Schwedhelm, Stbg. 1995, 508. BFH v. 31.5.2010 – X B 163/09, BFH/NV 2010, 2082. BFH v. 27.1.1977 – IV B 72/74, BStBl. II 1977, 367. BFH v. 21.12.1993 – VIII B 107/93, BStBl. II 1994, 300 = FR 1994, 194. BFH v. 23.8.1966 – I B 1/66, BStBl. III 1966, 651. BFH v. 24.10.1979 – I S 8/79, BStBl. II 1980, 104. BFH v. 2.3.1966 – I 16/65, BStBl. III 1966, 317. BFH v. 11.10.1966 – I 223/65, BStBl. III 1967, 131. R 35b.1 Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009. BFH v. 20.1.1965 – I 175/64, BStBl. III 1965, 228; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35b GewStG Rz. 18; Selder in Glanegger/Güroff9, § 35b GewStG Rz. 9. 11 Hofmeister in Blümich, § 35b GewStG Rz. 24. 12 BFH v. 20.1.1965 – I 175/64, BStBl. III 1965, 228. 13 Vgl. auch Selder in Glanegger/Güroff9, § 35b GewStG Rz. 10; zum Änderungsrahmen vgl. Hofmeister in Blümich, § 35b GewStG Rz. 10, unter Bezugnahme auf Guth/Ling, DStZ 1984, 394.

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§ 35b Rz. 29 Änderung des GewSt-Messbescheids von Amts wegen 29

Wird ein bereits unanfechtbar gewordener Gewerbesteuermessbescheid nach § 35b GewStG geändert, ist für den geänderten Bescheid § 351 Abs. 1 AO zu beachten. Durch eine Anfechtung des geänderten Gewerbesteuermessbescheids erlangt der StPfl. nicht im vollen Umfang den Status wieder, den er durch die Unanfechtbarkeit eingebüßt hat. Daher kann eine Berichtigung zuungunsten des StPfl. allenfalls durch eine Berichtigung zugunsten bis zum ursprünglich festgesetzten Betrag ausgeglichen werden. Eine weitergehende Berücksichtigung scheidet aus, da der StPfl. ansonsten anders gestellt würde als solche, bei denen eine Berichtigung zuungunsten nicht erfolgen würde.1

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Die Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb beeinflusst nicht die Höhe des Gewerbeertrags, wenn sie auf verfahrens- oder materiell-rechtlichen Erwägungen beruht, die allein für die Festsetzung der Steuer von Bedeutung sind.2 Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn durch Aufhebung des Steuer- oder Feststellungsbescheids aufgrund eingetretener Verjährung die auch in Bezug auf den Gewinn des Gewerbebetriebs getroffene Regelung ersatzlos rückgängig gemacht wird.3 Damit führt die Änderung nicht ohne Weiteres zu einer Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids, sondern könnte lediglich zur Folge haben, dass der Gewerbeertrag nach Maßgabe des § 35b GewStG nunmehr selbstständig zu ermitteln ist.4 Hofmeister5 weist uE jedoch zurecht darauf hin, dass die Bestandskraft des Gewerbesteuermessbescheids gem. § 35b Abs. 1 Satz 2 GewStG nur durchbrochen wird, wenn die Änderung die Höhe des Gewinns beeinflusst. Eine Änderung des Gewerbesteuermessbescheids ist danach in diesen Fällen – ohne Vorliegen verfahrensrechtlicher Korrekturvorschriften – nicht zulässig.

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Eine Änderung nach § 35b GewStG unterbleibt ebenfalls, wenn die Abweichung zur bisherigen Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags weniger als 2 Euro beträgt (vgl. § 2 KBV).

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Der Gewinn aus Gewerbebetrieb des OT wird in Organschaftsfällen auch durch eine Gewinnänderung auf der Ebene der OG iSv. § 35b Abs. 1 Satz 2 GewStG beeinflusst. § 35b GewStG ermöglicht insoweit die Änderung des Gewerbesteuermessbescheids des OT, wenn die weiteren Voraussetzungen der Norm erfüllt sind.6 Das für die ESt und KSt geregelte gesonderte und einheitliche Feststellungsverfahren iSv. § 14 Abs. 5 KStG greift bei der GewSt nicht ein7 und ist aufgrund der Anwendung von § 35b GewStG nach Auffassung des Gesetzgebers auch nicht erforderlich.8

III. Sinngemäße Anwendung des § 171 Abs. 10 AO (Abs. 1 Satz 3) 33

Zeitliche Grenze für eine Änderung des Gewerbesteuermessbescheids ist grds. der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 184 Abs. 1 Satz 3 AO.9 Allerdings ist bei einer Folgeänderung über § 35b Abs. 1 GewStG die Ablaufhemmung nach § 35b Abs. 1 Satz 3 GewStG iVm. § 171 Abs. 10 AO zu beachten.

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Gemäß § 35b Abs. 1 Satz 3 GewStG gilt § 171 Abs. 10 AO sinngemäß. Nach § 171 Abs. 10 AO – der seinem Wortlaut nach nur für Grundlagenbescheide gilt – endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Unter sinngemäßer Anwendung endet damit die Festsetzungsfrist für den Gewerbesteuermessbescheid nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des geänderten oder aufgehobenen Steuer- bzw. Feststellungsbescheids. Dies gilt auch, wenn bei Erlass des geänderten Gewerbesteuermessbescheids die Festsetzungsfrist für den geänderten Steuerbescheid mittlerweile abgelaufen ist.10

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BFH v. 1.3.1966 – I 259/64, BStBl. III 1966, 331. BFH v. 13.11.1991 – X R 48/91, BStBl. II 1992, 351. BFH v. 14.7.2016 – IV R 34/13, BFHE 255, 12 = FR 2017, 484 m. Anm. Wendt. So Selder in Glanegger/Güroff9, § 35b GewStG Rz. 9. Hofmeister in Blümich, § 35b GewStG Rz. 22. BFH v. 21.10.2009 – I R 29/09, BStBl. II 2010, 644 = FR 2010, 527; vgl. auch Kerssenbrock/Seiffert, Stbg. 2010, 209. Vgl. Rödder/Joisten/Liekenbrock in R/H/N, § 14 KStG Rz. 759. BT-Drucks. 17/10774, 21; zu möglichen Korrekturlücken vgl. Teiche, DStR 2013, 2197. So auch Hofmeister in Blümich, § 35b GewStG Rz. 11. BFH v. 21.4.2010 – X R 1/08, BStBl. II 2010, 771.

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C. Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes (Abs. 2)

Rz. 41 § 35b

Eine Änderung bzw. Aufhebung nach § 35b GewStG ist auch in Fällen möglich, in denen der Ge- 35 werbesteuermessbescheid bereits durch eine Einspruchsentscheidung bestätigt wurde.1 Eine Berichtigung nach § 35b GewStG scheidet aufgrund der erhöhten Bestandskraft gem. § 110 36 FGO aus, wenn ein Gericht die Rechtmäßigkeit des Gewerbesteuermessbescheids bereits durch Urteil rechtskräftig bestätigt hat. Dies gilt auch, wenn der StPfl. in einem Verfahren gegen den Steuer- bzw. Feststellungsbescheid, welches die gleichen Streitfragen betrifft, obsiegt.2

C. Verfahrensrechtliche Regelungen für die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes (Abs. 2) I. Zuständiges Finanzamt (Abs. 2 Satz 1) Für die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes ist das für den Erlass des Gewerbesteuer- 37 messbescheids zuständige FA zuständig. Die Regelung ist erforderlich, da § 22 Abs. 1 AO nach seinem Wortlaut nur auf die Festsetzung und Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge Anwendung findet. Durch den Verweis auf das für den Erlass des Gewerbesteuermessbescheids zuständige FA wird überdies erreicht, dass sowohl Festsetzung und Zerlegung des Messbetrags als auch die Verlustfeststellung bei einem FA konzentriert werden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO ist für die Feststellung des gewstl. Verlust damit 38 das Betriebs-FA zuständig. In den Ländern Berlin, Bremen und Hamburg ist § 22 Abs. 2 und 3 iVm. Abs. 1 AO zu beachten.3

II. Berücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen des Messbetragsverfahrens (Abs. 2 Satz 2) Gemäß § 10a Satz 6 GewStG ist die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge gesondert festzustellen 39 (§ 179 Abs. 1 AO). Liegt bereits ein Gewerbesteuermessbescheid für den EZ vor, sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie der Festsetzung des Steuermessbetrags für den EZ, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festgestellt wird, zugrunde gelegt worden sind. § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG erzeugt damit eine inhaltliche Bindungswirkung zwischen Gewerbesteuermessbescheid und gewstl. Verlustfeststellungsbescheid. Zudem bewirkt jede Änderung der Besteuerungsgrundlagen, die bei der Ermittlung der Höhe des 40 vortragsfähigen Gewerbeverlustes zu berücksichtigen sind, regelmäßig einen Erlass, eine Änderung oder eine Aufhebung des Verlustfeststellungsbescheids. Dabei sind nicht nur ein geänderter Gewinn, sondern auch geänderte Hinzurechnungs- und Kürzungsbeträge zu berücksichtigen.4 Eine Aufhebung oder Änderung ist damit möglich, wenn und soweit sich die Besteuerungsgrundlagen ändern und deshalb der Gewerbesteuermessbescheid für denselben EZ zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist. Als Besteuerungsgrundlage im Sinne der Vorschrift ist nicht nur der nach Maßgabe des § 7 GewStG 41 ermittelte Gewerbeertrag anzusehen, sondern iSv. § 157 Abs. 2 AO auch der Gewerbeverlust nach § 10a Satz 2 GewStG.5 Die Grundlagen für eine Änderung der Besteuerungsgrundlagen sind dabei unbeachtlich. Diese können im Tatsächlichen, aber auch im Rechtlichen liegen. Demzufolge ist auch eine geänderte rechtliche Zurechnung der vortragsfähigen Fehlbeträge auf die Beteiligten zu erfassen. Erforderlich ist somit lediglich, dass sich die Änderung auf den Steuermessbescheid auswirkt und der Bescheid „deshalb“ zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist.6 Eine Änderung der Beurteilung der 1 2 3 4 5 6

Vgl. Hofmeister in Blümich, § 35b GewStG Rz. 10. BFH v. 24.10.1979 – I S 8/79, BStBl. II 1980, 104. Vgl. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35b GewStG Rz. 29. R 35b Abs. 2 Satz 3 GewStR 2009. BFH v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, BFHE 213, 12 = FR 2006, 557 m. Anm. Wendt. BFH v. 28.2.2001 – I R 77/00, BFH/NV 2001, 1293.

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§ 35b Rz. 42 Änderung des GewSt-Messbescheids von Amts wegen sachlichen StPfl. gem. § 2 Abs. 1 GewStG stellt hingegen keine Besteuerungsgrundlage iSv. § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG dar.1 42

§ 35b Abs. 2 Sätze 2 (und 3) GewStG sind in der aktuellen Fassung eine Reaktion des Gesetzgebers auf die geänderte Rspr. des BFH zu § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG.2 Danach konnte ein verbleibender Verlustvortrag auch dann erstmals nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festgestellt werden, wenn der Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr zwar bestandskräftig war, darin aber keine nicht ausgeglichenen Einkünfte berücksichtigt wurden. Der Gesetzgeber hatte die Befürchtung, dass bei Anwendung der Rspr. ohne Neuregelung der StPfl. auch in größeren zeitlichen Abständen nach der Bestandskraft der Steuerfestsetzung erstmals Gründe für den erstmaligen Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids vortragen könnte und dadurch die formelle und materielle Abstimmung zwischen den Bescheiden nicht mehr gewahrt werde.3 Die aktuelle Gesetzesfassung entspricht inhaltlich der im Jahr 2010 geänderten Fassung des § 10d Abs. 4 EStG. Damit wird klargestellt, dass der bestandskräftige Verlustfeststellungsbescheid nur nach § 35b Abs. 2 Sätze 2 und 3 GewStG geändert werden kann, wenn der Gewerbesteuermessbescheid für denselben EZ nach den Änderungsvorschriften der AO oder nach § 35b Abs. 1 GewStG zumindest dem Grunde nach geändert werden könnte.4 Eine Änderung iSv. § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG wirkt dabei wie die Änderung eines Grundlagenbescheids für den Folgebescheid, auch ohne dass ein förmliches Bindungsverhältnis existiert. Demzufolge wird auch die entsprechende Anwendung des Regelungsverhältnisses zwischen Grundlagenund Folgebescheid nach § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 351 Abs. 2 AO und § 42 FGO in § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG angeordnet.5 Damit gilt: – Die Feststellungsfrist für den Verlustfeststellungsbescheid endet nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Gewerbesteuermessbescheids (§ 171 Abs. 10 AO entsprechend). – Der Verlustfeststellungsbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Gewerbesteuermessbescheid, dem insoweit inhaltliche Bindungswirkung zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO entsprechend). – Entscheidungen im Gewerbesteuermessbescheid können nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Verlustfeststellungsbescheids angefochten werden (§ 351 Abs. 2 AO entsprechend). Dies gilt trotz fehlender Beschwer nach § 350 AO auch dann, wenn die Steuerfestsetzung auf 0 Euro lautet, da der Einspruch gegen die Festsetzung die Änderungsmöglichkeit nach § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG für die Verlustfeststellung eröffnet.6 – Geänderte Gewerbesteuermessbescheide und geänderte Verlustfeststellungsbescheide können im finanzgerichtlichen Verfahren nicht in einem weiteren Umfang angegriffen werden, als sie im außergerichtlichen Vorverfahren angefochten werden können (§ 42 FGO entsprechend).

III. Von Satz 2 abweichende Berücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen (Abs. 2 Satz 3) 43

§ 35b Abs. 2 Satz 3 GewStG sieht eine Ausnahme von der Bindungswirkung des Gewerbesteuermessbescheids für die gewstl. Verlustfeststellung vor. Ein Erlass oder die Korrektur eines Verlustfeststellungbescheids ist danach auch dann möglich, wenn der Gewerbesteuermessbescheid dem Grunde nach geändert werden könnte, dies jedoch unterbleibt, weil sich die Höhe des festzusetzenden Steuermessbetrags nicht ändert. In diesen Fällen wird auf die Korrektur des Gewerbesteuermessbescheids ver1 BFH v. 7.9.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017, 482 = FR 2017, 790 m. Anm. Wendt. 2 BFH v. 17.9.2008 – IX R 70/06, BStBl. II 2009, 897 = FR 2009, 396; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35b GewStG Rz. 33 f. 3 BT-Drucks. 17/2249, 50 f. 4 R 35b Abs. 2 Satz 2 GewStR 2009. 5 Vgl. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35b GewStG Rz. 35. 6 Vgl. AEAO zu § 350 AO Nr. 3b zum inhaltsgleichen § 10d Abs. 4 EStG; BFH v. 6.12.2016 – I R 79/15, FR 2017, 935 = BFH/NV 2017, 851; aA Linkermann, EFG 2016, 133.

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C. Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes (Abs. 2)

Rz. 46 § 35b

zichtet. Ist eine Korrektur des Gewerbesteuermessbescheids auch verfahrensrechtlich nicht möglich, gilt weiterhin die Bindungswirkung des Messbescheids für die Verlustfeststellung.1

IV. Feststellungsfrist (Abs. 2 Satz 4) Nach § 35b Abs. 2 Satz 4 Halbs. 1 GewStG endet die Feststellungsfrist für den Verlustfeststellungs- 44 bescheid nach § 10a Satz 6 GewStG nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den EZ abgelaufen ist, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust gesondert festzustellen ist. Eine Feststellung nach Ablauf der Festsetzungsfrist für den Gewerbesteuermessbescheid2 ist damit – vorbehaltlich der Anwendung von § 35b Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2 GewStG – rechtswidrig.3 Zudem wird die Anwendung des § 181 Abs. 5 AO nach § 35b Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2 GewStG bis auf 45 den Ausnahmefall einer pflichtwidrig unterlassenen Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes durch das zuständige FA ausgeschlossen.4 § 35b Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2 GewStG ist eine Reaktion auf die Rspr. des BFH.5 Danach war auf die Feststellung des Verlustvortrags § 181 Abs. 5 AO anzuwenden. § 181 Abs. 5 AO sieht vor, dass eine Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist erfolgen kann, wenn sie für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Das ist sowohl dann der Fall, wenn der Verlust unmittelbar im folgenden Zeitraum abgezogen werden kann, als auch bei der Bindungswirkung der Verlustfeststellung für nachfolgende Verlustfeststellungen. Die Rspr. führte iErg. dazu, dass bei Verlustfeststellungen die Feststellungsfrist nicht endete und damit keine Feststellungsverjährung eintrat. Diese Wirkung entsprach nach Auffassung des Gesetzgebers nicht dem bei der Einführung der Verlustfeststellung verfolgten Ziel einer zeitnahen Entsch. über die Höhe des zu berücksichtigenden Verlustes. § 35b Abs. 2 Satz 4 GewStG entspricht inhaltlich der Änderung des § 10d Abs. 4 EStG durch das JStG 2007. Danach wird § 181 Abs. 5 AO bei Verlustfeststellungen grds. ausgeschlossen. Ausnahmsweise bleibt § 181 Abs. 5 AO anwendbar, wenn das zuständige FA die Feststellung des vor- 46 tragsfähigen Gewerbeverlustes pflichtwidrig unterlassen hat. Den StPfl. sollen nach der Gesetzesbegründung zum JStG 20076 nicht die Folgen eines pflichtwidrigen Unterlassens seitens der FinBeh. treffen. Gleichzeitig kann das FA den Fristablauf dadurch herbeiführen, dass es die Feststellung nachholt.7 Ein Unterlassen durch das zuständige FA liegt nur dann vor, wenn die Verlustfeststellung gänzlich unterblieben ist. Die unterlassene Änderung einer fristgerecht ergangenen Feststellung, zB durch Nichtauswertung von Feststellungen einer Betriebsprüfung, fällt trotz Verletzung des § 85 AO nicht in den Anwendungsbereich des § 35b Abs. 2 Satz 4 Halbs. 2 GewStG. Eine Änderung der Verlustfeststellung kann damit nur innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgen.8 Pflichtwidrig ist das Unterlassen, wenn die FinBeh. Kenntnis vom gewstl. Verlust hatte. Diese Kenntnis ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn sie die Verlustfeststellung unterlässt, obwohl der StPfl. eine Verlustfeststellungserklärung abgegeben hat.9

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BT-Drucks. 17/2249, 52. Klarstellend Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35b GewStG Rz. 38. BFH v. 11.2.2015 – I R 5/13, BStBl. II 2016, 353 = FR 2015, 855 m. Anm. Nöcker. Zur Frage der zulässigen Rückwirkung der Nichtanwendbarkeit des § 181 Abs. 5 AO iRd. inhaltsgleichen § 10d Abs. 4 EStG ist eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig (BvR 2582/16). Vgl. BFH v. 1.3.2006 – XI R 33/04, BStBl. II 2007, 919 = FR 2006, 593 m. Anm. Wendt; v. 12.6.2002 – XI R 26/01, BStBl. II 2002, 681 = FR 2002, 1193 m. Anm. Wendt. BT-Drucks. 16/2712, 44. Vgl. auch BFH v. 12.6.2002 – XI R 26/01, BStBl. II 2002, 681 Rz. 18 = FR 2002, 1193 m. Anm. Wendt. BFH v. 11.2.2015 – I R 5/13, BStBl. II 2016, 353; zustimmend Nöcker, FR 2015, 858. BFH v. 14.4.2015 – IX R 17/14, BFH/NV 2015, 1089.

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Abschnitt IX Durchführung

§ 35c Ermächtigung (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates 1. zur Durchführung des Gewerbesteuergesetzes Rechtsverordnungen zu erlassen a) über die Abgrenzung der Steuerpflicht, b) über die Ermittlung des Gewerbeertrags, c) über die Festsetzung der Steuermessbeträge, soweit dies zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung von Unbilligkeiten in Härtefällen erforderlich ist, d) über die Zerlegung des Steuermessbetrags, e) über die Abgabe von Steuererklärungen unter Berücksichtigung von Freibeträgen und Freigrenzen; 2. Vorschriften durch Rechtsverordnung zu erlassen a) über die sich aus der Aufhebung oder Änderung von Vorschriften dieses Gesetzes ergebenden Rechtsfolgen, soweit dies zur Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung oder zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen erforderlich ist, b) (weggefallen) c) über die Steuerbefreiung der Einnehmer einer staatlichen Lotterie, d) über die Steuerbefreiung bei bestimmten kleineren Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit im Sinne des § 210 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, wenn sie von der Körperschaftsteuer befreit sind, e) über die Beschränkung der Hinzurechnung von Entgelten für Schulden und ihnen gleichgestellte Beträge (§ 8 Nr. 1 Buchstabe a) bei Kreditinstituten nach dem Verhältnis des Eigenkapitals zu Teilen der Aktivposten und bei Gewerbebetrieben, die nachweislich ausschließlich unmittelbar oder mittelbar Kredite oder Kreditrisiken, die einem Kreditinstitut oder einem in § 3 Nr. 2 genannten Gewerbebetrieb aus Bankgeschäften entstanden sind, erwerben und Schuldtitel zur Refinanzierung des Kaufpreises für den Erwerb solcher Kredite oder zur Refinanzierung von für die Risikoübernahmen zu stellenden Sicherheiten ausgeben, f) über die Beschränkung der Hinzurechnung von Entgelten für Schulden und ihnen gleichgestellte Beträge (§ 8 Nummer 1 Buchstabe a) bei aa) Finanzdienstleistungsinstituten, soweit sie Finanzdienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 des Kreditwesengesetzes tätigen, bb) Zahlungsinstituten, soweit sie Zahlungsdienste im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c und Nummer 6 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erbringen. 2Voraussetzung für die Umsetzung von Satz 1 ist, dass die Umsätze des Finanzdienstleistungsinstituts zu mindestens 50 Prozent auf Finanzdienstleistungen und die Umsätze des Zahlungsinstituts zu mindestens 50 Prozent auf Zahlungsdienste entfallen, g) über die Festsetzung abweichender Vorauszahlungstermine. (2) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, den Wortlaut dieses Gesetzes und der zu diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen in der jeweils geltenden Fassung satzweise nummeriert mit neuem Datum und in neuer Paragraphenfolge bekannt zu machen und dabei Unstimmigkeiten im Wortlaut zu beseitigen. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

III. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . .

3

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . .

4

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . .

2

Wendt

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§ 35c Rz. 1 Ermächtigung B. Ermächtigungsgrundlage für Rechtsverordnungen (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . .

6

I. Ermächtigung der Bundesregierung unter Zustimmungsvorbehalt des Bundesrats (Einleitungssatz) . . . . . . . . . . . . . . . .

6

II. Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen zur Durchführung des GewStG (Abs. 1 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Ermächtigung zum Erlass von sonstigen Verordnungen (Abs. 1 Nr. 2) . . . . . . . .

13

C. Ermächtigung zur Bekanntmachung einer Neufassung (Abs. 2) . . . . . . . . .

19

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck 1 Die Vorschrift enthält in Abs. 1 Verordnungsermächtigungen iSd. Art. 80 Abs. 1 GG für die Bundes-

regierung, die entgegen der Abschnittsüberschrift nicht nur die Durchführung des GewStG betreffen, sondern auch materielle Rechtsfragen, die insbes. in Nr. 2 geregelt sind. Selbst die ausdrücklich als Durchführungsbestimmungen bezeichneten Ermächtigungen der Nr. 1 erstrecken sich teilweise auf materielles Recht. Abs. 2 ist demgegenüber eine reine Durchführungsvorschrift, die das BMF zur Veröffentlichung eines „technisch“ einwandfreien Textes des GewStG und der GewStDV in Gestalt einer Neubekanntmachung ermächtigt.

II. Anwendungsbereich 2 § 35c Abs. 1 GewStG gilt für Rechtsverordnungen zum GewStG. Die Vorschrift bindet die Bundesre-

gierung als Adressat der Verordnungsermächtigung, aber auch den Gesetzgeber selbst, soweit er durch eigene Rechtsakte Verordnungen zum GewStG schafft oder ändert.1 § 35 Abs. 2 GewStG enthält keine Verordnungsermächtigung, sondern lediglich eine Ermächtigung zur Neubekanntmachung, die sich an das BMF richtet.

III. Rechtsentwicklung 3 Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuerrechts v. 27.12.1951 (BGBl. I 1951, 996, BStBl. I 1952, 2):

Einführung des § 35c und damit erstmalige Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage für Rechtsverordnungen. Vor Inkrafttreten des GG beruhten Verordnungen zur Durchführung des GewStG auf der RAO bzw. einer mit heutigen Rechtsvorstellungen nicht vereinbaren „Ermächtigung durch den Führer“. Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997 (BGBl. I 1997, 2590, BStBl. I 1997, 928): Änderung von Nr. 1 Buchst. b und d; Neufassung von Nr. 2 Buchst. e. Steuerbereinigungsgesetz 1999 v. 22.12.1999 (BGBl. I 1999, 2601, BStBl. I 2000, 13): Bisheriger Text wird Abs. 1, zugleich Streichung von Nr. 2 Buchst. f; Hinzufügung des Abs. 2. Kleinunternehmerförderungsgesetz v. 31.7.2003 (BGBl. I 2003, 1550, BStBl. I 2003, 398): Erweiterung von Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e um Unternehmen, die Bankkredite und damit verbundene Risiken ankaufen und verbriefen. Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912, BStBl. I 2007, 630): Anpassung des Verweises in § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG an die Neuregelung der Hinzurechnung der Entgelte für Schulden in § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Jahressteuergesetz 2009 v. 19.12.2008 (BGBl. I 2008, 2794, BStBl. I 2009, 74): Einfügung eines neuen Buchst. f in § 35c Abs. 1 Nr. 2.

1 BVerfG v. 13.9.2005 – 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, 196.

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B. Ermächtigungsgrundlage für Rechtsverordnungen (Abs. 1)

Rz. 6 § 35c

Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 8.4.2010 (BGBl. I 2010, 386, BStBl. I 2010, 334): Neufassung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f GewStG mit Ergänzung um einen neuen Satz 2. Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 26.6.2013 (BGBl. I 2013, 1809, BStBl. I 2013, 802): Redaktionelle Anpassung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f GewStG an das Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz v. 25.6.2009 (BGBl. I 2009, 1506) durch Ergänzung des Satz 1 um die Regelung in Doppelbuchst. bb. Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen v. 1.4.2015 (BGBl. I 2015, 434): Anpassung des § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d GewStG an die Neufassung des VAG mit Wirkung ab 1.1.2016.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften Verhältnis zum GG. Die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen stützt sich auf Art. 80 4 Abs. 1 GG, dessen Anforderungen bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Rechtsverordnung zu berücksichtigen sind. Dies gilt insbesondere für das Erfordernis, dass der Gesetzgeber selbst Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung bestimmt (sog. „Wesentlichkeitstheorie“). Der Gesetzgeber hat nach ständiger Rspr. des BVerfG1 selbst die Entscheidung zu treffen, dass bestimmte Fragen geregelt werden sollen, muss die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel sie dienen soll. Das Gesetz muss selbst schon etwas bedacht und etwas gewollt haben und dem Verordnungsgeber ein „Programm“ setzen, das durch die Verordnung erreicht werden soll. Dies muss nicht notwendigerweise ausdrücklich geschehen, sondern kann auch durch Auslegung der Ermächtigungsnorm unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs mit anderen Vorschriften ermittelt werden.2 Verhältnis zur GewStDV. Die Regelungen der GewStDV müssen sich auf die Ermächtigungsgrund- 5 lage in § 35c Abs. 1 GewStG stützen. Soweit eine Regelung auf einer vorkonstitutionellen Ermächtigung beruht, gilt diese nach Art. 129 GG fort, weil das GewStG, zu dessen Durchführung die Verordnung dient, nach Inkrafttreten des GG nicht wesentlich geändert worden ist.3

B. Ermächtigungsgrundlage für Rechtsverordnungen (Abs. 1) I. Ermächtigung der Bundesregierung unter Zustimmungsvorbehalt des Bundesrats (Einleitungssatz) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG kann ein Gesetz ua. die Bundesregierung ermächtigen, Rechtsverord- 6 nungen zu erlassen. Die Ermächtigung muss nach Inhalt, Zweck und Ausmaß vom Gesetz selbst konkretisiert werden (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Eine solche Ermächtigung enthält das GewStG in § 35c Abs. 1 GewStG. Eine Rechtverordnung ist in materieller Hinsicht einem Gesetz gleichgestellt, unterscheidet sich von diesem nur in der Art und Weise des Entstehens und Wirksamwerdens. Eine ordnungsgemäß ergangene Rechtsverordnung entfaltet gegenüber dem Rechtsanwender dieselbe Wirkung wie ein formelles Gesetz. Damit unterscheidet sie sich von der Verwaltungsanweisung, deren Urheber dieselben Institutionen sein können wie die Verordnungsgeber, aber nur die Verwaltung selbst binden. Der gerichtlichen Überprüfung obliegt nicht nur wie bei einem formellen Gesetz die Anwendung der Norm auf den Lebenssachverhalt, sondern auch die Rechtmäßigkeit der Verordnung selbst. Dabei ist insbes. zu prüfen ob die Verordnung sich auf eine ausreichende Rechtsgrundlage stützt. Entscheidend ist dabei, dass die Ermächtigungsgrundlage in ihrer Fassung zum Zeitpunkt des

1 ZB BVerfG v. 11.1.1966 – 2 BvR 424/63, BVerfGE 19, 354 mwN. 2 ZB BVerfG v. 21.5.1968 – 2 BvL 10/66, 3/67, BVerfGE 24, 1. 3 Vgl. zB BVerfG v. 18.7.1967 – 2 BvF 3/62 ua., BVerfGE 22, 180.

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§ 35c Rz. 7 Ermächtigung Inkrafttretens der Verordnung ausreicht. Eine Verordnung bleibt auch dann rechtmäßig, wenn ihre Ermächtigungsgrundlage später wegfällt.1 7 Zum Erlass der Verordnungen ist die Bundesregierung ermächtigt, nicht etwa das BMF. Eine auf die-

se Ermächtigung gestützte Verordnung muss also vom Bundeskabinett nach den dafür vorgesehenen Verfahrensvorschriften beschlossen werden. 8 Die Rechtsverordnungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrats. Dies folgt aus Art. 80 Abs. 2

zweiter Teilsatz GG, wonach die Zustimmung des Bundesrats immer dann erforderlich ist, wenn das die Ermächtigungsgrundlage enthaltende Gesetz der Zustimmung des Bundesrats bedarf oder von den Ländern ausgeführt wird. Dies trifft auf das GewStG zu. 9 Eine Rechtsverordnung ist nur rechtmäßig, wenn sie die Ermächtigungsgrundlage, auf die sie gestützt

wird, zitiert (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG, sog. Zitiergebot). Eine Missachtung des Zitiergebots führt zur Nichtigkeit der Verordnung.2 Es bestehen uE erhebliche Zweifel, ob die GewStDV dem Zitiergebot vollständig genügt, denn in den einzelnen Paragrafen der Verordnung wird nicht auf die konkrete Ermächtigungsgrundlage hingewiesen.

II. Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen zur Durchführung des GewStG (Abs. 1 Nr. 1) 10

Die in Nr. 1 enumerativ aufgezählten Gegenstände der Verordnungsermächtigung dienen nicht alle der reinen Durchführung des GewStG, sondern betreffen auch Fragen des materiellen Rechts. Dies ist nicht zu beanstanden, soweit die Ermächtigungsgrundlage hinreichend bestimmt ist. Daran bestehen in den Fällen der Buchst. a (Abgrenzung der Steuerpflicht), Buchst. b (Ermittlung des Gewerbeertrags) und Buchst. d (Zerlegung) durchgreifende Bedenken, weil sich die Grenzen der Verordnungsbefugnis im Verhältnis zu den Regelungen dieser Gegenstände im GewStG nicht bestimmen lassen. Soweit Verordnungen auf diese Ermächtigungen gestützt worden sind, sind diese deshalb uE rechtswidrig.3

11

Die Ermächtigung zu Härtefallregelungen bei der Festsetzung von Steuermessbeträgen nach Buchst. c ist dann ausreichend, wenn man – wie im Fall der Billigkeitsregelung des § 163 AO4 – annimmt, dass die Ausfüllung der Merkmale in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar ist. Praktisch ist die Frage ohne Bedeutung, weil bisher auf dieser Grundlage keine Verordnung ergangen ist.

12

Buchst. e (Abgabe von Steuererklärungen) ist demgegenüber hinreichend bestimmt5 und insoweit eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für § 25 GewStDV.

III. Ermächtigung zum Erlass von sonstigen Verordnungen (Abs. 1 Nr. 2) 13

§ 35c Abs. 1 Nr. 2 GewStG ermächtigt die Bundesregierung zu Verordnungen, die zu einer materiellrechtlichen Abweichung von Normen des GewStG führen. Die Ermächtigungen nach Nr. 2 sind konkreter gefasst als die nach Nr. 1 und unterliegen weniger Bedenken im Hinblick auf eine ausreichende Bestimmtheit.

14

Für Buchst. a (Übergangsregelung bei Gesetzesänderung) gelten dieselben Maßstäbe wie für Nr. 1 Buchst. c. Auch von dieser Ermächtigungsgrundlage ist bisher kein Gebrauch gemacht worden.

1 BVerfG v. 3.12.1958 – 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3; BFH v. 24.10.1984 – I R 158/81, BStBl. II 1985, 223 = FR 1985, 166 zu dem auf einer reichsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage und nicht § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c GewStG beruhenden § 13 GewStDV. 2 BVerfG v. 6.7.1999 – 2 BvF 3/90, BVerfGE 101, 1. 3 AA Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 35c GewStG Rz. 12. 4 BFH v. 28.11.2016 – GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393 = FR 2017, 296. 5 Anders die Rechtslage vor 1985 (FG München v. 11.5.1990 – 15 K 4481/89, EFG 1991, 95).

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C. Ermächtigung zur Bekanntmachung einer Neufassung (Abs. 2)

Rz. 19 § 35c

Ob die Ermächtigung nach Buchst. c (Lotterieeinnehmer) ausreichend konkretisiert ist, erscheint 15 zweifelhaft. Von ihr ist bisher aber kein Gebrauch gemacht worden. § 13 GewStDV beruht noch auf vorkonstitutionellem Recht und wird insoweit als rechtmäßig angesehen.1 Buchst. d (Steuerbefreiung für kleinere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit iSd. § 210 VAG) enthält eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage, die an die KSt-Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 KStG anknüpft und auf der § 12a GewStDV beruht. Buchst. e (Ausnahme von der Hinzurechnung von Entgelten für Schulden) enthält eine bedeuten- 16 de Ausnahme von § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG, wonach der Verordnungsgeber bei Kreditinstituten und diese durch Ankauf und Verbriefung der Kreditrisiken refinanzierenden Zweckgesellschaften eine Befreiung von der Hinzurechnung unter bestimmten Bedingungen regeln kann („Bankenprivileg“). Die Grenzen der Ermächtigung sind uE hinreichend bestimmt.2 Ob sie von dem darauf gestützten § 19 GewStDV eingehalten werden, kann im Einzelfall zwar zweifelhaft sein (zB § 19 Abs. 3 Nr. 1 GewStDV), ist aber dadurch bedeutungslos geworden, dass der Gesetzgeber selbst mit dem JStG 20093 § 19 GewStDV seine heutige Fassung gegeben hat. Buchst. f (Ausnahme von der Hinzurechnung von Entgelten für Schulden) erweitert das Privileg 17 für Banken auf Leasing- und Factoringunternehmen. Die hinreichend konkrete Ermächtigungsgrundlage hat der Gesetzgeber mit § 19 Abs. 4 GewStDV selbst ausgefüllt.4 Buchst. g (abweichende Vorauszahlungstermine) ist zwar allgemein gefasst, dürfte aber noch hin- 18 reichend konkret sein, zumal es sich nicht um eine den Steueranspruch materiell ändernde Regelung des Verordnungsgebers handeln dürfte. Von der Ermächtigung ist bisher kein Gebrauch gemacht worden.

C. Ermächtigung zur Bekanntmachung einer Neufassung (Abs. 2) Abweichend von der Ermächtigung der Bundesregierung nach Abs. 1 enthält Abs. 2 keine Ermächti- 19 gung zum Erlass einer Rechtsverordnung iSd. Art. 80 Abs. 1 GG, sondern eine technische Ermächtigung, das GewStG und die GewStDV inhaltlich unverändert, aber unter Berücksichtigung von Änderungen seit der letzten Bekanntmachung im Zusammenhang neu bekannt zu machen. Adressat der Ermächtigung ist das BMF, weil es mangels inhaltlicher Änderungen nur um „technische“ Fragen der Gesetzesveröffentlichung geht, die keiner Befassung der Bundesregierung bedürfen. Das betrifft auch die damit verbundene Ermächtigung zur Nummerierung von Sätzen des Gesetzestexts. Von der durch das StBereinG 19995 eingefügten Ermächtigung ist bislang nur einmal Gebrauch gemacht worden, nämlich durch die Neubekanntmachung des GewStG 20026 und der GewStDV 2002.7

1 2 3 4

BFH v. 24.10.1984 – I R 158/81, BStBl. II 1985, 223 = FR 1985, 166. GlA FG Hbg. v. 28.8.2015 – 6 K 285/13, EFG 2016, 133 in Bezug auf Kreditinstitute iSd. § 1 Abs. 1 KWG. JStG 2009 v. 19.12.2008 (BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74). Mit dem JStG 2009 v. 19.12.2008 (BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74), mit dem EUUmsG v. 8.4.2010 (BGBl. 2010, 386 = BStBl. I 2010, 334) und mit dem AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013 (BGBl. I 2013, 1809 = BStBl. I 2013, 802). 5 StBereinG 1999 v. 22.12.1999 (BGBl. I 1999, 2601 = BStBl. I 2000, 13). 6 BGBl. I 2002, 4167. 7 BGBl. I 2002, 4180.

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Abschnitt X Schlussvorschriften

§ 36 Zeitlicher Anwendungsbereich (1) Die vorstehende Fassung dieses Gesetzes ist, soweit in Absatz 2 nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Erhebungszeitraum 2016 anzuwenden. (2) 1§ 3 Nummer 2 ist für die Hamburgische Investitions- und Förderbank erstmals für den Erhebungszeitraum 2013 anzuwenden. 2Die Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 2 in der bis zum 30. Juli 2014 geltenden Fassung ist für die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt letztmals für den Erhebungszeitraum 2013 anzuwenden. 3§ 3 Nummer 31 in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung ist erstmals für den Erhebungszeitraum 2014 anzuwenden. (2a) § 7 Satz 8 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals für den Erhebungszeitraum 2017 anzuwenden. (2b) § 7a in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals auf Gewinne aus Anteilen im Sinne des § 9 Nummer 2a, 7 oder 8 anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 zufließen, und auf Aufwendungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit diesen Gewinnen aus Anteilen stehen und nach diesem Zeitpunkt gewinnwirksam werden. (2c) 1§ 7b in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 erlassen wurden. 2Satz 1 gilt bei einem Schuldenerlass nach dem 8. Februar 2017 nicht, wenn dem Steuerpflichtigen auf Antrag Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes für einen Sanierungsertrag auf Grundlage von § 163 Absatz 1 Satz 2 und den §§ 222, 227 der Abgabenordnung zu gewähren sind. (2d) § 10a Satz 10 in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe im Sinne des § 8c des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 erfolgen. (3) § 35c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist erstmals für den Erhebungszeitraum 2016 anzuwenden. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . .

1

I. Regelungsgegenstand und -zweck . . . . . .

1

II. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .

5

B. Grundregel zur zeitlichen Anwendung des GewStG (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zeitliche Anwendung von § 3 Nr. 2 und 31 GewStG (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zeitliche Anwendung von § 7 Satz 8 GewStG (Abs. 2a) . . . . . . . . . . . . . . .

6 8

E. Zeitliche Anwendung von § 7a GewStG (Abs. 2b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

F. Zeitliche Anwendung von § 7b GewStG (Abs. 2c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

G. Zeitliche Anwendung von § 10a Satz 10 GewStG (Abs. 2d) . . . . . . . . . . . . . .

14

H. Zeitliche Anwendung von § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d GewStG (Abs. 3) . . . . . .

15

11

A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand und -zweck § 36 GewStG regelt die zeitliche Anwendung des GewStG. Die Grundregel in Abs. 1 bestimmt zentral 1 und einheitlich die erstmalige Anwendung der aktuellen Gesamtfassung (s. Rz. 6). In den Abs. 2 ff. finden sich gesonderte Anwendungsvorschriften für einzelne Normen, die unterjährig (dh. während eines laufenden EZ) eingefügt oder geändert wurden und von einem nach Abs. 1 abweichenden Zeitpunkt erstmalig (oder auch letztmalig) anzuwenden sind (s. Rz. 8 ff.). Diese Übergangsvorschriften Rüsch

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§ 36 Rz. 2 Zeitlicher Anwendungsbereich sind im Idealfall nur bis zu ihrer zeitlichen Erledigung – dem Ablauf des erst- oder letztmaligen Anwendungszeitpunkts – in § 36 GewStG enthalten, weil ihre Wiederholung in der dann folgenden Gesetzesfassung nicht mehr erforderlich ist (s. dazu auch Rz. 10). Sie behalten jedoch auch bei einer späteren Streichung ihre Gültigkeit für die jeweiligen EZ.1 In der Formulierung bezieht sich der Gesetzgeber mittlerweile oftmals nur noch auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der entsprechenden Vorschrift (s. Rz. 11 f., 14 f.). Ein Abstellen auf die konkrete Fassung des Gesetzes (s. hierfür Rz. 13) würde die spätere Identifikation des zugrunde liegenden Gesetzes hingegen für den Rechtsanwender deutlich einfacher machen. 2 Zeitliche Anwendungsvorschriften sind nicht für Zwecke des Art. 82 Abs. 2 Satz 1 GG erforderlich,

wonach jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung ihr Inkrafttreten selbst bestimmen soll, da sich Art. 82 Abs. 2 GG auf das Inkrafttreten eines im BGBl. zu verkündenden Gesetzes bezieht. § 36 GewStG bestimmt hingegen in seinem Abs. 1 lediglich die zeitliche Anwendung des GewStG in seiner aktuellen Gesamtfassung und meint damit eine Zusammensetzung von verschiedenen, bereits verkündeten Gesetzen (s. Rz. 6). Abs. 2 regelt die hiervon abweichende zeitliche Anwendung einzelner Rechtsnormen (s. Rz. 8 ff.). 3 Aus diesem Grund kann die zeitliche Anwendung einer Norm durch drei verschiedene Wege geregelt

werden. Entweder bestimmt das im BGBl. verkündete Gesetz in einem (oder mehreren) gesonderten Artikeln das Inkrafttreten des Gesetzes (letztlich also die zeitliche Anwendung). Fehlt hierzu eine eigenständige Bestimmung, greift Art. 82 Abs. 2 Satz 2 GG, wonach das Gesetz ohne weiteres Zutun am vierzehnten Tage nach seiner Verkündung in Kraft tritt (maßgeblich ist das Ausgabedatum des entsprechenden BGBl.). In beiden Fällen kann das verkündete Gesetz zusätzlich einzelne Normen enthalten, die die zeitliche Anwendung bestimmter Vorschriften gesondert und abweichend von dem durch Art. 82 Abs. 2 Satz 1 oder 2 GG bestimmten Zeitpunkt regeln. Der Anwendungszeitpunkt kann vor, nach oder auf den Zeitpunkt der Gesetzesverkündung fallen. Es gibt somit Fälle, in denen die zeitliche Anwendung und der Zeitpunkt des Inkrafttretens auseinanderfallen, da einzelne Rechtsnormen ggf. bereits in Kraft getreten, aber noch nicht anzuwenden sind. Bei rückwirkenden Änderungen (auf einen Zeitpunkt vor der Gesetzesverkündung), die zu einer Belastung des StPfl. führen, sind die verfassungsrechtlichen Grenzen einer unzulässigen Rückwirkung zu beachten.2 4 Zwingend sind Regelungen zur zeitlichen Anwendung aufgrund der 14-Tage-Regelung von Art. 82

Abs. 2 Satz 2 GG also nicht. Ohne sie wäre bei mehrfachen Änderungen einer Vorschrift die innerhalb des jeweiligen EZ zuletzt in Kraft getretene Regelung für den StPfl. relevant. Die Anwendungsregeln erleichtern aber die Rechtsanwendung und sind lediglich dort erforderlich, wo für die Anwendung einer Norm nicht das Datum der Gesetzesverkündung maßgeblich sein soll.

II. Rechtsentwicklung 5 § 36 GewStG regelt seit dem GewStG v. 1.12.19363 den zeitlichen Anwendungsbereich des GewStG

und wird seitdem fortlaufend angepasst. Die letzte umfangreiche Änderung geht auf das KroatienAnpG v. 25.7.20144 zurück. Durch eine Straffung mit dem Ziel einer strukturellen Bereinigung wurde die Anzahl der Absätze von 26 auf damals zwei reduziert.5 Gestrichen wurden vor allem nicht mehr erforderliche Übergangsregeln (zum Begriff s. Rz. 1).

B. Grundregel zur zeitlichen Anwendung des GewStG (Abs. 1) 6 Nach der Grundregel in Abs. 1 ist die „vorstehende“ Fassung des GewStG erstmals für den EZ 2016

anzuwenden. Gemeint ist nicht etwa die in Steuertexten abgedruckte, sondern die amtliche Fassung,

1 2 3 4 5

BFH v. 25.7.1991 – XI R 36/89, BStBl. II 1992, 26 = FR 1991, 753, zu § 52 EStG. Vgl. zB Grzeszick in Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rz. 80 ff. (Stand: Juli 2016), mwN zur Rspr. RGBl. I 1936, 979 (985). BGBl. I 2014, 1266 (1285). Zu den Hintergründen BT-Drucks. 18/1529, 72 u. 60.

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D. Zeitliche Anwendung von § 7 Satz 8 GewStG (Abs. 2a)

Rz. 11 § 36

dh. das GewStG in seiner letzten vollständigen Verkündigung im BGBl. (sog. „Bekanntmachung vom …“),1 inkl. aller seitdem im BGBl. verkündeten Änderungen. Trotz dieser Anordnung können einzelne Vorschriften der aktuellen Gesamtfassung bereits in früheren EZ anzuwenden sein, was § 36 GewStG idF des jeweiligen EZ zu entnehmen ist. Auch der erstmalige Anwendungszeitpunkt einer Norm ergibt sich regelmäßig nur aus der Fassung von § 36 GewStG zum Zeitpunkt der jeweiligen Einfügung oder Änderung der Norm. Die erstmalige Anwendung ab dem EZ 2016 gilt nur eingeschränkt, „soweit in Absatz 2 nichts an- 7 deres bestimmt ist“. Richtigerweise müsste es heißen: „soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist“. Der alleinige Bezug auf Abs. 2 wurde durch das Kroatien-AnpG v. 25.7.20142 eingefügt, weil § 36 GewStG durch gleiches Gesetz auf zwei Absätze reduziert worden ist (s. Rz. 5). Eine Anpassung des Wortlauts bei der Erweiterung von § 36 GewStG in den Folgejahren wurde vergessen, hat aber aufgrund der Spezialitätsfunktion der Folgeabsätze uE keine negative Bedeutung.

C. Zeitliche Anwendung von § 3 Nr. 2 und 31 GewStG (Abs. 2) Die Sätze 1 und 2 tragen dem Umstand Rechnung, dass die in § 3 Nr. 2 GewStG persönlich von der 8 GewSt befreite Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt zum 1.8.20133 in Hamburgische Investitions- und Förderbank (s. dazu § 3 Nr. 2 GewStG Rz. 1) umbenannt wurde. Durch den Namenswechsel war auch eine Wortlautanpassung von § 3 Nr. 2 GewStG erforderlich, um die Steuerbefreiung aufrechtzuerhalten. Durch die unterjährige Änderung (im laufenden EZ) bezieht sich sowohl die letztmalige Anwendung der alten Fassung als auch die erstmalige Anwendung der neuen Fassung auf den EZ 2013. Satz 3 bestimmt die Anwendung von § 3 Nr. 31 GewStG in der am 31.12.2014 geltenden Fassung. Es 9 handelt sich um die persönlich von der GewSt befreite Global Legal Entity Identifier Stiftung (s. dazu § 3 Nr. 31 GewStG Rz. 1 ff.). Bei der am 31.12.2014 geltenden Fassung handelt es sich um die Fassung des Zollkodex-AnpG v. 22.12.2014.4 Die Befreiung wurde durch gleiches Gesetz eingeführt und ist nach der Anwendungsvorschrift rückwirkend ab dem EZ 2014 anzuwenden. Alle in Abs. 2 enthaltenen Übergangsvorschriften sind inzwischen durch Zeitablauf erledigt und da- 10 her überflüssig. Sie wären – der strukturellen Anpassung durch das Kroatien-AnpG v. 25.7.20145 folgend (Rz. 5) – bei einer nächsten Änderung des GewStG zu streichen.

D. Zeitliche Anwendung von § 7 Satz 8 GewStG (Abs. 2a) Abs. 2a regelt die zeitliche Anwendung von § 7 Satz 8 GewStG in der am 1.1.2017 geltenden Fassung. 11 Hierbei geht es um die gewstl. Erfassung des AStG-Hinzurechnungsbetrags (s. dazu § 7 GewStG Rz. 169). Bei der am 1.1.2017 geltenden Fassung handelt es sich um die Fassung des Gesetzes v. 20.12.2016.6 Nach der Anwendungsvorschrift ist § 7 Satz 8 GewStG (Betriebsstätten als Empfänger des Hinzurechnungsbetrags) erstmals für den EZ 2017 anzuwenden. Für den ebenfalls durch Gesetz v. 20.12.2016 eingefügten § 7 Satz 7 GewStG (KapGes. als Empfänger des Hinzurechnungsbetrags) fehlt hingegen eine gesonderte Übergangsvorschrift in § 36 GewStG, was den Anschein einer Anwendung bereits für den EZ 2016 (nach der Grundregel des Abs. 1) erwecken lässt. Allerdings enthält Art. 19 des entsprechenden Gesetzes7 eine allgemeine Regelung zum Inkrafttreten des gesamten Gesetzes (s. dazu Rz. 2) zum 1.1.2017, weshalb sich keine unterschiedlichen Anwendungszeitpunkte ergeben. Aus diesem Grund wäre jedoch auch die Übergangsvorschrift in Abs. 2a erst gar nicht erforderlich gewesen. 1 2 3 4 5 6 7

Derzeit die Bekanntmachung v. 15.10.2002, BGBl. I 2002, 4167 ff. BGBl. I 2014, 1266 (1285). Hamburgisches GVbl. Teil Nr. 14, 148. BGBl. I 2014, 2417 (2427). BGBl. I 2014, 1266 (1285). BGBl. I 2016, 3000 (3014). BGBl. I 2016, 3000 (3015).

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§ 36 Rz. 12 Zeitlicher Anwendungsbereich

E. Zeitliche Anwendung von § 7a GewStG (Abs. 2b) 12

Abs. 2b regelt die zeitliche Anwendung von § 7a GewStG in der am 1.1.2017 geltenden Fassung. Hierbei geht es um die gewstl. Belastung iHv. 5 % der in der Einkommenszurechnung der Organgesellschaft an den Organträger enthaltenen Dividenden und Gewinnausschüttungen (s. dazu § 7a GewStG Rz. 24 ff.). Bei der am 1.1.2017 geltenden Fassung handelt es sich um die Fassung des Gesetzes v. 20.12.2016.1 Nach der Anwendungsvorschrift ist § 7a GewStG erstmals auf Gewinne aus Anteilen iSd. § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG anzuwenden, die nach dem 31.12.2016, also im EZ 2017, zufließen. Im unmittelbaren Zusammenhang stehende Aufwendungen müssen ebenfalls im EZ 2017 gewinnwirksam werden, um abgezogen werden zu können (Abs. 2b, letzter Teil).

F. Zeitliche Anwendung von § 7b GewStG (Abs. 2c) 13

Abs. 2c regelt die zeitliche Anwendung von § 7b GewStG idF v. 27.6.2017.2 Hierbei geht es um die Sonderregelung für die Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogenen Sanierungen (s. dazu § 7b GewStG Rz. 13 ff.). Die Maßgeblichkeit des 8.2.2017 resultiert daraus, dass an diesem Tag der Beschl. des GrS3 veröffentlicht wurde, mit der Folge eines ab diesem Zeitpunkt begrenzten Vertrauensschutzes für die Anwendung der Altregelung.4 Bei der zeitlichen Anwendungsvorschrift besteht die Besonderheit, dass das Inkrafttreten des Gesetzes unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Zustimmung der EU-Kommission stand.5

G. Zeitliche Anwendung von § 10a Satz 10 GewStG (Abs. 2d) 14

Abs. 2d regelt die zeitliche Anwendung von § 10a Satz 10 GewStG in der am 1.1.2016 geltenden Fassung. Hierbei geht es um die Anwendung des § 8d KStG auf gewstl. Fehlbeträge. Bei der am 1.1.2016 geltenden Fassung handelt es sich um die Fassung des Gesetzes v. 20.12.2016.6 Nach der Anwendungsvorschrift ist § 10a Satz 10 GewStG erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe iSd. § 8c KStG anzuwenden, die nach dem 31.12.2015, mithin im EZ 2016, erfolgen.

H. Zeitliche Anwendung von § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d GewStG (Abs. 3) 15

Abs. 3 regelt die zeitliche Anwendung von § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d GewStG in der am 1.1.2016 geltenden Fassung. Hierbei geht es um die Ermächtigung der Bundesregierung, Rechtsverordnungen über die Zerlegung des Steuermessbetrags zu erlassen (s. dazu §§ 28 ff.). Bei der am 1.1.2016 geltenden Fassung handelt es sich um die Fassung des Gesetzes v. 1.4.2015.7 Die Vorschrift wurde durch gleiches Gesetzes geändert und ist nach der Anwendungsvorschrift erstmals ab dem EZ 2016 anzuwenden. Durch den Gleichlauf mit der Grundregel des Abs. 1 ist die Anwendungsvorschrift mittlerweile überflüssig und zu streichen.

1 2 3 4 5 6 7

BGBl. I 2016, 3000 (3014). BGBl. I 2017, 2074 (2078 f.). BFH v. 28.11.2016 – GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393 = FR 2017, 296. Dazu BMF v. 27.4.2017 – IV C 6 - S 2140/13/10003 – DOK 2017/0322100, BStBl. I 2017, 741. BGBl. I 2017, 2074 (2079), dort Art. 6; s. näher zum Inkrafttreten § 7b GewStG Rz. 5. BGBl. I 2016, 2998 (2999). BGBl. I 2015, 434 (562 f.).

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Rüsch

Anhang 1 Gewerbesteuer bei Umwandlungen nach dem UmwStG § 2 UmwStG Steuerliche Rückwirkung (1) 1Das Einkommen und das Vermögen der übertragenden Körperschaft sowie des übernehmenden Rechtsträgers sind so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zu Grunde liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag), ganz oder teilweise auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen wäre. 2Das Gleiche gilt für die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen bei der Gewerbesteuer. […] § 18 UmwStG Gewerbesteuer bei Vermögensübergang auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person sowie bei Formwechsel in eine Personengesellschaft (1) 1Die §§ 3 bis 9 und 16 gelten bei Vermögensübergang auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person sowie bei Formwechsel in eine Personengesellschaft auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags. 2Der maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person kann nicht um Fehlbeträge des laufenden Erhebungszeitraums und die vortragsfähigen Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 10a des Gewerbesteuergesetzes gekürzt werden. (2) 1Ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust ist nicht zu erfassen. 2In Fällen des § 5 Abs. 2 ist ein Gewinn nach § 7 nicht zu erfassen. (3) 1Wird der Betrieb der Personengesellschaft oder der natürlichen Person innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung aufgegeben oder veräußert, unterliegt ein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer, auch soweit er auf das Betriebsvermögen entfällt, das bereits vor der Umwandlung im Betrieb der übernehmenden Personengesellschaft oder der natürlichen Person vorhanden war. 2Satz 1 gilt entsprechend, soweit ein Teilbetrieb oder ein Anteil an der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert wird. 3Der auf den Aufgabe- oder Veräußerungsgewinnen im Sinne der Sätze 1 und 2 beruhende Teil des Gewerbesteuer-Messbetrags ist bei der Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 35 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. § 19 UmwStG Gewerbesteuer bei Vermögensübergang auf eine andere Körperschaft (1) Geht das Vermögen der übertragenden Körperschaft auf eine andere Körperschaft über, gelten die §§ 11 bis 15 auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags. (2) Für die vortragsfähigen Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 10a des Gewerbesteuergesetzes gelten § 12 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 entsprechend. § 23 UmwStG Auswirkungen bei der übernehmenden Gesellschaft […] (5) Der maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden Gesellschaft kann nicht um die vortragsfähigen Fehlbeträge des Einbringenden im Sinne des § 10a des Gewerbesteuergesetzes gekürzt werden. A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge . . . . .

1 6

I. Umwandlung von Kapital- auf Personenunternehmen (§§ 3–9, 16, 18 UmwStG) . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6 6

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Anh. 1 GewSt bei Umwandlungen 2. Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person (§§ 3–8, 18 UmwStG) . . . . a) Ebene der übertragenden Körperschaft (§ 3 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . b) Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person und Ebene des Gesellschafters (§§ 4–7, 18 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Besteuerung der offenen Rücklagen (§ 7 UmwStG) . . . . . . . . . . . . bb) Übernahmeergebnis auf Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person (§§ 4, 5 UmwStG) . . . . . . . . . . cc) Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Formwechsel von Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften (§ 9 UmwStG) . . . . 4. Auf- und Abspaltung auf eine Personengesellschaft (§ 16 UmwStG) . . . . . . . . . . . 5. Missbrauchsverhinderungsvorschrift bei nachfolgenden Veräußerungs- bzw. Aufgabevorgängen (§ 18 Abs. 3 UmwStG) . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils innerhalb der Fünf-JahresFrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umwandlung von Kapital- auf Kapitalgesellschaften (§§ 11–15, 19 UmwStG) . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verschmelzung von Körperschaften (§§ 11–13, 19 UmwStG) . . . . . . . . . . . . a) Ebene der übertragenden Körperschaft (§§ 11, 19 UmwStG) . . . . . . . . . . . . b) Ebene der übernehmenden Körperschaft (§§ 12, 19 Abs. 1 UmwStG) . . . . . . . . c) Ebene der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft (§§ 13, 19 Abs. 1 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . bb) Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§§ 13 Abs. 1, 19 Abs. 1 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auf Antrag Buchwertansatz (§§ 13 Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 1 UmwStG) . 3. Auf- und Abspaltung von Kapitalgesellschaften auf Kapitalgesellschaften (§§ 15, 11–13, 19 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . a) Ebene der übertragenden Körperschaft (§§ 15, 11, 19 UmwStG) . . . . . . . . . .

8 8

14 14

21 23 27 29 31 31

33 37 45 45 46 46 52 58 58 59 62 66 66

b) Ebene der übernehmenden Körperschaft (§§ 15, 12, 19 Abs. 1 UmwStG) . c) Ebene der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft (§§ 15, 13, 19 Abs. 1 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . III. Einbringungen in Kapitalgesellschaften (§§ 20, 21 und 25 UmwStG) . . . . . . . . 1. Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG) . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§ 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) . . . c) Auf Antrag Buch- bzw. Zwischenwertfortführung (§ 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Übernehmende Gesellschaft . . . . . . . e) Ausschüttungen der übernehmenden Gesellschaft an den Einbringenden . . . 2. Einbringung von Anteilen an Kapitalgesellschaften in Kapitalgesellschaften (Anteilstausch gem. § 21 UmwStG) . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§ 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG) . . . c) Auf Antrag Buch- bzw. Zwischenwertfortführung (§ 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Übernehmende Gesellschaft (Schachtelprivilegien in § 9 Nr. 2a und 7 GewStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ausschüttungen der übernehmenden Gesellschaft an den Einbringenden . . . f) Erworbene Gesellschaft . . . . . . . . . 3. Formwechsel von Personen- in Kapitalgesellschaften (§ 25 UmwStG) . . . . . . . . . 4. Gewerbesteuerliche Behandlung des Einbringungsgewinns I und II (§§ 22 Abs. 1 und 2 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . a) Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einbringungsgewinn II (§ 22 Abs. 2 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einbringungen in Personengesellschaften (§ 24 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§ 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) . . . . . . . . 3. Auf Antrag Buch- bzw. Zwischenwertfortführung (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) . . . 4. Sperrfrist gem. § 24 Abs. 5 UmwStG . . . . 5. Übernehmende Gesellschaft . . . . . . . . .

70 71 73 73 73 76 81 84 86 87 87 90 92 95 101 102 103 106 106 109 114 114 117 119 120 122

Literatur: G. Söffing, Der zu weitgehende Wortlaut des § 18 Abs. 4 UmwStG, FR 2005, 1007; Förster/Felchner, Umwandlung von Kapitalgesellschaften in Personenunternehmen nach dem Referentenentwurf zum SEStEG, DB 2006, 1072; Benecke/Schnitger, Letzte Änderungen der Neuregelungen des UmwStG und der Entstrickungsnormen durch das SEStEG – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, IStR 2007, 22; Schroer/Starke, Die beteiligungshöhenunabhängige Schachtelprivilegierung in der Gewerbesteuer bei Verschmelzungen, FR 2007, 488; Förster/Felchner, Weite vs. enge Einlagefiktion bei der Umwandlung von Kapitalgesellschaften in Personenunter-

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A. Einführung

Rz. 1 Anh. 1

nehmen, DB 2008, 2445; Krohn/Greulich, Ausgewählte Einzelprobleme des neuen Umwandlungssteuerrechts aus der Praxis, DStR 2008, 646; Rauenbusch, Unternehmensteuerreform 2008: Steuerliche Vorteilhaftigkeit des Formwechsels einer Kapital- in eine Personengesellschaft?, DB 2008, 656; Schell, Kapitalertragsteuerpflicht bei grenzüberschreitender Verschmelzung einer deutschen Kapitalgesellschaft auf eine EU-/EWR-Kapitalgesellschaft?, IStR 2008, 397; Wernsmann/Desens, Gleichheitswidrige Gewerbesteuernachbelastung durch ein Nichtanwendungsgesetz – Zur Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 3 UmwStG idF JStG 2008, DStR 2008, 221; Hageböke, Zum Zeitpunkt des Anteilstausches nach § 21 UmwStG aus Sicht des Einbringenden, Ubg 2010, 41; Hierstetter, (Mit-)Unternehmeridentität bei Verschmelzung bzw. Spaltung einer Kapitalgesellschaft, DB 2010, 1089; Seer/Krumm, Die Stichtagsregelung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs bei unterjähriger Einlage und Einbringung aus dem Privatvermögen, FR 2010, 677; Behrendt/Gaffron/Krohn, Zur Einbringung von Mitunternehmeranteilen durch natürliche Personen, DB 2011, 1072; Neu/Schiffers/Watermeyer, Praxisrelevante Schwerpunkte aus dem UmwStE-Entwurf, GmbHR 2011, 729; Ernst, Das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg bei Umwandlungsvorgängen, Ubg 2012, 678; Flick Gocke Schaumburg/Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (Hrsg.), Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, Bonn 2012; Kraft, Gewerbesteuerliches Gestaltungspotential und Gewerbesteuerfallen bei Umwandlungen im Kontext von Inbound-Investments, IStR 2012, 528; Neu/Hamacher, Die Gewerbesteuerfalle des § 18 Abs. 3 UmwStG nach dem UmwSt-Erlass 2011, GmbHR 2012, 280; Pung, Besteuerung von Einbringungsgewinnen bei Sperrfristverstößen nach dem UmwSt-Erlass 2011, GmbHR 2012, 158; Schmitt/Schlossmacher, Umwandlungssteuererlass 2011, München 2012; Schneider/Ruoff/Sistermann, Umwandlungssteuer-Erlass 2011, Köln 2012; Suchanek, Übergang des Gewerbeverlusts nach § 10a GewStG von einer Kapital- auf eine Personengesellschaft, FR 2012, 296; von Freeden in Prinz (Hrsg.), Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, Kapitel 18: Gewerbesteuerliche Aspekte, Köln 2013; Keuthen, Gewerbesteuer nach § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG bei Einbringungen „an sich selbst“, Ubg 2013, 480; Lenz/Adrian, Besitzzeitanrechnung bei Umwandlungen und Einbringungen, DB 2014, 2670; Mattern, Vorsicht bei Umwandlungsvorgängen mit dem gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg, DStR 2014, 2376; Melan/Wecke, Umwandlungssteuerliche Rückwirkungsfiktion: Anwendbarkeit von § 2 Abs. 4 UmwStG in der GewSt, DB 2014, 1447; Haritz/Menner (Hrsg.), UmwStG, 4. Aufl., München 2015; Schaarwächter, Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg bei unterjähriger Einbringung von Anteilen aus dem Privat- in das Betriebsvermögen, GmbHStB 2015, 79; Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, 7. Aufl., München 2016; Weiss, Aktuelle Rechtsprechung zum gewerbesteuerlichen Missbrauchstatbestand des § 18 Abs. 3 UmwStG, EStB 2016, 20; Haase/Hruschka (Hrsg.), UmwStG, 2. Aufl., Berlin 2017; Eisgruber (Hrsg.), UmwStG, 2. Aufl., Herne 2018; Weiss/Brühl, Zur umfassenden Rechtsnachfolge beim Anteilstausch nach § 21 UmwStG, Ubg 2018, 22; Zimmermann, Verlustvernichtung durch Zwangsrealisierung von stillen Lasten bei Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften, Ubg 2018, 17. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 25.3.1998 – IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I 1998, 268 – Umwandlungssteuergesetz (UmwStG), Zweifels- und Auslegungsfragen; BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314 – Schreiben betr. Anwendung des UmwStG idF des G über stl. Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) – Umwandlungssteuererlass 2011 (UmwStE 2011); BMF v. 3.11.2016 – IV C 6 - S 2296 - a/08/10002 :003, BStBl. I 2016, 1187 Rz. 14 – Schreiben betr. Steuerermäßigung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 35 EStG; BMF v. 23.2.2018 – IV C 2 - S 1978-b/16/10001 :001 – DOK 2018/0156048, BStBl. I 2018, 319 – Verlustverrechnung bei unterjähriger Abspaltung (§ 15 Abs. 3 UmwStG); OFD Koblenz v. 27.12.2004 – G 1421 A - Nr. 79/04, DStR 2005, 194 – Kurzinformation betr. Einzelfragen zu § 7 GewStG und § 18 Abs. 4 UmwStG; OFD Münster v. 18.3.2008, BB 2008, 824 – Kurzinformation Gewerbesteuer Nr. 001/2008; FinMin. NRW v. 27.1.2012 – G 1427-26-V B 4, FR 2012, 238 – Erlass betr. Übergang des Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG einer KapGes. auf eine Personengesellschaft infolge einer Einbringung; OFD Frankfurt/M. v. 15.11.2017 – G 1421 A-7-St 525, juris – Vfg. betr. GewStPfl. von Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnen des übernehmenden Rechtsträgers innerhalb von 5 Jahren nach Umwandlung, aktuelle Rspr. zu § 18 UmwStG.

A. Einführung Das UmwStG enthält von den allg. Einkünfte- und Gewinnermittlungsvorschriften des EStG und 1 KStG abweichende Sondervorschriften der Einkünfte- bzw. Gewinnermittlung. Diese können insbes. im Wege antragsgebundener Bewertungswahlrechte (zB §§ 3 Abs. 2, 11 Abs. 2, 13 Abs. 2, 20 Abs. 2, 24 Abs. 2 UmwStG) Auswirkungen auf die Einkünfte- bzw. Gewinnermittlung haben. Der Sinn und Zweck der Vorschriften des UmwStG ist es, betriebswirtschaftlich erwünschte Umstrukturierungen von Unternehmen nicht durch eine ertragsteuerpflichtige Aufdeckung von stillen Reserven zu behindern.1

1 Vgl. BT-Drucks. 12/7263.

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Anh. 1 Rz. 2 GewSt bei Umwandlungen 2 Nach § 7 Satz 1 GewStG baut die Ermittlung des Gewerbeertrags auf dem nach den Vorschriften des

EStG und des KStG zu ermittelnden Gewinn aus Gewerbebetrieb auf. Die Vorschriften des UmwStG nennt § 7 Satz 1 GewStG dagegen nicht. Das UmwStG ordnet in § 2 Abs. 1 Satz 2, §§ 18 und 19 UmwStG für den sog. „Umwandlungsteil“ des UmwStG1 zwar ausdrücklich die Geltung des UmwStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags an. Darüber hinaus enthält § 18 Abs. 3 UmwStG eine – abweichend von den allg. gewstl. Grundsätzen konstitutiv wirkende – Vorschrift zur Einbeziehung von Veräußerungs- und Aufgabevorgängen in den Gewerbeertrag im Anschluss an vorangegangene Umwandlungen von KapGes. auf Personengesellschaften oder auf eine natürliche Person (s. ausf. Rz. 31 ff.). Der sog. „Einbringungsteil“ des UmwStG2 (§§ 20 bis 25 UmwStG) enthält mit Ausnahme von § 23 Abs. 5 UmwStG (Nichtübergang von vortragsfähigen gewstl. Fehlbeträgen des Einbringenden iSv. § 10a GewStG auf eine übernehmende KapGes.) und § 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG (Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum) keine ausdrücklichen gewstl. Regelungen.3 Die Regelungen des UmwStG wirken sich bei der Ermittlung des Gewerbeertrags aber auch ohne ausdrückliche Anordnung über § 7 Satz 1 GewStG aus, da das UmwStG insgesamt als lex specialis zur Gewinnermittlung nach EStG, KStG und GewStG konzipiert ist.4 Die Vorschriften des UmwStG überlagern im Grundsatz damit iErg. die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG und KStG und wirken sich damit auch auf die Ermittlung des Gewerbeertrags aus.5 3 Im Grundsatz haben daher sämtliche Fragen zur Auslegung der Vorschriften des UmwStG auch Be-

deutung für die GewSt. Gegenstand der Erläuterungen dieses Anhangs sind jedoch lediglich die wesentlichen gewstl. Besonderheiten iZm. der Anwendung des UmwStG. Im Übrigen wird auf die Spezialliteratur zum UmwStG verwiesen. Nicht Gegenstand dieses Anhangs sind auch die gewstl. Aspekte der sich außerhalb des UmwStG bietenden Möglichkeiten zur ertragsteuerneutralen Umstrukturierung von BV (wie etwa die Überführung bzw. Übertragung von Einzel-WG nach § 6 Abs. 5 EStG, die Realteilung gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG oder die Anwachsung).6 4 Die zentralen gewstl. Fragen iRd. Anwendung des UmwStG sind:

– Eine etwaige GewStPfl. von Übertragungs- bzw. Einbringungsgewinnen auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers bzw. des Einbringenden (s. für die Umwandlung von KapGes. auf Personengesellschaften oder auf eine natürliche Person Rz. 8 ff.; Verschmelzung von KapGes. auf KapGes. Rz. 46 ff.; Einbringung von Sachgesamtheiten in KapGes. nach § 20 UmwStG Rz. 76 ff., von Anteilen an KapGes. in KapGes. nach § 21 UmwStG Rz. 90 ff. und von betrieblichen Sachgesamtheiten in Personengesellschaften nach § 24 UmwStG Rz. 117 f.); – die Reichweite der für die GewSt konstitutiv wirkenden Vorschrift des § 18 Abs. 3 UmwStG zur Einbeziehung von Veräußerungs- und Aufgabevorgängen in den Gewerbeertrag im Anschluss an vorangegangene Umwandlungen von KapGes. auf Personengesellschaften oder auf eine natürliche Person (Rz. 31 ff.); – die Frage nach der Rechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers bzw. des Einbringenden in die zeitraum- bzw. zeitpunktbezogenen Voraussetzungen der gewstl. Schachtelprivilegien (§ 9 Nr. 2a und 7 GewStG) in Bezug auf Anteile an KapGes. (s. Rz. 17 ff., 24 ff., 28, 55, 61, 63 ff., 85, 95 ff., 101, 104, 122); – die etwaige GewStPfl. des Einbringungsgewinns I (§ 22 Abs. 1 UmwStG, Rz. 107) bzw. Einbringungsgewinns II (§ 22 Abs. 2 UmwStG, Rz. 111 f.) nach einer vorangegangenen Einbringung gem. §§ 20, 21 UmwStG in eine KapGes. unterhalb des gemeinen Werts; und – die Auswirkungen von Umwandlungen auf gewstl. Fehlbeträge iSv. § 10a GewStG. 5 Einstweilen frei. Rödder in R/H/vL2, Einführung Rz. 46. Rödder in R/H/vL2, Einführung Rz. 47. Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 257 (Stand: Mai 2015). Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, Einführung UmwStG Rz. 23; vgl. auch Rödder in R/H/vL2, Einführung Rz. 4; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 2 f. (Stand: Mai 2015). 5 Vgl. Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 90 (Stand: Mai 2015); ohne dogmatische Begründung geht auch das BMF von der Geltung des UmwStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags aus (vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 01.01). 6 Übersicht bei Rödder in R/H/vL2, Einführung Rz. 83 ff. 1 2 3 4

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Pitzal

B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 8 Anh. 1

B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge I. Umwandlung von Kapital- auf Personenunternehmen (§§ 3–9, 16, 18 UmwStG) 1. Überblick Zu den von §§ 3 bis 9, 16 UmwStG erfassten Umwandlungsvorgängen gehören zivilrechtlich insbes. 6 die Verschmelzung einer KapGes.1 auf eine Personenhandelsgesellschaft oder auf eine natürliche Person (§§ 2 ff., 46 ff., 120 ff. UmwG), die Aufspaltung einer KapGes., soweit dabei übernehmender Rechtsträger (auch) eine Personenhandelsgesellschaft ist (§ 123 Abs. 1 UmwG), die Abspaltung von einer KapGes. auf eine Personengesellschaft gem. § 123 Abs. 2 UmwG (zu diesen Vorgängen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwStG) sowie der Formwechsel einer KapGes. in eine Personengesellschaft gem. § 190 Abs. 1 UmwG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwStG).2 Erfasst sind jeweils auch vergleichbare ausländ. Vorgänge (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwStG).3 Aus ertragsteuerlicher Sicht sind die von §§ 3 bis 9, 16 UmwStG erfassten Umwandlungsvorgänge dadurch gekennzeichnet, dass die Besteuerungsebene der KapGes. entfällt. Für die GewSt wird in § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG (deklaratorisch) angeordnet, dass die §§ 3 bis 9, 7 16 UmwStG beim Vermögensübergang auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person sowie beim Formwechsel in eine Personengesellschaft auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags gelten.4 Die Regelungen des § 18 UmwStG und der §§ 3 bis 9, 16 UmwStG gehen daher den allg. Regelungen im GewStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags als lex specialis vor.5 Da der Wortlaut des § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG keine anderslautende Einschränkung enthält und sowohl auf § 3 UmwStG (Ebene der übertragenden Körperschaft) als auch §§ 4 bis 9 UmwStG (Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person) verweist, sind die §§ 3 bis 9, 16 UmwStG sowohl auf die Ermittlung des Gewerbeertrags der übertragenden Körperschaft als auch auf die Ermittlung des Gewerbeertrags der übernehmenden Personengesellschaft anzuwenden, sofern diese persönlich gewstpfl. sind.6 Auch für den Gesellschafter der übertragenden Körperschaft gelten die §§ 3 bis 9, 16 UmwStG (und damit insbes. auch § 7 Satz 1 UmwStG). § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG setzt jeweils eine bestehende GewStPfl. voraus, kann sie aber nicht begründen.7 2. Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person (§§ 3–8, 18 UmwStG) a) Ebene der übertragenden Körperschaft (§ 3 UmwStG) Ob sich durch die Verschmelzung auf der Ebene der übertragenden Körperschaft gewstl. Auswirkun- 8 gen ergeben, richtet sich im Grundsatz nach dem Wertansatz für die übergehenden WG in der stl. Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft, es sei denn, dass die übertragende Körperschaft von vornherein nicht der GewSt unterliegt. Die stl. Schlussbilanz ist (auch für gewstl. Zwecke) auf den stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung zu erstellen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwStG).8 Der 1 Auf Umwandlungsvorgänge unter Beteiligung von Genossenschaften oder anderen Körperschaften wird im Folgenden nicht weiter eingegangen. 2 S. zu den einzelnen Umwandlungsvorgängen auch die tabellarischen Übersichten in UmwStE 2011 Rz. 01.10, 01.12 und 01.17. 3 Zu den Voraussetzungen an eine Vergleichbarkeit ausländ. Vorgänge vgl. UmwStE 2011 Rz. 01.20 ff.; zu den in persönlicher Hinsicht (EU/EWR) erforderlichen Voraussetzungen § 1 Abs. 2 UmwStG. 4 Dazu, dass in § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG gerade keine „entsprechende“ Anwendung der §§ 3 bis 9, 16 UmwStG angeordnet wird, sondern eine „Geltung“ der Vorschriften, Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 103 (Stand: Mai 2015). 5 Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 1 (Stand: April 2016); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 1; BFH v. 9.1.2009 – IV B 27/08, BStBl. II 2011, 393 = FR 2009, 636 m. Anm. Wendt (zu § 4 ff. UmwStG 1995). 6 UmwStE 2011 Rz. 18.01 Satz 1; Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 3 (Stand: April 2016); Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 8; Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 1. 7 Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 3 (Stand: April 2016). 8 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 5.

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Anh. 1 Rz. 9 GewSt bei Umwandlungen stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung richtet sich nach dem Stichtag der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Es besteht (außerhalb der Wahl des Bilanzstichtags) kein Wahlrecht.1 Entscheidend für die Bestimmung des stl. Übertragungsstichtags ist danach die für die übertragende Körperschaft bei der Anmeldung der Verschmelzung zum Handelsregister eingereichte Schlussbilanz iSv. § 17 Abs. 2 UmwG. Umstritten ist, ob der Ausschluss der Rückwirkungsfiktion in § 2 Abs. 4 UmwStG auch für Zwecke der GewSt gilt.2 Mit dem stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung endet die GewStPfl. der übertragenden Körperschaft (§ 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG, R 2.7 Abs. 1 Satz 1 und 4 GewStR 2009).3 Am stl. Übertragungsstichtag beginnt eine mögliche GewStPfl. der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person,4 sofern diese nicht auch schon vor der Umwandlung gewstpfl. war. 9 Nach der Grundregel in § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG sind die bei der Verschmelzung auf die Per-

sonengesellschaft oder natürliche Person übergehenden WG (einschließlich nicht entgeltlich erworbener und selbst geschaffener immaterieller WG) in der stl. Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen; für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt hiervon abweichend zwingend ein (niedrigerer) Ansatz gem. § 6a EStG (§ 3 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Ein Ansatz zum gemeinen Wert ergibt sich auch dann zwingend, wenn das übertragene BV nicht BV des übernehmenden Rechtsträgers wird (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UmwStG), was insbes. den Fall der Verschmelzung auf eine aus stl. Sicht vermögensverwaltende Personengesellschaft erfasst. 10

Auf Antrag können die übergehenden WG unter bestimmten Voraussetzungen einheitlich mit dem Buchwert oder einem Wert zwischen dem Buchwert und dem gemeinem Wert (höchstens aber mit dem gemeinen Wert) angesetzt werden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 UmwStG).5 Das Wahlrecht zum Buch- bzw. Zwischenwertansatz kann für die KSt und GewSt nur einheitlich ausgeübt werden.6 Für eine Möglichkeit zur abweichenden Wahlrechtsausübung sind dem Gesetz keine Anhaltspunkte zu entnehmen.

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Voraussetzung für einen Wertansatz unterhalb des gemeinen Werts ist ua., dass die WG Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person werden und sichergestellt ist, dass diese später der Besteuerung mit ESt oder KSt unterliegen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG). Bei diesem BV muss es sich jedoch nicht um ein gewerbliches BV handeln.7 Eine fortbestehende gewstl. Verstrickung des BV ist ausdrücklich keine Voraussetzung für den Buch- oder Zwischenwertansatz.8 Durch einen Wertansatz unterhalb des gemeinen Werts kann es somit zu einer endgültigen gewstl. Entstrickung von stillen Reserven kommen. Zu beachten ist jedoch § 18 Abs. 3 UmwStG, der 1 UmwStE 2011 Rz. 02.03 Abs. 3. 2 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 4 mwN und Rz. 15. Zwar ist der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 4 UmwStG anders strukturiert als zB der Wortlaut des § 2 Abs. 3 UmwStG („Die Abs. 1 und 2 sind nicht anzuwenden, soweit …“). Vor diesem Hintergrund kann argumentiert werden, dass es auch in § 2 Abs. 4 UmwStG eines ausdrücklichen Verweises auf § 2 Abs. 1 UmwStG bedurft hätte, um den Ausschluss auf die GewSt zu erstrecken. Nach Auffassung der FinVerw. (UmwStE 2011 Rz. 18.02 Satz 2) gilt der gesamte § 2 UmwStG auch für die GewSt; ebenso Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 9; Möllmann/Carstens in FGS/ BDI, Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. 18.02; ausf. zu dieser Frage Melan/Wecke, DB 2014, 1447. 3 Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 30; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 140 (Stand: Mai 2015). 4 UmwStE 2011 Rz. 02.12. 5 Hierzu im Einzelnen stellvertretend Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 3 UmwStG Rz. 50 ff. (Stand: Dezember 2015). Der gemeine Wert soll nach Auffassung der FinVerw. auch im Fall des Ansatzes zum Buch- oder Zwischenwert die Bewertungsobergrenze darstellen (s. UmwStE 2011 Rz. 03.12), sodass es ggf. zu einer Abstockung kommt; hierzu zB Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 125 (Stand: Mai 2015); krit. Zimmermann, Ubg 2018, 17. 6 Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 5 (Stand: April 2016); Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 21; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 126 und 132 (Stand: Mai 2015). 7 Bsp.: Verschmelzung einer Freiberufler-GmbH auf eine Freiberufler-Personengesellschaft, die nach der Verschmelzung Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) erzielt. 8 So ausdrücklich UmwStE 2011 Rz. 18.01 Satz 2, mit Verweis auf Rz. 03.17 Abs. 1 Satz 2; vgl. auch UmwStE 2011 Rz. 03.18 Abs. 2; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 4; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 3 und 15; Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 4 (Stand: April 2016); Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 42.

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Rz. 13 Anh. 1

innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung bei Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs, eines Teilbetriebs oder (Teil-)Mitunternehmeranteils ggf. konstitutiv eine GewStPfl. des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns anordnet (Rz. 31 ff.). Entsteht in der stl. Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft ein Übertragungsgewinn, unter- 12 liegt dieser der GewSt (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, R 7.1 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009).1 Alle persönlichen und sachlichen Steuerbefreiungen und die Regelungen von DBA sind iRd. gewstl. Behandlung des Übertragungsgewinns zu berücksichtigen (insbes. in Bezug auf Anteile an anderen KapGes. gilt daher die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 und 3 KStG, einschließlich Ausnahmen).2 Soweit der Übertragungsgewinn auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte der übertragenden Körperschaft entfällt, greift die Kürzung in § 9 Nr. 3 GewStG ein (vorbehaltlich einer Anwendung von § 20 Abs. 2 AStG über den Verweis in § 7 Satz 8 GewStG). Für ausländ. Körperschaften kann § 2 Abs. 6 GewStG anwendbar sein. Ist die übertragende Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, ergeben sich die gewstl. Rechtsfolgen eines Übertragungsgewinns nach allg. Grundsätzen (§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG) auf Ebene der Mitunternehmerschaft.3 Für von der Mitunternehmerschaft gehaltene Anteile an KapGes. ist über § 7 Satz 4 GewStG wiederum § 8b Abs. 2 und 3 KStG anwendbar.4 Für gewstl. Zwecke kann sich ein Übertragungsgewinn damit bei mehreren Gewerbesteuersubjekten auswirken. Auch eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG kommt in Betracht. Auf Ebene der übertragenden Körperschaft greift zur Vermeidung einer doppelten Berücksichtigung des auf den Übertragungsgewinn entfallenden Gewerbeertrags die Kürzung des § 9 Nr. 2 GewStG ein5 (und damit über § 9 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 GewStG auch die für Einkünfte iSv. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG geltende Ausnahme in § 7 Satz 8 GewStG). Ist die übertragende Körperschaft Organgesellschaft im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft, ist der Übertragungsgewinn nach umstrittener Auffassung der FinVerw. von der übertragenden Körperschaft selbst zu versteuern.6 Eine auf den stl. Übertragungsstichtag entstehende GewSt mindert ungeachtet § 4 Abs. 5b EStG das auf die übernehmende Personengesellschaft bzw. natürliche Person übergehende BV.7 Der Übertragungsgewinn kann unbeschränkt mit einem iÜ negativen Gewerbeertrag der übertra- 13 genden Körperschaft in dem EZ ausgeglichen werden, in den der stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung fällt.8 Liegt wegen des Übertragungsgewinns (oder hiervon unabhängig) ein positiver Gewerbeertrag bei der übertragenden Körperschaft vor, kann dieser iRd. Mindestbesteuerung auch noch mit einem vortragsfähigen Fehlbetrag der übertragenden Körperschaft iSv. § 10a GewStG verrechnet werden.9 Entsprechend kann auch ein Übertragungsverlust noch den Gewerbeertrag der übertragenden Körperschaft mindern. Ein verbleibender vortragsfähiger Fehlbetrag geht nicht auf die Personengesellschaft bzw. natürliche Person über (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG und Rz. 23, R 10a.3 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 1 GewStR 2009, § 10a GewStG Rz. 26). War die übertragende Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt und entsteht auf Ebene der Mitunternehmerschaft ein gewstpfl. Übertragungsgewinn, kann dieser mit einem negativen Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft

1 Ausf. Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 33 mwN. 2 Mit weiteren Einzelheiten (zB zu § 8b Abs. 6 KStG) Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 6 (Stand: April 2016), insbes. auch zu Besonderheiten bei einbringungsgeborenen Anteilen iSd. § 21 UmwStG aF; hierzu auch Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 35 mwN. 3 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 16; Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 6 (Stand: April 2016); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 9; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen, Rz. 136 (Stand: Mai 2015); zur Vereinbarkeit von § 7 Satz 2 GewStG mit dem GG BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11, DStR 2018, 731. 4 Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 13.1 (Stand: Oktober 2009). 5 Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 21. 6 UmwStE 2011 Rz. Org. 27 Satz 1; aA Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 10, mit Verweis auf § 3 UmwStG Rz. 149; offen Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 20 (Stand: Oktober 2009). 7 Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 7 (Stand: April 2016); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 13; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 22 (Stand: Oktober 2009). 8 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 13; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 21 (Stand: Oktober 2009). 9 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 18; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 13; Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 25; Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 55.

