Franchise-Systeme im Dienstleistungssektor [1 ed.] 9783428428281, 9783428028283

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Franchise-Systeme im Dienstleistungssektor [1 ed.]
 9783428428281, 9783428028283

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Betriebswirtschaftliche Schriften Band 63

Franchise-Systeme im Dienstleistungssektor Von

Jürgen Knigge

Duncker & Humblot · Berlin

JÜRGEN

KNIGGE

Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

Betriebswirt schaftliche Heft 63

Schriften

Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

Von

Dr. Jürgen Knigge

DUNCKER&HUMBLOT/BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1973 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1973 bei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 02828 7

Meiner lieben Mutter in herzlicher Dankbarkeit

Vorwort Den Dienstleistungsunternehmen werden große Wachstumschancen prognostiziert. Daneben vermutet man zukünftige Möglichkeiten der Kostensenkung. Beides ergibt sich aus der Schöpfung bisher nicht vorhandener und der Neugestaltung bereits existenter Dienste i n Anpassung an veränderte Nachfragebedingungen, ferner aus der Umstrukturierung und vor allem der Gründung von Systemen des Absatzes und der Produktion von Dienstleistungen. Solche immateriellen Güter werden zunehmend aus der Hand von Anbietern kommen, die i n komplex strukturierten Gefügen organisiert sind. Einerseits hat man diese Systeme i n bezug auf Planung und Kontrolle als zentralisiert , andererseits hinsichtlich der Ausführung der Leistungserstellung und »Verwertung als räumlich, persönlich und sachlich weitgehend dezentralisiert zu bezeichnen. I n diesem Zusammenhang w i r d i n jüngster Zeit — häufig schlagwortartig — von Franchising gesprochen, insbesondere, w e i l es neue Bereiche des tertiären Sektors als Betätigungsfeld für vertikal-kooperativ integrierte und stabilisierte Systeme zu erfassen und zu gestalten geeignet ist. Zur Analyse und Ordnung des genannten Problemkreises sind i n der vorliegenden Arbeit vor allem das typologische Verfahren und die system- und entscheidungsorientierten Sichtweisen gewählt worden. Die nähere Begründung des methodischen Ansatzes erfolgt i n 1.2. Dieses Kapitel dürfte mehr für den wissenschaftlich ausgerichteten Leser von Interesse sein. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Robert Nieschlag , sage ich für seine wertvollen Anregungen sowie für seine fördernde Unterstützung und Betreuung bei dieser Untersuchung herzlichen Dank. Insbesondere haben seine persönlichen Empfehlungen an Betriebe und Institute i n den USA i n entscheidender Weise dazu beigetragen, dort Primär- und Sekundärinformationen als Grundlage dieser Arbeit zu gewinnen. München, i m September 1972 Jürgen Knigge

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

13

Schaubilderverzeichnis

14

1. Grundlagen der Untersuchung

15

11. Problemstellung

15

12. Z u m methodischen Ansatz

20

121. Die Zielsetzung u n d die Betrachtungsweisen

20

122. Die besondere Verwendung u n d Bedeutung v o n Typen u n d starren Begriffen i n der Untersuchung

24

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

29

21. Begriff u n d T y p e n des Franchising u n d der Franchise-Systeme 211. Die Begriffsdefinition

des Franchising

29

212. Mögliche Ansätze zur Typologie des Franchising u n d der Franchise-Systeme 212.1 Institutioneller Ansatz Franchise-Partner

nach der

29

Konstellation

der

212.2 Genetischer Ansatz nach der Lebensphase der triebe bei Einführung des Franchising

Be-

212.3 Funktionaler Ansatz

36 39 42 44

212.31 nach der Leistungssubstanz des FranchiseNehmer-Betriebes gegenüber Verbrauchern u n d Verwendern 44 212.32 nach der Leistungsbereitschaft des FranchiseNehmer-Betriebes gegenüber Verbrauchern u n d Verwendern 45 212.33 nach der Leistungssubstanz des FranchiseGebers gegenüber dem Franchise-Nehmer

46

212.34 nach dem Beitrag des Franchise-Nehmers zum System 50 212.4 Zusammenfassung u n d K o m b i n a t i o n der typologischen Ansätze 52

10

Inhaltsverzeichnis 213. Die Merkmale der Betriebs-Franchise-Systeme Produkt-Franchise-Systeme i m Vergleich

und

der

54

213.1 Vertikal-kooperative Beziehungen u n d Leistungen an Dritte 55 213.2 Schutzrechte u n d Kenntnisse des Franchise-Gebers . .

57

213.3 Betriebswirtschaftlich-organisatorisches Programm u n d Entgelt des Franchise-Gebers 58 213.4 Vertragliche Bindung u n d Selbständigkeit des F r a n chise-Nehmers

61

213.5 Zusammenfassung der typuseigenen Kombination v o n Merkmalsausprägungen des Betriebs-Franchise-Systems

62

22.Abgrenzung der Franchise-Systeme v o n anderen Absatzorganisations-Typen

63

221. Die Stellung des Franchise-Systems i m Rahmen der O r d nungsversuche der absatzwirtschaftlichen L i t e r a t u r

63

221.1 als besonderer Typus der Absatzmethode nach Gutenberg u n d Nieschlag/Dichtl/Hörschgen

64

221.2 als besonderer Organisations-Typus nach Sundhoff

69

der

Absatzkette

221.3 als Ergebnis eines besonderen Typus selektiver Absatzp o l i t i k nach Geist

70

221.4 als besonderer Typus der systemtheoretischer Sicht

71

Absatzorganisation

in

222. Die Unterschiede zwischen Betriebs-Franchise-Systemen u n d ähnlichen Absatzorganisationen 75 222.1 Die Unterschiede zu Filial-Systemen 222.11 Differenzen bei statischer Analyse 222.12 Differenzen bei dynamischer Analyse

75 75 77

222.2 Die Unterschiede zu F r e i w i l l i g e n Gruppen 78 222.21 Differenzen i n den Merkmalen 78 222.22 Annäherung der Freiwilligen Gruppen an den Typus der Betriebs-Franchise-Systeme 83 23. Typologische Analyse der Dienstleistungsbetriebe leistungs-Franchise-Systeme

und

Dienst-

231. Begriff u n d Wesen der Dienstleistung 232. Einordnung der Dienstleistungsbetriebe schaftliche Sektoren-Modell

86 86

i n das

volkswirt-

233. Ansätze zur Typologie der Dienstleistungsbetriebe Dienstleistungs-Franchise-Systeme

und

89 90

233.1 Mögliche typologische Ansätze i m Überblick

90

233.2 K o m b i n a t i o n der typologischen Ansätze

96

233.3 Empirische Typen bedarfsorientierter Franchise-Systeme

97

Dienstleistungs-

Inhaltsverzeichnis 3. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor 100 31. Die Einflußgrößen des Erfolgspotentials auf den Dienstleistungsmärkten 101 311. Gesamtwirtschaftliche leistungssektors

Daten zur Entwicklung des Dienst-

101

312. Bestimmungsfaktoren der Nachfrage von Dienstleistungen . . 106 312.1 Bestimmungsfaktoren der Dienstleistungsnachfrage der privaten Haushalte 106 312.2 Bestimmungsfaktoren der Dienstleistungsnachfrage der Betriebe 113 313. Bestimmungsfaktoren des Angebots v o n Dienstleistungen . . 114 313.1 Fehlendes M a r k e t i n g der Dienstleistungsbetriebe

114

313.2 Beschränkungen des Marktzugangs

116

313.21 Rechtlich-institutionell bedingte Hemmnisse . . 116 313.22 Faktisch bedingte Hemmnisse

118

313.3 Sonstige Angebotsbedingungen von Dienstleistungen . . 120 32. Die Einflußgrößen des Erfolgspotentials der Betriebs-FranchiseSysteme 122 321. Allgemeine Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotentials des Betriebs-Franchising 123 321.1 Ziele u n d Nebenbedingungen der Franchise-Geber

123

321.2 Vorteile u n d Nachteile f ü r die Franchise-Nehmer

127

321.3 Bestimmungsfaktoren f ü r bestimmte Typen des B e triebs-Franchising i n der B R D 130 321.31 Direktes, Einzel- u n d Kleinbetriebs-Franchising 131 321.32 Indirektes, Gebiets- u n d Großbetriebs-Franchising 135 322. Besondere Bestimmungsfaktoren des unternehmensspezifischen Erfolgspotentials der Betriebs-Franchise-Systeme v e r schiedener System-Gründer 136 322.1 Vorbemerkung zur unternehmensspezifischen Analyse des Erfolgspotentials 136 322.2 Die verschiedenen Bestimmungsfaktoren bei den einzelnen System-Gründer-Typen 139 322.21 Einzelunternehmer

139

322.22 Filialunternehmen des Dienstleistungssektors . . 140 322.23 Großhandelsunternehmen

141

322.24 Diversifizierende Unternehmen

144

322.25 Branchen- u n d Franchise-Experten

149

12

Inhaltsverzeichnis 322.26 International unternehmen

franchisierende

Dienstleistungs-

149

322.3 Die W a h l der Planungsträger f ü r den System-Aufbau als spezifischer Bestimmungsfaktor des Erfolgspotentials 150 322.31 Unternehmensexterne Planungsträger 322.311 Vorteile u n d Anforderungen 322.312 Planungsobjekte u n d Kosten

151 151 155

322.32 Unternehmensinterne Planungsträger 322.321 Vorteile 322.322 Anforderungen u n d Methoden

160 160 162

4. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

167

Literaturverzeichnis

171

Abkürzungsverzeichnis BddW BfG BFuP FAZ FfH GfK HB HBR HdB HdO HdSW LZ SZ ZfB ZfbF ZfO

Blick durch die Wirtschaft Blätter f ü r Genossenschaftswesen = Betriebswirtschaftliche Forschung u n d Praxis Frankfurter Allgemeine Zeitung = Forschungsstelle für den Handel = Gesellschaft f ü r Konsum-, M a r k t - u n d Absatzforschung Handelsblatt = H a r v a r d Business Review β Handwörterbuch der Betriebswirtschaft = Handwörterbuch der Organisation = Handwörterbuch der Sozialwissenschaften « Lebensmittel-Zeitung = Süddeutsche Zeitung = Zeitschrift f ü r Betriebswirtschaft = Zeitschrift f ü r betriebswirtschaftliche Forschung = Zeitschrift für Organisation =

=

Schaubilderverzeichnis Schaubild Schaubild Schaubild Schaubild Schaubild

1: 2: 3: 4: 5:

Schaubild 6:

Schaubild 7: Schaubild 8: Schaubild 9:

Objektsysteme u n d Aussagensysteme. Typen des Franchising. Sektorale A u f t e i l u n g der Volkswirtschaft. Typen der Dienstleistungen. Betriebs-Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor — E m pirische Typen bedarfsorientierter Dienstleistungsbetriebe. Prozentuale Anteile der Wirtschaftsbereiche a m B r u t t o i n landsprodukt der E W G - L ä n d e r i n den Jahren 1960 u n d 1969. Sektorale E n t w i c k l u n g von Produktion u n d Verbrauch pro K o p f der Bevölkerung. Sektorale E n t w i c k l u n g der Beschäftigtenstruktur. Ablaufmodell der Franchise-System-Entwicklung m i t externen Planungsträgern.

1. Grundlagen der Untersuchung 11. Problemstellung

Vereinfachend ausgedrückt, beruht die Zunahme der tertiären Nachfrage 1 auf zwei Tatsachen: Zum einen wächst bei steigendem Lebensstandard das Verlangen nach kommerziellen Dienstleistungen. Zum anderen erfordert die Verwirklichung des technischen Fortschritts eine große Vermehrung der intellektuellen, administrativen Tätigkeiten 2 . Dabei ergibt sich für die privatwirtschaftlichen Dienstleistungsunternehmen u. a. die Aufgabe, die „Schere" zwischen dem „unersättlichen Verlangen nach Tertiärem" 3 und der bisher tendenziell kaum zunehmenden Arbeitsproduktivität i n diesem Bereich, wenn schon nicht zu schließen, sie dann zumindest nicht zu weit aufreißen zu lassen. Diese Aufgabe ist zu lösen, indem einerseits durch Einsatz von Kreativität qualitativ nachfrageentsprechende Dienstleistungsofferten geschaffen und andererseits durch Anwendung von technischem Fortschritt und organisatorischem Know-How sowie daraus resultierender Effizienzsteigerung mengenmäßig und preislich bedarfsbefriedigende Angebotskonditionen gemacht werden. Die einzelwirtschaftliche Chance eröffnet sich hier aus der gewinnbringenden Teilnahme an den wachsenden und sich i m Wandel befindlichen Handels- und übrigen Dienstleistungsmärkten. A u f dem Wege zu diesen Lösungen steigt die Tendenz zur Integration von Teilsystemen der Versorgung, zur Betrachtung und zur Steuerung sämtlicher Bereiche und der zahlreichen Funktionsabläufe i n einer globalen ganzheitlichen Systematik 4 . Die Gründe und Möglichkeiten dazu lassen sich i m gewandelten absatzwirtschaftlichen K l i m a m i t einer oftmals angespannten Kostensituation finden, ebenso aber i n der durch die EDV erleichterten gezielten Anwendung analytischer Techniken und Methoden sowie i m nach vorne drängenden kybernetischen 1

Tertiäre Nachfrage bedeutet die Nachfrage nach Dienstleistungen. 2 Vgl. Fourastié, J., Die große Hoffnung des zwanzigsten Jahrhunderts, 2. Aufl., K ö l n 1969, S. 126 f. » Ebd., S. 244 f. 4 Siehe zu diesem Problemkreis die Broschüre der G f K : Versorgungssysteme i m Umbruch — Strukturwandlungen u n d Funktionsverlagerungen, i n : G f K Sonderdienst, 6. Doppelheft, J u n i 1970, S. 217—258 (Zitierweise: Versorgungssysteme).

16

1. Grundlagen der Untersuchung

Gedankengut. Die Begleiterscheinungen der aus diesem Umbruch resultierenden Struktur Wandlungen und Funktionsverlagerungen in und zwischen den verschiedenen Wirtschaftssektoren und Stufen der Absatzkette sind zahlreich. Sie zeigen sich i m Zwang zur Kapazitätsausnutzung und Deckung der fixen Kosten, i n Teilübergriffen auf bzw. i n völliger Absorption von Funktionen der einen Stufe durch andere Stufen sowie i n der unterschiedlichen Deutung der Aufgabenstellung und Bedeutung der einzelnen Stufe. „ A l l diesen Hintergründen für den erwähnten Umbruch liegt ein Zentralproblem zugrunde, das dem Funktionieren derartiger Systeme inhärent ist, nämlich die prinzipielle Interdependenz sämtlicher Subsysteme bzw. Systemstufen, die scheinbar oder nominell unabhängig voneinander sind 5 ." Die zu einem festen Gebilde vertikaler MarketingSysteme zusammenzufügenden Betriebe erfordern eine ganzheitliche Steuerung von Menschen, Informationen, Gütern und Geldmitteln. Dabei werden die einzelnen Funktionen jeweils dem Glied oder der Stufe des Systems m i t den besten Voraussetzungen für die optimal wirtschaftliche Ausübung übertragen. Neben den unternehmensbezogenen Systemen sind es vor allem die vertragsbezogenen Verbundformen, die insbesondere als Franchise-Organisationen über zielsichere vertikale Konzeption und Programmierung einem totalen Svstem-Management sehr nahekommen 6 . Früher standen i m Mittelpunkt dieser Form von vertikalen Marketing-Systemen meist Sortimente oder bestimmte Warengruppen, seltener aber ganze Betriebe. Heute und i n naher Zukunft verstärkt sich jedoch die Tendenz zu einer erschöpfenden Erfassung und Verlagerung zahlreicher betrieblicher Funktionen innerhalb von Handels- und anderen Dienstleistungssystemen. I m folgenden gilt es, die Themenstellung der vorliegenden Untersuchung weiter einzukreisen und zu begründen. Zu diesem Zweck soll ein knapper Abriß des Wesentlichen aus Geschichte und gegenwärtiger Bedeutung der Entwicklung des Franchising und der Franchise-Systeme skizziert sein. Als erste Formen des Franchising werden von einigen amerikanischen Autoren die „wagon peddlers" aus der Mitte des 19. Jahrhunderts oder gar schon die von Kirche, König oder Staat an bedeutsame Persönlichkeiten verliehenen Privilegien i m Mittelalter identifiziert. Hingegen gehen alle Franchise-Literaten und -Praktiker darin einig, daß ab 1898 i n etwa zeitlicher Reihenfolge die Automobil-Händlerschaften, die Tankstellen-Systeme, die Drugstore-Ketten, die KleinkaufhausOrganisationen und die Autozubehör-Läden sowie die „voluntary ß G f K : Versorgungssysteme, a.a.O., S. 229. β Vgl. ebd., S. 254.

11. Problemstellung

17

chains" des Lebensmittelhandels als die ersten amerikanischen landesweit etablierten Franchise-Systeme errichtet wurden 7 . Aber erst nach dem zweiten Weltkrieg „ . . . a great proliferation of new products and services was effected to a great extent by franchising" 8 . I m Handelsund übrigen Dienstleistungsbereich geschah dies i n den 50er und 60er Jahren i n besonderem Maße bei den verschiedenen Gastronomie-Formen, den Motels, Auto-Services, Trockenreinigungen, Vermietungsschäften und Bequemlichkeitsläden des Lebensmittelhandels. Sie ließen den Franchise-Boom i n den USA hochschnellen 9 . Heute erfaßt die Franchise-Methode auch solche Handels- und Dienstleistungszweige, die man bisher entweder überhaupt noch nicht kannte, oder die man für nicht franchisierbar gehalten hatte 1 0 . Neben dem Einfluß der gesamt- und einzelwirtschaftlichen Vorteile konnte es allerdings nur bei der begünstigenden Umweltkonstellation zu der rasanten Ausbreitung des Franchising kommen. Huff nennt fünf Hauptfaktoren: das gewaltige Anwachsen der Zahl und Verschiedenheit hergestellter Güter, der kontinuierliche Trend zur Urbanisation, das Steigen der disponiblen Einkommen, die Zunahme des Kraftfahrzeugbestandes sowie die Entwicklung und Verfügbarkeit von Computern 1 1 . Zur Beurteilung des Franchising sollen primär die amerikanischen Verhältnisse verdeutlicht werden. Denn einmal liegen für die Bundesrepublik Deutschland und die übrigen europäischen Länder keine repräsentativen zahlenmäßigen oder qualitativen Untersuchungsergebnisse über die Verbreitung und Bedeutung der Franchise-Methode vor. Zum anderen ist dies angeraten wegen des leicht wahrnehmbaren Vorsprungs der USA i n der Entwicklung tertiärer Leistungen sowie von 7 Vgl. zur Geschichte des Franchising u. a. Kursh, H., The Franchise Boom, New Revised Edition, Second Printing, Englewood Cliffs, Ν . J. 1969 (Zitierweise: 1969); Henderson , E., Franchising Yesterday, i n : Franchising Today 1966—1967: Report of the Second A n n u a l Management Conference on Franchising, New York, Ν . Y. 1967, S. 239 ff. (Zitierweise: Franchising Today 1966/67); Curry , J. A. H., u n d andere, Partners for Profit, A Study of Franchising, Second Printing, New Y o r k 1966, S. 13 ff.; Lewis , E . H . u n d Hancock, R. S., The Franchise-System of Distribution, Washington 1963, S. 10 ff.; Atkinson , J. F., Franchising: The Odds-on Favorite, Hrsg.: International Franchise Association, Chicago, 111., 1968, S. 1 ff. 8 Rothenberg, A . M . , A Fresh Look at Franchising, i n : Journal of M a r k e t ing, Vol.31, J u l y 1967, S. 53; vgl. auch die unter Fußnote 7 genannten Autoren sowie G f K : Franchising-Boom i m Kommen, i n : GfK-Sonderdienst, 4. Doppelheft A p r i l 1970, S. 135 f. (Zitierweise: Franchising-Boom). 9 Vgl. Atkinson , J. F., a.a.O., S. 3. 10 Vgl. Oxenfeldt, A . R. u n d Thompson, D.D., Franchising i n Perspektive, i n : Special Issue on Franchising, S. 3 ff. Special Issue Editor: Oxenfeldt, A. R., i n : Journal of Retailing, Volume 44, Number 4, W i n t e r 1968/69, S. 3—13 (Zitierweise: Special Issue on Franchising). 11 Vgl. Huff, D. L., G r o w t h Prospects of Franchising, i n : Modern F r a n chising, January-February 1961, S. 9.

2 Knigge

18

1. Grundlagen der Untersuchung

v i e l f ä l t i g e n , o f t „coast-to-coast" e t a b l i e r t e n Franchise-Systemen. b e g r ü n d e t die Bedeutung des Franchising aus u n t e r s c h i e d l i c h e r

Curry Sicht:

(1) V e r k ö r p e r u n g des a m e r i k a n i s c h e n Wesens i m F r a n c h i s i n g , (2) K o m b i n a t i o n der V o r t e i l e g r o ß - u n d k l e i n b e t r i e b l i c h e r O p e r a t i o n e n , (3) g ü n s t i g e G e l e g e n h e i t f ü r M i n o r i t ä t e n u n d Menschen m i t b e g r e n z t e n M i t t e l n u n d Fähigkeiten, (4) d u r c h das F r a n c h i s i n g e r h ö h t e r W e t t b e w e r b u n d (5) V e r s o r g u n g der K o n s u m e n t e n d u r c h eine v e r b r e i t e r t e von Waren u n d Dienstleistungen12.

Distribution

M i t d e m S c h l a g w o r t „franchise-industry " w i r d z u m A u s d r u c k gebracht. daß i m J a h r e 1971 ca. 125 M i l l i a r d e n U S - D o l l a r Jahresumsatz, e t w a 12 °/o des B r u t t o s o z i a l p r o d u k t e s oder e t w a 25—30 °/o des gesamt e n H a n d e l s - u n d Dienstleistungsgeschäftes der U S A , ü b e r FranchiseSysteme g e t ä t i g t w u r d e n . D i e G e s a m t h e i t dieser O r g a n i s a t i o n e n setzt sich aus 1 200 F r a n c h i s e - G e b e r n u n d 600 000 F r a n c h i s e - N e h m e r n z u s a m m e n , w o b e i die Z a h l der l e t z t e r e n u m ca. 40 000 j ä h r l i c h w ä c h s t 1 3 . B e g i b t m a n sich, geleitet v o n der R e l e v a n z dieser „ I n d u s t r i e " , a u f die Suche nach V e r ö f f e n t l i c h u n g e n ü b e r das F r a n c h i s i n g , so w i r d m a n v o r eine fast u n ü b e r s c h a u b a r e A n z a h l v o r w i e g e n d amerikanischer Literatur gestellt. Sie w e i s t i m A u s m a ß der Thematik eine S t r e u u n g v o n e n g bis b r e i t u n d v o n flach bis t i e f a u f 1 4 . " A w e a l t h of p r i n t e d m a t t e r 12 v g l . Curry, J. Α. Η . u n d andere, a.a.O., S. 13 u n d S. 92 f.; Bond, R. J., Franchise Statistics: Their Uses and Abuses, i n : Franchising Today 1969, Report on the F o u r t h International Management Conference on Franchising, edited by Vaughn, Ch.D., Lynbrook, Ν . Y. 1969, S. 45 f. (Zitierweise: F r a n chising Today 1969); Tietz, B., Franchising — E i n weiterer Schritt zur kontraktorientierten Marktwirtschaft, I. T e i l : Typologie u n d Bedeutung des Franchising, i n : BfG, Heft 12, 1969, S. 199 f. (Zitierweise: Typologie des Franchising). 13 Die Zahlenangaben i n der amerikanischen L i t e r a t u r u n d Praxis variieren recht stark wegen unvermeidlicher Schätzungsfehler, differenzierender E r fassungszeiten u n d vor allem abweichender Zurechnungskriterien. Vgl. u. a. Oxenfeldt, A. R. u n d Thompson, D. D., a.a.O., S. 4; Atkinson , J. F., a.a.O., S. 5 f ; Bond, R. J., a.a.O., S. 45. Neueste geschätzte Angaben w u r d e n von D. Shulman i n seinem Vortrag „ A General Appraisal of American Franchising" am 23.10.1971 auf dem International Francise Congress, Rüschlikon—Zürich, 23.-25.10.1971, gemacht. 14 Umfassende Abhandlungen w i e Kursh' tyFranchise-Boom u oder Sammelbände w i e „Franchising-Today" (Hrsg. Charles D. Vaughn) sind aus der Praxis für die Praxis geschrieben worden, oft i n F o r m von Case Studies u n d Berichten gehalten. Z u diesen für die Wirtschaftsrealität interessanten und anregenden Büchern gehört auch Seltz' „ H o w to Get Started i n Y o u r O w n Franchised Business" sowie vor allem die auf der Schwelle von Journalistik und Wissenschaft stehende Veröffentlichung von Gross/Skaupy „Das Franchise System". A u f der anderen Seite sind die mehr wissenschaftlich orientierten Publikationen speziell beauftragte Studien, M B A - T h e s e n oder längere A r t i k e l wie die Veröffentlichungen von Curry, Lewis/Hancock oder Oxenfeldt. Entweder stellen sie einen übergeordneten „approach" oder einen funktionalen Teilaspekt i n den Vordergrund.

