Geregelte Verhältnisse: Architektur und technisches Denken in der Epoche der Kybernetik 9783035615852, 9783035615616

Elektrogehirn statt Kreativität? In der Epoche der Kybernetik sahen sich die Architekten mit neuen operativen Möglichk

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Geregelte Verhältnisse: Architektur und technisches Denken in der Epoche der Kybernetik
 9783035615852, 9783035615616

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die Universalisierung der Maschine
Stadtplan und Fluchtplan
Zwischen Automation und Metatechnik
Ästhetik, Revolte und Kalküle
Swinging Cybernetics
Zeichenmaschinen und Maschinenzeichen
Individualisierungssysteme
Die Rückkehr des Materials – ein Nachwort
Dank
Anmerkungen
Bibliographie
Bildnachweis

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Bauwelt Fundamente 162

Herausgegeben von Elisabeth Blum Jesko Fezer Günther Fischer Angelika Schnell

Georg Vrachliotis Geregelte Verhältnisse Architektur und technisches Denken in der Epoche der Kybernetik

Bauverlag

Birkhäuser

Gütersloh · Berlin

Basel

Die Reihe Bauwelt Fundamente wurde von Ulrich

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Die Universalisierung der Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Stadtplan und Fluchtplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Zwischen Automation und Metatechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Ästhetik, Revolte und Kalküle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Swinging Cybernetics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Zeichenmaschinen und Maschinenzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 Individualisierungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Die Rückkehr des Materials – ein Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Einleitung

„Einführende Bemerkungen zur Kybernetik für zukünftige Archi­tekten und Urbanisten“1, so lautete der Titel eines 1973 gehaltenen Vortrags an der Architekturabteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH ). Es sollte einer der letzten Versuche sein, angehenden Architekten – so auch den damaligen Studenten Jacques Herzog und Pierre de Meuron2 – die Kybernetik als die „allgemeine, formale Wissenschaft von der Struktur, den Relationen und dem Verhalten dynamischer Systeme“ schmackhaft zu machen. Doch knapp zwei Jahrzehnte nach ihrem rasanten Aufstieg war von dem Enthusiasmus, mit welchem die Kybernetik zuvor in der Architektur aufgenommen wurde, kaum mehr etwas zu spüren. Mitte der 1970er Jahre war eine grund­legende Kehrtwende in ihrer beinahe 25 Jahre dauernden Erfolgsgeschichte zu beobachten. Vorbei schien die Zeit, in der Architek­t en laut von automatisierten Entwurfsprozessen, intelli­genten Rechen­maschinen und der Gestaltung von Weltraumkapseln träumten, von durchdachter Technologie, technischen Entwicklungen und einer menschlicheren Welt nach dem Krieg. Die Auf bruchsstimmung, welche die Kybernetik zu Beginn der 1960er Jahre bei vielen Architekten ausgelöst hatte, war verflogen, der intellektuelle Glanz des computergrafischen Experimentierens und Philosophierens über Information, Kommunikation und Komplexität verblasst. In den Architekturzeitschriften, in denen nur wenige Jahre zuvor um die Kybernetik noch der Wind von Fortschritt und Zukunft geweht hatte, sucht man nach 1975 vergeblich nach ihren Spuren. Und auch die akademischen Debatten darüber, wie sich das Denken in Regel­k reisen und Kommunikationsstrukturen als wissenschaftliche Entwurfs- und Planungs­methode in der Archi­t ekturausbildung verankern ließe, verstummten. Die Kybernetik war Mitte der 1950er Jahre innerhalb der Architektur euphorisch aufgenommen und auf produktive Weise transformiert worden, bis sie schon kurze Zeit später wieder sichtlich an Einfluss verlor und nach nur knapp zwei Jahrzehnten vollkommen aus dem Blickfeld verschwunden war. Dennoch, so formulierte es jüngst der 6

Architekturhistoriker ­A ntoine Picon – und unterstrich damit die Relevanz einer architekturgeschichtlichen Aufarbeitung dieser Zeit – sei unsere heutige Welt „die Erbin jenes Universums, das in den 1950er und 1960er Jahren von der Kybernetik und der elektronischen Kunst erschlossen wurde. Doch wer hätte gedacht“, fragt Picon weiter „dass uns das digitale Leben dermaßen unter die Haut gehen würde?“3 Wird heute nach diesem kurzlebigen Kapitel der Architekturgeschichte gefragt, murmelt man – wenn einem der altmodisch klingende Terminus „Kybernetik“ überhaupt noch geläufig ist – oftmals von Kontrollphantasien, Wissenschaftsgläubigkeit und Technikutopien. Mit Blick auf das scheinbar ungehinderte Eindringen von Infor­ma­t ions­technologie in jeden nur erdenklichen Bereich des Alltags, mag Picons Stimmungsbild von einer sich „unter die Haut“ schleichenden Digitalisierung durchaus zutreffen. Dass Picon durch einen Rückblick in den Spiegel der Architekturgeschichte metaphorisch von einem „Erbe“ spricht, ist als Indiz für die Aktualität der Kybernetik als historischer Untersuchungsgegenstand zu werten. Obwohl die Kybernetik, wie eine einst vertriebene und jetzt wiederentdeckte Spukgestalt der Nachkriegszeit, längst zum Gegen­stand kunst-, medien- und wissenschaftsgeschichtlicher Unter­su­chun­gen geworden ist – vom Standpunkt der Architektur­geschichte aus betrachtet, gewinnt man den Eindruck, sie sei buchstäblich übersehen worden.4 Dabei waren es nicht nur Künstler, die sich mit Kybernetik und Informationstheorie beschäftigten – etwa Nicholas Schöffer, der an adaptiven kinetischen Skulpturen arbeitete, oder Frieder Nake, dessen generative Computerzeichnungen als Grundbausteine der heutigen Medien­kunst gelten. Es waren – so die Annahme der vorliegenden Arbeit – besonders Architekten, die sich mit der Frage befassten, welche gestalterischen Möglichkeiten die Kybernetik und die Informationstheorie für die zukünftige Gesellschaft eröffnen konnten – beispielsweise Nicholas Negroponte oder Yona Friedman, die in ihren Konzepten nach der Bewohnbarkeit dieses Universums fragten und damit erste Konturen des heutigen sogenannten „digitalen“ Lebens skizzierten.

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Rigorosität als Prinzip Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Architektur von einer groß angelegten „Entmythologisierungswelle des Zeitalters der Kommunikation“5 überrollt, „die unter der Schirmherrschaft des exakten Wissens von der Information geschah“.6 An die Frage nach der Nutzbarkeit kybernetischer Denkmodelle für die architektonische Praxis war deshalb von Beginn an auch die Frage nach der kulturellen Rolle des einzelnen Architekten in einer sich zunehmend in Kommunikationsstrukturen und Netzwerken auf lösenden Gesellschaft geknüpft. Architekten sahen sich mit einem neuen operativen Möglichkeitsraum aus technischen Systemen, Verfahren und Prozessen konfrontiert. In Architekturzeitschriften wurden Fotos abgedruckt, auf denen Wissenschaftler vor Großrechnern saßen. Den kolossalen Rechenmaschinen haftete eine Aura des Fremden und Geheimnisvollen an. Gleichzeitig ging von ihnen eine ungeheure Faszination aus. Im Fadenkreuz von Kybernetik und Computer befand sich das Bild des Architekten selbst – in seiner traditionellen Rolle als intuitiver Entwerfer, Gestalter und Demiurg. Pointierter formuliert: Es ging es um nichts Geringeres als das Fortbestehen seiner Autorenschaft in einer avancierten technowissenschaftlichen Welt. Entwurfsprozesse wurden ihres schöpferischen Wesens entkleidet und auf wissenschaftliche Prob­ lemlösungsverfahren reduziert; Gebäude wurden nicht mit der weiten Kraft der Poesie geschaffen, sondern durch eine engmaschige Methodologie aus Schaltdiagrammen und Rückkopplungsschleifen errechnet; Grundrisse und Pläne nicht mehr per Hand skizziert, sondern an einem intelligenten Rechenautomaten erstellt. Und auch Ästhetik war keine Frage mehr von Empfindung oder Ausdruck, sondern wurde als eine Frage der Nachrichtentechnik interpretiert. Der Bedeutung von Kreativität, Phantasie und sozialer Imagination stellte man die technische Intelligenz von Elektronengehirnen und Denkmaschinen gegenüber. Im Unterschied zum weiten Feld der sogenannten kybernetischen Kunst, erhoffte man sich in Architektur und Städtebau durch die Kybernetik konkrete methodische Probleme lösen zu können. Grundlage für die methodische Wirkungsmächtigkeit und die damit einhergehende enorme Entfaltungsvielfalt 8

Informationskreislauf mit „design sketch pad“, Computer, Telefon, „light-pen“ und Fernsehen. Charles Jencks: Architecture 2000. Predictions and Methods, London 1971, S. 56.

kybernetischer Denkmodelle war die Zuversicht, dass, in den Worten von Claude Lévi-Strauss, „Probleme, die keine metrische Lösung zulassen, dennoch einer rigorosen Behandlung unterzogen werden können“.7 Die Mentalität, die sich hinter den zuvor skizzierten Transformationsprozessen verbarg, wird in der vorliegenden Arbeit als eine für die Epoche der Kybernetik spezifische Form des technischen Denkens gedeutet. Die sogenannte Rigorosität im Umgang mit „gewissen“ Problemen, bedeutete auch eine Rigorosität im Denken. Ein solches Denken operierte ausschließlich mit technischen Modellen der Wirklichkeit. Man war an dem „Schaltplan“ der Welt interessiert, nicht jedoch an ihrer Materialität. Doch selbst das führte nicht zwangsläufig zu der hier angesprochenen Rigorosität im Denken. Diese basierte auf einer wesentlich subtileren und zugleich radikaleren Disposition der Kybernetik: der Vorstellung, die Grenzen zwischen Objekt und Subjekt, Natur und Kultur endlich überwinden zu können, um so zu einem neuartigen Modelldenken, einem alles erfassenden Erkenntnisinstrument und schließlich zu 9

einer übergeordneten Methode der Weltanalyse zu gelangen. Die Rigorosität im Denken basierte in vielerlei Hinsicht auf dem Anspruch der Kybernetik als Universalwissenschaft. Doch was versprachen Kommunikationsstrukturen und Regelkreise, dass es unzähligen Architekten ein Anliegen war, die tradierten humanistischen Fundamente ihrer eigenen Disziplin freizulegen und die Materialität von Architektur durch eine abstrakte Modellwelt aus symbolischen Maschinen zu ersetzen? Worin lag für die Architektur der methodische Reiz dieses technischen Denkens? Niklas Luhmann führte die Faszination an der Kybernetik auf zwei Versprechen zurück, deren verführerischer Glanz auch viele Architekten blendete: In einer sich ständig wandelnden Welt schien die Kybernetik zum einen das Gefühl von „Konstanz“ technisch zu realisieren und zum anderen „invariante Zustände von Variablen (also nicht Dinge[n]!) durch Kommunikationsprozesse erklären“ zu können.8 Die Fähigkeit der Kybernetik, in einem instabilen Umfeld Stabilität technisch „realisieren“ und gewährleisten zu können, bekommt mit Blick auf Luhmann eine konkrete gesellschaftspsychologische Nuance: Technische Stabilität wird zu einem Synonym für soziale Stabilität. Der Begriff der Rückkopplung oder des Feedback, verstanden als Grundoperation der Regelung eines jeden sich selbst steuernden Systems erhält den Status einer sozialwissenschaftlichen Metapher. Die Grundlagen für die Entstehung dieser neuen soziotechnischen Metaphorik und des dazu notwendigen wissenschaftlichen Selbstverständnisses gehen aus dem modernen Gründungsdokument der Kybernetik, den Aufzeichnungen der sogenannten Macy-Konferenzen, hervor.9 Eine Besonderheit dieser zwischen 1943 und 1953 von einer amerikanischen Wissenschaftselite organisierten und von der Josiah Macy Jr. Foundation finanzierten Tagungsreihen war ihre interdisziplinäre Grundausrichtung. Aspekte aus Neurophysiologie, Anthropologie, Psychologie und Soziologie wurden im Lichte früher Computertechnologien zu einem Konzeptgewebe verknüpft, das sich um Begriffe wie Kommunikation, Information, System oder Feedback wickelte und ihnen eine funktionalistische Klangfarbe verlieh. Im Schatten der wissenschaftspolitischen Ideologisierung des Zweiten Weltkrieges wurde das Zusammenführen fachübergreifender Denkweisen zu einem Kriterium erfolgreicher Wissensproduktion erhoben. Zu den 10

Teilnehmern dieses elitären und ebenso illustren Wissenschaftszirkels zählten neben Vertretern aus eher mathematisch-orientierten Disziplinen, etwa dem Neurophysio­logen Warren McCulloch, dem Physiker Heinz von Foerster oder dem ­Mathematiker John von Neumann, auch die Anthropologen Gregory Bateson und Margaret Mead sowie der Psychologe Kurt Lewin. Auch Norbert Wiener, ein bereits seit seiner Jugend als überdurchschnittlich intelligent geltender amerikanischer Mathematiker, der bei Bertrand Russel in Cambridge und bei David Hilbert in Göttingen studiert hatte, war ein Macy-Teilnehmer der ersten Stunde. Mit seinem 1948 veröffentlichten Buch Kybernetik. Rege­lung und Nachrichtenübertragung im Lebe­ aschine10 legte Wiener eine Zusammenfassung seiner wesen und in der M Forschungs­ergebnisse der letzten zehn Jahre vor. Diese bewegten sich zwischen mathematischer, nachrichtentechnischer und neurowissenschaft­l icher Grundlagenforschung einerseits und konkreten – doch erfolg­losen – kriegswissenschaftlichen Anwendungen andererseits. Hinter dem von Wiener aus dem Altgriechischen übernommenen und neu akzentuierten Begriff „Kybernetik“11 verbirgt sich sein Versuch, „gemeinsame Elemente in der Funktionsweise automa­t ischer Maschinen und des menschlichen Nervensystems aufzufinden und eine Theorie zu entwickeln, die den ganzen Bereich von Steuerung und Kommunikation in Maschinen und lebenden Organismen abdeckt“.12 Unter dem Vorzeichen von Steuerung, Regelung und Rückkopplung standen statt individueller und spezifischer Merkmale nun abstrakte Regelungsprozesse, Systemeigenschaften und Funktionsmechanismen im Vordergrund. Zweitrangig wurde die Fragestellung, ob es sich um biologische Organismen, maschi­nelle Automationsabläufe oder menschliche Wahrnehmung handelte. Wieners Buch machte Epoche. Es wurde zu einem „wissenschaftlichen Bestseller“13. Wiener erhob darin Kommunikation und Kontrolle zu einem allgemeingültigen Systemprinzip, ganz gleich ob auf der Ebene von Menschen oder Maschinen. Im Untertitel – Kybernetik und Gesellschaft – seines zweiten, nur wenige Jahre später publizierten Buches Mensch und Menschmaschine ließ Wiener hingegen unmissverständlich werden, in welchem Maß er seiner Theorie auch eine soziale Relevanz zusprechen wollte, die weit 11

Buchcover, Norbert Wiener: Cyber­netics. Or Control and ­Communication in the Ani­ mal and the Machine (1948), 2. Auflage, New York/London 1961.

über die Grenzen von Mathematik und Technologie hinausging. „Der Leitgedanke […] ist, dass Gesellschaft nur durch das Studium der Nachrichten und der zugehörigen Kommunikationsmöglichkeiten verstanden werden kann […]“,14 erklärte Wiener. Damit wurde offensichtlich, dass die Kybernetik für ihn nicht nur eine naturwissenschaftliche, sondern auch eine gesellschaftstheoretische Deutungshoheit anstreben sollte. Als allgemeines Erklärungsmodell trat die Kybernetik in erster Linie also nicht mit der definitorischen Geschlossenheit einer akademischen Disziplin auf, sondern mit dem weitaus anspruchsvolleren Gestus einer Epistemologie. „Kyber­netik“ ist als ein 12

heterogenes „Konvolut von Model­len, Denkfiguren und Begriffen“ zu verstehen, das „eine andere Ordnung des Wissens der Wissenschaften [implizierte], die sich im Zeichen dieser neuen Epistemologie zu einer kritischen und produktiven Revision ihrer Konzepte und Grundlagen herausgefordert sahen.“15 Die Produktivität der Neuordnungsprozesse ging zu einem großen Teil auf die begriffliche Unschärfe in diesem Konvolut zurück. Denn obwohl mit Wieners zuvor zitierter Beschreibung etwas vorlag, das als eine Gründungsdefinition der Kybernetik gelten kann, entstanden in den darauffolgenden Jahren eine Vielzahl von Begriffsmodifikationen, die im Licht einzelner, oftmals nationaler Wissenschaftstraditionen betrachtet werden müssen. „Kybernetik“ fungierte als ein „Stimuluswort, das moderne Intellektuelle oder sozialkritische Intelligenz dazu herausfordert, bestimmte Gedanken zur Gesellschaft zu äußern […]“.16 Die Kyber­netik wird in der vorliegenden Arbeit daher als ein historisches Gefüge begriffen, das zwar vorwiegend unter dem von Wiener geprägten Begriff auftrat, hinter dem sich jedoch ein heterogenes, in sich verzweigtes und produktives Bedeutungsspektrum unterschiedlich akzentuierter Denkmodelle verbarg. In dieser Hinsicht, war Kybernetik gewissermaßen ein interna­t io­nales Phänomen. Wieners Prinzip der Kommunikation und Kontrolle wurde – etwa in der Sowjetunion und der damaligen DDR – anfangs als Produkt des Klassenfeindes getadelt, später dagegen in den Dienst von Sozialismus und Marxismus gestellt und in dieser Funktion zu einem die gesamte Gesellschaft kontrollierenden Staatsregulator umgewandelt.17 In England wurde die Vorstellung von Kybernetik gleich von drei Wissenschaftlern geprägt: dem Psychiater W. Ross Ashby, der mit Design for a Brain (1952) und Intro­duction to Cybernetics (1956) zwei Schlüsselwerke für die Wissenschaften selbstorganisierender Systeme verfasste; dem Psychologen Gordon Pask, der – wie im Kapitel „Swinging Cybernetics“ beschrieben wird – maßgeblich an der Konzeption des von Cedric Price entworfenen „Fun Palace“ beteiligt war; und dem Psychologen Stafford Beer, der neben seinen bis heute zitierten Managementtheorien zu Beginn der 1970er Jahre auch ein kyber­netisches Regierungsmodell für das sozialistische Chile unter Präsident Allende erarbeitete.18 Im Vergleich zu Ashby und Beer hatte Pask mit seiner experimentellen und in 13

mancher Hinsicht verspielten Auslegung der Kybernetik den größten Einfluss auf die britische Architektur. Mit seiner Vorstellung von einer interaktiven Technologie lieferte Pask der 1967 von Nicholas Negroponte gegründeten Architecture Machine Group, dem späteren MIT Media Lab, entscheidende konzeptionelle Bausteine für das Vorhaben, dem entwerfenden Architekten den Computer als eine intelligente Planungsmaschine gegenüberzustellen und ihn auf diese Weise in seiner Funktion als alleiniger Entscheidungsträger zu schwächen. Dahinter stand, verkürzt gesagt, die Auffassung, den Mensch als „User“ von Technologie und Wissenschaft zu begreifen und ihm eine größtmögliche Entscheidungs- und Handlungsfreiheit gegenüber technischen Dingen, Objekten und Instrumenten zu verleihen. Im Vordergrund standen Fragen der Praxis. Architektur sollte nicht streng verwissenschaftlicht, sondern durch die Verfügbarkeit von neuen Werkzeugen in einem technisch abgesicherten Möglichkeitsraum immer wieder durchgespielt werden können – eine Vorstellung, deren Kerngedanken sich, wenn auch unter einem anderen Vorzeichen sogar in den von Buckminster Fuller inspirierten Konzepten der kalifornischen Gegenbewegung und ihrem Handbuch für alternativen Lebensstil, dem Whole Earth Catalog zu finden sind.19 Die westdeutsche Kybernetik stand in vielerlei Hinsicht in Kontrast zum amerikanischen Ansatz. Während man in Amerika mit dem Bau von Großrechnern und der Entwicklung von massentauglichen Benutzeroberflächen beschäftigt war, begann man im Nachkriegsdeutschland über kybernetische Konzepte von Kunst, Ästhetik und Pädagogik zu theoretisieren. Der Stuttgarter Philosoph Max Bense übernahm schnell das intellektuelle Kommando. Er wurde zur zentralen Figur einer mit Konzepten aus Kybernetik, Informationstheorie und Semiotik argumentierenden Gegenkultur, die sich von der als monoton wahrgenommenen deutschen Nachkriegszeit distanzierte. Bense entwarf das großangelegte phi­lo­sophische Programm des sogenannten „existentiellen Ratio­na­l is­mus“, dessen Grundsätze besonders in den kargen Räumen der Hochschule für Gestaltung Ulm auf 14

Buchcover, links: Norbert Wiener: Kybernetik. Regelung und Nachrichtenübertragung in Lebewesen und Maschine, 1968; mitte: Max Bense: Einführung in die informa­tionstheoretische Ästhetik, 1969; rechts: Jürgen Claus: Expansion der Kunst. Action, Environment, Kybernetik, Technik, Urbanistik, Reinbeck bei Hamburg 1970.

große Resonanz stießen. Bemüht, angehende Designer und Architekten auf eine ­vermeintlich von Automation und Kybernetik bestimmte technische Welt vorzubereiten, spielte Bense dort besonders für die philosophische Fundierung der Lehrpläne eine bedeutende Rolle. Wieners Kybernetik wurde auf diese Weise zu einem Grundbaustein des institu­t ionellen Selbstverständnisses der Hochschule erhoben. Durch unterschiedliche wissenschaftliche Forschungseinrichtungen wurde die Kybernetik zu einem vielbeachteten Projekt auf einem gesellschaftlichen und politischen Spielfeld.20 Gleichzeitig sprach man seit den späten 1960er Jahren immer öfter offen von einer Krise in der universitären Ausbildung der Architekten. Die vermeintliche Praxistauglichkeit von verwissenschaftlichten Denkmodellen rückte ins Zentrum der anschwellenden hochschulpolitischen Debatten. Industrie und Wirtschaft forderten eine immer stärker rationalisierbare Ausbildung. In diesen Unruhen ergab sich für die Kybernetik kurzzeitig die Chance, aus dem Chaos an den Hochschulen als wissenschaftliche Leitideologie hervorzugehen und sich auf diesem Weg an den 15

Universitäten zu institutionalisieren. Besonders an den Architekturfakultäten der Technischen Hochschulen herrschte der Eindruck, dem Fortschritt hinterherzuhinken. In Methodik und Reflexion befinde sich die Architektur, so wurde beispielsweise 1971 in einem Seminar in Zürich zum Thema „Hochschuldidaktik und politische Realität“ erklärt, in einem „unterentwickelten Zustand“21. „Hinter der Fassade eines noch hohen Sozialprestiges“ vermutete man einen „außerordentlich desolaten Zustand von Praxis und Ausbildung der Architektur und Planung“.22 Solche Formulierungen waren symptomatisch für die hochschulpolitische Umbruchstimmung, in der viele in ihrem Unmut über die mangelhafte Ausbildung an den Universitäten dem Reiz der Rationalisierung unterlagen. Die konzeptionellen Konturen der von den Protagonisten der sogenannten sozialkritischen Intelligenz eingeforderten Revisionsprojekte wurden häufig im gleißenden Licht von Technik- und Wissenschaftsgläubigkeit gezogen: „Die Architekten-Ausbildung müsse mobil werden, der Architekt seine Aufgaben neu definieren – oder der BaumeisterBeruf werde verschwinden, wie so viele andere Berufe verschwunden sind … wie Holzschuhmacher und Laternenanzünder.“23 Die Kybernetik versprach in den Reformbemühungen der Universitäten eine wichtige Lücke füllen zu können. In ihrem strengen Systemdenken vereinte sie entscheidende operative Attribute, die in den oftmals hitzig geführten Debatten um das Bildungswesen immer wieder gefordert wurden: effiziente Organisation und Kontrolle auf der einen sowie methodische Integration und Interdisziplinarität auf der anderen Seite.24 Natürlich gab es vehemente Kritiker dieser Entwicklungen. Viele wehrten sich gegen die Vorstellung, auf einer von Wissenschaft und Technologie ausgeleuchteten akademischen Bühne von der Industrie in ein geregeltes Korsett der Effektivität gepresst zu werden. Trotz ihres universalwissenschaftlichen Anspruchs schien die Kybernetik vielen dennoch zunächst plausibel. Nur wenige Jahre nach dem Züricher Seminar zur Hochschuldidaktik sollte etwa eine Gastprofessur für Kybernetik die Architekturfakultät der ETH davor bewahren, dass – wie eingangs zitiert – zukünftige Architekten und Urbanisten in ihrer Ausbildung den Anschluss an den technisch-wissenschaftlichen Fortschritt verpassten. Dem „Kybernetiker“ wurde dabei die Rolle eines 16

Spezialisten zugesprochen, dessen Arbeit man zwar nicht gänzlich verstand, von dem man aber überzeugt war, ihn für die Lösung zukünftiger Fragestellungen zu brauchen. In einer als zunehmend komplexer empfundenen Welt, trug er – zumindest für einen kurzen Augenblick – das technisch-wissenschaftliche Gewand der Hoffnung. An der ETH war „Kybernetik für Architekten“ Bestandteil eines Unterrichtsschwerpunktes, dessen Seminare und Vorlesungsreihen unter programmatischen, häufig sehr ähnlich klingenden Titeln wie etwa „Systemdenken“ und „Systemtechnik“ standen. Architekturstudenten sollten darin mit der Vorstellung vertraut gemacht werden, dass sich Aufgaben in der Architektur „durch Eigenschaften charakterisieren [lassen], die mit kybernetischen Kategorien darstellbar und deren Gesetzmäßigkeiten mit kybernetischen Methoden untersuchbar sind“.25 Bevor jedoch den Seminarteilnehmern Einblick in die Grundlagen der Kybernetik gegeben wurde, sollte ihnen veranschaulicht werden, auf welcher Stufe sich das kybernetische und das architektonische Denken berührten. Dazu bediente man sich einer schematischen und bis heute populären Unterscheidung: Man teilte die Architektur in zwei Gravitationsfelder, von denen man dem ersten sogenannte humanistische und künstlerische, dem zweiten eher technisch-wissenschaftliche Fragestellungen zuordnete. Der Blick der Kybernetik, so ließ man die Studenten an dieser Stelle wissen, richte sich jedoch weder nur auf den einen, noch ausschließlich auf den anderen Teilbereich. Vielmehr erfasse die Kybernetik das gesamte Feld der Architektur und spreche auf diese Weise das „Interdisziplinäre, das Allumfassende, das im Systemdenken des Architekten ohnehin da ist“26 an. Die Annahme, die Kybernetik ziele auf einen Aspekt des archi­t ektonischen Denkens, der dort „ohnehin“ vorhanden sei, verdeutlicht die Absicht der Kybernetik, den Status einer ganzheitlich argumentierenden, jedoch exakt operierenden Wissenschaft zu beanspruchen. Einige Studenten mögen sich gefragt haben, worin die Notwen­d igkeit gesehen werde, sich als Architekt mit den strengen Denkmodellen der Kybernetik zu beschäftigen. Ein Hinweis dazu findet sich in der Vorbemerkung des Seminarskripts. Dort ist zu lesen: „Da die vom Planer zu untersuchenden bzw. zu beeinflussenden Sachverhalte in der Regel eine Beziehungsmannigfaltigkeit 17

aufweisen, die für den Einzelnen nicht mehr überschaubar ist, da planerische Aufgaben infolge ihrer Vielschichtigkeit und Weitläufigkeit nicht nur von einzelnen Fachdisziplinen aus bewältigt werden können, versuchen wir, das begriffliche und methodische Instrumentarium von Denk-, Arbeits- und Forschungsmethoden mit ausgesprochen interdisziplinärem Charakter vorzustellen, ihre Anwendbarkeit vorzuführen und an konkreten Beispielen zu üben.“27 Einen exemplarischen Eindruck davon, wie dieser Versuch aussah, erhält man, wenn man durch die Übungen der einzelnen Seminare blättert. Seitenweise stößt man darin auf mathematische Formeln und technische Schaltpläne. Aus einem Gewirr von endlosen Feedback-Schlaufen treten die Konturen von kybernetisch dargestellten Planungsprozessen hervor, und man muss schon genau hinschauen, um zu erkennen, dass es sich nicht um die Aufzeichnungen aus einem Seminar über Elektrotechnik handelt. Die Komplexität der Prozesse, die in einem kybernetischen Modell abgebildet werden sollten, variierte. Beispielsweise bestand eine Aufgabe für die Architekturstudenten darin, ein optimal funktionierendes Infrastruktur- und Versorgungssystem für einen Messebetrieb zu entwickeln und auf der Grundlage des dazugehörigen kybernetischen Regelkreises ein architektonisches Raumprogramm zu entwerfen. Wesentlich spektakulärer war es dagegen, ein komplettes Planspiel zu entwickeln. In Anlehnung an die nur wenige Jahre zuvor veröffentlichte Studie Urban Dynamics28 des Systemtheoretikers Jay Wright Forrester, sollte eine Vielzahl von Rückkopplungsprozessen zu einem städteplanerischen Simulations­modell verknüpft werden. Bei der ersten Aufgabenstellung handelte es sich um einen Analyseprozess auf der Ebene eines Gebäudes, bei der zweiten um die Konzeption eines vielschichtigen Systems aus sozialen, ökonomischen und ökologischen Parametern, das in einem beinahe globalen Maßstab gedacht werden musste. Bei beiden Aufgaben entstand am Ende jeweils ein abstrakter Schaltplan, aus dem kaum ersichtlich wurde, worin die Besonderheiten und Eigenarten des ersten beziehungsweise des zweiten Lösungsansatzes bestanden. Die Unterschiede sowie auch jegliche Heterogenität wurden – und sollten dies auch – sowohl visuell als auch konzeptionell in einem technischen System aufgelöst. Was jeweils blieb, war der abstrakte Schaltplan eines allgemeinen Modells, das suggerierte, bis ins 18

Gesamtsystem der Regelung: Entwurf eines kybernetischen Schaltdiagramms zur Organisation des architektonischen Raum­programms eines Mensagebäudes, ­Studentenarbeit am Departement Architektur der ETH Zürich, 1974.

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Detail nachprüf bar zu sein. Wiener schuf – so die Grundannahme der vorliegenden Arbeit – daher nicht nur einen ganz bestimmten Blick auf die Gesellschaft, sondern auch einen neuen technowissenschaftlichen Blickwinkel auf die Architektur, durch den sich nicht zuletzt auch das architektonische Denken in Theorie und Praxis radikal veränderte. Das vorliegende Buch ist in sieben Kapitel gegliedert, die in keiner streng chronologischen Abfolge stehen, sondern vielmehr als Gravitationsfelder einer historisch neu akzentuierten und pointilistisch29 aufgebauten Epochenbeschreibung fungieren: Das erste Kapitel skizziert die Merkmale der kybernetischen Maschine und beleuchtet damit die Grundlagen des kybernetischen Denkens. Im zweiten Kapitel wird ein von Wiener inmitten des Kalten Krieges konzipiertes kybernetisches Stadtmodell vorgestellt, das als Verräumlichung der kybernetischen Maschine betrachtet wird und in diesem Sinne wenige Zeit später auch in Architektur und Städtebau zu finden ist, etwa in den Arbeiten der japanischen Metabolisten. Im dritten Kapitel werden Schnittstellen von Architektur, Indus­t riellem Bauen und Automation beleuchtet und in der Geschichte der Hochschule für Gestaltung Ulm kontextualisiert. Im vierten Kapitel wird Architektur im Hinblick auf den Versuch diskutiert, über die Kybernetik zu einer objektiven Ästhetik, der sogenannten Informationsästhetik zu gelangen. In der daran anknüpfenden Vorstellung, Architekturkritik soweit objektivieren und formalisieren zu können, dass sie automatisierbar wird, also von einem Computer berechnet werden könne, wird die methodische Enge des kybernetischen Denkens für die Architektur ganz besonders deutlich. Im Anschluss wird im fünften Kapitel nach dem Verhältnis von Architektur, Kybernetik und performativen Ästhetikkonzepten gefragt. Im Fokus steht diesmal nicht die westdeutsche Nachkriegszeit, sondern das Swinging London und die Anfänge der Pop Art. Dass es diesmal um einen handlungsorientierten und subjektiven Ästhetikbegriff geht, der im direkten Kontrast zu jenem der Informationsästhetik gelesen werden muss, verdeutlicht das breite Spektrum von architektonischen Aneignungsprozessen der Kybernetik. Daran schließt sich im sechsten Kapitel die grundsätzliche Frage an, wie der Computer – im Hinblick auf seine zunehmende Verbreitung in der Architektur – in der Praxis überhaupt bedient werden sollte: 20

über den unanschaulichen Programmcode oder über eine grafische Benutzeroberfläche. Hinter dieser, scheinbar trivialen Frage verbargen sich zwei kontrastierende Vorstellungen davon, wie das Zusammenspiel von Computer und Zeichnung in der archi­tektonischen Praxis gedacht werden sollte. Ob der Computer in erster Linie ein Rechenautomat oder eine Zeichenmaschine sei, wird mit Blick auf das aufstrebende Feld der künstlerischen Computergrafik diskutiert. Das Kapitel verdeutlicht auch anhand der ersten Architekturkonferenzen zum Thema Computer-Aided ­Design – etwa den Debatten während der Konferenz Architecture and the Computer von 1964, zu deren Teilnehmern u. a. Walter Gropius und Christopher Alexander zählten –, dass der Begriff des Werkzeugs für die Popularisierungsgeschichte des Computers in der Archi­tektur zwar eine zunehmend bedeutende, doch keineswegs unumstrittene Rolle zu spielen begann. Das siebte und letzte Kapitel schließt unmittelbar an die zuvor geführte Werkzeugdiskussion an, erweitert die Überlegungen über das Zusammenspiel von Mensch und Maschine allerdings um den Aspekt der Partizipation. In Mittelpunkt stehen kybernetische Antworten auf die allgemeine Frage, inwieweit der Computer zu einem Planungswerkzeug für zukünftige Bewohner eines Bauprojektes werden könne. Das Ziel, die starre Hierarchie im Planungsprozess zu Gunsten des Bewohners aufzubrechen und den Architekten in seiner Funktion als alleinigen Entscheidungsträger zu schwächen, erhielt im Lichte von Kybernetik und Informationstheorie eine zunehmend technische Klangfarbe. Damit war letztlich die Hoffnung verbunden, den architektonischen Entwurfs- und Planungsprozess durch den Computer gewissermaßen demokratisieren zu können. Folgt man Antoine Picons eingangs zitierte Annahme, die heutige Welt sei die Erbin jenes Universums, das in den 1950er und 1960er Jahren von der Kybernetik erschlossen wurde, so liegt ein Großteil dieses Erbes für die gegenwärtige architektonische Praxis darin, dass einzelne der von Norbert Wiener angelegten konzeptionellen Fluchtpunkte und Koordinaten zwar erhalten blieben, die Perspektiven sich im Laufe der Zeit jedoch verschoben haben. Heute, knapp 70 Jahre nach Wieners Kybernetik sitzen Architekten täglich vor Computerbildschirmen. Sie experimentieren mit neuartigen Algorithmen, entwickeln leistungsfähige Werkzeuge, diskutieren wieder über 21

die Automatisierung des Entwurfsprozesses und die Programmierung von Kommunikationsstrukturen. Die Epoche der Kybernetik wird im vorliegenden Buch daher als ein Januskopf gedeutet, dessen eines Gesicht den historischen Blick freigibt auf ein bislang vernachlässigtes Kapitel der Architekturgeschichte der Nachkriegszeit, dessen anderes Gesicht aber Züge aufweist, in ­denen erkennbar wird, dass eine kritische, architekturtheoretische Kontextualisierung kybernetischer Denkmodelle im Lichte einer zunehmend durch Informationstechnologien geregelten Architekturproduktion unumgänglich ist.

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Die Universalisierung der Maschine

Der Designtheoretiker Tomás Maldonado sah in ihr eine Grund­lage für eine verwissenschaftlichte Theorie des Entwerfens. Der A ­ rchitekt Yona Friedman übertrug ihre operative Funktionslogik auf den architektonischen Planungsprozess und beabsichtigte auf diese Weise, den Architekten in seiner traditionell dominanten Rolle als Entscheidungsträger zu schwächen. Und für den Architekten und Computerwissenschaftler Nicholas Negroponte stellte sie inmitten einer Welt aus interaktiven Rechen- und Zeichenautomaten die Basis für seine Theorie der „Architekturmaschinen“ dar. Die Rede ist von Norbert Wieners Maschinentheorie der Kybernetik und deren Besonderheit, nicht nur die Frage aufkommen zu lassen, wie der Begriff der Maschine für die Architektur neu bestimmt, sondern auch wie dieser selbst grundsätzlich neu gedacht werden kann. „Die Maschinen, von denen wir jetzt sprechen, sind nicht der Traum des Sensationslüsternen noch die Hoffnung irgendeiner zukünftigen Zeit“, erklärte Norbert Wiener am Ende des ersten Kapitels seines Buches Kybernetik.1 Technikgeschichtlich gese­hen, hatte er damit nicht ganz Unrecht, wenngleich sich seine ­Maschinenvorstellung auf elegante und ebenso radikale Weise jenem vertrauten Alltagsbild der Maschine entzog, das man von Darstellungen der industriellen Produktion oder dem Maschinenbau her kannte.2 Die bis dahin gültige Vertrautheit, die durch die Kybernetik gestört wurde, beruhte auf der allgemeinen Auffassung, dass es sich bei einer Maschine um ein technisches Objekt handele, das durch seine körperliche Abgeschlossenheit, seine Grundprinzipien aus Kraft und Energie sowie seine Zweckgerichtetheit genau bestimmt werden könne. Wiener sprach jedoch nicht von Energie, sondern von „Information“. Damit legte er das Fundament für eine Maschinenwelt, in der nicht die Mechanik des ­Gegenständlichen, sondern die mathematische Steuerung und vor allem die Selbststeuerung abstrakter Eingangs- und Zielgrößen als Kennzeichen einer Maschine betrachtet wurden. Darum bemüht, seine wissenschaftlichen Ansichten in einen größeren gesellschaftlichen und kulturellen 23

Zusammenhang einzubetten, stellte Wiener das junge mathematische Maschinenbild der Kybernetik populären tech­n ischen Epochenmetaphern an die Seite, wie etwa der Uhr für das 18. oder der Dampfmaschine für das 19. Jahrhundert.3 Und obgleich sich die Kybernetik zu diesem Zeitpunkt erst am Beginn ihrer k ­ urzlebigen Blütezeit befand, verlieh Wiener seinen Denkmodellen aus Rechenautomaten, Nervensystemen und Regelkreisen bereits einen epochalen Status. Selbstbewusst sprach er von der „Epoche der Kommunikation und Regelung“4. Es war die Verkündung eines Weltbildes, in dem das Leitbild der mechanischen Maschine durch das der kybernetischen Maschine abgelöst werden sollte.

Abstraktion Als Sigfried Giedion im November 1947 das Schlusskapitel seines umfangreichen Werkes Die Herrschaft der Mechanisierung 5 abschloss und damit einen Meilenstein zur Kulturgeschichte des Technischen schuf, konnte er nicht ahnen, dass zeitgleich, also ebenfalls im November desselben Jahres, auch Norbert Wiener die Arbeit an seinem Buch beenden sollte. Giedions Die Herrschaft der Mechanisierung wie auch Wieners Kybernetik wurden im nachfolgenden Jahr publiziert und man könnte beinahe geneigt sein, Letztere als einen, wenn auch mit unterschiedlichen Vorzeichen und als Ausblick formulierten, mathematischen Appendix zu Giedions historischen Maschinenerzählungen zu lesen. Das zeitliche Zusammenfallen dieser beiden Veröffentlichungen markiert einen Wendepunkt, der die Strukturen der zuvor genannten Erweiterung durch die kybernetische Maschinenvorstellung deutlich hervortreten lässt. Während Giedion die letzten Konturen eines auf Kraft und Energie basierenden Maschinenzeitalters zeichnete, entwarf Wiener das mathematische Fundament eines Spielfeldes aus Rechenautomaten, technischen Regelkreisen, Informations- und Kommunikationssystemen. In der Architektur lotete man dieses Spielfeld auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Absichten aus. Zunächst schien Wieners Maschinentheorie weder konzeptionelle noch technische Berührungspunkte mit der 24

Architektur aufzuweisen. Die kybernetische Maschine war keine Werkzeugmaschine mit einem spezifischen Anwendungsbereich, die in der Bauproduktion hätte gezielt eingesetzt werden können. Auch verkörperte sie kein ästhetisches Äußeres, keine prägnante Form oder eine bestimmte Materialität, auf welche man im architektonischen Entwurf metaphorisch hätte Bezug nehmen können. Umso erstaunlicher ist es, dass die kybernetische Maschine eine enorme Anziehungskraft auf Architekten ausübte. Mit dem von Wiener propagierten Wechsel von der Ressource der Energie zu jener der Information wurde dem Alltagsbegriff der Maschine zunächst nicht nur seine Körperhaftigkeit, sondern – und dies war für ihre architektonische und künstlerische Betrachtung fundamental – auch seine gegenständliche Bildhaftigkeit genommen.6 Dieser neue Abstraktionsgrad spiegelte sich in den Bildern und Repräsentationsarten der kybernetischen Maschine wider. Der Verlust des Bildlich-Gegenständlichen wurde zu einem Erkennungszeichen der Ikonographie der Kybernetik.7 Mensch und ­Maschine verschmolzen in der Bildsprache der Kyber­netik zu einem Funktionsdiagramm, bei dem es „gleichgültig ist, in welchem Substrat sich bestimmte Funktionen artikulieren.“8 In der Kybernetik stand eher die Konstruktion einer universellen Funktionslogik als die Betonung des Spezifischen und Konkreten im Vordergrund. Organismen konnten als kybernetische Maschinen und diese wiederum als Organismen betrachtet werden.9 Das damit verbundene Eindringen dieser reversiblen Maschinenlogik löste in weiten Zweigen der Humanwissenschaften inner- und interdisziplinäre Dynamiken aus. In der Wissenschaftslandschaft breitete sich eine „ontologische Unruhe“10 aus, die „in der Unschärfe oder Verwechselbarkeit dessen [bestand], was vorher noch unter dem Begriff des Menschen von Artefakten geschieden war.“11 Ein entschei­dender Satz aus Wieners Kybernetik dazu lautet: „Die neuere Unter­suchung der Automaten, ob aus Metall oder aus Fleisch, ist ein Zweig der Nachrichtentechnik, und ihre Hauptbegriffe sind jene der Nachricht […].“12 Mensch und Maschine wurden – ganz gleich von welcher Seite aus betrachtet – nicht mehr einander ange­g lichen, indem man die Maschine anthropomorphisierte oder den Menschen mechanisierte. Vielmehr wurden beide auf einen so hohen Abstraktionsgrad gehoben, dass sie zu operativen Be­standteilen eines gemeinsamen technischen Kommunikations­modells wurden. 25

Der menschliche Körper als Netzwerk und Struktur Konrad Wachsmann: Wendepunkt im Bauen (1959), Reprint, Dresden 1989, S. 87.

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Überlagerung von Neuron und Schaltplan Buchcover, Kybernetik. Brücke zwischen den Wissenschaften, hrsg. vom Helmar Frank, 5. Auflage, Frankfurt am Main, 1965.

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Maschinenarchitektur, „Konstruktive Vereinigung von Körper mit abgerundeten K ­ anten. Ruhiger statischer Zustand“ Jakow Tschernichow: Konstruktion der Architektur und Maschinenform (1931), Basel/Boston/Berlin, 1991, S. 136.

Konstruktion In der Architektur gab es vergleichbare Überlegungen. Konrad Wachsmanns vielfach abgedruckte Graphik beispielsweise, auf welcher sich der Blutkreislauf eines schematisch abgebildeten Menschen mit einem netzartigen Konstruktionsdiagramm aus miteinander verbundenen Knotenpunkten überlagert, illustriert ebenso poe­t isch wie plakativ die Bemühung um eine abstrakte Legierung aus Architektur, Natur und Maschine wie Kisho Kurokawas Konzept einer industriell vorfabrizierten Hochhausstruktur in Form einer gigantischen Doppelhelix.13 Sowohl Wachsmanns Diagramm als auch Kurokawas Architekturvision sind architektonisch-künstlerische Transformationen von wissenschaftlichen Bildern. ­Maschine und Natur wurden darin nicht als zwei getrennte Elemente gesehen, sondern über das sogenannte Prinzip der 28

Der architektonische Raum als Kommunikationsnetzwerk. Ottomar Gottschalk: Flexible Verwaltungsbauten, Quickborn 1968, S. 45.

Konstruktion verknüpft und metaphorisch zur Grundlage einer gemeinsamen technischen Dimension erklärt. Trotz dieser Abstrak­t ion war für die Architektur das kulturelle Deutungsspektrum einer Maschi­ne noch immer mit den ihr innewohnenden Funktio­nen, also ihren konkreten Anwendungsbereichen verknüpft. Eine M ­ aschine konkretisierte ihren kulturellen Sinn erst durch ihr Vorhandensein als technisches Arte­fakt für einen spezifischen Zweck und eine bestimmbare Funktion. Dafür lassen sich unzählige Beispiele in der Architektur des 20. Jahrhunderts finden. Der in diesem Zusammenhang verwendete Begriff der Konstruktion, vielfach rhetorisch aufgeladen mit Metaphern aus der Natur und Maschinenwelt, wurde für Architekten und Künstler gleichermaßen zu einer prominenten Argumentations- und 29

Legitimationsschablone, wenn es um die Kontextualisierung ihrer Entwurfskonzepte ging.14 In den Maschinenbildern des Architekten Jakow Tschernichow beispielsweise, publiziert 1931 in seinem Manifest Konstruktion der Architekturen und Maschinenformen15, sind überwiegend Rotationsgelenke dargestellt. Stark überdimensionierte und wuchtig wirkende Scharniere lassen die Schwere des Materials und die ungeheure Kraft der Maschinen fühlbar werden. „Im Charakter einer Maschine liegt die Notwendigkeit ihrer Bewegung schon begründet, weil eine Maschine ohne das Vorhandensein funktioneller Bewegung keine Maschine ist“,16 argumentierte Tschernichow und verdeutlichte, wie sehr für ihn der Begriff der Bewegung im Vordergrund stand. Doch was für die Bewegungsmechanik eines technischen Objekts gilt, kann nicht ohne Weiteres auf ein Gebäude übertragen werden. Obgleich die Form eines Gebäudes der Flüchtigkeit einer Bewegung einen bestimmten ästhetischen Ausdruck verleihen könne, blieb es für Tschernichow auf konstruktiver Ebene statisch und „monolithisch“17, ein Zustand, den er als „eingefrorene Bewegung“18 bezeichnete. Bei Tschernichow standen die rhythmischen Rotationsbewegungen von Maschinen im Vordergrund, wodurch er sich vom Geschwindigkeitsfetischismus der Futuristen unterschied. Die künstlerische Auseinandersetzung mit dieser Bewegung des Konstrukti­ aschine daraus hervorgehen könnte – ven sei notwendig, „weil sonst keine M auf jeden Fall keine vollkommene Maschine, deren Zweckbestimmung sich bewährt, d. h. die ihre Funktionen exakt erfüllt.“19 Eine solche, von Tschernichow geforderte Zweckgerichtetheit fehlte in der kybernetischen Maschinentheorie jedoch ebenso wie Materialität, Körperhaftigkeit oder gar eine prägnante äußere Form. Sind in Giedions umfangreicher Untersuchung Die Herrschaft der Mechanisierung unzählige technische Apparaturen und wissenschaftliche und künstlerische Bewegungsbilder abgedruckt,20 finden sich in Wieners Kybernetik mathematische Formeln und der Hinweis, mit diesen Formeln ließe sich die Physiologie eines Nervensystems ebenso beschreiben wie die Funktionslogik eines Automaten. Was war also, so ist von einem architektonischen Standpunkt aus zu fragen, die kybernetische Maschine eigentlich für eine Maschine?

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Verhalten Der Psychiater W. Ross Ashby, neben den beiden Psychologen Stafford Beer und Gordon Pask die prominenteste Figur der britischen Kybernetikbewegung, gab in seiner viel beachteten Einführung in die Kybernetik21 einen aufschlussreichen Hinweis zu dieser Frage. Ashby griff die von Wiener beschriebene Absicht auf, legte den Akzent jedoch auf einen bestimmten Aspekt des kybernetischen Maschinenbegriffs: „Schon so manches Buch erschien unter dem Titel Theorie der Maschinen, aber solche Bücher enthalten in der Regel Informationen über mechanische Belange, über Hebel und Zahnräder. Kybernetik ist nun ebenfalls eine Theorie der Maschinen; ihr geht es jedoch nicht um Gegenstände, sondern um Verhaltensweisen. Sie fragt nicht, Was ist dieses Ding?, sondern Was tut es?“22 Mit diesem Vergleich hob Ashby die behavioristischen Prinzipien der neuen Maschinentheorie hervor und berührte damit einen wesentlichen Gedanken in Wieners zuvor zitiertem Vorhaben: Die Vorstellung, ein operatives Maschinenmodell entwickeln zu können, das zwei Ebenen in sich vereint: einerseits die mathematische Beschreibung biologischer Verhaltensweisen, andererseits die Funktionslogik eines technisch implementierbaren Systems. Eine notwendige Bedingung für die Verknüpfung dieser beiden Ebenen bestand darin, die „Art der Materie“23 einer Maschine für „irrelevant“24 zu erklären. Dadurch ließ sich die Maschine als technisches Artefakt und dingliches Objekt auf lösen. An die Stelle der Mechanik trat das mathematische Modelldenken aus Feedbackschleifen. Das Kalkül für die darin enthaltene Rekursivität und die damit verbundene Möglichkeit des Vor- und Zurückgreifens einer bestimmten Operation galten als ein mathematischer Grundbaustein der Kybernetik.25 Der einst physische, zweckgerichtete und in seiner Darstellung gegenständlich gedachte Maschinenbegriff verwandelte sich durch die Kybernetik zu einem operativen, von einer bestimmten Funktion losgelösten Denkmodell oder auch einer symbolischen Maschine des Verhaltens. Ein anschauliches Beispiel dafür, wie die kybernetische Maschine in der Architektur transformiert wurde, findet sich in den Arbeiten des Team Quickborn. Dies war eine Planungsgruppe aus Designern und Organisationsberatern, 31

die Ende der 1950er Jahre mit dem Konzept der „Bürolandschaften“26 eines der innovativsten Arbeitsraumkonzepte der deutschen Nachkriegszeit schuf. Im Zentrum stand die Annahme, dass erst durch die „Denkmittel der unter dem Namen Kybernetik zusammengefassten Theorien“27 neue architektonische Konzepte entstehen könnten. Die Kybernetik wurde als eine Kombination aus Vergrößerungsglas und Röntgengerät interpretiert und man sprach davon, dass „das Wesen der Büroarbeit“ dank der Kybernetik „durchleuchtet“ werden könne. Durch die Kybernetik sei es möglich, „die Information, die Kommunikation, die Steuerung und Regelung von Prozessen aller Art mit mathematisch-naturwissenschaftlichen Methoden teils überhaupt sichtbar, teils messbar und auf jeden Fall überschaubarer zu machen.“ Die Planung von Verwaltungsbauten und Bürogebäuden ­stellte aus dieser architekturkybernetischen Sichtweise eine dankbare Entwurfsaufgabe dar. In ihr überlagerten sich gleich mehrere unterschiedliche Ebenen der Prozessregelung. Büroarbeit galt, ganz im Sinne Wieners, nicht nur als „Informationsverarbeitung im Menschen als Vorbereitung einer Handlung“, sondern auch immer in einem „soziologischen System, das als Gruppe, Abteilung, Firma, Volks- oder Weltwirtschaft bezeichnet werden kann“.28 Diese komplexe Verschachtelung von Kommunikationsstrukturen wurde dadurch gesteigert, dass man die zu dieser Zeit erhöhte verwaltungstechnische Nutzung durch die sogenannte Elektronische Datenverarbeitung (EDV ) mit in das Modell einbezog. Der Aspekt der Informationsverarbeitung konnte von den sozialen Prozessen innerhalb des Gebäudes über die Mensch-Maschine-Schnittstelle auch auf die Maschine selbst ausgeweitet werden. Ein Büro­gebäude konnte somit wie ein riesiges informationsverarbeitendes System behandelt werden, eine Konstruktion, die mit Blick auf Pierre Bertrauxs Buch Mutation der Menschheit29 als „Symbiose zwischen Mensch, Maschine und Methode“30 bezeichnet wurde. Die ­Kybernetik versprach, alle in einem Gebäude zirkulierenden Prozesse nicht nur sichtbar und kontrollierbar werden zu lassen, sondern, mit Blick auf Niklas Luhmann, mithilfe von Kommunikationsstrukturen in einem allgemeinen Modell zu erklären. Der Architekt wird darin zum Organisator der exakten Kommunikation. In einer solchen Welt war der architektonische Begriff des Maßstabs nicht weiter relevant. Unter einem 32

„soziologischen System“ konnte eine kleine Gruppe, eine Firma, aber auch die gesamte Volkswirtschaft eines Landes verstanden werden. In dem kyber­ netischen Begriff der Kommunikation verbarg sich also ein für die Architektur wichtiger Schlüssel, ein Werkzeug, mit dem man jeden dieser oben genannten Prozesse öffnen und seine innere Struktur in Form von Schaltbildern und Funktionsdiagrammen zu seinem eigenen operativen Modell werden lassen konnte.