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Anh. 1 Rz. 14 GewSt bei Umwandlungen ausgeglichen werden bzw. kann ein vortragsfähiger Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft iSv. § 10a GewStG abgezogen werden.1 b) Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person und Ebene des Gesellschafters (§§ 4–7, 18 UmwStG) aa) Besteuerung der offenen Rücklagen (§ 7 UmwStG) 14

Den Gesellschaftern der übertragenden Körperschaft ist der ihrer Beteiligung am Nennkapital entsprechende Teil des in der Steuerbilanz der übertragenden Körperschaft ausgewiesenen Eigenkapitals der übertragenden Körperschaft (abzgl. des Bestands des stl. Einlagekontos iSv. § 27 KStG, der sich nach Anwendung der fiktiven Nennkapitalherabsetzung des § 29 Abs. 1 KStG ergibt) als Einnahmen aus Kapitalvermögen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen (§ 7 Satz 1 UmwStG). Dies gilt unabhängig davon, ob für den Anteilseigner ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust nach § 4 oder § 5 UmwStG ermittelt wird (§ 7 Satz 2 UmwStG, zum Übernahmegewinn bzw. -verlust Rz. 21 f.). Durch den Verweis in § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auf die Vorschriften der §§ 3 bis 9 und 16 UmwStG gilt die Bezügefiktion nach § 7 Satz 1 UmwStG auch für die GewSt. Die Besteuerung nach § 7 Satz 1 UmwStG kann vereinfacht mit einer Besteuerung der offenen Rücklagen der übertragenden Körperschaft gleichgesetzt werden. Die Bezüge gelten als mit dem stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung zugeflossen.2 Der Kapitalertragsteuerabzug (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) ist im Zeitpunkt des zivilrechtlichen Wirksamwerdens der Verschmelzung vorzunehmen.3

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Die gewstl. Behandlung der nach § 7 Satz 1 UmwStG als ausgeschüttet geltenden Beträge hängt im Einzelnen von der gewstl. Situation des Anteilseigners an der übertragenden Körperschaft und der stl. Qualifikation der Anteile an der übertragenden Körperschaft ab. War ein Anteilseigner an der übertragenden Körperschaft iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG beteiligt (stl. Privatvermögen), gelten diese Anteile zwar gem. § 5 Abs. 2 UmwStG als zum stl. Übertragungsstichtag mit den AK in das BV des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt. Die Bezüge gem. § 7 Satz 1 UmwStG werden bei diesen Anteilseignern Einkünfte gem. §§ 15, 13, 18 EStG (vgl. § 20 Abs. 8 EStG),4 und zwar sowohl für unbeschränkt als auch beschränkt stpfl. Anteilseigner.5 Ist übernehmender Rechtsträger eine Personengesellschaft, gilt § 7 Satz 4 UmwStG.6 Durch § 18 Abs. 2 Satz 2 UmwStG wird jedoch ausdrücklich für diese Anteilseigner gesetzlich angeordnet, dass die Einlagefiktion nicht dazu führt, dass die Bezüge nach § 7 Satz 1 UmwStG gewstl. zu erfassen sind.7 Eine Schlechterstellung ggü. einer vor der Verschmelzung durchgeführten Ausschüttung wird hierdurch vermieden.8 Anteile an der übertragenden Körperschaft im stl. Privatvermögen iSv. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG (dh. außerhalb der Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG) gelten bereits nicht gem. § 5 Abs. 2 UmwStG als in das BV des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt.9 Auch insoweit unterliegen die Bezüge nach § 7 Satz 1 UmwStG daher von vornherein nicht der GewSt.10

1 Die Verschmelzung der übertragenden Körperschaft und der damit verbundene Wechsel in der Mitunternehmerstellung bei der Mitunternehmerschaft führt dazu, dass sich ein verbleibender vortragsfähiger Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft um den nach § 10a Sätze 4 und 5 GewStG auf die übertragende KapGes. entfallenden Betrag vermindert (s. hierzu R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 1 GewStR 2009). 2 UmwStE 2011 Rz. 07.07 und 02.04. 3 UmwStE 2011 Rz. 07.08 Satz 2. 4 Str., vgl. zu dieser Diskussion Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 17 (Stand: April 2016) mwN; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 19 mwN; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 21. 5 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 19 (gem. § 50 Abs. 5 Satz 1 EStG keine abgeltende Wirkung des Quellensteuerabzugs). 6 Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 17 (Stand: April 2016). 7 UmwStE 2011 Rz. 18.04 Satz 1. 8 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 20; Benecke/Schnitger, IStR 2007, 22 (26); Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 22. 9 UmwStE 2011 Rz. 05.05 Satz 2. 10 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 18; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 27; Bohnhardt in Haritz/Menner, § 18 UmwStG Rz. 90; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 107 (Stand: Mai 2015).

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Gehörte ein Anteil an der übertragenden Körperschaft am stl. Übertragungsstichtag bei einem Anteils- 16 eigner zu einem gewerblichen BV (insbes. dann, wenn eine KapGes.1 Anteilseigner der übertragenden Körperschaft ist oder die übernehmende gewerbliche Personengesellschaft selbst an der übertragenden Körperschaft beteiligt ist), sind die Bezüge nach § 7 Satz 1 UmwStG im Grundsatz gewstpfl. Dies korrespondiert mit der Einlagefiktion in § 5 Abs. 3 Satz 1 UmwStG. Keine gewstl. Erfassung ergibt sich allerdings dann, wenn der übernehmende Rechtsträger nicht gewstpfl. ist (zB iRv. §§ 13, 18 EStG).2 Ist übernehmender Rechtsträger eine Personengesellschaft, kommen über den Verweis in § 7 Satz 4 GewStG das Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40, 3c EStG) bzw. die Steuerbefreiung in § 8b Abs. 1 und 5 KStG zur Anwendung.3 Verfahrensrechtlich sind die Bezüge gem. § 7 Satz 1 UmwStG auf Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person zu erfassen, sodass Steuerschuldner für die GewSt im Falle einer Personengesellschaft als übernehmender Rechtsträger die Personengesellschaft selbst ist.4 Eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung, dass Bezüge nach § 7 Satz 1 UmwStG iZm. von in einem freiberuflichen (§ 18 EStG) oder land- und forstwirtschaftlichen BV (§ 13 EStG) gehaltenen Anteilen an der übertragenden Körperschaft auf Ebene der übernehmenden Personengesellschaft gewstl. nicht zu erfassen sind, fehlt dagegen.5 Da der gesetzlichen Anordnung in § 18 Abs. 2 Satz 2 UmwStG für den Bereich des stl. Privatvermögens der Gedanke zugrunde liegt, dass die Einlagefiktion keine gewstl. Auswirkungen haben soll, ist uE § 18 Abs. 2 Satz 2 UmwStG in diesen Fällen entsprechend anzuwenden.6 Unterliegen die Bezüge gem. § 7 Satz 1 UmwStG der GewSt, schließt sich die Frage an, ob und unter 17 welchen Voraussetzungen diese Bezüge nach Maßgabe von § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG zu kürzen sind bzw. ob der wegen § 7 Satz 4 UmwStG nicht im Gewerbeertrag enthaltene Teil der Bezüge gem. § 8 Nr. 5 GewStG hinzuzurechnen ist. Für die Frage, ob die zeitraum- bzw. zeitpunktbezogenen Beteiligungsvoraussetzungen in § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt sind, ist nach Auffassung der FinVerw. auf die Verhältnisse beim übernehmenden Rechtsträger (und nicht beim Anteilseigner der übertragenden Körperschaft vor der Verschmelzung) abzustellen.7 Entscheidend sollen dabei die Verhältnisse am stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung sein. Dies soll auch dann gelten, wenn die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG beim Anteilseigner der übertragenden Körperschaft erfüllt waren.8 Aus Sicht der FinVerw. ist daher für die Bezüge nach § 7 Satz 1 UmwStG zu fragen, ob unter Berücksichtigung der ertragsteuerlichen Rückwirkung der Umwandlung und unter Berücksichtigung der Einlagefiktionen des § 5 Abs. 2 und 3 UmwStG der übernehmende Rechtsträger zu Beginn bzw. seit Beginn des EZ nach Maßgabe des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG an der übertragenden Körperschaft beteiligt war. Nicht entscheidend ist nach Auffassung der FinVerw. somit, ob eine Ausschüttung aus der übertragenden Körperschaft vor der Verschmelzung bei dem Anteilseigner nach Maßgabe des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG zu kürzen gewesen wäre. Die FinVerw. misst der Einlagefiktion für die Anteile an der übertragenden Körperschaft in § 5 Abs. 3 Satz 1 UmwStG somit für die Bezüge nach § 7 Satz 1 UmwStG eine materielle Bedeutung bei. Erfolgt eine Verschmelzung zB im Jahr 02 mit stl. Rückwirkung auf den 31.12. des Jahres 01, ist danach auf die (ggf. fiktive) Beteiligungshöhe der übernehmenden Personengesellschaft auf den 1.1. des Jahres 01 abzustellen. Folgt man dieser Sichtweise der FinVerw., sind danach verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden. 18 Wird die übertragende Körperschaft mit einem unterjährigen stl. Übertragungsstichtag (zB 30.9.) zur 1 Zu Einzelheiten bei einer OG-KapGes. Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 18 (Stand: April 2016) und Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 27. 2 So ausdrücklich Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 21; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 117 (Stand: Oktober 2009). 3 Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 166 (Stand: Mai 2015); Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 21 ff. 4 UmwStE 2011 Rz. 07.07; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 165 (Stand: Mai 2015). 5 Für eine Erfassung bei der GewSt Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 22; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 117.1 (Stand: Oktober 2009); offen Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 20; dagegen Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 92. 6 So auch Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 107 (Stand: Mai 2015); Fischer in Schneider/Ruoff/Sistermann, Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. H 18.11. 7 UmwStE 2011 Rz. 18.04 Satz 2; so offenbar auch Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 17 (Stand: April 2016). 8 UmwStE 2011 Rz. 18.04 Satz 3.

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Anh. 1 Rz. 19 GewSt bei Umwandlungen Neugründung auf die übernehmende Personengesellschaft verschmolzen bzw. wird der übernehmende Alleingesellschafter erst mit der Verschmelzung gewstpfl., fallen der stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung und der Beginn des (abgekürzten) EZ in Bezug auf die entstandene Personengesellschaft bzw. die übernehmende natürliche Person stets zusammen (§ 14 Satz 3 GewStG und R 9.3 Satz 5 GewStR 2009). In diesem Fall ist das Stichtagserfordernis in § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt.1 Sofern die weiteren Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG vorliegen (insbes. die Mindestbeteiligungshöhe, für die – wenn man der Auffassung der FinVerw. folgen will – konsequenterweise sämtliche nach § 5 Abs. 2 bzw. 3 UmwStG fiktiv in das BV eingelegten Anteile zusammenzurechnen wären2), können die Voraussetzungen der Kürzungen erfüllt sein. Hält die übernehmende Personengesellschaft bzw. natürliche Person bereits ohne Berücksichtigung der Einlagefiktion in § 5 Abs. 2 und 3 UmwStG zu Beginn bzw. seit Beginn des EZ, in den der stl. Stichtag der Verschmelzung fällt, tatsächlich die erforderlichen 10 % bzw. 15 % an der übertragenden Körperschaft, können die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG ebenfalls erfüllt sein. Hieran fehlt es ua. dann, wenn der übernehmende Rechtsträger die Beteiligung erst (tatsächlich) im stl. Rückwirkungszeitraum erworben hat (zB bei einem stl. Übertragungsstichtag 31.12. des Jahres 01 am 2.1. des Jahres 02, weil danach am 1.1. des Jahres 01 noch keine relevante Beteiligung bestanden hat).3 19

Problematisch ist nach Auffassung der FinVerw. somit der Fall, in dem zum 1.1. des EZ, in den der stl. Übertragungsstichtag fällt, noch keine tatsächliche Beteiligung an der übertragenden Körperschaft in der erforderlichen Höhe vorgelegen hat. Selbst wenn man den Einlagefiktionen in § 5 Abs. 2 und 3 UmwStG wie von der FinVerw. vertreten eine materielle Wirkung beimisst, würde dies bei einem stl. Übertragungsstichtag 31.12. des Jahres 01 zB bedeuten, dass die erforderliche Beteiligungshöhe zu Beginn des EZ (1.1. des Jahres 01) noch nicht vorgelegen haben kann, da die erforderliche Beteiligungshöhe erst mit Ablauf des 31.12. des Jahres 01 erreicht wird. Entsprechendes gilt auch bei einem unterjährigen stl. Übertragungsstichtag (zB 30.9. des Jahres 01). Sofern an der übertragenden Körperschaft schachtelprivilegierte Anteilseigner beteiligt waren, wird dennoch überwiegend im Wege einer analogen Anwendung von § 4 Abs. 2 Satz 1 und 3 UmwStG eine Zurechnung der Beteiligungshöhe des Anteilseigners der übertragenden Körperschaft zur übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person auf den Beginn des EZ befürwortet.4 Diese Auffassung ist systematisch und nach dem Sinn und Zweck der Bezügefiktion in § 7 Satz 1 UmwStG überzeugender als die Auffassung der FinVerw., weil hierdurch eine nicht gerechtfertigte Verschlechterung der gewstl. Behandlung der Bezüge gem. § 7 Satz 1 UmwStG ggü. einer vor der Verschmelzung erfolgten Ausschüttung der offenen Rücklagen vermieden wird. Zur Vermeidung gewstl. Nachteile aus der Sichtweise der FinVerw. kann es im Einzelfall empfehlenswert sein, noch vor dem stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung die offenen Rücklagen der übertragenden Körperschaft auszuschütten, damit die schachtelprivilegierten Anteileigner rechtssicher von der Kürzung in § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG Gebrauch machen können.

1 Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 166 (Stand: Mai 2015); Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 17 (Stand: April 2016); Rauenbusch, DB 2008, 656 (662); Förster/Felchner, DB 2008, 2445 (2446); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 23; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 24; Ernst, Ubg 2012, 678 (682). 2 So offenbar Krohn/Greulich, DStR 2008, 646 (650 f.); aA Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 117.4 (Stand: Oktober 2009); so möglicherweise auch Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 17 (Stand: April 2016); zweifelnd Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 23; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 24. 3 Vgl. Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 24. 4 Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 167 (Stand: Mai 2015); Ernst, Ubg 2012, 678 (688); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 23; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 117.4 (Stand: Oktober 2009); von Freeden in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 18.19; so möglicherweise auch Möllmann/Carstens in FGS/BDI, Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. 18.04 Satz 3, welche UmwStE 2011 Rz. 18.04 Satz 3 sprachlich („Das gilt auch dann, …“) im Sinne einer Erweiterung von UmwStE 2011 Rz. 18.04 Satz 2 verstehen; mit diesem Verständnis ggf. auch Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 24; weitere Nachweise zu dieser Auffassung bei Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 17 (Stand: April 2016).

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 22 Anh. 1

Eine auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers entstandene GewSt durch die Bezügefiktion gem. 20 § 7 Satz 1 UmwStG ist unter den allg. Voraussetzungen des § 35 EStG auf die ESt anrechenbar.1 bb) Übernahmeergebnis auf Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person (§§ 4, 5 UmwStG) Der übernehmende Rechtsträger hat die auf ihn übergegangenen WG mit dem in der stl. Schluss- 21 bilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert iSd. § 3 UmwStG zu übernehmen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Die Anteile an der übertragenden Körperschaft sind bei dem übernehmenden Rechtsträger zum stl. Übertragungsstichtag mit dem Buchwert (erhöht um steuerwirksame Abschreibungen in früheren Jahren und um Abzüge gem. § 6b EStG und ähnliche Abzüge) anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Auf Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person entsteht hierdurch über § 7 Satz 1 GewStG gewstl. entweder ein Übernahmegewinn oder -verlust (§ 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG), sofern der übernehmende Rechtsträger gewstpfl. ist;2 zu Besonderheiten iZm. BV in einer ausländ. Freistellungsbetriebsstätte vgl. § 4 Abs. 4 Satz 2 UmwStG).3 Hierauf ist im ersten Schritt § 7 Satz 4 GewStG anzuwenden. Die nach § 7 Satz 1 UmwStG besteuerten Bezüge vermindern das Übernahmeergebnis (§ 4 Abs. 5 Satz 2 UmwStG) und unterliegen nicht den Vorschriften über das Übernahmeergebnis. Dies bedeutet insbes., dass die Bezüge gem. § 7 Satz 1 UmwStG der GewSt unterliegen, sofern die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG nicht vorliegen.4 Bei dem Übernahmegewinn bzw. -verlust handelt es sich aus stl. Sicht um einen Gewinn bzw. Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an der übertragenden Körperschaft. Zur gewstl. Behandlung des Übernahmegewinns bzw. -verlusts trifft § 18 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ei- 22 ne Sonderregelung. Danach ist ein Übernahmegewinn oder -verlust gewstl. nicht zu erfassen.5 Etwas anderes gilt für einen Übernahmefolgegewinn nach § 6 UmwStG durch Vereinigung von Forderungen und Verbindlichkeiten und für einen Beteiligungskorrekturgewinn gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, die jeweils den Gewerbeertrag erhöhen.6 Die gewstl. Nichterfassung des Übernahmegewinns bzw. -verlusts bedeutet, dass in einem zweiten Schritt ein iRd. Anwendung des § 7 Satz 4 GewStG im Gewerbeertrag noch enthaltener Teil des Übernahmegewinns bzw. -verlusts aus dem Gewerbeertrag (außerbilanziell) herauszurechnen ist. Soweit an der übernehmenden Personengesellschaft Körperschaften beteiligt sind, enthält der Gewerbeertrag die nicht abziehbaren Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 KStG. Diese sind – da es sich bei diesen nicht um den Übernahmegewinn handelt – nicht herauszurechnen.7 Auf die Steueranrechnung gem. § 35 EStG wirkt sich ein Übernahmegewinn ebenfalls nicht aus.8 Auf Ebene der Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft greift § 9 Nr. 2 GewStG bzw. § 8 Nr. 8 GewStG ein.9 1 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 24; Förster/Felchner, DB 2006, 1072 (1076); Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 26; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 117.9 (Stand: Oktober 2009). 2 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 29; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 28 (Stand: Oktober 2009); Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 28. 3 Bei der Ermittlung des Übernahmegewinns oder des Übernahmeverlusts bleibt der Wert der übergegangenen WG außer Ansatz, soweit er auf Anteile an der übertragenden Körperschaft entfällt, die am stl. Übertragungsstichtag nicht zum BV des übernehmenden Rechtsträgers gehören (§ 4 Abs. 4 Satz 3 UmwStG). Dies betrifft Anteile an der übertragenden Körperschaft iSv. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht gem. § 5 Abs. 2 UmwStG als in das BV der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person eingelegt gelten. 4 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 29; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 42 (Stand: Oktober 2009). 5 UmwStE 2011 Rz. 18.03 Satz 1; zur körperschaftsteuerlichen bzw. einkommensteuerlichen Behandlung des Übernahmegewinns bzw. -verlusts s. § 4 Abs. 6 UmwStG. 6 UmwStE 2011 Rz. 18.03 Satz 2 und Rz. 06.02 Satz 1; § 35 EStG ist anzuwenden, vgl. UmwStE 2011 Rz. 06.02 Satz 5. 7 So Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 28 (Stand: April 2016); Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 30 mit dem Hinweis, dass wegen der Minderung des Übernahmegewinns um die Bezüge nach § 7 Satz 1 UmwStG ein solcher Fall ohnehin nur selten eintreten sollte. 8 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 29; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 29. 9 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 30; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 58 (Stand: Oktober 2009).

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Anh. 1 Rz. 23 GewSt bei Umwandlungen cc) Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung 23

Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG tritt der übernehmende Rechtsträger zwar in die stl. Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Durch § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG wird jedoch der Übergang eines verbleibenden körperschaftsteuerlichen Verlustvortrags ausdrücklich ausgeschlossen. Entsprechend kann der Gewerbeertrag der übernehmenden Personengesellschaft (oder natürlichen Person) nicht um gewstl. Fehlbeträge (laufende gewstl. Fehlbeträge und gewstl. Fehlbeträge iSd. § 10a GewStG) der übertragenden Körperschaft gekürzt werden (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG; § 10a GewStG Rz. 85). Mittelbar ist eine Nutzung des gewstl. Fehlbetrags der übertragenden Körperschaft iSd. § 10a GewStG dadurch möglich, dass in der stl. Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft für die übergehenden WG ein Wert oberhalb des stl. Buchwerts angesetzt wird und von dem hierdurch entstehenden Übertragungsgewinn der gewstl. Fehlbetrag der übertragenden Körperschaft iSd. § 10a GewStG abgezogen wird (Rz. 13).1 Kommt es bei der übernehmenden Personengesellschaft durch die Verschmelzung zu Veränderungen im Gesellschafterbestand (Beitritt neuer Gesellschafter im Zuge der Verschmelzung), gelten die allg. Grundsätze zur Unternehmens- und Unternehmeridentität bei einem Gesellschafterwechsel (R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 6 GewStR 2009, § 10a GewStG Rz. 85).2 Gehörte zum BV der übertragenden Körperschaft der Anteil an einer KapGes., können bei dieser gem. § 8c KStG, § 10a Satz 10 GewStG gewstl. Fehlbeträge untergehen; war die übertragende Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, gilt § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG (§ 10a GewStG Rz. 260 ff.).

24

Gehörte zum BV der übertragenden Körperschaft der Anteil an einer KapGes., stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt auf Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person die zeitlichen Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt sein können. Dies hat dann Bedeutung, wenn die übernehmende Personengesellschaft bzw. natürliche Person nicht bereits unabhängig von der Verschmelzung eine Beteiligung hält, welche die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt. Ausgangspunkt ist dabei zunächst, zu welchem stl. Übertragungsstichtag die Umwandlung stattgefunden hat. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwStG sind der Gewerbeertrag der übertragenden Körperschaft und des übernehmenden Rechtsträgers (Personengesellschaft bzw. natürliche Person) so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (stl. Übertragungsstichtag) auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen wäre. Bei einer stl. rückwirkenden Umwandlung ist somit zu unterstellen, dass die übernehmende Personengesellschaft bzw. natürliche Person bereits zum Ablauf des stl. Übertragungsstichtags in der entsprechenden Höhe an der erworbenen KapGes. beteiligt ist. Erfolgt die Umwandlung zivilrechtlich im Jahr 01, stl. aber gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwStG zum Ablauf des 31.12. des Jahres 00, ist die übernehmende Personengesellschaft bzw. natürliche Person aus gewstl. Sicht damit bereits mit Beginn des EZ 01 an der übergegangenen Beteiligung an der KapGes. beteiligt.3 Ausschüttungen an die übernehmende Personengesellschaft bzw. natürliche Person können daher bereits im Jahr 01 die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. 7 GewStG erfüllen.

25

Erfolgt die Verschmelzung auf eine Personengesellschaft im Wege der Neugründung oder wird die natürliche Person erst mit der Umwandlung gewstpfl., fallen der stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung und der Beginn des (abgekürzten) EZ in Bezug auf die entstandene Personengesellschaft stets zusammen (§ 14 Satz 3 GewStG 2009 und R 9.3 Satz 5 GewStR 2009). In diesem Fall ist das Stichtagserfordernis in § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG stets erfüllt.4

26

In allen übrigen Fällen (unterjähriger stl. Übertragungsstichtag) stellt sich dagegen die Frage, ob sich aus den Vorschriften in § 4 Abs. 2 Satz 1 und 3 UmwStG (ggf. in analoger Anwendung) eine Zurechnung der zeitlichen Verhältnisse bei der übertragenden Körperschaft (Gesellschafter der übergegangenen Beteiligung an der KapGes.) zur übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person ergeben kann. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG tritt der übernehmende Rechtsträger hinsichtlich des übergegangenen Anteils an der KapGes. in die stl. Rechtsstellung der übertragenden 1 Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 24 (Stand: April 2016). 2 Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 25 (Stand: April 2016); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 16; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 35; anders mit Verweis auf § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG Hierstetter, DB 2010, 1089. 3 Ernst, Ubg 2012, 678 (684). 4 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 38a.

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 29 Anh. 1

Körperschaft ein. Weiter wird in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG angeordnet, dass der „Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum BV der übertragenden Körperschaft dem übernehmenden Rechtsträger zuzurechnen“ ist. Nach der hier vertretenen Auffassung umfasst die allg. Anordnung zur Rechtsnachfolge in § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG die zeitpunktbezogene („zu Beginn des Erhebungszeitraums“) Voraussetzung sowohl in § 9 Nr. 2a GewStG (Beteiligung an inländ. KapGes.) als auch in § 9 Nr. 7 Halbs. 2 GewStG (Beteiligung an EU-KapGes.).1 Für Beteiligungen an Drittstaatenkapitalgesellschaften (§ 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG) ergibt sich wegen der dort im Gesetz gewählten zeitraumbezogenen Formulierung („seit Beginn des Erhebungszeitraums“) eine Zurechnung jedenfalls nach § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG. Die FinVerw.2 geht jedoch offenbar im Anschluss an die Rspr. des BFH3 zu § 21 UmwStG jedenfalls iRv. § 9 Nr. 2a GewStG nicht mehr von einer umfassenden Rechtsnachfolge aus (Rz. 98). 3. Formwechsel von Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften (§ 9 UmwStG) Für den Formwechsel einer KapGes. in eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) gelten 27 die Vorschriften für die Verschmelzung einer KapGes. auf eine Personengesellschaft in §§ 3 bis 8 UmwStG entsprechend (§ 9 Satz 1 UmwStG). Es kann daher im Grundsatz auf die Erläuterungen in Rz. 8 ff. (für die Ebene der übertragenden Körperschaft) und Rz. 14 ff. (für die Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. des Gesellschafters) verwiesen werden. § 9 Sätze 2 und 3 GewStG enthalten eine eigenständige Regelung zur stl. Rückwirkung des Formwechsels; diese gilt jedenfalls wegen des allg. Verweises in § 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auf die §§ 3 bis 9, 16 UmwStG auch für die GewSt. Gehörte zum Vermögen der formwechselnden KapGes. auch die Beteiligung an einer anderen Kap- 28 Ges., sind wegen der mit dem Formwechsel aus stl. Sicht verbundenen Neugründung der übernehmenden Personengesellschaft (vgl. § 14 Satz 3 GewStG und R 9.3 Satz 5 GewStR 2009) hinsichtlich des Anteils an einer fortan von der Personengesellschaft gehaltenen KapGes. die zeitraum- bzw. zeitpunktbezogenen Voraussetzungen in § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt.4 Gewerbesteuerliche Fehlbeträge der formwechselnden KapGes. gehen gem. § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG auch beim Formwechsel nicht über (§ 10a GewStG Rz. 26 und 114). War die formwechselnde KapGes. an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, ergeben sich bei dieser Mitunternehmerschaft wegen bestehender Mitunternehmeridentität keine Auswirkungen auf gewstl. Fehlbeträge iSd. § 10a GewStG (§ 10a GewStG Rz. 118).5 4. Auf- und Abspaltung auf eine Personengesellschaft (§ 16 UmwStG) Die (in der Praxis selten vorkommende) Aufspaltung einer Körperschaft, bei der (zumindest auch) 29 Vermögen auf eine Personengesellschaft übergeht, sowie die Abspaltung von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft unterliegen ebenfalls den Vorschriften über die Verschmelzung einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft in §§ 3 bis 8 UmwStG (§ 16 Satz 1 UmwStG). Ergänzend hierzu ist § 15 UmwStG anzuwenden, sodass insbes. das sog. „doppelte Teilbetriebserfordernis“ in 1 So zB Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 38a; von Freeden in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 18.34; anders offenbar Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 9 (Stand: April 2016); Schmitt/ Schlossmacher, UmwStE 2011, 2012, Rz. 18.01. 2 Für eine umfassende Rechtsnachfolge noch UmwStE 2011 Rz. 04.15 und Rz. 23.06; anders jetzt aber mit Verweis auf BFH v. 16.4.2014 (I R 44/13, BStBl. II 2015, 303 = FR 2014, 817) der Zusatz zum UmwStE 2011 der OFD Frankfurt/M. v. 31.3.2017 – S 1978 A - 43 - St 51, Rz. 04.15; danach komme § 9 Nr. 2a GewStG (gewerbesteuerrechtliches Schachtelprivileg) bei einem qualifizierten Anteilstausch nicht zur Anwendung, weil § 9 Nr. 2a GewStG stichtagsbezogen anzuwenden sei, während § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG auf einen „Zeitraum“ abstelle. Bei Umwandlungen sei daher für die Gewährung des nationalen gewstl. Schachtelprivilegs erforderlich, dass die Umwandlung rückwirkend auf den Beginn des EZ erfolge; so jetzt auch ausdrücklich H 9.3 GewStH 2016 „Besitzzeitanrechnungen nach dem UmwStG“; für eine umfassende Rechtsnachfolge dagegen zB Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 160 (Stand: Mai 2015); Weiss/Brühl, Ubg 2018, 22. 3 BFH v. 16.4.2014 – I R 44/13, BStBl. II 2015, 303 = FR 2014, 817. 4 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 23; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 24; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 117.4 (Stand: Oktober 2009). 5 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 15; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 36; FG Schl.Holst. v. 28.9.2016 – 2 K 41/16, EFG 2016, 1977.

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Anh. 1 Rz. 30 GewSt bei Umwandlungen § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG auf Ebene der übertragenden Körperschaft entsprechend gilt. Zu den gewstl. Auswirkungen einer solchen Auf- und Abspaltung kann im Grundsatz auf Rz. 8 ff. (für die Ebene der übertragenden Körperschaft) und Rz. 14 ff. (für die Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. des Gesellschafters) verwiesen werden. Auch § 18 Abs. 3 UmwStG (Rz. 31 ff.) ist für die übernehmende Personengesellschaft anwendbar, sodass es durch die Abspaltung auf eine Personengesellschaft zur gewstl. „Infektion“ des gesamten BV der übernehmenden Personengesellschaft für den Zeitraum der Fünf-Jahres-Frist des § 18 Abs. 3 UmwStG kommen kann.1 30

Ein verbleibender gewstl. Fehlbetrag der übertragenden Körperschaft iSd. § 10a GewStG geht im Fall der Aufspaltung vollständig unter (§§ 18 Abs. 1 Satz 2, 16 Satz 1, 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Im Fall der Abspaltung geht ein verbleibender gewstl. Fehlbetrag der übertragenden Körperschaft in dem Verhältnis unter, in dem der gemeine Wert des abgespaltenen Vermögens zum gemeinen Wert des gesamten Vermögens der übertragenden Körperschaft steht (§§ 18 Abs. 1 Satz 2, 16 Satz 1, 4 Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 3 UmwStG; R 10a.3 Abs. 4 Satz 5 Halbs. 2 GewStR 2009).2 5. Missbrauchsverhinderungsvorschrift bei nachfolgenden Veräußerungs- bzw. Aufgabevorgängen (§ 18 Abs. 3 UmwStG) a) Überblick

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Während der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils durch eine KapGes. stets der GewSt unterliegt (vgl. § 7 Satz 2 GewStG und R 7.1 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009), sind derartige Veräußerungs- bzw. Aufgabevorgänge iÜ nur unter den Voraussetzungen des § 7 Satz 2 GewStG gewstpfl. (§ 7 GewStG Rz. 48 ff.). Durch die Umwandlung einer KapGes. auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person (einschließlich Formwechsel) kann daher eine gewstl. Statusverbesserung eintreten.3 § 18 Abs. 3 UmwStG beschränkt unter bestimmten Voraussetzungen die gewstl. Vorteile aus einer solchen Statusverbesserung, indem abweichend von den allg. Grundsätzen bestimmte Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinne gewstpfl. gestellt werden. Keine Rolle spielt es dabei, ob die Anteile an der übertragenden Körperschaft gewstl. verhaftet waren.4 Keine Rolle spielt auch, ob der übernehmende Rechtsträger überhaupt gewstpfl. ist, sodass § 18 Abs. 3 UmwStG insoweit für die GewSt konstitutiv wirkt.5 Insoweit geht § 18 Abs. 3 UmwStG der allg. Regelung in § 7 Satz 2 GewStG vor.6 Sind sowohl die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 UmwStG als auch des § 7 Satz 2 GewStG erfüllt, hat die Frage nach dem systematischen Verhältnis zwischen § 18 Abs. 3 UmwStG und § 7 Satz 2 GewStG im Wesentlichen Bedeutung für die Frage, ob der Ausschluss der Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG gem. § 18 Abs. 3 Satz 3 UmwStG eingreift (zu diesem Ausschluss Rz. 44).7 Geht man von einem Vorrang des § 18 Abs. 3 UmwStG aus, ist die Gewerbesteueranrechnung gem. § 35 EStG auch dann ausgeschlossen, wenn ein Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn nach § 7 Satz 2 GewStG ohnehin gewstpfl. gewesen wäre. Die Vorschrift hat den Charakter einer typisierenden Missbrauchsverhinderungsnorm,8 geht iErg. aber über diesen Zweck weit hinaus. Eine Anwendung von § 42 AO neben § 18 Abs. 3 UmwStG (zB für den Fall der Veräußerung oder Aufgabe nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist in § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG) ist nach der hier vertretenen Auffassung ausgeschlossen.9

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Weiss, EStB 2016, 20 (22). Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 34. von Freeden in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 18.41. Vgl. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 31 mwN. UmwStE 2011 Rz. 18.11 Satz 2 und 3; Möllmann/Carstens in FGS/BDI, Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. 18.11. UmwStE 2011 Rz. 18.11 Satz 3; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 35; aA möglicherweise Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 121 bzw. 191. Zum systematischen Verhältnis der beiden Vorschriften ausf. Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 74 ff. (Stand: April 2016). Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 39; BFH v. 17.7.2013 – X R 40/10, BStBl. II 2013, 883 = FR 2013, 1001 m. Anm. Nöcker. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 34; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 40; Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 120; aA Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 34 (Stand: April 2016).

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 33 Anh. 1

Wird der Betrieb der Personengesellschaft oder der natürlichen Person innerhalb von fünf Jahren 32 nach der Umwandlung (einschließlich nach einem Formwechsel1) aufgegeben oder veräußert, unterliegt ein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn der GewSt (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG). Gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG gilt § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG entsprechend, soweit ein Teilbetrieb oder ein Anteil an der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert wird. § 18 Abs. 3 UmwStG ordnet jedoch keine rückwirkende gewstl. Erfassung des Umwandlungsvorgangs selbst an.2 b) Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils innerhalb der Fünf-Jahres-Frist Zentrale Tatbestandsvoraussetzung des § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG ist die Veräußerung oder Aufgabe 33 des Betriebs der Personengesellschaft oder der natürlichen Person. Gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG gilt § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG entsprechend, soweit ein Teilbetrieb oder ein Anteil an der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert wird.3 Erfasst ist nach überwiegender Auffassung – obwohl der Wortlaut des § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG insoweit nicht eindeutig ist – auch die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilmitunternehmeranteils.4 Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG kommt es nicht darauf an, ob ein gewerbliches (§ 15 EStG) oder freiberufliches (§ 18 EStG) bzw. land- und forstwirtschaftliches (§ 13 EStG) BV bei der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person vorliegt.5 Da eine gewstl. Statusverbesserung insbes. auch dadurch erreicht werden kann, dass eine bislang in der Rechtsform der KapGes. ausgeübte freiberufliche bzw. landund forstwirtschaftliche Tätigkeit fortan durch eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person ausgeübt wird, sollte § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift auch und gerade in diesen Fällen eingreifen.6 Von vornherein ausgeschlossen sind jedoch Personengesellschaften ohne BV.7 Für den Begriff der Betriebsveräußerung und -aufgabe (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG) sowie der Veräußerung bzw. Aufgabe eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils (§ 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG) wird an dieser Stelle auf die umfangreichen Kommentierungen im umwandlungssteuerrechtlichen Spezialschrifttum verwiesen.8 Betriebsaufgabe ist auch der Wegfall der gewerblichen Prägung iSv. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG einer lediglich wegen gewerblicher Prägung gewerblichen Mitunternehmerschaft.9 Eine unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG führt im Grundsatz nicht zu einem gewstpfl. Gewinn; der Rechtsnachfolger tritt jedoch in die bestehende Fünf-JahresFrist ein.10 Die FinVerw. geht im UmwStE 2011 ausdrücklich davon aus, dass auch eine Einbringung nach §§ 20, 24 UmwStG eine „Veräußerung“ iSv. § 18 Abs. 3 Satz 1 bzw. 2 UmwStG darstellt (zu den Rechtsfolgen Rz. 41 f.).11

1 ZB BFH v. 20.11.2006 – VIII R 45/05, BFH/NV 2007, 793 (zu § 18 Abs. 4 UmwStG 1995); Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 131. 2 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 40. 3 BFH v. 28.4.2016 – IV R 6/13, BStBl. II 2016, 725 = FR 2016, 1004 m. Anm. Nöcker. 4 UmwStE 2011 Rz. 18.06 Satz 4; ausf. Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 68 mwN (Stand: April 2016); ablehnend Beutel in Lenski/Steinberg, GewSt und Umwandlungen Rz. 115 (Stand: Mai 2015). 5 UmwStE 2011 Rz. 18.11 Satz 1; Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 135. 6 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 35; Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 87. 7 UmwStE 2011 Rz. 18.05 Satz 3; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 42. Da in einem solchen Fall gem. §§ 3 und 8 UmwStG keine Buchwertfortführung auf Ebene der übertragenden Körperschaft möglich ist und somit im Zuge der Umwandlung sämtliche stillen Reserven aufzudecken sind, besteht nach dem Sinn und Zweck des § 18 Abs. 3 UmwStG auch kein Bedürfnis für die Erfassung dieser Fallkonstellationen. 8 Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 35 ff. (Stand: April 2016); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 51 ff.; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 45 mwN; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 187 ff. und 209 ff. (Stand: Oktober 2009); zur Veräußerung gegen wiederkehrende Bezüge UmwStE 2011 Rz. 18.06 Sätze 2 und 3 und BFH v. 17.7.2013 – X R 40/10, BStBl. II 2013, 883 = FR 2013, 1001 m. Anm. Nöcker (zu § 18 Abs. 4 UmwStG 1995). 9 Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 146. 10 UmwStE 2011 Rz. 18.08 Satz 1; OFD Frankfurt/M. v. 15.11.2017 – G 1421 A-7-St 525 unter 4.; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 52; Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 156. 11 UmwStE 2011 Rz. 18.07 Abs. 1; zur (schädlichen) verdeckten Einlage in eine KapGes. UmwStE 2011 Rz. 18.08 Satz 3.

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Anh. 1 Rz. 34 GewSt bei Umwandlungen 34

Die Veräußerung oder Aufgabe muss innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung erfolgen. Entscheidend für den Beginn dieses Zeitraums ist hierbei der stl. Übertragungsstichtag der Umwandlung.1 Für die Frage, ob die Veräußerung bzw. Aufgabe in den Fünf-Jahres-Zeitraum fällt, ist nach Auffassung der FinVerw. der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (Veräußerung) bzw. der Beginn der Aufgabe (Zeitpunkt der ersten Handlung, die nach dem Aufgabeentschluss objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist) maßgeblich.2 Die Gründe für die Veräußerung oder Aufgabe sind irrelevant.

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Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG ist lediglich entscheidend, dass durch die Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn entsteht. Der Wortlaut der Vorschrift differenziert nicht danach, ob die Umwandlung auf die Personengesellschaft bzw. natürliche Person zu einem unterhalb des gemeinen Werts liegenden Wert erfolgt ist.3 Nach dem Sinn und Zweck des § 18 Abs. 3 UmwStG, eine durch die Umwandlung ausgelöste gewstl. Statusverbesserung zu verhindern, ist jedoch nach zutreffender Auffassung als zusätzliche Voraussetzung erforderlich, dass die Umwandlung zu einem unterhalb des gemeinen Werts liegenden Wert erfolgt ist.4 Sind bereits im Zuge der Umwandlung sämtliche stillen Reserven in dem BV der Körperschaft aufgedeckt worden, ist kein sachlicher Grund ersichtlich, eine von den allg. gewstl. Grundsätzen (§ 7 Satz 2 GewStG) abweichende Behandlung eines Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns anzuordnen.

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Eine weitere Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 18 Abs. 3 UmwStG wird für den Fall diskutiert, dass die auf eine Personengesellschaft bzw. natürliche Person umgewandelte Körperschaft persönlich gewerbesteuerbefreit war. Da in diesen Fällen eine Veräußerung oder Aufgabe der Sachgesamtheit durch die Körperschaft nicht der GewSt unterlegen hätte, ist nach zutreffender Auffassung auch kein Grund ersichtlich, einen nachfolgenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn über die in § 7 Satz 2 GewStG geregelten Konstellationen hinaus der GewSt zu unterwerfen.5 Schwieriger zu beantworten ist dagegen die Frage, ob eine derartige teleologische Reduktion der Vorschrift auch dann angebracht ist, wenn die stillen Reserven auf Ebene der übertragenden Körperschaft einer sachlichen Steuerbefreiung unterlegen haben. Dies gilt etwa für Anteile an KapGes. (§ 8b Abs. 2 Satz 1 KStG) oder für BV, das einer ausländ. Betriebsstätte zuzuordnen war. c) Rechtsfolgen

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Für die Besteuerung des gewstpfl. Veräußerungs- oder Aufgabegewinns gelten zunächst keine Besonderheiten. Insbesondere sind alle Steuerbefreiungen (zB § 8b KStG) zu beachten.6 Auch § 7 Satz 4 GewStG ist anwendbar.7 Entfällt der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn daher zB auf eine ausländ. Betriebsstätte, unterliegt dieser iErg. dennoch nicht der GewSt (§ 9 Nr. 3 GewStG).8 Der Veräußerungs- und Aufgabegewinn kann mit einem gewstl. Fehlbetrag der Personengesellschaft bzw. natürlichen Person iSv. § 10a GewStG verrechnet werden.9 Der Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG ist für 1 UmwStE 2011 Rz. 18.05 Satz 4 iVm. Rz. 06.10 Sätze 2 und 3; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 68; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 35. 2 UmwStE 2011 Rz. 18.05 Satz 4 iVm. Rz. 06.10 Satz 1; Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 65; krit. in Bezug auf die Betriebsaufgabe Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 165. 3 Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 107; Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 226 (Stand: Oktober 2009); zweifelnd Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 47 (Stand: April 2016); Weiss, EStB 2016, 20 (22). 4 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 40a; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 35; Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 153 und 179 f.; von Freeden in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 18.41; Fischer in Schneider/Ruoff/Sistermann, Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. H 18.25; Neu/Hamacher, GmbHR 2012, 280 (285); Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 112 (Stand: Mai 2015). 5 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 43; Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 123; Kraft, IStR 2012, 528 (529); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 39; ablehnend zu einer solchen Einschränkung aber Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 107. 6 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 71. 7 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 40. 8 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 59; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 38. 9 Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 110.

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 39 Anh. 1

gewstl. Zwecke nicht zu gewähren.1 Zum Ausschluss der Anrechnung der GewSt gem. § 35 EStG Rz. 44. Nach Auffassung des FG Saarl. stellt die durch den Veräußerer getragene GewSt gem. § 18 Abs. 3 UmwStG ungeachtet § 4 Abs. 5b EStG Veräußerungskosten nach § 16 Abs. 2 EStG dar.2 Das G ordnet in § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG ausdrücklich an, dass GewSt auch in Bezug auf solches 38 BV entsteht, das bereits vor der Umwandlung im Betrieb der übernehmenden Personengesellschaft oder der natürlichen Person vorhanden war.3 Maßgebend für den zeitlichen Bezug („vor der Umwandlung“) sollte dabei der stl. Übertragungsstichtag der Umwandlung sein. Auch erst nach dem stl. Übertragungsstichtag der Umwandlung entstandene stille Reserven hinsichtlich der übergegangenen und bereits bei dem übernehmenden Rechtsträger vorhandenen WG werden vom Wortlaut des § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG erfasst.4 Diese Rechtsfolge hat vielfach überschießende Wirkungen und ist systematisch nicht überzeugend. Erfasst wird nach teilweise vertretener Auffassung auch der Gewinn, soweit dieser auf nach der Umwandlung angeschaffte oder erstmals in das (Sonder-)BV überführte WG entfällt.5 Auch die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils durch die Personengesellschaft bzw. natürliche Person, der nicht durch die Umwandlung auf die Personengesellschaft bzw. natürliche Person übergegangen ist, erfüllt nach dem Wortlaut den Tatbestand des § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG.6 Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sollte zumindest diese Konstellation jedoch nicht von § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG erfasst sein.7 Auch iÜ enthält der Gesetzeswortlaut keinen Anhaltspunkt dafür, dass auch der auf nach der Umwandlung angeschaffte WG entfallende Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn gewstl. zu erfassen ist.8 Kein Fall des § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG liegt nach überzeugender Auffassung auch vor, soweit der 39 veräußernde Mitunternehmer bereits vor der Umwandlung an der übernehmenden Personengesellschaft beteiligt war.9 Nach dieser Sichtweise entsteht gem. § 18 Abs. 3 UmwStG GewSt nur, soweit sich durch die Umwandlung die Beteiligung des Mitunternehmers erhöht hat. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die FinVerw. diese Sichtweise ablehnt. Bei der Veräußerung oder Aufgabe des Anteils an einer doppelstöckigen Personengesellschaft ist danach zu differenzieren, ob der Anteil an der Obergesellschaft veräußert wird und die veräußerte Obergesellschaft die übernehmende Personengesellschaft der Umwandlung war (in diesem Fall GewStPfl. gem. § 18 Abs. 3 Satz 2 GewStG) oder ob in diesem Fall lediglich der Anteil an der Unterpersonengesellschaft veräußert wird (in diesem Fall GewStPfl. lediglich iRv. § 7 Satz 2 GewStG).10 Hiervon zu unterscheiden ist auch der Fall,

1 BFH v. 26.3.2015 – IV R 3/12, BStBl. II 2016, 553 = FR 2015, 1128; OFD Frankfurt/M. v. 15.11.2017 – G 1421 A-7-St 525 unter 3. 2 FG des Saarlandes v. 16.11.2017 – 1 K 1441/15, EFG 2018, 210 – Rev. IV R 18/17. 3 UmwStE 2011 Rz. 18.09 Satz 1 und 3. Diese Gesetzesformulierung geht auf die Änderungen des § 18 Abs. 3 UmwStG durch das JStG 2008 v. 20.12.2007 (BGBl. I 2007, 3150) zurück und ist erstmals auf Umwandlungsvorgänge anzuwenden, bei denen die Anmeldung zum Register nach dem 31.12.2007 erfolgt ist (§ 27 Abs. 7 UmwStG). Vor dieser gesetzlichen Änderung war die Frage umstritten, vgl. BFH v. 28.2.2013 – IV R 33/09, BFH/ NV 2013, 1122; v. 20.11.2006 – VIII R 47/05, BStBl. II 2008, 69 = FR 2007, 603 m. Anm. Kempermann; OFD Münster v. 18.3.2008, Kurzinformation Gewerbesteuer Nr. 001/2008, BB 2008, 824 und G. Söffing, FR 2005, 1007; BMF v. 25.3.1998 – IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I 1998, 268 Rz. 18.07; Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 172 ff.; zur verfassungsrechtlichen Problematik der Erfassung von „alten“ stillen Reserven vgl. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 37 mwN; Wernsmann/Desens, DStR 2008, 221. 4 UmwStE 2011 Rz. 18.09 Satz 1 und 2; Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 45 mwN (Stand: April 2016); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 36; krit. in Bezug auf neu hinzugekommene WG Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 178 mwN. 5 So wohl UmwStE 2011 Rz. 18.09 Satz 1; Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 56 (Stand: April 2016); zur verfassungsrechtlichen Problematik Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 57 f.; zum Sonder-BV Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 64; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 50. 6 Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 227 (Stand: Oktober 2009); Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 112. 7 So Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 62; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 45. 8 Ablehnend daher zB Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 37; krit. Neu/Hamacher, GmbHR 2012, 280 (286 f.); Widmann in Widmann/Mayer, § 18 UmwStG Rz. 227.2 (Stand: Oktober 2009). 9 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 65. 10 Hierzu ausf. Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 66 mwN, auch zu weiteren Fallkonstellationen mit doppelstöckigen Personengesellschaften; gegen die Anwendung von § 18 Abs. 3 UmwStG bei der Veräußerung des

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Anh. 1 Rz. 40 GewSt bei Umwandlungen dass die übernehmende Personengesellschaft die Unterpersonengesellschaft ist und ein Anteil an der Oberpersonengesellschaft veräußert wird (keine GewStPfl. gem. § 18 Abs. 3 UmwStG).1 40

Unsystematisch ist zudem, dass Veräußerungs- bzw. Aufgabeverluste nicht von § 18 Abs. 3 UmwStG erfasst werden. Der Wortlaut des G ist insoweit jedoch eindeutig.2 Unsystematisch ist diese Asymmetrie, weil sich auch vor der Umwandlung in bzw. auf eine Personengesellschaft bzw. natürliche Person ein Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn mindernd auf den Gewerbeertrag der übertragenden KapGes. ausgewirkt hätte.

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GewSt kann nur insoweit entstehen, als durch den der Umwandlung nachfolgenden Veräußerungsbzw. Aufgabevorgang auch tatsächlich stille Reserven aufgedeckt werden. Ist der nachfolgende Vorgang steuerneutral (zB Einbringung des Betriebs oder Teilbetriebs in eine KapGes. zum Buchwert gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG oder in eine Personengesellschaft zum Buchwert gem. § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG), läuft die Rechtsfolge des § 18 Abs. 3 UmwStG zunächst leer. In diesem Fall stellen sich aber Folgefragen einer möglichen Rechtsnachfolge. Wird der Betrieb oder Teilbetrieb gem. § 20 UmwStG in eine KapGes. zu einem unterhalb des gemeinen Werts liegenden Wert eingebracht (oder findet gem. §§ 25, 20 UmwStG ein Formwechsel statt) und nachfolgend der Betrieb oder Teilbetrieb durch die übernehmende KapGes. veräußert (einschließlich Einbringungen gem. §§ 20, 24 UmwStG) oder aufgegeben, ist ein daraus entstehender Gewinn ohnehin regelmäßig gewstpfl. Sollte der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn ausnahmsweise (zB wegen einer persönlichen Steuerbefreiung) nicht gewstpfl. sein, ergibt sich eine GewStPfl. jedoch daneben innerhalb der Fünf-Jahres-Frist wegen der Vorschriften zur Rechtsnachfolge (§§ 23 Abs. 1, 24 Abs. 4 UmwStG) aus § 18 Abs. 3 UmwStG.3 Veräußert der Einbringende innerhalb der Sieben-Jahres-Frist des § 22 Abs. 1 UmwStG die erhaltenen Anteile, entsteht auf den Zeitpunkt der Einbringung rückwirkend ein Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Soweit der Einbringungsgewinn I im Grundsatz nicht gewstpfl. ist (Rz. 107), kann sich eine GewStPfl. gem. § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG ergeben (mit Ausschluss der Gewerbesteueranrechnung gem. § 18 Abs. 3 Satz 3 UmwStG). Dies folgt daraus, dass der Einbringungsgewinn I nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ein Gewinn des Einbringenden gem. § 16 EStG ist. Für die in § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG vorausgesetzte Fünf-Jahres-Frist ist in diesem Fall auf den stl. Stichtag der Einbringung gem. § 20 UmwStG abzustellen und nicht auf den (späteren) Zeitpunkt des den Einbringungsgewinn I auslösenden Ereignisses. Dies ergibt sich daraus, dass der Einbringungsgewinn I stl. rückwirkend auf den stl. Stichtag der Einbringung gem. § 20 UmwStG entsteht. Vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks des § 18 Abs. 3 UmwStG, die gewerbesteuerfreie Realisierung von stillen Reserven innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach einer Umwandlung in bzw. auf eine Personengesellschaft bzw. natürliche Person zu verhindern, muss es für die Berechnung der Frist auf den Zeitpunkt der stl. Entstehung des Einbringungsgewinns I und nicht der späteren Sperrfristverletzung ankommen.4 Nach Auffassung der FinVerw. findet eine Rechtsnachfolge in Bezug auf § 18 Abs. 3 UmwStG wegen § 23 Abs. 4 Halbs. 1 UmwStG auch dann statt, wenn die Einbringung nach § 20 UmwStG zum gemeinen Wert im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erfolgt.5 Diese Sichtweise ist vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks des § 18 Abs. 3 UmwStG abzulehnen, denn sie führt trotz der Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven bereits durch die Umwandlung dazu (Rz. 35), dass auch bei nachfolgenden Veräußerungs- und Aufgabevorgängen nochmals GewSt entstehen kann, obwohl keinerlei Zusammenhang mit der vorangegangenen Umwandlung in bzw. auf eine Personengesellschaft bzw. natürliche Person mehr

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Anteils an einer Unterpersonengesellschaft der übernehmenden Personengesellschaft BFH v. 11.12.2001 – VIII R 23/01, BStBl. II 2004, 474. S. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 41; OFD Koblenz v. 27.12.2004 – G 1421 A Nr. 79/04, DStR 2005, 194 unter 2.; Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 67 (Stand: April 2016). UmwStE 2011 Rz. 18.10; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 60; aA Neu/Schiffers/Watermeyer, GmbHR 2011, 729 (738); Fischer in Schneider/Ruoff/Sistermann, Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. H 18.28; krit. auch Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 114 (Stand: Mai 2015). UmwStE 2011 Rz. 18.07 Abs. 2 Satz 1. So auch Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 47. UmwStE 2011 Rz. 18.07 Abs. 3; so offenbar auch Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 54; Bartelt in Eisgruber2, § 18 UmwStG Rz. 97; Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 38 (Stand: April 2016).

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 44 Anh. 1

besteht.1 Bei einem (Rück-)Formwechsel der übernehmenden Personengesellschaft in eine KapGes. nach §§ 25, 20 UmwStG wird ebenfalls teilweise eine Rechtsnachfolge befürwortet.2 Bei einer Einbringung gem. § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft ist wie in den anderen Fäl- 42 len der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils auch § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG anwendbar, wenn bereits bei der Einbringung selbst stille Reserven aufgedeckt werden. Kommt es zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Veräußerung oder Aufgabe des eingebrachten Betriebs oder Teilbetriebs durch die Personengesellschaft, ist wegen des Eintritts der Personengesellschaft in die stl. Rechtsstellung gem. § 24 Abs. 4 iVm. § 23 Abs. 1 UmwStG weiterhin § 18 Abs. 3 UmwStG anwendbar.3 Wenn der Mitunternehmer den Mitunternehmeranteil oder einen Teil des Mitunternehmeranteils veräußert, ist die Anwendung von § 18 Abs. 3 Sätze 1 und 2 UmwStG jedoch fraglich.4 Der Wortlaut der Vorschrift erfasst diese Konstellation nicht, denn weder liegt unmittelbar eine Veräußerung des Betriebs oder Teilbetriebs durch die Personengesellschaft als Rechtsnachfolgerin des Einbringenden vor, noch ist unmittelbar der Wortlaut des § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG erfüllt, da nicht ein Mitunternehmeranteil an der im Zuge der Umwandlung übernehmenden Personengesellschaft veräußert wird.5 Eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG mit Erfüllung einer der Vorschriften des § 6 Abs. 5 Sätze 4 bis 6 EStG sollte dagegen nach Auffassung der FinVerw. nicht zur Anwendung von § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG führen, weil § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nur die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern erfasst. Auch in den Fällen des § 24 UmwStG geht die FinVerw. davon aus, dass bei einer Einbringung zum gemeinen Wert im Wege der Gesamtrechtsnachfolge dennoch die übernehmende Personengesellschaft wegen § 23 Abs. 4 Halbs. 1 UmwStG weiterhin der Fünf-Jahres-Frist des § 18 Abs. 3 UmwStG unterliegt.6 Diese Auffassung ist auch iRd. § 24 UmwStG nach dem Sinn und Zweck nicht überzeugend und unsystematisch und daher abzulehnen (Rz. 41). Werden bei einer Realteilung gem. § 16 Abs. 3 Sätze 2 ff. EStG (begünstigte Betriebsaufgabe) zu- 43 nächst keine stillen Reserven aufgedeckt, ergibt sich aber nachfolgend wegen der Verletzung der Sperrfrist des § 16 Abs. 3 Satz 3 f. EStG rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung ein Aufgabegewinn, unterfällt auch dieser § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG und ist dieser demzufolge gewstpfl. Auch iRd. Realteilung ist für die Fünf-Jahres-Frist des § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG auf den Zeitpunkt der Realteilung und nicht auf den (späteren) Zeitpunkt der Sperrfristverletzung abzustellen. Darüber hinaus ist umstritten, ob generell in den Fällen einer Realteilung eine Rechtsnachfolge des BV übernehmenden Mitunternehmers in die Fünf-Jahres-Frist des § 18 Abs. 3 UmwStG vorliegt.7 Der auf dem gem. § 18 Abs. 3 Satz 1 bzw. 2 UmwStG gewstpfl. Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn 44 beruhende Teil des GewSt-Messbetrags ist für die Gewerbesteueranrechnung gem. § 35 EStG nicht zu berücksichtigen (§ 18 Abs. 3 Satz 3 UmwStG). Der Ausschluss der Gewerbesteueranrechnung greift auch dann ein, wenn ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn bereits nach allg. Grundsätzen gem. § 7 Satz 1 und 2 GewStG gewstpfl. gewesen wäre (zB bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Teilmitunternehmeranteils). Der Ausschluss der Gewerbesteueranrechnung hat Strafcharakter, da dieser iErg. dazu führen kann, dass der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn weitaus höher besteuert wird als ein nach allgemeinen Vorschriften gewstpfl. (laufender) Gewinn. Durch den Ausschluss der Gewerbesteueranrechnung kommt es iErg. nicht nur zu einer Sicherung des Gewerbesteueraufkommens, sondern gleichzeitig auch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten überkompensatorischen Belastung mit ESt. Der Ausschluss der Gewerbesteueranrechnung gem. § 18 Abs. 3 Satz 3 UmwStG greift ausnahmsweise nach Auffassung des BFH und der FinVerw. nicht ein, wenn die umgewandelte 1 Ablehnend auch Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 68a; Schmitt/Schlossmacher, UmwStE 2011, 2012, Rz. 18.07; Fischer in Schneider/Ruoff/Sistermann, Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. H 18.25. 2 Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 38 (Stand: April 2016); ablehnend Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 54; Bohnhardt in Haritz/Menner4, § 18 UmwStG Rz. 157. 3 Trossen in R/H/vL2, § 18 UmwStG Rz. 68a. 4 Für eine Anwendung BFH v. 28.4.2016 – IV R 6/13, BStBl. II 2016, 725 = FR 2016, 1004 m. Anm. Nöcker; OFD Frankfurt/M. v. 15.11.2017 – G 1421 A-7-St 525, juris, unter 4. 5 Gegen eine Anwendung von § 18 Abs. 3 UmwStG daher Pung in D/P/M, § 18 UmwStG Rz. 33 (Stand: April 2016). 6 UmwStE 2011 Rz. 18.07 Abs. 3; so offenbar auch Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 54. 7 Zu dieser Diskussion Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 18 UmwStG Rz. 55 mwN; Bohnhardt in Haritz/ Menner4, § 18 UmwStG Rz. 161 f.

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Anh. 1 Rz. 45 GewSt bei Umwandlungen Körperschaft eine Organgesellschaft war und ein von dieser erzielter Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn zu einer Gewerbesteueranrechnung gem. § 35 EStG geführt hätte.1 Dies wird damit begründet, dass in diesem Fall kein von § 18 Abs. 3 UmwStG zu schützendes Missbrauchspotenzial vorliege.

II. Umwandlung von Kapital- auf Kapitalgesellschaften (§§ 11–15, 19 UmwStG) 1. Überblick 45

Von §§ 11 bis 15 und 19 UmwStG erfasst ist insb. die Verschmelzung von KapGes. auf andere KapGes. (§ 2 ff. UmwG),2 die Aufspaltung einer KapGes., soweit dabei (auch) Vermögen auf eine andere KapGes. übergeht (§ 123 Abs. 1 UmwG) sowie die Abspaltung von einer KapGes. auf eine andere KapGes. gem. § 123 Abs. 2 UmwG (s. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwStG);3 erfasst sind dabei jeweils auch vergleichbare ausländ. Vorgänge. Dies gilt insbes. für die grenzüberschreitende Verschmelzung von KapGes. gem. § 122a ff. UmwG.4 Die Folgen einer Verschmelzung von Drittstaatenkapitalgesellschaften auf Ebene der übertragenden KapGes. regelt § 12 Abs. 2 Satz 1 KStG. Die Folgen auf Ebene des inländ. Anteilseigners sind in § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG geregelt. 2. Verschmelzung von Körperschaften (§§ 11–13, 19 UmwStG) a) Ebene der übertragenden Körperschaft (§§ 11, 19 UmwStG)

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Für den Vermögensübergang von einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft ordnet § 19 Abs. 1 UmwStG ausdrücklich an, dass die §§ 11 bis 15 UmwStG auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags gelten. Diese gesetzliche Anordnung bezieht sich wegen des Verweises auf § 11 bis 15 UmwStG sowohl auf den Gewerbeertrag der übertragenden (§ 11 UmwStG) als auch der übernehmenden Körperschaft (§ 12 UmwStG) und gilt auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags eines Anteilseigners (§ 13 UmwStG).5 Da § 19 Abs. 1 UmwStG eine „Geltung“ der § 11 bis 15 UmwStG und nicht (lediglich) eine „entsprechende“ Anwendung anordnet, sind iRd. Anwendung der §§ 11 bis 15 UmwStG für die GewSt im Grundsatz keine Besonderheiten zu beachten.

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Der stl. Übertragungsstichtag für die Verschmelzung richtet sich nach der für die Anmeldung zum Handelsregister der übertragenden Körperschaft verwendeten Schlussbilanz iSv. § 17 Abs. 2 UmwG (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG); dies gilt ausdrücklich auch für die GewSt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Die GewStPfl. der übertragenden Körperschaft endet mit Ablauf des stl. Übertragungsstichtags der Verschmelzung (vgl. § 2 Abs. 5 Satz 2 GewStG).6 Im Fall der Verschmelzung zur Neugründung beginnt die GewStPfl. der übernehmenden Körperschaft ebenfalls mit dem stl. Übertragungsstichtag und entsteht ein abgekürzter EZ (§ 14 Satz 3 GewStG). Liegt eine Verschmelzung zur Aufnahme vor, kommt es aus gewstl. Sicht zu einer Vereinigung des Gewerbebetriebs der übertragenden Körperschaft mit dem Gewerbebetrieb der übernehmenden Körperschaft (§ 2 Abs. 5 Satz 2 GewStG).7 Hat die übernehmende Körperschaft zum stl. Übertragungsstichtag zivilrechtlich noch nicht bestanden, kommt es dennoch aus gewstl. Sicht bereits am stl. Übertragungsstichtag zur Gründung des Gewerbebetriebs der übernehmenden Körperschaft und entsteht damit in diesem Zeitpunkt die GewStPfl. der übernehmenden Körperschaft.

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Die auf die übernehmende Körperschaft übergehenden WG (einschließlich nicht entgeltlich erworbener oder selbst geschaffener immaterieller WG) sind in der stl. Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft im Grundsatz mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG); für die Be1 BFH v. 28.5.2015 – IV R 27/12, BStBl. II 2015, 837 = FR 2015, 1000 m. Anm. Nöcker; BMF v. 3.11.2016 – IV C 6 - S 2296 - a/08/10002 :003, BStBl. I 2016, 1187 Rz. 14; OFD Frankfurt/M. v. 15.11.2017 – G 1421 A-7-St 525, juris, unter 2. 2 Vgl. die Übersicht in UmwStE 2011 Rz. 01.10. 3 Vgl. die Übersicht in UmwStE 2011 Rz. 01.17. 4 UmwStE 2011 Rz. 01.21; zur Vergleichbarkeit einer ausländ. Verschmelzung UmwStE 2011 Rz. 01.30 bis 01.32. 5 UmwStE 2011 Rz. 19.01 Satz 1; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 3 und 7. 6 Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 78 (Stand: Mai 2015). 7 Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 78 (Stand: Mai 2015).

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 50 Anh. 1

wertung von Pensionsrückstellungen gilt hiervon abweichend § 6a EStG (§ 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Auf Antrag (Wahlrecht) können die übergehenden WG jedoch unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG auch mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens aber mit dem gemeinen Wert,1 angesetzt werden. Eine fortbestehende gewstl. Verstrickung des BV ist gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwStG keine Voraussetzung für den Buch- oder Zwischenwertansatz.2 Durch einen Wertansatz unterhalb des gemeinen Werts kann es somit insbes. bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (vgl. §§ 122a ff. UmwG) einer unbeschränkt steuerpflichtigen KapGes. auf eine lediglich beschränkt steuerpflichtige ausländ. KapGes. ohne inländ. Betriebsstätte (zB lediglich unbewegliches Vermögen in Deutschland) zu einer gewstl. Entstrickung von stillen Reserven kommen.3 Das Bewertungswahlrecht kann für die KSt und die GewSt nur einheitlich ausgeübt werden.4 § 12 Abs. 2 Satz 1 KStG enthält für beschränkt steuerpflichtige Drittstaatenkapitalgesellschaften in den Fällen der Verschmelzung eine vergleichbare Möglichkeit zur Buchwertfortführung. Entsteht auf Ebene der übertragenden Körperschaft in der stl. Schlussbilanz – unabhängig aus wel- 49 chem Grund (zB Nichtstellung des Buchwertantrags oder Nichterfüllung der Voraussetzungen in § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG)5 – ein Übertragungsgewinn oder -verlust (sofern der gemeine Wert der übergehenden WG unterhalb des stl. Buchwerts liegt), unterliegt dieser im Grundsatz nach den allg. Regelungen der GewSt.6 Voraussetzung ist jedoch, dass die übertragende Körperschaft gewstpfl. ist.7 Alle iRd. GewSt anwendbaren Kürzungen und Steuerbefreiungen sind anwendbar (insbes. in Bezug auf Anteile an anderen KapGes. gilt daher die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 und 3 KStG). Der Gewerbeertrag verändert sich damit insbes. auch insoweit nicht, als der Gewinn bzw. Verlust auf eine ausländ. Betriebsstätte entfällt (§ 9 Nr. 3 GewStG) oder eine Steuerbefreiung nach einem DBA einschlägig ist. Auch die Vorschriften über die erweiterte Kürzung in § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG können dazu führen, dass ein Übertragungsgewinn den Gewerbeertrag nicht erhöht.8 Entsteht auf Ebene der übertragenden Körperschaft ein Beteiligungskorrekturgewinn (§ 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG), unterliegt auch dieser iRd. Regelungen für Veräußerungsgewinne (§ 8b Abs. 2 Satz 4 KStG) der GewSt.9 Ist die übertragende Körperschaft Organgesellschaft im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft, ist der Übertragungsgewinn nach Auffassung der FinVerw. bei einer Verschmelzung von der übertragenden Körperschaft selbst zu versteuern.10 Ist die übertragende Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, ergeben sich die gewstl. 50 Rechtsfolgen aus einem Übertragungsgewinn nach allg. Grundsätzen auf Ebene der Mitunternehmerschaft, an der die übertragende Körperschaft beteiligt ist (hierzu im Einzelnen Rz. 12 in Bezug auf die Verschmelzung von KapGes. auf Personengesellschaften).11 Auf Ebene der übertragenden Körperschaft greift zur Vermeidung einer doppelten Berücksichtigung die Kürzung des § 9 Nr. 2 GewStG ein (und damit über § 9 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 2 GewStG auch die für Einkünfte iSv. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG geltende Ausnahme in § 7 Satz 8 GewStG). 1 Der gemeine Wert stellt nach Auffassung der FinVerw. die Bewertungsobergrenze dar, sodass bei einem über dem gemeinen Wert liegenden Buchwert ein Buchwertansatz ausgeschlossen ist und es stattdessen zu einer Aufdeckung der stillen Last in dem BV der übertragenden Körperschaft kommt, vgl. UmwStE 2011 Rz. 11.06, 03.12; krit. zB Zimmermann, Ubg 2018, 17. 2 UmwStE 2011 Rz. 19.01 und 11.07 aE, mit Verweis auf Rz. 03.17; Möhlenbrock in D/P/M, § 19 UmwStG Rz. 3 (Stand: Dezember 2011); Bohnhardt/Wisniewski in Haritz/Menner4, § 19 UmwStG Rz. 6; Schießl in Widmann/ Mayer, § 19 UmwStG Rz. 6 (Stand: Mai 2015); Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 193 und 201 (Stand: Mai 2015). 3 von Freeden in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 18.5 und 18.28; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 57 und 129 (Stand: Mai 2015). 4 Trossen in R/H/vL2, § 19 UmwStG Rz. 15. 5 Aufzählung bei Schießl in Widmann/Mayer, § 19 UmwStG Rz. 5 (Stand: Mai 2015); Bohnhardt/Wisniewski in Haritz/Menner4, § 19 UmwStG Rz. 7. 6 R 7.1 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009. 7 Bohnhardt/Wisniewski in Haritz/Menner4, § 19 UmwStG Rz. 9. 8 Zu Einzelheiten Trossen in R/H/vL2, § 19 UmwStG Rz. 17; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 9. 9 Trossen in R/H/vL2, § 19 UmwStG Rz. 16; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 11 und 14. 10 UmwStE 2011 Rz. Org. 27 Satz 1 (anders im Fall der Abspaltung, vgl. UmwStE 2011 Rz. Org. 27 Satz 2); krit. hierzu Rödder in R/H/vL2, § 11 UmwStG Rz. 88. 11 Ausf. auch Schießl in Widmann/Mayer, § 19 UmwStG Rz. 63 ff. (Stand: Mai 2015).

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Anh. 1 Rz. 51 GewSt bei Umwandlungen 51

Der gewstl. entstehende Übertragungsgewinn bzw. -verlust kann mit dem iÜ vorliegenden gewstl. Ergebnis des entsprechenden EZ und (unter Beachtung der Mindestbesteuerung gem. § 10d EStG) mit einem vortragsfähigen Gewerbeverlust iSd. § 10a GewStG verrechnet werden.1 Ein verbleibender vortragsfähiger Gewerbeverlust der übertragenden Körperschaft iSd. § 10a GewStG geht gem. §§ 19 Abs. 2, 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nicht auf die übernehmende Körperschaft über (§ 10a GewStG Rz. 113).2 § 19 Abs. 2 UmwStG erwähnt zwar nicht die Fehlbeträge des laufenden EZ.3 Nach hier vertretener Auffassung gilt § 19 Abs. 2 UmwStG aber auch für die gewstl. Fehlbeträge des laufenden EZ,4 weil es bereits nach allg. Grundsätzen an der Unternehmeridentität fehlt. Ab dem stl. Übertragungsstichtag der Verschmelzung entstehen Verluste dann auch gewstl. bereits bei der übernehmenden Körperschaft. War die übertragende Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt und entsteht auf Ebene der Mitunternehmerschaft ein gewstpfl. Übertragungsgewinn (Rz. 12), kann dieser mit einem negativen Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft ausgeglichen werden und kann von einem positiven Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft ein vortragsfähiger Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft iSv. § 10a GewStG abgezogen werden.5 b) Ebene der übernehmenden Körperschaft (§§ 12, 19 Abs. 1 UmwStG)

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Die übernehmende Körperschaft hat die WG mit dem in der stl. Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert iSd. § 11 UmwStG zu übernehmen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Durch den Ansatz der übergehenden WG, den etwaigen Wegfall der Beteiligung an der übertragenden Körperschaft (sofern die übernehmende Körperschaft an der übertragenden Körperschaft beteiligt ist) und die Kosten für den Vermögensübergang entsteht auf Ebene der übernehmenden Körperschaft ein Übernahmegewinn oder -verlust (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Ein Übernahmeergebnis ist nach Auffassung der FinVerw. unabhängig davon zu ermitteln, ob die übernehmende Körperschaft an der übertragenden Körperschaft beteiligt war oder nicht.6 Da § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG anordnet, dass dieser Gewinn oder Verlust außer Ansatz bleibt, ergeben sich im Grundsatz auf Ebene der übernehmenden Körperschaft keine gewstl. Auswirkungen durch die Übernahme des Vermögens.7 Der Grundsatz, dass der Übernahmegewinn bzw. -verlust stl. außer Ansatz bleibt, wird jedoch durch § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG durchbrochen. Soweit die übernehmende Körperschaft an der übertragenden Körperschaft beteiligt war, ist auf das Übernahmeergebnis § 8b KStG anzuwenden.8 Ein Übernahmegewinn erhöht damit insoweit iHv. 5 % den Gewerbeertrag der übernehmenden Körperschaft (§ 8b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 KStG).9 Ein Übernahmeverlust mindert den Gewerbeertrag dagegen nicht und ist stl. nicht abzugsfähig (§ 8b Abs. 3 Satz 2 KStG). Bei dem Übernahmegewinn gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG handelt es sich aus stl. Sicht um einen Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung von Anteilen an der übertragenden Körperschaft. Die gewstl. Regelungen in §§ 8 Nr. 5, 9 Nr. 2a und Nr. 7 GewStG haben daher für den Übernahmegewinn keine Bedeutung.10

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Teilweise wird vertreten, dass ein Übernahmegewinn aus der Verschmelzung einer Organgesellschaft auf den Organträger auf Ebene des Organträgers insoweit aus dem Gewerbeertrag herauszurechnen sei, als der Übernahmegewinn auf offenen Rücklagen der Organgesellschaft (sei es durch Aufdeckung 1 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 10; auch für gewstl. Zwecke ist nach umstrittener Auffassung § 2 Abs. 4 UmwStG zu beachten, vgl. zu dieser Diskussion Trossen in R/H/vL2, § 19 UmwStG Rz. 30; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 17. 2 R 10a.3 Abs. 4 Satz 1 GewStR 2009; Trossen in R/H/vL2, § 19 UmwStG Rz. 30. 3 Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 121 (Stand: Mai 2015). 4 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 17; Bohnhardt/Wisniewski in Haritz/Menner4, § 19 UmwStG Rz. 33. 5 Die Verschmelzung der übertragenden Körperschaft und der damit verbundene Wechsel in der Mitunternehmerstellung bei der Mitunternehmerschaft führt dazu, dass sich ein verbleibender vortragsfähiger Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft um den nach § 10a Sätze 4 und 5 GewStG auf die übertragende Körperschaft entfallenden Betrag vermindert (s. hierzu R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 1 GewStR 2009). 6 UmwStE 2011 Rz. 12.05 Abs. 2 Satz 1. 7 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 12. 8 Etwaig aufzulösende organschaftliche Ausgleichsposten auf Ebene des Organträgers sind für die Anwendung des § 8b KStG mit dem Beteiligungsbuchwert zusammenzufassen, vgl. R 14.8 Abs. 3 Satz 6 KStR 2015. 9 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 13. 10 Trossen in R/H/vL2, § 19 UmwStG Rz. 21.

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 57 Anh. 1

von stillen Reserven in der stl. Schlussbilanz der Organgesellschaft oder hiervon unabhängig) beruhe und diese auf Ebene des Organträgers bereits der Besteuerung unterlegen hätten.1 Hiervon geht offenbar auch die FinVerw. aus.2 Hierfür ist allerdings keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Auch besteht hierfür kein stl. Bedürfnis, da die Bildung von Rücklagen auf Ebene der Organgesellschaft zu einer handelsrechtlichen Minderabführung führt, die auf Ebene des Organträgers die Bildung eines aktiven organschaftlichen Ausgleichspostens nach sich zieht (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG). Ein solcher aktiver organschaftlicher Ausgleichsposten ist nach Auffassung der FinVerw. ohnehin mindernd in die Ermittlung des Übernahmeergebnisses gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG einzubeziehen.3 Entsteht infolge der Vereinigung von Forderungen und Verbindlichkeiten auf Ebene der überneh- 54 menden Körperschaft ein Gewinn (Übernahmefolgegewinn), unterliegt dieser der GewSt. Insoweit, als die übernehmende Körperschaft an der übertragenden Körperschaft beteiligt war, gilt aber wegen § 19 Abs. 1 UmwStG über § 12 Abs. 4 UmwStG die Vorschrift des § 6 UmwStG entsprechend, sodass die übernehmende Körperschaft eine gewinnmindernde Rücklage bilden darf, die in den Folgejahren anteilig aufzulösen ist (im Einzelnen § 6 Abs. 1 UmwStG). Das Wahlrecht zur Rücklagenbildung kann für die KSt und die GewSt nur einheitlich ausgeübt werden. Die übernehmende Körperschaft tritt in die stl. Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein; 55 § 4 Abs. 2 und 3 UmwStG gelten entsprechend (§§ 19 Abs. 1, 12 Abs. 3 UmwStG). Der Eintritt in die stl. Rechtsstellung hat Bedeutung für die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen nach § 9 Nr. 2a und 7 GewStG hinsichtlich der Ausschüttung aus einem Anteil an einer KapGes. erfüllt sind, der durch die Verschmelzung auf die übernehmende Körperschaft übergegangen ist.4 Diese Frage hat jedenfalls dann Bedeutung, wenn die übernehmende Körperschaft nicht bereits unabhängig von der Verschmelzung eine Beteiligung hält, welche die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt. Zu dieser Frage wird auf die Erläuterungen in Rz. 24 ff. in Bezug auf die Verschmelzung von KapGes. auf Personengesellschaften und die Erläuterungen in Rz. 98 zu § 21 UmwStG verwiesen.5 Ein laufender gewstl. Verlust des EZ und ein verbleibender vortragsfähiger Gewerbeverlust der 56 übertragenden Körperschaft iSd. § 10a GewStG gehen gem. §§ 19 Abs. 2, 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nicht auf die übernehmende Körperschaft über (Rz. 51, § 10a GewStG Rz. 26). Auswirkungen auf einen gewstl. Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG der übernehmenden Körperschaft können sich gem. § 8c KStG, § 10a Satz 10 GewStG dann ergeben, wenn sich durch die Verschmelzung der Gesellschafterbestand bei der übernehmenden Körperschaft verändert (§ 10a GewStG Rz. 224 ff.). War die übertragende Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, mindert sich bei dieser nach Auffassung der FinVerw. in Höhe der Beteiligung der übertragenden Körperschaft ein gewstl. Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG, weil es insoweit wegen der Verschmelzung an der für den Verlustabzug erforderlichen Unternehmeridentität fehle.6 Eine Besonderheit wird durch § 12 Abs. 5 UmwStG geregelt, wonach eine Ausschüttung an die An- 57 teilseigner der übertragenden Körperschaft im Fall des „Vermögensübergangs in den nicht steuerpflichtigen oder steuerbefreiten Bereich der übernehmenden Körperschaft“ fingiert wird. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist im Einzelnen umstritten. Insbesondere wird die Frage diskutiert, ob die Vorschrift auch den Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige KapGes. erfasst.7 Gewerbesteuerliche Auswirkungen ergeben sich neben dem durch die Vorschrift angeordneten Kapitalertragsteuerabzug durch diese Fiktion insoweit nicht, als die übernehmende Körperschaft an der übertragenden Körperschaft beteiligt ist, weil § 12 Abs. 5 UmwStG tat1 Bohnhardt/Wisniewski in Haritz/Menner4, § 19 UmwStG Rz. 21; Schießl in Widmann/Mayer, § 19 UmwStG Rz. 24 mwN (Stand: Mai 2015). 2 S. H 7.1 GewStH 2009 „Übernahmegewinn bei Umwandlung in Organschaftsfällen“. 3 R 14.8 Abs. 3 Satz 6 KStR 2015. 4 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 15. 5 Vgl. auch Ernst, Ubg 2012, 678 (687), der zutreffend vorgelagert auf die ertragsteuerliche Rückwirkung der Verschmelzung hinweist. 6 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 6 Satz 1 GewStR 2009, mit Verweis auf eine entsprechende Anwendung von §§ 19 Abs. 2, 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG. 7 Ablehnend Dötsch/Stimpel in D/P/M, § 12 UmwStG Rz. 86 mwN (Stand: Januar 2017); Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 211 (Stand: Mai 2015); Schell, IStR 2008, 397.

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Anh. 1 Rz. 58 GewSt bei Umwandlungen bestandlich gerade voraussetzt, dass ein Vermögensübergang in den nicht steuerpflichtigen oder steuerbefreiten Bereich der übernehmenden Körperschaft stattfindet. Es fehlt insoweit bereits an einer persönlichen oder sachlichen GewStPfl. beim Empfänger.1 Soweit jedoch an der übertragenden Körperschaft andere Anteilseigner als die übernehmende Körperschaft beteiligt sind (dh. insbes. bei der Verschmelzung auf eine Schwestergesellschaft), kann die durch § 12 Abs. 5 UmwStG angeordnete fiktive Ausschüttung beim Empfänger auch gewstl. Auswirkungen haben. Entscheidend ist dann insbes. nach den allg. Grundsätzen, ob die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt sind. c) Ebene der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft (§§ 13, 19 Abs. 1 UmwStG) aa) Überblick 58

Auch § 13 UmwStG gilt über den Verweis in § 19 Abs. 1 UmwStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags des Anteilseigners der übertragenden Körperschaft. Gehörten die Anteile an der übertragenden Körperschaft bei einer natürlichen Person zu einem gewerblichen BV (§ 15 EStG), gilt daher § 13 UmwStG für die Ermittlung des Gewerbeertrags des Anteilseigners der übertragenden Körperschaft. Darüber hinaus ist wegen § 9 Nr. 3 GewStG Voraussetzung, dass ein Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung an der übertragenden Körperschaft einer inländ. Betriebsstätte des StPfl. zuzurechnen ist. Grundvoraussetzung ist daneben, dass nach einem DBA ein Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der KapGes. überhaupt im Inland besteuert werden kann. Die anderen, ebenfalls von § 13 UmwStG erfassten Konstellationen (Anteile an KapGes. im stl. Privatvermögen, sofern die Anteile die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen; Anteile an KapGes., die zu einem BV iRd. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit gem. § 18 EStG oder aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 13 EStG gehören) haben dagegen von vornherein keine gewstl. Relevanz.2 bb) Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§§ 13 Abs. 1, 19 Abs. 1 UmwStG)

59

Nach der Regelbewertung des G gelten die Anteile an der übertragenden Körperschaft als zum gemeinen Wert veräußert und die an ihre Stelle tretenden Anteile an der übernehmenden Körperschaft als mit diesem Wert angeschafft (§ 13 Abs. 1 UmwStG). Die Veräußerungsfiktion greift auch dann ein, wenn bei der übernehmenden Körperschaft keine Kapitalerhöhung durchgeführt wird.3 Die Veräußerungsfiktion auf Ebene des Anteilseigners greift im Grundsatz auch bei der Verschmelzung von Drittstaatenkapitalgesellschaften ein (s. § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG, mit Verweis auf § 13 Abs. 1 UmwStG).

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Bei einem gem. § 13 Abs. 1 UmwStG entstehenden Gewinn handelt es sich aus gewstl. Sicht um einen laufenden Gewinn.4 Die Teilbetriebsfiktion in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gilt nicht für die GewSt, sodass es sich auch bei einer 100-prozentigen Beteiligung des Anteilseigners an der übertragenden Körperschaft gewstl. um einen laufenden Gewinn handelt (Rz. 91, § 7 GewStG Rz. 65 und H 7.1 Abs. 3 GewStH 2016 unter „Gewinn aus der Veräußerung einer 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft“). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Anteilseigner um eine natürliche Person, eine Mitunternehmerschaft oder ein anderes Gewerbesteuersubjekt (insbes. eine Körperschaft) handelt. Etwas anderes ist nur dann denkbar, wenn gleichzeitig mit der Verschmelzung der Betrieb einer natürlichen Person oder einer Mitunternehmerschaft mit dahinter stehenden natürlichen Personen eingestellt wird, weil es sich in diesem Fall um einen Teil eines begünstigten Betriebsaufgabegewinns handelt (§ 7 GewStG Rz. 65).5 Für den Gewinn gem. § 13 Abs. 1 UmwStG gelten die Regelungen des Teileinkünfteverfahrens (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 Satz 1 EStG) bzw. § 8b KStG auch für

1 Trossen in R/H/vL2, § 19 UmwStG Rz. 25. 2 Vgl. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 19. Werden die Anteile an der KapGes. im stl. Privatvermögen gehalten und erfüllen diese nicht die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, kann die Verschmelzung nach § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG steuerneutral möglich sein; auch in dieser Konstellation können sich keine gewstl. Auswirkungen beim Anteilseigner ergeben. 3 UmwStE 2011 Rz. 13.05 Satz 1. 4 S. allg. BFH v. 14.1.2002 – VIII B 95/01, BFH/NV 2002, 811; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 330 (Stand: März 2016); Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1076). 5 Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 331 (Stand: März 2016).