11. Problemstellung

19

. . . describing virtually every facet of franchising 15 ." Diese Feststellung trifft besonders zu für die Fülle inhaltlich-materialer Erörterungen über die einzelnen Instrumente der Leistungssubstanz des Franchise-Gebers und über die Zielkonflikte und die Führung durch Motivation und Kontrolle. Ebenso vielfältig sind auch die Publikationen zur Rekrutierung und Selektion von Franchise-Gebern und -Nehmern sowie zur Ausgestaltung und rechtlichen Problematik der Franchise-Verträge 16 . Vom methodologisch-formalen Aspekt her liegen lediglich Abhandlungen vor, die als journalistische Berichte, Fallstudien, rezeptförmignormative Empfehlungen und juristische Gutachten zu charakterisieren sind 1 7 . Jedoch stößt man bei der Durchsicht der bisherigen Publikationen über das Franchising auf den offenkundigen Mangel betriebswirtschaftlich-theoretischer Durchdringung dieses Objektbereiches. Besonders auffallend ist das Fehlen methodischer Systematisierungsversuche i n begriffslogischer, typologischer sowie i n system- und entscheidungstheoretischer Hinsicht. So bestehen bislang noch Lücken i n der Definition des Allgemein-Begriffes oder General-Typus „Franchising" bzw. „Franchise-System". I n gleichem Maße gilt dies auch für die klassifikatorische und typologische Erfassung, Einordnung und Abgrenzung der verschiedenen Arten des Franchising und der Franchise-Organisationen untereinander sowie i m Zusammenhang mit ähnlichen Absatzsystemen. Ferner steht noch eine umfassende, formal-logische Auseinandersetzung mit den für Franchise-Systeme gegenwärtig und zukünftig is Atkinson , J. F., a.a.O., S. 35. Dies geht i n d i r e k t auch aus den Anhängen der Sammelbände „Franchising Today" der Jahrgänge 1967/1968, 1969 u n d 1970 hervor, i n denen die w o h l umfangreichste, „Franchising Bibliography" von D. N. Thompson i n dreiteiliger Folge abgedruckt ist. 16 Z u den Zielkonflikten u n d der Führung durch M o t i v a t i o n u n d Kontrolle vgl. besonders Curry, J.A.K, u n d andere, a.a.O.; ferner Lewis, E . H . u n d Hancock, R. S., a.a.O. A u f Rekrutierung u n d Selektion beim Franchising geht schwerpunktmäßig Seltz ein; vgl. Seltz, D.D., H o w to Get Started i n Your O w n Franchised Business: Shortcut to Profit and Independence, New Y o r k 1967 (Zitierweise: Get Started). Weiterhin: Gross, H. u. Levy, R. S., A Guide to Franchise Investigation and Contract Negotiation, New York, Ν. Y., 1967. Vertragsprobleme behandelt u. a. Skaupy i n dem ersten deutschen Franchise-Buch : Gross, Η . u n d Skaupy, W., Das Franchise-System, Neue Vertriebswege f ü r Waren u n d Dienste, 2. Aufl., Düsseldorf—Wien 1970, S. 187—247. " Diese Publikationen sind f ü r die Wirtschaftspraxis nicht unwichtig. Sie bieten sogar, w e n n auch nicht ohne Transformation, reiche Literaturquellen empirischer Tatbestände. Vgl. u.a. Kursh, H., The Franchise Boom, Englewood Cliffs, N.J., 1962 u n d New Revised Edition, Second Printing, 1969 (Zitierweise: 1962 oder 1969); Vaughn, Ch.D. (Hrsg.), Franchising Today 1966—67, 1967—68, 1969, 1970, Reports of The A n n u a l Management Conferences on Franchising at Boston College; Seltz, D.D., Get Started, a.a.O. Siehe auch die weitere i m Quellenverzeichnis aufgeführte Literatur. 2*

20

1. Grundlagen der Untersuchung

sehr bedeutungsvollen Dienstleistungsbetrieben aus, m i t deren allgemeinen Entwicklungsdeterminanten und speziellen Franchislerungsmöglichkeiten, vor allem auch bezogen auf deutsche Verhältnisse. Schließlich bleibt das gänzliche Fehlen einer typologischen und entscheidungstheoretischen Behandlung der verschiedenen Gründer- und Planungsträgerarten solcher Franchise-Systeme festzustellen. Die diversen speziellen Ziele, Umweltkonstellationen und Strategiealternativen zu durchleuchten scheint auch insofern von besonderem Interesse, als von einer Vielzahl von Wirtschaftspraktikern und Absatzwissenschaftlern eine Gründungswelle oder gar ein Franchise-Boom im Dienstleistungssektor der BRD und anderer europäischer Länder vorausgesagt wird.

12. Z u m methodischen Ansatz 1

121. Die Zielsetzung und die Betrachtungsweisen

A u f diese „Nischen" i n der Franchise-Literatur ist i n der vorliegenden Arbeit die Auswahl der Probleme, der geeigneten Methoden sowie der zu verfolgenden Ziele gerichtet. Dieser Fragenkreis kann nach Wunderer als Inhalt des betriebswirtschaftlichen Methodenproblems mit vier Kriterien umrissen werden 2 : (1) Erfahrungsobjekt der Untersuchung, (2) Erkenntnisobjekt 3 der Arbeit, (3) Auswahlprinzip, Erkenntnisziel oder Inhalt und Umfang der Betrachtungsweise des Verfassers, (4) Erkenntniswert der Aussage. Das reale Erfahrung sobjekt dieser Untersuchung sind die FranchiseSysteme i m Dienstleistungssektor. Hingegen stellen einerseits die typo1 Dieses K a p i t e l m i t den Abschnitten 121. u n d 122. k a n n v o m rein praktisch orientierten Leser übersprungen werden, ohne daß das Verständnis des weiteren Textes beeinträchtigt w i r d . 2 Vgl. Wunderer, R., Systembildende Betrachtungsweisen der Betriebswirtschaftslehre u n d i h r Einfluß auf die Darstellung des Unternehmers, B e r l i n 1967, S. 18 f. 3 Z u r Abgrenzung u n d E r k l ä r u n g des Inhalts von Erkenntnisobjekten vgl. auch Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., Marketing, E i n entscheidungstheoretischer Ansatz, Vierte neubearb. u n d erw. Auflage der Einführung i n die Lehre von der Absatzwirtschaft, B e r l i n 1971, S. 1 f.; Heinen, E., E i n f ü h rung i n die Betriebswirtschaftslehre, Wiesbaden 1968, S. 23 f. (Zitierweise: Einführung); Kosiol, E., Szyperski, N. u n d Chmielewicz, K., Z u m Standort der Systemforschung i m Rahmen der Wissenschaften, i n : ZfbF, 17. Jg. (1965), S. 338.

12. Z u m methodischen Ansatz

21

logischen und andererseits die an Entwicklungs- und Entscheidungsdeterminanten orientierten Zusammenhänge der Franchise-Systeme, Dienstleistungen und Entscheidungssubjekte die beiden Teil-Erkenntnisobjekte der vorliegenden Arbeit dar. Es wurde also eine gewisse Zweiteilung gewählt, wobei zu bemerken ist, daß der typologische Teil der Darstellung u. a. die Voraussetzung für das Verständnis des zweiten Teils bildet. Aus der Inhaltsbestimmung des Erfahrungs- und Erkenntnisobjektes folgt notwendigerweise die Anwendung einer Vielzahl von charakteristischen Auswahlprinzipien oder Betrachtungsweisen formaler und materieller A r t (Methodenpluralismus). I n Anlehnung an Nieschlag/ Dichtl/Hörschgen und somit an die Lehre vom Marketing als einer organischen Synthese aus funktionalem, institutionellem und warenkundlichem Ansatz läßt sich ein wichtiger Teil des methodischen Vorgehens beschreiben. Diese Autoren betonen das Vorherrschen des entscheidungstheoretischen Ansatzes i m funktionalen Bereich des Marketing, wobei der Mensch von zentraler Bedeutung ist 4 . I n wirtschaftsordnendem Ansatz 5 werden der tertiäre Sektor i n seiner Gesamtheit und die privatwirtschaftlichen Handels- und anderen Dienstleistungsbetriebe als Glieder oder Stufen betrachtet. Dies stimmt in grober Form mit der institutionellen Betrachtungsweise von Nieschlag/Dichtl/Hörschgen überein. Der warenkundliche Aspekt besitzt explizit starkes Gewicht i n der gesamten Untersuchung, vor allem aber bei der Klassifikation der Betriebs-Franchise-Systeme und der Dienstleistungsbetriebe, sind doch die Dienstleistungen eine spezifische A r t von Gütern. Die System-Gründer und Planungsträger eines BetriebsFranchise-Systems werden i n entscheidungstheoretischer Sicht untersucht. Hingegen sei besonders darauf hingewiesen, daß die bedeutende rechtliche Seite des Franchising nur i n dem Umfang Berücksichtigung findet, wie es das gewählte Erfahrungs- und Erkenntnisobjekt aus der Sicht des Betriebswirtschaftlers unbedingt notwendig macht. Spezielle privat- und wettbewerbsrechtliche Untersuchungen dürfen zweckmäßigerweise als Anliegen und Aufgabe von Juristen verstanden werden. Die Erklärungsfunktion 6 dieser Arbeit besteht darin, Zusammenhänge aufzuzeigen und ein Instrumentarium zu entwickeln zur theo4 Vgl. die Ausführungen i m Abschnitt „Die einzelwirtschaftliche Veranker u n g der Marketing-Lehre" bei Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 23 ff. 5 Vgl. Wunderer, R., a.a.O., S. 34 f. β Vgl. Wunderer, R., a.a.O., S. 34; Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 28 f.; Heinen, E. Einführung, a.a.O., S. 23 und S. 24.

22

1. Grundlagen der Untersuchung

retischen Durchdringung des Franchising i m Dienstleistungssektor, seines Wesens und der in ihm wirksam werdenden Ursache — W i r kungsbeziehungen. Ferner gelangt die syntaktische Ebene der Untersuchung 7 u. a. durch einen Aufbau zum Ausdruck, der an einer systematischen Analyse der Entwicklungs- und Entscheidungsdeterminanten des Erfolgspotentials von Betriebs-Franchise-Systemen orientiert ist. Die Dimension der Semantik w i r d durch die Begriffsdefinition und Wesensbestimmung des Franchising und der Dienstleistung, durch ihre Typologie und A b grenzung sowie durch den praktischen Bezug des Aussagensystems über die Betriebs-Franchise-Systeme auf die Wirklichkeit angestrebt. I n pragmatischer Richtung verfolgt diese Arbeit primär den Zweck, der Praxis ein theoretisches Bezugssystem zum Verständnis von Betriebs-Franchise-Systemen i m tertiären Bereich an Hand zu geben 8 . Neben den bereits angeführten Merkmalen dieser Arbeit bleiben noch drei weitere „wissenschaftsstrategische" Kennzeichen zu ergänzen, und zwar die bewußte Abstraktion, die ausschließlich verbale Sprachform und das Sowohl-als-auch der empirisch-induktiven und der deduktiv-logischen Methode 9 . Es erscheint vorteilhaft, vor allem auch systemtheoretische Überlegungen i n Ansatz zu bringen, handelt es sich doch bei dieser Untersuchung u m Aussagensysteme über die realen Teil-Erfahrungsobjekte (Objektsysteme) der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor. Der geschichtliche Ursprung der Allgemeinen Systemtheorie 10 entstammt den Denkansätzen der Ganzheitslehre und der organismischen 7

Bei der obigen Diskussion über Betrachtungsweisen, Ansätze etc. handelt es sich bereits u m syntaktische Fragen. 8 Vgl. Heinen, E., Einführung, a.a.O., S. 14. 9 Die empirisch-induktive Methode gelangt i m wesentlichen bei folgenden Unter-Themen zum Einsatz: tertiärer Sektor, Handel, Dienstleistungen, Franchising, Betriebs-Franchise-Systeme, Träger des System-Aufbaus u n d i n allen übrigen Bereichen des Themas, soweit sekundäre und primäre Forschungen übereinstimmende Aussagen ergeben, die sich m i t hohem Sicherheitsgrad verallgemeinern lassen. Der Verfasser w a r bemüht, die umfangreiche einschlägige Franchise-Literatur, die i m Anhang aufgeführt ist, zu durchforschen. Miteinander verknüpfte Primäru n d SekundärForschung konnte der A u t o r i n Deutschland u n d vor allem i n den U S A bei Franchise-Systemen, Franchise-Consultants sowie bei Universitäts-Instituten u n d Verbänden anstellen. Deduktiv-logisch wurde i n solchen Fällen vorgegangen, wo aus sicheren Urteilen über allgemeine Tatbestände auf die besonderen der FranchiseSysteme i m tertiären Sektor Schlußfolgerungen gezogen werden konnten. Das ist zum Beispiel zutreffend f ü r die Aussagen über System, Organisation, Typologie, Entscheidungen, Diversifikation. 10 Begründer der Allgemeinen Systemtheorie w a r der österreichische Biologe Ludwig von Bertalanffy, dessen Konzept i m wesentlichen als G r u n d lage für andere Autoren w i e Boulding, Ashby, Ackoff u n d Mesarovic dient.

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12. Z u m methodischen Ansatz

A u f f a s s u n g der B i o l o g i e . Das G e m e i n s a m e a l l e r Versuche g a n z h e i t l i c h e r B e t r a c h t u n g s w e i s e l i e g t d a r i n , daß die G e b i l d e i n i h r e m u r sprünglich unversehrten strukturellen Zusammenhang betrachtet w e r den. C h a r a k t e r i s t i s c h f ü r diese Sicht ist die F e s t s t e l l u n g , daß das Ganze mehr ist als die S u m m e seiner T e i l e . Dies g i b t Bertalanffy Veranlassung, den Begriff „Ganzheit" durch d e n S y s t e m b e g r i f f zu ersetzen u n d diesen als e i n e n K o m p l e x v o n u n t e r e i n a n d e r i n W e c h s e l w i r k u n g stehenden E l e m e n t e n zu d e f i n i e r e n 1 1 . D a b e i k ö n n t e m a n nach Νieschlag/Dichtl/Hörschgen u n t e r der S t r u k t u r ζ. B . eines Franchise-Systems die G e s a m t h e i t der B e z i e h u n g e n v e r stehen, u n d z w a r als , , . . . das Gefüge, (den) A u f b a u eines z u s a m m e n gesetzten Gebildes nach einer l e i t e n d e n Idee oder auf G r u n d eines beherrschenden F a k t o r s , i m d y n a m i s c h e n S i n n eines Gebildes, i n n e r -

Schaubild

1: Objektsysteme u n d Aussagensysteme

A. Objektsysteme Franchise-Systeme Produkt-Franchise-Systeme Sortiments- u n d DienstleistungsFranchise-Systeme Betriebs-Franchise-Systeme

B. Nicht-wiss. Auss.-Systeme

C. Wiss. Auss.Systeme

Statistika Berichte der Marketing-Forschung über U m welt

Hypothesen u n d Modelle

Marketing-Plan Package-Plan Filial-Systeme u. Freiwillige Gruppen Netzplan f. A u f Dienstleistungssektor gaben, Ablauf, Dienstleistungsbetriebe Kosten u. Zeit. d. Systeme strukturbildender u n d Gründung eines -verändernder Einflußfaktoren Franchise-Systems U m w e l t d. Dienstleistungsbetriebe, Kontrollberichte der Franchise-Betriebe u. der System-Gründer Absatzorganisationen

sowie Begriffssysteme u. Typologien w i s senschaftl. A r t über A. ObjektSysteme, hier jedoch nicht über B. Nicht-wiss. Auss. Systeme

Betriebe der System-Gründer Interne u. externe Systeme der System-Gründer-Betriebe

Vgl. Bertalanffy, L . v., General Systems Theory, Foundations, Development, Applications, New Y o r k 1968, S. 19 ff. u n d S. 90 ff.; vgl. ferner Grochla, E., Systemtheorie u n d Organisationstheorie, i n : ZfB, 40. Jg., 1970, Nr. 1, S. 3. 11 Vgl. Bertalanffy, L . v., Das biologische Weltbild, Bd. I : Die Stellung des Lebens i n N a t u r u n d Wissenschaft, Bern 1949, S. 24.

24

1. Grundlagen der Untersuchung

halb dessen die Vorgänge aufeinander abgestimmt sind und die Teile ihre besondere Aufgabe für das Ganze haben" 1 2 . Jeweils nach bestimmten Kriterien lassen sich Systeme klassifizieren. Bei einer formalen Betrachtung kann z. B. jedes kleinere eingeschlossene System mit einer geringeren Anzahl von Elementen als Subsystem oder Teilsystem, jedes umgebende System als Supersystem oder Umgebungssystem bezeichnet werden 1 3 , so z. B. der Dienstleistungssektor für den Dienstleistungsbetrieb, die Umwelt der Betriebs-FranchiseSysteme und ihrer Gründer oder die Gesamtheit der Franchise-Organisation für den einzelnen Franchise-Nehmer bzw. dessen Betrieb. Systeme lassen sich grundsätzlich auch in zwei andere Klassen unterscheiden: (1) reale, materielle, dynamische Objektsysteme

als Organisationen,

(2) abstrakte, logische, statische Aussagensysteme als Modelle oder Theorien über die Objektsysteme 14 . M i t Kosiol sollen hier die Aussagensysteme weiterhin noch i n wissenschaftliche und nicht-wissenschaftliche Systeme eingeteilt werden. Die Anwendung der Klassifikation Objekt-Systeme/Aussagen-Systeme auf die vorliegende Untersuchung führt zu beispielsweisen Ergebnissen, dargestellt i n Schaubild 1. Es sei hervorgehoben, daß hier keine ausführlichen theoretischen Erörterungen über die i m Schaubild unter Spalte Β aufgeführten nicht-wissenschaftlichen Aussagensysteme angestellt werden sollen. Hingegen ist es möglich, die i n dieser Untersuchung zu machenden Aussagen als Anregung und Ausgangspunkt für den Inhalt von Plänen und Berichten für Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor aufzufassen.

122. Die besondere Verwendung und Bedeutung von Typen und starren Begriffen in der Untersuchung

Die Bedeutung der begrifflichen und typologischen Erörterung über die „Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor" i n dieser Arbeit legt es nahe, sich die formalen Kennzeichen sowie die Anwendungsfähigkeit von Typen und starren Begriffen zu vergegenwärtigen. M i t Tietz lassen sich die formalen Merkmale ζ. B. der Typen des Franchising, der Absatzorganisationen, der Dienstleistungsbetriebe oder System-Gründer wie folgt zusammenfassen: 12 Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 71. is Vgl. Kosiol, E., Szyperski, N. u n d Chmielewicz, K., a.a.O., S. 339. 14 Vgl. Grochla, E., Systemtheorie u n d Organisationstheorie, a.a.O., S. 7; Kosiol, E., Szyperski, N. u n d Chmielewicz, K., a.a.O., S. 340 ff.

12. Z u m methodischen Ansatz

25

(1) Die abstufbaren Begriffe oder Typen dienen wie die starren Begriffe als logische Hilfsmittel zur Erfassung der Gegenstände dieser Arbeit. (2) Die logische Struktur der Typen unterscheidet sich von der starrer Begriffe hinsichtlich einiger eindeutig festgelegter Eigenschaften. (3) Typen und starre Begriffe bestehen aus ein oder mehreren Eigenschaften (Kriterien, Merkmale). (4) Die Merkmale der einzelnen Typen sind i n ihrer Ausprägung nicht unveränderlich starr, sondern variabel oder abstufbar. (5) Die Typen werden nach Variationen i n den Merkmalen oder bei identischen Merkmalen nach ihren Abstufungen voneinander unterschieden. Zwischen Typen können sich fließende Ubergänge entwickeln. (6) Bei den Typen können die Relationen der Merkmalsausprägungen zueinander Differenzen aufweisen 15 . Definition und Klassifikation der starren Begriffe einerseits und Definition und Bildung von Typen als abstufbare Begriffe andererseits sind auch i n dieser Arbeit die Voraussetzungen für ihre Verwendung. Die Definition besteht i n der präzisen Bestimmung des Begriffsinhaltes oder der Begriffsintension z. B. des Franchising oder der Dienstleistung, also in der Zusammenstellung der i m Begriff enthaltenen Merkmale, die angeben, ob ein Gegenstand durch den Begriff erfaßt werden kann 1 6 . Die Klassifikation oder Division von Begriffen wie Franchising oder Dienstleistung besteht i n der Auflösung i n ihre Unterbegriffe zwecks Gewinnung eines Begriffssystems, wobei die Gesamtheit der aufgezählten Arten den Begriffsumfang oder die Begriff sextension bildet. Auf der obersten Ebene eines solchen pyramidenförmigen Begriffssystems stehen die Begriffe m i t dem größten Umfang und den wenigsten Merkmalen, auf der untersten hingegen solche mit den meisten Kennzeichen und dem kleinsten Artenumfang. M i t Tietz muß man sich beim begrifflich-klassifizierenden Vorgehen und dem damit implizierten Denken in den Dimensionen Begriffsklasse und Begriffspyramide vergegenwärtigen, daß es für irgendeinen untergeordneten, nicht an der Begriffs-System-Spitze angesiedelten Begriff nicht nur eine einzige Pyramide gibt. Vielmehr ist er i n eine Begriffs15 Vgl. Tietz, B., B i l d u n g u n d Verwendung von Typen i n der Betriebswirtschaftslehre, dargelegt am Beispiel der Typologie der Messen und Ausstellungen, i n : Schriften zur Handelsforschung, Nr. 13, K ö l n u n d Opladen 1960, S. 25 (Zitierweise: B i l d u n g von Typen). iß Vgl. Η einen, E., Einführung, a.a.O., S. 107; Tietz, B., B i l d u n g von Typen, a.a.O., S. 10.

26

1. Grundlagen der Untersuchung

Pyramide eingeordnet, deren Dimension durch die Zahl der möglichen Differenzierungsgründe bestimmt w i r d 1 7 . Bei Klassenbegriffen kann sich also Interferenz i n der Weise ergeben, daß man eine Einordnung i n mehrere Begriffspyramiden vornimmt, die sich gegenseitig überschneiden. Der Typus kann zur Definition allgemeinster Gegenstände wie „Franchising" oder „Dienstleistung" wegen der ausgeschlossenen Abstufbarkeit des „Allgemeinen" nicht Verwendung finden. Deshalb muß der „Typus i n seiner allgemeinsten Form . . . als identisch m i t dem i m .Allgemeines' festlegenden Begriff unter Determination eines weiteren Merkmals angesprochen werden" 1 8 , also z. B. durch Hinzufügung des Merkmals „Betrieb" zum Begriff „Franchising" oder des Kennzeichens „fremdwirtschaftlich erbracht" zum Begriff „Dienstleistung". Die einzelnen Typen sind miteinander verzahnt. Aufgrund dieser Interferenz läßt sich keine Einteilung i n Klassen vornehmen; jedoch ist eine solche Ordnung dann möglich, wenn es lediglich um eine partiale oder eindimensionale Betrachtung der Typen geht, wie i m weiteren Verlauf der Untersuchung noch gezeigt wird. Tietz folgt nicht der Auffassung, daß für den Typus prinzipiell kein Subdivisions - oder Subordinationsverhältnis existieren kann 1 9 . Vielmehr hält er es für durchaus möglich, von übergeordneten und untergeordneten Typen zu sprechen. Der Typenumfang der untergeordneten Typen ist schmal, der Typenumfang der übergeordneten Typen breit. Dabei resultiert das Subordinationsverhältnis aus der Abstraktion von Merkmalen oder Merkmalsgruppen und häufig, jedoch nicht unbedingt, aus einer Veränderung der Ausprägungen. Ferner ist eine Zusammenfassung von Merkmalen möglich. Jedoch w i r d nicht wie beim begrifflichklassifizierenden Verfahren die Zahl der Teilgedanken für die Subordination als unbedingtes K r i t e r i u m erachtet, sondern die Merkmalsauswahl 20. Grundsätzlich erfolgt auch bei der Typologie des Franchising oder der Dienstleistungsbetriebe eine Unterscheidung i n materiale und formale Typenarten 2 1 . Für diese Untersuchung kommen i n materialer Hinsicht lediglich empirische, ideale und allgemeine Typen zur Verwendung, in formaler Hinsicht reale, Partial- und Total-, qualitative und quantitative, ein17 Vgl. Tietz, B., B i l d u n g von Typen, a.a.O., S. 11 u n d S. 12. 18 Tietz, B., B i l d u n g von Typen, a.a.O., S. 33. io Vgl. ebd., S. 34. 20 Vgl. ebd., S. 35. 21 Vgl. ebd., S. 27 f. und S. 32.

12. Z u m methodischen Ansatz

27

dimensionale und mehrdimensionale sowie Häufungs- und Schwerpunkt-Typen. Die Berücksichtigung der formalen Typenarten, die i n dieser Arbeit teils implizit, teils explizit erfolgt, ist von besonderer Bedeutung bei der Merkmalsauswahl als einer Phase des typologischen Prozesses. Dessen Ablauf und Inhalt läßt sich i n 7 Schritten zusammenfassen 22 , auf die, soweit sie i n der vorliegenden Untersuchung nicht vollständig durchgeführt werden, hier besonders Bezug genommen w i r d : 1. Abgrenzung des relevanten Objektbereiches. Franchise-Systeme, Dienstleistungsbetriebe und System-Gründer sind solche Bereiche. 2. Determinierung der zu unterscheidenden Merkmale: Aufstellung eines Merkmalskataloges. Grundsätzlich erfolgt immer eine Reduktion der Merkmale. 3. Determinierung der Ausprägung: Die quantitative und/oder qualitative Variation der Merkmale w i r d beschrieben. 4. Determinierung des Typus, d. h. der typeneigenen Kombination Merkmalsausprägungen.

von

5. Ermittlung der Interdependenzen von Merkmalen. Die Erfassung w i r d i n dieser Arbeit entweder unterlassen oder nur implizit vorgenommen. 6. Konstruktion von „idealen" Extremtypen, die i n der vorliegenden Analyse explizit oder implizit vorgenommen wird. Recht häufig steht an Stelle der Konstruktion lediglich die Konstatierung empirisch festgestellter Typen, w i r d aber ebenso als Typologie bezeichnet. 7. Überprüfung des typologischen Systems am sich ständig ändernden empirischen Objekt. Sie muß i n bezug auf das hier betrachtete Erkenntnisobjekt später nachfolgenden Forschungen überlassen bleiben. Abschließend kann festgestellt werden, daß auch i n dieser Arbeit der Zweck sowohl des begrifflichen Vorgehens als auch der Typenbildung i n der Gewinnung materialer Erkenntnisse, i n der Systematisierung der Objektbereiche sowie i n der Erhöhung der Klarheit i n der Darstellung liegt. Das typologische Arbeiten w i r d i n Ausmaß und Genauigkeit davon bestimmt, wie es zum einen das verfügbare Unterlagenmaterial zuläßt und zum anderen die Zwecksetzung der Gesamtanalyse erforderlich macht. Teilweise werden dabei die empirisch i n der Praxis vorgefundenen und die i n der Literatur „ideal" herausgestellten Typen lediglich ermittelt, d. h. ohne sie einem typologischen 22 Vgl. Theuer, G. u n d Scheuch, F., Die Vertriebsmethoden des Einzelhandels i m typologischen Ansatz, i n : Z f B 39. Jg. (1969), Heft 10, S. 644 f.

28

1. Grundlagen der Untersuchung

Verfahren zu unterwerfen bzw. einer typologischen Überprüfung zu unterziehen. Neben der Typenbildung und Typenkonstatierung w i r d i n starkem Maße dort von Begriffsklassifikationen Gebrauch gemacht, wo diese zur Erklärung. Systematisierung und Erkenntnis genügen und den Zweck einfacher erreichen lassen. Selten werden sie dabei aber über eine zweistufige Begriffspyramide hinausgehen. Vielmehr w i r d eine Vielzahl solcher einfacher Begriffssysteme neben- oder hintereinander gestellt werden müssen, wobei man vom obersten, allgemeinsten Begriff als erster Stufe ausgeht und auf der zweiten Stufe nach verschiedenen Kriterien Klassen bildet. Diese Klassen sind mit den eindimensionalen Partial-Typen identisch. Deshalb w i r d bei der zweistufigen Begriffsbildung ergänzend zur oder an Stelle von Klassifikation auch vereinfachend von Typologie bzw. Typen gesprochen.