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Stadtplan und Fluchtplan

Hiroshima ist ein dunkles Kapitel der amerikanischen Politik, Wissenschaft und Technologie des 20. Jahrhunderts und kann zugleich als frühester Berührungspunkt in der Wechselbeziehung von Kybernetik und Stadtplanung angesehen werden. Als die japa­n ische Regierung den jungen Kenzo Tange im Herbst des Jahres 1946 dazu einlud, die Hafenstadt Hiroshima im Südwesten des Landes zu besichtigen, blickte er auf eine Stadt, die keine mehr war. Am Morgen des 6. August 1945 hatte die amerikanische Regierung eine Atombombe auf die Stadt und ihre über 250 000 Einwohner abwerfen lassen. Die Wirkung sollte möglichst groß sein, man wollte einen besonders hohen Grad an Zerstörung erreichen. Die Explosion erfolgte in einem halben Kilometer Höhe, direkt über der zu diesem Zeitpunkt stark belebten Innenstadt. Das gleißende Licht, die ungeheure Druckwelle, der anschließende radioaktive Wind – die Bombe traf die Stadt mit unvorstellbarer Wucht und riss alles in einem Umkreis von mehreren Kilometern nieder. Luftfotos, die aus dem hinteren Heck des Flugzeugs gemacht wurden, das die tonnenschwere Bombe über der Stadt ausgeklinkt hatte, zeigen eine gespenstisch wirkende leere Fläche, dort, wo kurz zuvor noch ganze Stadtviertel ­ xplosion baute sich schließlich jestanden.1 Knapp eine Minute nach der E nes apokalyptische Wolkengebilde auf, dessen Bilder sich tief in das mediale Gedächtnis einer ganzen Generation einbrennen sollten. Im Hinblick auf die nicht mehr zu kontrollierenden Folgen der Atomtechnologie, sprach der Philosoph Günther Anders in seinen beiden Bänden Die Anti­quiertheit des Menschen2 von der selbstzerstörerischen dritten industriellen Revolution.3 Anders ging von der Annahme aus, dass das Gefälle zwischen dem Menschen und seinen Werkzeugen aufgrund der technischen Entwicklungen immer größer werde. N ­ eben der immer perfekter, virtuoser und mächtiger werdenden Welt der Technik erscheine der Mensch als eine überholte und zunehmend antiquierte Daseinsform. Die Entwicklung und der Einsatz der Atombombe lieferte für Anders den endgültigen Beweis dafür, dass der Mensch 34

Die nukleare Apokalypse Titelbild der Zeitschrift Arts & Architecture, Dezember, 1946.

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die Technik, die er entwickelt und mit der er sich umgibt, nicht mehr unter Kontrolle hat.

Norbert Wiener und die Atombombe Die Bilder aus Hiroshima und Nagasaki schockierten auch Norbert Wiener. Unmittelbar nach dem Bekanntwerden des unvorstellbaren Ausmaßes der Zerstörung beschloss er, seine bis dahin militärisch bestimmten Forschungsziele mit einem pazifistischen Vorzeichen zu versehen. In seiner Biographie widmete er diesem Wandlungsmoment ein ganzes Kapitel.4 Es sei, so stellte Wiener darin angesichts der scheinbar unkontrollierbaren Kraft der Bombe fest, das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass die technische „Vernichtungskraft“5 den menschlichen „Vernichtungswillen“6 eingeholt habe – und man könnte im Sinne Anders’ wohl durchaus ergänzen: sogar überholt hat. 1950, im gleichen Jahr, in dem Tange mit den Bauarbeiten für die Gedenkstätte „Peace Centre in Hiroshima“ begann, veröffentlichte Wiener nicht nur sein zweites Buch Mensch und Menschmaschine, sondern auch einen Artikel, der in der Dezember-Ausgabe des populären Magazins Life abgedruckt wurde. Der programmatische Titel des Artikels lautete: „How U. S. Cities Can Prepare for Atomic War“.7 Wiener skiz­zierte darin die Grundlagen für ein technisches Funktions­modell einer Stadt, das – und deshalb ist sein Entwurf eine Besonderheit sowohl für die Geschichte der Kybernetik als auch für die der Archi­tektur und Stadtplanung – in seiner Logik eine urbane Kommunikations­maschine war.8 Amerika befand sich Mitte der 1950er Jahre in einer Zeit nationaler Unsicherheit: Einerseits dauerte das Trauma von Hiroshima und Nagasaki noch immer an, andererseits war die bedrohlicher werdende Surrealität des Kalten Krieges und das damit verbundene Wettrüsten in vollem Gang. Ein Jahr bevor Wiener seinen Artikel veröffentlichte, hatte die Sowjetunion durch einen erfolgreichen Atomtest bewiesen, dass sie technisch in der Lage war, die atomare Vormachtstellung Amerikas zu beenden. Genau darin lag auch die historische Besonderheit des wissenschaftlichen Diskurszusammenhangs, in dem sich 36

Bild der überfüllten New Yorker Innenstadt „How U.S. Cities can prepare for Atomic War“, in: Life, 18. Dez. 1950, S. 76–77.

Wiener damals bewegte. Es war ein teilweise kontrovers geführter und von der persönlichen Angst einzelner Wissenschaftler, zumeist Physiker, durchdrungener Diskurs. Wirft man einen Blick in die Ausgaben des angesehenen Wissenschaftsmagazins Bulletin of Atomic Scientists, so überwog darin die Meinung, dass eine aktive, beispielsweise aus einer gezielten Rake­tenabwehr bestehende Verteidigungsstrategie für amerikanische Städte bei einem sowjetischen Atombombenabwurf nicht adäquat sein würde.9 Auch für die amerikanische Öffentlichkeit hatten sich die Bilder der japanischen Tragödie längst zu einem politischen Bumerang verwandelt. Offen fragte man sich, ob, und wenn ja, in welchem Ausmaß amerikanische Städte durch sowjetische Atombomben getroffen werden könnten und welche Maßnahmen man im Fall eines Angriffs treffen sollte. Wiener lehnte die Vorstellung eines erneuten Aufrüstens 37

Norbert Wieners Entwurf eines urbanen Zivilverteidigungskonzepts für eine amerikanische Stadt (1950) „How U.S. Cities can prepare for Atomic War“, in: Life, 18. Dez. 1950, S. 78–79.

strikt ab, nicht nur aus Gründen der Machbarkeit. Er hielt die gesamte Situation des Wettrüstens für ein gefährliches Unternehmen, in der jegliches weitere Aufrüsten unkontrollierbare Folgen für die Existenz des Menschen haben würde: „There is no end to this vast apocalyptic spiral“.10 Wiener beschrieb ein Gesicht des technischen Fortschritts, das auch Anders wenige Jahre später dazu bringen sollte, dem Menschen aufgrund seiner Unfähigkeit, eben jene Kehrseite mitzudenken, „Apokalypsen-Blindheit“11 zu attestieren. Später kritisierte Wiener, „we are the slaves to our technical improvement“ und fügte hinzu, „[we] have modified our environment so radically that we must now modify ourselves in order to exist in this new environment.“12 Die Betonung lag für Wiener also besonders auf dem Prozess einer existenziellen Modifikation des Selbst. Aus einer räumlichen Perspektive betrachtet, ging es um einen 38

Titelbilder des Bulletin of the Atomic Scientists mit der prägnanten „doomsday clock“, Ausgaben vom Mai 1948 und März 1950 Bulletin of the Atomic Scientists, Chicago, Illinois, Mai 1948, Vol. 4, / März 1950, Vol. 6.

städteplanerischen Entwurf als defensive Schutzmaßnahme im Fall eines atomaren Krieges. Im Zentrum stand für ihn die Frage: „What if the target for the bomb had been an American city?“13 Genau hier setzte Wieners Artikel an. Gemeinsam mit seinen beiden Mitautoren, dem Politikwissenschaftler Karl Deutsch und dem Philosophen Giorgio de Santillana, schlug Wiener die räum­l iche Dezentralisierung amerikanischer Städte vor. Nach seinem ursprünglich für einen kleinen Fachkreis bestimmte Buch Kybernetik versuchte er nun seine kybernetische Weltsicht nicht nur zu popu­larisieren, sondern im Sinne eines humanitären Programms auch gezielt in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Dazu kam der Umstand, dass die Idee, urbane Dezentralisierung als eine passive Verteidigungsstrategie zu betrachten, Konjunktur hatte. Wenige Jahre nach Veröffentlichung 39

Entwurf von dezentralen Stadtstrukturen Ludwig Hilberseimer: The Nature of Cities, Chicago, 1955, S. 267.

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von Wieners Artikel sollte beispielsweise der Architekt, Stadtplaner und ehemalige Bauhaus-Lehrer Ludwig Hilberseimer in seiner Stadtstudie The Nature of City diag­nostizieren: „Decentralization already exists as a trend, not to say as an established fact. It is gaining more and more momentum, especially now that the trend is reinforced by the new concept of defense and security. Defense necessity forced the concentration of cities of the past; defence necessity may force the dispersal of the present city. Incredible as it may seem, we may be on the way to ­realizing our human aims in an effort to save ourselves from military destruction! It is strange, but true, that the very development which would solve some of our greatest social problems – decentralization, diversification of production, the creation of self-substaining regions – are also the developments required by defence necessity in this Atomic Age.“14

Die Stadt als Gehirn Hilberseimer, bekannt durch seine durchrationalisierten Ansätze in Architektur und Städtebau, hielt das Konzept der Dezentralisierung für die einzig mögliche Antwort auf die Frage, wie man sich gegen die verheerende Wirkung einer Bombe schützen könne. Neben unzähligen dezentral aufgebauten Stadtmodellen, entwickelte er eine Reihe von „wind diagrams“15, mittels derer man graphisch berechnen konnte, wie weit sich der radioaktive Wind um die Abwurfstelle ausbreiten würde. Das Bulletin of the Atomic Scientists, auf das sich auch Hilberseimer in seinem Kapitel über die Dezentralisierung bezog, veröffentlichte im August 1950, also drei Monate bevor Wieners Artikel erscheinen sollte, eine Sondernummer, in der es um räumliche Verteidigungsstrategien im Falle eines Atombombenabwurfs ging. Der Herausgeber des Magazins erklärte, dass es angesichts der offenkundigen Bedrohung notwendig sei, einen „master plan, analogous to the industrial mobilization for war emergency“16 zu entwickeln. Es ging ihm also hauptsächlich um die Erhaltung der urbanen Verkehrs- und Infrastruktur einer Stadt.17 Man mag darüber spekulieren, ob Wiener den Arti­kel gelesen hat oder ob er später auf Hilberseimers Diagramme und Berechnungen aufmerksam wurde. Fest steht 41

jedoch, dass er tatsächlich einen „master plan“ für amerikanische Städte entwarf. Dieser ging in seiner Konzeption über die üblichen Vorstellungen von urbaner Dezentralisierung hinaus und kann als eine Verräumlichung der kybernetischen Maschine interpretiert werden kann. Wiener schlug ein Stadtkonzept vor, das er auf den Namen „defense-by-communication“ taufte. Darunter verstand er die räum­l iche Modifikation einer zentralen amerikanischen Großstadt, wie etwa New York City oder Boston. Zusätzlich zu der existierenden Infrastruktur sollte eine zweite angelegt werden. Diese von Wiener als „life belts“ bezeichnete Struktur bestand aus einem Transportnetz in Form von kreisförmigen, untereinander verknüpften Versorgungsgürteln, die sich wie riesige Rettungsringe um die Stadt legen sollten. Wiener sah eine doppelte Funktion dieser Ringe vor: Zum einen sollten sie im Falle eines Bombenabwurfs alle lebensnotwendigen Transport- und Verkehrssysteme sichern und weiterhin funktionsfähig halten. Zum anderen sollten sie der Bevölkerung ein weit verzweigtes Netz von Fluchtwegen von der unmittelbaren Nähe der Einschlagstelle ermöglichen. Der Schaden, den es zu vermeiden ging, würde nicht nur direkt durch die Sprengkraft der Bombe entstehen, sondern auch als indirekte Folge, also durch die anschließend einsetzende Panik in der Bevölkerung und das Zusammenbrechen jeglicher Informationsund Kommunikationssysteme. Wie eine große kreisrunde Schablone, die man über die Innenstädte aller wichtigen Großstädte legt, sollte nach Wiener ein landesweites dezentrales Infrastrukturnetz von ausreichender funktionaler Stabilität aufgebaut werden. Dadurch würde die punktuelle Zerstörung der Stadt infolge eines Bombenabwurfs räumlich aufgefangen werden. Kommunikation war zu einem Äquivalent von Mobilität geworden. Aus Sicht der Geschichte des Städtebaus ist Wieners Ansatz, die Struktur einer Stadt überwiegend über die Ebene ihres Verkehrssystems zu definieren, zunächst nichts Neues. In Bezug auf die geometrische Form der Gestaltung fügt sich Wieners Konzept beinahe nahtlos in die bis zur Renaissance zurückreichende Geschichte der konzentrisch organisierten Idealstädte ein.18 Die formale Analogie zu Tommaso Campanellas sogenanntem „Sonnenstaat“ beispielsweise, eine der vielleicht berühmtesten Staatsutopien des 17. Jahrhunderts, drängt sich geradewegs auf. Ebenso könnte Thomas Morus bereits 42

im 16. Jahrhundert verfasster Dialog Utopia Pate gestanden haben für die Frage nach der Struktur einer idealen Gesellschaft. Doch würden solche literarischen Herleitungen die Brutalität der düsteren Kriegskulisse ignorieren, der Wieners kybernetische Stadtmaschine entsprang. Im Sinne von „defenseby-communication“ lässt sich sein Modell als abstrakte Festungsstadt im Zeitalter der Kommunikation interpretieren. Wieners Entwurf unterscheidet sich konzeptionell durch zwei wesentliche Aspekte von anderen dezentralisierten Stadtmodellen, die – wie bereits bei Hilberseimer erwähnt – Anfang der 1950er Jahre ein weit verbreitetes Thema in stadtplanerischen und wissenschaftlichen Diskursen waren: Erstens sprach er nicht von der Neugründung ganzer Städte, sondern verstand seinen Vorschlag ledig­lich als eine Ergänzung zu bereits bestehenden Stadtstrukturen, in seinen Worten: „Let us reorganize our cities where they stand.“19 Er besetzte damit eine Position, die zwischen den Konzepten von geplanten und gewachsenen Stadtmodellen liegt. Und zweitens ging er in seiner Argumentation über die Ebene der Geometrie oder Topographie hinaus und betrachtete das Stadtmodell auch unter nachrichtentechnischen Kriterien. Es ging also um die Regelung und Kontrolle von Information im Raum. Eine Stadt funktio­­nierte für Wiener wie eine kybernetische Maschine. Deren Kennzeichen waren einerseits, die mathematische Beschreibung biologischer Verhaltensweisen und die Funktionslogik eines technisch implementierbaren Systems in sich zu vereinen, und damit andererseits, die Materialität20 der Maschine für irrelevant21 zu erklären. Wie sehr Wiener dem kybernetischen Denken und der damit verbundenen Universalität des Maschinendenkens auch in Fragen der Stadtplanung verhaftet war, zeigt sich darin, dass er die Stadt als ein technisches System entwarf, dieses jedoch in Analogie zu einem natürlichen System, genauer gesagt dem Gehirn, beschrieb: „We have conceived the city as a net of communication and of traffic. The danger of blocked communication in a city subject to emergency conditions is closely analogous to the danger of blocked communication in the human body. […] when an artery in the brain is blocked, the part of the brain which it feeds dies, and we have an apoplectic stroke; minor disasters may be our salvation under the blast of an atomic bomb; they cause us to improve 43

our channels of traffic, and in fact, to produce the extra channels to save us when the day of reckoning comes.“22 Die Stadt als Maschine und als Gehirn – so lautete der konzeptionelle Dreiklang von Wieners abstrakter Metaphorik. Doch es ist bemerkenswert, dass Wiener in seiner Stadtanalogie weder die neuronale Komplexität des Gehirns noch seine strukturelle Anpassungsfähigkeit an wechselnde Umwelten als Beispiele heran­zog. Man könnte annehmen, ihm waren diese Aspekte zu sehr mit einem gegenständlichen und körperhaften Bild des Gehirns verbunden. Stattdessen ging es ihm um die Logik von abstrakten Funktionskreisläufen. Nur so war es möglich, nicht nur eine Maschine und ein Gehirn, sondern gleichermaßen auch eine Stadt zu betrachten. Mit Blick auf Ashby ließe sich – als Ergänzung zu Design for a Brain – auch von Design for a City sprechen. Seine dramatischen Vorzeichen bekommt dieser Dreiklang aus Maschine, Gehirn und Stadt allerdings erst dadurch, dass Wiener in der zuvor zitierten Beschreibung von „blocked communication“ und einem „apoplectic stroke“ sprach. Blockiere man den Informationsfluss, so Wiener, könne es zu „tödlichen“ Folgen kommen. Der konzeptionelle Akzent seines Stadtmodells lag also auf dem Sinnbild des Informationsflusses – pointierter formuliert: auf dem Moment der Verhinderung dieses lebenswichtigen Prozesses. Einerseits fasste Wiener die Stadt als ein natürliches System auf, dessen Funktionslogik mit der einer informationsverarbeitenden Maschine gleichzusetzen sei. Andererseits sprach er in einem Atemzug von den technischen Schwachstellen oder der menschlichen Verwundbarkeit dieses Stadtorganismus. Der Tod des Gehirns sei auch der Tod der Stadt – in dieser radi­kalen Argumentationslinie bewies Wiener seine konzeptionelle Geschicklichkeit: Er blieb innerhalb der apokalyptischen Inszenierungsrhetorik, mit der man damals der Furcht vor einem sowjetischen Atombombenangriff Ausdruck verlieh, entwarf jedoch gleichzeitig ein Sinnbild der Dezentralität, das in seiner Aussage um einiges wirkungsvoller war als andere in diesem Zusammenhang propagierte Stadtmodelle. Anschaulicher konnte Wiener wohl kaum darlegen, wie gravierend die Zerstörung einer amerikanischen Stadt durch eine Atombombe wäre und wie unabdingbar und existenziell die humane Auslegung seiner kybernetischen Devise „communication and control“ für die moderne Gesellschaft des 20. Jahrhunderts ist. 44

Metabolistisches Denken Einen frühen offensichtlichen Bezug zur Kybernetik findet man in der japanischen Metabolisten-Gruppe, zu deren Mitgliedern die Architekten Kiyonori Kikutake, Kisho Kurokawa, Masato ­Otaka, Fumihiko Maki sowie der Kritiker und Theoretiker ­Noboru ­Kawazoe zählten.23 Obwohl sie nicht zum ursprünglichen Kern der Gruppe gehörten, gelten auch Kenzo Tange und Arata Isozaki als Vertreter dieser Bewegung. In dem aus der Physiologie übernommenen Begriff „Metabolismus“ sahen sie den Ausdruck einer neuen, japanischen Identität repräsentiert. Einerseits fühlte man sich der japanischen Bautradition verhaftet, etwa der vorfabrizierten Holzbauweise, andererseits sah man sich mit einer hoch-technologisierten, immer mobileren Gesellschaft konfrontiert. Aus diesem Spannungsfeld entstanden die beiden konzeptionellen Grund­pfeiler des Metabolismus: eine organische, überwiegend mit biologischen Metaphern umschriebene Ästhetik und eine mit beweg­lichen, austauschbaren Elementen operierenden Bautechnologie. Dabei ist es zunächst einmal wenig überraschend, dass auch bei den Metabolisten der Schock über die Atombombe tief in ihre programmatischen Texte eingeschrieben ist. Noboru Kawazoe, der theoretische Kopf der Gruppe, war trotz der nuklearen Drohkulisse zuversichtlich. In seinem 1960 publizierten Aufsatz „Material and Man“24 ging Kawazoe dennoch gleich mit einer ganzen Reihe von Beteiligten kritisch ins Gericht: „If all mankind really came to believe that there will be no war, I think a new epoch would begin at the moment, and it will be an epoch of construction which aims at bringing happiness to everyone. […] If all the people in the world try to do this, there will be no excuse for the big countries to make nuclear weapons. Who will be, then, the leaders of optimism? It has become clear that the politicians and thinkers are incapable. The established artists must also be excluded, since they are participating in the preparation of the war. Those who fear the destruction of mankind have no courage to fight against the A-bombs and H‑bombs. Only optimists who do not worry about our destiny can fight against them. Those optimists, I believe can be found only among architects and designers, by which I mean the people who give hope and form to all the 45

Collage aus unterschied­lichen Kapselstrukturen Kisho Kurokawa: „Capsule ­Declaration“, in: Space Design, Nr. 3, 1969, S. 18.

things men make.“25 Es hatte sich eine Orientierungslosigkeit breit gemacht, aus der Kawazoe sich den Ausweg unmissverständlich über die Architektur versprach. In ihre Hände legte er nichts Geringeres, als das Schicksal der gesamten Zivilisation. Obwohl man Kawazoes Metapher der „leader […] of optimism“ eine amüsante Facette abgewinnen kann, ist das übersteigerte Pathos in dieser Geste kaum zu überhören. Auch die Formulierung, es bedürfe einer speziellen Kühnheit und einer ausgeprägten optimistischen Haltung im Denken, um die „destruction of mankind“ abzuwenden, mag angesichts der apokalyptischen Geschehnisse in Hiroshima und Nagasaki grotesk 46

anmuten. Allerdings wird auch hier deutlich, wie sehr das Vertrauen in die Politik durch die Surrealität der Debatten über die Atombombe verlorengegangen war und wie stark der Wille spürbar wurde, Architektur als moralisierendes Gestaltungsinstrument in einem globalen Maßstab verstehen zu wollen. Der Metabolismus stellte dafür das theoretische Konzept bereit. Zwar erwähnte Kawazoe in seinem Aufsatz Wiener namentlich nicht. Doch ist offensichtlich, wie sehr er bei seiner Suche nach Leitfiguren, neben das Bild des optimistischen Architekten auch das des engagierten Wissenschaftlers zu rücken versuchte – ein Bild, das in dieser Zeit in vielerlei Hinsicht Norbert Wiener zugesprochen wurde. Auch Max Bense galt vielen als das Paradebeispiel eines kritischen Zeitgenossen, der in seiner Rolle als furchtloser und couragierter Philosoph der Technik spätestens durch seine Arbeiten an der Hochschule für Gestaltung Ulm längst auch im fernen Japan wahrgenommen wurde. Bense erklärte, dass „nicht die Erfindung der Atombombe, das entscheidende technische Ereignis unserer Epoche [ist], sondern die Konstruktion der großen mathematischen Maschinen, die man, vielleicht mit einiger Übertreibung gelegentlich auch Denkmaschinen genannt hat.“26 Er begründete seinen durchaus provokanten Standpunkt mit der Auffassung „dass die Technik [mit den Denkmaschinen] einen neuen Aufgabenbereich, fast möchte man sagen: einen neuen Sinn gewonnen hat.“27 Bense machte deutlich, dass es trotz der verheerenden Vernichtungskraft der Atombombe hier nicht darum gehen könne, in eine technikpessimistische Lethargie zu verfallen. Damit vertrat Bense einen Ansicht, die gewissermaßen im Kontrast zu Anders’ zivilisationskritischer Metapher der Antiquiertheit gelesen werden kann. Die Aufgabe eines Intellektuellen – sei dieser nun Philosoph, Künstler oder Architekt – sollte vielmehr darin bestehen, das konzeptionelle Spektrum einer avancierten technowissenschaftlichen Welt auszuloten und mit einem optimistischen Vorzeichen zu versehen. Es ist daher nicht erstaunlich, dass Kenzo Tange sich mehrfach – allerdings vergeblich – darum bemühte, Bense als Sprecher für die „World Design Conference“ in Tokio zu gewinnen, wo der japanische Architekt nicht nur sein epochales Projekt „Plan for Tokyo“ (1960), sondern auch das Gründungsmanifest der Metabolisten-Gruppe präsentieren sollte. 47

Einladung zur World Design Conference, Brief von Kenzo Tange an Max Bense, März 1960 Max-Bense-Handschriften-Nachlass, Literaturarchiv Marbach.

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Der sogenannte neue Aufgabenbereich der Technik bestand, ganz im Sinne von Wieners kybernetischer Maschine, in der Operationalisierung von Information. Wiener hatte mit seinem Stadtkonzept gezeigt, was das für Architektur und Städtebau bedeuten konnte. Die Einwohner einer Stadt wurden zu Elementen eines kybernetischen Ganzen, bei dem Raum, Mensch und Maschine auf der Ebene von Information als zusammengehörende Elemente eines einzigen Kommunikationssystems verstanden wurden. Auch bei Kawazoe spielt die Kommunikation eine zentrale Rolle. Durch die Regelung von Kommunikation schien es möglich, den Menschen als Teil einer natürlichen Einheit zu betrachten: „The meta­bolism of our life will be operated in such a way as to follow the order of Nature, while Nature will be developed at the hands of men. Men and Nature will be unified into one.“28 Im Unterschied zu Wieners Mensch-Maschine-Hybridisierung schlug Kawazoe eine Mensch-Natur-Vereinigung vor. Allerdings stand die Natur, die „at the hands of men“ entwickelt wurde, in den 1960er Jahren eben nicht mehr für den Ackerbau oder die Dampfmaschine, sondern für die Verräumlichung von Kommunikation. In theoretischer Hinsicht ist die Natur zwar das Vorbild geblieben, doch erst die Informationstechnologien vermochten es, dieses Prinzip der Natur nutzbar zu machen, und das hieß nichts anderes, als dass der Unterschied zwischen Natur und Kultur aufgehoben wurde.

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Netzwerke der Kommunikation Noch offensichtlicher kybernetisch sind die Überlegungen Kenzo Tanges, der einige Jahre später auch für die Konzeption der Weltausstellung in Osaka zuständig sein sollte. „Der Prozess, ein architektonisches Werk oder eine Stadt zu schaffen, kann verstanden werden als eine Konkretisierung des Kommunikationsnetzes in einem Raum“, erklärte Tange und bezog sich damit direkt auf Wiener.29 Dessen Welt aus Information, Rückkopplung und Kommunikation faszinierte Tange so sehr, dass er ein „scharfes Übergreifen dieses Phänomens auf die räumliche Anordnung“30 zu sehen glaubte. „Architektur und städtische Räume haben eine räumliche Ordnung, die alle möglichen Elemente enthält. […] Es drängt sich […] die Notwendigkeit auf, jedes Element in seiner gegenseitigen Beziehung in Raum und Zeit zu verstehen. Eine solche Auffassung nennen wir strukturell. […] Wenn wir fragen, wie denn das Ding heiße, das dem Raum Struktur verleiht, so liegt die Antwort in der Kommunikation.“31 Für Tange stand fest: „In der modernen Gesellschaft ist Raum ein Kommunikationsfeld […].“32 Er koppelte den Begriff der Kommunikation an den des Raumes. Für ihn lag zwischen diesen beiden Begriffen kein symmetrisches, sondern ein asymmetrisches Verhältnis vor. Raum erlange seine Struktur erst durch Kommunikation. Raum ohne Kommunikation galt für ihn als strukturlos. Tange ging bei seiner Argumentation von einem Paradigmenwechsel in der Architektur des 20. Jahrhunderts aus. Dieser vollzog sich vom Funktionalismus, den Tange zwischen 1920 und 1960 datierte, hin zum Strukturalismus. Letzteren bezeichnete er als sogenannten „Strukturismus“.33 Er kritisierte, die Beziehung von Raum und Funktion werde im Funktionalismus als zu statisch und starr gedacht. Diesem stellte er eine strukturalistische Denkweise gegenüber, die das Verhältnis zwischen Raum und Funktion auf einer vermeintlich dynamischen Ebene betrachtete. Während Tange mit „Funktion“ lediglich jene Forderung kennzeichnete, wonach der architektonische Raum der Notwendigkeit unterliege, offen für funktionelle Veränderung, Flexibilität und Wandelbarkeit zu sein, spielte der Begriff „Struktur“ eine besondere Rolle. Denkt man sich, so Tange, beispielsweise eine gewisse Anzahl von 50

unterschiedlichen „funktionalen Einheiten“, so ergibt sich, will man ein Ganzes schaffen, das Bedürfnis, diese miteinander zu verbinden. Tange ging es dabei um die Frage der vernetzten Anordnung, ein Prozess, den er als „gliedern“ bezeichnete. Da dieser Gliederungsprozess für ihn wiederum von der Kommunikation abhängig war, sprach er von der „Konkretisierung eines Kommunikations­netzes in einem Raum“. Mit dem Begriff „Symbol“ reagierte Tange schließlich auf eine von ihm diagnostizierte allgemeine Symbol­a rmut in den Städten. Was vielen Architekten scheinbar fehle, sei eine „symbolische Denk­weise“.34 Dahinter stand die Auffassung, Raum sei für den Menschen nicht irgendein neutraler drei­d imen­sionaler Behälter, sondern werde durch dessen Handlungen ge- und verformt und gewissermaßen mit Bedeutung aufgeladen. Im letzten Satz seines Aufsatzes formulierte Tange schließlich die allgemeinste und zugleich wohl persönlichste Position in seiner Argumentation: „Architekten und Stadtplaner sind Leute, die zur metaphysischen Welt ein Bindeglied schaffen, zwischen Technik und Menschlichkeit eine Brücke schlagen und die Bedeutung des Menschen in seiner Umwelt wahren.“35 Einerseits beschrieb Tange damit jenes Wunschbild des optimistischen Architekten im D ­ ienste der Huma­n ität, das Kawazoe einige Jahre zuvor im Namen des Metabolismus propagiert hatte, andererseits wird deutlich, wie sehr die Idee von kybernetischen Kommunikationsnetzwerken von der Selbstmythologisierung des Technischen durchtränkt war. Besonders Tanges Projekt „Plan for Tokyo“ liest sich wie der Transfer von Wieners Überlegungen auf eine Stadt mit 10 000 000 Einwohnern. Wie viele andere der in dieser Zeit entwickelten utopischen Stadtmodelle ging Tanges Konzept von einem Zukunftsbild aus, das von dem Dreiklang aus Wirtschaftswachstum, Wissenschaftsgläubigkeit und Prognosen eines unkontrollierten Ansteigens der Weltbevölkerung geprägt war. Während in Brasilien eine komplette Stadt am Reißbrett entworfen und auf dem freie Feld geplant werden konnte, war man in Japan – nicht zuletzt durch die gebirgige Topographie der Inselgruppe – auch auf geographischer Ebene mit dem Problem der drohenden Raumknappheit konfrontiert. Man nahm an, dass das kleine und dicht besiedelte Land der erwarteten Bevölkerungsexplosion schutzlos ausgeliefert sein würde. Gleichzeitig schien der urbane „Wildwuchs“ der Metropole 51

Kenzo Tange: Entwurf einer urbanen Megastruktur für die Bucht von Tokyo (Gesamtplan des Models) Kenzo Tange, 1946–1969, hrsg. von Udo Kultermann, Zürich 1970, S. 149.

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Kenzo Tange: Entwurf einer urbanen Megastruktur für die Bucht von Tokyo (Detail des Models) Kenzo Tange, 1946–1969, hrsg. von Udo Kultermann, Zürich 1970, S. 125.

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Tokio, die bereits im 19. Jahrhundert über 1 000 000 Einwohner zählte, die ganze Insel zu vertilgen und nicht mehr zu stoppen. Das Wasser war für Tokio aufgrund seiner Topographie der einzig mögliche Raum zur Landgewinnung. Mit diesem Szenario vor Augen, schlug Tange die Überbauung von Tokios Bucht vor. Wie eine gigantische, auf dem Wasser schwimmende Struktur, sollte ein knapp 1 Kilometer breites und in sich strukturiertes Band Platz für über 5 000 000 Einwohner geben. Den Kern dieser Bandstadt bildete eine Infrastrukturachse, entlang der sich sämtliche Versorgungs- und Verwaltungseinheiten angliederten und die wie eine monumentale Schnellstraße die beiden Küstenabschnitte verband. Die neuen Wohndistrikte orientierten sich orthogonal zu dieser Achse. Als beidseitig wachsende Arme konzipiert, sollten sie die gesamte Bucht in ein einziges urbanes Stadtgeflecht verwandeln. Formal weist Tanges Entwurf auch Parallelen zur Bandstatt des Verkehrstechnikers und Stadtplaners Arturo Soria y Mata auf. Dieser hatte bereits Ende des 19. Jahrhunderts ein Stadtmodell entwickelt, dessen gesamte Stadtstruktur sich an dem räumlichen Auf bau eines Schnellverkehrssystems – damals noch die Eisenbahn – orientieren sollte.36 Tange sprach jedoch von einem „communication network“37 und ging über die Vorstellung eines reinen Nahverkehrssystems hinaus. Zwar war das „transportation system the basic physical foundation for the functional operation of the city“.38 Doch sollten Stadtstruktur, Verkehrssystem und Archi­tektur zu einer organischen Einheit verbunden werden. Grundriss und Stadtplan verschmolzen im Lichte von Metabolismus und ­Kybernetik zum Schaltbild eines gigantischen Kommunikationsfeldes. In der Kybernetik, der „allgemeinen, formalen Wissenschaft von der Struktur, den Relationen und dem Verhalten dynamischer Systeme“39, sah Tange das passende Instrumentarium, sich den komplexen Fragestellungen einer zunehmend globalisierten Welt konzeptionell, technisch und ästhetisch nähern zu können. Kommunikation wurde als „soziales Problem“40 begriffen, das mit den exakten Methoden der Nachrichtentechnik untersucht, erklärt und gelöst werde sollte. Den Verknüpfungen und Relationen in einem System wurde eine größere Bedeutung zugesprochen als seinen Elementen. Es ging nicht mehr nur um das Einzelne und Individuelle, sondern um die Gruppe. 54

Buchover, ­Nicolas ­Schöffer: Die ­kybernetische Stadt, 1970 Nicolas Schöffer: Die kybernetische Stadt, München 1970.

Nicht um das Objekt, sondern um das Ensemble. Die Frage der Individualität wurde verstärkt zu einer Frage der Gemeinschaft und des Kollektivs. Mit dieser Auffassung stand Tange keinesfalls alleine da. Viele Architekten begannen mit der Konzeptionalisierung von Prozesseigenschaften wie Adaptivität, Organisation oder Regelung auf die weit verbreitete Auffassung einer sich wandelnden und technisch mobiler werdenden Welt, zu reagieren. Die „Raumstadt“ von Eckhard Schulze-Fielitz (1959), Yona Friedmanns „La Ville Spa­t iale“ (1960) oder Nicolas Schöffers „La Ville Cybernétique“ (1969) können – als frühe Zeugnisse dieses Denkens – stellvertretend für eine ganze Reihe von utopischen Projekten genannt werden, die das Humane in riesigen Wohnstrukturen repräsentiert sahen.41 Für Architektur und Stadtplanung ergaben sich aus der Aneignung kyber­netischer Schlüsselbegriffe wie Kommunikation, System oder Rückkopplung vielversprechende Perspektiven. 55

Arata Isozaki: Entwurf einer computergesteuerten Stadtstruktur (1970–1972) Arata Isozaki: „Computer-Aided City“, in: Kenchiku Bunka, Nr. 310, 1972, S. 99.

Arata Isozaki: „Cyber­netical man model“, ­Ausschnitt des Schaltplans für die computer­gesteuerte Stadtstruktur (1970–1972) Arata Isozaki: „Computer-Aided City“, in: Kenchiku Bunka, Nr. 310, 1972, S. 147.

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Urbaner Infrastruktur­knoten (im Maßstab 1 : 8000). Fritz Haller: totale stadt – ein globales modell, Olten 1975, S. 73.

Ein Projekt von Arata Isozaki beispielsweise, zeigt in aller Deutlichkeit, wie sehr man dem Glauben verhaftet war, die Unschärfe des sozialen Raumes mit kybernetischen Denkmodellen exakt regeln und kontrollieren zu können. Das Konzept von „Computer-Aided City“, so der programmatische Titel des 1972 von Isozaki entwickelten Projektes, sah eine riesige Stadtanlage vor, die in ihrem Auf bau der Struktur einer überdimensionalen Antenne ähnelte. Das Grundgerüst der symmetrisch organisierten Anlage bestand aus zwei langgezogenen, monumentalen Gebäuderiegeln, an die sich zahlreiche Seitenzweige orthogonal angliedern. Ein zweipoliges Glasfasernetz, bei dem jeder Empfänger auch ein Sender sein konnte, sollte der Stadt als Infrastruktursystem dienen. „If information is limited to one-way messages like television and radio, then the system is no different from cable tv. Since coaxial cables are able to transmit easily large volumes of information both ways, super-computers, if used to exchange, process, and store information, can begin to serve as ‚the brain‘ of the city.“42 Was zunächst nach einer rein technischen Raumbeschreibung klingt, entpuppt sich als Konzept für einen v ­ ollständig von Maschinen gesteuerten und kontrollierten Stadtraum. 57

Kinetisches System mit Vernetzung von Infrastrukturknoten (im Maßstab 1 : 100 000) Fritz Haller: totale stadt – ein globales modell, Olten 1975, S. 56.

Die Studien zur totalen stadt des Schweizer Architekten Fritz Haller nehmen – obwohl die erste erst 1968 und die zweite 1975 veröffentlicht sind – einen besonderen Platz ein.43 Haller entwickelte ein Stadtkonzept, das in seiner Radikalität jenem von Wiener, Tange und Isozaki in Nichts nachstand. Ähnlich wie Wiener, sah auch er das ideale Funktionieren einer Stadt in der Geo­metrie kreisförmiger Strukturen organisiert. Wie in einem Computer­ netzwerk ging er von einzelnen Knoten in einem dezentral angelegten Kommunikationssystem aus, die  – aufgrund ihres hohen Abstraktionsgrads – nicht nur in einem städtebaulichen, sondern auch in einem globalen Maßstab 58

Die Welt als urbanes Kommunikationsnetzwerk, Buchcover, Fritz Haller, totale stadt – ein globales modell Fritz Haller: totale stadt – ein globales modell, Olten 1975.

gedacht werden können. Damit stand nicht die Individualität und Eigenart eines Raumes im Vordergrund, sondern seine Integrationspotential in eine störungsfrei organisierte Funktionsmatrix. Obwohl sich Hallers Stadtkonzept als ein rein technisches Modell lesen lässt, fungierte die Kybernetik hier lediglich als ein wissenschaftlicher Baustein neben anderen. Die Organisation einer Stadt wurde als kollektive Arbeit unterschiedlicher Wissenschaftler verstanden – „Spezialisten der Kybernetik, der Mathematik, der Elektronik, der Physik, der Biologie, der Geographie, der Technologie, der Psychologie, der Soziologie […].“44 Wieners 59

Maschinentheorie hatte für Haller die Funktion einer avantgardistischen kulturellen Chiffre, mit der man das Zukunftsbild einer hoch technologisierten Gesellschaft beschreiben konnte, die das architektonische Objekt in den Systemen maßstabsloser Netzwerke auf löste. Auch wenn Haller seine Gedanken zur Kybernetik nicht weiter ausführte, so ist doch offensichtlich, dass Wiener der stumme Pate seiner beiden Studien und seines Stadtkonzeptes war. Letztlich ­bestand der Traum darin, gesellschaftliche Kommunikationsprozesse räumlich zu organisieren und damit dem nicht neuen utopischen Anspruch der Stadtplanung gerecht zu werden, Strukturen für eine ver­meintlich humanere Gesellschaft zu schaffen. Die weit verbreiteten Prog­nosen über das Wachstum der Weltbevölkerung trugen ebenfalls dazu bei, zuerst eine Drohkulisse einer aus den Fugen geratenen Gesellschaft heraufzubeschwören und anschließend den Ausweg in der technischen Regulierbarkeit abstrakter Modellwelten zu suchen. Ein gemeinsamer Kerngedanke der letztgenannten Projekte bestand darin, die Dynamik sozialer Intimitäts- und Gemeinschaftsbilder mit der technischen Logik des industriellen Bauens zu kombinieren. Es ging also um die Systematisierung der „sozialisierenden Funktion des Raumes“45. Das war radikal gedacht, aber durchaus Teil einer breiteren Strömung. In seinem berühmten Manifest Perspektiven einer Architektur konstatierte Wolfgang Döring sogar die völlige Irrelevanz eines einzelnen Hauses und hielt fest: „Es kommt nicht mehr auf einzelne Dinge, auf einzelne isolierte Ergebnisse an, sondern auf Gesamtstrukturen, auf netzartige Strukturen, die kommenden Veränderungen gegenüber, die wir noch gar nicht kennen können, aufgeschlossen sind.“46 Die systematische Berücksichtigung des Unbekannten implizierte größtmögliche Flexibilität der Bauplanung, und dieses Unbekannte war vor allem die „ständige Veränderung unserer Umwelt durch die Kommunikationsmedien und -techniken“. Indem Döring Kommunikation zum „Organisationswerkzeug für die Programmierung einer Architektur“47 der Zukunft erhob, landete er, obgleich auch in einer etwas optimistischeren Version, bei einer von Wieners zentralen Thesen – die besagte, dass das (Über-) Leben einer Stadt in erster Linie von der Durchlässigkeit ihrer Kommunikationskanäle abhänge. 60

Begriffliche Verwirrung Der allerorts verkündete gesellschaftliche Wandel zeigte sich auch im internationalen Architekturdiskurs. Reyner Banham sprach bei­spielsweise von einem „psychologischen und ästhetischen Bruch mit der altehrwürdigen Vorstellung der an den Boden gebundenen Architektur“.48 Auch Sigfried Giedion war sich der Radika­l ität solcher Projekte bewusst. Das geht nicht zuletzt auch aus seinem epochemachenden Werk Raum, Zeit, Architektur 49 hervor. Im Kapitel „Stand der Architektur um 1960: Hoffnungen und Gefahren“ schrieb Giedion: „Die Labilität unserer Lebensformen hat den Aspekt des Wechsels in den Vordergrund gerückt. Dadurch entsteht eine ganz neue Haltung dem Stadtorganismus gegenüber. Man ist sich völlig bewusst, dass gleichzeitig äußerst heterogenen Bedürfnissen entsprochen und daraus ein ‚dynamisches Feld‘ von zueinander in Beziehung stehenden Kräften geschaffen werden muss. Statt eines festgelegten Meisterplanes – wie zu Beginn dieses Jahrhunderts – wird für eine Stadtentwicklung ein flexibles ‚Meisterprogramm‘ gefordert, das dem Wechsel in der Zeit Rechnung tragen kann, das heißt Möglichkeiten für den Zufall offenlässt.“50 Giedions Ausdruck des dynamischen Felds traf den Nerv der Zeit. Anstelle freistehender Bauwerke konzipierte man zusammenhängende Raumstrukturen und der Systemgedanke ersetzte das Denken in isolierten Gebäuden. Auch die von Giedion gewählten Überschriften der jeweiligen Unterkapitel erscheinen, von einem kybernetischen Standpunkt aus betrachtet, in einem neuen Licht: „Räumliche Organisation“, „Indi­v iduelle und kollektive Sphäre“ oder „Symptome des Wechsels“ – die Kybernetik fungierte wie eine im Hintergrund aufgetragene Grundierfarbe, die mal deutlicher, mal weniger deutlich zum Vorschein kam. Es entstand ein Gewebe aus strukturalistischen und kybernetischen Raumauffassungen, das der Architekturhistoriker Jürgen Joedicke – mit Blick auf die Überschneidungen zwischen dem metabolistischen und dem strukturalistischen Denken – als kybernetisch geprägten Strukturalismus umschrieb.51 Joedicke publizierte im Mai 1967 gleich eine ganze Sonderausgabe der Zeitschrift Bauen und Wohnen zu diesem Thema. Bereits aus der Einleitung zu diesem Heft geht hervor, wie ambivalent der von Banham verkündete „Bruch“ 61

mit der gewohnten Architektur wahrgenommen wurden. Geradezu symptomatisch für die Verbindung aus Skepsis und Neugier, mit der die damit verbundene Architekturvorstellung aufgenommen wurde, wies Joedicke den Leser noch unmissverständlich darauf hin, dass es sich diesmal um ein Heft handeln würde, das „den bisher gewohnten Rahmen von Bauen und Wohnen verlässt“.52 Es liest sich wie ein vor­sich­t ig formulierter Warnbrief für das noch ungeübte Architektenauge, das die auf den folgenden Seiten des Heftes unter der nüchternen Überschrift „Stadtplanung“ vorgestellten Projekte erblicken würde. An diesem Titel wird zweierlei deutlich: erstens, dass Joedicke um den Versuch einer Einordnung dieser neuartigen Architektur­ konzepte bemüht war, und zweitens, dass er angesichts der Radikalität der dahinterstehenden gesellschaftlichen Vorstellungen diesen im Ganzen noch etwas unsicher gegenüberstand. Dementsprechend relativierend und distanziert versteht sich auch der schlichte Untertitel: „Experimente und Utopien“. Dabei war der gewohnte Rahmen von anderen längst gesprengt worden. Kyber­netisch geprägte Begriffe wie etwa „System“ und „Struktur“ wurden zu Aushängeschildern für eine neue Generation von Architekten, die daran glaubten, die zukünftige Verantwortung für einen erst noch zu entwerfenden, globalen Kommunikationsraum zu t­ ragen. Die Vor­stellung, Dyna­m iken des sozialen Raumes nicht nur technisch gestalten und kontrollieren zu können, mündete in der Suche nach der kleinsten räumlichen Einheit des menschlichen Wohnens. Je kleiner, universeller und technisch autonomer diese bewohnbare Einheit gedacht wurde, desto genauer hoffte man, auf räum­l iche Veränderungen der Gesellschaft architektonisch reagieren zu ­können. Doch das Gerede von einer humanen Architektur hatte sich für Joedicke zu sehr den technischen Konzepten von Kommunikation und Mobilität untergeordnet. Nüchtern leitete er eine der Kernfragen her: „Es fällt auf, welche Bedeutung der Technologie, dem Verkehr, der Mobilität der Wohnung und der Verdichtung eingeräumt wird. Die Frage jedoch, wie der Mensch beschaffen sein muss, der in diesen Superstrukturen leben soll, ja, ob der Mensch mit seiner ganzen Veranlagung bereit ist, sich mit diesen Wohnformen zu identifizieren, wird nicht gestellt.“53 Joedicke war durchaus bewusst, dass er mit diesem Hinweis die technologische Verspieltheit und Experimentierfreudigkeit 62

vieler dieser als utopisch geltenden Architekturkonzepte an ihrer empfindlichsten Stelle auf ihre Realitätstauglichkeit hin prüfte. Zwar räumte er dem neuartigen Systemdenken ein gewisses Potenzial der technischen Realisierbarkeit ein, etwa bei der Vorfabrikation einzelner Wohnmodule, doch empfand er auf der sozialen Ebene die Gefahr eines „Absturz in die Phantastik oder die Banalität“54 als ungemein größer. Joedicke versuchte, das Systemdenken in schon vertraute und etablierte Begriffsfelder einzuordnen und es damit in seinen Wirklichkeits­a nsprüchen zurückzustufen. Im Kern ging es ihm um eine Form der Skepsis, die sich „nicht gegen die Sache, gegen die Phantasie, ohne die große Architektur nicht sein kann und auch nie war, sondern gegen die Art [richtet], wie man sich an Begriffen berauscht und die Sache verfehlt“.55

Der kybernetische Weg zur Humanität In Mensch und Menschmaschine erklärte Wiener, „dass Gesellschaft nur durch das Studium der Nachrichten und der zugehörigen Kommunikationsmöglichkeiten“56 zu verstehen sei. Für die Architektur wirkte eine solche Aussage zunächst noch sehr abstrakt. Bei Giedion beispielsweise war in dieser Zeit von Architektur und Gemeinschaft57 die Rede und nicht von „Kommunikation“ und „Information“. In dem Gemeinschaftsbegriff sah Giedion das adäquate Rezept, mit dem sich die durch die Industrialisierung in der Psyche der modernen Gesellschaft scheinbar geöffnete Kluft zwischen dem „weit fortgeschrittenen Denken“58 und der „weit zurückgebliebenen Gefühlsstruktur“59 wieder schließen lässt. Der Weg zur Einheit von Denken und Fühlen führte bei Giedion über die erhöhende Stufe der Kunst. Von ihr versprach er sich den Schlüssel zu einer Realität, in der ein Gleichgewicht zwischen dem technischen Fortschritt und dessen Zurückwirken auf den „Gesamtorganismus, den man Kultur nennt“ herrscht.60 Auch Tange verspürte diese Kluft.61 Doch sprach er dabei nicht von „Kunst“, sondern von „Kommunikation“. Der Weg zur Humanität führte für ihn nicht über das Erhabene des künstlerischen Geistes, sondern durch den neuen 63

Möglichkeitsraum von Technologie und Wissenschaft. Giedions Frage, wie sich Denken und Fühlen wieder vereinbaren ließen, stellte Tange daher anders: „Kann die moderne Technik die Menschlichkeit wieder herstellen? Kann die moderne Zivilisation den Weg finden, der sie mit dem einzelnen Menschen verbindet?“62 Obwohl Tange den technischen Entwicklungen nicht unkritisch gegenüberstand, überrascht dieser Technologieoptimismus nach den verheerenden Ereignissen in Hiroshima und Nagasaki. In „Funktion, Struktur, Symbol“ bejahte er diese beiden grundlegenden und für das tiefere Verständnis seiner Archi­t ekturhaltung zentralen Fragestellungen. Die Kyber­netik steckte für ihn jenen neuen Möglichkeitsraum ab, den die sogenannte moderne Zivilisation durchschreiten musste, um „jeden einzelnen Menschen zu verbinden“. Statt den technischen Fortschritt zu igno­r ie­ren, müsse der Architekt sich den neuesten Entwicklungen in Technologie und Wissenschaft bewusst zuwenden. Nur so sei eine Anpassungsfähigkeit der Architektur zu erreichen, deren Ziel in der Errichtung eines neuen Fundamentes für eine vermeintlich humanere Gesellschaft bestand. Wieners zuvor ­zitierte Annahme, wonach eine Gesellschaft nur über die Ebene der Kommunikation entschlüsselt werden könne, bekommt durch Tange nicht nur eine neue Bedeutung, sondern auch eine konkrete Funktion. Kommunikation war für Tange mehr als nur ein Erkenntnisinstrument zum Entschlüsseln gesellschaftlicher Strukturen. Wenn Raum seine Struktur erst durch die Kommunikation erhält, wird damit der modus operandi gewechselt: von der wis­ senschaftlichen Analyse zur architektonischen Synthese. In Projekten, wie beispielsweise dem „Kommunikationszentrum Kofu“ (1964–67)63, der „Tokaido-Megalopolis“ (1968–71)64 oder aber dem „Plan for Tokyo“ (1960), manifestierte Tange, was dieser Wechsel für die Archi­t ektur mit sich brachte: Kommunikation bedeutete nicht mehr nur Gemeinschaftssinn und Kollektivgefühl, wie Giedion noch betonte, sondern eben auch Informationstheorie, Nachrichtentechnik und Kybernetik. Ob für einige hundert Bewohner oder, wie beim „Plan für Tokyo“, für 10 000 000 Bewohner – es schien, als könne sich die Architektur in der alles verbindenden Maßstabslosigkeit der Kommunikation ungehindert bewegen.

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Max Bense scheint in dieser Richtung eine Ahnung gehabt zu haben, als er schrieb: „Die technische Realität unserer Zivilisation, die in Schichten primärer, sekundärer und tertiärer Maschinensphären hierarchisch aufgebaut ist, lässt in ihrer äußersten Rinde verfeinerte, selektierbare und manipulierbare mobile Mittel notwendig erscheinen, die der Information und der Kommunikation dienen.“65 Wachsmann, den sowohl mit Bense, als auch mit Tange ein freundschaftliches Verhältnis verband, brachte es mit Blick auf Tanges kybernetische Planungsrhetorik auf den Punkt: „Das Voka­bular ist ja bekannt: Kommunikation, Mobilität, Humanität.“66 Damit entwarf Wachsmann nichts Geringeres als die Signatur einer ganzen Epoche.