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Pitzal

B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 63 Anh. 1

die Ermittlung des Gewerbeertrags (auf Ebene einer Personengesellschaft über § 7 Satz 4 GewStG, § 7 GewStG Rz. 126 ff., 141 ff.). Im Fall des Ansatzes zum gemeinen Wert treten die Anteile an der übernehmenden Körperschaft stl. 61 nicht an die Stelle der Anteile an der übertragenden Körperschaft (vgl. im Umkehrschluss § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Da sich auf Ebene des Anteilseigners keine stl. Rückwirkung der Verschmelzung ergibt,1 sind § 9 Nr. 2a und 7 GewStG somit so anzuwenden, als ob der Anteilseigner zum Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums der Anteile an der übertragenden Körperschaft (Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister der übernehmenden Körperschaft, vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 3 UmwG) Anteile an der übernehmenden Körperschaft angeschafft hätte. Die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG werden somit regelmäßig erst im darauffolgenden EZ erfüllt sein,2 es sei denn, dass der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft bereits vor der Verschmelzung Anteile an der übernehmenden Körperschaft gehalten hat, welche die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllen. cc) Auf Antrag Buchwertansatz (§§ 13 Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 1 UmwStG) Auf Antrag sind die Anteile an der übernehmenden Körperschaft mit dem Buchwert der Anteile an 62 der übertragenden Körperschaft anzusetzen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (§ 13 Abs. 2 UmwStG). Eine fortbestehende gewstl. Verstrickung der Anteile ist auch iRd. § 13 Abs. 2 UmwStG keine Voraussetzung für eine wirksame Wahlrechtsausübung.3 Die Möglichkeit zum Buchwertansatz besteht auch dann, wenn bei der übernehmenden Körperschaft keine Nennkapitalerhöhung durchgeführt wird (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG).4 Die Möglichkeit zu einem Zwischenwertansatz besteht iRd. § 13 Abs. 2 UmwStG dagegen nicht.5 Das Wahlrecht kann für die KSt und GewSt nur einheitlich ausgeübt werden. Im Fall des Buchwertansatzes entsteht für den Anteilseigner kein Veräußerungsgewinn und kann sich somit auch der Gewerbeertrag nicht erhöhen.6 Eine Buchwertfortführung für den Anteilseigner ist auch bei der Verschmelzung von Drittstaatenkapitalgesellschaften möglich (s. § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG mit Verweis auf § 13 Abs. 2 UmwStG).7 Die Anteile an der übernehmenden Körperschaft treten bei Buchwertfortführung gem. § 13 Abs. 2 63 Satz 2 UmwStG stl. an die Stelle der Anteile an der übertragenden Körperschaft. Damit kommt es insbes. auch zu einer für § 9 Nr. 2a und Nr. 7 GewStG relevanten gewstl. Rechtsnachfolge in Beteiligungszeitpunkte bzw. Besitzzeiten hinsichtlich der untergegangenen Anteile an der übertragenden Körperschaft.8 Die in Rz. 98 zu § 21 UmwStG dargestellte und vom BFH unter Hinweis auf die Formulierung in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG („Dauer der Zugehörigkeit“) angestoßene Diskussion (Differenzierung zwischen Besitzzeitpunkten und den in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG genannten Besitzzeiträumen) sollte für die Anwendung von § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nach der hier vertretenen Auffassung keine Bedeutung haben, weil § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG (vergleichbar § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG) eine generalklauselartige Anordnung der stl. Rechtsnachfolge enthält.9 Dies gilt in jedem Fall dann, wenn die Beteiligung an der übertragenden Körperschaft mindestens 10 % (§ 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 1 UmwStE 2011 Rz. 13.06. 2 Ein zivilrechtliches Wirksamwerden der Verschmelzung zum 1.1., 0.00 Uhr, erscheint in praktischer Hinsicht ausgeschlossen. 3 Vgl. UmwStE 2011 Rz. 19.01 Satz 2. 4 UmwStE 2011 Rz. 13.09 Satz 1. 5 UmwStE 2011 Rz. 13.10 Satz 1. 6 Liegt der gemeine Wert der Anteile an der übertragenden Körperschaft unterhalb des stl. Buchwerts, kommt es nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nicht zu einer Verlustrealisation. Durch die Stellung des Buchwertantrags kann daher in diesem Fall vermieden werden, dass es nachfolgend zu einer das Einkommen und den Gewerbeertrag iHv. 5 % erhöhenden Wertaufholung hinsichtlich der Beteiligung kommt (§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG). 7 Trotz der Stellung des § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG im KStG gilt die Vorschrift auch dann, wenn der Anteilseigner keine Körperschaft ist; vgl. Benecke/Staats in D/P/M, § 12 KStG Rz. 411 (Stand: Juni 2017); von Freeden in R/H/N, § 12 KStG Rz. 108. 8 UmwStE 2011 Rz. 13.11 Satz 2, letzter Spiegelstrich. 9 Vgl. Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 231 (Stand: Mai 2015); so wohl auch Dötsch/Werner in D/P/M, § 13 UmwStG Rz. 56 (Stand: Dezember 2014).

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Anh. 1 Rz. 64 GewSt bei Umwandlungen GewStG) bzw. 15 % (§ 9 Nr. 2a und Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG) betragen hat und auch die Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft dieses Beteiligungsquorum erreicht. 64

Ist der betreffende Anteilseigner und spätere Ausschüttungsempfänger nach der Verschmelzung dagegen fortan zu weniger als 10 % bzw. 15 % an der übernehmenden Körperschaft beteiligt, stellt sich die Frage, ob die nach der Verschmelzung gegebene absolute prozentuale Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft für die Anwendung von § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG maßgeblich ist („Nachher-Betrachtung“) oder ob ggf. eine unterhalb von 10 % bzw. 15 % liegende Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft für einen potenziell unbestimmten Zeitraum auf die ursprüngliche Beteiligungsquote an der übertragenden Körperschaft zurückzurechnen ist („Vorher-Betrachtung“).1 War der Anteilseigner zB vor der Verschmelzung mit 20 %-Punkten an der übertragenden Körperschaft beteiligt und hält dieser nach der Verschmelzung lediglich 5 %-Punkte an der übernehmenden Körperschaft, wäre bei einer Vorher-Betrachtung weiterhin die Beteiligungshöhe des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt. Erst dann, wenn der Anteilseigner seine Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft auf zB 2 %-Punkte reduzieren würde (dies entspricht 8 %-Punkte an der übertragenden Körperschaft), wären die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG bei einer Vorher-Betrachtung nicht mehr erfüllt.2 Der Wortlaut des § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG spricht für die zuletzt genannte Sichtweise, da § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG einen umfassenden Eintritt in die stl. Rechtsstellung anordnet.3 Dies würde iErg. in Verschmelzungsfällen allerdings dazu führen, dass die Anteilseigner an der übertragenden bzw. an der übernehmenden Körperschaft unterschiedlich behandelt werden. Verwässern sich durch eine Verschmelzung wegen einer Kapitalerhöhung die Beteiligungsquoten der bisherigen Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft, kann dies dazu führen, dass die Beteiligungsvoraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG fortan nicht mehr erfüllt sind, während die Beteiligungsquoten der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft trotz der Verschmelzung gleichsam „eingefroren“ würden.4 Eine solche unterschiedliche Behandlung kann systematisch nicht überzeugen. Die beschriebene Sichtweise entspricht aber offenbar der Sichtweise der FinVerw. in Bezug auf Anteile iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG.5 Auch spricht nach dem Sinn und Zweck der Beteiligungsquoten in § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG (§ 9 Nr. 2a GewStG Rz. 3, § 9 Nr. 7 GewStG Rz. 22) wenig dafür, dass dauerhaft auch unterhalb von 10 % bzw. 15 % beteiligte Anteilseigner die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllen können, und könnte die beschriebene Rechtsfolge iÜ auch gestalterisch ausgenutzt werden.6 Die beschriebene Rechtsfolge (Konservierung der Beteiligungshöhe) kann aber wegen des sehr allg. gehaltenen Wortlauts des § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nach hier vertretener Auffassung nur durch eine gesetzliche Änderung abgeändert werden. Denkbar erscheint es auch, dass es zwar für den laufenden EZ zu einer „Konservierung“ der Beteiligungshöhe kommt, nicht aber für die folgenden EZ.7

65

Da sich auf Ebene des Anteilseigners keine stl. Rückwirkung der Verschmelzung ergibt,8 kommt keine rückwirkende Zusammenrechnung von bisher nicht schachtelbegünstigten Beteiligungen an der übernehmenden KapGes. auf Ebene des Anteilseigners in Betracht.9

1 So zB Schießl in Widmann/Mayer, § 19 UmwStG Rz. 59 (Stand: Mai 2015), mit einer Differenzierung zwischen einem verschmelzungsbedingten Absinken der Beteiligungshöhe und nicht verschmelzungsbedingten Minderungen der Beteiligungshöhe; Schroer/Starke, FR 2007, 488 (491). 2 Mit einem Bsp. der Absenkung der Beteiligungsquote vor dem 1.1. des Jahres, in dem die Verschmelzung wirksam wird, Möhlenbrock in D/P/M, § 19 UmwStG Rz. 10 (Stand: Dezember 2011). 3 So möglicherweise auch UmwStE 2011 Rz. 13.11 Satz 2, 3. Spiegelstrich, wonach für die Beteiligungshöhe bei Anteilen iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auch nach der Verschmelzung weiterhin auf die Beteiligungshöhe vor der Verschmelzung abzustellen sei. 4 So ausdrücklich Schroer/Starke, FR 2007, 488 (490 f.). 5 UmwStE 2011 Rz. 13.11 Satz 2, 3. Spiegelstrich. 6 Anstatt des Erwerbs einer direkten Beteiligung an einer Zielgesellschaft im Wege der Barkapitalerhöhung von zB 5 %-Punkten (kein gewstl. Schachtelprivileg) wäre es zB denkbar, dass zunächst eine zu 100 % gehaltene GmbH gegründet wird und dann nachfolgend auf die Zielgesellschaft verschmolzen wird. 7 Anders aber ausdrücklich Schroer/Starke, FR 2007, 488 (490 f.). 8 UmwStE 2011 Rz. 13.06 Satz 2. 9 Bohnhardt/Wisniewski in Haritz/Menner4, § 19 UmwStG Rz. 27; Schießl in Widmann/Mayer, § 19 UmwStG Rz. 31.1 und 60 (Stand: Mai 2015).

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Pitzal

B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 68 Anh. 1

3. Auf- und Abspaltung von Kapitalgesellschaften auf Kapitalgesellschaften (§§ 15, 11–13, 19 UmwStG) a) Ebene der übertragenden Körperschaft (§§ 15, 11, 19 UmwStG) Auch iRd. Abspaltung und Aufspaltung von BV von KapGes. auf andere KapGes. sind gem. § 19 66 Abs. 1 UmwStG für gewstl. Zwecke die §§ 11 bis 15 UmwStG anzuwenden. Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Abspaltung oder Aufspaltung auf Ebene der übertragenden Körperschaft entsprechen wegen des Verweises in § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auf § 11 UmwStG daher im Grundsatz den für die Verschmelzung von Körperschaften dargestellten Grundsätzen (Rz. 46 ff.). Danach sind die auf die übernehmende Körperschaft übergehenden WG (einschließlich nicht entgeltlich erworbener oder selbst geschaffener immaterieller WG) in der stl. Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft im Grundsatz mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§§ 15 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG); für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt hiervon abweichend § 6a EStG (§§ 15 Abs. 1 Satz 1, 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Auf Antrag können die übergehenden WG jedoch unter den Voraussetzungen des §§ 15 Abs. 1 Satz 2, 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG auch mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens aber mit dem gemeinen Wert, angesetzt werden. Der Buch- bzw. Zwischenwertansatz ist bei der Abspaltung und Aufspaltung nur dann zulässig (s. § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG), wenn auf die übernehmende Körperschaft ein Teilbetrieb übertragen wird und bei der übertragenden Körperschaft (mindestens) ein Teilbetrieb zurückbleibt (sog. „doppeltes Teilbetriebserfordernis“). Fiktiv als Teilbetrieb gilt im Grundsatz die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft und eine 100-prozentige Beteiligung an einer KapGes. (zu den Ausnahmen § 15 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Bei der Abspaltung ergeben sich hinsichtlich des nicht abgespaltenen BV keine Auswirkungen bei der übertragenden Körperschaft. Liegen die Teilbetriebsvoraussetzungen nicht vor, ist zwar § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG und damit das Wahlrecht zum Buch- bzw. Zwischenwertansatz nicht anwendbar. Im Übrigen bleiben aber die §§ 11 bis 13 UmwStG anwendbar.1 Insbesondere führt die Nichterfüllung des doppelten Teilbetriebserfordernisses nicht dazu, dass aus stl. Sicht eine Sachausschüttung der übertragenden Körperschaft fingiert wird. Entsteht auf Ebene der übertragenden Körperschaft ein Übertragungsgewinn oder -verlust (sofern 67 der gemeine Wert unterhalb des Buchwerts liegt),2 unterliegt dieser der GewSt, soweit der Gewinn bzw. Verlust nicht auf eine ausländ. Betriebsstätte entfällt (§ 9 Nr. 3 GewStG). Alle Kürzungen und Steuerbefreiungen sind anwendbar (insbes. in Bezug auf Anteile an anderen KapGes. gilt daher die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 und 3 KStG). Auch die Vorschriften über die erweiterte Kürzung in § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG können anwendbar sein.3 Ist die übertragende Körperschaft Organgesellschaft im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft, ist der Übertragungsgewinn nach Auffassung der FinVerw. bei einer Abspaltung dem Organträger zuzurechnen.4 Bei einer Aufspaltung soll der Übertragungsgewinn dagegen (vergleichbar der Verschmelzung) nach Auffassung der FinVerw. von der übertragenden Körperschaft selbst zu versteuern sein.5 Ist die übertragende Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt und wird auch der Anteil an der Mitunternehmerschaft (vollständig oder teilweise) auf die übernehmende Körperschaft übertragen, gelten für den Übertragungsgewinn die Erläuterungen in Rz. 12 entsprechend. Der Übertragungsgewinn bzw. -verlust kann mit dem iÜ vorliegenden gewstl. Ergebnis der übertra- 68 genden Körperschaft des entsprechenden EZ verrechnet werden.6 Entsteht ein Übertragungsgewinn, kann dieser zudem noch mit einem zum Schluss des vorangegangenen EZ festgestellten gewstl. Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG verrechnet werden, wobei die Vorschriften über die Mindestbesteuerung

1 S. UmwStE 2011 Rz. 15.12 und 15.13. 2 Zu dieser von der FinVerw. angenommenen Bewertungsobergrenze s. UmwStE 2011 Rz. 15.14 Abs. 2, 11.06 und 03.12; krit. stellvertretend Zimmermann, Ubg 2018, 17. 3 Zu Einzelheiten Trossen in R/H/vL2, § 19 UmwStG Rz. 17. 4 UmwStE 2011 Rz. Org. 27 Satz 2; vgl. zur Veräußerung eines Teilbetriebs durch eine Organgesellschaft auch R 14.6 Abs. 5 KStR 2015. 5 UmwStE 2011 Rz. Org. 27 Satz 1. 6 Auch für gewstl. Zwecke ist nach umstrittener Auffassung § 2 Abs. 4 UmwStG zu beachten, vgl. Trossen in R/H/ vL2, § 19 UmwStG Rz. 30.

Pitzal

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Anh. 1 Rz. 69 GewSt bei Umwandlungen (§ 10d EStG) zu beachten sind. Ein verbleibender vortragsfähiger Gewerbeverlust der übertragenden Körperschaft iSd. § 10a GewStG geht bei einer Abspaltung gem. §§ 19 Abs. 2, 15 Abs. 3 UmwStG in dem Verhältnis unter, in dem der gemeine Wert des abgespaltenen Vermögens zu dem gemeinen Wert des gesamten Vermögens der übertragenden Körperschaft steht (R 10a.3 Abs. 4 Satz 4 GewStR 2009, § 10a GewStG Rz. 26 und 115).1 Bei einer Aufspaltung geht der gesamte verbleibende vortragsfähige Gewerbeverlust der übertragenden Körperschaft unter (§§ 19 Abs. 2, 15 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, R 10a.3 Abs. 4 Satz 3 GewStR 2009).2 69

War die übertragende Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt und entsteht auf Ebene der Mitunternehmerschaft ein gewstpfl. Übertragungsgewinn, kann dieser mit einem negativen Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft ausgeglichen werden und kann von einem positiven Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft ein vortragsfähiger Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft iSv. § 10a GewStG abgezogen werden.3 b) Ebene der übernehmenden Körperschaft (§§ 15, 12, 19 Abs. 1 UmwStG)

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Die Rechtsfolgen der Abspaltung oder Aufspaltung auf Ebene der übernehmenden Körperschaft entsprechen wegen des Verweises in § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auf § 12 UmwStG den für die Verschmelzung von Körperschaften dargestellten Grundsätzen (Rz. 52 ff.). Der Grundsatz, dass der Übernahmegewinn bzw. -verlust stl. außer Ansatz bleibt, wird auch für die Abspaltung und Aufspaltung durch §§ 15 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG durchbrochen. Soweit die übernehmende Körperschaft an der übertragenden Körperschaft beteiligt war, ist auf das Übernahmeergebnis § 8b KStG anzuwenden. Ein Übernahmegewinn erhöht damit insoweit iHv. 5 % den Gewerbeertrag der übernehmenden Körperschaft (§ 8b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 KStG). Ein Übernahmeverlust mindert den Gewerbeertrag dagegen nicht (§ 8b Abs. 3 Satz 2 KStG). Zum Übernahmefolgegewinn Rz. 54. Zum Eintritt in die stl. Rechtsstellung hinsichtlich des übernommenen BV (und damit insbes. hinsichtlich mitübertragener Anteile an KapGes. im Kontext des § 9 Nr. 2a bzw. 7 GewStG) Rz. 55. c) Ebene der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft (§§ 15, 13, 19 Abs. 1 UmwStG)

71

Gewerbesteuerliche Auswirkungen können sich bei einer Abspaltung oder Aufspaltung für den Anteilseigner an der übertragenden Körperschaft nur dann ergeben, wenn die Anteile an der übertragenden Körperschaft zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Umwandlung (keine ertragsteuerliche Rückwirkung iRv. § 13 UmwStG)4 einem gewerblichen BV des Anteilseigners (§ 15 EStG) zuzurechnen sind. Darüber hinaus ist wegen § 9 Nr. 3 GewStG Voraussetzung, dass ein Gewinn aus der Veräußerung auch einer inländ. Betriebsstätte des StPfl. zuzurechnen ist (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG). Im Übrigen wird auf die Erläuterungen in Rz. 58 ff. zur Verschmelzung von Körperschaften verwiesen.

72

Die Anteile an der übernehmenden Körperschaft treten bei Stellung des Buchwertantrags gem. §§ 15 Abs. 1 Satz 1, 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG stl. an die Stelle der Anteile an der übertragenden Körperschaft. Zu den sich hieraus ergebenden gewstl. Auswirkungen Rz. 62 ff.

1 UmwStE 2011 Rz. 15.41 Satz 2 idF des BMF v. 23.2.2018 – IV C 2 - S 1978-b/16/10001 :001, GmbHR 2018, 444. 2 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 19 UmwStG Rz. 18; Trossen in R/H/vL2, § 19 UmwStG Rz. 30. 3 Die Abspaltung des Mitunternehmeranteils und der damit verbundene Wechsel in der Mitunternehmerstellung bei der Mitunternehmerschaft führt dazu, dass sich ein verbleibender vortragsfähiger Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft um den nach § 10a Sätze 4 und 5 GewStG auf die übertragende Körperschaft entfallenden Betrag vermindert (s. hierzu für den Fall der Verschmelzung R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 6 Satz 1 GewStR 2009). 4 UmwStE 2011 Rz. 13.06 Satz 2.

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Pitzal

B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 76 Anh. 1

III. Einbringungen in Kapitalgesellschaften (§§ 20, 21 und 25 UmwStG) 1. Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG) a) Überblick Kennzeichnend für die von § 20 UmwStG erfassten Vorgänge ist, dass BV in eine KapGes. eingebracht 73 wird (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG).1 Erfasst sind von § 20 UmwStG sowohl dem UmwG unterfallende Umwandlungsvorgänge durch Gesamtrechtsnachfolge (zB die Verschmelzung einer Personengesellschaft auf eine KapGes. oder die Ausgliederung gem. § 123 Abs. 3 UmwG auf eine KapGes., vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UmwStG) als auch Vorgänge im Wege der Einzelrechtsnachfolge (zB die Einbringung von BV in eine KapGes. im Wege der Sachkapitalerhöhung, vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 4 UmwStG).2 Jeweils erfasst sind auch vergleichbare ausländ. Vorgänge (zB die Einbringung von BV im Wege der Sachkapitalerhöhung in eine ausländ. KapGes.).3 Der Tatbestand des § 20 Abs. 1 UmwStG ist nur dann erfüllt, wenn eine begünstigte Sachgesamtheit – 74 dh. ein Betrieb, Teilbetrieb oder (Teil-)Mitunternehmeranteil – in eine KapGes. eingebracht wird. Sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 UmwStG nicht erfüllt (zB weil bereits keine begünstigte Sachgesamtheit, sondern Einzelwirtschaftsgüter vorliegen, eine begünstigte Sachgesamtheit nicht vollständig auf die übernehmende KapGes. übertragen wird oder die Gegenleistung nicht in Gesellschaftsrechten besteht), richten sich die gewstl. Auswirkungen der Einbringung (Übertragung) nach den allg. gewstl. Grundsätzen. Danach liegt bei einer Veräußerung (entgeltliche Vorgänge) bzw. unentgeltlichen Übertragung (verdeckte Einlage) im Grundsatz ein gewstpfl. laufender Gewinn vor. Ausnahmsweise kann jedoch nach allg. Grundsätzen auch ein nicht der GewSt unterliegender Gewinn vorliegen. Dies ist insbes. dann der Fall, wenn eine unmittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligte natürliche Person einen gesamten Mitunternehmeranteil veräußert (s. § 7 Satz 2 GewStG). Auch dann, wenn durch eine natürliche Person wesentliche Betriebsgrundlagen eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils nicht mit eingebracht werden, sondern in das Privatvermögen entnommen werden, liegt zwar keine Einbringung gem. § 20 Abs. 1 UmwStG vor. Dennoch kann insgesamt eine gewstl. begünstigte Aufgabe vorliegen (§ 7 GewStG Rz. 54).4 Einzelheiten zur stl. Rückwirkung der Einbringung regeln § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG. Die auf An- 75 trag (Wahlrecht) bestehende Möglichkeit zur stl. Rückbeziehung gilt auch für die GewSt.5 Dies gilt ungeachtet dessen, dass in § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG lediglich das „Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft“ erwähnt werden, während in § 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG (Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum) ausdrücklich auch der Gewerbeertrag angesprochen wird. Ein Antrag auf stl. Rückwirkung kann nur einheitlich für die KSt bzw. ESt und die GewSt ausgeübt werden.6 b) Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§ 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) Im Grundsatz muss die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte BV mit dem gemeinen Wert 76 ansetzen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt hiervon abweichend § 6a EStG (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 UmwStG). Da § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG regelt, dass der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte BV ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis gilt, entsteht bei einem Ansatz des eingebrachten BV mit dem gemeinen Wert ein Einbringungsgewinn bei dem Einbringenden. Sofern ein (Teil-)Mitunternehmeranteil 1 Vgl. Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 10 und 155 (Stand: April 2012), auch zu den persönlichen Voraussetzungen der übernehmenden KapGes. 2 S. auch die Aufzählung in UmwStE 2011 Rz. 01.43 und 01.44; Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 4 (Stand: April 2012). 3 UmwStE 2011 Rz. 01.45. 4 Vgl. Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 284 (Stand: April 2012); Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 214a mwN; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 282 (Stand: Mai 2015). 5 Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 312 (Stand: August 2016); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 242; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 274 (Stand: Mai 2015). 6 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 261.

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Anh. 1 Rz. 77 GewSt bei Umwandlungen eingebracht wird oder eine Mitunternehmerschaft zivilrechtlich Einbringender ist, ergeben sich die gewstl. Auswirkungen des Einbringungsgewinns nach allg. Grundsätzen auf Ebene der Mitunternehmerschaft.1 77

GewSt kann bei einer Einbringung gem. § 20 UmwStG von vornherein nur dann entstehen, wenn das eingebrachte BV auch BV iRv. Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) ist.2 Die gewstl. Behandlung des Einbringungsgewinns richtet sich auf der einen Seite nach der Person des Einbringenden und auf der anderen Seite nach dem konkreten Einbringungsgegenstand. Ist Einbringender eine natürliche Person und bringt diese einen Betrieb, einen Teilbetrieb oder einen ganzen Mitunternehmeranteil ein, ist der Einbringungsgewinn nach allg. Grundsätzen nicht gewstpfl. (§ 7 GewStG Rz. 53).3 Entsprechendes gilt für einen Einbringungsverlust.4 Gewerbesteuerpflichtig ist der Einbringungsgewinn bei einer natürlichen Person als Einbringendem aber dann, wenn ein Teilmitunternehmeranteil eingebracht wird, weil es sich dann auch gewstl. um einen laufenden Gewinn handelt (§ 7 GewStG Rz. 66).5 Eine von der Rspr. entwickelte Ausnahme liegt auch vor, soweit der Einbringungsgewinn auf Grundstücke des Umlaufvermögens eines gewerblichen Grundstückshandelseinzelunternehmers (oder einer entsprechenden Mitunternehmerschaft) entfällt (§ 7 GewStG Rz. 81).6 Auch aus § 18 Abs. 3 UmwStG kann sich abweichend von den allg. Grundsätzen eine GewStPfl. ergeben (Rz. 31 ff.).

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Ist Einbringender zivilrechtlich eine Mitunternehmerschaft und bringt diese einen Betrieb oder Teilbetrieb ein, ist der Einbringungsgewinn insoweit nicht gewstpfl., als dieser auf eine unmittelbar an der Personengesellschaft beteiligte natürliche Person entfällt (Umkehrschluss aus § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, § 7 GewStG Rz. 54).7 Insoweit, als diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind (dh., ein Teilmitunternehmeranteil eingebracht wird oder insoweit, als andere Personen als natürliche Personen unmittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind), ist der Einbringungsgewinn gewstpfl.8 Gewerbesteuerpflichtig ist ein Einbringungsgewinn gem. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auch dann, wenn eine Mitunternehmerschaft einen Mitunternehmeranteil einbringt, weil in diesem Fall der Einbringungsgewinn auf Ebene der eingebrachten Mitunternehmerschaft entsteht und somit auf die unmittelbar beteiligte einbringende Mitunternehmerschaft und nicht eine unmittelbar beteiligte natürliche Person entfällt. Auch bei einer Körperschaft als Einbringendem ist ein Einbringungsgewinn nach allg. Grundsätzen stets gewstpfl. (§ 7 GewStG Rz. 55).9

1 BFH v. 14.12.2006 – IV R 3/05, BStBl. II 2007, 777 = FR 2007, 550 m. Anm. Wendt; Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 285 (Stand: April 2012); Widmann in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rz. R 1099 (Stand: März 2016). 2 Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 214a; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 432; Menner in Haritz/Menner4, § 20 UmwStG Rz. 541; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 281 (Stand: Mai 2015). 3 Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 193 (Stand: April 2015), Rz. 284 (Stand: April 2012) und Rz. 288 (Stand: April 2012); Widmann in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rz. R 1078 (Stand: März 2016): Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 433; zur Einbringung einer doppelstöckigen Personengesellschaft R 7.1 Abs. 3 Sätze 4 und 5 GewStR 2009; zur Gewerbesteuerfreiheit des Einbringungsgewinns I Behrendt/Gaffron/ Krohn, DB 2011, 1072 (1074). 4 Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 284 (Stand: April 2012). 5 Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 214a; Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 285 (Stand: April 2012); Widmann in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rz. R 1079 (Stand: März 2016); zur GewStPfl. des Einbringungsgewinns I in diesen Fällen Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1075). 6 BFH v. 24.6.2009 – X R 36/06, BStBl. II 2010, 171; v. 25.8.2010 – I R 21/10, BFH/NV 2011, 258; Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 285 (Stand: April 2012); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 434 und 436; Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 214a; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 283 (Stand: Mai 2015). 7 von Freeden in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 18.44; Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 289 (Stand: April 2012); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 437; Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 214c; Menner in Haritz/Menner4, § 20 UmwStG Rz. 543; Widmann in Widmann/ Mayer, § 20 UmwStG Rz. R 1081 (Stand: März 2016). 8 Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 289 ff. (Stand: April 2012); Menner in Haritz/Menner4, § 20 UmwStG Rz. 542; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 284 (Stand: Mai 2015). 9 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 435; Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 286 (Stand: April 2012); Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 214b; Menner in Haritz/Menner4, § 20 UmwStG Rz. 544.

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 83 Anh. 1

Entsteht ein gewstpfl. Einbringungsgewinn, sind die Regelungen des Teileinkünfteverfahrens (§§ 3 79 Nr. 40, 3c Abs. 2 Satz 1 EStG) bzw. § 8b KStG auch iRd. Ermittlung des Gewerbeertrags anzuwenden (bei einer Mitunternehmerschaft über § 7 Satz 4 GewStG).1 Der Einbringungsgewinn kann mit dem übrigen gewstl. Ergebnis des Einbringenden ausgeglichen wer- 80 den. Von einem Einbringungsgewinn kann darüber hinaus ein gewstl. Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG abgezogen werden. Soweit sich durch die Einbringung ein Gesellschafterwechsel bei einer eingebrachten Mitunternehmerschaft ergibt, kann sich nach den Grundsätzen der für den Verlustabzug erforderlichen Unternehmer- bzw. Unternehmensidentität ein vollständiger oder teilweiser Untergang des gewstl. Fehlbetrags ergeben (§ 10a GewStG Rz. 109 und R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 6 Satz 2 GewStR 2009).2 Zum Nichtübergang eines vortragsfähigen gewstl. Fehlbetrags des Einbringenden auf die übernehmende Gesellschaft vgl. § 23 Abs. 5 UmwStG und Rz. 84. Im Übrigen können sich nach allg. Grundsätzen auch auf einen gewstl. Fehlbetrag des Einbringenden Auswirkungen ergeben (zB im Fall der Einbringung des gesamten Betriebs durch eine natürliche Person).3 c) Auf Antrag Buch- bzw. Zwischenwertfortführung (§ 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) Abweichend von § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG kann das übernommene BV von der übernehmenden Ge- 81 sellschaft gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG auf Antrag einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert (höchstens aber mit dem gemeinen Wert)4 angesetzt werden, soweit bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (im Einzelnen § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4 UmwStG). Eine fortbestehende gewstl. Verstrickung des eingebrachten BV bei der übernehmenden KapGes. ist keine Voraussetzung gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UmwStG für die Buch- bzw. Zwischenwertfortführung.5 Das Antragswahlrecht kann von der übernehmenden Gesellschaft6 für die KSt und die GewSt nur einheitlich ausgeübt werden.7 Im Fall des Buchwertansatzes entsteht für den Einbringenden kein Einbringungsgewinn (s. § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG). Es ergibt sich somit auch keine Auswirkung auf den Gewerbeertrag des Einbringenden bzw. der eingebrachten Mitunternehmerschaft. Bei einem Zwischenwertansatz entsprechen die gewstl. Auswirkungen beim Einbringenden bzw. der 82 eingebrachten Mitunternehmerschaft im Grundsatz den Rechtsfolgen im Fall des Ansatzes mit dem gemeinen Wert (Rz. 76 ff.). Dass durch eine Einbringung zum Zwischenwert nicht die gesamten stillen Reserven aufgedeckt werden, ändert hieran nichts. Entscheidend ist allein, dass es durch die Einbringung nicht zu einem laufenden Gewinn kommt (vgl. zur Parallele beim Einbringungsgewinn I gem. § 22 Abs. 1 UmwStG Rz. 107).8 Durch einen Buch- oder Zwischenwertansatz werden die erhaltenen Anteile an der übernehmenden 83 Gesellschaft für die Dauer von sieben Jahren sperrfristbehaftet iSv. § 22 Abs. 1 UmwStG. Gehörten zu dem eingebrachten BV auch Anteile an KapGes., sind die mit eingebrachten Anteile an der KapGes. auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft für die Dauer von sieben Jahren ggf. sperrfristbehaftet iSv. § 22 Abs. 2 UmwStG. Zu den gewstl. Folgen der Verletzung der Sperrfrist s. Rz. 107 (Einbringungsgewinn I) bzw. Rz. 111 f. (Einbringungsgewinn II). 1 Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 214a und 214c; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 438. 2 Patt in D/P/M, § 23 UmwStG Rz. 148 f. (Stand: November 2011). 3 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 103 mwN; Patt in D/P/M, § 23 UmwStG Rz. 147 ff. (Stand: November 2011); Altenburg in Eisgruber2, § 23 UmwStG Rz. 261; Ritzer in R/H/vL2, § 23 UmwStG Rz. 278 ff.; Menner in Haritz/Menner4, § 20 UmwStG Rz. 546 ff. 4 Nach Auffassung der FinVerw. handelt es sich bei dem gemeinen Wert um eine Bewertungsobergrenze, sodass eine Buchwertfortführung dann nicht in Betracht kommt, wenn der gemeine Wert des eingebrachten BV unterhalb des stl. Buchwerts liegt, vgl. UmwStE 2011 Rz. 20.18, 03.12; Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 190 und 203 (Stand: April 2015); krit. allg. Zimmermann, Ubg 2018, 17. 5 UmwStE 2011 Rz. 20.19 Abs. 1 Satz 2, 03.18 Abs. 2; Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 226a (Stand: Juni 2017); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 341. 6 UmwStE 2011 Rz. 20.21 Satz 1. 7 Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 214; Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 231 (Stand: März 2018) und 284 (Stand: November 2017). 8 Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 284 (Stand: April 2012); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 433; Widmann in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rz. R 1088 mwN (Stand: März 2016).

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Anh. 1 Rz. 84 GewSt bei Umwandlungen d) Übernehmende Gesellschaft 84

Bei der übernehmenden Gesellschaft selbst ergeben sich im Grundsatz unmittelbar keine gewstl. Auswirkungen. Durch § 23 Abs. 5 UmwStG wird angeordnet, dass der Gewerbeertrag der übernehmenden Gesellschaft nicht um die vortragsfähigen Fehlbeträge des Einbringenden iSd. § 10a GewStG gekürzt werden kann. Diese Anordnung ist deklaratorisch. Auch ohne die ausdrückliche gesetzliche Anordnung in § 23 Abs. 5 UmwStG würde es bei einer Einbringung in eine KapGes. an der für den Verlustabzug erforderlichen Unternehmeridentität fehlen.1 Auch auf einen gewstl. Fehlbetrag einer eingebrachten Mitunternehmerschaft iSd. § 10a GewStG können sich nach allg. Grundsätzen durch den Wechsel im Gesellschafterbestand Auswirkungen ergeben (§ 10a GewStG Rz. 132). Bei der übernehmenden KapGes. wiederum können sich nach § 8c KStG, § 10a Satz 10 GewStG Auswirkungen auf einen dort bestehenden gewstl. Fehlbetrag ergeben.

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Aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft stellt sich die Frage, ab wann die zeitraum- bzw. zeitpunktbezogenen Voraussetzungen in § 9 Nr. 2a und 7 GewStG für Ausschüttungen aus einem miteingebrachten Anteil an einer KapGes. erfüllt sind. In diesem Zusammenhang ist zunächst die Frage zu stellen, zu welchem stl. Übertragungsstichtag gem. § 20 Abs. 6 UmwStG die Einbringung erfolgt ist (zum stl. Übertragungsstichtag Rz. 75). Gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG sind das Einkommen und das Vermögen der übernehmenden Gesellschaft so zu ermitteln, als ob das eingebrachte BV mit Ablauf des stl. Übertragungsstichtags auf die übernehmende KapGes. übergegangen wäre. Dies gilt auch für den Gewerbeertrag der übernehmenden KapGes. (Rz. 75). Bei einer stl. rückwirkenden Einbringung ist bei einer Ausschüttung aus der erworbenen Gesellschaft daher zu unterstellen, dass die übernehmende KapGes. bereits zum Ablauf des stl. Übertragungsstichtags der Einbringung in der entsprechenden Höhe an der erworbenen Gesellschaft beteiligt war.2 Erfolgt die Einbringung somit zivilrechtlich im Jahr 01, stl. aber gem. § 20 Abs. 6 UmwStG zum Ablauf des 31.12. des Jahres 00, ist die übernehmende KapGes. aus gewstl. Sicht mit Beginn des EZ 01 an der erworbenen Gesellschaft beteiligt.3 Ausschüttungen an die übernehmende KapGes. können daher bereits im Jahr 01 die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. 7 GewStG erfüllen. Auch dann, wenn die übernehmende Gesellschaft im Zuge der Einbringung erst gegründet wird (zB im Wege der Ausgliederung zur Neugründung), ist diese wegen des gem. § 14 Satz 3 GewStG bei der übernehmenden Gesellschaft entstehenden abgekürzten EZ bereits unabhängig von einer etwaigen ertragsteuerlichen Rückwirkung der Einbringung mit Beginn des EZ an der erworbenen KapGes. beteiligt (R 9.3 Satz 5 GewStR 2009).4 Auch in diesem Fall können die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. 7 GewStG bereits unmittelbar nach der Einbringung erfüllt sein. Erfolgt die Einbringung stl. dagegen nicht rückwirkend auf den Ablauf des 31.12. des Vorjahres (sondern zB auf den Ablauf des 31.3.), stellt sich die Frage, ob dennoch bereits in dem Jahr, in das der stl. Übertragungsstichtag fällt, die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. 7 GewStG erfüllt sein können. Diese Frage ist umstritten. Hierzu wird auf die Erläuterungen in Rz. 98 zum Anteilstausch nach § 21 UmwStG verwiesen. e) Ausschüttungen der übernehmenden Gesellschaft an den Einbringenden

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Die dem Einbringenden im Zuge einer Einbringung nach § 20 UmwStG gewährten neuen Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gelten dem Einbringenden als zum Ablauf des stl. Übertragungsstichtags der Einbringung gewährt.5 Dies bedeutet für eine stl. rückwirkende Einbringung zum 31.12. des Jahres 01, dass der Einbringende bereits im Jahr des zivilrechtlichen Erwerbs der neuen Anteile (ggf. zusammen mit bereits vor der Einbringung bei dem Einbringenden vorhandenen Anteilen) im Jahr 02 das Schachtelprivileg in § 9 Nr. 2a bzw. 7 GewStG erfüllen kann. 1 Vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 4 GewStR 2009; Patt in D/P/M, § 23 UmwStG Rz. 145 (Stand: November 2011). 2 Ernst, Ubg 2012, 678 (683 f.), der jedoch darauf hinweist, dass die FinVerw. hierzu wegen UmwStE 2011 Rz. 18.04 ggf. eine andere Sichtweise vertritt; Bilitewski in Haritz/Menner4, § 23 UmwStG Rz. 30. 3 Vgl. Patt in D/P/M, § 23 UmwStG Rz. 87a (Stand: Dezember 2014); iErg. auch Biesold in Haase/Hruschka2, § 23 UmwStG Rz. 41. 4 Vgl. Ernst, Ubg 2012, 678 (682). 5 UmwStE 2011 Rz. 20.14 Abs. 2 Satz 3; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 79 (Stand: Mai 2015); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 243.

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 90 Anh. 1

2. Einbringung von Anteilen an Kapitalgesellschaften in Kapitalgesellschaften (Anteilstausch gem. § 21 UmwStG) a) Überblick Von § 21 UmwStG sind sowohl Vorgänge nach dem UmwG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (zB 87 Ausgliederung der Beteiligung an einer KapGes. auf eine andere KapGes. gem. § 123 Abs. 3 UmwG) erfasst, als auch im Wege der Einzelrechtsnachfolge durch Sacheinlage (Sachkapitalerhöhung) durchgeführte Einbringungen von Anteilen an KapGes. in andere KapGes. Erfasst sind auch vergleichbare ausländ. Vorgänge (vgl. den offenen Wortlaut in § 1 Abs. 3 Nr. 5 UmwStG). In stl. Hinsicht erfasst die Vorschrift für den Anteilstausch in § 21 UmwStG auf der einen Seite Anteile 88 an KapGes. im stl. Privatvermögen, sofern die Anteile die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen (dh. der Veräußerer insbes. innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war).1 Wenn die eingebrachten Anteile (nach der Terminologie des G die Anteile an der „erworbenen Gesellschaft“, vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG) zu keinem stl. BV gehören, können sich bei einem Anteilstausch nach § 21 UmwStG von vornherein auch keine gewstl. Auswirkungen ergeben.2 Entsprechendes gilt für Anteile an einer KapGes., die zu einem BV iRd. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) oder Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) gehören. Im Folgenden wird daher ausschließlich auf die Einbringung von Anteilen an KapGes. eingegangen, die zum Zeitpunkt der Einbringung stl. einem gewerblichen BV (§ 15 EStG) zuzurechnen sind.3 Damit sich überhaupt gewstl. Auswirkungen im Inland ergeben können, ist darüber hinaus Voraussetzung, dass ein Gewinn aus der Veräußerung nicht einer ausländ. Betriebsstätte des StPfl. zuzurechnen ist (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG). Weitere Voraussetzung ist, dass ein Gewinn nach einem anwendbaren DBA überhaupt im Inland besteuert werden kann. Sind die Voraussetzungen des § 21 UmwStG insgesamt nicht erfüllt (zB im Falle einer verdeckten Einlage mangels Sacheinlage), ist die Übertragung nach den allg. stl. Regelungen zu behandeln. Diese entsprechen im Grundsatz den gewstl. Folgen beim Ansatz der eingebrachten Anteile zum gemeinen Wert (Rz. 91). Für einen Anteilstausch gem. § 21 UmwStG ergibt sich keine ertragsteuerliche Rückwirkung.4 Aus 89 ertragsteuerlicher Sicht gehen die Anteile an der erworbenen Gesellschaft daher zum Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums auf die übernehmende Gesellschaft über.5 b) Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§ 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG) Nach der Regelbewertung des G muss die übernehmende KapGes. die eingebrachten Anteile mit dem 90 gemeinen Wert ansetzen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Da der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile gilt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG), ergibt sich in diesem Fall ein Einbringungsgewinn bzw. -verlust für den Einbringenden. Der gemeine Wert gilt auch dann für den Einbringenden als Veräußerungspreis für die eingebrachten Anteile, wenn für die eingebrachten Anteile nach der Einbringung das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile ausgeschlossen oder beschränkt ist oder das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile ausgeschlossen oder beschränkt ist (§ 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG; vgl. zu den antragsgebundenen Ausnahmen, insbes. für den Fall eines fortbestehenden Besteuerungsrechts hinsichtlich der erhaltenen Anteile, aber § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG und Rz. 92). 1 Vom Anwendungsbereich des § 21 UmwStG erfasst sind auch Anteile im stl. Privatvermögen, die lediglich wegen einer vorangegangenen Einbringung unterhalb des gemeinen Werts gem. § 21 UmwStG als Anteile iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gelten (s. § 17 Abs. 6 EStG). 2 Werden die Anteile an der KapGes. im stl. Privatvermögen gehalten und erfüllen diese nicht die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, kann ein Anteilstausch nach § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG steuerneutral möglich sein (UmwStE 2011 Rz. 21.02 Satz 2); auch in dieser Konstellation können sich keine gewstl. Auswirkungen beim Einbringenden ergeben. 3 Patt in D/P/M, § 21 UmwStG Rz. 87 (Stand: April 2015). 4 Allg. Meinung, vgl. UmwStE 2011 Rz. 21.17; Patt in D/P/M, § 23 UmwStG Rz. 42 ff. (Stand: November 2011). 5 Weiss/Brühl, Ubg 2018, 22 (23).

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Anh. 1 Rz. 91 GewSt bei Umwandlungen 91

Bei einem durch die Einbringung zum gemeinen Wert entstehenden Gewinn handelt es sich aus gewstl. Sicht um einen laufenden Gewinn.1 Die Teilbetriebsfiktion in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gilt nach überwiegender Auffassung nicht für die GewSt, sodass es sich auch bei einem Gewinn aus der Einbringung einer 100-prozentigen Beteiligung an einer KapGes. in die übernehmende KapGes. gewstl. um einen laufenden Gewinn handelt (§ 7 GewStG Rz. 65 und H 7.1 Abs. 3 GewStH 2016 unter „Gewinn aus der Veräußerung einer 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft“).2 Dies gilt unabhängig davon, ob der Einbringende eine natürliche Person, eine Mitunternehmerschaft oder ein anderes Gewerbesteuersubjekt (insbes. eine Körperschaft) ist. Etwas anderes gilt nur dann ausnahmsweise, wenn gleichzeitig mit der Einbringung der 100-prozentigen Beteiligung an der KapGes. der Betrieb eingestellt wird, weil es sich in diesem Fall um einen Teil eines begünstigten Betriebsaufgabegewinns handelt.3 Kommt es zu einem gewstpfl. Gewinn, gelten die Regelungen des Teileinkünfteverfahrens (§§ 3 Nr. 40 Buchst. a Satz 1, 3c Abs. 2 Satz 1 EStG) bzw. § 8b KStG auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags auf Ebene einer Personengesellschaft (§ 7 Satz 4 GewStG, § 7 GewStG Rz. 126 ff. und 141 ff.). c) Auf Antrag Buch- bzw. Zwischenwertfortführung (§ 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG)

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Unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG kann die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile auf Antrag mit einem unterhalb des gemeinen Werts liegenden Wert ansetzen (Buch- oder Zwischenwert, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert4). Zu diesen allg. Voraussetzungen gehört insbes., dass die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft hält (qualifizierter Anteilstausch, § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UmwStG). Trotz eines Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland an den eingebrachten oder den erhaltenen Anteilen (s. § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) ist unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG als Veräußerungspreis für den Einbringenden der Buchwert oder ein Wert zwischen Buchwert und gemeinem Wert der eingebrachten Anteile anzusetzen, wenn (Nr. 1) das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist oder (Nr. 2) der Gewinn aus dem Anteilstausch aufgrund Art. 8 der RL 2009/133/EG nicht besteuert werden darf (§ 22 Abs. 2 Satz 3 UmwStG, zur späteren Veräußerung der Anteile vgl. § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG). Das Antragswahlrecht gilt auch für die GewSt.5

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Im Fall des Buchwertansatzes entsteht für den Einbringenden kein Einbringungsgewinn. Es ergeben sich somit auch keine Auswirkungen auf den Gewerbeertrag des Einbringenden. Die nicht aufgedeckten stillen Reserven sind allerdings im Grundsatz zukünftig auf Ebene der übernehmenden KapGes. für Zwecke der GewSt steuerverstrickt. Im Fall des Zwischenwertansatzes entsprechen die gewstl. Auswirkungen beim Einbringenden im Grundsatz den Rechtsfolgen im Fall des Ansatzes mit dem gemeinen Wert (Rz. 91).6

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Durch einen Buch- oder Zwischenwertansatz werden die eingebrachten Anteile sperrfristbehaftet iSv. § 22 Abs. 2 UmwStG, sofern beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile

1 BFH v. 14.1.2002 – VIII B 95/01, BFH/NV 2002, 811; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 330 (Stand: März 2016); Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1076); Rabback in R/H/vL2, § 21 UmwStG Rz. 132; Behrens in Haritz/Menner4, § 21 UmwStG Rz. 349; zu Ausnahmen bei einbringungsgeborenen Anteilen gem. § 21 UmwStG aF Patt in D/P/M, § 21 UmwStG Rz. 87 (Stand: April 2015) mwN. 2 Patt in D/P/M, § 21 UmwStG Rz. 87 (Stand: April 2015); anders offenbar Mutscher in Frotscher/Drüen, § 22 UmwStG Rz. 294b (Stand: Oktober 2012). 3 Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 331 (Stand: März 2016); Patt in D/P/M, § 21 UmwStG Rz. 87 (Stand: April 2015). 4 Auch iRd. § 21 UmwStG geht die FinVerw. davon aus, dass der gemeine Wert eine allg. Bewertungsobergrenze darstellt, vgl. UmwStE 2011 Rz. 21.09 Abs. 1 Satz 3 und Patt in D/P/M, § 21 UmwStG Rz. 50 (Stand: August 2016). 5 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 21 UmwStG Rz. 132. 6 Zu einem Zwischenwertansatz kommt es auch dann, wenn dem Einbringenden sonstige Gegenleistungen gewährt werden, welche die relative bzw. absolute Grenze in § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG übersteigen (§ 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG).

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B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 98 Anh. 1

nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre. Zu den gewstl. Rechtsfolgen des Einbringungsgewinns II Rz. 111 f. d) Übernehmende Gesellschaft (Schachtelprivilegien in § 9 Nr. 2a und 7 GewStG) Bei der übernehmemden Gesellschaft ergeben sich unmittelbar keine gewstl. Auswirkungen. Aus 95 Sicht der übernehmenden Gesellschaft stellt sich jedoch die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen der gewstl. Schachtelprivilegien in § 9 Nr. 2 und 7 GewStG in Bezug auf die Anteile an der eingebrachten (erworbenen) Gesellschaft erfüllt sind. Ausgangspunkt ist dabei zunächst, dass sich für einen Anteilstausch gem. § 21 UmwStG keine ertragsteuerliche Rückwirkung ergibt.1 Die Anteile an der erworbenen Gesellschaft gehen daher aus stl. Sicht zum Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums auf die übernehmende Gesellschaft über. Erreicht die übernehmende Gesellschaft die von § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG geforderte Beteiligungshöhe erst durch die Einbringung, können in den Fällen des Anteilstauschs nach § 21 UmwStG wegen der fehlenden ertragsteuerlichen Rückwirkung die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG bei der übernehmenden Gesellschaft vorbehaltlich der nachfolgend diskutierten Rechtsnachfolgefragen im Grundsatz daher erst zum Beginn des nächsten EZ erfüllt sein.2 Setzt die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile mit dem gemeinen Wert an, gelten die 96 eingebrachten Anteile als im Zeitpunkt der Einbringung (dh. des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums) angeschafft, sofern die Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgt (§ 23 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 UmwStG).3 In diesem Fall ist bei einer Ausschüttung im gleichen EZ zu beachten, dass die übernehmende Gesellschaft zum Beginn des EZ – sofern nicht schon unabhängig von der Einbringung eine qualifizierte Beteiligung an der erworbenen KapGes. bestand – noch nicht mit mindestens 15 % (Beteiligung an einer inländ. KapGes., § 9 Nr. 2a GewStG) bzw. 10 %/15 % (Beteiligung an einer ausländ. KapGes., § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG bzw. – für EU-KapGes. – Halbs. 2) beteiligt sein kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Einbringung exakt zum Beginn des EZ erfolgt ist (Übergang des wirtschaftlichen Eigentums „zum Beginn des 1.1., 0.00 Uhr“) oder die Einbringung zivilrechtlich im Wege der Neugründung der übernehmenden Körperschaft erfolgt (R 9.3 Satz 5 GewStR 2009).4 Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG gelten dagegen auch im Fall des Ansatzes zum gemeinen Wert die Vorschriften für den Zwischenwertansatz in § 23 Abs. 3 UmwStG entsprechend (§ 23 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 UmwStG, Rz. 97). Im Ergebnis gelten dann die Vorschriften für den Fall des Buchwertansatzes entsprechend (§ 23 Abs. 1 UmwStG). Bei einem Buchwertansatz gelten über den Verweis in § 23 Abs. 1 UmwStG für die übernehmende 97 Gesellschaft § 4 Abs. 2 Satz 3 und § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG entsprechend. Dies bedeutet auf der einen Seite, dass die übernehmende Gesellschaft hinsichtlich der eingebrachten Anteile in die stl. Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt (§ 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG). Auf der anderen Seite bedeutet dies für den eingebrachten Anteil an der KapGes., dass der „Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum BV der übertragenden Körperschaft dem übernehmenden Rechtsträger zuzurechnen“ ist (§ 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Mit dem Verweis auf § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG und § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ist eine Reihe von Streitfragen verbunden. Diese haben ihre Ursache insbes. darin, dass das systematische Verhältnis des Verweises auf die „allgemeine“ Rechtsnachfolgeanordnung in § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG zu der eine spezielle Frage regelnden Anordnung in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG unklar ist. Die bisherige Sichtweise der FinVerw.5 und die überwiegende Literatur gehen davon aus, dass bei 98 der Beteiligung sowohl an einer inländ. (§ 9 Nr. 2a GewStG) als auch an einer ausländ. (§ 9 Nr. 7 GewStG) KapGes. durch den Eintritt der übernehmenden Körperschaft in die stl. Rechtsstellung des 1 Weiss/Brühl, Ubg 2018, 22 (24). 2 Vgl. Weiss/Brühl, Ubg 2018, 22 (24). 3 Die Anschaffungsfiktion gilt uE auch dann, wenn es zu einem Ansatz mit dem gemeinen Wert kommt, weil der gemeine Wert der eingebrachten Anteile unterhalb des stl. Buchwerts der eingebrachten Anteile liegt. 4 In diesem Fall entsteht gem. § 14 Satz 3 GewStG ein abgekürzter EZ, sodass die übernehmende KapGes. ab dem Beginn des (abgekürzten) EZ an der erworbenen Gesellschaft beteiligt ist, vgl. Ernst, Ubg 2012, 678 (682). 5 Vgl. UmwStE 2011 Rz. 23.06, 04.15.

Pitzal

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Anh. 1 Rz. 98 GewSt bei Umwandlungen Einbringenden (allg. Verweis auf § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG) bei einer Ausschüttung im Jahr der Einbringung bereits eine Beteiligung der übernehmenden KapGes. an der erworbenen Gesellschaft „zum Beginn“ bzw. „seit Beginn“ des EZ vorliegt, sofern die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. 7 GewStG bereits bei dem Einbringenden bestanden haben.1 Der BFH hat hingegen in einem Urt. v. 16.4.2014 für den Fall der Beteiligung an einer inländ. KapGes. darauf hingewiesen, dass § 9 Nr. 2a GewStG auf einen Zeitpunkt („zum Beginn“) und nicht auf einen Zeitraum („seit Beginn“) abstelle und vor diesem Hintergrund § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG nicht anwendbar sei.2 Dieser Sichtweise hat sich mittlerweile offenbar auch die FinVerw. angeschlossen.3 Zwar weist auch der BFH darauf hin, dass § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG eine generalklauselartige Anordnung zum Eintritt in die stl. Rechtsstellung enthalte. Der BFH sieht die Vorschrift in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG jedoch als speziellere Vorschrift an, welche die allg. Rechtsnachfolgeanordnung in § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG verdrängt. Nach dieser Logik des BFH könnte es lediglich für die Beteiligung an einer Drittstaatenkapitalgesellschaft zu einem Eintritt in die stl. Rechtsstellung kommen, da lediglich § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG auf einen Zeitraum („seit Beginn“) abstellt (für EU-KapGes. enthält § 9 Nr. 7 Halbs. 2 GewStG dagegen eine zeitpunktbezogene Voraussetzung).4 Unabhängig davon, dass die vom BFH vorgenommene Differenzierung für vergleichbare Sachverhalte zu sachlich nicht gerechtfertigten Besteuerungsunterschieden führt, ist die Argumentation des BFH vor allem deshalb nicht überzeugend, weil der Wortlaut der „speziellen“ Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG zur Frage der Zurechnung eines Zeitpunkts selbst nach Auffassung des BFH gerade keine Aussage trifft. Ein Wertungswiderspruch zwischen den beiden Vorschriften ist ebenfalls nicht zu erkennen.5 Wegen des Fehlens einer systematisch vorrangigen (spezielleren) Anordnung in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG muss nach der hier vertretenen Auffassung bereits nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG die Zurechnung eines Beteiligungszeitpunkts möglich sein. Es ist nicht überzeugend, die allg. Rechtsnachfolgeanordnung in § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG durch eine selbst nach Auffassung des BFH sachlich nicht einschlägige Spezialregelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG einzuschränken. Anhaltspunkte in der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, dass die vom BFH angenommene Differenzierung vom Gesetzgeber gewollt war, sind nicht ersichtlich.6 Die vorstehenden Ausführungen (Geltung der allg. Rechtsnachfolgeanordnung in § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG) gelten nach hier vertretener Auffassung auch dann, wenn die eingebrachten Anteile bei dem Einbringenden noch nicht zu einem gewerblichen BV gehört haben, sondern es sich um Anteile iSv. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehandelt hat.7 Zwar können sich in diesem Fall für den Einbringenden selbst durch den Anteilstausch keine gewstl. Auswirkungen ergeben. 1 Für eine umfassende Rechtsnachfolge zB Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 36 (Stand: November 2017); Ernst, Ubg 2012, 678 (684); Seer/Krumm, FR 2010, 677; Biesold in Haase/Hruschka2, § 23 UmwStG Rz. 41; Ritzer in R/H/vL2, § 23 UmwStG Rz. 46 ff.; Rödder in R/H/vL2, § 12 UmwStG Rz. 100; van Lishaut in R/H/vL2, § 4 UmwStG Rz. 63; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 23 UmwStG Rz. 30 und 35; Widmann in Widmann/Mayer, § 23 UmwStG Rz. 43 ff. (Stand: Mai 2011); Lenz/Adrian, DB 2014, 2670. 2 BFH v. 16.4.2014 – I R 44/13, BStBl. II 2015, 303 = FR 2014, 817; ausf. zu diesem Urt. Weiss/Brühl, Ubg 2018, 22; zustimmend zu dem Urt. Patt in D/P/M, § 23 UmwStG Rz. 87a (Stand: Dezember 2014); Schaarwächter, GmbHStB 2015, 79; Altenburg in Eisgruber2, § 23 UmwStG Rz. 72; wohl auch Bilitewski in Haritz/Menner4, § 23 UmwStG Rz. 28. 3 Mit Verweis auf das im BStBl. veröffentlichte Urt. des BFH v. 16.4.2014 (I R 44/13, BStBl. II 2015, 303 = FR 2014, 817) der Zusatz zum UmwStE 2011 der OFD Frankfurt/M. v. 31.3.2017 – S 1978 A - 43 - St 51, Rz. 04.15; danach komme § 9 Nr. 2a GewStG (gewerbesteuerrechtliches Schachtelprivileg) bei einem qualifizierten Anteilstausch nicht zur Anwendung, weil § 9 Nr. 2a GewStG stichtagsbezogen anzuwenden sei, während § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG auf einen „Zeitraum“ abstelle. Bei Umwandlungen sei daher für die Gewährung des nationalen gewstl. Schachtelprivilegs erforderlich, dass die Umwandlung rückwirkend auf den Beginn des EZ erfolge; so jetzt auch ausdrücklich H 9.3 GewStH 2016 „Besitzzeitanrechnungen nach dem UmwStG“. Roser in Lenski/ Steinberg, § 9 Nr. 2a GewStG Rz. 36 (Stand: November 2017), geht demgegenüber mit Verweis auf UmwStE 2011 davon aus, dass die FinVerw. aktuell noch eine „Anrechnung von Vorbesitzzeiten“ zulasse. 4 Weiss/Brühl, Ubg 2018, 22 (28); Mattern, DStR 2014, 2376 (2377). 5 Weiss/Brühl, Ubg 2018, 22 (26). 6 Überzeugend mit ausf. Begründung Weiss/Brühl, Ubg 2018, 22 (26 f.). 7 Ritzer in R/H/vL2, § 23 UmwStG Rz. 51; Seer/Krumm, FR 2010, 677; Widmann in Widmann/Mayer, § 23 UmwStG Rz. 45 (Stand: Mai 2011); Biesold in Haase/Hruschka2, § 23UmwStG Rz. 42; ablehnend wohl Altenburg in Eisgruber2, § 23 UmwStG Rz. 72; Patt in D/P/M, § 23 UmwStG Rz. 87 und 87a (Stand: Dezember 2014) mwN; Schaarwächter, GmbHStB 2015, 79; Dürrschmidt in Beck’scher Online-Kommentar UmwStG, § 23 Rz. 626 (Stand: November 2017).

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Pitzal

B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 104 Anh. 1

Ausreichend ist es aber in diesem Fall, dass der auch bei dem Einbringenden tatsächlich gegebene Zeitpunkt des Haltens der Beteiligung durch § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG der übernehmenden KapGes. zugerechnet wird. Durch die beschriebene Rechtsnachfolge gem. § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG ist auch eine Zusammenrechnung von Anteilen möglich.1 Bei einem Zwischenwertansatz gelten die Ausführungen zum Buchwertansatz in Rz. 98 im Grund- 99 satz entsprechend, da auch § 23 Abs. 3 UmwStG eine entsprechende Anwendung von § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG und damit einen Eintritt in die stl. Rechtsstellung anordnet. Auch beim Ansatz des gemeinen Werts im Rahmen einer Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG kommt es daher trotz des Ansatzes mit dem gemeinen Wert zu einem Eintritt in die stl. Rechtsstellung des Einbringenden, sodass auch auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft bei einem unterjährigen Einbringungsstichtag die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt sein können, sofern diese bereits bei dem Einbringenden vorgelegen haben. Durch § 23 Abs. 5 UmwStG wird angeordnet, dass der Gewerbeertrag der übernehmenden Gesell- 100 schaft auch in den Fällen des Anteilstauschs nicht um die vortragsfähigen Fehlbeträge des Einbringenden iSd. § 10a GewStG gekürzt werden kann (Rz. 84). Siehe iÜ zu Fragen der Verlustnutzung Rz. 80. e) Ausschüttungen der übernehmenden Gesellschaft an den Einbringenden Wegen der fehlenden ertragsteuerlichen Rückwirkung iRd. Anteilstauschs gem. § 21 UmwStG kön- 101 nen bei einer Ausschüttung aus der übernehmenden Gesellschaft an den Einbringenden die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG hinsichtlich der erhaltenen Anteile im Regelfall erst zum Beginn des folgenden EZ erfüllt sein, weil die neuen Anteile an der übernehmenden Gesellschaft dem Einbringenden (unabhängig davon, wann diese zivilrechtlich entstehen) aus stl. Sicht erst zum Zeitpunkt der Einbringung der Anteile an der erworbenen Gesellschaft zugerechnet werden.2 Etwas anderes gilt, sofern der Einbringende bereits unabhängig von der Einbringung an der übernehmenden Gesellschaft beteiligt war. f) Erworbene Gesellschaft Auch bei der erworbenen Gesellschaft ergeben sich unmittelbar keine gewstl. Auswirkungen. Durch 102 den Anteilseignerwechsel bei der erworbenen Gesellschaft können sich gem. § 8c KStG, § 10a Satz 10 GewStG nachteilige Auswirkungen auf gewstl. Fehlbeträge ergeben (§ 10a GewStG Rz. 224 ff.). 3. Formwechsel von Personen- in Kapitalgesellschaften (§ 25 UmwStG) Für den Formwechsel einer Personengesellschaft in eine KapGes. nach §§ 190 ff. UmwG und für ver- 103 gleichbare ausländ. Vorgänge gelten im Grundsatz die Vorschriften über die Einbringung von BV in eine KapGes. in §§ 20 bis 23 UmwStG entsprechend (§ 25 Satz 1 UmwStG), auch wenn der Formwechsel zivilrechtlich lediglich eine identitätswahrende Änderung der Rechtsform darstellt. Auf die Erläuterungen zu § 20 UmwStG in Rz. 76 ff. wird verwiesen. Sind die Voraussetzungen des § 25 UmwStG nicht erfüllt, zB weil wesentliche Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens nicht vollständig auf die entstehende KapGes. übertragen werden, richten sich die gewstl. Auswirkungen des Formwechsels nach den allg. gewstl. Grundsätzen der Veräußerung bzw. Aufgabe von Mitunternehmeranteilen (§ 7 GewStG Rz. 48 ff.). Die dem Einbringenden im Zuge des Formwechsels aus stl. Sicht gewährten Anteile an der KapGes. 104 gelten dem Einbringenden als zum Ablauf des stl. Übertragungsstichtags des Formwechsels gewährt.3 Erfüllen die Anteile an der KapGes. die übrigen Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7

1 Ritzer in R/H/vL2, § 23 UmwStG Rz. 52; zweifelnd Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 21 UmwStG Rz. 35; Biesold in Haase/Hruschka2, § 23 UmwStG Rz. 43. 2 Patt in D/P/M, § 21 UmwStG Rz. 74 (Stand: April 2015); Hageböke, Ubg 2010, 41. 3 UmwStE 2011 Rz. 25.01, 20.14 Abs. 2 Satz 3.

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Anh. 1 Rz. 105 GewSt bei Umwandlungen GewStG (insbes. hinsichtlich der Beteiligungshöhe), können für eine Ausschüttung an den Einbringenden daher bei einem stl. Übertragungsstichtag 31.12. bereits ab dem 1.1. des Folgejahres die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG erfüllt sein. Liegt ein unterjähriger stl. Übertragungsstichtag vor, sollte dagegen das Beteiligungserfordernis „zu Beginn“ bzw. „seit Beginn“ des EZ selbst dann nicht erfüllt sein, wenn der Einbringende den Mitunternehmeranteil bereits zu diesem Zeitpunkt gehalten hatte, weil die von § 9 Nr. 2a bzw. Nr. 7 GewStG vorausgesetzte Beteiligung an einer KapGes. nicht mit der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft gleichgesetzt werden kann. 105 Der Gewerbeertrag der übernehmenden KapGes. kann nicht um die vortragsfähigen Fehlbeträge

der formwechselnden Personengesellschaft iSd. § 10a GewStG gekürzt werden (§§ 25 Satz 1, 23 Abs. 5 UmwStG).1 Ist die formwechselnde Personengesellschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, bleibt ein dort bestehender gewstl. Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG vollständig erhalten.2 4. Gewerbesteuerliche Behandlung des Einbringungsgewinns I und II (§§ 22 Abs. 1 und 2 UmwStG) a) Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 UmwStG) 106 Durch die Einbringung von BV in eine KapGes. kommt es auf Ebene des Einbringenden im Grund-

satz zu einer stl. Statusverbesserung, da eine zukünftige Veräußerung der Anteile an der KapGes. dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG, Einbringender ist eine natürliche Person bzw. eine Mitunternehmerschaft mit dahinter stehenden natürlichen Personen) bzw. der Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 und 3 KStG (Einbringender ist eine KapGes. bzw. eine Mitunternehmerschaft mit dahinter stehenden KapGes.) unterfällt.3 Soweit der Einbringende in den Fällen einer Sacheinlage unter dem gemeinen Wert (dh. zum Buch- oder Zwischenwert, § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) die erhaltenen Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt4 veräußert, ist der Gewinn aus der Einbringung rückwirkend im Wj. der Einbringung als Gewinn des Einbringenden iSv. § 16 EStG zu versteuern (§ 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG; Einbringungsgewinn I). Die Veräußerung der erhaltenen Anteile gilt insoweit als rückwirkendes Ereignis iSv. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (§ 22 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Einbringungsgewinn I ist der Betrag, um den der gemeine Wert des eingebrachten BV im Einbringungszeitpunkt nach Abzug der Kosten für den Vermögensübergang den Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft dieses eingebrachte BV angesetzt hat, übersteigt, vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr (§ 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG). In § 22 Abs. 1 Satz 6 UmwStG sind bestimmte Ereignisse beschrieben (Ersatzrealisationstatbestände), die einer Veräußerung der erhaltenen Anteile gleichstehen und in denen damit ebenfalls ein Einbringungsgewinn I ausgelöst werden kann. 107 Für die gewstl. Behandlung des Einbringungsgewinns I ist nach der hier vertretenen Auffassung

maßgeblich, welche gewstl. Auswirkungen sich im Fall der Entstehung eines Einbringungsgewinns bereits unmittelbar durch die Einbringung selbst im Einbringungszeitpunkt ergeben hätten.5 Hierzu wird daher uneingeschränkt auf die Erläuterungen in Rz. 76 ff. verwiesen. Hierfür spricht auf der einen Seite der Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, der unmittelbar an den Einbringungsvorgang anknüpft und anordnet, dass es sich bei dem Einbringungsgewinn I um einen „Gewinn des Einbringenden iSv. § 16 des Einkommensteuergesetzes“ handelt. Der Gesetzeswortlaut stellt den Einbringungsgewinn I somit einem originär durch die Einbringung entstehenden Gewinn gleich. Dies gilt nach der Systematik des Gesetzes auch für den Fall, dass der Einbringende nur einen Teil der erhal-

1 Patt in D/P/M, § 23 UmwStG Rz. 145 (Stand: November 2011); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 20 UmwStG Rz. 104. 2 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 8 Satz 5 GewStR 2009. 3 Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 62 (Stand: Mai 2015). 4 Maßgebend für den Fristbeginn ist der stl. Übertragungsstichtag der Einbringung, vgl. UmwStE 2011 Rz. 22.01. 5 So auch von Freeden in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 18.48; Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1076); Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 325 (Stand: Mai 2015); Stangl in R/H/vL2, § 22 UmwStG Rz. 85; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 22 UmwStG Rz. 61a; Patt in D/P/M, § 22 UmwStG Rz. 59d (Stand: März 2018).

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Pitzal

B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 110 Anh. 1

tenen Anteile veräußert.1 In diesem Fall wird zwar (vergleichbar einem Zwischenwertansatz bei der Einbringung) durch den Einbringungsgewinn I nur ein Teil der zunächst nicht aufgedeckten stillen Reserven aufgedeckt. Dies ändert aber nichts daran, dass dennoch nach allg. gewstl. Grundsätzen von Beginn an die Veräußerung eines gesamten Betriebs, Teilbetriebs oder (Teil-)Mitunternehmeranteils vorgelegen hat. Es ergibt sich somit ein Gleichlauf mit den gewstl. Auswirkungen eines Zwischenwertansatzes (Rz. 83 und 76 ff.). Die hier beschriebene „Als-ob“-Betrachtung ist auf der anderen Seite auch vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks des Einbringungsgewinns I überzeugend, denn es sind keine Gründe ersichtlich, einen später entstehenden Einbringungsgewinn I gewstl. anders (schlechter) zu behandeln als einen bereits durch die Einbringung selbst entstandenen Einbringungsgewinn. Auch dann, wenn bereits die Abschmelzung des Einbringungsgewinns I eingegriffen hat (und damit ebenfalls nicht sämtliche stillen Reserven aufgedeckt werden), gelten keine anderen Grundsätze.2 Die FinVerw. geht demgegenüber davon aus, dass im Fall der nur teilweisen Veräußerung der erhaltenen Anteile ein dadurch entstehender Einbringungsgewinn I stets gewstpfl. ist. Im Übrigen geht aber auch die FinVerw. davon aus, dass sich die gewstl. Behandlung des Einbringungsgewinns I primär danach richtet, welche gewstl. Auswirkungen sich bei der Aufdeckung von stillen Reserven durch die Einbringung selbst ergeben hätten.3 Neben dem Einbringungsgewinn I entsteht auf Ebene des Einbringenden (Veräußerers) regelmäßig 108 zusätzlich ein Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung der Anteile. Die gewstl. Behandlung dieses Veräußerungsgewinns bzw. -verlusts unterliegt den allg. Regeln der Veräußerung von Beteiligungen an KapGes. Sofern die erhaltenen Anteile an der KapGes. zu einem gewerblichen BV gehören, handelt es sich danach um einen laufenden Gewinn. b) Einbringungsgewinn II (§ 22 Abs. 2 UmwStG) Werden im Rahmen einer Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 UmwStG oder im Rahmen eines Anteils- 109 tauschs (§ 21 Abs. 1 UmwStG) Anteile an einer KapGes. in eine andere KapGes. (mit)eingebracht, kann sich ebenfalls eine stl. Statusverbesserung im Hinblick auf die spätere Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende KapGes. ergeben. Dies ist dann der Fall, wenn es sich bei dem Einbringenden nicht um eine Körperschaft (oder eine Personengesellschaft mit dahinterstehenden Körperschaften) gehandelt hat. Während bei einer Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende Körperschaft die Steuerbefreiung in § 8b Abs. 2 und 3 KStG anwendbar ist, greift vor der Einbringung in diesen Fällen lediglich das Teileinkünfteverfahren ein. Soweit im Rahmen einer Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 UmwStG) oder eines Anteilstauschs (§ 21 Abs. 1 110 UmwStG) unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar (dh. durch die Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft)4 veräußert werden und soweit beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre, ist der Gewinn aus der Einbringung im Wj. der Einbringung rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern (§ 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG, Einbringungsgewinn II). Einbringungsgewinn II ist der Betrag, um den der gemeine Wert der eingebrachten Anteile im Einbringungszeitpunkt nach Abzug der Kosten für den Vermögensübergang den Wert, mit dem der Einbringende die erhaltenen Anteile angesetzt hat, übersteigt, vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr (§ 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG). § 22 Abs. 1 Sätze 1 bis 5 UmwStG gelten entspre1 Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1075); Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 326 (Stand: Mai 2015); Stangl in R/H/vL2, § 22 UmwStG Rz. 85a; Stangl/Kaeser in FGS/BDI, Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. 22.07 zu Satz 4; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 22 UmwStG Rz. 61a; Nitzschke in Blümich, § 22 UmwStG Rz. 52a (Stand: November 2017). 2 Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1074); Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 326 (Stand: Mai 2015); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 22 UmwStG Rz. 61a; Patt in D/P/M, § 22 UmwStG Rz. 59d (Stand: März 2018). 3 UmwStE 2011 Rz. 22.07; Pung, GmbHR 2012, 158 (160); krit. hierzu Stangl in R/H/vL2, § 22 UmwStG Rz. 85a; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 22 UmwStG Rz. 61a. 4 UmwStE 2011 Rz. 22.02 Abs. 2.

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Anh. 1 Rz. 111 GewSt bei Umwandlungen chend, wenn die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ihrerseits durch einen Vorgang nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 bis 5 UmwStG weiter überträgt oder für diese die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 4 UmwStG nicht mehr erfüllt sind. 111 Kommt es während der siebenjährigen Sperrfrist zur Entstehung eines Einbringungsgewinns II, stellt

sich die Frage, ob der Einbringungsgewinn II gewstpfl. ist. Ausgangspunkt ist hierbei, dass der Wortlaut des G den Einbringungsgewinn II als „Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen“ einordnet (§ 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Nach der hier vertretenen Auffassung teilt der Einbringungsgewinn II daher gewstl. das Schicksal des ursprünglichen Einbringungsvorgangs (s. die parallele Argumentation zum Einbringungsgewinn I in Rz. 107).1 Auch bei der teilweisen Veräußerung der erhaltenen Anteile bestimmen sich die gewstl. Auswirkungen nach hier vertretener Auffassung nach der gewstl. Behandlung des ursprünglichen Einbringungsvorgangs. Liegt dem Einbringungsgewinn II eine vorangegangene Einbringung gem. § 21 UmwStG (Anteilstausch) zugrunde, kann für die gewstl. Behandlung des Einbringungsgewinns II daher im Grundsatz auf Rz. 91 verwiesen werden. Der Einbringungsgewinn II wird in diesem Fall somit regelmäßig als laufender Gewinn auch gewstpfl. sein. Dass der Einbringungsgewinn II gewstl. als „Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen“ zu behandeln ist, bedeutet jedoch nicht, dass für den Einbringungsgewinn II aufgrund einer vorangegangenen Einbringung gem. § 20 UmwStG eine isolierte Veräußerung des Anteils an der KapGes. im Einbringungszeitpunkt zu fingieren ist.2 Die Tatsache, dass ein Einbringungsgewinn II ausgelöst wird, bedeutet nicht, dass eine Einbringung von weiterem BV über den Anteil an der KapGes. hinaus (und damit eine ggf. bestehende „Einbettung“ des Anteils an der KapGes. in einen eingebrachten Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil im Rahmen einer Einbringung nach § 20 UmwStG) auszublenden ist.3 Dies leuchtet insbes. bei der Einbringung eines Mitunternehmeranteils durch eine natürliche Person ein, wenn zum Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft der Anteil an einer KapGes. gehört.4 Eine solche Sichtweise würde dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt widersprechen und über den Sinn und Zweck des Einbringungsgewinns II hinausgehen. Es ist also iErg. zu fragen, wie der Gewinn gewstl. zu behandeln gewesen wäre, wenn im Zeitpunkt der Einbringung gem. § 20 UmwStG unter Berücksichtigung des konkreten Einbringungsgegenstands in dem Anteil an der KapGes. stille Reserven aufgedeckt worden wären. Hierzu wird auf die Erläuterungen in Rz. 76 ff. zu § 20 UmwStG verwiesen. Dies gilt auch dann, wenn bereits die Siebtelregelung eingegriffen hat.5 112 Die Auffassung der FinVerw. zu dieser Frage ist unklar. Diese weist im UmwStE 2011 Rz. 22.13 le-

diglich darauf hin, dass der Einbringungsgewinn II bei Anteilen im BV „zum Gewerbeertrag gehört“. Unklar bleibt aber, ob dies generell der Fall sein soll oder nur unter bestimmten (einschränkenden) Voraussetzungen. Es ist zu vermuten, dass die FinVerw. allg. von einer GewStPfl. des Einbringungsgewinns II ausgeht.6 Dies steht allerdings in einem gewissen Widerspruch zu den Erläuterungen im UmwStE 2011 zu § 24 Abs. 5 UmwStG, der systematisch eine Nähe zu § 22 Abs. 2 UmwStG aufweist 1 Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 325 (Stand: Mai 2015); Schmitt/Schlossmacher, UmwStE 2011, 2012, Rz. 22.13; Stangl/Kaeser in FGS/BDI, Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. 22.13; Nitzschke in Blümich, § 22 UmwStG Rz. 80a (Stand: November 2017); Wulff-Dohmen in Haase/ Hruschka2, § 22 UmwStG Rz. 240; FG Schl.-Holst. v. 21.3.2018 – 1 K 1/16, juris (Rev. zugelassen). 2 So auch FG Schl.-Holst. v. 21.3.2018 – 1 K 1/16, juris (Rev. zugelassen); diesem Urt. lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem Anteile an einer KapGes. als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II mit einem Mitunternehmeranteil gem. § 20 UmwStG in eine KapGes. eingebracht wurden. 3 So auch Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1076); Stangl in R/H/vL2, § 22 UmwStG Rz. 151; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 21 UmwStG Rz. 136. 4 Vgl. Stangl/Kaeser in FGS/BDI, Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. 22.13 Fn. 4. 5 Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1076); so wohl auch FG Schl.-Holst. v. 21.3.2018 – 1 K 1/16, juris (Rev. zugelassen). 6 Mit diesem Verständnis etwa Nitzschke in Blümich, § 22 UmwStG Rz. 80a (Stand: November 2017); zustimmend zu einer allg. GewStPfl. Dürrschmidt in Beck’scher Online-Kommentar UmwStG, § 22 Rz. 1201 (Stand: November 2017); Mutscher in Frotscher/Drüen, § 22 UmwStG Rz. 294b (Stand: Oktober 2012), sofern es sich nicht um eine 100-prozentige Beteiligung an der KapGes. handelt; anders jedoch im Kontext des § 24 Abs. 5 UmwStG Mutscher in Frotscher/Drüen, § 24 UmwStG Rz. 279a (Stand: Januar 2014). Ein solches Verständnis der FinVerw. lässt sich auch aus dem Tatbestand des Urt. des FG Schl.-Holst. v. 21.3.2018 – 1 K 1/16, juris (Rev. zugelassen), ableiten.

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Rz. 115 Anh. 1

und auch auf die Vorschriften in § 22 Abs. 2 UmwStG verweist (zu § 24 Abs. 5 UmwStG Rz. 121). Für einen Einbringungsgewinn nach § 24 Abs. 5 UmwStG weist die FinVerw. im UmwStE 2011 darauf hin, dass hinsichtlich der Zugehörigkeit des Einbringungsgewinns zum Gewerbeertrag die allg. Grundsätze gelten (mit Verweis auf § 7 Satz 2 GewStG).1 Hinzu kommt ein Verweis auf eine anteilige GewStPfl. im Fall des § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG. Die FinVerw. geht somit offenbar iRd. § 24 Abs. 5 UmwStG davon aus, dass nicht fiktiv eine isolierte Veräußerung des Anteils an der KapGes. im Zeitpunkt der Einbringung nach § 24 UmwStG zu unterstellen ist (in diesem Fall würde es sich gewstl. nach allg. Grundsätzen um einen gewstpfl. laufenden Gewinn handeln), sondern eine „Einbettung“ des Anteils an der KapGes. in einen eingebrachten Betrieb, Teilbetrieb oder (als Sonderbetriebsvermögen) Mitunternehmeranteil zu beachten ist.2 Sollte dies die Sichtweise der FinVerw. sein, würde sich diese mit der hier für den Einbringungsgewinn II vertretenen Auffassung decken (Rz. 111). Neben den gewstl. Auswirkungen durch den Einbringungsgewinn II können sich aus dem auslösen- 113 den Vorgang zusätzlich noch weitere gewstl. Auswirkungen aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile (Veräußerungsgewinn bzw. -verlust) ergeben (Rz. 108). Für die Gewerbesteueranrechnung (§ 35 EStG) gelten die allg. Regelungen.3

IV. Einbringungen in Personengesellschaften (§ 24 UmwStG) 1. Überblick Von § 24 UmwStG erfasst sind sowohl Vorgänge nach dem UmwG im Wege der Gesamtrechtsnachfol- 114 ge (zB die Ausgliederung von BV auf eine Personenhandelsgesellschaft gem. § 123 Abs. 3 UmwG) als auch die Einbringung von BV im Wege der Einzelrechtsnachfolge (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 4 UmwStG).4 Erfasst sind auch vergleichbare ausländ. Vorgänge.5 Auch für eine ertragsteuerneutrale Einbringung in eine Personengesellschaft gem. § 24 UmwStG ist Grundvoraussetzung, dass eine begünstigte Sachgesamtheit (Betrieb, Teilbetrieb, [Teil-]Mitunternehmeranteil oder eine 100 % des Nennkapitals umfassende Beteiligung an einer KapGes.)6 vorliegt und auch vollständig eingebracht (übertragen) wird.7 Sind die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 UmwStG nicht erfüllt (zB, weil bereits keine begünstig- 115 te Sachgesamtheit vorliegt), richten sich die gewstl. Auswirkungen des Übertragungsvorgangs nach den allg. gewstl. Grundsätzen bei Veräußerungs- bzw. Aufgabevorgängen (Veräußerung bzw. Aufgabe von Einzelwirtschaftsgütern, eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, § 7 GewStG Rz. 48 ff.). Damit sich überhaupt gewstl. Auswirkungen ergeben können, muss jeweils gewerbliches BV (§ 15 EStG) vorliegen.8 Auch darf ein etwaiger Gewinn nicht in einer ausländ. Betriebsstätte des StPfl. anfallen (§ 9 Nr. 3 GewStG). Werden Einzelwirtschaftsgüter übertragen, kann nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG eine Übertragung zum Buchwert vorliegen, sodass es (vorbehaltlich § 6 Abs. 5 Satz 4 bis 6 EStG) nicht zur Aufdeckung stiller Reserven und damit auch zu keinen Auswirkungen auf den Gewerbeertrag des Übertragenden kommt. Für unentgeltliche Übertragungen kommt § 6 Abs. 3 EStG in Betracht. Werden bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern stille Reserven aufgedeckt, ist der hieraus entstehende Gewinn als laufender Gewinn im Grundsatz auch gewstpfl. Werden wesentliche Betriebsgrundlagen einer begünstigten Sachgesamtheit nicht mit eingebracht, sondern in das Privatvermögen entnommen und liegt aus diesem Grund keine Einbringung gem. § 24 Abs. 1 UmwStG vor, kann dennoch insgesamt eine gewstl. begünstigte Betriebs- bzw. Teilbetriebsveräußerung bzw. -aufgabe bzw. die Veräußerung bzw. Aufgabe eines Mitunternehmeranteils vorliegen (§ 7 GewStG Rz. 48 ff.).

1 2 3 4 5 6 7

UmwStE 2011 Rz. 24.28 Abs. 2 Satz 3. So möglicherweise auch Rogall/Gerner in FGS/BDI, Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. 24.28. Stangl in R/H/vL2, § 22 UmwStG Rz. 151. Vgl. auch UmwStE 2011 Rz. 01.47. UmwStE 2011 Rz. 01.48. UmwStE 2011 Rz. 24.02. Ausreichend ist dabei, wenn einzelne WG Sonderbetriebsvermögen bei der übernehmenden Personengesellschaft werden, vgl. UmwStE 2011 Rz. 24.05. 8 Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 93.

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Anh. 1 Rz. 116 GewSt bei Umwandlungen 116 Eine stl. Rückwirkung der Einbringung nach § 24 UmwStG ist nur in den Fällen der Gesamtrechts-

nachfolge zulässig (§ 24 Abs. 4 Halbs. 2 UmwStG, mit Verweis auf § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG) und gilt auch für die GewSt,1 wobei das Antragswahlrecht nur einheitlich für die ESt bzw. KSt und die GewSt ausgeübt werden kann. 2. Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§ 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) 117 Die übernehmende Personengesellschaft muss das übernommene BV im Grundsatz mit dem gemei-

nen Wert ansetzen (§ 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG), wobei hiervon abweichend für die Bewertung von Pensionsrückstellungen § 6a EStG gilt (§ 24 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 UmwStG). Da § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG regelt, dass der Wert, mit dem das eingebrachte BV in der Bilanz der Personengesellschaft (einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter) angesetzt wird, als Veräußerungspreis für den Einbringenden gilt, entsteht im Fall der Regelbewertung zum gemeinen Wert für den Einbringenden ein Einbringungsgewinn. Die gewstl. Behandlung des Einbringungsgewinns richtet sich auf der einen Seite nach der Person des Einbringenden und auf der anderen Seite nach dem konkreten Einbringungsgegenstand. Im Einzelnen kann hierzu im Grundsatz auf die Erläuterungen zu § 20 UmwStG (Rz. 76 ff.) verwiesen werden.2 Eine Besonderheit ergibt sich jedoch durch § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG. Soweit der Einbringende an der übernehmenden Personengesellschaft beteiligt ist und bei der Einbringung ein Einbringungsgewinn entsteht, ist dieser nach Auffassung der FinVerw. stets gewstpfl. (allg. § 7 GewStG Rz. 73 f.).3 Da § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG nur für den Fall des Ansatzes zum gemeinen Wert auf § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG verweist, ist es jedoch jedenfalls für den Fall des Ansatzes zum Zwischenwert überzeugender, in diesem Fall keine GewStPfl. anzunehmen, sofern nach allg. Grundsätzen iÜ Gewerbesteuerfreiheit vorliegen würde.4 Entsteht ein gewstpfl. Einbringungsgewinn, sind die Regelungen des Teileinkünfteverfahrens (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 Satz 1 EStG) bzw. § 8b KStG auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags anwendbar. Auch alle übrigen Steuerbefreiungen und Kürzungen (zB nach § 9 Nr. 3 GewStG) sind anwendbar. 118 Eine Besonderheit iRd. § 24 UmwStG ergibt sich daraus, dass begünstigter Einbringungsgegenstand

iRd. § 24 UmwStG auch eine (isoliert eingebrachte) 100-prozentige Beteiligung an einer KapGes. ist, die bei dem Einbringenden zu einem gewerblichen BV gehört.5 Wird die 100-prozentige Beteiligung an der KapGes. durch eine natürliche Person (oder eine Mitunternehmerschaft mit dahinter stehenden natürlichen Personen) eingebracht und durch die übernehmende Personengesellschaft der gemeine Wert angesetzt, ist der Einbringungsgewinn auch für eine natürliche Person nach allg. Grundsätzen gewstpfl., da es sich um einen laufenden Gewinn handelt.6 Die Teilbetriebsfiktion in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gilt nach überwiegender Auffassung nicht für die GewSt (§ 7 GewStG Rz. 65 und H 7.1 Abs. 3 GewStH 2016 unter „Gewinn aus der Veräußerung einer 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft“).7 Etwas anderes gilt nur dann ausnahmsweise, wenn gleichzeitig mit der Einbringung der 100-prozentigen Beteiligung an der KapGes. der Betrieb des Einbringenden (natürliche Person oder Mitunternehmerschaft mit dahinter stehenden natürlichen Personen) eingestellt wird,

1 Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 170 (Stand: November 2011). 2 Zusammenfassend auch Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 93 ff.; Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 152 und 155 ff. (Stand: Dezember 2013); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 256 ff. 3 Str., so UmwStE 2011 Rz. 24.17 (ebenso im Kontext des § 24 Abs. 5 UmwStG auch UmwStE 2011 Rz. 24.28 Abs. 2 Satz 3); mit ausf. Begründung BFH v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BStBl. II 2004, 754 = FR 2004, 997; Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 94; Demuth in Eisgruber2, § 24 UmwStG Rz. 211; aA Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 153 mwN (Stand: Dezember 2013), mit der Begründung, dass hierfür keine gesetzliche gewstl. Grundlage vorhanden sei; ablehnend auch Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 256; Schlößer/Schley in Haritz/Menner4, § 24 UmwStG Rz. 183. 4 Vgl. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 256 mwN; Keuthen, Ubg 2013, 480; Beutel in Lenski/Steinberg, Anh. GewSt und Umwandlungen Rz. 336 (Stand: Mai 2015). 5 UmwStE 2011 Rz. 24.02. 6 BFH v. 14.1.2002 – VIII B 95/01, BFH/NV 2002, 811; Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 330 (Stand: März 2016); Behrendt/Gaffron/Krohn, DB 2011, 1072 (1076); Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 94; Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 154 (Stand: Dezember 2013); Demuth in Eisgruber2, § 24 UmwStG Rz. 212; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 256. 7 Anders Schlößer/Schley in Haritz/Menner4, § 24 UmwStG Rz. 184.