2. Typologie der Franchise-Systeme im Dienstleistungssektor

21. Begriff und T y p e n des Franchising und der Franchise-Systeme 211. Die Begriffsdefinition des Franchising

Nach erfolgter Grundlegung der Untersuchung kann nun die inhaltliche Bestimmung (Definition der Intension) des Begriffes oder Typus „Franchising" und „Franchise-System" i n seiner größten Allgemeinheit (Allgemein-, Gattungs- oder Universalbegriff) vorgenommen werden. Es handelt sich um die Festlegung der obersten Spitze der Begriffspyramide und gleichfalls um die den generellen empirischen und idealen Franchise-Typen vorgelagerte Stufe 1 . Darin sind die Merkmale enthalten, die angeben, ob eine bestimmte Absatzorganisation unter den Begriff „Franchise-System" gefaßt werden kann. Trotz vielfältigster Versuche hat sich i n der Vergangenheit weder i n der Literatur noch i n der Praxis eine i n den Merkmalen hinreichend erschöpfende und notwendig knappe, also objektiv annehmbare A l l gemein-Definition des Franchising herausgeschält. Viele Autoren unterstützen Kursh i n seiner Schlußfolgerung: " I t should come as no surprise, therefore, that many knowledgeable persons i n franchising or i n authoritative positions to observe franchising have found i t difficult if not impossible to come up w i t h a simple, all-inclusive definition of franchising 2 ." Die Ursachen dieser Schwierigkeiten sind mannigfaltig. Sie beruhen u. a. auf der verschiedenartigen Etymologie i n diversen Ländern und dem gesellschaftlich-historisch bedingten Gebrauch, auf der Gebundenheit an bestimmte Branchen und Institutionen 3 sowie auf der Erweiterung und Verengung der Begriffsanwendung bei der Einbeziehung des Franchising i n neue Wirtschaftsbereiche. Ferner ι Vgl. Abschnitt 122. 2 Kursh, H., a.a.O., 1962, S. 13; vgl. auch ebd., S. 3, 14, 15; ferner Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 11, S. 191 und S. 193; Curry, J. A. H. u n d andere, a.a.O., S. 12; Sonneborn, H. J., Franchising - Past, Current, Future, i n : F r a n chising Today 1966—67, a.a.O., S. 246; Skaupy, W., Das Franchise-Vertriebssystem, i n : Betriebswirtschaftliche Umschau 1969, Heft 5/6, J u n i 1969, S. 178. 3 I n diesem Zusammenhang müssen die Lizenzen i m technisch-industriellen Bereich sowie die Konzessionen gesehen werden. Diese beiden Begriffe finden i m deutschen Sprachgebrauch oft synonyme Verwendung, juristisch sind sie jedoch w i e folgt zu trennen: Die Konzession ist auf die Vergabe

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

resultieren sie vor allem auch aus der Vielfalt der empirischen Franchise-Typen und ihrer Ausgestaltung i n der Praxis. Schließlich rühren sie aus der Tatsache her, daß i n manchen Branchen zwar die Methode weitverbreitet war, aber gänzlich andere, speziellere Namen bzw. Begriffe besaß, sowie nicht zuletzt aus leichtfertigem oder z. T. bewußt irreführendem Gebrauch i n der Wirtschaft. I n Literatur und Praxis bewirken diese Ursachen einerseits eine genetische Differenzierung i n einen alten und einen neuen FranchisingBegriff und -Typus, andererseits, gemessen am Merkmalsumfang, die Unterscheidung Franchising „im engen" und „im weiten Sinne". Der alte Begriff w i r d von Hewitt umrissen als „a system under which a manufacturer granted to certain dealers the right to sell his product or service, i n generally defined areas, i n exchange for a promise to promote and merchandise the product i n a specific manner" 4 . Es handelt sich, wie Tietz and andere betonen, um auf einzelne Produkte oder Produktprogramme beschränkte Vertragssysteme i n Form von Exklusivoder Alleinvertriebsverträgen 0. I n Anlehnung an die Studie „Vertriebssysteme zwischen Industrie und Handel von Schenk und Wölk wären auch die darin u.a. untersuchten Ausschließlichkeitsvertragssysteme , Vertragshändlerorganisationen und autorisierten Händlerschaften darunter zu subsumieren 6 . Jedoch gelangen diese beiden Autoren — teils wegen begrifflicher und typologischer Unschärfe, teils mangels tiefgehender Beschäftigung mit der internationalen Franchise-Literatur — zu dem bestreitbaren Schluß, daß das FranchiseSystem zwar ein ähnliches, aber doch insgesamt verschiedenes, spezielvon Rechten der öffentlichen H a n d an private Unternehmer beschränkt (vgl. Le Coutre , W., Stichwort: Konzession, i n : H d B Bd. I I : Finanzausgleich — Kreditversicherung, 3. voll, neubearb. Aufl., Stuttgart 1958, Sp. 3355—3356). Die Lizenz bedeutet die Vergabe von Rechten durch Privatpersonen. I m Privatrecht ist dieser Ausdruck auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes geläufig, d . h . dem Gebiet des Rechtsschutzes, der einem gewerblichen Erzeugnis oder einer gewerblichen Leistung als einer schöpferischen Leistung oder als Bezeichnung eines Erzeugnisses zugeteilt w i r d (Patent-, Gebrauchsmuster- u n d Warenzeichengesetz u n d Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb). Vgl. Lindenmaier, F., Stichwort: Lizenzen, i n : H d B Bd. I I I : K r e d i t w ü r d i g k e i t — Teilwert, 3. voll, neubearb. Aufl., Stuttgart 1960, Sp. 3815—3817). Siehe zur Lizenz vor allem Stumpf , H., Der Lizenzvertrag, 2. Aufl., F r a n k f u r t / M . 1963. 4 Hewitt , Ch. Μ., The Furor Over Dealer Franchises, i n : Business Horizons, November 1958, S. 81, zitiert nach Hall , W. P., Franchising — New Scope for an old Technique, i n : HRB, Nr. I, Jan.—Febr. 1964, S. 62. 5 Vgl. Tietz , B., Franchise — ein Vertriebssystem m i t vielen Gesichtern, i n : die absatzwirtschaft, M a i 1967, Nr. 9, S. 494; siehe ferner: Small, S., Starting a Business A f t e r Fifty, Brooklin, Ν . Y., 1967, S. 11; G f K , Franchising — absatzwirtschaftliche Bedeutung der Ausschließlichkeitsverträge für Hersteller und Händler, i n : GfK-Sonderdienst Nr. 17/18, Erstes u n d zweites Septemberheft 1964, S. 608 f. (Zitierweise: AusschließlichkeitsVerträge). 6 Vgl. Schenk, H.-O. u n d Wölk, Α., Vertriebssysteme zwischen Industrie u n d Handel, B e r l i n 1971, S. 15, S. 16 ff. u n d S. 32 ff.

21. Begriff u n d Typen des Franchising und der Franchise-Systeme

31

les Vertriebssystem ist, das als eigenständig gegenüber den obengenannten Organisationen betrachtet werden muß 7 . Wie später noch ersichtlich wird, ist dieser alte Begriff mit dem des Waren- oder Produkt-Franchising einerseits, m i t dem des Hersteller-Händler-Franchising andererseits identisch. Er liegt aber als abstufbarer Typus des Franchising unterhalb der hier gesuchten allgemeinsten Definition und muß somit heute als eine A r t enger Begriffsauffassung oder Typendefinition des Franchising betrachtet werden. Zur neuen, modernen Begriffsauslegung und -anwendung ist es in den USA erst i n den fünfziger und sechziger Jahren gekommen. Sie erklärt sich als Folge des Übergreifens des Franchising auf neue Marktbereiche. der Intensivierung und des Ausbaus der vertikalen Kooperation innerhalb bestehender Partnerschafts-Systeme. Insbesondere resultiert sie aber auch aus der einsetzenden tiefgehenden Beschäftigung mit dem Problemkreis des Franchising i n der Literatur. Zu den i n den USA publizierten Definitionen nimmt Kursh kritische Stellung: "Essentially, all these definitions — or, more precisely, explanations! are correct. But the chief difficulty is that they say either too much, or not enough, and in this respect can be misleading 8 ." Wegen ihrer Enge und ihres Partialcharakters sind die Begriffsdefinitionen z. B. der von Kursh zitierten „Changing Times", von Atkinson , Tunick, Lunau, Baert sowie Schenk/Wölk abzulehnen 9 . Entweder beschränken sie den Begriff auf Kleinbetriebe, Einzelfranchisen oder Betriebsfranchisen oder schließen gar ganze Branchen wie die Autohändler, Getränkeabfüller und Tankstellen explizit aus. Viel zu weit und unzutreffend hingegen ist der von Tietz geprägte Begriff des Franchising i m weiteren Sinne: „Franchising ist eine durch Vertrag geregelte Zusammenarbeit zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen 1 0 ." Da dieser weitere Franchising-Begriff auch dauerhafte Beschaffungskontrakte, Kapital- bzw. Sachmittelüberlassungsverträge, Leasing, Factoring sowie Kreditorenfinanzierung als unterscheidbare Franchise-Typen umfassen soll, erscheint seine Benutzung i n gewisser Weise irreführend 1 1 . 7 Vgl. ebd., S. 44 ff. « Kursh, H., 1962, a.a.O., S. 15. 0 Vgl. ebd., S . V I I , S. 3, S. 14 u n d S. 15; Atkinson , J. F., a.a.O., S . V I u n d S. 5; Tunick, A . L., A r e Y o u Ready for Franchising, i n : Small Marketers Aids, Hrsg. Small Business Administration, Washington, No. 115, October 1965, S. 1; Lunau, E., Franchising i n den USA, i n : Wirtschaftsdienst 1967, Heft 3, S. 161 ; Baert , G. N., Pourquoi le „Franchising" connait-il u n tei succès aux Etats-Unis?, i n : revue belge de la distribution 9/1966, S. 3; Schenk , H.-O. und Wölk, Α., a.a.O., S. 16 ff., 21 ff. u n d S. 32 ff. io Tietz, B., Typologie des Franchising, a.a.O., S. 193. n Vgl. Tietz, B., Typologie des Franchising, a.a.O., S. 194 u n d S. 198.

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

Zu wenig präzis ist auch folgender sonst recht guter Begriffsansatz von Rothenberg , der bereits zusätzliche Franchise-Geber-Arten neben den Herstellern sowie die Erweiterung und die Verfeinerung der Leistungen beider Franchise-Partner in globaler Ausdrucksweise beinhaltet: " A franchise is a continuing relationship between the franchisor and the franchisee i n which the sum total of the franchisor's knowledge, image, successes, and manufacturing and marketing techniques are supplied to the franchisee for a consideration 12 ." Es fehlen einige wichtige Elemente, die i n der Merkmalsaufstellung der International Franchise Association, Chicago, entweder ergänzt oder expliziter enthalten sind: (1) contractual relationship; (2) continuous relationship; (3) common (universal) name; (4) „money" and/or tangible (re-salable) merchandise put up by both parties toward the common pot to finance the beginning of the operation; (5) contract outlining and granting certain benefits and rights to both parties; (6) certain operating methods and procedures formulated by the franchisor and used by the franchisee; (7) system or formula determining the amount of money the franchisee returns to the franchisor on a permanent basis; (8) the franchised product or service being a full time responsibility 1 3 . Diese Definition kommt zwar zu einer annähernd umfassenden und präzisen Aufstellung der Franchise-Kriterien, doch vermag diese den hoch anzusetzenden Anforderungen an einen allen Franchise-Typen übergeordneten Begriff noch nicht vollständig zu genügen. Abgesehen vom formalen Mangel, daß einzelne Sätze ohne sprachliche Verbindung aneinandergereiht werden, ist das Merkmal (7) zu eng ausgeprägt und hauptsächlich auf den später zu definierenden Betriebs-FranchiseTypus ausgerichtet. Es erscheint theoretisch nicht notwendig und kommt i n der Realität beim obengenannten Produkt- oder Hersteller-Franchising relativ selten vor. Bei diesem werden i n der Regel die Dienstleistungskosten implizit und ohne genaue Kenntnis des Franchise12 Rothenberg, A . M . , Franchising: A specialised M a r k e t i n g device, i n : Marketing Insights, October 16, 1967, S. 20; (Reprinted from the Journal of Marketing, Vol. 31, J u l y 1967), Unpräzis ist auch die Begriffsbestimmung von Lewis/Hancock. Vgl. Lewis, E. H. u n d Hancock, R. S., a.a.O., S. 4. 13 Diese Punkte werden als Begriffsauffassung der International Franchise Association, Inc., Chicago, Illinois, wiedergegeben vom National Better Business Bureau, Inc., New York, i n einem Beratungsblatt m i t dem T i t e l „Facts about Franchising", Revised 1965, S. 3.

21. Begriff u n d Typen des Franchising und der Franchise-Systeme

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N e h m e r s i m W a r e n p r e i s des H e r s t e l l e r s oder P r o d u k t - F r a n c h i s o r s a b gegolten. Z u m i n d e s t m i ß v e r s t ä n d l i c h , w e n n n i c h t g a r überflüssig, da n i c h t ü b e r a l l z u t r e f f e n d , ist ebenso das M e r k m a l (8) des v o l l z e i t l i c h e n Einsatzes des Franchisees f ü r f r a n c h i s i e r t e P r o d u k t e oder D i e n s t l e i s t u n g e n ; auch f e h l t der H i n w e i s auf die rechtliche S e l b s t ä n d i g k e i t des F r a n c h i s e - N e h m e r s . Z u m ersten M a l h i n g e g e n v e r e i n t Skaupy i n seinem m i t H e r b e r t Gross herausgegebenen B u c h die V o r z ü g e der D e f i n i t i o n der I n t e r n a t i o n a l Franchise A s s o c i a t i o n m i t der g l e i c h z e i t i g e n V e r m e i d u n g u n d H i n z u f ü g u n g der d o r t bestehenden M ä n g e l b z w . f e h l e n d e r E l e m e n t e 1 4 . A b gesehen v o n der Tatsache, daß S k a u p y b e i seiner B e g r i f f s i n t e n s i o n v o m Vertrag ausgeht, n i c h t aber d i r e k t das F r a n c h i s i n g definiert, l ä ß t aber auch er t e i l w e i s e eine zu große A u s f ü h r l i c h k e i t u n d i m p l i z i t e W i e d e r holungen zu15. Dieser v o n der B e g r i f f s - u n d T y p o l o g i k h e r n i c h t g e n ü g e n d „ g e n e r e l l " f o r m u l i e r t e A n s a t z w u r d e später, w o h l i n A n l e h n u n g a n S k a u p y u n d T i e t z 1 6 , g e s t r a f f t u n d b e t r i e b s w i r t s c h a f t l i c h ausgerichtet: „ F r a n c h i s i n g ist eine F o r m der K o o p e r a t i o n , b e i der e i n K o n t r a k t geber (Franchisor) auf G r u n d einer l a n g f r i s t i g e n v e r t r a g l i c h e n B i n d u n g r e c h t l i c h s e l b s t ä n d i g b l e i b e n d e n K o n t r a k t n e h m e r n (Franchisees) gegen E n t g e l t das Recht e i n r ä u m t , b e s t i m m t e W a r e n oder D i e n s t l e i s t u n g e n 14 Vgl. Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 192. Wörtlich lautet die Definition von Skaupy nach der später von i h m vorgenommenen Ergänzung des Wortes „ K o n t r o l l e " durch den Zusatz „über die Geschäftstätigkeit des F r a n chisennehmers" : „ D e r Franchise-Vertrag ist ein Inbegriff von gegenseitigen Verpflichtungen i m Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, durch den der Franchisegeber dem Franchisenehmer, einem selbständigen Händler oder Unternehmer, gegen Entgeld das Recht gewährt, bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen unter Verwendung von Namen, Warenzeichen, Ausstattung oder sonstigen Schutzrechten sowie der technischen u n d gewerblichen Erfahrungen des Franchisegebers u n d unter Beachtung des v o n letzterem entwickelten Organisations- u n d Werbungssystem zu vertreiben, wobei der Franchisegeber dem Franchisenehmer Beistand, Rat u n d Schulung gewährt sowie eine Kontrolle über die Geschäftstätigkeit des Franchisenehmers ausübt." Skaupy, W., Das Franchise-Vertriebssystem, a.a.O., S. 180. 15 So sind selbständige Händler u n d Unternehmer keine Alternativen, sondern Begriffe aus verschiedenen Ebenen einer Begriffspyramide; ferner können nicht n u r natürliche, sondern auch juristische Personen Franchisenehmer sein. Waren u n d Dienstleistungen können unter dem Oberbegriff Güter oder Leistungen zusammengefaßt werden ebenso w i e technische u n d gewerbliche Erfahrungen unter K n o w - H o w . Auch fallen Beistand, Rat, Schulung u n d K o n t r o l l e schon unter den Ausdruck „Beachtung des von letzterem entwickelten Organisations- u n d Werbungssystems". ie Tietz macht i n seiner Franchising-Definition u n d - T y p e n b i l d u n g Gebrauch von Wort-Kombinationen m i t dem Begriff „Kontrakt". Vgl. Tietz, B., Typologie des Franchising, a.a.O., S. 193—200, insbesondere S. 194 m i t seinem Franchising-Begriff i m engeren Sinne: „ A l s Franchising werden solche Systeme der vertraglich geregelten Zusammenarbeit bezeichnet, bei denen 3 Knigge

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

unter Verwendung von Namen, Warenzeichen, Ausstattung oder sonstigen Schutzrechten sowie der technischen und gewerblichen Erfahrungen des Franchisegebers und unter Beachtung des von letzterem entwickelten Absatz- und Organisationssystems anzubieten 17 ." Aber auch dieser Definitionsversuch erscheint i n einigen Bestandteilen noch veränderungswürdig. So können Waren und Dienstleistungen unter dem Gattungsbegriff „Leistungen" sowie technische und gewerbliche Erfahrungen unter der Bezeichnung „Kenntnisse" zusammengefaßt werden. Ferner sollte vor allem der Systemcharakter der Beziehungen zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmern herausgestellt sein, womit auch der neueren Betrachtungsweise von Organisationen Rechnung getragen wird. Da anglo-amerikanische Worte bis auf den Begriff „Franchising" selbst aus einer deutschen Definition soweit eliminiert bleiben sollten, wie es der Übersetzbarkeit i n andere Sprachen nicht schadet, und die Kontrakt-Eigenschaft schon durch „vertragliche Bindung" zum Ausdruck gelangt, liegt es nahe, hier „Franchise-Geber" für „Kontraktgeber (Franchisor)" und „FranchiseNehmer" für „Kontraktnehmer (Franchisee)" zu setzen. Die Aufnahme des Begriffsbestandteiles „Partner" resultiert aus der Überlegung, daß Franchise-Geber und Franchise-Nehmer zum einen als Vertrags-Partner und zum anderen als Kooperations-Partner i m wirtschaftlichen Bereich anzusehen sind. Auch können beide vor, bei und nach Vertragsabschluß entweder einzelne natürliche Personen, Gruppen von Personen, juristische Personen oder irgendeine andere Form von Gemeinschaften oder Gesellschaften darstellen 18 . Des weiteren empfiehlt sich der Zusatz „vertikal", w i r d doch das Franchising nicht zwischen Partnern gleicher, horizontaler Ebene, sondern verschiedener Stufen einer Absatzkette oder einer u. a. auch hierarchisch gegliederten Absatzorganisation betrieben. Diese Bezeichnung t r i f f t auch für solche Franchise-Systeme zu, die keine Produkte i m konkretmateriellen Sinne vertreiben, sondern Dienstleistungen ohne Verbindie Kontraktnehmer das Recht erhalten, gegen Vergütung u n d Gewährung von Kontrollrechten ein k l a r abgegrenztes Programm beim Absatz von Waren und/oder Dienstleistungen zu verwenden. Der Kontraktgeber v e r pflichtet sich zur Durchführung von Maßnahmen, die die A k t i v i t ä t des Kontraktnehmers erleichtern oder fördern." !7 Arbeitsausschuß f ü r Begriffsdefinitionen der Katalogkommission f ü r die handels- u n d absatzwirtschaftliche Forschung, Vorsitzender Prof. Rr. Robert Nieschlag: Begriffsdefinitionen aus Handels- u n d Absatzwirtschaft, Stichw o r t : Franchising, i n : Veröffentlichungen der Katalogkommission f ü r die handels- und absatzwirtschaftliche Forschung beim Bundesministerium für Wirtschaft, Katalog E, 1. Ausgabe Oktober 1970, S. 15 (Zitierweise: A B K , Nieschlag : Begriffsdefinitionen). 18 Vgl. auch Brown, H., Franchising. Trap for the trusting, Second Printing, Boston/Toronto 1970, Appendix A „Fairness i n Franchising A c t " , S. 108, u n d Appendix Β „ A u t h o r ' s Proposed Franchise F a i r Dealing A c t " , S. 161.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

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dung m i t Halbfertig- oder Fertigerzeugnissen, d. h. immaterielle Güter absetzen. So ist z.B. der Franchise-Geber bei einer Daten-Verarbeitungsorganisation der „Produzent" fertig-verarbeiteter Informationen oder bei einem System für Zeitarbeit aufgrund seiner Planungs- und Entwicklungstätigkeit der Hersteller vorgefertigter bzw. halbfertiger Dienstleistungen. Weiterhin ist der Franchise-Vertrag 19 eine gegenseitig berechtigende und verpflichtende Vereinbarung, was durch Hinzufügen des Wortes „Pflicht" betont werden muß. Auch sei bemerkt, daß die Bezeichnung „Beachtung des Absatz- und Organisationssystems" offenläßt, ob der Franchise-Nehmer selbst durch dessen pflichtweise Verwendung integraler Bestandteil dieser Organisation wird. Schließlich kann je nach Franchising-Typ der gesamte Betrieb oder nur der Funktionsbereich Absatz organisatorisch erfaßt werden. Zuletzt sei darauf hingewiesen, daß der Franchise-Geber zwar die Konzeption plant und den Vollzugserfolg kontrolliert, die Realisationsaufgabe aber bei jedem einzelnen Franchise-Nehmer liegt. Aus diesen Gründen sei der Ausdruck „betriebswirtschaftlich-organisatorisches Programm" gewählt. I n diesem Zusammenhang muß notwendigerweise auf einen bedeutungsvollen Tatbestand aufmerksam gemacht werden, der aus den bisherigen Definitionsversuchen und der i n dieser Untersuchung erarbeiteten Begriffsintension lediglich implizit hervorgehen kann. Es war und bleibt sinnvoll, dem Begriffsbestandteil „Waren und Dienstleistungen" bzw. hier „Leistungen" nicht den Zusatz „des Franchise-Gebers" oder „vom Franchise-Geber erstellte" beizufügen. Dieses Weglassen erscheint unabdingbar deswegen, weil gerade Dienstleistungen, z. B. i n Gaststätten, Hotels, Reparaturwerkstätten, Reinigungsbetrieben dezentral, d. h. i n den Franchise-Nehmer-Betrieben, „produziert" werden, nicht also bereits schon als endgültig fertiggestellte Leistungen an diese geliefert werden. Gleichfalls wäre es unzweckmäßig, i n die allen A r t e n und Typen übergeordneten Begriffsdefinition des Franchising die einschränkende Ergänzung „auf eigene Rechnung" einzubeziehen, da sonst zahlreiche, empirisch bedeutungsvolle und nach den Merkmalen des Franchising tätige Betriebe nicht erfaßt würden. Folglich werden bestimmte aus wettbewerbsrechtlichen und finanziellen Gründen i m Handelsvertreteroder Kommissionsagentenverhältnis gehaltene Handels- und/oder Dienstleistungs-Partner wie z.B. Tankstelleninhaber, Katalog-Agen19 „ »Franchise 4 means a contract or agreement, either expressed or i m plied, whether oral or w r i t t e n , between t w o or more persons by which . . . " Siehe Franchise Investment Act, proposed b i l l sponsored by the I n t e r national Franchise Association, to be introduced at the state level, October 1971, Section 2, Definitions, S. 2.

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2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

turen von Versandunternehmen etc. als Franchise-Nehmer subsumiert 20 . Das bedeutet jedoch keinesfalls, daß fortan alle selbständigen Absatzhelfer Franchise-Systemen zugerechnet werden dürften. Der Verfasser schlägt unter Berücksichtigung der zitierten und diskutierten Definitionen und nach Vollzug der obengenannten Veränderungen folgende Begriffsintension vor: Franchising ist die Anwendung eines Systems vertikal-kooperativer Beziehungen auf der Grundlage eines dauerhaft bindenden Vertrages (Franchise-Vertrag) zwischen rechtlich selbständig bleibenden Partnern, bei dem der Franchise-Geber den Franchise-Nehmern das Hecht gegen Entgelt einräumt und die Pflicht auferlegt, genau bestimmte Leistungen unter Verwendung von Namen, Warenzeichen, Ausstattung und sonstigen Schutzrechten sowie der Kenntnisse des Franchise-Gebers und des von diesem entwickelten betriebswirtschaftlich-organisatorischen Programms an Dritte abzusetzen. Das Franchise-System ist demnach dieses aus den Elementen „Franchise-Geber" und „Franchise-Nehmer" sowie den zwischen ihnen existierenden Beziehungen bestehende Gebilde selbst. A u f diese Weise w i r d deutlich, daß eine begriffliche Differenzierung zwischen Franchising als Anwendung des Franchise-Systems und Franchise-System als Distributionsorganisation selbst (franchise system of distribution) getroffen werden muß. Diese beiden Begriffsinhalte liegen allen nachfolgenden Ausführungen zugrunde.

212. Mögliche Ansätze zur Typologie des Franchising und der Franchise-Systeme

Der Vielfalt der Definitions versuche entspricht, i n kausalem Zusammenhang dazu stehend, die Mannigfaltigkeit der Ansätze zur Division oder Aufteilung des allgemeinen Begriffs „Franchising" oder „Franchise-System" i n Artbegriffe (Begriffsklassifikation) oder der B i l dung von empirischen und idealen Typen (Typologie). Selten erfolgt aber die explizite Angabe des Einteilungskriteriums für Klassen; auch wurde bisher ein typologisches Verfahren nicht angewandt. Die Zusammenstellung und Auswahl eines einheitlichen Merkmalskataloges 20 I n gegensätzlicher Auffassung, die jedoch n u r i n d i r e k t zum Ausdruck kommt, stehen dazu u. a. Schenk, H.-O. u n d Wölk , Α., a.a.O., S. 21 ff. u n d S. 28 f.; Ulmer, P., Der Vertragshändler, Tatsachen u n d Rechtsfragen kaufmännischer Geschäftsbesorgung beim Absatz von Markenwaren, München 1969, S. 46 Fußnote 44 u n d S. 195; Skaupy, W., Hat Photo Porst w i r k l i c h ein Franchise-System?, i n : Beratungsbrief Nr. 46 v. 15.11.1968, S. 8. Vgl. ferner vor allem die ausführlichen Erörterungen hierzu i n Abschnitt 221.1 dieser Arbeit.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

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und die Bestimmung der Merkmalsausprägungen sowie deren Beziehungen zueinander fehlen völlig. Aus diesem Mangel resultiert bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Tatsache, daß bis auf — nach unserem Wissen — zwei Ausnahmen, weder eine zwei- oder mehrstufige Begriffspyramide noch eine derartige Typensubordination des Franchising als Aussagesystem existiert. Einen Grund nennt Curry treffend: "The franchise industry, . . . is not defined i n terms of the goods or the services handled or in other conventional measures such as size 21 ." Auch Grover stellt dazu fest: "The franchise technique, or method, or approach is susceptible of almost unlimited variation and adaption w i t h i n the broad limits of the basic concept 22 ." Weitere Ursachen können i n der allgemein nicht formal-wissenschaftlichen Gestaltung der Franchising-Literatur sowie i n der schon erwähnten Schwierigkeit und Aufwendigkeit des typologischen Verfahrens vermutet werden. Die beiden genannten Ausnahmen sind, wie i n den weiteren Ausführungen noch i m einzelnen zu zeigen sein wird, einmal die Klassifizierung der Franchise-Systeme nach der Konstellation der FranchisePartner Franchise-Geber und Franchise-Nehmer auf verschiedenen Wirtschaftsstufen und -Sektoren, zum anderen der Ansatz von Tietz 23, den man statt für eine mehrdimensionale Typologie eher für ein recht schnell erarbeitetes, nicht genügend präzises Begriffssystem zu halten geneigt ist. Nach Zusammenfassung der vielfältigen, vereinzelt angeführten Klassifikationen und Typenbildungen der Literatur, nach der Herausarbeitung der dort nicht explizit genannten Ordnungskriterien sowie nach deren Rückführung auf eine höhere, also vorgelagerte Einteilungsstufe ergeben sich i m wesentlichen acht Klassifizierungsmerkmale oder Kriterien für eindimensionale oder Partialtypen. Einerseits lassen sie sich nach der Häufigkeit ihrer Verwendung und ihrem heuristischen sowie instrumentalen Wert i n eine Rangfolge bringen: (1) Franchise-Partner-Konstellation, (2) A r t der Angebote des Franchise-Nehmers an Verbraucher/Verwender, (3) A r t und Umfang der Leistungen (Package) des Franchise-Gebers an den Franchise-Nehmer (betriebswirtschaftlich-organisatorisches Programm), (4) Lebensphase der Betriebe bei Einführung des Franchising, (5) Standort oder Kontaktform des Franchise-Betriebes, 21 Curry , J. A . H. u n d andere, a.a.O., S. 12. 22 Ed., S. 12. 23 Vgl. Tietz, B., Typologie des Franchising, a.a.O., S. 193—200.