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Zwischen Automation und Metatechnik

Der Zeitraum, in dem Norbert Wiener sein Buch zur Kybernetik veröffentlichte, war durch das Ende und den Neuanfang der zwei einflussreichsten künstlerischen Kunsthochschulen des 20. Jahrhunderts in Deutschland beziehungsweise Westdeutschland geprägt. Für die Architektur begann die Epoche der Kybernetik damit in einer Zeit des institutionellen Übergangs – anderthalb Jahrzehnte, nachdem das Bauhaus 1933 durch die Nationalsozialisten aufgelöst worden war, und wenige Jahre, bevor die Hochschule für Gestaltung Ulm 1953 von Inge Scholl, Otl Aicher und Max Bill gegründet wurde. Hoffnungsvoll war im Vorfeld der Gründung von einer „Hochschule für staatsbürgerliche und demokratische Erziehung“1 die Rede, von der Entstehung „sozialer und politischer Wissenschaften“2 und der Schaffung eines „Kristallisationspunktes“3 für die „geistige Jugend, die heute ohne genaues Ziel ist oder weder Weg noch Mittel kennt, ihre Ziele zu verwirklichen“4. Im völlig zerbombten Ulm herrschte intellektuelle Auf bruchsstimmung. Bill, BauhausSchüler und von 1953 bis 1956 erster Rektor der Hochschule, griff pädagogische Konzepte von Walter Gropius auf und machte diese zur Grundlage der Ulmer Lehrpläne. Mit der Gründung der neuen Hochschule, die Bill anfänglich auf den Namen „Bauhaus Ulm“5 taufen wollte, war nicht nur die Fortsetzung, sondern auch eine Institutionalisierung des bauhäuslerischen Erbes verbunden. Damit stand wieder die Reformulierung der Grundlagen für eine politisierte Kunst zur Debatte. „Es ging nicht etwa um eine Ausweitung der Kunst in die Alltäglichkeit, in die Anwendung“, erinnerte sich Aicher, der durch seine abstrakten Orientierungssysteme bis weit über die Grenzen der Hochschule als Personifikation dieser Politisierungsbemühung galt. „Es ging um eine Gegenkunst, um Zivilisationsarbeit, um Zivilisationskultur. Architektur entdeckten wir insbesondere beim Bau von Fabriken, Form in der Konstruktion von Maschinen, Gestalt in der Machart von Werkzeugen.“6 Besonders mit den neuen Anwendungsmöglichkeiten der Auto­mation verband 66

man die Hoffnung, „Freiraum für eine echte Kultur“7 schaffen zu können. Im Zentrum stand die Ausbildung des „Menschen von Morgen“8 und eines zukünftigen Architektentypus, der mit diesem neuen, durch die Automation gewonnenen Freiraum schöpferisch und vernünftig umzugehen weiß. Inmitten der Auf bruchsstimmung und dem strategischen Bestreben, sich möglichst schnell von dem Mystizismus der mani­pu­l ierten Bewusstseinswelten des Nationalsozialismus zu distan­zieren, wurde das kritische Denken durch eine Reihe junger, überwiegend mathematischer Wissenschaftszweige unterstützt. Kybernetik, ­I nformationstheorie und Semiotik wurden den Studenten in Ulm als mathematisches Antiserum gegen die geistigen Irrwege der Vergangenheit verabreicht. Es brauchte nicht viel, um Wirkung zu ­zeigen. Wenige Schlüsselfiguren, wie etwa Max Bense, oder später der Psychologe Abraham A. Moles genügten, um als charis­matische Akteure des neuen Gegenmittels aufzutreten. Sie erhoben das Denken in Regel­k reisen und Kommunikationsstrukturen zu der Grundlage nicht nur einer verwissenschaftlichen Entwurfs- und Planungsmethodik, sondern auch einer quantifizierbaren Kunst- und Architekturkritik. Bense, der zwar wie ein Philosoph sprach und über Ästhetik schrieb, doch wie ein Physiker dachte, meistens leidenschaftlich debattierend und mit kleinen beschriebenen Zetteln oder selbstgebastelten, winzigen, streichholzschachtelgroßen Notizbüchern ausgerüstet, unterrichtete in Ulm zwischen 1956 und 1960 Philosophie, Wissenschaftstheorie und ­Semiotik, anfänglich allein, später mit Elisabeth Walther. Bense war einer der Ersten, die Kybernetik und Informationstheorie als eine konzeptionelle und zugleich technische Erweiterung verstanden, nicht nur für die Mathematik, Philo­sophie oder Anthropo­logie, sondern auch für die Kunst und die Architektur. Sein bereits 1951 veröffentlichter Aufsatz „Kybernetik oder die Metatechnik ­einer Maschine“9, stellt eine Art philosophisches Schlüsseldokument für die Geschichte der Kybernetik in der deutschen Nachkriegszeit dar. Mit ihrem Ziel, das Modell einer progressiven künstlerischen Institution zu verkörpern, war die Hochschule zunächst eine Fortführung des Bauhauses gewesen. Und obgleich sie sich im Verlauf ihres kurzlebigen Bestehens – wie das Bauhaus wurde sie nach nur 15 Jahren wieder geschlossen – beinahe 67

Ansicht des von Max Bill entworfenen Gebäudekomplexes der Hochschule für Gestaltung Ulm (1952–1955) Lindinger, Herbert (Hrsg.): Hochschule für Gestaltung Ulm. Die Moral der Gegenstände, Berlin 1987, S. 75.

vollständig von den künstlerischen Geisteshaltungen ihres institutionellen und intellektuellen Vorbildes emanzipieren konnte, spielte dieses noch besonders während ihrer Gründungsjahre eine maßgebende Rolle. Dennoch: Der ungeheure Erfolg des Ulmer Modells, aber auch das Scheitern seines ambitionierten akademischen Programms und des Anspruchs, als moralischer Nukleus für eine neue Gesellschaft zu fungieren, müssen als zusammengehörende Kapitel der kontroversen Geschichte der Hochschule gelesen werden.

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Der Besuch des „antimetaphysischen ­Wissenschaftlers“ Inmitten der frühen Nachkriegszeit entwickelte sich die Ulmer Hochschule schnell zu einer internationalen Drehscheibe des kritischen Denkens. Reyner Banham, der im Jahr 1959 von Tomás Maldonado zu einem Vortrag über „Verbrauch und Produktgestaltung“ eingeladen worden war, glaubte dies an „der skeptischen Strenge des Denkens – die zum großen Teil aus der Frankfurter Schule herrührte und welche in England noch sehr unbekannt war“10, verorten zu können. Neben Banham und einer ganzen Reihe von internationalen Größen – etwa Buckminster Fuller, Charles Eames oder auch Martin Heidegger – wurde auch Norbert Wiener nach Ulm eingeladen. Wiener, dessen Einladung Bense organisierte, besuchte die frisch gebauten Räume der Hochschule im Juli 1955. Sein Besuch war sowohl für die Studenten als auch für die Dozenten ein Ereignis. Mit ihm kam nicht nur der amerikanische Mathematikprofessor nach Ulm, der jenes viel diskutierte Buch verfasst hatte, das Bense nur wenige Jahre zuvor als „grundlegendes Buch moderner Natur- und Technikphilosophie“11 angepriesen hatte. Wiener repräsentierte darüber hinaus ein Denken, das mit den funktionalistischen und moralischen Gestaltungsgrundlagen in Ulm an einem entscheidenden Punkt zusammenfiel: Er verkörperte das, was man einen „intellektuellen Wissenschaftler“12 nennen könnte, jemand, der nicht nur ein Experte in seiner Disziplin ist, sondern es darüber hinaus versteht, die Disziplin selbst in einen übergeordneten kulturellen und politischen Zusammenhang einzubetten und zu reflektieren. Genau das hat wohl auch Maldonado dazu bewogen, Wiener als einen „antimetaphysischen Wissenschaftler“13 zu bezeichnen. Denn was den Vater der Kybernetik mit den Archi­tekten und Designern in Ulm verband, war seine Rhetorik des Abstrak­ ten, das leidenschaftliche Referieren über Präzision, Vernunft und Ratio­nalität sowie der Glaube, nicht nur von einer Welt aus abstrakten Maschinen umgeben zu sein, sondern diese selbst entwerfen und gestalten zu können. Mit dem Rücktritt Bills in seiner Funktion als Rektor ein ­Jahr nach Wieners Besuch in Ulm, wurde auch eine konzeptionelle Z ­ äsur spürbar. „Die Maschine, konstruiert im Hinblick auf ein bestimmtes Endprodukt, wird durch die Maschine für grundsätz­l iche Operationen ersetzt werden“14, verkündete 69

Reyner Banham und Martin Heidegger in Ulm, 14. 3. 1959.

Maldonado nur ein Jahr, nachdem Bill die Hochschule verlassen hatte. Deutlicher lässt sich das Eindringen der kybernetischen Maschinentheorie in das Entwurfsdenken in Ulm nicht darlegen und radikaler hätte man den Bruch mit Bill und dem von ihm repräsentierten Gestaltungsprinzip nicht ausdrücken können. Die sogenannte „Maschine für grundsätzliche Operation“ war zum Inbegriff des Technischen geworden. An die Stelle des Einheitsdenkens von Kunst und Technik, wie es vornehmlich noch von Gropius am Bauhaus und von Bill in Ulm propagiert worden war, trat ein zunehmend analytischer und methodisch verwissenschaftlichter Kunst- und Architekturbegriff, der seinen ästhetischen Ausdruck in der Abstraktion von Diagrammen und Schaltkreisen fand. 70

Einladung von Max Bill anlässlich des Besuches von Norbert Wiener in Ulm, 14. 7. 1955.

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Besichtigung der Universitätsräume der Hochschule für Gestaltung, links: Max B ­ ense; mitte: Norbert Wiener; rechts: Max Bill, 14. 7. 1955.

Automation und Aufklärung Tomás Maldonado trat 1956 – im Kollektiv mit Otl Aicher, Hans Gugelot und Friedrich Vordemberge-Gildewart – die Nachfolge von Bill an. Er sollte in dieser Position zu einer Schlüsselfigur werden und mitverantwortlich sein für eine theoretische Korrektur in der institutionellen Ausrichtung der Hochschule. Zurückblickend erinnert sich Maldonado, dass in Ulm eine „fieberhafte, unersättliche Neugier herrschte, die sich […] auf einige Disziplinen richtete, die sich damals in einer Phase des Aufstiegs befanden: die Kybernetik, die Informationstheorie, die Systemtheorie, die Semiotik, die Ergonomie […]. Disziplinen wie die philosophische Wissenschaftstheorie und die mathematische Logik. Die Triebfelder unserer Neugier, unserer Studien und unse­rer theoretischen 72

Mühen war unser Wille, der Arbeit des Entwerfens eine solide methodische Grundlehre zu verschaffen“.15 In Ulm hatte man es also mit einem Diskursraum zu tun, in dem die Architektur zwischen Automation und Kybernetik changierte. Inmitten dieser Aufgeregtheit und Faszination von dem Neuen und vermeintlich Besseren, aber auch in dieser durch die spezifische deutsche Geschichte aufgeladenen Atmosphäre verkörperte Maldonado eine Einstellung zur Technik, die sich am besten als eine Legierung aus verspieltem Erfindergeist und übersteigerter Auf klärungsmentalität umschreiben lässt. Ein anderer Protagonist der Hochschule personifizierte diese Legierung auf ganz besondere Weise: Konrad Wachsmann. Mit weißer Krawatte und stets einer Zigarette im Mundwinkel wollte er kein typischer Architekt, sondern lieber „Technologe“16 sein. Mit seinen originellen Forschungsarbeiten bewegte er sich tief in der mechanischen Logik von Massenproduktion und Automatisierungsindustrie. Für Wachsmann stand nicht das einzelne Gebäude im Vordergrund, sondern das System, nicht das Objekt, sondern die Serie, nicht das Handwerk, sondern die Automatisierung. Es war ein experimentelles Denken in Varianten und Prototypen. Über ein Jahrzehnt nachdem Albert Einstein ihn mit dem Bau seines Wohnhauses in Caputh beauftragt hatte, konnte Wachsmann 1941 mit dessen Hilfe in die USA emigrieren.17 Nur wenige Jahre später entwickelte er dort mit Walter Gropius eine der weltweit ersten vollautomatischen Bauindustrieanlagen.18 Wachsmann erlangte mit seinen innovativen und nicht minder spektakulären Architekturmodellen großes Ansehen. Sein graziles Modell für den von ihm entwickelten Flugzeughangar der US Air Force schaffte es 1946 sogar in das Museum of Modern Art in New York.19 Von seiner Berufung nach Ulm, wo er als Dozent für Industrielles Bauen zwischen 1953 und 1957 lehren sollte, erhoffte man sich ein wenig von dem kosmopolitischen Flair einzufangen, das Wachsmann zu diesem Zeitpunkt umgab. Mit ihm war man sich sicher, einen enga­g ierten Lehrer gefunden zu haben, der mit dem Industriellen Bauen einen Bereich vertrat, welcher sich grundlegend von den traditionellen Architekturvorstellungen unterschied. Gleichzeitig verkörperte Wachsmann eine Haltung zur Technik, die er in den o ­ ppositionellen Gestus und den damit verbundenen aufklärerischen Gestaltungsanspruch der Hochschule geschickt einzufügen wusste. 73

Konrad Wachsmann am Zeichentisch mit Modell (sitzend) und Claude Schnaidt (stehend hinter Wachsmann), ­Abteilung Bauen der hfg ulm, 10./11.  1956. René Spitz: hfg ulm. der blick hinter den vorder­ grund, Stuttgart/London 2002, S. 173.

Das Industrielle Bauen galt im internationalen Architekturdiskurs als ein Randgebiet. Als Disziplin der technologischen Avantgarde repräsentierte es jedoch genau jene leidenschaftliche Fortschrittsgläubigkeit, die zu einem wesentlichen Bestandteil der Ulmer Institution werden sollte. Seit der Gründung der Schule ­befand man sich in der dortigen Architekturabteilung in einem ­beständigen Prozess der inhaltlichen Reorientierung.20 Während Bereiche wie Visuelle Kommunikation oder Industrial Design genuin neue Unterrichtsfächer darstellten und sich als solche schnell etablieren konnten, war es 74

für die traditionsreiche Disziplin der Archi­tektur schwieriger, ein neues Profil zu entwickeln, mit dem man sich inhaltlich von anderen Technischen Hochschulen und Kunsthochschulen unterscheiden konnte. Wachsmanns Credo, dass man keine neue Architektur entwerfen sollte, sondern vielmehr eine „neue Interpretation der Architektur, die nicht aus unseren Wünschen, sondern aus unseren Möglichkeiten [entsteht]“21, konnte für die Ulmer Architekturabteilung als Orientierungshilfe fungieren. Im Jahr 1959, anlässlich der Veröffentlichung seines Buch Wende­punkt im Bauen, zeichnete Konrad Wachsmann ein Bild der Gegenwart, das sich in seinen Konturen mehr und mehr um die Ökonomie der Maschine anordnete: „Gerade in letzter Zeit […] ist der Begriff der Automation […] mehr in das Bewusstsein der Allgemeinheit gedrungen und hat uns gelehrt, dass eine Maschine nicht etwas ist, was da mit brutaler Energie arbeitet, sondern dass die Maschine auch hin und wieder etwas sehr Sensitives ist, ähnlich wie der Mensch selbst, wobei ich die Maschine noch nicht zu einem menschlichen Wesen machen möchte. Und diese Maschi­nen wurden in ihrer Empfindlichkeit und Reaktionsfähigkeit bereits so verfeinert, dass sie als lenkbares Arbeitsinstrument schon fast jenen Punkt erreicht haben, der erlaubt, die Maschine als ein direkt mit dem Willen des Menschen verbundenes Arbeitsmittel zu ­respektieren.“22 Wachsmann wählte gerne große Worte. Er konnte von Raum, Zeit und Energie sprechen, über die „Entwicklung der Zivilisa­t ion der Menschheit“23 und „die Grenzen der Kraftquellen“ – und dann plötzlich wieder ganz konkret über detaillierte Produktionsprozesse von Maschinenteilen. Das von ihm skizzierte Sinnbild einer „sensitiven Maschine“, die Rede von maschineller „Empfindlichkeit“ und „Reaktionsfähigkeit“ und auch seine Andeutung der Annäherung von Mensch und Maschine müssen im Licht von Wieners Kybernetik gelesen werden. Allerdings war Wachsmann an der Charakterisierung einer, wie auch immer beschriebenen Angleichung von Mensch und Maschine nicht interessiert. Im Mittelpunkt seines Denkens stand die wirtschaftliche Organisation von Produktions- und Fabrikationsabläufen in der Bauindustrie.

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Technische Transparenz Viele Architekten träumten in den 1960er Jahren von dem befreienden Potenzial der Automation, von der Erlösung aus der ermüdenden Enge repetitiver Tätigkeiten und dem Auf bruch in eine Welt, in der der Mensch mithilfe von Technik und Wissenschaft zu vermeintlich wahren Werten gelangen könnte. Die Forderungen glichen sich: Die Architektur sollte sich den technischen Entwicklungen anpassen, sich an ihrer Geschwindigkeit orientieren und die produktionstechnische Kapazität der Maschine ausschöpfen.24 Niemand verstand es jedoch so gut wie Wachsmann, über die komplexen Auswirkungen der Automation auf das architektonische Denken zu spekulieren und die kulturelle Wirkungsmacht der Maschine im Detail spürbar werden zu lassen. In seinem Buch Wendepunkt im Bauen, dessen Titel selbst zu einem Synonym für Technikfaszination und Fortschrittsglaube avancierte, skizzierte Wachsmann ein zukünftiges Bild der Architektur, bei dem sich durch die Automation nicht nur das Entwerfen, sondern auch die Ästhetik, die Konstruktion und selbst die Sprache ändern werde: „Modulare Koordinationssysteme, wissenschaftliche Versuchsmethoden, Automationsgesetze, Präzision beeinflussen das schöpferische Denken. […] Die Begriffe der traditionellen Baukunst sind nicht mehr präzise genug, um durch sie den Gedanken dieser Zeit zu interpretieren. […] Jede Aussage wird sich daher zunächst auf Punkt, Linie, Fläche, Volumen beschränken müssen. […] So wird der Bau, eines Geheimnisses entkleidet, sich unverhüllt kritischer Betrachtung aussetzen.“25 Es ist der letzte Satz, der die Radikalität in Wachsmanns Überlegungen offenbart und einen Vorgeschmack auf das gibt, was ­Bense kurze Zeit später im Kontext von Architektur und Städtebau mit dem analytischen Präzisionsgerät der Informationsästhetik versuchen wird. Ähnlich wie Bense, operierte auch Wachsmann mit dem rhetorischen Instrumentarium der Entmythologisierung. Was beide verband, war der ungebrochene Wille, experimentelle Forschung im Geiste der Auf klärung zu betreiben – der eine mit den Werkzeugen des Bauens, der andere mit den Werkzeugen der Theorie. Die Vorstellung, ein Gebäude könne seiner Geheimnisse „entkleidet“ werden, verbildlicht eindrücklich, dass Wachsmann das Potenzial der Automation 76

Konrad Wachsmann, Modell der Dachkonstruktion für eine Flugzeughalle aus vorfabrizierten Elementen, Auftrag der amerikanischen Luftwaffe, 1951 . Konrad Wachsmann: Wendepunkt im Bauen (1959), Reprint, Dresden 1989, S. 186.

nicht nur im Bereich der Bauproduktion sah. Der fiktive Anblick eines im übertragenen Sinne entblößten Bauwerkes gibt den Blick auf seine innere Struktur frei. Erst befreit von jeglicher verschleiernder Ornamentik und verhüllender Fassade, – so ist man zu ergänzen geneigt – ist eine „kritische Betrachtung“ von Architektur möglich. Die Auffassung, ein Bauwerk könne vollkommen aus der Maschinenlogik entworfen und produziert werden, ist nicht nur eine Kampfansage an den Architekten in seiner tradierten Rolle als intuitiv arbeitender Demiurg. Sie rückt auch einen Ästhetikbegriff in den Vordergrund, dessen Kriterien sich gänzlich aus der vermeintlichen Makellosigkeit der technischen Transparenz begründen. Jeder Blick in den Tiefenraum von Wachsmanns Raumfachwerken avanciert selbst zu einem Sinnbild der Automation, dessen Bedeutungsspektrum sowohl die Bauproduktion als auch eine Ästhetik und entsprechende Kriterien der Betrachtung umfasst. „Die Maschine ist das Werkzeug unserer Zeit. Sie ist Ursache jener Wirkungen, durch die sich die Gesellschaftsordnung manifestiert.“26 Technische Transparenz 77

Konrad Wachsmann: Diagramm eines Baukörpers mit modularer Ordnung und eingezeichneten Verbindungspunkten Konrad Wachsmann: Wendepunkt im Bauen (1959), Reprint, Dresden 1989, S. 66.

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als Merkmal von Entmythologisierung und Auf klärung, darin wären sich Wachsmann und Bense einig gewesen, galt auch als Grund­bedingung für gesellschaftliche Transparenz.

Industrialisierung von Wissen „Automation ist nichts weiter als der unter vollkommene Kontrol­le gebrachte Arbeitsvorgang“27, erläuterte Wachsmann in Wende­punkt im Bauen. Eine entsprechende Fotografie zeigt den Innen­raum einer Maschinenhalle, in der unzählige Maschinen als ­Module linear zusammengeschaltet sind. Sie bilden eine endlos erscheinende Automatenkette, eine monströse Produktionsanlage, die Wachsmann aufgrund ihrer Funktion als „Transferstraße“28 bezeichnete. Es ist von der Synchronisierung einer „beliebigen Anzahl von Spezialmaschinen“ die Rede, von denen sich jede einzelne durch „Selbststeuerung und Rückmeldung“ kontrolliert.29 Maschi­nenmodule bilden einen in sich synchronisierten Maschinenorganismus. Wachsmann war von diesem Gedanken so sehr fasziniert, dass er die Transfer­straße kurzweg zum „Symbol des Begriffs der Automation“30 erhob. Der neue Möglichkeitsraum der Automation, auf dessen Potenzial Wachsmann beständig hinwies, war untrennbar an das Weltbild der Modulation geknüpft. In dieser Kopplung werden die metho­d ische Enge und der moralisierende Beigeschmack deutlich, die dem ambitionierten Projekt des Industriellen Bauens innewohnten. Technologie und Wissenschaft traten als ein vermeintlich von der sozialen Komplexität der Gesellschaft befreites Spielfeld aus Möglichkeiten auf. Gesellschaft und Automation standen in einer engen Wechselwirkung zu einander, sie konnten jedoch auf unterschied­l ichen Maßstäben betrachtet werden. Einerseits wurde Automatisierung als ein tiefgreifendes gesellschaftliches Phänomen betrachtet, andererseits hatte das Basteln mit der Maschine, das Hantieren mit Werkzeugen und Lösen von konkreten geometrischen Detailproblemen zunächst nur wenig gemein mit dem Denken von Automation in einer gesellschaftlichen Dimension. Mit Blick in die Geschichte des Industriellen Bauens wird deutlich, dass in der Vorstellung, das 79

Blick in die automatische Baufabrik Konrad Wachsmann: Wendepunkt im Bauen (1959), Reprint, Dresden 1989, S. 149.

Montagesequenz der Dachkonstruktion der Flugzeughalle Konrad Wachsmann: Wendepunkt im Bauen (1959), Reprint, Dresden 1989, S. 183.

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eine direkt mit dem anderen verknüpfen zu können, der Charme, aber auch das Dogmatische des Generalisierens besteht. Wachsmann war sich dieser Doppelbödigkeit bewusst. Er differenzierte nuanciert zwischen „automation as social philosophy of production“ und „automation as method of production“.31 Dass Wachsmann eher an einer Gleichschaltung dieser Bereiche interessiert war als an ihrer Trennung, wird in seinen Versuchen offensichtlich, die Arbeitsform der Gruppenarbeit in die technische Sphäre der Automation zu überführen. In Wachsmanns Vorstellung ähnelte die Organisation des Teamworks dem modularen Auf bau der zuvor geschilderten Transferstraßen, bei der eine Anzahl selbstständig arbeitender Maschinen zu einer großen Apparatur zusammengeschaltet wurden. Automation sei ein vollkommen kontrollierter Arbeitsprozess, hatte Wachsmann in Wendepunkt im Bauen nüchtern formuliert, gleichgültig – so könnte man ergänzen – ob es sich um einen maschinellen oder einen menschlichen Arbeitsprozess handelt. „Den Bedingungen der Industrialisierung folgend, durch Multiplikation von Zelle und Element, soll sich das Bauwerk indirekt entwickeln“32, so Wachsmann. Die Modularisierung des Bauwerks geht hier Hand in Hand mit der Modularisierung des Wissens. Wie in einer Fabrik, wurden Arbeitsprozesse zunehmend in einzelne Arbeitsschritte zerlegt. Wachsmann hatte erstmals Anfang der 1950er Jahre am Institute for Design mit Gruppenarbeit experimentiert. Es folgten Seminare an der Technische Universität Karlsruhe bei Egon Eiermann (1954), in Tokio bei Kenzo Tange (1955) und schließlich an der Sommerakademie Salzburg (1956–1959). Aus den dort gesammelten Erfahrungen kam Wachsmann zu dem Schluss, dass die Teilnehmerzahl die Idealzahl von 21 nicht überschreiten dürfte. Wie am Reißbrett entwarf er jeden einzelnen Schritt der Gruppenarbeit, was sich auch sprachlich widerspiegelte. Die jeweiligen Prozesse zwischen den Arbeitsgruppen plante Wachsmann mit äußerster Präzision: „Unter der Annahme, dass dieses Team, in sieben Arbeitsgruppen eingeteilt, aus 21 Teilnehmern besteht und dementsprechend sieben Einzelprobleme des Studiums gewählt sind, muss ein Teil der zur Verfügung stehenden Gesamtarbeitsarbeitszeit in sieben gleiche Arbeitsperioden eingeteilt werden. Diese sieben Arbeitsperioden werden durch sieben Diskussionsperioden voneinander separiert. Jede 81

IBM Lochkarten von Konrad Wachsmann, Hannover Industriemesse 1957.

einzelne dieser Diskussionsperioden wird in ­sieben gleiche Zeitintervalle eingeteilt, damit zur Diskussion jedes einzelnen Prob­lems die gleiche Zeit zur Verfügung steht.“33 Für Wachsmann war der Entwurfsprozess nicht wie ein Schaltplan – es war ein Schaltplan. Sein Ziel bestand in nichts Geringerem als der Entwicklung und Implementierung einer umfangreichen elektronischen Datenbank zum Industriellen Bauen. Das gesamte Wissen sollte auf Lochkarten gespeichert und Universitäten zur Verfügung gestellt werden.34 82

Um die Vollständigkeit des gespeicherten Wissens zu gewährleisten, griff Wachsmann zu besonderen Maßnahmen: „Die Gruppen arbeiten am besten an vier zusammengeschobenen Reißbrettern, wobei sich auf jedem vierten Reißbrett eine große Mappe befindet, in der alle Skizzen und sonstige Daten gesammelt werden, die während der Arbeit entstehen. Die Mappen müssen jederzeit allen Teamteilnehmern zur Einsicht zugänglich sein und erscheinen auch bei den Diskussionen, um immer wieder auf frühere Entwicklungsstadien zurückgehen zu können. Darum sollten auch keine Papierkörbe vorhanden sein, denn jede Skizze, Zeichnung oder Berechnung oder jeder aufgeschriebene Gedanke muss erhalten bleiben, denn eines der wesentlichen Prinzipien dieser Arbeitstechnik liegt in der später eintretenden Rekonstruktion des gesamten Entwicklungsvorganges der Seminararbeit.“35 Mit Beschreibungen wie diesen verdeutlichte Wachsmann die wohl radikalste Auswirkung von Automation für die Praxis der Architektur: die Rationalisierung, Modularisierung und schließlich die maschinelle Reproduktion des architektonischen Wissens selbst. Die modularisierende Logik der Maschine hatte Wachsmann auf den menschlichen Arbeitsprozess der Gruppenarbeit übertragen. Das Projekt der Entmythologisierung von Architektur war an einem weiteren Punkt angelangt. Es war der Schritt vom Industriellen Bauen zur Industrialisierung des Wissens.

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Ästhetik, Revolte und Kalküle

Im letzten Band der zehnbändigen Enzyklopädie des technischen Jahrhunderts entwarfen Abraham Moles und Herman Grégoire ein „Bild des modernen Menschen“1. In der sogenannten „Epoche von Atom und Automation“ – so der gleichnamige Titel der 1959 veröffentlichten Enzyklopädie – nahm die Frage nach dem Menschen einen zentralen Platz ein. Auch an der Hochschule für Gestaltung ging es bekanntermaßen um die Ausbildung des Menschen von Morgen. Doch standen nach dem Ende des Natio­nalsozialismus dort eher die auf klärerische Geste und ein mit ihr verbundenes neues politisches Bewusstsein im Vordergrund. Moles und Grégoire dachten in wesentlich größeren Dimensionen. Mit Blick auf die zunehmend globale Vernetzung durch die Nachrichtentechnik sei der Mensch von heute längst zu einem „Weltbürger“ geworden „und dies ist etwas vollkommen Neues.“2 Auch sei der Begriff „Menschheit“ eine „Entdeckung der Technik“.3 Und doch, so erklärten Moles und Grégoire, führe der Mensch ein Leben, „das der Gegenwart nicht angepasst und angemessen“4 sei. In der Kritik stand nicht die individuelle Lebensführung der Menschen, vielmehr bemängelten Moles und Grégoire den geringen Grad der Technisiertheit der gebauten Umwelt. Wie solle der moderne Mensch den schnellen Takt des vermeintlichen Fortschritts bestehen und von ihm profitieren – so hätten Moles und Grégoire wohl gefragt –, wenn die Architektur Wohn- und Stadträume produziere, die sich nicht an den neuesten technischen und wissenschaftlichen Entwicklungen orientierten? Während sich vor den Augen des Menschen in seinem Automobil oder in der Fabrik ein Bild der Zukunft zeichne, bilde die Architektur ihrer Wohnungen und Städte nichts weiter als eine „Verteidigungsstellung der Vergangenheit“5. Moles und Grégoire bedienten sich eines Argumentationsmusters, das – ruft man sich beispielsweise Konrad Wachsmanns Lobgesänge auf die Automatisierung in Erinnerung – eher in die Nähe des Industriellen Bauens zu rücken ist: Die Gegenüberstellung von individuellem Wohnungsbau und standardisierter Automobilproduktion, die Betonung der Objektivität in Wissenschaft 84

und Technologie oder aber die Vorstellung, das Bild des Menschen ließe sich in der Architektur an der Geschwindigkeit technischer Entwicklungen messen, sind sprechende Beispiele hierfür. Dem unbeirrten Blick in die Zukunft steht die Geschichte nur im Weg. Ebenso ging es Moles und Grégoire nicht nur um die Entwicklung einer neuen Architektur – auch das Altbewährte sollte weichen: „Die Großstädte müssen auf funktioneller Basis neu aufgebaut werden. Wir haben die Mittel dazu in der Hand.“6 Doch anstelle von Beispielen aus dem Bereich des Industriellen Bauens, etwa Wachsmanns Raumfachwerken oder Buckminster Fullers demontierbares und wiederauf baubares Dymaxion-Haus, präsentierten Moles und Grégoire eine Abbildung von Le Corbusiers Modulor. Die abstrakte Ästhetik und Normierung des Modulors symbolisierte das Bild des modernen Menschen scheinbar besser als die Automationsfabriken und Baukastensysteme des Industriellen Bauens. Die Suche nach dem Bild des modernen Menschen war im Kern also nicht nur eine technische, sondern auch eine ästhetische Frage. Eine vergleichbare ästhetisch-technische Doppelorientierung in der Architektur findet sich in Max Benses Reiseberichten aus Brasilien. In überwiegend aphoristischer Form hielt Bense ­darin Eindrücke und Beobachtungen seiner vier, zwischen 1961 und 1964 mit Elisabeth Walter unternommenen Reisen nach Rio de J­ aneiro, São Paulo und Brasilia fest. Die feinfühligen Aufzeichnungen erschienen 1965 als kleines Büchlein mit dem Titel Brasilianische Intelligenz. Bense war besonders von der geometrischen Retortenhauptstadt der beiden Architekten Lúcio Costa und Oscar Niemeyer angetan. In seinem Reisebericht notierte Bense: „Unvermutet nimmt Brasilia den Charakter eines immensen Zimmers an; alles an seinem Platz, vorgesehen, wohlgeordnet, geräumig, unverrückbar. Ein eingerichtetes Stück Savanne. Bauten wie Möbel aufgestellt, und ihre Relation zueinander sind fast wichtiger, als sie selbst. Weniger Architektur der Fassaden, als der Anordnungen. […] Ausgesteuerte Bewohnbarkeit; kybernetisches Design.“7 Das Projekt Brasilia wurde als ästhetische Machtrepräsentation des fortschrittlichen Brasiliens und Symbol des modernen Menschen geplant, wodurch auch Benses Begriff der „ausgesteuerten Bewohnbarkeit“ eine ungewollt scharfe Klangfarbe verliehen bekam. Im Grundriss als zwei symmetrische Flügel entlang einer 85

Buchcover von Max Benses Reisetagebücher „Brasilianische Intelligenz“, mit einer Abbildung einer Plastik des Künstlers Aloisio Manglhães, 1965. Max Bense: Brasilianische Intelligenz. Eine cartesiani­ sche Reflexion, Wiesbaden 1965.

Plastik „Os Candangos“ mit zwei überdimensionalen Menschenfiguren des brasilianischen Bildhauers Bruno Giorgi. Im Hintergrund ist das Gerichtsgebäude von Oscar Niemeyer zu sehen. Max Bense: Brasilianische Intelligenz. Eine cartesiani­ sche Reflexion, Wiesbaden 1965, S. 49.

gigantischen Achse ­a ngelegt, sollte Brasilia von Beginn an ein kontrolliertes ­ästhetisches System, eine Modellstadt der Zukunft repräsentieren. Obwohl zwischen Bense und den Automationsträumen des Industriellen Bauens eine nicht zu leugnende geistige Verwandtschaft existierte, fühlte er sich – ähnlich wie Moles – eher der kartesianischen Ästhetik der klassischen Moderne verpflichtet und nicht jener der Vorfabrikation, Raumfachwerke und Konstruktionsknoten. Die Vorstellung einer zukünftigen Maschinenkultur, wie sie beispielsweise Wachsmann stets herauf beschwor, entsprach prinzipiell auch 86

jener von Bense und Moles. Doch während es Wachsmann in erster Linie um Fabrikations- und Produktionsverfahren ging, hielten Bense und Moles zunächst an einem rein ästhetischen und künstlerischen Zugang zur Welt fest. In seiner philosophischen Schrift Ungehorsam der Ideen. Abschließender Traktat über Intelligenz und technische Welt unterschied Bense: „Technik ist jeweils in geringerem Masse anders zu denken als Kunst. Der Grad des Geistes, den Technik zur Vorraussetzung hat, ist also im Prinzip geringer als der Grad des Geistes, auf den Kunst reflektiert. Das Gegenteil würde eine Degradation der Kunst anzeigen.“8 Obgleich das dialektische Verhältnis von Kunst und Technik hier ein ­scheinbar einseitiges ist – für Bense verkörperten Kunst und Technik zwei Seiten desselben Produktionsprozesses.9 Bei der Suche nach dem Bild des modernen Menschen war die Ästhetik – und hier also auch die Kunst – dem Technischen gewissermaßen übergeordnet, obschon beide untrennbar miteinander verbunden waren. In seinem Essay „Thesen über die Notwendigkeit der Ästhetik in der Architektur“, publiziert 1977 in der Zeitschrift Deutscher Architekten und Ingenieure veranschaulichte Bense, worauf es in seiner Vorstellung von einer kybernetischen Ästhetik für die Architektur ankam: „Tatsächlich haben wir nicht nur moderne Kunst, sondern auch moderne Technik, und nicht nur moderne Architektur, sondern auch moderne Ästhetik. Ihre Aussagen wurzeln nicht in einer hermeneutischen Metaphysik und sind auch nicht in Glaubenssätzen formuliert, sondern basieren auf gewissen gut befestigten numerischen Verfahren der Mathematik und auf den formal eindeutigen und übersehbaren Repräsentations- und Kommunikationsschemata der relationstheoretischen Semiotik. Und es ist ein ganz allgemeiner Grundsatz der Anwendungspraxis, dass der Grad der Präzision in der Anwendung abhängig ist vom Grad der Präzision in der vorausgesetzten Theorie.“10 Zu dem sogenannten modernen Menschen gehörte auch eine moderne Ästhetik. Das ist die eigentliche Aussage von Moles und Grégoires eingangs erwähnter Kritik an der gebauten Umwelt. Doch was zunächst nach einer gestalterischen Herausforderung für die Architektur klang, entpuppte sich als eine Geste vertrauens­seliger Wissenschaftsgläubigkeit. Ästhetik wurde zu einem Knecht des methodischen Denkens. „Nur die Methoden, die Algorithmen, 87

die in der Wissenschaft ersonnen werden, spannen einen Bogen vom Bereich des Geistes zu dem Bereich der Wirklichkeit […].“11 Die Frage der Ästhetik wurde zu einer Frage der Methode erklärt – aus diesem Drehpunkt erklärt sich möglicherweise die Originalität und zugleich auch die Begrenztheit des informationsästhetischen Projektes.

„Computerfutter“ An der Hochschule für Gestaltung Ulm war man darum bemüht, den Computer in die Architektur zu integrieren. Gemeinsam mit Max Bense war Abraham Moles für die Fächer Kybernetik, Informationstheorie, Semiotik und Wissenschaftstheorie verantwortlich. 1965, wenige Jahre nach der Veröffentlichung der eingangs zitierten Enzyklopädie, leitete Moles dort die „Arbeitsgruppe 4“, die sich mit den Themen „Wohnen und Stadt“ beschäftigte.12 Aus seinen unzähligen Seminaraufzeichnungen geht hervor, dass die Frage, wo der Computer in Architektur und Städtebau überall einsetzbar sei, besonders intensiv diskutiert wurde. Aufschlussreich ist eine von Moles selbst gezeichnete Tabelle. Darin werden unter­schiedliche Tätigkeitsbereiche des Menschen, etwa „Arbeiten“ und „Wohnen“, aber auch infrastrukturelle Aspekte, wie „Energie“ und „Verkehr“, nach ihren jeweiligen wirtschaftlichen, soziologischen, psychologischen oder ästhetischen Gesichtspunkten geordnet. Aufschlussreich für die Frage nach der Computeranwendung ist jeweils die äußere rechte Spalte der Tabellen. Diese stellte ­Moles unter die Überschrift „Computerfutter“ und listete darunter all jene Aspekte auf, von denen man seinerzeit annahm, dass sie sich mit dem Computer zukünftig bearbeitet lassen würden. In psycho­logischen Untersuchungen sollte der Computer beispielsweise für „Befragungstests“ eingesetzt werden, in soziologischen Analysen für „Erhebungen“ und in wirtschaftlichen Prüfungen für „Ver­g leiche“. Während man bei allen aufgelisteten Aspekten eine ­mögliche Computeranwendung fand, blieb das Feld „Ästhetik“ als Einziges leer. Das verwundert, stand die Ästhetik doch stets im Zentrum von Moles Forschung. Doch es scheint, als verlief die Suche nach ästhetischen Anwendungen des Computers 88

Abraham Moles: Tabelle der Aufgabenbereiche von Wohnung und Stadt, Arbeits­gruppe 4 (2. und 3. Studienjahr Bauen) HfG-Archiv, Ulm.

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im Kontext von Architektur und Städtebau schwieriger als vermutet. ­Moles und den Seminarteilnehmern fehlten in Ulm die Vorstellungen davon, wo und besonders wie man in der Architektur, Daten für eine Computernutzung im Bereich des Ästhetischen erheben s­ ollte. Pointiert formuliert: Die Architektur ließ sich nicht so einfach an den Computer verfüttern, wie es Moles großspurige Überschrift zunächst suggerierte.

Ästhetische Kalküle Nur zwei Jahre nach Moles Seminar wurde ein Buch veröffentlicht, das eine Antwort auf die zuvor erwähnte Unschlüssigkeit zu geben schien. Ästhetische Probleme der Archi­tektur unter dem Aspekt der Infor­m ationsästhetik,13 so der Titel des Buches, ging 1967 aus einer Doktorarbeit des Architekten Manfred Kiemle an der Technischen Universität Berlin hervor. Auf dem Schutzumschlag ist eine abstrakte Schwarz-Weiß-Zeichnung abgedruckt. Unzählige, ungleichmäßig verstreute Sechsecke bilden ein vielschichtiges und in sich verästeltes Geflecht, das durch seine räumliche Wabenstruktur an die additiven Grundriss­formen strukturalistischer Gebäude erinnert. Bereits im Titel seiner ­A rbeit signalisierte Kiemle, dass sich hinter den beiden nüchtern ­k lingenden Ausdrücken – „ästhetische Probleme“ und „Infor­mations­ästhetik“ – keine historische oder philosophische Abhandlung verbirgt, zumindest keine, die sich innerhalb von vertrauten architektur- oder kunstgeschichtlichen Diskursbahnen bewegen sollte. Die sogenannte Informationsästhetik – eine Bezeichnung, die auf Benses 1957 an der Universität Stuttgart gehaltenen Vorlesung „Moderne Ästhetik“ zurückgeht14 – sollte nicht dem subjektiven Gewebe „metaphysischer Reflexionen“15 entspringen, sondern der Objektivität quantifizierbarer Daten. Fragen nach ästhetischen Urteilen, beispielsweise ob ein Kunstwerk „schön“ oder „hässlich“ sei, wurden aus einer vermeintlich mathematischen Perspektive betrachtet.16 Ein Bild, ein Gedicht oder ein Musikstück sollten nicht mehr durch die „Technik der Interpretation“, sondern durch die „Technik der Observation“ erfasst und analysiert werden.17 Die Informationsästhetik 90

Buchcover, Manfred Kiemle: Ästhetische Probleme der Architektur unter dem Aspekt der Infor­mationsästhetik, 1967 Manfred Kiemle: Ästhetische Probleme der Architek­ tur unter dem Aspekt der Informationsästhetik, Quickborn 1967.

Studien zu Kenzo Tanges Rathaus­fassade, Kurashiki, 1960. Manfred Kiemle: Ästhetische Probleme der Architek­ tur unter dem Aspekt der Informationsästhetik, Quickborn 1967, S. 68.

unterschied sich somit von der Ästhetik als philosophischer Disziplin, in der es, um das Interpretie­ren von ästhetischen Erfahrungen, Empfindungen oder Wahrneh­mungs­eindrücken geht. Informationsästhetik war als eine Art empirische Ästhetik gedacht, deren Theoriebildung dem „Korrektiv des Experimentes […] ausgesetzt“18 und deren Begriffsbildung aus mathe­matischen Definitionen der „Physik, der Informations­t heorie, der Kommunikationstheorie, der Signaltheorie und der Systemforschung“19 übernommen werden sollte. Es mag eine Ironie der Geschichte sein, dass Kiemle mit einem der Wissenschaftlichkeit so unterwürfigen Thema ausgerechnet bei O. M. Ungers promovierte, der – wie bereits im Kapitel zuvor beschrieben – der Anwendung des Computers in der Architektur zunehmend kritisch gegenüberstand. 91

Analysezeichnung zu Ralph Rapsons Theathergebäude, Minneapolis, 1963. Manfred Kiemle: Ästhetische Probleme der Architek­ tur unter dem Aspekt der Informationsästhetik, Quickborn 1967, S. 119.

Analysezeichnung zur Fassade des Bankgebäudes in Buenos-Aires, Sanchez Elia, Peralta Ramos, Agostini und Clorindo Testa 1960. Manfred Kiemle: Ästhetische Probleme der Architek­ tur unter dem Aspekt der Informationsästhetik, Quickborn 1967, S. 120.

„Unsere Bibel“20, so die unter den Architekturstudenten ver­breitete Bezeichnung von Kiemles Arbeit, die Ende der 1960er Jahre an der Technischen Universität Berlin kursierte, ist ein kleines, unscheinbar wirkendes Buch, das seinem äuße­ren Erscheinungsbild nach und gemessen an seinem geringen Umfang nichts mit dem voluminösen Habitus einer Bibel gemein hat. Aller­ dings – und in dieser Funktion mag es die große Geste seiner Benennung erfüllt haben – versprach es den Studenten in einer Zeit, die zu den stürmischsten Kapiteln der Berliner Universitätsgeschichte zählt, intellektuellen Halt geben zu können. Kiemles Ästhetische Probleme der Architektur unter dem Aspekt der ­Informationsästhetik wurde 1967, im Jahr der Studenten­u nruhen veröffentlicht. Die Ermordung von Benno Ohnesorg während einer Demonstration 92

gegen den Schahbesuch im Juni des selben Jahres in Berlin trieb die Studenten aus ihren Zeichensäalen.21 Die Technische Uni­versität verwandelte sich zu einem organisatorischen Drehpunkt der Berliner Protestbewegungen, hier verbanden sich kyberne­t ische Denkmodelle mit studentischen Organisationsformen und poli­t ischen Zielen zu einer einzigartigen Mixtur.22 Die ­Parole ­lautete: „Kritische Reflexion und wissenschaftliche Ana­lyse für eine ­demokratische politische Praxis.“23 Die Anzeichen der hochschulpolitischen Krise waren nicht mehr zu übersehen.24 Der Unterricht an der Architekturfakultät war de facto ausgesetzt, die gewohnten akademischen Abläufe aus Vorlesungen und Seminaren unterbrochen, die Stimmung politisch aufgeladen.25 Es entstand ein explosives Gemisch aus Architektur, Politik und Wissenschaft, das in seiner enthusiastischen Heterogenität charakteristisch war für die Situation. Der Architekturkritiker Wolfgang Pehnt erinnert sich an jene Zeit als „das Zeitalter der Flugblätter und Funktionsdiagramme, der besetzten Institute und gesprengten Vorlesungen, der Gruppenexamen und der Selbstbenotungen“26. Mög­l icherweise hatte Pehnt auch Benses poetische Provokationsgelüste vor A ­ ugen, wenn er hinzufügte: „Ästhetizismus galt als Todsünde.“ Kiemle gliederte sein Buch in zwei thematische Schwer­punkte. Im ersten werden die Grundlagen der „allgemeinen Informations­ästhetik“27 ausführlich beschrieben. Darunter fällt das Kapitel „Äs­t he­t ik als kybernetische Theorie“28 sowie eine umfassende Dar­stel­lung schon bekannter Grundbegriffe aus den Bereichen Semiotik, Informationstheorie, Informationspsychologie und So­z io­kybernetik. Damit gab Kiemle zu erkennen, aus welchen Forschungsfeldern sich seine Arbeit zusammensetzte. Die inhaltlichen Grundpfeiler seiner Untersuchung bauten auf den Überlegungen von Bense, Moles und einem ihrer engsten Schüler, dem Mathematiker Helmar Frank auf. Mit Ausnahme von Elisabeth Walther, die ausschließlich die philosophische Semiotik29 repräsentierte, stützten sich alle anderen in unterschiedlicher Weise auf Claude Shannons mathematische Theorie der Kommunikation. Bense überführte diese in den Bereich der Semiotik.30 Frank diente sie als Grundlage für seine Wahrnehmungstheorie, der sogenannten Informationspsychologie.31 Und Moles, der sich mit seinen Arbeiten stets auf mehreren Feldern 93

gleichzeitig bewegte, machte sie zum Ausgangspunkt sowohl von informationspsychologischen als auch von soziokybernetischen Überlegungen.32 Gemeinsam bildeten sie das theoretische Fundament für Kiemles Versuch, die Prinzipien der Informationsästhetik auf die Architektur zu übertragen. Damit stand Kiemle bereits ein ausdifferenzierter Wissenskörper zur Verfügung. Die Informationsästhetik war zu diesem Zeitpunkt knapp 10 Jahre alt. Bense, Moles und später auch Frank mit seinem Buch Kybernetische Analysen subjektiver Sachverhalte33 hatten eine ganze Reihe von gewichtigen Grundlagenwerken verfasst, auf die Kiemle in seinem Vorhaben zurückgreifen konnte. Den zweiten Schwerpunkt seiner Untersuchung, den er unter den programmatischen Titel „Anwendung der Informationsästhetik auf die Architektur“34 stellte, eröffnete Kiemle mit einer Diskussion über semiotische Aspekte von Architektur. Er versuchte zu zeigen, wie sich bestimmten „architektonischen Elementen“35, beispielsweise einer Stütze oder einem Fenster, jeweils eine syntaktische, semantische und pragmatische Zeichenfunktion zuordnen lässt. Mit dem Kapitel „Ästhetische Information in der Archi­tektur“36 begann aus architektonischer Sicht das eigentliche Projekt, nämlich die Frage, wie sich das theoretisch und termino­logisch häufig undurchdringlich erscheinende Gewebe der Infor­mationsästhetik auf Wahrnehmungsprozesse der Architektur projizieren lässt. Kiemles Grundthese lautet, dass „weite Bereiche der modernen Architektur für einen ästhetischen Wahrnehmungsprozess zu informationsarm sind oder zu informationsarm geworden sind“, woraus er „mindestens eine Ursache für die neuesten Strömungen der zeitgenössischen Architektur“37 ableitete. Kiemle führte zunächst ein Axiom von Franks Informationspsychologie an. Dieses ging davon aus, dass „die informationspsychologischen Parameter des menschlichen Bewusstseins zu ästhetisch relevanten Kriterien [werden].“38 Die dahinter stehende Auffassung, was Wahrnehmung und was Bewusstsein sei, war denkbar einfach. Man stellte sich das Gehirn als eine informationsverarbeitende ­Maschine vor, die in einer bestimmten Zeit eine begrenzte Menge an Infor­mation aus der Umwelt aufnehmen und verarbeiten konnte. Auch die ­Vorstellung des menschlichen Bewusstseins war die einer „Speichervorrichtung, die die eintretenden Wahrnehmungs­i nhalte 94

unter Beibehaltung der zeitlichen Ordnung für eine kurze Zeit T ­speichert“39. Der technizistische Klang und der kaum zu überhö­rende Re­duktionismus in diesen Formulierungen waren die Grund­bedingungen und auch das Resultat des informationsästhetischen Projektes. Die selbsternannte Vollmacht der psychokybernetischen Modelle ließ die Komplexität der Wahrnehmung, des Bewusstseins – ja, der menschlichen Daseinsform – zu einem technisch ­reproduzierbaren Abziehbild einer kybernetischen Systemwelt werden. Doch Kiemle war an einer Weiterentwicklung von Franks Informationspsychologie nicht interessiert. Vielmehr ging es ihm um die Verortung der Informationsästhetik im damaligen Architekturdiskurs. Sein Interesse galt der Entwicklung eines informationsästhetischen Modells zur Erklärung bestimmter Architekturstile. Er benutzte den Begriff „Informationsarmut“ deshalb in einem doppelten Sinn: einerseits als Bestandteil einer kybernetischen Wahrnehmungstheorie und andererseits als vermeintlich empirisch fundiertes Vehikel für die Formulierung weiterer architekturtheoretischer Überlegungen. Dazu führte Kiemle eine Reihe von Fallbeispielen an, in denen er die Relevanz der Informationsästhetik für die Architektur darzulegen versuchte, etwa die Fassade von Kenzo Tanges Rathaus in Kurashiki (1960), das Theater von Ralph Rapson in Minneapolis (1963) oder das Bankgebäude der Architekten Sanchez Elia, Peralta Ramos, Agostini und Clorindo Testa in Buenos-Aires (1960). Kiemle bezog sich bei seiner Auswahl explizit auf den sogenannten Brutalismus, eine Architekturströmung der Nachkriegszeit, als deren Ikone die zwischen 1949 und 1954 von Peter und Alison Smithsons gebaute Secondary School Hunstanton gilt.40 Dass Kiemle sich ausgerechnet dem Brutalismus widmete, mag zwei Gründe gehabt haben: Zum einen konnte er damit den Nachweis erbringen, dass sich die Informationsästhetik auf eine aktuelle Strömung der Architektur anwenden ließ, die „typisch für die neuen Tendenzen“41 sei. Es ging ihm also um die Bedeutung der Informationsästhetik für die Architektur der Gegenwart. Zum anderen – und dieser Aspekt ist aus Sicht der Architektur aufschlussreich – sah Kiemle den architektonischen Ausdruck des Brutalismus auf einer Linie mit den Grundlagen der Informationsästhetik. „Die Brutalisten sind bestrebt – entsprechend der Forderung der Informationsästhetik –, eine schnelle Fassbarkeit des Bauwerks zu erschweren, 95

wodurch die subjektive Information erhöht wird.“42 Worauf Kiemle hier Bezug nahm, ist die Eigenschaft eines Gebäudes, „visuelle Komplexität“ ausdrücken zu können. Anders formuliert: Der Brutalismus verkörperte eine Architekturströmung, die durch den Entwurf von vielschichtigen Raumkonfigurationen und „labyrinthischen Durchblicken“43 der sogenannten Informationsarmut gewissermaßen entgegenarbeitete. Kiemles informationsästhetisches Plädoyer für den Brutalismus argumentierte dementsprechend auf unterschiedlichen Ebenen, etwa wenn von der „rauen, grobkörnigen und kontrastreichen Flächentextur“ die Rede ist, von der „plastischen Ausbildung der Einzelformen“ oder der „Ablesbarkeit und Erkennbarkeit der konstruktiven und vor allem der funktionellen Zusammenhänge“44. Von einem architektonischen Standpunkt aus betrachtet, lieferten Kiemles Analysen des Brutalismus zunächst wenig Neues. Aus Sicht der Informations­ästhetik dagegen, bedeutete die Plastizität brutalistischer Gebäude­formen und die Materialität des rohen Betons einen „Gewinn an semantischer Information und damit eine Erhöhung des gesamten Informationsangebots“. Es verwundert nicht, dass Kiemle im Verlauf seiner Arbeit für die Erläuterung einer sogenannten informationsarmen Architektur Beispiele des International Style heranzog, etwa Ludwig Mies van der Rohes Seagram Building in New York (1956–1958) oder den Wolkenkratzer One Shell Plaza in Houston, gebaut von dem Archi­tekturbüro Skidmore, Owings and Merrill (1969–1971).45 Zwar verkörperten diese Bauten die Industrialisierung des Bauprozesses besonders gut, doch stand die Glätte der verspiegelten Hochhausfassaden und vorgehängten curtain walls im direkten Kontrast zum ausdifferenzierten Strukturspiel brutalistischer Gebäude und damit auch zur Forderung der Informationsästhetik nach einer Erhöhung des semantischen Informationsangebots. Auch sei aufgrund der weiten Verbreitung dieser Hochhausbauten, die „vorhandene subjektive Information stark gesunken.“46 Als wäre Ästhetik eine Ware, die konsumiert und abgenutzt werden könne, sprach Kiemle vom International Style abschätzig als einer „ästhetisch verbrauchten“47 Architektur. Kiemles Kritik galt nicht nur der Architektur des International Style, sondern auch den „dekorativen Bereicherungen zahlreicher Bauten aus neuster Zeit“48. Anhand von Rapsons Theater versuchte er beispielsweise zu 96

veranschaulichen, dass sich hinter der visuell komplex wirkenden Fassadenstruktur ein einfacher Kasten verbarg, es sich also, pointiert formuliert, um eine Art architektonische Mogelpackung handelte. „Da eine Erhöhung des Informationsgehalts der Außenflächen bei dieser Architektur nur in geringem Umfang, z. B. durch gewisse Unregelmäßigkeiten innerhalb des Rasters, möglich ist, verfallen manche Architekten auf den Ausweg, vor das Bauwerk ein selbstständiges, durchbrochenes Flächengebilde zu stellen, das keine andere Funktion hat, als völlig unabhängig vom eigentlichen Bauwerk und als rein ornamentale Zutat die Möglichkeit zu bieten, durch plastische Gestaltungen, die von jeder Bindung an das Bauwerk befreit sind, ein ausreichendes Informationsangebot zu schaffen. Das informationsarme Bauwerk wird in eine Schale aus ‚freier Kunst‘ verpackt.“49 Dass Kiemle den ornamentalen Charakter vorgebauter Fassadenstrukturen kritisierte, ist die eine Sache – dass er dabei allerdings von ‚freier Kunst‘ sprach, verdeutlicht nur zu gut, dass sich hinter dem vermeintlich objektiven Anspruch der Informationsästhetik ein undifferenzierter Umgang mit Begriffen und subjektiven Schlussfolgerungen verbarg. Die Frage, warum die Fassadenstruktur des Theaters dem Bereich der „freien Kunst“ zuzuordnen ist, wird hier ebenso wenig erklärt wie die Frage, was die sogenannte freie Kunst eigentlich alles umfasst. Die Grenzen zwischen dem, was als Architektur und was Kunst gilt, konnten auch die ästhetischen Kalküle der Informationsästhetik nicht plausibel beantworten.