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Rz. 121 Anh. 1

weil es sich in diesem Fall um einen Teil eines begünstigten Betriebsaufgabegewinns handelt.1 Keine Bedeutung hat die hier diskutierte Frage auch, wenn eine 100-prozentige Beteiligung an einer KapGes. iRd. Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs oder als Sonderbetriebsvermögen bei der Einbringung eines ganzen Mitunternehmeranteils (mit) eingebracht wird.2 3. Auf Antrag Buch- bzw. Zwischenwertfortführung (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) Abweichend von § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG kann das von der Personengesellschaft übernommene BV 119 gem. § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert (höchstens aber dem gemeinen Wert3) angesetzt werden, soweit das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des eingebrachten BV nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird (Nr. 1) und der gemeine Wert von sonstigen Gegenleistungen, die neben den neuen Gesellschaftsanteilen gewährt werden, bestimmte Grenzen nicht übersteigt (Nr. 2). Eine fortbestehende gewstl. Verstrickung ist ausdrücklich keine Voraussetzung für den Buch- bzw. Zwischenwertansatz.4 Im Fall des Buchwertansatzes entsteht für den Einbringenden kein Einbringungsgewinn. Es ergibt sich somit auch keine Auswirkung auf den Gewerbeertrag des Einbringenden bzw. der eingebrachten Mitunternehmerschaft (im Fall der Einbringung eines Mitunternehmeranteils). Bei einem Zwischenwertansatz entsprechen die gewstl. Auswirkungen beim Einbringenden bzw. der eingebrachten Mitunternehmerschaft im Grundsatz den Rechtsfolgen im Fall des Ansatzes mit dem gemeinen Wert. Auch insoweit kann auf die Erläuterungen in Rz. 117 f. und zu § 20 UmwStG in Rz. 76 ff. verwiesen werden.5 Das Antragswahlrecht kann für die ESt bzw. KSt und die GewSt nur einheitlich ausgeübt werden.6 4. Sperrfrist gem. § 24 Abs. 5 UmwStG Eine Besonderheit regelt § 24 Abs. 5 UmwStG für den Fall, dass bei einer Einbringung nach § 24 120 UmwStG unterhalb des gemeinen Werts Anteile an KapGes. mit in das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft übertragen werden. Werden diese Anteile innerhalb von sieben Jahren nach dem (ggf. stl. zurückbezogenen) Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Personengesellschaft veräußert und wäre ein Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile durch den Einbringenden im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen, gelten die Vorschriften über den Einbringungsgewinn in § 22 Abs. 2, 3 und 5 bis 7 UmwStG entsprechend. Die Vorschrift hat danach nur Bedeutung für die Fälle, in denen der Einbringende keine Körperschaft ist, weil es nur in diesen Fällen hinsichtlich der mit eingebrachten Anteile zu einer Statusverbesserung im Fall der späteren Veräußerung kommen kann. Darüber hinaus kann der Tatbestand des § 24 Abs. 5 UmwStG nur dann erfüllt sein, wenn es durch die Einbringung zu einer Verlagerung von stillen Reserven auf andere Mitunternehmer gekommen ist (was im Regelfall durch die Bildung von Ergänzungsbilanzen ausgeschlossen wird). In systematischer Hinsicht steht § 24 Abs. 5 UmwStG den Vorschriften über den Einbringungsgewinn II nahe. Wird die Sperrfrist in § 24 Abs. 5 UmwStG verletzt, stellt sich die Frage, ob der hierdurch entstehende 121 Gewinn der GewSt unterliegt. Die FinVerw. weist im UmwStE 2011 darauf hin, dass hinsichtlich der Zugehörigkeit des Einbringungsgewinns zum Gewerbeertrag die allg. Grundsätze gelten (mit Verweis auf § 7 Satz 2 GewStG).7 Darüber hinaus wird ausgeführt, dass der Einbringungsgewinn nur anteilig zum Gewerbeertrag gehöre, soweit er auf eine natürliche Person als Einzelunternehmer oder als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfalle. Der hierbei von der FinVerw. aufgenommene Verweis 1 Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 331 (Stand: März 2016). 2 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 256; Schlößer/Schley in Haritz/Menner4, § 24 UmwStG Rz. 184. 3 Auch iRd. § 24 UmwStG geht die FinVerw. davon aus, dass der gemeine Wert eine allg. Bewertungsobergrenze darstellt, vgl. UmwStE 2011 Rz. 24.03, 20.18, 03.12; Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 69; Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 113 (Stand: August 2016). 4 Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 128 (Stand: April 2016). 5 Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 93; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz2, § 24 UmwStG Rz. 256; Schlößer/ Schley in Haritz/Menner4, § 24 UmwStG Rz. 183. 6 Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 78. 7 UmwStE 2011 Rz. 24.28 Abs. 2 Satz 3.

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Anh. 1 Rz. 122 GewSt bei Umwandlungen auf § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG soll offenbar klarstellen, dass danach zwar im Grundsatz Gewerbesteuerfreiheit vorliegt (Grundsatz). Lediglich in Höhe der Beteiligungsquote des Einbringenden an der übernehmenden Personengesellschaft liege jedoch gem. § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG, § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG ein laufender Gewinn vor (Einschränkung des Grundsatzes).1 Diese Ausführungen im UmwStE 2011 sind bemerkenswert, da die FinVerw. iRd. § 24 Abs. 5 UmwStG offenbar davon ausgeht, dass nicht fiktiv eine isolierte Veräußerung des Anteils an der KapGes. im Zeitpunkt der Einbringung nach § 24 UmwStG zu unterstellen ist (in diesem Fall würde es sich gewstl. nach allg. Grundsätzen um einen gewstpfl. laufenden Gewinn handeln), sondern eine etwaige „Einbettung“ des Anteils an der KapGes. in einen eingebrachten Betrieb, Teilbetrieb oder (als Sonderbetriebsvermögen) Mitunternehmeranteil zu respektieren ist.2 Diese im UmwStE 2011 niedergelegte Sichtweise iRd. § 24 Abs. 5 UmwStG deckt sich weitgehend mit der hier für die gewstl. Behandlung des Einbringungsgewinns II vertretenen Rechtsauffassung (Rz. 111).3 5. Übernehmende Gesellschaft 122 Bei der übernehmemden Gesellschaft ergeben sich im Grundsatz unmittelbar keine gewstl. Auswir-

kungen. Es stellt sich jedoch die Frage, ab wann auf Ebene der übernehmenden Personengesellschaft die Voraussetzungen der gewstl. Schachtelprivilegien in § 9 Nr. 2a und 7 GewStG erfüllt sein können. Dabei ist auch an dieser Stelle zunächst von Bedeutung, mit welchem stl. Stichtag die Einbringung erfolgt ist, da die ertragsteuerliche Rückwirkung dazu führt, dass der übernehmenden Personengesellschaft die miteingebrachten Anteile an KapGes. ab diesem Zeitpunkt stl. zuzurechnen sind (Rz. 24). Liegt der stl. Übertragungsstichtag vor dem Beginn des maßgeblichen EZ, können die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a und 7 GewStG bereits zum Beginn des EZ (im Allgemeinen der 1.1.) vorliegen. Auch dann, wenn die übernehmende Personengesellschaft neu gegründet wird, können unabhängig von einer ertragsteuerlichen Rückwirkung der Einbringung die zeitraum- bzw. zeitpunktbezogenen Voraussetzungen in § 9 Nr. 2a und 7 GewStG bereits zum Beginn des (abgekürzten) EZ vorliegen (§ 14 Satz 3 GewStG und R 9.3 Satz 5 GewStR 2009, Rz. 25). In den verbleibenden Fällen ist entscheidend, welches Verständnis man iRd. § 23 UmwStG für den Verweis auf § 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG auf der einen Seite bzw. § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG auf der anderen Seite zugrunde legt (Rz. 98). 123 Wird ein Betrieb oder ein Teilbetrieb in die übernehmende Mitunternehmerschaft eingebracht, stellt

sich die Frage, ob auch ein vortragsfähiger Gewerbeverlust iSd. § 10a GewStG mit auf die übernehmende Mitunternehmerschaft übergehen kann. Diese Frage ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Zwar ordnet § 23 Abs. 5 UmwStG an, dass der Gewerbeertrag der übernehmenden Gesellschaft nicht um die Fehlbeträge des Einbringenden iSd. § 10a GewStG gekürzt werden kann. In § 24 Abs. 4 UmwStG wird aber nicht auf § 23 Abs. 5 UmwStG verwiesen (§ 10a GewStG Rz. 86).4 Anerkannt ist, dass bei der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs durch eine natürliche Person in eine Personengesellschaft ein auf den Betrieb bzw. Teilbetrieb bezogener vortragsfähiger Gewerbeverlust mit auf die Personengesellschaft übergeht (§ 10a GewStG Rz. 89 und 129).5 Die FinVerw. geht davon aus, dass auch im Fall der Einbringung eines Betriebs durch eine Mitunternehmerschaft in eine andere Mitunternehmerschaft die für den Verlustabzug erforderliche Unternehmeridentität vorliegt, soweit die Gesellschafter der eingebrachten Gesellschaft auch Gesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft sind (§ 10a GewStG Rz. 106 und 130).6 Ist an der übernehmenden Personengesellschaft vermögensmäßig nur die einbringende Personengesellschaft beteiligt, bleibt der gewstl. Fehlbetrag iSv. § 10a GewStG 1 Mit diesem Verständnis Demuth in Eisgruber2, § 24 UmwStG Rz. 353. 2 Rogall/Gerner in FGS/BDI, Der Umwandlungssteuer-Erlass 2011, 2012, Rz. 24.28. 3 In Anlehnung an den Einbringungsgewinn II zu § 24 Abs. 5 UmwStG ausdrücklich auch Mutscher in Frotscher/ Drüen, § 24 UmwStG Rz. 279a (Stand: Januar 2014); anders allg. für den Einbringungsgewinn II jedoch Mutscher in Frotscher/Drüen, § 22 UmwStG Rz. 294b (Stand: Oktober 2012). 4 Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 202 (Stand: November 2011); Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 127. 5 FG Ba.-Wü. v. 30.1.2017 – 10 K 3703/14, EFG 2017, 1604 – Rev. I R 35/17; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 41 (Stand: Oktober 2016); Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 208 (Stand: November 2011); Demuth in Eisgruber2, § 24 UmwStG Rz. 221; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 260. 6 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 1 GewStR 2009; Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 209 (Stand: November 2011).

890

Pitzal

B. Gewerbesteuerliche Besonderheiten der einzelnen Umwandlungsvorgänge

Rz. 124 Anh. 1

somit vollständig erhalten. Entsprechendes soll für den Fall der Verschmelzung von zwei Personengesellschaften gelten, die ebenfalls einen Anwendungsfall von § 24 UmwStG darstellt (Einbringung des Betriebs der übertragenden Personengesellschaft in die übernehmende Personengesellschaft).1 Etwas anderes soll nach Auffassung der FinVerw. jedoch gelten, wenn eine Körperschaft einen Betrieb oder Teilbetrieb gem. § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft einbringt.2 Eine sachliche Rechtfertigung für diese unterschiedliche Sichtweise ist jedoch nicht erkennbar, sofern die übrigen Voraussetzungen für den Verlustabzug (Unternehmensidentität) erfüllt sind (ausführlich § 10a GewStG Rz. 90 ff.). Wird ein Mitunternehmeranteil in die übernehmende Mitunternehmerschaft eingebracht, können 124 sich Auswirkungen auf einen gewstl. Fehlbetrag der eingebrachten Mitunternehmerschaft iSd. § 10a GewStG ergeben. Diese entsprechen den Auswirkungen in anderen Fällen des Gesellschafterwechsels bei einer Mitunternehmerschaft (§ 10a GewStG Rz. 105).3 Danach kommt es insbes. darauf an, ob der Einbringende als Mitunternehmer vollständig aus der eingebrachten Mitunternehmerschaft ausscheidet oder an dieser (mit einer reduzierten Beteiligung) beteiligt bleibt.

1 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 5 Satz 2 GewStR 2009. 2 FinMin. NRW v. 27.1.2012 – G 1427-26-V B 4, FR 2012, 238; anders ehemals noch Abschn. 68 Abs. 4 Satz 6 iVm. Abs. 2 GewStR 1998; zustimmend Rasche in R/H/vL2, § 24 UmwStG Rz. 127; Nitzschke in Blümich, § 24 UmwStG Rz. 93 (Stand: Januar 2018); ausdrücklich anders FG Ba.-Wü. v. 30.1.2017 – 10 K 3703/14, EFG 2017, 1604 – Rev. I R 35/17; Suchanek, FR 2012, 296; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 41 (Stand: Oktober 2016); Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 212 (Stand: August 2014), jedoch nur für den Fall der Einbringung des (gesamten) Betriebs und nicht für die Einbringung eines Teilbetriebs; krit. auch Demuth in Eisgruber2, § 24 UmwStG Rz. 224; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz7, § 24 UmwStG Rz. 262 f. 3 Patt in D/P/M, § 24 UmwStG Rz. 210 (Stand: November 2011).

Pitzal

891

Anhang 2 Gewerbesteuer bei Insolvenz § 4 GewStDV Aufgabe, Auflösung und Insolvenz (1) Ein Gewerbebetrieb, der aufgegeben oder aufgelöst wird, bleibt Steuergegenstand bis zur Beendigung der Aufgabe oder Abwicklung. (2) Die Gewerbesteuerpflicht wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers nicht berührt. § 16 GewStDV Gewerbeertrag bei Abwicklung und Insolvenz (1) Der Gewerbeertrag, der bei einem in der Abwicklung befindlichen Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 2 des Gesetzes im Zeitraum der Abwicklung entstanden ist, ist auf die Jahre des Abwicklungszeitraums zu verteilen. (2) Das gilt entsprechend für Gewerbebetriebe, wenn über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. A. Grundaussagen: (Gewerbe-)Steuer und Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

I. Schnittstellenbereich von Insolvenz und (Gewerbe-)Steuerrecht . . . . . . . . . . .

1

II. Allgemeine Wirkung der Insolvenzeröffnung auf das Steuerrecht . . . . . . . . . .

3

B. Besteuerung des Gewerbeertrags bei Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

I. Allgemeine materielle Wirkung der Insolvenzeröffnung auf die Gewerbesteuer . . .

4

II. Auswirkung der Insolvenzeröffnung auf die Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . 1. Persönliche und sachliche Gewerbesteuerpflicht bei Insolvenzeröffnung (§ 4 Abs. 2 GewStDV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ende der sachlichen Steuerpflicht . . . . . 3. Sachliche Gewerbesteuerpflicht und § 35 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

2. Tatbestandliche Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 GewStDV . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . b) Persönlicher Anwendungsbereich („für Gewerbebetriebe“) . . . . . . . . c) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . aa) Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Insolvenzrechtliche Abwicklung . 3. Rechtsfolge des § 16 Abs. 2 GewStDV . . a) Ermittlung- und Verteilungszeitraum und Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufteilungsmaßstab . . . . . . . . . .

25 25 26 31 31 33 38 38 47

III. Ermittlungs- und Erhebungszeitraum bei Betriebsfortführung . . . . . . . . . .

49

D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

10

I. Einleitung des Insolvenzverfahrens – Insolvenzantrag . . . . . . . . . . . . . . .

52

.

12

.

12

. .

13 15

C. Ermittlungszeitraum bei Insolvenzeröffnung (§ 16 GewStDV) . . . . . . . . . . .

20

I. Allgemeiner und besonderer Ermittlungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

II. Besonderer Ermittlungszeitraum nach § 16 Abs. 2 GewStDV . . . . . . . . . . . . 1. Normtelos des § 16 Abs. 2 GewStDV . . .

21 21

II. Wirkungen der Insolvenz auf das Besteuerungs- und Gerichtsverfahren . . . . 1. Beteiligtenfähigkeit, Handlungsfähigkeit, Verfahrensführungsbefugnis . . . . . . . . 2. Verfahrensunterbrechung nach § 240 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen der Regelinsolvenz auf das Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . a) Steuerliche Mitwirkungspflichten . . aa) Kein Untergang der Mitwirkungspflichten . . . . . . . . . . bb) Zuständigkeit der Pflichterfüllung (§ 34 Abs. 3 AO) . . . . . . cc) Umfang der Pflichterfüllung (§ 34 Abs. 3 AO) . . . . . . . . .

III. Auswirkung der Insolvenzeröffnung auf die Ermittlung des GewSt-Messbetrags . 1. Ermittlung des Gewerbeertrags bei Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hinzurechnung von Schulden nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG . . . . . . . . . . 3. Gewerbeverlust (§ 10a GewStG) . . . . .

5 6

Schulze

61 61 62 67 67 67 68 71

893

Anh. 2 GewSt bei Insolvenz b) Behördliche Ermittlungsverfahren . . . 73 c) Festsetzungs- und Feststellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 aa) Unzulässige Verwaltungsakte nach Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . 74 bb) Zulässige Verwaltungsakte trotz Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . 79 d) Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 e) Vollstreckungsverfahren . . . . . . . . . 85 4. Auswirkungen der Regelinsolvenz auf finanzgerichtliche Verfahren . . . . . . . . 87 a) Klage-, Nichtzulassungsbeschwerdeund Revisionsverfahren . . . . . . . . . 87 b) Wirkung auf gerichtliche Fristen . . . . 90 5. Aufnahme eines unterbrochenen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 a) Aufnahme bei Klage-, Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren . 91 aa) Unterscheidung zwischen Aktivund Passivprozess . . . . . . . . . 91 bb) Aktivprozess . . . . . . . . . . . . 95 cc) Passivprozess . . . . . . . . . . . . 98 b) Fortsetzung des behördlichen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Insolvenzrechtliche Zuordnung der (Gewerbe-)Steuerschuld . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung von Insolvenzforderung, Masseverbindlichkeit und Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen . . . . . 2. Insolvenzrechtliche Zuordnung der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Qualifikation der Gewerbesteuer-Jahresschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erhebungszeiträume vor dem Jahr der Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . b) Erhebungszeiträume nach dem Jahr der Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . c) Erhebungszeitraum der Insolvenzeröffnung – Aufteilung der Gewerbesteuerschuld – Aufteilungsmaßstab – informatorischer Bescheid . . . . . . . 4. Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . IV. Durchsetzung einer als Insolvenzforderung einzuordnenden (Gewerbe-)Steuerforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geltendmachung der Insolvenzforderungen – Überblick über das insolvenzrechtliche Anmeldeverfahren (§§ 87, 174 ff. InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Forderungsanmeldung und Prüfungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten der Gewerbesteuer im insolvenzrechtlichen Anmeldeverfahren . . .

103 103 107 112 112 114

115 118

121

121 123

4. Unbestrittene Gewerbesteuer-Forderung (§ 178 Abs. 1 und 3 InsO) . . . . . . . . . 5. Bestreiten der Gewerbesteuerforderung . 6. Vom Insolvenzverwalter oder -gläubiger bestrittene (Gewerbe-)Steuerforderung . a) Beseitigung des Widerspruchs im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . b) Untitulierte Steuerforderung . . . . . aa) Behördliches Feststellungsverfahren (§ 185 Satz 2 InsO iVm. § 251 Abs. 3 AO) . . . . . . . . . bb) Behördliches Feststellungsverfahren bei der Gewerbesteuer . . c) Titulierte (Gewerbe-)Steuerforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anfechtbarer, angefochtener oder bestandskräftiger Steueroder Festsetzungsbescheid . . . . bb) Anfechtbarer Steuerbescheid . . (1) Steuerforderungen im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gewerbesteuermessbescheid . . . cc) Angefochtener Steuerbescheid – Feststellung durch Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens (§ 185 Sätze 1 und 2 iVm. § 180 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . (1) Steuerforderungen im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gewerbesteuermessbescheid . . . dd) Bestandskräftiger Steuerbescheid . . . . . . . . . . . . . . . (1) Steuerforderungen im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gewerbesteuermessbescheid . . . (3) Gewerbesteuerbescheid der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . 7. Vom Schuldner bestrittene (Gewerbe-) Steuerforderung . . . . . . . . . . . . . . .

133 136 138 138 140 140 146 150 150 151 151 154

157 157 165 168 168 171 174 175

V. Durchsetzung einer als sonstige Masseverbindlichkeit einzuordnenden (Gewerbe-)Steuerforderung . . . . . . . . . . . .

184

VI. Durchsetzung einer als Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen einzuordnenden (Gewerbe-)Steuerforderung . . .

192

VII. Aufrechnung durch die hebeberechtigte Körperschaft . . . . . . . . . . . . . . . .

193

VIII. Beendigung des Insolvenzverfahrens . . .

202

E. Besonderheiten bei Eigenverwaltung . .

206

F. Sicherungsmaßnahmen (vorläufige Insolvenzverwaltung) . . . . . . . . . . .

210

128

Literatur: App, Der Insolvenzantrag des Hauptzollamts, ZfZ 1998, 398; Benne, Einkommensteuerliche und steuerverfahrensrechtliche Probleme bei Insolvenzen im Zusammenhang mit Personengesellschaften, BB 2001, 1977; Farr, Die Reichweite rechtsfehlerhafter Feststellungsbescheide, DStZ 2003, 346; Gundlach/Frenzel/Schmidt, Die Verfahrensunterbrechung durch Insolvenzeröffnung, NJW 2004, 3222; Hidien, Staatliche Gewerbesteuerpflicht

894

Schulze

A. Grundaussagen: (Gewerbe-)Steuer und Insolvenz

Rz. 3 Anh. 2

und gemeindliches Gewerbesteuerertragsrecht, ZKF 2004, 29; Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, 1. Aufl. 2005; Giltz/Kuth, Mindestbesteuerung – Situation im Insolvenzverfahren, Gleichzeitig ein Appell an den Gesetzgeber, DStR 2005, 184; Tetzlaff/Weichhaus, Grundlagen der Gewerbesteuer, SteuerStud 2006, 576; Bartone, Auswirkungen des Insolvenzverfahrens auf das finanzgerichtliche Verfahren, AO-StB 2007, 49; Meyer/Verfürth, Einkommensteuerund insolvenzrechtliche Behandlung von Aufgabegewinnen in der Insolvenz des Personengesellschafters, BB 2007, 862; Behrendt/Arjes/Jeziorski, Gewerbesteuer auf Gewerbesteuer bei Veräußerung von Mitunternehmeranteilen nach der Unternehmensteuerreform, BB 2008, 1993; Jäger, Eröffnung des Insolvenzverfahrens während eines Finanzgerichtsverfahrens, DStR 2008, 1272; Leipold, Insolvenz von Beteiligten während eines finanzgerichtlichen Verfahrens unter besonderer Berücksichtigung von Personengesellschaften, DStZ 2012, 103 Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, 4. Aufl. 2014, § 24 Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014; Ebbinghaus/Neu/Hinz, Gewerbesteuer bei der Eigensanierung im Insolvenzplanverfahren, FR 2015, 405; Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2015, § 125; Lissner, Insolvenzrecht meets Steuerrecht – eine inkompatible Vereinigung?, ZInsO 2015, 2312 Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 11. Aufl. 2015; Crezelius, Aktuelle Steuerrechtsfragen in Krise und Insolvenz, Mai/Juni 2016, NZI 2016, 620; Roth, Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl. 2016; Sonnleitner, Insolvenzsteuerrecht, 2017. Verwaltungsanweisungen: AEAO zu § 122 und § 251.

A. Grundaussagen: (Gewerbe-)Steuer und Insolvenz I. Schnittstellenbereich von Insolvenz und (Gewerbe-)Steuerrecht Die Schnittstelle zwischen Insolvenz- und (Gewerbe-)Steuerrecht ist nur rudimentär geregelt. Eine 1 Anpassung des Steuerrechts an die Besonderheiten des Insolvenzrechts hat ebenso wenig stattgefunden wie umgekehrt. Der Grundsatz „Konkursrecht geht vor Steuerrecht“1 war weder zielführend noch in dieser Bestimmtheit anwendbar. Bei der Beantwortung insolvenzsteuerrechtlicher Fragestellungen müssen vielmehr die Wertungen der beiden Teilrechtsordnungen berücksichtigt werden. Nachdem sich auch der in § 251 Abs. 2 AO niedergelegte Grundsatz, wonach die Insolvenzordnung „unberührt“ bleibt, in der Praxis als wenig hilfreich erwiesen hat, ist es zur Vermeidung von Friktionen Aufgabe der Rspr. und des Schrifttums, die Regelungsbereiche sinnvoll aufeinander abzustimmen. Speziell im Schnittstellenbereich zwischen Insolvenz- und Gewerbesteuerrecht besteht durch § 4 Abs. 2 und § 16 Abs. 2 GewStDV eine Regelung zur sachlichen GewStPfl. (Rz. 5) sowie zum Ermittlungszeitraum (Rz. 20 ff.) für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers. Mit Einführung der Insolvenzordnung zum 1.1.1999 wurde kein gänzlich neues insolvenzrechtliches 2 System geschaffen. Vielmehr wurden wesentliche Grundsätze der Konkursordnung übernommen. Die bis dahin wesentlichen Vorschriften im Schnittstellenbereich zwischen Insolvenz- und (Gewerbe-)Steuerrecht (§ 34 Abs. 3, § 251 Abs. 2 und 3 AO und § 4 Abs. 2, § 16 Abs. 2 GewStDV) blieben unverändert bestehen. Deshalb können die Rspr.-Grundsätze zum Schnittstellenbereich zwischen Steuer- und Konkursrecht grds. auch auf den Schnittstellenbereich zwischen Steuer- und Insolvenzrecht übertragen werden.

II. Allgemeine Wirkung der Insolvenzeröffnung auf das Steuerrecht Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des StPfl. richtet sich die Besteuerung 3 (Entstehung des Steueranspruchs, die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die Berechnung der Steuer) grds. unverändert nach stl. Grundsätzen. Das Insolvenzrecht kann aber – teils ungewollt – Einfluss auf das materielle (Gewerbe-)Steuerrecht haben (dazu Rz. 12 ff.). Ob sich die Geltendmachung der Steuerforderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach stl. oder insolvenzrechtlichen Grundsätzen richtet, hängt von der insolvenzrechtlichen Einordnung der Steuerforderung ab (Rz. 103 ff.). Handelt es sich bei der (Gewerbe-)Steuerforderung um eine Insolvenzforderung, blei1 Vgl. dazu Arnold Liebisch, VJSchrStFR 1929, 212 (213). Unklar ist, wieso weithin angenommen wird, dass der Grundsatz „Konkursrecht geht vor Steuerrecht“ erstmals durch den RFH v. 25.10.1926 – GrS 1/26, RFHE 19, 355, begründet worden sei.

Schulze

895

Anh. 2 Rz. 4 GewSt bei Insolvenz ben die Vorschriften der InsO unberührt (§ 251 Abs. 2 Satz 1 AO), sodass diese Forderung ausschließlich nach Maßgabe der §§ 87, 174 ff. InsO geltend zu machen ist (Rz. 121 ff.). Für gewstl. Zwecke ist dabei aber die Besonderheit des zweistufigen Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen (Rz. 129, 146 und § 14 GewStG Rz. 2 und 39 f.). Handelt es sich bei der (Gewerbe-)Steuerforderung hingegen um eine Forderung, die als sonstige Masseverbindlichkeit oder als Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen zu qualifizieren ist, richtet sich die Geltendmachung weitgehend nach steuerverfahrensrechtlichen Vorschriften (Rz. 184 ff. und 192). Kommt es zu Friktionen zwischen den Vorschriften des Insolvenz- und des Steuerrechts, sind die Wertungen der beiden Teilrechtsordnungen zu berücksichtigen.

B. Besteuerung des Gewerbeertrags bei Insolvenz I. Allgemeine materielle Wirkung der Insolvenzeröffnung auf die Gewerbesteuer 4 Nach der zentralen Vorschrift des § 80 Abs. 1 InsO führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dazu,

dass das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter übergeht. Die Anwendbarkeit des § 80 Abs. 1 InsO hat bei Insolvenzeröffnung die Trennung der (formellen) Rechtsinhaberschaft von der (materiellen) Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zur Folge.1 Demgegenüber hat die Verfahrenseröffnung weder Auswirkungen auf die Rechtsinhaberschaft der zur Masse gehörenden Gegenstände noch auf die Rechtsoder Geschäftsfähigkeit des Insolvenzschuldners.2 Auch in einem rechtsförmlichen Verfahren (zB Einspruchs-, Klage- oder Revisionsverfahren) bleibt der Insolvenzschuldner beteiligten-, handlungs- und prozessfähig. Durch die Insolvenzeröffnung verliert er aber seine Verfügungs-, Handlungsführungsund Prozessbefugnis. Dies hat materiell-rechtlich zur Folge, dass der Insolvenzschuldner über einen Massegegenstand nicht mehr wirksam verfügen kann. Verfahrensrechtlich ist er nicht mehr in der Lage, wirksame Verfahrens- oder Prozesshandlungen vorzunehmen, soweit diese masserelevant sind (Rz. 61).

II. Auswirkung der Insolvenzeröffnung auf die Gewerbesteuerpflicht 1. Persönliche und sachliche Gewerbesteuerpflicht bei Insolvenzeröffnung (§ 4 Abs. 2 GewStDV) 5 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkt in stl. Hinsicht keine Trennung des Vermögens des

Insolvenzschuldners von der Insolvenzmasse. Besteuert wird nicht die Insolvenzmasse als selbstständiges Steuersubjekt.3 Deshalb hat die Verfahrenseröffnung keinen Einfluss auf die materiell-rechtliche Stellung des Insolvenzschuldners als Steuersubjekt4 und die Wahrung der Unternehmeridentität (vgl. § 10a GewStG Rz. 125 ff.) trotz des in § 80 Abs. 1 InsO angeordneten Übergangs der Verwaltungsbefugnis. Klarstellend bringt § 4 Abs. 2 GewStDV zum Ausdruck, dass die Insolvenzeröffnung auch keine Auswirkungen auf die sachliche GewStPfl. (§ 2 GewStG Rz. 13 ff.) hat. Danach wird die GewStPfl. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers (StPfl.) nicht berührt. Ob die GewStPfl. mit Insolvenzeröffnung endet oder fortbesteht, richtet sich ausschließlich nach gewerbesteuerrechtlichen Grundsätzen.5 Es müssen also Umstände vorliegen, die – ungeachtet der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers – die Beendigung der sachlichen GewStPfl. zur Folge hätten.6

1 Kayser in Kayser/Thole9, § 80 InsO Rz. 18. 2 Uhlenbruck in Uhlenbruck14, § 80 InsO Rz. 6 f.; Ott/Vuia in MüKo InsO, 3. Aufl. 2013, § 80 Rz. 11; Kroth in Braun, InsO, 7. Aufl. 2017, § 80 Rz. 12. 3 BFH v. 7.11.1963 – IV 210/62 S, BStBl. III 1964, 70, Ls. 1. 4 BFH v. 14.11.1968 – I R 16/66, BStBl. II 1969, 169, unter 1.; v. 14.2.1978 – VIII R 28/73, BStBl. II 1978, 356, unter 1.a.; v. 18.5.1988 – X R 27/80, BStBl. II 1988, 716, unter II.1. 5 R 2.6 Abs. 4 Satz 2 GewStR 2009. 6 Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 206.

896

Schulze

B. Besteuerung des Gewerbeertrags bei Insolvenz

Rz. 10 Anh. 2

2. Ende der sachlichen Steuerpflicht Bei Einzelgewerbetreibenden und Personengesellschaften endet die GewStPfl. mit der tatsächli- 6 chen, auf Dauer angelegten und nicht nur vorübergehenden Einstellung der werbenden Tätigkeit.1 Da die GewStPfl. an das Bestehen eines lebenden und ausgeübten Betriebs anknüpft, werden Maßnahmen zur Vermögensverwertung nach Einstellung des Betriebs nicht mehr von der sachlichen StPfl. erfasst.2 Damit unterscheidet sich die GewStPfl. von der Einkommensteuerpflicht. Bei Letzterer gehört auch die Liquidation des Gewerbebetriebs noch zur gewerblichen Tätigkeit iSd. § 15 Abs. 1 EStG, sofern nicht bereits die Betriebseinstellung als Betriebsaufgabe iSv. § 16 EStG zu werten ist (zu den Einzelheiten vgl. § 2 GewStG Rz. 47 ff.).3 Wird über das Vermögen eines Personenunternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet, kann die 7 werbende Tätigkeit bereits vor Insolvenzeröffnung beendet gewesen sein oder erst mit Insolvenzeröffnung oder zu einem späteren Zeitpunkt beendet werden. Solange der Insolvenzverwalter den Gewerbebetrieb fortführt (zB Verkauf von Ware oder Fortführung der Produktion), liegt keine Einstellung der werbenden Tätigkeit vor.4 Allein die Veräußerung des AV stellt aber keine werbende Tätigkeit mehr dar. Liquidiert der Insolvenzverwalter ausschließlich vorhandene Betriebsgegenstände (AV) oder zieht er – daneben oder ausschließlich – rückständige Forderungen ein (Abwicklung des Gewerbebetriebs), endet die GewStPfl. bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens.5 Bei den KapGes. und den anderen Unternehmen iSd. § 2 Abs. 2 GewStG endet die GewStPfl. mit 8 der Einstellung jeglicher Tätigkeit. Ausreichend ist also nicht bereits – worauf bei Personenunternehmen maßgeblich abzustellen ist – die Einstellung der werbenden Tätigkeit. Die GewStPfl. umfasst vielmehr auch die Verwertungstätigkeit iRd. Abwicklung, die ihrerseits mit der letzten Abwicklungshandlung endet.6 Das ist grds. der Zeitpunkt, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt worden ist.7 Solange also bei der insolventen Gesellschaft noch zu verwaltendes Vermögen vorhanden ist (zB um Schulden zu begleichen), bleibt die GewStPfl. bestehen (zu den Einzelheiten vgl. § 2 GewStG Rz. 110 ff., 121). Bei den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und den nicht rechtsfähigen Vereinen 9 (§ 2 Abs. 3 GewStG) erlischt die StPfl. mit der tatsächlichen Einstellung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Besteht der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in jährlich wiederkehrenden Tätigkeiten (Veranstaltungen) von jeweils kurzer Dauer, zB Bier-, Wein-, Schützenfeste usw., dann ist bei erkennbarer Wiederholungsabsicht von einem fortbestehenden Gewerbebetrieb auszugehen, bei dem nicht jeweils die StPfl. nach Abwicklung der Veranstaltung erlischt und im Folgejahr neu eintritt (zu den Einzelheiten vgl. § 2 GewStG Rz. 163 ff., 176).8 3. Sachliche Gewerbesteuerpflicht und § 35 Abs. 2 InsO Vor dem Hintergrund von Art. 2, 12 Abs. 1 GG kann eine natürliche Person auch nach Eröffnung 10 des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen eine zuvor selbstständig und gewerblich ausgeübte Tätigkeit fortsetzen oder eine solche Tätigkeit erstmals aufnehmen.9 Dies hat zur Folge, dass der daraus resultierende Neuerwerb zur Insolvenzmasse gehört und entsprechende Verbindlichkeiten, die der Schuldner im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit begründet, als Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu befriedigen sind. Durch die im Jahr 2007 neu eingefügten Abs. 2 und 3 des

1 R 2.6 Abs. 1 GewStR 2009. 2 BFH v. 24.4.1980 – IV R 68/77, BStBl. II 1980, 658 = FR 1980, 549, unter 1. 3 BFH v. 24.4.1980 – IV R 68/77, BStBl. II 1980, 658 = FR 1980, 549, unter 1.; v. 19.1.1993 – VIII R 128/84, BStBl. II 1993, 594, unter I.1., mwN. 4 Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 832. 5 Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 833. 6 R 2.6 Abs. 4 Satz 3 GewStR 2009; BFH v. 24.4.1980 – IV R 68/77, BStBl. II 1980, 658 = FR 1980, 549, unter 2. mwN; v. 29.11.2000 – I R 28/00, BFH/NV 2001, 816, Ls.; Sarrazin in Lenski/Steinberg, § 2 GewStG Rz. 2526 ff. 7 R 2.6 Abs. 2 GewStR 2009. 8 R 2.6 Abs. 3 GewStR 2009. 9 Ries in Kayser/Thole9, § 35 InsO Rz. 67; Hirte in Uhlenbruck14, § 35 InsO Rz. 90.

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Anh. 2 Rz. 11 GewSt bei Insolvenz § 35 InsO1 hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, durch Abgabe einer Gestaltungserklärung („Freigabeerklärung“) mit Wirkung für die Zukunft zu erreichen, dass der Schuldner die selbstständige Tätigkeit „für eigene Rechnung“ (und nicht für die Insolvenzmasse) fortsetzt oder aufnimmt. Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Insolvenzverwalter dem Schuldner gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können, wenn er eine solche Tätigkeit nach Insolvenzeröffnung (weiter) ausübt oder beabsichtigt, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben. Eine wirksam erteilte Freigabeerklärung ist für den Insolvenzverwalter unwiderruflich. Die Wirksamkeit der Erklärung hat der Insolvenzverwalter nachzuweisen.2 Unterlässt der Insolvenzverwalter in Kenntnis der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners (zB nach entsprechender Information durch das FA) die Abgabe der Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO, sind solche durch die Tätigkeit begründete (Steuer-)Verbindlichkeiten den sonstigen Masseverbindlichkeiten iSd. § 55 Abs. 1 InsO zuzuordnen (Rz. 107, 110 und 184 ff.). Im Falle der „Freigabe“ der selbstständigen Tätigkeit handelt es sich um Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen (Rz. 110 f. und 192). 11

Die fortgesetzte und nach § 35 Abs. 2 InsO freigegebene gewerbliche Tätigkeit des Insolvenzschuldners begründet regelmäßig einen eigenständigen Gewerbebetrieb und damit die sachliche GewStPfl. Nach den Umständen des Einzelfalls kann sich eine fortgesetzte und vom Insolvenzverwalter nicht nach § 35 Abs. 2 InsO freigegebene Tätigkeit als einheitlicher Gewerbebetrieb darstellen.

III. Auswirkung der Insolvenzeröffnung auf die Ermittlung des GewSt-Messbetrags 1. Ermittlung des Gewerbeertrags bei Insolvenz 12

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des StPfl. hat auf die Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 6 ff. GewStG) grds. keine Auswirkungen. Die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage erfolgt also auch während des Insolvenzverfahrens nach den allg. Regelungen des GewStG.3 Nach § 7 GewStG ist der Gewerbeertrag der Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt um Hinzurechnungen gem. § 8 GewStG und vermindert um Kürzungen gem. § 9 GewStG. Nach Kürzung des maßgeblichen Gewerbeertrags um einen evtl. Fehlbetrag aus vorangegangenen EZ nach § 10a GewStG (Rz. 15 ff.) ist der Steuermessbetrag nach § 11 GewStG zu ermitteln. 2. Hinzurechnung von Schulden nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG

13

Bis EZ 2007 war die Hälfte der Entgelte für sog. Dauerschulden („nicht nur vorübergehend der Verstärkung des Betriebskapitals dienen“) bei der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG aF zu berücksichtigen. Entgelte für kurzfristiges Fremdkapital waren dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hingegen nicht hinzuzurechnen.4 Konnte die Tilgung von Schulden, die nur vorübergehend der Stärkung des Betriebskapitals diente, insolvenzbedingt nicht erfolgen, drohte die Schuld – ungewollt – zu einer Dauerschuld zu werden. Wertungswidersprüchlich daran ist, dass einerseits das Insolvenzrecht die sofortige Rückzahlung der als Insolvenzforderung zu qualifizierenden Verbindlichkeit verbietet, weil diese erst iRd. Abschlags- oder Schlussverteilung erfolgen darf (§ 187 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 196 Abs. 1 InsO). Andererseits ist nur das insolvenzrechtliche (Verteilungs-)Verfahren ursächlich dafür, dass die ursprünglich vorübergehende Schuld in eine Dauerschuld umzuqualifizieren ist und deshalb die Entgelte die gewstl. Bemessungsgrundlage erhöhen. Dadurch wird die Gewerbesteuerbelastung aufgrund des Insolvenzverfahrens erhöht, obwohl der Zweck des § 8 Nr. 1 GewStG aF dem entgegensteht. Es sollten nur Entgelte für solche Schulden hinzugerechnet werden, die betriebskapital1 Einfügung des § 35 Abs. 2 und 3 InsO durch Art. 1 Nr. 12 Buchst. b des InsVereinfG v. 13.4.2007, BGBl. I 2007, 509. 2 AEAO zu § 251 Rz. 7. 3 Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 836; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 207; Waza/Uhländer/ Schmittmann11, Rz. 1866. 4 Zur Abgrenzung zwischen Dauerschuld und vorübergehender Schuld Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 293 ff.

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B. Besteuerung des Gewerbeertrags bei Insolvenz

Rz. 17 Anh. 2

ähnlichen Charakter haben und letztlich der Stärkung des Betriebskapitals dienen.1 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkt aber keine Verstärkung, sondern regelmäßig den Verlust des Betriebskapitals. Die Hinzurechnung der Entgelte für eine solche Schuld ist vor dem Hintergrund dieses Wertungswiderspruchs durch eine Maßnahme nach §§ 163, 227 AO aus Gründen sachlicher Billigkeit zu kompensieren.2 Nach der Neuregelung des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG durch das UntStRefG 20083 sind ab dem EZ 14 2008 Entgelte für Schulden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen, soweit ein Viertel der Summe aus den in § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG geregelten Hinzurechnungstatbeständen den Freibetrag von 100.000 Euro übersteigt (zur nur einmaligen Anwendung des Freibetrags im Abwicklungszeitraum Rz. 38). Die Neuregelung unterscheidet zwar nicht mehr zwischen Dauerschulden und nur vorübergehenden Verbindlichkeiten. Damit entfällt das Problem, dass eine vorübergehende Schuld insolvenzbedingt als Dauerschuld zu qualifizieren ist (Rz. 13). Auch der Freibetrag von 100.000 Euro reduziert die Anzahl der von der Regelung Betroffenen. Dennoch bleibt das Problem bestehen, dass insolvenzbedingt die bestehenden Verbindlichkeiten vorerst nicht mehr getilgt werden dürfen (Rz. 13) und folglich (weiterhin) Entgelte für die bestehenden Schulden anfallen und sich damit die gewstl. Besteuerungsgrundlage erhöht. Dadurch wird die GewSt-Belastung während des Insolvenzverfahrens erhöht, obwohl der Sinn des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG dies nicht erfordert. Denn ist das Insolvenzverfahren erst eröffnet, ist das Betriebskapital verloren und wird nicht etwa durch Fremdkapital verstärkt. Auch hier bleibt nur, die Entgelte durch eine Billigkeitsmaßnahme nach §§ 163, 227 AO zu kompensieren (Rz. 13). 3. Gewerbeverlust (§ 10a GewStG) Die Kürzung des maßgeblichen Gewerbeertrags um vortragsfähige Fehlbeträge vorangegangener EZ 15 erfordert Unternehmensidentität und Unternehmeridentität (§ 10a GewStG Rz. 86 ff. und 125 ff.). Der Gewerbebetrieb muss also im Entstehungs- und Anrechnungsjahr identisch sein.4 Allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stpfl. Unternehmers hat keinen Einfluss auf die Unternehmens- und Unternehmeridentität. Trotz der nach § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter übergehenden Verwaltungsbefugnis bleibt die Unternehmeridentität gewahrt (Rz. 5). Ein vortragsfähiger Fehlbetrag (§ 10a Sätze 6 und 7 GewStG) führt – ungeachtet der Insolvenzeröff- 16 nung – nach Maßgabe des § 10a Satz 1 und 2 GewStG zu einer Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags im EZ der Insolvenzeröffnung oder eines folgenden EZ (Rz. 18). Ein vortragsfähiger Fehlbetrag im EZ der Insolvenzeröffnung ist nach § 10a Sätze 6 und 7 GewStG gesondert festzustellen. Voraussetzung ist aber, dass der Verlust demselben Unternehmer (Unternehmeridentität) in dem gleichen Unternehmen entstanden ist (Unternehmensidentität) entstanden ist.5 Eine natürliche Person kann auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen selbst- 17 ständig und gewerblich tätig werden (Rz. 10).6 Ungeachtet dessen, ob der Insolvenzverwalter die Pauschalfreigabe nach § 35 Abs. 2 InsO erklärt oder nicht, können etwaige Gewerbeerträge aus dieser neuen Tätigkeit nicht um vortragsfähige Fehlbeträge gekürzt werden. Zwar kann eine natürliche Person nebeneinander mehrere eigenständige (Gewerbe)Betriebe (selbstständige GewSt-Objekte) unterhalten.7 Sie kann aber – trotz Unternehmeridentität – nicht die Fehlbeträge des einen Betriebs aus Vorjahren mit Gewerbeerträgen des anderen Betriebs kürzen. Denn es fehlt an der Unternehmensidentität.8 1 2 3 4 5

Köster in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 251. Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 836; Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, 2005, 354. Neuregelung des § 8 Nr. 1 GewStG durch Art. 3 Nr. 1 Buchst. a des G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, unter C.III.1. BFH v. 14.11.1968 – I R 16/66, BStBl. II 1969, 169, unter 2.; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 209; Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 842. 6 Ries in Kayser/Thole9, § 35 InsO Rz. 67. 7 Vgl. R 2.4 GewStR 2009; BFH v. 10.2.1989 – III R 78/86, BStBl. II 1989, 467 = FR 1989, 440, unter 3.; v. 9.8.1989 – X R 130/87, BStBl. II 1989, 901 = FR 1990, 29, Ls. 1; v. 24.10.2012 – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252 Rz. 14. 8 BFH v. 14.11.1968 – I R 16/66, BStBl. II 1969, 169, unter 2.; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 209; Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, 2005, Rz. 355.

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Anh. 2 Rz. 18 GewSt bei Insolvenz 18

Einmalige Verwendung des Sockelbetrags (1 Mio. Euro) während des Insolvenzabwicklungszeitraums: Ab dem EZ 2004 sind vortragsfähige Fehlbeträge iRd. Verlustabzugs nur noch begrenzt verrechnungsfähig (Mindestbesteuerung in der Konzeption der zeitlichen Streckung von Verlustvorträgen). Nach § 10a Satz 1 GewStG1 kann der maßgebende Gewerbeertrag nur noch bis zu einem Betrag von 1 Mio. Euro um Fehlbeträge aus vorangegangenen EZ gekürzt werden. Darüber hinausgehende Fehlbeträge aus vorangegangenen EZ sind nach § 10a Satz 2 GewStG nur noch iHv. 60 % des 1 Mio. Euro übersteigenden maßgeblichen Gewerbeertrags kürzungsfähig (§ 10a GewStG Rz. 150 ff.). Ein während des gesamten (Insolvenz-)Abwicklungszeitraums entstandener Gewerbeertrag (§ 16 Abs. 2 GewStDV, Rz. 21 ff.) ist um einen vortragsfähigen Fehlbetrag – des letzten EZ vor dem Beginn des Abwicklungszeitraums – zu kürzen. Dabei ist der Sockelbetrag von 1 Mio. Euro nur einmal zu berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn sich der Abwicklungszeitraum über mehrere EZ erstreckt.2 Denn nach dem Wortlaut des § 16 GewStDV ist ein einheitlicher Gewerbeertrag (nach § 7 bis § 10a GewStG) für den gesamten (Insolvenz-)Abwicklungszeitraum zu ermitteln. Bei einer einheitlichen Ermittlung des Gewerbeertrags ist auch § 10a GewStG nur einmal anzuwenden.3

19

Kommt es im Insolvenzverfahren zur Abwicklung des Gewerbebetriebs, kann es wegen der Mindestbesteuerung in der Konzeption der zeitlichen Streckung vortragsfähiger Fehlbeträge nach § 10a Satz 2 GewStG zum endgültigen Ausfall festgestellter Fehlbeträge kommen.4 Nach § 10a Satz 2 GewStG sind Fehlbeträge aus vorangegangenen EZ nur noch iHv. 60 % des 1 Mio. Euro übersteigenden maßgeblichen Gewerbeertrags kürzungsfähig. Damit sind letztlich in jedem Fall 40 % des maßgeblichen Gewerbeertrags – unabhängig von etwaigen Fehlbeträgen in vorangegangenen EZ – der Gewerbebesteuerung unterworfen, soweit die Schwelle von 1 Mio. Euro überschritten wird. Grundsätzlich beschränkt die Mindestbesteuerung die Wirkung des periodenübergreifenden Fehlbetragsausgleichs (nur) der Höhe nach. Der Fehlbetragsausgleich wird nicht versagt, sondern lediglich zeitlich gestreckt, dh., ein nicht ausgeglichener Fehlbetrag wird zur Verwendung in eine andere (spätere) Besteuerungsperiode verlagert.5 Wird ein Gewerbebetrieb im Rahmen eines Insolvenzverfahrens abgewickelt, kann es wegen der Begrenzung der verrechenbaren Fehlbeträge nach § 10a Satz 2 GewStG zu einem endgültig nicht mehr verrechenbaren Fehlbetrag kommen (Definitivbelastung, weil einem beschränkten Verlustabzug keine weiteren positiven Gewerbeerträge folgen, mit denen der verbliebene Fehlbetrag ausgeglichen werden könnte; der vortragsfähige Fehlbetrag wird dann nicht nur zeitlich gestreckt, sondern von einer Wirkung auf die Ermittlung des Einkommens endgültig ausgeschlossen). Nach Auffassung des I. Senats des BFH verstößt § 10a Satz 2 GewStG dann gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Ausgleich eines Fehlbetrags mit einem Gewerbeertrag nicht mehr möglich ist und der Mindestbesteuerung – aufgrund eines Sachzusammenhangs zwischen Fehlbetrag und Gewerbeertrag – die Wirkung zukommt, den Fehlbetragsabzug gänzlich auszuschließen.6

C. Ermittlungszeitraum bei Insolvenzeröffnung (§ 16 GewStDV) I. Allgemeiner und besonderer Ermittlungszeitraum 20

Allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gewerbetreibenden hat zunächst keinen Einfluss auf die Ermittlung des Gewerbeertrags, des GewSt-Messbetrags oder der 1 Einführung der Mindestbesteuerung durch Art. 2 Nr. 4 des G zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze v. 23.12.2003, BGBl. I 2003, 2922. 2 BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 Rz. 14 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach (Vorlagebeschl., BVerfG 2 BvL 19/14). 3 BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 Rz. 17 = FR 2013, 904 (obiter dictum). 4 Vgl. Giltz/Kuth, DStR 2005, 184 (185). 5 Der BFH hält die Mindestbesteuerung in der Grundkonzeption einer zeitlichen Streckung des vortragsfähigen Fehlbetrags grds. für verfassungsgemäß, vgl. BFH v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 Ls. und Rz. 12 ff. = FR 2013, 213 m. Anm. Hallerbach; v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 Ls. und Rz. 20 ff. = FR 2013, 132. 6 BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 Rz. 30 bis 38 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach (Vorlagebeschl., BVerfG 2 BvL 19/14); ausdrücklich offengelassen BVerfG v. 28.2.2017 – 1 BvR 1103/15, HFR 2017, 544 Rz. 18.

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C. Ermittlungszeitraum bei Insolvenzeröffnung (§ 16 GewStDV)

Rz. 24 Anh. 2

GewSt. Wird der Betrieb durch den Insolvenz- oder Eigenverwalter fortgeführt, ergeben sich auch für den Ermittlungszeitraum und die Verteilung des Gewerbeertrags auf die von der Insolvenz betroffenen EZ keine Besonderheiten (Rz. 49 ff.). Kommt es – wie üblich – zur Stilllegung und Zerschlagung des Unternehmens (insolvenzrechtliche Abwicklung), regelt § 16 Abs. 2 GewStDV einen besonderen Ermittlungs- und Verteilungszeitraum (Rz. 21 ff.).

II. Besonderer Ermittlungszeitraum nach § 16 Abs. 2 GewStDV 1. Normtelos des § 16 Abs. 2 GewStDV Nach § 16 Abs. 1 GewStDV ist der Gewerbeertrag auf die Jahre des Abwicklungszeitraums zu vertei- 21 len, der bei einem in der Abwicklung befindlichen Gewerbebetrieb iSd. § 2 Abs. 2 GewStG im Zeitraum der Abwicklung entstanden ist. Nach § 16 Abs. 2 GewStDV gilt das entsprechend für Gewerbebetriebe, wenn über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Damit regelt § 16 GewStDV für den Fall der gesellschaftsrechtlichen Abwicklung (Abs. 1) oder Insolvenz (Abs. 2) des Gewerbebetriebs einen besonderen (Insolvenz-)Abwicklungszeitraum für die Ermittlung des in diesem Zeitraum entstandenen Gewerbeertrags und dessen Verteilung. Vergleichbar mit § 11 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 (iVm. Abs. 7) KStG ist bei der GewSt der Gewerbeertrag zunächst einheitlich für den gesamten Abwicklungszeitraum zu ermitteln (besonderer Ermittlungszeitraum) und sodann auf die einzelnen Jahre des Abwicklungszeitraums zu verteilen (besondere Verteilungsanordnung). Der besondere Ermittlungs- und Verteilungszeitraum des § 16 Abs. 2 GewStDV dient der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens. Demgegenüber hat das Insolvenzverfahren keinen Einfluss auf den EZ.1 Ermittlungszeitraum. § 16 Abs. 2 GewStDV enthält eine Sonderregelung ggü. § 10 Abs. 1 GewStG. 22 Nach § 10 Abs. 1 iVm. § 14 Satz 2 GewStG ist stets der im Kj. bezogene Gewerbeertrag maßgebend. Dies gilt auch im Falle eines abweichenden Wj. Denn § 10 Abs. 2 GewStG regelt insoweit nur die Zuordnung des in einem vom Kj. abweichenden Wj. maßgebenden Gewerbeertrags zu einem bestimmten EZ. Abweichend vom Grundsatz der auf zwölf Monate angelegten Ermittlung des Gewerbeertrags ordnet § 16 Abs. 2 GewStDV für den Fall der insolvenzrechtlichen Abwicklung einen besonderen Ermittlungszeitraum an. Maßgeblich ist nicht der im EZ (entspricht nach § 14 Satz 2 GewStG dem Kj.) bezogene Gewerbeertrag, sondern der im (Insolvenz-)Abwicklungszeitraum bezogene (entstandene) Gewerbeertrag. Dieser kann zwölf Monate über- oder unterschreiten. Verteilungsanordnung. Grundsätzlich ist der in dem EZ bezogene Gewerbeertrag für den Steuer- 23 messbetrag maßgebend (§ 10 Satz 1 GewStG). Einer besonderen Verteilungsanordnung bedarf es nicht. Erstreckt sich der Ermittlungszeitraum – wie regelmäßig bei einer insolvenzrechtlichen Abwicklung – über zwölf Monate hinaus, dann bedarf es der durch § 16 GewStDV angeordneten besonderen Verteilungsanordnung, weil nicht zugleich auch der für die Festsetzung maßgebliche EZ verlängert wurde. § 16 GewStDV verändert nämlich weder § 14 Satz 1 noch Satz 2 GewStG. Gewerbesteuerlich ist der EZ stets das Kj. (§ 14 Satz 2 GewStG). Eine Verlängerung des EZ ist gewstl. – anders als bei § 11 KStG – nicht vorgesehen.2 Deshalb ist auch für den Zeitraum des Insolvenzverfahrens der GewStMessbetrag für jeden EZ einzeln festzusetzen. Die Festsetzung erfolgt nur nicht zwingend unmittelbar mit Ablauf des Kj., sondern frühestens nach Ablauf des Abwicklungszeitraums (Rz. 42 f.). Der Insolvenzverwalter hat kein Wahlrecht, ob er für gewerbesteuerrechtliche Zwecke am kalender- 24 jährlichen Ermittlungszeitraum festhalten möchte oder den insolvenzrechtlichen Abwicklungszeitraum nach § 16 Abs. 2 GewStDV zugrunde legt.

1 Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 836; Waza/Uhländer/Schmittmann11, Rz. 1852. 2 BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904 Rz. 17.

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Anh. 2 Rz. 25 GewSt bei Insolvenz 2. Tatbestandliche Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 GewStDV a) Vorbemerkung 25

§ 16 Abs. 2 GewStDV verweist durch die Formulierung „das gilt entsprechend“ auf § 16 Abs. 1 GewStDV. Unstreitig handelt es sich dabei nicht nur um eine Verweisung auf die Rechtsfolge des Abs. 1, wonach „der Gewerbeertrag auf die Jahre des Abwicklungszeitraums zu verteilen“ ist (Verteilungsanordnung). Uneinheitlich wird aber die Frage beantwortet, ob es sich bei der Verweisung um eine Rechtsgrundverweisung oder eine partielle Rechtsgrundverweisung handelt. Einigkeit besteht dahingehend, dass Abs. 2 – wie auch Abs. 1 – nur im Falle der (insolvenzrechtlichen) Abwicklung zur Anwendung kommt. Insoweit verweist Abs. 2 zumindest schon einmal partiell auf diese tatbestandliche Voraussetzung des Abs. 1 (Rz. 33 ff.). Uneinigkeit besteht aber darüber, ob Abs. 2 zudem den tatbestandlichen Personenkreis des Abs. 1 („Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG“) erfasst oder ob Abs. 2 durch die Formulierung „für Gewerbebetriebe“ einen – darüber hinausgehenden – eigenständigen persönlichen Anwendungsbereich determiniert (Rz. 26 ff.). Im ersteren Fall läge – wie hier vertreten (Rz. 30) – eine Rechtsgrundverweisung vor, andernfalls bliebe es bei der partiellen Rechtsgrundverweisung. b) Persönlicher Anwendungsbereich („für Gewerbebetriebe“)

26

Der persönliche Anwendungsbereich erfasst nur Gewerbebetriebe, bei denen im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung die sachliche StPfl. noch besteht (Rz. 5 ff.).

27

Nach § 16 Abs. 2 GewStDV gilt Abs. 1 entsprechend „für Gewerbebetriebe“. Damit stellt sich die Frage, ob vom Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 uneingeschränkt alle gewerblich tätigen Unternehmen iSd. § 2 GewStG erfasst werden, wie es der Wortlaut durch die – isoliert betrachtete – Formulierung „für Gewerbebetriebe“ zum Ausdruck bringt, oder ob diese Formulierung durch die Verweisung auf Abs. 1 einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass ausschließlich Gewerbebetriebe iSd. § 2 Abs. 2 GewStG erfasst werden sollen (Rz. 25).

28

Nachdem die von § 16 Abs. 1 GewStDV ausschließlich erfassten Gewerbebetriebe iSd. § 2 Abs. 2 GewStG eine Teilmenge des von § 16 Abs. 2 GewStDV verwendeten Begriffs „für Gewerbebetriebe“ sind, erfasst der persönliche Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 GewStG in jedem Fall KapGes., Genossenschaften sowie Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit (also Betriebe iSd. § 2 Abs. 2 GewStG und § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG).

29

Nach Auffassung der FinVerw.1 und des überwiegenden Schrifttums2 werden von § 16 Abs. 2 GewStDV – über den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 GewStG hinaus – alle gewstpfl. Unternehmen iSd. § 2 GewStG erfasst.

30

Für einen auf § 2 Abs. 2 GewStG beschränkten persönlichen Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 GewStDV spricht, dass die Vorschrift iZm. § 11 Abs. 7 KStG steht, der seinerseits ausschließlich auf unbeschränkt stpfl. Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG (KapGes., Genossenschaften, Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit) anzuwenden ist und damit denselben Personenkreis wie § 16 Abs. 1 GewStDV erfasst. Mit § 11 Abs. 7 KStG wird für den insolvenzrechtlichen Abwicklungsfall eine spezielle Gewinnermittlungsvorschrift und ein spezieller Besteuerungszeitraum geregelt. Durch § 16 Abs. 2 GewStDV wird – soweit es nicht wegen Überschreitens des dreijährigen Besteuerungszeitraums zu Zwischenveranlagungen iSd. § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG kommt – ein Gleichlauf des körperschaftsteuerlichen und gewstl. Besteuerungszeitraums im Abwicklungsfall gewährleistet. Dafür besteht bei Personenunternehmen kein Bedürfnis, weil es eine dem § 11 KStG vergleichbare einkommensteuerrechtliche Vorschrift nicht gibt. Ein Gleichlauf der Ermittlungszeiträume ist daher nicht notwendig3 und kann wegen der unterschiedlichen Besteuerungszeiträume zwischen ESt und GewSt sogar zu erheblichem Mehraufwand führen, wenn das einkommensteuerliche Wj. nicht auf den gewstl. Abwicklungszeitraum umgestellt wird. 1 R 7.1 Abs. 8 Satz 7 GewStR 2009. 2 Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 231 (Stand: April 2017); Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 208; Uhländer in Waza/Uhländer/Schmittmann11, Rz. 1866. 3 Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, 2005, 162.

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C. Ermittlungszeitraum bei Insolvenzeröffnung (§ 16 GewStDV)

Rz. 35 Anh. 2

c) Sachlicher Anwendungsbereich aa) Eröffnung des Insolvenzverfahrens In sachlicher Hinsicht setzt § 16 Abs. 2 GewStDV zunächst voraus, dass über das Vermögen des stpfl. 31 Gewerbebetriebs ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Unerheblich ist, ob es sich um ein Regelinsolvenzverfahren oder ein Nachlassinsolvenzverfahren (§ 1975 ff. BGB iVm. § 315 ff. InsO) handelt. Ausgenommen sind allerdings Verbraucherinsolvenzverfahren (§§ 304 Abs. 1 Satz 1 InsO). Denn dessen Anwendungsbereich ist auf natürliche Person beschränkt, die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung keine selbstständige Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben. Soweit das Verbraucherinsolvenzverfahren für bestimmte (ehemalige) „Kleinunternehmer“ anwendbar ist (§ 304 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2 InsO), findet § 16 Abs. 2 GewStDV für diesen Personenkreis deshalb keine Anwendung, weil § 304 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 InsO gerade voraussetzt, dass die selbstständige Tätigkeit bereits eingestellt ist. Damit fehlt es dann bereits an der sachlichen GewStPfl. Für die sachliche Anwendung des § 16 Abs. 2 InsO ist es auch unerheblich, ob ein Regelinsolvenz- 32 verfahren mit Bestellung eines Insolvenzverwalters oder ein Eigenverwaltungsverfahren (§§ 270 ff. InsO) mit einem die Insolvenzmasse – unter Beaufsichtigung eines Sachwalters – selbst verwaltenden Schuldner angeordnet wird. Die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO) im sog. Insolvenzeröffnungsverfahren (Rz. 210 ff.) genügt für die Anwendung des § 16 Abs. 2 InsO indes nicht. Dies gilt auch bei Stilllegung des Unternehmens durch den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gerichts (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Denn § 16 Abs. 2 GewStDV verlangt ausdrücklich ein eröffnetes Insolvenzverfahren und eine Abwicklungshandlung. Die Stilllegung des Betriebs ist noch keine Abwicklung. bb) Insolvenzrechtliche Abwicklung Allein die Insolvenzeröffnung ist für die Anwendung des § 16 Abs. 2 GewStDV nicht ausreichend. 33 Der besondere Verteilungszeitraum kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Betrieb insolvenzrechtlich abgewickelt wird. Die Verweisung des § 16 Abs. 2 GewStDV erfasst den Tatbestand des § 16 Abs. 1 GewStDV zumindest partiell hinsichtlich des Merkmals „in der Abwicklung befindlicher Gewerbebetrieb“. Für den Zeitraum der Fortführung des Betriebs kommt § 16 Abs. 2 GewStDV daher nicht zur Anwendung.1 Dies steht im Einklang mit den Grundsätzen der körperschaftsteuerrechtlichen Liquidationsbesteuerung bei Insolvenz (§ 11 Abs. 7 KStG).2 Für den Beginn des Abwicklungszeitraums iSd. § 16 Abs. 2 GewStDV ist auf den Zeitpunkt ab- 34 zustellen, in dem mit der insolvenzrechtlichen Abwicklung begonnen wird. Ob mit der insolvenzrechtlichen Abwicklung begonnen wurde, unterliegt den tatsächlichen Feststellungen. Mit der Abwicklung wird begonnen, wenn die Gläubigerversammlung (§ 74 ff. InsO) im Berichtstermin (§ 29 Abs. 1 Nr. 1,3 § 156 InsO) die Stilllegung des Unternehmens beschließt (§ 157 Satz 1 InsO) oder der Insolvenzverwalter – mit oder ohne Zustimmung des Gläubigerausschusses – das Unternehmen bereits vorher stilllegt (§ 158 InsO). Wird spätestens im Berichtstermin die Stilllegung und Zerschlagung des Betriebs beschlossen, be- 35 ginnt der Abwicklungszeitraum (rückwirkend) mit dem Tag der Insolvenzeröffnung. Zwar hat der Insolvenzverwalter nach § 158 InsO den Betrieb des Schuldners grds. bis zum Berichtstermin fortzuführen. Folglich kann es präzise erst nach dem Berichtstermin zur Anwendung des § 16 Abs. 2 GewStDV kommen, wenn aufgrund des Gläubigerbeschlusses das Unternehmen stillgelegt und zerschlagen wird. Wegen des kurzen Zeitraums zwischen Insolvenzeröffnung und Berichtstermin (zwischen sechs Wochen und drei Monaten nach Insolvenzeröffnung, § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO) und des mit § 16 Abs. 2 GewStDV verfolgten Vereinfachungszwecks ist der Abwicklungszeitraum auf die Verfahrenseröffnung zurückzubeziehen.4 1 Allg. Meinung, zB Uhländer in Waza/Uhländer/Schmittmann11, Rz. 1866; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 208. 2 Vgl. Hageböke in R/H/N, § 11 KStG Rz. 159 mwN. 3 Der Termin wird im Insolvenzeröffnungsbeschluss bestimmt. Dabei soll er grds. innerhalb von sechs Wochen nach Insolvenzeröffnung stattfinden, muss aber spätestens nach drei Monaten erfolgen. 4 So auch für die KSt Hageböke in R/H/N, § 11 KStG Rz. 159; so auch R 7.1 Abs. 8 Satz 6 GewStR 2009.

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Anh. 2 Rz. 36 GewSt bei Insolvenz 36

Wird ein Betrieb iSd. § 2 Abs. 2 GewStG nach Insolvenzeröffnung (zunächst) nicht abgewickelt, sondern fortgeführt, beginnt auch der Abwicklungszeitraum iSd. § 16 Abs. 2 GewStDV nicht. Wird bei einem solchen Betrieb erst nach dem Berichtstermin (Rz. 35) mit der Insolvenzabwicklung begonnen, ist das Wj., auf dessen Anfang oder in dessen Lauf der Beginn der Insolvenzabwicklung fällt, das erste Jahr des Abwicklungszeitraums, für den die in § 16 Abs. 2 GewStDV vorgesehene Verteilung des Gewerbeertrags in Betracht kommt.1 Dieser Grundsatz gilt auch für Personenunternehmen. Zumindest steht dem kein sachlicher Grund entgegen.2 Unerheblich ist dabei, dass R 7.1 Abs. 8 Satz 8 GewStR 2009 sich ausdrücklich nur auf KapGes. bezieht. Allein dadurch ist nicht zugleich ausgeschlossen, dass eine Anwendung auf Betriebe anderer Rechtsformen nicht in Betracht kommt. Denn anderenfalls wären – ohne sachlichen Grund – auch die übrigen Betriebe iSd. § 2 Abs. 2 GewStG nicht erfasst.

37

Nach Auffassung der FinVerw. endet der Abwicklungszeitraum iSd. § 16 Abs. 2 GewStDV mit Beendigung des Insolvenzverfahrens.3 Das Insolvenzverfahren endet durch Aufhebung oder Einstellung (§ 200 bzw. §§ 207 ff. InsO). Bei Betrieben iSd. § 2 Abs. 2 GewStG geht die Beendigung des Insolvenzverfahrens und das Ende des Abwicklungszeitraums regelmäßig einher, weil die sachliche GewStPfl. erst dann endet, wenn das gesamte (Betriebs-)Vermögen verteilt ist. Bei anderen Betrieben (insbes. Personenunternehmen) endet der Abwicklungszeitraum bereits mit der Beendigung der sachlichen StPfl. (Rz. 5 ff.). Davon abweichend wird vertreten, dass der Abwicklungszeitraum materiell bereits in dem Zeitpunkt endet, in dem das zur Verteilung kommende Vermögen feststeht.4 3. Rechtsfolge des § 16 Abs. 2 GewStDV a) Ermittlung- und Verteilungszeitraum und Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags

38

Nach § 16 Abs. 2 GewStDV gilt (auch) die Rechtsfolge des § 16 Abs. 1 entsprechend. Danach ist der Gewerbeertrag auf die Jahre des Abwicklungszeitraums zu verteilen. Folglich ist der Gewerbeertrag iSd. § 7 bis § 10a GewStG in einem ersten Schritt – abweichend von § 10 GewStG (Rz. 23) – einheitlich für den gesamten Abwicklungszeitraum zu ermitteln. Dies ist nach § 16 Abs. 1 GewStDV der Gewerbeertrag, der im Zeitraum der insolvenzrechtlichen Abwicklung entstanden ist (Rz. 22). Dabei ist der Freibetrag für die Hinzurechnungssumme nach § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG (Rz. 14) für den Abwicklungszeitraum nur einmal zu gewähren.5 Gleiches gilt für den Sockelbetrag von 1 Mio. Euro nach § 10a Satz 1 GewStG (Rz. 18).6

39

Der einheitlich ermittelte Gewerbeertrag ist in einem zweiten Schritt nach § 16 Abs. 1 GewStDV zeitlich linear „auf die Jahre des Abwicklungszeitraums zu verteilen“. Die Verteilung erfolgt als zeitanteilige Zuweisung des für den gesamten Abwicklungszeitraum ermittelten Gewerbeertrags auf die einzelnen vom Abwicklungszeitraum betroffenen EZ (zur Verteilung Rz. 47 ff.).7

40

In einem dritten Schritt ist aus den jeweils anteiligen Gewerbeerträgen für jeden betroffenen EZ der GewSt-Messbetrag zu ermitteln (§ 11 GewStG Rz. 2 und 16 ff.). Dazu ist der für jeden betroffenen EZ anteilige Gewerbeertrag – anders als bei der Ermittlung des im Abwicklungszeitraum entstandenen Gewerbeertrags (Rz. 18, 38) – jeweils um einen etwaigen Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG zu kürzen (betrifft nur Personenunternehmen und bestimmte juristische Personen, § 11 GewStG Rz. 20 ff., 31 ff.). Denn Gewerbeertrag iSd. § 16 Abs. 1 GewStDV ist nur der nach § 7 bis § 10a GewStG entstandene Gewerbeertrag. Etwaige Freibeträge nach § 11 GewStG sind demgegenüber nicht in § 16 GewStDV einzubeziehen, weil es sich bei § 11 GewStG um eine Tarifvorschrift und nicht um eine Kürzungsvorschrift handelt (§ 11 GewStG Rz. 2).

1 RFH, RStBl. 1940, 476; R 7.1 Abs. 8 Satz 8 GewStR 2009; Uhländer in Waza/Uhländer/Schmittmann11, Rz. 1866. 2 Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 208. 3 R 7.1 Abs. 8 Satz 6 GewStR 2009; so auch Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, 2005, Rz. 356. 4 FG Hbg. v. 25.8.2016 – 5 K 53/15, EFG 2016, 1971 Rz. 62. 5 Gleich lautender Ländererlass v. 2.7.2012, BStBl. I 2012, 654 Rz. 48. 6 BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 Rz. 17 = FR 2013, 904. 7 BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904 Rz. 17; Kling/Schüppen/Ruth in MüKo InsO, Bd. 3, 3. Aufl. 2014, Insolvenzsteuerrecht, Rz. 108.

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C. Ermittlungszeitraum bei Insolvenzeröffnung (§ 16 GewStDV)

Rz. 46 Anh. 2

Umfasst der Abwicklungszeitraum mehrere EZ, ist für die einzelnen EZ jeweils das Recht anzuwen- 41 den, das für den jeweiligen EZ maßgeblich ist. § 16 Abs. 2 GewStDV bewirkt nicht, dass für den Abwicklungszeitraum eine einheitliche Festsetzung 42 des GewSt-Messbetrags durch einen Messbetragsbescheid erfolgt. Die GewSt-Messbeträge sind unter Berücksichtigung des jeweils zeitanteilig zugewiesenen Gewerbeertrags für den jeweiligen EZ (einzeln) festzusetzen (bei einer daraus resultierenden GewSt handelt es sich stets und insgesamt um Masseverbindlichkeiten).1 Denn gewerbesteuerrechtlich finden wegen § 16 Abs. 2 iVm. Abs. 1 GewStDV stets kalenderjahrbezogene (§ 14 Satz 2 GewStG) Jahresveranlagungen statt. Der gewstl. EZ bleibt – anders als nach § 11 KStG für die KSt – durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unverändert.2 Die GewSt-Messbeträge (§ 14 Satz 1 GewStG) für die einzelnen vom Abwicklungszeitraum betroffe- 43 nen EZ können erst nach Ablauf des (Insolvenz-)Abwicklungszeitraums festgesetzt werden.3 Dies folgt logischerweise aus der Rechtsfolge des § 16 GewStDV, wonach die Ermittlung des Gewerbeertrags einheitlich für den gesamten (Insolvenz-)Abwicklungszeitraum zu erfolgen hat. Da § 16 GewStDV – anders als § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG – keinen (dreijährigen) Sollbesteuerungszeitraum festlegt,4 kommt es gewerbesteuerrechtlich während des Abwicklungszeitraums auch nicht zu Zwischenfestsetzungen.5 War die Abwicklung zu einem bestimmten Zeitpunkt nur scheinbar beendet und erfolgt nachträglich eine Fortsetzung der Abwicklung, so gehört auch die weitere Abwicklung zum Abwicklungszeitraum iSd. § 16 Abs. 2 GewStDV. Bereits erfolgte Festsetzungen des GewSt-Messbetrags sind nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern. Denn der Zeitpunkt des Endes der Abwicklung kann ein nachträgliches Ereignis darstellen.6 Da der Gewerbeertrag einheitlich für den gesamten (Insolvenz-)Abwicklungszeitraum zu ermitteln 44 und sodann gleichmäßig auf die betroffenen EZ zu verteilen ist, sind GewSt-Erklärungen (§ 14a GewStG Rz. 12 f.) zwar für jeden betroffenen EZ einzeln, aber insgesamt erst nach Beendigung des Abwicklungszeitraums dem FA zu übermitteln oder abzugeben. In der Messbetragserklärung ist der jeweils anteilige Gewerbeertrag zu erfassen. Bei unterjährigem Beginn der insolvenzrechtlichen Abwicklung des Betriebs beendet § 16 Abs. 2 Gew- 45 StDV zugleich den laufenden Gewinnermittlungszeitraum. Bei einem kalenderjahrgleichen Wj. entsteht kraft Gesetzes (§ 16 Abs. 2 GewStDV) ein Rumpfwirtschaftsjahr (1. Januar bis zum Ablauf des Tages vor der Insolvenzeröffnung bzw. dem Tag des Beginns der Abwicklung). Entsprechendes gilt bei einem vom Kj. abweichenden Wj. Dies steht im Einklang mit den Grundsätzen der körperschaftsteuerrechtlichen Liquidationsbesteuerung (§ 11 Abs. 7 KStG). Auch handelsrechtlich entsteht durch die Insolvenzeröffnung bis zu dieser ein Rumpfgeschäftsjahr (§ 155 Abs. 2 Satz 1 InsO). Das Rumpfwirtschaftsjahr ist nicht in den Abwicklungszeitraum einzubeziehen.7 Wird im Jahr der Insolvenzeröffnung spätestens nach dem Berichtstermin mit der Abwicklung des Be- 46 triebs begonnen (Rz. 35), endet der reguläre Ermittlungszeitraum im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung; zugleich beginnt der insolvenzrechtliche Abwicklungszeitraum als neuer Ermittlungszeitraum. Für den EZ der Insolvenzeröffnung ist dann eine GewSt-Messbetragsberechnung für den Zeitraum bis zur Insolvenzeröffnung und eine GewSt-Festsetzung für den „restlichen“ EZ durchzuführen (Rz. 115 ff.).

1 2 3 4 5

Hageböke in R/H/N, § 11 KStG Rz. 65. BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904 Rz. 17; Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 836. Uhländer in Waza/Uhländer/Schmittmann11, Rz. 1867 mwN. Vgl. dazu BFH v. 18.9.2007 – I R 44/06, BStBl. II 2008, 319 Ls. 1 = FR 2008, 268 m. Anm. Pezzer. AA BFH v. 18.9.2007 – I R 44/06, BStBl. II 2008, 319 Rz. 11 = FR 2008, 268 m. Anm. Pezzer; insoweit aber Nichtanwendungserlass des BMF v. 4.4.2008 – IV B 7 - S 2760/0, BStBl. I 2008, 542 unter 2. Obiter vertritt der BFH in diesem Urt. die Auffassung, dass im Anschluss an die berechtigte Zwischenveranlagung zur KSt auch der GewSt-Messbescheid zu erlassen sei, obwohl der Abwicklungszeitraum noch nicht beendet war; insoweit selbstkritisch Gosch in FS Spindler, 373 (392). Die Problematik der Zwischenveranlagung bei der gewstl. Abwicklung deshalb ausdrücklich offenlassend BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 Rz. 17 aE = FR 2013, 904. 6 FG Hbg. v. 25.8.2016 – 5 K 53/15, EFG 2016, 1971. 7 H 7.1 Abs. 8 „Beginn der Abwicklung“ GewStH 2016.

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Anh. 2 Rz. 47 GewSt bei Insolvenz b) Aufteilungsmaßstab 47

Nach § 16 Abs. 2 iVm. Abs. 1 GewStDV ist der Gewerbeertrag auf die Jahre des insolvenzrechtlichen Abwicklungszeitraums zu verteilen. Die Verteilung geschieht nach dem Verhältnis, in dem die Zahl der Kalendermonate, in denen im einzelnen Jahr die StPfl. bestanden hat, zu der Gesamtzahl der Kalendermonate des insolvenzrechtlichen Abwicklungszeitraums steht. Dabei ist der angefangene Monat voll zu rechnen.1 Damit erfolgt die Verteilung des Gewerbeertrags als zeitanteilige Zuweisung des für den gesamten Abwicklungszeitraum ermittelten Gewerbeertrags linear auf die (einzelnen) Jahre des Abwicklungszeitraums.2 Beispiel: Über das Vermögen der X-GmbH wird am 7.7.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Betrieb wird nicht fortgeführt. Die Abwicklung endet am 14.3.2016. In dem Zeitraum wurde ein Gewerbeertrag von 100.000 Euro bezogen. Lösung: Der insolvenzrechtliche Abwicklungszeitraum beträgt 21 Monate. Auf den EZ 2014 entfallen 6/21, auf den EZ 2015 entfallen 12/21 und auf den EZ 2016 entfallen 3/21 jeweils von 100.000 Euro. Für die drei EZ 2014 bis 2016 ist jeweils ein GewSt-Messbetrag zu ermitteln und (einzeln) festzusetzen. Für den EZ 2014 ist auch noch der anteilige Gewerbeertrag für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.1.2014 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu berücksichtigen. Für Zwecke der Geltendmachung der GewSt ist der Messbetrag für das Jahr der Insolvenzeröffnung (2014) aufzuteilen in eine Messbetragsberechnung für die Zeit vom 1.1. bis 6.7.2014 (zur Geltendmachung einer Insolvenzforderung) und eine Messbetragsfestsetzung nach § 14 Satz 1 GewStG für die Zeit 7.7. bis 31.12.2014 (zur Geltendmachung als Masseverbindlichkeit, Rz. 106, 184 ff.). Abwandlung: Wie zuvor. Der Betrieb wird aber noch bis zum 28.2.2015 fortgeführt und erst ab dem 1.3.2015 mit der Abwicklung begonnen. Lösung: Im EZ 2014 ist § 16 Abs. 2 GewStDV nicht anwendbar. Für die Messbetragsermittlung ist nach § 10 Abs. 1 GewStG der Gewerbeertrag maßgebend, der im EZ 2014 bezogen worden ist. Für die Geltendmachung der GewSt gelten die Ausführungen wie zuvor. Das Jahr 2015 ist das erste Jahr des Abwicklungszeitraums, für den die in § 16 Abs. 2 GewStDV vorgesehene Verteilung des Gewerbeertrags in Betracht kommt.3 Mit Ablauf des 28.2.2015 endet der reguläre Zeitraum für die Ermittlung des bezogenen Gewerbeertrags. Wegen § 16 Abs. 2 GewStDV entsteht ein Rumpfwirtschaftsjahr (1.1. bis 28.2.2015). Der insolvenzrechtliche Abwicklungszeitraum beginnt am 1.3.2015 und endet am 14.3.2016 (13 Monate). Auf den EZ 2015 entfallen 10/13 und auf den EZ 2016 entfallen 3/13 jeweils von 100.000 Euro. Für den EZ 2015 erfolgen zwei GewSt-Messbetragsfestsetzungen, eine nach Ablauf des EZ 2015 für den Zeitraum vom 1.1. bis 28.2.2015 und die zweite nach Ablauf des Abwicklungszeitraums am 14.3.2016 auf der Grundlage des anteiligen Gewerbeertrags.

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Bei Personenunternehmen sind die Verteilungsgrundsätze der FinVerw.4 nur sinngemäß anwendbar. Ausdrücklich sei danach der in dem Zeitraum vom Tag der Insolvenzeröffnung bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens erzielte Gewerbeertrag auf die einzelnen Jahre zu verteilen.5 Da die sachliche StPfl. bei Personenunternehmen – anders als bei Unternehmen iSd. § 2 Abs. 2 GewStG – aber regelmäßig vor Beendigung des Insolvenzverfahrens endet (Rz. 6 ff.), muss dies bei Anwendung des Verteilungsmaßstabs berücksichtigt werden. Bei Personenunternehmen ist daher nicht auf die Beendigung des Insolvenzverfahrens, sondern auf die Beendigung der sachlichen GewStPfl. abzustellen. Bei Personenunternehmen muss die Verteilung im Verhältnis der Zahl der Kalendermonate, in denen im einzelnen Jahr nach Insolvenzeröffnung die StPfl. bestand, zu der Gesamtzahl der Kalendermonate gesetzt werden, in denen die StPfl. bestand.6

III. Ermittlungs- und Erhebungszeitraum bei Betriebsfortführung 49

Führt der Insolvenz- oder Eigenverwalter den Betrieb nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort, kommt § 16 Abs. 2 GewStDV nicht zur Anwendung und es bleibt bei den allg. Regelungen. Maßgeb1 2 3 4 5 6

R 7.1 Abs. 8 Satz 4 f. GewStH 2016. BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 Rz. 17 = FR 2013, 904. R 7.1 Abs. 8 Satz 8 GewStR 2009. R 7.1 Abs. 8 Satz 1, 4 und 6 GewStR 2009. R 7.1 Abs. 8 Satz 6 GewStR 2009. Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, 2005, 162 (mit Anwendungsbeispiel).

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 52 Anh. 2

licher Ermittlungs- und Verteilungszeitraum für den Gewerbeertrag ist dann der EZ (§ 10 Abs. 1 GewStG), der nach § 14 Satz 2 GewStG dem Kj. entspricht. Auch bei einem vom Kj. abweichenden Wj. hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Betriebs- 50 fortführung keine Auswirkungen auf den Ermittlungs- und den EZ. Zu beachten ist nur, dass bei einem abweichenden Wj. der Gewerbeertrag nach § 10 Abs. 2 GewStG in dem EZ als bezogen gilt, in dem das Wj. endet. Beispiel: Der StPfl. (Personengesellschaft) hat ein abweichendes Wj. vom 1.7. bis 30.6. Das Insolvenzverfahren über sein Vermögen wird am 1.9.2016 eröffnet. Der Betrieb wird fortgeführt. Lösung: Für den EZ 2016 ist der Gewerbeertrag für den Zeitraum vom 1.7.2015 bis 30.6.2016 zu ermitteln. Die GewSt entsteht nach § 10 Abs. 2 iVm. § 18 GewStG mit Ablauf des 30.6.2016. Im EZ 2017 ist der Gewerbeertrag für den Zeitraum vom 1.7.2016 bis 30.6.2017 zu ermitteln. Die in diesen Zeitraum fallende Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat – wegen der Betriebsfortführung – keine Auswirkungen auf den Ermittlungszeitraum für den Gewerbeertrag.

Für Insolvenzschuldner, die nach Handelsrecht zur Buchführung verpflichtet sind, beginnt nach 51 § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein neues Geschäftsjahr. Hingegen ordnet die InsO nicht zugleich den Beginn eines neuen (steuerrechtlichen) Wj. an. Fällt der Tag der Insolvenzeröffnung nicht zugleich mit dem Beginn eines (gleichlaufenden) handelsrechtlichen Geschäfts- und Wirtschaftsjahres zusammen, führt die Insolvenzeröffnung zu einem Auseinanderfallen von Geschäftsjahr und Wj. Um einen Gleichlauf zwischen den Ermittlungszeiträumen zu schaffen, muss der Insolvenzverwalter beim FA einen Antrag auf ein abweichendes Wj. stellen. Unter den Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG kann das Wj. – im Einvernehmen mit der FinVerw. – abweichend vom Kj. festgelegt werden (dies wirkt dann auch für den maßgeblichen Ermittlungszeitraum der GewSt).1 Beispiel: Die nach § 238 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 HGB buchführungspflichtige Personenhandelsgesellschaft hat ein mit dem Kj. übereinstimmendes Geschäfts- und Wj. Am 1.7.2016 wird das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Dies hat zur Folge, dass mit dem 1.7.2016 handelsrechtlich ein neues Geschäftsjahr beginnt. Ohne die Stellung eines Antrags auf ein vom Kj. abweichendes Wirtschaftsjahr wäre der Gewerbeertrag für den EZ vom 1.1.2016 bis 31.12.2016 zu ermitteln, während handelsrechtlich für den Zeitraum 1.1.2016 bis 30.6.2016 ein Rumpfwirtschaftsjahr entsteht und ab dem 1.7.2016 ein neues Geschäftsjahr beginnt, das den Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreiten darf (§ 240 Abs. 2 Satz 2 HGB). Stellt der Insolvenzverwalter – im Einvernehmen mit dem FA – auf ein vom Kj. abweichendes Wj. um, das mit dem neuen handelsrechtlichen Geschäftsjahr einhergeht, ist der Gewerbeertrag für 2016 für das Rumpfwirtschaftsjahr (1.1.2016 bis 30.6.2016) zu ermitteln.