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2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

(6) Betriebsgröße des Franchise-Betriebes, (7) Gebietsgröße oder Zahl der Franchisen je Franchise-Nehmer und (8) Kapital- und Management-Anteil des Franchise-Nehmers. Es sei betont, daß jedes Franchise-System einzeln sich nach jedem dieser Kriterien einordnen läßt. Zugleich kann jedes Einteilungsmerkmal auf jeder Stufe einer möglichen Begriffspyramide oder Typensubordination zur Verwendung gelangen. Jedoch erscheint die oben vorgenommene Reihenfolge u. a. deshalb nützlich, weil jeder Franchisor bei seinen Entscheidungen i n etwa der Bedeutung der Tatbestände nach vorgeht bzw. vorgehen sollte. I n diesem Sinne wäre das jedem K r i terium jeweils vorausgehende bzw. nachfolgende Merkmal das Kennzeichen für übergeordnete bzw. untergeordnete Klassen und Typen. Andererseits lassen sich aber die vorgenannten Ordnungsmerkmale nach dem K r i t e r i u m „wissevschaftliche Betrachtungsweisen" ebenso nach verschiedenen Ansätzen aus der betriebswirtschaftlichen und davon insbesondere der absatzwirtschaftlichen Literatur zusammenfassen. Dabei kommen i n Anlehnung an Nieschlag/Dichtl/Hörschgen der institutionelle, funktionale und der Ansatz nach Leistungskomponenten 24 und Heinen folgend der genetische Ansatz 2 5 i n Frage. Jedoch könnte der funktionale Ansatz nach der „ A r t der Angebote der Franchise-Nehmer (Leistungssubstanz) an Verbraucher und Verwender" auch als warenkundlicher Ansatz aufgefaßt und i n dieser Sicht weiter durchstrukturiert werden. I n dieser Arbeit soll von diesen Ansätzen ausgegangen werden, da sie zum einen die Übersichtlichkeit erhöhen und bereits vorhandene Systematisierungsversuche berücksichtigen und zum anderen ein Gerüst bilden, das von weiteren Untersuchungen, die begrenzter, detaillierter i n der Themenstellung sind, ausgefüllt werden kann. Die Ordnung der typologischen Ansätze zum Franchising besitzt dann folgendes Aussehen: 1. Institutioneller Ansatz nach der Konstellation der Franchise-Partner 2. Genetischer Ansatz nach der Lebensphase der Betriebe bei Einführung des Franchising 3. Funktionaler Ansatz 31. nach der Leistungssubstanz des Franchise-Nehmer-Betriebes gegenüber Verbrauchern und Verwendern 32. nach der Leistungsbereitschaft des Franchise-Nehmer-Betriebes gegenüber Verbrauchern und Verwendern 24 Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H. f a.a.O., S. 23 ff. u n d S. 118 f. 25 Vgl. Heinen, E., Einführung, a.a.O., S. 145 ff.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

33. nach der Leistungssubstanz des Franchise-Gebers dem Franchise-Nehmer

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gegenüber

34. nach dem Beitrag des Franchise-Nehmers zum System.

2121 Institutioneller Ansatz 26 nach der Konstellation der Franchise-Partner Vier grundsätzliche Konstellationen oder Begriffsklassen:

zeigt Hall 27 als empirische Typen

(a) Hersteller — Einzelhändler (b) Hersteller — Großhändler (c) Dienstleistungs-Zentrale — Dienstleistungs-Einzelbetrieb (d) Großhändler — Einzelhändler. Diese erläutert er durch weitere Unterteilungen und Beispiele. I h m folgen Gross und Skaupy 28 sowie Thompson 29, der aber die PartnerKombinationen u m zwei zusätzliche ergänzt und differenziert, sie leicht i n der Wortwahl modifiziert und etwas zwanghaft und ausdrucksmäßig irreführend unter zwei Oberbegriffe oder Superordinations-Typen stellt: (A) Product and Service Franchise Systems (a) Manufacturer — retailer systems (b) Manufacturer — wholesaler systems (c) Wholesaler — retailer systems (B) Trademark Licensing Franchise Systems (d) Τ. M. franchisor — manufacturer systems (e) Τ. M. franchisor — wholesaler or retailer systems (f) Τ. M. franchisor — franchisee group on same level of distribution. Der Einteilung von Thompson ist aus verschiedenen Gründen zu widersprechen. Zum einen w i r d auch innerhalb der „Product and Service Franchise Systems (A)" den Franchise-Nehmern das Recht der Ver26 Siehe zum institutionellen Ansatz auch die ausführliche Diskussion über die „Träger der absatzwirtschaftlichen Aufgabe" bei Nieschlag , R., Dichtl, E., Hörschgen , H., a.a.O., S. 579—664. 27 Vgl. Hall , W. P., a.a.O., S. 62 u n d S. 63. 28 Vgl. Gross , H. u n d Skaupy , W., a.a.O., S. 18f.; Skaupy , W., Das F r a n chise-Vertriebssystem, a.a.O., S. 180. 29 Vgl. Thompson , D. N., Franchise Operations and A n t i t r u s t L a w , i n : Special Issue on Franchising, a.a.O., S. 40 ff.

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

Wendung von „trademarks", also der Fabrik- oder Warenzeichen und Schutz- oder Handelsmarken des Franchise-Gebers implizit oder explizit eingeräumt. Demgemäß ist das „Trademark Licensing " Bestandteil sämtlicher Franchise-Organisationen und damit der übergeordneten, allgemeinsten Begriffsintension des Franchising. Zum anderen subsumiert Thompson unter „T. M. franchisor — wholesaler or retailer systems (e)" die Dienstleistungs- oder Service-Systeme solcher Branchen wie Reinigung, Gastronomie, Hotellerie und Vermietung beweglicher langlebiger Gebrauchsgüter, die begrifflich jedoch unter „Product and Service Franchise Systems (A)" fallen. I n Wirklichkeit scheint das nur indirekt zu entnehmende Differenzierungsmerkmal zwischen (A) und (B) darin zu liegen, daß einerseits vom Hersteller produzierte oder vom Großhändler geschaffene Warensortimente franchisiert werden, andererseits diese direkte Sachgüter-Beziehung nicht existiert. Zumindest nach der Mehrzahl bisheriger Franchising-Definitionen ist die auf die „trademark" allein beschränkte vertragliche Zusammenarbeit nicht hinreichendes Merkmal für ihre begriffliche Erfassung unter dem Franchising. Schließlich zeigen zahlreiche empirische Beispiele, daß auch Hersteller, Großhändler und Dienstleistungs-Zentralen auf derselben Stufe („on same level of distribution") arbeiten, d. h. filialisieren, wie ihre Franchise-Nehmer. Einheitlich subsumieren die genannten Autoren Autohändlerschaf ten, Tankstellen-Netze, Schuh-Vertriebssysteme sowie Porzellan- und Besteck-Geschäfte unter der Hersteller-Einzelhändler-Partnerschaft. Bei Ulmer, Rittner und Schenk/Wölk werden diese zwar nicht als Franchise-Systeme verstanden, jedoch als Vertragshändlerschaf ten, als Organisationen aus speziellen Typen von Handelsvertretern und Kommissionsagenten sowie als autorisierte Händlerschaften jenen ähnlich bezeichnet und diskutiert 3 0 . Ebenso klar werden die Getränke-Abfüller (soft-drink-bottlers) unter Hersteller-Großhändler-Systemen eingeordnet. Hierzu würden auch die „distributorships" nach Kursh zi oder i m Deutschen der Vertragsvertrieb zwischen Industrie und Großhandel 32 zu zählen sein. Die meisten amerikanischen und deutschen Publikationen, die sich nebenbei mit Franchise-Klassifikationen und -Typologien 30 Siehe zu diesen Absatzsystemen XJlmer, P., a.a.O.; Rittner, F., Die Ausschließlichkeitsbindungen i n dogmatischer u n d rechtspolitischer Betrachtung, Düsseldorf 1957; Schenk, H.-O. u n d Wölk, Α., a.a.O., S. 16 f., S. 26 f. u n d S, 34 ff. 31 Vgl. Kursh, H., 1962, S. 24 ff. 32 Vgl. dazu u. a. : ο. V., Kooperation zwischen Hersteller u n d Handel, Ifo untersucht den Vertrags vertrieb m i t dem Großhandel, i n : H B Nr. 140 v. 27.7.1970, S. 8; ferner Laumer, H. u n d Geipl, E., Der Markenartikelvertrieb i n den Ländern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft u n d seine A u s w i r k u n g e n auf den Wettbewerb, Berlin—München 1970; Schenk, H.-O. u n d Wölk, Α., a.a.O., S. 16 ff. u n d S. 30 ff.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

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beschäftigen, fassen die Full-Service-Genossenschaften (cooperative groups) und die Freiwilligen Ketten (voluntary chains) des LebensmittelHandels und anderen Branchen, vor allem Drogerie-Artikel-, Autozubehör·, Hartwaren-, Discount-Geschäfte, i n Großhändler-Einzelhändler-Gruppen zusammen 33 . M i t Ausnahme von Thompson, der die Bezeichnung „Trademark franchisor-wholesaler or retailer systems" für zutreffend hält, benützen die Autoren die Begriffsklasse und Typenbeschreibung Dienstleistangs-Zentrale — Dienstleistungs-Betrieb (service-sponsor — retailer) für die Franchise-Systeme z. B. i n der Gastronomie und Hotellerie, i m Auto- und sonstigen Konsumgüter-Verleih sowie i n der Wäscherei- und Reinigungs-Branche. I n diesem Zusammenhang ergibt sich das Problem tatsächlich wesensmäßiger Überschneidung bzw. teilweiser Identität einerseits und gewollter und historisch bedingter Abgrenzung der Begriffspaare Großhändler —Einzelhändler und Dienstleistung-Zentrale—DienstleistungsEinzelbetrieb andererseits. Beide Gruppen sind, wie sich später noch bei der Definition und sektoralen Einteilung der Dienstleistungen und Dienstleistungsbetriebe zeigen wird, dem Dienstleistungs- oder tertiären Sektor zuzurechnen; denn sie befassen sich nicht m i t der industriellen Herstellung oder Weiterverarbeitung von Produkten, bei der der technische Fortschritt starke Produktivitätssteigerungen erlaubt hat bzw. noch ermöglicht. Dies ist zugleich Ausgangspunkt für die i n den Partner-Konstellationen getroffene Unterscheidung. Die Händler erfüllen ein System verschiedenartiger Funktionen 3 4 i m „Dienste" des Absatzes bereits fertiggestellter physischer Endprodukte. Hingegen beruht die Aufgabe der übrigen Arten von Dienstleistungsbetrieben auf der Wahrnehmung nur einzelner oder weniger Teilfunktionen der Händler oder auf der auftragsgebundenen Endverarbeitung, Installation, Reparatur, Wartung und Pflege halbfertiger bzw. fertiger Sachgüter oder i n der Erstellung immaterieller (nicht physischer) Leistungen. Das Erfahrungs- und Erkenntnisobjekt der vorliegenden Untersuchung umfaßt hauptsächlich nur die beiden Konstellationen Großhandels-/ Einzelhandelsbetrieb und Dienstleistungs-Zentral-/Dienstleistungs-Einzelbetrieb. Jedoch muß an dieser Stelle nachdrücklich betont werden, daß fließende Ubergänge zwischen allen vier genannten Typen auftreten bzw. entstehen können. Diese Tatsache beruht z. B. darauf, daß Hersteller durch Zukauf nicht selbst hergestellter Produkte, nach A b 83 Vgl. neben Hall, Thompson, Gross u n d Skaupy auch Kelley, W., The Franchise System i n Co-operative Drugstores, i n : J o u r n a l of Retailing, 4—1957/58, S. 184—191. 34 Vgl. die Systeme v o n Handelsfunktionen von Oberparieiter, Seyffert, Buddeberg u n d Schäfer, übersichtlich zusammengefaßt u n d kritisch analysiert bei Nieschlag, R., Dichtl., E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 11—17.

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

wägung der Alternative des „Make or B u y " 3 5 , die Großhandelsfunktion für fremde, aber von ihnen franchisierte Sortimentsteile übernehmen und/oder komplementäre (händlerische oder handwerkliche) Dienstleistungen für den Verbraucher/Verwender konzipieren und an den Einzelhändler franchisieren. Der Produzent w i r d i n diesen Fällen also gleichzeitig auch Großhändler- und/oder Dienstleistungszentralbetrieb. 212.2 Genetischer Ansatz nach der Lebensphase der Betriebe bei Einführung des Franchising Eine weitere, erstmals von Gross sehr deutlich angestellte Differenzierung von Franchise-Systemen nach der Lebensphase der Betriebe bei Einführung des Franchising besteht i n der Klassifikation (a) Gründer-Systeme und (b) umstrukturierende Systeme. Es erscheint u. E. aber ebenso möglich, synonym dafür die Bezeichnung originäre und derivative Franchise-Systeme zu wählen. Die Gründer-Systeme sieht Gross vor allem i n den Service-Franchise-Systemen, der Konstellation aus Inhaber eines Service-Systems und Einzelhändlern. Durch Schaffung neuer Gaststätten, Hotels, Reparaturbetriebe etc. und damit neuer „Strukturen und Dimensionen" kommt es zum A u f bau neuer Vertriebsnetzwerke. Dagegen sind seiner Meinung nach z. B. die Freiwilligen Ketten und Genossenschaften umstrukturierende Systeme als Organisationen der Selbsthilfe bereits bestehender Einzelhändler und Großhändler zur Verstärkung und Verjüngung i m Kampf gegen Filialsysteme 36 . Ähnlich wie Gross rechnet auch Tietz, jedoch ohne sie als FranchiseSysteme anzusehen, die Freiwilligen Ketten und Genossenschaften zu den kooperierenden Verbundgruppen aus bestehenden Einzelhandlungen und Großhandlungen. Sie haben sich nach ursprünglich begrenztem Aufgabenbereich über die Entwicklung umfassender Dienstleistungssysteme zu Voll-Service-Ketten und Voll-Service-Genossenschaften gewandelt 37 . Schon früher ging Nieschlag auf die Systemveränderungen der Partnerschaften i m Handel ein. Einerseits haben sie sich als Einkaufsgenossenschaften und Freiwillige Ketten nach dem Prinzip des „ f u l l service", „einer allseitigen tatkräftigen Beratung und Hilfe", zu „Informations- und Bildungszentralen für ihre Mitglieder" ent85 Vgl. dazu Rasch, H., Die W a h l zwischen Selbstherstellung u n d F r e m d bezug als Einkaufs- u n d Investierungsproblem i n der Unternehmung, B e r l i n —München 1968; Nieschlag , R., Dichtl , E., Hörschgen , H., a.a.O., S. 186 f. 36 Vgl. Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 19, S. 20, S. 165 u n d S. 166. 37 Vgl. Tietz , B., Der Weg zur Totalen Kooperation, i n : F f H - M i t t e i l u n g e n , Neue Folge, N r . V I I I / 1 0 , S. 1; siehe auch Kelley, W . T . , a.a.O., S. 186.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

43

wickelt. Andererseits streben sie durch eine „zweite Selektion " „weitgehende Homogenität der Mitgliederkreise" an 3 8 .

eine

Beim genetischen Ansatz stellt sich die Frage nach den Gründen für die A r t und Weise und das Ausmaß des jeweiligen Übergewichts dieser beiden Typen von Franchise-Systemen, und zwar zum heutigen und zu einem zukünftigen Zeitpunkt. Beruht der Tatbestand der völligen Neugründung von Franchise-Systemen und der Umstrukturierung von bestehenden Absatzorganisationen auf willkürlicher, autonomer Entscheidung der Gründer bzw. Initiatoren, oder sind spezifische Umweltbedingungen i n verschiedenen Ländern, Branchen und Unternehmungen von ausschlaggebendem Gewicht? Offensichtlich t r i f f t nur die zweite Alternative zu. Die Verfügbarkeit bzw. NichtVerfügbarkeit von noch nicht bebauten Grundstücken i n bestimmten Ländern, Regionen und örtlichen Lagen, die Unter- bzw. Überbesetzung i n einzelnen jungen oder alten Branchen, gesetzliche Bestimmungen und diverse unternehmensspezifische und produkt- oder güterbezogene Eigentümlichkeiten sowie nicht zuletzt psychologische, soziologische und sozialpsychologische Besonderheiten spielen eine Rolle, die „Gründerbewegungen" und „Strukturwandlungen" entscheidend beeinflussen. I n den weiteren Kapiteln und Abschnitten werden u. a. diese Ursache-Wirkungs-Zusam menhänge ausführlich analysiert werden, so z.B. beim Vergleich der Betriebs-Franchise-Systeme m i t den Freiwilligen Gruppen und i m Teil 3 über die Einflußgrößen des Erfolgspotentials von Betriebs-Franchise-Systemen i m Dienstleistungssektor. Es sei hier hervorgehoben, daß die vorliegende Arbeit sich auf die von Grund auf neu entstehenden Betriebs-Franchise-Systeme, also auf Gründersysteme konzentriert. I m übrigen sollen die Freiwilligen Gruppen nicht unter dem Begriff „Franchise-Systeme" subsumiert werden, was i m einzelnen noch zu begründen sein w i r d ; doch sei hier schon angemerkt, daß w o h l i n den wenigsten Fällen der Umstrukturierung von Lieferanten-Abnehmer-Systemen i n einem Schritt alle Merkmale des Franchising „eingebaut" werden können.

88

Vgl. Nieschlag , R., Der moderne Unternehmungsverbund, i n : Sonderdrude aus: Der österreichische Betriebswirt, B a n d X V I , Jg. 1966, Heft 1, S. 16; ferner: Nieschlag , R., Der Handel erhält neue Wettbewerber, i n : F A Z , Nr. 36, v. 11.2.1967, S. 5; vgl. ferner Knigge, J., Absatzstrategie der F r e i w i l l i g e n Gruppen, a.a.O., S. 17 f. u n d S. 103 f.

44

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

212.3 Funktionaler

Ansatz

212.31 nach der Leistungssubstanz 39 des Franchise-Nehmer-Betriebes gegenüber Verbrauchern und Verwendern Nach A r t oder Gegenstand des Angebots bzw. der Leistungssubstanz an Dritte w i r d mindestens ebenso zahlreich unterteilt, vor allem i n der zweiteiligen Klassifizierung und Typenbildung Product- und ServiceFranchising oder Waren- und Dienstleistungs-Franchise-Systeme. Liff lander sieht als „the two basic forms" die „product distribution franchise" und die „service franchise" an 4 0 . Identisch t r i f f t Gross die grundsätzliche Unterscheidung i n zwei Typen des Franchise-Systems, i n das produkt- und servicebezogene System des Vertragsvertriebs 41 . Je nach dem Uberwiegen einzelner Produkte und Produktgruppen, vollständiger Sortimente oder von Fertigerzeugnissen isolierter Dienstleistungen schlägt der Verfasser aber folgende Einteilung vor: (a) Produkt-Franchising (b) Dienstleistungs-Franchising (ba) von Handelssortimenten (bb) ohne Handelssortimente. A u f diesem Wege kommt auch klarer zum Ausdruck, was aus der Sicht der Franchise-Geber hauptsächlich an die Endverbraucher bzw. Verwender abgesetzt werden soll, und was jeweils i n der Kalkulation des franchisierten Umsatzes des Franchise-Nehmers den größten Kostenanteil trägt. Eine weitgehendere Subordination von Unterbegriffen wäre alternativ oder i n Stufen folgend nach den Kriterien Verwendungszweck, Verwender, Umfang des Franchise-Objektes, Branchen-Arten etc. möglich, so z. B. Investitions- und Konsumgüter, Konsumenten und gewerbliche oder institutionelle Abnehmer (retail and institutional market), Gesamtund Teilsortimente 4 2 , Zeitarbeit, Vermietung usw. 4 3 . A n dieser Stelle t r i t t auch der mögliche warenkundliche Ansatz zutage. 39 Gedanklich fassen Nieschlag/DichtlfHörschgen die absatzpolitischen I n strumente Produktpolitik, Sortimentspolitik u n d Diversifizierung, Garantieleistungen u n d Kundendienst unter dem Begriff „Leistungssubstanz" zusammen. Vgl. Nieschlag , R., Dichtl, E., Hörschgen H., a.a.O., S. 154—195. 40 Vgl. Lifflander, M . L., Types of Franchises and Legal Considerations, i n : Franchising Today 1967—1968, a.a.O., S. 262 ff.; ferner Lapin, Α., I n t r o duktion, i n : Atkinson, J. F., a.a.O., S. V I I . Vgl. Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 165. 42 So schreibt Hall i n Bezugnahme auf die Konstellation „ManufacturerRetailer", wobei es sich u m Waren-Franchising handelt: " I n this category, manufacturers may franchise (a) the entire retail outlet, (b) a single department, or

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

45

Wie bereits i n der Themenstellung und der methodologischen Grundlegung anklang, fällt lediglich das Dienstleistungs-Franchising mit und ohne Handelssortiment schwerpunktartig i n den Objektbereich der übrigen Ausführungen, abgesehen von noch notwendigen Abgrenzungsund Einordnungs-Ansätzen. 212.32 nach der Leistungsbereitschaft 44 des Franchise-Nehmer-Betriebes gegenüber Verbrauchern und Verwendern Nach dem Standort oder der Kontaktform des Franchise-Nehmers mit seinen Kunden teilt Kursh i n die „conventional " und „mobile franchise' " ein. Die konventionelle Franchise besteht i n „the type i n which you can almost visualize an over-the counter product business, or a service business rendered from an office, even from the corner of the garage, . . ." 4 5 . Die „mobile Franchise "-Methode versteht er als „business on wheels". Ähnlich gliedert Tietz i n Anlehnung an Kursh i n stationäres, halbstationäres und mobiles oder ambulantes Franchising 46 . Eine noch weitere Aufteilung mit dem Vorteil der Anschaulichkeit und dem Nachteil ungenauer Formulierung der qualitativen Merkmalsausprägung nimmt Seltz m i t „four different types of franchise operations" vor: (a) service-type-franchise (Dienst-Typ) (b) office-type-franchise

(Büro-Typ)

(c) store-type-franchise (Laden-Typ) (d) sales-type-franchise (Verkaufs-Typ) 47 . So w i r d beim Büro- und Ladentyp die Leistung des Franchise-Nehmers i m Büro- bzw. Ladengeschäft, also stationär, erbracht und ab(c) a line w i t h i n a department i n particular retail outlets." Hall, W. P., a.a.O., S. 62. Ä h n l i c h w i r d i n Deutschland z . B . von den Begriffen „AbteilungsFranchising„Depot-Franchising", „Handelsmarken" der F r e i w i l l i g e n G r u p pen etc. gesprochen. 43 Beispiele solcher Klassifizierung finden sich i n Nachschlage-Broschüren w i e Franchise Annual, Edition 1969, National Franchise Reports, Hrsg. Rogers Sherwood, Chicago, insbesondere S. 19—25; 1969 Directory of F r a n chising Organizations, Hrsg. Pilot Industries, New Y o r k 1969, insbesondere S. 3—63; Franchise Company Data. For Equal Opportunity i n Business, Hrsg. U. S. Department of Commerce, Business and Defense Services Administration, February 1968. 44 Unter Leistungsbereitschaft verstehen Nieschlag/Dichtl/Hörschgen die gedankliche Subsumption der absatzpolitischen Instrumente Betriebsgröße, Standort, Absatzmethode sowie Betriebs- u n d Lieferbereitschaft. Hier k o m men f ü r die Differenzierung von Franchise-Betrieben n u r Standort u n d Betriebsgröße als K r i t e r i e n zur Verwendung. Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 122—154. « Kursh, H., 1962, a.a.O., S. 18. 4 « Vgl. Tietz, B., Typologie des Franchising, a.a.O., S. 195 f. « Vgl. Seltz, D. D., a.a.O., S. 31, S. 162 u n d S. 187 ff.

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

gesetzt. Beim Verkaufs-Typ bemüht sich der Franchise-Nehmer für den Verkauf von Produkten, Sortimenten oder Dienstleistungen zur Wohnung des Konsumenten oder zum Betrieb der gewerblichen Abnehmer, was als door-to-door-selling bezeichnet wird. Beim Dienst-Typ kann es sich sowohl um eine stationär i n einem Handwerks-Betrieb als auch um eine mobil auf einem Spezial-Fahrzeug oder i m Anwesen des K u n den erbrachte und abgesetzte Dienstleistung handeln. Nach der Größe des Franchise-Nehmer-Betriebes und der Größe des Franchise-Systems ordnet Atkinson unter der Uberschrift „Separating ,Big' from ,Smair". Dabei sieht er als small-business-Franchisen solche m i t einer Errichtungs-Investition von weniger als US-Dollars 100 000.— an. Hingegen zählt er Franchisen mit höherem Investitions-Volumen sowie Franchisen m i t einer Investoren-Gemeinschaft und Autohändlerschaften, Tankstellen, Auto-Zubehör-Händler und Getränke-Abfüller nicht zu den small-business-Franchise-Systemen 48 . Diese wohl mehr nach dem Untersuchungszweck willkürlich gezogene Grenze zwischen nach quantitativen Aspekten konstruierten Franchise-System-Typen vermeidet Oxenfeldt m i t der Einteilung i n (a) franchise systems built up of small licensees exploiting the franchisee's family labor (b) franchise systems composed of very substantial units run by higly professional managements and employing many persons 49 . 212.33 nach der Leistungssubstanz des Franchise-Gebers gegenüber dem Franchise-Nehmer Besondere Beachtung w i r d i n der neueren Literatur der klassifizierenden Division und der typologischen Abstufung des Franchising-Begriffes i n (a) Produkt-Franchising und (b) Betriebs-Franchising geschenkt, die wohl zum ersten Mal von Lewis und Hancock publiziert worden ist. "The franchise may be granted for only one product, a line of products, or for an entire institution. Hence, i t may be said there are two distinct types of franchise methods used i n the distribution of consumer goods and services. One is the franchising of products; the other is the franchising of entire business enterprises. . . . When a franchise is extended to a business enterprise, therefore, i t becomes not only a method of selling products and services, but also 48 Vgl. Atkinson , J. F., a.a.O., S. 6 f. « Vgl. Oxenfeldt, A . R. u n d Thompson,

D. N., a.a.O., S. 5.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

47

a device which encourages the formation of new marketing institutions 5 0 ." H. L. Rudnick faßt beide Arten als Exponenten eines weiten Feldes franchisierter Distribution auf, die auch als „ideale" Extremtypen bezeichnet werden können. A m einen Ende steht die einfache Gewährung eines Verkaufsrechtes für ein Produkt, am anderen Ende „a comprehensive business arrangement " m i t der Überlassung von Namen, Warenzeichen und Know-How, bei kontinuierlicher Führung i n allen Betriebsbereichen. .., each franchised establishment has the same design and appearance, sells the same products or renders the same service, and appears to the public as a unit i n a chain organization 5 1 . , , Diesen Typus bezeichnet L. G. Rudnick als „business format franchising " i m Gegensatz zum „product distribution franchising" 52 . Ähnlich spricht Baert von „une double signification" oder „deux types distincts de systèmes de franchise" 53 . „ L ' u n étant la franchise de biens ou de produits, Tautre étant la franchise d'une entreprise commerciale 54 ." Vom Aspekt der Belieferung ausgehend, hebt Meloan 55 die Belieferung als K e r n der Produktfranchisen für Autos, Benzin etc. heraus. Zwar ist die Warenzustellung auch innerhalb der Freiwilligen Ketten und Genossenschaften nach wie vor von Bedeutung; doch geht der Trend bei diesen neben der Verpflichtung der Benutzung eines gemeinsamen Zeichens und einer einheitlichen inneren und äußeren Gestaltung zunehmend zu „Full-Service"-Leistungsangeboten, „wie sie die Zentrale einer Filialunternehmung ihren weisungsgebundenen Filialen gegenüber erfüllt" 5 6 . Hingegen zeigt sich i n den Franchise-Systemen neuester Prägung die Darbietung einer standardisierten äußeren Form, einer spezifischen Vertriebsweise und einer umfangreichen und intensiven Service-Gewährung von vorrangiger Bedeutung. Dabei n i m m t «ο Lewis, E. H. u n d Hancock, R. S., a.a.O., S. 4. si Rudnick, H. L., Legal Problems i n Supply to Franchisees, i n : Franchising Today 1967—1968, a.a.O., S. 173. L . G. Rudnick, Partner v o n H. L . Rudnick i n der gleichen auf Franchising spezialisierten Anwaltskanzlei, i n seinem V o r t r a g „ T h e Legal Aspects of Creating and Expanding a Franchise Business" a m 24.10.1971 auf dem International Franchise Congress, Rüschlikon—Zürich, 23.—25.10.1971. μ v g l . Baert, G. N., a.a.O., S. 3. 64 Ebd., S. 3. 65 Vgl. Meloan, T. W., The O l d and New of Franchise Marketing, A M A 1966 F a l l Conference Proceedings, zitiert v o n Gross, H . u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 2 u n d S. 165 ff. « Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 598. Eine Analyse der Absatzstrategien der F r e i w i l l i g e n K e t t e n unter besonderer Berücksichtigung der Finanzierung des Einzelhandels findet sich bei Knigge, J., Richtige Finanzierung — Sichere Marktchancen. Absatzstrategie i n der Konzeption der F r e i w i l l i g e n Gruppen, F r a n k f u r t / M a i n 1970 (Zitierweise: Absatzstrategie der F r e i w i l l i g e n Gruppen).