Diskursproduktion Kiemles Doktorarbeit wurde noch im gleichen Jahr ihrer Verteidigung in das Verlagsprogramm der Brüder Eberhard und Wolfgang Schnelle aufgenommen. Thematisch war das Buch damit in bester Gesellschaft. Der Verlag Schnelle galt zu dieser Zeit als eine wichtige Bezugsquelle kybernetischer Literatur. Bense, Frank und Moles fungierten als wichtige Impulsgeber für das mit kybernetischen Thematiken ausgefüllte Verlagsprogramm. Neben einigen Lexika zur Kybernetik und den beiden vierteljährlich erscheinenden 97

Periodika Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft und Kommunikation. Zeitschrift für Planung und Organisation wurden dort immer wieder Bücher und Essays zu Archi­tektur und Städtebau veröffentlicht, beispielsweise Architekt und Organisator50 von Eberhard Schnelle und Alfons Wankum, Flexible Verwaltungsbauten51 von Ottomar Gottschalk oder Johannes Holschneiders Schlüsselbegriffe der Architektur und Stadtbaukunst 52. Zu den Autoren zählte auch Curt Siegel, der mit seinem bereits 1960 veröffentlichten Grundlagenwerk Strukturformen der modernen Archi­tektur 53 bereits international bekannt war. Obwohl Kiemle also keineswegs der einzige Architekt im Verlagsprogramm war, erschien auf der kybernetischen Bühne, die der Verlag zu dieser Zeit für viele Intellektuelle zur Verfügung stellte, ein Buch über Architektur und Informationsästhetik dennoch in einem besonderen Licht. Dafür waren mindestens drei Gründe entscheidend: Erstens, unterzog sich die Architektur, indem Kiemle die Quantifizierungsmentalität der Informationsästhetik auf die Unschärfen von ästhetischen Fragestellungen abzubilden versuchte, einer vermeintlich strengen Selbstdiagnose. Mit dieser, so war man überzeugt, könne der Grad der eigenen Verwissenschaftlichung erforschen werden. Gleichzeitig konnte man behaupten, mit den prüfenden Augen der Auf klärung auf die Architektur zu schauen – was im Kontext von Kybernetik und Informationsästhetik nichts anderes bedeutete, als sowohl den architektonischen Planungsprozess, als auch den sogenannten Wahrnehmungsprozess von Architektur mathematisch zu durchleuchten. Dieser vermeintlich auf klärerische Blick war in der politisch aufgeladenen Stimmung am Ende der 1960er Jahre ein entscheidendes Kriterium für die Reformulierung der Frage, worin die gesellschaftliche Funktion von ­A rchitektur und in der Folge auch von Architekturtheorie und Architekturkritik bestehen könne. Zweitens, machte Kiemle durch seine Arbeit auf das noch junge Forschungsfeld der Informationsästhetik aufmerksam und trug auf diese Weise zu ihrer P ­ opularisierung in der Architektur bei. Und drittens erhofften sich die Protagonisten der Informationsästhetik mithilfe von Kiemle, die Architektur, als eine von ihnen bis dahin kaum berücksichtigte „Kunstart“54 für den wissenschaftlichen Anspruch ihrer Informa­t ionsästhetik „erschließen“55 zu können. 98

Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft, hrsg. von u. a. Max Bense, Helmar Frank, Gotthard Günther, Rul Gunzenhäuser, Abraham Moles, Elisabeth Walther. Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissen­ schaft, Band 8, Heft, 4, Quickborn, 1967.

Buchcover, Architekt und Organisator, 1964. Eberhard Schnelle und Alfons Wankum: Architekt und Organisator. Methoden und Probleme der Bürohauspla­ nung, Quickborn, 1964.

Letzteres wurde durch die Gründung einer weiteren intellektuellen Bühne begünstigt. Neben dem Verlag Schnelle entstand eine zweite, für die Architektur wesentlich einflussreichere Plattform. 1967, also im gleichen Jahr, in dem auch Kiemles Doktorarbeit veröffentlicht wurde, gründete eine Gruppe von Studenten und Assistenten der Universität Stuttgart die Architekturzeitschrift Arch+.56 Ziel der Zeitschrift – die zunächst noch unter dem programmatischen Titel Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung zirkulierte und stark von Bense inspiriert war – war die Entwicklung von wissenschaftlichen Grundlagen für die Architektur. In den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung bildeten Kybernetik, Semiotik, Wissenschafts- und Systemtheorie wichtige thematische Schwerpunkte der 99

Ausgabe 1 (März 1968) und 6 (April 1969) der Zeitschrift Arch+, u.a. mit einem Portrait des Instituts für Kybernetik Berlin sowie einem „Visuellen Projekt“ von Max Bense und Reiner Kallhardt. Arch+, Nr. 1 (März 1968) und Nr. 6 (April 1969).

Zeitschrift. Regelmäßig wurden Essays, Berichte oder Plädoyers aus einem der zuvor genannten Bereiche veröffentlicht, beispielsweise Benses Essays „Urbanismus und Semiotik“ (Nr. 3, 1968) und „Farb- und Form-Semiotik“ (Nr. 9, 1970), Walters „Abriss zur Semiotik“ von (Nr. 8, 1969), ein Aufsatz zur Informationsästhetik von Georg Nees (Nr. 7, 1969) oder ein Bericht über die Gründung des ORL Instituts an der ETH Zürich (Nr.3, 1968). Auch das sachlich wirkende typo­g raphische Layout der Zeitschrift und das Fehlen von jeglichen Abbildungen sollten dem Leser signalisieren, dass es sich um ein Zeitschriftenprogramm mit einem fast technischen Auf klärungsanspruch handelte. Diagramme, Statistiken und mathematische Formeln bestimmten das Bild der Zeitschrift und waren Ausdruck des Versuchs, die Architektur 100

auf wissenschaftlichen Kriterien zu fundieren – einem Vorhaben, von dem sich die Arch+ 1972 im Zuge einer inhaltlichen und redaktionellen Neuordnung verabschieden sollte.

Die Automatisierung der Kritik Die Architektur galt als der letzte künstlerische Bereich, dessen i­ nnere Funktionsweise es durch die Informationsästhetik zu entmystifizieren galt. Während man in Musik, Literatur, visuel­ler Kommunikation, den bildenden Künsten und sogar in der Kunsterziehung bereits eifrig darum bemüht war, die eigene Disziplin vom Standpunkt der Informationsästhetik aus zu durchleuchten57, stand die Architektur wie ein schwer zu erziehendes Kind außen vor.58 Einige von Kiemles Aussagen aus seiner Doktorarbeit lassen deutlich werden, mit welch bemühter Ernsthaftigkeit und zugleich kaum mehr zu verbergenden Absurdität versucht wurde, Architektur und Informationsästhetik zusammenzubringen. In dem Kapitel mit dem Titel „Ästhetische Information und Architektur“ beschrieb Kiemle beispielsweise, wie er sich eine Liaison von Architekturkritik und Informationsästhetik vorstellte: „Die Infor­ mationsästhetik versucht, notwendige Schönheitskriterien herauszuarbeiten, denen ein Gegenstand genügen muss, um in einer bestimmten Gesellschaft während eines bestimmten Zeitraumes als Kunstwerk fungieren zu können. Das Erfüllen dieser Kriterien ist objektiv feststellbar, so dass die ästhetische Kritik von Subjektivität befreit wird und das ästhetische Urteil eindeutig gefällt werden kann. Die ästhetische Kritik ist objektivierbar, sie kann daher ebenso von einem entsprechenden programmierten Automaten wie von einem menschlichen Kritiker vollzogen werden.“ Und als wäre das noch nicht genug, fügte Kiemle ein Zitat von Frank ein: „Will die Informationsästhetik Objektivität anstreben, dann muss sie ihre Thesen in einer Weise formulieren, dass durch sie eine Automatisierung der Kunstkritik vorbereitet wird.“59 Damit war es amtlich: Kritik sollte in den Dienst von Wissenschaft und Technologie treten und zu einem durch die frühe Informationstechnologie ideologisch aufgeladenen Kampf begriff werden. Die Informationsästhetik schien in 101

Max Bense und Joseph Beuys, Podiumsdiskussion, 1970 Ausschnitte der Fernsehübertragung „Ende offen. Kunst und Antikunst“, mit Max Bense, Max Bill, Arnold Gehlen und Joseph Beuys, gesendet in der Reihe „Wochenendforum“ am 6.2.1970. Produktion: Westdeutscher Rundfunk, Köln 1970.

Architektur und Kunst zu einem philosophischen Feldzug gegen alles zu werden, was nicht präzisierbar, objektivierbar und formalisierbar schien. Wie mit einem Präzisionsinstrument operierte die sogenannte technische Ästhetik mit ihrer abstrakten Sprache an den „Gemütlichkeitsgesten“ des etablierten Kulturbetriebes von Kunst, Architektur, Musik, Literatur und Malerei. Die Eigenständigkeit jedes Gebäudes, seine kulturelle Autonomie und sein historischer Entstehungskontext fielen einer alles umfassenden Modellwissenschaft zum Opfer, deren Ziel, pointiert gesagt, in nichts Geringerem bestand, als die Architektur als schöpferische Disziplin auf die kontrollierbare Größe eines naturwissenschaftlich analysierbaren Sachverhaltes zu reduzieren. Wer sich beispielsweise den legendären Schlagabtausch vor Augen führt, den sich Bense mit Joseph Beuys 1970 während einer hitzig geführten Podiumsdiskussion in der Düsseldorfer Werner-von-Siemens-Schule lieferte, der erhält 102

Das voll besetzte Auditorium der Werner-von-Siemens-Schule, 1970 Ausschnitte der Fernsehübertragung „Ende offen. Kunst und Antikunst“, mit Max Bense, Max Bill, Arnold Gehlen und Joseph Beuys, gesendet in der Reihe „Wochenendforum“ am 6. 2. 1970. Produktion: Westdeutscher Rundfunk, Köln 1970.

Max Bill während der Podiumsdiskussion, 1970 Ausschnitte der Fernsehübertragung „Ende offen. Kunst und Antikunst“, mit Max Bense, Max Bill, Arnold Gehlen und Joseph Beuys, gesendet in der Reihe „Wochenendforum“ am 6. 2. 1970. Produktion: Westdeutscher Rundfunk, Köln 1970.

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einen lebhaften Eindruck von Benses Kritikfreudigkeit und unbeirrter Angriffslust.60 Als engagierter Intellektueller verkörperte Bense – nach wie vor im scharfen Kontrast zur nationalsozialistischen Mystifizierungsrhetorik – die politische Opposition der technischen Vernunft. Damit verlieh er der Kunstkritik einen frisch wirkenden „Theoriesound“61. Neben Bense und Beuys saßen auch Max Bill und der Soziologe Arnold Gehlen auf dem Podium. Es war eine wahrhaft historische Diskussion. Sie ­belegt in aller Deutlichkeit, mit welcher Intensität und Rigorosität die Vorstellung von einer wissenschaftlichen Kritik in allen Einzelheiten durchbuchstabiert werden sollte. Nicht exakt angeben zu können, wie und wodurch ein Kunstwerk ästhetisch wirke, galt als konzeptioneller Schwachpunkt des Künstlers und des Kritikers gleichermaßen. Außerdem – und dies wog um ein Vielfaches schwerer – ließ es Platz für jegliche Formen der geis­t igen Manipulation. Die Furcht, erneut in den Bann mystifizie­ render Demagogien geraten zu können, war seit der Instrumen­t alisierung von Kunst und Architektur durch die Nationalsozialisten bei vielen Intellektuellen noch immer präsent. Beuys’ immer wieder betonte Absicht, bei den Betrachtern seiner Kunstwerke eine nicht näher beschreibbare „Bewusstseinserweiterung“ erreichen zu wollen, e ­ ntgegnete Bense vor einem applaudierenden Publikum, er müsse doch wenigstens wissen, „in welche Richtung“ sich diese ­Erweiterung entwickeln solle – „Sonst ist das doch alles Kokolores!“62 Hier wird die theoretische Entschlossenheit und die begriff­liche Härte fühlbar, mit der auf den Schöpfungsprozess eines intuitiv denkenden Künstlers gezielt werden konnte und sollte. Auch wenn Bense das Publikum durch eine unnachahmliche Sprachakrobatik und sein stets körperbetontes Auftreten für gewöhnlich für sich gewinnen konnte. Es war allerdings Beuys, der am Ende das Duell durch seine leidenschaftliche und nicht weniger brillante Rhetorik gewann und die Diskussion mit dem Publikum bis spät in die Nacht weiterführte. Dem operationalisierten Kunst- und Archi­tekturbegriff der Informationsästhetik sowie der Rhetorik der Algorithmen und Kalküle, stand bei Beuys eine in ihrer Totalität nicht weniger provokative, methodische Offenheit des produktiven Denkens gegenüber. Im Erbe der bunten Happeningkultur der Fluxus-Bewegung sprengte Beuys durch die Verwebung von Kunst, Gesellschaft und Politik die tradierten Ästhetikdebatten mit einer vergleichbaren Radikalität, durch 104

die sich auch Benses Philosophie auszeichnete – allerdings mit einem entgegengesetzten Vorzeichen: An die Stelle von Objektivität und Verwissenschaftlichung, trat ein von Technik und Wissenschaft losgelöster, auf Phantasie und Schöpferkraft begründeter „erweiterter Kunstbegriff“63, mit dem Beuys an die künstlerischen und letztlich auch politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Menschen innerhalb der Gesellschaft appel­l ieren wollte. Benses beständiges Insistieren auf Kriterien der Messbarkeit, sein Krawall gegenüber jeglicher Subjektivität im Beurteilen von Kunst und Architektur, ja selbst seine ansonsten stets vergnügliche Radikalität im Philosophieren – sie wirkten nicht zuletzt auch im Hinblick auf die herannahende Postmoderne plötzlich seltsam antiquiert, eng und ideologisch. In Frieder Nakes’ Worten: „Die Informationsästhetik als der grandiose Vorwurf einer ganz am Objekt orientierten Ästhetik, die dem schwülstigen Geschwafel der etablierten Kunstkritik den Garaus machen wollte, musste enden, […] weil sie die Dialektik des Kunstwerkes durchschnitt; weil ihr Ansatz keinen Raum für Entfaltung, sondern nur für Verengung bot.“64 Auch Kiemles Vorhaben, die Wirkung von Architektur mithilfe von ästhetischen Kalkülen zu beschreiben und über diesen Weg zu einer automatisierten Architekturkritik zu gelangen, musste scheitern. Obwohl er mit seinen Untersuchungen eine für den informationsästhetischen Diskurs bemerkenswerte Lücke füllen konnte, blieb eine nennenswerte Reaktion seitens der architektonischen Praxis aus. In der Zeit der Berliner Studentenunruhen und Universitätsreformen vermochte Kiemle dem aufgewühlten Architekturdiskurs eine Orientierungshilfe zu geben. Doch es folgten keine intensiv geführten Debatten oder Formen der kritischen Auseinandersetzung, wie sie sich beispielsweise im Hinblick einer befürchteten Kybernetisierung der Planung immer wieder entzündeten. Nicht einmal eine 1970 im Journal of Aesthetics and Art Criticism publi­zierte Rezension des zu diesem Zeitpunkt bereits international einflussreichen Kunstpsychologen Rudolf Arnheim konnte der nur wenige Jahre zuvor noch zeitweise als „Bibel“ gehandelten Arbeit, zu einer größeren Akzeptanz verhelfen. Kiemles Arbeit sollte der erste und zugleich letzte systematische Versuch gewesen sein, Grundprinzipien einer wie auch immer begründeten kybernetischen Ästhetik auf die Architektur anzuwenden. 105

Swinging Cybernetics

Im September 1969 erschien in der einflussreichen britischen Zeitschrift Architectural Design ein Aufsatz, der auf die Frage, wie Architektur und Kybernetik zueinander in Beziehung stehen, die Position einer Grundsatzerklärung beanspruchte. Der Artikel mit dem programmatischen Titel „The Architectural Relevance of Cybernetics“1 wurde nicht von einem Architekten, sondern von Gordon Pask, einem prominenten britischen Kybernetiker der Nachkriegszeit verfasst. Pask gilt – neben Stafford Beer, der das kybernetische Modelldenken erstmals auf Fragen des Management anwendete2 und W. Ross Ashby, der mit Design for a Brain3 und Introduction to Cybernetics4 bereits seit Mitte der 1950er Jahre einem größerem Pub­l ikum bekannt wurde – als der dritte bedeutende Protagonist der britischen Kybernetikbewegung.5 Er war in diesem Trio die wohl schillernste Figur. Als blasse, hagere und zerbrechlich wirkende Erscheinung, verlieh er der Kybernetik nichtsdestotrotz ein Gesicht, das im Kontrast zu Norbert Wieners gedrungener Statur und energiegeladenem Habitus stand. Pask war ein „bricoleur“, ein Tüftler, der in seinem Laboratorium an den Schaltkreisen selbst gebauter Kunstmaschinen bastelte. Für das 1961 aus der Zusammenarbeit der Theaterregisseurin Joan Littlewood mit dem Architekten Cedric Price entstandene Architekturprojekt „Fun P ­ alace“ – das auch nach über sieben Jahren Planungszeit unrealisiert blieb – entwickelte er eine Reihe ausgeklügelter kybernetischer Raumprogramme. Pask haftete die Aura des verträumten, doch genialen Wissenschaftlers an. Anders als Wiener, der von der sogenannten kybernetischen Kunst nur wenig hielt,6 scheute Pask den Kontakt zu den Künsten nicht. Im Gegenteil: Pask fühlte sich in den experimentellen Welten der Londoner Kunstszene heimisch und sympathisierte mit dem medientechnischen Methodenpluralismus und den technikzentrierten Architektur- und Kunstformen, wie sie etwa in den farbenfrohen und comicartigen Architekturcollagen der Gruppe Archigram zum Ausdruck kamen.

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„The Architectural Relevance of Cybernetics“ muss vor einem dreifachen Hintergrund gelesen werden: der Entwicklung kybernetischer Kunstmaschinen, den Anfängen der Pop Art und der Planung des „Fun Palace“. Aus dieser Dreifachbelichtung wird erkennbar, wie sehr Pask in der Architektur mit einem Kommuni­ka­t ionsbegriff operierte, der zwischen psychologischen, soziologischen und computerwissenschaftlichen Lesarten oszillierte. Während an der Hochschule für Gestaltung Ulm vorwiegend eine bemüht ernsthafte Suche nach Wissenschaftlichkeit und Objektivität im Vordergrund stand, fungierte die Kybernetik bei Pask als ein Erklärungsmodell von Kommunikationsprozessen, das aufgrund seiner Nähe zum Theater, eher performative Züge aufweist.7 Letzteres bedeutete allerdings nicht, dass die Kybernetik in irgendeiner Weise eine Bescheidenheit in ihren Ansprüchen erkennen ließ. Trotz, oder sollte man vielleicht besser sagen: gerade wegen der direk­ ten Nähe zu den Künsten und dem Entertainment, bot es sich für Pask an, in der Kybernetik das Potenzial für eine alles erklärende Gesellschaftstheorie zu suchen. Ähnlich wie Max Bense, b ­ egann auch Pask sein Projekt der Weltprogrammierung von der Ästhetik her. Doch anders als Bense, dem es um die Konstruktion einer objektorientierten, also subjektunabhängigen Ästhetik ging, war der Ästhetikbegriff bei Pask unmittelbar an die subjektive Erfahrung und Körperlichkeit des Menschen gekoppelt. Pask repräsentierte damit eine Facette der Kybernetik, die zwar mit dem von Wiener geprägten Begriffsinstrumentarium aus Kommunikation und Kontrolle operierte, konzeptionell aber einem performativen Weltbild verhaftet war. Es ging also um einen wirklichkeitskonstitutiven Raumbegriff, der erst über den Akt der Handlung erschlossen ­werden konnte und immer wieder neue Interpretationsräume eröffnete. Der Architektur sprach Pask dabei eine entscheidende Rolle zu. Architektonische Räume stellten aufgrund ihrer Eigenschaft, soziale Räume nicht nur formulieren, sondern auch immer wieder neu erschaffen zu können, das beste Feld dar, die Kybernetik aus ihrer rein analytischen Rolle zu befreien und ihr eine synthetisierende und gestalterische Disposition zuzusprechen. Aus einer systemtheo­retischen Perspektive betrachtet, spielte es dabei zunächst einmal keine Rolle, ob es um die kybernetische Gestaltung von architektonischen 107

„Brainy Man Builds Better Brains“, Portrait über Gordon Pask und seine Musicolour-Maschine, 1960 Electronics Illustrated, Februar 1960, S. 102–103.

Räume selbst ging oder – und darin bestand die subtile Rigorosität dieses Ansatzes – um digitale Werkzeuge, mit denen die Gestaltung von architektonischen Räumen geplant und organisiert werden konnte. In der abstrakten Modellwelt der Kyber­netik schien es ein Leichtes, Mensch, Maschine und Umwelt als homogene Parameter eines einzigen, alles umfassenden Systems zu operationalisieren und technisch zu verwalten. Dieser beängstigende Formalismus in Pasks Denken lässt sich auch nicht dadurch wieder auf heben, dass seine Arbeiten im Lichte einer urbanen und lebensfrohen Mentalität entstanden, für die das Time Magazin in der Ausgabe vom April 1966 die inzwischen längst populäre Bezeichnung „Swinging London“8 erfand. 108

Systemdenken „The point I wish to establish is that nowadays there is a demand for system orientated thinking, whereas, in the past, there was only a more or less esoteric desire for it“9, erklärte Pask in dem eingangs erwähnten Aufsatz. Ende der 1960er Jahre war der Ruf nach einer systemorientierten Architektur keine Seltenheit. Besonders durch das von technischen Entwicklungen getriebene Feld des Industriellen Bauens hatte das Denken in vorfabrizierten Konstruktionselementen und wandelbaren Baukastensystemen an Popularität gewonnen. Die eigentliche Brisanz von Pasks Aussage lag dagegen in der Idee der Generalisierbarkeit von Theorie: „Because of this demand it is worth while collecting the isolated sub-theories together by forming a generalization from their common constituents. […] The common constituents are the notions of control, communication and system. Hence the generalization is no more nor less than abstract cybernetics interpreted as an overall architectural theory.“10 Die Forderung nach einer Kybernetik als einer alles-in-sich-vereinenden Universaltheorie, stellte eine Provokation gegenüber der methodischen Heterogenität und kulturellen Autonomie architektonischer Entwurfskonzepte dar. Zwar räumte Pask architekturtheoretischen Überlegungen durchaus eine gewisse Funktionalität ein, beispielsweise wenn es um eine kritische Diskussion historischer Darstellungen ging. Er war jedoch davon überzeugt, dass ­kybernetische Denkmodelle ein ungleich größeres erkenntnistheoretisches Potenzial und darüber hinaus auch eine vollkommen neue methodische Qualität implizierten: „In contrast, the cybernetic theory has an appreciable predictive power.“11 Damit sprach Pask aus, was viele der Kybernetikbegeisterten dachten: Mit Hilfe von Kommunikation und Kontrolle ließ sich längst nicht mehr nur das Verhalten von technischen und physiologischen Systemen erklären – wie es von Wiener zuvor popularisiert worden war –, sondern eben auch das von kulturellen und sozialen Systemen. „Human interaction is a major source of difficulties which can only be overcome by cyber­netic thinking.“12 Pask ging also von der Vorstellung aus, die Komplexität sozialer Handlungen sei ausschließlich durch das Instrumentarium der Kybernetik 109

verständlich. An dieser Stelle wird besonders drastisch deutlich, wie weitreichend sein Vertrauen in die kybernetische Modellwelt war. In „The Architectural Relevance of Cybernetics“ veranschaulichte Pask auf bemerkenswerte Weise, wie er sich eine mögliche Übersetzung seines soziokybernetischen Ansatzes auf die Architektur vorstellte. Als Ausgangspunkt diente die Annahme, dass sich die kybernetischen Beschreibungsmodelle der Kommunikation auch auf kognitive Prozesse der Wahrnehmung, Bewertung und des Lernens übertragen lassen, etwa wie sie beim Durchschreiten und Erkunden eines Gebäudes zu beobachten sind. Als Beispiel zog Pask Antoni Gaudís Parc Güell heran. Damit entschied er sich für ein historisches Beispiel, das aus einer vorkybernetischen Zeit stammt. Parc Güell ist ein zwischen 1900 und 1914 von Gaudí nur in Teilen fertiggestelltes Projekt. Es besteht aus einer hoch über Barcelona gelegenen Parkanlage mit einzelnen, freistehenden Gebäuden, die durch allerlei verschnörkelte und mit buntem Mosaik bedeckten Figuren einem glitzernden Märchenwald ähnelt. Der Besucher sollte die unzähligen verwinkelten Plätze und Situationen der Parkanlage wie eine unbekannte Welt erkunden können. „Gaudi (intentionally or not) achieved a dialogue between his environment and its inhabitants. He did so using physically static structures. The dialogue can be redefined and extended with the aid of modern techniques which allow us to weave the same pattern in terns of a reactive environment.“13 Pask, für den Gaudís Anlage „one of the most cybernetic structures in existence“14 verkörperte, ging es hier darum zu veranschaulichen, dass die Beziehung von Architektur und Kybernetik zunächst keine Frage der Technik oder an den Einsatz des Computers gebunden sei. Auch war es – und hier zeigt sich der Universalgedanke der Kybernetik besonders deutlich – keine Frage von Geschichte. Vielmehr sollte Kybernetik als systemisches Denkmodell betrachtet werden, bei dem die prinzipielle Modellierung von kognitiven Eigenschaften, wie etwa der Wahrnehmung oder der Neugier im Zentrum stehen. Die Wechselwirkungen zwischen Gebäude und Betrachter, Objekt und Subjekt konnten – gleichgültig ob für die Gegenwart oder die Geschichte – als performative Kommunikationssysteme verstanden werden, die kybernetisch interpretierbar und technisch beschreibbar waren. Die eigentliche 110

„Funktion“ von Architektur bestand für Pask demnach in dem Potenzial, über die Anordnung und Gestaltung von Räumen mit dem Menschen in eine körperliche Wechselwirkung zu treten und als „Umwelt“ einen wirklichkeitskonstituierenden Charakter zu haben. „The functions, after all, are performed for human beings or human societies. It follows that a building cannot be viewed simply in isolation. It is only meaningful as a human environment. It perpetually interacts with its inhabitants, on the one hand serving them and on the other hand controlling their behavior. In other words structures make sense as parts of larger systems that include human components and the architect is primarily concerned with these larger systems. They (not just the bricks and mortar parts) are what architects design. […] The concept of functionalism can be usefully refined in a humanistic direction.“15 Es sind diese Überlegungen, mit denen Pask hervorhob, dass in der Folge einer solchen systemtheoretischen Mensch-Architektur-Beziehung nicht nur das korrigiert werden müsste, was man traditionell unter „Architektur“ versteht. Vielmehr müsste sich auch die gesellschaftliche Rolle des Architekten selbst ändern. Der Architekt würde vom einstigen Entwerfer konkreter Objekte zum Entwerfer von abstrakten Systemen, besser gesagt: von Kommunikationssystemen werden. Nicht mehr Material oder Form würden im Vordergrund des architektonischen Entwurfsprozesses stehen, sondern die Programmierung eines abstrakten Systems, ausgehend von der Operationalisierbarkeit seiner einzelnen Elemente und deren Verhalten. Einerseits interpretierte Pask Gaudis ästhetische Park­a nlage vom Standpunkt der Kybernetik aus. Andererseits übertrug er den Gedanken des wechselseitigen Aufeinanderwirkens von Mensch und Architektur in die abstrakte Modellwelt der Kybernetik. Er gab dieser Wechselwirkung durch das Konzept der „interaction“ gewissermaßen ein begriffliches Gefäß und darüber hinaus ein performatives Vorzeichen. Mit dieser Form der Doppelcodierung versuchte Pask ein Handlungsfeld zu formalisieren, für das genaugenommen weder eine allgemeingültige Begriffsbestimmung noch eine exakte wissenschaftliche Definition vorlag, das für die Geschichte von Architektur und Kybernetik jedoch eine zentrale Rolle spielte.

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Buntes Licht und schräge Klänge Schon Anfang der 1950er Jahre hatte Pask gemeinsam mit seinem Studienkollegen, dem Physiker Robin McKinnon-Wood, im Computer-Laboratorium der Cambridge Universität an einer Reihe von eigenartigen Apparaten gebastelt, etwa einem Metronomen, das über einen eingebauten Feedback-Mechanismus den Rhythmus änderte oder einer Schreibmaschine, mit der man Töne produzieren konnte. Sie bauten diese aus allen möglichen Dingen zusammen, die sie auftreiben konnten – was unmittelbar nach Kriegsende, wie sich McKinnon-Wood erinnert, eben auch militärtechnologische Maschinenteile sein konnten: „We usually had a cart-before-the-horse attitude to building things, partly because we had no money, and partly because we both liked junk. Gordon used to come back from Liverpool or the Isel of Man with bits of Calliope organ, I would come back from Lisle St. London with bits of bomb sight computer […].“16 Doch die collageartigen Konstruktionen galten nicht als das charakteristische Merkmal dieser Maschinen. Vielmehr zeichneten sie sich dadurch aus, dass sie ein mehr oder weniger verständliches adaptives Verhalten gegenüber ihrer Umwelt offenbarten. Es war also nicht das physische Material, sondern der Auf bau der Schaltkreise zur Steuerung des Verhaltens, aus dem ihre konzeptionelle Bedeutung und Wirkmächtigkeit hervorgehen sollte. Eine dieser Maschinen gilt nicht nur für die Wissenschaftsgeschichte der britischen Kybernetik als besonders aufschlussreich.17 Sie lässt sich auch als konzeptioneller Ausgangspunkt für das später von Pask entwickelte kybernetische Programm des Fun-Palace-Projekts deuten. „Musicolour“, so der Name dieser Maschine, war ein zusammengelötetes Gerät, das – außer aus dem Durcheinander der Kabel – hauptsächlich aus zwei Teilen bestand: einem Mikrophon, mit dem Klänge eines Instrumentes aufgenommen und in elektrische Signale umgewandelt wurden, und einer einfachen Lichtanlage, die direkt an die Schaltkreise des Mikrophons gekoppelt war und in Abhängigkeit der Klänge farbiges Licht projizierte. Darüber hinaus verknüpfte Pask beide Ebenen an einen lernenden Algorithmus, wodurch Musicolour auf das Verhalten der Betrachter reagieren und sich durch wechselnde Klang-Licht-Effekte der jeweiligen Situa­t ion anpassen konnte. Wenn 112

man so will, kann Musicolour als eine frühe Form von Multimediatechnik interpretiert werden. Pask tourte zwischen 1953 und 1957 mit der Maschine und der dazugehörigen Rechenanlage durch die Theaterhäuser Englands. Als Raum des Experimentierens und Repräsentierens bot das Theater ideale Möglichkeiten, im Zusammenspiel von Musik, Tanz und Schauspiel immer wieder neue multimediale Stimmungen zu generieren. Zunächst inspiriert von synästhetischen Theorien aus der Physiologie, also Konzepten der Kopplung zweier oder mehrerer physisch getrennter Bereiche der Wahrnehmung, rückte für Pask mit der Zeit immer mehr die Vorstellung einer „lernenden Maschine“ in den Vordergrund. Von diesem Gedanken ging eine wesentlich größere Anziehungskraft aus, als es die seit dem Ende des 19. Jahrhundert existierende Synästhesieforschung leisten konnte. Eine Maschine die lernen kann, galt nicht nur technisch als größere Herausforderung. Auch konzeptionell war mit der Vorstellung einer lernenden Maschine auch ein großes Stück an Überheblichkeit gegenüber dem Menschen verbunden. Darin lag womöglich die Faszination an dieser Form der anthropotechnischen Grenzüberschreitung. „By that time it was clear that the interesting thing about Musicolour was not synaesthesia but the learning capability of the machine. Given a suitable design and a happy choice of visual vocabulary, the performer involved in a close participant inter­action with the system. He trained the machine and it played a game with him. In this sense, the system acted as an extension of the performer with which he could co-operate to achieve effects that he could not achieve on his own. […] The ‚learning‘ mechanism, in particular its strategy, was chosen as one of many alternatives which foster the transfer of information around the entire feedback loop […], i.e. the loop involving visual display, performer, musical instrument and ‚learning‘ machine.“18 „Musicolour“ konnte also einerseits als mechanisches M ­ odell für ein neurophysiologisches Verhaltensmuster von Adaptivität dienen. Andererseits erzeugte der Einsatz von Licht und Musik ein Spektrum aus starken multimedialen Atmosphären. Kyber­netik fungierte hier als ein integrativ operie­rendes Getriebe zwischen Kunst, Wissenschaft und Entertainment. Über einzelne Feedback-Schritte konnten Mensch und Maschine als vermeintlich gleichberechtigte Einflussgrößen in einer 113

Blick in den Theaterraum des Churchill’s Club mit Projektionen der Musicolour-Maschine Jasia Reinhardt (Hrsg.): Cybernetics, Art and Ideas, London, 1971, S. 86.

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Mechanismus der Musicolour-Maschine Jasia Reinhardt (Hrsg.): Cybernetics, Art and Ideas, London, 1971, S. 87.

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einzigen Rück­kopplungsschlaufe gedeutet und geregelt werden. Subjekt und Objekt wurden zu Parametern ein und desselben abstrakten ­Systems. Mediengeschichtlich betrachtet, mag Musicolour zunächst an die Kunstmaschine von László Moholy-Nagy erinnern, den sogenannten „Licht-Raum-Modulator“, eine bereits um 1930 entwickelte kinetische Skulptur.19 Diese von

kleinen Elektromotoren angetriebene Maschine war, wie Moholy-Nagy ihre Funktion selbst einmal beschrieben hatte, ein „Apparat zur Demonstration von Licht- und Bewegungserscheinungen“20 und wurde u. a. für sein Filmprojekt „Light Display – black and white and grey“ verwendet.21 Der grundlegende Unterschied zwischen der Maschine von Moholy-Nagy und der von Pask bestand jedoch darin, dass Erstere eher einem sich gleichmäßig bewegenden Schattenbild glich, Letztere dagegen aus einem selbst organisierenden Mechanismus bestand, dessen Verhalten aus der Sicht der Betrachter keinem kontrollierten Schema folgte. „Musicolour“ war als eine Black Box konzipiert, deren Input zwar bekannt war, nicht jedoch ihre Schaltung im Inneren. Der dadurch generiert Output war berechenbar, allerdings nicht vorhersehbar. Pask hatte eine selbstorganisierende Kunstmaschine geschaffen, deren kybernetisches Verschaltungsmodell im Inneren einerseits zu einem neuen abstrakten Leitbild der Maschine zwischen Wissenschaft und Kunst werden sollte und andererseits eine neue Anonymität des Technischen vor Augen führte. Es ist die Subtilität dieser beiden Facetten, aus der sich – auch im Hinblick auf die frühe Liaison von Kybernetik, ­T heater und Entertainment – der Charme, aber auch die Rigorosität des späteren Fun-Palace-Projekts erklären lässt.

Performative Maschinen 1947 wurde unter anderem von dem Schriftsteller Herbert Read, dem Kunstkritiker Roland Penrose sowie dem Verleger Geoffrey Grigson das Institute of Contemporary Arts in London gegründet. Im gleichen Jahr rief György Kepes – Künstler, Theoretiker und Schüler des Bauhäuslers Moholy-Nagy – am Massachusetts Institute of Technology erstmals ein akademisches Programm zum Visual Design ins Leben, woraus zwanzig Jahre später das auch noch 116

heute existierende Center for Advanced Visual Studies hervorgehen sollte. Das Institute of Contemporary Arts galt bereits kurz nach seiner Gründung als ein intellektuelles Zentrum der britischen Kunstszene. Dort fand eine Vielzahl von Ausstellungen, Happenings und Aktionen statt, die das Institut inmitten der konservativen britischen Gesellschaft zu einem Ort der Avantgarde werden ließen. Vier Jahre nach der Gründung kuratierte der Künstler Richard Hamilton die epochemachende Ausstellung Growth and Form.22 Inspiriert wurde er von den gleichnamigen und bereits 1917 veröffentlichten Studien des Biologen D’Arcy Thompson. Dieser hatte sich darin mit der geometrischen Transformierbarkeit von Formen in der Natur beschäftigt, beispielsweise mit strukturellen Gemeinsamkeiten von Knochen und Skeletten oder den dynamischen Wachstumsprozessen von Zellen.23 Die Frage der visuellen Form war also immer auch eine Frage nach den dahinterliegenden morphologischen Gesetzmäßigkeiten. Zunehmend ging es um die Visualisierung und die konzeptionelle Darstellung von Kraftverläufen und anderen abstrakten Organisationsmustern. Hamil­ton griff D’Arcy Thompsons methodische Reorganisation des Formbegriffs von dem Standpunkt der Künste auf. In der damit verbundenen „strukturellen Wende“ sah er einen konzeptionellen Orientierungspunkt, mit dem sich nicht nur unterschiedliche komplexe Formen gestaltpsychologisch interpretieren ließen, sondern an dem auch die Frage nach den visuel­len Korrespondenzen zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie in einem grundsätzlich neuen Licht erschienen. D’Arcy Thompson Strukturtheorie hatte großen Einfluss auf das Feld der Wissenschaften. Die Vorstellung war für viele attraktiv, es gäbe ein „unitary principle which correlates all observations and experiences within the range of human perception and understanding“24. Am Institute of Contemporary Arts entschloss man sich deshalb keinen klassischen Ausstellungskatalog, sondern ein popu­lärwissenschaftliches, doch theoretisch anspruchsvolles Buch zu produzieren. Als Autoren für Aspects of Form25 – so der auf D’Arcy Thompson Bezug nehmende Titel der Aufsatzsammlung – konnte man eine Reihe renommierter Wissenschaftler gewinnen, etwa den Kristallographen Jones Humphrey-Owen, den Genetiker Conrad Hal Waddington, den Verhaltensforscher Konrad Lorenz oder den Kunstpsychologen Rudolf Arnheim. 117

Bewegungsspur von Grey Walters „Turtle“ The Grey-Walter-Picture-Archive, http://www.ias.uwe.ac.uk/Robots/gwonline/gwarkive.html.

Auch der Kybernetiker Grey W. Walter war mit einem Aufsatz über „Activity Patterns in the Human Brain“26 vertreten. Seine Mitwirkung ist aus mindestens zwei Gründen ein aufschlussreiches Detail: Einerseits spielte Walter für den neurophysiologischen Zweig des britischen Kybernetikdiskurses eine wichtige Rolle. Bereits seit den 1930er Jahren erforschte er die Entstehung von neuronalen Mustern im menschlichen Gehirn und hatte dazu einen Apparat zur elektroenzephalografischen Messung von Gehirn­a ktivitäten entwickelt, besser bekannt als „EEG -Maschine“. Ande­rerseits – und dieser Aspekt ist für den hier diskutierten Zusammenhang von größerer Bedeutung – war Walter der Vater der ersten kybernetisch gesteuerten, autonomen Roboter. 118

Die beiden, von Walter liebevoll „Turtels“ genannten Maschinen, waren zwei knapp kniehohe und mithilfe von drei kleinen Rädern über den Boden schleichende Blechschachteln. Diese einfach verkabelten Maschinen gelten als der Beginn der sogenannten „Situated Robotics“, einer ingenieurswissenschaftlichen Tradition, die bis zur Unterhaltungsindustrie der Gegenwart reicht.27 Darunter muss man sich vereinfacht gesagt, Maschinen vorstellen, die ihren Weg durch ihre jeweilige Umwelt dadurch bestimmen, dass sie mit ihr interagieren. Ausgerüstet mit einfachen Sensoren, etwa Photo­zellen oder Kontaktschaltern, suchen sie mithilfe einer simplen Trial-­a nd-Error-Methode den sie umgebenden Raum ab. Sogenannte situ­ierte Roboter sind in diesem Sinne performative Maschinen, also Maschinen, die in ihrem Verhalten erkennbar in der Welt agieren. Dass Walter in einem Buch vertreten ist, in dem es um univer­selle Zusammengehörigkeiten eines disziplinübergreifenden Formoder Strukturbegriffs zwischen Kunst und Wissenschaft geht, sagt auch etwas über das Akzeptanzpotenzial kybernetischer Modelle in Kunst und Architektur aus. Obwohl sich die Künste der Kybernetik oftmals eigenständig und losgelöst von den Aneignungsversuchen der Architektur näherten, verliefen die Grenzenverläufe fließend. Das hängt mit einer Raumvorstellung zusammen, in der „Raum“ nicht als a priori gegeben, etwa als ein neutraler, geometrisch definierter Behälter, verstanden wird, sondern interaktiv entdeckt und konstruiert wird.28 Systemtheoretisch betrachtet, gilt das für Menschen genauso wie für Maschinen. 1968, im gleichen Jahr, in dem die Hochschule für Gestaltung Ulm geschlossen wurde, zeigte das Institute of Contemporary Arts eine Ausstellung, in der die Kybernetik im Mittelpunkt stand. „Cyber­netic Serendipity“29, so der programmatische Titel der Ausstellung, die unter anderem auf eine Initiative von Max Bense zurückging und von Jasia Reichardt kuratiert wurde,30 gab erstmals im großen Stil einen Überblick über das noch junge Feld der kyber­ netischen Künste: Computergrafiken von William Vetter, Georg Nees, Frieder Nake und Michael Noll, Kompositionen von John Cage, Karlheinz Stockhausen und Herbert Brün, den „Electronic TV images“ von Nam June Paik, programmierte Choreo­g raphien, computergenerierte Poesie oder die kybernetische Skulptur von Nicholas Schöffer. 119

Titelbild des Ausstellungskatalogs zu Cyber­ netic Serendipity, u. a. mit einer Collage aus program­mierten Grafiken von Donald K Robbins, 1968.

Auch ein Architekturprojekt wurde ausgestellt. Unter dem Titel „Indeterminate dimensions in architecture“31 wurden Zeichnungen des im Bau befindlichen Northwick Park Hospital gezeigt, einem großen Krankenhauskomplex am nördlichen Stadtrand von London. Die Fassadenstruktur des von John Weeks entworfenen Gebäudes wurde mithilfe eines Computerprogramms generiert, was zu einem unregelmäßigen Zufallsmuster führte, das wiederum – so wird im Ausstellungstext behauptet – „the direct expression of an objective ordering process“32 zeige. Weeks verwendete den Computer als eine automatische Kompositionsmaschine, mit deren Hilfe Unbestimmtheit operationalisiert und in einen Entwurfs­para­meter verwandelt werden konnte – eine Methode, von der John Cage bereits zehn Jahre zuvor in seinem Vortrag 120

„Indeterminacy“ sprach.33 Obwohl das Projekt, so wird es jedenfalls Charles Jencks kurze Zeit später in seinem Buch Architecture 2000 auslegen, als das erste „explicit indeterminate building“34 gilt, spielte es in der Ausstellung eher eine untergeordnete Rolle. Das lag weniger an der architektonischen Qualität des Projektes. Doch beschränkte sich der Einsatz des Computers hier lediglich auf das automatische Ordnen von flächigen Fassadenelementen eines bereits fertig entworfenen Gebäudes. Das Projekt hatte dadurch eher den Charakter von „Kunst am Bau“. Für den Besucher war außerdem auf den ersten Blick nicht ersichtlich, worin der Einsatz des Computer bestand. Die eigentliche Pointe des Projektes – „the appearence of the buildings was not determinable until the results of the calculations were seen“35 – war angesichts der anderen in der Ausstellung gezeigten Kunstwerke nicht provokant und spektakulär genug. Man könnte auch sagen, dem Projekt fehlte es an der inszeniert performativen Verspieltheit, durch die sich etwa die Arbeiten von Paik auszeichneten. Andererseits spiegelt sich in Weeks’ Experiment die generelle methodische Schwierigkeit der Architektur wieder, die Facetten der Unbestimmtheit und des Zufalls überzeugend in den Entwurfsprozess zu integrieren. Während in früheren Ausstellungen des Institute of Contemporary Arts, etwa in „Man and Machine“ von 1955 industrielle Alltagsgegenstände einer immer dominanter werdenden Medien- und Konsumwelt ausgestellt wurden, ähnelten die Ausstellungsräume während „Cybernetic Serendipity“ eher einem überfüllten Gehege von selbstgebastelten Maschinen, abstrakten Grafiken und kryptischen Schaltkreisen – fast so, als hätte man in der Zwischenzeit damit begonnen, in den mathematischen Innenraum der Objekte selbst vorzudringen. Der im Titel verwendete und aus der Literaturgeschichte entlehnte Ausdruck „Serendipity“ – was als „glücklicher Zufall“ oder „unerwartete Entdeckung“ übersetzt werden kann – verlieh der Ausstellung ein heiteres und fröhlich klingendes Vorzeichen.36 Kyber­netik und Computer sollten von dem zweifelhaften Ruf, technischer Kern einer autoritären Kultur aus Denkmaschinen zu sein, befreit werden. Ziel war es, ein experimentelles und künstlerisches Gesicht des Technischen zum Vorschein zu bringen. Doch auch die charmante Metapher des „Cybernetic Serendipity“ konnte nicht jene medientechnische Facette 121

Nicholas Schöffers kybernetische Skulptur „Cybernetic light tower“ Jasia Reinhardt (Hrsg.): Cybernetic Serendipity, London 1968, S. 44.

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Architekturprojekt von John Weeks mit computergenerierter Fassadenstruktur Jasia Reinhardt (Hrsg.): Cybernetic Serendipity, London 1968, S. 69.

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ignorieren, die besonders in der Übertragung des kybernetischen Systemdenkens auf gesellschaftliche Prozesse zum Vorschein kam: die der sozialen Kontrolle. Dieser Aspekt wurde, wenn auch in kleinem Maßstab den Besuchern bereits am Eingang zur Ausstellung demonstriert: „Visitors are caught up in a carnivalesque March of Progress from the moment they enter. At the door, they find that their bodies have been sighted by an electric eye, which in turn triggers the computer-generated voice that welcomes them in a deep monotone.“37 Der registrierte Mensch fungierte zugleich als Auslöser und Bestandteil eines technischen Feedbackkreislaufes, den er zwar in Gang gesetzt hat, über dessen weiteren Verlauf er aber nicht die Kontrolle behalten kann. Auch Pask war in der Ausstellung mit einem Beitrag vertreten. Über ein Jahrzehnt nach „Musicolour“ konzipierte Pask mit „Colloquy of Mobiles“ eine zweite, in ihrem Auf bau wesentlich komplexere kybernetische Maschine.38 Genauer genommen handelte es sich diesmal nicht um ein einzelnes Objekt, sondern um ein ganzes Objektensemble. Pasks Beitrag, nahm, zusammen mit Schöffers kybernetischer Skulptur „CYSP 1“, in den engen Räumlichkeiten des Institute of Contemporary Art einen prominenten Platz ein. Pasks Objektensemble war ein interaktives Gebilde, dessen Verhalten durch die Benutzer über eine Reihe von Spiegeln direkt beeinflusst werden konnte. Die einzelnen Objekte dieses Ensembles, die sogenannten „Mobiles“ hingen wie überdimensionale Mosaiksteine und riesige Plastiktropfen an der Decke. Pask hatte sein Maschinenensemble metaphorisch in „male“ und „female“ unterteilt. Dass dementsprechend auch unterschiedliche „weib­liche und männliche Schaltbilder“ notwendig waren, veranschaulicht nur zu gut den universalen Anspruch der Kybernetik, auch anthropologische Fragestellungen durch rein technische Modellbildungen beantworten zu wollen. In ihrem Inneren waren kompliziert verschaltete Maschinen angebracht, die durch Licht und Ton miteinander interagieren konnten: „It is a group of objects, the individual mobiles, that engage in discourse, that compete, co-operate and learn about another. […] Each individual has a set of programs that determine its motions and its visible state. Each individual learns how to deploy its programs in order to achieve a goal […]. Its level of ‚satisfaction‘ is reflected partly in its behaviour and partly in a visual display.“39 Die Besonderheit der 124

Blick in die Ausstellungsräume von „Cybernetic Serendipity“. Im Vordergrund Gordon Pasks Installation Colloquy of Mobiles, im Hintergrund (rechts) Nicholas Schöffers Skulptur. An den Wänden sind u. a. die Computergrafiken von Frieder Nake zu sehen. http://www.medienkunstnetz.de/works/colloquy-of-mobiles/images/8/ (zuletzt aufgerufen am 04.09.2011).

Installation lag jedoch nicht nur in den Verhaltensweisen eines einzelnen Objektes, sondern in der Performanz des ganzen Objektensembles, das Pask im Ausstellungskatalog als ein „aesthetically potent environment“ umschrieb.40 Dem Betrachter der Installation war die Möglichkeit gegeben, in den Dialog der Maschinen einzugreifen. Mit Hilfe von kleinen Spiegeln konnte man die von den Objekten produzierten Lichtstrahlen reflektieren, umlenken und sich auf diese Weise in den „Kommunikationsprozess“ der Maschinen buchstäblich einschalten und mit ihnen in einen Dialog treten. „An aesthetically potent environment is an environment of any sort […] that people are liable to enjoy and which serves to shape their enjoyment. […] The quality of ‚aesthetic potency‘, although it determines the framework of which artistic 125

Dokument des Cybernetics Commitee im FunPalace-Projekt, 17. 3. 1965.

communication can take place, is primarily attached to a relation between the environment and the hearer or viewer. An aesthetically potential environment encourages the hearer or viewer to explore it, to learn about it, to form an hierarchy of concepts that refer to it; further it guides his exploration; in a sense, it makes him participate in, or at any rate see himself reflected in, the environment.“41 Aus Pasks kurzer Beschreibung geht kaum hervor, dass es sich bei seiner Installation um programmierte Objekte handelte, die aus Schaltplänen, Codes und einer im Hintergrund operierenden, alles verwaltenden Datenbank bestanden und die in der Lage waren, ihr eigenes, vom Menschen scheinbar losgelöstes „computational environment“ zu bilden. Pask skizzierte damit die symbolischen Konturen einer multimedialen 126

Cedric Price am Zeichentisch Cedric Price: The Square Book, West Sussex, 2003.