D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren I. Einleitung des Insolvenzverfahrens – Insolvenzantrag Das (Regel-)Insolvenzverfahren kann nur auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers (§ 13 52 Abs. 1 Satz 1, § 14 bis § 15a InsO) über das Vermögen eines insolvenzfähigen Rechtsträgers (§§ 11 f. InsO) bei Vorliegen eines Insolvenzeröffnungsgrundes (§ 16 InsO) durch das Insolvenzgericht (§ 27 Abs. 1 InsO) eröffnet werden. Insolvenzeröffnungsgründe sind die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und – bei juristischen Personen und ihnen gleichgestellten Rechtsträgern – die Überschuldung (§ 19 InsO). Im Insolvenzeröffnungsverfahren – Verfahren zwischen Stellung des Insolvenzantrags und einer Entscheidung darüber – prüft das Insolvenzgericht, ob die Voraussetzungen für eine Insolvenzeröffnung vorliegen. Lehnt das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners ab, kann der antragstellende Gläubiger und im Falle der Ablehnung nach § 26 InsO auch der Schuldner innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen ab Verkündung oder Zustellung des Beschlusses (§§ 4, 6 InsO, § 569 ZPO) sofortige Beschwerde beim Insolvenzgericht einlegen (§ 34 Abs. 1 InsO). Hilft das Insolvenzgericht der Beschwerde nicht ab, hat es diese dem Beschwerdegericht (LG, § 72 Abs. 1 GVG) zur Entscheidung vorzulegen (§ 572 ZPO). Die Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des LG ist statthaft, wenn diese ausdrück-

1 Roser in Lenski/Steinberg, § 10 GewStG Rz. 6 (Stand: Oktober 2016).

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Anh. 2 Rz. 53 GewSt bei Insolvenz lich zugelassen wurde (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu (§ 34 Abs. 2 InsO). 53

Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Eröffnungsantrag des Schuldners muss die Voraussetzungen des § 13 InsO erfüllen. Im Eröffnungsantrag eines Gläubigers muss das rechtliche Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Forderung und der Insolvenzeröffnungsgrund (§ 16 InsO) glaubhaft dargelegt werden (§ 14 Abs. 1 InsO). Das rechtliche Interesse eines Gläubigers fehlt bspw. dann, wenn er aufgrund eines Aussonderungsrechts (§ 47 InsO) – innerhalb wie außerhalb des Insolvenzverfahrens – in gleicher Weise Befriedigung erlangen kann.

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Zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen einer Steuerforderung sind auch das FA oder die hebeberechtigte Körperschaft befugt.1 Die Stellung eines Insolvenzantrags durch eine Behörde ist eine besondere Vollstreckungsmaßnahme (§ 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 AO).2 Die Stellung des Insolvenzantrags durch eine (Finanz-)Behörde ist eine Ermessensentscheidung. Unter Beachtung pflichtgemäßen Ermessens ist das FA bei vollstreckbaren Rückständen sogar gehalten, bei Vorliegen eines Insolvenzeröffnungsgrundes einen Insolvenzantrag zu stellen.3 Nach § 14 Abs. 1 Sätze 2 und 3 InsO wird ein Insolvenzantrag nicht alleine dadurch unzulässig, dass die (Steuer-)Forderung erfüllt wird. Dies gilt aber nur, wenn in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Insolvenzantragstellung schon einmal ein Insolvenzantrag gestellt wurde. Sind dem FA entsprechende Voranträge – auch von dritter Seite – bekannt, hat es bei seiner Antragstellung darauf hinzuweisen.4

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Die Stellung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners durch das FA oder die hebeberechtigte Körperschaft ist kein Verwaltungsakt, sondern schlichtes hoheitliches Handeln.5 Wegen rückständiger GewSt-Forderungen ist die hebeberechtigte Körperschaft zur Antragsstellung berechtigt. Die Rechtmäßigkeit der Antragsstellung durch die Behörde ist gerichtlich überprüfbar. Die Behörde sollte ihre Ermessenserwägungen – im Insolvenzantrag – darlegen. Insbesondere müssen die angestellten Überlegungen und der Gang des Abwägungsprozesses erkennbar werden.6 Von einer solchen Begründung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Gründe offensichtlich sind.7

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Zuständig für die Überprüfung dieser Ermessensentscheidung sind die jeweiligen Fachgerichte (FG oder VG) und nicht das Insolvenzgericht.8 Statthaft ist die allgemeine Leistungsklage9 bzw. im Eilrechtsschutzverfahren der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO, § 123 VwGO). Der Antrag ist darauf gerichtet, die Behörde – im Wege der einstweiligen Anordnung – zu verpflichten, den Insolvenzantrag zurückzunehmen. Das Rechtsschutzinteresse für eine solche Klage oder einen solchen Antrag besteht solange fort, bis das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen oder den Eröffnungsantrag des FA mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse rechtskräftig abgelehnt hat.10 Denn der Insolvenzantrag kann bis zu diesen Zeitpunkten zurückgenommen werden (§ 13 Abs. 2 InsO). Gegen den Beschluss des FG über die einstweilige Anordnung ist die Beschwerde zum BFH nach § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO nur dann statthaft, wenn diese im Beschluss zugelassen worden ist. Hat das FG die Beschwerde nicht zugelassen, kommt allenfalls die Erhebung einer Anhörungsrüge nach § 133a FGO sowie – unter Berücksichtigung des Prüfungsmaßstabs der Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 103 Abs. 1 GG – eine Verfassungsbeschwerde in Betracht.

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Während das Insolvenzgericht im Insolvenzeröffnungsverfahren die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Maßgabe der Insolvenzordnung prüft (Rz. 52), prüfen die Fach1 2 3 4 5 6 7 8

Vgl. App, ZfZ 1998, 398. BFH v. 25.2.2011 – VII B 226/10, BFH/NV 2011, 1017 Rz. 17. AEAO zu § 251 Rz. 2.2. AEAO zu § 251 Rz. 2.2. BFH v. 31.8.2011 – VII B 59/11, BFH/NV 2011, 2105 Rz. 9 mwN. ZB BFH v. 29.9.1987 – VII R 54/84, BStBl. II 1988, 176, unter II.2.a. BFH v. 26.2.2006 – VII B 98/06, BFH/NV 2007, 1270, unter II.2., mwN. BFH v. 19.12.1989 – VII R 30/89, BFH/NV 1990, 710, unter II.1. und 2., mwN; v. 31.8.2011 – VII B 59/11, BFH/NV 2011, 2105 Rz. 5. 9 BFH v. 12.8.2011 – VII B 159/10, BFH/NV 2011, 2104 Rz. 6 (Feststellungsklage ist nicht statthaft). 10 BFH v. 31.8.2011 – VII B 59/11, BFH/NV 2011, 2105 Rz. 5.

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 61 Anh. 2

gerichte die Rechtmäßigkeit der Stellung des Insolvenzantrags durch die jeweilige Behörde nach Maßgabe der ihnen eingeräumten Vollstreckungsbefugnisse (zB Abgabenordnung).1 Der sich aus der Insolvenzordnung ergebende Prüfungsumfang für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nicht deckungsgleich mit demjenigen Umfang, mit dem die Fachgerichte die Rechtmäßigkeit der Antragsstellung zu überprüfen haben. Letztere prüfen, ob die Antragsstellung frei von Ermessensfehlern ist. Ein Insolvenzantrag, dem zB kein Insolvenzeröffnungsgrund zugrunde liegt, ist ermessensfehlerhaft. Im Rahmen der Ermessensausübung müssen die sich aus dem jeweiligen konkreten Steuerrechts- 58 verhältnis ergebenden Besonderheiten berücksichtigt werden.2 Das FG hat bei der Ermessensprüfung zB die Erfolgsaussichten eines gestellten Erlass- oder Stundungsantrags, eine Prognose über eine für den StPfl. günstige Änderung eines Grundlagenbescheids, die Aussicht, dass die Abgabenschuld möglicherweise von einem weiteren Gesamtschuldner erfüllt wird, die bisherige Mitwirkung des StPfl., die Höhe des Rückstands und die Aussicht auf eine ratenweise Tilgung der Abgabenschuld (inzident) zu berücksichtigen.3 Der Insolvenzantrag der Behörde ist nicht bereits deshalb ermessensfehlerhaft, weil zuvor nicht alle 59 Vollstreckungsmöglichkeiten (zB Abgabe einer Vermögensauskunft) ausgeschöpft worden sind.4 Auch ist der Insolvenzantrag nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil keine kostendeckende Insolvenzmasse vorhanden ist. Ermessensfehlerhaft wäre dies nur dann, wenn für das FA feststünde, dass eine die Kosten deckende Insolvenzmasse nicht vorhanden ist.5 Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist auf 60 den Zeitpunkt am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung bzw. auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen.6

II. Wirkungen der Insolvenz auf das Besteuerungs- und Gerichtsverfahren 1. Beteiligtenfähigkeit, Handlungsfähigkeit, Verfahrensführungsbefugnis Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Insolvenzschuldner die Befugnis, sein zur In- 61 solvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten (§ 80 Abs. 1 InsO). Die Verfahrenseröffnung hat danach keinen Einfluss auf die verfahrensrechtliche Stellung des StPfl. (Rz. 4). Die gewstpfl. Person bleibt im behördlichen Verfahren beteiligten- und handlungsfähig (§ 79 AO),7 im finanzgerichtlichen Verfahren beteiligten- und prozessfähig. Der materielle Übergang der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter hat aber zur Folge, dass der Schuldner die Verfahrensführungs- und Prozessführungsbefugnis verliert8 und diese auf den Insolvenzverwalter übergeht, soweit die Insolvenzmasse betroffen ist (also soweit § 80 Abs. 1 InsO reicht). Der Übergang dieser Befugnisse bewirkt, dass der Insolvenzschuldner keine wirksamen Verfahrenshandlungen mehr vornehmen kann. Dem gesetzlich angeordneten Wechsel der Prozessführungsbefugnis trägt die Prozesssperre nach § 240 ZPO (Unterbrechung des Verfahrens) Rechnung. Das Insolvenzverfahren soll – vorläufig – nicht durch laufende Prozesse gestört werden.

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BFH v. 12.12.2003 – VII B 265/01, BFH/NV 2004, 464, unter 1.a. BFH v. 31.8.2011 – VII B 59/11, BFH/NV 2011, 2105 Rz. 6. BFH v. 25.2.2011 – VII B 226/10, BFH/NV 2011, 1017 Rz. 14. BFH v. 26.2.2006 – VII B 98/06, BFH/NV 2007, 1270, unter II.1. mwN. BFH v. 12.12.2003 – VII B 265/01, BFH/NV 2004, 464, unter 1.b. FG Berlin v. 21.9.2004 – 7 K 7182/04, EFG 2005, 11; FG Saarl. v. 17.3.2004 – 1 K 437/02, EFG 2004, 1021; offengelassen BFH v. 26.2.2006 – VII B 98/06, BFH/NV 2007, 1270, unter II.4. 7 Allgemein wird angenommen, dass der StPfl. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Handlungsfähigkeit verliere (zB Uhländer in Waza/Uhländer/Schmittmann11, Rz. 481). Da § 79 Abs. 1 Nr. 1 AO aber an die zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit anknüpft, die nach allg. Meinung durch die Insolvenz nicht beeinträchtigt wird (Uhlenbruck in Uhlenbruck14, § 80 InsO Rz. 7; Ott/Vuia in MüKo InsO, § 80 Rz. 11), bleibt auch die verfahrensrechtliche Handlungsfähigkeit durch die Insolvenz unberührt. 8 BFH v. 6.7.2011 – II R 34/10, BFH/NV 2012, 10 Rz. 9 mwN.

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Anh. 2 Rz. 62 GewSt bei Insolvenz 2. Verfahrensunterbrechung nach § 240 ZPO 62

Weder die Abgabenordnung noch die Finanzgerichtsordnung enthalten eine Regelung über Fortgang oder Unterbrechung des Besteuerungs- oder gerichtlichen Verfahrens wegen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Für das finanzgerichtliche Verfahren wird die Lücke nach § 155 FGO durch Verweisung auf § 240 ZPO geschlossen. Für das Besteuerungs- oder außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren ist § 155 FGO iVm. § 240 ZPO entsprechend anzuwenden.1 Nach § 240 Satz 1 ZPO wird bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften wieder aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Die Unterbrechung durch Insolvenzeröffnung erfasst sowohl den Beteiligten- als auch den Anwaltsprozess, denn § 246 Abs. 1 ZPO erwähnt § 240 ZPO nicht. Die Verfahrensunterbrechung verschafft dem Insolvenzverwalter – auf den nach § 80 Abs. 1 InsO die massebezogene Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergegangen ist – hinreichend Zeit, sich mit einem Rechtsstreit vertraut zu machen und über dessen Fortführung zu entscheiden.2

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Die Prozesssperre der Unterbrechung tritt kraft Gesetzes und unabhängig von der Kenntnis der Beteiligten oder des Gerichts von der Insolvenz des Schuldners ein. Voraussetzung ist nach § 240 Satz 1 ZPO die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach § 240 Satz 2 InsO die Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters iSd. § 22 Abs. 1 InsO. Für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzeröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts maßgeblich. Auf seine Rechtskraft kommt es nicht an.

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Eine Unterbrechung des Verfahrens tritt nach § 240 Satz 1 ZPO nur dann ein, wenn das „Verfahren“ – unmittelbar oder mittelbar3 – die Insolvenzmasse (§§ 35, 36 InsO) betrifft. Die Insolvenzmasse betreffende Verfahren können nur solche sein, die eine Insolvenzforderung zum Gegenstand haben. Mittelbare Auswirkungen auf die Insolvenzmasse – wie zB bei Feststellungsbescheiden – sind ausreichend. Auch Masseverbindlichkeiten betreffen die Insolvenzmasse. Regelmäßig dürften Verfahren, die Masseverbindlichkeiten zum Gegenstand haben, aber im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht begründet sein (Ausnahme: § 55 Abs. 2 und 4 InsO).

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Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt ein finanzgerichtliches Verfahren unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen (Rz. 91 ff.) oder das Insolvenzverfahren beendet (Rz. 202 ff.) wird (§ 240 Satz 1 ZPO). Eine verfahrensabschließende Einstellung des unterbrochenen Verfahrens durch das Gericht ist nicht zulässig.4 Wird das Verfahren nicht aufgenommen, kann es aber in den Verfahrensregistern des Gerichts gelöscht werden. Die Löschung bewirkt lediglich, dass die Gerichtsakte aus dem Geschäftsgang genommen und nicht mehr zur Bearbeitung vorgelegt wird. Das Verfahren bleibt trotz Löschung rechtshängig (§ 66 FGO) und hindert deshalb die Fortsetzung des Verfahrens nicht.5

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Während der Verfahrensunterbrechung darf das Gericht keine Verfahrenshandlungen vornehmen. Denn die Vorschrift des § 249 Abs. 2 ZPO, nach der die während der Verfahrensunterbrechung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen ohne rechtliche Wirkung sind, gilt auch für Entscheidungen des Gerichts.6 Dies folgt bereits aus der Existenz des § 249 Abs. 3 ZPO, der eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unwirksamkeit auch gerichtlicher Handlungen während einer Verfahrensunterbrechung enthält.7

1 BFH v. 2.7.1997 – I R 11/97, BStBl. II 1998, 428 = FR 1998, 76, unter II.1.; v. 10.12.2008 – I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, unter II.3.a; v. 13.5.2009 – XI R 63/07, BStBl. II 2010, 11, unter II.2.a aa; AEAO zu § 251 Rz. 4.1.2. 2 BFH v. 23.5.2000 – IX S 5/00, BFH/NV 2000, 1134; v. 27.9.2006 – IV S 11/05 (PKH), BStBl. II 2007, 130, unter II.3. 3 BFH v. 2.7.1997 – I R 11/97, BStBl. II 1998, 428 = FR 1998, 76, unter II.2.; FG Sachs. v. 15.3.2007 – 4 K 2155/05, EFG 2007, 1308. 4 BFH v. 17.2.2004 – IV B 209/03, BFH/NV 2004, 966, unter 2. 5 BFH v. 19.4.2005 – IV B 181/03, BFH/NV 2005, 1360, unter 2. mwN; v. 5.11.2013 – IV B 119/12, BFH/NV 2014, 540 Rz. 27. 6 BFH v. 21.4.2004 – XI B 17/01, BFH/NV 2004, 1285. 7 BGH 19.12.1989 – VI ZR 32/89, NJW-RR 1990, 342, unter II.A.2. mwN.

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 71 Anh. 2

3. Auswirkungen der Regelinsolvenz auf das Verwaltungsverfahren a) Steuerliche Mitwirkungspflichten aa) Kein Untergang der Mitwirkungspflichten Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat keinen Einfluss auf den Bestand und den Inhalt der stl. zu 67 erfüllenden Mitwirkungspflichten. Sie gehen insbes. nicht unter1 und sind im behördlichen Ermittlungs- und Festsetzungsverfahren weiterhin zu erfüllen. Ausweislich § 80 Abs. 1 InsO iVm. § 34 Abs. 3 AO ändert sich – unter den dort genannten Voraussetzungen – lediglich die Zuständigkeit für die Pflichterfüllung. bb) Zuständigkeit der Pflichterfüllung (§ 34 Abs. 3 AO) Grundsätzlich hat jeder Rechtsträger seine stl. Pflichten selbst zu erfüllen. Bei handlungsunfähigen Per- 68 sonen (zB Gesellschaften) haben diese Pflichten nach § 34 Abs. 1 AO deren gesetzliche oder organschaftliche Vertreter zu erfüllen. Werden diese Personen in ihrer Verwaltungsbefugnis beschränkt – zB durch Eröffnung eines Insolvenzverfahrens –, haben die Vermögensverwalter iSd. § 34 Abs. 3 AO die stl. Mitwirkungspflichten zu erfüllen, soweit ihre Verwaltung reicht. Der Insolvenzverwalter ist Vermögensverwalter iSd. § 34 Abs. 3 AO, der nach § 80 Abs. 1 InsO (Übergang der Verwaltungsbefugnis) die stl. Pflichten des Insolvenzschuldners (StPfl.) zu erfüllen hat.2 Damit hat der Insolvenzverwalter insbes. die Buchführungs-, Gewinnermittlungs-, Erklärungs-, Anzeige- und Auskunftspflichten zu erfüllen. Zugleich gehen auf ihn die Rechte des StPfl. ggü. der FinBeh. (zB Akteneinsichtsrecht) über.3 Für die stl. Mitwirkungspflichten (zB Steuererklärungspflicht) des Insolvenzverwalters ist es unbe- 69 achtlich, ob in der Insolvenzmasse ausreichend Mittel vorhanden sind, um die Pflichten zu erfüllen oder durch Dritte erfüllen zu lassen.4 Kommt der Insolvenzverwalter seinen stl. Mitwirkungspflichten nicht nach, sind Zwangsmaßnahmen (§§ 328 f. AO) gegen ihn zulässig. Für das bei Zwangsmitteln zu beachtende Verhältnismäßigkeitsgebot ist es unerheblich, ob die Durchsetzung der stl. Pflichten die Insolvenzmasse belasten, obwohl keine stl. Auswirkungen zu erwarten sind.5 Die stl. Mitwirkungspflichten des Insolvenzverwalters für den Schuldner enden grds. mit Beendi- 70 gung des Insolvenzverfahrens. Soweit Steuererklärungen vor Beendigung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter abzugeben waren, besteht diese Verpflichtung über diesen Zeitpunkt hinaus fort, soweit der frühere Insolvenzverwalter dieser Verpflichtung noch tatsächlich nachkommen kann (§§ 34, 36 AO).6 cc) Umfang der Pflichterfüllung (§ 34 Abs. 3 AO) Für Zwecke der GewSt hat der Insolvenzverwalter nach § 34 Abs. 1 AO insbes. die stl. Pflichten zur 71 Buchführung und Bilanzierung (§ 155 Abs. 1 InsO) sowie zur Abgabe der Gewerbesteuererklärungen (§ 14a Satz 1 GewStG) zu erfüllen.7 Vorbehaltlich § 5b Abs. 2 EStG ist er zur elektronischen Übermittlung der E-Bilanz nach § 5b Abs. 1 EStG verpflichtet, wenn ihm die Abgabepflicht für eine Steuererklärung obliegt, für die die E-Bilanz von Bedeutung ist (ua. die GewSt-Erklärung nach § 14a Satz 1 GewStG).8 Diese Pflichten bestehen auch für vor Insolvenzeröffnung liegende EZ.9 Die Pflicht entfällt erst mit Beendigung des Insolvenzverfahrens (Rz. 202 ff.). Für die EZ der insolvenzrechtlichen

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BFH v. 8.6.1972 – IV R 129/66, BStBl. II 1972, 784; v. 29.5.1979 – VI ZR 104/78, BGHZ 74, 316, unter II.1.a. BFH v. 19.3.2013 – II R 17/11, BStBl. II 2013, 639 Rz. 14; AEAO zu § 251 Rz. 4.2. BFH v. 19.3.2013 – II R 17/11, BStBl. II 2013, 639 Rz. 14. BFH v. 23.8.1994 – VII R 143/92, BStBl. II 1995, 194, Ls. 2. BFH v. 6.11.2012 – VII R 72/11, BStBl. II 2013, 141 Rz. 18 (zB „Null-Erklärungen“). AEAO zu § 251 Rz. 4.2. Zur Konkursordnung: BFH v. 12.11.1992 – IV B 83/91, BStBl. II 1993, 265 = FR 1993, 309, unter 1.; v. 23.8.1994 – VII R 143/92, BStBl. II 1995, 194, unter 2.a.; zur InsO: BFH v. 19.11.2007 – VII B 104/07, BFH/NV 2008, 334; AEAO zu § 251 Rz. 4.4.1.1. 8 AEAO zu § 251 Rz. 4.4.1.1. 9 BFH v. 23.8.1994 – VII R 143/92, BStBl. II 1995, 194, unter 1.a. mwN.

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Anh. 2 Rz. 72 GewSt bei Insolvenz Abwicklung (Rz. 21 ff.) sind GewSt-Erklärungen erst nach Beendigung des Abwicklungszeitraums abzugeben (Rz. 44). 72

Der Insolvenzverwalter hat die stl. Pflichten des Insolvenzschuldners jedoch nur insoweit zu erfüllen, als seine Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis reicht (§ 80 Abs. 1 InsO iVm. § 34 Abs. 3 AO). Denn nach § 80 Abs. 1 InsO gehen die (Verwaltungs- und Verfügungs-)Rechte des Schuldners nur insoweit auf den Insolvenzverwalter über, soweit sie iZm. der Insolvenzmasse stehen (Masserelevanz). Entsprechend kann der Insolvenzverwalter – wie § 34 Abs. 3 AO deklaratorisch zum Ausdruck bringt – zur Erfüllung stl. (Mitwirkungs-)Pflichten auch nur in dem Umfang verpflichtet sein, „soweit seine Verwaltung reicht“. Für Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen (Rz. 111) geht die Verfügungsbefugnis nicht auf den Insolvenzverwalter über, sodass der Schuldner zur Erfüllung der stl. Pflicht selbst verpflichtet und berechtigt bleibt.1 Dies kommt ua. für eine vom Insolvenzschuldner nach Insolvenzeröffnung selbstständig ausgeübte gewerbliche Unternehmung in Betracht, die der Insolvenzverwalter nach § 35 Abs. 2 InsO freigegeben hat (Rz. 10 f.).2 b) Behördliche Ermittlungsverfahren

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Das behördliche Ermittlungsverfahren wird durch die Insolvenzeröffnung nicht unterbrochen, denn die Insolvenzmasse ist durch dieses Verfahren nicht betroffen.3 Ziel des behördlichen Ermittlungsverfahrens ist die Schaffung der Tatsachenbasis für Zwecke der Steuer- oder Messbetragsfestsetzung. Erst die Umsetzung der im Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse im Steuerfestsetzungs- oder -feststellungsverfahren hat ggü. der Insolvenzmasse präjudizielle Wirkung, nicht jedoch das Ermittlungsverfahren selbst. Folglich hat das Insolvenzverfahren auf die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen sowie die zu erfüllenden Mitwirkungspflichten keinen Einfluss.4 Auch ein Außenprüfungsverfahren nach §§ 193 ff. AO dient der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und kann daher auch während des Insolvenzverfahrens durchgeführt werden.5 c) Festsetzungs- und Feststellungsverfahren aa) Unzulässige Verwaltungsakte nach Insolvenzeröffnung

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Die Abgabenordnung enthält keine Regelung, ein Steuerfestsetzungs- oder Feststellungsverfahren wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines StPfl. zu unterbrechen. Wegen vergleichbarer Interessenlage sind solche Besteuerungsverfahren aber entsprechend § 240 Satz 1 ZPO iVm. § 155 FGO unterbrochen, soweit die Insolvenzmasse durch eine Steuer- oder Messbetragsfestsetzung betroffen wäre (zur Aufnahme Rz. 102). Deshalb dürfen nach Insolvenzeröffnung grds. keine (Gewerbe-)Steuerbescheide mehr ergehen, wenn die festzusetzende (Gewerbe-)Steuer als Insolvenzforderung einzuordnen ist (vgl. aber Rz. 79 ff.). Ein dennoch erlassener Steuerbescheid ist unwirksam.6

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Die durch die Insolvenzeröffnung bewirkte Unterbrechung des Festsetzungsverfahrens (entsprechend § 240 ZPO iVm. § 155 FGO) bezieht sich nicht nur auf das Steuerfestsetzungsverfahren, sondern auch auf andere Verfahren, die wegen der Bindungswirkung des § 182 Abs. 1 AO Auswirkungen auf die nach § 174 InsO zur Tabelle anzumeldenden Steuerforderungen haben können. Wegen der von ihnen ausgehenden Präjudizwirkung ggü. der Insolvenzmasse betrifft dies solche Bescheide, die abstrakt geeignet sind, sich auf die Höhe der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Steuerforderungen auszuwir-

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Sonnleitner, Insolvenzsteuerrecht, 2017, Kap. 3 Rz. 44. AEAO zu § 251 Rz. 4.2. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 302. HM: Rosenau, KTS 1972, 130 (132); Loose in Tipke/Kruse, § 251 AO Rz. 33 (Stand: Juli 2017); Mock in Uhlenbruck14, § 85 InsO Rz. 96. 5 Loose in Tipke/Kruse, § 251 AO Rz. 33. 6 BFH v. 18.12.2002 – I R 33/01, BStBl. II 2003, 630, unter II.1. und 2.; v. 10.12.2008 – I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, unter II.2.a. mwN; AEAO zu § 251 Rz. 4.3.1.

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 80 Anh. 2

ken (zB GewSt-Messbescheide, Verlustfeststellungsbescheide iSd. § 10a GewStG oder GewSt-Zerlegungsbescheide).1 Zwar sind Bescheide, durch die lediglich Besteuerungsgrundlagen festgestellt oder festgesetzt wer- 76 den, nicht unmittelbar auf die Befriedigung der Steuergläubiger gerichtet, sondern haben für die spätere GewSt-Festsetzung nur dienende Funktion. Ohne die – mindestens bis zum Prüfungstermin – fortdauernde Unterbrechungswirkung könnten Besteuerungsgrundlagen jedoch mit präjudizieller und – wegen § 182 AO – bindender Wirkung für den Folgebescheid und damit für die zur Insolvenztabelle anzumeldende Steuerforderung bestandskräftig festgestellt werden. Die entsprechende Anwendung des § 240 ZPO auch für Verfahren der Feststellung oder Festsetzung von Besteuerungsgrundlagen entspricht daher dem Interesse des § 87 InsO, Insolvenzforderungen nach Insolvenzeröffnung nur noch nach Maßgabe der §§ 174 ff. InsO verfolgen zu können. Durch die Unterbrechungswirkung wird sichergestellt, dass die angemeldete (Steuer-)Forderung auch noch hinsichtlich der ihr zugrunde liegenden gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen im Interesse der Insolvenzmasse im Prüfungstermin bestritten (§ 176 Satz 2 InsO) und nach Maßgabe der §§ 179, 180, 183 (iVm. § 185 Satz 2) InsO umfänglich überprüft werden kann.2 Da zur Anmeldung einer als Insolvenzforderung zu qualifizierenden GewSt-Forderung zur Insol- 77 venztabelle – zumindest bis zum Prüfungstermin – keine GewSt-Messbescheide, Verlustfeststellungsbescheide nach § 10a GewStG, Zerlegungsbescheide oder GewSt-Bescheide ergehen dürfen,3 wird der hebeberechtigten Körperschaft vom FA die Besteuerungsgrundlage durch eine Messbetragsberechnung formlos mitgeteilt (sog. „informatorischer Bescheid“ – schlichte Berechnung der Steuerforderung). Auf dieser Grundlage hat die hebeberechtigte Körperschaft die GewSt zu berechnen und im Falle einer Nachzahlung diese zur Tabelle anzumelden (Rz. 121 f.). Messbetragsfestsetzungen von 0 Euro sind unzulässig, wenn ein festgestellter vortragsfähiger Fehl- 78 betrag iSd. § 10a GewStG abstrakt geeignet ist, sich auf die Besteuerungsgrundlagen des Messbetragsbescheids auszuwirken.4 bb) Zulässige Verwaltungsakte trotz Insolvenzeröffnung Trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens dürfen Steuerbescheide, Messbetragsbescheide oder (Fehl- 79 betrags-)Feststellungsbescheide ergehen, wenn sie für die Insolvenzmasse nicht nachteilig sein können (zB Fehlbetragsfeststellung nach § 10a Satz 6 GewStG).5 Wegen der von ihnen ausgehenden Präjudizwirkung ggü. der Insolvenzmasse kommt dies aber nicht in Betracht, wenn sie – auch nur abstrakt – geeignet sind, sich auf die Höhe der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Steuerforderungen auszuwirken.6 Darüber hinaus kann ein Feststellungs- oder Festsetzungsbescheid ergehen, wenn der Insolvenzverwalter dies ausdrücklich beantragt hat.7 Führt eine (Gewerbe-)Steuerfestsetzung zu einer vorinsolvenzrechtlich begründeten Steuererstattung, 80 ist dies nicht schlechthin vorteilhaft für die Insolvenzmasse. Denn mit einer solchen (Gewerbe-)Steuerfestsetzung würde auch bestandskräftig entschieden, dass kein höherer Erstattungsanspruch besteht. Deshalb wäre allenfalls eine GewSt-Messbetragsfestsetzung oder (Gewerbe-)Steuerfestsetzung von

1 Für GewSt-Messbescheide: BFH v. 2.7.1997 – I R 11/97, BStBl. II 1998, 428 = FR 1998, 76, unter II.2. und 3. (unter teilweiser Aufgabe der früheren Rspr.); v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 18; für andere Feststellungsbescheide: BFH v. 18.12.2002 – I R 33/01, BStBl. II 2003, 630, unter II.2.b. und c. (gesonderte Feststellung nach § 47 KStG aF); v. 24.8.2004 – VIII R 14/02, BStBl. II 2005, 246 unter II.3.b. und c. (Gewinnfeststellungsbescheid) = FR 2005, 217 m. Anm. Kempermann; v. 10.12.2008 – I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, unter II.3.a. und b. mwN (auf 0 Euro festgesetzte KSt). 2 BFH v. 2.7.1997 – I R 11/97, BStBl. II 1998, 428 = FR 1998, 76, unter II.2. und 3.; v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 18 und 26. 3 BFH v. 2.7.1997 – I R 11/97, BStBl. II 1998, 428 = FR 1998, 76, unter II.3.; Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 843. 4 Vgl. zu KSt-Verlusten BFH v. 18.12.2002 – I R 33/01, BStBl. II 2003, 630, unter II.2.c. 5 BFH v. 18.12.2002 – I R 33/01, BStBl. II 2003, 630, unter II.2.d. (ausdrücklich für KSt-Verluste). 6 BFH v. 10.12.2008 – I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, unter II.3.a. 7 AEAO zu § 251 Rz. 4.3.1; BFH v. 10.12.2008 – I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, unter II.3.a.

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Anh. 2 Rz. 81 GewSt bei Insolvenz 0 Euro zulässig, weil solche Festsetzungen keinen (Gewerbe-)Steueranspruch begründen.1 Andernfalls wird auch ein Besteuerungsverfahren analog § 240 ZPO unterbrochen, das zu einer (Gewerbe-)Steuererstattung führt. Nimmt der Insolvenzverwalter das Verfahren analog § 85 InsO auf (Antrag auf Festsetzung), kann der Bescheid wirksam ergehen.2 81

Nach Insolvenzeröffnung darf unter den Voraussetzungen des § 251 Abs. 3 AO ein Verwaltungsakt zur Feststellung einer Insolvenzforderung ergehen (Rz. 140 ff.). Dieser sog. Insolvenzfeststellungsbescheid (Rz. 140 f.) ist grds. an den Insolvenzverwalter zu richten. Ausnahmsweise ergeht er ggü. dem Schuldner selbst, wenn nur dieser die angemeldete untitulierte Insolvenzforderung bestritten hat (Rz. 178 f.). Wird eine durch die hebeberechtigte Körperschaft zur Tabelle angemeldete GewStForderung durch den Insolvenzverwalter, einen anderen Insolvenzgläubiger oder den Schuldner bestritten, darf das FA unter bestimmten Umständen ausnahmsweise auch einen GewSt-Messbescheid oder Zerlegungsbescheid erlassen (Rz. 148, 155, 179).3

82

Handelt es sich bei der GewSt-Forderung um eine sonstige Masseverbindlichkeit (Rz. 107 ff.), bleibt das Recht zur Festsetzung des Steuermessbetrags sowie der GewSt-Festsetzung erhalten.4 Dies gilt auch für stl. Erstattungsansprüche, die nach Insolvenzeröffnung begründet worden sind,5 zB bei überhöht entrichteten GewSt-Vorauszahlungen nach Insolvenzeröffnung. Bekanntgabeadressat ist der Insolvenzverwalter.

83

GewSt-Messbescheide und GewSt-Bescheide dürfen auch ergehen, wenn der Insolvenzschuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine (neue) gewerbliche Tätigkeit aufnimmt, die der Insolvenzverwalter nicht nach § 35 Abs. 2 InsO freigegeben hat. Dadurch werden Forderungen und (Steuer-)Verbindlichkeiten für und gegen die Masse begründet (sog. Neuerwerb). Die Bescheide sind dem Insolvenzverwalter bekanntzugeben. Hat dieser die gewerbliche Tätigkeit des Insolvenzschuldners nach § 35 Abs. 2 InsO freigegeben, sind die Bescheide ggü. dem Insolvenzschuldner bekanntzugeben. d) Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren

84

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden ein Einspruchsverfahren sowie laufende Einspruchsfristen (§ 355 Abs. 1 AO) entsprechend § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen.6 Die gilt sowohl für den GewSt-Messbescheid als auch für den von der hebeberechtigten Körperschaft zu erlassenden GewSt-Bescheid. Die Unterbrechung dauert so lange fort, bis das Einspruchsverfahren nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen (Rz. 91 ff.) oder das Insolvenzverfahren beendet (Rz. 202 ff.) wird.7 Zur Wirkung der Insolvenzeröffnung auf die Einspruchsfrist (Rz. 151 ff.). e) Vollstreckungsverfahren

85

Wird über das Vermögen des Steuerschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, gelten für die Vollstreckbarkeit von Steuerbescheiden nach § 251 Abs. 1 AO nicht mehr die all. Regeln der Abgabenordnung. Vielmehr sind nach § 251 Abs. 2 AO die Vorschriften der InsO zu beachten. Nach § 87 InsO können Insolvenzgläubiger ihre (GewSt-)Forderungen (Rz. 107 ff.) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren (§§ 87, 174 ff. InsO) verfolgen (Rz. 105, 121 ff.). Deshalb dürfen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens solche (Steuer-)Forderungen, die als Insolvenzforderungen einzuordnen sind, nicht mehr vollstreckt werden (§ 89 Abs. 1 InsO). Nach § 89 InsO tritt anstelle des Individualvollstreckungsverfahrens das Kollektivvollstreckungsverfahren der Insolvenzordnung.

1 Vgl. BFH v. 10.12.2008 – I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, unter II.3.b. (für einen auf 0 Euro lautenden KSt-Bescheid). 2 Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 328 f. 3 AEAO zu § 251 Rz. 4.3.1. 4 AEAO zu § 251 Rz. 4.3.2. 5 Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 326. 6 BFH v. 24.8.2004 – VIII R 14/02, BStBl. II 2005, 246, unter II.3.a. = FR 2005, 217 m. Anm. Kempermann. 7 BFH v. 2.7.1997 – I R 11/97, BStBl. II 1998, 428, unter II.2. = FR 1998, 76.

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Schulze

D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 90 Anh. 2

Auf das Vollstreckungsverfahren ist § 240 ZPO nicht anwendbar.1 Pfändungspfandrechte, die inner- 86 halb eines Monats vor dem Insolvenzantrag entstanden sind, werden nach § 88 InsO unwirksam. Wurden (Steuer-)Forderungen bereits vor Insolvenzeröffnung vollstreckt, ist die Vollstreckung zwar nicht unwirksam, aber ggf. nach §§ 129 ff. InsO anfechtbar. 4. Auswirkungen der Regelinsolvenz auf finanzgerichtliche Verfahren a) Klage-, Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners unterbricht nach § 155 87 FGO iVm. § 240 Satz 1 ZPO das finanzgerichtliche Klage-,2 Nichtzulassungsbeschwerde-3 und Revisionsverfahren; ein Beschl. des Gerichts ist nicht erforderlich.4 Die Einstellung des Verfahrens ist unzulässig.5 Die gerichtlichen Verfahren werden auch insoweit unterbrochen, als es sich bei dem Streitgegenstand um einen GewSt-Messbescheid, einen Verlustfeststellungsbescheid nach § 10a GewStG oder GewSt-Zerlegungsbescheid handelt. Denn eine Entsch. darüber beträfe die Insolvenzmasse. Zwar handelt es sich bei diesen Bescheiden um Grundlagenbescheide, die keinen unmittelbaren Anspruch des FA begründen, sondern ausschließlich Besteuerungsgrundlagen feststellen bzw. festsetzen. Wegen der damit einhergehenden präjudiziellen Wirkung auf die späteren Folgebescheide (Gewerbesteuerbescheid) wird aber auch das finanzgerichtliche Verfahren wegen der Grundlagenbescheide unterbrochen (Rz. 74 ff.).6 Zur Aufnahme des Verfahrens Rz. 98 ff., 157 ff. Bei Verfahren gegen den GewSt-Messbetrag oder die Verlustfeststellung nach § 10a GewStG7 ist aus- 88 schließlich die Personengesellschaft klagebefugt.8 Deshalb wird ein Rechtsstreit wegen des GewSt-Messbescheids oder des Verlustfeststellungsbescheids auch nur im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Personengesellschaft unterbrochen. Die Insolvenz eines Gesellschafters ist dagegen unerheblich.9 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann eine Klage wegen einer Steuerfestsetzung oder -fest- 89 stellung, die als Insolvenzforderung einzuordnen ist (Rz. 107 ff.), nicht ohne Weiteres wirksam erhoben werden. Das weitere Verfahren richtet sich ausschließlich nach § 87 InsO iVm. §§ 174 ff. InsO (Rz. 105, 121 ff.). b) Wirkung auf gerichtliche Fristen Soweit die Klage- (§ 47 Abs. 1 FGO), Nichtzulassungsbeschwerde- (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO) oder 90 Revisionsfrist (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO) sowie die Begründungsfristen (§ 116 Abs. 3 Satz 1, Abs. 7 Satz 2, § 120 Abs. 2 FGO) im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht abgelaufen sind, bewirkt die Verfahrensunterbrechung, dass der Lauf der Fristen nach § 249 Abs. 1 ZPO aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung die volle Frist von Neuem zu laufen beginnt (Rz. 151 ff.). Die Unterbrechung nach § 240 Satz 1 ZPO bewirkt indes nicht, dass eine im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits abgelaufene Frist wieder zu laufen beginnt. Insoweit muss sich der Insolvenzverwalter an dem Prozessstand im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung festhalten lassen.10 Dies gilt auch für die Einspruchsfrist (Rz. 84).

1 BGH v. 12.12.2007 – VII ZB 108/06, ZIP 2008, 527, unter II.1. mwN. 2 BFH v. 17.11.1977 – IV R 131–134/77, BStBl. II 1978, 165, unter 2.b.; v. 23.5.2000 – IX S 5/00, BFH/NV 2000, 1134, unter II.3.a. 3 BFH v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 18. 4 Bei Streit über die Unterbrechung ergeht ein Zwischenurteil, BGH v. 8.6.2004 – IX ZR 281/03, ZIP 2004, 2024, unter II.2.; v. 10.11.2005 – IX ZB 240/04, WM 2006, 202. 5 BFH v. 17.2.2004 – IV B 209/03, BFH/NV 2004, 966, unter 2. 6 BFH v. 2.7.1997 – I R 11/97, BStBl. II 1998, 428 = FR 1998, 76; v. 18.12.2002 – I R 33/01, BStBl. II 2003, 630, unter II.2.b. 7 FG Nürnberg v. 8.10.2003 – V 373/2001, EFG 2006, 64 (insoweit bestätigt durch BFH v. 27.9.2006 – IV R 39, 40/05, BFH/NV 2007, 221, unter II.1.). 8 BFH v. 26.6.2007 – IV R 75/05, DStRE 2008, 341, unter B.I.2. 9 BFH v. 26.6.2007 – IV R 75/05, DStRE 2008, 341, unter B.I.2. 10 Zum Ablauf der NZB-Begründungsfrist vgl. BFH v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 32.

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Anh. 2 Rz. 91 GewSt bei Insolvenz 5. Aufnahme eines unterbrochenen Verfahrens a) Aufnahme bei Klage-, Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren aa) Unterscheidung zwischen Aktiv- und Passivprozess 91

Nach § 240 Satz 1 InsO bleibt ein im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung anhängiger Rechtsstreit so lange unterbrochen (Rz. 62 ff.), bis er nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen wird. Der Fortsetzung des Verfahrens und die Beteiligung als Kläger oder Beklagter richten sich folglich nach den Vorschriften der InsO (§§ 85, 86, 180 Abs. 2 InsO). Kein Beteiligter ist gezwungen, einen unterbrochenen Rechtsstreit aufzunehmen. Im Falle der Aufnahme des Rechtsstreits wird er in der Lage fortgesetzt, in der er sich bei der Unterbrechung befunden hat.1

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Die Insolvenzordnung unterscheidet für Zwecke der Aufnahme eines Rechtsstreits zwischen Aktiv(§ 85 InsO) und Passivprozessen (§ 86, § 180 Abs. 2 InsO). Ob der unterbrochene Rechtsstreit als Aktiv- („Rechtsstreitigkeiten, die für den Schuldner anhängig sind“) oder Passivprozess („Rechtsstreitigkeiten, die gegen den Schuldner anhängig sind“) einzuordnen ist, bestimmt sich aus Sicht der Insolvenzmasse. Bei einem Aktivprozess wird ein Anspruch – ursprünglich vom Schuldner – verfolgt, der zur Insolvenzmasse gehört und im Falle des Obsiegens die Verteilungsmasse vergrößern würde. Bei einem Passivprozess wird ein Anspruch – ursprünglich gegen den Schuldner – verfolgt, der sich gegen die Insolvenzmasse richtet und im Falle des Obsiegens des Gläubigers die Verteilungsmasse verringern würde. Nicht entscheidend ist demgegenüber die formelle Parteien- oder Beteiligtenrolle als Kläger oder Beklagter.2 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Abgrenzung zwischen Aktiv- und Passivprozess ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

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Bezogen auf das Steuerrecht liegt ein Aktivprozess zB vor, wenn im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ein Rechtsstreit wegen einer Steuervergütung (zB Vorsteuervergütung oder Kindergeld), eines Erstattungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO (wegen überzahlter Vorauszahlungen oder anrechenbarer Steuerabzugsbeträge)3 oder eines Erlasses einer Steuer anhängig ist.

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Bezogen auf das Steuerrecht liegt ein Passivprozess zB vor, wenn im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ein Rechtsstreit wegen einer Steuer- oder Haftungsschuld (Steuer ist noch nicht an das FA oder die hebeberechtigte Körperschaft bezahlt) anhängig ist. Davon ist auszugehen, wenn die Steuerschuld noch nicht bezahlt worden ist und das FA die Vollziehung des Bescheids ausgesetzt hat. bb) Aktivprozess

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Ein Aktivprozess wird nach Maßgabe des § 85 InsO aufgenommen. Aufnahmebefugt ist primär der Insolvenzverwalter; lehnt er die Aufnahme des Rechtsstreits ab, sind nach § 85 Abs. 2 InsO gleichrangig sowohl der Schuldner als auch der Gegner zur Aufnahme des Rechtsstreits befugt.4

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Bei Aktivprozessen erbittet das Gericht den Insolvenzverwalter, sich – unter großzügiger Fristsetzung – zur Aufnahme des Rechtsstreits zu erklären. Erklärt sich der Verwalter nicht, gilt § 239 Abs. 2 bis 4 ZPO entsprechend (§ 85 Abs. 1 Satz 2 InsO). Danach kann ihn das Gericht – auch ohne Antrag des FA – zur Aufnahme und zur Verhandlung der Hauptsache laden. Erscheint der Verwalter im Termin nicht, gilt der Rechtsstreit als aufgenommen und das Gericht kann in der Sache entscheiden.

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Wird die Aufnahme von einer aufnahmebefugten Person ggü. dem Gericht durch Schriftsatz wirksam erklärt, wird das gerichtliche Verfahren fortgesetzt.5 Der Schriftsatz ist dem anderen Beteiligten durch das Gericht zuzustellen (§ 250 ZPO).6 Nimmt der Insolvenzverwalter den Aktivprozess auf, wird er

1 BGH v. 28.9.2006 – IX ZB 312/04, ZIP 2006, 2132, unter II.2.b.bb. mwN. 2 BFH v. 7.3.2006 – VII R 11/05, BStBl. II 2006, 573, unter II.1.b. mwN; v. 19.3.2009 – X B 224/08, BFH/NV 2009, 1149, unter II.1.c.aa.; v. 2.7.2009 – X S 4/08 (PKH), BFH/NV 2009, 1660, unter 1.a.cc.aaa. 3 BFH v. 2.7.2009 – X S 4/08 (PKH), BFH/NV 2009, 1660, unter 1.a.cc.bbb. 4 Vgl. BFH v. 19.3.2009 – X B 224/08, BFH/NV 2009, 1149, unter II.1.c.bb. (zum Rangverhältnis und Darlegungslast bei Aufnahme durch den Schuldner). 5 Vgl. BFH v. 19.3.2009 – X B 224/08, BFH/NV 2009, 1149, unter II.2. (unwirksame Aufnahme durch den Schuldner). 6 Vgl. BFH v. 20.4.2004 – IX R 36/03, BFH/NV 2004, 1361, unter II.2.a.

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 102 Anh. 2

– anstelle des Schuldners – Beteiligter des Rechtsstreits. Der Schuldner ist nicht beizuladen,1 kann aber Zeuge sein.2 Lehnt der Insolvenzverwalter die Aufnahme – ggü. dem Gericht oder dem Schuldner ab – erlangt der Schuldner die durch § 80 Abs. 1 InsO entzogene Klagebefugnis zurück. Den Rechtsstreit können nun sowohl der Schuldner als auch der Gegner (FA oder hebeberechtigte Körperschaft) aufnehmen.3 cc) Passivprozess Ein Passivprozess wird entweder nach Maßgabe des § 86 oder § 180 Abs. 2 InsO aufgenommen. Der 98 Insolvenzverwalter darf einen Passivprozess – anders als einen Aktivprozess – nur unter bestimmten Voraussetzungen aufnehmen. Zudem ist die Aufnahme des Passivprozesses durch den Gegner (FA oder hebeberechtigte Körperschaft) nicht abhängig von der vorherigen Ablehnungserklärung des Insolvenzverwalters (Rz. 95, 97). Nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 InsO können nur bestimmte Passivprozesse aufgenommen werden. Für 99 Steuerschulden ist ausschließlich § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO von Bedeutung. Dabei handelt es sich um Rechtsstreitigkeiten, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine sonstige Masseverbindlichkeit betreffen. Dies kommt nur iRd. § 55 Abs. 2 und 4 InsO bei angeordneter vorläufiger Insolvenzverwaltung in Betracht. Für das finanzgerichtliche Verfahren ist die Aufnahme eines nach § 240 Satz 1 iVm. § 155 FGO un- 100 terbrochenen Passivprozesses nach § 180 Abs. 2 InsO (iVm. § 185 Satz 2 InsO) von erheblicher Bedeutung. Danach ist die Feststellung zur Tabelle durch Aufnahme des (finanzgerichtlichen) Rechtsstreits zu betreiben, wenn zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die (Steuer-)Forderung anhängig war. Es muss sich um eine (Steuer-)Forderung handeln, die als Insolvenzforderung durch das FA oder die hebeberechtigte Körperschaft im Verfahren nach § 87 iVm. §§ 174 ff. zur Insolvenztabelle angemeldet und im Prüfungstermin bestritten worden ist. Der Passivprozess wird mit dem Ziel der Feststellung der bestrittenen Steuerforderung zur Tabelle oder zur Beseitigung des insolvenzrechtlichen Widerspruchs betrieben (§ 180 Abs. 2, § 183 Abs. 1 InsO). Zur Aufnahmeverpflichtung und -berechtigung vgl. Rz. 151, 159. Der Bestreitende wird – anstelle des Schuldners – neuer Beteiligter im finanzgerichtlichen Verfahren. Neuer Kläger, Beschwerdeführer, Revisionskläger oder -beklagter können daher neben dem Insolvenzverwalter auch einzelne oder mehrere Gläubiger des Schuldners werden (§ 178 Abs. 1 Satz 1 InsO). § 180 Abs. 2 InsO bezweckt, den Kosten- und Zeitaufwand eines selbstständigen Feststellungsprozes- 101 ses (bzw. eines gesonderten Klageverfahrens gegen einen Feststellungsbescheid der FinVerw. gem. § 251 Abs. 3 AO) zu vermeiden und die bisherigen Prozessergebnisse zu erhalten. Gegenstand des nach § 180 Abs. 2 InsO aufgenommenen Rechtsstreits ist grds. nicht mehr die Rechtmäßigkeit des der angemeldeten Steuerforderung zugrunde liegenden Steuerbescheids, sondern die rechtmäßige Beanspruchung der Steuerforderung als Insolvenzforderung (Rechtmäßigkeitsprüfung der Steuerforderung sowie Prüfung insolvenzspezifischer Einwendungen). b) Fortsetzung des behördlichen Verfahrens Auch das behördliche Verfahren wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. 102 Der Erlass eines Steuerbescheids oder Feststellungsbescheids ist dann zunächst nicht mehr zulässig. Auf der Grundlage von Steuerberechnungen meldet das FA oder die hebeberechtigte Körperschaft die als Insolvenzforderung einzuordnende (Gewerbe-)Steuerforderung zur Tabelle an. Wird die Forderung nicht bestritten, stellt sich die Frage der Aufnahme des unterbrochenen behördlichen Verfahrens nicht. Die dadurch zur Tabelle festgestellte Steuerforderung (§ 178 Abs. 1 InsO) wirkt nämlich wie eine bestandskräftige Steuerfestsetzung (Rz. 168 bis 170). Wird die zur Tabelle angemeldete Steuerforderung hingegen im Prüfungstermin bestritten, bedarf es ab diesem Zeitpunkt der Unterbrechungswirkung nicht mehr. Dennoch darf das FA oder die hebeberechtigte Körperschaft grds. kei1 BFH v. 25.11.2009 – X R 27/05, BFH/NV 2010, 1090, unter II.2. 2 BFH v. 22.1.1997 – I R 101/95, BStBl. II 1997, 464, unter II.2. 3 Leipold, DStZ 2012, 103 (111) mwN (auch zur Freigabe der Forderung durch den Insolvenzverwalter).

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Anh. 2 Rz. 103 GewSt bei Insolvenz ne Steuerbescheide erlassen. Regelmäßig ist die Feststellung der als Insolvenzforderung angemeldeten und bestrittenen Steuerforderung durch einen sog. Insolvenzfeststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO zu betreiben (Rz. 81, 140 ff.).

III. Insolvenzrechtliche Zuordnung der (Gewerbe-)Steuerschuld 1. Abgrenzung von Insolvenzforderung, Masseverbindlichkeit und Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen 103 Im Insolvenzverfahren ist eine (GewSt-)Forderung (Vorauszahlung oder Abschlusszahlung) gegen den

Insolvenzschuldner entweder als Insolvenzforderung (§ 38 InsO), als Masseverbindlichkeit (§ 55 InsO) oder als Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen zu qualifizieren. Der Grund für die zwingend notwendige insolvenzrechtliche Zuordnung der Forderung gegen den Schuldner ist, dass davon während des Insolvenzverfahrens die Art und Weise der Geltendmachung und Durchsetzung der Forderung sowie der Anspruchsbefriedigung abhängt (Rz. 121 bis 201). 104 Über die insolvenzrechtliche Zuordnung eines Steueranspruchs wird im Steuerfestsetzungsverfahren,

nicht im Erhebungsverfahren durch einen Abrechnungsbescheid iSd. § 218 Abs. 2 AO entschieden.1 Bei gestuften Verfahren – wie bei der GewSt – wird über die Zuordnung der GewSt-Schuld zu den unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Forderungskategorien nicht im Grundlagenbescheid (GewStMessbetragsbescheid), sondern erst bei der GewSt-Festsetzung/GewSt-Berechnung durch die hebeberechtigte Körperschaft entschieden.2 105 Steuerforderungen, die als Insolvenzforderungen zu qualifizieren sind, dürfen nach § 87, §§ 174 ff.

iVm. §§ 187 ff. InsO iVm. § 251 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AO nur nach den Vorschriften der Insolvenzordnung durchgesetzt werden. Wegen der Verweisung in die Kommunalabgabengesetze der Länder (KAG)3 gilt § 251 Abs. 2 AO auch für Realsteuern. Solche Steuerforderungen können – wie auch privatrechtliche Forderungen – nur durch Anmeldung zur Insolvenztabelle (§ 174 InsO) geltend gemacht werden (Rz. 121 ff.).4 Die Geltendmachung durch Steuer- oder Feststellungsbescheid ist grds. unwirksam (Rz. 74). Eine Befriedigung, die der Steuergläubiger vor Insolvenzeröffnung erlangt hat, kann nach §§ 129 ff. InsO anfechtbar sein. 106 Zur Durchsetzung von Steuerforderungen, die als sonstige Masseverbindlichkeit zu qualifizieren

sind, gelten nicht die insolvenzrechtlichen Einschränkungen, die für Insolvenzforderungen zu beachten sind. Sie werden daher unmittelbar und in voller Höhe durch Steuerbescheid ggü. der Insolvenzmasse geltend gemacht (an den Insolvenzverwalter zu adressieren) und sind nach § 53 InsO vorweg aus der Masse zu befriedigen (Rz. 184 ff.). Steuerforderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen sind unmittelbar ggü. dem Insolvenzschuldner durch (Steuer-)Bescheid geltend zu machen und ausschließlich aus dem insolvenzfreien Vermögen des Schuldners zu befriedigen (Rz. 192). 2. Insolvenzrechtliche Zuordnung der Gewerbesteuer 107 Nach § 38 sind Insolvenzforderungen solche (Steuer-)Forderungen, die zur Zeit der Eröffnung des

Insolvenzverfahrens begründet waren. Demgegenüber sind (sonstige) Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise5 durch die Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse begründet wer1 BFH v. 16.7.2015 – III R 32/13, BStBl. II 2016, 251 Rz. 19 = FR 2016, 382; Benne, BB 2001, 1977 (1985). 2 BFH v. 3.8.2016 – X R 25/14, BFH/NV 2017, 317 Rz. 28 (zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und Einkommensteuerfestsetzung). 3 ZB Art. 13 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Bay.; § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Ba.-Wü.; § 4 Abs. 1 Nr. 6 KAG Hess.; § 11 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Nds.; § 12 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG NRW; § 3 Abs. 1 Nr. 6 KAG Rh.-Pf.; § 12 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Saarl.; § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Sachs.; § 15 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Thür. 4 BFH v. 10.12.2008 – I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, unter II.2.a. mwN. 5 Ob eine Steuerforderung durch eine „Handlung“ des Insolvenzverwalters oder „in anderer Weise“ begründet wird, muss regelmäßig nicht entschieden werden, BFH v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 = FR 2014, 243 m. Anm. Roth.

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 111 Anh. 2

den. Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und (sonstigen) Masseverbindlichkeiten richtet sich ausschließlich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die stl. Entstehung der Forderung (zB § 18 GewStG) und deren Fälligkeit kommt es nicht an.1 Eine Forderung ist insolvenzrechtlich begründet, wenn der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt 108 wurde.2 Dies ist der Fall, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand verwirklicht wird.3 Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen.4 Bezogen auf die GewSt kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung folglich darauf an, ob der einzelne (unselbstständige) Besteuerungstatbestand – zB § 7 Satz 1, § 8 oder § 9 GewStG – vor oder nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht wurde.5 Es kommt also entscheidend darauf an, wann (vor oder nach Insolvenzeröffnung) der steuerauslösende (unselbstständige) Besteuerungstatbestand vollständig verwirklicht wird.6 Bei der Frage nach der vollständigen Verwirklichung des Besteuerungstatbestands kommt es auch auf die Art der Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 bzw. § 4 Abs. 3 EStG) an.7 Eine sonstige Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO muss auf eine – wie auch immer ge- 109 artete – Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen sein.8 Wird ein zur Insolvenzmasse gehörender Gewerbebetrieb durch den Insolvenzverwalter fortgeführt, sind aus der Fortführungshandlung entstehende (Gewerbe-)Steuerschulden als Masseverbindlichkeit einzuordnen. Da Erlöse aus der Verwertung massezugehöriger Gegenstände des BV zur Insolvenzmasse fließen, sind auch darauf entfallende Ertragssteuern als Masseverbindlichkeiten zu qualifizieren.9 GewSt entsteht aber nur dann, wenn die sachliche StPfl. noch nicht beendet war (Rz. 5 ff.). Nimmt der Insolvenzschuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine (neue) gewerbliche Tä- 110 tigkeit auf oder führt er eine solche fort, gehören daraus resultierende Betriebseinnahmen in vollem Umfang zur Insolvenzmasse (Neuerwerb). Damit in Zusammenhang stehende (Betriebs-)Ausgaben oder (Gewerbe-)Steuerschulden sind dann Masseverbindlichkeiten, wenn der Insolvenzverwalter die selbstständige Tätigkeit des Insolvenzschuldners im Interesse der Masse erlaubt oder duldet und die erlangten Erlöse zur Masse gelangen.10 Erklärt der Insolvenzverwalter hingegen die Freigabe der selbstständigen Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO, sind die aus dieser Tätigkeit resultierenden (Gewerbe-)Steuerschulden keine Masseverbindlichkeiten, sondern gegen das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners festzusetzen (Rz. 10 f.).11 Eine Masseverbindlichkeit wird dagegen nicht nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet, wenn der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit ohne Wissen und Billigung durch den Insolvenzverwalter ausübt und die entsprechenden Erträge tatsächlich nicht zur Masse gelangen.12 Bei Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen handelt es sich um Vermögensansprüche, die 111 weder Insolvenzforderungen noch sonstige Masseverbindlichkeiten sind. In zeitlicher Abgrenzung zu den Insolvenzforderungen kann es sich bei Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen nur um Vermögensansprüche handeln, die ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstan1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

BFH v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 Rz. 18 mwN = FR 2014, 243 m. Anm. Roth. BFH v. 1.4.2008 – X B 201/07, BFH/NV 2008, 925, unter II.2.c. mwN. BFH v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 Rz. 19 = FR 2014, 243 m. Anm. Roth. St. Rspr., BFH v. 9.12.2014 – X R 12/12, BStBl. II 2016, 852 Rz. 27 mwN = FR 2016, 1111. St. Rspr., BFH v. 8.3.2012 – V R 24/11, BStBl. II 2012, 466 Rz. 27 f.; v. 25.7.2012 – VII R 29/11, BStBl. II 2013, 36 Rz. 15; v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 Rz. 22 = FR 2014, 243 m. Anm. Roth; v. 3.8.2016 – X R 25/14, BFH/NV 2017, 236 Rz. 27. BFH v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 Rz. 19 (zur ESt) = FR 2014, 243 m. Anm. Roth; v. 9.12.2014 – X R 12/12, BStBl. II 2016, 852 Rz. 28 = FR 2016, 1111. BFH v. 9.12.2014 – X R 12/12, BStBl. II 2016, 852 Rz. 29 f. = FR 2016, 1111. BFH v. 21.7.2009 – VII R 49/08, BStBl. II 2010, 13, unter II.1.b.aa. BFH v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 Rz. 22 mwN = FR 2014, 243 m. Anm. Roth (für ESt-Forderung); v. 27.10.2016 – IV B 119/15, BFH/NV 2017, 320 Rz. 8 (für GewSt-Forderung). BFH v. 16.4.2015 – III R 21/11, BStBl. II 2016, 29 = FR 2016, 187 Rz. 16. BFH v. 16.4.2015 – III R 21/11, BStBl. II 2016, 29 = FR 2016, 187 Rz. 19. BFH v. 18.5.2010 – X R 11/09, BFH/NV 2010, 2114 Rz. 34.

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Anh. 2 Rz. 112 GewSt bei Insolvenz den sind.1 In sachlicher Hinsicht handelt es sich bei einer Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen um einen Vermögensanspruch, der keine (sonstige) Masseverbindlichkeit ist.2 Es handelt sich um einen Vermögensanspruch, der nicht am Insolvenzverfahren teilnimmt und deshalb ausschließlich gegenüber dem Insolvenzschuldner geltend zu machen ist.3 Er entsteht aus nicht massebezogenen Tätigkeiten des Insolvenzschuldners oder aus der Veräußerung freigegebener Massegegenstände.4 Eine daraus resultierende (Gewerbe-)Steuer ist dann ebenfalls als Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen zu qualifizieren. Im Zusammenhang mit der GewSt kommen (Steuer-)Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen ua. in Betracht, wenn der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen neuen Gewerbebetrieb eröffnet und der Insolvenzverwalter diesbezüglich die Pauschalfreigabe nach § 35 Abs. 2 InsO erklärt. 3. Qualifikation der Gewerbesteuer-Jahresschuld a) Erhebungszeiträume vor dem Jahr der Insolvenzeröffnung 112 Die GewSt für vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossene EZ ist stets als Insolvenzforde-

rung zu qualifizieren (Abschlusszahlung). Die GewSt ist nach § 18 GewStG bereits entstanden. Soweit die GewSt aber noch nicht festgesetzt und damit auch noch nicht fällig ist, gilt sie nach § 41 Abs. 1 InsO als fällig. Für den Zeitraum zwischen Steuerentstehung der GewSt und dem Beginn der Vollverzinsung (§ 233, § 233 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AO) ist die GewSt-Forderung der hebeberechtigten Körperschaft abzuzinsen (§ 41 Abs. 2 Satz 1 InsO). 113 Da laufende Vorauszahlungen auf die GewSt durch die Insolvenzeröffnung unberührt bleiben und

nach Insolvenzeröffnung entstehende Vorauszahlungen als Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, muss der Insolvenzverwalter einen Herabsetzungsantrag in Erwägung ziehen (§ 19 Abs. 3 GewStG).5 b) Erhebungszeiträume nach dem Jahr der Insolvenzeröffnung 114 Entfällt die GewSt auf EZ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist sie als Masseverbindlichkeit

einzuordnen. Sollte es in einem EZ nach Insolvenzeröffnung noch zur Entstehung von GewSt-Vorauszahlungen kommen, sind diese als Masseverbindlichkeiten einzuordnen. c) Erhebungszeitraum der Insolvenzeröffnung – Aufteilung der Gewerbesteuerschuld – Aufteilungsmaßstab – informatorischer Bescheid 115 Wird im Laufe des Jahres das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gewerbetreibenden eröff-

net, so ist – unabhängig davon, ob der Betrieb abgewickelt oder fortgeführt wird – für diesen EZ ein einheitlicher GewSt-Messbetrag zu ermitteln. Denn Betriebsabwicklung oder -fortführung hat zwar Einfluss auf den Zeitraum für die Ermittlung des Gewerbeertrags (Rz. 38 ff.), nicht jedoch auf den EZ und damit auf die Ermittlung des GewSt-Messbetrags. 116 Die aus dem einheitlich ermittelten GewSt-Messbetrag resultierende GewSt-Forderung der hebebe-

rechtigten Körperschaft für das Jahr der Insolvenzeröffnung ist zu ihrer Geltendmachung in eine Insolvenzforderung und eine sonstige Masseverbindlichkeit aufzuteilen. Dazu sind die vor und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Erträge (Betriebseinnahmen) jeweils ins Verhältnis zum gesamten Ertrag (Betriebseinnahmen) im EZ zu setzen (Aufteilungsmaßstab). Der sich jeweils ergebende Quotient ist dann auf (Betriebs-)Ausgaben, Hinzurechnungen (§ 8 GewStG), Kürzungen (§ 9 GewStG) sowie einen etwaigen Freibetrag (§ 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG) anzuwenden. Die aus dieser Aufteilung resultierende GewSt ist sodann als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit ein-

1 2 3 4 5

BFH v. 16.4.2015 – III R 21/11, BStBl. II 2016, 29 = FR 2016, 187 Rz. 11 mwN. BFH v. 18.5.2010 – X R 60/08, BStBl. II 2011, 429, unter II.2. BFH v. 18.5.2010 – X R 60/08, BStBl. II 2011, 429, unter II.2. BFH v. 14.2.1978 – VIII R 28/73, BStBl. II 1978, 356, unter 1.b. Uhländer in Waza/Uhländer/Schmittmann11, Rz. 1886.

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 119 Anh. 2

zuordnen. Möglich ist dieser Aufteilungsmaßstab, weil bei der GewSt – anders als bei der ESt – keine Tarifprogression zu berücksichtigten ist.1 Beispiel: Über das Vermögen der GmbH wird am 1.6.2016 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Betrieb wird im Jahr 2016 noch fortgeführt. Die Betriebseinnahmen betragen 100.000 Euro. Davon entfallen 60.000 Euro auf den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung und 40.000 Euro auf den Zeitraum danach. Betriebsausgaben belaufen sich auf insgesamt 40.000 Euro. Es ergeben sich Hinzurechnungen von 10.000 Euro und Kürzungen von 6.000 Euro. Der Hebesatz beträgt 400 %. Lösung: Die einheitlich ermittelte GewSt für 2016 ist für Zwecke der insolvenzrechtlichen Zuordnung in eine Insolvenzforderung und eine Masseverbindlichkeit im Verhältnis der vor und nach Insolvenzeröffnung entstandenen (§ 4 Abs. 1 EStG) oder zugeflossenen (§ 4 Abs. 3 EStG) Erträge zur Summe der Erträge aufzuteilen: Ertrag

Verhältnis in %

100.000 t

100 %

Ausgaben

§8 GewStG

§9 GewStG

§ 11 GewStG

40.000 t

10.000 t

./. 6.000 t



§ 11 Gewerbeertrag

§ 11 Tarif

Messbetrag

GewSt 400 %

64.000 t

3,5 %

2.240 t 8.960 t

60.000 t

60 %

24.000 t

6.000 t

./. 3.600 t



38.400 t

3,5 %

1.344 t 5.376 t

40.000 t

40 %

16.000 t

4.000 t

./. 2.400 t



25.600 t

3,5 %

896 t 3.584 t

Von der einheitlich für den EZ 2016 ermittelten GewSt (8.960 Euro) sind 5.376 Euro dem Vermögensbereich der Insolvenzforderungen und 3.584 Euro dem Vermögensbereich der sonstigen Masseverbindlichkeiten zuzuordnen.

Werden für den GewSt-Messbetrag des EZ der Insolvenzeröffnung sowohl Besteuerungsgrundla- 117 gen, welche der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen (§§ 87, 174 ff. InsO, vgl. Rz. 121 ff.), als auch Besteuerungsgrundlagen, welche der Festsetzung von sonstigen Masseforderungen dienen (Rz. 184 ff.), ermittelt, so sind die Besteuerungsgrundlagen, welche der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen, in dem einheitlichen „Bescheid/Berechnung“ gesondert aufzuführen. Es ist darauf hinzuweisen, dass den Besteuerungsgrundlagen, die der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen, lediglich eine Steuerberechnung über die Berechnungsgrundlage (insoweit „informatorischer Bescheid“) zugrunde liegt (Rz. 125, 130). Im Übrigen erfolgt eine Messbetrags- bzw. (GewSt-)Festsetzung (Rz. 187). 4. Vorauszahlungen Bei der GewSt-Vorauszahlung (§ 19 GewStG) handelt es sich um einen eigenständigen Anspruch 118 aus dem Steuerschuldverhältnis, der mangels Besteuerungssachverhalt nicht auf einer tatsächlichen GewStPfl. beruht. Wie bei allen Vermögensansprüchen richtet sich die insolvenzrechtliche Einordnung der Vorauszahlung nach dem Zeitpunkt ihres Begründetseins (§ 38 InsO). Festgesetzte und noch nicht entrichtete Vorauszahlungen auf die GewSt sind Insolvenzforderungen, wenn sie vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Vorauszahlungen sind sonstige Masseverbindlichkeiten, wenn sie nach Insolvenzeröffnung entstehen. Nach § 21 GewStG entstehen die Vorauszahlungen auf die GewSt grds. mit Beginn des Kalendervierteljahres, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind (1.1., 1.4., 1.7. und 1.10.). Die Vorauszahlungen für das jeweilige Kalendervierteljahr sind damit Insolvenzforderungen, wenn das Insolvenzverfahren am ersten Tag des jeweiligen Kalendervierteljahres oder nach diesem Tag eröffnet worden ist. Ist die GewSt-Vorauszahlung noch nicht fällig (nach § 19 Abs. 1 Satz 1 GewStG jeweils zum 15.2., 15.5., 15.8. und 15.11.), aber bereits entstanden, gilt sie nach § 41 Abs. 1 InsO als fällig2 und ist bei der Anmeldung zur Tabelle nach § 41 Abs. 2 InsO bis zum Fälligkeitszeitpunkt abzuzinsen. Die vor Insolvenzeröffnung begründete und nicht entrichtete GewSt-Vorauszahlung hat die hebe- 119 berechtigte Körperschaft als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden. Mit Anmeldung der GewStJahresschuld zur Insolvenztabelle entfällt steuerrechtlich die nicht entrichtete (angemeldete) GewStVorauszahlung. Die angemeldete GewSt-Forderung ist insoweit zu ändern.3

1 Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 209. 2 Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 845. 3 Vgl. dazu Eickmann in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2015, § 63 Rz. 31 ff., 49 ff.

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Anh. 2 Rz. 120 GewSt bei Insolvenz 120 Von der Frage, inwieweit nicht geleistete GewSt-Vorauszahlungen als Insolvenzforderungen oder

Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, ist die Frage zu trennen, wie geleistete GewSt-Vorauszahlungen mit der Jahresschuld zu verrechnen sind. Bei der Verrechnung muss berücksichtigt werden, inwieweit die GewSt-Jahresschuld als Insolvenzforderung oder sonstige Masseverbindlichkeit einzuordnen ist. Die Vorauszahlungen können mit der Jahresschuld nach § 20 Abs. 1 GewStG nur insoweit verrechnet werden, als sich die GewSt-Schuld auf dieselbe insolvenzrechtliche Zuordnung bezieht, aus der die Vorauszahlungen entrichtet worden sind.1 Für Vorauszahlungen ist dabei auf ihren Entstehungszeitpunkt abzustellen. Beispiel: Über das Vermögen der GmbH wird am 1.6.2016 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die einheitlich für den EZ 2016 ermittelte GewSt beträgt 8.960 Euro (s. Bsp. in Rz. 117). Am 15.2.2016 zahlte die Insolvenzschuldnerin Vorauszahlungen auf die GewSt iHv. 1.000 Euro. Die festgesetzte Vorauszahlung für das II. Quartal zahlte sie nicht. Am 15.8. und 15.11.2016 zahlte der Insolvenzverwalter jeweils 1.000 Euro GewSt-Vorauszahlungen aus der Insolvenzmasse. Lösung: Summe GewSt abzgl. entrichteter VZ Ergebnis

§ 38 InsO

§ 55 Abs. 1 InsO

8.960 t

5.376 t

3.584 t

./. 3.000 t

./. 1.000 t

./. 2.000 t

5.960 v

4.376 v

1.584 v

Die von der Schuldnerin für das I. Quartal 2016 entrichtete GewSt-Vorauszahlung ist im Zeitraum entstanden, für den die GewSt-Jahresschuld als Insolvenzforderung geltend zu machen ist. Entsprechend ist sie zu verrechnen. Deshalb ist die berechnete GewSt-Jahresschuld von 5.376 Euro nur iHv. 4.376 Euro als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Die auf die Insolvenzmasse entfallende Steuer von 3.584 Euro ist nach Anrechnung der geleisteten Vorauszahlungen (2.000 Euro) ggü. der Insolvenzmasse festzusetzen.

IV. Durchsetzung einer als Insolvenzforderung einzuordnenden (Gewerbe-)Steuerforderung 1. Geltendmachung der Insolvenzforderungen – Überblick über das insolvenzrechtliche Anmeldeverfahren (§§ 87, 174 ff. InsO) 121 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners darf (auch) der (Steu-

er-)Gläubiger die als (ggf. nachrangige) Insolvenzforderung zu qualifizierende (Steuer-)Forderung (Rz. 107 ff.) nur noch als Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren geltend machen (§ 251 Abs. 2 Satz 1 AO iVm. § 87 InsO).2 Von diesem Verfahren werden sowohl einfache (§ 38 InsO) als auch nachrangige Forderungen (§ 39 InsO) erfasst. Steuerliche Haftungsansprüche und Ansprüche auf stl. Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) werden wie Steueransprüche festgestellt.3 122 Um an der gemeinschaftlichen Befriedigung im Insolvenzverfahren teilnehmen zu können, hat der

Insolvenzgläubiger (zB FA oder hebeberechtigte Körperschaft) seine Insolvenzforderung nach § 174 InsO beim Insolvenzverwalter zur Eintragung in die Tabelle (§ 175 InsO) und zur Prüfung (§ 176 InsO) mit dem Ziel der Feststellung der Forderung (§ 178 InsO) anzumelden. Durch die Anmeldung nimmt die Insolvenzforderung weiter am Verfahren teil. Die Forderung gilt nach § 178 Abs. 1 InsO als festgestellt, wenn ihr im Prüfungstermin nicht widersprochen oder ein etwaiger Widerspruch beseitigt wird, wobei der Widerspruch des Schuldners für die Feststellung der Forderung nach § 178 Abs. 1 Satz 2 InsO unbeachtlich ist. Nach § 178 Abs. 3 InsO wirkt die festgestellte Forderung ggü. dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil (§ 178 Abs. 3 InsO). Zudem nimmt sie uneingeschränkt an der quotalen Verteilung (§§ 187 ff. InsO) teil. 1 AEAO zu § 251 Rz. 9.1.1, 9.1.3; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 183 ff. (jeweils zur ESt). 2 BFH v. 10.12.2008 – I R 41/07, BFH/NV 2009, 719, unter II.2.a. mwN. 3 Loose in Tipke/Kruse, § 251 AO Rz. 68 mwN (Stand: Juli 2015).

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 129 Anh. 2

2. Forderungsanmeldung und Prüfungstermin Der Gläubiger muss seine Insolvenzforderungen innerhalb der Anmeldefrist (Rz. 126) zur Tabelle 123 anmelden. Die Anmeldung einer öffentlich-rechtlichen Forderung durch eine Behörde ist kein Verwaltungsakt.1 Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden (§ 174 Abs. 1 Satz 2 InsO); Grund und Betrag der Forderung sind anzugeben (§ 174 Abs. 2 InsO). Steuerforderungen müssen in der Anmeldung so konkretisiert sein, dass feststeht, welche Forderungen angemeldet worden sind. Bei laufend veranlagten Steuern genügt dazu die Angabe von „Steuerart, Zeitraum und Steuerbetrag“.2 Deshalb hat die hebeberechtigte Körperschaft bei Anmeldung der GewSt-Forderung die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt gegebenen Steuerbescheide (GewSt-Messbescheid, Zerlegungsbescheid und/oder GewSt-Bescheid, Vorauszahlungsbescheid) und für noch nicht titulierte Steuerforderungen eine Steuerberechnung (Rz. 117) beizufügen. Diese Angaben sind zur Durchsetzung der Steuerforderung erforderlich (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 AO) und verstoßen deshalb nicht gegen das Steuergeheimnis.3 Eine Steuerforderung, die als Insolvenzforderung einzuordnen ist, ist unabhängig davon, ob ihr 124 im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ein Steuerbescheid zugrunde liegt (titulierte Forderung, vgl. Rz. 150 ff.) oder nicht (untitulierte Forderung, vgl. Rz. 140 ff.), ob ein etwaiger Steuerbescheid noch anfechtbar ist oder nicht oder ob dieser angefochten wurde oder nicht, zur Tabelle anzumelden. Die Festsetzung der (Gewerbe-)Steuerforderung durch Steuerbescheid ist nach Insolvenzeröffnung unwirksam (Rz. 74). Die Festsetzung des Messbetrags durch GewSt-Messbescheid oder die Zerlegung durch Zerlegungsbescheid sind aber unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (vgl. zB Rz. 148, 155 und 179). Liegt im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung der anzumeldenden Steuerforderung noch kein Steuer- 125 bescheid zugrunde, erfolgt die Anmeldung auf der Grundlage entsprechend formloser Steuerberechnungen des FA oder der hebeberechtigten Körperschaft (sog. informatorische Bescheide, Rz. 117). Die Anmeldefrist wird im Eröffnungsbeschluss festgesetzt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 InsO beträgt diese 126 Frist mindestens einen Zeitraum von zwei Wochen und darf drei Monate nicht überschreiten. Im Eröffnungsbeschluss wird auch der Prüfungstermin für die angemeldeten Insolvenzforderungen 127 bestimmt. Nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 InsO soll der Zeitraum zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem Prüfungstermin mindestens eine Woche und höchstens zwei Monate betragen. Im Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen nach Grund, Betrag (Höhe) und Rang geprüft. Der weitere Verfahrensgang über die angemeldeten GewSt-Forderungen hängt davon ab, ob die (titulierte oder untitulierte) GewSt-Forderung im Prüfungstermin vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Insolvenzgläubiger bestritten (Widerspruch gegen die Forderung, Rz. 136 ff.)4 oder diese nicht bestritten (kein Widerspruch gegen die Forderung, Rz. 133 ff.) wird. Zum Bestreiten durch den Schuldner Rz. 175 ff. 3. Besonderheiten der Gewerbesteuer im insolvenzrechtlichen Anmeldeverfahren Zuständig für die Anmeldung der GewSt-Forderung zur Insolvenztabelle ist die hebeberechtigte 128 Körperschaft (zB Gemeinde). Zur Tabelle angemeldet werden kann nur die GewSt-Forderung ggü. der insolventen Person. Die Grundlagenfeststellungen der GewSt (GewSt-Messbetrag oder Verlustvortrag nach § 10a GewStG) sind demgegenüber nicht anmeldefähig. Denn Grundlagenbescheide begründen unmittelbar keine Ansprüche zwischen dem Steuergläubiger und dem StPfl., sondern stellen lediglich Besteuerungsgrundlagen fest (§ 157 Abs. 2 AO).5 Der zweistufige gewstl. Verfahrensablauf (Rz. 3, 146) und die damit regelmäßig einhergehende Funk- 129 tionsteilung zwischen FA (zB Festsetzung des GewSt-Messbetrags) und hebeberechtigter Körperschaft 1 BFH v. 24.11.2011 – V R 13/11, BStBl. II 2012, 298 Rz. 10. 2 BFH v. 26.11.1987 – V R 130/82, BStBl. II 1988, 124, Ls. 3 OFD Frankfurt/M. v. 5.12.2013 – S 0130 A-115-St 23, juris, unter 1. (Auskunftserteilung in Angelegenheiten des Insolvenzrechts). 4 § 176 Satz 2 InsO bezeichnet einen Widerspruch gegen die angemeldete Forderung im Prüfungstermin als „bestrittene Forderung“. § 178 Abs. 1 InsO verwendet den Terminus „Widerspruch“ gegen die Forderung. 5 BFH v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 26.

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Anh. 2 Rz. 130 GewSt bei Insolvenz (Festsetzung der GewSt) wird durch das insolvenzrechtliche Feststellungsverfahren (§ 87 iVm. §§ 174 ff. InsO) nicht berührt. Deshalb bleibt das FA auch während des Insolvenzverfahrens für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und die hebeberechtigte Körperschaft für die Ermittlung der GewSt-Forderung zuständig. Für Zwecke der Anmeldung der GewSt-Forderung zur Insolvenztabelle teilt das FA der hebeberechtigten Körperschaft die ermittelten Besteuerungsgrundlagen mit. 130 Ist bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch kein (GewSt-)Messbetragsbescheid oder GewSt-

Bescheid ergangen, erfolgt die Anmeldung der GewSt-Forderung auf der Grundlage formloser Steuer(messbetrags)berechnungen (sog. informatorische Bescheide, Rz. 117). 131 Für den EZ der Insolvenzeröffnung hat das FA den bis zur Insolvenzeröffnung bezogenen GewSt-

Messbetrag zu schätzen und die Schätzungsgrundlage der hebeberechtigten Körperschaft mitzuteilen (Schätzungsberechnung, Rz. 117). Auf dieser Grundlage schätzt die hebeberechtigte Körperschaft die GewSt-Forderung und legt der Tabellenanmeldung die Berechnung des FA zugrunde. Ohne eine solche Schätzung wäre die rechtzeitige Anmeldung der GewSt-Forderung durch die hebeberechtigte Körperschaft zur Tabelle nicht innerhalb der Anmeldefrist (Rz. 126) möglich. 132 Für EZ vor Insolvenzeröffnung stützt die hebeberechtigte Körperschaft die zur Tabelle anzumelden-

de GewSt-Forderung auf bereits wirksam bekannt gegebene GewSt-Messbescheide und GewSt-Bescheide. Soweit solche Bescheide vor Insolvenzeröffnung noch nicht bekannt gegeben worden sind und wegen der Verfahrenseröffnung auch nicht mehr bekannt gegeben werden dürfen (Rz. 74 ff.), berechnet das FA den GewSt-Messbescheid entweder aufgrund vorliegender GewSt-Erklärungen oder durch Schätzung (Rz. 117). Entsprechend meldet die hebeberechtigte Körperschaft die GewSt-Forderung zur Tabelle an. 4. Unbestrittene Gewerbesteuer-Forderung (§ 178 Abs. 1 und 3 InsO) 133 Erhebt weder der Insolvenzverwalter noch ein Insolvenzgläubiger (zum Widerspruch des Schuld-

ners Rz. 175 ff.) gegen die angemeldete GewSt-Forderung Widerspruch (unbestrittene Insolvenzforderung), gilt sie gem. § 178 Abs. 1 InsO als festgestellt. Das Insolvenzgericht trägt die festgestellte Forderung – mit Betrag und Rang – in die Tabelle ein (§ 178 Abs. 2 Satz 1 InsO). Die in die Tabelle eingetragene Forderung wirkt nach § 178 Abs. 3 InsO wie ein rechtskräftiges Urteil. Folglich wirkt eine solche Eintragung wie eine bestandskräftige Steuerfestsetzung. Widerspricht auch der Schuldner der angemeldeten GewSt-Forderung nicht (Rz. 175 ff.), kann die Behörde nach Beendigung des Insolvenzverfahrens aus dem Tabelleneintrag wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Einzelzwangsvollstreckung betreiben (§ 201 Abs. 2 InsO).1 Daher ist der Erlass eines Steuer(mess)bescheids – auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens – nicht mehr zulässig.2 Eines Feststellungsverfahrens nach § 251 Abs. 3 AO bedarf es nicht. 134 Die widerspruchslose Eintragung der angemeldeten Forderung in die Tabelle kann jedoch – wie eine

bestandskräftige Feststellung iSd. § 251 Abs. 3 AO (Rz. 142) – unter den Voraussetzungen des §§ 129 bis 131 AO korrigiert werden.3 Für Zwecke einer solchen Korrektur ist die Feststellung der Steuerforderung als Insolvenzforderung durch einen Insolvenzfeststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 InsO erforderlich. Dieser richtet sich inhaltlich an den Insolvenzschuldner und ist an den Insolvenzverwalter bekanntzugeben. Dabei ist klarzustellen, dass sich der Bescheid an den Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als gerichtlich bestellter Vermögensverwalter für einen bestimmten Schuldner richtet.4 135 Mit der widerspruchslosen Eintragung der Steuerforderung in die Tabelle ist das insolvenzrechtli-

che Feststellungsverfahren beendet. Widerspricht auch der Insolvenzschuldner der Anmeldung nicht (Rz. 175 ff.), erledigen sich die bei Insolvenzeröffnung schwebenden Rechtsbehelfs- und Gerichtsverfahren.5 Ihnen steht die Rechtskraftwirkung der Tabelleneintragung entgegen (§ 178 Abs. 3 iVm. 1 2 3 4 5

BFH v. 30.11.2004 – VII R 78/03, BFH/NV 2005, 1095, unter 1.a. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 306 f. und 314 f. BFH v. 24.11.2011 – V R 13/11, BStBl. II 2012, 298 Rz. 41 ff. AEAO zu § 251 Rz. 5.3.1.1. BFH v. 10.12.1975 – II R 150/67, BStBl. II 1976, 506, unter 2.; v. 24.8.2004 – VIII R 14/02, BStBl. II 2005, 246 unter II.3.c.bb.bbb. = FR 2005, 217 m. Anm. Kempermann; v. 14.5.2013 – X B 134/12, BStBl. II 2013, 585 Rz. 20 mwN.