4:8

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

die Zentrale nur noch selten die Belieferung direkt vor, sondern überläßt sie autorisierten Bezugsquellen 57 . Knapp und am prägnantesten skizziert Munsinger Wesen, Umfang und Grundlagen der Leistungssubstanz des Franchise-Gebers beim Produkt- und Betriebs-Franchising: "The franchise package represents the total support provided by the franchisor. . . . w i t h varying configurations, depending on the nature of the product and/or service and the type of business. . . . The package itself is developed according to marketing management, financial management, personnel management, and general administration 5 8 . , , Soweit es sich u m von Fertigprodukten isolierte Dienstleistungsbetriebe handelt, wozu folglich Handelsbetriebe nicht zu zählen sind, w i r d i n den meisten Fällen von den Franchise-Nehmern auch die „Produktion" dieser Güter selbst erbracht. Beispiele dafür sind die Zubereitung von Speisen i n der Gastronomie, die Reinigung von Kleidung oder Gebäuden, die Reparatur von K r a f t fahrzeugen oder Schuhen etc. I n diesen Fällen könnte man i n Ergänzung von Munsinger auch von „manufacturing" oder „processing management" sprechen. Beim Betriebs-Franchising bezieht sich also die Leistungssubstanz (Package) des Franchise-Gebers auf die Errichtung und Führung ganzer Betriebe i n ihren sämtlichen Funktionsbereichen. Al Lapin fand das Schlagwort dafür: "It's a business-business 59 ." I n Anlehnung an Edlich können als notwendige Merkmale des Betriebscharakters die Selbständigkeit der Betriebsaufgabe und der Betriebsleitung, die Geschlossenheit der Organisation und die Bildung einer lebendigen Ganzheit angesehen werden 6 0 . Als Voraussetzung für die Existenz eines Betriebs-Franchise-Systems muß des weiteren die notwendige Bildung einer Gruppe als Verbindung mehrerer Organisationseinheiten m i t Betriebscharakter gegeben sein 61 . Die häufigste Anwendung des BetriebsFranchising t r i f f t man i m Konsumgütersektor und vor allem i m Dienstleistungsbereich an 6 2 . I n engem Zusammenhang m i t der Klassifizierung i n Produkt- und Betriebs-Franchising stehend, müssen auch die von Tietz i n seiner „Typologie des Franchising" unterschiedenen Warenkontraktund Absatzprogrammkontrakt-Systeme als Typen des Franchising i m engeren Sinne aufgefaßt werden. „Bei Warenkontrakten ist der Vertragsgegenδ7 Vgl. auch Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 166. 58 Munsinger, G. M., Franchising: A n Alternative To Independent Operation, a.a.O., S. 3. 59 Lapin, Α., President, International Industries, Inc., Beverley Hills., Calif. co v g l . Edlich, H.-G., Die Zweigniederlassung als Organisationsform, B e r l i n 1965, S. 12. 61 Vgl. ebd., S. 13. 62 Vgl. Rothenberg , A . M., A Fresh Look at Franchising, a.a.O., S. 53 f.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

49

stand die Produktion und/oder der Absatz einer Ware oder eines genau festgelegten Warenprogramms i n der Regel m i t Vertriebswegebindungen, jedoch ohne Vereinbarungen über weitere Elemente des Absatzprogramms beim Kontraktnehmer. . . . Bei Absatzprogrammkontrakten handelt es sich u m Verträge über den Absatz von Warensortimenten, die eingehende Vereinbarungen über das Absatz- und Beschaffungsprogramm des Kontraktnehmers zum Inhalt haben. Sie sind vorwiegend zwischen Großhändlern und Einzelhändlern verbreitet und beziehen sich fast ausschließlich auf Konsumgüter und Dienstleistungen 63 ." I n bezug auf das Absatzprogramm-Franchising macht Tietz nach dem K r i t e r i u m des Anteils des franchisierten Sortiments bzw. Dienstleistungsprogramms am Betrieb des Kontraktnehmers die Unterscheidung i n Betriebs - und Abteilungs-Franchising 64. Dieser Begriffswahl zu folgen, erscheint nicht sinnvoll, da das „Betriebs-Franchising" nach Tietz nicht m i t dem von uns gewählten „Betriebs-Franchising" identisch ist, vielmehr jenes nur eine Unterart des letztgenannten darstellt. Ferner steht dem entgegen, daß m i t „Betriebs-Franchising" als Pendant zum „Produkt-Franchising" der Umfang bzw. Objektbereich der Beziehungen zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer angesprochen wird. Er umfaßt die Gesamtheit der absatz- und übrigen betriebspolitischen Instrumente, die der Franchise-Geber zur Verfügung stellt bzw. für die er Hilfe gewährt. Insofern t r i f f t auch Tietz' Begriff „Absatzprogramm-Franchising" den Tatbestand nicht voll. Eher noch würden sich die von Tietz als Unterteilung der Absatzprogrammkontrakte nach der Intensität der Zusammenarbeit gewählten Bezeichnungen „Partial - und Total-Kontrakte" als Alternative zur Klassifikation „Produkt- und Betriebs-Franchising" eignen. Doch käme auch i n diesem Fall der Gegenstand bzw. Sachcharakter der Systembeziehungen nicht i n genügend plastischer Form zum Ausdruck. Gegen die Ubersetzung des von Lewis und Hancock benutzten Ausdrucks „entire business enterprise franchising " i n Unternehmens-Franchising und für den Gebrauch des Begriffs „Betriebs-Franchising" sprechen drei Gründe. Erstens werden i n bezug auf die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung systemindifferente Tatbestände angesprochen. Zweitens können nicht die rechtliche Verfassung, sondern nur die technischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Aspekte den Gegenstand von Franchise-Rechten darstellen. Drittens schließlich können Unteres Tietz , B., Typologie des Franchising, a.a.O., S. 195. « 4 Vgl. ebd., S. 195; vgl. auch frühere Beiträge von Tietz zum Franchising: Tietz, B., Franchise — ein Vertriebssystem m i t vielen Gesichtern, a.a.O.; Tietz, B., Der Weg zur Totalen Kooperation, i n : FfH-Mitteilungen, hrsg. v o n der Forschungsstelle für den Handel, Berlin, Neue Folge, N r . V I I I / 9 , 10 u n d 11, September, Oktober u n d November 1967. 4 Knigge

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

nehmungen aus mehreren verschiedenartigen Betrieben bestehen, beim Franchising jedoch werden einzelne oder eine Mehrzahl gleichartiger Betriebe franchisiert. Festzuhalten bleibt, daß nur Betriebs-FranchiseSysteme, nicht aber Produkt-Franchise-Systeme i n den Gegenstandsbereich der weiteren Untersuchung fallen. Beide sollen aber i m nächsten Kapitel (213.) noch einer tief ergehenden Analyse durch Vergleich ihrer Merkmalsausprägungen unterzogen werden, wobei hervorzuheben sein wird, als wie vielfältig und bedeutungsvoll die Unterschiede zwischen beiden Typen zu erachten sind.

212.34 nach dem Beitrag des Franchise-Nehmers zum System Der Beitrag des Franchise-Nehmers zum System w i r d vor allem nach zwei Gesichtspunkten unterschieden. Das erste Kriterium, das als Merkmal für eine quantitative Division oder Typensubordination des Franchise-Begriffes gelten kann, ist das der Gebietsgröße und Zahl der Franchisen, die der Franchisee übernimmt. Es handelt sich dabei u m die Fragen, ob der Franchise-Nehmer ein Gebiet zugewiesen bekommt, i n dem er alternativ nur einen Betrieb führen darf oder das Recht und die Pflicht hat, selbst mehrere Filialen zu eröffnen oder weitere Unter-Franchisen an Dritte zu vergeben 65 . Geläufig sind dafür die amerikanischen Begriffe (a) operating franchise und (b) territorial franchise 66 . Synonym werden für (a) die Ausdrücke owner-operator franchise oder individual franchise verwendet, i m Deutschen Einzel- oder IndividualFranchise, für (b) master franchise 67 , area franchise 68 oder global franchise, i m Deutschen vornehmlich Gebiets- oder Global-Franchise. Als Unterfall der operating franchise sehen Tietz und Skaupy die Gewäh65 I n diesem Zusammenhang muß auch zum Vergleich das deutsche Recht bezüglich Lizenzen an Patenten u n d Gebrauchsmustern erwähnt werden, wobei i n ausschließliche u n d einfache Lizenzen unterteilt w i r d . Weitere Unterarten f ü r beide Klassen sind unbeschränkte (Generallizenzen), zeitlich beschränkte, persönlich oder betriebsmäßig beschränkte (Betriebslizenzen) oder benutzungsmäßig beschränkte (Herstellerlizenzen, Betriebslizenzen). I m F a l l der ausschließlichen Lizenzen ist der Lizenznehmer auch zur V e r gabe v o n Unterlizenzen berechtigt. Vgl. Lindenmaier, F., Stichwort: Lizenzen, a.a.O., Sp. 3816; ferner Stumpf, H., a.a.O., S. 144 ff. u n d S. 155 ff. 66 Vgl. Kursh, H., 1962, a.a.O., S. 18 ff. 67 Vgl. G f K , Franchising — Boom, a.a.O., S. 159; Woll, M., Sources of Revenue to the Franchisor and Their Strategic Implications, i n : Special Issue on Franchising, a.a.O., S. 18. 68 Vgl. Lapin, Α., Expanding Sales Through Franchising, i n : Management Aids for Small Manufacturers, Hrsg. Small Business Administration, Washington, D.C., No. 182, March 1966, S. 3; Kursh, H., 1962, a.a.O., S. 13.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

51

rung eines exklusiven oder nicht exklusiven Gebiets 69 . Rothenberg 70 und, i n Anlehnung an diesen, ein Autor von der Bank of America 7 1 gliedern die „operating franchise" nach dem wesentlichen Unterscheidungsmerkmal der Verträge und „Packages" i n co-ownership franchise, co-managership franchise, lease franchise , licence franchise, manufacturing franchise sowie distributorship franchise . I n manchen Fällen w i r d i n Verbindung m i t der „territorial franchise" oder auch unabhängig davon eine sogenannte „commissary franchise " vergeben, die das Recht der ausschließlichen Belieferung der Franchise-Nehmer innerhalb eines bestimmten Gebietes beinhaltet 7 2 . Das zweite K r i t e r i u m für den System-Beitrag des Franchise-Nehmers, das gleichzeitig als ein letztes und mehrfach i n der Literatur anzutreffendes für die Klassifizierung oder Typenkonstruktion zu nennen bleibt, ist das des Finanzierungs- und Managementanteils des Franchise-Nehmers am Franchise-Betrieb. So unterscheidet Tietz i n (a) direktes Franchising und (b) indirektes Franchising 73 . Bei letzterem w i r d eine Trennung vollzogen zwischen Kapitalgeber und Betriebsinhaber bzw. Manager als Franchise-Nehmer. Das indirekte Franchising w i r d auch Absentee Ownership Plan 74 oder CorporationFranchising 75 genannt. Ähnliche Tatbestände bei einer 50/50 % Beteiligung von Franchise-Geber und Franchise-Nehmer und bei einer Beschränkung des Franchise-Nehmers auf die reine Betriebsführung benennt Rothenberg co-ownership- bzw. co-management franchise 76 .

e« Vgl. Tietz, B., Typologie des Franchising, a.a.O., S. 197; Gross, H . u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 212 f. 70 Vgl. Rothenberg, Α. M., A Fresh Look at Franchising, a.a.O., S. 53 f. 71 Vgl. B a n k of America (Hrsg.), The Franchise Business, i n : Small business reporter, B a n k of America, Small Business Advisory Service, Vol. 6, No. 12, 1965, S. 3 f. 72 Dies ist u. a bei der Convenient Food Mart, Inc., Chicago, einem System von Bequemlichkeits- u n d Nachbarschaftsläden des Lebensmittelhandels der Fall. Vgl. dazu Ausführungen von Dr. W. R. Sandberg, National Sales Director, auf dem International Franchise Congress i m Gottlieb D u t t w e i l e r I n stitut, Rüschlikon—Zürich, 23.—25.10.1971, i n seinem Vortrag „ N e w Opportunities Abroad i n the A d a p t i o n of Convenient Food M a r t Stores" a m 25.10.1971. 73 Vgl. Tietz, B., Franchise — ein Vertriebssystem m i t vielen Gesichtern, a.a.O., S. 498. 74 Vgl. Baert, G. N., a.a.O., S. 13. 76 Vgl. Gross, H., Neue Franchise Systeme, i n : H B v. 24.12.1970, S.9. 7β Vgl. Rothenberg, A . M., A Fresh Look at Franchising, a.a.O., S. 53. 4*

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

212A Zusammenfassung und Kombination typologischen Ansätze

der

Zusammenfassend und zum besseren Uberblick über die Klassifikation und Typenbildung des Franchising sei Schaubild 2 zusammengestellt. A u f die Konstruktion und graphische Darstellung einer Begriff spy ramide soll hier verzichtet werden; denn da die Reihenfolge der Kriterien für die „Pyramidenstufen" nicht zwangsläufig ist, ergibt sich eine Vielfalt alternativ aufstellbarer Begriffshierarchien. Ebenso gelangen i m Schaubild 2 nur Typen des Franchising m i t eindimensionalem Partial-Charakter 77 zur Abbildung. Sie wurden i n den vorangegangenen Abschnitten dargelegt und diskutiert. A u f der Grundlage dieser partial-typischen Analyse und m i t Hilfe des zusammenfassenden Überblicks erscheint es nunmehr möglich, die i n der Realität empirisch konstatierbaren, die theoretisch denkbaren sowie die planerisch konstruierbaren Franchise-Systeme als mehrdimensionale Total-Typen 78 zu determinieren und darzustellen. Es würde jedoch den dieser Arbeit zur Verfügung stehenden Raum sprengen, wollte man den Versuch unternehmen, allein nur jede Klasse bzw. jeden Partial-Typen eines Kriteriums mit jeder Klasse bzw. jedem Partial-Typen aller anderen Einteilungskriterien des Franchising zu kombinieren; denn es ergäben sich, wie aus dem Schaubild leicht zu ermitteln ist, 1152 unterscheidbar strukturierte Franchise-Systeme. Einerseits würden erstens viele von diesen lediglich i n der Ausprägung eines einzigen Merkmals differieren, was die Reduktion auf eine geringere Zahl der Kombinationen nahelegt, u m auf dem Wege dieser Vereinfachung einen klareren Überblick zu bekommen. Zweitens verbietet die vorgenommene begrifflich-klassifikatorische bzw. eindimensionale partial-typische Abgrenzung nach den Kriterien Konstellation, Angebot an Dritte und Leistungssubstanz des Franchise-Gebers i n einigen Fällen realitätsfremde und auch i n logischer Hinsicht falsche Annahmen. Eine solche Falsifizierbarkeit läge z. B. bei Franchise-Systemen vor, die sich aus Dienstleistungs-Zentrale und DienstleistungsEinzelbetrieben zusammensetzen und die vom Produkt-Franchisor bezogene Fertigwaren, nicht aber franchisierte Dienstleistungen an Dritte absetzen. Ebenso unlogisch und i n der praktischen Wirklichkeit unhaltbar wäre die Hypothese, daß bei Franchise-Organisationen, die aus einem Großhändler und mehreren Einzelhändlern bestehen, ProduktFranchising, hingegen nicht Sortiments-Franchising betrieben wird. Andererseits legt die empirische Wirklichkeit nahe, die jeweils nach einem der acht Kriterien differenzierten Partial-Typen selbst mitein77 Siehe zu diesen formalen M e r k m a l e n von Typen die Ausführungen i n Abschnitt 122. 78 Siehe ebd.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

53

ander zu verbinden. Dieser Schritt erhöht wiederum die Vielfalt und Komplexität der möglichen Franchise-Systeme. Die soeben angestellten kombinatorischen Überlegungen zur Bildung von mehrdimensionalen Total-Typen erfordern aber wegen ihres relativ starken Abstraktionsgrades eine weitere Verdeutlichung an einem Beispiel aus der Praxis. So handelt es sich bei einem Motel-FranchiseSystem u m die Konstellation von Dienstleistungs-Zentrale und Dienstleistungs-Einzelbetrieben, die Dienstleistungen an Dritte absetzen. Dabei erfaßt die Leistungssubstanz des Franchisors die Struktur und die Prozesse sämtlicher Funktionalbereiche oder anderer Subsysteme des Franchise-Nehmer-Betriebes. Die Motels werden völlig neu errichtet und sind als stationäre Großbetriebe anzusehen. Sie werden i n der Regel einzeln franchisiert, und zwar an Investoren, die den einzelnen Betrieb nicht persönlich leiten, sondern von angestellten Managern führen lassen. Jedoch gibt es auch eine Reihe von Motel-Franchise-Systemen, die kombiniert auf der Basis von Einzel-Franchisen und Gebiets-Franchisen errichtet werden.

Schaubild 2: Typen des Franchising Kriterien

P a r t i a l - T y p e n des Franchising bzw. der Franchise Systeme

Konstellation

H/GH-Franchising, H/E-Franchising, G H / E H Franchising, DZ/DE-Franchising

Lebensphase

Umstrukturierende Franchise-Systeme, GründerFranchise-Systeme

Leistungssubstanz des Franchise-Nehmers

Produkt-Franchising, Dienstleistungs-Franchising von Handelssortimenten, Dienstleistungs- F r a n chising ohne Handelssortimente

Standort

stationäres Franchising, halbstationäres Franchising, mobiles Franchising

Betriebsgröße

Kleinbetriebs-Franchising, GroßbetriebsFranchising

Leistungssubstanz des Franchise-Gebers

Produkt-Franchising,

Gebietsgröße

Einzel-Franchising, Gebiets-Franchising

Kapital/Management

direktes Franchising, indirektes Franchising

Betriebs-Franchising

54

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor 213. Die Merkmale der Betriebs-Franchise-Systeme und der Produkt-Franchise-Systeme i m Vergleich

Nach der Übersicht über die klassifikatorischen und typologischen Versuche zum Franchising und der allgemeinen Einordnung des Betriebs-Franchising soll nun eine tiefergehende Erörterung der spezifischen Merkmale des Betriebs-Franchising, ihrer Ausprägungen sowie ihrer Kombinationen bzw. Interdependenzen vorgenommen werden. Sie erfolgt i m Zuge einer vergleichenden Analyse m i t den Produkt-Franchise-Systemen. Die Heraushebung und ausführliche Diskussion dieser beiden Typen erscheint unbedingt erforderlich, w e i l i m gesamten übrigen Teil dieser Untersuchung, mit Ausnahme von Abschnitt 221, ausschließlich Betriebs-Franchise-Systeme, nicht aber Produkt-FranchiseSysteme die explizite oder implizite Grundlage der Analyse bilden. Zugleich sei nochmals betont, daß dabei die Konstellationen Hersteller — Großhändler und Hersteller — Einzelhändler außer acht bleiben. Produkt - und Betriebs-Franchsing stellen mit der ideal-typischen Hervorhebung des signifikantesten Merkmals die Extreme einer breiten Palette von Franchising-Typen dar. Diese Sichtweise führt zu der Schlußfolgerung, daß zwischen oder unter diesen Typen eine Vielfalt abgestufter Typen existiert, deren Ubergänge zuweilen fließend sind 7 9 . Diesen fließenden Übergängen empirischer Typen nachzugehen und die Entwicklung bestimmter Typen des Franchising i n der Realität zum Betriebs-Franchising zu analysieren, kommt i n diesem Abschnitt u. a. eine gewisse Bedeutung zu. Ausgangspunkt für die Identifizierung des Typus „Betriebs-Franchising" und für den Vergleich m i t dem Produkt-Franchising und „dazwischen" liegenden Typen bildet die allgemeine Franchising-Definition des Verfassers. Die darin enthaltenen Merkmale . die mehr nach satztechnischem und sprachlichem Aspekt i n bestimmter Reihenfolge hintereinandergesetzt sind, werden zweckmäßigerweise i n eine neue Ordnung gebracht. Sie trägt der relativen Bedeutung der Unterschiede zwischen den beiden Typen besser Rechnung und hat folgendes Aussehen: (1) vertikal-kooperative Beziehungen, (2) Leistungen an Dritte, (3) Schutzrechte und Kenntnisse des Franchise-Gebers, (4) betriebswirtschaftlich-organisatorisches Gebers,

Programm

des Franchise-

(5) Entgelt an den Franchise-Geber, ™ Zur Abstufbarkeit der Typen und zu ihren z. T. fließenden Übergängen siehe Abschnitt 122.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

55

(6) dauerhaft bindender Vertrag, (7) rechtlich selbständig bleibende Unternehmungen 80 . 213Λ Vertikal-kooperative Beziehungen Leistungen an Dritte

und

Die vertikal-kooperativen Beziehungen sind Relationen zwischen Unternehmungen, die unterschiedlichen Wirtschaftsstufen oder Gliedern der Handelskette i m Seyffertschen 81 Sinne angehören. Sie bestehen bei Betriebs-Franchise-Systemen i n der Regel zwischen Großhändlern und Einzelhändlern sowie zwischen Dienstleistungs-Zentralbetrieben und Dienstleistungs-Einzelbetrieben, während die Produkt-Franchise-Systeme durch Hersteller — Großhändler- und Hersteller — Einzelhändler-Konstellationen gekennzeichnet sind. Daß auch die beiden letzteren Partner-Konfigurationen Betriebs-Franchise-Systeme bilden können, zeigen die Vertragshändlerschaften bedeutender Automobilfirmen, die Agenturen der ölkonzerne, die Getränke-Abfüller und die Allein-Verkäuferschaften einiger Hersteller von Schuhen, Bestecken oder Textilien 8 2 . Darauf w i r d bei den weiteren Ausprägungen der einzelnen Merkmale noch einzugehen sein. Als häufigsten Typ der Konstellation beider Arten von FranchiseSystemen t r i f f t man die vorgenannten Zweier-Kombinationen 8 3 an. I n bestimmten Branchen, bei gewissen Produkten oder Dienstleistungen werden jedoch auch Großhändler zwischengeschaltet m i t Gebiets-Franchisen für Filialen oder Sub-Franchisen oder mit franchisi ertem Recht der Belieferung der Einzelhändler oder Dienstleistungs-Einzelbetriebe als direkte Franchise-Partner des Herstellers oder Dienstleistungs-Zentralbetriebes. Vereinfachend ausgedrückt kann gesagt werden: I n der 8® Vgl. die Definition des Franchising a m Schluß von Abschnitt 211. ei Vgl. Seyffert, R., Wirtschaftslehre des Handels, 4. Aufl., Köln/Opladen 1961, S. 525 ff.; siehe auch Sundhoff , E., Absatzorganisation, Wiesbaden 1958, S. 49. 82 Z u solchen Hersteller-Händler-Betriebs-Franchise-Systemen rechnet der Verfasser die v o m ursprünglichen reinen Waren-Franchising über die E n t w i c k l u n g von den ganzen Betrieb umfassenden Dienstleistungs- u n d Organisations-Paketen extensivierten u n d intensivierten Beziehungen z. B. des Volkswagen-Werkes, von Coca-Cola, Esso, Salamander, Württembergische Metallwaren-Fabrik, Rodier etc. zu ihren Partnern. Vgl. hierzu auch die Studie v o n Schenk/Wölk über Vertragshändlerschaften, HandelsvertreterSysteme, autorisierte Händlerschaften u n d andere Vertriebssysteme zwischen Industrie u n d Handel: Schenk , H.-O. u n d Wölk , Α., a.a.O. 83 Bidlingmaier spricht hier v o n einstufiger Kooperation, obwohl zwei Wirtschaftsstufen zusammenarbeiten. Vgl. Bidlingmaier, J., Begriff u n d Formen der Kooperation i m Handel, i n : Absatzpolitik u n d Distribution, hrsg. v o n Bidlingmaier, J., Jacobi, H., Uherek, E. W., Wiesbaden 1967? S. 353— 395, hier S. 361.