Objektwelt der zugleich technisch produzierten und reproduzierbaren Unterhaltung und des didaktischen Entertainment, in der zwar nicht mehr das Technische beim Namen genannt wird, die in ihrem Inneren jedoch eine durch und durch technische ist.

Der Triumph des Theaters „It is probably fair to describe Miss Littlewood’s Fun Palace project as an attempt to provide a form of environment that is capable of adapting to meet the possibly changeful needs of a human population and capable, also, of encouraging human participation in various activities.“42 Mit diesem Satz beginnt der Absatz eines schriftlichen Sitzungsprotokolls, das für die Mitglieder einer Gruppe von Kybernetikern bestimmt war, die sich „Cybernetics Committee“ 127

nannte und von Pask geleitet wurde. Das Komitee galt als zentraler Bestandteil in der Planung eines ambitionierten Bauprojekts, das – obwohl es auch nach siebenjähriger Planungsphase nicht realisiert werden konnte – zu einem einflussreichen Architekturprojekt der Nachkriegszeit avancierte und unter dem Namen „Fun Palace“ Epoche machte. 1961 hatte die Theaterregisseurin Joan Littlewood das Projekt gemeinsam mit Cedric Price ins Leben gerufen. Price, zu jener Zeit mit dem Bau einer geometrisch komplex konstruierten Vogelvoliere für den Londoner Zoo beschäftigt, galt als einer der originellsten Köpfe der britischen Architekturszene. Nicht zuletzt deshalb schien Price wie berufen für das Fun-Palace-Projekt. Pask gesellte sich kurze Zeit später dazu und sollte zu so etwas wie der kybernetischen Schaltzentrale der gesamten Planung werden. Außerdem waren weitere Protagonisten aus dem Umfeld der britischen Kybernetikszene in das Projekt involviert, Stafford Beer beispielsweise, der Neuropsychologe Richard Gregory, der Ökonom Richard Goodman, der Künstler Roy Ascott, die Soziologin Leslie Wilkins und der Kognitionswissenschaftler Frank George. Auf den unzähligen Zeichnungen, Collagen und Skizzen, die Price während des Planungsprozesses kontinuierlich anfertigte, wird der Fun Palace meist als eine Bühnenkonstruktion aus überdimensionierten Fachwerksträgern dargestellt. Price wählte in den Zeichnungen häufig eine zentralperspektivische Ansicht. Dadurch wird dem Betrachter ein Blick in das Innere der Konstruktion eröffnet. Überhaupt schien der Innenraum des Fun Palace, der eigent­l iche Clou des Projektes zu sein. Das Innere des Fun Palace bestand im Grunde nur aus einem einzigen riesengroßen, nahezu leeren Raum, der durch eine Reihe von variablen und flexiblen Rampen, Treppen, Podesten und Arenen eine Fülle abwechselnder Wahrnehmungs- und Bewegungsmöglichkeiten garantieren sollte. Der Fun Palace war als eine Struktur gedacht, die eine ständige Redefinition dieser Möglichkeiten zulassen sollte. Dementsprechend ging es um eine Vorstellung von Architektur, die sich aus experimentellen Handlungsräumen zusammensetzte. Wenn man so will, kann man sich den Fun Palace als eine multifunktionale, mit flexiblen Trennwenden konzipierte Raumstruktur von gigantischem Ausmaß vorstellen. 128

Plan des Fun-Palace.

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Perspektive des Innenraums des Fun-Palace

Das Raumprogramm des Fun Palace war in sechs Zonen gegliedert: Die erste Zone trägt eindeutig die Handschrift von Pask. Besucher sollten dort mit kybernetischen Lernmaschinen experimentieren, sogenannten „teaching machines“.43 In der zweiten Zone sollte es um partizipatorische Konzepte und „new forms of expression“44 gehen; in der dritte Zone waren Räume für Filmvorführungen und öffentliche Vorträge vorgesehen; die vierte sollte als Laboratorium für wissenschaftliche Experimente fungieren; die fünfte war als Atelier gedacht und sollte für Malerei und Bildhauerei genutzt werden; die letzte Zone sollte dagegen ausschließlich der Musik gewidmet werden. Den Besuchern des Fun Palace sollte es möglich sein, jede nur erdenklich Form der Unterhaltung zu erfahren, aber auch selber zu produzieren. „In London we are going to create a university of the streets […]. It will be a laboratory of pleasure, providing room for many kinds of action. […] For example the ‚fun arcade‘ will be full of the games and tests that psychologists and electronics engineers now devise for the service of industry or war – knowledge will be piped through juke-boxes.“45 Kriegstechnologien sollten ein positives Vorzeichen bekommen 130

und zu Produktionsinstrumenten von spielerischen Unterhaltungswelten umgewandelt werden. Die Kybernetik selbst war dafür das beste Beispiel. Der Ursprung des Fun-Palace-Projekts ist im experimentellen Theater der 1960er Jahre zu suchen. Im Fokus steht die in dieser Zeit immer wieder ausgerufene Entgrenzung der Künste, etwa der Literatur, Musik, oder eben des Theaters. Diese sogenannte „performative Wende“46 wird im allgemeinen dadurch charakterisiert, dass es zunehmend um die Herstellung von Ereignissen und nicht um die Schaffung von Werken ging. Ein Ziel des Fun-PalaceProjekts bestand demnach in der räumlichen Auf lösung der althergebrachten Subjekt-Objekt-Dichotomie, wie sie für tradierte Theatervorstellungen charakteristisch war. Theater sollte sich nicht mehr über die Re­präsentation und Aufführung einer fiktiven anderen Welt legitimieren, die vom Zuschauer gedeutet und verstanden werden musste. Es wurde zu etwas erklärt, das unerwartete und überraschende Berührungen und Verbindungen zwischen ­Besucher und Bauwerk ebenso wie zwischen Besucher und Besucher schaffte, neue Handlungsprozesse hervorrief und immer wieder aushandelte. Performanz als Prinzip schafft eine Situation, in der zwei Rela­t ionen neu bestimmt werden, die für eine semiotische Ästhetik grundlegend sind: erstens die Beziehung zwischen Objekt und Subjekt, Betrachter und Betrachtetem, Zuschauer und Darsteller; und zweitens die Beziehung zwischen der Körperoder Materialhaftigkeit und der Zeichenhaftigkeit der Elemente, also zwischen Signifikant und Signifikat.47 In der Logik der semiotischen Ästhetik, wie sie auch für Benses Informationsästhetik konstitutiv war, ist eine Trennung von Subjekt und Objekt unerlässlich. Der Künstler erschafft ein Kunstwerk als ein von ihm abgelöstes und ablösbares Artefakt, wodurch dem Kunstwerk quasi eine eigene Existenz unabhängig von Künstler zugesprochen wird. Um nichts anderes ging es auch in dem bereits zuvor geschilderten Streitgespräch zwischen Max Bense und Joseph Beuys. Während Bense auf einer scharfen Trennung von Subjekt und Objekt im Sinne der semiotischen Ästhetik bestand, hinterfragte Beuys diese Auffassung, indem er immer wieder auf den individuellen offenen Bedeutungsraum des Menschen hinwies – wenngleich er dies mit dem etwas großmaßstäblichen Ausdruck der „Bewusstseinserweiterung“ tat. Ebenso wie Beuys, ging es auch Littlewood, Price und Pask nicht um eine 131

semiotische Fundierung von Ästhetik oder um eine andere Form ihrer Systematisierung. Der Begriff des Ästhetischen war hier eng an den performativen Charakter einer bewusst inszenierten Handlung geknüpft.48 Im Zentrum stand eine performative Ästhetik, bei der es nicht um ein analytisches Verständnis von Architektur ging, sondern um ihr körperliches Erfahren. Doch der Fun Palace sollte als Gebäude von den Besuchern nicht einfach nur wahrgenommen, gedeutet und interpretiert werden. Eine solche Funktion würde bedingen, dass der architektonische Raum unabhängig von seinem Betrachter und Benutzer existierte, es also auch a priori eine Bedeutung und Funktion gab. Vielmehr sollte der Fun Palace bei seinen Besuchern Staunen, Faszination und Neugier hervorrufen und diese ästhetisch ansprechen. „The ­organization of space and the object occupying it should, on the one hand, challenge the participant’s mental and physical dexterity and, on the other, allow for a flow of space and time, in which passive and active pleasure is provoked.“49 Ob nun auf der Ebene einfacher Affekte oder kognitiver Funktionen – der architektonische Raum wurde hier als eine wirklichkeitskonstitutive Handlung gedacht, der durch den Besucher als Akteur hic et nunc erst produziert werden musste. Materialität von Architektur sollte hier nicht in die Sphären des Zeichenhaften übersetzt, sondern dem Besucher eine eigene, individuelle und semiotisch nicht ableitbare Erfahrung ermöglichen. Wenn die Wirkung eines architektonischen Raumes nicht mehr abhängig von der Bedeutung ist, die der Architekt für diesen vorgesehen hat, sondern von der Bedeutung, die der Benutzer gewissermaßen erst durch sein Verhalten hervorruft – dann resultiert daraus auch ein anderes Architektenbild. „[…] The architect will no more know the purpose of the system than he really knows the purpose of a conventional house. His aim is to provide a set of constraints that allow for certain, presumably desirable, modes of evolution.“50 Es stand nicht mehr das Entwerfen von Formen im Vordergrund, sondern von Regelwerken zur Generierung von Formen. Explizit sprach Pask von einem „set of constraints“ und von „evolution“.51 Analog zu der Unbestimmbarkeit des maschinellen Verhaltens von Pasks „Musicolour“ oder Walters „Turtels“ ging es auch hier um die Etablierung eines neuen Paradigmas im Sinne einer architektonischen Entwurfsstrategie. 132

Totale Regulierung 1965 wird eine Zäsur im Projekt spürbar. In diesem Jahr unterbreitete Pask dem Planerteam einen Vorschlag, der besonders bei Little­wood Zweifel an der Kybernetik auf kommen ließ. Littlewood befürchte, dass die Kybernetik innerhalb des Projektes zu mächtig werden könnte. Der Grund dafür war, dass Pask einen technischen Schaltplan zur Regelung und Kontrolle der Verhaltensweisen inner­halb des Gebäudes entwickelt hatte. Die reduktio­n istische Facette des kybernetischen Modelldenkens trat hier besonders hervor. Pask hatte ein komplexes Organisationsdiagramm aus Rückkopplungsschleifen angefertigt, das er als „organisational plan as programme“52 bezeichnete. Wie in einem riesigen Schaltplan sollten darin sämtliche Verhaltensprozesse und Bewegungsprofile der Besucher des Fun-Palace-Projekts verzeichnet werden. Der Ablaufprozess war dreigeteilt: In einem ersten Schritt sollten die individuellen Vorlieben, Interessen und Wünsche der ankommenden Besucher in ein Computersystem eingespeist werden,53 es ging also um eine Anhäufung von Rohdaten. In einem zweiten Schritt sollten diese Daten geordnet und bewertet werden. Auf diese Weise sollten Benutzerprofile generiert werden. In einem dritten Schritt schließlich sollten diese Benutzerprofile dazu verwendet werden, die Räume innerhalb des Fun Palace entsprechend zu variieren und anzupassen. Im Hintergrund sollte ein Computer diesen Prozess fortwährend kontrollieren und durch einen Rückkopplungskreislauf mit der Anzahl der ankommenden und den Fun Palace verlassenden Besucher abgleichen. Entsprechend programmierbarer Einheiten eines Rechensystems bezeichnete Pask Erstere als „unmodifed people“, Letztere als „modified people“.54 In dieser begrifflichen Gegenüberstellung zeichnet sich in aller Deutlichkeit die kybernetische Kontrolllogik ab. Als Ganzes betrachtet, ähnelt Pasks Vorhaben einem ausgeklügelten Personalisierungsprogramm, in dem das menschliche Verhalten zuerst erfasst, dann indexiert und schließlich in eine modifizierbare Kennziffer zur Programmierung einer personalisierten technischen Umwelt umgewandelt werden sollte. „It will be necessary to consider the Fun Palace as a vehicle for social and psychological experiments. It will be also necessary to regard the Fun Palace 133

Gordon Pasks kyber­netischer Schaltplan für den Fun-Palace Stanley Mathews: From Agit-Prop to Free Space: The Architecture of Cedric Price, London 2007, S. 120.

as a test bed for novel art forms and novel media“,55 schrieb Pask in einem Bericht des kybernetischen Komitees. An die Stelle von starren Raumkonzepten trat ein freies Experimentieren mit neuen Formen des Entertainments und der Kommunikation. Mit Blick auf die Geschichte des Theaters, könnte man auch hier von einer „performativen Wende“ für die Architektur sprechen. Wenn es also keinen architektonischen Raum gibt, der unabhängig von seiner Gestaltung durch den Architekten existiert, sondern man jedes Mal von einem Ereignis, also einer wirklichkeitskonstitutiven Handlung ausgehen muss – Produktion und Rezeption von Raum also gleichzeitig vollzogen werden –, dann erscheint auch das Operieren mit Kategorien des räumlichen 134

Sepa­r ierens, wie etwa Funktionstrennung, oder ein starres Raumprogramm fraglich. Gleichzeitig – und hier zeigt sich gewissermaßen das utopische Poten­z ial des Projektes – sollte der ursprünglich aus dem Theater entlehnte Performanzbegriff durch die Kybernetik technisch reguliert und in einem größeren Maßstab reproduziert und durchgespielt werden. Einerseits bestand der Irrglaube des Fun-Palace-Projekts darin, Performanz über die Steuerung von Feedback-Schleifen gewährleisten zu können, andererseits verbarg sich genau in dieser raumkonzeptionellen Erweiterungsgeste zu einem großen Teil die epochale Bedeutung des Projektes für die Architektur. Die Originalität von Littlewood, Price und Pask bestand darin, der Architektur eine andersgeartete, eben performative Rezeptionsästhetik im Lichte der frühen Informationstechnologie eröffnet zu haben, deren konzeptioneller Ursprung im Theater und in der Entwicklung von kybernetischen Kunstmaschinen lag.

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Zeichenmaschinen und Maschinenzeichen

„Das kann man nicht einem Gerät überlassen, das Wenn-/Dann- oder Ja-/ Nein- Entscheidungen treffen kann und sonst nichts!“1 Der 1986 in einem Interview unmissverständlich geäußerte Satz stammt von Oswald Mathias Ungers, der zu den international erfolgreichsten deutschen Architekten der Nachkriegszeit gehört. Die menschliche Tätigkeit, um die es ging und die man keinesfalls einem Computer überlassen sollte, war der Akt des Zeichnens. Ungers ging bei seiner Kritik von der Annahme aus, dass die Digitalisierung des Zeichnens nicht nur unmittelbare Wirkungen auf die Praxis des Entwerfens habe, sondern auch darauf haben werde, wie Architektur unter diesen neuen technischen Bedingungen gedacht werden würde: „Die Architektur wird graphisch durch die Mittel, die sie benutzt. CAD ist ja ein graphisches Mittel, zwei­d imensional. Es wäre darum eigentlich kein Wunder, wenn die schon gegenwärtig flach wirkende Architektur mit der Verbreitung von CAD noch flacher würde, bloße Fassade, zweidimensional wie die Zeichnung. […] Heute denken und entwerfen wir in Miniaturen. Was wir bauen, verkleinern wir uns zunächst durch Maßstabsreduzierung. Über diese Verkleinerung verändert sich aber auch, was wir als Konzept vor Augen haben. Raum und Material kommen nur noch in der Vorstellung, in der Simulation vor […].“2 Als Ungers mit dem eingangs zitierten Satz an das kollektive Gewissen der Architektur zu appellieren versuchte, standen in den Architekturfakultäten und Planungsbüros bereits die ersten grauen Rechenmaschinen auf den Zeichentischen. Auf kleinen, ursprünglich aus der Militärindustrie eingeführten Bildschirmen flackerten dünne computergraphische Linien. Die tradierten Vorstellungen von der Kopplung von Zeichnen und Sehen, aber eben auch von Zeichnen als Sehen, wurden mit dem Eindringen des Computers der Überprüfung durch ein neuartiges technisches Wissen und dem damit einhergehenden Kriterium der Operationalität ausgesetzt. Der intuitive Dialog zwischen ausführender Hand und schöpferischem Auge wurde dadurch empfindlich gestört. Doch es ging um mehr als um die Unsicherheit 136

angesichts einer neuen Dimen­sion des Technischen. Ungers Ausruf kann als später Versuch gelesen werden, die Architektur davor zu bewahren, die produktive Wider­sprüchlichkeit des menschlichen Geistes gänzlich in den Effizienzversprechen des Computers aufzulösen. Im Zentrum stand die Ungewissheit, welches Instrumentarium es für Theorie und Praxis der Architektur gibt, den flüchtigen Welten der Programme und Datenbanken, der Computercodes und Simulationsmodelle kritisch gegenüberzutreten. Trotz seiner kritischen Haltung dem Computer gegenüber hatte sich Ungers schon früh mit dessen Anwendungsmöglichkeiten in der Architektur beschäftigt. Bereits Ende der 1960er Jahre – noch während seines Rückzugs aus der politisch aufgeladenen Protest­atmosphäre der Berliner Universitätslandschaft und dem Ruf an die Universität Cornell – begann Ungers mit Planungssoftware zu experimentieren.3 Eines der frühesten Beispiele ist eine Studie zum Massenwohnungsbau. In dem interdisziplinär angelegten Projekt mit dem Titel „Optimale Wohngebietsplanung“4, untersuchten Ungers und der Ökonom Horst Albach die Dichte des noch im Bau befindlichen Märkischen Viertels am Stadtrand von Berlin (1963–1974). Nach detaillierten Auswertungen von Statistiken der Wohnungsbaukreditanstalt kam Ungers zu dem Resultat, dass Anlagen, die mit hoher Dichte geplant wurden, häufig weniger effektiv sind, als solche mit geringer Dichte. Das war ein aufschlussreiches und für die Wohnungsbaugesellschaft heikles Ergebnis – nicht zuletzt deshalb, da Ungers bei dem gigantischen Siedlungsprojekt selbst mit einem Wohnhochhaus beteiligt war. Ein weiteres Beispiel bildet das Programmpaket „Series of Interactive Planning Programs (SIPP)“5. Das 1972 mit Tilman Heyde und Tom Dimock entwickelte Programm war das Ergebnis eines gemeinsamen Forschungsprojektes und wurde unter der Prämisse entwickelt, dass man es in Zukunft mit einer kaum mehr zu bewältigenden Komplexität von Planungsaufgaben zu tun habe. Für einen Architekten sei diese Komplexität nicht mehr vorstellbar, weder rechnerisch noch graphisch. Ungers und sein Entwicklerteam waren zuversichtlich, in der wachsenden Rechenkapazität des Computers ein probates Mittel gefunden zu haben und angemessen mit dieser neuen Situation umgehen zu können. Mit SIPP war es möglich, große Datenmengen zu berechnen 137

Computergenerierte schematische Karten von Oswald Mathias Ungers Oswald Mathias Ungers, Tilman Heyde und Tom Dimock: „Eine Serie von interaktiven Planungsprogrammen – SIPP“, in: Werk, Nr. 6, 1972, S. 348.

und die Ergebnisse in Form von schematischen Karten darzustellen. Der Computer fungierte als Visualisierungsmaschine von Statistiken, etwa über das Verhältnis zwischen einem bestimmten Quotienten für die geographische Verteilung von Schuleinrichtungen und dem daraus resultierenden Wegenetz der Schüler. Jeder dieser Karten lag dabei ein maßstabsgetreues Raster zugrunde, das je nach Statistik durch unterschiedliche Indexzahlen aufgefüllt werden konnte. Auf diese Weise war es möglich, in relativ kurzer Zeit eine große Anzahl von spezifischen Karten zu generieren. Für Ungers stellte der Computer einen leistungsstarken Automaten dar, mit dem sich Berechungsprozesse optimieren ließen. Jeder Vorstellung, die in irgendeiner Weise darüber hinausging, stand er kritisch gegenüber. Die provokante These, es ließe sich dem Computer eine Form von entwerferischer Kompetenz oder Intelligenz zusprechen, lehnte Ungers rigoros ab. Damit widersprach Ungers der Auffassung, man habe es mit einem neuen kreativen Medium und nicht bloß mit einem Rechenautomaten zu tun. Im Entwurfsprozess 138

sollte der Computer rein rechnerische Aufgaben lösen, während die Ebene des Entwerfens und Zeichnens dem Architekten vorbehalten war. Obwohl anzunehmen ist, dass Ungers mit den Arbeiten des ebenfalls in Cornell forschenden Computerspezialisten Donald Greenberg vertraut war – etwa mit dem 1974 auf dem Titelblatt von Scientific American abgedruckten 3-D-Modell des Johnson Art Museum von I. M. Pei – befürchtete er, dass, gerade weil das Zeichnen eng an den Entwurfsprozess und damit auch an das architektonische Denken geknüpft sei, die Maschinisierung des einen auch die Maschinisierung des anderen bedeute. Die Zeichnung gilt als das Leitmedium des Architekten. Durch „Geometrie und Linie“6 wird implizites Wissen artikuliert, kommuniziert und geschärft. Vom Instrument her gedacht hat der Prozess des Zeichnens viel mit der Geste des Schreibens7 zu tun – durch den freien Zug der Hand, im Verdichten der eigenen Gedanken oder im individuellen Charakter der Handschrift.8 Schreiben und Zeichnen sind somit verwandt. Entwerfen galt als Synonym für das schöpferische Denken und war in dieser Funktion untrennbar an die Geste des Zeichnens gekoppelt. Jeder Schritt in Richtung einer wie auch immer beschriebenen Maschinisierung des Zeichnens wurde als bewusster Entkräftungsversuch des schöpferischen Denkens durch die Technik interpretiert: „Das Schöne am Entwerfen ist ja, dass man etwas denkt, sieht, entwirft, das es zuvor so noch nicht gab. Das ist das Aufregende. Bereits Entwickeltes, Vorhandenes zu übernehmen, das ist nicht Entwerfen, das ist bloße Produktion. Ein wesentliches Merkmal des Entwerfens ist der Versuch, Vollkommenheit zu erreichen. Wenn man das der Maschine überlassen würde, würde man sich immer nur auf bereits Vorhandenes stützen, man würde nie das Abenteuer der Geburt des Neuen wagen. […] Man muss sich einmal vorstellen, was das bedeutet, wenn ich mich ‚entwerfend‘ mit Programmen beschäftige, mit dem ‚Abrufen‘ bestimmter Daten statt mit dem konkreten Material. Dann kann ich auch durch irgendjemanden ersetzt werden, der das besser kann. Sie wissen, dass versucht worden ist, Computer Gedichte herstellen zu lassen. Kann man sich Poesie ohne die Erfahrung des Schreibenden vorstellen?“9 Es ist ein ganzes Bündel an Kritikpunkten, mit denen Ungers gegen die drohende Vormachtstellung des Digitalen anzureden versuchte. Die Vorstellung 139

der Digitalisierung des Zeichnens war von Beginn an eine doppelte kulturelle Entwertung begriffen: an die des Architekten als alleiniger Entscheidungsträger und an die des Entwurfsprozesses als Kulturtechnik. Ungers Verweis auf die Poesie beispielsweise war nicht zuletzt auch eine gezielte Kritik an einem künstlerischen Feld, das bereits Anfang der 1960er Jahre im Umfeld von Theo Lutz entstanden war und unter der Bezeichnung „Konkrete Poesie“ bekannt werden sollte.10 Kern dieser Kunstbewegung bildeten sogenannte „stochastische Texte“, also Wortfelder, die durch ein Spiel mit Zufallsgeneratoren und Wahrscheinlichkeitsrechnungen entstanden waren. Die Vorstellung, durch die Programmierung einfacherer Regelwerke Gedichte produzieren zu können, konnte metaphorisch auch auf die Produktion von Architektur übertragen werden. Spürbar wird dabei die Ambivalenz, mit der Ungers dem Potenzial des Technischen entgegentrat. Einerseits begann sich aus dem Experimentieren mit Software ein Spektrum von genuin neuen und vielversprechenden Forschungszweigen zu etablieren. Begriffe wie „Planungswerkzeug“ oder „Zeicheninstrument“ erhielten im Lichte von Programmierung, Datenbanken und Feedbackkonzepten plötzlich eine verfahrenstechnische Klangfarbe. Die Frage, wie die Mensch-Maschine-Schnittstelle gestaltet sein muss, damit der Architekt den Computer überhaupt bedienen und möglichst einfach mit ihm „kommunizieren“ kann, wurde zu einer der größten Herausforderungen. Andererseits – und als solche kann auch Ungers Abwehrhaltung interpretiert werden – schien das ganze Gerede darüber, dass man dem entwerfenden Architekten mit dem Computer einen intelligenten Partner zur Seite stellen werde, wie eine böse Vorahnung auf eine vollkommen automatisierte und anonymisierte Architekturproduktion. Es regierte eine Rhetorik des Machbaren, in der permanent Szenarien einer durch die Technik befreiten Menschen generiert wurden. Viele der Diskussionen bewegten sich auf rein hypothetischer Grundlage. Man argumentierte nicht selten mit utopisch klingenden Versprechen und einer technologischen Wirkungsmacht, durch die sich das gesamte Tätigkeitsfeld des Architekten verändern werde. Gleichzeitig gab man sich bescheiden und wähnte sich erst am Anfang der technologischen Revolution. Der Computer genoss in dieser Hinsicht sowohl 140

den Status einer Wunschmaschine als auch den eines technischen Schreckgespenstes. Pointiert formuliert könnte man sagen, dass die Annäherungsprozesse von Architektur und Computer sich als ein Verlauf aus mentalitätsgeschichtlichen Gegenbewegungen erzählen lassen: Jedes moralisierende Bedenken über die Auswirkungen von Computer-Aided Design produzierte unmittelbar ein neues Wunschbild der Fortschrittsgläubigkeit. Ebenso folgte jeder technikoptimistischen Träumerei von der Leistungsfähigkeit intelligenter Entwurfsmaschinen ein Herausstellen der intuitiven Qualitäten des Architekten als Künstler und Weltenschöpfer.

Architekturassistenten Zu Beginn der 1960er Jahre war der Computer für Architekten zunächst noch technologisches Neuland. Die meisten Architekten konnten sich zu diesem Zeitpunkt noch kein Bild davon machen, wie und besonders wo der Computer in die Vielschichtigkeit der schöpferischen Entwurfs- und Planungsprozesse der architektonischen Praxis integriert werden sollte. Er galt in erster Linie als ein Artefakt von Technikern für Techniker. Die Vorstellung davon, was ein Computer sei oder wie er aussah, wurde überwiegend durch Fotos geprägt, auf denen raumgreifende, in ein grelles Licht getauchte Großrechner zu sehen waren, stilisiert zu Repräsentanten einer nüchternen und rationalen Welt der angewandten Mathematik. Es war eine fremde Welt aus Codes und Programmen, die jedoch, da ihr der geheimnisvolle und verführerische Glanz des Technischen anhaftete, auch faszinierte. Doch die Vorstellung, mit dem Computer zeichnen und sogar einen „Dia­log“ führen zu können, musste für viele wie ein fremder Vorbote auf eine noch in ferner Zukunft liegende Architekturpraxis geklungen haben. „If the use of computers by architects is inevitable, then, clearly the problem must be faced of how architects are to ‚talk‘ to the computers“,11 lautete daher eine der zentralen Herausforderungen in der Geschichte des Computer-Aided Design. Wie man sich als Architekt dem Computer überhaupt nähern konnte, welches Wissen man bräuchte, ob man dieses Wissen erwerben müsse oder ob man dafür die Hilfe der Spezialisten

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Deckblatt der Publikation „Architecture and the Computer“, 1964 Architecture and the Computer. Proceedings of the First Boston Architectural Center Conference (Boston, 5. Dezember 1964), aus dem Archiv des Department Architektur, MIT, 1964.

Blick in den Konferenzsaal des Sheraton Plaza Hotels, Boston. Architecture and the Computer. Proceedings of the First Boston Architectural Center Conference (Boston, 5. Dezember 1964), aus dem Archiv des Department Architektur, MIT, 1964.

bräuchte – dieses Spektrum an Fragen markiert gewissermaßen die Geburtsstunde der Geschichte von Architektur und Computer. „Will it […] be necessary to educate a new profession of archi­tectural assistants for the purpose of articulating the problems to be solved into the proper language of the computer?“12, fragte Walter Gropius bereits 1964 das Publikum der First Boston Conference on Architecture and the Computer. Die Besucher waren neugierig und das nicht nur, weil mit dem Bauhaus-Gründer einer der berühmtesten Architekten des 20. Jahrhundert auf der Teilnehmerliste der

ersten Architekturkonferenz zum Thema Computer stand. Vielmehr war Gropius – er befand sich zu der Zeit mitten in seiner Bauplanung für die nach ihm

benannte Satellitenstadt in Berlin13 – mit seinen 81 Jahren zugleich auch der älteste Gastredner dieses historischen Kolloquiums, bei dem man erstmals 142

im großen Stil diskutieren wollte, wo die Potenziale, aber auch die Grenzen des Computers für die Architektur lägen. „Our topic, the computer, seems the most timely, the most urgent, the most serious subject that we could bring to the profession“,14 begrüßte H. Morse Payne, Präsident des Bostoner Architekturzentrums und Mitarbeiter von Gropius das Publikum und diagnostizierte im Anschluss: „Our profession is steeped in time-honored traditional methods of approaching architectural assignments, but this machine, a product of our day and our time, might require us to change and approach our task in some new manner. So, we must begin to explore the subject immediately.“15 Paynes kurze Begrüßungsrede war mehr als nur eine Aufforderung an die im Saal versammelten Architekten. Sie hatte den Charakter eines öffentlichen Appells, der an die Architektur als gesamte Disziplin gerichtet war. Man sollte endlich auf den Zug des technischen Fortschritts aufspringen und damit beginnen, den Computer und seinen Möglichkeitsraum für die Architektur zu erkunden.16 Wie sah also das von Payne geforderte „exploring“ des Computers aus? Gropius verkörperte die Stimme eines technisch und zugleich ästhetisch denkenden Architekten, was sicherlich auch ein strategischer Grund für seine Einladung auf die Konferenz gewesen war. Gropius Anliegen war es, zwischen künstlerischem Ausdruck und maschinell erzeugter Form zu vermitteln. Dass die Veranstalter – unterstützt von der Graham Foundation und IBM – mit ihm eine, wenn nicht sogar die Symbolfigur der Bauhaus-Ära für sich gewinnen konnten, muss als ein besonderer Glücksgriff aufgefasst worden sein. Gropius Meinung wog schwer, bedenkt man, dass das Thema, zu dem er sich äußerte – „architecture and the computer“ – ein junger und in keiner Weise gefestigter oder gar entwickelter Zweig der Architektur war. Im Gegenteil. Das Verhältnis von Archi­tektur und Computer wurde bis dahin so gut wie nie öffentlich diskutiert, obwohl man sich darüber vereinzelt bereits Gedanken machte. In Boston liefen diese losen Diskurs­f äden erstmals zusammen. Es herrschte eine Stimmung des innovativen Austausches, bei dem akademische mit industriellen Arbeitsfeldern zusammenkamen, Technologieunternehmen ihre neusten Computermodelle ausstellten und die Bell Laboratories die ersten digital produzierten Animationsfilme präsentierten. Auch eine kleine Ausstellung mit ausgedruckten Computergrafiken war Teil der Konferenz. 143

Das öffentliche Interesse war dementsprechend groß. Laut der New York Times kamen doppelt soviel Besucher wie eigentlich erwartet, was von den Veranstaltern sogleich als ein Zeichen dafür gedeutet wurde, wie dringend diese Konferenz für die Architektur war, um – und darin lag eines ihrer größten Versprechen – endlich auf gleicher Augenhöhe mit Wissenschaft und Technologie diskutieren zu können.17 Tatsächlich war der Kreis der Wissenden jedoch klein und gehörte dem inneren Zirkel der amerikanischen Wissenschaftselite an. Es waren mehrheitlich Mathematiker und Elektrotechniker, wie etwa Steven A. Coons oder Marvin Minsky, die in Zeiten des Kalten Krieges ihre Forscherkarrieren nicht selten mit einem wissenschaftspolitischen oder dem Militär nahestehenden Amt verbanden. Die Forschung an Computern war zu dieser Zeit ausschließlich den Forschungsabteilungen einiger weniger Flugzeug- und Automobilkonzerne oder ausgewählten und durch das Militär unterstützten Universitäten vorbehalten. Obwohl – oder: gerade weil die Konferenz ein Ort war, an dem verborgenes technisches Wissen in die Öffentlichkeit getragen wurde, vermittelt sie einen guten Eindruck davon, wie man sich zu dieser Zeit eine realistische, das heißt aus Sicht eines entwerfenden Archi­t ekten möglichst praxiskompatible Aufgabenteilung zwischen dem Gestalter und dem Computer vorstellte. Für Gropius war die Frage nach dem Kräfteverhältnis zwischen Architekt und Maschine bereits entschieden: „Still I believe, if we look at those machines as potential tools to shorten our working processes, they might help us to free our creative power.“18 Gropius’ Blick auf den Computer war der eines praktizierenden Architekten. Danach zu fragen, ob sich, wie zuvor zitiert, erst ein neues Berufs­feld, „a new profession of architectural assistants“ bilden müsse, um die Technologie zu verwenden, verdeutlicht zunächst zwei grundlegende Aspekte: Erstens sah Gropius den Computer als ein neuartiges Instrument an, mit dem man zwar architektonische Probleme lösen könne, dazu aber ein spezielles Wissen notwendig sei, das nicht jeder besitze. Und zweitens, um dieses Instrument in der Architektur adäquat anwenden zu können, war ein Übersetzer notwendig. Dieser müsste sowohl die Sprache des Architekten, als auch die der Maschine sprechen können. 144

Gropius’ Auffassung veranschaulicht, dass der Computer in erster Linie eine automatisierte Zeichenmaschine und das schöpferische Moment weiterhin auf Seiten des Architekten sein sollte. Zwischen denkendem Kopf und ausführender Hand existierte eine eindeutige Hierarchie: Erst würde der Architekt einen Entwurf konzipieren, der anschließend von einem Assistenten in den Computer eingespeist und dabei optimiert, verändert und visualisiert werden würde. Wollten sich die Architekten, wie von Payne in seiner Begrüßungsrede gefordert, dem Computer jedoch nicht weiter verschliessen, so musste man auch dem sogenannten „architectural assistent“ eine entscheidende Funktion einräumen. Ohne diesen würde in dem von Gropius skizzierten Arbeitsschema „Architekt–Assistent–Maschine“, ein entscheidendes Bindeglied fehlen. Dementsprechend ging es in den Diskursen um Architektur und Computer genau genommen um zwei Aspekte: Erstens, um die Frage, wie man den Computer als Entwurfs- und Planungswerkzeug einsetzen könne, und zweitens, wie sich eine Arbeitsteilung zwischen Architekt, Assistent und Computer formulieren ließe. Wenn man so will, implizierte das Eindringen der neuartigen M ­ aschine also nicht nur eine Anwendungs-, sondern auch eine Wissensfrage. Darin lag die eigentliche Bedeutung von Gropius’ Frage für die Archi­tektur. Auch der junge Christopher Alexander war auf der Konferenz in Boston anwesend. Polemisch konfrontierte er das Publikum mit einer Denkweise, die sich gewissermaßen konträr zu jener von Gropius verhielt. Während bei der zu dieser Zeit aufstrebenden Computergrafik die Entwicklung neuartiger Zeichenwerkzeuge im Vordergrund stand, trat Alexander bereits früh als ein vehementer Kritiker dieser weit verbreiteten Ausrichtung auf. Auf der Bostoner Konferenz, die im gleichen Jahr stattfand, in dem auch Notes on the Synthesis of Form19 veröffentlicht wurde, konnte Alexander seine Überlegungen nun erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorstellen: „In my opinion the question […] ‚How can the computer be applied to architectural design?‘ is misguided, dangerous, and foolish. We do not spend time writing letters to one another and talking about the question ‚How can the slide rule be applied to architectural design?‘ We do not wander about houses, hammer and saw in hand, wandering where we can apply them. In short, adults use tools to solve 145

problems that they cannot solve without help. Only a child, to whom the world of tools is more exciting than the world in which those tools can be applied, wanders about wandering how to make use of his tools.“20 Für Alexander lag die Stärke des Computers demnach in erster Linie in seiner Eigenschaft, über eine außerordentliche Rechenkapazität zu verfügen. Der zu dieser Zeit sehr populären Vorstellung, Computern eine wie auch immer definierte Maschinenintelligenz zuzusprechen, begegnete er daher mit großer Vehemenz. Selbst gegenüber dem unter Architekten beliebten Argument, digitale Zeichenprogramme könnten dem Architekten in kürzester Zeit eine große Vielfalt von Grundriss- oder Fassadenvarianten generieren, erklärte er nüchtern: „A digital computer is, essentially, the same as a huge army of clerks, equipped with rule books, pencil and paper, all stupid and entirely without initiative, but able to follow exactly millions of precisely defined operations. There is nothing a computer can do which such an army of clerks could not do, if given time.“21 „At the moment, the computer can, in effect, show us only alternatives which we have already thought of. This is not a limitation in the computer. It is a limitation in our own ability to conceive, abstractly, large domains of significant alternatives.“22 Der fachliche Überblick und theoretische Scharf blick, über den Alexander bereits damals für das erst im Entstehen begriffene Forschungsfeld der digitalen Architektur verfügte, war bemerkenswert. Wie man Alexanders spätere Auffassungen über die Rolle des Computers als architektonisches Entwurfsinstrument auch bewerten mag, für die damalige Zeit waren seine Überlegungen richtungweisend. Im Schlusswort seines Vortrages fiel schließlich eine Äußerung, mit der Alexander bewies, warum er auch als ein ernst zu nehmender Teilnehmer architekturtheoretischer Debatten galt. „There is really very little that a computer can do, if we do not first enlarge our conceptual understanding of form and function“,23 so Alexander. Die Maschine sollte demnach erst an zweiter Stelle berücksichtig werden – nachdem sich der Architekt Gedanken über die Entstehungsbedingungen von Form und Funktion gemacht hatte und nachdem die Komplexität der Entwurfsaufgabe in einzelne, lösbare Teilmengen zergliedert worden war. Alexander sah den Nutzen des Computers für die 146

Architektur also hauptsächlich auf einer strukturellen Ebene. Dahinter verbarg sich der Versuch, den Richtungsvektor zwischen Architektur und Technologie zu spiegeln: Die soziale Logik eines architektonischen Entwurfs und die damit verbundene Vorstellung von Vielfalt sollte nicht an die Logik des Computers und seine Möglichkeit, unzählige Varianten zu produzieren, angepasst werden, sondern umgekehrt. Alexander sah in dem Computer eine leistungsfähige Rechenmaschine, mit der sich die Erforschung von menschlichen Grundbedürfnissen zwar technisch vereinfachen ließe, die jedoch die Architekten von ihrer gesellschaftlichen Verantwortung keineswegs befreien sollte.

Zeichnen Steven A. Coons, der ebenfalls auf der Bostoner Konferenz vertreten war, galt als eine der treibenden Kräfte im noch jungen Forschungsfeld des Computer-Aided Design. Der Elektrotechniker und Pionier auf dem Feld der interaktiven Computergrafik war sich der methodischen Berührungsängste vieler Architekten mit der Maschine bewusst. Seine Devise war einfach, doch wirkungsvoll: „No architect wants to become or should want to become an expert computer programmer. Architects want to do architecture. City planners want to do city planning. They don’t want to have to invent and manufacture the pencils they use. They want to have them at hand. The computer is a tool. We want to arrange matters so that the computer can be used as naturally and easily as a pencil […]. The computer can act as a super-tool.“24 Es sei also für einen Architekten nicht erforderlich zu wissen, wie ein Computer im Inneren funktioniere oder wie ein Programmcode aufgebaut sei. Kenntnisse über die neuen Werkzeuge seien nur auf der Ebene ihrer Benutzung notwendig, nicht jedoch auf der ihrer Programmierung. In der Architektur fand eine solche Aussage großen Anklang, galt doch besonders der Architekt traditionell als ein mittels der Zeichnung kommunizierender Gestalter. In seinem Plädoyer stützte sich Coons auf eine ganz konkrete technische Entwicklung. Ivan Sutherland, einer seiner ehemaligen Studenten und zu jener Zeit 147

Ivan Sutherland zeichnet mit dem light-pen auf dem Bildschirm des Großrechners TX-2, 1962. Ivan E. Sutherland: „Sketchpad: A man-machine graphical communications system“. In: Technical Report 296, MIT Lincoln Laboratories. 1963, S. 20.

Mit dem „MIT 3 D Ball“ war es dem Architekten möglich, ein dreidimensionales Modell auf dem Bildschirm durch intuitive Gesten zu drehen. Computer Graphics in Architecture and Design. Proceedings of the Yale Conference on Gra­ phics in Architecture (New Haven/Connecticut, April 1968), hrsg. von Murray Milne, New Haven/Connecticut 1969, S. 4.

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Doktorand bei Claude Shannon, hatte einige Jahre zuvor ein computergraphisches Programm entwickelt, das unter der Bezeichnung Sketchpad 25 Epoche machen sollte. Der Benutzer sollte in Sutherlands Vorstellung den Computer auf einer visuellen und anschaulichen Ebene bedienen können und nicht wie üblich auf einer mathematisch-symolischen. Die bis dahin lediglich in Form von Computercodes beschreibbaren Instruktionen konnten nun durch gezeichnete Anweisungen dargestellt und ergänzt werden. „The Sketchpad system uses drawing as a novel communication medium for a computer. The system contains input, output, and computation programs which enable it to interpret information drawn directly on a computer display. It has been used to draw electrical, mechanical, scientific, mathematical, and animated drawings; it is a general purpose system.“26 Sutherland, der sein System zwischen 1961 und 1963 entwickelte, machte sich ein Gerät aus der militärischen Radarforschung zunutze, den sogenannten „light pen“. Dieser erlaubte es – vergleichbar mit einem gewöhnlichen Stift – direkt auf dem Bildschirm zu „zeichnen“. Eine einmal auf diese Weise hergestellte Zeichnung konnte durch ein Repertoire aus Transformationsregeln und der entsprechenden Bedienung der dazu notwendigen Geräte verändert werden: „If we point the light pen at the display system and press a button called ‚draw‘, the computer will construct a straight line segment which stretches like a rubber band from the initial to the present location of the pen […]. Additional presses of the button will produce additional lines until we have made six, enough for a single hexagon. To close the figure we return the light pen to near the end of the first line drawn where it will ‚lock on‘ to the end exactly.“27 Die Materialität des Zeichenpapiers und das physische Empfinden des Stiftes wurden durch eine interaktive Oberfläche ersetzt, die über eine begrenzte Anzahl aus kontrollierten Gesten des Klickens, Schiebens, Ziehens oder Drückens manipuliert werden konnte. Mit den neuen Instrumenten in der Hand sollte sich der Architekt weiterhin in der ihm vertrauten visuellen Welt der Zeichnung bewegen und gleichzeitig aus dem ihm fremden Gebiet der Codes und Programme heraus operieren können. Sutherland legte den Grundstein für ein Forschungsfeld, das sich über die Entwicklung eines möglichst großen Spektrums unterschiedlicher 149

Anwendungsszenarien von immer leistungsfähi­geren Werkzeugumwelten für den Architekten der Zukunft definieren sollte.

Effiziensrhetorik Der Elektrotechniker Douglas Engelbart experimentierte in den Laboratorien der Stanford Universität an ganz ähnlichen Systemen wie Sutherland. Engelbart arbeitete an einem System mit der Bezeichnung „Human using Language, Artifacts and Methodology in which he is Trained-System“, kurz: „H- LAMT-System“. Dahinter verbarg sich ein hybrides Mensch-MaschineKonzept, das Engelbart „Augmenting Human Intellect“28 nannte und dessen Besonderheit in einer die kognitiven Fähigkeiten des Menschen erweiternden und zugleich verstärkenden Wirkung der Maschine bestehen sollte. „Man’s population and gross product are increasing at a considerable rate, but the complexity of his problems grows still faster, and the urgency with which solutions must be found becomes steadily greater in response to the increased rate of activity and the increasingly global nature of that activity.“ Engelbarts Formulierung offenbart ein bevorzugtes Argumentationsmuster in der Geschichte der digitalen Werkzeugforschung: der Glauben, dass eine vermeintlich steigende Unübersichtlichkeit über die immer komplexer werdenden globalen Zusammenhänge im Leben der Menschen durch entsprechend innovative technologische Konzepte bewältigt werden könne. „By ‚augmenting human intellect‘ we mean increasing the capability of a man to approach a complex problem situation, to gain comprehension to suit his particular needs, and to derive solutions to problems. Increased capability in this respect is taken to mean a mixture of the following: more-rapid comprehension, better comprehension, the possibility of gaining a useful degree of comprehension in a situation that previously was too complex, speedier solutions, better solutions, and the possibility of finding solutions to problems that before seemed insoluble. And by ‚complex situations‘ we include the professional problems of diplomats, executives, social scientists, life scientists, physical scientists, attorneys, designers – whether the problem situation exists for twenty 150

minutes or twenty years. We do not speak of isolated clever tricks that help in particular situations. We refer to a way of life in an integrated domain where hunches, cut-and-try, intangibles, and the human ‚feel for a situation‘ usefully co-exist with powerful concepts, streamlined terminology and notation, sophisticated methods, and high-powered electronic aids.“29 Die Maschine fungierte nicht nur als erweiterndes, sondern auch als therapeutisches Mittel der Reorganisation von kulturellen, sozialen und politischen Strukturen – in dieser methodischen Doppelbelichtung des Computers lag der Reiz von Engelbarts Konzept des „Augmenting Human Intellect“. Um die Praxistauglichkeit seines Systems zu veranschaulichen, entwarf Engelbart ein Zukunftsbild des Architekten. Mit dem Satz: „Let us consider an augmented architect at work“30, begann Engelbart, den Arbeitsprozess eines durch die Maschine unterstützten Architekten zu beschreiben. Dieser „augmented archi­tect“ verfügte an seinem Arbeitsplatz über einen Bildschirm und eine kleine Tastatur, mittels welcher er mit der Maschine kommunizieren konnte: „With a ‚pointer‘, he [the architect] indicates two points of interest, moves his left hand rapidly over the keyboard, and the distance and elevation between the points indicated a ­ ppear on the right-hand third of the screen.“31 Ferner sei es möglich, eine auf diese Weise konstruierte Zeichnung räumlich zu drehen. Über die Tastatur könne der Architekt zusätzlich metrische Daten eingeben. Nach etlichen Schritten würden sich die ersten Umrisse des Gebäudes abzeichnen. Gleichzeitig errechnete der maschinelle Architektur­assistent mögliche Auswirkungen des entworfenen Gebäu­des und testete diese unter unterschiedlichen Parametern. Alle im Verlauf eines solchen Arbeitsprozesses produzierten Daten – worunter Engel­bart interessanterweise nicht nur „the building design“, sondern auch „its associated ‚thought structure‘“32, das heißt die dazugehörige „Denkstruktur“ verstand – könnten schließlich auf einem „tape“ abgespeichert und zu einem beliebigen Zeitpunkt wieder abgerufen werden. Mit Marshall McLuhan könnte man sagen, Engel­bart habe Computer als eine maschinelle Prothese verstanden, also als eine Extension, mit der sich die kognitiven und physischen Fähigkeiten des Architekten erweitern und technisch verstärken lassen.33 Damit implizierte Engelbart einen Werkzeugbegriff, der von kompensatorischer Natur war. Der Begriff des „augmented 151

architect“ verdeutlicht, dass der Architekt in ein informationstechnologisches Milieu eingewoben werden und sich das Technische wie eine zweite Haut um ihn legen sollte. Der Zeichentisch des Architekten verwandelte sich in eine apparative Welt aus Geräten, Oberflächen und Datenbanken.

Programmieren Während man in den Tiefen amerikanischer Hightech-Laboratorien beharrlich an der Benutzerfreundlichkeit von immer dienlicheren Werkzeugsystemen für den Architekten der Zukunft arbeitete, blühte im Nachkriegseuropa ein künstlerischer und philo­sophischer Zweig der Computergraphik auf. Dieser stand in vielerlei Hinsicht im Kontrast zu dem ausgeprägten Werkzeugpragmatismus eines Coons oder Sutherlands. Im produktiven Zwielicht von Kybernetik, Kunst und Philosophie entstand eine experimentelle und erfinderische Kultur des Programmierens, die zunächst nur wenig Einfluss auf die Architektur hatte, die jedoch als theoretisches Denkmodell eine entscheidende Rolle spielte.34 Computergraphiken wurden diesmal nicht gezeichnet, sondern programmiert. Zentrale Figuren dieser „Codekultur“ waren die beiden jungen Mathematiker Frieder Nake und Georg Nees und – gleichsam als ihr philosophischer Pate – Max Bense. Nees und Nake begannen Anfang der 1960er Jahre mit Konrad Zuses Graphomaten zu experimentieren.35 Aus dem Spiel mit der Maschine entstanden kleine Strichzeichnungen, auf denen irreguläre Muster zu sehen waren. Mithilfe von programmierten Zufallsgeneratoren wurden Anhäufungen und Überlagerungen aus Punkten, Linien oder Kreisen generiert. Häufig handelte es sich um Störbilder einer fehlerhaften Programmierung. Die visuellen Resultate erstaunten Nees und Nake. Schnell wurde den beiden jungen Mathematikern deutlich, welche kunsttheoretische Sprengkraft sich in ihren kleinen schwarz-weißen Zeichnungen verbarg.36 Mit Nake und Nees wurde das Programmieren zu einer modernen Form des ästhe­t ischen Handwerks erklärt.37 Bense hob dieses Handwerk auf ein philosophisches Niveau. Der Künstler als „Techniker der Theorie“ – in dieser Vorstellung lag die Provo­kation, aber auch die ­I nno­vation eines Künstlerbildes, 152

das mit dem Auf kommen der ersten programmierten Computergraphiken konkrete Gestalt annahm. In einem Brief an Bense schilderte Nees die Ambivalenz und zugleich die Faszination, die er beim Anblick der von ihm produzierten Maschinenzeichnungen spürte: „Am Anfang machte mir das Verständnis dessen, was ich da von der Maschine hatte produzieren lassen, große Schwierigkeiten. Dann lernte ich verstehen, dass ich Modelle des künstlerischen Produktionsprozesses gewonnen hatte.“38 Es ging hier also weder um die Entwicklung von neuen Zeichenwerkzeugen noch um die Optimierung der Zeichnung selbst, etwa durch die Möglichkeit, dreidimensionale Modelle erstellen zu können. Im Zentrum stand nichts Geringeres als die surreale Vorstellung, durch das Programmieren vermeintliche Modelle des kreativen Entwurfs­ prozesses selbst generieren zu können. Dass sich dieses Konzept durch das tradierte Medium der Zeichnung veranschaulichen ließ – und damit unmittelbar auch Fragen der Ästhetik aufgeworfen wurden – war zunächst ein produktiver Nebeneffekt. Dennoch spielte das Graphische hier eine entscheidende Rolle. Durch die Möglichkeit, Programme zu visualisieren und damit ihrer Unanschaulichkeit gewissermaßen ein ästhetisches Gesicht zu geben, konnte verdeutlicht werden, dass die Benutzung elektronischer Rechenanlagen keineswegs nur „an die Verwendung von Zahlen“39 gebunden sei, sondern durchaus auch eine ästhetische Facette impliziere. Dies ging so weit, dass Nake und Nees ihre kleinen schwarz-weißen Zeichnungen in Galerien ausstellten, eine Entscheidung, die eine Welle der Empörung und Begeisterung gleichermaßen hervorrief. Die programmierten Graphiken hingen wie Kunstwerke an der Wand. Dass sie ihre Arbeiten dazu noch signierten – ob mit Namen, Datum, Titel, Versionsnummer und Maschinentyp – und teilweise in Siebdrucktechnik anfertigen l­ ießen, musste die ohnehin schon als provokant empfundene Geste ihrer Arbeiten noch verschärft haben. Gleichzeitig schienen Nakes Zeichnungen, eine Ähnlichkeit zu „modernen Architekturzeichnungen“40 aufzuweisen. Das war selbst Konrad Wachsmann nicht entgangen. In einem Vortrag, den er im Frühling 1965 an der Philosophischen Fakultät der University of Southern California hielt, bezog sich Wachsmann ganz konkret auf Benses Philosophie und Nakes Computergrafiken: „A 153

German philosopher, Max Bense, who is probably not too well known in the United States, has written quite a number of modern books about […] the language of form, the language of structure. I wish I could read many passages of his work, even though, in many instances I feel, myself, in complete opposition to his basis of approach, but Max Bense has created certain images of formulation which are based on some kind of […] equations in which he tries to calculate form, not on the emotional and not on the reaction basis, but on the segments of consequential deductions, which are derived from certain observations, resulting in his stating that he believes he is capable of producing a machine which would be capable of producing Clay paintings [„Clay“ wurde durchgestrichen und durch „Klee“ korrigiert] for instance, exactly as original Clay paintings [s. o.] in consideration of all those factors which are recognizable, which made Clay act and he goes on to say that even if this machine were to exist, this would not be enough that such a machine would be capable in time, after our Clay no longer exists, it would continue to produce the paintings in regard to the continuation of accumulation and experience […] whatever it may be so that in 100 years after his death he would still be able to produce such work under the assumption that the energy which creates this work, once known, can never die.“41 Bei der Computergrafik, auf die sich Wachsmann hier bezog, handelt es sich um „Hommage à Klee“ (1965), eine Grafik, in der Nake die strukturellen Merkmale von Paul Klees 1929 gemaltem Bild „Haupt- und Nebenwege“ analysierte und anschließend mithilfe eines Algorithmus reproduzierte.42 Wachsmann scheint dabei weniger von dem Herstellungsprozess der Grafik selbst angetan gewesen zu sein. Auf den eigentlichen Kern von Benses informationstheoretischen Überlegungen, ging Wachsmann – außer mit der Erwähnung der „consequential deductions, derived from certain observations“ kaum ein. Vielmehr war Wachsmann von der Vorstellung fasziniert, Informationen über einen Menschen – in diesem Fall von Klee – in das künstliche Gedächtnis einer Maschine hineinprogrammieren und beliebig oft wieder abrufen zu können. Es ging also um die Eigenschaft des Computers als Daten­bank – eine Vorstellung, die auch für Wachsmann keineswegs neu war. Er selbst hatte in Ulm den Versuch unternommen, sämtliche Informationen 154

Frieder Nake zeigt seine Computergrafiken. Anlass war eine Auktion, die Stuttgarter Künstler zur ­Unterstützung der Vietcong organisierten, Stuttgart 1966. http://dada.compart-bremen.de/node/751#/ media-tab.