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Rz. 140 Anh. 2

§ 201 Abs. 2 Satz 1 InsO). Die Erledigung der Hauptsache führt aber nicht dazu, dass die Unterbrechung des Gerichtsverfahren (§ 240 ZPO, vgl. Rz. 62 ff.) endet.1 Ausweislich des Wortlauts des § 240 ZPO bedarf es dazu entweder der Aufnahme des Verfahrens (Rz. 91 ff.) oder der Beendigung des Insolvenzverfahrens (Rz. 202 ff.). 5. Bestreiten der Gewerbesteuerforderung Die angemeldete GewSt-Forderung kann im Prüfungstermin vom Insolvenzverwalter, jedem Insol- 136 venzgläubiger (Rz. 138 ff.) oder dem Schuldner (Rz. 175 ff.) bestritten werden (vgl. § 176 Satz 2, § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO). Solange ein Widerspruch des Insolvenzverwalters oder eines anderen Insolvenzgläubigers nicht beseitigt ist, gilt die angemeldete Forderung nicht als festgestellt (vgl. § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO) mit der Folge, dass die Forderung nur eingeschränkt oder gar nicht an der Quotenverteilung teilnimmt (vgl. § 189 InsO) und auch nicht wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt (§ 178 Abs. 3 InsO). Der Widerspruch des Schuldners steht der Forderungsfeststellung indes nicht entgegen (§ 178 Abs. 1 Satz 2 InsO, Rz. 175 ff.). Die angemeldete Insolvenzforderung kann dem Grunde, dem Betrag oder dem Rang nach für unbe- 137 rechtigt gehalten und deshalb bestritten werden. Auch ein vorläufiges Bestreiten ist als ein Bestreiten iSd. § 179 Abs. 1 InsO anzusehen.2 Ein solcher insolvenzrechtlicher Widerspruch wird in die Tabelle eingetragen (§ 178 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 InsO). 6. Vom Insolvenzverwalter oder -gläubiger bestrittene (Gewerbe-)Steuerforderung a) Beseitigung des Widerspruchs im Überblick Ist eine angemeldete Forderung vom Insolvenzverwalter oder einem anderem Gläubiger bestritten 138 worden, muss für die Frage der Beseitigung des Widerspruchs danach unterschieden werden, ob der angemeldete Anspruch untituliert oder tituliert ist. Bei einer untitulierten Forderung bleibt es nach § 179 Abs. 1 InsO dem Gläubiger der angemeldeten Forderung überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden – mit dem Ziel der Beseitigung des Widerspruchs – zu betreiben. Demgegenüber obliegt es nach § 179 Abs. 2 InsO dem Bestreitenden, den insolvenzrechtlichen Widerspruch zu verfolgen, wenn bereits ein Schuldtitel vorliegt (zur Betreibungslast vgl. Rz. 151, 159).3 Wie die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben ist, bestimmt für privatrechtliche Forderun- 139 gen § 180 InsO. Dies geschieht entweder durch Erhebung der Feststellungsklage4 (Neuklage) vor den ordentlichen Gerichten (§ 180 Abs. 1 InsO) oder durch Aufnahme eines durch die Insolvenzeröffnung unterbrochenen Rechtsstreits (§ 180 Abs. 2 InsO). Abweichend davon ist die Feststellung (ua.) der bestrittenen (Gewerbe-)Steuerforderung nach § 185 Satz 1 InsO nicht vor den ordentlichen Gerichten, sondern von der zuständigen Verwaltungsbehörde oder den zuständigen Finanz- oder VG vorzunehmen. Für das behördliche und gerichtliche Feststellungsverfahren sind die §§ 181, 183 und 184 InsO entsprechend anzuwenden (§ 185 Satz 2 InsO). Für das gerichtliche Verfahren gelten zusätzlich die §§ 180 Abs. 2, 182 InsO. b) Untitulierte Steuerforderung aa) Behördliches Feststellungsverfahren (§ 185 Satz 2 InsO iVm. § 251 Abs. 3 AO) Ist die angemeldete Steuerforderung vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Insolvenzgläubiger 140 bestritten worden (zum Bestreiten des Schuldners Rz. 175 ff.) und war bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch kein Steuerbescheid wirksam bekannt gegeben worden (untitulierte Steuerfor1 BFH v. 14.5.2013 – X B 134/12, BStBl. II 2013, 585 Rz. 20 bis 28. Die entgegenstehende Rspr. (BFH v. 23.6.2008 – VIII B 12/08, BFH/NV 2008, 1691, unter I.a.; v. 10.11.2010 – IV B 11/09, BFH/NV 2011, 649 Rz. 5; v. 10.11.2010 – IV B 18/09, BFH/NV 2011, 650 Rz. 5) wurde mit Zustimmung des IV. und VIII. Senats aufgegeben. 2 BGH v. 9.2.2006 – IX ZB 160/04, ZIP 2006, 576, unter II.2.a. 3 Vgl. dazu BFH v. 23.2.2010 – VII R 48/07, BStBl. II 2010, 562, unter II.1.b. 4 Erhebung der Leistungsklage wäre wegen § 87 InsO unzulässig.

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Anh. 2 Rz. 141 GewSt bei Insolvenz derung), stellt das FA das Bestehen der Abgabenforderung erforderlichenfalls durch Verwaltungsakt (sog. Insolvenzfeststellungsbescheid) nach § 185 Satz 1 InsO iVm. § 251 Abs. 3 AO fest. Eine Steuerfestsetzung kommt demgegenüber nicht mehr in Betracht.1 Durch das an die Stelle des gerichtlichen Feststellungsverfahrens (180 Abs. 1 InsO) tretende behördliche Feststellungsverfahren wird die Feststellung der Forderung iSd. § 179 Abs. 1 InsO betrieben. Ein behördliches Ermessen an der Durchführung des Feststellungsverfahrens besteht nicht.2 Es ist auch dann durchzuführen, wenn unwahrscheinlich ist, dass auf die angemeldete Forderung eine Quote entfällt.3 Der Insolvenzfeststellungsbescheid ergeht inhaltlich für den Schuldner und ist dem Bestreitenden bekanntzugeben. Dabei ist klarzustellen, dass sich der Bescheid an den Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als gerichtlich bestellter Vermögensverwalter für einen bestimmten Schuldner richtet.4 141 Gegenstand des Insolvenzfeststellungsbescheids ist die Feststellung des Bestehens der angemeldeten

und bestrittenen Abgabenforderung dem Grunde und der Höhe nach sowie die Prüfung insolvenzspezifischer Einwendungen (Eigenschaft der angemeldeten Forderung als Insolvenzforderung, der Rang der angemeldeten Forderung und die Anfechtbarkeit nach §§ 129 ff. InsO).5 Die Feststellung ist inhaltlich auf die konkret zur Tabelle angemeldete Steuerforderung begrenzt. Angemeldete und festgestellte Forderungen müssen hinsichtlich des Steuerschuldners, der Steuerart und der steuerbaren Tatbestände identisch sein.6 Eine Auswechslung der bestrittenen Steuerforderung gegen eine andere Steuerforderung ist nicht zulässig.7 Unerheblich ist indes, dass der die Forderung Bestreitende verfahrensbedingt Verfahrensbeteiligter wird.8 Jede bestrittene Steuerforderung ist eigenständig festzustellen, wobei mehrere Feststellungen in einem Feststellungsbescheid verbunden werden können.9 142 Der Insolvenzfeststellungsbescheid ist kein Steuerbescheid10 und auch kein dem Steuerbescheid

gleichgestellter Bescheid, auf den die Vorschriften über Steuerbescheide entsprechend anwendbar sind. Er ist daher nach Eintritt der Bestandskraft nur nach §§ 129, 130 und 131 AO korrigierbar.11 143 Der Insolvenzfeststellungsbescheid ist nach §§ 347 ff. AO mit dem Einspruch anfechtbar.12 Nach Er-

gehen einer Einspruchsentscheidung oder unter den Voraussetzungen der §§ 45 und 46 FGO auch ohne (Beendigung des) Vorverfahren(s) ist der Finanzrechtsweg durch Anfechtungsklage eröffnet.13 Im finanzgerichtlichen Verfahren ist die angefochtene Insolvenzfeststellung (Gegenstand des Klagebegehrens) konkret zu bezeichnen (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dies gilt insbes. dann, wenn ein Insolvenzfeststellungsbescheid (Rz. 140 f.) mehrere Feststellungen enthält. 144 Im Einspruchs- und Gerichtsverfahren ist der Insolvenzfeststellungsbescheid daraufhin zu überprü-

fen, ob die angemeldete und bestrittene Abgabenforderung dem Grund und der Höhe nach besteht, und insolvenzspezifisch, ob sie mit der festgestellten Forderung übereinstimmt und ob es sich um eine (ggf. nachrangige) Insolvenzforderung iSd. § 38 InsO handelt (Rz. 141).14 145 Mit Eintritt der Bestandskraft des Insolvenzfeststellungsbescheids wird nach § 185 Satz 2 iVm. § 183

Abs. 1 InsO das Bestehen der Steuerforderung als Insolvenzforderung entweder festgestellt (Widerspruch beseitigt) oder der Widerspruch für begründet erklärt (Feststellung des Nichtbestehens der an1 BFH v. 24.11.2011 – V R 13/11, BStBl. II 2012, 298 Rz. 10 und 45. 2 FG Berlin-Bdb. v. 25.2.1999 – 5 K 2465/97 U, EFG 1999, 593; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 313; Farr, DStZ 2003, 346. 3 Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 313. 4 AEAO zu § 251 Rz. 5.3.1.1. 5 BFH v. 23.2.2005 – VII R 63/03, BStBl. II 2005, 591, unter 2.b. 6 BFH v. 17.5.1984 – V R 80/77, BStBl. II 1984, 545, unter 1.; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 313. 7 BFH v. 26.2.1987 – V R 114/79, BStBl. II 1987, 471, Ls. 1. 8 BFH v. 30.11.2004 – VII R 78/03, BFH/NV 2005, 1095, unter 1.; AEAO zu § 251 Rz. 5.3.1.1. 9 BFH v. 23.8.1978 – II R 16/76, BStBl. II 1979, 198, unter 3. 10 Allg. Meinung, Loose in Tipke/Kruse, § 251 AO Rz. 68 mwN (Stand: Juli 2015). 11 BFH v. 24.11.2011 – V R 13/11, BStBl. II 2012, 298 Rz. 45; v. 11.12.2013 – XI R 22/11, BStBl. II 2014, 332 Rz. 24 mwN; zur Rücknahme nach § 130 AO FG Münster v. 21.2.2008 – 8 K 38/05 U, rkr., EFG 2008, 919, unter I.1. 12 BFH v. 19.3.2013 – II R 17/11, BStBl. II 2013, 639 Rz. 17. 13 BGH v. 15.10.2008 – II B 91/08, ZinsO 2009, 47, unter II.1.a.cc. 14 BFH v. 30.11.2004 – VII R 78/03, BFH/NV 2005, 1095, unter 1.; v. 24.8.2004 – VIII R 14/02, BStBl. II 2005, 246, unter II.3.c.bb.bbb = FR 2005, 217 m. Anm. Kempermann.

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gemeldeten und bestrittenen Steuerforderung). Im Falle des Nichtbestehens der bestrittenen Steuerforderung ist der Steuergläubiger mit dieser Forderung vom weiteren Insolvenzverfahren ausgeschlossen. Soweit das Bestehen der bestrittenen Forderung bestandskräftig festgestellt wurde, hat der Steuergläubiger die Insolvenztabelle entsprechend berichtigen zu lassen (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 2 InsO). Die Forderung ist dann bei der Verteilung der Insolvenzmasse zwingend zu berücksichtigen (§ 178 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 189 InsO). bb) Behördliches Feststellungsverfahren bei der Gewerbesteuer Die GewSt wird in einem zweistufigen Verfahren ermittelt (Rz. 3). Auf der ersten Stufe setzt 146 das FA den GewSt-Messbetrag oder stellt einen GewSt-Fehlbetrag nach § 10a GewStG fest. Diese Grundlagenbescheide haben ausschließlich dienende Funktion und begründen keinen unmittelbaren Anspruch zwischen Steuergläubiger und Steuerschuldner. Erst auf der zweiten Stufe setzt die hebeberechtigte Körperschaft die GewSt fest. Sie ist nach § 182 Abs. 1 AO an den festgesetzten GewStMessbetrag gebunden (§ 14 GewStG Rz. 39 f.). Das zweistufige Verfahren und die damit regelmäßig einhergehende Funktionsteilung zwischen FA und hebeberechtigter Körperschaft wird durch das insolvenzrechtliche Feststellungsverfahren (§ 87 iVm. §§ 174 ff. InsO) nicht berührt (Rz. 129). Obwohl die bestrittene untitulierte GewSt-Forderung durch die hebeberechtigte Körperschaft zur Ta- 147 belle angemeldet wird (Rz. 123, 128), muss für die Frage der Zuständigkeit des Betreibens der Forderungsfeststellung nach § 179 Abs. 1 InsO die gewerbesteuerrechtliche Aufteilung der Rechtszuständigkeiten berücksichtigt werden. Steht der Grund für das Bestreiten iZm. den Grundlagenfeststellungen (zB GewSt-Messbescheid oder Zerlegungsbescheid), ist das FA „Gläubiger“ iSd. § 179 Abs. 1 InsO. Steht der Grund für das Bestreiten demgegenüber in der GewSt-Berechnung (zB Anwendung eines unrichtigen Hebesatzes), ist „Gläubiger“ iSd. § 179 Abs. 1 InsO die hebeberechtigte Körperschaft.1 Rechtsschutzgewährend richtet sich der insolvenzrechtliche Widerspruch im Zweifel sowohl gegen die Grundlagen- als auch die Folgefeststellung. Bestreitet der Insolvenzverwalter oder ein anderer Insolvenzgläubiger die angemeldete untitulierte 148 GewSt-Forderung und steht das Bestreiten inhaltlich iZm. den Grundlagenfeststellungen, hat das FA die Feststellung der Forderung zulässigerweise durch den Erlass eines GewSt-Messbescheids oder Zerlegungsbescheids zu betreiben.2 Der Erlass eines Insolvenzfeststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO durch das FA kommt demgegenüber nicht in Betracht. Denn ausweislich des Wortlauts wird durch die Besteuerungsgrundlage kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis geltend gemacht.3 Gegen den GewSt-Messbescheid oder Zerlegungsbescheid ist der Einspruch statthaft. Danach ist der Finanzrechtsweg eröffnet. Auf der Grundlage der durch das FA mitgeteilten (§ 184 Abs. 3 AO) Besteuerungsgrundlage erlässt die hebeberechtigte Körperschaft einen (ggf. korrigierten) Insolvenzfeststellungsbescheid (Rz. 140 f.), mit dem die angemeldete und bestrittene GewSt-Forderung unter Beseitigung des insolvenzrechtlichen Widerspruchs festgestellt oder der Widerspruch für begründet erklärt wird (§ 185 Satz 1 iVm. § 183 Abs. 1 InsO iVm. § 251 Abs. 3 AO). Dem Obsiegenden obliegt, die Berichtigung der Tabelle zu beantragen (§ 183 Abs. 2 InsO). Richtet sich der Widerspruch gegen die untitulierte GewSt-Forderung inhaltlich gegen die GewSt selbst 149 (zweite Verfahrensstufe), hat die hebeberechtigte Körperschaft die Forderungsfeststellung durch Erlass eines Insolvenzfeststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO zu betreiben. Das Feststellungsverfahren nach § 251 Abs. 3 AO gilt auch für die GewSt-Forderung der hebeberechtigten Körperschaft.4 Zwar ist der „Sechste Teil – Vollstreckung“ der Abgabenordnung (§§ 249–346 AO) nach § 1 Abs. 2 AO für Realsteuern ausgenommen. Die KAG der Länder erklären § 251 Abs. 3 AO aber regelmäßig für anwendbar.5 1 Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, 2005, Rz. 359; Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 846. 2 BFH v. 2.7.1997 – I R 11/97, BStBl. II 1998, 428 = FR 1998, 76, unter 3.; AEAO zu § 251 Rz. 4.3.1; FK-InsO8, § 155 Rz. 851; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 305. 3 Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 847. 4 Uhländer in Waza/Uhländer/Schmittmann11, Rz. 1891. 5 ZB Art. 13 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Bay.; § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Ba.-Wü.; § 4 Abs. 1 Nr. 6 KAG Hess.; § 11 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Nds.; § 12 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG NRW; § 3 Abs. 1 Nr. 6 KAG Rh.-Pf.; § 12 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Saarl.; § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Sachs.; § 15 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KAG Thür.

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Anh. 2 Rz. 150 GewSt bei Insolvenz Sollte dies nicht der Fall sein, wäre § 251 Abs. 3 AO entsprechend anwendbar.1 Gegen den Insolvenzfeststellungsbescheid der hebeberechtigten Körperschaft ist der Widerspruch nach § 68 ff. VwGO und anschließend der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. c) Titulierte (Gewerbe-)Steuerforderung aa) Anfechtbarer, angefochtener oder bestandskräftiger Steuer- oder Festsetzungsbescheid 150 Ist die angemeldete Steuerforderung vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Insolvenzgläubiger

bestritten worden (zum Bestreiten des Schuldners vgl. Rz. 175 ff.) und war bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits ein Steuerbescheid wirksam bekannt gegeben worden (titulierte Steuerforderung),2 kommt der Erlass eines Insolvenzfeststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO grds. nicht mehr in Betracht3 (zur Ausnahme Rz. 169 f.). Das weitere Verfahren zur Feststellung der Forderung richtet sich danach, ob der im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung wirksam bekannt gegebene Steuerbescheid steuerverfahrensrechtlich noch anfechtbar, bereits angefochten oder schon bestandskräftig war. Diese Verfahrensstadien ändern aber nichts daran, dass die (Gewerbe-)Steuerforderung zunächst durch die hebeberechtigte Körperschaft zur Tabelle angemeldet werden muss (Rz. 123, 128). bb) Anfechtbarer Steuerbescheid (1) Steuerforderungen im Allgemeinen 151 Bei einem vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam bekannt gegebenen, aber noch nicht ange-

fochtenen und damit nicht bestandskräftigen Steuerbescheid wird der Lauf der Rechtsbehelfsfrist durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen (Rz. 84). Die unterbrochene Einspruchsfrist beginnt erst mit Aufnahme des Verfahrens erneut zu laufen; alleine das Bestreiten der angemeldeten Steuerforderung im Prüfungstermin löst den Lauf der Frist indes nicht aus. Für die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens besteht keine Frist. Die Aufnahme geschieht dadurch, dass der die angemeldete Steuerforderung Bestreitende den statthaften Rechtsbehelf einlegt.4 Zudem kann auch das FA – zur Beseitigung der durch das Bestreiten der Steuerforderung verursachten Ungewissheit – die Aufnahme des Verfahrens analog § 240 Satz 1 ZPO verfügen. Dem steht § 179 Abs. 2 InsO nicht entgegen. Zwar ist dort die Betreibungspflicht des Bestreitenden geregelt. Gleichwohl nimmt § 179 Abs. 2 InsO demjenigen, der den Titel erwirkt hat, nur die Verpflichtung ab, ein Verfahren zu betreiben, entzieht ihm aber nicht die Befugnis dazu (vgl. auch Rz. 100 und 159).5 Mit Bekanntgabe der Aufnahmeverfügung des FA an den Bestreitenden (§ 122 AO) beginnt die unterbrochene Monatsfrist nach § 355 Abs. 1 AO erneut zu laufen (§ 249 Abs. 1 ZPO).6 152 Legt der Bestreitende bis zum Ablauf der Einspruchsfrist keinen Einspruch ein, so gilt die dem –

nunmehr bestandskräftigen – Steuerbescheid zugrunde liegende angemeldete Steuerforderung als zur Tabelle festgestellt (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO). 153 Legt der Bestreitende gegen den Steuerbescheid Einspruch ein, ist das Einspruchsverfahren nach den

allg. Vorschriften durchzuführen. Der erfolglose Einspruch ist als unzulässig zu verwerfen oder unbegründet zurückzuweisen und die bestrittene Steuerforderung als Insolvenzforderung festzustellen (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO). Die Einspruchsentscheidung ist dem Bestreitenden bekanntzugeben. Anschließend kann der Bestreitende Klage beim FG erheben. Ist der Einspruch begründet, hilft das FA diesem dadurch ab, dass es einen Insolvenzfeststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO ggü. dem Bestreitenden als Bekanntgabeadressat erlässt, mit dem zugleich der insolvenzrechtliche

1 Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 313. 2 BFH v. 23.2.2010 – VII R 48/07, BStBl. II 2010, 562, unter II.1.b. (zur InsO); v. 10.8.1993 – VII B 46/91, BFH/ NV 1994, 293 (zur KO); AEAO zu § 251 Rz. 5.3.1. 3 BFH v. 23.2.2005 – VII R 63/03, BStBl. II 2005, 591, Ls. 1.; v. 7.3.2006 – VII R 11/05, BStBl. II 2006, 573, unter II.6.; in Abgrenzung zu dieser Rspr. BFH v. 23.2.2010 – VII R 48/07, BStBl. II 2010, 562, unter II.1.d. 4 BFH v. 22.1.1997 – I R 101/95, BStBl. II 1997, 464, unter II.2.a. 5 BFH v. 23.2.2010 – VII R 48/07, BStBl. II 2010, 562, unter II.1.c. 6 AEAO zu § 251 Rz. 5.3.1.2.

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Widerspruch für begründet erklärt wird (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO). Dem Obsiegenden obliegt es, beim Insolvenzgericht die Berichtigung der Tabelle zu beantragen. (2) Gewerbesteuermessbescheid Liegt einem anfechtbaren GewSt-Messbescheid oder Zerlegungsbescheid eine zur Tabelle angemel- 154 dete und bestrittene GewSt-Forderung zugrunde, gelten die Ausführungen zu Rz. 151 f. sinngemäß. Legen der die GewSt-Forderung bestreitende Insolvenzverwalter oder andere Insolvenzgläubiger nach Neubeginn der Einspruchsfrist bis zu deren Ablauf keinen Einspruch gegen diese Bescheide ein, werden die Bescheide bestandskräftig. Das FA teilt dies der hebeberechtigten Körperschaft mit (§ 184 Abs. 3 AO). Auf dieser Grundlage erlässt die hebeberechtigte Körperschaft ggü. dem Bestreitenden einen Insolvenzfeststellungsbescheid, mit dem die angemeldete und bestrittene GewSt-Forderung unter Beseitigung des insolvenzrechtlichen Widerspruchs festgestellt wird (§ 185 Satz 1 iVm. § 183 Abs. 1 InsO iVm. § 251 Abs. 3 AO), und beantragt sodann die Berichtigung der Tabellenanmeldung (§ 183 Abs. 2 InsO). Legen der die GewSt-Forderung bestreitende Insolvenzverwalter oder andere Insolvenzgläubiger nach 155 Neubeginn der Einspruchsfrist bis zu deren Ablauf Einspruch gegen den GewSt-Messbescheid oder Zerlegungsbescheid ein, hat das FA nur die Rechtmäßigkeit des GewSt-Messbescheids oder Zerlegungsbescheids festzustellen, wenn der Einspruch erfolglos ist.1 Hat der Einspruch Erfolg, hilft das FA diesem durch Erlass eines geänderten GewSt-Messbescheids oder Zerlegungsbescheids ab. Auf der Basis der durch das FA mitgeteilten (§ 184 Abs. 3 AO) Besteuerungsgrundlage erlässt die hebeberechtigte Körperschaft einen (ggf. korrigierten) Insolvenzfeststellungsbescheid, mit dem die angemeldete und bestrittene GewSt-Forderung unter Beseitigung des insolvenzrechtlichen Widerspruchs festgestellt oder der Widerspruch für begründet erklärt wird (§ 185 Satz 1 iVm. § 183 Abs. 1 InsO iVm. § 251 Abs. 3 AO). Dem Obsiegenden obliegt es, die Berichtigung der Tabelle zu beantragen (§ 183 Abs. 2 InsO). Richtet sich der insolvenzrechtliche Widerspruch inhaltlich gegen den im Zeitpunkt der Insolvenz- 156 eröffnung wirksam bekannt gegebenen, aber noch anfechtbaren GewSt-Bescheid der hebeberechtigten Körperschaft (zweite Verfahrensstufe, vgl. Rz. 3, 129 und 146), kann die unterbrochene Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 VwGO) durch Aufnahme des Verfahrens (Rz. 151) erneut zum Laufen gebracht werden. Ist der daraufhin erhobene verwaltungsrechtliche Widerspruch (§ 69 VwGO) unzulässig oder unbegründet, ist im Widerspruchsbescheid (§ 73 Abs. 1 VwGO) die Rechtmäßigkeit der als Insolvenzforderung angemeldeten GewSt festzustellen (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO). Hiernach ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO eröffnet. Hat der verwaltungsrechtliche Widerspruch Erfolg, hat die hebeberechtigte Körperschaft dem Widerspruch durch einen Insolvenzfeststellungsbescheid abzuhelfen und dabei den insolvenzrechtlichen Widerspruch für begründet zu erklären. cc) Angefochtener Steuerbescheid – Feststellung durch Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens (§ 185 Sätze 1 und 2 iVm. § 180 Abs. 2 InsO) (1) Steuerforderungen im Allgemeinen Einspruchs- und (finanz-)gerichtliche Verfahren werden durch die Eröffnung des Insolvenzverfah- 157 rens unterbrochen (Rz. 84 und 87). Bestreitet der Insolvenzverwalter, ein anderer Insolvenzgläubiger oder der Schuldner (Rz. 175 ff.) die dem Einspruchs- oder finanzgerichtlichen Verfahren zugrunde liegende und zur Tabelle angemeldete Steuerforderung, ist die Feststellung der bestrittenen Forderung – vorrangig vor einer Neuklage – durch Aufnahme des unterbrochenen behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens oder des finanzgerichtlichen Verfahrens zu betreiben (§ 185 Satz 2 iVm. § 180 Abs. 2 InsO, vgl. Rz. 84 und 98 ff.).2 Ein insolvenzrechtliches Feststellungsverfahren nach § 251 Abs. 3 AO (Rz. 140 f.) ist ggü. der Auf- 158 nahme des Verfahrens unzulässig. Für einen Insolvenzfeststellungsbescheid fehlt es in dieser Situati1 Vgl. BFH v. 5.11.2013 – IV B 103/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 16. 2 BFH v. 23.2.2005 – VII R 63/03, BStBl. II 2005, 591, unter 2.a. mwN.

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Anh. 2 Rz. 159 GewSt bei Insolvenz on an dem Merkmal der „Erforderlichkeit“.1 Denn Gegenstand des nach Aufnahme fortzuführenden Rechtsbehelfs- oder Gerichtsverfahrens ist – wie auch beim insolvenzrechtlichen Feststellungsbescheid – die festzustellende rechtmäßige Steuerforderung als Insolvenzforderung.2 Ein dennoch erlassener Insolvenzfeststellungsbescheid ist wirksam, aber anfechtbar rechtswidrig.3 159 Zur Aufnahme des unterbrochenen Rechtsbehelfs- oder (finanz-)gerichtlichen Verfahrens ist nach

§ 179 Abs. 2 InsO der die Forderung bestreitende Insolvenzverwalter oder Insolvenzgläubiger verpflichtet (Betreibungslast). Davon abweichend ist auch das FA oder die hebeberechtigte Körperschaft zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens befugt.4 Die Betreibungsbefugnis des FA wird durch die Betreibungslast des Bestreitenden nicht verdrängt. Vor der Aufnahme durch das FA soll dieses den Bestreitenden aber zur Aufnahme des Verfahrens auffordern (vgl. auch Rz. 100, 157).5 160 Der Widersprechende oder die Behörde haben das Verfahren in dem Stand aufzunehmen und fort-

zuführen, in dem es sich bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens befand. Dies gilt für die Aufnahme eines Rechtsbehelfsverfahrens ebenso wie für die Aufnahme eines Klage-, Nichtzulassungsbeschwerde-6 oder Revisionsverfahrens. Sämtliche Bestreitenden sind im Einspruchsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren zu beteiligen. Das ursprüngliche Anfechtungsverfahren ist als Insolvenzfeststellungsverfahren fortzuführen (zulässige Umstellung des Klage-, Beschwerde- oder Revisionsantrags). 161 Verfahrensziel eines aufgenommenen Einspruchsverfahrens wegen einer angemeldeten Steuerforde-

rung ist entweder den Widerspruch für begründet zu erklären oder die bestrittene Forderung zur Insolvenztabelle festzustellen (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO). Dazu sind sowohl die Rechtmäßigkeit der angemeldeten Steuerforderung als auch insolvenzspezifische Einwendungen (Rz. 141, 177) zu prüfen. Entsprechend der durch die Insolvenzeröffnung kraft Gesetzes veränderten Prozesssituation sind etwaige Anträge nach Aufnahme des Rechtsstreits auf Feststellungsanträge umzustellen. 162 Der erfolglose Einspruch ist als unzulässig zu verwerfen oder als unbegründet zurückzuweisen. Zu-

gleich ist durch Feststellung der dem Einspruchsverfahren zugrunde liegenden und bestrittenen Steuerforderung der insolvenzrechtliche Widerspruch zu beseitigen (§ 185 Satz 2 iVm. § 180 Abs. 2, § 183 Abs. 1 InsO).7 Hiergegen ist der Finanzrechtweg gegeben.8 Ist der Einspruch zulässig und begründet, hilft das FA ihm ab und erklärt den insolvenzrechtlichen Widerspruch für begründet (§ 185 Satz 2 iVm. § 180 Abs. 2, § 183 Abs. 1 InsO). Die Einspruchsentscheidung oder der Abhilfebescheid richtet sich inhaltlich an den Insolvenzschuldner und ist dem Bestreitenden bekanntzugeben. Dabei ist klarzustellen, dass sich der Bescheid an den Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als gerichtlich bestellter Vermögensverwalter für einen bestimmten Schuldner richtet.9 Im Falle einer Einspruchsentscheidung hat das FA, andernfalls der Bestreitende die Berichtigung der Tabelle beim Insolvenzgericht zu beantragen (§ 183 Abs. 2 InsO). 163 Die Aufnahme des Passivprozesses nach § 180 Abs. 2 InsO im Klage- oder Revisionsverfahren

(Rz. 91 und 98) ist nicht mehr als Anfechtungs- oder Leistungsklage möglich. Vielmehr ist der Klageoder Revisionsantrag auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle gerichtet. Das jeweilige Verfahrensziel wegen einer angemeldeten Steuerforderung ist entweder den Widerspruch für begründet zu erklären oder die bestrittene Forderung zur Insolvenztabelle festzustellen (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO). Dazu ist eine steuerrechtliche Rechtmäßigkeitsprüfung und eine insolvenzspezifische Prüfung (zB Qualifikation als Insolvenzforderung oder Rang der angemeldeten Forderung) erforderlich. 164 Ein unterbrochenes Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist allein darauf gerichtet, die Zugangs-

schranke (Nichtzulassung der Revision durch das FG) zur Revisionsinstanz zu beseitigen. Dies führt 1 2 3 4 5 6 7 8 9

BFH v. 23.2.2005 – VII R 63/03, BStBl. II 2005, 591, unter 2. BFH v. 26.11.1987 – V R 133/81, BStBl. II 1988, 199, unter II.1.b. BFH v. 23.2.2005 – VII R 63/03, BStBl. II 2005, 591, unter 2.a. mwN; Farr, DStZ 2003, 345 (347). St. Rspr., BFH v. 13.11.2007 – VII R 61/06, BStBl. II 2008, 790, unter II.1. mwN; v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 25 mwN. AEAO zu § 251 Rz. 5.3.1.2.2. BFH v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 21 mwN. AEAO zu § 251 Rz. 5.3.1.2.2. (Tenorierungsmöglichkeit). BFH v. 23.2.2005 – VII R 63/03, BStBl. II 2005, 591, unter 3. AEAO zu § 251 Rz. 5.3.1.1.

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 167 Anh. 2

bei Stattgabe der Beschwerde im aufgenommenen Beschwerdeverfahren regelmäßig dazu, dass sich dieses im Revisionsverfahren fortsetzt (§ 116 Abs. 7 Satz 1 FGO) und eine Feststellung über die Forderung oder die Besteuerungsgrundlage erst in dem als Insolvenzfeststellungsverfahren fortgesetzten Revisionsverfahren getroffen werden kann. Hebt der BFH die Vorentscheidung aufgrund einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde auf und verweist den Rechtsstreit an das FG zurück (§ 116 Abs. 6 FGO), ist das Klageverfahren als Insolvenzfeststellungsverfahren fortzuführen. Der besondere Zweck des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens als Zwischenverfahren führt also auch bei einer zulässigen und begründeten Beschwerde dazu, dass der insolvenzrechtliche Widerspruch des Bestreitenden nicht für begründet erklärt werden darf. Hat die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg, wird das Urteil des FG rechtskräftig (§ 116 Abs. 5 Satz 3 FGO). Im Beschwerdebeschluss ist festzustellen, dass ein Insolvenzgläubigerrecht besteht (Beseitigung des Widerspruchs durch Feststellung der angemeldeten Forderung, § 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO).1 (2) Gewerbesteuermessbescheid Obwohl die GewSt-Schuld der insolventen Person nur durch die hebeberechtigte Körperschaft zur Ta- 165 belle angemeldet werden kann, wird das zweistufige Verfahren im GewSt-Recht (Grundlagenbescheid: GewSt-Messbescheid bzw. Verlustfeststellungsbescheid nach § 10a GewStG; Folgebescheid: GewStBescheid) durch das Insolvenzfeststellungsverfahren (§ 87 iVm. §§ 174 ff. InsO) nicht beeinträchtigt (Rz. 129 f.). Für den Passivprozess nach § 180 Abs. 2 InsO (Rz. 92, 98 ff.) hat dies zur Folge, dass Beteiligter des Feststellungsverfahrens das FA bleibt, wenn sich der insolvenzrechtliche Widerspruch inhaltlich auf den GewSt-Messbetrag, den Fehlbetrag nach § 10a GewStG oder die GewSt-Zerlegung bezieht.2 Bezieht sich der Widerspruch gegen den Inhalt des GewSt-Bescheids (Folgebescheid) oder gegen insolvenzspezifische Einwendungen (zB Rang der GewSt-Forderung als Insolvenzforderung, vgl. Rz. 141), bleibt die hebeberechtigte Körperschaft beteiligt (vgl. auch Rz. 156). Gegenstand des wegen eines GewSt-Messbescheids, Fehlbetragsfeststellungsbescheids nach § 10a 166 GewStG oder Zerlegungsbescheids (Grundlagenbescheide) aufgenommenen Rechtsstreits ist ausschließlich die Rechtmäßigkeit dieser Grundlagenbescheide, die der angemeldeten und bestrittenen GewSt-Forderungen zugrunde liegen (anders bei Steuerbescheiden, vgl. Rz. 163). Entsprechend ist ein Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit dieser Bescheide zu stellen oder ein bereits gestellter Antrag umzustellen. Die bestrittene GewSt-Forderung kann in einem solchen Verfahren indes nicht festgestellt werden.3 Hat die Klage des aufgenommenen Rechtsstreits keinen Erfolg, weist das FG die Klage ab und stellt 167 die Rechtmäßigkeit des GewSt-Messbescheids, Verlustfeststellungsbescheids nach § 10a GewStG oder Zerlegungsbescheids fest. Weiter gehende Feststellungen trifft das FG nicht. Je nach Ausgang des Revisionsverfahrens stellt auch das Revisionsgericht die Rechtmäßigkeit der Bescheide fest.4 Hat die Klage Erfolg, wird der GewSt-Messbescheid, Verlustfeststellungsbescheid nach § 10a GewStG oder GewSt-Zerlegungsbescheid entweder aufgehoben oder in rechtmäßiger Höhe festgestellt. Auch kann das FG die Berechnung dem FA überlassen, das sodann auf der Grundlage des Urt. dem Bestreitenden eine Neuberechnung bekannt gibt (§ 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO). Das FA teilt der hebeberechtigten Körperschaft den Ausgang des Klage- oder Revisionsverfahrens mit. Auf dieser Grundlage erlässt die hebeberechtigte Körperschaft sodann einen (ggf. korrigierten) Insolvenzfeststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO, mit dem es entweder die GewSt-Forderung festgestellt oder den insolvenzrechtlichen Widerspruch für begründet erklärt (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO). Dem Obsiegenden obliegt es, beim Insolvenzgericht die Berichtigung der Tabelle zu beantragen.

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BFH v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 20. BFH v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 26 mwN. BFH v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 23. Vgl. BFH v. 5.11.2013 – IV B 108/13, BFH/NV 2014, 379 Rz. 16.

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Anh. 2 Rz. 168 GewSt bei Insolvenz dd) Bestandskräftiger Steuerbescheid (1) Steuerforderungen im Allgemeinen 168 Widerspricht der Insolvenzverwalter oder ein anderer Insolvenzgläubiger der angemeldeten – be-

standskräftig festgesetzten – Steuerforderung, obliegt ihm nach § 179 Abs. 2 InsO die Verfolgung seines Widerspruchs. Trotz der Betreibungspflicht des Widersprechenden bleibt es dem betroffenen (Steuer-)Gläubiger unbenommen, die Beseitigung des Widerspruchs zu verfolgen. Denn § 179 Abs. 2 InsO nimmt demjenigen, der den Titel erwirkt hat, nur die Verpflichtung ab, ein Verfahren zu betreiben, entzieht ihm aber nicht die Befugnis dazu.1 169 Die Bestandskraft der Steuerfestsetzung wirkt auch im eröffneten Insolvenzverfahren ggü. allen am

insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahren Beteiligten. Die Insolvenzordnung trifft zwar für die Durchsetzung von Insolvenzforderungen eigenständige Regelungen, geht aber von der Lage aus, die bei Insolvenzeröffnung bestand. Der Bestreitende kann deshalb einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Rechtsbehelfsfrist (§ 110 AO) oder einen Korrekturantrag (zB nach §§ 129, 164 f., 172 ff. AO) bzgl. des formell bestandskräftigen Steuerbescheids stellen. Das FA stellt dann durch einen Insolvenzfeststellungsbescheid nach § 185 Satz 1 InsO iVm. § 251 Abs. 3 AO fest, ob dem Steuergläubiger die angemeldete Steuerforderung als Insolvenzforderung zusteht. Dabei sind auch die Änderbarkeit der formell bestandskräftigen Steuerfestsetzung sowie die Wiedereinsetzbarkeit in den vorigen Stand zu prüfen.2 Demgegenüber kommt es auf die Frage der Rechtmäßigkeit der bestandskräftigen Steuerfestsetzung nicht an. 170 Die Pflicht des FA, durch Insolvenzfeststellungsbescheid zu entscheiden, steht nicht im Widerspruch

dazu, dass bei Vorliegen eines Steuerbescheids (Titulierung) der Erlass eines Verwaltungsakts nach § 251 Abs. 3 AO grds. ausgeschlossen ist (dazu Rz. 150).3 Denn nur durch den Insolvenzfeststellungsbescheid kann das FA die durch das Bestreiten der angemeldeten Steuerforderung verursachte Ungewissheit beseitigen. Anders als im Fall einer im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung angefochtenen Steuerfestsetzung und eines folglich – nach Aufnahme – fortzuführenden Rechtsbehelfsverfahrens besteht im Falle einer bei Insolvenzeröffnung bestandskräftigen Steuerfestsetzung nicht die Gefahr, dass zwei voneinander unabhängige Rechtsbehelfsverfahren über dieselbe Steuerforderung geführt werden.4 (2) Gewerbesteuermessbescheid 171 Die vorherigen Ausführungen gelten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des zweistufigen

Verfahrens (Rz. 3, 129 und 146) auch für die bestrittene GewSt-Forderung. War der GewSt-Messbescheid oder Zerlegungsbescheid im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits formell bestandskräftig und bestreitet der Insolvenzverwalter oder ein anderer Insolvenzgläubiger die angemeldete GewSt-Forderung inhaltlich mit der Änderbarkeit der Grundlagenfestsetzung (erste Stufe) oder stellt er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO), hat das FA durch Verwaltungsakt zu entscheiden (Rz. 171 f.). 172 Liegen die Voraussetzungen für die Änderbarkeit des GewSt-Messbescheids oder eine Wiedereinset-

zung in den vorigen Stand nicht vor, stellt das FA dies durch Ablehnungsbescheid fest. Hiergegen sind der Einspruch und anschließend der Finanzrechtsweg gegeben. Verfahrensgegenstand ist ausschließlich die Frage der Änderbarkeit des GewSt-Messbescheids (Rechtmäßigkeitsprüfung). Nach Abschluss des Verfahrens teilt das FA der hebeberechtigten Körperschaft den Ausgang des Verfahrens formlos mit (§ 184 Abs. 3 AO). War der GewSt-Messbescheid rechtmäßig, hat die hebeberechtigte Körperschaft die bestrittene GewSt-Forderung durch einen Insolvenzfeststellungsbescheid iSd. § 251 Abs. 3 AO (zur Beseitigung des Widerspruchs) festzustellen (§ 185 Sätze 1 und 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO)5 und darauf beruhend die Berichtigung der Tabelle zu beantragen (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 2 InsO). 1 2 3 4 5

BFH v. 23.2.2010 – VII R 48/07, BStBl. II 2010, 562, unter II.1.c. BFH v. 23.2.2010 – VII R 48/07, BStBl. II 2010, 562, unter II.1.d.; AEAO zu § 251 Rz. 5.3.1.2. BFH v. 23.2.2005 – VII R 63/03, BStBl. II 2005, 591, Ls. 1. BFH v. 23.2.2010 – VII R 48/07, BStBl. II 2010, 562, unter II.1.d. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 305.

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 178 Anh. 2

Liegen die Änderungsvoraussetzungen für den GewSt-Messbescheid vor und war die Festsetzungs- 173 frist noch nicht abgelaufen, ist der GewSt-Messbescheid zu ändern. Gleiches gilt, wenn ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Erfolg hat und dem eingelegten Einspruch abzuhelfen ist. Lehnt das FA den Änderungsantrag oder den Wiedereinsetzungsantrag ab, ist – nach Durchführung des Einspruchsverfahrens – der Finanzrechtsweg gegeben. Verfahrensgegenstand ist jeweils ausschließlich die Frage der Änderbarkeit, oder, falls der Wiedereinsetzungsantrag Erfolg haben sollte, die Rechtmäßigkeit des GewSt-Messbescheids. Demgegenüber erlässt das FA keinen Insolvenzfeststellungsbescheid iSd. § 251 Abs. 3 AO. Nach Abschluss des Verfahrens teilt das FA der hebeberechtigten Körperschaft den Ausgang des Verfahrens formlos mit (§ 184 Abs. 3 AO). Die Änderungen hat die hebeberechtigte Körperschaft durch einen Insolvenzfeststellungsbescheid iSd. § 251 Abs. 3 AO festzustellen und zugleich den Widerspruch für begründet zu erklären (§ 185 Satz 2 iVm. § 183 Abs. 1 InsO).1 Die Berichtigung der Insolvenztabelle hat der Bestreitende zu beantragen (§ 183 Abs. 2 InsO).2 (3) Gewerbesteuerbescheid der Gemeinde Richtet sich der insolvenzrechtliche Widerspruch inhaltlich gegen den bestandskräftigen GewSt- 174 Bescheid der hebeberechtigten Körperschaft (zweite Stufe), hat diese durch Insolvenzfeststellungsbescheid zu entscheiden (vgl. Rz. 156). 7. Vom Schuldner bestrittene (Gewerbe-)Steuerforderung Eine zur Tabelle angemeldete Insolvenzforderung kann auch durch den Insolvenzschuldner bestritten 175 werden (vgl. § 176 Satz 2 InsO). Der Widerspruch ist in die Tabelle einzutragen (§ 178 Abs. 2 Satz 2 InsO). Während das Bestreiten der angemeldeten (Steuer-)Forderung durch den Insolvenzverwalter oder einen anderen Insolvenzgläubiger zur Folge hat, dass diese als nicht festgestellt gilt (§ 178 Abs. 1 InsO), hat das Bestreiten der (Steuer-)Forderung durch den Schuldner nur zur Folge (vgl. § 178 Abs. 1 Satz 2 InsO), dass der Gläubiger nach Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht aus der Tabelleneintragung die Einzelzwangsvollstreckung (vgl. zur Nachhaftung § 201 Abs. 1 Satz 1 InsO) gegen den Schuldner betreiben kann (§ 201 Abs. 2 Satz 1 InsO). Hat der betroffene Gläubiger den Widerspruch des Schuldners während des Insolvenzverfahrens – zB durch Neuklage oder Aufnahme eines Rechtsstreits – beseitigt (vgl. § 184 InsO), steht die bestrittene Forderung einer unbestrittenen Forderung gleich (§ 201 Abs. 2 Satz 2 InsO) mit der Folge, dass der Gläubiger aus dem (berichtigten) Tabellenauszug vollstrecken kann. Ein Widerspruch des Schuldners hat also für das laufende Insolvenzverfahren keine Auswirkungen. 176 Insbesondere steht er nach § 178 Abs. 1 Satz 2 InsO der Forderungsfeststellung nicht entgegen. Die nur vom Schuldner bestrittene Forderung nimmt trotzdem an der allg. Verteilung (§§ 187 ff. InsO) teil. Der Widerspruch des Schuldners betrifft auch nur das Verhältnis zwischen ihm und dem jeweiligen Gläubiger. Widerspricht der Schuldner der Feststellung der (Steuer-)Forderung nicht, ist er später mit sämtli- 177 chen Einwendungen gegen die Forderung ausgeschlossen, die er vor der Feststellung zur Tabelle hätte geltend machen können.3 Der Schuldnerwiderspruch kann sich inhaltlich nur gegen den Bestand der Forderung dem Grunde oder der Höhe nach richten. Unzulässig sind demgegenüber insolvenzspezifische Einwendungen (gegen die Eigenschaft als Insolvenzforderung, ihren Rang oder ihre Anfechtbarkeit nach § 129 ff. InsO). Bestreitet der Schuldner einer angemeldeten, nicht titulierten Insolvenzforderung, muss der Gläu- 178 biger zur Erhaltung der Vollstreckungsmöglichkeit aus dem Tabellenauszug (Neu-)Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben (§ 184 Abs. 1 Satz 1 InsO). Sofern bereits ein Rechtsstreit anhängig ist, muss dieser aufgenommen werden (§ 184 Abs. 1 Satz 2 InsO); eine Neuklage wäre dann unzulässig (Rz. 157). Sind die Zivilgerichte – wie bei Steuerforderungen – nicht zuständig, richtet sich das Verfahren nach § 185 Satz 2 iVm. § 184 InsO. Bei einer vom Schuldner be1 Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 305. 2 Boochs in FK-InsO8, § 155 Rz. 848. 3 OLG Köln v. 2.11.1994 – 13 U 63/94, WM 1995, 597.

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Anh. 2 Rz. 179 GewSt bei Insolvenz strittenen, nicht durch Steuerbescheid titulierten Steuerforderung erlässt das FA einen Insolvenzfeststellungsbescheid (§ 251 Abs. 3 AO).1 Dessen Gegenstand ist das Bestehen der angemeldeten Abgabenforderung als (ggf. nachrangige) Insolvenzforderung (Rz. 141). 179 Richtet sich der insolvenzrechtliche Widerspruch des Schuldners gegen eine nicht titulierte GewSt-

Forderung, muss für die insolvenzrechtliche Feststellung danach unterschieden werden, ob sich dieser inhaltlich gegen die Besteuerungsgrundlage oder die GewSt an sich richtet (Rz. 147 f.). Richtet sich dieser gegen den GewSt-Messbetrag, hat das FA einen GewSt-Messbescheid zu erlassen, mit dem die Besteuerungsgrundlagen festgesetzt werden. Auf der Grundlage des – nach allg. Regelungen anfechtbaren – GewSt-Messbescheids erlässt die hebeberechtigte Körperschaft einen Insolvenzfeststellungsbescheid, dem der GewSt-Messbescheid bindend zugrunde liegt und der iÜ die angemeldete GewSt-Forderung als Insolvenzforderung feststellt. Richtet sich der insolvenzrechtliche Widerspruch demgegenüber inhaltlich ausschließlich gegen die GewSt, erlässt die hebeberechtigte Körperschaft einen Insolvenzfeststellungsbescheid, mit dem die Rechtmäßigkeit der GewSt-Forderung als Insolvenzforderung festgestellt wird. Bekanntzugeben sind sowohl ein etwaiger GewSt-Messbescheid als auch ein Insolvenzfeststellungsbescheid an den Schuldner.2 180 Bestreitet der Schuldner hingegen eine angemeldete, bereits titulierte Insolvenzforderung (wirk-

same Bekanntgabe eines Steuer- oder Messbetragsbescheids vor Insolvenzeröffnung), obliegt es ihm nach § 184 Abs. 2 Satz 1 InsO, den Widerspruch binnen einer Frist von einem Monat zu verfolgen. Nach Ablauf dieser Frist gilt der Widerspruch als nicht erhoben (§ 184 Abs. 2 Satz 2 InsO). Der Schuldner hat dem Insolvenzgericht die Verfolgung seiner Ansprüche nachzuweisen. Dabei ist der Rechtsstreit oder das Verfahren in dem Stadium und in der Weise fortzusetzen, wie ihn der Schuldner außerhalb des Insolvenzverfahrens fortsetzen könnte. 181 War im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits ein (Gewerbe-)Steuermessbescheid oder (Gewer-

be-)Steuerbescheid wirksam bekannt gegeben (titulierte Forderung), ein außergerichtlicher Rechtsbehelf aber noch nicht eingelegt und die Rechtsbehelfsfrist noch nicht abgelaufen (anfechtbarer Bescheid), ist der insolvenzrechtliche Widerspruch durch den Schuldner entweder durch Einlegung eines Einspruchs gegen den (Gewerbe-)Steuermessbescheid (§§ 347 ff. AO) oder durch Erhebung eines Widerspruchs gegen den (Gewerbe-)Steuerbescheid (§§ 68 ff. VwGO) zu verfolgen (Rz. 154 bis 156 gelten sinngemäß). 182 War im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits ein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren

oder eine Klage, Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision anhängig (angefochtener Steuerbescheid), ist der insolvenzrechtliche Widerspruch des Schuldners gegen die angemeldete GewSt-Forderung entsprechend § 184 Abs. 1 Satz 2 InsO durch Aufnahme des jeweiligen Verfahrens zu verfolgen (Rz. 165 bis 167 gelten sinngemäß). Wegen § 184 Abs. 2 Satz 2 InsO steht der Aufnahme durch den Schuldner auch nicht ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis entgegen.3 Eine sofortige Klage des Schuldners ohne Aufnahme des unterbrochenen außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens ist unzulässig.4 Erst nach Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens kann der Schuldner den Finanzrechtsweg in zulässiger Weise beschreiten. 183 Trotz der Aufnahmepflicht des die angemeldete Forderung bestreitenden Schuldners bleibt es auch

dem Gläubiger unbenommen, das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren oder den (Finanz-) Rechtsstreit aufzunehmen. Sein rechtlich geschütztes Interesse besteht in der Beseitigung des Widerspruchs, um aus dem Tabellenauszug vollstrecken zu können (§ 201 Abs. 2 Satz 2 InsO).

1 AEAO zu § 251 Rz. 5.3.2. 2 AEAO zu § 251 Rz. 5.3.2. 3 Anders noch: BGH v. 27.10.2003 – II ZA 9/02, WM 2003, 2429, unter II.1.; BFH v. 7.3.2006 – VII R 11/05, BStBl. II 2006, 573, unter II.2.a. Durch die Einfügung des § 184 Abs. 2 InsO durch Art. 1 Nr. 23 des InsVereinfG v. 13.4.2007 (BGBl. I 2007, 509) kann diese Rspr. keinen Bestand mehr haben. 4 BFH v. 15.3.2013 – VII B 49/12, BFH/NV 2013, 1451 Rz. 7.

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 190 Anh. 2

V. Durchsetzung einer als sonstige Masseverbindlichkeit einzuordnenden (Gewerbe-)Steuerforderung Sonstige Masseverbindlichkeiten iSd. § 55 InsO (Rz. 107 ff.) werden nach den außerhalb des Insol- 184 venzverfahrens geltenden Vorschriften geltend gemacht und durchgesetzt. Sie werden nicht von § 87 InsO erfasst. Deshalb sind sie nicht zur Tabelle anzumelden. Sie werden nach § 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse befriedigt. Einschränkungen ergeben sich nur nach §§ 90, 210 InsO. Auch anhängige Rechtsstreitigkeiten über sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 2 oder 4 InsO) werden nach § 240 Satz 1 InsO unterbrochen und können nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Gegner aufgenommen werden. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete (Gewerbe-)Steueransprüche, die als sonstige 185 Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 InsO zu qualifizieren sind (Rz. 107 ff.), sind ggü. dem Insolvenzverwalter durch Steuerbescheid festzusetzen und von diesem nach § 53 InsO, § 34 Abs. 3 iVm. § 34 Abs. 1 Satz 2 AO vorweg aus der Insolvenzmasse zu entrichten.1 Für die Durchsetzung einer solchen (Gewerbe-)Steuerforderung gelten also nicht die insolvenzrechtlichen Einschränkungen wie zur Geltendmachung einer Insolvenzforderung (Rz. 121 ff.). Dementsprechend sind auch GewStMessbeträge durch Messbetragsbescheid festzusetzen. Der GewSt-Bescheid, GewSt-Messbescheid oder Zerlegungsbescheid ist ggü. dem Insolvenzverwal- 186 ter als Bekanntgabeadressat für den betroffenen Insolvenzschuldner (Inhaltsadressat) bekanntzugeben.2 Dazu muss die Funktion des Insolvenzverwalters als Partei kraft Amtes zum Ausdruck kommen. Zudem sollte im Bescheid erläutert werden, dass die Festsetzung oder Feststellung eine sonstige Masseverbindlichkeit betrifft.3 Die sich aus der Verwertung der Insolvenzmasse oder Fortführung des Betriebs ergebende GewSt- 187 Schuld ist in einem auf den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung beschränkten GewSt-Messbescheid und GewSt-Bescheid festzusetzen. Die einheitlich ermittelte GewSt-Schuld ist für den EZ der Insolvenzeröffnung insolvenzrechtlich in eine Insolvenzforderung und eine Masseverbindlichkeit aufzuteilen (Rz. 117). Wird der Gewerbebetrieb nach Insolvenzeröffnung abgewickelt, sind die Besteuerungsgrundlagen 188 für den Abwicklungszeitraum erst nach dessen Ablauf zu ermitteln (Rz. 23 und 43). Entsprechend kann die Festsetzung des GewSt-Messbetrags für die EZ der Abwicklung auch erst nach Ablauf des Abwicklungszeitraums erfolgen. Unbenommen ist der hebeberechtigten Körperschaft aber die Festsetzung von Vorauszahlungen für die GewSt. Mit Beendigung des Insolvenzverfahrens entfällt auch die Verfahrensführungs- und Prozessführungs- 189 befugnis des Insolvenzverwalters. Deshalb können Einspruchs- oder Klageverfahren wegen einer Steuerfestsetzung, die als Masseverbindlichkeit einzuordnen ist, von diesem nicht fortgesetzt werden. Das Verfahren wird entsprechend § 239 ZPO unterbrochen, bis es vom StPfl. (Insolvenzschuldner) aufgenommen wird.4 Wird das Insolvenzverfahren nach der Schlussverteilung aufgehoben (§ 200 Abs. 1 InsO), jedoch eine Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1 und 2 InsO), bleibt der Insolvenzverwalter ausnahmsweise befugt, anhängige Einspruchs- oder Klageverfahren fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der Nachtragsverteilung vorbehaltene Masse realisiert werden soll. Werden Steuern, die als sonstige Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, vom Insolvenzverwalter 190 nicht entrichtet, ist dieser zur unverzüglichen Zahlung aufzufordern. Die Vollstreckung gegen die Masse richtet sich nach den allg. Vorschriften der AO. Das Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO gilt nur für Insolvenzforderungen, nicht aber für Masseverbindlichkeiten. Allerdings gilt das Vollstreckungsverbot nach § 90 Abs. 1 InsO für die Dauer von sechs Monaten seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Danach ist auch während des Insolvenzverfahrens die Vollstreckung in die Insolvenzmasse 1 BFH v. 24.8.2011 – V R 53/09, BStBl. II 2012, 256 Rz. 18 mwN; v. 16.7.2015 – III R 32/13, BStBl. II 2016, 251 = FR 2016, 382 Rz. 19 mwN; v. 16.5.2013 – IV R 23/11, BStBl. II 2013, 759 Rz. 28 mwN = FR 2014, 243 m. Anm. Roth; v. 18.5.2010 – X R 60/08, BStBl. II 2011, 429, unter II.2. 2 AEAO zu § 122 Rz. 1.4.2 Buchst. d, zu § 251 Rz. 4.3.1. 3 AEAO zu § 122 Rz. 2.9, zu § 251 Rz. 4.3.3. 4 BFH v. 6.7.2011 – II R 34/10, BFH/NV 2012, 10.

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Anh. 2 Rz. 191 GewSt bei Insolvenz durch Massegläubiger zulässig. Erst mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit greift für Massegläubiger das Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO für Altmasseverbindlichkeiten iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Für Neumassegläubiger gilt hingegen kein Vollstreckungsverbot. 191 Kann die als Masseverbindlichkeit einzuordnende GewSt-Schuld nicht aus der Insolvenzmasse ent-

richtet werden, ist der Insolvenzverwalter dem Massegläubiger (hebeberechtigte Körperschaft) unter den Voraussetzungen des § 61 InsO zum Schadensersatz verpflichtet.

VI. Durchsetzung einer als Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen einzuordnenden (Gewerbe-)Steuerforderung 192 Eine Steuerforderung gegen das insolvenzfreie Vermögen (Rz. 111) kann ohne insolvenzrechtliche

Einschränkungen gegen den Schuldner geltend gemacht werden. Sie ist gegen den Schuldner als Inhalts- und Bekanntgabeadressat festzusetzen.1 Eine etwaige Steuererstattung steht dem Schuldner zu. Steuernachzahlungen sind vom Schuldner aus dem insolvenzfreien Vermögen zu leisten.2

VII. Aufrechnung durch die hebeberechtigte Körperschaft 193 Der Aufrechnung durch einen Insolvenzgläubiger (zB hebeberechtigte Körperschaft) kommt im In-

solvenzverfahren besondere Bedeutung zu, weil sie eine Forderungsbefriedigung außerhalb des Verfahrens nach § 87 iVm. §§ 174 ff. InsO – und damit mehr als eine nur quotale Befriedigung – erlaubt. 194 Nach § 226 Abs. 1 AO gelten für die Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis

sowie für die Aufrechnung gegen derartige Ansprüche die Vorschriften des bürgerlichen Rechts sinngemäß. Nach § 387 BGB setzt die Aufrechnung voraus, dass die Forderung des Aufrechnenden (Gegenforderung) fällig und die Forderung des Aufrechnungsgegners (Hauptforderung) erfüllbar ist, die Forderungen gleichartig sind und Schuldner und Gläubiger sich gegenseitig gegenüberstehen. Jeder Schuldner kann somit nur mit einem eigenen Anspruch, nicht aber mit dem Anspruch eines Dritten aufrechnen. Bei Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ist – vorbehaltlich § 226 Abs. 4 AO – die Ertragshoheit iSd. Art. 106 GG maßgeblich (zB mit einer Forderung gegen das Land kann nur mit Ansprüchen gegen das Land aufgerechnet werden). Erweiternd fingiert § 226 Abs. 4 AO die Gegenseitigkeit dahingehend, dass für die Aufrechnung als Gläubiger oder Schuldner eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis auch die Körperschaft gilt, die die Steuer verwaltet (Verwaltungshoheit, Art. 108 GG). Danach kann die Aufrechnung auch dann erfolgen, wenn Gegenseitigkeit nicht auf der Grundlage der Ertragshoheit (Gläubiger- und Schuldneridentität), sondern der Verwaltungshoheit besteht.3 Als Gläubigerin und Schuldnerin aller Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis gilt diejenige Körperschaft (zB Bund, Land oder Gemeinde), der die Steuerbehörde angehört, für die ihr die Verwaltungshoheit zusteht. Es kann also wahlweise aufgrund der Ertragshoheit oder der Verwaltungshoheit aufgerechnet werden. Demgemäß kann mit Ansprüchen auf Bundessteuern gegen Erstattungsansprüche auf Landessteuern und umgekehrt aufgerechnet werden, wenn diese von den Behörden derselben Körperschaft verwaltet werden. Dabei darf es sich durchaus um verschiedene Finanzbehörden derselben Körperschaft (zB eines Bundeslandes) handeln, hingegen nicht um verschiedene Finanzbehörden verschiedener Körperschaften.4 195 Gemeindesteuern (zB GewSt) sind mit Landes- oder Bundessteuern grds. nicht aufrechenbar. Ist die

hebeberechtigte Körperschaft allerdings das Land (zB in Stadtstaaten), kann auf der Grundlage der Verwaltungshoheit (§ 226 Abs. 4 AO) auch gegen Gemeindesteuern bzw. mit Ansprüchen auf Erstattung von Gemeindesteuern aufgerechnet werden. 1 BFH v. 5.3.2008 – X R 60/04, BStBl. II 2008, 787 = FR 2008, 1155, unter II.1. mwN; v. 18.5.2010 – X R 60/08, BStBl. II 2011, 429 Rz. 35. 2 AEAO zu § 122 Rz. 7. 3 BFH v. 25.4.1989 – VII R 105/87, BStBl. II 1989, 949, unter II.2. 4 H/H/Sp, § 226 AO Rz. 36 (Stand: Juli 2017).

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D. Verfahrensrecht im Regelinsolvenzverfahren

Rz. 201 Anh. 2

Für das eröffnete Insolvenzverfahren regelt § 94 InsO, dass die Aufrechnungslage durch die Insolvenz 196 grds. nicht berührt wird. Es gelten die allg. Grundsätze des § 226 AO iVm. §§ 387 ff. BGB.1 Vorbehaltlich des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist eine Aufrechnung uneingeschränkt möglich, wenn die Aufrechnungslage bereits im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bestanden hat. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist es unerheblich, wann die Aufrechnung erklärt wird. Für die Zugehörigkeit von Ansprüchen zur Insolvenzmasse kommt es nicht auf den Zeitpunkt der 197 Vollrechtsentstehung, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt worden ist (Rz. 107 ff.).2 Ein Anspruch auf Erstattung von GewSt gehört daher zur Insolvenzmasse, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Der Rechtsgrund für eine Erstattung von GewSt wird bereits mit der Leistung der entsprechenden Vorauszahlungen gelegt, denn bereits in diesem Zeitpunkt erlangt der StPfl. einen Anspruch auf Erstattung der Vorauszahlungen unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Jahresende die geschuldete GewSt geringer ist als die Summe der Vorauszahlungen.3 Eingeschränkt wird die Aufrechnung nach Insolvenzeröffnung aber durch die Aufrechnungsverbote 198 nach §§ 95 und 96 InsO. Die Einschränkungen der Aufrechnung nach §§ 94 bis 96 InsO treten mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein und enden mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. § 200 InsO. Über § 94 InsO hinaus gestattet § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO die Aufrechnung unter besonderen Umstän- 199 den, wenn die Aufrechnungslage erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt. Nach § 95 Abs. 1 InsO kann (noch) nicht aufgerechnet werden, wenn die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen aufschiebend bedingt oder noch nicht fällig sind. Die Aufrechnung kann erst erfolgen, wenn die Voraussetzungen (Unbedingtheit oder Fälligkeit) eingetreten sind; hierbei ist die Fälligkeitsfiktion des § 41 InsO nicht anzuwenden. Es gilt allein die steuerrechtliche Fälligkeit. Für vor Insolvenzeröffnung wirksam bekannt gegebene Steuerbescheide richtet sich die Fälligkeit nach § 220 Abs. 2 Satz 2 AO. Da ein Steuerbescheid nach Insolvenzeröffnung grds. nicht mehr erlassen werden darf, richtet sich die Fälligkeit sodann nach § 220 Abs. 2 Satz 1 AO, dh., der Steueranspruch gilt für Zwecke der Aufrechnung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als fällig.4 Zum Schutz der Insolvenzmasse und zur Erreichung des Verfahrensziels einer gleichmäßigen Gläubi- 200 gerbefriedigung statuiert § 96 Abs. 1 InsO vier Aufrechnungsverbote (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 InsO).5 § 96 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 InsO beziehen sich auf nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehende Aufrechnungslagen. Die Aufrechnung ist unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Sie ist zudem unzulässig, wenn der Insolvenzgläubiger die Gegenforderung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem anderen Gläubiger – zB im Wege der Abtretung – erworben hat (§ 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO) oder wenn der Insolvenzgläubiger nach Verfahrenseröffnung eine Forderung gegen das nicht insolvenzfreie Vermögen des Schuldners erwirbt und damit aufrechnen möchte (§ 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO). Das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO bezieht sich auf eine bereits bei Insolvenzeröffnung bestehende Aufrechnungslage. Danach ist die Aufrechnung unzulässig, wenn der Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung (§§ 129 ff. InsO) erlangt hat. Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 201 Abs. 1 und 2 AO) betreffen, hat die Finanzbehörde nach § 218 Abs. 2 AO durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden. Gegenstand des Abrechnungsbescheids ist die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens reiner Zahlungsansprüche. Mit ihm wird festgestellt, inwieweit bestimmte Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) noch bestehen oder durch einen der in § 47 AO aufgeführten Erlöschenstatbestände (zB Aufrechnung) ganz oder teilweise erloschen sind. Betrifft der Abrechnungsbescheid ei-

1 2 3 4 5

BFH v. 18.8.2015 – VII R 29/14, BFH/NV 2016, 87 Rz. 13. St. Rspr., BFH v. 28.2.2012 – VII R 36/11, BStBl. II 2012, 451 Rz. 10 mwN. Zur ESt: BFH v. 28.2.2012 – VII R 36/11, BStBl. II 2012, 451 Rz. 10. BFH v. 4.2.2005 – VII R 20/04, BStBl. II 2010, 55 Rz. 8 ff. AEAO zu § 122 Rz. 8 (mit Bsp.).

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Anh. 2 Rz. 202 GewSt bei Insolvenz nen Anspruch der Insolvenzmasse, ist dieser dem Insolvenzverwalter gegenüber, andernfalls gegenüber dem Schuldner bekanntzugeben.

VIII. Beendigung des Insolvenzverfahrens 202 Das Insolvenzverfahren wird durch Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens beendet (§§ 200 Abs. 1,

207 Abs. 1 Satz 1, 211 Abs. 1, 212, 213, 258 InsO). Mit Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens erhält der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zurück (§ 215 Abs. 2 Satz 2 InsO). 203 Nach § 200 Abs. 1 InsO beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens von

Amts wegen, wenn die Schlussverteilung (§ 196 InsO) vollzogen ist. Dies setzt voraus, dass etwaige Einwendungen gegen das Verteilungsverzeichnis und Rechtsmittel gegen die zurückweisende oder berichtigende Entscheidung des Gerichts (§ 194 InsO) sowie Einwendungen gegen die gerichtliche Zustimmung zur Schlussverteilung (§§ 197 Abs. 3, 194 Abs. 2 und 3 InsO) rechtskräftig abgeschlossen sind. 204 Ungeachtet einer ausdrücklichen Regelung (anders bei § 215 Abs. 2 Satz 2 InsO) erhält der Schuld-

ner mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein (Rest-)Vermögen zurück. Dies bewirkt, dass der Schuldner die Verfahrensführungs- und Prozessführungsbefugnis zurückerlangt (vgl. Rz. 61).1 Dies gilt nur dann nicht, wenn das Insolvenzgericht die Nachtragsverteilung anordnet (§ 203 Abs. 1 InsO).2 Vorbehaltlich einer möglichen Restschuldbefreiung können die Insolvenzgläubiger nach Verfahrensaufhebung ihre unbefriedigt gebliebenen (Rest-)Forderungen gegen den Schuldner uneingeschränkt geltend machen (§ 201 Abs. 1 und 3 InsO). Die Aufrechnungsverbote der §§ 95 und 96 InsO gelten nicht mehr. 205 Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens sind Steuerbescheide wieder uneingeschränkt an den StPfl.

zu richten und diesem bekanntzugeben. Für den EZ der Verfahrensaufhebung ist deshalb nur eine GewSt-Veranlagung durchzuführen, in der sowohl der Massezeitraum wie auch der Zeitraum nach Abschluss des Insolvenzverfahrens zusammengefasst werden.

E. Besonderheiten bei Eigenverwaltung 206 Auf Antrag des Schuldners oder der Gläubigerversammlung kann das Insolvenzgericht durch Be-

schluss die Eigenverwaltung der Insolvenzmasse durch den Schuldner – unter Aufsicht eines Sachwalters – anordnen. Durch die Anordnung der Eigenverwaltung verliert der Schuldner – entgegen § 80 Abs. 1 InsO – nicht die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen (§ 270 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Schuldner bleibt – unter Aufsicht des Sachwalters – folglich auch prozessführungsbefugt. Die Eigenverwaltung kann auf Antrag der Gläubigerversammlung, des Schuldners oder eines Gläubigers, der entsprechende Gründe glaubhaft zu machen hat, aufgehoben werden (§ 272 InsO). 207 Wird das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet, kommt es nicht zu einer

Unterbrechung der laufenden Verfahren nach § 240 Satz 1 ZPO. Für die Anwendung des § 240 ZPO fehlt es an einem Wechsel der Prozessführungsbefugnis. 208 Die insolvenzrechtlichen Vorschriften bleiben durch die Eigenverwaltung – von wenigen Ausnahmen

abgesehen – unberührt. Im Grunde sind nur Befugnisse des Insolvenzverwalters auf den Schuldner selbst zu übertragen. Insolvenzforderungen sind schriftlich beim Sachwalter zur Tabelle anzumelden (§ 270c InsO). Auf die Besteuerung hat die angeordnete Eigenverwaltung keine Auswirkungen. 209 Lediglich für das Besteuerungsverfahren sind einige Besonderheiten zu beachten. Insbesondere wer-

den laufende Besteuerungs- oder Gerichtsverfahren nicht nach § 240 ZPO unterbrochen. Zudem

1 BFH v. 6.7.2011 – II R 34/10, BFH/NV 2012, 10 Rz. 10 mwN. 2 Vgl. BFH v. 28.2.2012 – VII R 36/11, BStBl. II 2012, 451, unter II.2.b.

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F. Sicherungsmaßnahmen (vorläufige Insolvenzverwaltung)

Rz. 215 Anh. 2

bleibt der Schuldner Bekanntgabeadressat eines etwaigen Insolvenzfeststellungs- oder Steuerbescheids.1

F. Sicherungsmaßnahmen (vorläufige Insolvenzverwaltung) Im Insolvenzeröffnungsverfahren kann das Insolvenzgericht verschiedene (vorläufige) Sicherungs- 210 maßnahmen anordnen. Die häufigste Sicherungsmaßnahme ist neben einem Vollstreckungsverbot die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 22 InsO). Wird diese Anordnung mit dem Erlass eines allg. Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO verbunden, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über (sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter). Im Besteuerungsverfahren hat der „starke“ vorläufige Insolvenzverwalter die gleiche Stellung (§ 34 Abs. 3 AO) wie der Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren (Rz. 61). Die vom „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten gelten nach Ver- 211 fahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten iSd. § 55 Abs. 2 InsO. Für hierauf bezogene Verwaltungsakte ist er im Insolvenzeröffnungsverfahren Bekanntgabeadressat. Mit der Bestellung des starken vorläufigen Insolvenzverwalters tritt bereits die Unterbrechungswir- 212 kung analog zu § 240 Satz 2 ZPO ein, weshalb ab diesem Zeitpunkt insbes. keine Steuerbescheide mehr für solche Steuern erlassen werden dürfen, die vor Bestellung des „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind (Rz. 62 ff.). Eine vom Schuldner vor Bestellung eines „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters erteilte Empfangs- 213 vollmacht ist weiterhin zu beachten, sofern sie nicht vom „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter widerrufen oder das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Soweit das Gericht vom Erlass eines allg. Verfügungsverbots absieht und die Rechte des vorläufigen 214 Insolvenzverwalters individuell bestimmt, handelt es sich um einen sog. „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser ist nicht Vermögensverwalter iSd. § 34 Abs. 3 AO; daher obliegen die stl. Pflichten, insbes. die Steuererklärungspflicht, weiterhin dem Schuldner. Steuerbescheide sind daher an den Schuldner zu richten und diesem bekanntzugeben, soweit kein Empfangsbevollmächtigter bestellt ist. Der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter kann idR keine Masseverbindlichkeiten begründen.2 215 Aufgrund der Regelung des § 55 Abs. 4 InsO gelten jedoch Steuerverbindlichkeiten des Schuldners, die vom vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters begründet werden, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten.3

1 AEAO zu § 122 Rz. 4.3.1. 2 BGH v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353. 3 Zu Einzelheiten der Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO BMF v. 20.5.2015 – IV A 3 - S 0550/10/10020-05 – DOK 2015/0416027, BStBl. I 2015, 476, ergänzt durch BMF v. 18.11.2015 – IV A 3 - S 0550/10/10020-05 – DOK 2015/1037464, BStBl. I 2015, 886.

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Stichwortverzeichnis Verfasserin: Dr. Ursula Roth

Abfärberegelung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG)

2 30, 132, 192; 3 14 Abfärbetheorie 7 35 Abfindungsrente – Gesellschafter 8 Nr. 1b 30 Abfindungsschuld – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Abführungsbedingte Teilwertabschreibung 2 154 Abgabe der Steuererklärung – Realakt 14a 21 Abgabefrist der Steuererklärung 14a 31 ff. Abgabepflicht Gewerbesteuer-/Zerlegungserklärung – Einzelunternehmen 14a 24 – juristische Personen des öffentlichen Rechts 14a 27 – Kapitalgesellschaften 14a 25 – nicht rechtsfähige Vereine 14a 26 – Personengesellschaften 14a 24 – sonstige juristische Personen des privaten Rechts 14a 26 Abgekürzter Erhebungszeitraum 14a 35 Abgeld – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Abkommensrechtliche Betriebsstättendefinition 9 Nr. 3 21 Abkommensrechtliche Freistellung von Betriebsstätteneinkünften – lex specialis zu § 9 Nr. 3 Satz 1 Halbsatz 1 GewStG 9 Nr. 3 14 Abkommensrechtliche Schachtelprivilegierung 7a 46 Abkommensrechtliches Diskriminierungsverbot 8 30 Ablehnungsbescheid des Finanzamtes Anh. 2 172 Abrechnung über die Gewerbesteuervorauszahlungen – Abschlagszahlungen auf die Gewerbesteuerschuld 20 1 Abrechnungsbescheid (zur Gewerbesteuer) 20 13; Anh. 2 201 Abrundung 11 19 Abrundungsregelung 19 2, 7, 41 Abschaffung Gewerbekapitalsteuer 66 Abschirmungslösung 9 Nr. 2 30 Abschlussguthaben zur Gewerbesteuer – Berechnung 20 12 – Fälligkeit 20 12 Abschlussstichtag – handelsrechtlicher 10 11

Abschlusszahlung zur Gewerbesteuer – Berechnung 20 10 – Fälligkeit 20 11 Abschnittsbesteuerung 9 Nr. 3 24, 40; 10 2 – Durchbrechung 10a 1, 28, 139 Absetzungsfiktion 8 Nr. 1a 36 Abspaltung von einer Kapitalgesellschaft (§ 123 Abs. 2 UmwG) Anh. 1 6, 45 Abspaltung von einer Körperschaft – auf eine Personengesellschaft (§ 16 UmwStG) Anh. 1 29 f. – Behandlung eines gewerbesteuerlichen Fehlbetrags Anh. 1 30 Abspaltung von Kapitalgesellschaft auf Kapitalgesellschaft Anh. 1 66 ff. – Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter mit gemeinem Wert Anh. 1 66 – Übertragungsgewinn oder -verlust Anh. 1 67 – verbleibender vortragsfähiger Gewerbeverlust Anh. 1 68 – Wahlrecht auf Antrag von Buchwert oder Zwischenwert Anh. 1 66 Abweichendes Wirtschaftsjahr 14 48 f. Abwicklung Gewerbebetrieb – insolvenzrechtliche Anh. 2 1 ff., 20; s.a. insolvenzrechtliche Abwicklung Abwicklung 10 17 Abwicklungskosten – Teilbetriebseröffnung, Teilbetriebsbeendigung 2 78 ff. Abwicklungstätigkeit – gewerbesteuerliche Behandlung 2 50 Abwicklungszeitraum Anh. 2 34 ff.; s.a. Insolvenzabwicklungszeitraum – Beginn Anh. 2 36 – Ende Anh. 2 37 Abzinsungsbetrag – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Abzugsbeschränkung nach § 3c EStG 7 16 Abzugsbeschränkung Spenden – nicht im Inland ansässige Körperschaften 9 Nr. 5 39 f. Abzugsbeschränkung – EStG oder KStG 8 51 Abzugsverbot – partielles 8 1 Agent Fee – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Akteneinsichtsrecht der Gemeinde 1 66 Aktiver Ausgleichsposten 2 156 Aktivprozess (§ 85 InsO) Anh. 2 92, 95 ff. Akzeptprovision – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 941

Stichwortverzeichnis Allgemeine Leistungsklage Anh. 2 56 Allgemeine Rechtsnachfolgeanordnung s. Rechtsnachfolgeanordnung Allmähliche Betriebs-/Teilbetriebseinstellung 7 63 Altenheim, Altenwohnheim 3 Nr. 20 5 Amtshilfe, Amtshilferichtlinie 9 Nr. 5 39 Anfechtungsklage – vor dem Finanzgericht 1 58 – vor dem Verwaltungsgericht 1 58 Angestelltentheorie 2 141 Anhebung der Schachtelbeteiligungsquote – von 10 % auf 15 % 8 Nr. 5 9 Anlagevermögen – Abgrenzung zu Umlaufvermögen 8 Nr. 1d 37 – fiktives 8 Nr. 1d 35 f. Anmeldung der Gewerbesteuerforderungen zur Insolvenztabelle Anh. 2 128 ff. Annexzuständigkeit der Landesfinanzbehörden 14b 18 Anrechnung der Gewerbesteuer auf die ESt (§ 35 EStG) – Einzel- oder Mitunternehmer 10a 195 ff. Anrechnungsbetriebsstätte 9 Nr. 3 26 Anrechnungsmöglichkeit auf die Einkommensteuer 1 6 f. Anrechnungsverfügung 20 7, 9 Ansiedlungskosten 30 23 Anteil an Kreditinstituten – Differenzrechnung § 19 Abs. 1 GewStDV 8 Nr. 1a 62 Anteil an sonstigen Unternehmen – Differenzrechnung § 19 Abs. 1 GewStDV 8 Nr. 1a 62 Anteilstausch Anh. 1 88 f. – keine Kürzungsmöglichkeit vortragsfähiger Fehlbeträge Anh. 1 100 – qualifizierter 9 Nr. 2a 36; Anh. 1 92 Anti-BEPS-Gesetz I vom 20.12.2016 7 3, 166 Antrag auf Buchwertansatz – Anteile an der übertragenden Körperschaft Anh. 1 62 ff. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Anh. 2 56 Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Anh. 2 169 Anwachsung einer Personengesellschaft – Absicherung der erweiterten Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 88 – auf den verbliebenen Gesellschafter 2 212 – auf eine Kapitalgesellschaft 10a 87 Anwachsung 2 197; 10a 123, 158, 164, 246; Anh. 1 3 – erweiterte 10a 123 Anwartschaftsrecht auf den Erwerb einer Beteiligung 9 Nr. 2a 32

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Anwendung von § 8d KStG bei Körperschaften – anderweitige Nutzung von Verlusten ausgeschlossen 10a 249 – Antrag des Steuerpflichtigen 10a 254 – Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrags 10a 255 – Geschäftsbetrieb der Körperschaft muss erhalten bleiben 10a 249, 252 f. – keine schädlichen Ereignisse 10a 250 – Rechtsfolge 10a 256 – schädlicher unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligungserwerb 10a 251 – weitere Nutzung von Verlusten unter Voraussetzungen 10a 249 f. Anwendungsbereich § 2a GewStG 2a 5 Äquidistanzprinzip 4 14 Äquivalenzprinzip 4 9; 8 32; 9 Nr. 1 19; 28 3; 30 23; 33 1 – Beteiligung am Gewerbesteueraufkommen 28 54 – das Gewerbesteuerrecht prägend 30 5 – Referenzsystem der Gewerbesteuer 9 Nr. 3 17 – Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages 29 1; 30 1 Äquivalenztheoretische Rechtfertigung der Gewerbesteuer Einl. 6 Arbeitnehmer 29 10 ff. Arbeitnehmerfolgekosten 31 1; 33 13 Arbeitnehmersparzulage 31 15 Arbeitnehmerüberlassung 29 13 Arbeitsgemeinschaft – Begriff 2a 13 – gewerblich tätige 2a 1 – Innen- als auch Außengesellschaft 2a 15 – kleine 2a 2 – Zweck 2a 18 ff. Arbeitslohn s.a. Lohnnebenleistungen – Begriff 29 9; 31 9 ff. – kein Vorliegen 31 11 – Zerlegungsmaßstab 29 8 ff. Arbeitslohnbegriff – Erweiterung 31 34 ff. Arrangement Fee – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Asset deal 10a 66, 211 Asset-Backed-Securities-Geschäft – Begriff 8 Nr. 1a 49 Asset-Backed-Securities-Modell – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Atypisch stille Beteiligung 8 Nr. 1c 15 f. – Differenzrechnung § 19 Abs. 1 GewStDV 8 Nr. 1a 61 – Steuerschuldner 14a 6 Atypisch stille Gesellschaft 2 28, 32, 214; 10a 72 ff. – Auflösung 10a 134 f.

Stichwortverzeichnis – Begründung 10a 134 f. – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 78 Atypische Innengesellschaft 11 25 ff. Aufgabe Betrieb 7 96 f. Aufgabe Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil – innerhalb der Fünf-Jahres-Frist Anh. 1 33 ff. Aufgabe des sog. doppelten Inlandsbezugs 2 125, 137 Aufgabe Mitunternehmeranteil oder Teilbetrieb 7 53 Aufgabe Mitunternehmeranteil 7 99 ff. Aufgabe Teilbetrieb 7 98 Aufgabegewinn 2 25; 7 33 – gewerbesteuerliche Behandlung 7 48 ff.; Anh. 1 32, 35, 37 ff. Aufgabeverlust Anh. 1 40 Auflösung der Ansparrücklage nach § 7g EStG aF 7 16 Auflösung der inländischen Betriebsstätte – Absicherung der erweiterten Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 90 Aufnahme bzw. Einstellung einer werbenden Tätigkeit – Beginn bzw. Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht 2 49 f., 58 Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen 7 66 f. Aufrechnung durch einen Insolvenzgläubiger Anh. 2 193 ff. – Aufrechnungsverbote nach §§ 95, 96 InsO Anh. 2 198, 200 – uneingeschränkt möglich Anh. 2 196 Aufrechnung 5 21; 18 2, 9 Aufspaltung einer Kapitalgesellschaft (§ 123 Abs. 1 UmwG) Anh. 1 6, 45 Aufspaltung einer Kapitalgesellschaft auf andere Kapitalgesellschaft Anh. 1 66 ff. – Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter mit gemeinem Wert Anh. 1 66 – Übertragungsgewinn oder -verlust Anh. 1 67 – verbleibender vortragsfähiger Gewerbeverlust Anh. 1 68 – Wahlrecht auf Antrag von Buchwert oder Zwischenwert Anh. 1 66 Aufspaltung einer Körperschaft (§ 16 UmwStG) Anh. 1 29 f. – Behandlung eines gewerbesteuerlichen Fehlbetrags Anh. 1 30 Aufspaltung gewerblicher und vermögensverwaltender Tätigkeit – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 47 ff. Aufteilung Gewerbesteuerschuld – in Insolvenzforderung und in Masseverbindlichkeit Anh. 2 187 Aufteilungsmaßstab – Verteilung des Gewerbeertrags auf den Abwicklungszeitraum Anh. 2 47 f., 116 f.