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

Regel sind beim Betriebs-Franchising die Franchise-Systeme (Großhändler —Einzelhändler oder Dienstleistungszentrale—DienstleistungsEinzelbetrieb) innerhalb des tertiären Sektors etabliert. Hingegen w i r d beim Produkt-Franchising (Hersteller — Großhändler oder Hersteller — Einzelhändler) generell vom sekundären i n den tertiären Sektor hinein franchisiert 84 . Ebenso könnte man aus dieser Sicht zum einen von intrasektordlem Franchising und zum anderen von intersektoralem Franchising sprechen. I n Anlehnung an Ν ieschlaglDichtll Hörschgen wären die beiden System-Typen auch dadurch zu charakterisieren, daß i m ersten Fall die Marketing-Konzeption der Absatzorganisation von Großhändlern oder anderen Dienstleistungsschöpfern ausgeht und dominiert wird, während sie i m zweiten Fall von Herstellern initiiert und getragen wird. Die Produkt-Franchise-Systeme der Produzenten und die Betriebs-Franchise-Organisationen der Dienstleister sind damit u. a. auch als Ergebnisse der Bemühungen einzelner Mitglieder verschiedener Wirtschaftsstufen zu betrachten, ihre konzeptionelle und damit w i r t schaftliche Autonomie i m „Kampf" m i t der jeweilig anderen Stufe zu bewahren bzw. diese Eigenständigkeit und Marktmacht neu zu erringen 8 5 . Dabei t r i t t das Phänomen der „countervailing power" deutlich zutage. Zu den Leistungen an Dritte gehört beim Betriebs-Franchising i m Handel primär der Vertrieb eines genau festgelegten, vom Großhändler und/oder von autorisierten Lieferanten zu beziehenden, den ganzen Betrieb abdeckenden Waren-Sortiments, sowie eventuell ergänzender, vom Großhändler vorgeschriebener Garantie- und Kundendienstleistungen. Bei anderen Dienstleistungsbetrieben bildet der Absatz eines vom Dienstleistungszentralbetrieb entwickelten speziellen Dienstleistungsprogramms den K e r n oder die Ausgangsbasis der Partner-Beziehungen. Hingegen handelt es sich beim Produkt-Franchising u m den Vertrieb eines einzelnen Fertigproduktes oder einer Fertigproduktgruppe, die aber i n den seltensten Fällen das betriebsnotwendige Sortiment des Groß- oder Einzelhändlers voll zu gestalten imstande ist. Nach dem K r i t e r i u m „Leistung an Dritte" würde das von uns i n vielseitigerer Hinsicht aufgefaßte Betriebs-Franchising m i t der Vorstellung Tietz' vom Betriebs-Franchising 86 zusammenfallen. Das Vorliegen dieses Merkmals besagt ebenso, daß für den Franchise-Geber die Filialisierung die eindeutige und gangbare Alternative zum Betriebs84 Bidlingmaier bezeichnet diesen Tatbestand strittigerweise einerseits m i t horizontaler u n d andererseits m i t vertikaler Franchise. Vgl. ebd., S. 388. es Vgl. zur A n t i n o m i e der Marketing-Träger Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 650 ff. 86 Vgl. Tietz, B., Typologie des Franchising, a.a.O.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

57

Franchising darstellt; denn auch sie enthält die Möglichkeit der rechtlich und finanziell selbständigen Führung. Der Franchisor müßte i n der Lage sein und wirtschaftlich vernünftiges Interesse haben können, m i t dem gleichen Umfang an Produkten oder Dienstleistungen, mit denen er den Franchisee beliefert bzw. für die er diesem die Beschaffung regelt, auch einen ganzen Betrieb zu betreiben. Wenn die Produkte oder Dienstleistungen des Franchise-Gebers also einen nicht überwiegenden Anteil am „Sortiment" und Umsatz des Franchise-Nehmers haben, dürfte ein eigenes Filialsystem kaum sinnvoll sein. Das t r i f f t bei den Produkt-Franchisoren i n den meisten Fällen zu.

213.2 Schutzrechte und Kenntnisse des Franchise-Gebers Eine klare Abgrenzung zwischen Produkt-Franchisen und BetriebsFranchisen in bezug auf die jeweilig besonders aktivierbaren Schutzrechte wie Namen, Warenzeichen, Ausstattung u. a. läßt sich nicht leicht treffen. Von den eintragungsfähigen Rechten wie Patenten, Warenzeichen, Gebrauchsmustern und Geschmacksmustern 87 w i r d bei BetriebsFranchise-Systemen i n den meisten Fällen nur das Warenzeichen von Belang sein. I n bestimmten Dienstleistungsbetrieben wie ReparaturHandwerk und Gastronomie können aber z. B. speziell für die Leistungserstellung entwickelte Maschinen als Patente eintragungsfähig sein. A n den nicht eintragungsfähigen Rechten wie Namensrecht, Ausstattung und Verpackung und an sonst nicht eingetragenen Handelsnamen, Insignien, Emblemen sowie an bestimmten Farbzusammensetzungen oder Werbeschlagzeilen w i r d bei beiden Typen des Franchising gleichermaßen der Gebrauch erlaubt 8 8 . Hingegen ist insbesondere i n Betriebs-Franchise-Systemen das technische oder gewerbliche Know-How oder Geheimwissen (Rezepte z. B. i n der Gastronomie) von Bedeutung. Know-How-Vermittlung und Dienstleistungen auf der Grundlage von Know-How müssen als integraler Bestandteil des Betriebs-Franchising angesehen werden. Auch hieran hat der Franchise-Geber Schutzrechte, allerdings nicht eintragbare, erworben. Dort, wo es lediglich u m den franchisierten Vertrieb von Produkten, nicht aber u m die Errichtung und Führung ganzer Betriebe geht, treten diese Schutzrechte gar nicht i n Erscheinung. Anders ®7 Z u den rechtlichen Problemen bei Franchise-Systemen ist besonders auf die auf Deutschland abgestimmten Ausführungen von Skaupy zu v e r weisen. Vgl. Gross, H. und Skaupy, W., a.a.O., Teil B, Rechtliche Aspekte des Franchising von Dr. Walther Skaupy, S. 185—247 und die dort angegebene Literatur, hier insbesondere zu Patenten, Warenzeichen, Gebraudismustern u n d Geschmacksmustern, S. 212—214. es Siehe zu den nicht eintragungsfähigen Schutzrechten die Ausführungen von Skaupy, vgl. ebd., S. 213 ff.

58

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

verhält es sich bei den oben erwähnten Branchen, die nach und nach vom reinen Produkt-Franchising die Annäherung zum Betriebs-Franchising vollzogen und damit die Entstehung und Verstärkung eines fließenden Übergangs zwischen den beiden Typen, und zwar i n einer Richtung, bewirkt haben. 213.3 Betriebswirtschaftlich-organisatorisches und Entgelt des Franchise-Gebers

Programm

Wie schon i n der Auseinandersetzung m i t den Ausprägungen der bereits genannten Merkmale ersichtlich wurde, so ist ebenfalls das Kennzeichen des betriebswirtschaftlich-organisatorischen Programms nicht frei von gewissen inhaltlichen Überschneidungen und Interdependenzen m i t den vorgenannten und nachfolgenden Kriterien. Dies gilt i n besonderem Maße für die nicht eintragungsfähigen Schutzrechte der Werbeelemente und der technischen und gewerblichen Erfahrungen und Kenntnisse. Neben diesbezüglichen Unterscheidungen der Merkmalsausprägungen zwischen Betriebs- und Produkt-Franchise-Systemen erstrecken sich die Divergenzen zwischen beiden Franchising-Typen aber i n signifikanter Weise zudem auf das auf die Betriebswirtschaft und Organisation des Franchise-Nehmers gerichtete Programm, also auf den anderen Teil des Dienstleistungsbündels oder „Package " als Leistungssubstanz des Franchise-Gebers. M i t den Divergenzen sind sowohl die Unterschiede i n der Extensität (Zahl der Bereiche) als auch solche i n der Intensität der Kooperation angesprochen 89 . So ergibt sich bei der Gestaltung der Preis-, Rabatt- und Absatzfinanzierungspolitik des Franchise-Nehmers die Gemeinsamkeit der Preisbindung 90 und/oder Preisempfehlung. Unterschiede lassen sich feststellen entsprechend dem Umfang und der A r t bzw. Zusammensetzung der franchisierten Produkte, Sortimente und Dienstleistungen. Der Produkt-Franchisor muß sich m i t seinen Vorstellungen über die Endabgabepreise i n die Preispolitik des auch andere Waren vertreibenden Einzelhändlers einpassen oder umgekehrt Franchise-Partner selektieren, die das entsprechende Preisniveau auch i n anderen Sortimentsbereichen haben. Hingegen hat der Partner i m Betriebs-Franchise-System nur bei Abschluß des Franchise-Vertrages die Alternative, die Preispolitik des Franchisors pauschal m i t dem übrigen Programm zu akzeptieren oder von einer Partnerschaft Abstand zu nehmen. Ferner β» Vgl. u. a. Knoblich , H., Zwischenbetriebliche Kooperation — Wesen, Formen u n d Ziele, i n : ZfB, 39. Jg. (1969), N r . 8, S. 507—510. Die Preisbindung ist i n der B R D jedoòh n u r den Herstellern von M a r k e n a r t i k e l n u n d Verlagserzeugnissen gestattet. Vgl. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), §§ 15, 16.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

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kann und muß die Preispolitik beim Betriebs-Franchise-System i n der Regel lokal flexibler und differenzierter sein als beim Produkt-Franchising. Soweit die Instrumente Rabatt- und Absatzfinanzierungspolitik aktivierbar sind, gilt das über die Preispolitik Gesagte i n etwa auch für diese. Des weiteren hat der Waren-Franchisor lediglich die Möglichkeit, die i n seine Produktpalette hinsichtlich Betriebstyp , Betriebsgröße und Standort passenden, bestehenden Händler auszuwählen oder i m Verhältnis zur A t t r a k t i v i t ä t seines Franchise-Angebotes zur partiellen Veränderung der Ausstattung und Atmosphäre den Partner zu bewegen. Der Betriebs-Franchisor jedoch legt i n den meisten Fällen von vornherein autonom die Einheitlichkeit der Kriterien für die drei Instrumente für alle Franchise-Betriebe fest. Bei den Instrumenten Werbung und Sales Promotion kann der Waren-Franchise-Geber nur die Konzeption bezüglich seiner Produkte bestimmen und gegebenenfalls eine Abstimmung mit den InformationsAktivitäten des Partners für andere Sortimentsbereiche durchsetzen. I m Gegensatz dazu ist der Franchise-Nehmer ganzer Betriebe gehalten, sich mit Abschluß des Vertrages für die Übernahme einer allumfassenden Werbe- und Sales Promotion-Strategie zu entscheiden. Waren i n den absatzpolitischen Instrumenten bei Produkt- und Betriebs-Franchise-Systemen noch gewisse Gemeinsamkeiten zu entdecken, so treten bei den anderen Service-Leistungen der FranchiseGeber stärkere Divergenzen zutage. Das Schulungsprogramm und die Betriebsführungsrichtlinien beschränken sich bei Produkt-Franchisoren auf die Schulung und Anweisungen, i n welcher Weise die Produkte am besten zu verkaufen und der Produktbereich warenflußtechnisch und verwaltungsmäßig optimal zu gestalten ist. Hingegen erstreckt sich das diesbezügliche Programm bei Betriebs-Franchise-Systemen auf die Ausbildung des Franchise-Nehmers oder seiner Manager i n allen Funk tions- und Managementbereichen , ebenso wie sich die Richtlinien auf den Betrieb i n sämtlichen Teilsystemen und -prozessen beziehen. Man könnte i n Anlehnung an Bidlingmaier hier auch von mehrsektoraler Kooperation sprechen, während es sich bei den reinen Produkt-Franchise-Systemen überwiegend u m einsektorale Zusammenarbeit handelt, wobei m i t Sektoren hier die betrieblichen Funktionalbereiche angesprochen sind 9 1 . Diese Sicht muß jedoch als zu sehr vereinfachend erachtet werden, da auch beim Produkt-Franchising mehr als nur der Absatzbereich erfaßt werden kann, dann aber weitaus weniger intensiv. Ferner hat das betriebswirtschaftlich-organisatorische Programm beim Betriebs-Franchising die gesamte Organisation des Beschaffungs 91

Vgl. Bidlingmaier,

J., a.a.O., S. 366 f.

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

wesens (Lieferantenquellen, Preisverhandlungen, Warenbestände und -bestellungen, Physische Distribution 9 2 etc.) sowie den größten Teil des Rechnungswesens des Franchise-Nehmers zum Inhalt, eingeschlossen darin die damit ermöglichte Kontrolle des Franchisee, während sich das Waren-Franchising i n dieser Hinsicht oft allein auf die Lieferung der Ware beschränkt. Auch bei den Kundendienstleistungen und Finanzierungsdiensten für den Franchise-Nehmer ergibt sich die Disparität zwischen den Programmen der beiden Franchising-Typen schon aus dem verschiedenen Umfang des Leistungsangebots an Dritte. Weiter resultiert sie vor allem auch aus den Bereichen Leistungsbereitschaft, Werbung, Sales Promotion sowie Rechnungswesen und Betriebsführung. So vermögen sich beim Betriebs-Franchising die Finanzierungsdienste z. B. auf die Feststellung des Investitionsvolumens, des Kapitalbedarfs, der günstigsten Finanzierungsquellen, der erwarteten Rentabilität, sowie auf die Vermittlung fremder und Gewährung eigener Kredite beziehen, während der Produkt-Franchisor sofortige Bezahlung seiner Ware verlangen kann. Vergleichsweise ergeben sich insgesamt betrachtet beim BetriebsFranchising gegenüber dem Produkt-Franchising aus den kooperativen ökonomisierungsmaßnahmen größere kostensenkende und ertragsteigernde Effekte 9 3 . Dies folgt u. a. i m wesentlichen aus dem Umstand, daß es sich beim Betriebs-Franchising u m ein den ganzen Betrieb des Franchise-Nehmers erfassendes und harmonisierendes Programm des Franchise-Gebers handelt. Darin ist die auf den Endverbraucher bzw. -Verwender gerichtete Marketing-Konzeption m i t sämtlichen betrieblichen Teilbereichen verzahnt, d. h. es hat eine allseitige Koordination und Integration stattgefunden. Aus den soeben dargelegten Differenzen der Ausprägungen der ersten fünf Merkmale des Franchising folgt aber nicht zwangsläufig eine unterschiedliche Form der Entgelte. Neigen die Waren-Franchisoren ausschließlich zur indirekten Belastung des Franchisenehmers über den Warenpreis als Entgelt für die Service-Leistungen, so t r i f f t man auch bei den umstrukturierenden Betriebs-Franchise-Systemen, wo die Belieferung mit Waren nach wie vor eine bedeutende Rolle spielt, diese indirekte Abgeltung an. Hingegen findet man vor allem i n den USA die starke Ausrichtung der Abgeltung nach dem Verursachungsprinzip. So w i r d eine Aufteilung vorgenommen i n die Eintrittsgebühr für die einmaligen Leistungen des- Betriebs-Franchisors bis zur Betriebseröff®2 Siehe zur physischen Distribution u . a . Bower sox, D . J . , Smykay, E . J . , La Londe, B. J., Physical Distribution Management: Logistics Problems of the F i r m , Rev. Edition, New Y o r k 1968. Vgl. u. a. Knoblich, H., a.a.O., S, 511—513.

21. Begriff u n d Typen des Franchising u n d der Franchise-Systeme

61

nung und i n die laufenden Gebühren für kontinuierlich wiederkehrende Services. Dies t r i f f t aber fast ausnahmslos nur auf Gründer-Systeme zu. 213.4 Vertragliche Bindung und Selbständigkeit des Franchise-Nehmers Je nach dem Umfang der franchisierten Waren, Dienstleistungen, gewerblichen und technischen Erfahrungen und der damit verknüpften Schutzrechte sowie nach A r t und Ausmaß des betriebswirtschaftlichorganisatorischen Systems und entsprechend der Bedeutung des Entgeltes werden die Franchise-Verträge nach Inhalt und Form variieren. Dabei ist festzustellen, daß die Produkt-Franchise-Verträge vergleichsweise viel weniger Umfang, rechtliche Komplexität und Schwierigkeit aufweisen als z. B. ein Betriebs-Franchise-Vertrag i n der Motel-Branche. Analog den gegenseitigen Rechten von Franchise-Nehmer und FranchiseGeber besteht auch ein beiderseitiges Interesse an Verpflichtungen der jeweils anderen Partei. Eine Frage von hohem Interesse, die auch i m Zusammenhang m i t den Freiwilligen Gruppen diskutiert werden muß, besteht i n der Durch setzbarkeit der Entwicklung eines Betriebs-Franchise-Systems. Bei diesem Problem geht es darum, ob ein Franchisor oder vertraglich berechtigter Lieferant i m Laufe seiner langjährigen Liefertätigkeit nach Entwicklung eines Betriebs-Franchise-Packages dieses vertraglich bei entsprechender Abgeltung gegenüber den bestehenden, weitgehend wirtschaftlich und finanziell selbständigen Partnern durchsetzen kann. I m Verhältnis zum Anteil der Franchise am Gesamtangebot des Franchise-Nehmers, vor allem aber i n Relation zur Bindungsdauer der Investitionen und zu ihrer Höhe, werden die vertraglichen und damit die geschäftlichen Beziehungen der System-Partner beim ProduktFranchising kurz- und mittelfristiger, beim Betriebs-Franchising hingegen mehr langfristiger Dauer sein, abgesehen von jeweiligen Möglichkeiten der Vertragsverlängerung. Nominell oder rechtlich bleiben bei beiden Franchising-Typen die Franchise-Nehmer selbständig, doch de facto kann der Betriebs-Franchisee durch die Übernahme des Images des gesamten Franchise-Systems, durch Warenbezugsverpflichtungen, Abnahme bestimmter Service-Leistungen und Einräumung von Kontrollrechten sowie durch Inanspruchnahme finanzieller Hilfestellung auch i n totale wirtschaftliche und partielle finanzielle Abhängigkeit geraten.

62

2. Typologie der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

213.5 Zusammenfassung der typuseigenen Kombination von Merkmalsausprägungen des Betriebs-Franchise-Systems Als Abschluß dieser vergleichenden Analyse ist es nunmehr möglich, eine zusammenfassende Beschreibung der typuseigenen Kombination von Merkmalsausprägungen des Betriebs-Franchise-Systems zu geben, die notwendigerweise einen beträchtlichen Umfang annimmt. Ein Betriebs-Franchise-System

ist demnach

— eine Organisation vertikal-kooperativer, kontinuierlicher und langfristiger Beziehungen zwischen einem einzelnen autonomen Hersteller, Großhändler oder Dienstleistungs-Zentralbetrieb als Franchise-Geber einerseits und einer Mehrzahl von rechtlich selbständigen Großhändlern, Einzelhändlern oder DienstleistungsEinzelbetrieben mit vorwiegend völlig neu errichteten Betrieben als Franchise-Nehmern andererseits. — für den Absatz und ggf. auch die Erstellung von Leistungsangeboten an Konsumenten und andere dritte Verwender i n Form eines den gesamten Betrieb des Franchise-Nehmers abdeckenden franchisierten Sortiments von Sachgütern und/oder Dienstleistungen, das vom Franchise-Geber selbst produziert, händlerisch zusammengestellt und/oder dispositiv-schöpferisch geplant und organisiert wird, — m i t vom Franchise-Geber an den Franchise-Nehmer zum Gebrauch überlassenen und von diesem pflichtweise zu nutzenden Schutzrechten und Kenntnissen i n Form von Namen, Warenzeichen, Ausstattung sowie technischem, organisatorischem und wirtschaftlichem Know-How für Struktur und Prozesse i m gesamten Absatz- sowie allen übrigen betrieblichen Funktionalbereichen des Franchise-Nehmers (wie Produktion und/oder Lagerhaltung von Sachgütern und reinen Dienstleistungen (immaterielle Güter), Beschaffung, Finanzierung, Verwaltung und Personal), — unter Entrichtung vom Warenpreis getrennter Entgelte für die einmaligen und wiederkehrenden Dienstleistungen des FranchiseGebers i n Form von einmaligen und laufenden Gebühren, die verursachungsgemäß einzeln oder nach bestimmten Leistungsbereichen gebündelt belastet werden, — auf der Grundlage eines inhaltlich, förmlich und rechtlich umfangreichen, komplexen und langfristig bindenden Vertragswerkes über die beidseitigen Rechte und Pflichten, die sich auf alle Bereiche des Franchise-Nehmer-Betriebes beziehen, — m i t der externen und internen Wirkung einer weitgehenden w i r t schaftlichen und z. T. auch finanziellen Integration des Franchise-

22. Abgrenzung der Franchise-Systeme von anderen Absatzsystemen

63

Nehmer-Betriebes i n dieses vom Franchise-Geber gegründete und von diesem geplante, realisierte und kontrollierte System.

22. Abgrenzung der Franchise-Systeme v o n anderen Absatzorganisations-Typen

Die Besonderheit der Franchise-Systeme bringt Curry i n einem Zitat zum Ausdruck: " I would say that we have more i n common w i t h other franchising firms, regardless of their industry, than we do w i t h nonfranchising firms i n our own industry. Our problems of motivation, training, business development of franchisee-franchisor relations are not shared by firms that simply sell their products to a totally independent operator or deal w i t h employees i n company-owned outlets 1 ." Dieser Tatbestand gibt besondere Veranlassung, das Erfahrungsobjekt dieser Arbeit i n seiner allgemeinsten Form und m i t dem speziellen Typ der Betriebs-Franchise-Organisation einerseits innerhalb der Systematisierungsversuche der verschiedenen Arten von Absatzsystemen zu lokalisieren, andererseits es einer vergleichenden typologischen Analyse m i t dem Filial-System und Freiwilligen Gruppen zu unterziehen. 221. Die Stellung des Franchise-Systems i m Rahmen der Ordnungsversuche der absatzwirtschaftlichen Literatur

Bereits i n der vom Verfasser vorgeschlagenen Definition des Franchising w i r d dieses u. a. als die Anwendung eines Systems von Beziehungen zwischen Unternehmungen für den Absatz von Leistungen an Dritte verstanden 2 . Den Absatzbegriff beziehen Nieschlag/Dichtl/ Hörschgen „ i n seiner strengsten Fassung nur auf die entgeltliche Uberlassung (nicht notwendigerweise Veräußerung, sondern z. B. auch Vermietung und Verpachtung) von Leistungen an rechtlich und wirtschaftlich selbständige Wirtschaftssubjekte" 3 . Der Absatz besteht nach ihrer Meinung i n einer betrieblichen, i n eine Reihe von Einzel- oder Teilaufgaben zerfallenden Hauptfunktion, wobei zwischen Absatz und Vertrieb kaum mehr unterschieden wird, i m Gegenteil, beide Ausdrücke i n der Literatur synonym Verwendung finden 4. Betrachtet man die Gesamtheit der Franchise-Nehmer (Partner eines Franchise-Gebers) 1 Curry, J. A . H. u n d andere, a.a.O., S. 12. « Vgl. Schluß v o n Abschnitt 211. * Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 6. * Vgl. ebd., S. 6.

.

p o i

d r a n c h i s e - S y s t e m e i m Dienstleistungssektor

als organisatorisches Gebilde oder System, das das Recht und die Pflicht hat, bestimmte Produkte, Sortimente und/oder Dienstleistungen an Dritte abzusetzen, zu vertreiben oder zu distribuieren, so steht dem Gebrauch der Wortverbindungen Absatz-, Vertriebs- und DistributionsSystem oder -Organisation als Bezeichnung für Franchise-Systeme nichts i m Wege 6 . Es erscheint aber notwendig, i n angemessener Weise auf die von Gutenberg, Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, Sundhoff, Geist und von systemtheoretisch beeinflußten Autoren i m Zusammenhang m i t Absatzsystemen benutzten Begriffe und Unterbegriffe sowie damit einhergehenden Systematisierungsversuche Bezug zu nehmen; denn bislang scheinen die Franchise-Systeme noch nicht i n gebührender Länge und Exaktheit von diesen Sichtweisen her interpretiert, eingeordnet und abgegrenzt worden zu sein. 221Λ als besonderer Typus der Absatzmethode Gutenberg und Nieschlag/Dichtl/Hörschgen

nach

Gutenberg benutzt den Begriff „Absatzmethodedessen Inhalt er durch die Zusammenfassung absatzpolitischer Entscheidungen über das Vertriebssystem, die Absatzform und den Absatzweg festgelegt sehen will®. Nach Nieschlag/Dichtl/Hörschgen ist diese Wahl „unter die grundlegenden, konstitutiven oder strategischen Entscheidungen einer Unternehmung einzuordnen, also unter jene Entscheidungen, die auf lange Sicht getroffen werden" 7 . Ein bestimmter Typ von Vertriebssystem ist durch die Merkmale des zentralisierten oder dezentralisierten Verkaufs von Waren und Erzeugnissen und/oder des Selbstverkaufs oder der Ausgliederung und Übertragung des Verkaufs auf andere, selbständige oder unselbständige Unternehmen gekennzeichnet. Als Beispiele des zweiten Einteilungskriteriums nennt Gutenberg einerseits die personell, finanziell und w i r t schaftlich-organisatorisch sowie rechtlich unselbständigen Verkaufsniederlassungen, Verkaufsfilialen und Fabrikläden i n der Süßwaren-, Schuh-, Metallwaren- sowie Textil- und Automobil-Branche als werkseigene Vertriebssysteme. Andererseits bezeichnet er die rechtlich, aber nicht wirtschaftlich selbständigen Verkaufsgesellschaften m i t kapitalβ So sprechen Nieschlag/Dichtl/Hörschgen i m Zusammenhang m i t F r a n chising von Absatzsystemen u n d Absatzorganisation. Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 143 f. Hinzuweisen ist vor allem auf die Untersuchung von Döring, K., Z u r Theorie der S t r u k t u r i e r u n g einer o p t i malen Absatzorganisation, Diss., München 1971. β Vgl. Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Zweiter Band, Der Absatz, 9. Aufl., Berlin—Heidelberg—New Y o r k 1966 (Zitierweise: Der Absatz), S. 123 ff. Die Begriffsschöpfung v o n Gutenberg ist von einer beinahe unüberschaubaren Anzahl von Autoren übernommen worden. ? Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 128.