Frieder Nakes Computergrafik „Hommage à Paul Klee, 13/9/65 Nr. 2“ Jasia Reinhardt (Hrsg.): Cybernetic Serendi­ pity, London 1968, S. 78.

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eines Entwurfsprozesses in einer Datenbank zum Industriellen Bauen zu speichern. Der Computer verkörperte für Wachsmann in erster Linie eine Maschine zur Produktion einer industriell herstellbaren Architektur und nicht einer avantgardistischen Kunsttheorie. Dennoch sah Wachsmann in den generativen Computergrafiken eine kategorische Veränderung für das technische Selbstverständnis von Architektur und Kunst. Nicht ohne seine Spitzfindigkeit gegen das von ihm als romantisch empfundene Einheitsdenken des Bauhauses verbergen zu können, erklärte er, dass es nicht mehr wie im Bauhaus „Kunst und Technik – eine neue Einheit, sondern vielmehr: Wissenschaft und Technik – eine neue Kunst“43 heißen müsse. Tatsächlich erregte die „künstliche Kunst“44, wie die Computergraphiken anfangs noch vorsichtig genannt wurden, großes Aufsehen unter den konservativen Künstlern, Kunstwissenschaftlern und besonders in den Medien. Die Vorstellung, „Kunst“ buchstäblich programmieren zu können, provozierte. Die programmierten Arbeiten nahmen der Frage nach dem Verhältnis von Kunst, Autorenschaft und Technik ihren konservativen Klang und schienen sie durch eine beispiellose Rigorosität im Denken ad absurdum zu führen. Dementsprechend zielte ein erheblicher Teil der öffentlichen Kritik auf den „Entwurfsprozess“ der Graphiken, das heißt auf die Methode ihrer Programmierung. Dass sich hinter den kleinen, ästhetisch wirkenden Strichzeichnungen ein simples Computerprogramm verbarg, ließ diese in den Augen vieler Kritiker zu etwas Fremdem werden, das der rationalen Logik der Maschine und nicht dem schöpferischen Geist des Menschen entsprang. Im Zentrum stand also eine doppelte Demystifikation: die des künstlerischen Schaffensprozesses und die der Logik der Maschine. Dass in dem Offenlegen der maschinellen Funktionslogik paradoxerweise auch ein Teil der Provokation lag, die von den Computergraphiken ausging, wird verständlich, wenn man bedenkt, dass an die Demystifikation der Maschine auch die Demystifikation des Autors geknüpft ist. Der Frage nach der Kreativität und Intuition in einem Kunstwerk wurde die konzeptionelle Grundlage entzogen, als deutlich wurde, dass der Autor nicht nur eine Maschine, sondern auch noch ein simples Regelwerk aus Zeichen war.45 Eine Zeichnung zu programmieren bedeutete, im Sinne des Computers zu denken, das heißt in der Logik einer „semiotischen Maschine“46. „Im engeren 156

mathematischen Sinn ist ein Code eine Vorschrift für die eindeutige Zuordnung der Zeichen eines Zeichenvorrats zu denjenigen eines anderen Zeichenvorrats. […] Der Begriff ‚Code‘ wird dabei in doppelter Weise verwendet, einmal für die mathematische Abbildungsvorschrift, zum anderen für die durch die Codierung entstehenden Zeichenketten.“ Ein Code besteht also aus symbolischen Zeichen und ist doch, so betont es Nake selbst, in dieser Hinsicht nichts weiter als „Text, wesentlich Text“.47 Mit Code zu zeichnen, hieß also mit Text zu operieren. Eine Computergrafik konnte als ästhetische Spur eines Textes betrachtet werden, dessen Besonderheit darin liegt, dass er aus Zeichen besteht, die aus zwei Richtungen gelesen werden können: Einerseits durch den Menschen, wenn auch nicht ohne gewisse Schwierigkeiten, und andererseits durch die Maschine, also als operationaler Code. Gleichzeitig war die Auseinandersetzung mit Code nicht mehr nur Mittel zum Zweck, um eine große Menge von Daten in möglichst kurzer Zeit zu berechnen, sondern bildete nun auch das konzeptionelle Fundament für eine ästhetische Avantgarde.48 Max Bense, für den sich der erkenntnistheoretische Zugang zur Welt im Zeichenhaften befand, erhob die programmierten Grafiken von Nake und Nees zu seinen ersten Zeugnissen jener zukünftigen technischen Welt, die er stets herauf beschwor. In dem Aufsatz „Projekte generativer Ästhetik“, den er 1965 in seiner epochemachenden Schrift Aesthetica veröffentlichte, schrieb Bense: „Im Ganzen […] unterscheidet sich die ‚künstliche‘ von der ‚natürlichen‘ Produktionskategorie durch die Einführung eines Vermittlungsschemas zwischen Schöpfer und Werk, bestehend aus Programm und Programmiersprache, womit eine ungewohnte Arbeitsteilung im ästhetischen Prozess verknüpft ist.“49 In der ästhe­t ischen Wirkung dieser Zwischenebene des Computercodes, die Bense hier noch etwas sachlich als „Vermittlungsschema“ bezeichnete und die Nees und Nake zum Ausgangspunkt ihrer Reflexion machte, lag die Provokation, aber auch die Erweiterung und Originalität des durch Bense aufgescheuchten Kunstbetriebes der deutschen Nachkriegszeit. Auf die Praxis der Architektur hatte das Programmieren zunächst nur bedingt einen direkten Einfluss. Wachsmanns Datenbankprojekt mag als Beispiel dafür gelten, wie breit das Spektrum von Vorstellungen und Anwendungen in diesem Zusammenhang gespannt werden konnte. Zwar gab es 157

vereinzelt Architekturprojekte, in denen Teile der Planung oder des Entwurfs konkret programmiert wurden, etwa die zuvor erwähnte, mithilfe eines Zufallsalgorithmus generierte Fassade des Northwick Park Hospital. Die Vorstellung von Programmierbarkeit fungierte in der Architektur jedoch häufig als ein theoretisches Denkmodell und begriffliches Konvolut, dessen Produktivität sich oft aus der begrifflichen Unschärfe und einem oftmals fragwürdigen Rationalisierungswunsch erklären lässt – analog etwa zu Wolfgang Dörings nebulös formuliertem Ziel, Kommunikation zu einem „Organisationswerkzeug“ für die Programmierung von Architektur50 zu erklären. Neben dieser eher metaphorischen Ebene gab es auch Versuche, Programmierung als disziplinübergreifende Entwurfsmethode zu etablieren. Der Anstoß dazu kam allerdings nicht aus der Architektur, sondern wiederum aus dem Feld der Grafik. Karl ­Gerstner, einer der einflussreichen Vertreter der Schweizer Graphik der 1950er Jahre, gilt als Protagonist der Konkreten Kunst und arbeitete im unmittelbaren Umfeld von Max Bill und Richard Paul Lohse.51 Gerstner unterschied sich von ähnlich arbeitenden Künstlern in jener Zeit allerdings dadurch, dass er nicht nur von sogenannten Programmen sprach und mit ihnen arbeitete, sondern den Prozess des „Programmierens“ selbst zu einer eigenständigen und allgemein anwendbaren Entwurfsmethodik zu erheben versuchte. Gerstners 1964 veröffentlichtes Buch Programme entwerfen52 avancierte schon kurz nach seiner Veröffentlichung zu einer einflussreichen Schrift. Die Vorstellung, Programme nicht einfach nur anzuwenden, sondern diese sogar selbst entwerfen zu können, betrachtete er als eine „spezifische Methode, an kreatives Gestalten heranzugehen“53, die, so behauptete Gerstner, „statt Hoffen auf Inspiration aus höheren Regionen systematisches Heranpirschen an eine Aufgabe“54 impliziere. In diesem Sinne avancierte besonders der Untertitel des Buches Statt Lösungen für Aufgaben Programme für Lösungen, zu einem disziplinübergreifenden Gestaltungsaxiom zwischen Kunst und Architektur. „Wohnungen programmieren, das ist zunächst eine ökonomische Frage“, eröffnete Gerstner das Kapitel „Programm als Architektur“ nüchtern und führte weiter aus: „Je kleiner die Anzahl der Elemente, desto wirtschaftlicher ist das System.“55 Als ein Beispiel einer so verstandenen Architektur, bezog 158

sich Gerstner auf das Wohnungsbausystem der Zürcher Architektengemeinschaft Schwarz, Gutmann und Gloor. In den 1960er Jahren hatten diese ein Bausystem entwickelten, dessen additive Logik vom Systemdenken des Industriellen Bauens und dem daran anknüpfenden Zweig der Mega­structures inspiriert war. Als ein weiteres Beispiel einer in diesem Sinne programmierten Architektur, führte Gerstner das von Rudolf Doernach, Hans-Joachim Lenz und Eckhardt Schultze-Fielitz 1966 für den Wettbewerb der Universität Bochum entworfene „Stadtbausystem“ an.56 Doch der Programmbegriff sollte nicht nur auf Fragen aus Architektur und Städtebau, sondern auch aus Typographie, Graphik, Literatur, Musik und Photographie bezogen werden können. Gerstner wollte zeigen, dass sich sowohl die ästhetische Dimension einer abstrakten Graphik57 und eines Musikstückes als auch die funktionale und damit soziale Dimension architektonischer Räume programmieren lässt. Das Kapitel „­ Programm als Musik“ illustrierte Gerstner etwa mit abstrakten Diagrammen und Schaltplänen zu John Cages „Variations I“ von 1958 sowie zu Karl Stockhausens „Nr. 14 Plus Minus“ von 1963.58 Unter dem Aushängeschild eines universalisierten Programmbegriffs, ließ sich scheinbar jeglicher disziplinäre Unterschied und jede gestalterische Besonderheit minimieren und homogenisieren. In einer so programmierten Welt blieb dem Entwerfer, ob nun als Architekt, Künstler oder Musiker, nur noch die Rolle eines „Algorithmen-Schöpfers“. 1969, nur wenige Jahre nachdem Nake und Nees mit ihren Computergrafiken für Furore gesorgt hatten und Gerstners Buch Programme entwerfen den Status eines Gründungsdokumentes genoss, schien sich die Vorstellung von einer „programmierten Architektur“ tatsächlich zu bewahrheiten. In Zagreb war eine Ausstellung zu sehen, die erstmals beanspruchte, computergenerierte Architektur zu zeigen. „Computer and Visual Research“59, so der Titel der von Abraham Moles geleiteten Ausstellung, war die vierte von insgesamt sechs Ausstellungen, die zwischen 1961 und 1978, jeweils in Verbindung mit einem Symposium in Zagreb stattfanden.60 Zwar gilt auch das bereits ein Jahr zuvor in London ausgestellte, von John Weeks programmierte Krankenhausprojekt als computergenerierte Architektur, doch handelte es sich hierbei eher um eine – wenn auch realisierte – Fassadenstruktur. In 159

„Programm als Musik“, Kapitel aus Karl Gerstners Buch Programme entwerfen. Musiknotation von Karlheinz Stockhausens Komposition „Nr. 14. Plus Minus“ von 1963. Karl Gerstner: Programme entwerfen. Statt Lö­ sungen für Aufgaben Programme für Lösungen, Baden 2007 (Erstauflage: 1964), S. 27.

Zagreb präsentierte der italienische Architekt Leonardo Mosso, ein ehemaliger Mitarbeiter Alvar Altos, zwei Projekte, die er unter das Motto „Computers and Human Research: Programming and Self-Managment of Form“ stellte.61 „Testimonianza“, so der Titel des ersten Projektes, war ein zwischen 1966 und 1967 entworfener Wettbewerbsbeitrag für den Bau des Abgeordnetenhauses in Rom. Das zweite Projekt, „Kontinuität“ war eine 1968 entwickelte Studie in einem städtebaulichen Maßstab. Beide Projekte basierten auf einer dreidimensionalen Raumstruktur: Ersteres operierte mit einer überdimensionalen 160

„Programm als Entwurf für die Zukunft“, Kapitel aus Karl Gerstners Buch Programme ent­ werfen. Baussystem von Rudolf Doernach, Hans-Joachim Lenz, Eckhard-Schulze-Fielitz, Ideenwettbewerb Universität Bochum, 1963 Karl Gerstner: Programme entwerfen. Statt Lö­ sungen für Aufgaben Programme für Lösungen, Baden 2007 (Erstauflage: 1964), S. 31.

Gitterstruktur. Letzteres war dagegen modular aufgebaut und formte aus unzähligen Kuben eine urbane Topographie. Zum Projekt „Kontinuität“ präsentierte Mosso eine Zeichnung, auf der unterschiedliche modulare Variationen in einem Raster nebeneinander dargestellt sind. „This study deals with the problem of programmed architecture aided by computer technology as an integrated system of relations between linguistic structures as they occur in the complex ecological and eco-social system: – life/architecture and man/environment – namely, as hypothesis of a general programming for the 161

Leonardo Mosso, „Testimonianza“, Strukturmodell, 1966/67 Leonardo Mosso in: Programmierte Architektur, hrsg. von Umbro Apollonio and Carlo Belloni, Studio die Informazione Estetica, Turin, 1969, S. 41.

auto-programming of the human being.“62 Im Kern war Mosso also an einem relationalen System zur Programmierung für selbstorganisierende Strukturen interessiert. Nur ein Jahr nach der Ausstellung in Zagreb, entstand ein weiteres Projekt einer computergenerierten Architektur. Diesmal wurde es wieder wesentlich konkreter, aber auch kleinmaßstäblicher. Der Architekt Ludwig Rase 162

Leonardo und Laura Mosso „Kontinuität“, Stadtmodel, 1968/69 Leonardo Mosso in: Programmierte Architektur, hrsg. von Umbro Apollonio and Carlo Belloni, Studio die Informazione Estetica, Turin, 1969, S. 69.

entwickelte im Rahmen der Hannovermesse, die im deutschsprachigen Raum erste mit einem Computer programmierte Architektur. Für die Firma Siemens hatte Rase den offiziellen Messepavillon entworfen.63 Der Pavillon war einfach aufgebaut und bestand lediglich aus einer modular zusammengesetzten Dachfläche und den dazu notwendigen Stützen. In seiner Grundstruktur ähnelte das Dach einem bienenwabenähnlichen Muster, bestehend 163

Programmierte Computerzeichnung, Siemens Messepavillon, Hannover Messe, Ludwig Rase mit Georg Nees, 1970 „4004 entwirft Messestand: Computer als Mitarbeiter des Architekten“, in: Siemens Data Report, 4/70, Juli 1970, S. 2–7.

aus einer Reihe sechseckiger Module. Nees, der hier nicht als Künstler, sondern in der Rolle des technischen Spezia­l isten und Architekturassistenten im Gropiusschen Sinn fungierte, schrieb für Rase ein Computerprogramm, mit dem sich die optimale Grö­ße des Grundmoduls für das Dach berechnen ließ. Der Clou des Programms bestand darin, dass Nees es schaffte, unterschiedliche Varianten des Grundmoduls zu generieren und je nach Modulgröße ein entsprechendes dreidimensionales Modell der Konstruktion des Pavillons zu errechnen. Zwar hatte Rase das übergeordnete Konzept des Pavillons bestimmt, das Design der einzelnen Varianten lag jedoch jetzt nicht mehr in seiner Hand. In dem Projekt von Nees und Rase fielen damit zwei unterschiedliche Aspekte aus der Architekturgeschichte des Computers 164

Algol Programmcode zur Generierun der Module, Siemens Messepavillon, Hannover Messe, Georg Nees, 1970 „4004 entwirft Messestand: Computer als Mitarbeiter des Architekten“, in: Siemens Data Re­ port, 4/70, Juli 1970, S. 2–7.

zusammen: Zum einen verkörperte Nees, in seiner Funktion als Computerspezialist genau jene Form des „architectural assistent“, nach der Gropius in Boston zuvor gefragt hatte. Zum anderen lieferte das Projekt den Beweis für Benses zuvor zitierte Annahme, dass sich die sogenannte „künstliche“ von der „natürlichen“ Produktions­kategorie durch die Einfügung eines Vermittlungsschemas zwischen Schöpfer und Werk unterscheidet, also eines Computercodes. Rückblickend erinnert sich Nake: „Immer ging es in den Diskussionen zu dem Feld aus Kunst, Computergraphik, Programm, Computer, Computerkunst, Kreativität darum, sehr nüchtern und im vorgetragenen Beispiel aufzuzeigen, wie einfach, schlicht, formal, streng, wie mächtig aber auch das Programm war, das Program­m ieren war.“64 Damit bezeichnet Nake hier nochmals jenen Aspekt, durch den sich die Zeichenmaschinen von Coons und Sutherland von seinen eigenen programmierten Kunstwelten unter­schie­den: Während Erste an den Computer als technisches Arte­fakt gekoppelt waren, es 165

Realisierung der Konstruktion, Siemens Messepavillon, Hannover Messe, Ludwig Rase mit Georg Nees, 1970 „4004 entwirft Messestand: Computer als Mitarbeiter des Architekten“, in: Siemens Data Report, 4/70, Juli 1970, S. 2–7.

also gewissermaßen um den Bau von immer leistungsfähigeren Maschinen und übersichtlichen Benutzeroberflächen ging, stand bei Letzteren das Programmieren als eine rein mathematisch und intellektuell verstandene Methode der Formalisierung im Vordergrund, losgelöst von der technischen Performanz des Computers als Werkzeug und Objekt.

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Individualisierungssysteme

„What man makes, nature cannot make. What nature makes, man cannot make. How far can we entrust the machine to design?“1, fragte der Architekt Louis Kahn skeptisch die Zuhörer, die im April 1968 in den großen Vortragssaal der Architekturfakultät an der Universität Yale gekommen waren. Anlass war eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Konferenz Computer Graphics in Architecture and Design, die sowohl aufgrund ihrer namhaften Teilnehmer als auch durch die Wahl ihres Themas, ein besonderes Ereignis zu werden versprach. Kahn – gewiss der prominenteste Teilnehmer auf dem Podium – befand sich in glanzvoller Gesellschaft. Die drei weiteren Gesprächsteilnehmer waren Charles Moore, zu jener Zeit Dekan der dortigen Architekturfakultät, der Elektrotechniker und Pionier des Computer-Aided Design Steven A. Coons, und schließlich der Kybernetiker Warren McCulloch, der als einer der Gründungsväter der Neuroinformatik und als Vorsteher der legendären Macy-Konferenzen zu den bedeutendsten intellektuellen Köpfen der amerikanischen Wissenschaftslandschaft der Nachkriegszeit zählte. Im Zentrum der Diskussion über „The Past and Future of Design by Computers“ – so der Titel der Veranstaltung – stand die Frage, ob und wenn ja, wie der Computer in den architektonischen Entwurfsprozess eingebunden werden könne. Damit stand öffentlich eine Fragestellung zur Debatte, deren Brisanz ausreichte, um nicht nur das Selbstbildnis des Architekten in seiner Rolle als schöpferischer Demiurg, sondern auch das altehrwürdige Fundament einer ganzen Disziplin zu erschüttern. Kahn machte deshalb bereits zu Beginn der Diskussion deutlich, wie wenig er von der Optimierungsrhetorik hielt, die mit der Entwicklung der digitalen Technologien untrennbar verbunden war: „The machine can communicate measure, but the machine cannot create, cannot judge, cannot design. This belongs to the mind. […] If measure is accepted only when absolute, how could one measure realization, concept, thruth, desire, silence?“2 Der Vorstellung, die individuelle Handschrift des architektonischen Entwurfsprozesses könne durch die anonyme Perfektion von 167

Computern grundlegend beeinflusst werden, stand Kahn überaus kritisch gegenüber. Damit stand er keinesfalls alleine dar. Auch der einflussreiche Architekturhistoriker Lewis Mumford machte in seinem epochalen zweibändigen Werk Mythos der Maschine3 – dessen erster Teil nur wenige Monate vor der Konferenz veröffentlicht wurde – deutlich, dass er von der Zukunftsmusik, die aus den Räumen der Computerlaboratorien zu den Zeichentischen der Architekten herüberschallte, wenig hielt. Computer könnten weder „Symbole erfinden“4 noch „Gedanken begreifen, die nicht bereits in ihrem Programm enthalten sind.“5 Zwar sei es prinzipiell möglich, innerhalb dieser engen Grenzen logische Operationen auszuführen. Doch keinesfalls, so Mumford, könne ein Computer „von einer anderen Organisationsweise als seiner eigenen auch nur träumen.“6 Besonders Coons’ Verherrlichungen der Leistungsfähigkeit von Maschinenintelligenz und Computergrafik mussten auf Kahn wie ein rotes Tuch gewirkt haben. Auf dem Podium wandte sich Coons mit seinem Plädoyer dennoch direkt an Kahn: „I suppose that I am far way from all of you in spirit, and very close to the machine. But you bring to this task the viewpoint that I cannot furnish. You bring the viewpoint that no scientist, no engineer can fully fulfill. […] You think of a machine, and computers are machines as rather rigid mechanisms like automobile. […] Computers are indeed, machines, but they are not like automobiles, they are not like electric stoves, they are not like telephones that have specific functions. They are far more magic and general than that. […] They are, perhaps, the most congenial mechanical device ever envisioned by human beings.“7 Und als müsse er Kahn gegenüber Rechenschaft ablegen, betonte Coons abschließend, man befände sich erst am Beginn einer noch bevorstehenden, alles verändernden Computerkultur – „Computer will be different tomorrow. They will be more capable, they will be cheaper, and they will be far more congenial to human beings than they are today.“8 […] „We are only at the beginning.“9 Kahns harsche Kritik war eine unmittelbare Reaktion auf den rasanten Fortschritt im Bereich der digitalen Architekturproduktion. Es ist sein Ausdruck „this belongs to the mind“, der offensichtlich werden lässt, wo sich für ihn der wunde Punkt befand. Angesichts des zunehmenden Eindringens des 168

Louis Kahn (oben links) im Streitgespräch mit Charles Moore (oben rechts), Steven A. Coons (unten rechts) und Warren Mcculloch (unten links) „Panel Discussion: The Past and Future of Design by Computer“, in: Proceedings of the Yale Conference on Computer Graphics in Architecture (New Haven, April 1968), New Haven 1969, S. 98–103.

Digitalen in immer neue Arbeitsfelder des Architekten, sah Kahn nichts Geringeres als die Bedeutung des Denkens selbst in Gefahr. Ohne unmittelbar von einer Krise des Denkens gesprochen zu haben, ging es nicht mehr nur um das Für und Wider irgendeiner Rechenmaschine. Vielmehr schien plötzlich das gesamte schöpferische Fundament der Architektur als Disziplin auf dem Spiel zu stehen. Entwerfen galt als Synonym für das individuelle Denken. Jeder Schritt in Richtung einer wie auch immer beschriebenen Digitalisierung des Entwerfens wurde als bewusster Entkräftungsversuch des schöpferischen Denkens durch die Technik interpretiert. Nicht selten war von einer „Symbiose“ zwischen Mensch und Maschine und dem Computer als einem „intelligenten Partner“ die Rede – technoide Metaphern, die charakteristisch 169

für die Mythologisierungsmentalität in der Forschung auf dem Gebiet der sogenannten Künstlichen Intelligenz waren, und die auch Kahn dazu verleiteten, in Yale kritisch nach der Vertrauenswürdigkeit des Computers für den Entwurfsprozess zu fragen.

Die Maschine als Akteur Kahns Befürchtungen von einer drohenden institutionellen Schwä­chung des Architekten durch den Computer mögen übertrieben erscheinen. Sie waren jedoch keineswegs unbegründet. Einer von Coons profiliertesten Schülern, der Architekt Nicholas Negroponte, spielte bei der Mythologisierung der Maschine eine maßgebende Rolle. 1967, ein Jahr vor der Konferenz in Yale hatte Negroponte am Massachusetts Institute of Technology in Boston damit begonnen, die Architecture Machine Group aufzubauen. Dies sollte für Architektur und Städtebau zu einem der einflussreichsten Think-Tanks in der Erforschung der Mensch-Maschine-Schnittstelle werden. Auch die beiden von Negroponte kurze Zeit später veröffentlichten Bücher – The Architecture Machine von 1970 sowie Soft Architecture Machines von 1975 avancierten zu Manifeste der Computerforschung in der Architektur.10 Die Gründung einer solchen Forschungsstätte war zu dieser Zeit zunächst keinesfalls selbstverständlich. Computer kosteten ein Vermögen und füllten durch ihre Größe nicht selten ganze Räume. In Zeiten des Kalten Krieges hatte sich die staatliche Wissenschaftsförderung der US -Regierung mehr und mehr auf die Entwicklung von Großrechnern konzentriert. Das Feld der angewandten Mathe­matik verwandelte sich in einen mächtigen Forschungskomplex, dessen engsten Beratungszirkeln oftmals auch Ausnahmemathematiker angehörten, so auch Norbert Wiener, Claude Shannon, Warren McCulloch oder aber John von Neumann, einem Pionier der diskreten Modellierung von dynamischen Systemen, den sogenannten Zellulären Automaten.11 Als verwaltungstechnische Rechenmaschine war der Computer zwar vertraut. Doch seine wissenschaftliche Erforschung war fast ausschließlich den Forschungs­ abteilungen weniger Flugzeug- und Automobilkonzerne oder ausgewählten 170

Blick in die Räume der Architecture Machine Group Nicholas Negroponte: Soft Architecture Machines, Cambridge 1975, S. 160.

und durch das Militär geförderten Universitäten vorbehalten, beispielsweise der Moore School of Electrical Engineering der University of Pennsylvania. In deren Forschungslaboren stand die erste elektronische Universalmaschine, ein Rechenkoloss, der 1942 zur Lösung von komplexen ballistischen Rechenaufgaben gebaut wurde und unter der Abkürzung „ ENIAC “ Epoche machen sollte.12 Als intellektuelles Zentrum für mathematische Kriegswissenschaften beheimatete besonders das Massachusetts Institute of Technology eine große Anzahl von Forschungsstätten, die zwar unterschiedlichen Fachgebieten zugeordnet waren, deren gemeinsamer Nenner jedoch in der Weiterentwicklung des Computers lag. Zu nennen sei etwa das Mechanical Engineering Department, an dem Coons mit der Entwicklung des Computer-Aided Design beschäftigt war; das Lincoln Laboratory, wo Ivan Sutherland Mitte der 1963 171

Der Name „Architecture Machine“ stand wie ein Markenzeichen an der Außenseite des Computers. Nicholas Negroponte: Soft Architecture Machines, Cambridge 1975, S. 160.

bei Shannon mit dem Programm Sketchpad promovierte oder das Research Laboratory of Electronics13, an dem McCulloch seit den frühen 1950er Jahren an der Entwicklung künstlicher neuronaler Netze tüftelte.14 Als Schlüsseltechnik des Kalten Krieges war der Computer eines der zentralen wissenschaftlichen Forschungsgegenstände. Wieners – bekanntermaßen ergebnislosen – Bemühungen, ein kybernetisches Steuerungssystem für die Flugabwehr zu entwickeln, sind ein anschauliches Beispiel dafür, wie eng Wissenschaft und Krieg miteinander verwoben waren.15 Negroponte und die Architecture Machine Group befanden sich gewissermaßen am „Herzen der Macht, zwischen militärischen Steuerungssystemen und den Strategien des Kalten Krieges“16. Mit Friedrich Kittler gesprochen, könnte man sogar zugespitzt formulieren, Negroponte institutionalisierte mit der Architecture Machine Group erstmals eine architektonische Form des „Missbrauches von Heeresgerät“17. Tatsächlich lag das Besondere in den Arbeiten der Architecture Machine Group in einer spielerischen Grundhaltung dem Computer gegenüber. Im Zentrum stand die Entwicklung von Projekten, in denen sich 172

Nicholas Negroponte: Installation „SEEK“ im Rahmen der Ausstellung „Software“, Jewish Museum, New York, 16.09.– 08.11.1970. Nicholas Negroponte: Soft Architecture Machines, Cambridge 1975, S. 47.

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Computer-Aided Design um 1969: Mit dem „light-pen“ konnte der Architekt direkt auf dem Bildschirm (links) oder einer interaktiven Oberfläche zeichnen (rechts). Nicholas Negroponte: The Architecture Machine, Cambridge 1970, S. 160.

der Computer unwillkürlich mit den Gewohnheiten und Besonderheiten des entwerfenden Architekten verweben sollte. Negroponte war sich darüber im Klaren, dass man Architekten für neuartige Technologien besser über den Weg der Praxis als über den der Theorie begeistern konnte. Der Möglichkeitsraum des Computers sollte deshalb möglichst experimentell erkundet werden, durch ein wechselseitiges Spiel aus Entwickeln und Testen. Die von Negroponte 1970 für die Ausstellung „Software“ realisierte Kunstinstallation „ SEEK“, verdeutlichte auf eindrückliche Weise, wie ein solches Spiel konzeptionell zu verstehen war. In einer großen Glasvirtrine überwachte ein computergesteuerter Roboterarm die räumliche Ordnung von über einhundert gestapelten Würfeln. Zwischen diesen Würfeln liefen Mäuse umher, stießen durch ihre Bewegungen immer wieder einen Würfel um und brachten auf diese Weise die Würfelordnung fortwährend durcheinander. Die Aufgabe des Computer bestand darin, die ursprüngliche Ordnung wieder herstellen. Gleichzeitig sollte er aus dem chaotischen Bewegungsmuster der Mäuse ein 174

Verhaltensmodell berechnen, etwas, das Negroponte metaphorisch als „cybernetic world model“ bezeichnete. Obwohl dabei immer wieder von Maschinenintelligenz die Rede war, lag für Negroponte der Schlüssel zur Digitalisierung der Architektur woanders. Im Vordergrund stand nicht die Vorstellung einer wie auch immer zu begründenden Künstlichen Intelligenz – ein Kapitel der modernen Computergeschichte, das von Alan Turing in seinem erstmals 1950 veröffentlichten Aufsatz „Computing Machinery and Intelligence“18 skizziert und wenig später durch beiden Mathematiker John McCarthy und Marvin Minsky gemeinsam mit Shannon weiterentwickelt wurde.19 Auch ging es ihm nicht um einen ästhetischen Umgang mit Code als ein neuartiges künstlerisches Handwerk, etwa im Sinne von Frieder Nakes und Georg Nees’ mit Hilfe von Zufallsgeneratoren erstellten Computergrafiken. Negropontes ehrgeiziges Ziel bestand in der Entwicklung von Maschinen, die die Arbeit des Architekten nicht nur erleichtern, sondern sie ihm sogar vollständig abnehmen sollten. Während es bis jetzt eher um grafische Konzepte an der Mensch-Maschine-Schnittstelle ging, stand nun erstmals die Frage zur Debatte, inwieweit auch planerische und entwerferische Tätigkeiten des Architekten, auf einen Computer übertragen werden können. Der Grundgedanke von Negropontes Architekturvorstellung bestand dabei in der verfahrenstechnischen Individualisierung der MenschMaschine-Schnittstelle. „Imagine a machine that can follow your design methodology and at the same time discern and assimilate your conversational idiosyncrasies. The same machine, after observing your behavior, could build a predictive model of your conversational performance. Such a machine could then reinforce the dialogue by using the predictive model to respond to you in a manner that is in rhythm with your personal behavior and conversational idiosyncrasies. What this means is that the dialogue we are proposing would be so personal that you would not be able to use someone else’s machine, and he would not understand yours. […] The dialogue would be so intimate – even exclusive – that only mutual persuasion and compromise would bring about ideas, ideas unrealizable by either conversant alone.“20 Mit der hier formulierten Vorstellung des Computers, als einer lernenden Maschine, also einer Maschine, die sich ihrer Umwelt selbstständig anpassen 175

und ihr eigenes Verhalten durch Rückkopplung demzufolge variieren kann, ging es nicht mehr nur um visuelle Benutzeroberflächen und anschauliche Computergrafik. Im Zentrum stand nun die individuelle Zusammenarbeit von Mensch und Maschine. Eines der ersten, nach diesen Kriterien konzipiertes Computerexperiment war „URBAN5“, ein 1967 entwickeltes Planungsprogramm, dessen Ziel darin bestand, mit Hilfe von lernenden Algorithmen einen sprachlich möglichst einfach aufgebauten Dialog zwischen Mensch und Maschine zu ermöglichen.21 Ohne Fachwissen und besondere Vorkenntnisse, sollte es einem Benutzer von URBAN5 zunächst möglich sein, computergrafisch mit dem Computer zu interagieren. Dieses medientechnische Verfahren galt spätestens seit Ivan Sutherlands Sketchpad als ein populäres Forschungsfeld – obgleich für die Mehrheit der Architekten die Computergrafik noch eine technologische Geheimlehre darstellte, von deren Optimierungsrhetorik man sich zwar nicht einschüchtern lassen wollte, die versprochenen Arbeitserleichterungen trotz allem reizvoll klangen. Der eigentliche Clou von Negropontes Computerexperiment lag allerdings woanders. Der Benutzer von URBAN5 sollte nicht nur visuell, sondern nun auch sprachlich mit der Maschine kommunizieren können. Konkrete Fragen, Überlegungen und Anweisungen zu einem Planungsprojekt, etwa nach der opti­malen Lage des Hauseingangs oder der Fenster, sollten in Form von ganzen Sätzen eingeben werden können. Der Computer würde die Bedeutung dieser Sätze verstehen und dementsprechende Lösungen berechnen, Gegenfragen formulieren und sogar Empfehlungen aussprechen, was im Planungsprozess als nächstes zu tun sei oder nicht vergessen werden dürfe. Kahns eingangs erwähnte Bedenken, ob man dem Computer im Entwurfsprozess vertrauen könne, hatte Negroponte längst hinter sich gelassen. Die Maschine war zu einem technowissenschaftlichen Orakel hochstilisiert worden und die Phantasie und Intimität des zwischenmenschlichen Gedankenaustausches durch den Mythos der maschinellen Perfektion ersetzt. Anstelle von Weisheit und Erfahrung, trat die technische Allwissenheit. Negroponte Computerexperimente waren radikal und innovativ und stellen womöglich genau deshalb eines der anschaulichsten Faszinations- und Sehnsuchtskapitel aus der Architekturgeschichte des Computers dar. 176

„We, the Architecture Machine Group at MIT, are embarking on the construction of a machine that can work with missing information. To do this an architecture machine must understand our metaphors, must solit information on its own, must acquire experiences, must talk to a wide variety of people, must improve over time, and must be intelligent. It must recognize context, particularly changes in goals and meanings brought about by changes in context.“22 Es ging um die Suche nach der Bedeutung von Kommunikation und um die semantische Bestimmung des komplexen Verhältnisses von verfügbarer und fehlender Information innerhalb eines architektonischen Planungsprozesses. Auf diese Weise würde ein Simulationsmodell der individuellen Kommunikation erzeugt werden können – „a predictive model of your conversational performance“. Ein solches Modell lieferte nicht nur Hinweise darüber, welche Information zu welchem Zeitpunkt der Planung welche Rolle spielte. Vielmehr – und darin bestand die eigentliche Absicht der Architecture Machine Group – würde dieses Modell das technische Fundament bilden, auf dem sich die Maschine als sozialer Akteur und gleichberechtigter Partner dem Architekten gegenüberstellen ließ. Damit ging es nicht nur um das Wissen des Architekten über den Computer, sondern ebenso umgekehrt – auch um das Wissen des Computers über den Architekten. In dieser anthropotechnischen Spiegelung von Mensch und Maschine, die gewissermaßen einem kybernetischen Rollenspiel zur Verschmelzung von Natur und Kultur glich, lag die Originalität, aber auch das beängstigende Potenzial von Negropontes ambitioniertem Projekt. Als eine eigenständig handelnde Maschine würde der Computer zu einem wirklichkeitskonstituierenden Akteur in der zwischenmenschlichen Sphäre werden. Doch die Vorstellung, Computer wären imstande, das individuelle Verhalten des Menschen nicht nur zu beobachten und zu analysieren, sondern auch technisch zu modellieren, lässt deutlich werden, wie eng die Grenzlinie der Inno­vation zwischen technischer Dienstbarkeit und sozialer Kontrolle verlief. Negroponte entwarf die Konturen einer Maschinenwelt, in der der Computer von seinem passiven Status als reine Verwaltungsmaschine befreit werden sollte. Es ist deshalb keine Überraschung, dass das theoretische Fundament der Architecture Machine Group auf keiner Architektur-, sondern auf 177

einer soziokybernetischen Maschinentheorie beruhte. Negroponte bezog sich auf keinen Geringeren als McCulloch und dessen Überlegungen zum Sozialverhalten von sogenannten „ethischen Robotern“23, ein Begriff, den McCulloch bereits Mitte der 1950er Jahre in einem gleichnamigen Artikel geprägt hatte. „Given that the physical environment is not in perfect harmony with every man’s life style, given that architecture is not the faultless response to human needs, given that the architect is not the consummate manager of physical environments, I shall consider the physical environment as an evolving organism as opposed to a designed artifact. In particular, I shall consider an evolution aided by a specific class of machines. Warren McCulloch calls them ethical robots; in the context of architecture I shall call them architecture machines.“24 Als Kybernetiker war McCulloch zunächst an dem „Verhalten von Artefakten“ interessiert und nicht an deren Materialität oder Substanz. Anders als etwa bei Wiener, für den in erster Linie eine nachrichtentechnische Interpretation von Mensch und Maschine im Vordergrund stand, fragte McCulloch explizit auch nach dem Verhalten innerhalb von Maschinengruppen, also gewissermaßen nach zwischenmaschinellen Verhaltensmustern. Dabei ging es um die hypothetische Frage, „welche Maschinen durch Zusammenarbeit und Wettbewerb eine Gesellschaft bilden können.“25 Pointiert gesagt, stand damit das Sozialverhalten von kybernetischen Maschinen im Zentrum. McCulloch war in der Architektur kein Unbekannter. Als Experte auf dem Gebiet der Sinnesphysiologie und Raumwahrnehmung, war er seit den 1950er Jahren immer wieder als Gast an Architekturfakultäten eingeladen worden, beispielsweise 1954 im Rahmen des „Laboratory of Lighting Design“ am Massachusetts Institute of Technology.26 McCullochs eigentliche fachliche Exper­ tise schien für Negroponte jedoch keine Rolle zu spielen. Die Vorstellung von einer, durch lernende Maschinen erschlossenen Welt, passte besser in Negropontes technowissenschaftliches Zukunftsbild. Seine Überlegungen zum Auf bau einer zukünftigen Maschinenwelt waren konkreter, als sie auf den ersten Blick scheinen, auch wenn es sich bei seinen Projekten in vielerlei Hinsicht um Arbeiten handelte, in denen es weniger um die systematische Entwicklung marktreifer Anwendungen, als vielmehr um die experimentelle 178

Erforschung des informationstechnologischen Möglichkeitsraums für die Architektur ging. Negropontes Interesse galt in erster Linie der Entwicklung von digitalen Entwurfs- und Planungswerkzeugen. Damit ging es nicht um die Wahrnehmung des architektonischen Raumes oder seiner materiellen Beschaffenheit, sondern um die Gestaltung von medientechnischen Operationsketten an der Schnittstelle zwischen dem physischen und dem virtuellen Raum. Dass Negroponte ausgerechnet McCullochs eigenwilliges Konzept zu einem Gründungsdokument der Architecture Machine Group erklärte, sagt deshalb auch etwas darüber aus, wie sich diese von der traditionellen Architektur unterscheiden und welches Architektenbild damit verbunden werden sollte. Einerseits verlieh Negroponte der Debatte um Computergrafik und Maschinenintelligenz in der Architektur ein soziologisches Vorzeichen und dadurch einen neuen Grad an Radikalität. Andererseits stellte sich die Frage nach der Rolle des Architekten in einer Welt, in der der Computer zu einem vermeintlich gleichberechtigten Akteur im Entwurfs- und Planungsprozess erklärt wird, um so eindringlicher. Negroponte unterschied deshalb drei grundlegende Möglichkeiten, wie sich der Computer in den architektonischen Entwurfsprozess integrieren ließe: Erstens über die Automatisierung des Entwurfsprozesses selbst. Im Vordergrund stünden hier überwiegend quantitative Fragen, etwa nach der Erhöhung der maschinellen Rechenleistung und einer dadurch bewirkten Verminderung von Arbeitskosten. Zweitens über die Angleichung des schöpfe­r ischen Denkens an die mathematische Logik des Computers. Archi­tekten müssten in diesem Fall mit der Unanschaulichkeit von Computercodes vertraut werden und dementsprechend programmieren lernen. Diese würden damit ihre Rolle als Generalisten aufgeben und sich in Algorithmen-Schöpfer und Spezialisten der Programmierung verwandeln. Die Folge davon wäre, dass nur jene architektonischen Konzepte von Bedeutung wären, die auch mit der symbolischen Zeichenwelt des Computers kompatibel sind, also in Form von Algorithmen beschrieben werden können. Und schließlich drittens über das Konzept, sowohl Mensch als auch Maschine zu zwei unterschiedlichen, doch gleichberechtigten Akteuren eines Kommunikationssystems zu erklären – 179

eine radikale Vorstellung, bei der sich Negroponte besonders von Gordon Pasks kybernetischer Theorie der lernenden Maschinen inspirieren ließ.27 Auf diese Weise konnte der Dualismus von menschlicher Intuition und maschineller Berechnung zwar nicht aufgelöst, doch zugunsten einer gemeinsamen, vermeintlich spielerischen Dimension des Technischen überwunden werden. Obwohl sich einzelne Aspekte dieser drei hier skizzierten Möglichkeiten in den Arbeiten der Architecture Machine Group überlagerten, räumte Negroponte der zuletzt genannten das größte Potential ein: „I shall consider only the third alternative and shall treat the problem as the intimate association of two dissimilar species (man and machine), two dissimilar processes (design and computation), and two intelligent systems (the architect and the architecture machine). By virtue of ascribing intelligence to an artifact or the artificial, the partnership is not one of master and slave but rather oft two associates that have a potential and a desire for self-improvement.“28 Damit stand das individuelle Verhalten des Computerbenutzers selbst im Vordergrund, dem sogenannten „user“, einem bis dahin eher vernachlässigten Parameter der Computerforschung. Dieser bildete in Negropontes Welt aus individualisierten Rechenautomaten die einzige menschliche Konstante. Zwar existierten ähnliche Vorhaben der Personalisierung von Maschinen, etwa jenes von Douglas Engelbart und seinem Konzept des „augmented architect“. Auch Joseph C. R. Lickliders Konzept von einer „Man-Computer-Symbiosis“29 kann durchaus als ein Grundbaustein für Negropontes Arbeiten betrachtet werden. Der Benutzer des Computers – und in diesem Punkt unterschied sich Negropontes Ansatz von anderen Forschungsarbeiten aus dem Feld der Computergrafik – musste jedoch nicht unbedingt ein ausgebildeter Architekt sein. Im Gegenteil. „Power of the individual“ lautete die Parole, mit der Negroponte glaubte, gefestigte Machtstrukturen im Planungs­prozess auf brechen und zugunsten des Benutzers abändern zu können.

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Die Macht des Individuums Beide Facetten – jene der Individualität und jene des Spielerischen – mögen auch der Grund dafür gewesen sein, dass das Buch der Architecture Machine Group in den einfluss­reichen Whole Earth Catalog aufgenommen wurde.30 Dieser war ein großformatiges Magazin, das 1967, inmitten der kalifornischen Hippiebewegung von dem Autor und Verleger Steward Brand gegründet und aufgrund seines enormen Einflusses bis 1974 beständig erweitert wurde. 31 Der Whole Earth Catalog stand für eine programmatische Verbindung von Werkzeug- und Individualisierungstheorie im Lichte von Fortschrittsgläubigkeit und Technikoptimismus. Der Untertitel des Katalogs lautet schlicht: „access to tools“. Es wurde für eine ganze Generation zum Evangelium der Gegenkultur und zum ultimativen Handbuch des alternativen Lebens­stils. Das hat wohl auch Reyner Banham 1971 auf der Design Participation Conference – bei der auch Negroponte und Yona Friedman zu den Redner gehörten – dazu bewogen, den Whole Earth Catalog als ein „alternative network for the alternative culture“32 zu bezeichnen. Nicht die Welt, wie sie war, listete der Whole Earth Cata­log auf. Vielmehr wurden dort jene Dinge gesammelt und kata­logisiert – seien es nun Arbeitsgeräte des alltäglichen Gebrauchs, Bücher, Anleitungen und Gebrauchsanweisungen aller Art – die dazu notwendig schienen, eine neue bessere Welt zu schaffen. Als Grundvoraussetzung dafür galt die Bewahrung der intellektuellen Autonomie zur individuellen Selbstinterpretation, eine Vorstellung, die an die Tradition des amerikanischen Transzendentalismus33 des 19. Jahrhunderts, anknüpft, etwa den philosophischen Überlegungen von Ralph Waldo Emerson oder Henry David Thoreau. Mit den Worten Banhams: „It is what the Whole Earth Catalog is all about – where to find the resources to do what you want to do, with your own set of rules. The indication which I deduce from this, is that do-it-yourself, is the only real design participation. When the resources are in the hands of the ‚the people‘ and ‚the people‘ invent their own rules for the game, then I think design participation is getting somewhere.“34 Die Vorstellung der Freiheit geht hier auf das individuelle Handeln des Einzelnen zurück. Diesem müssen lediglich die richtigen Werkzeuge in die Hand gegeben werden, damit er die Welt für sich und 181

die anderen besser gestalten kann. „Most of our generation scorned computers as the embodiment of centralized control“, erinnert sich Brand 1995 in einem Artikel des Time Magazine. „But a tiny contingent – later called ‚hackers‘ – embraced computers and set about transforming them into tools of liberation. That turned out to be the true royal road to the future. ‚Ask not what your country can do for you. Do it yourself‘, we said.35 Damit hatte Brand jene beiden Transformationsprozesse benannt, die dem Computer eine neuartige kulturelle Bedeutung verleihen sollten und die auch für die Architecture Machine Group ausschlaggebend waren: von der Rechenmaschine zum Werkzeug einerseits und von der Kontrolle zur Befreiung andererseits. Auf diese Weise wurde der Computer als Artefakt zwar keinesfalls entideologisiert, doch kulturell umcodiert. Er wurde zu etwas vermeintlich Spielerischem, etwas, mit dem jeder seine eigene Welt entwerfen und auch wieder verändern konnte. Es mag daher nicht verwundern, dass besonders die partizipativen Planungsmodelle von Yona Friedman auf die Architecture Machine Group einen großen Einfluss ausübten.

Schaltpläne der Partizipation „Der moderne Mensch will und muss von der Technik Gebrauch machen, um unabhängig und im losen Rahmen einer Gesellschaftsordnung höchst beweglich zu werden. Das Angebot vorgefertigter Waren sowie periodisch wechselnde Gewohnheiten und Werkzeuge erleichtern ihm das“, forderte Friedman bereits 1957 in seinem Essay „Ein Architektur-Versuch“36 und umschrieb damit einen konzeptionellen Kerngedanken seiner Architekturvorstellung. Mit Systemen von stapelbaren und aus kostengünstigem Material gebauten Wohnmöbeln, glaubte Friedman ein entsprechendes architektonisches Konzept für eine von Industrialisierung und Mobilität geprägte Gesellschaft gefunden zu haben. Er schlug vor, aus einer beschränkten Anzahl von vorfabrizierten Bauelementen, immer wieder neue Varianten von multifunktionalen Strukturen zu generieren. Zu nennen sind hier etwa die Projekte Ville du Bois de Boulogne in Paris (1957), La Ville Spatiale (1958/1962) oder die 182

Yona Friedman: Beziehungsdiagramm „paternalist-scheme“ (oben) und „non-paternalist scheme“ (unten) Yona Friedman: „Computer-Aided Participatory Design“, in: Nicholas Negroponte: Soft Architecture Machines, Cambridge 1975, S. 94.

Seven Bridge Towns to link Four Contintens (1963).37 Das war jedoch nicht der Grund, warum Friedman Negropontes Interesse weckte. Dieser hatte nicht vor, überdimensionale Raumstrukturen mit eingehängten Wohnkapseln zu entwerfen. Friedman unterschied sich jedoch von den anderen Protagonisten des partizipativen Bauens – etwa von N. John Habraken oder Ottokar Uhl – dadurch, dass er sich einer ganzen Reihe von mathematischen Konzepten bediente, um die Ebene der Information und Kommunikation mit jener, der räumlichen Mobilität zu verbinden, etwa Theorien der Wahrscheinlichkeitstheorie, der Topologie oder der Graphen. Sein Ziel bestand darin, eine für den 183

Yona Friedman: „The Feedback-System: the future user is the only person in the circuit“ Yona Friedman: Toward a Scientific Architecture, Cambridge 1975, S. 8.

Planungsprozess möglichst objektive Sprache zu finden und diese mit Hilfe von leicht verständlichen Diagrammen darzustellen. Als Ausgangspunkt dafür fungierte zunächst eine Vorstellung von Partizipation, die sich allgemein als die Mitentscheidung an von Dritten gestalteten Planungsprozessen umschreiben lässt.38 Drei Aspekte gelten als grundlegend: Interaktion, Einfluss und Informationsaustausch. Der erste Aspekt setzte den Grundsatz fest, als Benutzer an wichtigen Entscheidungen im Planungsprozess von Beginn an beteiligt und miteinbezogen zu werden. Der zweite benennt die daraus entstehende Möglichkeit, den Ausgang dieser auf diese Weise gefällten Entscheidungen beeinflussen und damit auch immer wieder ändern und korrigieren zu können. Der dritte Aspekt – also der Informationsaustausch – bildet nicht nur die Grundlage für die beiden ersten 184

Aspekte. Es war auch jene Facette des partizipatorischen Planungsprozesses, die Friedman mit Hilfe der Kybernetik zu beschreiben versuchte. „Menschliches Verhalten und Handeln, Fortschritt und Veränderlichkeit jeder Zivilisation, […] beruhen stets auf der Transformierbarkeit von Information und Kommunikation und damit auf der Mobilität der semiotischen Systeme, und es ist zweifellos richtig, wenn Yona Friedman in seinem Manifest zur Architecture Mobile hervorhebt, dass ‚jedes vollkommen unveränderliche Objekt für unsere Sinne nicht existent sei‘“, erklärte auch Bense in seinem 1968 in der Arch+ veröffentlichten Essay „Urbanismus und Semiotik“.39 Das ist zunächst abstrakt formuliert, doch wird darin offensichtlich, wie sehr auch Bense versuchte, den Begriff der Information mit jenem der Mobilität zu verbinden. Zwar ging es Friedman nicht um die Entwicklung von semiotischen Modellen oder die Verwissenschaftlichung der Ästhetik, doch die Vorstellung Benses von der Transformierbarkeit von Information und Kommunikation, war auch für ihn von zentraler Bedeutung. In der Vorstellung, diese mit Hilfe geeigneter Werkzeuge – und dazu zählte Friedman auch mathematische Theo­r ien – eigenständig zu verändern, verbarg sich jene von Friedman eingeforderte Bedingungen des partizipativen Bauens: die technisch gewährleistete Unabhängigkeit der individuellen Existenz durch die Regelung von Infor­mation und Kommunikation – und das hieß eben auch mit Hilfe von Kybernetik, Informationstheorie und Computer.