– bei Personenunternehmen Anh. 2 48 Auftragsentwicklung eines Produkts 7 28 Auftragsforschung 3 Nr. 30 1 f. – Abgrenzung zu Grundlagen-/Eigenforschung 3 Nr. 30 4 – begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 30 4 – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 30 3 f. Aufwandsentschädigung – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Aufwandsspende – Abzusfähigkeit 9 Nr. 5 22 f. – Begriff 9 Nr. 5 23 Aufwendung einer fehlgeschlagenen Betriebsstättenbegründung 9 Nr. 3 24 Aufwendung für Instandhaltung und Instandsetzung 8 Nr. 1e 5 Aufwendung für Konzessionen 8 Nr. 1f 9 Aufwendung für Lizenzen 8 Nr. 1f 9 Aufwendung wegen Patentverletzung 8 Nr. 1f 10 Aufwendung – Entstehung vor Beginn der gewerblichen Tätigkeit 10a 141 Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens 7 17 Aufzinsungsbetrag – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Ausbeutevertrag – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB 7 33 Ausgleichszahlung nach § 16 KStG 7 45 Auskehrung bei Liquidation 9 Nr. 2a 43 Auskunftsrecht der Gemeinde 1 66 Ausländische Einkünfte 9 Nr. 3 21 Ausländische Immobiliengesellschaft 2 93 Ausländische Körperschaft 3 Nr. 6 14 Ausländische Steuern 7 16 Ausländischer Schachtelertrag 9 Nr. 1 1 ff. Ausschließliche Wirtschaftszone 2 235 ff. – Begriff 2 235 Ausschließlichkeit 9 Nr. 1 79 f. – zeitliche 9 Nr. 1 81 ff.; s.a. Auschließlichkeitsgebot, zeitliches Ausschließlichkeitsgebot, -prinzip 8 Nr. 1f 34; 9 Nr. 1 79 ff. – Einschränkung 9 Nr. 1 80 – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 75 – zeitliches 9 Nr. 1 81 ff. – abweichendes Wirtschaftsjahr 9 Nr. 1 84, 91 – Ein-Objekt-Gesellschaft 9 Nr. 1 81 – gewerblich geprägte Personengesellschaft 9 Nr. 1 86 – kurze Phase ohne Grundbesitzverwaltung, -nutzung 9 Nr. 1 83 – Nebentätigkeiten 9 Nr. 1 100 f. 943

Stichwortverzeichnis Ausschluss der Gewerbesteueranrechnung Anh. 1 44 Aussetzung der Vollziehung – Gewerbesteuerbescheid 1 64 – Gewerbesteuermessbescheid 1 59 ff. Auswahlermessen – Verspätungszuschlag 14b 9, 16 Authorized OECD Approach 9 Nr. 3 27 Automatenvertrag – Hinzurechnung Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Außenprüfungsverfahren (§§ 193 AO) Anh. 2 73 Außerorganschaftlicher Verlust/Fehlbetrag – Begriff 10a 158 Avalgebühr – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Avalprovision 8 Nr. 1a 6 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41

Bagatellgrenze gemäß § 34 GewStG 30 3 Bagatellgrenze gemäß § 64 Abs. 3 AO 3 Nr. 6 34 Bankenprivileg 8 16; 8 Nr. 1a 22, 42; 35c 16 Bareboat Charter (§ 553 Abs. 1 HGB) 9 Nr. 3 39 Bareboat Charter-Vertrag – Hinzurechnung Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Bauausführung 9 Nr. 3 20 Baubetreuung 9 Nr. 1 107 Baukostenzuschuss – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Bauten auf fremdem Grund und Boden 9 Nr. 1 10 Bauzeitzins – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Beendigung des Insolvenzverfahrens Anh. 2 202 ff. – Aufhebung durch das Insolvenzgericht Anh. 2 203 – Einstelllung Anh. 2 202 Befreiung außerhalb des Gewerbesteuergesetzes 3 21 ff. Befreiung von der Gewerbesteuer 3 1 ff. – Altenheime, Altenwohnheime 3 Nr. 20 1 ff. – Aufhebung 3 Nr. 9 5 – Auftragsforschung 3 Nr. 30 1 ff. – Betriebe der Hochsee- und Küstenfischerei 3 Nr. 7 1 ff. – Betriebsaufspaltung 3 13 – Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben 3 Nr. 3 1 f. – Bürgschaftsbanken 3 Nr. 22 1 ff. – eingeschränkte 3 3 – Entschädigungs- und Sicherheitseinrichtungen 3 Nr. 21 1 ff. – Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften 3 Nr. 8 1 ff. – gemeinnützige Siedlungsunternehmen 3 Nr. 17 1 ff. 944

– gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien 3 Nr. 29 1 ff. – gemeinschaftliche Tierhaltung 3 Nr. 12 1 ff. – Gesamthafenbetriebe 3 Nr. 26 1 ff. – gewerbliche Abfärbung 3 14 – Global Legal Entity Identifier Stiftung 3 Nr. 31 1 ff. – Gründe 3 2 – Kapitalbeteiligungsgesellschaft für den Mittelstand 3 Nr. 24 1 ff. – Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen etc. Zwecken 3 Nr. 6 1 ff. – Krankenhäuser 3 Nr. 20 1 ff. – land- und forstwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften 3 Nr. 14 1 ff. – medizinischer Dienst 3 Nr. 28 1 ff. – öffentlich-rechtliche Kreditinstitute 3 Nr. 2 1 – öffentlich-rechtliche Trägerschaft 3 12 – öffentlich-rechtliche Versicherungs-/Versorgungseinrichtungen 3 Nr. 11 1 ff. – öffentlich-rechtliches Unternehmen 3 11 – Organschaft 3 15 ff. – Pensionssicherungsvereine 3 Nr. 19 1 ff. – persönliche 3 3 f. – Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen 3 Nr. 20 1 ff. – private Schulen und andere Bildungseinrichtungen 3 Nr. 13 1 ff. – Realgemeinden 3 Nr. 5 1 ff. – Rechtsfolgen 3 7 f. – sachliche 3 3 f. – soziale Kassen 3 Nr. 9 1 ff. – staatliche Unternehmen mit Monopolcharakter 3 Nr. 1 1 ff. – uneingeschränkte 3 3 – Unternehmensbeteiligungsgesellschaften 3 Nr. 23 1 ff. – Vereinbarkeit mit dem Europarecht 3 20 – Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz 3 20 – Verhältnis zum Einkommensteuergesetz (EStG) 3 27 – Verhältnis zum Körperschaftsteuergesetz (KStG) 3 29 – Verhältnis zum Umsatzsteuergesetz (UStG) 3 30 – Verhältnis zum vortragsfähigen Gewerbeverlust (§ 10a GewStG) 3 26 – Vermietungsgenossenschaften und -vereine 3 Nr. 15 1 ff. – Vermögensverwaltung für Berufsverbände 3 Nr. 10 1 ff. – Wirtschaftsförderungsgesellschaften 3 Nr. 25 1 ff. – Zusammenschlüsse zum Ausgleich von Versorgungslasten 3 Nr. 27 1 ff. Beginn der Gewerbesteuerpflicht – Betriebsaufspaltung 2 67 – Dienstleistungsunternehmen 2 57

Stichwortverzeichnis – gewerblich geprägte Personengesellschaft 2 73 ff. – gewerblicher Grundstückshandel 2 58 f. – Handelsunternehmen 2 52 – Körperschaft 2 76 f. – Leasingunternehmen 2 60 ff. – Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft 2 71 – originär gewerblich tätige Mitunternehmerschaften 2 68 ff. – Produktionsunternehmen 2 54 ff. – Schifffahrtsunternehmen 2 64 ff. – Schiffshandel 2 66 Begünstigungsnorm – Leasinggesellschaft 8 24 Beihilfe iSd. Art. 107 Abs. 1 AEUV 9 Nr. 3 17 Beihilferechtlicher Genehmigungsvorbehalt – Geltung des § 7b GewStG 7b 5 Beitrag zur betrieblichen Altersvorsorge 31 22 Beitreibung, Beitreibungsrichtlinie 9 Nr. 5 39 Bekanntgabeadressat 14 8 Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer (§ 14 GewStG) – Beeinflussung durch § 10a GewStG 10a 20 Benutzung eines Wirtschaftsgutes 8 Nr. 1d 26 f. BEPS-Umsetzungsgesetz (BEPS-UmsG) 2 86; 7a 13, 19; 9 Nr. 2 13; 9 Nr. 3 9 Beratungskosten – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Bereitstellungsprovision – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Bereitstellungszins – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Berichtstermin (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, § 156 InsO) Anh. 2 34 f. Beschränkte Steuerpflicht 9 Nr. 3 21 Besitzunternehmen 2 20 Besondere Verteilungsanordnung Anh. 2 21, 23, 25 Besondere Zahlungen aus Immobilienkaufverträgen – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 42 Besonderer Ermittlungszeitraum Anh. 2 21 f. Besserungsabrede – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Besserungsschein 7b 13 Bestellung grundstücksbezogener Sicherheiten – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Besteuerungsgegenstand der Gewerbesteuer 2 1 ff. Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO 2 172 Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer – Gewerbeertrag 6 1, 8 – Gewerbekapital 6 1, 8 Besteuerungsgrundlage – finanzierungsneutrale 7a 4 Besteuerungskonzept der KGaA 8 Nr. 4 13 ff.

Besteuerungsverfahren – Ablauf 1 28 ff. – Zuständigkeit 1 27 – zweitstufiges 1 27 Bestreiten der Gewerbesteuerforderung – Prüfungstermin im Insolvenzverfahren Anh. 2 136 f. Beteiligung am gesamten Unternehmen 2 33 Beteiligung am Teil des Unternehmens 2 34 Beteiligung mehrerer Gemeinden an der Gewerbesteuer 14b 30 – Verteilung Verspätungszuschlag 14b 31 ff. Beteiligungserträge – laufende 7 122 – Mitunternehmerschaften 7 122 ff. Beteiligungserwerb – schädlicher 10a 232, 236 Beteiligungsgrenze – gewerbesteuerliches Schachtelprivileg 7a 28, 36 Beteiligungsidentität 10a 65, 110, 125 Beteiligungskette – mehrstufige 7a 11 Beteiligungskorrekturgewinn (§ 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) Anh. 1 49 Beteiligungsquorum 9 Nr. 2a 35; Anh. 1 63 Betreibertätigkeiten – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Betreibungslast Anh. 2 159 Betreutes Wohnen – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Betrieb gewerblicher Art 10a 112 – Dauerverlustgeschäfte 10a 217 – Einschränkung der Verlustnutzung 10a 216 – gleichartige 10a 219 – nicht gleichartige 10a 219 – Spartenrechnung 10a 218 ff. Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr – Begriff 9 Nr. 3 37 Betriebliche Identität 2 188 Betriebliche Veräußerungsrente 8 Nr. 1b 8 Betriebliche Versorgungsrente 8 Nr. 1b 9 Betriebsaufgabe 7 33, 51 Betriebsaufgabegewinn 7 85 ff. – Ausnahme von der Gewerbesteuerpflicht 7 104 ff. – Berechnung 7 111 f. – Prüfungsschema für die Gewerbesteuerpflicht 7 95 – Regelung zur Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen 7 86 Betriebsaufgabeverlust 7 110 Betriebsaufspaltung 2 20, 94; 3 13; 3 Nr. 6 32; 5 31; 8 Nr. 1a 18; 10a 80 ff.; 11 20 – Beginn und Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht 2 67 – Besitzpersonengesellschaft 10a 84 – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 50 f. 945

Stichwortverzeichnis – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 – mitunternehmerische 10a 82 f. – Steuerschuldner 14a 7 – Unternehmensidentität 10a 80 ff. – Zerlegung 28 26 Betriebsausgabe 1 6 Betriebsausgabenabzugsbeschränkung 8 1 Betriebsausgabenabzugsverbot (§ 4 Abs. 5 EStG) 7 16 Betriebsausgabenabzugsverbot (§ 4 Abs. 5b EStG) 7 16 Betriebsausgabenabzugsverbot (§ 8b Abs. 5 KStG) – pauschaliertes 7a 3 Betriebseinnahme – nachträgliche 7 16 Betriebseinstellung 2 27, 40 Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter – nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anh. 2 49 ff. Betriebskosten – keine Hinzurechnung 8 Nr. 1e 4, 12 Betriebsneugründung infolge Betriebsübertragung im Ganzen 2 217 ff. – Auswirkungen auf die Nutzung von Fehlbeträgen (§ 10a GewStG) 2 221 Betriebsstätte 2 88 ff.; 28 22 ff.; s.a. Teilbetriebsstätte – Begriff 2 89; 28 23; 30 6 f. – Festlandsockel 4 14 – gemeindefreies Gebiet 4 13 – geringe Bedeutung 33 17 – inländische 2 137 – Legaldefinition (§ 12 Satz 1 AO) 2 89 – mehrgemeindlich 30 6 f. – nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht 2 92 – örtlich fixierte Geschäftseinrichtung 2 91 – Prüfung des Vorliegens 2 90 ff. – Stilllegung Teilbetrieb 28 26 – Verpachtung Teilbetrieb 28 26 – vorübergehende Betriebsruhe, Saisonbetrieb 28 26 – wirtschaftlich bedeutendste 34 7 Betriebsstättenfiktion 9 Nr. 3 1 – Organschaft 2 123 – Reichweite 2 140 ff. – Schifffahrtsunternehmen 2 109; 9 Nr. 3 2 Betriebsstättengewinnabgrenzung (Art. 7 Abs. 2 ff. OECD-MA) 9 Nr. 3 27 Betriebsstättenprinzip 9 Nr. 3 15 Betriebsübergang 2 194 ff. – Übergang auf einen Einzelunternehmer 2 203 ff. – unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften 2 205 ff.

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– Einbringung in einer Kapitalgesellschaft 2 207 – Formwechsel 2 208 – Verschmelzung 2 206 – unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften 2 210 ff. – Voraussetzungen 2 210 Betriebsunterbrechung im engen Sinne 2 21 Betriebsunterbrechung im weiten Sinne 2 21 Betriebsunterbrechung 7 33 – gewerbesteuerliche 2 2 – vorübergehende Unterbrechung des Gewerbebetriebs 2 179 ff. – vorübergehende 2 190 – Zeitraum 2 190 Betriebsveranstaltung 31 20 Betriebsveräußerung 7 52 Betriebsveräußerungsgewinn 7 85 ff. – Ausnahme von der Gewerbesteuerpflicht 7 104 ff. – Berechnung 7 111 f. – Prüfungsschema für die Gewerbesteuerpflicht 7 95 – Regelung zur Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen 7 86 Betriebsveräußerungsverlust 7 110 Betriebsverlegung 2 188 Betriebsverpachtung 2 21, 94, 185, 199; s.a. Teilbetriebsverpachtung – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Betriebsvorrichtung – Begriff 8 Nr. 1d 32 ff.; 9 Nr. 1 59 – eigene 9 Nr. 1 68 – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 57 ff. – fest oder nicht fest mit dem Grundstück, Gebäude verbunden 9 Nr. 1 63 f. – Hinzurechnung Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 – Mitvermietung 9 Nr. 1 57 ff. – quantitative Grenzen für die Mitvermietung 9 Nr. 1 63 – Trennung auf Schwestergesellschaften 9 Nr. 1 65 – Übertragung auf den Mieter 9 Nr. 1 66 – Unschädlichkeit für die erweiterte Kürzung 9 Nr. 1 61 Bewirtschaftungsbetreuung 9 Nr. 1 107 Bezug von elektrischem Strom – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 45 Bezugsfiktion bei abweichendem Wirtschaftsjahr 10 11 ff. Bezugsfiktion – Aufteilung Gewerbeertrag 10 16 BGB-Innengesellschaft 2 28, 32 Bilanzänderung 7 21 Bilanzierungskonkurrenz 9 Nr. 2 27

Stichwortverzeichnis Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) 7 21 Billigkeitsmaßnahme (§§ 163, 227 AO) 8 13 – Gewerbesteuerverfahren 1 42 ff. Bindung der Gemeinde – geänderter Gewerbesteuermessbetragsbescheid 19 35 Binnenschiff 2 106; 9 Nr. 3 38 Blockheizkraftwerk – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 46 BMF-Sanierungserlass 7b 4 Bodenschätze – gewerbesteuerliche Erfassung 2 239 Break-up Fees – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 42 Bruchteilsgemeinschaft 5 44 Bruchteilsmethode 10a 51 Bruttoarbeitslohn 31 10 – Nichtvorliegen bei Sachleistungen 31 23 Bruttoertrag 9 Nr. 7 29 f. Bruttomethode nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG 7a 15, 24 – partielle Abkehr durch § 7a Abs. 2 GewStG 7a 31 ff. Buchwertprivileg 9 Nr. 5 20 Buchwertübertragung in ein anderes Betriebsvermögen 7 16 Bundeseisenbahnvermögen 3 Nr. 1 2 f. Bundesfinanzhof (BFH) – geänderte Rechtsprechung zu § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG 35b 42 Bürgschaftsakzept – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Bürgschaftsbank 3 Nr. 22 1 f. – begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 22 4 – nicht begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 22 5 Bürgschaftsprovision – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Büsingen 2 100

Cap – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Cash-Pooling 8 Nr. 1a 18 Collar – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Commitment Fee – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Credit-Linked-Notes-Geschäft – Begriff 8 Nr. 1a 49

Damnum – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Dauernde Last 8 Nr. 1b 1 ff. – Begriff 8 Nr. 1b 15 ff. Dauerverlustgeschäft 10a 217, 221 – Begriff 7 153 – hoheitliches 7 154

DBA Deutschland-Niederlande 2 103, 241 DBA-Schachtelfreistellung – Vorrang gegenüber § 9 Nr. 7 GewStG 9 Nr. 7 16 DBA-Schachtelprivileg 7a 45; 8 Nr. 5 1; 8 Nr. 12 1; 9 Nr. 7 16; 9 Nr. 8 1, 8 DBA s. Doppelbesteuerungsabkommen Dealings 9 Nr. 3 27 Debt-Buy-Back 7b 13 Debt-to-Equity-Swap 7b 13 Deckungsrückstellung – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Deckungsstock 9 Nr. 1 129 Definitivbelastung bei Abwicklung im Insolvenzverfahren Anh. 2 19 Definitivbelastung durch Mindestbesteuerung 10a 30 Definitiveffekt, Definitivfall 10a 30 Depotgebühr – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Depotverbindlichkeit – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Deutscher Freihafen 2 100 Dienstbarkeit – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 42 Dienstverhältnis 29 10 f.; 31 13 f. Differenzrechnung (§ 19 Abs. 1 GewStDV) 8 Nr. 1a 59 – Schema 8 Nr. 1a 67 Direktversicherung 8 Nr. 1b 19 Direktzusage 8 Nr. 1b 3, 19 Disagio – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Diskontbetrag 8 Nr. 1a 31 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Diskontgeschäft 8 Nr. 1a 50 Diskriminierungsverbot – abkommensrechtliches 8 30 Dividendenbezug einer Organgesellschaft – Berechnungsbespiele 7a 18 – mit Beteiligungsaufwand 7a 16 – ohne Beteiligungsaufwand 7a 15 Dividendenbezug – befreit aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) 7a 12 Doppelbelastung bei Streubesitzdividenden 9 Nr. 2a 12 Doppelbelastung durch Grundsteuer und Gewerbesteuer – Vermeidung durch die Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG 9 Nr. 1 1 Doppelbelastung – ertragsteuerliche 7 122 – gewerbesteuerliche 8 41; 8 Nr. 1d 1, 3 – im Anwendungsbereich des Körperschaftsteuergesetzes Einl. 8 Doppelbesteuerung 7 167 – wirtschaftliche 7 103 947

Stichwortverzeichnis Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Deutschland-Niederlande 2 103 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) 7 30 – von Deutschland abgeschlossen 9 Nr. 3 14 – Zuweisung des Besteuerungsrechts an ausländischen Staat 2 225 Doppelstöckige Personengesellschaft 2 41, 213; 5 41; 7 79, 84, 91, 101 f., 105, 107, 113 ff.; 9 Nr. 2 30; 10a 118, 264 – Anteilsaufgabe oder Anteilsveräußerung Anh. 1 39 – Obergesellschaft als Mitunternehmer der Untergesellschaft 10a 105, 176 – Obergesellschaft, Beginn/Ende Gewerbesteuerpflicht 2 71 – Unternehmeridentität 10a 105 f., 228 Doppelstockmodell – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Doppelt ansässige Gesellschaft 9 Nr. 3 35; 9 Nr. 7 21 f. Doppeltes Teilbetriebserfordernis Anh. 1 29, 66 Dotationskapital 8 Nr. 1a 64 Drei-Objekt-Grenze 9 Nr. 2 32 Drittstaatenkapitalgesellschaft – beschränkt steuerpflichtig Anh. 1 48 Drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) Anh. 2 52 Drohverlustrückstellung 8 Nr. 1a 8 Dualistische Theorie – Gewinnermittlungsmethode 8 Nr. 4 19 Duldung 8 Nr. 1d 18 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Durchführungsgesellschaft 8 Nr. 1e 10 Durchgerechnete Beteiligungsquote 10a 264 Durchgeschütteter Gewinn einer Tochtergesellschaft – aus Anteilen an einer Enkelgesellschaft 9 Nr. 7 44 Durchgriffsverbot 9 Nr. 1 51 Durchlaufende Lizenz 8 Nr. 1a 17 Durchlaufender Kredit 8 Nr. 1a 15 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Durchleitungsgemeinde 28 57 Durchleitungsrecht 8 Nr. 1f 30 – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Durchstockungslösung 9 Nr. 2 30

Earn-Out-Klausel 8 Nr. 1a 38 Earn-Out-Zahlung 9 Nr. 1 42 Echte Rückwirkung 10a 31 Echtes Factoring 8 Nr. 1a 57 Eheliche Gütergemeinschaft 2 31 – Aufhebung des bisherigen Güterstands 2 204 Eigener Anteil 9 Nr. 2a 34; 9 Nr. 7 25 948

Eigengesellschaft – Dauerverlustgeschäft 10a 217 – Einschränkung der Verlustnutzung 10a 216 f. – Ermittlung des Gewerbeertrags 7 150 ff. – Spartenrechnung 10a 221 f. Eigenkapital – Differenzrechnung § 19 Abs. 1 GewStDV 8 Nr. 1a 64 – Einzelunternehmen 8 Nr. 1a 64 – Kapitalgesellschaften 8 Nr. 1a 64 – Mitunternehmerschaften 8 Nr. 1a 64 Eigenkapitalähnliches Genussrecht 9 Nr. 2a 29; 9 Nr. 7 24 Eigenkapitalersetzendes Darlehen 9 Nr. 2a 32 Eigenkapitalsubstitut 8 4 Eigenkapitalzins – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Eigentümer – wirtschaftlicher 8 Nr. 1d 41 – zivilrechtlicher 8 Nr. 1d 41 Eigentum – wirtschaftliches (§ 39 AO) 8 Nr. 1d 40 f. – Zurechnung zum Leasingnehmer 8 Nr. 1d 41 Eigenverwaltung Anh. 2 206 ff. – Anordnung durch das Insolvenzgericht Anh. 2 206 – keine Unterbrechung laufender Verfahren nach § 240 Satz 1 ZPO Anh. 2 207 Eigenverwaltungsverfahren Anh. 2 32 Ein-Objekt-Gesellschaft – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 81 f. Ein-Schiff-Betrieb 7 28 Ein-Unternehmer-Personengesellschaft 9 Nr. 2 19; 10a 51, 62 Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft 2 207 Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft 2 211 Einbringung Einzelunternehmen in eine Personengesellschaft 7 60 Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG) 7 76 f. Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (§§ 20, 21 UmwStG) Anh. 1 73 ff. – Ansatz des Betriebsvermögens mit dem gemeinen Wert Anh. 1 76 ff. – Ansatz eingebrachter Anteile mit dem gemeinen Wert Anh. 1 90 ff. – Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 21 UmwStG) Anh. 1 87 ff. – Antrag auf Buchwert oder Zwischenwertansatz Anh. 1 81 ff., 92 ff. – Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil Anh. 1 73 ff. Einbringung in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG) 7 72; Anh. 1 114 ff.

Stichwortverzeichnis – Ansatz des Betriebsvermögens mit dem gemeinen Wert Anh. 1 117 f. – Antrag auf Buch- bzw. Zwischenwertansatz Anh. 1 119 – begünstigter Einbringungsgegenstand Anh. 1 118 – Einbringungsgewinn Anh. 1 117 Einbringung unterhalb des gemeinen Werts Anh. 1 41 f. Einbringung zum gemeinen Wert bei Gesamtrechtsnachfolge Anh. 1 41 f. Einbringung – steuerlich rückwirkende Anh. 1 85 Einbringungsgewinn (§ 20 UmwStG) 7 76; Anh. 1 76 – Abzug gewerbesteuerlicher Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG Anh. 1 80 – gewerbesteuerliche Behandlung Anh. 1 77 ff. Einbringungsgewinn (§ 24 UmwStG) 7 72 Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 UmwStG) 7 77; Anh. 1 41 – Abschmelzung Anh. 1 107 – Begriff Anh. 1 106 f. – gewerbesteuerliche Behandlung Anh. 1 107 f. Einbringungsgewinn II (§ 22 Abs. 2 UmwStG) Anh. 1 109 ff. – Begriff Anh. 1 110 – gewerbesteuerliche Behandlung Anh. 1 111 f. Einbringungsgewinn Anh. 1 76, 90 – Abzug gewerbesteuerlicher Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG Anh. 1 80 – gewerbesteuerliche Behandlung Anh. 1 77 ff. Einbringungsverlust Anh. 1 77, 90 Einfache Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 6 ff.; s.a. erweiterte Grundbesitzkürzung – anwendbar für nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitz 9 Nr. 1 15 – keine Anwendung bei Grundbesitz im Ausland 9 Nr. 1 8 – Kürzung um 1,2 % des Einheitswerts 9 Nr. 1 6 – pauschalierende Kürzung 9 Nr. 1 18 f. – Stichtagsprinzip 9 Nr. 1 22 ff. – Übergangsmöglichkeit zur erweiterten Kürzung 9 Nr. 1 98 f. – unvollkommene Entlastung 9 Nr. 1 18 ff. – Vermeidung der Doppelbelastung mit Realsteuern 9 Nr. 1 6 Einfacher Inlandsbezug 2 137 Eingeschränkte Befreiung von der Gewerbesteuer – Altenheime, Altenwohnheime 3 Nr. 20 1 – Auftragsforschung 3 Nr. 30 1 – Betriebe der Hochsee- und Küstenfischerei 3 Nr. 7 1 – Bürgschaftsbank 3 Nr. 22 1 – Entschädigungs- und Sicherheitseinrichtungen 3 Nr. 21 1 – gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien 3 Nr. 29 1

– gemeinschaftliche Tierhaltung 3 Nr. 12 1 – Gesamthafenbetriebe 3 Nr. 26 1 – Global Legal Entity Identifier Stiftung 3 Nr. 31 1 ff. – Kapitalbeteiligungsgesellschaft für den Mittelstand 3 Nr. 24 1 – Krankenhäuser 3 Nr. 20 1 – medizinische Dienste 3 Nr. 28 1 – Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen 3 Nr. 20 1 – private Schulen und andere Bildungseinrichtungen 3 Nr. 13 1 – soziale Kassen 3 Nr. 9 1 – Vermögensverwaltung für Berufsverbände 3 Nr. 10 1 – Wirtschaftsförderungsgesellschaften 3 Nr. 25 1 – Zusammenschlüsse zum Ausgleich von Versorgungslasten 3 Nr. 27 1 Eingeschränkte Einheitstheorie s. gebrochene Einheitstheorie Einheitlicher Gewerbebetrieb 2 23 ff., 30 ff. Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs einer Personengesellschaft 2 69 Einheitlichkeit des Gewerbebetriebs 2 120 Einheitsbetrachtung 9 Nr. 2 32 Einheitstarif 11 38 Einheitstheorie – gebrochene 7a 1, 15, 20, 25; 8 15; 10 14 Einheitswert 9 Nr. 1 16 f. – alte Bundesländer 9 Nr. 1 16 – neue Bundesländer 9 Nr. 1 16 Einheitswertbescheid – Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuermessbescheid 9 Nr. 1 17 Einigung über die Zerlegung – besonderer Zerlegungsmaßstab 33 26 – Fristen 33 27 f. – Gemeinden mit dem Steuerschuldner 33 22 ff. – Gültigkeitsdauer 33 25 – Rechtsbehelfsverfahren 33 28 f. – schriftliche Dokumentation 33 24 – Voraussetzungen 33 23 Einkommensteuerbescheid – kein Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuer-Messbescheid 7 7 Einkommensteuerliche Parallelvorschrift zu § 10a GewStG 10a 22 Einlage – verdeckte 9 Nr. 5 27 Einlagefiktion (§ 5 Abs. 2 und 3 UmwStG) Anh. 1 18 f. Einlagenzins – negativer, Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 – negativer 8 Nr. 1a 41 Einmann-GmbH 2 115 Einnehmer einer staatlichen Lotterie 3 Nr. 1 8 949

Stichwortverzeichnis Einordnung der Gewerbesteuer-Jahresschuld – im Erhebungszeitraum der Insolvenzeröffnung Anh. 2 115 ff. – nach dem Jahr der Insolvenzeröffnung Anh. 2 114 – vor dem Jahr der Insolvenzeröffnung Anh. 2 113 Einschränkung der Verlustnutzung – Betriebe gewerblicher Art und Eigengesellschaften 10a 216 ff. Einspruch gegen Steuerbescheid – bei zugrunde liegender angemeldeter Steuerforderung Anh. 2 153 Einspruch 1 54; 5 49; 16 15; 19 17; s.a. Widerspruch Einstellung des Veräußerungs-/Aufgabegewinns in eine 6b-Rücklage 7 78 Einstellung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Anh. 2 9 Einteilung von Sparten bei Eigengesellschaften 7 155 Eintragung der Gewerbesteuerforderung in die Insolvenztabelle – bestandskräftige Steuerfestsetzung Anh. 2 133 Eintragung ins Handelsregister 2 50 Einzelrechtsnachfolge durch Sacheinlage Anh. 1 87 Einzelrechtsnachfolge 2 197; Anh. 1 73, 114 Einzelunternehmen – Steuerschuldner 14a 6 Einziehung der Gewerbesteuer – Flächenländer 1 3 – Stadtstaaten 1 3 Elektronische Abgabe – gewerbesteuerrechtlicher Steuererklärungen 14a 6 ff. Elektronische Erklärung 14a 15 – Rechtsfolgen des Verzichts 14a 21 f. – Verzicht 14a 16 ff. – Voraussetzungen des Verzichts 14a 16 ff. Elster-Authentifizierungsverfahren 14a 15 Elster-Formular 14a 15 Elster-Online-Portal 14a 15 Empfangsbevollmächtigter 14 24 Ende der Gewerbesteuerpflicht – Betriebsaufspaltung 2 67 – Dienstleistungsunternehmen 2 57 – gewerblich geprägte Personengesellschaft 2 73 ff. – gewerblicher Grundstückshandel 2 59 – Handelsunternehmen 2 53 – Körperschaft 2 76 f. – Leasingunternehmen 2 60 ff. – Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft 2 71 – originär gewerblich tätige Mitunternehmerschaften 2 68 ff. – Produktionsunternehmen 2 54 ff. 950

– Schifffahrtsunternehmen 2 64 ff. – Schiffshandel 2 66 Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht – Insolvenzeröffnung, Insolvenzverfahren Anh. 2 6 ff. Energieerzeugung aus Wasser, Strömung, Wind 2 241 Energieerzeugung unter Nutzung erneuerbarer Energien 2 7 Enkelgesellschaft 9 Nr. 7 1, 4, 44 ff. Entgelt 8 17; 8 Nr. 1a 4 ff. Entgeltfiktion 8 Nr. 1a 6 Entnahme eines Wirtschaftsgutes für eine begünstigte Zuwendung – Ansatz mit dem Buchwert (Buchwertprivileg) 9 Nr. 5 20 – umsatzsteuerrechtliche Betrachtung 9 Nr. 5 21 Entnahme eines Wirtschaftsgutes – Ansatz mit dem Teilwert 9 Nr. 5 20 Entnahmegewinn bei unentgeltlicher Übertragung 7 62 Entprägung 9 Nr. 1 87 Entschädigungs- und Sicherheitseinrichtung 3 Nr. 21 4 f. – nicht begünstigende Tätigkeit 3 Nr. 21 7 – Vermögens- und Überschussverwendung 3 Nr. 21 8 Entscheidung des EuGH – deutsches Spendenabzugsrecht und EU-Grundfreiheiten 9 Nr. 5 35 – Eurowings 8 21; 8 Nr. 1b 4; 8 Nr. 1c 2; 8 Nr. 1d 1, 3 – Gleichbehandlung von Auslandsspenden nach EU-Grundfreiheiten 9 Nr. 5 38 – Groupe-Steria 9 Nr. 3 35 – STEKO Industriemontage 8 Nr. 5 6, 15 – Timac Agro 9 Nr. 3 16 Entschließungsermessen – Verspätungszuschlag 14b 9, 12 f. Entstehung der Gewerbesteuer/Gewerbesteueranspruchs 18 1 ff. – zeitliche Bedeutung 18 2, 9 Entstehungszusammenhang 8 Nr. 12 9 Erbbaurecht, das auf fremdem Grund ruht – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 72 Erbbaurecht 8 Nr. 1e 7; 9 Nr. 1 55 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Erbbauzins 8 Nr. 1b 11, 16 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Erbengemeinschaft 2 31; 5 44 Erdölbevorratungsverband 3 Nr. 1 11 f. Erfindung 8 Nr. 1f 26 Erfolgsabhängige Vergütung – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Ergänzungsbilanz bei der KGaA 8 Nr. 4 21 Ergänzungsbilanz 8 Nr. 1a 64; 9 Nr. 2 26

Stichwortverzeichnis Erhaltungshilfe 3 Nr. 7 1 Erhebungszeitraum 14 47 – abgekürzter 14 50; 14a 35 Erhöhung der Mindestbeteiligungsquote auf 15 % – fiskalischer Eingriff mit Rückwirkungscharakter 9 Nr. 2a 8 Erklärungsfrist 18 2, 9 Erlangung der Rechtspersönlichkeit – Voraussetzung für die sachliche Gewerbesteuerpflicht 2 112 Erlass aus Billigkeitsgründen 5 21 Erlass 1 52; 16 19 f. – Unternehmenssanierung 16 19 Ermächtigung – technische 35c 19 Ermächtigungsgrundlage für § 19 GewStDV – § 35c Abs. 1 Nr. 2e und f GewStG 8 Nr. 1a 42 Ermäßigte Steuermesszahl 11 41 Ermessensentscheidung des Finanzamts auf Insolvenzantrag – Überprüfung durch das Finanzgericht auf Rechtmäßigkeit Anh. 2 56 ff. Ermessensentscheidung – Anpassung der Gewerbesteuervorauszahlungen 19 28 f. – Festsetzung des Gewerbesteuermessbetragsbescheids 19 33 – Inanspruchnahme eines Haftenden 5 47 Ermittlung Gewerbeertrag im Insolvenzverfahren Anh. 2 38 f. – einheitlich für den gesamten Abwicklungszeitraum Anh. 2 38 – zeitlich lineare Verteilung auf den Abwicklungszeitraum Anh. 2 39 Ermittlung Gewerbeertrag – Besonderheiten bei Einzelunternehmen 7 34 ff. – Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften 7 39 – Besonderheiten bei Organschaftsverhältnissen 7 41 ff. – Besonderheiten bei Personengesellschaften 7 38 – Organgesellschaft 2 144 – Nichtanwendbarkeit von Schachtelprivilegien 9 Nr. 2a 11 – Organträger 2 144 – zweistufiges Verfahren bei der Organschaft 2 144 Ermittlung Gewerbesteuermessbetrag im Insolvenzverfahren Anh. 2 40 – Festsetzung nach Ablauf des Abwicklungszeitraums Anh. 2 43 Ermittlungszeitraum 14 47 Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anh. 2 31 f. – Ablehnung des Insolvenzgerichts Anh. 2 52 – Beginn eines neuen Geschäftsjahres, Buchführungspflicht Anh. 2 51 – durch das Insolvenzgericht Anh. 2 52

– Einspruchsverfahren, Einspruchsfristen Anh. 2 84 – gerichtliche Fristen Anh. 2 90 – Insolvenzeröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts Anh. 2 63 – keine Auswirkungen auf Ermittlung des Gewerbeertrags Anh. 2 12 – schriftlicher Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers Anh. 2 52 f. – Schuldner verliert Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis Anh. 2 4 – Unterbrechung der finanzgerichtlichen Verfahren Anh. 2 87 ff., 157 – Unterbrechung des Einspruchsverfahrens Anh. 2 157 – unzulässige Verwaltungsakte nach Eröffnung Anh. 2 74 ff. – Vollstreckungsverfahren Anh. 2 85 f. – zulässige Verwaltungsakte Anh. 2 79 ff. Errichtung eines Windparks 7 28 Ersatzmaßstab 33 19 Ersatzrealisationstatbestand Anh. 1 106 Ertragshoheit (Art. 106 GG) Anh. 2 194 Ertragshoheit der Gemeinden 1 2, 16 Ertragsteuerliche Doppelbelastung – Vermeidung 7 122 Ertragsteuerliche Sphäre – ideeller Bereich 3 Nr. 6 2 – vermögensverwaltender Bereich 3 Nr. 6 2 Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) – Zweck 2 151 Erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 26 ff. – Abgrenzungsfälle 9 Nr. 1 39 ff. – Antrag des Steuerpflichtigen jeweils für einen EZ 9 Nr. 1 97 ff. – Ausschließlichkeitsgebot 9 Nr. 1 75 – Bedeutung 9 Nr. 1 20 – begünstigte Tätigkeiten 9 Nr. 1 32 – Betreuung, Errichtung und Veräußerung von Wohnungsbauten 9 Nr. 1 106 ff. – engerer Anwendungsbereich durch die BFHRechtsprechung 9 Nr. 1 31 – faktische Gewerbesteuerbefreiung 9 Nr. 1 26 – gespeicherte stille Reserven (§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG) 9 Nr. 1 133 ff. – Gleichstellung mit steuerbefreiten Wohnungsbaugesellschaften 9 Nr. 1 29 – grundstücksverwaltende Unternehmen 9 Nr. 1 28 – kein Stichtagsprinzip 9 Nr. 1 94 ff. – Kürzung des Nettobetrags nach Hinzurechnungen 9 Nr. 1 112 ff. – Missbrauchsverhinderungsvorschrift § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG 9 Nr. 1 122 ff. – Nebentätigkeiten, unschädliche 9 Nr. 1 100 f. – nicht begünstigte und schädliche Tätigkeiten 9 Nr. 1 32 951

Stichwortverzeichnis – nicht begünstigte, aber unschädliche Tätigkeiten 9 Nr. 1 32 – Organschaft 9 Nr. 1 118 ff. – Rechtsformneutralität 9 Nr. 1 28 f. – Schädlichkeit 9 Nr. 1 40 f. – Übergangsmöglichkeit zur einfachen Kürzung 9 Nr. 1 98 f. – Unternehmen ausländischer Rechtsform 9 Nr. 1 34 – Veräußerung oder Aufgabe von Mitunternehmeranteilen 9 Nr. 1 137 f. – Vermeidung Doppelbelastung von Grund- und Gewerbesteuer 9 Nr. 1 27 – Vermögensverwaltung 9 Nr. 1 35 – Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen 9 Nr. 1 102 ff. – Wirkung 9 Nr. 1 3 – Zweck 9 Nr. 1 27 ff. Erweiterung des Inlandsbegriffs 2 233 ff. – ausschließliche Wirtschaftszone 2 235 ff. – Festlandsockel 2 243 ff. – grenzüberschreitende Gewerbegebiete 2 247 – Zweck 2 233 Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft 3 Nr. 8 1 ff. – Befreiung von Körperschaft- und Gewerbesteuer 3 Nr. 8 4 – begünstigter Geschäftsbetrieb 3 Nr. 8 5 – begünstigte Geschäftsart 3 Nr. 8 6 ff. – gemeinschaftliche Tierhaltung 3 Nr. 12 3 Erzberger’sche Finanzreform Einl. 1 Erzeugergemeinschaft 3 Nr. 14 1 EU-Lizenzrichtlinie 8 40 EU-Mutter-Tochter-Richtlinie 9 Nr. 7 1, 3 EU-Zinsrichtlinie 8 40 EURLUmsGesetz 9 Nr. 1 133, 138 Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) 5 2 – Steuerschuldner 5 45 f. Europarecht und Gewerbesteuer 1 75 Europarecht – Vereinbarkeit mit Gewerbesteuerbefreiungen 3 20 Eurowings-Entscheidung des EuGH 8 21; 8 Nr. 1b 4; 8 Nr. 1c 2

Facility Agent Fee – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Factoring 8 Nr. 1a 31, 69 – begünstigte Finanzdienstleistung 8 Nr. 1a 74 – echtes 8 Nr. 1a 33 – unechtes 8 Nr. 1a 33 Fahrendes Schiff 2 104 – keine Betriebsstätte iSd. Betriebsstättendefinition (§ 12 Satz 1 AO) 9 Nr. 3 23 Fälligkeitsfactoring 8 Nr. 1a 69 Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG 10a 20, 239 – anteiliger Untergang 10a 69 952

– ausländische Betriebsstättenergebnisse 10a 143 – außerorganschaftliche Fehlbeträge 10a 158 – Begriff 10a 145, 164 – Durchführung des Verlustabzugs 10a 151 ff. – endgültiger Ausfall festgestellter Fehlbeträge bei Insolvenz Anh. 2 19 – Erhalt bei Unternehmens- bzw. Unternehmeridentität 10a 26 – Ermittlung 10a 140 ff. – Kürzung des Gewerbeertrags von Amts wegen 10a 146 – mitunternehmerschaftliche Verlustzurechnung 10a 167 ff. – mitunternehmerschaftlicher Verlustabzug 10a 167 ff. – Organschaft 10a 144, 154 ff. – Untergang bei der übertragenden Körperschaft gemäß UmwStG 10a 26 – Untergang bei fehlender Unternehmensidentität 10a 39 ff., 61 ff. – Untergang bei fehlender Unternehmeridentität 10a 95 ff. – Untergang bei Körperschaften 10a 224 ff. – Untergang bei Übertragung des Gewerbebetriebs 10a 209 ff. – Untergang bei Wechsel Gesellschafter der Personengesellschaft 10a 184 ff. – Verbrauch 10a 146 – Verlustabzug, begrenzt auf 1 Million Euro 10a 147 – Verlustabzug, prozentual begrenzt bei übersteigendem Betrag 10a 150 f. – Verlustverrechnung bei vollständigem Gesellschafterwechsel 10a 185 – Verlustverrechnung bei Wechsel nicht aller Gesellschafter – Austritt zu Beginn oder Ende des EZ 10a 186 – unterjähriger Gesellschafterwechsel 10a 187 ff. – Verlustverrechnung vor Berücksichtigung von Freibeträgen 10a 153 – Verlustvortrag 10a 151 – vortragsfähiger, Begriff 10a 207 f., 239 Feldesleitung 2 246 Ferienwohnung 9 Nr. 1 39 Festlandsockel 2 7, 100, 243 ff.; 4 14 – Begriff 2 243 Festsetzung der Gewerbesteuer – Zuständigkeit in den Flächenstaaten 16 10 – Zuständigkeit in den Stadtstaaten 16 10 Festsetzungsfrist – Gewerbesteuermessbescheid 14 28 Festsetzungsverfahren 1 37 f. Festsetzungsverjährung 18 2, 9 Feststellung des Gewerbeverlustes s. Verlustfeststellungsbescheid

Stichwortverzeichnis Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes – Verfahrensvorschriften 35b 1 Feststellungsbescheid – gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Fehlbetrags 10a 199 – Grundlagenbescheid nach § 182 AO – für Gewerbesteuermessbescheid Folgejahr 10a 199 – für Verlustfeststellungsbescheid Folgejahr 10a 199 Feststellungslast 5 33; 10a 231 Fiktion der Betriebseinstellung 2 215 f. Fiktion der Betriebsneugründung 2 219 Fiktion des Anlagevermögens 8 Nr. 1d 35 f.; 8 Nr. 1e 10 f. Fiktion des Gewerbebetriebs 2 120, 174 ff. Fiktiver Unternehmerlohn 31 34 ff. – Art der Tätigkeit 31 36 – Aufteilung 31 39 – Pauschbetrag 31 34 f. Fiktives Anlagevermögen 8 Nr. 1d 35 f.; 8 Nr. 1e 10 f. – Zurechnung von Wirtschaftsgütern 8 Nr. 1d 38 Filialtheorie 2 141 Finaler Auslandsverlust 2 86 Finaler Verlust 7 31; 9 Nr. 3 16 – ausländischer Betriebsstätten 9 Nr. 3 25 Finanzdienstleistungsinstitut – Begriff 8 Nr. 1a 68 ff. – Finanzierungsfunktion im Vordergrund 8 Nr. 1a 69 – keine Hinzurechnung von Entgelten für Schulden 8 Nr. 1a 73 f. Finanzgerichtliches Klageverfahren Anh. 2 87 Finanzgerichtsklage 16 15 Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft 2 124, 136 Finanzierung, Konzernfinanzierung – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Finanzierungslast 1 77 Finanzierungsleasing/Spezialleasing 2 62 Finanzierungsleasing 8 Nr. 1a 59, 69 – begünstigte Finanzdienstleistung 8 Nr. 1a 74 Finanzierungsneutrale Besteuerungsgrundlage 7a 4 Finanztransfergeschäft – begünstigter Zahlungsdienst 8 Nr. 1a 74 Finanzverwaltungsgesetz 1 67 Firmenwert 8 Nr. 1f 26 Fischzucht, Fischfarm – gewerbesteuerliche Erfassung 2 238 Fiskalzwecknorm – § 10a Satz 1 GewStG 10a 1, 139 Floor – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41

Flugzeug – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Folgeaussetzung der Vollziehung 35b 25 Folgebescheid – Gewerbesteuerbescheid Anh. 2 165 Forderung gegen insolvenzfreies Vermögen Anh. 2 111 Forderung innerhalb des Organkreises – Differenzrechnung § 19 Abs. 1 GewStDV 8 Nr. 1a 63 Forderung – untitulierte Anh. 2 138 Förderzins 8 Nr. 1a 17 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Forfaitierung 8 Nr. 1a 31, 57 – echte 8 Nr. 1a 39 – unechte 8 Nr. 1a 40 Form der Steuererklärung 14a 34 Formelle Satzungsmäßigkeit 3 Nr. 6 8 – steuerliche Vergünstigungen 3 Nr. 6 10 Formwechsel einer Kapitalgesellschaft (§ 190 Abs. 1 UmwG) Anh. 1 6 Formwechsel einer Personengesellschaft (§§ 190 ff. UmwStG) Anh. 1 103 ff. Formwechsel Kapitalgesellschaft in Personengesellschaft – (Mitunternehmerschaft), § 9 UmwStG Anh. 1 27 f. – gewerbesteuerliche Fehlbeträge Anh. 1 28 – steuerliche Rückwirkung Anh. 1 27 Formwechsel Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft – Behandlung gewerbesteuerlicher Fehlbeträge iSd. § 10a GewStG Anh. 1 105 – entsprechende Geltung der Vorschriften §§ 20–23 UmwStG Anh. 1 103 Formwechsel Personengesellschaft in Personengesellschaft 2 212 Formwechsel 2 208 Fortführung Gewerbebetrieb durch den Insolvenzverwalter Anh. 2 7 Fortführungsgebundener Gewerbeverlust 10a 256 Fortführungsgebundener Verlustvortrag 10a 255 – Untergang 10a 257 f. Franchise-Vertrag 8 Nr. 1f 15, 23 – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Freibetrag 8 Nr. 1 1 ff.; 11 7, 11 f., 20 ff. – anteiliger 11 37 – einmalige Gewährung bei Abwicklung oder Insolvenz 8 Nr. 1 2 – juristische Personen, insbesondere Kapitalgesellschaften 11 33 f. – juristische Personen 11 31 ff. – kein Rücktrag 8 Nr. 1 1 953

Stichwortverzeichnis – kein Vortrag 8 Nr. 1 1 – natürliche Personen 11 20 ff. – Personengesellschaften, atypische Innengesellschaft 11 25 ff. – Personengesellschaften, Betriebsaufspaltung 11 29 – Personengesellschaften, Organschaft 11 30 – Personengesellschaften 11 23 ff. – voller 11 36 – zeitanteilige Aufteilung 5 61 – Zweck von § 8 Nr. 1 GewStG 8 Nr. 1 1 Freigabeerklärung (§ 35 Abs. 2 und 3 InsO) Anh. 2 10 Freigegebene gewerbliche Tätigkeit des Insolvenzschuldners Anh. 2 10 f. Freistellung gem. § 8b Abs. 1 KStG – gleichrangig neben DBA-Schachtelprivilegien 8 Nr. 5 11 Freistellungsbescheid 1 34 Funktion des Bankengewerbes – Hintergrund des § 19 GewStDV 8 Nr. 1a 42 Funktionsholding 9 Nr. 7 2, 37 Funktionsteilung – zwischen Finanzamt und hebeberechtigter Körperschaft Anh. 2 146 Fußstapfentheorie 10a 113

Garantie der Finanzhoheit

1 15 Garantiegeschäft 8 Nr. 1a 50 Gebäude 8 Nr. 1d 33 Gebietsgebundene Steuer 4 8 Gebietskörperschaft 1 10 Gebot der Folgerichtigkeit 8 32; 10a 36 Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung 8 Nr. 1f 4 Gebrochene Einheitstheorie 2 140, 145; 3 15; 7 40; 7a 1, 15, 20, 25; 8 15; 10 14; 10a 50, 157, 202 – Durchbrechung 10a 156 Gebühr – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Gebundene Verwaltungsentscheidung 30 18 Gegengeschäft 3 Nr. 8 8 Gegenleistungsabgabe 1 74 Gegenseitigkeitskriterium 2 229 Gegenstand der Gewerbesteuer 2 47 Gegenwartsbesteuerung 10 2, 5 Gelegenheitsgesellschaft 8 Nr. 1c 8 Gemeinde 1 10 ff. Gemeindebezirk 1 11 – Ertragsberechtigung 1 14 ff. Gemeindefinanzreformgesetz 1 17 Gemeindefreies Gebiet 1 11; 4 12 f. – Bestimmung der Hebeberechtigung mittels Rechtsverordnung 4 13 – Gewerbesteuererhebungspflicht 1 22 f. Gemeindelasten 30 23; 31 1 – wesentliche 33 13 954

– Rechte im Rahmen des Besteuerungsverfahrens 1 65 ff. Gemeindesteuer 1 1 f., 76 ff.; 28 1 Gemeindeverband 1 12 Gemeingebrauch – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Gemeinnütziges Siedlungsunternehmen 3 Nr. 17 1 – persönliche Voraussetzungen für die Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 17 6 – Rechtsfolge 3 Nr. 17 8 – sachliche Voraussetzungen für die Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 17 7 Gemeinnützigkeit – ausländische Körperschaft 3 Nr. 6 14 – Unionsrechtskonformität 3 Nr. 6 14 Gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (Kassen) 3 Nr. 29 3 – begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 29 5 – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 29 3 f. Gemeinschaftliche Tierhaltung 3 Nr. 12 4 Gemischt genutzte Grundstücke 9 Nr. 1 13 Gemischte Mitunternehmerstruktur 7 139 f. Gemischter Betrieb 7 118, 121; 9 Nr. 3 36, 42 Gemischter Vertrag 8 44; 8 Nr. 1d 22 f.; 8 Nr. 1e 11 – Hinzurechnung von Konzessionen und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 15 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Genussrecht 9 Nr. 2a 29; 9 Nr. 7 22 – Differenzrechnung § 19 Abs. 1 GewStDV 8 Nr. 1a 61 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Geprägetheorie 3 Nr. 6 20; 7 35 Gesamthafenbetrieb 3 Nr. 26 1 – begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 26 4 – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 26 3 f. – Vermögens- und Überschussverwendung 3 Nr. 26 5 Gesamthandsvermögen 5 39 ff. Gesamtrechtsnachfolge 2 197 – Umwandlungsvorgänge Anh. 1 73, 87, 114 Gesamtrechtsnachfolger 5 32 Gesamtschuldner 5 47 Geschäftsbetrieb – wirtschaftlicher 3 Nr. 6 28 f. Geschäftsfähigkeit 5 28 Geschäftswert – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) 5 40 Gesellschafter einer Personengesellschaft 10a 103 – Wechsel im Gesellschafterbestand 10a 102 Gesellschafteridentität 10a 65

Stichwortverzeichnis Gesetzliche, gewillkürte oder vorweggenommene Erbschaft – Übertragung 10a 214 Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Fehlbetrags 10a 198 ff. – Bekanntgabe bei Organschaft ausschließlich an den Organträger 10a 202 – erstmalige Feststellung 10a 206 – Inhalt der gesonderten Feststellung 10a 204 ff. Gesonderte Feststellung fortführungsgebundener Verlustvortrag – Anwendung § 8d KStG 10a 255 Gesonderte Gewinnermittlung – unschädliche Nebentätigkeiten 9 Nr. 1 111 Gesondertes Entgelt/Gebühren – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 42 Gewerbeanmeldung 1 28 Gewerbebetrieb kraft Rechtsform 2 14 f., 110 ff. – europäische Genossenschaften 2 112 – europäische Gesellschaften 2 112 – Gesellschaften ausländischen Rechts 2 113 f. – Gesellschaften deutschen Rechts 2 111 f. – Rangverhältnis zu weiteren Formen des Gewerbebetriebs 2 15 Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit 2 14 f., 19 ff. Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs 2 14 f., 163 ff. – Rechtsformen 2 164 ff. Gewerbebetrieb 2 1; 8 Nr. 1a 17 – Begriff 2 20 ff. – Betreiben mehrerer nacheinander Einzelunternehmen 2 25 ff. – Betreiben mehrerer nacheinander Personengesellschaft 2 35 ff. – einheitlicher 2 23 ff., 30 ff. – Einstellung 2 27 – Ertragskraft 8 2 – Fiktion 2 120, 174 ff. – Formen 2 14 ff. – inländischer 2 18, 86 ff.; 6 2; 7 2 – Merkmale für Einheitlichkeit 2 23 – Mitunternehmerschaft 2 28 f. – ruhender 2 21 – stehender 2 2, 17; 7 2; 29 4 – Steuerobjekt 8 2 – steuerpflichtiger 14a 8 ff. – Unterbegriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs 2 46 – vorübergehende Unterbrechung 2 179 ff. Gewerbeertrag 6 1 f.; 7 1 ff.; Einl. 2 – abweichendes Wirtschaftsjahr 7 22 f. – Begriff, Definition 6 8; 7 11 ff. – Besteuerungsgrundlage der Gewerbesteuer 7 1 – Ermittlung bei unternehmensbezogener Sanierung 7b 1 ff. – Ermittlung 8 1; s.a. Ermittlung Gewerbeertrag – Ermittlungsschema 7 1, 11 ff. – korrigierter 11 4, 17

– maßgebender, Ermittlung 10a 140 ff. – maßgebender 10 2, 10 – negativer maßgebender 10a 173; s.a. Fehlbetrag, Gewerbeverlust – objektivierter 8 2 – Organschaft 2 140 Gewerbekapital 6 1; Einl. 2 – Wegfall als Besteuerungsgrundlage 35b 12 Gewerbekapitalsteuer – Abschaffung 6 6; Einl. 4 f. – Wegfall 35a 4 Gewerbesteuer als personenbezogene Objektsteuer – Regelung des § 2 Abs. 5 GewStG 2 196 Gewerbesteuer – Abgrenzung Insolvenzforderung und Masseverbindlichkeit 18 11 – Anrechnungsmöglichkeit auf die Einkommensteuer 1 6 f. – Bemessungsgrundlage 8 26 – Betriebsausgabe 1 6 – Ertragshoheit Einl. 5 – ertragsorientierte Objektsteuer 8 2 – Europarecht 1 75 – Gemeindesteuer 1 1 f., 74 ff. – historische Entwicklung Einl. 1 – Insolvenz des Gewerbebetriebs 18 10 f. – kleine Körperschaften 7 40 – Masseverbindlichkeit 18 10 – Objektsteuercharakter 6 8; 7 24 – preußische Einl. 1 – Real- bzw. Objektsteuer Einl. 7 – Umwandlungen nach dem Umwandlungsteuergesetz (UmwStG) Anh. 1 1 ff. – Verfassungsmäßigkeit 1 75 – Verhältnis zur Einkommen- und Körperschaftsteuer Einl. 8 – Verwaltung Einl. 5 – wirtschaftliche Bedeutung 8 7 – Zerlegung (§ 28 GewStG) Einl. 5 Gewerbesteueranrechnung (§ 35 EStG) Anh. 1 113 – Ausschluss Anh. 1 44 Gewerbesteueraufkommen Einl. 8 – Stabilisierung 8 8 Gewerbesteuerbefreite Schachteldividende 8 28 Gewerbesteuerbefreiung – Eintritt 2 51 – Wegfall 2 51 Gewerbesteuerbelastung – Erhöhung aufgrund des Insolvenzverfahrens Anh. 2 13 f. Gewerbesteuerbescheid – Folgebescheid zum Gewerbesteuermessbescheid 1 2, 60; 14 30; 16 12 – Klageverfahren, Verwaltungsrechtsweg 16 15 – Rechtsmittel 16 15 955

Stichwortverzeichnis Gewerbesteuerdurchführungsverordnung (GewStDV 1950) Einl. 3 Gewerbesteuerdurchführungsverordnung 2 3; 3 22 – Einschränkung der Tarifbegünstigung 11 67 ff. Gewerbesteuererhebungspflicht 1 22 f. Gewerbesteuererklärung im Insolvenzverfahren – Abgabe nach Beendigung des Abwicklungszeitraums Anh. 2 44 Gewerbesteuererklärung 1 30; 14a 1, 12 f. – Nichtabgabe bei uneingeschränkter Gewerbesteuerbefreiung 3 33 – Verletzung der Abgabepflicht 14a 5 Gewerbesteuerfalle 9 Nr. 2b 11 Gewerbesteuerforderung im Insolvenzverfahren – Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen Anh. 2 103, 106 – Insolvenzforderung (§ 38 InsO) Anh. 2 103, 105 – Masseverbindlichkeit (§ 55 InsO) Anh. 2 103, 106 Gewerbesteuerforderung – Vorauszahlung, Abschlusszahlung Anh. 2 103 Gewerbesteuerfreiheit s. Befreiung von der Gewerbesteuer Gewerbesteuergesetz (GewStG) – eigenständiger Charakter 10 1 Gewerbesteuergesetz 1936 8 17; Einl. 2 Gewerbesteuergesetz 1950 Einl. 3 Gewerbesteuerlast – Reduzierung durch Nutzung von Konzernstrukturen 33 10 Gewerbesteuerliche Betriebsunterbrechung 2 2 Gewerbesteuerliche Doppelbelastung 8 41 Gewerbesteuerliche Entstrickung 2 85; 7 15 – endgültige von stillen Reserven Anh. 1 11, 48 – endgültige 7 33 Gewerbesteuerliche Infektion – Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft Anh. 1 29 Gewerbesteuerliche Organschaft 2 2, 123 ff.; 3 15 ff.; 5 30; 7 43; 7a 25; 7b 25 f.; 8 21; 8 Nr. 1b 5; 28 20 – Ermittlung des Gewerbeertrags in zwei Stufen 7 41 ff. – gebrochene (eingeschränkte) Einheitstheorie 10a 243 Gewerbesteuerliche Schachtelprivilegien Anh. 1 4, 95 ff., 122 Gewerbesteuerliche Statusverbesserung Anh. 1 31, 34, 106, 109 Gewerbesteuerliche Transparenz – bestimmmter gewerblicher Personengesellschaften 2a 1, 23 Gewerbesteuerliche Verstrickung 7 15 – Betriebsvermögen Anh. 1 11 Gewerbesteuerlicher Inlandsbegriff – Erweiterung 2 7 956

Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg – Voraussetzungen Anh. 1 95 f. Gewerbesteuermessbescheid 1 33 ff. – Änderung von Amts wegen, zeitliche Grenze 35b 33 f. – Änderung von Amts wegen 35b 17 ff. – Änderung 14 27 – Aufhebung von Amts wegen 35b 17 ff. – Aufhebung 14 27 – Bindewirkung, materielle 14 39 ff. – Bindewirkung 14 11 – Festsetzungsfrist 14 28; 35b 34 – Formvorschriften 14 15 – gewerblich tätige Personengesellschaft 14 18 – Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuerbescheid 1 2, 34; 14 30; 16 12 – Grundlagenbescheid für den Zerlegungsbescheid 1 34; 16 12 – Grundlagenbescheid für den Zuteilungsbescheid 14 40; 16 12 – Mitunternehmerschaftliche Innengesellschaft 14 21 – Nichtigkeit 14 15 – Organschaft 14 22 – Personengesellschaft, Vollbeendigung durch Liquidation 14 19 – Personengesellschaft, Vollbeendigung ohne Liquidation 14 20 – persönliche Steuerpflicht 14 17 ff. – Rechtsgrundlage zur Änderung oder Aufhebung 35b 1 – sachliche Steuerpflicht 14 16 – selbständige Berichtigungsnorm 35b 14 – Unternehmerwechsel 14 25 – Verwirkung 14 29 Gewerbesteuermessbetrag – Berechnungsformel 11 18 – bundesweit einheitliche Berechnungsmodalitäten 11 3 – Ermittlung 11 16, 18 – Festsetzung in sachbezogener Hinsicht 14 1 – Festsetzung in zeitlicher Hinsicht 14 1, 44 f. – Festsetzung in zeitraumbezogener Hinsicht 14 1, 44 f. – kein negativer 11 35 Gewerbesteueroase 28 56 Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform 2 2 Gewerbesteuerpflicht – Einbringungsgewinn I (§ 22 Abs. 1 UmwStG) Anh. 1 4 – Einbringungsgewinn II (§ 22 Abs. 2 UmwStG) Anh. 1 4 – persönliche 5 1 ff. – sachliche, Beginn und Beendigung 2 47 ff., 121 f., 176 ff. – sachliche, bei der Organgesellschaft 2 143 – sachliche 2 1 ff., 13

Stichwortverzeichnis – Übertragungs- bzw. Einbringungsgewinne auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers Anh. 1 4 Gewerbesteuerrecht – Leitgedanken 9 Nr. 3 16 – preußisches 10 4 Gewerbesteuerrechtliche Steuererklärung 14a 2, 12 Gewerbesteuerrichtlinie 1 26 Gewerbesteuerrückstellung 1 6 Gewerbesteuersparmodell 7 169 Gewerbesteuerumlage 1 8, 17, 77; 7 16, 46 Gewerbesteuervorauszahlung bei Insolvenz Anh. 2 118 ff. – Insolvenzforderung Anh. 2 118 – Masseverbindlichkeit Anh. 2 118 – nicht entrichtete Vorauszahlung Anh. 2 119 Gewerbesteuervorauszahlung 1 38; 5 20 – Entstehung 21 1 ff. Gewerbetreibende iSd. §§ 2, 35a GewStG – persönlicher Anwendungsbereich § 10a GewStG 10a 2 Gewerbeverlust 7b 7; 10a 1 ff.; 11 35; s.a. Fehlbetrag iSd. § 10a GewStG – Begriff 10a 145, 164 – Durchführung des Verlustabzugs 10a 151 ff. – Ermittlung 10a 140 ff. – fortführungsgebundener 10a 256 – interperiodischer Verlustabzug 10a 1 – mitunternehmerische Verlustzurechnung 10a 167 ff. – mitunternehmerischer Verlustabzug 10a 167 ff. – Organschaft 10a 144, 154 ff. – Regelung zur Verrechnung des Gewerbeertrags mit Fehlbeträgen vorhergehender Erhebungszeiträume 10a 1 – Untergang bei Wechsel Gesellschafter der Personengesellschaft 10a 184 ff. – Verbrauch 10a 146 – Verlustabzug, begrenzt auf 1 Million Euro 10a 147 f. – Verlustabzug, prozentuale Begrenzung bei übersteigendem Betrag 10a 150 f. – Verlustverrechnung bei vollständigem Gesellschafterwechsel 10a 185 – Verlustverrechnung bei Wechsel nicht aller Gesellschafter – Austritt zu Beginn oder Ende des Erhebungszeitraums 10a 186 – unterjähriger Gesellschafterwechsel 10a 187 ff. – Verlustverrechnung vor Berücksichtigung von Freibeträgen 10a 153 – Verlustvortrag 10a 151 – vortragsfähiger 10a 204; Anh. 1 123 Gewerblich geprägte Personengesellschaft 2 37 ff. – Ausschließlichkeitsgebot 9 Nr. 1 86

– Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht 2 73 ff. – Betreiben verschiedener Gewerbebetriebe nacheinander 2 39 ff. – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 75 – Leasingunternehmen 2 63 – Prägevoraussetzungen 2 74 – werbende Tätigkeit 2 75 Gewerbliche Abfärbung § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) 3 14 Gewerbliche Personengesellschaft – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 74 Gewinn aus Gewerbebetrieb 8 1 Gewinnabführung 2 145 Gewinnabführungsvertrag 2 7, 124, 138; 7b 26 – Zeitpunkt des Abschlusses 10a 161 f. Gewinnabgrenzung 9 Nr. 3 27; s.a. Betriebsstättengewinnabgrenzung Gewinnabgrenzungsmethode – direkte 9 Nr. 3 27 – indirekte 9 Nr. 3 27 Gewinnanteil aus Enkelgesellschaften 9 Nr. 7 1, 4 Gewinnanteil bezogen von einer Mitunternehmerschaft (§ Nr. 9 Nr. 2 GewStG) – lex specialis zu § 9 Nr. 3 GewStG 9 Nr. 3 10 Gewinnanteil persönlich haftender Gesellschafter 8 Nr. 4 11 Gewinnanteil stiller Gesellschafter 8 Nr. 1c 4 ff. Gewinnanteil – Begriff 9 Nr. 2a 38 – stiller 8 Nr. 1b 1 ff. Gewinnausschüttung – offene 9 Nr. 2a 38 – verdeckte 9 Nr. 2a 38; 9 Nr. 5 25 ff. Gewinnbeteiligung – stille Gesellschaft 8 Nr. 1c 12 Gewinnermittlungsmethode 7 20 Gewinnermittlungsvorschriften außerhalb des EStG/KStG 7 18 Gewinnermittlungsvorschriften des EStG 7 16 Gewinnmindernde Rücklage – übernehmende Körperschaft bei Verschmelzung Anh. 1 54 Gewinnobligation – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Gewinnverteilungsschlüssel 10a 169 Gewinnverwendungsbeschluss 9 Nr. 7 38 Gezeitenkraftwerk 2 241 Gleichbehandlung von körperschaft- und gewerbesteuerlichen Besteuerungszeitraum im Abwicklungsfall Anh. 2 30 Gleichbehandlung von körperschaft- und gewerbesteuerlichen Verlusten 10a 155 Gleichgerichtetes Interesse 10a 237 957

Stichwortverzeichnis Gleichlauf der Behandlung ausländischer Tochtergesellschaften und Betriebsstätten – für Zwecke des EStG, KStG und GewStG 9 Nr. 3 34 Gleichlauf der Behandlung des Hinzurechnungsbetrags – für Zwecke des EStG, KStG und GewStG 9 Nr. 3 34 Gleichlauf der Betriebsstättendefinition (§ 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG) – mit Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz 9 Nr. 3 19 Gleichlauf von DBA-Schachtelprivilegien – mit unilateralen Schachtelkürzungen 9 Nr. 8 2 Gleichlauf von körperschaft- und gewerbesteuerlicher Befreiung 3 Nr. 15 2; 3 Nr. 17 5 Gleichstellung von Zuwendungsempfängern – Inland und solche mit Sitz in der EU sowie dem EWR 9 Nr. 5 34 f. Gleichstellungsthese – Gleichstellung Mitunternehmer mit Einzelunternehmer 10a 187, 191 f. Gleichzeitige Festsetzung – Steuermessbetrag und Verspätungszuschlag 14b 21 Global Legal Entity Identifier Stiftung 3 Nr. 31 1 ff. – begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 31 4 – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 31 1 f. Glücksspielabgabe – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 GmbH & Co. KGaA 8 Nr. 4 26 GmbH & atypisch still beteiligte GmbH 10a 77, 9 – gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit 8 Nr. 4 9 Grenzüberschreitende Sondervergütung im DBA-Fall 7 159 ff. Grenzüberschreitende Verschmelzung (§ 122a ff. UmwG) Anh. 1 45, 48 Grenzüberschreitendes Gewerbegebiet 2 7, 103, 247 – Avantis 4 16 f. – Bestimmung der Hebeberechtigung mittels Rechtsverordnung 4 17 – DBA Deutschland-Niederlande 2 247 – DBA Niederlande 4 15 ff. – deutsch-niederländische Gewerbegebiete 2 247 – Eurode Business Center 4 16 f. Grundbesitz zum Betriebsvermögen gehörend – rechtsformbedingte Besonderheiten 9 Nr. 1 12 Grundbesitz – anteiliger 9 Nr. 1 13 f. – ausländischer 9 Nr. 1 70 – Begriff (im bewertungsrechtlichen Sinne nach § 68 ff. BewG) 9 Nr. 1 5, 7, 51 ff. – eigener 9 Nr. 1 71 – Hinzuerwerb 9 Nr. 1 92 958

– nicht zum Grundvermögen zählend 9 Nr. 1 57 ff. – zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörend 9 Nr. 1 9; s.a. Grundbesitz zum Betriebsvermögen gehörend – zum Grundvermögen zählend 9 Nr. 1 52 ff. Grundgesetz – Vereinbarkeit mit Gewerbesteuerbefreiungen 3 20 Grundkapital 8 Nr. 1a 64 Grundlagenbescheid im Gewerbesteuerrecht Anh. 2 87 – Gewerbesteuermessbescheid bzw. Verlustfeststellungsbescheid Anh. 2 165 Grundlagenbescheid 16 12 Grundregel zur zeitlichen Anwendung des GewStG 36 6 ff. Grundsatz der Abschnittsbesteuerung – Durchbrechung 10a 1, 139 Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) 7b 4, 22 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 9 Nr. 1 31 Grundsatz der Vermögensbindung 3 Nr. 6 22 Grundsatz des Vertrauensschutzes – Verstoß durch § 8 Nr. 5 GewStG im EZ 2001 8 Nr. 5 5 Grundsätze der körperschaftsteuerrechtlichen Liquidationsbesteuerung bei Insolvenz Anh. 2 33, 45 Grundsätze der sog. Spartenrechnung 7 151 f. Grundsteuerreform – geplante 9 Nr. 1 25 Grundstückshandel (gewerblicher) – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Grundstücksobjektgesellschaft 9 Nr. 2 32 Gütergemeinschaft 5 44

Haftung anderer Personen

18 2 Haftung der Erben 18 9 Haftung für die Gewerbesteuerschuld eines anderen 5 47 ff. Haftung – Organgesellschaft für die Steuern des Organträgers 2 162 Haftungsbescheid (§ 191 AO) 5 49 – Organschaft 2 162 Haftungsbescheid Finanzamt – Rechtsmittel 5 49 Haftungsbescheid Gemeinde – Rechtsmittel 5 49 Halbeinkünfteverfahren 7 135; 8 Nr. 5 18 Halten von Beteiligungen 3 Nr. 6 32 Handelsrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) 7 13 Handelsrechtlicher Abschlussstichtag 10 11 Handelsschiff 2 106 Häufiger Mieterwechsel – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39

Stichwortverzeichnis Hauptzerlegung 30 2 Hausgewerbetreibende 11 42 ff. – Arbeitsrechtlicher Schutzzweck 11 43 – Begriff 11 42, 45 ff. – Selbständigkeit 11 44 – Steuerermäßigung 11 42 – Tätigkeitsort 11 54 – Unterscheidung zum Heimarbeiter 11 44, 52 – wesentliche Mitarbeit am Arbeitsprodukt 11 49 Haushaltsbegleitgesetz 1983 8 17 Hebeberechtigte Gemeinde 4 1 ff. – Befugnisse 4 2 – Flächenstaaten 4 1 – Stadtstaat Berlin 4 1, 20 – Stadtstaat Bremen 4 1, 3, 20 – Stadtstaat Hamburg 4 1, 20 – Zerlegungsverfahren 4 2 Hebeberechtigung – Begriff 4 3 – Betriebsstätte in einer Gemeinde 4 8 f. – Betriebsstätte in mehreren Gemeinden 4 10 f. – Betriebsstätten in gemeindefreien Gebieten 4 12 ff. – Binnen- und Küstenschifffahrtsbetriebe 4 18 – grenzüberschreitendes Gewerbegebiet 4 15 ff. – Kauffahrteischiffe 4 18 – Prüfung vor Erlass des Gewerbesteuerbescheids 4 19 – Reisegewerbebetrieb 4 5 – Schiffe, Schifffahrt 4 5 – stehender Gewerbebetrieb 4 5, 8 ff. Hebesatz 4 2; 16 1 ff. – Anfechtungsmöglichkeiten 16 9 Hebesatzautonomie 16 33 – Bedeutung für den Standort von Betriebsstätten 44 – Begriff 16 7 – Ermessensspielraum 16 9 – Festsetzungsberechtigter 16 7 – Gebietsreform 16 29 Hebesatzgefälle 28 4 – Gleichheit 16 25 f. – Gültigkeitszeitraum 16 22 – Höchstgrenze (Höchsthebesatz) 16 32 – Mindestgrenze, Mindesthebesatz 4 4 Hebesatzrecht Einl. 5 Heimarbeitsgesetz (HAG) 11 42 Herstellungslizenz 8 Nr. 1f 34 ff. – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Hilfsgeschäft 3 Nr. 8 9 Hinzuerwerb von weiterem Grundbesitz – Absicherung der erweiterten Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 92 Hinzurechnung gemäß § 8 GewStG – persönlicher Anwendungsbereich 8 13 ff. – sachlicher Anwendungsbereich 8 9 f.

– Schema 8 47 – zeitlicher Anwendungsbereich 8 11 ff. Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1a GewStG – Schuldentgelte 8 Nr. 1a 1 ff. Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1b GewStG – Umfang 8 Nr. 1b 21 ff. Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1c GewStG – Umfang 8 Nr. 1c 30 ff. Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1d GewStG – effektive Belastung mit Gewerbesteuer 8 Nr. 1d 14 – Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien 8 Nr. 1d 1 ff. Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1e GewStG – effektive Belastung mit Gewerbesteuer 8 Nr. 1e 6 – Miet- und Pachtzinsen bei Immobilien 8 Nr. 1e 1 ff. – gewerbesteuerliche Mehrfachbelastungen 8 Nr. 1e 1 Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1f GewStG – effektive Belastung mit Gewerbesteuer 8 Nr. 1f 1, 7 – große wirtschaftliche Bedeutung der Vorschrift 8 Nr. 1f 1 – Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1e 1 ff. – Mehrfachbelastungen 8 Nr. 1f 1 – Vereinbarkeit mit dem Europarecht, Unionsrechtskonformität 8 Nr. 1f 6 – Vermeidung der Verlagerung von Steuersubstrat ins Ausland 8 Nr. 1f 3 – Verstetigung des Steueraufkommens 8 Nr. 1f 3 – Verstoß gegen die Zins-/Lizenzrichtlinie 8 Nr. 1f 6 – zeitlich befristete Überlassung von Rechten 8 Nr. 1f 1 f. Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 4 GewStG – Anwendbarkeit auf GmbH § Co. KGaA 8 Nr. 4 9 – gegenläufige Kürzungsvorschrift in § 9 Nr. 2b GewStG 8 Nr. 4 9 – KGaA-Gewinnanteil 8 Nr. 4 1 ff. – Zeitpunkt der Zurechnung 8 Nr. 4 32 – Zuordnungsnorm 8 Nr. 4 5, 12 Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 5 GewStG – Abzug von Beteiligungsaufwendungen 8 Nr. 5 27 ff. – Ausschluss von Beteiligungserträgen, die die Voraussetzungen des gewstl. Schachtelprivilegs (§ 9 Nr. 2a oder 7 GewStG) erfüllen 8 Nr. 5 10 – begünstigte Gewinnanteile nach EStG/KStG 8 Nr. 5 1 ff. – Behandlung eines negativen Betrages 8 Nr. 5 28 – Berücksichtigung nur von Dividendenbezügen, die nach § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 1, 5 KSTG freigestellt sind 8 Nr. 5 13 – fiskalisch motivierte Vorschrift 8 Nr. 5 3 959

Stichwortverzeichnis – Gewinnanteil, hinzurechenbarer 8 Nr. 5 26 – kein DBA-Schachtelprivileg anwendbar 8 Nr. 5 25 – keine Erfassung von Gewinnabführungen im Rahmen einer Organschaft 8 Nr. 5 17 – keine gewerbesteuerliche Schachtelbeteiligung 8 Nr. 5 24 – keine Hinzurechnung bei DBA-Schachtelprivileg 8 Nr. 5 1 – keine Hinzurechnung bei gewerbesteuerlicher Schachtelbeteiligung 8 Nr. 5 1 – keine Möglichkeit der Minderung um ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen 8 Nr. 5 30 – kritische Betrachtung 8 Nr. 5 3 – laufende Beteiligungserträge 8 Nr. 5 17 – Minderung um nicht abzugsfähige Beteiligungsaufwendungen 8 Nr. 5 2 – Nettogewinn 8 Nr. 5 27 – systemwidrige Vorschrift 8 Nr. 5 3 – Tatbestandsvoraussetzung Fehlen der gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegien 8 Nr. 5 10 – teilweise freigestellte, laufende Beteiligungserträge (§ 3 Nr. 40 EStG) 8 Nr. 5 18 f. – Vermeidung der Doppelbelastung durch Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG und der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung 8 Nr. 5 23 – vollständig freigestellte, laufende Beteiligungserträge (§ 8b Abs. 1 KStG) 8 Nr. 5 20 f. – Voraussetzung des Vorliegens einer gewerbesteuerlichen Streubesitzbeteiligung 8 Nr. 5 24 Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 8 GewStG – einheitlicher Regelungskomplex zusammen mit § 9 Nr. 2 GewStG 8 Nr. 8 7 – Mitunternehmer-Verlustanteile 8 Nr. 8 1 ff. – Organschaft 8 Nr. 8 5 – Parallelvorschrift zur Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG 8 Nr. 8 1 – Verhinderung einer doppelt gewerbesteuerlichen Berücksichtigung von Verlusten aus Mitunternehmerschaften 8 Nr. 8 2 Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 9 GewStG – Spenden 8 Nr. 9 1 ff. Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 10 GewStG – ausschüttungs-/abführungsbedingte Gewinnminderung 8 Nr. 10 1 ff. – geringer praktischer Anwendungsbereich 8 Nr. 10 4 f. – Gewinnminderung durch Ansatz eines niedrigeren Teilwerts 8 Nr. 10 8 f. – Gewinnminderung durch Veräußerung, Anteilentnahme, Kapitalherabsetzung oder -auflösung 8 Nr. 10 8 f. – Kausalzusammenhang zwischen Gewinnausschüttung bzw. organschaftlicher Gewinnabführung und Gewinnminderung 8 Nr. 10 14 960

– Vermeidung einer gewerbesteuerlichen Doppelentlastung 8 Nr. 10 2 f. – Zusammenhang mit gewerbesteuerlichen Schachtel- bzw. Organgesellschaftsbeteiligungen 8 Nr. 10 1 Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 12 GewStG – Anknüpfung an Abzug ausländischer Steuern als Betriebsausgaben nach § 34c Abs. 2 bzw. 3 EStG, § 68b EStDV 8 Nr. 12 5 – ausländische Steuern 8 Nr. 12 1 ff. – Vermeidung einer Doppelbegünstigung iRd. Gewerbesteuer 8 Nr. 12 1 Hinzurechnungsbetrag nach Außensteuergesetz (AStG) 9 Nr. 1 117 Hinzurechnungsbetrag – negativer 8 Nr. 1c 32 Hinzurechnungsfaktor 8 19, 46 Hinzurechnungsfreibetrag 8 19 Hinzurechnungsquote – typisierte 8 43 Hinzurechnungstatbestand gemäß § 8 GewStG 81 – Kernstück 8 Nr. 1a 1 Höchsthebesatz 16 32 Höhe der Gewerbesteuer (§ 16 GewStG) – Beeinflussung durch § 10a GewStG 10a 20 Hoheitliches Dauerverlustgeschäft 7 154 Hoheitsbetrieb – Gewerbesteuerpflicht 2 43 Hotelkosten von Reiseveranstaltern 8 Nr. 1e 11 Hotelnutzung – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Hundertprozentige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft 7 65 Hybride Beteiligungsform 9 Nr. 7 22 Hybride Gesellschaftsform – KGaA 8 Nr. 4 1

Identitätswahrende Betriebsumstellung, Betriebsverlegung 2 25 Identitätswahrende Umwandlung einer GmbH in einer GmbH & Co.KG 9 Nr. 1 136 IHK-Gesetz (IHKG) 14 8 Immaterialgüterrecht 8 Nr. 1f 24 Immaterielles Wirtschaftsgut – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Immobilien-Leasing-Gesellschaft – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 In-sich-Geschäft 7 73 Inbound-Fall, Inbound-Konstellation ohne DBA 2 222 ff. Inbound-Fall, Inbound-Konstellation 2 86, 103; 7 161 ff.; 9 Nr. 3 3 f. Individualvollstreckungsverfahren Anh. 2 85 Informatorischer Bescheid Anh. 2 77, 125, 130 Inhaltsadressat 14 17

Stichwortverzeichnis Inklusivmiete 8 Nr. 1e 4 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Inkrafttreten eines Gesetzes 36 3 Inländische Betriebsstätte 2 137 Inländische Schachtelerträge 9 Nr. 2a 1 ff. Inländischer Gewerbebetrieb 2 86 ff.; 6 2; 7 2 Inländisches gewerbesteuerliches Schachtelprivileg 9 Nr. 2a 2 Inlandsbegriff – Erweiterung 2 233 ff. – gewerbesteuerlicher, Erweiterung 2 7 – im engeren Sinne 2 99, 233 – im weiteren Sinne 2 99, 233 Innengesellschaft 2 32; 5 42 Insel Helgoland 2 100 Insolvenz Gewerbebetrieb Anh. 2 1 ff. Insolvenz 10 16 ff. Insolvenzabwicklungszeitraum Anh. 2 18; s.a. besonderer Ermittlungszeitraum – einmalige Verwendung des Sockelbetrags von 1 Million Euro Anh. 2 18 – Ermittlung des entstandenen Gewerbeertrags Anh. 2 21 f. Insolvenzantrag Anh. 2 54 – Rücknahme Anh. 2 56 – wegen einer Steuerforderung durch das Finanzamt – Ermessensentscheidung Anh. 2 54 f. – wegen einer Steuerforderung durch die hebeberechtigte Behörde – Vollstreckungsmaßnahme Anh. 2 54 f. Insolvenzeröffnungsbeschluss Anh. 2 63 Insolvenzeröffnungsgrund Anh. 2 52 Insolvenzeröffnungsverfahren Anh. 2 52 Insolvenzfeststellungsbescheid (§ 251 Abs. 3 AO) Anh. 2 81, 102, 140 ff., 167, 169, 178 – Bestandskraft Anh. 2 145 – Erlass Anh. 2 149 – Gegenstand Anh. 2 141 – kein Steuerbescheid Anh. 2 142 – korrigierbar nach §§ 129, 130 und 131 AO Anh. 2 142 – korrigierter Anh. 2 155 Insolvenzfeststellungsbescheid der hebeberechtigten Körperschaft – Rechtsbehelfe (Widerspruch, Verwaltungsrechtsweg) Anh. 2 149 Insolvenzfeststellungsbescheid des Finanzamtes – Rechtsbehelfe (Einspruch, Finanzrechtsweg) Anh. 2 143 Insolvenzfeststellungsverfahren – Fortführung des ursprünglichen Anfechtungsverfahrens Anh. 2 160 Insolvenzforderung 18 11 – Anmeldung zur Eintragung in die Tabelle (§ 175 InsO) Anh. 2 122

– Anmeldung zur Prüfung (§ 176 InsO) und Festsetzung der Forderung (§ 178 InsO) Anh. 2 122 – Begriff Anh. 2 107 – Berücksichtigung Anmeldefrist Anh. 2 123 Insolvenzfreies Vermögen Anh. 2 111 Insolvenzgericht Anh. 2 52 Insolvenzgläubiger Anh. 2 122 Insolvenzmasse Anh. 2 64, 79 f. Insolvenzordnung – Einführung zum 01.01.1999 Anh. 2 2 – Übernahme der Grundsätze der Konkursordnung Anh. 2 2 Insolvenzrechtliche Abwicklung Anh. 2 33 ff. – Abwicklungszeitraum Anh. 2 34 ff. – Beginn Anh. 2 34 – Fortführung des Betriebs Anh. 2 36 – Stilllegung und Zerschlagung des Betriebs Anh. 2 35 Insolvenzrechtliche Einordnung der Gewerbesteuer Anh. 2 107 ff. Insolvenzrechtliche Einordnung der Steuerforderung – Steuerforderung als Insolvenzforderung Anh. 2 3 – Steuerforderung als sonstige Masseverbindlichkeit Anh. 2 3 – Steuerforderung gegen das insolvenzfreie Vermögen Anh. 2 3 Insolvenzrechtlicher Widerspruch durch den Schuldner – Einlegung des Einspruchs gegen den Gewerbesteuermessbescheid Anh. 2 181 – Erhebung des Widerspruchs gegen den Gewerbesteuerbescheid Anh. 2 181 Insolvenzrechtliches Feststellungsverfahren Anh. 2 146 f. Insolvenzspezifische Einwendung Anh. 2 161 Insolvenztabelle – Anmeldung der Gewerbesteuerforderungen Anh. 2 128 ff. – Anmeldung der Insolvenzforderungen Anh. 2 77 – Prüfung der Rechtmäßigkeit der angemeldeten Steuerforderung Anh. 2 161 – Steuerforderung (angemeldete) als zur Tabelle festgestellt Anh. 2 152 Insolvenzverfahren – Aufhebung nach der Schlussverteilung Anh. 2 189 – Beendigung durch Aufhebung oder Einstellung Anh. 2 37 – Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht – Einzelunternehmer Anh. 2 6 f. – Kapitalgesellschaft Anh. 2 8 – Personengesellschaft Anh. 2 6 f.

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Stichwortverzeichnis – sonstige juristische Personen des privaten Rechts und nicht rechtsfähige Vereine Anh. 2 9 – Eröffnung Anh. 2 4 ff., 52 ff. Insolvenzverwalter – Freigabe selbständige Tätigkeit des Insolvenzschuldners (§ 35 Abs. 2 InsO) Anh. 2 110 – Pauschalfreigabe (§ 35 Abs. 2 InsO) Anh. 2 111 – Pflichten im Rahmen der Gewerbesteuer Anh. 2 71 f. – Pflichten Anh. 2 68 ff. – Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem Massegläubiger Anh. 2 191 – Umfang der Pflichten Anh. 2 72 – Vermögensverwalter iSd. § 34 Abs. 3 AO Anh. 2 68 – Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen Anh. 2 4, 61 – vorläufiger, schwacher Anh. 2 214 f. – vorläufiger, starker Anh. 2 210 ff. – vorläufiger Anh. 2 32 Insolvenzverwaltung – vorläufige Anh. 2 210 f. Instandhaltungskosten – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Instandhaltungsmaßnahme 8 Nr. 1e 5 Interperiodischer Verlustabzug 10a 192 ff. Interperiodischer Verlustausgleich 10a 27 Interpersoneller Verlustuntergang 7b 22 Intransparentes Besteuerungskonzept – KGaA 8 Nr. 4 14 Intraperiodische Verlustverrechnung – unterjähriger Gesellschafterwechsel 10a 188 ff. Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG 7 16 Investitionszulage 7 16 Ist-Leistungsfähigkeitsprinzip 8 32

Jahresendanpassung – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Jahressteuerprinzip der Gewerbesteuer nach § 14 Satz 2 GewStG 10a 240 Juristische Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) 2 42 – Betreiben mehrerer Gewerbebetriebe nebeneinander oder nacheinander 2 44 – Gewerbebetrieb 2 42 ff. – Gewerbesteuerpflicht 2 42 ff. Juristische Person des Privat- oder des öffentlichen Rechts – Unternehmer 5 29 Juristische Person 2 164; 11 31 f.