22. Abgrenzung der Franchise-Systeme von anderen Absatzsystemen

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mäßiger und vertraglicher Bindung an das Stammhaus als werksgebundene Vertriebssysteme. Es w i r d bei Gutenberg nicht deutlich, ob bei der von i h m zitierten Automobilindustrie die Vertragshändler, und damit eine Kombination oder ein Zwischentyp aus Produkt- und Betriebs-Franchise-System, gemeint sind. Bei der Absatzform geht es u m die Alternative des Verkaufs mit Hilfe betriebseigener (z.B. Reisender) oder betriebsfremder Verkaufsorgane (z.B. Handelsvertreter, Kommissionär) 8 . Beide Typen vermitteln bzw. verkaufen für Rechnung und damit Risiko des diese Organe einsetzenden Unternehmens. Sie erwerben kein Eigentum an der Ware. I n dieser Beziehung treten die betriebsexternen Absatzhelfer den Verbrauchern, Verwendern oder Händlern gegenüber nicht rechtlich selbständig auf, da die Erfüllungspflicht und das Haftungsrisiko bei den Auftraggebern verbleibt. Aufgrund des Fehlens dieses auch i n der hier vorgeschlagenen Franchising-Definition nicht enthaltenen Merkmals kann jedoch, wie bereits angedeutet, nicht ausgeschlossen werden, daß i n bestimmten Fällen auch solche externen Verkäufer als FranchisePartner auftreten 9 . Aber generell t r i f f t bei den Handelsvertretern 10, Kommissionären und Kommissionsagenten 11 auch nicht das K r i t e r i u m „vertikal-kooperativ" zu i m Sinne von Gliedern der Absatzkette oder der erwähnten PartnerKonstellationen, da sie überwiegend reine Hilfsaktionen erfüllen. Des weiteren haben sie weder indirekt über den Warenpreis noch direkt über eine getrennte Belastung ein Entgelt an den Auftraggeber zu zahlen, vielmehr erhalten sie selbst eine meist umsatzbezogene Provision von diesen. Ferner sind die Handelsvertreter i m Regelfalle, m i t der zuweilen bestehenden Ausnahme von Auslieferungslägern, nicht an der physischen Distribution der Güter beteiligt, die aber als eine wesentliche Komponente des Absatzes an Dritte und damit auch des Franchising anzusehen ist. Einen bedeutenden Sonderfall bilden jedoch z. B. die Tankstelleninhaber 12, die i m Namen und für Rechnung der ölkonzerne deren Produkte verkaufen und damit formal-juristisch sowie vom finanziellen Risiko her Handelsvertreter sind. Sonst aber üben sie alle Einzelhandels8 Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 133—138. ® Siehe hierzu die Ausführungen zum Begriff des Franchising i n Abschnitt 211. dieser Arbeit. 10 Z u m Wesen der Handelsvertreter u n d ihrer Sonderformen sowie zur Abgrenzung von Vertragshändlern u n d Franchise-Nehmern siehe u. a. Ulmer, P., a.a.O., S. 207 ff.; Schenk, H.-O. u n d Wölk, Α., a.a.O., S. 21 ff. 11 Z u m Begriff des Kommissionsagenten u n d zu seiner Abgrenzung sei auf folgende Quellen verwiesen: Ulmer, P., a.a.O., S. 195, S. 289 u n d S. 401; Schenk, H.-O. u n d Wölk, Α., a.a.O., S. 28 f. 12 Vgl. ebd., S. 26 f. 5 Knigge

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Funktionen für die Benzingesellschaften aus und entsprechen sogar i n zahlreichen Ausprägungen den Merkmalen des Betriebs-Franchising. Ähnliches t r i f f t i n der BRD auf bestimmte für Hersteller oder Großhändler i n der rechtlichen Form der Kommissionsagenten tätige Einzelhändler zu, z. B. bei den Partnern von Photo Porst 1 3 . I n beiden Fällen w i r d die Wahl der Vertragsform durch die Franchise-Geber i n entscheidender Weise von Überlegungen bestimmt, die jeder A r t voettbewerbs- und privatrechtlicher Schwierigkeiten aus den Beziehungen zu den Abnehmern vorbeugen wollen. Das Preisbindungsverbot nach § 15 GWB findet keine Anwendung, da Handelsvertreter und Kommissionäre Geschäfte auf Rechnung des Auftraggebers vermitteln bzw. abschließen. Ferner droht hier auch keine Aufhebung des Vertrages zwischen den Partnern nach § 18 GWB wegen Gebietsexklusivität, Bezugsverpflichtung und Absatzbindung von Waren und gewerblichen Leistungen gegenüber Dritten. Schließlich ergibt sich auch aus § 86 HGB bezüglich der Pflichten der Handelsvertreter sowie aus §§ 384, 385 und 390 HGB hinsichtlich der Pflichten und Haftung des Kommissionärs für den Franchise-Geber die Möglichkeit, auf die Durchführung seiner Anweisungen zu dringen und entsprechende Kontrollen auszuüben. Erfolgt der Verkauf der Waren direkt an Verbraucher, Gebraucher oder Weiterverarbeiter einerseits oder über Wiederverkäufer (Handelsbetriebe) andererseits, so spricht Gutenberg von direktem bzw. indirektem Absatzweg. A l l e i n ein spezieller Typus des indirekten Absatzweges würde deshalb als Synonym für das Franchise-System i n Frage kommen. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen folgen trotz kritischer Einwendungen dem Gutenbergschen Schema der Absatzmethode. Sie scheinen sich aber dort i n bezug auf den Absatzweg zu widersprechen, wo sie einerseits die Einschaltung des Handels i n den Absatzweg eines Erzeugers als K r i terium für die Unterscheidung zwischen direktem und indirektem Absatz ansehen, andererseits aber Vertragshändlerschaften und FranchiseSysteme i n einem Abschnitt über den direkten Vertrieb behandeln 14 . Unter Beibehaltung und Anwendung der Gutenbergschen Begriffsintensionen wäre ein Franchise-System als ein Typus der Absatz13 Vgl. dazu ο. V., E i n aktueller Vertriebsweg: Franchising, I n t e r v i e w m i t Werner Saalfrank, Leiter des Vertriebsbereiches Agenturen der Photo Porst K G , Nürnberg, i n : D y n a m i k i m Handel, Heft 10, 1968, S. 14—17. Anderer Meinung ist Skaupy, der wegen fehlenden Eigentums an der Ware u n d des so beschränkten Risikos sowie wegen der Entgeltform der Provision die Verwendung des Begriffes Franchising bei Photo Porst ablehnt. Vgl. Skaupy, W., Hat Porst w i r k l i c h ein Franchise-System?, a.a.O., S. 8. Siehe ferner i n allgemeinerem Zusammenhang Nieschlag, R., Dichtl. E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 655. 14 Vgl. Nieschlag, R., Dichtl. E. f Hörschgen, H., a.a.O., S. 138 f. u n d S. 143 f.

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methode, und zwar aus dezentralem Vertriebssystem und indirektem Absatzweg sowie i n einigen Fällen aus fremden Verkaufsorganen (Absatzform), zu erklären. A n der Einteilung und Darstellung der Absatzmethode Gutenbergs und der sich ihm anschließenden Autoren 1 5 läßt sich jedoch teilweise Kritik üben: (1) Zum einen w i r d der Begriff „Absatz" i n Literatur und Praxis i n übergeordnetem Sinne für alle Aktivitäten i m Bereich der Leistungsverwertung benutzt; zum anderen ist „Methode" nicht nur i n den Bereichen Vertriebssystem, Absatzform und Absatzweg zu finden, sondern auch bei allen übrigen absatzpolitischen oder gestaltenden MarketingInstrumenten 1 6 . Der Begriff Absatzmethode fügt sich, sprachlich gesehen, also nicht logisch, selbstintegrierend i n die Systematik der Absatzpolitik bzw. des Marketing. Vielmehr trägt dieser auf unkritischer und lang geübter Konvention beruhende Begriff zur Komplikation des Verständnisses bei. Es erscheint naheliegend und geraten, zumindest den Begriffsteil „Methode" i n diesem Zusammenhang durch ein Wort zu ersetzen, das unmißverständlich und plastisch ist und sich nahtlos einpaßt. I n Anlehnung an die moderne Systemtheorie 17 bietet sich der Begriff „System" als eine Möglichkeit des Ersatzes an. Betrachtet man die Personen und Institutionen, die an der Distribution bzw. dem Vertrieb von Produkten, Sortimenten und/oder Dienstleistungen verkäuferisch beteiligt sind, als Elemente, die i n ihrer Gesamtheit gleich einem Netzwerk i n Beziehung stehen, so konstelliert sich der Begriff „System" m i t dem der Distribution bzw. des Vertriebs oder des Absatzes zur Wortverbindung Distributions-, Vertriebs- oder Absatzsystem. Die Aufbauund Ablaufstruktur eines solchen Systems, die nach bestimmten Merkmalen geordnet unendlich viele Ausprägungen haben kann, erfordert die Vornahme einer diesbezüglichen Ordnung, Identifikation oder Typologie. Ohne hier einen solchen, grundlegende und umfassende Forschungsarbeit verlangenden Ansatz versuchen zu wollen, lassen sich aber i n Anlehnung an Gutenberg folgende hauptsächlichen Einteilungskriterien für die „Absatzsysteme" aufstellen: (a) zentralisiert oder dezentralisiert (personell, räumlich, sachlich) 15 So gebrauchen auch Nieschlag/Dichtl/Hörschgen den Begriff der Absatzmethode i n ähnlich umfassender Weise w i e Erich Gutenberg. Sie subsumieren die Absatzmethode als Instrument der Marktgestaltung u n d A k t i o n s parameter unter der zusammenfassenden Leistungskomponente der „ L e i stungsbereitschaft". Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 122 ff. u n d S. 127 ff. ie K r i t i k übt an der W o r t w a h l „Methode" wegen seiner „Allzweckbindung" auch Döring, K., a.a.O., S. 22.

* 7 Vgl. die Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung des systemtheoretischen Ansatzes i n Abschnitt 122. 5·

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(b) selbständige oder unselbständige Elemente (rechtlich, wirtschaftlich) (c) Anzahl der i m System enthaltenen Absatzstufen m i t Funktionen (direkt/indirekt)

finanziell, eigenen

(d) Gegenstand des Absatzes: Produkte, Sortimente, Dienstleistungen. (2) Zum anderen wäre damit i n einem Zug auch der zweite kritische Punkt der Gutenbergschen Systematik beseitigt. Dieser liegt i n der einseitigen Betrachtung der Absatzmethoden nur der Hersteller von Sachgütern, nicht aber der Absatzorganisation aus der Konzeption der Großhändler und Dienstleistungs-Zentralbetriebe 18 ; denn mit Gutenbergs Absatzmethode (im sekundären Sektor beginnend) konnte man nur die Kombination der Franchise- und Filial-Systeme i n folgenden Konstellationen untersuchen: (a) Hersteller — Großhändler, (b) Hersteller — Einzelhändler und (c) Hersteller — Großhändler — Einzelhändler, nicht aber die Verbindungen: (d) Großhändler — Einzelhändler und (e) Dienstleistungs-Zentrale — Dienstleistungs-Einzelbetrieb 19 . (3) Drittens wäre m i t der vorgeschlagenen Begriffs-Systematik die von Gutenberg nicht unter einem einzelnen Kriterium, sondern unter „Werkseigenes Vertriebssystem — indirekter Absatzweg" herausgestellte Alternative „Absatz über Filialen oder fremde Geschäfte" zumindest deutlicher hervorgehoben. (4) Viertens w i r d aus Gutenbergs Einteilung i n zentralisierte und dezentralisierte Vertriebssysteme nicht erkennbar, welches Unter- oder Subsystem Gegenstand der (De)-Zentralisation ist. Folglich hat der Verfasser i n den oben formulierten Einteilungskriterien für Absatzsysteme eine tiefergehendere Differenzierung vorgenommen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß nach Umbenennung und Differenzierung der Gutenbergschen „Absatzmethode" das FranchiseSystem einen räumlich, personell und partiell sachlich dezentralisierten Typus des Absatzsystems darstellt, m i t rechtlich und finanziell selbständigen, wirtschaftlich aber unselbständigen Partnern als Elementen und m i t indirektem Absatz von Produkten, Sortimenten oder Dienstleistungen. Dieser E i n w a n d w i r d auch gemacht v o n Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 130. 19 Ebenso gehen Nieschlag/Dichtl/Hörschgen bei der Betrachtung der Absatzmethode trotz ihres Einwands n u r v o m Hersteller v o n Sachgütern aus, nicht aber von den Stufen des Handels u n d der übrigen Dienstleistungszweige. Vgl. ebd., S. 127 ff.

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221.2 als besonderer Organisations-Typus Absatzkette nach Sundhoff

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der

Da i m systemtheoretischen Ansatz auch betriebswirtschaftliche Organisationen als zielgerichtete Sozialsysteme, die Informationen verarbeiten, bezeichnet werden, läßt sich gegen die Benutzung des Begriffs „Absatz-Organisation" keine schwerwiegende Einwendung machen. Dabei sollte aber die Auffassung und die Anwendung des Begriffes Absatzorganisation i m Sundhoff sehen Sinne aufgegeben werden, denn Sundhoff geht von dem Gutenbergschen Organisationsverständnis aus, nach dem Betriebe „eine Organisation haben", nicht aber wie bei Heinen „selbst Organisation sind", die sich aus verschiedenen Teilsystemen zusammensetzt. Nach Sundhoff ist unter einer „Absatzorganisation (ist) demnach das System der für die Dauer oder doch jedenfalls für eine längere Zeit getroffenen generellen Regelungen zu verstehen, denen die Absatztätigkeit unterworfen ist" 2 0 . Er unterscheidet: (a) Organisation der Absatzleistung (b) Organisation der Absatzkette (c) Organisation der Absatzabteilung 21 , wobei die Absatzkette als „eine Folge von Absatzorganen, die ein Produkt durchlaufen muß, um vom Erzeuger zum Verwender zu gelanggen" 2 2 , zu verstehen ist. Es w i r d deutlich, daß unter diesen Begriff nur die Produkt-Franchise- Systeme, nicht aber die vom Hersteller unabhängigen Sortiments- und Dienstleistungs-Franchise-Systeme subsumiert werden können. Insofern erweist sich die „Absatzkette" i m Sundhoffschen Sinne mit ihren verschiedenen möglichen Formen als nur bedingt geeignet für eine generelle typologische Einordnung der Franchise-Systeme. Es empfiehlt sich deshalb eine Erweiterung des Begriffsumfangs der „Absatzkette" i n der Weise, daß man sie als eine Folge von Absatzorganen auffaßt, die ein Produkt, eine Produktgruppe, ein Warensortiment und/oder eine Dienstleistung bzw. ein Dienstleistungsbündel durchlaufen muß, u m vom Hersteller, vom Großhändler oder Dienstleistungs-Zentralbetrieb zum Verwender zu gelangen. Dann könnte auch jeder Total-Typus von Franchise-System als eine spezifische Absatzkette verstanden werden, deren Gefüge sich aus der „Kombination tektonischer Grundkomponenten" ergibt 2 3 . Diese sind 20 Sundhoff, E M a.a.O., S. 13. 21 Vgl. Sundhoff, E., a.a.O., S. 15 ff. 22 Ebd., S. 49. Ferner zur Handelsketten-Systematik Seyffert t R., a.a.O., S. 525 ff. Ä h n l i c h w i r d i n den U S A der „channel of distribution" gesehen. So ζ . Β , bei Lewis, E . H . , M a r k e t i n g Channels, Structure and Strategy, New Y o r k 1968, S. 2. 23 Vgl. Sundhoff, E., a.a.O., S. 49 ff.

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(a) das starke Maß der Absatzaktivität als Resultat der vom FranchiseGeber gewollten aktiven Verhaltensweise m i t den Unterkomponenten der Selektion durch vertikale Bindungen sowie hochgradiger Absatzintensität, (b) die relativ große Reichioeite des Franchise-Systems als Resultat der Erfüllung der „Umsatz- oder handelswirtschaftlichen Funktion" durch Hersteller, Händler und/oder Dienstleistungsbetriebe, je nachdem, ob es sich um Produkt-, Sortiments- oder DienstleistungsFranchising handelt, und jeweils nach dem K r i t e r i u m der Phase und des Zeitpunktes des Aufbaus der Franchise-Organisation, (c) der hohe Grad der Absatzentfaltung i n Abhängigkeit von der Zentralisation (der geringen Zahl) der Stufen und der starken Verzweigung auf der letzten Absatzstufe (Zahl der Absatzstellen) des Franchise-Systems, (d) das Übergeiüicht des Eigenverkehrs des Franchise-Gebers als A r t des Absatzkontaktes zu den Franchise-Nehmern durch zentrale Verkaufsabteilungen und Mitarbeiter i n Außenorganen. 221.3 als Ergebnis eines besonderen Typus selektiver Absatzpolitik nach Geist I n Anlehnung an Geist könnte man das Franchising auch als eine spezielle A r t und Franchise-Systeme als Ergebnis selektiver Absatzpolitik oder selektiver Markterfassung begreifen. Diese läßt sich definieren als dasjenige planmäßige und bewußte „Handeln der Unternehmensführung, das den Absatz und die Absatzbemühungen auf jene ausgewählten Auftragsmethoden beschränkt, die auf Dauer gesehen, der Unternehmung einen gesicherten Gewinn i m weitesten Sinne erbringen und das der Unternehmung i m Absatzmarkt eine wettbewerbliche Vorzugsstellung begründet" 2 4 . „Die selektive Absatzpolitik ist ein betriebswirtschaftliches Phänomen, das die Rationalisierung der Distribution anstrebt, zur A n - und Ausgliederung von Betriebssfunktionen führt und dabei Absatzorgane an- oder abbaut" 2 5 . Nach Geist bestehen die Formen selektiver Absatzpolitik a) i n der Eliminierung von Τ eil-Absatzsegmenten indirekte Ausscheidung und

durch direkte oder

b) i n der Verlagerung von Absatzbemühungen 2e, d. h. i m Fall des Franchising die ausschließliche oder schwerpunktartige Konzentration 24 Geist, M., Selektive Absatzpolitik segmentrechnung, Stuttgart 1963, S. 10. 25 Geist, M., a.a.O., S. 11, Fußnote 1.

auf

der Grundlage

der

Absatz-

22. Abgrenzung der Franchise-Systeme v o n anderen Absatzsystemen

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der Absatzaktivitäten des Franchisors auf und über die FranchiseNehmer. Selektive Markterfassung geht i n der Regel von Bestehendem aus, basiert also auf der Vertriebskostenrechnung (Vergangenheitswerte) hinsichtlich der einzelnen Absatzsegmente. I n bezug auf das Franchising, insbesondere auf das Betriebs-Franchising, kommt selektive Absatzpolitik auf der Grundlage von Erfahrungswerten praktisch bei GründerSystemen gar nicht vor, t r i f f t aber sehr wohl auf die Umstrukturierung von Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen zu. Bei Gründer-Systemen kann aber die Absatzsegmentrechnung unter folgenden Voraussetzungen von hervorragender Bedeutung sein: Zuerst nimmt ein Filialsystem m i t einer Anzahl von Filialen und entsprechender Organisation eine Analyse der Absatzsegmente vor. Dann zieht es analoge Schlüsse auf andere Absatzgebiete, mögliche neue Filialen oder Franchise-Betriebe, Auftragsgrößen etc. Schließlich kommt es durch Bereinigung (Eliminierung) von wenig erfolgsträchtigen Absatz-Teil-Segmenten zu einem rationalisierten, gemischten Filial- und Franchise-Konzept. 221A als besonderer Typus der Absatzorganisation in systemtheoretischer Sicht Die Aufgabe und Möglichkeit der „Allgemeinen Systemtheorie" besteht darin, materiell verschiedenartige Objektsysteme häufig durch formal-isomorphe Systemgesetze erklären zu können 2 7 . Als Basis für die Ermittlung von Isomorphien i n den Problemstrukturen und der dam i t verbundenen Erfüllung der heuristischen Erklärungs-Aufgabe muß die terminologische Funktion der Allgemeinen Systemtheorie für die Gewinnung von deskriptiven Aussagesystemen auch über Absatzorganisationen angesehen werden. Abhängig davon, inwiefern es sich u m Mensch-Systeme, MaschinenSysteme oder Mensch-Maschine-Systeme handelt, w i r d es zu Untersuchungen m i t Ansätzen unterschiedlicher Disziplinen kommen 2 8 . Franchise-Systeme z. B. werden, soweit die „Elemente" FranchiseGeber und Franchise-Nehmer i m Mittelpunkt der Betrachtung stehen, sein, stellen sie doch aus dieser Perspektive überwiegend reine MenschSysteme dar. Franchise-Systeme wären somit als zielgerichtete, sozioprimär Gegenstand soziologischer und sozialpsychologischer Analysen technische und -emotionale Systeme von rechtlich selbständigen Partnern aufzufassen. « Vgl. ebd., S. 72 ff. Vgl. ferner Fisk, C., M a r k e t i n g Systems, A n i n t r o ductory Analysis, 1. Aufl., N e w York—Evanstone—London—Tokyo 1967, insbesondere S. 77 f f u n d S. 232 ff. 27 Vgl. Bertalanffy, L . v., Z u einer allgemeinen Systemlehre, a.a.O., S. 114 ff. 28 Vgl. Grochla, E., Systemtheorie u n d Organisationstheorie, a.a.O., S. 2.

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Was schon i m Vergleich Mensch-System/Maschine-System von Bedeutung war, gilt auch für die komparative Analyse verschiedener Absatzorganisationen und Franchise-Systeme: Die qualitativen Unterschiede i n den Eigenschaften und Verhaltensweisen realer Systeme resultieren aus den Eigenschaften der systembildenden Elemente und aus der A r t und dem Reichtum der zwischen diesen bestehenden Beziehungen 29 . Analog der Einteilung von Stafford Beer 30 könnte man die Qualität realer Franchise-Systeme einerseits nach den Ausprägungen des Merkmals „Komplexität" 31 als einfach, komplex oder äußerst komplex, andererseits nach dem Grad der „Bestimmbarkeit" als determiniert oder probabilistisch bezeichnen. Für Betriebs-Franchise-Systeme trifft, z.B. nach der Zahl der Subsysteme i n bezug auf „Ziele", „Personal", „Information", „Güter" sowie „Geld" und nach der Vielfalt von deren Untersystemen, Verknüpfungen und Überschneidungen zu urteilen, i n der Regel die Charakterisierung „äußerst komplex" zu. Durch eine präzise Analyse verschiedener Franchise-Systeme an Hand bestimmter Kriterien z. B. Qualität des wirklich realisierten Packages (Dienstleistungsbündels) lassen sich die Qualitätsunterschiede von der z. B. aus dem Werbe-Angebot zu entnehmenden Probabilität i n eine gewisse Determiniertheit überführen 3 2 . Schließlich ist die Bestimmung nach dem K r i t e r i u m bestehender oder nicht existenter Beziehungen zur Umwelt i n offene und geschlossene Systeme von heuristischer Bedeutung 33 . Da sowohl das ganze System von Franchise-Geber und Franchise-Nehmern m i t dem Supersystem „Umgebung" als auch die Subsysteme Franchise-Geber-Betrieb und einzelne Franchise-Nehmer-Betriebe miteinander i n ständigem Austausch von Gütern, Geld und Informationen stehen, kann man sie als offene Systeme bezeichnen. Folgt man March und Simon sowie Staehle i n ihrer Vorstellung der Organisation als Koalition aller an ihr teilnehmenden Gruppen aus 29 Vgl. Fuchs, H., Systemtheorie, i n : HdO, hrsg. von E r w i n Grochla, S t u t t gart 1969, Sp. 1621; Flechtner, H.-J., Grundbegriffe der Kybernetik, Eine Einführung, Stuttgart 1966, S. 372 ff. so Vgl. Beer, S., K y b e r n e t i k u n d Management, F r a n k f u r t / M a i n 1962, S.27 bis 34. Vgl. Erwart, H., Kybernetische Orientierung betrieblicher Entscheidungsprozesse u n d Ablaufslenkung, i n : ZfO, Heft 3, A p r i l 1969, S. 100. 82 Diese Determiniertheit ist f ü r den Franchise-Nehmer von besonderer Wichtigkeit bei Angebotseinholung, Vertragsverhandlung sowie bei Vertragsabschluß u n d der Realisation der kontinuierlichen Beziehungen m i t dem Franchise-Geber. 33 Vgl. Kosiol, E., Szyperski, N. u n d Chmielewicz, K., a.a.O., S. 340, w o v o n isolierten Systemen gesprochen w i r d . Das spezielle Modell des „offenen Systems" geht auf Bertalanffy zurück. Vgl. Bertalanffy, L . v., Das B i o logische Weltbild, Bd. I , a.a.O., S. 127 ff.

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Mitarbeitern, Kapitalgebern, Lieferanten und Kunden 3 4 , und faßt m i t Döring die Organisationsmitglieder als speziellen Unterfall der partizipierenden Gruppen, und zwar m i t formalen Rollen, auf 3 5 , so könnte das Franchise-System als aus zwei — begrifflich übergeordneten — M i t gliederarten bestehend gedacht werden. Die eine w i r d durch den Franchise-Geber, die andere durch die Franchise-Nehmer repräsentiert. Läßt man also die übrigen Organisationsteilnehmer, die zwar keine formalen Rollen innerhalb des Systems einnehmen, jedoch Beiträge zu dessen Zielerreichung leisten, z. B. Banken als Kapitalgeber, die Hersteller von Rohstoffen, Halbfertig- und Fertigprodukten sowie Materialien als Lieferanten und die Endverbraucher und/oder Verwender als Kunden, außer Betracht, dann könnten die Mitglieder „FranchiseNehmer" i m Sinne der Koalitions- und Anreiz-Beitrags-Theorie aus der Sicht des Franchise-Gebers wie folgt aufgefaßt werden: Sie üben sowohl die Funktion der Mitarbeiter und Kapitalgeber der dezentralisierten Betriebe des Systems als auch die der Kunden für einmalige und wiederkehrende Leistungen i m Sinne des Package des Franchisors aus. Ein weiterer bedeutungsvoller Aspekt ergibt sich für FranchiseOrganisationen dann, wenn eine auf anderer Ebene liegende Differenzierung i n funktionale Subsysteme vorgenommen wird. Nach der Konzeption von Katz und Kahn wäre zu unterscheiden zwischen einerseits politischen und andererseits operativen In- oder Untersystemen 36 . Beschränkt man wiederum die Betrachtung auf die Mitglieder der Franchise-Organisation, so lägen die politischen Aufgaben primär beim Franchisor, die operativen Funktionen hingegen nach ihrem Umfang i n etwa gleichmäßig verteilt sowohl beim Franchise-Geber als auch bei den Franchise-Nehmern; denn die Führungsaufgaben des System-Managements werden als Entscheidungen über die Systemziele und über die strategischen M i t t e l sowie als Koordination und Kontrolle der operativen Subsysteme beim Franchisor zentralisiert sein. Da hingegen die operativen Subsysteme laufende betriebliche Sachaufgaben zu erfüllen haben, d. h. zum einen die produzierende Umformung von Gütern, Geld und Information, zum anderen die Versorgungs- bzw. Erhaltungsfunktion i m Sinne der Sicherung der kontinuierlichen, störungsfreien Prozesse i m Beschaffungs- und Absatzbereich, liegen diese teils zentralisiert beim Franchisor, teils dezentralisiert bei den einzelnen Franchisees. So ist bei bestimmten Betriebs-Franchise-Systemen 34 Vgl. March, J. G. u n d Simon , Η . Α., Organizations, 7. Aufl., New Y o r k 1966; Staehle, W. H., Die Unternehmung als K o a l i t i o n und die Notwendigkeit der Werbung u m Koalitionsteilnehmer, i n : ZfB, 39. Jg. (1969), Heft 6, S.376 bis 390. 35 Vgl. Döring, K., a.a.O., S. 35. 3β Vgl. Katz, D. u n d Kahn, R. L., The Social Psychology of Organizations, N e w York—London—Sydney 1966, S.39ff.

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z. B. der Gastronomie, Reparatur, Reinigung etc. die Informationsverarbeitung i n Entscheidung und Ausführung hauptsächlich Aufgabe des Franchisor-Betriebes. Der laufende Vollzug der vom Franchisor geplanten Transformations- und Absatzaktivitäten i m Gütersektor ist jedoch Sache der einzelnen Franchise-Nehmer-Betriebe. A n dieser Stelle treten wiederum die Unterschiede zwischen reinen, idealtypischen Produkt-Franchise-Systemen und den Betriebs-Franchise-Systemen innerhalb des Dienstleistungssektors deutlich zutage. Die Handelspartner des Herstellers beim Produkt-Franchising sind als die operativen unternehmensexternen Strukturelemente 3 7 von dessen funktionalem Subsystem Absatzorganisation anzusehen. Die franchisenehmenden Einzelhändler und vor allem die vom Vertrieb von Fertigprodukten losgelösten „Dienstleister" stellen wegen ihrer dezentralen Leistungserstellung darüber hinaus auch noch unternehmensexterne Strukturelemente des funktionalen Subsystems „Produktions"Organisation dar. Diese offenen, zielgerichteten sozio-ökonomischen Organisationen aus koalierenden Funktionsträger-Gruppen vermögen von unterschiedlichen Anfangsbedingungen aus und auf verschiedenen Wegen einen Zustand des sog. „Fließgleichgewichts" anzustreben und sich i n diesem Sinne „äquifinal" zu verhalten 3 8 . Dabei setzt das „teleologische Verhalten" der offenen Franchise-Systeme oder-Subsysteme die Abstimmung und Koordination von Handlungen und Prozessen voraus. Die hierzu erforderlichen kybernetisch-regulativen Maßnahmen technisch-ökonomischer, motivationaler und kommunikativer A r t 3 9 können sowohl nach dem Prinzip der „primären" als auch nach dem Prinzip der „sekundären" Regulation 4 0 erfolgen. Eine primäre Regulation durch strukturelle Veränderung als Reaktion auf Störungen wäre z.B. durch Straffung oder Lockerung des Vertrags- und Kontrollsystems bei einer FranchiseOrganisation zu verwirklichen. Eine sekundäre Regulation i m Sinne einer Spezialisierung von System-Elementen (Franchise-Nehmern) auf bestimmte Aufgaben hätte eine Rückbildung von deren übrigen Eigenschaften und damit möglicherweise eine Erstarrung des FranchiseSystems zur störenden Folge, die dann wieder „primär" reguliert werden müßte. Abschließend zur Einordnung und Abgrenzung aus systemtheoretischer Sicht sei Döring optimalen

aus seinem Beitrag zur Strukturierung einer

Absatzorganisation

zitiert, der feststellt: E i n Franchise-

es v g l . Döring, K., a.a.O., S. 64 ff. 88 Vgl. Fuchs, H., Systemtheorie, a.a.O., Sp. 1623 ff. s» Vgl. Döring, a.a.O., insbesondere S. 36 ff. Siehe auch die bei i h m angegebene L i t e r a t u r . 40 Vgl. Grochla, E., Systemtheorie u n d Organisationstheorie, a.a.O., S. 9.