Architektur aus der Maschine Es ist kein Zufall, dass Negroponte in seinem zweitem Buch Friedman die Einleitung zu dem Kapitel „Computer-Aided Participatory Design“ überließ, einem der aufstrebenden Forschungsfelder im Bereich von Architektur und Computer: „It is evident that the term machine has a general meaning and that it can stand for practically anything related to some temporal process […] What I consider more important is to introduce this part of the book I like and to stay consistent in this introduction with my personal views and my own research; and for this purpose I had to underline the fact that no ‚machine‘ could 185

be imagined that did not ‚contain‘ an intelligent observer. Thus I don’t consider the ‚hardware‘ machine as the machine. I consider as ‚machine‘ only and exclusively a system containing ‚the machine‘ and me. The theme ‚computeraided participatory design‘ is clearly contained his definition […].“40 Einerseits machte Friedman deutlich, wie relativ der Maschinenbegriff in diesem Zusammenhang betrachtet werden kann. Andererseits – und darin bestand auch die Verbindung zu Negropontes Forschungsarbeiten zur Mensch-Maschine-Schnittstelle – betonte er, dass der Computer als Werkzeug nicht ohne den Benutzer gedacht werden sollte. Mensch und Maschine galten auch für Friedman als partnerschaftliche Einheit, wenngleich bei ihm weniger die Technologie der Maschine, sondern die Bedürfnisse des Menschen im Vordergrund standen. Ursprünglich für einen Pavillon der Firma IBM auf der Weltausstellung in Osaka konzipiert, entwickelte Friedman 1970 ein Planungskonzept, das er auf den Namen „Flatwriter: Choice by Computer“ taufte. Flatwriter war eine Maschine, mit Hilfe derer der Benutzer – das verspricht bereits der programmatische Name – in nur wenigen Schritten imstande sein sollte, automatisch eine Wohnung zu generieren. Als Grundlage des Flatwriters diente Friedman ein gezeichnetes Diagramm, das aus einem kaum mehr zu durchblickenden Geflecht aus Rückkopplungsschleifen bestand und den Prozess des Flatwriter darstellte, also gewissermaßen seinen kybernetischen Schaltplan. „This process […] made up of a transmitting station (the future user), a channel (the architect and the builder together), a receiving station (the hardware, or finished building), and information return or feedback (the usefulness of the product made available to the client). This system allowed for no corrections, no adjustments in case the feedback was unsatisfactory. Therefore, if the receiving station (the finished building) had not received the message (the specific needs of the client) from the transmitting station (the client), the responsibility lay with the channel (the architect and the builder).“41 Der Clou dieses Diagramms verbirgt sich allerdings in den einzelnen Verknüpfungen. So sollte nicht nur das Raumprogramm erstellt, sondern auch dessen Modifikationen und die dadurch entstehenden räumlichen und sozialen Auswirkungen auf die unmittelbare Umwelt errechnet und dem Benutzer angezeigt 186

werden – eine Vorstellung, die Friedman als „direct feedback from the user“42 bezeichnete. „Thanks to a machine which I call the Flatwriter, each future inhabitant of a city can imprint his personal preferences with respect to his apartment (flat) to be, using symbols which put in visual form the different elements of his decision so that the builder as well as his neighbours can understand what his choice is. In other words, this machine contains a repertoire of several million possible plans for apartments, knows how to work out instructions about the characteristic consequences of the way each future inhabitant would use an apartment, and finally, can determine whether or not the site chosen by a future inhabitant will risk upsetting the other inhabitants.“43 Während es zunächst um das bloße Anordnen und Verbinden von Räumen, das Bestimmen von Grundformen und die für eine Wohnung notwendige Grundausstattung ging, lieferte das System mit zunehmenden Planungsverlauf ein kurzes Feedback, also eine erste errechnete Bewertung der zuvor getroffenen Entscheidungen. Sollte nach dieser Bewertung der zukünftige Benutzer mit seiner Auswahl zufrieden sein, ist auf dem Bildschirm ein leeres schachbrettähnliches Raster zu sehen, das als Infrastruktur fungierte. Friedman sprach in diesem Zusammenhang von einem „picture of the plan of an infrastructure, an empty framework“.44 Innerhalb dieses Rasters ist es dem Benutzer mit Hilfe der nume­r ischen Eingabe von Parametern möglich, die genaue Lage der Wohnung festzulegen. Das System überprüfte nun selbständig, ob es durch das geplante Bauvorhaben zu möglichen Einschränkungen für die Nachbarn und die Umwelt kommen könnte, beispielsweise auf der Ebene von Licht, Sichtachsen, Wegen oder Lärm. Ein Rückkopplungsmechanismus gibt dann dem Benutzer das zweite Mal eine Nachricht, ob seine Wahl räumlich und sozial durchführbar ist. Sollte dies der Fall sein, steht dem Bau der Wohnung nichts mehr im Wege. Der Flatwriter errechnet abschließend ein Leistungsdiagramm für die gesamte Infrastruktur, mit welcher die Wohnung verbunden ist. Signalisiert das Computersystem auch an diesem Punkt kein Problem in der Planung, wird jeder andere Bewohner über das geplante Bauvorhaben informiert. Zwar wurde der Flatwriter für die Weltausstellung nicht realisiert. Friedman hatte aber nun ein formalisiertes, konzeptionell durchdachtes und 187

diagrammatisch veranschaulichtes Konzept vorzuweisen. Es lag daher nahe, dass Friedman wenige Jahre später ein zweites, diesmal jedoch wesentlich technologischer gefärbtes und inhaltlich komplexeres Projekt in Angriff nahm. „I was turned on by a soft-spoken but persuasive argument, for removing the architect as middleman between a user’s needs and their resolution in the built environment“45, erinnert sich Negroponte später an seine erste Begegnung mit Friedman. Gemeinsam mit Guy Weinzapfel, einem weiteren Mitglied der Architecture Machine Group, konzipierten Negroponte und Friedman ein Computerexperiment mit dem Titel „Architecture-by-Yourself. An Experiment with Computer Graphics for House Design“.46 Grundlage dieses Experimentes war eine von Negroponte entwickelte Software namens „YONA“, mit der sich unterschiedliche Wohnungsgrundrisse generieren ließen. Ähnlich wie bereits beim Flatwriter, stand der technologische Handlungsspielraum des Benutzers im Vordergrund des Projektes. „As its title suggests, ‚Architecture-by-Yourself‘ is concerned with the development of design aids for ‚do-it-yourself‘ designers – p ­ eople designing their own homes or apartments. We see these users as designers, but designers who, unlike architects, are not trained or practiced in the skill. For this reason, their requirements for design aids differ significantly from those of aids created for architects. […] The goal of Architecture-by-Yourself is to allow people to design their own homes without either a middleman or a middle machine creating whole solutions for them.“ Negroponte und Friedman reduzierten die Komplexität des architektonischen Entwurfs- und Planungsprozesses auf eine l­ ineare Abfolge von nur fünf Abschnitten. Über leicht verständliche Anweisungen auf dem Bildschirm, wurde der Benutzer Schritt für Schritt durch das Programm geführt. Über eine Reihe von Reglern, konnten grundlegende Kriterien bestimmt werden, etwa die Zimmergröße, die Raumhöhe oder die gewünschten Licht- bzw. Schattenverhältnisse. Das Programm generierte aus diesen Einstellungen schließlich ein Netzwerk in Form eines topologischen Vektorendiagramms, dessen Knotenverbindungen noch individuell manipuliert und in ihrer Anordnung wie Gummibänder verschoben werden konnten. Erst im letzten Schritt und nach einer automatischen Prüfung auf räumliche Überschneidungen oder 188

Software „YONA“, ­Arbeiten mit ­topologischen Diagrammen zur ­Generierung von ­Wohnungen Nicholas Negroponte und Guy Weinzapfel: in: SIGGRAPH ‚76. Proceedings of the 3rd Annual Conference on Computer Graphics and Inter­ active Techniques, 1976, S. 76, 77.

189

„Fehlplanungen“, berechnete „YONA“ eine endgültige und vermeintlich entsprechende Form. Der zentrale Gedanke sowohl bei Flatwriter als auch bei Architecture-by-Yourself bestand also darin, dass bei beiden die technische Umsetzung eines im Kern ähnlichen Grundgedankens im Vordergrund stand: die Vorstellung von einer Architektur ohne Architekten. Friedman sprach mit Blick auf Kybernetik und Informationstheorie ganz unmissverständlich von „elimination of the designer“47. Damit stand auch das tradierte Selbstbild des Architekten wieder im Fadenkreuz. Auch Negroponte formulierte überdeutlich, worum es ging: „[to] remove the architect and his design function more and more from the design process; the limit of this progression is giving the physical environment the ability to design itself, to be knowledgeable, and to have an autogenic existence. The general assumption id that in most cased the architect is an unnecessary and cumbersome (and even detrimental) middleman between individual, constantly changing needs and the constinuous incorporation of these need into the build environment. The architect’s primary function, I propose, will be served well and served best by computers.“48 Sowohl Friedman als auch Negroponte ging es darum, die mythologisierten Mechanismen des architektonischen Schöpfungsprozesses offen zu legen. Allerdings erfolgte die geplante Entmachtung des Architekten mit zwei unterschiedlichen Vorzeichen: Negroponte näherte sich diesem Vorhaben unter einem rein technologischen Gesichtspunkt, Friedman dagegen auf einer eher sozialen und gesellschaftlichen Ebene. Bei Negroponte sollte sich der Architekt in der Universalität einer lernenden Maschine auf lösen, bei Friedman durch die Partizipation der Bewohner. Der Gedanke, den Friedman als „direct feedback from the user“ bezeichnete, verbirgt sich damit in Negropontes Begriff des „individual designer“49. Doch was sich zunächst wie eine lückenlose Erfolgsgeschichte des ComputerAided Participatory Design liest, galt für beide S ­ eiten als ein im Kern gescheitertes Vorhaben. Negroponte und Weinzapfel ließen bereits im Fazit ihres 1976 veröffentlichten Artikels durchblicken, dass sie das Projekt durchaus kritisch betrachteten: „In summary, we see Architecture-by-Yourself as a worstcase exercise in man-machine interaction.“50 Und auch Friedman erinnerte sich später: „My experience with MIT made me understand a fundamental 190

Computersimulation für die Bewohner im Rahmen der Sanierung eines Wohnblocks in Etouvie-Amiens Lucius Kroll: „Paysage“, in: ders.: Lucius Kroll. Bauten und Projekte, Stuttgart 1987, S. 138–141.

disadvantage of using computers for design: they are too fast. People have their own thinking speed and computer-thinking is too fast, too intransparent for them.“51 Was bei Negro­ponte als ein Vorteil des technischen Fortschritts galt, empfand Friedman als einen Nachteil. Und so sind es vielleicht die späteren Computerarbeiten des Architekten Lucius Kroll, in denen das Erbe des partizipatorischen Bauens, das in den 1960er und 1970er Jahre zwischen Demokratisierungswünschen und Technisierungsfieber entstand, Realität wurde – zu nennen wäre hier etwa die von ihm zwischen 1981 und 1987 selbst entwickelte Planungssoftware „Paysage“ sowie seine 1985 veröffentlichte Publikation CAD -Architektur. Vielfalt durch Partizipation.52 191

Wenn man so will, nahm Kroll das von Negroponte und Friedman hoffnungsvoll begonnene, jedoch früh wieder fallengelassene Projekt wieder auf, Konzepte des partizipatorischen Bauens mit den Werkzeugwelten des Computer-Aided Design zu verknüpfen. Mit Hilfe von immer leistungsfähigeren Simulationsmodellen, ließen sich für die zukünftigen Bewohner eines Bauvorhabens immer mehr Parameter nicht nur visualisieren, sondern auch variieren und schließlich diskutieren. Wenn Abraham Moles 1959 von der Ankunft einer neuen Welt, der „Welt der Maschinen“53 sprach und in einem Atemzug verkündete, die Wissenschaft des 20. Jahrhunderts werde „vor allem die Wissenschaft der Modelle sein“54, so können die Projekte von Negroponte und Friedman als eine architektonische Auslegung dieser These verstanden werden. Während Negroponte konkret an der technischen Modellierung von Kommunikation an der MenschMaschine-Schnittstelle interessiert war, schuf Friedman unter dem Anspruch des partizipativen Bauens eine diagrammatische Welt der „operativen Bildlichkeit“.55 Aus diesem Spannungsfeld geht deutlich hervor, wie weit das Spektrum des kybernetischen Denkens in der Architektur reichte, aber auch mit welcher Originalität und zugleich ungeheuren Radikalität einzelne Vorhaben unter dem Deckmantel der vermeintlichen Individualisierung errungen wurden.

192

Die Rückkehr des Materials – ein Nachwort

Die Kybernetik wurde in der Architektur euphorisch aufgenommen und auf produktive Weise transformiert, bis sie kurze Zeit später beinahe vollkommen aus dem Blickfeld verschwand. Die Vorstellung, durch die Kybernetik in eine wie auch immer geartete Tiefenstruktur der Welt vorzudringen zu können, verschmolz mit der Hoffnung, objektiv über die Ganzheitlichkeit von Architektur und Stadtplanung sprechen zu können. Eine Gegenwartsbezogenheit der damaligen Überlegungen zu Information, Struktur und Komplexität, lässt sich im Lichte einer zunehmend digitalisierten Architekturproduktion nicht leugnen. Sie sind als Grundbegriffe allgegenwärtig. Der Medienwissenschaftler Manfred Fassler geht sogar noch einen Schritt weiter und spricht von einer sogenannten Cyber-Moderne.1 Die Kybernetik verführte die Architektur jedoch nicht nur durch ihre vermeintlich universalwissenschaftliche Begrifflichkeit. Sie verhieß darüber hinaus, ein anderes, wesentlich grundlegenderes Problem elegant überwinden zu können: die Frage, ob der Ort der Architektur näher an den Künsten oder an den Wissenschaften liege. Das strategische Glanzstück der Kybernetik bestand darin, den Architekten ein Instrumentarium von interdisziplinären Denkmodellen zu liefern, das versprach, den Konflikt zwischen einer rein technisch-wissenschaftlichen und einer rein künstlerischen Auffassung von Architektur, aus eigener Kraft lösen zu können. Dies geschah nicht dadurch, dass man Teile beider Betrachtungsweisen miteinander verband, zusammenfasste oder auf andere Weise miteinander verknüpfte. Das kybernetische Modelldenken operierte bekanntlich auf einem gänzlich neuen Abstraktionsniveau. Norbert Wieners einflussreiche Maxime, die Welt unter dem Gesichtspunkt der Kommunikation zu durchleuchten, wurde in der Architektur zu einem universalistischen Denkmodell transformiert. Die Kybernetik galt als ein neuartiges Erkenntnisinstrument, eine Mischung aus Vergrößerungsglas und Röntgengerät. Man hoffte, verborgene Strukturen und unsichtbare Prozesse damit nicht nur sichtbar, sondern auch objektivierbar und formalisierbar zu 193

machen. Nicht von ungefähr sprach Abraham Moles von einem „kybernetischen Mikroskop der Komplexität“. Doch die Kybernetik scheiterte in der Architektur an ihrem universalwissenschaftlichen Anspruch und einem viel zu engen Methodenkorsett.2 Die theoretischen Konzepte zu Automation und Kommunikationstechnik passten Ende der 1970er Jahre nicht mehr zu den praxisorientierten Anwendungsansprüchen in Universität und Industrie. Anstelle einer analytischen Maschinetheorie, rückte der Werkzeuggedanke des Computers in den Vordergrund. „Statt Lehre einer allgemeinen Theorie des Modellierens und Regelns wurde ein Fach zu Beherrschung des wesentlichen Instruments einer ‚technischwissenschaftlichen Revolution‘ – des Computers – gegründet.“3 Damit eröffnete sich der Architektur nicht nur ein neuer medientechnischer Möglichkeitsraum. Es bildeten sich auch neue Forschungsfelder. Es ist kein Zufall, dass in der heutigen Medienwissenschaft und Kulturtechnikforschung eine Revision des Werkzeugbegriffs gefordert und gleichzeitig nach dem Bedeutungsspektrum des „Entwerfens“ in Zeiten der Computersimulation diskutiert wird.4 Auch sonst steht die Epoche der Kybernetik wieder hoch im Kurs. Vor einigen Jahren zogen zwei bemerkenswerte Kunstinstallationen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Die erste war eine Arbeit des Künstlers und Filmemachers Lutz Dammbeck. Dieser hatte 2007 in einer Galerie in Berlin, Nicholas Negropontes kybernetisches Roboterexperiment „ SEEK“ originalgetreu wieder aufbauen lassen – knapp vier Jahrzehnte, nachdem dieser damit in der epochemachenden Ausstellung „Software“ im Jewish Museum in New York für Furore gemacht hatte. Die zweite Kunstinstallation war ein Projekt der Architekten Fabio Gramazio und Matthias Kohler. Als Beitrag für den Schweizer Pavillon auf der Architekturbiennale 2008 in Venedig, stellten sie einen Fabrikationsroboter aus.5 Dieser fertigte eigenständig und vor den Augen der Besucher eine knapp 3 Meter hohe und 100 Meter lange, mehrfach gekrümmte Backsteinwand an, die sich nach ihrer Fertigstellung als begehbare Skulptur durch den ganzen Pavillon schlängelte. Während Dammbecks Hommage an Negroponte durch den kybernetischen Wettkampf zwischen Lebewesen und Maschine faszinierte, beeindruckte Gramazio und Kohlers 194

Roboterinstallation durch die Präzision, mit der der Maschinenarm einzelne Backsteine zu einer komplexen Raumstruktur schichten konnte. Der Charme des utopischen Potenzials und der übergroßen metaphorischen Geste von Negropontes „cybernetic world model“, schrumpfte bei Gramazio und Kohler auf die Größe eines konstruktiven Details. Doch obwohl das Zusammenspiel von Architektur und Technik in beiden Kunstinstallationen – unabhängig von ihren jeweiligen historischen Hintergründen – in unterschiedlichen Maßstäben gedacht wurde, lässt sich dennoch eine gemeine Lesart finden. Es ist kein Zufall, dass Dammbeck ausgerechnet diese Installation wiederbelebte und sich nicht für eine der kinetischen Skulpturen von Nicholas Schöffer entschied. „ SEEK“ war bereits damals als eine Kunstinstallation konzipiert worden, bei der es zwar um das Systemverhalten von Lebewesen und Maschinen ging, neben Aspekten zu Kommunikation und Kontrolle, jedoch auch wieder nach der Bedeutung von Materialität gefragt wurde. Als Metapher implizierte die Installation ein physisches Modell, bei dem sowohl die Interaktion von Computer und Material, als auch das Verhalten einer kybernetischen Maschine in einer gegenständlichen Umwelt im Vordergrund stand. Dass Dammbeck Negropontes Metapher wieder aufgreift, kann daher als ein kritischer Hinweis auf die knapp 50jährige und noch immer andauernde Suche der Architektur verstanden werden, für die „Strukturform“ des Computers eine entsprechende „Kulturform“ zu finden.6 In diesem Punkt überlagert sich auch die konzeptionelle Rigorosität von Negropontes Projekt mit jener von Gramazio und Kohler. Es fällt nicht schwer, in ihrem Bauroboter eine Reformulierung von Konrad Wachsmanns und Walter Gropius’ Bestreben zu sehen, das Feld der Architektur in eine vollautomatische und durchrationalisierte Bauindustrie zu verwandeln. In diesem Sinne kann Gramazio und Kohlers Maschine als Symbol einer Fortführung des Projektes des Industriellen Bauens mit neuen Mitteln betrachtet werden. Gleichzeitig verkörpert die Installation einen grundlegenden Reformulierungsversuch der Architektur der Moderne. Ging es im Industriellen Bauen um die Inszenierung des Seriellen, steht heute vermehrt die digitale Fabrikation komplexer Geometrien und irregulärer Strukturen im Vordergrund. Im Gegensatz zur cartesianischen Einfachheit der Architektur der Moderne, sprach 195

man darum in den letzten Jahren vermehrt von „Non-Standard Architecture“ oder – in Anlehnung an das gleichnamige Buch von Charles Jencks – von einer Architektur des springenden Universums7. Es verwundert kaum, dass Gramazio und Kohlers Roboter in der kürzlich gezeigten – und in Anlehnung an Wachsmanns epochemachendes Buch von 1959 konzipierte - Ausstellung Wendepunkt(e) im Bauen. Von der seriellen zur digitalen Architektur 8, als ein verheißungsvolles Beispiel eben genau jener bautechnischen Transformationsprozesse angesehen wurde, die mit Etiketten wie „Mass Customization“, „Parametrisierung“ oder „digitaler Fabrikation“ beschrieben werden. Wenn man so will, besteht einer der grundlegenden Mechanismen in der Organisation digitaler Architektur darin, dass durch den entwerferischen Einsatz des Computers die Komplexität der gebauten Geometrien soweit erhöht wird, bis diese bei der Fertigung auch nur noch digital wirtschaftlich umsetzbar sind. Der Biennalebeitrag von Gramazio und Kohler hatte daher eine zweifache Botschaft: Einerseits wurde unmissverständlich klar, dass sich selbst das älteste vorfabrizierte Bauelement – der Backstein aus tonhaltigem Lehm – nicht länger der Bearbeitung durch die Informationstechnologien entziehen kann. Und andererseits, dass der millimetergenau aufeinander abgestimmte Herstellungsprozess einer komplex verdrehten Mauerkurve, nur dank des Einsatzes einer High-Tech-Maschine realisierbar ist. Bauprozess und Kunstobjekt, Steuerung und Material erhielten die gleiche Bedeutung zugesprochen. Entgegen vieler Vorstellungen, das architektonische Objekt werde sich im Zuge einer wie auch immer gedachten Entmaterialisierung auflösen, beginnen gegenwärtige Formfindungsprozesse verstärkt wieder mit dem Studium eines konkreten Werkstoffes. Und auch die seit den Anfängen des ComputerAided-Design immer wieder geäußerten Befürchtungen, der Mensch werde durch immer intelligentere Entwurfsautomaten aus den Entscheidungsprozessen der Architekturproduktion verdrängt – man rufe sich nur die engagierten Debatten von Louis Kahn oder O. M. Ungers in Erinnerung –, rückt mit der Rückkehr des Materials auch der Architekt wieder in den Vordergrund. Die Hinwendung zum Material wird allerdings nicht als gezieltes Gegenmittel zur vermeintlichen Virtualisierung des Entwurfsprozesses verstanden, sondern als eine adäquate Ergänzung. Materialeigenschaften, Fügungstechniken 196

und Fertigungsmöglichkeiten werden systematisch erkundet und als Parameter zum Ausgangspunkt von geometrischen Optimierungsprozessen gemacht. Erwähnt seien etwa die Arbeiten des Informatikers Fabian Scheurer9 oder die sogenannten Materialsysteme der Architekten Achim Menges und Michael Hensel. Der Computer wird hier nicht nur zur Visualisierung und Berechnung komplexer Oberflächen, sondern auch zur strukturellen Beschreibung von Materialverhalten genutzt. Es ist sicherlich nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, die Architektur sieht sich heute mit dem Beginn einer neuartigen medientechnischen Beschreibungskultur an der Schnittstelle von Mensch, Maschine und Material konfrontiert. Es bleibt abzuwarten, zu welchem Technikverständnis dies führen wird, wenn zukünftig über „digitale Handwerklichkeit“10 und „digitale Materialität“11 diskutiert werden soll. Mit der Rückbesinnung auf das physische Verhalten einzelner Bau- und Werkstoffe rückt wieder die Kulturgeschichte der Konstruktion in den Vordergrund. Es kündigt sich ein technikgeschichtlicher Blick auf die Architektur an, der nach den Merkmalen einer neuen Materialästhetik und der Revision des tradierten Begriffs „Ingenieurskunst“ fragt. Nach den abstrakten Schaltplänen kybernetischer Modellwelten, geht es heute um ein technisches Denken, das sich sowohl mit dem Wissen des Materials und den entsprechenden Entwurfswerkzeugen, als auch mit dem kulturellen Spektrums ihres Zusammenspiels befasst.

Nachwort zur 2. Auflage 2020 Nach der groß angelegten Kybernetisierungswelle der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, haben die einst so schweren Rechenmaschinen an Gewicht verloren, doch an Macht gewonnen. Gegenwärtig entstehen Gesellschaftsformen und Existenzweisen, die ohne den Computer nicht mehr zu erzählen sein werden. Sensoren wandern aus, bevölkern die Umwelt und schaffen eigene algorithmische Ökosysteme. Während smart dust wie ein warmer technologischer Wind durch Gebäude, Städte und Landschaften weht, wird das menschliche Verhalten, Kommunikation, Erlebnisse und Emotionen als 197

quantifizierbare Pattern gespeichert, analysiert und ausgewertet. Es ist das leise Rauschen der Daten, das man zwar immerzu hört, aber bis jetzt kaum erfahrbar und nutzbar gemacht werden kann. 2017 veröffentlichte deshalb die UN eine Reihe von Berichten, in denen unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten von Big Data Technologien für öffentliche Zwecke und zivilgemeinschaftliche Projekte beschrieben werden. Die Veröffentlichungen sind Teil der vom UN -Generalsekretär gegründeten Initiative „Global Pulse“ und gehen von zwei bemerkenswerten Grundannahmen aus: erstens, dass Daten in Zukunft „harnessed safely and responsibly as a public good“ sein werden, und zweitens „that digitsal data offers the opportunity to gain a better understanding of changes in human well-being […].“1 Entgegen der noch weitverbreiteten Vorstellung, Big Data Technologien2 könnten nur von einzelnen Unternehmen verwendet werden, wird hier auf das enorme Potential und den Nutzen von Daten als eine frei verfügbare Ressource für Gemeinschaft und Öffentlichkeit gezielt. Eine zentrale Frage der UN lautet daher auch: „How can citizens be involved in collecting community-level data and mapping their own living environments, and how can they then use this information in planning for the future?“3 Welche neuen emanzipatorischen Möglichkeiten würden sich aus einem solchen Ansatz ergeben? Wie würde beispielsweise eine digitale Welt aussehen, in der Big Data Technologien tatsächlich frei verfügbar wären? Was würde ein solcher Schritt für die Gesellschaft bedeuten — kulturell, wissenschaftlich, sozial und politisch? Und welche neuen Methoden und Perspektiven würden sich für die Gestaltung der gebauten und natürlichen Umwelt daraus eröffnen? Was bedeutet zum Beispiel „public“, wenn es digital und global vernetzte, doch in sich fragmentierte, d.h. plurale Teilöffentlichkeiten gibt? Von welchen „citizen“ ist hier die Rede? Und wer gestaltet das sogenannte living environment? Fest steht: Durch neue Möglichkeiten der informationstechnologischen Speicherung, Verwaltung, Bearbeitung und Übertragung, setzte sich scheinbar der Datenbegriff gegenüber der wissenschaftstheoretisch tradierten Rede vom Messwertbegriff durch und verselbständigte sich.4 Wenn sich Daten verändern und damit bestimmte Tendenzen andeuten, können sie entweder vor der 198

Zukunft warnen oder bessere Zeiten versprechen.5 Daten können entweder vor der Zukunft warnen oder bessere Zeiten versprechen,haben also ein prognostisches und zugleich utopisches Potential und zeichnen sich durch einen beinahe universellen Entstehungs- und Verwendungspluralismus aus. Der Begriff des Speicherns ist hierbei zu einem Synonym für das automatisierte Ansammeln und Auswerten von gewaltigen Datenmengen geworden. An was und in welcher Form man sich in Zukunft erinnern wird, ist daher davon abhängig, wer die Speichermedien organisiert und kontrolliert und in welchem Medium die individuellen und kollektiven Erlebnisse transportiert und tradiert werden. Informationsfragmente werden fortwährend generiert, gespeichert, wieder abgerufen, aktualisiert und erneut gespeichert — ein scheinbar endloser Kreislauf des Codierens und Umcodierens von Geschichte und Gegenwart. Was auf „tausenden von Computern übertragen, kopiert und durch ständige Wiederholung Teil unserer Alltagswelt wird, stabilisiert sich selbst und wird schließlich zu einem kulturellen Sediment des Systems“.6 Zunehmend bestimmen soziale, politische und ethische Fragen von planetarischem Ausmaß die Diskussion, wodurch etablierte Ordnungsstrukturen der modernen, westlichen Gesellschaften aufgebrochen und wieder neu zusammengesetzt werden. Die beschleunigte Verdatung der Gesellschaft rüttelt an den Grundpfeilern tradierter Deutungshoheiten und kollektiver Kooperationsformen. Dadurch werden nicht zuletzt historisch gewachsene, kulturelle, politische und ökonomische Werte- und Produktionssysteme in Frage gestellt. Es entstehen Formen einer technologischen Unruhe, die nicht nur ein neues hypothetisches und kritisches Denken, sondern auch alternative Ansätze für die Gestaltung der zukünftigen Datengesellschaft erfordern. Wie werden sich Räume der Produktion und damit auch der Begriff von Arbeit verändern, würden bestimmte physische und kognitive Handlungen des Menschen zunehmend von Automatisierungssystemen und Künstlicher Intelligenz ersetzt werden? Wie wird sich das Wohnen und alltägliche Leben in den Städten ändern, wenn der Begriff der Urbanität in erster Linie nicht mehr nur ein Synonym für eine bestimmte Kultur der städtischen Gemeinschaft, sondern im Sinne von smart cities, für eine effizient geregelte, permanent kontrollierte und mit einer Vielzahl von anderen Daten synchronisierten Lebensmatrix 199

bedeuten würde? Und was für Räume der Bildung, Lehre und Forschung würden entstehen müssen, wenn in der Gestaltung nicht mehr Kreativität und in den Wissenschaften nicht mehr das Aufstellen von Hypothesen und Theorien im Vordergrund stehen würden, sondern es um einen neuartigen digitalen Datenempirismus gehen würde, in dem das tradierte Denken in Kausalitäten von einem Denken in Korrelation verdrängt werden würde? Unstrittig ist, dass die rasante Entwicklung der Verdatungsprozesse insbesondere der zwei letzten Jahrzehnte zu gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozessen geführt hat.7 Der Soziologe und Designtheoretiker Benjamin Bratton hat mit seinem 2016 veröffentlichten Buch The Stack8 sicherlich eines der theoretisch ausdifferenziertesten Modelle vorgestellt, in dem viele der zuvor skizzierten Aspekte miteinander verflochten werden. Jenseits tradierter horizontaler Organisationsprinzipien des Sozialen, wie beispielsweise bei Fritz Hallers Studie totale stadt, entwirft Bratton ein vertikal organisiertes Gegenmodell der Organisation durch technische Plattformen. Das Bild des „Stack“ versucht eine große Zahl einzelner Phänomene aus aktueller Datentechnologien zu verbinden und auf diese Weise die räumlichen Machtverschiebungen zu veranschaulichen. Bratton spricht hier explizit von einem „design of political geography“9 und von „planetary-scale computation“10 und entwickelt entsprechend ein mehrschichtiges Modell, das aus den sechs Ebenen Earth, Cloud, Address, City, Interface und User besteht. Pointiert formuliert, entwickelt Bratton mit The Stack eine ausgeklügelte theoretische Struktur für eine Welt als Datenbank. Allerdings bleibt noch unbeantwortet, welche Perspektiven sich für die Gestaltung dieser Datengesellschaft ergeben. Es scheint erforderlich, sich in Zukunft intensiver mit dem emanzipatorischen Potential von Datentechnologien auseinanderzusetzen, um in einem erneuten Rückgriff auf die Epoche der Kybernetik einmal mehr die berühmte Frage nach der (Kultur-)Technik und damit auch nach der Bedeutung der Architektur in einer zunehmend automatisierten Datengesellschaft nachzugehen.

200

Dank

Das vorliegende Buch ist zwischen 2006 und 2009 am Departement Architektur der ETH Zürich entstanden. Nach historischen Schnittstellen von Kybernetik und Architektur zu fragen, drohte anfangs ein aussichtloses Unterfangen zu werden. Zu dünn erschien der lite­rarische Korpus in der Architektur, zu unklar waren die Begriffe. Die Kybernetik, mit ihrem Anspruch als vermeint­l iche Universalwissenschaft, schien überall und nirgends auf. Ludger Hovestadt und Michael Hagner befürworteten mein Vorhaben dennoch von Beginn an und eröffneten mir vorbehaltlos den dafür nötigen Freiraum zum Denken, ohne den vieles nicht möglich gewesen wäre. Bald wurde mir klar, dass es sich bei dieser Fragestellung um die Geschichte einer Mitte des 20. Jahrhundert begonnenen und bis in die Gegenwart anhaltenden Suche handelt, deren Ziel die Modellierbarkeit von Kommunikation als operatives Kriterium für Architektur und Städtebau ist. Im Laufe der Zeit konnte ich einzelne Thesen dazu in Vorträgen, Kolloquien und persönlichen Diskussionen weiterentwickeln, korrigieren und immer wieder ausprobieren. Eine Reihe von Menschen erwiesen sich dabei als unverzichtbare Gesprächspartner: Elisabeth Walther-Bense, Claus Dreyer, Sokratis Georgiadis, Gabriele Gramelsberger, Erich Hörl, Toni Kotnik, Nikolaus Kuhnert, Frieder Nake, Murray A. Milne, Fabian Scheurer, Ivan Sutherland sowie Susan von Salis vom Harvard Art Museum Archive, Albert Müller vom Institut für Zeitgeschichte in Wien und Tanja Morgenstern vom Archiv der Akademie der Künste Berlin. In den Gesprächen mit Andrea Gleiniger wurde eines immer wieder deutlich: dass es Architekturgeschichte und Architekturgeschichten gibt und dass Letztere im Hinblick auf die Lebendigkeit und Widersprüchlichkeit von Architektur häufig das größere intellektuelle und sprachliche Vergnügen bieten. Oliver Schürer diskutierte mit mir in Wien leidenschaftlich über das komplexe Verhältnis von Architektur, Medien und Technik. Karo­line Mueller-Stahl gilt mein großer Dank für eine sehr inspirierende Zeit der Zusammenarbeit während des Lektorats. ­David Marold und Angelika Heller vom Verlag hielten von 201

Beginn an dem Buchprojekt fest. Besonders ihre außergewöhnliche Geduld half mir über die eine oder andere Flaute während des Schreibens hinweg. Leonidas und Gabriele Vrachliotis sowie Eva Grünvogel gilt hierbei mein besonderer Dank. Der größte Dank gehört allerdings Anja Vrachliotis, für ihre Kritik und die liebevolle Begleitung während der letzten Jahre.

Dank 2. Auflage 2020 Dass diese Arbeit als Wiederabdruck in den literarischen Kanon der ehrwürdigen Bauwelt Fundamente aufgenommen wird, verdanke ich dem Zuspruch und der Geduld der Herausgeber dieser Reihe, insbesondere Angelika Schnell, sowie einmal mehr, den Lektoren des Birkhäuser Verlags, David Marold und Katharina Kulke. Längst ist in den letzten zehn Jahre die Architekturgeschichte der Digitalisierung zu einem weiten und lebendigen Forschungszweig herangewachsen. Der Anblick der schwarz-weißen Fotos von Computern ist der Herausforderung gewichen, sich mit dem enormen Potential, aber auch mit den noch nicht richtig abzuschätzenden Auswirkungen von Verdatungsprozessen auseinanderzusetzen. Es mag vielleicht verwundern, doch noch immer dienen mir einzelne Episoden dieser Arbeit als Ausgangspunkte, um aktuelle Entwicklungen einer zunehmend datenbasierten Gesellschaft in der Geschichte zu verankern. Dafür boten mir in den letzten Jahren insbesondere eine Reihe von Vorträgen die wertvolle Gelegenheit dazu, insbesondere das Symposium der Princeton-Mellon Initiative in Architecture, Urbanism & the Humanities and Program in Latin American Studies der Princeton University (2017), das Media + Modernity Program der School of Architecture an der Princeton University (2018), das B-Pro Programm der Bartlett School of Architecture (2018), die International Summer School Datatopia in Kooperation mit ARCH+ und dem projekt bauhaus (2018) sowie das Jaap Bakema Study Centre am Het Nieuwe Instituut in Rotterdam (2019).

202

Anmerkungen

The Macy-Conferences 1946–1953. Band 2: Essays und Dokumente, Zürich/Berlin 2004, S. 9. 10 Norbert Wiener: Kybernetik. Regelung und Nach­ richtenübertragung im Lebewesen und in der Ma­ schine, Düsseldorf/Wien 1963, S. 73 (amerikanische Originalausgabe: Cybernetics or Control and Communication in the Animal and the Machine, 1948). 11 Vgl. Eberhard Lang: Zur Geschichte des Wortes

Einleitung

Kybernetik, Beiheft zu Band 9 der Reihe Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissen­ schaften, Quickborn 1968.

1

Systemdenken. Dokumentation einer Vorlesungs­ reihe, hrsg. vom Departement für Architektur der

Dotzler (Hrsg.): Norbert Wiener. Futurum Exactum.

ETH Zürich, Dokumentation ORL 1 (Baubibliothek

Ausgewählte Schriften zur Kybernetik und Kommu­

des Dept. Architektur), 1973, S. 3. Der Vortrag wurde von Salomon Klaczko gehalten, der von 1972 bis 1975 an der ETH eine Gastprofessur für Kybernetik innehatte. 2

Kybernetik und Gesellschaft, Frankfurt am Main 1952, S. 20 (amerikanische Originalausgabe: The

netische Grundlagen der Pädagogik aus dem Jahr

Human Use of Human Beings. Cybernetics and Society, 1950). 15 Claus Pias: „Jenseits des Werkzeugs: Kyberneti-

vom Departement für Architektur der ETH Zürich,

sche Option der Architektur zwischen Informations-

Dokumentation ORL 1 (Baubibliothek des Dept.

ästhetik und design amplifier“, in: Daniel Gethmann

Architektur), 1972, S. 71–73.

und Susanne Hauser (Hrsg.): Kulturtechnik Entwer­

Antoine Picon: „Architektur und Wissenschaft:

fen. Praktiken, Konzepte und Medien in Architektur

Wissenschaftliche Exaktheit oder produktives Missverständnis?“, in: Ákos Morávanszky und Ole

und Design Science, Bielefeld 2009, S. 269. 16 Otto Walter Haseloff: Kybernetik als soziale Tatsche.

W. Fischer (Hrsg.): Precisions. Architektur zwischen

Anwendungsbereiche, Leistungsformen und Folgen

Wissenschaft und Kunst, Berlin 2008, S. 78.

für die industrielle Gesellschaft. (= Bergedorfer

Eine Ausnahme stellt die aufschlussreiche Unter-

Gesprächskreis zu Fragen der freien industriellen

suchung über die Geschichte der amerikanischen

Gesellschaft (Bergedorfer Protokolle)), Band 3,

Unternehmenskultur dar: Reinhold Martin: The Organizational Complex. Architecture, Media, and Corporate Space, Cambridge/London 2003. 5

Frankfurt am Main 1965, S. 271. 14 Norbert Wiener: Mensch und Menschmaschine.

Jacques Herzog und Pierre de Meuron referierten

Unterrichtshilfsmittel zur Übung „System“, hrsg.

4

nikationstheorie, Wien/NewYork 2002, S. 15. 13 Norbert Wiener: Mathematik – mein Leben,

(mit Georg Giser) über Helmar Franks Buch Kyber­ 1962, abgedruckt in: Systemtechnik. Arbeits- und

3

12 Norbert Wiener: „Kybernetik“ (1948), in: Bernhard

Hamburg 1963, S. 9. 17 Vgl. Slava Gerovitch: From Newspeak to Cybers­ peak: A History of Soviet Cybernetics. Cambridge

Erich Hörl: Die heiligen Kanäle. Über die archaische

2002; Jérome Segal: „Kybernetik in der DDR:

Illusion von Kommunikation, Zürich/Berlin 2005,

Dialektische Beziehungen“, in: Claus Pias (Hrsg.):

S. 19.

Cybernetics/Kybernetik. The Macy-Conferences

6 Ebd.

1946–1953. Band 2: Essays und Dokumente,

7

Zürich/Berlin 2004, S. 227–253.

Claude Lévi-Strauss: „Der Strukturbegriff in der Ethnologie“, in: Strukturale Anthropologie I (1958),

8

9

18 Vgl. Andrew Pickering: „Kybernetik und die Mangel:

Frankfurt am Main 1991, S. 306.

Ashby, Beer und Pask“, in: Kybernetik und neue

Niklas Luhmann: „Kybernetische Regelung“, in:

Ontologien, Berlin 2007, S. 87–127; Eden Medina:

Zweckbegriff und Systemrationalität, Frankfurt am

„Designing Freedom, Regulating a Nation: Socialist

Main 1968, S. 157.

Cybernetics in Allende’s Chile“, in: Journal of Latin

Claus Pias: „Die Zeit der Kybernetik – eine Einstimmung“, in: ders. (Hrsg.): Cybernetics/Kybernetik.

American Studies, Nr. 38, 2006, S. 571–606. 19 Vgl. Fred Turner: From Counterculture to Cybercul­ ture: Stewart Brand, the Whole Earth Network, and

203

the Rise of Digital Utopianism, Chicago 2006. Ge-

4 Ebd.

org Vrachliotis: „Whole Earth Catalog. Die Katalogi-

5

Sigfried Giedion: Die Herrschaft der Mechanisie­

sierung der Welt“, in: Franziska Bark-Hagen (Hrsg.):

rung. Ein Beitrag zur anonymen Geschichte, 2. Auf-

Versuche das Glück im Garten zu finden, Professur

lage, Hamburg 1994 (deutsche Erstausgabe 1987;

Günther Vogt, Departement Architektur, ETH Zürich,

amerikanisches Original: Mechanization takes

Baden 2011, S. 120–138.

command. A contribution to anonymous history,

20 Vgl. Philipp Aumann: Mode und Methode. Die Kybernetik in der Bundesrepublik Deutschland,

New York 1948). 6

Göttingen 2009.

vergence in the 1960s“, in: Bruce Clarce und Linda

21 Klaus Brake: „Hochschuldidaktik und politische

Dalrymple Henderson (Hrsg.): From Energy to Infor­

Realität in der Ausbildungsreform der Architekten

mation. Representation in Science and Technology,

und Planer“, in: Hochschuldidaktik und politische Realität, hrsg. vom Departement für Architektur der

Vgl. Edward Shanken: „Cybernetics and Art: Con-

Art, and Literature, Stanford 2002, S. 255–279. 7

Vgl. Michael Hagner: „Bilder der Kybernetik. Dia-

ETH Zürich (7. bis 11. November 1970), Zürich

gramm und Anthropologie, Schaltung und Nerven-

1971, S. 162.

system“, in: Martina Heßler (Hrsg.): Konstruierte

22 Ebd.

Sichtbarkeiten. Wissenschafts- und Technikbilder

23 „Mit dem Latein am Ende. Spiegel-Serie über Krise

seit der frühen Neuzeit, München 2006, S. 383–

und Zukunft der deutschen Hochschulen (Architekten)“, Spiegel, Nr. 37, 8. September 1969, S. 74–80. 24 Vgl. David Gugerli: „Kybernetisierung der Hoch-

405. 8 9

Ebd., S. 386. Lily Kay: „Diskursproduktion: Kybernetik, Informa-

schule. Zur Genese des universitären Manage-

tion, Leben“, in: Das Buch des Lebens. Wer schrieb

ments“, in: Erich Hörl und Michael Hagner (Hrsg.):

den genetischen Code?, Frankfurt am Main 2005,

Die Transformation des Humanen. Beiträge zur Kulturgeschichte der Kybernetik, Frankfurt am Main 2008, S. 414–439. 25 Wie Anm. 1, S. 1. 26 Ebd, S. 3.

S. 157. 10 Claus Pias: „Unruhe und Steuerung. Zum utopischen Potential der Kybernetik“, in: Jörn Rüsen und Michael Fehr (Hrsg.): Die Unruhe der Kultur. Potenti­ ale des Utopischen, Weilerswist 2004, S. 302.

27 Ebd.

11 Ebd.

28 Jay Wright Forrester: Urban Dynamics, Cambridge

12 Wiener: Kybernetik, S. 79.

1969. 29 Die vorliegende Arbeit konzentriert sich überwiegend auf europäische Formen der architektonischen Aneignung der Kybernetik. Weitgehend unberück-

13 Vgl. Kisho Kurokawa: „Helix Structure“ (1961), in: Metabolism in Architecture, mit einem Vorwort von Charles Jencks, London 1977, S. 56. 14 Vgl. Hans-Peter Schwarz: „Die Mythologie des

sichtigt blieb eine historische Einordnung des kom-

Konstruktiven. Zerstreute ­Gedanken zur Naturge-

plexen Architekturuniversums von Buckminster

schichte der Maschine“, in: Vision der Moderne.

Fuller sowie einzelner Protagonisten des amerikani-

Das Prinzip Konstruktion (Ausstellungskatalog

schen Computer-Aided Design (z. B. Michael Noll

Frankfurt), hrsg. von Heinrich Klotz, unter Mitarbeit

oder Ron Resch).

von V. Fischer, A. Gleiniger und H.-P. Schwarz, München 1986, S. 46–56. 15 Vgl. Jakow Tschernichow: Konstruktion der Archi­

Die Universalisierung der Maschine

tektur und Maschinenformen, mit einer Einleitung von Leonid Demjanow, Basel/Berlin/Boston 1991 (russische Originalausgabe: Leningrad 1931). 16 Ebd., S. 54. 17 Ebd.

1 Wiener: Kybernetik, S. 80.

18 Ebd.

2

19 Tschernichow: Konstruktion der Architektur und

Vgl. David Mindell: Between Human and Machine: Feedback, Control, and Computing Before Cyber­ netics, Baltimore 2002.

3

Vgl. Wiener: Kybernetik, S. 74.

204

Maschinenformen, S. 53.

20 Vgl. Giedion: „Quellen der Mechanisierung: Bewegung“, in: Die Herrschaft der Mechanisierung,

6 Ebd. 7

Limit Destruction“, in: Life, 18. Dezember 1950,

21 Ross W. Ashby: Einführung in die Kybernetik, Frank-

S. 77–86.

furt am Main 1974 (englische Originalausgabe: Introduction to Cybernetics, London 1956).

„How U.S. Cities can Prepare for Atomic War: MIT Professors Suggest a Bold Plan to prevent Panic and

S. 33–44.

8

Vgl. Michael Hagner und Georg Vrachliotis: „Die

22 Ebd., S. 15.

Stadt als kybernetische Kommunikationsmaschine“,

23 Ebd., S. 16.

in: Vittorio Magnago Lampugnani, Katia Frey, Eliana

24 Ebd.

Perotti (Hrsg.): Text & Stadt. Eine ideeengeschichtli­

25 Vgl. Dirk Baecker: „Kommunikation“, in: Ästhetische

che Analyse der Quellentexte zur Stadt und Städte­ bau des 18. bis frühen 20. Jahrhunderts, Berlin

Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch. Band 3,

2011, S. 127–137.

hrsg. von Karlheinz Barck, Martin Fontius, Dieter Schlenstedt, Burkhart Steinwachs und Friedrich Wolfzettel, Stuttgart, 2001, S. 384–423. 26 Vgl. „Bürolandschaften“, in: Lexikon der Planung und Organisation, hrsg. von Hans Niewerth und Jürgen Schöder, Quickborn 1968, S. 26ff. 27 Eberhard Schnelle: „Vorwort“, in: Ottomar Gottschalk: Flexible Verwaltungsbauten, Quickborn bei Hamburg 1963, S. 14.

9

Vgl. „What the Scientists are saying“, in: Bulletin of the Atomic Scientists, Nr. 3, März 1950, S. 71–76. Mit Statements von u. a. Albert Einstein, Edward Teller und Robert Oppenheimer.

10 Norbert Wiener: The Human Use of Human Beings. Cybernetics and Society, (Erstausgabe: Boston, 1950), Reprint: New York, 1988, S. 128. 11 Vgl. Günter Anders: „Über die Bombe und die Wur-

28 Ebd.

zeln unserer Apokalypsen-Blindheit“, Die Anti­

29 Pierre Bertraux: Mutation der Menschheit. Diagno­

quiertheit des Menschen. Band 2: Über die Seele im

sen und Prognosen, Frankfurt am Main 1963 (franz. Originalausgabe: La mutation humaine, Paris 1964). 30 Schnelle: „Vorwort“, S. 14.

Zeitalter der zweiten industriellen Revolution, München 1956, S. 233 ff. 12 Zitiert nach: Robert Kargon und Arthur P. Molella: „The City as Communications Net: Norbert Wiener, the Atomic Bomb, and Urban Dispersal“, in: Techno­ logy and Culture, Nr. 45, 2004, S. 765.

Stadtplan und Fluchtplan

13 „The United States Strategic Bombing Survey: The

1

14 Ludwg Hilberseimer: The Nature of Cities. Origin,

Effects of the Bombing on Hiroshima and Nagaski“ (19. Juni 1946), S. 36, zitiert nach: ebd., S. 765.

Vgl. Carola Hein: „Trauma und Stadtplanung. Der Wiederaufbau von Tokio und Hiroshima nach dem Zweiten Weltkrieg“, in: Bettina Fraisl und Monika

2

Problems, Chicago 1955, S. 257.

Stromberger (Hrsg.): Stadt und Trauma. Annäherun­

15 Ebd., S. 282.

gen, Konzepte, Analysen, Würzburg 2004, S. 112.

16 Eugen Rabinowitch: „Civil Defense: The Long-

Günter Anders: Die Antiquiertheit des Menschen.

Range View“, in: Bulletin of the Atomic Scientists,

Band 1: Über die Seele im Zeitalter der zweiten

Nr. 6, Sonderausgabe August/September 1950,

industriellen Revolution, München 1956 / Band 2: Über die Zerstörung des Lebens im Zeitalter der dritten industriellen Revolution, München 1980. 3

Ebd., Band 2, S. 19.

4

Norbert Wiener: „Moralische Probleme eines Natur-

S. 229–230. 17 Vgl. Reinhold Martin: „The Organizational Complex: Cybernetics, Space, Discourse“, in: Assemblage, Nr. 37, 1998, S. 102–127. 18 Vgl. das Kapitel „Ideale Stadtkonzepte“ in: Vittorio

wissenschaftlers. Die Atombombe 1942–1945“, in:

Magnago Lampugnani, Katia Frey, Eliana Perotti

Mathematik – mein Leben, Frankfurt am Main/Köln

(Hrsg.): Anthologie zum Städtebau. Band 1.1: Von

1962, S. 240–257; ders.: „A Scientist Rebels“

der Stadt der Aufklärung zur Metropole des industri­

(1946), in: Collected Works with Commentaries, hrsg. von Pesi Masani, Vol. 4, Cambridge 1985, S. 748. 5

Growth, and Decline, Pattern and Form, Planning

ellen Zeitalters, Berlin 2008, S. 7–205. 19 Zitiert nach: Robert Kargon und Arthur P. Molella: „The City as Communications Net: Norbert Wiener,

Ebd., S. 245.

205

the Atomic Bomb, and Urban Dispersal“, in: Techno­

38 Ebd.

logy and Culture, Nr. 45, 2004, S. 772.

39 Hans-Joachim Flechtner: Grundbegriffe der Kyber­

20 Ashby: Einführung in die Kybernetik, S. 16. 21 Ebd., S. 15. 22 Norbert Wiener, Karl W. Deutsch, Giorgio de Santillana: „How Cities that Survive the Bomb“, zitiert

netik. Eine Einführung, 4. Aufl. Stuttgart 1969, S. 10. 40 Colin Cherry: Kommunikationsforschung – eine neue Wissenschaft, Frankfurt am Main 1963, S. 14. 41 Vgl. Lauritz Lauritzen (Hrsg.): Städtebau der Zu­

nach Robert Kargon und Arthur P. Molella: „The City

kunft. Tendenzen, Prognosen, Utopien, Düsseldorf/

as Communications Net: Norbert Wiener, the Atomic

Wien 1969. Und auch: Reyner Banham: Megastruc­

Bomb, and Urban Dispersal“, in: Technology and Culture, Nr. 45, 2004, S. 774. 23 Vgl. Kisho Kurokawa: „The Origin and History of the Metabolst Movement“, in: Metabolism in Architec­ ture, London 1977, S. 41–45. 24 Noboru Kawazoe: „Material and Man“ (1960), in:

ture. Urban futures of the recent past, London 1976. 42 Arata Isozaki: „Computer-Aided City“, in: Kenchiku Bunka, Nr. 310, 1972. 43 Fritz Haller: totale stadt. ein modell, Olten 1968; Fritz Haller: totale stadt. ein globales modell, Olten 1975.