Kapitalbeteiligungsgesellschaft für die mittelständische Wirtschaft 3 Nr. 24 1 – begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 24 4 – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 24 3 f. 962

– nicht begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 24 5 – Vermögens- und Überschussverwendung 3 Nr. 24 6 Kapitalertragsteuerabzug Anh. 1 14 Kapitalgesellschaft 11 33 f. – Absicherung der erweiterten Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 89 – Steuerschuldner 14a 6 Kapitalimportneutralität 9 Nr. 2 4 Kapitalistische Betriebsaufspaltung – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 76 Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) 8 Nr. 1c 2; 9 Nr. 7 17 f. – Verstoß durch § 8 Nr. 5 GewStG im EZ 2001 8 Nr. 5 6 – Verstoß durch § 9 Nr. 7 GewStG 9 Nr. 7 19 Kappungsgrenze 31 27, 32 Kaskadeneffekt 9 Nr. 2a 2 Kauf und Rückkauf eines Wirtschaftsgutes – Abgrenzung zur Miete 8 Nr. 1d 19 Kauffahrteischiff 2 104 f. – Liniendienst zwischen ausländischen Häfen 2 108 Kaufpreisrate 8 Nr. 1b 12 ff. Keine Eintragung ins Handelsregister – sachliche Gewerbesteuerpflicht 2 119 KFZ-Miete – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 KGaA 8 Nr. 4 1 – gewerbesteuerrechtlich 8 Nr. 4 4 ff. – körperschaftsteuerrechtlich 8 Nr. 4 3 – steuerliche Doppelbelastung der Gewinnanteile 8 Nr. 4 3 – zivilrechtlich 8 Nr. 4 2 Kleinbetragsgrenze 34 2 Kleinbetragsregelung 19 2, 7, 41; 28 14, 30; 34 1 ff. – bei ausländischer Geschäftsleitung 34 6 f. – bei inländischer Geschäftsleitung 34 5 – bei Verlegung der Geschäftsleitung 34 11 Kleine Körperschaft – Besteuerung mit Gewerbesteuer 7 40 Know-How 8 Nr. 1f 26 – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Kollektivvollstreckungsverfahren der Insolvenzordnung Anh. 2 85 Kombinierter Rabatt 8 Nr. 1a 30 Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) 11 34 Kommunaler Querverbund 7 150 Kommunales Hebesatzrecht 11 15 Konkurrentenklage 3 31 Konventionalstrafe – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41

Stichwortverzeichnis Konzept der Mindestbesteuerung 10a 138 – Einschränkung der Verlustverrechnung 10a 1 Konzept der Verlustverrechnung und des Verlustabzugs bei Mitunternehmerschaften – Bruch durch § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG 10a 228 Konzernfinanzierungsgesellschaft 8 Nr. 1a 46 Konzernklausel 10a 224, 242 ff., 251 – Anwendung zur Vermeidung eines Verlustuntergangs 10a 265 ff. – Nichtvorlage eines schädlichen Beteiligungserwerbs 10a 242 Konzernprivileg 8 Nr. 1a 46 Konzession – Begriff 8 Nr. 1f 22 Konzessions- und Lizenzgebühren – Einzelnachweise 8 Nr. 1f 46 Konzessionsabgabe 8 Nr. 1b 17 Kopplungsvorschrift 16 31 Korb II-Gesetz 7 38 Körperschaft iSd. § 2 Abs. 3 GewStG 2 77 Körperschaft mit gemeinnützigen, mildtätigen, kirchlichen Zwecken 3 Nr. 6 1 ff. Körperschaft – Beginn und Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht 2 76 f. – begünstigte Spendenempfänger (§§ 51–68 AO) 9 Nr. 5 8 – Gewerbebetrieb 2 45 f. – Gewerbesteuerpflicht 2 45 f. Körperschaftsteuerbescheid – kein Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuer-Messbescheid 7 7 Körperschaftsteuerliche Organschaft 2 123; s.a. gewerbesteuerliche Organschaft – Zurechnungstheorie 10a 243 Korrekturantrag bzgl. des bestandskräftigen Steuerbescheids Anh. 2 169 Korrespondenzprinzip 8 21; 9 Nr. 2a 40 Korrigierter Gewerbeertrag 11 4, 17 Krankenhaus 3 Nr. 20 4 Krankenversicherung 10 15 Kreditderivat 8 Nr. 1a 50 Kreditgarantiegemeinschaft 3 Nr. 22 3; s.a. Bürgschaftsbank Kreditgeschäft 8 Nr. 1a 50 Kreditinstitut – Begriff 8 Nr. 1a 45 Kreditprovision – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Kunden-/Mandantenstamm – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Kundenstamm 8 Nr. 1f 26 – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Künstlersozialabgabe 8 Nr. 1f 39 – keine Hinzurechnung 8 Nr. 1f 39 ff., 46

Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) 8 Nr. 1f 39 Künstliche Insel, Anlage, Bauwerk 2 242 Kurssicherung – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Kurzlohn 31 12 Kürzung für grundbesitzende Unternehmen 9 Nr. 1 1 ff. – einfache Kürzung 9 Nr. 1 1 f., 6 ff. – erweiterte Kürzung 9 Nr. 1 1 f., 26 ff. – Zweck 9 Nr. 1 1 Kürzung um ausländische Schachtelerträge 9 Nr. 7 1 ff. – Beteiligungsvoraussetzungen/dreistufige Struktur 9 Nr. 7 46 f. – Bruttoertrag aus aktiver Tätigkeit 9 Nr. 7 29 ff. – Bruttoertrag aus Funktions- oder Landesholding 9 Nr. 7 33 ff. – Kürzung für Gewinnanteile aus Enkelgesellschaften 9 Nr. 7 44 ff., 51 ff. – Kürzung für Gewinnanteile aus Tochtergesellschaften 9 Nr. 7 20 ff., 41 ff. – Kürzungsverbot 9 Nr. 7 54 – Nachweispflichten 9 Nr. 7 53 – Zweck 9 Nr. 7 6 f. Kürzung um DBA-Schachtelerträge 9 Nr. 8 1 ff. – erforderliche Beteiligungsquote 9 Nr. 8 14 f. – keine Anwendbarkeit bei Organgesellschaften 9 Nr. 8 6 – praktische Bedeutung 9 Nr. 8 3 – Umfang der Kürzung 9 Nr. 8 17 f. Kürzung um den Gewinnanteil der ausländischen Betriebsstätte 9 Nr. 3 1 ff. – ausländische Organgesellschaft 9 Nr. 3 35 – Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr 9 Nr. 3 36 ff. – Ermittlung des Kürzungsbetrags 9 Nr. 3 43 – Existenz einer ausländischen Betriebsstätte 9 Nr. 3 19 ff. – negativer Kürzungsbetrag, Behandlung 9 Nr. 3 43 – negativer Kürzungsbetrag 9 Nr. 3 25 ff. – Organgesellschaft (doppelt ansässig) 9 Nr. 3 35 – Organschaft 9 Nr. 3 35 – Rechtsfolgen 9 Nr. 3 25 ff. – Verlust der ausländischen Betriebsstätte 9 Nr. 3 25 – Zweck der Neutralisierung des ausländischen Betriebsstättenergebnisses 9 Nr. 3 25 Kürzung um KGaA-Gewinnanteile 9 Nr. 2b 1 ff. – keine Anwendung bei gewerbesteuerbefreiter KGaA 9 Nr. 2b 9 – Möglichkeit der Doppelentlastung bei der GmbH & Co. KGaA 9 Nr. 2b 11 – Vermeidung der doppelten gewerbesteuerlichen Erfassung des Gewinnanteils 9 Nr. 2b 3 – Zweck der Beseitigung einer gewerbesteuerlichen Doppelbelastung 9 Nr. 2b 1 963

Stichwortverzeichnis Kürzung um laufende Beteiligungserträge 9 Nr. 2a 1 ff. – Anforderungen an die Beteiligung 9 Nr. 2a 17 ff. – Gewinnanteile bei Liquidation 9 Nr. 2a 43 – Gewinnanteile bei Umwandlung 9 Nr. 2a 44 – keine Kürzung von Veräußerungsgewinnen 9 Nr. 2a 42 – Kürzungsverbot 9 Nr. 2a 51 – Organschaft 9 Nr. 2a 49 f. – Rechtsfolge 9 Nr. 2a 37 ff. – teilweise steuerbefreite Körperschaft 9 Nr. 2a 41 – Umfang 9 Nr. 2a 37 ff. – Zweck 9 Nr. 2a 2 ff. Kürzung um Mitunternehmer-Gewinnanteile 9 Nr. 2 1 ff. – Ausweitung auf Gewinne aus Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften 9 Nr. 2 4 – Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften 9 Nr. 2 8 – Betriebsaufspaltung 9 Nr. 2 22 – Gesellschaftsformen 9 Nr. 2 16 ff. – gewerbliche Betätigung in gesamthänderischer Verbundenheit 9 Nr. 2 22 f. – Umfang 9 Nr. 2 25 ff. – Zweck der zutreffenden Objektbesteuerung 9 Nr. 2 2 Kürzung um Spenden und Mitgliedsbeiträge 9 Nr. 5 1 ff. – Abschluss von Sponsoringverträgen 9 Nr. 5 4 – Abzugsverbot als verdeckte Gewinnausschüttung oder Einlage 9 Nr. 5 25 ff. – Aufwandsspende 9 Nr. 5 22 f. – betragsmäßige Begrenzung 9 Nr. 5 3, 28 – Einschränkung der Abzugsfähigkeit 9 Nr. 5 39 f. – identisch mit Spendenabzugsregelungen im EStG und KStG 9 Nr. 5 7 – Körperschaften als begünstigte Spendenempfänger (§§ 51–68 AO) 9 Nr. 5 8 – Mitgliedsbeitrag 9 Nr. 5 10 ff. – Sachzuwendungen 9 Nr. 5 19 ff. – Spende 9 Nr. 5 12 ff. – steuerbegünstigte Einrichtung 9 Nr. 5 34 ff. – steuerbegünstigter Zweck 9 Nr. 5 31 ff. – Stiftungen, steuerbegünstigte 9 Nr. 5 30 – Veranlasserhaftung 9 Nr. 5 2, 43 – Vortrag nicht abzugsfähiger Zuwendungen 9 Nr. 5 3, 29 – Zuwendung aus Mitteln des Gewerbebetriebs 9 Nr. 5 24 – Zuwendungsbescheinigung 9 Nr. 5 2, 41 ff. – Zweck der Zuwendung an steuerbegünstigte Körperschaften 9 Nr. 5 1 f. Kürzung, Kürzungstatbestand 9 1 ff. – abschließende Aufzählung 9 2 964

– korrespondierende Hinzurechnungstatbestände 94 – von Amts wegen 9 2 Kürzungsvorschrift für Schachtelerträge 9 Nr. 2 10 Küstenmeer 2 100 Küstenschiff 2 109

Lage der örtlichen Verhältnisse 30 21 ff. – unbestimmter Rechtsbegriff 30 21 Land- und Forstwirtschaft 2 173 Landesholding 9 Nr. 7 2, 36 Lasten 30 23; s.a. Gemeindelasten Laufender Beteiligungsertrag aus Beteiligung an Kapitalgesellschaften – gewerbesteuerliche Behandlung 7 125 Laufender Beteiligungsertrag – Berücksichtigung im Gewerbeertrag 7 131 f. – gewerbesteuerliche Behandlung 7 122 ff. – Steuerbefreiung gem. § 8b KStG 7 147 ff. Leasing-Objektgesellschaft 8 Nr. 1a 70 Leasinggesellschaft – Begünstigungsnorm 8 24 Leasingrate – Begriff 8 Nr. 1d 12 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Leasingvertrag – Begriff 8 Nr. 1d 24 – Unterschied zum typischen Mietvertrag 8 Nr. 1d 24 Lebensversicherung 10 15 Leerstand – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Leibrente 8 Nr. 1b 7 Leistung im Rahmen des Altersteilzeitgesetzes 31 18 Leistungsfähigkeitsprinzip und Gewerbesteuer 10a 27; Einl. 6 Leistungsfähigkeitsprinzip 7 25 – Verstoß 8 Nr. 1f 4 Lex Ikea 8 Nr. 1f 3 Liquidation einer Kommanditgesellschaft (KG) 2 74 Liquidation einer Schachtelbeteiligung 8 Nr. 8 12 Liquidationsbesteuerung 10 20 Liquidationsgewinn 7 33 Liquidationsphase – Beendigung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht 2 122 Lizenz 8 Nr. 1f 23 Lizenzboxgesetz 7b 5 Lizenzgebühr – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Lizenzvertrag – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12

Stichwortverzeichnis – Hinzurechnungsvorschrift § 8 Nr. 1f GewStG 8 Nr. 1d 21 Logistikdienstleistung – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Lohnnebenleistung 31 15 f. Lohnpauschalierung 31 16 Lohnsumme Einl. 2 Lohnsummensteuer – Abschaffung 8 Nr. 1f 39; Einl. 4 Löschung im Handelsregister – Beendigung der sachlichen Gewerbesteuerpflicht 2 122

Mahngebühr – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Maklergebühr – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Masserelevanz Anh. 2 72 f. Masseunzulänglichkeit Anh. 2 190 Masseverbindlichkeit 18 10 f. – Begriff Anh. 2 107 Maßgebender Gewerbeertrag 7 4; 10 2 – ausländische Betriebsstättenergebnisse 10a 143 – Definition 10 10 – Ermittlung 10a 140 ff. – Kürzung um den festgestellten Fehlbetrag der Vorjahre 10a 20 – negativ 10a 20 Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz 7 21 Maßgeblichkeit – formelle 7 21 Medizinischer Dienst 3 Nr. 28 1 ff. – begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 28 5 – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 28 1 f. – Vermögens- und Überschussverwendung 3 Nr. 28 6 Mehrabführung – vororganschaftliche 7a 11 Mehrgemeindliche Betriebsstätte 4 10; 28 16, 48 f.; 30 1, 6 f. Mehrmütterorganschaft – Abschaffung im Gewerbe- und Körperschaftsteuerrecht ab 2003 2 7, 132, 134 Mehrstufige Beteiligungskette 7a 11 Meistbegünstigung 10a 146 Merkmal der Liefer- bzw. Leistungsfähigkeit 2 55 Messbetrag 1 33 ff. Messbetragstarif 11 4 Messbetragsverfahren 1 31 ff. Messestand – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien und Immobilien – Einzelnachweise 8 Nr. 1e 12

Miet- und Pachtzinsen bei Mobilien 8 Nr. 1d 1 ff. Mietaufwendung eines Konzertveranstalters 8 Nr. 1e 10 Miete (§§ 535 ff. BGB) – Begriff 8 Nr. 1d 15 ff. – wesentlich rechtlicher Gehalt des Mietvertrages 8 Nr. 1d 15 – wesentliche Hauptpflichten aus dem Mietvertrag 8 Nr. 1d 17 f. Miete bei Leerstand 8 Nr. 1e 8 Mietnebenkosten – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 42 Mietzins, nicht fremdüblich – verdeckte Gewinnausschüttung 8 Nr. 1d 11 Mietzins – Begriff 8 Nr. 1d 8 ff.; 8 Nr. 1e 4 ff. – Hinzurechnung, wenn über gesetzliche Verpflichtung hinausgehend 8 Nr. 1d 10 Mindestbesteuerung (§§ 10a Satz 2 GewStG) 10a 13, 29, 150 ff. – Definitivbelastung 10a 30 – Parallelvorschrift zu § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 10a 150 – Regelungskonzept 10a 138 Mindestbeteiligungsquote, Anhebung auf 15 % 9 Nr. 2a 8, 13 Mindesthebesatz 16 22, 27 f.; 28 11; Einl. 5 – Einführung ab EZ 2004 9 Nr. 2 39 Miquel’sche Steuerreform Einl. 1 Mischbetrieb s. gemischter Betrieb Missbrauchsbekämpfung 2 86; 7b 22, 26 Missbrauchsverhinderungsvorschrift 9 Nr. 2 28 – bei nachfolgenden Veräußerungs- bzw. Aufgabevorgängen (§ 18 Abs. 3 UmwStG) Anh. 1 31 ff. – Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG 9 Nr. 1 122 ff. – typisierende Anh. 1 31 Mitgliedsbeitrag – Abzugsverbot 9 Nr. 5 11 – Begriff 9 Nr. 5 10 f. – echter 9 Nr. 5 11 – sachgerechte Aufteilung 9 Nr. 5 11 – unechter (Leistungsentgelt) 9 Nr. 5 11 Mittelbare Beteiligung 9 Nr. 2a 33; 9 Nr. 3 22; 9 Nr. 7 25 Mitunternehmer 10a 103 f. – Recht auf Verlustabzug 10a 167 f. – Recht auf Verlustverrechnung 10a 167 f. – Sonderbetriebsvermögen 8 Nr. 1a 11 Mitunternehmeranteil 8 Nr. 1c 8 Mitunternehmerinitiative 9 Nr. 2 15 Mitunternehmerrisiko 9 Nr. 2 15 Mitunternehmerschaft 7 38; 8 Nr. 1a 11 – ausländische 9 Nr. 2 21 – Betätigung originär gewerblich, gewerblich geprägt oder gewerblich infiziert 8 Nr. 8 10 – eigenständiges Gewerbesteuersubjekt 10 15 965

Stichwortverzeichnis – gemeinschaftliche Tierhaltung 3 Nr. 12 3 – gewerbliche Betätigung im gesamthänderischer Verbundenheit 8 Nr. 8 10 – inländische 9 Nr. 2 16 ff. – Merkmale 9 Nr. 2 15 – nachgeschaltete 10 15 – originär gewerblich tätige, Beginn/Ende Gewerbesteuerpflicht 2 68 ff. – verdeckte 9 Nr. 2 14 – zwischengeschaltete 7 134 Mitunternehmerstellung – vermittelt durch einen Treuhänder 9 Nr. 2 24 Mitvermietung von Einrichtungsgegenständen, Mobiliar – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 56 Mitwirkungspflichten bei der Gewerbesteuer 14a 2 Modifikation – Hinzurechnung 8 1 – Kürzung 8 1 – zu ermittelnder Gewinn 8 9 Modifiziertes intransparentes Besteuerungskonzept – KGaA 8 Nr. 4 15 Modifiziertes transparentes Besteuerungskonzept – KGaA 8 Nr. 4 17 Monoistische Theorie – Gewinnermittlungsmethode 8 Nr. 4 19 Monopolverwaltung des Bundes 3 Nr. 1 4 f. Montage 9 Nr. 3 20 Mutter-Tochter-Richtlinie (RL Nr. 2011/96/EU) 7a 28, 36; 8 Nr. 5 21; 9 Nr. 2a 13, 15, 18

Nachgeschaltete Mitunternehmerschaft 10 15 Nachgeschaltete vermögensverwaltende Personengesellschaft 10 15 Nachgeschaltete Zwischengesellschaft 7 168 Nachlassinsolvenzverfahren Anh. 2 31 Nachträgliche Betriebsausgaben/-einnahmen 2 83 ff. Nachträgliche Einnahmen oder Aufwendungen 9 Nr. 3 24 Nachtragsverteilung Anh. 2 189, 204 Nachweispflicht – benachteiligte Gemeinde 33 18 Nahestehende Person 10a 236 Namensrecht 8 Nr. 1f 25 Natürliche Ressourcen 2 245 Nebenabrede 8 Nr. 1d 21 Nebengeschäft 3 Nr. 8 10 Nebenleitungen bei der Vermietung von Wohnimmobilien – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Negative Hinzurechnung 8 Nr. 1 3 Negative Summe der Einzel-Hinzurechnungsbeträge 8 Nr. 1 3 f. Negativer Einlagenzins – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 966

Negativer Gewerbeertrag 7b 7 Negativer Hinzurechnungsbetrag 8 Nr. 1c 32 Negativer maßgebender Gewerbeertrag 10a 173 f., 207 f.; s.a. Fehlbetrag, Gewerbeverlust Nettogewinn – Vorschrift des § 8 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 3 GewStG 8 Nr. 5 2, 27 Nettoprinzip – objektives 10a 1, 139 Netzbetreibergesellschaft – Zerlegung 28 53 Netzentgelt – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Netzüberlassung – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Neuerwerb Anh. 2 83, 110 Neuregelung des § 7a GewStG – erstmalige Anwendung 7a 13 – Rechtslage bis 01.01.2017 7a 14 ff. – Zweck 2 159 Nicht rechtsfähiger Verein 2 168 Nichtanwendungserlass 7 166; 8 Nr. 5 15; 9 Nr. 3 30 Nichtanwendungsgesetz 7 161, 166 – begünstigendes 10a 217 Nichtzulassungsbeschwerde Anh. 2 87 Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Anh. 2 164 Niederlassungsfreiheit 8 Nr. 1c 2; 9 Nr. 7 18 – unionsrechtliche 8 39 Niederschlagung 1 53; 5 22 Nießbrauch 10a 137 Nutzungsentstrickung (§ 4 Abs. 1 Satz 3 EStG, § 12 Abs. 1 Satz 1 KStG) 9 Nr. 3 27 f.

Objektive Beweislast

10a 231 Objektives Nettoprinzip 8 32; 10a 1, 139 – verfassungsrechtlicher Verstoß 10a 30 Objektivierter Gewerbeertrag 8 2 Objektsteuer Einl. 7 – ertragsorientierte 8 2 Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer 6 8; 7 11; 9 Nr. 3 1, 16; 10a 3; Einl. 7; s.a. Objektsteuerprinzip der Gewerbesteuer Objektsteuerprinzip der Gewerbesteuer 2 1, 25, 86; 7 11, 51, 58; 8 Nr. 1b 1; 8 Nr. 1c 1; 8 Nr. 1d 4; 9 Nr. 3 1; Einl. 6 Offenbare Unbilligkeit von erheblichem Gewicht 33 11 ff. Offenbare Unbilligkeit – Begriff 33 10 – persönliche 33 11 – sachliche 33 11 Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt 7 114 – Geschäft aus der Veranstaltung von Werbesendungen 7 114 ff.

Stichwortverzeichnis Öffentlich-rechtlicher Vertragspartner – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Öffentlich-rechtliches Unternehmen – Gewerbesteuerbefreiung 3 11 Öffentliche Spielbank 3 Nr. 1 9 f. Offshore-Artikel 2 241 Offshore-Bereich – ausländische Steuerpflichtige 2 233 Offshore-Windkraftanlage 28 8; 29 27 Operating Leasing 8 Nr. 1a 59, 69 Operatives Leasing 2 61 Organbeteiligung – Veräußerung 2 156 f. Organgesellschaft 2 125 ff.; 8 15; 10 14 – Aufgabe des sog. doppelten Inlandsbezugs 2 125 – Aufgabegewinn 7 80 – ausländische 9 Nr. 3 35 – Bedingung für eine Zugehörigkeit zum Organkreis 7a 24 – Betriebsstätte des Organträgers (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) 2 123, 140 ff.; 7a 2, 20; 10a 50 – doppelt ansässige Gesellschaft 9 Nr. 3 35 – eingegliederte Kapitalgesellschaft 2 125 – finanzielle Eingliederung 2 124, 136 – Gewerbesteuerbefreiung 3 17 – Gleichstellung mit nicht organschaftlich verbundenen Unternehmen 7a 7 – Haftung 2 162 – keine Personengesellschaft 2 127 – nicht selbständiges Gewerbesteuersubjekt und -objekt 2 123 – persönliche Gewerbesteuerpflicht 2 160 – Sanierung 7b 9, 12, 20, 25 f. – Übertragungsgewinn bei Abspaltung Anh. 1 67 – Übertragungsgewinn bei Aufspaltung Anh. 1 67 – Veräußerungsgewinn 7 80 – Verbot der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags um Fehlbeträge vor Abschluss des Gewinnabführungsvertrags 10a 154 ff. – Vorgesellschaft 2 128 – Vorgründungsgesellschaft 2 128 Organkreis 8 15; 10 14; 28 27 – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 118 f. – mehrere Grundstücke bei einer Gesellschaft 9 Nr. 1 120 – mehrere Grundstücksgesellschaften 9 Nr. 1 120 – Vermietung 9 Nr. 1 121 – gewerbesteuerlicher 7a 25 – körperschaftsteuerlicher 7a 24 Organschaft 8 15; 10 14; 11 30 – abführungsbedingte Teilwertabschreibung 2 154 – Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen 8 52

– Berücksichtigung von Fehlbeträgen ausschließlich beim Organträger 10a 157 – Entgelte für Schulden 2 147 – Ermittlung des Gewerbeertrags in zwei Stufen 7 41 ff. – erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2 151; 9 Nr. 1 118 ff. – gebrochene Einheitstheorie 10a 50, 157 – Gewerbeertrag 2 140 – gewerbesteuerliche 2 2, 123 ff.; 3 15 ff.; 7 43; 7a 25; 8 21; 8 Nr. 1b 5 – Gewinnabführungen 2 145 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 – Hinzurechnungen unterbleiben bei steuerlicher Doppelbelastung 8 Nr. 1d 1 – keine Korrektur bei Schachteldividenden 2 158 f. – körperschaftsteuerliche 2 123 – Mietzinsen 2 149 – Pachtzinsen 2 149 – Steuerschuldner 14a 7 – Teilwertaufholung 2 155 – Veräußerung der Organbeteiligung 2 156 f. – Verlustbedingte Teilwertabschreibung 2 153 – Voraussetzungen für ein Vorliegen 2 124 – Zerlegung 28 27 Organschaftlicher Ausgleichsposten 7 44 Organschaftsverhältnis – zweipersonales 2 162 Organträger 2 129 ff.; 8 Nr. 1a 18; 10 14 – Änderung bestandskräftiger Gewerbesteuermessbescheide 2 161 – Besitzpersonengesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung 2 133 – ehemaliger 7b 26 – Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrages 7 47 – Gewerbesteuerbefreiung 3 16 – Gewinn aus Gewerbebetrieb 35b 32 – Minderung von Gewerbeverlusten und Fehlbeträgen 7b 25 – natürliche Person 2 131 – Personengesellschaft 2 132 – Sanierung Organgesellschaft 7b 12, 25 – Steuerschuldnerschaft für den Organkreis 9 Nr. 3 35 – unterjähriger Wechsel 10 14 – Zerlegung 28 27 Outbound-Fall, Outbound-Konstellation 2 86; 7 161, 165

Pacht (§§ 581 ff. BGB) – Begriff 8 Nr. 1d 15 ff. – wesentlich rechtlicher Gehalt des Pachtvertrages 8 Nr. 1d 15 – wesentliche Hauptpflichten aus dem Pachtvertrag 8 Nr. 1d 17 f. 967

Stichwortverzeichnis Pachtzins – Begriff 8 Nr. 1d 8 ff.; 8 Nr. 1e 4 ff. – Hinzurechnung, wenn über gesetzliche Verpflichtung hinausgehend 8 Nr. 1d 10 Partiarischer Mietvertrag – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Partiarisches Arbeitsverhältnis 8 Nr. 1c 11, 25 ff. Partiarisches Darlehen 8 Nr. 1c 19 ff. – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 – Prüfung des Vorliegens 8 Nr. 1c 23 f. Partiarisches Rechtsverhältnis 8 Nr. 1c 11, 17 ff. – sonstiges 8 Nr. 1c 29 Participation Fee – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Partielle Rechtsgrundverweisung Anh. 2 25 Partielle Steuerpflicht 3 Nr. 8 12 f. Partielle verdeckte Gewinnausschüttungssperre 7 154 Partieller Unternehmerwechsel 11 37 Partielles Abzugsverbot 8 1 Passivprozess (§ 86, § 180 Abs. 2 InsO) Anh. 2 92, 98 ff., 163 Patentverletzung – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Patentverletzungsrückstellung 8 Nr. 1f 12 Pauschale Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages (§ 15 GewStG) – keine Anwendung von § 10a GewStG 10a 21 Pauschale Zuordnungs- und Betriebsstättenfiktion in § 9 Nr. 3 Satz 2f GewStG – lex specialis zu § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG 9 Nr. 3 11 Pauschalierung (§ 37b EStG) 7 16 Pauschalierungsspielraum 8 Nr. 1d 2 Pauschbetragsfestsetzung 15 1 ff. – besondere Form zur Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages 15 4 – durch Gewerbesteuermessbescheid 15 18 – Gründe 15 2 Pauschfestsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 10a 4 Pensionsfonds 8 Nr. 1b 19 – Mitunternehmer 10 15 Pensionskasse 8 Nr. 1b 19 Pensionssicherungsverein 3 Nr. 19 1 ff. – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 19 3 f. – Vermögens- und Überschussverwendung 3 Nr. 19 5 Pensionszahlung 8 Nr. 1b 18 Personengesellschaft nach Treuhandmodell – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 77 Personengesellschaft – atypisch stille 2 134 – doppelstöckige, Anteilsaufgabe oder -veräußerung Anh. 1 39 – doppelstöckige 2 41; 5 41; 7 79, 84, 91, 101 f., 105, 107, 113 ff.; 10a 118 968

– gewerblich geprägte (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) 2 37 ff., 63; 10a 43 – gewerblich infizierte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) 10a 105 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 – Mitunternehmerschaft 5 38 – originär gewerblich tätige 2 38; 10a 43 – Steuerschuldner 5 34 ff.; 14a 6 Persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA – Kürzung Gewinnanteil nach § 9 Nr. 2b GewStG 9 Nr. 2 11 Persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft – Zurechnung beim Organträger 2 160 Persönliche Gewerbesteuerpflicht 5 1 ff. Persönliche Steuerbefreiung 3 3 f. Pfandleiherverordnung 8 Nr. 1a 47 Pfandleihunternehmen (§ 19 Abs. 3 Nr. 1 GewStDV) 8 Nr. 1a 47 Pflegeheim 3 Nr. 20 5 f. Pflichtgemäßes Ermessen – Auswahlermessen 14b 9 – Entschließungsermessen 14b 9 – Festsetzung Verspätungszuschlag 14b 9 – Pauschfestsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 15 19 Photovoltaik-Anlage – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 46 Poolung 2 140 Postalischer Adressat 14 24 Preußische Gewerbesteuer Einl. 1 Prinzip der Gegenseitigkeit im Gewerbesteuergesetz 2 7 Private Rente 8 Nr. 1b 10 Probelauf von Betriebsanlagen 2 56 Prospektions- bzw. Explorationstätigkeit 2 240 Provision für die Vermittlung einer Rechteüberlassung 8 Nr. 1f 14 – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Prozesskosten – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Prozesssperre (§ 240 ZPO) Anh. 2 61, 63 Prüfung insolvenzspezifischer Einwendungen Anh. 2 101 Prüfungsreihenfolge aus Sicht des Gewerbesteuerrechts – Körperschaften mit gemeinnützigen, mildtätigen etc. Zwecken 3 Nr. 6 1 Prüfungstermin bei Insolvenz Anh. 2 136 Pumpstation 2 246

Qualifizierter Anteilstausch

9 Nr. 2a 36; Anh. 1 92 Quasi-Ausschüttung 9 Nr. 3 30 Quasi-Inbound-Konstellation 2 247 Quasi-Inlandsfall 2 247

Stichwortverzeichnis Quasi-territoriale Regelungsbefugnis 2 233 Quotale Abzugsbeschränkung 7a 39 Quotale Befriedigung Anh. 2 193 Quotale Steuerfreistellung 7a 39 Quotenverteilung – Teilnahme der angemeldeten und festgestellten Forderung Anh. 2 136

Rabatt – kombinierter 8 Nr. 1a 30 Rangfolge der Gemeinden 28 57 Rangrücktritt 7b 13; 9 Nr. 2a 32 Ratenzahlung – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Realakt 14a 21 Realgemeinde 3 Nr. 5 1 ff. – genossenschaftlicher Zweck 3 Nr. 5 3 Reallast 8 Nr. 1b 16 Realsteuer Einl. 7 Realsteuerhebesatz – Verfassungsrechtliche Garantie zur Festsetzung 16 6 Realteilung (§ 16 Abs. 3 Sätze 2 ff. EStG) 7 60; 10a 57; Anh. 1 3 – begünstigte Betriebsaufgabe Anh. 1 43 – Unternehmensidentität 10a 93 f. – Unternehmeridentität 10a 133 f. Realteilung einer Mitunternehmerschaft 10a 93 f. – mit Betriebsaufgabe 7 74 – ohne Betriebsaufgabe 7 75 Realteilung mit Spitzenausgleich 7 33 Rechtmäßigkeitsprüfung der Steuerforderung als Insolvenzforderung Anh. 2 101 Rechtsbehelf – wegen zukünftiger Verlustabzugsmöglichkeiten 10a 199 Rechtsbehelfsverfahren Gewerbesteuermessbescheid – Aussetzung der Vollziehung 14 37 f. – Einspruch 7 8; 14 30 ff. – Finanzrechtsweg (Klageverfahren) 7 8; 14 36 Rechtsfähige Stiftung 2 166 Rechtsfähiger Verein 2 167 Rechtsfähigkeit im Inland – Gesellschaften ausländischen Rechts 2 113 f., 165 Rechtsfolge des § 2a GewStG – gesetzliche Fiktion 2a 23 ff. Rechtsfolgenverweis auf § 8c KStG 10a 32 f. – keine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz 10a 32 f. Rechtsfolgenverweis §§ 8c KStG und 8d KStG 10a 25 Rechtsformvergleich 2 113, 165 Rechtsgrundverweisung Anh. 2 25 – partielle Anh. 2 25 Rechtsmittel 1 53 ff.

– Anfechtungsklage vor dem Finanz-/Verwaltungsgericht 1 58 – Einspruch 1 54 – Gemeinde 1 71 – Widerspruch 1 54 Rechtsnachfolgeanordnung (§ 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG) Anh. 1 97 ff. Rechtstypenvergleich 8 Nr. 8 10; 9 Nr. 2 8, 21; 9 Nr. 7 20 Rechtsverordnung zum Gewerbesteuergesetz 35c 2 Rechtsverordnung 35c 6 – Ermächtigungsgrundlage 35c 6 ff. – Rechtmäßigkeit 35c 9 – Zustimmung durch Bundesrat 35c 8 Reformvorhaben bei der Gewerbesteuer Einl. 9 Regelbewertung mit dem gemeinen Wert (§§ 13, 19 UmwStG) – Ebene Anteilseigner der übertragenden Körperschaft Anh. 1 59 ff. Regelinsolvenzverfahren Anh. 2 31 – Bestellung eines Insolvenzverwalters Anh. 2 32 Regelmaßstab 33 19 Regelzerlegung 31 3 Rehabilitationseinrichtung 3 Nr. 20 7 Reinvestitionsrücklage nach § 6b Abs. 3 EStG 9 Nr. 1 115 Reisegewerbebetrieb 35a 1 ff.; s.a. Gewerbebetrieb, stehender – Abgrenzung zu stehendem Gewerbebetrieb 35a 1 f., 15 – Begriff 35a 8 ff. – gewerbesteuerpflichtig gem. § 35a Abs. 1 GewStG (lex specialis) 2 11 – gewerbesteuerpflichtig gem. § 35a Abs. 1 GewStG 2 4 – Hebeberechtigung 35a 17 ff. – Steuerpflicht bei Inlands- und Auslandstätigkeit 35a 7 – Zerlegung 28 9; 35a 20 f. – Zerlegungsmaßstab 29 4 Reisegewerbekarte 35a 10 ff. Reisevermittlung – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Rente 8 Nr. 1b 1 ff. – Abgrenzung zu Kaufpreisrate 8 Nr. 1b 12 ff. – Begriff 8 Nr. 1b 7 ff. – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 – private 8 Nr. 1b 10 Revisionsverfahren Anh. 2 87 Risikoprämie – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Rückausnahme 28 57 Rücklage 8 Nr. 1a 64 Rücklizenz 8 Nr. 1f 13 Rückstellung 8 56; s.a. Drohverlustrückstellung 969

Stichwortverzeichnis – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 – ungewisse Verbindlichkeiten 8 Nr. 1a 8 Rückwirkende Änderung – verfassungsrechtliche Grenzen 36 3 Rückwirkende Anwendung – Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG auf den EZ 2001 (verfassungswidrig gemäß BVerfG) 8 Nr. 5 14 Rückwirkung – echte 10a 31 – unechte 8 Nr. 5 14 – unzulässige 7 167 Rückwirkungsfiktion (§ 2 UmwStG) 2 202 Rumpfwirtschaftsjahr, Rumpfgeschäftsjahr Anh. 2 45, 51

Sachanlagevermögen

29 26 Sachgesamtheit 8 Nr. 1d 6 Sachleistung – Nichtvorliegen von Bruttoarbeitslohn 31 23 Sachliche Gewerbesteuerpflicht 2 1 ff., 13 – Beendigung bei Gewerbebetrieben kraft Rechtsform 2 122 – Beendigung bei Gewerbebetrieben kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs 2 177 f. – Beginn bei Gewerbebetrieben kraft Rechtsform 2 121 – Beginn bei Gewerbebetrieben kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs 2 176 f. – Beginn und Beendigung bei Gewerbebetrieben kraft Tätigkeit 2 47 ff. – Beginn 7 25 ff. – Ende und Neubeginn nach § 2 Abs. 5 GewStG 10a 210 – Insolvenzeröffnung Anh. 2 5 ff. – Organgesellschaft 2 143 – zeitliche Begrenzung, Folgen für Gewerbeertragsermittlung 2 83 ff. – zeitliche Begrenzung 2 79 Sachliche Selbständigkeit des Unternehmens 2 22 Sachzuwendung 9 Nr. 5 19 ff. Saisonbetrieb 2 190; 19 15 Saldierung – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Saldierungsverbot 8 50; 8 Nr. 1a 19 Sanierungsaufwendung – Begriff 7b 15 – nachträgliche 7b 17 – Nichtabziehbarkeit 7b 6, 15 ff. Sanierungserlass des BMF 1 48 f.; 7b 4 – Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung 1 49 Sanierungsertrag 7b 1 970

– Steuerfreiheit 7b 6 f., 13 f. Satzung einer gemeinnützigen Körperschaft 3 Nr. 6 16 Säumniszuschlag (§ 240 AO) 16 20 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Schachtelbeteiligung im gewerbesteuerlichen Sinne 7 125; 8 Nr. 5 1 Schachtelbeteiligung im körperschaftsteuerlichen Sinne 7 125 Schachtelbeteiligung – Liquidation 8 Nr. 10 12 Schachtelbeteiligungsquote – Anhebung von 10 % auf 15 % 8 Nr. 5 9 Schachteldividende 7a 29 – gewerbesteuerbefreit 8 28 – in- bzw. ausländische 7a 4 – körperschaftsteuerliche 7a 10 Schachtelprivileg – gewerbesteuerliches, Nichtanwendbarkeit auf Organgesellschaften gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 GewStG 8 Nr. 5 12 – gewerbesteuerliches, Suspendierung 7a 24 ff. – gewerbesteuerliches 7a 10, 25, 28; 8 Nr. 5 1; 9 Nr. 2a 2; Anh. 1 95 ff., 122 Schachtelprivilegierung – abkommensrechtliche 7a 46 Schachtelstrafe für Veräußerungsgewinne 9 Nr. 2a 42 Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG 7a 15, 25, 39; 8 Nr. 5 12; 9 Nr. 2a 3, 11, 45, 49; 9 Nr. 7 15 Schadensersatz – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Schadensersatzleistung – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Schädlicher Beteiligungserwerb 10a 232, 236, 249 Schädlichkeit – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 40 f. Schattenrechnung 8 52 – Ermittlung des gesellschafterbezogenen Fehlbetrags 10a 205 Schätzung der Besteuerungsgrundlagen 14a 5 Scheinbestandteil 8 Nr. 1d 29 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Schema der Hinzurechnung 8 47 Schiff, Schifffahrtsunternehmen 9 Nr. 3 4; s.a. fahrendes Schiff – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 – Inlandsbegriff 2 102, 104 ff. – Vereinfachungsfunktion 9 Nr. 3 2, 23 Schifffahrtsprinzip 9 Nr. 3 15 Schiffsregister 2 107 Schlussverteilung Anh. 2 189, 203 Schnittstellenbereich Steuer- und Konkurs- bzw. Insolvenzrecht Anh. 2 2

Stichwortverzeichnis Schönheitsreparatur 8 Nr. 1e 5 Schulden, Schuldentgelte bei Kreditinstituten (§ 19 GewStDV) 8 Nr. 1a 42 ff. – begünstigte Kreditinstitute und andere Unternehmen 8 Nr. 1a 43 – gewerbesteuerliche Organschaft 8 Nr. 1a 45, 56 – Hinzurechnung bei Nicht-Kreditinstituten 8 Nr. 1a 50 – Höchstbetrag der der Hinzurechnung unterworfenen Schulden 8 Nr. 1a 65 – keine Hinzurechnung banktypischer Geschäfte (Kreditgeschäft) 8 Nr. 1a 42 – Nachweisverpflichtung 8 Nr. 1a 53 – zeitlicher Anwendungsbereich 8 Nr. 1a 44 Schuldenerlass 7b 13 Schuldentgelt – Einzelnachweise 8 Nr. 1a 41 Schuldfreistellung – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 42 Schuldner der Gewerbesteuer s. Steuerschuldner Schule – Allgemeinbildung 3 Nr. 13 10 – Berufsbildung 3 Nr. 13 11 Schutzfrist – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Schwestergesellschaft 9 Nr. 1 65 Schwesterpersonengesellschaft – personenidentische 10a 125 Security Agent Fee – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen 2 234, 237, 245 Seeschiff 2 104 f.; 9 Nr. 3 38 Selbständiger Verwaltungsakt 14b 20 f. Sicherheit – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Sicherheitsleistung 1 63 Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren Anh. 2 210 ff. Sicherungsvermögen 9 Nr. 1 129 Sieben-Jahres-Frist (§ 22 Abs. 1 UmwStG) Anh. 1 41; s.a. Sperrfirst von sieben Jahren Sitztheorie 9 Nr. 2a 21 Skonto 8 Nr. 1a 25 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Sockelbetrag iSd. § 10a GewStG 10a 147 – Abwicklungszeitraum bei Liquidation oder Insolvenz 10a 148 – einmalige Verwendung während des Insolvenzabwicklungszeitraums Anh. 2 18 – Gewährung bei der Organschaft 10a 147 – Verhinderung von Härten für mittelständische Strukturen 10a 149 Software 8 Nr. 1f 12 – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46

Solaranlage – Begriff 29 22 – Zerlegung bei ausschließlichem Betrieb 29 28 ff. – Zerlegungsmaßstab 29 17 ff. Sonderbetriebseinnahmen Gesellschafter einer Personengesellschaft – keine Hinzurechnung von Miet-/Pachtzahlungen einer Personengesellschaft 8 Nr. 1d 13 Sonderbetriebsvermögen 7 2; 8 Nr. 8 12; 9 Nr. 1 113 – Mitunternehmer 8 Nr. 1a 11 Sonderbilanz 8 Nr. 1a 64 Sonderleistungen des Vermieters (gewerbliche) – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Sondermitunternehmeranteil (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) 7 79 Sondernutzung von Flächen – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Sondernutzungsentgelt 8 Nr. 1b 17 Sonderposten mit Rücklageanteil 8 Nr. 1a 64 Sondervergütung 7 162 ff. – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 – konstitutive Umqualifikation 9 Nr. 2 27 Sonderzerlegung 31 3 Sonstige juristische Personen des privaten Rechts 2 164 Sonstiger vororganschaftlicher Verlust/ Fehlbetrag – Begriff 10a 158, 165 – kein Abzugsverbot 10a 165 f. Soziale Kassen 3 Nr. 9 1 f. Spartenrechnung 7 156 f. – gewerbesteuerliche Behandlung 7 157 f. Spartentrennung 7 154 – Voraussetzungen 7 154 Spende, Abzugsfähigkeit – Zahlungen zur Erfüllung einer Auflage 9 Nr. 5 16 – Zuwendungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung 9 Nr. 5 18 Spende 7 17; 9 Nr. 5 12 ff. – Abgrenzung zu Leistungsentgelten 9 Nr. 5 13, 15 f. – Aufwandsspende 9 Nr. 5 22 f. – Begriff 9 Nr. 5 12 – Beitrittsspende 9 Nr. 5 16 – Durchlaufspende 9 Nr. 5 17 – Unterschiede beim Abzug nach § 10b EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG 8 Nr. 9 3 – unterschiedliche Behandlung im Einkommenund Körperschaftsteuerrecht 8 Nr. 9 1 Sperrfrist (§ 22 Abs. 1 UmwStG) Anh. 1 83 Sperrfrist (§ 22 Abs. 2 UmwStG) Anh. 1 94 Sperrfrist (§ 24 Abs. 5 UmwStG) Anh. 1 120 f. Spezialleasing 8 Nr. 1d 41 Spezialsoftware 8 Nr. 1f 19

971

Stichwortverzeichnis Spiegelbildmethode 9 Nr. 2 7 Staatliche Lotterieunternehmen 3 Nr. 1 6 f.; s.a. Einnehmer einer staatlichen Lotterie Staatliches Unternehmen mit Monopolcharakter 3 Nr. 1 1 ff. Staffeltarif 11 39 Stammkapital 8 Nr. 1a 64 – verdecktes 8 Nr. 1a 10 Stand-still-Klausel (Art. 64 Abs. 1 AEUV) 9 Nr. 7 19 Ständiger Vertreter (§ 13 AO) 2 97; 9 Nr. 3 21 Stärkung der deutschen Außenwirtschaft 9 Nr. 2 4 Stehender Gewerbebetrieb s. Gewerbebetrieb, stehender Steueranrechnung 9 Nr. 3 34 Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne nach § 8b Abs. 2 KStG 7 17 Steuerbefreiung nach einem DBA-Schachtelprivileg 7a 45 Steuerbefreiung – Verlust 3 Nr. 9 5 Steuerbegünstigte Einrichtung 9 Nr. 5 34 ff. Steuerbegünstigte Körperschaft 3 Nr. 6 6 ff. – Gründung, Änderung der Satzungsvorschriften 3 Nr. 6 27 Steuerbegünstigte private ausländische Körperschaft 9 Nr. 5 37 f. Steuerbegünstigte private inländische Körperschaft 9 Nr. 5 36 Steuerbegünstigter Zweck – Begriff 9 Nr. 5 31 ff. – gemeinnütziger Zweck 3 Nr. 6 15 ff. – kirchlicher Zweck 3 Nr. 6 19 – mildtätiger Zweck 3 Nr. 6 18 Steuerbegünstigung von Körperschaften 3 Nr. 6 11 ff. Steuerbereinigungsgesetz 1985 10 6 Steuererklärung – gewerbesteuerrechtliche 14a 2 Steuererklärungspflicht 14a 6 ff. Steuerermäßigung – Hausgewerbetreibende 11 42 ff. – Hausgewerbetreibenden gleichgestellte Personen 11 61 ff. Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung 19 10, 16 Steuerforderung – untitulierte Anh. 2 140 ff. Steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG 7 16 Steuerfreistellung – Zweck des § 7b GewStG 7b 2 Steuerhinterziehung 14a 5 Steuerlich rückwirkende Einbringung Anh. 1 85 Steuerliche Nebenleistungen zur Gewerbesteuer 18 7 Steuerliche Rückbeziehung 9 Nr. 2a 36 Steuerliche Vergünstigung 3 Nr. 6 10 972

Steuerlicher Übertragungsstichtag Anh. 1 8, 24 f., 38 – Einbringung in Kapitalgesellschaften Anh. 1 85 – unterjähriger Anh. 1 26 – Verschmelzung von Körperschaften (§§ 11–13, 19 UmwStG) Anh. 1 47 Steuerliches Gemeinnützigkeitsrecht 3 Nr. 6 6 f. Steuerliches Privatvermögen Anh. 1 15 Steuermessbetrag s. Gewerbesteuermessbetrag Steuermesszahl (Tarif) 11 4, 6, 16 f. – ab Erhebungszeitraum 2008 11 38 – Einheitstarif 11 38 – ermäßigte 11 41 – Organschaftsverhältnis 11 40 – progressiv gestaffelt 11 39 – Staffeltarif 11 39 – vor dem Erhebungszeitraum 2008 11 39 Steueroase 16 2 Steuerobjekt 14a 1 Steuerpause 10 13 Steuerreformgesetz 1990 8 17 Steuersatz für die Gewerbesteuer 11 38 Steuerschuld Gewerbesteuer – Erlöschen 5 21 – Fälligkeit 5 20 – Vorauszahlungen 5 20 Steuerschuldner 5 1 f. – Begriff 5 13 f. – juristische Person des Privat- oder öffentlichen Rechts 5 29 – Organschaft 5 30 – Personengesellschaft 5 5 – persönlicher Geltungsbereich 5 8 – verfahrensrechtliche Mitwirkungspflichten 5 17 f. Steuerschuldnerschaft – Wechsel 5 3 Steuertarif 16 2 Steuervereinbarung 15 5 Steuervergünstigungsabbaugesetz 2003 Einl. 4 Steuerverkürzung – leichtfertige 14a 5 Steuerwettbewerb 16 2, 28 Stichtagsprinzip bei Umwandlungen 9 Nr. 2a 36 Stiftung, steuerbegünstigte 9 Nr. 5 30 Stiftungs-GmbH 9 Nr. 5 30 Stille Beteiligung 8 Nr. 1c 8 – Abgrenzung zu atypisch stille Beteiligung 8 Nr. 1c 15 f. – Differenzrechnung § 19 Abs. 1 GewStDV 8 Nr. 1a 61 – Prüfung des Vorliegens 8 Nr. 1c 22 Stille Gesellschaft 5 42 – Begriff 8 Nr. 1c 7 – Vermögenseinlage 8 Nr. 1c 10 Stille-Reserven-Klausel 10a 224 – Anwendung zur Vermeidung eines Verlustuntergangs 10a 267

Stichwortverzeichnis – Begriff 10a 244 ff. Stiller Gesellschafter 8 Nr. 1c 9 Stiller Gewinnanteil 8 Nr. 1c 1 ff. Streubesitzbeteiligung – im körperschaftlichen als auch im gewerbesteuerlichen Sinne 7 125 Streubesitzdividende – Beteiligung von unter 10 % 8 Nr. 5 21 Strohmanngeschäft 5 26 f. Stromtankstelle 9 Nr. 1 45 Struktureller Inlandsbezug 9 Nr. 5 40 Strukturwandel 7 33 Stundung 1 52; 16 18 Stundungszinsen 16 18 Subject-to-tax-Klausel 9 Nr. 3 14, 26 Substanzausbeutevertrag 8 Nr. 1d 31; 8 Nr. 1f 29 Substanzbesteuerung 8 2 Substanzbesteuerungseffekt 8 7 Subventionsbericht der Bundesregierung 3 Nr. 7 1 Suspendierung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs 7a 24 ff. Switch-over-Klausel 9 Nr. 3 14, 26 Synthetische Verbriefung 8 Nr. 1a 50 Systematik der Bruttozurechnung 7a 2 Systemkonstituierende Leitgedanken des Gewerbesteuerrechts 9 Nr. 3 16 Systemwidrige Belastung von Schifffahrtsunternehmen 9 Nr. 3 2 Systemwidrige Vorschrift von § 8 Nr. 5 GewStG 8 Nr. 5 3

Tarifvorschrift § 11 GewStG 11 2 Tätigkeitswechsel auf Ebene einer Mitunternehmerschaft 7 68 ff. Tatsächliche Geschäftsführung 3 Nr. 6 8 Technische Ermächtigung 35c 19 Teil-Mitunternehmeranteil 9 Nr. 2 34 Teilamortisations-Leasingvertrag 8 Nr. 1a 40 Teilbetrieb – Begriff, europäischer 10a 49 – Begriff 10a 49 Teilbetriebsaufgabe 2 78 Teilbetriebsbeendigung 2 78 ff. Teilbetriebseröffnung 2 78 ff. Teilbetriebsfiktion Anh. 1 91 Teilbetriebsstätte 30 8 ff. – Anforderungen 30 8 f. – Beispiele 30 13 ff. – betrieblicher Zusammenhang 30 16 – organisatorischer Zusammenhang 30 16 – räumlicher Zusammenhang 30 10 ff. – technischer Zusammenhang 30 16 – wirtschaftlicher Zusammenhang 30 16 Teilbetriebsübergang 2 201 Teilbetriebsveräußerung 2 78 Teilbetriebsverpachtung 2 21, 78 Teileigentum 9 Nr. 1 55

Teileinkünfteverfahren 7 16, 38, 122, 126 f.; 8 Nr. 5 18 – Anwendung 7 142 ff.; Anh. 1 16 Teilfreistellung nach § 3 Nr. 40 EStG 7 16 Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr – Beginn bzw. Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht 2 49 Teilnahmerecht der Gemeinde an Außenprüfungen 1 67 Teilunternehmensidentität 10a 48 ff.; s.a. Unternehmensidentität – Begriff 10a 48 – kein Vorliegen bei Kapitalgesellschaften 10a 79 – unterjähriger Wegfall 10a 57 – Verlust 2 78 – Verlustverrechnung 10a 53 ff. – Wegfall 10a 69 Teilwertabschreibung auf eine Forderung – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Teilwertabschreibung wegen Gewinnausschüttung, -abführung 7 43 Teilwertabschreibung 8 Nr. 1a 34 – abführungsbedingte 2 154 – Anteile an der Organgesellschaft 2 157 – ausschüttungsbedingte 8 Nr. 5 30 – verlustbedingte 2 153 Teilwertaufholung 2 155 Teilwertzuschreibung 8 Nr. 10 15 – keine Kürzung 8 Nr. 10 15 – keine negative Hinzurechnung 8 Nr. 10 15 Territoriale Begrenzung der Gewerbesteuer auf das Inland 2 1 f. Territorialitätsprinzip 2 11, 86, 247; 4 15; 9 Nr. 2a 2 f.; 9 Nr. 3 1, 8, 16, 24; 9 Nr. 7 6 – Ausnahme 2 222 – Durchbrechung 7 166, 169 – systemkonforme Umsetzung 9 Nr. 3 1 Tie-breaker-rule 9 Nr. 8 13 Titulierte Gewerbesteuerforderung Anh. 2 150 ff. – Begriff Anh. 2 150 Tochtergesellschaft 9 Nr. 7 2 Tonnagebesteuerung (gem. § 5a EStG) 7 114 ff.; 8 14; 9 Nr. 3 4 – pauschale Gewinnermittlung auf Antrag 9 Nr. 3 13 Tracking-Stock-Struktur 8 Nr. 1c 8 Transparentes Besteuerungskonzept – KGaA 8 Nr. 4 16 Transparenzprinzip 10 15; 10a 166 Treaty Override (§ 50d Abs. 10 EStG) 7 159 f. – Normenkontrollverfahren vor dem BVerfG 7 159 Trennungsprinzip – korporationsrechtliches 9 Nr. 3 30 Treuhand-KG 10a 51, 62 973

Stichwortverzeichnis – Wandlung der Personengesellschaft zur Nutzung der stillen Reserven 10a 246 Treuhandmodell 5 38, 55; 7 38; 9 Nr. 2 15, 19 True-Sale-Verbriefung 8 Nr. 1a 50 Typenkombination 8 Nr. 1d 22 Typenkombinationsvertrag 8 Nr. 1d 6, 22 f. – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Typenverschmelzung 8 Nr. 1d 23 Typenverschmelzungsvertrag 8 Nr. 1d 23 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Typisierte Hinzurechnungsquote 8 43 Typisiertes Unternehmen 8 2 Typisierungsspielraum 8 Nr. 1d 2

Übergang des Gewerbebetriebs im Ganzen 2 194 ff.; s.a. Betriebsübergang Übergangsgewinn 7 20 Übergangszeitpunkt 2 202 Überlassung von Rechten – zeitliche Befristung 8 Nr. 1f 16 ff. Übernahmefolgegewinn Anh. 1 54 Übernahmegewinn – Abspaltung oder Aufspaltung von Kapital- auf Kapitalgesellschaften Anh. 1 70 – Ebene der übernehmenden Kapitalgesellschaft Anh. 1 52 ff. – Ebene der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person Anh. 1 21 f. – gewerbesteuerliche Behandlung Anh. 1 22 Übernahmeverlust – Ebene der übernehmenden Kapitalgesellschaft Anh. 1 52 ff. – Ebene der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person Anh. 1 21 f. Überschuldung (§ 19 InsO) Anh. 2 52 Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern (§ 6 Abs. 5 EStG) Anh. 1 3 Übertragungsgewinn/-verlust – steuerliche Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft Anh. 1 49 Übertragungsgewinn – gewerbesteuerliche Behandlung Anh. 1 51 – Organgesellschaft als übertragende Körperschaft Anh. 1 12, 49 – steuerliche Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft Anh. 1 12 f. Übertragungsstichtag 10a 215 Übertragungsverlust Anh. 1 13 Umfang der Hinzurechnung 8 Nr. 1c 30 ff. Umlage vermietertypischer Leistungen, Ersatzvornahmen – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 42 Umlage/Mietnebenkosten – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 42 Umsatzmiete – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 974

Umsatzprovision – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie – durch Einfügung von § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbsatz 2 GewStG 9 Nr. 7 10, 39 f. Umstellung des Wirtschaftsjahres 10 13 – Absicherung der erweiterten Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 91 Umwandlung durch Gesamtrechtsnachfolge Anh. 1 73 Umwandlung von Kapital- auf Kapitalgesellschaft (§§ 11–15, 19 UmwStG) Anh. 1 45 ff. Umwandlung 2 197 – eigentlicher Umwandlungsgewinn 9 Nr. 2a 44 – fiktive Ausschüttung offener Rücklagen 9 Nr. 2a 44 – Kapitalgesellschaft in Personengesellschaft durch Formwechsel 2 211 – Kapitalgesellschaft in Personengesellschaft durch Verschmelzung 2 211 – Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft durch Verschmelzung 2 211 – steuerlich rückwirkende Anh. 1 24 – steuerlicher Übertragungsstichtag Anh. 1 24 – Stichtagsprinzip 9 Nr. 2a 36 – Unternehmensidentität 10a 85 ff. – zivilrechtliche Anh. 1 6 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) – Auswirkungen auf gewerbesteuerliche Fehlbeträge (§ 10 aGewStG) Anh. 1 4 – Einbringungsteil (§§ 20–25 UmwStG) Anh. 1 2 – lex specialis zur Gewinnermittlung nach EStG, KStG, GewStG Anh. 1 2 – Sinn und Zweck des Gesetzes Anh. 1 1 – Sondervorschriften der Einkünfte- bzw. Gewinnermittlung Anh. 1 1 – Umwandlungsteil (§§ 18 und 19 UmwStG)Anh. 1 2 Umweltbelastung 30 23 Underwriting Fee – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Unechte Rückwirkung 7 88 Uneingeschränkte Befreiung von der Gewerbesteuer 3 3 – Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben 3 Nr. 3 1 – öffentlich-rechtliche Kreditinstitute 3 Nr. 2 1 – öffentlich-rechtliche Versicherungs-/Versorgungseinrichtung 3 Nr. 11 1 – staatliche Unternehmen mit Monopolcharakter 3 Nr. 1 1 – Unternehmensbeteiligungsgesellschaften 3 Nr. 23 1 Unentgeltliche Übertragung Anh. 1 74 Unilaterale Senkung des Mindestbeteiligungserfordernisses nach DBA 9 Nr. 8 1 Unionsrechtswidrigkeit der Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG 8 Nr. 5 15

Stichwortverzeichnis Unterbeteiligung 5 42; 10a 136 Unterbrechungswirkung analog zu § 240 Satz 2 ZPO Anh. 2 212 Untergang des Fehlbetrags/Gewerbeverlustes (§ 10 a GewStG) 7b 2 – Bestimmung einer Obergrenze nach § 7b Abs. 2 Satz 1 GewStG 7b 1 – Körperschaften 10a 224 ff. – Übertragung des Gewerbebetriebs 10a 209 ff. – vollständiger bei Wechsel in der Person des Unternehmers 10a 214 f. Untergang des fortführungsgebundenen Verlustvortrags – schädliche Ereignisse 10a 257 f. Unterirdische Rohrleitung 2 246 Unterjähriger Wechsel des Organträgers 10 14 Unterlizenz 8 Nr. 1f 13 Untermietvertrag – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Unternehmensbeteiligungsgesellschaft 3 Nr. 23 1 – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 23 3 – Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG 9 Nr. 2a 27 – offene 3 Nr. 23 4 – Privilegierungstatbestand 9 Nr. 2a 4 – rückwirkende Nachversteuerung 3 Nr. 23 4 Unternehmensbezogene Sanierung 7b 1 ff. – Begriff 7b 13 Unternehmensidentität 2 11, 25; 7 58 f.; 10a 37 f., 39 ff.; 11 37; s.a. Teilunternehmensidentität – Anwachsung einer Personen- auf eine Kapitalgesellschaft 10a 78 – atypisch stille Gesellschaft 10a 72 ff. – Begriff 10a 39 – Betriebsaufspaltung 10a 80 ff. – Beurteilungskriterien 10a 42 ff. – Beweislast des Vorliegens 10a 59 f. – Einzelunternehmen mit Gewerbebetrieb, bestehend aus mehreren Teilbetrieben 10a 63 f. – Einzelunternehmen 10a 61 ff. – Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anh. 2 15 f. – gewerblich geprägte Personengesellschaft 10a 71 – Kapitalgesellschaften 10a 78 f., 225 – Personengesellschaft 10a 65 ff. – Realteilung 10a 93 f. – Umwandlung von oder auf Kapitalgesellschaften 10a 85 – Umwandlung von oder auf Personengesellschaften 10a 86 ff. – Voraussetzung für Verlustabzug nach § 10a GewStG 10a 37, 95 Unternehmenssanierung s. unternehmensbezogene Sanierung Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz 7 88

Unternehmenssteuerreformgesetz (UntStRefG) 2008 8 11, 19 ff. Unternehmer – Begriff 5 23 ff. – Steuerschuldner 5 2, 4, 23 ff. Unternehmeridentität 2 11; 7 58 f.; 10a 37 f.; 11 37 – Änderung der Beteiligungsverhältnisse bei Personengesellschaften 10a 109 f. – Anwachsung und Verschmelzung einer Personengesellschaft auf Ihren Gesellschafter 10a 123 f. – Begriff 10a 95 – Begründung und Auflösung von atypisch stillen Gesellschaften 10a 134 f. – Begründung und Auflösung von Unterbeteiligungen 10a 136 – Betriebe gewerblicher Art 10a 112 – doppelstöckige Personengesellschaft 10a 105 f. – Einbringung in Kapitalgesellschaften 10a 117 – Einbringung von Betrieben/Teilbetrieben in eine Personengesellschaft 10a 129 ff. – Einbringung von Mitunternehmeranteilen 10a 132 – Einzelunternehmer 10a 99 ff. – Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anh. 2 15 f. – Formwechsel des Gesellschafters einer Personengesellschaft 10a 118 – Formwechsel einer Kapitalgesellschaft 10a 114 – Formwechsel einer Personengesellschaft 10a 119 f. – Kapitalgesellschaft 10a 225 – keine Bedeutung für Körperschaften 10a 98 – Körperschaften 10a 111 – Nießbrauch 10a 137 – Personengesellschaften 10a 102 ff. – Realteilung 10a 133 – Tatbestandsvoraussetzung 10a 209 – Verschmelzung und Spaltung des Gesellschafters einer Personengesellschaft 10a 121 f. – Verschmelzung und Spaltung von bzw. auf eine andere Personengesellschaft 10a 125 ff. – Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften 10a 115 f. – Voraussetzung für Verlustabzug nach § 10a GewStG 10a 95 Unternehmerlohn – fiktiver 31 34 ff. Unternehmerwechsel 2 2, 211; 14 51 – kein Vorliegen 2 212 – partieller 2 212; 11 37 Unterschiedliche Behandlung von Dividenden im Rahmen der ESt und KSt einerseits, der GewSt andererseits – Vorschrift § 8 Nr. 5 GewStG 8 Nr. 5 3 Unterstützungskasse 8 Nr. 1b 19 Unterzerlegung 30 2; 31 39 Untitulierte Forderung Anh. 2 138 975

Stichwortverzeichnis Untitulierte Steuerforderung Anh. 2 140 ff. – Begriff Anh. 2 140 Unzulässige gesetzliche Rückwirkung 7 167 Up-Stream-Verschmelzung einer Personengesellschaft 10a 124 Urheberrecht 8 Nr. 1f 23

Veranlasserhaftung

9 Nr. 5 43 Veranlassungszusammenhang – Aufwendungen und Einkünfte aus Kapitalvermögen 9 Nr. 1 114 – Einnahmen Arbeitnehmer und Dienstverhältnis 31 13 f. Veranstaltungsraum – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Veräußerung Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil – innerhalb der Fünf-Jahres-Frist Anh. 1 33 ff. Veräußerung Betrieb 7 96 f. Veräußerung Mitunternehmeranteil oder Teilbetrieb 7 53 Veräußerung Mitunternehmeranteil 7 99 ff. Veräußerung Teilbetrieb 7 98 Veräußerung Teilmitunternehmeranteil 7 66 Veräußerungsfiktion Anh. 1 59 Veräußerungsgewinn 2 25; 7 33 – gewerbesteuerliche Behandlung 7 48 ff.; Anh. 1 32, 35, 37 ff. Veräußerungsverlust 8 Nr. 8 13; Anh. 1 40 Verbindlichkeit 8 Nr. 1a 7 Verbot der doppelten Erfassung 2 145 Verbraucherinsolvenzverfahren Anh. 2 31 Verbriefungsgesellschaft (§ 19 Abs. 3 Nr. 3 GewStDV) – Begriff 8 Nr. 1a 55 Vercharterung von Handelsschiffen 9 Nr. 3 39 verdeckte Einlage 9 Nr. 5 27; Anh. 1 74 Verdeckte Gewinnausschüttung 8 Nr. 4 31; 9 Nr. 5 25 f. – fehlende Gewinnminderung 8 Nr. 1d 13 – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Verdeckte Stellvertretung 5 26 Verdecktes Gesellschaftsverhältnis 5 43 Verdecktes Stammkapital 8 Nr. 1a 10 Verdecktes Treuhandverhältnis 5 26 Vereinfachung des Verfahrensablaufs 35b 9, 24 Vereinfachungsfunktion – Schifffahrtsunternehmen 9 Nr. 3 2, 23 Verfahrensrechtliche Mitwirkungspflicht – Steuerschuldner 5 17 f. Verfahrensunterbrechung nach § 240 ZPO Anh. 2 62 ff. Verfassungsmäßigkeit Gewerbesteuer 1 75 Verfassungsmäßigkeit Gewerbesteuerfreiheit – Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit 2 9 – Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 2 9 976

Verfassungsmäßigkeit Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform 2 10 Verfassungswidrigkeit von § 10a Satz 10 GewStG 10a 32 ff. VerfModG – Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens 14a 33 Vergütung an Auszubildende 31 25 Vergütung an persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA 8 Nr. 4 23 ff. – Auslagen- und Aufwendungsersatz 8 Nr. 4 30 – Fremdgeschäftsführer des persönlich haftenden Gesellschafters 8 Nr. 4 26 – gewinnabhängige (Tantiemen) 8 Nr. 4 24 – gewinnunabhängige (feste) 8 Nr. 4 25 – Haftungsvergütung 8 Nr. 4 27 – unangemessene 8 Nr. 4 31 – Zuführung der KGaA zu Pensionsrückstellungen 8 Nr. 4 28 Vergütung aus früheren Dienstverhältnissen 31 21 Vergütung – einmalige gewinnabhängige 31 28 ff. Verkehrsbetrieb – Gewerbesteuerpflicht 2 43 Verklammerungsrechtsprechung – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Verlangen des Finanzamts auf Abgabe der Gewerbesteuererklärung 14a 30 Verlust der Steuerbefreiung 3 Nr. 9 5 Verlust – finaler 7 31 Verlustabzug – begrenzt auf Betrag von 1 Million Euro 10a 147 – interperiodischer 10a 192 ff. – Voraussetzungen bei Personengesellschaften 10a 37 f. Verlustabzug in Form eines Verlustvortrags – Durchbrechung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung 10a 28 Verlustabzugsbeschränkung nach §§ 15 Abs. 4, 15a, 15b EStG 7 16 Verlustanteil – persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA 8 Nr. 4 20 Verlustausgleich zwischen Wirtschaftsjahren 10 13 Verlustausgleich – interperiodischer 10a 27 – Organschaft 10a 144 Verlustausgleichsbeschränkung – wesensfremd im Gewerbesteuerrecht 9 Nr. 3 12 Verlustbedingte Teilwertabschreibung – Vermeidung doppelter Verluste im Organkreis 2 153 Verlustfeststellungsbescheid 1 34; 35b 12 – Änderung von Amts wegen 35b 17 ff.

Stichwortverzeichnis – – – –

Anfechtung 35b 42 Aufhebung von Amts wegen 35b 17 ff. Feststellungsfrist, Ende 35b 42, 44 f. inhaltliche Bindung zu Gewerbesteuermessbescheid 35b 39, 42 – Rechtsgrundlage zur Aufhebung oder Änderung 35b 1 Verlustkörperschaft 10a 233 f., 246 Verlustrücktrag – Einkommensteuerrecht, Gewerbesteuerrecht 10a 22, 28, 138 Verlusttragung 8 Nr. 1c 32 Verlustuntergang nach § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG – Verhinderung durch Konzernklausel oder Stille-Reserven-Klausel 10a 244 Verlustuntergang – interpersoneller 7b 22 – vollständiger 10a 34 Verlustverrechnung – gewerbesteuerliche 2a 3 – intraperiodische bei unterjährigem Gesellschafterwechsel 10a 188 ff. Verlustverrechnungsbeschränkung 7 152 Verlustvortrag 10a 151 – fortführungsgebundener 10a 255 Vermeidung von Doppelbegünstigungen 7b 2 Vermietung einer Vielzahl von Objekten – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Vermietung und Verpachtung 3 Nr. 6 31 Vermietung von Gewerbeimmobilien – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Vermietung von Großobjekten – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 39 Vermietung von Handelsschiffen 9 Nr. 3 39 Vermietungsgenossenschaft – Ausschluss der Steuerbefreiung 3 Nr. 15 7 – persönliche Voraussetzungen für die Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 15 6 – sachliche Voraussetzungen für die Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 15 7 Vermittlungsprovision – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Vermögens- und Überschussverwendung – soziale Kassen 3 Nr. 9 5 Vermögenseinlage – stille Gesellschaft 8 Nr. 1c 10 Vermögensverwaltende Personengesellschaft – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 76 – Beteiligung an Kapitalgesellschaften 9 Nr. 1 76 – kapitalistische Betriebsaufspaltung 9 Nr. 1 76 – nachgeschaltete 10 15 Vermögensverwaltung 3 Nr. 6 30 ff., 9 Nr. 1 35 Vermögenswirksame Leistung 31 15 Verpächterwahlrecht 9 Nr. 2 23 Verpachtung eines Gewerbebetriebs 9 Nr. 2 23

Verpachtung von Grundbesitz 9 Nr. 1 36 Verpflichtung zur Erhebung der Gewerbesteuer 1 77 Verpflichtungsklage beim Finanzgericht – Ablehnung Pauschbetragsfestsetzung durch das Finanzamt 15 10 Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft (§§ 2 ff., 46 ff., 120 ff. UmwG) Anh. 1 6 – Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert Anh. 1 9 – auf Personengesellschaft oder natürliche Person Anh. 1 8 ff. – Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. natürlichen Person (§§ 4–7, 18 UmwStG) Anh. 1 14 ff. – Ebene der übertragenden Körperschaft (§ 3 UmwStG) Anh. 1 8 ff. – Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft Anh. 1 23 ff. – Ende der Gewerbesteuerpflicht der übertragenden Körperschaft Anh. 1 8 – steuerlicher Übergangsstichtag Anh. 1 8 – Veränderungen im Gesellschafterbestand Anh. 1 23 – Wahlrecht zum Buch- bzw. Zwischenwertansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter Anh. 1 10 Verschmelzung im Konzern – Absicherung der erweiterten Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 93 Verschmelzung von (zwei) Personengesellschaften 2 212; Anh. 1 123 Verschmelzung von (zwei) Schwester-Personengesellschaften 10a 88 Verschmelzung von einer auf eine andere Kapitalgesellschaft (§§ 2 ff. UmwG) Anh. 1 45 ff. – Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert Anh. 1 48 – Ende der Gewerbesteuerpflicht der übertragenden Körperschaft Anh. 1 47 – Wahlrecht zum Buch- bzw. Zwischenwertansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter Anh. 1 48 – zur Aufnahme Anh. 1 47 – zur Neugründung Anh. 1 47 Verschmelzung 2 206 – Drittstaatenkapitalgesellschaften Anh. 1 59, 62 – grenzüberschreitende Anh. 1 45, 48 Versicherungsprämie – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Versicherungsunternehmen – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Versorgungsbetrieb – Gewerbesteuerpflicht 2 43 Versorgungsleistung – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 42 Verspätungszuschlag zur Gewerbesteuer 14a 5; 14b 1 ff. – Einspruch gegen die Festsetzung 14b 4 977

Stichwortverzeichnis – Erhebungszuständigkeit der Gemeinde 14b 26 ff. – Ertragshoheit bei Beteiligung mehrerer Gemeinden 14b 29 ff. – Ertragshoheit zugunsten der Gemeinden 14b 2, 23 ff. – Festsetzung durch die Landesfinanzbehörden 14b 4 – keine Anwendung des Hebesatzes 14b 37 – pflichtgemäßes Ermessen 14b 9 – steuerliche Nebenleistung 14b 2 – Verteilung bei Beteiligung mehrerer Gemeinden (horizontale Ebene) 14b 29 ff. – wegen verspäteter Abgabe der Gewerbesteueroder Zerlegungserklärung 14b 7 Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes – Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG im EZ 2001 8 Nr. 5 5, 14 Verstoß gegen die Dienstleitungsverkehrsfreiheit – Eurowings-Entscheidung des EuGH 8 Nr. 1d 3 Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit – Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG im EZ 2001 8 Nr. 5 6, 15 Verstrickung nach § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG 9 Nr. 3 27 Vertrieb – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 Verwaltungsakt 14 9; 20 7 Verwaltungsentscheidung – gebundene 30 18 Verwaltungshoheit (Art. 108 GG) Anh. 2 194 Verwaltungskosten – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Verwaltungsrechtsweg 16 15 Verwaltungsvereinfachung 34 1 Verwässerung der Beteiligungsquoten bisheriger Gesellschafter Anh. 1 64 Verwertungsgesellschaft (GEMA, VG-Wort, VG-Bild) – Hinzurechnung von Konzessions- und Lizenzgebühren 8 Nr. 1f 46 – Zahlung von Leistungsrechten 8 Nr. 1f 43 Verwertungstätigkeit im Rahmen der Abwicklung Anh. 2 8 Verwirkung – Gewerbesteueranspruch 5 22 – Gewerbesteuermessbescheid 14 29 Verzinsung – Gewerbesteuer(nach)forderungen 1 40 Vertriebslizenz 8 Nr. 1f 1 f., 30 ff. Vollstreckung (§§ 249, 253 AO) 5 13 Vollstreckung aus dem Tabellenauszug Anh. 2 183 Vollstreckung der Gewerbesteuer 5 21; 16 21 Vollstreckung gegen die Masse Anh. 2 190

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Vollstreckungsverbot (§ 89 InsO, § 90 Abs. 1 InsO) Anh. 2 190, 210 Vorabgewinn 10a 177 Vorauszahlung 19 1 ff. – Anpassung 19 26 ff. – Bedeutung für den Steuerpflichtigen 19 3 – Bemessung 19 23 – Erhöhung 19 34 – Festsetzung 19 10 ff. – Folgejahr 10a 20 – gleichmäßige Verteilung 19 24 f. – Herabsetzung 19 34 – Rechtsbehelfsverfahren 19 19 – Verlegung von Betriebsstätten 19 39 – Zerlegung 19 36 ff. – Zuständigkeit für die Festsetzung 19 12 f. – Zweck 19 1 Vorauszahlungsbescheid 19 10; 21 7 Vorauszahlungstermin 19 14 f. – abweichender 19 20 ff. Vorbehalt der Nachprüfung 9 Nr. 1 97; 19 10, 16 Vorbereitungshandlung, Vorbereitungskosten 2 50; 7 26; s.a. Vorlaufkosten – Beispiele aus der Rechtsprechung zur Nichtberücksichtigung 7 28 Vorfälligkeitsentschädigung 8 Nr. 1a 4 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Vorgesellschaft 2 115, 128; 7 28 – gewerbesteuerliche Behandlung 2 116 ff. – unechte 2 119 Vorgründungsgesellschaft 2 115, 128 – gewerbesteuerliche Behandlung 2 118 – unechte 2 119 Vorher- und Nachher-Betrachtung – Beteiligungshöhe nach Verschmelzung Anh. 1 64 Vorläufige Insolvenzverwaltung Anh. 2 210 f. Vorläufiger Insolvenzverwalter Anh. 2 210 – schwacher Anh. 2 214 f. – starker Anh. 2 210 ff. Vorlaufkosten – Teilbetriebseröffnung, Teilbetriebsbeendigung 2 78 ff. Vororganschaftliche Mehrabführung 7a 11 Vororganschaftlicher Verlust/Fehlbetrag – Abzugsverbot für die Organgesellschaft 10a 159 ff. – Begriff 10a 158 Vororganschaftlicher Verlust 7b 9 Vorrang der Hinzurechnungen vor den Kürzungen 9 4 Vortragsfähiger Fehlbetrag (Gewerbeverlust) – Begriff 10a 207 f. – zeitliche Streckung Anh. 2 19 Vortragsfähiger Gewerbeverlust Anh. 1 123 Vorübergehende Unterbrechung des Gewerbebetriebs 2 179 ff.

Stichwortverzeichnis – Abgrenzung zur tatsächlichen Einstellung 2 183 – Begriffsbestimmung 2 182 – sachliche Gewerbesteuerpflicht 2 193 Vorweggenommene Betriebsausgaben/ -einnahmen – gewerbesteuerliche Behandlung 2 83 ff. Vorweggenommene Einnahmen oder Aufwendungen 9 Nr. 3 24

Währungsswap – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Währungsverlust – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Waiver Fee – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Wartegeld 8 Nr. 1b 17 Wechsel der Steuerschuldnerschaft 5 54 ff. – bei Unternehmerwechsel 5 54 – ohne Unternehmerwechsel 5 55 ff. Weitervermietung von angemietetem Grundbesitz – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 73 Weitervermietung – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Weiße Einkünfte – Vermeidung 7 161 Welteinkommensprinzip 2 86, 247; 9 Nr. 3 1 Wertpapierleihe 8 Nr. 5 29 Wertsicherungsklausel – Rentenverpflichtung 8 Nr. 1b 26 Wesentlichkeitstheorie 35c 4 Widerspruch 1 54; 5 49; 19 18; s.a. Einspruch Widerspruchsverfahren 16 15 Wiederaufnahme des Betriebs in gleicher oder ähnlicher Weise 2 186 ff. Wiederaufnahme des Betriebs 2 184 ff. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 28 43; 33 21 Willkürverbot 10a 28 – Verstoß 10a 36 Windkraftanlage 2 241; 28 53 – Begriff 29 22 – Zerlegungsmaßstab 29 17 ff. Wirtschaftliche Bedeutung der Gewerbesteuer – für Gemeinden 1 76, 79 ff. Wirtschaftliche Identität 2 187 Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb 2 2, 46, 169 ff.; 3 Nr. 6 28 f. – Begriff 2 169 – Beispiele 2 170 – Oberbegriff zum Gewerbebetrieb 2 46, 169 Wirtschaftliches Eigentum am Grundbesitz 9 Nr. 1 10 Wirtschaftliches Eigentum – Begriff (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) 8 Nr. 1f 18 – Überlassung von Software 8 Nr. 1f 19

Wirtschaftsförderungsgesellschaft 3 Nr. 25 1 f. – begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 25 4 – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 25 1 f. – Vermögens- und Überschussverwendung 3 Nr. 25 5 Wirtschaftsgut des Anlagevermögens – Differenzrechnung § 19 Abs. 1 GewStDV 8 Nr. 1a 60 Wirtschaftsgut – Abgrenzung bewegliches zu unbeweglichem 8 Nr. 1e 9 – bewegliches 8 Nr. 1d 28 ff. – Rückgriff auf den Begriff des Grundvermögens (§ 68 BewG) 8 Nr. 1d 30 ff. – unbewegliches 8 Nr. 1d 28 ff. – vermögensverwaltender Personengesellschaften 8 Nr. 1d 42 Wirtschaftsjahr – abweichendes 14 48 f.; 19 20 ff. Wohnungsbauten 9 Nr. 1 108 Wohnungseigentum 9 Nr. 1 55 Wohnungseigentümergemeinschaft 5 44

Zahlung der Gewerbesteuer 5 21 Zahlungsdienst – begünstigter 8 Nr. 1a 74 – Finanztransfergeschäft 8 Nr. 1a 74 – Zahlungskartengeschäft 8 Nr. 1a 74 Zahlungsinstitut 8 Nr. 1a 68, 72 – keine Hinzurechnung von Entgelten für Schulden 8 Nr. 1a 73 f. Zahlungskartengeschäft – begünstigter Zahlungsdienst 8 Nr. 1a 74 Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) Anh. 2 52 Zahlungsverjährung (§§ 228 ff. AO) 5 21 Zebragesellschaft 8 13; 8 Nr. 1b 5 Zeitchartervertrag – Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen 8 Nr. 1e 12 Zeitliche Anwendung von § 7b GewStG – Vorbehalt der beihilferechtlichen Zustimmung der EU-Kommission 36 13 Zeitlicher Geltungsbereich – § 2 GewStG 2 5 – §§ 1, 2, 4–6, 8 GewStDV 2 6 Zeitrente 8 Nr. 1b 7 Zerlegung des Zerlegungsanteils 30 2 Zerlegung nach Arbeitslöhnen – moderner Arbeitsalltag 33 9 – Ursprung 33 9 Zerlegung 1 18; 28 19 f. – Anwendungsfälle 28 16 ff. – Äquivalenzprinzip 28 3 – Begriff 28 2 f., 32 – Betriebsstätte 28 22 ff. – entsprechend der Gemeindelasten bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten 30 24 – Funktion 28 1 979

Stichwortverzeichnis – – – –

gemeindegerechte 31 2 in besonderen Fällen 33 1 ff. Kleinbetragsverordnung § 34 GewStG 28 30 Körperschaftsteueranspruch, analoge Anwendung des Gewerbesteuergesetzes 28 15 – mehrgemeindliche Betriebsstätte 28 48 f.; 30 1 ff. – mehrstufige 28 27, 49 – nicht zu berücksichtigende Betriebsstätten 28 28 ff. – nicht zu berücksichtigende Gemeinden 28 51 ff. – Offshore-Anlagen 28 8 – Organschaft 28 27 – zweistufige bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten 30 2 Zerlegungsanteil von Null Euro 30 23 Zerlegungsanteil 28 34 – Bestimmung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten 30 24 – geringfügige Änderung 34 9 f. – geringfügiger 34 8 – negativer 28 14; 34 10 Zerlegungsbescheid 1 36, 71; 16 12; 19 37; 28 33 ff. – Ablaufhemmung 28 47 – Änderung 28 41 ff.; 33 28 f. – Beschwer 28 39 – Bestandskraft 33 28 – Einspruch 28 39 f. – Einwendungen 33 29 – Folgebescheid des Gewerbesteuermessbescheids 28 47 – Grundlagenbescheid zum Gewerbesteuerbescheid 28 47 – Rechtsmittel 28 39 – Verjährung 28 44 Zerlegungsergebnis – offenbar unbilliges 33 10 f. – ungerechtfertigtes 33 9 Zerlegungserklärung 14a 1, 14 Zerlegungsgesetz (ZerlG) 28 15 Zerlegungsmaßstab 28 4; 29 1 ff. – Abrundung Arbeitslohn 29 35 – Alternative 33 1, 9 – Arbeitslohn 29 8 ff. – Beispiele für Ersatzmaßstäbe 33 19 – besonderer durch einvernehmliche Vereinbarung 33 2 – Entscheidung durch das Finanzamt 33 20 – Ermittlung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten 30 19 ff. – Ersatzmaßstab 33 19 f. – gemischter, kombinierter 29 25 ff., 31 – Regelmaßstab 29 1; 33 19 – relevanter Arbeitslohn 29 34 – Solaranlagen 29 17 ff., 28 ff. – Sondermaßstab 29 2, 4, 25 f. 980

– Windkraftanlagen 29 17 ff. Zerlegungssperre 28 42 Zerlegungsverfahren 1 72; 4 10; 28 33 ff. – Akteneinsichtsrecht der Gemeinden (§ 187 AO) 28 40 – hebeberechtigte Gemeinde 4 2 – Vereinfachung 28 7 – Ziel 29 11 Zins (§§ 233 ff. AO) – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Zins auf Schadensersatzverbindlichkeit – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Zins-/Lizenzrichtlinie 8 Nr. 1f 6 Zinsbegrenzungsvertrag – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Zinsberechnung 18 2, 9 Zinserstattung 8 50 Zinsertrag – erweiterte Grundbesitzkürzung 9 Nr. 1 104 f. Zinsschranke 7 16; 8 52; 8 Nr. 1f 3 Zinsswapgeschäft – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Zinsverbilligungszuschuss 8 50 – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Zitiergebot 35c 9 Zivilrechtsfähigkeit – Voraussetzung für sachliche Gewerbesteuerpflicht 2 112 Zuführung zu Rückstellungen 8 Nr. 1f 12 Zuordnungsfiktion 7 168; 9 Nr. 3 2 Zurechnung des Fehlbetrags/Gewerbeverlusts auf die Mitunternehmer – auf Basis des Gewinnverteilungsschlüssels 10a 174 ff. – fehlerhaft festgestellte Fehlbeträge 10a 183 – Nichtberücksichtigung von Vorabgewinnen 10a 177 – Voraussetzungen für den Verlustabzug 10a 179 Zusageprovision – Hinzurechnung Schuldentgelte 8 Nr. 1a 41 Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse 8 Nr. 1a 21 Zusammengefasster Gewerbesteuermessbescheid 5 46 Zusammenschluss zum Ausgleich von Versorgungslasten 3 Nr. 27 1 f. – begünstigte Tätigkeit 3 Nr. 27 4 – Gewerbesteuerbefreiung 3 Nr. 27 1 f. Zuschlag für Mehrarbeit 31 24 Zuschlag für Nachtarbeit 31 24 Zuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit 31 24 Zuständiges Finanzamt 35b 37 f. Zuteilungsbescheid 1 36; 16 12 Zuteilungsverfahren (§ 190 AO) 28 40 Zuwendung s.a. Sachzuwendung – abzugsfähige 9 Nr. 5 9 – Begriff 9 Nr. 5 9 Zuwendungsbescheinigung 9 Nr. 5 41 f.

Stichwortverzeichnis Zwangslizenz 8 Nr. 1f 23 Zwangsmittel 14a 5 Zweck der Vorschrift des § 2a GewStG 2a 3 Zweckbetrieb – Begriff 3 Nr. 6 36 f. – Wettbewerbsmäßige Problematik 3 Nr. 6 36 Zweckgeschäft 3 Nr. 8 7 Zweckgesellschaft mit Ankaufs- und Verbriefungsfunktion (§ 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV) 8 Nr. 1a 48 ff. – Asset-Backed-Securities-Geschäft 8 Nr. 1a 49 – Credit-Linked-Notes-Geschäft 8 Nr. 1a 49 Zweipersonales Organschaftsverhältnis 2 162 Zweistufige Zerlegung 30 2 Zweistufiges Besteuerungsverfahren 1 27; 16 1 – Zuständigkeiten 2 27 Zweistufiges Verfahren im Gewerbesteuerrecht Anh. 2 165 Zweistufiges Verfahren zur Erhebung der Gewerbesteuer 4 19 f. – erste Verfahrensstufe 4 19

– zweite Verfahrensstufe 4 19 Zweistufiges Verfahren zur Ermittlung der Gewerbesteuer 11 1, 13 f. – erste Verfahrensstufe 11 14; Anh. 2 146 – zweite Verfahrensstufe 11 15; Anh. 2 146 Zweistufiges Verfahren zur Ermittlung des Gewerbeertrags – Organschaft 2 144 Zweistufigkeit der Gewerbesteuer-Festsetzung 14 2 Zwischengeschaltete Mitunternehmerschaft 7 134 Zwischengesellschaft – nachgeschaltete 7 168 Zwischenrechnung – Bildung der Summe aus Einzelhinzurechnungsbeträgen 8 Nr. 1 1 Zwischenschaltung ausländischer Personengesellschaften – Gewerbesteuersparmodell 7 169 Zwölf-Seemeilen-Zone 2 100

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