Vittorio Magnago Lampugnani, Katia Frey, Eliana

44 Fritz Haller: totale stadt. ein modell, 1968, S. 8.

Perotti (Hrsg.): Anthologie zum Städtebau. Band 3:

45 Gernot Feldhusen: Soziologie für Architekten.

Vom Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur zeitgenössischen Stadt, Berlin 2005, S. 230– 232. 25 Ebd., S. 230. 26 Max Bense: „Vorwort“ zu Louis Couffignal: Denk­ maschinen, hrsg. von Max Bense, Stuttgart 1955, S. 7. Vgl. dazu: Mortimer Taube: Der Mythos der Denk­maschine. Kritische Betrachtungen zur Kyber­ netik, Reinbek bei Hamburg 1966. 27 Ebd. 28 Noboru Kawazoe: „Material and Man“ (1960), in:

Wissenschaft in der Planungspraxis, Stuttgart 1975, S. 11. 46 Wolfgang Döring: Perspektiven einer Architektur, Frankfurt am Main 1970, S. 13. 47 Ebd., S. 84–85. 48 Reyner Banham: „Clip-On Architecture“ in: Bauen und Wohnen, Nr. 5, 1967, S. 166–173. 49 Vgl. Sigfried Giedion: Raum, Zeit, Architektur, 5. dt. Aufl. Zürich 1992, S. 508 (amerikanische Originalausgabe: Space, Time and Architecture: The Growth of a New Tradition, Cambridge 1941).

Lampugnani, Frey, Perotti (Hrsg.): Anthologie zum

50 Giedion: Raum, Zeit, Architektur, S. 508.

Städtebau, Band 3, S. 231.

51 Jürgen Joedicke: Architekturgeschichte des 20.

29 Kenzo Tange: „Funktion, Struktur und Symbol“ (1966), in: Udo Kultermann (Hrsg.): Kenzo Tange 1946–1969. Architektur und Städtebau, Zürich 1970, S. 240.

Jahrhunderts. Von 1950 bis zur Gegenwart. überarb. Aufl. Stuttgart 1979, S. 143. 52 Jürgen Joedicke: „Vorspann. Zu diesem Heft“, in: Bauen und Wohnen, 1967, S. 163–164.

30 Ebd.

53 Ebd., S. 164.

31 Ebd., S. 241.

54 Ebd., S. 163.

32 Ebd.

55 Jürgen Joedicke: „Phantasie und Phantastik in der

33 Vgl. Arnulf Lüchinger: Strukturalismus in Architek­ tur und Städtebau, Stuttgart 1981. 34 Kenzo Tange: „Funktion, Struktur und Symbol“

Modernen Architektur“, in: Jürgen Joedicke. Für eine lebendige Baukunst: Notizen und Kommentare, hrsg. von Karl Krämer, Stuttgart 1965, S. 109.

(1966), in: Tange, Kultermann (Hrsg.): Kenzo Tange

56 Wiener: Mensch und Menschmaschine, S. 21.

1946–1969, S. 241.

57 Sigfried Giedion: Architektur und Gemeinschaft,

35 Vgl. Kenzo Tange: „1960, Plan für Tokio“, in: Bauen und Wohnen, Utopie und Realität in der Stadtpla­ nung, 1964, S. 2–15. 36 Vgl. Thomas Gnädi: „Die Stadt als Verkehrs- und Kommunikationssystem“, in: Lampugnani, Frey, Perotti (Hrsg.): Anthologie zum Städtebau. Band 1.2, Berlin 2008, S. 1081–1161. 37 Kenzo Tange: „A Plan for Tokyo“ (1960), in: Lampugnani, Frey, Perotti, Band 3, S. 237.

206

Hamburg 1956, S. 8. Hier: „Der tragische Zwiespalt (1933/1955)“, S. 18–24. 58 Ebd., S. 8. 59 Ebd. 60 Sigfried Giedion: „Die Kunst als Schlüssel zur Realität. Woran krankt unsere Zeit?“ (1938), in: ebd. 61 Kenzo Tange: „Gesamtplanung und Gesamtplan der Expo’70“, in: Kultermann (Hrsg.): Kenzo Tange 1946–1969, S. 282.

62 Kenzo Tange: „Funktion, Struktur und Symbol“ (1966), in: ebd., S. 245. 63 Vgl. ebd., S. 246–256. 64 Vgl. ebd., S. 150–168. 65 Max Bense: „Urbanismus und Semiotik“, in: Arch+, Nr. 3, 1968, S. 23–25. 66 Michael Grüning: Der Wachsmann-Report. Auskünfte eines Architekten, Berlin 1988, S. 547.

13 Tomás Maldonado: „Norbert Wiener heute in Ulm“, Zeitungsartikel (ohne Angabe der Zeitung), HfGArchiv Ulm. 14 Tomás Maldonado: „Neue Entwicklungen in der Industrie und die Ausbildung des Produktgestalters“, in: ulm, Nr. 2, Oktober 1958, S. 31, HfG-Archiv Ulm. 15 Tomás Maldonado, in: Martin Krampen und Günther Hörmann: Die Hochschule für Gestaltung Ulm. Anfänge eines Projekts der radikalen Moderne, Berlin 2003, S. 84.

Zwischen Automation und Metatechnik

16 Wachsmann betonte immer wieder, dass er „nichts zu einem gegenwärtigen Bauprojekt zu sagen [habe]“ und er auch „nicht interessiert sei ein Haus zu bauen“. Konrad Wachsmann: „Modular Coordination and Planning“, Hochschule für Gestaltung

1

„Pläne von Inge Scholl und Otl Aicher“, zitiert aus:

Ulm, 12. August 1955, unveröffentlichtes Vortrags-

Herbert Lindinger (Hrsg.): Hochschule für Gestal­

manuskript, Konrad-Wachsmann-Archiv, Akademie

tung Ulm. Die Moral der Gegenstände, Berlin 1987, S. 15. 2 Ebd. 3

„Expose – Unterlagen für die Besprechung von Inge Scholl mit McCloy“, zitiert aus: ebd., S. 16.

4 Ebd. 5

Max Bill: Brief an Walter Gropius, vom 2. Mai 1950. Walter-Gropius-Archiv, Houghton Library, Harvard University, Cambridge.

6

Otl Aicher: „Bauhaus und Ulm“, in: Lindinger: Hoch­

7

„Automation schafft Raum für Kultur. Max Bill

schule für Gestaltung Ulm, S. 125. sprach im Haus Industrieform“ (ohne Verfasser), in: Industriekurier, Düsseldorf, 9. März 1957, 8 Ebd. 9

Max Bense: „Kybernetik oder die Metatechnik einer Maschine“ (1951), in: Max Bense. Ausgewählte Schriften. Band 2: Philosophie der Mathematik,

der Künste Berlin. 17 Vgl. Michael Grüning: Der Wachsmann-Report. Auskünfte eines Architekten, Berlin 1986, S. 486 ff. 18 Vgl. Herbert Gilbert: The dream of the factory-made house. Walter Gropius and Konrad Wachsmann, Cambridge/London 1984. 19 Vgl. Edward Alden Jewell: „Modern Museum opens 4 Displays“, in: New York Times, 6. Februar 1946, S. 31. 20 Vgl. Gerhard Curdes: Die Abteilung Bauen an der hfg Ulm. Eine Reflexion zur Entwicklung, Lehre und Programmatik, Ulm 2001. 21 Konrad Wachsmann: „Zur Industrialisierung des Bauens“, Vortragsmanuskript, Technische Hochschule Stuttgart, 28. Juni 1956, unveröffentlichtes Dokument, Konrad-Wachsmann-Archiv, Akademie der Künste Berlin. 22 Konrad Wachsmann: Vortrag anlässlich der Presse-

Naturwissenschaft und Technik, hrsg. von Elisabeth

konferenz seines Buches Wendepunkt im Bauen, am

Walther, Stuttgart 1998, S. 429–449.

13. Oktober 1959, Frankfurter Hof, Frankfurt am

10 Reyner Banham, zitiert aus: Lindinger: Hochschule für Gestaltung Ulm, S. 82. 11 Max Bense: „Kybernetik oder die Metatechnik einer

Main, unveröffentlichtes Dokument, KonradWachsmann-Archiv, Akademie der Künste Berlin. 23 Konrad Wachsmann: „The electrical energy and the

Maschine“, in: Max Bense. Ausgewählte Schriften,

machine as the tool of our time“, Hochschule für

Band 2, S. 436.

Gestaltung Ulm, 19. August 1955, unveröffentlich-

12 Vgl. Michael Hagner: „Intellektuelle Wissenschaft, Hyperprofessionalismus und das Allgemeine“, in: Martin Carrier und Johannes Roggenhofer (Hrsg.): Wandel oder Niedergang? Die Rolle der Intellektuel­ len in der Wissensgesellschaft, Bielefeld 2007, S. 65–81.

tes Vortragsmanuskript, Konrad-WachsmannArchiv, Akademie der Künste Berlin, S. 4. 24 Vgl. Kurt Auckenthaler: Architektur, Automation, Atom, Wels 1959. 25 Konrad Wachsmann: Wendepunkt im Bauen, Wiesbaden 1959 (Reprint Dresden 1989), S. 107 ff. 26 Wachsmann: Wendepunkt im Bauen, S. 208. 27 Ebd., S. 104.

207

28 Ebd., S. 66. 29 Ebd. 30 Ebd. 31 Konrad Wachsmann: „The Pedagogic Impact of Automation“ (undatiert, um 1959). Unveröffentlichtes Vortragsmanuskript, Konrad-WachsmannArchiv, Akademie der Künste Berlin, S. 8. 32 Wachsmann: Wendepunkt im Bauen, S. 208. 33 Ebd., S. 207. 34 Vgl. Peter Rodemeier: „Konrad Wachsmann – oder die Liebe zur Geometrie“, in: Vom Sinn des Details. Zum Gesamtwerk von Konrad Wachsmann, Köln

13 Manfred Kiemle: Ästhetische Probleme der Archi­ tektur unter dem Aspekt der Informationsästhetik, Quickborn 1967. 14 Vgl. Kiemle: Ästhetische Probleme der Architektur, o. S. (Einleitung). 15 Max Bense: Einführung in die informationstheoreti­ sche Ästhetik, Reinbeck bei Hamburg 1969, S. 7. 16 Vgl. George David Birkhoff: Aesthetic Measure, Cambridge 1933. 17 Max Bense: „Ästhetische Kommunikation“, in: Se­ miotik. Allgemeine Theorie der Zeichen, Baden-Baden 1967, S. 18.

1988. Hier besonders den Abschnitt: „Das Studium

18 Ebd., S. 7 ff.

im Team“, S. 60 ff.

19 Ebd., S. 8.

35 Wachsmann: Wendepunkt im Bauen, S. 207.

20 Sokratis Georgiadis, Gespräch mit dem Autor, Stuttgart, 12. Dezember 2008. 21 Vgl. Die Abendzeitung, Berlin, Sonderdruck vom

Ästhetik, Revolte und Kalküle

7. Juni 1967. 22 Vgl. Jesko Fezer: „Polit-Kybernetik“, in: Arch+, Nr. 186/187, 2008, S. 96–106. 23 Vgl. Kritische Universität, Freie Studienorganisation

1

Herman Grégoire und Abraham Moles: „Das Bild des

der Studenten in Hoch- und Fachschulen von West-

modernen Menschen“, in: Epoche Atom und Auto­

berlin, Programm und Verzeichnis der Studienveran-

mation. Enzyklopädie des technischen Jahrhun­

staltung im WS 1967/68, S. 44 ff. (Nachzulesen un-

derts, hrsg. von Ludwig Albert, Band 10, Genf

ter: http://infopartisan.net/archive/1967/266750.

1959, S. 75 ff. 2

Ebd., S. 76.

3 Ebd. 4

Ebd., S. 82.

5 Ebd. 6 Ebd. 7

Max Bense: Brasilianische Intelligenz. Eine cartesia­ nische Reflexion, Wiesbaden 1965, S. 26.

8

Max Bense: Ungehorsam der Ideen. Abschließender Traktat über Intelligenz und technische Welt,

9

html; zuletzt aufgerufen am: 22.6.2011). 24 Vgl. „Mit dem Latein am Ende. Spiegel-Serie über Krise und Zukunft der deutschen Hochschulen (Architekten)“, Spiegel, Nr. 37, 8. September 1969. 25 Sokratis Georgiadis, Gespräch mit dem Autor, Stuttgart, 7. April 2009. 26 Wolfgang Pehnt: Deutsche Architektur seit 1900, München 2005, S. 375. 27 Kiemle: Ästhetische Probleme der Architektur, S. 11–53.

2. Auflage, Köln 1966, S. 95 (Erstauflage 1965).

28 Ebd., S. 11–23.

„Es ist dem Ganzen hinzuzufügen, dass die Kunst

29 Vgl. Elisabeth Walther: Allgemeine Zeichenlehre.

weder zu den ausgeschlossenen Fällen der Technik, noch die Technik zu den ausgeschlossenen Fällen der Kunst gehört, und genau dieser Konnex zeigt an, dass die Idee der Rationalität in beiden Fällen der hergestellten Wirklichkeit die identisch – eine, die kreative Rationalität ist.“ Ebd., S. 95. 10 Ebd. 11 Ebd., S. 94 ff. 12 Abraham Moles: „Arbeitsgruppe 4 (2. und 3. Studi-

Einführung in die Grundlagen der Semiotik, Stuttgart 1974. 30 Vgl. Max Bense: Aesthetica. Einführung in die neue Aesthetik, Baden-Baden 1965. 31 Vgl. Helmar Frank: „Informationspsychologie“, in: ders. (Hrsg.): Kybernetik. Brücke zwischen den Wissenschaften, Frankfurt am Main 1965, 5., erweiterte Auflage, S. 259–273. 32 Vgl. Abraham A. Moles: Informationstheorie und

enjahr Bauen) – Gliederung der Aufgabenbereiche

ästhetische Wahrnehmung, Köln 1971 (franz. Origi-

von Wohnung und Stadt“, 1965, unveröffentlichtes

nalausgabe: Théorie de l’information et perception

Dokument, Archiv der Hochschule für Gestaltung

esthéthique, 1958).

Ulm.

208

33 Helmar Frank: Kybernetische Analysen subjektiver Sachverhalte, Quickborn 1964. 34 Kiemle: Ästhetische Probleme der Architektur, S. 53–131.

Wirtschaftlichkeit von Büro- und Verwaltungskosten (mit Curt Solf, 1967). 54 Helmar Frank: „Die Etablierung der Informationsästhetik“, in: Helmar Frank und Herbert W. Franke:

35 Ebd., S. 55.

Informationsästhetik – Kybernetische Ästhetik.

36 Ebd., S. 99–129.

Publikation des Instituts für Kybernetik, Berlin/

37 Ebd., S. 54.

Paderborn 1997, S. 14.

38 Ebd., („Einleitung“, ohne Seitenzahl).

55 Ebd.

39 Ebd., S. 33.

56 Namentlich waren dies: Ulrich Bäte, Peter Dietze,

40 Vgl. Reyner Banham: Brutalismus – Ethik oder Ästhetik?, Stuttgart 1966. 41 Kiemle: Ästhetische Probleme der Architektur, S. 118. 42 Ebd. 43 Wolfgang Pehnt, zitiert nach: Ebd., S. 118. Vgl.

Dieter Hezel, Wolfram Koblin, Peter Lammert, Gernot Minke, Aylâ Neusel und Stephan Waldraff. 57 Vgl. Hans Ronge (Hrsg.): Kunst und Kybernetik. Ein Bericht über drei Kunsterziehertagungen – Recklinghausen 1965, 1966, 1967. Köln 1968. 58 Das Vorhaben, mit der Informationsästhetik eine für

Wolfgang Pehnt: „Was ist Brutalismus?“, in: Das

die Architektur wissenschaftliche Form der Kritik

Kunstwerk, Heft 3, 1960, S. 14–27.

geschaffen zu haben, wird am Rande eines 1968 in

44 Kiemle: Ästhetische Probleme der Architektur, S. 118. 45 Vgl. Henry-Russell Hitchcock und Philip Johnson: Der internationale Stil, Braunschweig 1985 (amerik. Originalausgabe: The International Style: Architecture since 1922, 1932). Und auch: Charles Jencks: Spätmoderne Architektur: Beiträge über die Trans­ formation des internationalen Stils, Stuttgart, 1981

der Frankfurter Allgemeinen Zeitung abgedruckten Streitgespräches mit Günter Pfeiffer explizit. Vgl. Günter Pfeiffer: „Ist Kunst berechenbar? Max Bense und der Computer“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 62, 17. Februar 1968. 59 Kiemle: Ästhetische Probleme der Architektur, S. 52. 60 Fernsehübertragung „Ende offen. Kunst und Anti-

(amerik. Orginalausgabe: Late-modern architecture,

kunst“, mit Max Bense, Max Bill, Arnold Gehlen und

1980).

Joseph Beuys, gesendet in der Reihe „Wochenend-

46 Kiemle: Ästhetische Probleme der Architektur,

forum“ am 6.2.1970. Produktion: Westdeutscher

S. 119.

Rundfunk, Köln 1970; vgl. Claus Pias: „Hollerith

47 Ebd., S. 120.

‚gefiederter‘ Kristalle. Kunst, Wissenschaft und

48 Ebd., S. 122.

Computer in Zeiten der Kybernetik“, in: Michael

49 Ebd., S. 121.

Hagner und Erich Hörl: Die Transformation des

50 Eberhard Schnelle und Alfons Wankum: Architekt

Humanen. Beiträge zur Kulturgeschichte der Kyber­

und Organisator. Methoden und Probleme der Büro­ hausplanung, Quickborn 1964. 51 Ottomar Gottschalk: Flexible Verwaltungsbauten. Planung, Funktionen, Flächen, Ausbau, Einrichtung, Kosten, Beispiele, Quickborn 1968. 52 Johannes Holschneider: Schlüsselbegriffe der Architektur und Stadtbaukunst. Eine Bedeutungs­ analyse, Quickborn 1968. 53 Curt Siegel: Strukturformen der modernen Architek­

netik, Frankfurt am Main 2008, S. 72–107. 61 Diesen Begriff verdanke ich einem Gespräch mit Peter Bexte. 62 Hagner, Hörl: Die Transformation des Humanen, S. 75. 63 Vgl. Clara Bodenmann-Ritter: Joseph Beuys. Jeder Mensch ist ein Künstler. Gespräche auf der docu­ menta 5/1972, Frankfurt am Main 1975. 64 Frieder Nake: „Werk, Kunstwerk, Information,

tur, München 1960. Im Verlag Schnelle veröffent-

Zeichen – Achtzig Sätze für Elisabeth Walther“, in:

lichte Siegel zwei Bücher: Bürohaus als Großraum.

Karl Gfesser und Udo Bayer (Hrsg.): Kontinuum der

Büroneubau der C. F. Boehringer & Soehne GmbH,

Zeichen. Elisabeth Walther-Bense und die Semiotik,

Mannheim. Zielsetzung, Planung und Erfahrung (mit

Stuttgart 2002, S. 9–13.

Kurd Alsleben, Erhard Büttner, Claus W. Hess, Wolfgang Schnelle, Curt Siegel, Rudolf Wonneberg, 1961) und Bürobaukosten. Untersuchung über die

209

Swinging Cybernetics

17 Vgl. Andrew Pickering: The Cybernetic Brain: Sketches of Another Future, ­Chicago 2010. 18 Gordon Pask: „A comment, a case history and a plan

1

Gordon Pask: „The Architectural Relevance of Cy-

(1968)“, in: Jasia Rei­chardt (Hrsg.): Cybernetics,

bernetics“, in: Architectural Design. Thinking about

Art and Ideas, London 1971, S. 78, 80.

Architecture and Planning – A Question of Ways and

2

kinetischen Plastik“, in: ders.: Von Material zu Archi­

1969, S. 494–496.

tektur, Berlin 2001, S. 162–164 (Faksimile der

Vgl. Stafford Beer: Cybernetics and Management, London 1959.

3

W. Ross Ashby: Design for a Brain. The Origin of Adaptive Behavior, New York 1952.

4 5

W. Ross Ashby: Introduction to Cybernetics, London

Ebenso: Le Mouvement. Vom Kino zur Kinetik, hrsg.

Ashby, Beer und Pask“, in: Kybernetik und neue On­

vom Museum Tinguely, Heidelberg 2010 (Katalog

tologien, Berlin 2007, S. 87–127 (zuerst erschienen

zur gleichnamigen Ausstellung vom 10. Februar bis 16. Mai 2010 in Basel). 22 Vgl. Isabelle Moffat: „‚A Horror of Abstract

Studies of Science, Nr. 32, 2002, S. 413–437).

Thought‘: Postwar Britain and Hamilton’s 1951

Der Künstler Nicholas Schöffer erzählte in einem

‚Growth and Form‘ Exhibition“, in: October, Vol. 94,

Norbert Wiener. 1956 hatte er Wiener von seinem Vorhaben berichtet, kybernetische Skulpturen zu entwerfen. Wieners Antwort war für ihn jedoch „die größte Enttäuschung gewesen.“ Wiener habe 1957 geantwortet: „Monsieur, die Kunst ist eine Sache, die Wissenschaft eine andere“, zitiert in: „Das wird ein unglaubliches Fest – Nicholas Schöffer über die programmierte Kunst der Zukunft“, in: Der Spiegel, Nr. 7, 1970, S. 156.

The Independent Group, 2000, S. 89–112. 23 Vgl. D’Arcy Wentworth Thompson: On Growth and Form, Cambridge 1952 (Erstausgabe 1917). 24 Kathleen Lonsdale: Rezension von Aspects of Form, in: Acta Crystallographica, 2, 1953, S. 224. 25 Lancelot Whyte (Hrsg.): Aspects of Form, London 1951. 26 W. Walter Grey: „Activity Patterns in the human brain“, in: ebd.: S. 179–196. 27 Vgl. Andrew Pickering: „Mit der Schildkröte gegen

Gordon Pask: An Approach to Cybernetics, mit

die Moderne: Gehirn, Technologie und Unterhaltung

einem Vorwort von Warren S. McCulloch, London

bei Grey Walter, in: Henning Schmidgen, Peter

1961; ders.: Conversation Theory. Applications in

Geimer (Hrsg.): Kultur
im Experiment, Berlin 2004,

Education and Epistemology, Amsterdam 1976.

S. 102–123; Rolf Pfeiffer: Understanding Intelli­

Vgl. das Titelbild des Time Magazines vom 15. April

gence, Cambridge 2001; Rodney Brooks: Cambrian

1966. Ebenso, David Gilbert: „The Youngest Legend

Intelligence. The Early History of the New AI,

in History: Cultures of Consumption and the Mythologies of Swinging London“, in: The London Journal, 9

(zuletzt aufgerufen am 14. Juli 2009). 21 Vgl. Der Deutsche Avant-Garde Film der 20er Jahre, hrsg. vom Goethe-Institut, München 1989, S. 55ff.

Interview von einem Briefwechsel zwischen ihm und

8

haus.de/bauhaus1919/kunst/kunst_modulator.htm

Vgl. Andrew Pickering: „Kybernetik und die Mangel:

and the Mangle: Ashby, Beer and Pask“, in: Social

7

1929 erschienen Erstausgabe). 20 László Moholy-Nagy, zitiert nach: http://www.bau-

1956.

in einer ausführlicheren Version als „Cybernetics

6

19 Vgl. auch László Moholy-Nagy: „Zur Geschichte der

­Means., hrsg. von Royston Landau, September

Cambridge 1999. 28 Vgl. Andrew Pickering: „Raum – die letzte Grenze“,

31, Nr. 1, Juli 2006, S. 1–14.

in: Helmar Schramm, Ludger Schwarte und Jan

Gordon Pask: „The Architectural Relevance of

Lazardzig (Hrsg.): Kunstkammer – Laboratorium –

Cybernetics“, in: Architectural Design, S. 496.

Bühne. Schauplätze des Wissens im 17. Jahrhun­

10 Ebd. 11 Ebd.

dert, Berlin/New York 2003, S. 1–9. 29 Cybernetic Serendipity – the Computer and the Arts,

12 Ebd., S. 494.

hrsg. von Jasia Reichardt, London 1968 (Ausstel-

13 Ebd., S. 496.

lungskatalog zur Ausstellung vom 2. August bis

14 Ebd., S. 495.

20. Oktober 1968 im Institute of Contemporary Arts

15 Ebd., S. 494. 16 Robin McKinnon-Wood: „Early Machinations“, in: Systems Research, 10, 1993, S. 129.

210

London). 30 Aus einem Brief von Jasia Reichardt an Max Bense wird zudem deutlich, dass der Schwerpunkt der

Ausstellung von Beginn an auf der Kybernetik liegen

48 Vgl. Erika Fischer-Lichte, Friedmann Kreuder, Isabel

sollte: „We have been following in the footsteps of

Pflug (Hrsg.): Theater seit den 60er Jahren. Grenz­

your original suggestions, and quite clearly cybernetics and computers are taking over.“ Jasia Reichardt

gänge der Neo-Avantgarde, Tübingen/Basel 1998. 49 „Fun Palace Project. Cybernetics Committee,

an Max Bense, Brief vom 4. Januar 1967, unveröf-

Introductory Document, Circulation List and Basic

fentlichtes Dokument, Max Bense Handschriften-

Plans“, unveröffentlichtes Manuskript, Gordon Pask

Nachlass, Deutsches Literaturarchiv Marbach. 31 John Weeks: „Interdeterminate dimensons in ar-

Archiv, Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien. 50 Gordon Pask: „The Architectural Relevance of

chitecture“, in: Reichardt (Hrsg.): Cybernetic Serendipity – the Computer and the Arts, S. 69.

Cybernetics“, in: Architectural Design, S. 496. 51 Später sollte der Architekt und Schüler von Pask

32 Ebd.

John Frazer, das Konzept des Evolutionären weiter-

33 John Cage: „Composition as Process II: Indetermi-

entwickeln. Vgl. John Frazer: An Evolutionary

nacy“ (Vortrag gehalten am 8. September 1958,

Architecture, London 1995; Georg Vrachliotis: „Der

Darmstadt), in: John Cage, Silence. Lectures and

Sprung vom linearen ins kalkulatorische Bewusst-

Writings, Middletown Conn. 1961, S. 35–40.

sein. Evolutionäre Denkmodelle und Architektur“,

34 Charles Jencks: Architecture 2000. Predictions and

in: Ákos Moravánszky und Ole W. Fischer (Hrsg.):

methods, New York/Washington 1971, S. 44.

Precisions. Architektur zwischen Kunst und

35 John Weeks: „Interdeterminate dimensons in

Wissenschaft, Berlin 2008, S. 232–261.

architecture“, in: Reichardt (Hrsg.): Cybernetic

52 Gordon Pask: „Organisational Plan as Programme“.

Serendipity – the Computer and the Arts, S. 69.

Originalzeichnung abgedruckt in: Stanley, Mathew:

36 Vgl. Theodore G. Remer (Hrsg): Serendipity and the

From Agit-Pop to Free Space: The Architecture of

Three Princes, Oklahoma 1965; Royston M. Roberts: Serendipity. Accidental Discoveries in

Cedric Price, London 2007, S. 120. 53 Pask sprach an dieser Stelle schlicht von „individual

Science, New York 1989. 37 Time Magazine: „Exhibitions: Cybernetic Serendipity“, 4. Oktober 1968, http://www.time.com/time/

preference valuations“ der Besucher. Ebd. 54 Ebd. 55 „Fun Palace Project. Cybernetics Committee,

magazine/article/0,9171,838821,00.html (zuletzt

Introductory Document, Circulation List and Basic

aufgerufen am 16. Juni 2011).

Plans“, unveröffentlichtes Manuskript, Gordon Pask

38 Gordon Pask: „The Colloquy of Mobiles“, in: Reich-

Archiv, Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien.

ardt (Hrsg.): Cybernetic Serendipity – the Computer and the Arts, S. 34–35. 39 Ebd., S. 35. 40 Ebd., S. 34. 41 Ebd. 42 „Fun Palace Project. Cybernetics Committee,

Zeichenmaschinen und Maschinenzeichen

Introductory Document, Circulation List and Basic Plans“, unveröffentlichtes Manuskript, Gordon Pask

1

„Das kann man nicht einem Maschinenprozess überlassen! Oswald Mathias Ungers im Gespräch mit

Archiv, Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien.

Peter Neitzke“, in: Walter Ehlers, Gernot Feldhusen,

43 „Draft of Fun-Palace Booklet“. Als Appendix E des Originaldokuments abgedruckt in: Stanley, Mathew:

Carl Steckeweh (Hrsg.): CAD – Architektur automa­

From Agit-Pop to Free Space: The Architecture of

tisch? (= Bauwelt Fundamente 76), Braunschweig/ Wiesbaden 1986, S. 249.

Cedric Price, London 2007, S. 275. 44 Ebd.

2

45 Joan Littlewood: „A Laboratory of Fun“, in: New

3

Scientist, Nr. 391, 14. Mai 1964, S. 432. 46 Erika Fischer-Lichte: Ästhetik des Performativen, Frankfurt am Main 2004, S. 29. 47 Ebd., S. 19ff.

Ebd., S. 251. Vgl. Jasper Cepl: Oswald Mathias Ungers. Eine in­ tellektuelle Biographie (= Kunstwissenschaftliche Bibliothek, Band 33), Köln 2007. Hier besonders die Kapitel: „1968. Zwischen Berlin und Cornell“, S. 229–253 und „1969–1973. In Cornell“, S. 253– 299.

211

4

Horst Albach und Oswald Mathias Ungers: Optimale Wohngebietsplanung, Band 1: Analyse, Optimie­

6

18 Ebd.

gebiete, Wiesbaden 1969. – Es sind keine weiteren

19 Christopher Alexander: Notes on the Synthesis of

Oswald Mathias Ungers, Tilman Heyde und Tom

8

about computers and design“, in: Architecture and

grammen – SIPP“, in: Werk, Nr. 6, 1972, S. 347–

the Computer. Proceedings of the First Boston

352.

Architectural Center Conference, Bibliothek des

Werner Oechslin: „Geometrie und Linie. Die Vitruvi-

Dept. Architektur, MIT, (Boston, 5. Dezember 1964), 1964, S. 52.

nung“, in: Daidalos, Nr. 1, 1981, S. 20 ff.

21 Ebd.

Vgl. Vilém Flusser: Gesten. Versuch einer Phänome­

22 Ebd., S. 53.

nologie, Frankfurt am Main 1997, S. 32–41.

23 Christopher Alexander: „A much asked question

Vgl. Walter Koschatzky: Die Kunst der Zeichnung.

about computers and design“, in: Architecture and

Technik, Geschichte, Meisterwerke, München

the Computer. Proceedings of the First Boston

1999. Ebenso: Winfried Nerdinger (Hrsg.): Die

Architectural Center Conference (Boston, 5. De-

Architekturzeichnung. Vom barocken Idealplan zur

zember 1964), aus dem Archiv des Department

Axonometrie, in Zusammenarbeit mit Florian Zimmermann, München 1985. 9

Form, Cambridge 1964. 20 Christopher Alexander: „A much asked question

Dimock: „Eine Serie von interaktiven Planungspro-

anische ‚Wissenschaft‘ von der Architekturzeich7

Times, 6.12.1964.

rung und Vergleich der Kosten städtischer WohnBände erschienen. 5

17 „Architects weight computer’s users“, in: New York

Ebd., S. 253.

10 Vgl. Theo Lutz: „Stochastische Texte“, in: augen­

Architektur, MIT, 1964, S. 55. 24 Steven A. Coons: „Computer Aided Design“, in: Computer Graphics in Architecture and Design. Proceedings of the Yale Conference on Graphics in

blick 4, Heft 1, 1959, S. 3–9; Max Bense und Elisa-

Architecture (New Haven/Connecticut, April 1968),

beth Walther (Hrsg.): konkrete poesie international,

hrsg. von Murray Milne, New Haven/Connecticut

edition rot, Nr. 21, Stuttgart 1965. 11 „Computer Graphics and Architecture. Program

1969, S. 9, 26. 25 Ivan E. Sutherland: Sketchpad: A man-machine

Statement: On the Relevance of Computer Proces-

graphical communication system (= Lincoln Labora-

ses, specially Computer Graphics, to Architecture“,

tory Technical Report) Nr. 296, Massasuchetts

unveröffentlichtes Dokument (ohne Autor, ohne

Institute of Technology, 574.pdf

Datum), Warren McCulloch Archive, American

26 Ebd., zitiert aus: Abstract (ohne Seitenzahl).

Philosophical Society.

27 Ebd., S. 18.

12 Walter Gropius: „Computers for Architectural Design“. Architecture and the Computer. Procee­

28 Douglas C. Engelbart: Augmenting Human Intellect: A Conceptual Framework. Summary Report

dings of the First Boston Architectural Center Con­

AFOSR-3223 prepared for Air Force Office of

ference, Bibliothek des Dept. Architektur, MIT,

Scientific Research, Stanford Research Institute,

(Boston, 5. Dezember 1964), 1964, S. 41.

Menlo Park, California, Oktober 1962. Auch

13 Die Gropiusstadt wurde zwischen 1962 und 1975 gebaut. Heidede Becker (Hrsg.): Gropiusstadt – Soziale Verhältnisse am Stadtrand. Soziologische

erhältlich unter: http://www.dougengelbart.org/ pubs/augment-3906.html (zuletzt aufgerufen am: 3.6.2011).

Untersuchung einer Berliner Grosssiedlung.

29 Ebd., S. 1.

Schriften des Deutschen Instituts für Urbanistik,

30 Ebd., S. 4.

Mainz/Berlin/Köln/Stuttgart 1977.

31 Ebd.

14 H. Morse Payne: „Welcome“, in: Architecture and the Computer. Proceedings of the First Boston Architectural Center Conference, Bibliothek des Dept. Architektur, MIT, (Boston, 5. Dezember 1964), 1964, S. 1.

32 Ebd., S. 5. 33 Vgl. Marshall McLuhan und Quentin Fiore: Das Medium ist Massage, Frankfurt am Main 1969, S. 26 ff. (amerikan. Originalausgabe 1967). 34 Vgl. Frieder Nake: „Informatik als Gestaltungswis-

15 Ebd.

senschaft: Eine Herausforderung an das Design“, in:

16 Ebd.

Karl-Heinz Rödinger (Hrsg.): Algorithmik, Kunst,

212

Semiotik. Hommage für Frieder Nake, Heidelberg 2003, S. 142–165. 35 Vgl. Christoph Klütsch: Computergrafik. Ästheti­

Kunst, Wissenschaft und Technologie), Basel 2010, S. 41. 46 Vgl. Wolfgang Coy: „Aus der Vorgeschichte des

sche Experimente zwischen zwei Kulturen. Die

Computers als Medium“, in: Norbert Bolz, Friedrich

Anfänge der Computerkunst in den 1960er Jahren,

A. Kittler und Christoph Tholen (Hrsg.): Computer

Wien/New York 2007; Wulf Herzogenrath und

als Medium, München 1994, S. 19.

Barbara Nierhoff-Wielk (Hrsg.): Ex Machina – Frühe

47 Frieder Nake, Brief an den Autor, 5. Mai 2008.

Computergrafik bis 1979 (anlässlich der gleichna-

48 Vgl. Georg Trogemann und Jochen Viehoff: CodeArt

migen Ausstellung in der Kunsthalle Bremen, 17. Juni bis 26. August 2007), München/Berlin 2007. 36 „Computer-Grafik. Weltpremiere der „schöpferischen“ Rechenmaschine in Stuttgart“, in: Stuttgar­ ter Nachrichten, 20.11.1965. 37 Vgl. Hans Dieter Heilige: „Zur Genese des informatischen Programmbegriffs: Begriffbildung, metaphorische Prozesse, Leitbilder und professionelle Kulturen“, in: Rödinger: Algorithmik, Kunst, Semiotik, S. 42–75. 38 Brief von Georg Nees an Max Bense, 20. Dezember

– Eine elementare Einführung in die Programmierung als künstlerische Praktik, Wien/NewYork 2004. 49 Max Bense: Aesthetica, S. 338. 50 Wolfgang Döring: Perspektiven einer Architektur, Frankfurt am Main 1970, S. 84–85. 51 Vgl. Karl Gerstner: Kalte Kunst. Zum Standort der heutigen Malerei, Teufen 1957. 52 Karl Gerstner: Programme entwerfen. Statt Lösun­ gen für Aufgaben Programme für Lösungen, Baden 2007 (Erstauflage: 1964). 53 Ebd., S. 8.

1964, unveröffentlichtes Dokument, Max Bense

54 Ebd.

Handschriften-Nachlass, Deutsches Literaturarchiv

55 Ebd, S. 28.

Marbach.

56 Vgl. Eckhard Schulze-Fielitz: „Stadtbausysteme“.

39 Theo Lutz: „Stochastische Texte“, in: augenblick 4, Heft 1, 1959, S. 3. 40 „Computer-Grafik. Weltpremiere der ‚schöpferischen‘ Rechenmaschine in Stuttgart“, in: Stuttgarter Nachrichten, 20.11.1965. 41 Konrad Wachsmann: „Reason and Anti-Reason“,

Referat bei der Eröffnung der Deubau 66, Essen, 17. September 1966, in: Bauen + Wohnen 21, 1966, XI, S. 16–18. 57 In der zweiten Auflage (1968) druckte Gerstner ein Kapitel mit dem Titel „Programm als Computer-Graphik“ ab, das vier Variationen von Frieder Nakes

University of Southern California, School of Philoso-

1966 am Stuttgarter Rechenzentrum entwickelten

phy, Diogenes Forum, 26. April 1965, unveröffent-

„Serie 201“ zeigt. Anekdotisch ist, wie Gerstner

lichtes Vortragsmanuskript, Konrad-Wachsmann-

Frieder Nake mit den Worten einführte: „Der Ent-

Archiv, Akademie der Künste Berlin, S. 3ff.

werfer ist per se ein Programmierer […].“ Gerstner:

42 Vgl. Frieder Nake: „Nachahmung von Bildern Paul

Programme entwerfen, S. 21.

Klees“, in: ders.: Ästhetik als Informationsverarbei­

58 Ebd., S. 26–27.

tung. Grundlagen und Anwendungen der Informatik

59 Vgl. bit international. [Nove] tendencije – Computer

im Bereich ästhetischer Produktion und Kritik,

und visuelle Forschung. Zagreb 1961–1973, hrsg.

Wien/New York 1974, S. 214–220.

von Peter Weibel und Margit Rosen (im Rahmen der

43 Michael Grüning: Der Wachsmann-Report. Aus­ künfte eines Architekten, Berlin 1986, S. 159. 44 Vgl. Frieder Nake: „Künstliche Kunst – Zur Produktion von Computer-Grafiken“ (Vortrag Recklinghau-

gleichnamigen Ausstellung im Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, 23.2.2008– 22.2.2009). 60 Vgl. Margit Rosen (Hrsg.): A little-known story

sen, 1966), in: Hans Ronge: Kunst und Kybernetik.

about a movement, a magazine, and the computer’s

Ein Bericht über drei Kunsterziehertagungen,

arrival in art: new tendencies and bit international,

Recklinghausen 1965–1967, Köln 1968, S. 128–

1961–1973 (in Zusammenarbeit mit Peter Weibel,

139, hier, S. 136.

Darko Fritz und Marija Gattin), Karlsruhe/

45 Georg Trogemann: „Code und Maschine“, in: Andrea Gleiniger und Georg Vrachliotis (Hrsg.): Code.

Cambridge 2011. 61 Ebd., S. 427–431. Ebenso: Leonardo Mosso:

Zwischen Operation und Narration, (= Kontext Ar-

Programmierte Architektur, hrsg. von Umbro Apollo-

chitektur. Architektonische Grundbegriffe zwischen

nio und Carlo Belloni, Studio di informazione estetica und Vanni Scheiwiller, Turin 1969.

213

62 Margit Rosen (Hrsg.): A little-known story about a movement, a magazine, and the computer’s arrival in art, S. 429. 63 „4004 entwirft Messestand: Computer als Mitarbei-

Computers – Selected Papers, 3. Auflage, Berlin 1982, S. 359–375. 13 „The Reserach Laboratory of Electronics was probaly the most exciting place in the world for anyone

ter des Architekten“, in: Siemens Data Report, 4/70,

interested in communications. We were doing

Juli 1970, S. 2–7. Ebenso: Ingeborg Rocker: „Be-

research on neurophysiology, we were studying

rechneter Zufall. Max Benses Informationsästhetik“,

electrical noise problems, we were doing coding,

in: Daniel Gethmann und Susanne Hauser (Hrsg.):

we were following Shannon’s work on information

Kulturtechnik Entwerfen. Praktiken, Konzepte und

theory […]. Out of this I acquired the idea from

Medien in Architektur und Design Science, Bielefeld

Norbert Wiener that we would understand both

2009, S. 245–269.

living system communications and machines better if

64 Frieder Nake, Brief an den Autor, 5.5.2008

we worked on them not necessarily together but in the same environment.“ Steward Brand im Gespräch mit Jerome Wiesner, „The Golden Age of Communi-

Individualisierungssysteme

cation Science“, in: Steward Brand: The Media Lab. Inventing the Future at MIT, New York 1987, S. 134. 14 Vgl. Lily E. Kay: „Von logischen Neuronen zu poetischen Verkörperungen des Geistes“, in: Claus Pias

1

„Panel Discussion: The Past and Future of Design by

(Hrsg.): Cybernetics/Kybernetik. The Macy-Confe­

Computer“, in: Proceedings of the Yale Conference

rences 1946–1953, Band 2: Essays und Doku­

on Computer Graphics in Architecture (New Haven, April 1968), New Haven 1969, S. 98. Teile des ersten Abschnitts dieses Kapitels wurden in gekürzter

im Krieg: die elektronische Potenzmaschine“, in:

Form veröffentlicht in: „Über den alten und neuen

Norbert Bolz, Friedrich A. Kittler, Christoph Tholen

Mythos der Entwurfsmaschine“, in: Werk, Bauen und

(Hrsg.): Computer als Medium, München 1992,

Wohnen, Mai 2011, S. 6–11.

2

„Panel Discussion: The Past and Future of Design by

4

mation, Leben“, in: dies.: Das Buch des Lebens. Wer

on Computer Graphics in Architecture (New Haven,

schrieb den genetischen Code?, Frankfurt am Main

Lewis Mumford: Mythos der Maschine: Kultur,

2005, S. 146. 17 Friedrich Kittler: „Rock Music – ein Mißbrauch von

Technik, Macht (1967), (amerikanisches Original:

Heeresgerät“, in: Theo Elm und Hans H. Hiebel

Myth of the Machine, 1967–1970), Wien 1974.

(Hrsg.): Medien und Maschinen, Freiburg 1991,

Ebd., S. 537.

5 Ebd. 6 Ebd. 7

S. 183–209. 16 Lily E. Kay: „Diskursproduktion: Kybernetik, Infor-

Computer“, in: Proceedings of the Yale Conference April 1968), New Haven 1969, S. 98. 3

mente, Zürich/Berlin 2004, S. 169–191. 15 Vgl. Ute Bernhardt und Ingo Ruhmann: „Computer

„Panel Discussion: The Past and Future of Design by

S. 253 f. 18 Alan Turing: „Computing Machinery and Intelligence“, in: Mind, 59, 1950, S. 433–460. 19 John McCarthy, Marvin Minsky, Nathaniel Roches-

Computer“, in: Computer Graphics in Architecture

ter und Claude E. Shannon: „Proposal for Dartmouth

and Design, 1968, S. 100.

Summer Research Project on Artificial Intelligence“,

8 Ebd.

13. August 1955, wiederabgedruckt in: AI Maga­

9 Ebd.

zine, 27/4, 2006, S. 12–14. Für eine einflussreiche

10 Nicholas Negroponte: Architecture Machine,

Kritik siehe: Joseph Weizenbaum: Die Macht der

Cambridge, 1970; ders.: Soft Archi­tecture Machi­

Computer und die Ohnmacht der Vernunft, Frankfurt

nes, Cambridge 1975.

am Main 1977 (amerikanisches Original: Computer

11 Vgl. Steve J. Heims: John von Neumann and Norbert Wiener: From Mathematics to the Technologies of Life and Death, Cambridge/London 1980. 12 H. H. Goldstine und A. Goldstine (1946): „The Electronic Numerical Integrator and Computer (ENIAC)“, in: B. Randell (Hrsg.): The Origins of Digital

214

Power and Human Reason: From Judgment To Calculation, 1976). 20 Nicholas Negroponte: Architecture Machine, Cambridge 1970, S. 11 ff. 21 Nicholas Negroponte: „URBAN5“, in: ders.: Architecture Machine, Cambridge 1970, S. 70–93.

22 Nicholas Negroponte: Architecture Machine, Cambridge 1970, S. 119. 23 Warren S. McCulloch: „Zu Schaltkreisen ethischer Roboter oder: Eine Beobachtungswissenschaft der Genese sozialer Wertungen im verständigen Verhalten von Artefakten“, in: ders.: Die Verkörperung des

Friedman: „Information Processes for Partizipatory Design“, in: ebd., S. 45–50. 33 Vgl. Dieter Schulz, Amerikanischer Transzendenta­ lismus. Ralph Waldo Emerson, Henry David Thoreau, Margaret Fuller, Darmstadt 1997. 34 Reyner Banham: „Alternative Network for the Alter-

Geistes, Wien/New York 2000, S. 187–195 (ameri-

native Culture?“, in: Nigel Cross (Hrsg.): Design

kanisches Original: Toward some Circuitry of Ethical

Participation Confernce. Proceedings of the Design

Robots or an Observational Science of Genesis of

Research Society’s Conference (Manchaster,

Social Evaluation in the Mind-Like Behavior of Arti­ facts, Acta Bioetheoretica, Band XI, 1956, S. 147– 156. 24 Nicholas Negroponte: The Architecture Machine, Cambridge 1970, (ohne Seitenzahl). 25 Ebd., S. 188 26 Laboratory of Lighting Design. Progress Report Nr. 2, interner Arbeitsbericht des Departements Architektur des Massachusetts Institut of Technology,

September 1971), London 1972, S. 18. 35 Stewart Brand, “We owe it all to the Hippies.“, Time Magazine, Special Issue: Welcome to Cyberspace, Vol. 145, Nr.12, 1995, link: http://www.time.com/ time/magazine/article/0,9171,982602,00.html) (zuletzt aufgerufen am 25.5.2010). 36 Yona Friedman: „Ein Architektur-Versuch“, in: Bauwelt, Heft 16, April 1957, S. 361. 37 Vgl. Yona Friedman: Structures Serving the Unpre­

15. Juli 1954, unveröffentlichtes Dokument (ohne

dictable, hrsg. von Sabine Lebesque und Helene

Autor), Warren McCulloch Archive, American

Fentener van Vlissingen (Katalog zur gleichnamigen

Philosophical Society.

Ausstellung im Netherlands Architecture Institute

27 Gordon Pask: „Aspects of Machine Intelligence“, in: Nicholas Negroponte: Soft Architecture Machines, Cambridge 1975, S. 7–31. 28 Nicholas Negroponte: Architecture Machine, Cambridge 1970 (ohne Seitenzahl). 29 Joseph C R. Licklider: „Man-Computer-Symbiosis“, in: IRE Transactions on Human Factors in Electro­ nics, März 1960, S. 4–11. 30 Steward Brand: Whole Earth Catalog, 1971,

Rotterdam, 1999), Rotterdamm 1999. 38 Vgl. Ingo Bohning: Autonome Architektur und partizipatorisches Bauen, Zürich 1980. 39 Max Bense: „Urbanismus und Semiotik“, in: Arch+, Nr. 3, 1968, S. 23–25. 40 Yona Friedman: „Computer-Aided Participatory Design“, in: Nicholas Negroponte: Architecture Machine, Cambridge 1970, S. 93. 41 Ebd., S. 4.

S. 321. Vgl. Georg Vrachliotis: „Whole Earth Cata-

42 Ebd., 1975. S. 6.

log. Die Katalogisierung der Welt“, in: Franziska

43 Yona Friedman: Toward a Scientific Architecture,

Bark: Versuche das Glück im Garten zu finden, hrsg.

Cambridge 1975, S. 53.

von der Professur Vogt, ETH Zürich, Zürich 2011,

44 Yona Friedman: Pro Domo, Barcelona 2006, S. 57.

S. 120–138.

45 Nicholas Negroponte: „Foreword“. In: Yona Fried-

31 Die erste Ausgabe war mit weniger als hundert Seiten und einer Auflage von knapp tausend Exemplaren erschienen. Doch bereits fünf Jahre später war

man: Towards a Scientific Architecture. Cambridge 1975 (ohne Seitenzahl). 46 Nicholas Negroponte und Guy Weinzapfel: in:

er auf über 700 Seiten angewachsen und erreichte

SIGGRAPH, 76. Proceedings of the 3rd Annual

später eine Auflage von über einer halben Million.

Conference on Computer Graphics and Interactive

Vgl. Fred Turner: From Counterculture to Cybercul­ ture: Stewart Brand, the Whole Earth Network, and the Rise of digital Utopianism, Chicago 2008. 32 Reyner Banham: „alternative network for the alter-

Techniques, 1976, S. 74–78. 47 Yona Friedman: Toward a Scientific Architecture. Cambridge, Mass. 1975, S. 9. 48 Negroponte, 1975, S. 1.

native culture?“, in: Nigel Cross (Hrsg.): Design Par­

49 Ebd., S. 157.

ticipation Confernce. Proceedings of the Design

50 Nicholas Negroponte und Guy Weinzapfel: in:

Research Society’s Conference (Manchester,

SIGGRAPH, 76. Proceedings of the 3rd Annual

September 1971), London 1972, S. 15–18.

Conference on Computer Graphics and Interactive

Ebenso: Nicholas Negroponte: „Aspects of Living in

Techniques, 1976, S. 78.

an Architecture Machine“, in: ebd., S. 63–67; Yona

215

Pattern, Script, Algorithmus, Ornament, Arch+,

51 Yona Friedman: „About the Flatwriter“, in: Pro

Nr. 189, Oktober 2008, S. 7.

Domo, Barcelona, 2006, S. 137 (Erstmals publiziert in: Progressive Architecture. Nr. 3, 52, Ausgabe

7

Charles Jencks: „Die Architektur des springenden Universums. Eine Polemik: wie die Komplexitätsthe-

März 1971, S. 98–101).

orie Architektur und Kultur verändert“, Arch+, Nr.

52 Lucius Kroll: „Paysage“, in: ders.: Lucius Kroll. Bauen und Projekte, Stuttgart 1987, S. 138–141;

141, Aachen 1998. Vgl. Andrea Gleiniger und Ge-

ders.: CAD-Architektur. Vielfalt durch Partizipation,

org Vrachliotis (Hrsg.): Komplexität. Entwurfsstrate­

Karlsruhe 1985.

gie und Weltbild, (= Kontext Architektur. Architekto­

53 Abraham Moles: „Kybernetik, eine Revolution in der

nische Grundbegriffe zwischen Kunst, Wissenschaft

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und Technologie), Basel 2008. 8

wig Albert, Band 10, Genf 1959, S. 7.

Wendepunkt(e) im Bauen. Von der seriellen zur digitalen Architektur, hrsg. von Winfried Nerdinger

54 Ebd., S. 8.

in Zusammenarbeit mit Rainer Barthel, (Publikation

55 Sybille Krämer: „Operative Bildlichkeit. Von der

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9

Vgl. „Was die wollen sind Kathedralen zum Nulltarif.

lichen. Zur Kritik der ikonischen Vernunft, Bielefeld

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2009, S. 94–123.

turproduktion - Georg Vrachliotis im Gespräch mit Fabian Scheurer“, in: GAM 06 (Graz Architecture Magazine), Nonstandard Structures, Wien 2010,

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S. 206–216. 10 Tobias Bonwetsch, Fabio Gramazio und Matthias Kohler: „Digitales Handwerk“, in: Ebd., S. 172–179. 11 Fabio Gramazio und Matthias Kohler: „Die digitale Materialität der Architektur“, in: Arch+, Nr.

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Essays und Dokumente. Zürich/Berlin 2004, S. 253–263.

1

Vgl. Timo Elliott: „7 definitions of Big Data you

3

Ebd., S. 258.

should know about“: http://timoelliott.com/

4

Vgl. Daniel Gethmann und Susanne Hauser (Hrsg.):

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2

(IKKM) der Bauhaus Universität Weimar. 5

6

to Urban Design: A guide to participatory approaches around the globe, UN Report 2017

Fabio Gramazio und Matthias Kohler: „Digital Materiality in Architecture: Bridging the Realms of the

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3

Vgl. Orit Halpern: Beautiful Data — A History of Vi-

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Vgl. Lisa Gitelman (ed.): Raw Data is an Qxymoron, MIT Press, Cambridge 2013

5

Vgl. Roberto Simanowski,: Data Love, Berlin 2014

6

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7

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8

Ebenda, S. 3.

9

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10 Ebenda, S. 83.

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