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System „ e r f ü l l t . . . am ehesten das K r i t e r i u m der Integration (externer Systemelemente, Anm. d. Verf.), das als entscheidende Voraussetzung für die optimale Leistungswirksamkeit der Absatzorganisation bezeichnet wurde. Es macht die externen Elemente zu kooperationsverpflichteten Mitgliedern des Systems, deren Tätigkeit bis h i n zur einheitlichen, das Systemimage repräsentierenden Aufmachung vom Systemmanagement kontrolliert werden kann" 4 1 . 222. Die Unterschiede zwischen Betriebs-Franchise-Systemen und ähnlichen Absatzorganisationen

222.1 Die Unterschiede zu Filial-Systemen Ergeben sich nach der i n dieser Arbeit erweiterten und veränderten Gutenbergschen Begriffsauffassung die Unterschiede zwischen Filialund Betriebs-Franchise-System noch aus der finanziellen und rechtlichen (Unselbständigkeit, so lassen sich die Gefüge nach den tektonischen Grundkomponenten Sundhoffs und ihrer Kombinationen kaum mehr unterscheiden. Differenzen liegen lediglich darin, daß i m Fall des Filial-Systems eine Selektion durch vertikale Bindungen nicht vorhanden oder, bei anderer Interpretation, i n stärkstem Maße durch vollkommene finanzielle und rechtliche Integration gegeben ist, und daß der Eigenverkehr als einzige Form des Absatzkontaktes besteht. Läßt diese Ähnlichkeit der Strukturen schon die Vermutung der alternativen oder parallelen (dualen) Verwendbarkeit beider Arten von Absatzsystemen zu, so w i r d dies erst recht deutlich bei der vergleichenden Analyse, ob und inwieweit die spezifischen Merkmalsausprägungen der Betriebs-Franchise-Systeme auch auf die Filial-Systeme zutreffen. 222.11 Differenzen bei statischer Analyse I m Gegensatz zu den kooperativen Beziehungen zwischen rechtlich und finanziell selbständig bleibenden Unternehmungen, übernehmen i m Filial-System die eigenen Filialen oder Betriebe die Funktionen der vertikal tiefer gelegenen Großhandels-, Einzelhandels- oder Dienstleistungs-Einzelbetriebe beim Absatz der Leistungen. Aufgrund der vollen Zugehörigkeit der einzelnen Niederlassungen zur Rechtseinheit der Filial-Unternehmungen ist es nicht notwendig, den Gebrauch von Namen, Warenzeichen, Ausstattung sowie gewerblichem oder technischem Know-How vertraglich einer rechtlich selbständigen Unternehmung zu gestatten. « Döring,

K., a.a.O., S. 190.

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I n größter Deutlichkeit treten die Unterschiede zwischen Filial- und Betriebs-Franchise-Systemen bei der Gewährung und Durchsetzbarkeit bzw. Kontrolle des betriebswirtschaftlich-organisatorischen Programms der Zentrale zutage. Bei der Filialunternehmung übernimmt die „Hauptverwaltung" die Konzipierung aller Bereichspläne der Filialen, die Anweisung und die Überwachung über Durchführung und Erfolg sowie die Wahrnehmung aller aus der Filialsphäre ausgliederungsfähigen Funktionen. Hingegen existiert i n Betriebs-Franchise-Systemen ein derartig weiter und intensivierter Fächer an Services und Kontrollen von Seiten des Franchise-Gebers nicht, oder er ist wegen des Gewinn- und Unabhängigkeitsstrebens des Franchise-Nehmers sowie aufgrund von Gesetzen nicht durchsetzbar 42 . M i t dieser Aussage ist aber keine Bewertung grundsätzlicher A r t bezüglich der Qualität von Filial- und Betriebs-Franchise-Systemen beabsichtigt. U. a. könnte eine solche Feststellung i m Vergleich der langfristigen Durchschnitts-Eigenkapital-Rentabilität der Gesamtsysteme getroffen werden. Sie stellt aber nur eine theoretische Möglichkeit dar, kann doch die jeweilige andere Alternative gleichzeitig nicht v o l l realisiert werden. Dennoch werden i n einer Analyse beider System-Arten die Vorteile einer detaillierten, einheitlichen Anweisung und straffen Kontrolle sowie die Nachteile einer nur durchschnittlichen Fähigkeit und schlechteren Motivation der Geschäftsführer bei Filialen den jeweils entgegengesetzten Nachteilen und Vorteilen bei FranchiseBetrieben bzw. Franchise-Nehmern gegenübergestellt. So sind Leistungswille und Leistungskraft wegen der aus Kapitalrisiko, Gewinnmöglichkeit, relativer Unabhängigkeit, Prestige- und Machtanreizen resultierenden Motivationen beim Franchise-Nehmer vergleichsweise ausgeprägter als beim Filialleiter, wo diese „Incentives " fehlen 4 3 . Entsprechend sind die weiteren Merkmale und Merkmalsausprägungen des Betriebs-Franchise-Systems beim Filialsystem nicht vorhanden. Der Filialleiter erhält statt Gewinn ein festes Gehalt und möglicherweise noch einen Anreiz i n Form einer Leistungsprämie. Darüber hinaus divergieren schriftliche, vertragliche Bindung und Dauerhaftigkeit der Beziehungen i n starkem Maße. So begibt sich der Geschäftsführer i n einen mehr oder minder kurzfristig, i m Rahmen gesetzlicher Schutzvorschriften kündbaren Anstellungsvertrag, dessen globale Fas42 Z u m K o n t r o l l - oder Durchsetzungsproblem i n den U S A gibt es v i e l fältige Publikationen. So schreibt u. a. Thompson, D. N., Franchise Operations and A n t i t r u s t L a w , a.a.O., S.42, u . a . w i e folgt: " A w h o l l y - o w n e d business enterprise is free to assign territories, select customers, f i x prices and otherwise dictate any and a l l terms for the sale of its products." 43 I n diesem Zusammenhang vgl. u. a. Preston, S. Α., To Franchise Or Not — H o w To Decide. Pro — Why, How, Advantages, i n : Franchising Today 1966—1967, a.a.O., S. 18.

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sung durch spezielle Dienstanweisungen ergänzt wird. Hingegen enthält der Franchise-Vertrag detailliert die einzelnen Rechte und Pflichten i n inhaltlich, förmlich und rechtlich komplexer A r t und Weise. Die Betriebsleitungen i m Filialsystem sind, abgesehen von der jeweiligen Arbeitsmarktlage, sehr viel schneller und leichter „auswechselbar". A u f die Differenzen i n bezug auf die rechtliche und finanzielle Selbständigkeit bzw. Unselbständigkeit wurde schon oben eingegangen. 222.12 Differenzen bei dynamischer Analyse Gross verweist auf den Umstand, daß i n bestimmten Lebensphasen von Filialunternehmungen häufig zur „Optimalisierung des Systems (...) ferner Vertriebspunkte erforderlich (sind), die unterhalb der Mindestgröße realisierbarer Filialen liegen. Hier bleibt nur der Ausweg einer Partnerschaft mit Selbständigen, die i m Vertragsvertrieb durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft — und von Familienmitgliedern — als selbständige Unternehmer auf einen befriedigenden Gewinn hoffen, der eben durch Filialisierung nicht realisierbar ist" 4 4 . Ebenso sind Oxenfeldt und Kelly der Meinung „that franchising is advantageous . . . for the exploitation of marginal locations" 4 5 . Einer der wohl wichtigsten, i n Literatur und Praxis am häufigsten diskutierten Ansatzpunkte für einen bewertenden Vergleich zwischen Filialsystem und Betriebs-Franchise-System liegt i n der externen und internen Umweltkonstellation sowie der Zielsetzung i n verschiedenen Lebensphasen der Systeme 46 . So w i r d ein dezentralisiertes AbsatzSystem i n der Wachstumsphase oder bei einer kleinen Betriebszahl ein absolut hohes Gewinn- und Wachstumsziel bei noch i m Verhältnis dazu suboptimalem Niveau des Finanzierungspotentials, des Einkaufsvolumens, der Imagekraft, der Organisationsstruktur und der Kostenwirtschaftlichkeit primär durch das vergleichsweise aggressivere Betriebs-Franchising i n befriedigendem Maße anzustreben versuchen 47 . "Related to the profit goal is the desire to reach a 'critical size* rapidly, often accomplished by franchising initially. Once this size is attained, many economies of scale are enjoyed, . . . 4 8 ." 44 Gross , H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 15. 45 Oxenfeldt , A . R. u n d Kelly, A . O., W i l l Successful Franchise Systems U l t i m a t e l y Become W h o l l y - O w n e d Chains?, i n : Special Issue on Franchising, a.a.O., S. 69. 46 I n diesem Zusammenhang sprechen Oxenfeldt u n d Kelly von „ t w o conceptual frameworks": "One is a 'push-pull· model, and the other is the 'life-cycle' framework." Oxenfeldt, A . R. u n d Kelly, A . O., a.a.O., S. 70. 47 v g l . Bennett, R. E., To Franchise Or Not — H o w To Decide. Pro — W h y , How, Advantages, i n : Franchising Today 1966—1967, a.a.O., S. 22. 48 Oxenfeldt, A. R. u n d Kelly, A . O., a.a.O., S. 71. Über die „ c r i t i c a l size" äußert sich auch Ware, W., To Franchise Or Not — H o w To Decide. Con — W h y Company-Owned Units, i n : Franchising Today 1966—1967, a.a.O., S 28 f.

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Hingegen w i r d der Franchise-Geber i n der Reife-Phase des Systems nach Satisfizierung dieser Ansprüche, also bei Erreichung der i m Einzelfall „optimalen" System-Größe, die Zielsetzung auf größere Rentabilität und stärkere Sicherheit verlagern. Dieser Konsolidierung dient die Eröffnung von Filialen und der Aufkauf von Franchise-Nehmer-Betrieben, da vom Beginn eines bestimmten System-Umfanges die Filialen dem Franchise-Geber vergleichsweise höhere Gewinne einbringen und straffere Kontrollen zur System-Stabilisierung erlauben 49 . Schließlich muß beim Systemvergleich besonders betont werden, daß die Betriebe der Franchise-Organisation sich durch höhere lokale Flexibilität besser den speziellen einzelnen Umweltbedingungen anpassen lassen 50 . A u f der anderen Seite vermögen Filialbetriebe einheitlicher und zügiger generellen Marktveränderungen und etwaigen Revisionen i n der Zielsetzung des „System-Kopfes" und/oder i m M i t teleinsatz adjustiert zu werden 5 1 . 222.2 Die Unterschiede zu Freiwilligen

Gruppen

222.21 Differenzen i n den Merkmalen Es empfiehlt sich, der i n Literatur und Praxis aufgeworfenen Frage nachzugehen, ob, inwieweit und auf welche Weise die Freiwilligen Gruppen des Handels i n die Typologie der Franchise-Systeme eingeordnet werden können. Es geht dabei u m die bereits i m Zusammenhang mit Produkt- und Betriebs-Franchising sowie m i t umstrukturierenden und Gründer-Systemen (derivative und originäre FranchiseSysteme) erwähnten Freiwilligen Ketten und Einkaufsgenossenschaften 52. Angesprochen sind damit hauptsächlich zum einen die auf Gründung und weitgehender Führung von Großhändlern beruhenden Zusammenschlüsse der Lebensmittelbranche, i n denen selbständige, gebietlich abgegrenzte Großhandelsunternehmungen m i t von ihnen anfänglich nach bestimmten Kriterien selektierten, bereits existierenden Einzelhandelsunternehmungen kooperieren 53 . Zum anderen geht es u m 49 Z u den Tendenzen der Fialialisierung u n d des Aufkaufs vgl. Sherwood , Η . C., Franchising: B i g Business Cashes I n On The American Dream, i n : Business Management, August 1968, S. 9; Oxenfeldt, A . R. u n d Thompson, D. N., a.a.O., S. 12. 50 Vgl. Toigo, J., M a r k e t Analysis and Consumer Research. Consumer Profiles Potentialials and B u y i n g Habits, i n : Franchising Today 1966—1967, a.a.O., S. 77. 51 Vgl. Singer, L . E., To Franchise Or Not — H o w To Decide. Con — W h y Company-Owned Units, i n : Franchising Today 1966—1967, a.a.O., S. 25. 52 Siehe die Ausführungen i n den Abschnitten 212.2 u n d 212.33. 53 Aus der Vielzahl der Veröffentlichungen über F r e i w i l l i g e K e t t e n seien die neueren kurz aufgezählt: Aengenendt, R., Die freiwilligen Handelsketten

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die Einkaufsgenossenschaften, die auf der ursprünglichen Gründung und Leitung sowie gemeinsamen Finanzierung durch Lebensmitteleinzelhändler basieren 54 . Da der vorgelagerte Gemeinschaftsbetrieb eindeutig Großhandelsaufgaben wahrnimmt, liegt zwar damit i n funktionaler Betrachtung vertikale Kooperation vor, i n institutioneller Sicht ist jedoch dadurch ein horizontaler Zusammenschluß gegeben 55 . I n den USA, wo die Freiwilligen Ketten nach dem 1. Weltkrieg, also vor ähnlichen Gruppenbildungen i n den Niederlanden ab 1932 und i n der Bundesrepublik i n den fünfziger Jahren, als „voluntary chains" oder wholesaler-sponsored- 56 oder wholesaler-owned voluntary groups 57 entstanden, bestehen diese nicht nur i m Lebensmittelhandel, wie das i n Deutschland der Fall ist, sondern auch i m Drogerie-, Hartwaren-, Autoteile- und -Zubehör- sowie i m Kleinkaufhaus-Bereich 58 . Die amerikanischen Einkaufsgenossenschaften tragen den Namen „cooperative groups", wobei die Großhandelsbetriebe als „retailer-owned wholesalers" bezeichnet werden. I n den USA werden die „voluntary chains" und „cooperative groups" von verschiedenen Autoren zu den Franchise-Systemen gerechnet. So faßt Thompson unter dem Begriff „Wholesaler-retailer-system" als Unterart der „Product and Service Franchise Systems" u. a. die Independent Grocers Alliance (Food Retailing), die National Drug Cooperative (Drug Retailing) etc. zusammen 59 . Auch Lewis und Hancock stellen fest: " . . . , a very substantial share of this nation's food, drugs, hardware, and auto parts and acessories is sold through franchised outlets. Many of these operations are wholesaler sponsored and are also known i n der Bundesrepublik Deutschland, Köln—Opladen 1962; Stadtaus, U., Die F ü h r u n g einer freiwilligen Handelskette i m Lebensmittelhandel, B e r l i n 1962; Schierholt, H., Freiwillige Filialbetriebe, Rechtliche u n d wirtschaftliche Bindungen zwischen selbständigen Groß- u n d Einzelhändlern, K ö l n 1963; Knigge, J., Richtige Finanzierung — Sichere Marktchancen. Absatzstrategie i n der Konzeption der F r e i w i l l i g e n Gruppen, F r a n k f u r t / M a i n 1970. 54 Z u den Einkaufsgenossenschaften u n d zu ihrer E n t w i c k l u n g zu F u l l Service Genossenschaften vgl, besonders: Nieschlag, R., Binnenhandel u n d Binnenhandelspolitik, B e r l i n 1959, S. 422 ff., S. 425 ff. und S.458f.; Nieschlag, R., Mögliche Entwicklungen i m Einzelhandel, a.a.O., S. 138 ff.; Tietz, B., Konsument i m Einzelhandel, Strukturwandlungen i n der Bundesrepublik Deutschland von 1950 bis 1975, F r a n k f u r t / M a i n 1966, S. 540—583 (Zitierweise: Konsument u n d Einzelhandel); Draheim, G., Autonomie u n d B i n d u n g i n der Genossenschaft, i n : B f G 11/1965, S. 153—159. ss Vgl. Knoblich, H., a.a.O., S. 506. 5β Knigge, J., Absatzstrategie der F r e i w i l l i g e n Gruppen, a.a.O., S. 15. 57 Vgl. Nieschlag, R., Binnenhandel- u n d Binnenhandelspolitik, a.a.O., S. 447. 58 Vgl. Lewis, E. H. u n d Hancock, R. S., a.a.O., S. 11. 59 Vgl. Thompson, D. N., Franchise Operations and A n t i t r u s t L a w , a.a.O., S. 41.

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as 'voluntary chains' 60 ." K r i t i k übt an dieser Subsumierung Konopa: "When discussing franchising, many businessmen and some contemporary writers describe the operations of voluntary chains as synonymous w i t h franchise selling 6 1 ." Ähnlich äußert sich Hansen, indem er feststellt: „Wenn man sie (die Freiwilligen Ketten, Anm. des Verfassers) und auch die Genossenschaften aber als Franchising-Formen unterstellt, trägt man eher zur Verwirrung als zur Klärung des Begriffes bei. M i t neuen Etiketten i n alten Hüten ist hier nicht viel gewonnen 62 ." Abgesehen von seiner Zurechnung bestimmter amerikanischer Systeme zu den Absatzprogramm-Kontrakt-Systemen, besteht nach Tietz der wesentliche Unterschied zwischen Franchise-Systemen und Einkaufsgenossenschaften sowie Freiwilligen Ketten „weniger i n den Abweichungen bei der Kosten- und damit bei der Gewinnverteilung, als vielmehr i n der Intensität der vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit 6 3 ". Seiner Meinung nach sind bei Franchise-Systemen die Beratungs- und Betreuungsdienste stärker ausgebaut und werden die Verträge strenger gefaßt. Auch den Ausführungen von Nieschlag/Dichtl/Hörschgen ist, zumindest auf indirekte Weise, zu entnehmen, daß die Freiwilligen Gruppen nicht als Betriebs-Franchise-Systeme zu bezeichnen sind, wenn sie auch eine gewisse Ähnlichkeit als gegeben ansehen. Erstens verkörpern nach ihrer Meinung die Vertragshändlerschaften zwischen Industrie und Handel nichts anderes als eine Form des Franchising 64 , zeichnen sich aber gegenüber den Freiwilligen Gruppen durch ein höheres Maß an Bindung, vor allem i n bezug auf Warenbezug und Preispolitik, aus 65 . Zweitens wird, gemäß den Erörterungen i n dieser Arbeit, daß Produktund Betriebs-Franchise-Systeme als die beiden polaren Extrem-Typen des Franchising aufzufassen sind 6 6 , deutlich, daß die Freiwilligen Ketten und Full-Service-Genossenschaften weder m i t dem einen oder anderen noch m i t „dazwischen" liegenden Typen zu identifizieren sind. Den erwähnten Einordnungs- und Ausklammerungsversuchen fehlt jedoch die notwendige Systematik und die hinreichend erschöpfende Erfassung der relevanten Tatbestände. Geht man hingegen vom Katalog der allgemeinen Merkmale des Franchising und seiner besonderen Aus60 Lewis, E. H. u n d Hancock, R. S., a.a.O., S. 11. ο1 Konopa, L., W h a t Is Meant by Franchise Selling?, i n : Journal of M a r k e t ing, Vol. 27, 1963, Nr. 2, S. 35. 62 Hansen, H. R., Franchising, mehr als ein Schlagwort?, i n : Rationeller Handel, 11.Jg., 1968, H e f t 2 , S . U . 63 Tietz, B., Der Weg zur Totalen Kooperation, a.a.O., S. 3. 64 Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 654. 65 Vgl. ebd. 66 Siehe hierzu die Ausführungen i n den Abschnitten 212.33 u n d 213.

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Prägungen beim Betriebs-Franchising aus, so w i r d man den gestellten Anforderungen einer möglichst exakten typologischen Differenzierung eher gerecht. Wenn auch zwischen Großhändlern und Einzelhändlern i n Freiwilligen Ketten und Einkaufsgenossenschaften de facto i m Durchschnitt langfristige und lockere vertragliche Beziehungen bestehen, so fehlt doch ein beide Seiten berechtigender und verpflichtender sowie umfassend und detailliert fixierender Vertrag. Eine solche Vereinbarung dient bei Betriebs-Franchise-Systemen als unentbehrliche Grundlage und als Ausdruck der Vielfalt und Komplexität der Relationen zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer. Der vertikal-kooperative Charakter der Beziehungen zwischen Franchise-Partnern ist auch i n den genannten zwei Gruppen-Arten des Handels anzutreffen. Doch bestehen i m Gegensatz zu den FranchiseSystemen einerseits i n den Freiwilligen Ketten die rechtlichen Bindungen und die kooperativen wirtschaftlichen Leistungen und Gegenleistungen primär zwischen einzelnen, regional tätigen Großhändlern und den i n ihrem Gebiet arbeitenden Einzelhändler-Kunden. Hingegen sind die darauf aufbauenden nationalen und internationalen Organisationen nicht von so starker, direkter rechtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Bei letzteren handelt es sich folglich nicht u m straff führende System-Zentralen, sondern mehr um einen relativ lockeren Überbau. Andererseits beruht bei den Einkaufsgenossenschaften die Großhandelsstufe nach wie vor auf der Gründung und Finanzierung durch Einzelhändler selbst. Es bleibt aber anzumerken, daß die bezirklichen Großhandelszentralen i n den letzten Jahren wegen der mangelnden Flexibilität des geltenden Genossenschaftsgesetzes die rechtliche Ausgliederung des Waren- und Dienstleistungsgeschäftes vorgenommen haben, um eine stärkere Autonomie der Geschäftsführung der Genossenschaften zu erreichen 67 . Soweit die eintragungs- und nicht eintragungsfähigen Schutzrechte einem Vergleich unterzogen werden, sind diese i n den Freiwilligen Ketten einer größeren Anzahl selbständiger Großhändler über eine gemeinsame, übergeordnete Institution zu eigen. I n den Genossenschaften muß man diese Rechte dem Verbund einer Vielzahl von Einzelhändlern als Mitgliedern der Genossenschaft zurechnen. I m Gegensatz dazu gehören sie bei den Betriebs-Franchise-Systemen originär 67 Dazu läßt sich m i t Knoblich feststellen, daß m i t zunehmender F u n k tionsausgliederung von seiten der Teilnehmer auch die organisatorische Durchbildung u n d Verselbständigung der ökonomisierungsgemeinschaft wächst. Vgl. Knoblich, H., a.a.O., S. 509. M i t Bidlingmaier könnte man einen Wandel von den institutionell horizontal-kooperativen zu institutionell vertikal-kooperativen Beziehungen feststellen. Vgl. Bidlingmaier, J., a.a.O., S. 361.

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einem einzigen Franchise-Geber. Dieser kann und muß folglich i m Interesse eines einheitlichen Images bei den Verbrauchern und den gewerblichen Kunden des Systems sowie zur Werterhaltung und Werterhöhung gegenüber Eintritts- und laufende Gebühren zahlenden Franchise-Nehmern vergleichsweise weitaus stärker darauf dringen, daß seine Franchise-Partner lückenlos und unverfälscht von den franchisierten Schutzrechten Gebrauch machen. Technisches und gewerbliches Know-How ist bei den Freiwilligen Ketten und den Genossenschaften des Lebensmittelhandels erst i n den letzten zehn Jahren i n umfassender Weise aufgekommen. Vor allem wurde es aber nur regional und zum Teil i n sehr unterschiedlicher Form von den selbständigen Ketten-Großhändlern und von den „verselbständigten" bezirklichen Genossenschafts-Großhandels-Zentralen entwickelt und ist nicht Gegenstand einheitlicher Verträge. Es besteht, abgesehen von einzelnen Abmachungen, weder ein absoluter Hechtsanspruch auf gebrauchsweise Überlassung, noch die Verpflichtung der Verwendung dieses Know-How durch die Einzelhändler. Trotz des Aufbaus eines umfassenden Dienstes bis h i n zum FullService- Angebot für die Einzelhändler 68 reicht das betriebswirtschaftlich-organisatorische Programm der Freiwilligen Ketten und der Genossenschaften weder i n bezug auf Einheitlichkeit und Geschlossenheit noch hinsichtlich der rechtlichen Durchsetzbarkeit auch nur annähernd an das Package von Betriebs-Franchise-Systemen heran. Zwar decken auch i n den genannten Gruppen die von den Großhandelszentralen angebotenen, selbst erstellten oder organisierten und vermittelten Dienste das gesamte absatzpolitische und wesentliche Teile des übrigen betriebspolitischen Instrumentariums des Einzelhandels ab; denn deren Services erstrecken sich auf Standortwahl, Einführung zeitgemäßer Betriebsgrößen, Betriebstechniken, Preisempfehlungen, Sonderverkaufsaktionen, Rabattmarken, Eigenmarken, Frischprodukte, Versandgeschäft, Werbung, Sales Promotion, Schulung, Betriebs-, Steuer-, Rechtsberatung, Buchhaltungsservice sowie Finanzierungs- und Versicherungsleistungen 69 . Doch w i r d von diesen Diensten weder pflichtweise noch lückenlos und einheitlich Gebrauch gemacht. Zudem gibt es i n keiner dieser Gruppen, abgesehen von einem beschränkten Eigenmarken-Programm, ein vorgeschriebenes, sich von den es v g l . Nieschlag, R., A u f dem Wege zum Full-Service, i n : Moderner M a r k t 1967, Heft 6, S. 25 ff. 69 Z u den Service-Leistungen des Ketten-Großhandels siehe die i n A b schnitt 222.21 angegebene Literatur, insbesondere Knigge, J., Absatzstrategie der F r e i w i l l i g e n Gruppen, a.a.O., S. 17 f., S. 30 ff., S. 35 ff. u n d S. 102 ff. Z u m Dienstleistungs-Paket der modernen Genossenschaften vgl. Osel, W., Die Edeka setzt auf Können, Wissen u n d Leistung, Handelsblatt-Gespräch m i t E.H.Diederichs, i n : H B v o m 31.5.1965; Draheim, G., a.a.O., S. 155—157.

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übrigen Mitwettbewerbern differenzierendes Gesamt-Sortiment. Dies i n vollkommener Weise zu erreichen ist auch unmöglich; denn die Marketing-Konzeption der Markenartikel-Hersteller besitzt immer noch eine hohe Bedeutung. Auch gewinnen die regional und lokal zu beschaffenden Frisch-Produkte ständig an Umsatz-Relevanz 70 . Ferner sind die äußerst große Vielfalt an Betriebsausstattung wie Ladeneinrichtung und Geschäfts-Fassade i n Form und Farbe, die starke Varianz der Betriebsgrößen und Standortlagen als Kennzeichen mangelnder Einheitlichkeit zu nennen. Eine obligatorische Schulung vor und i n gewissen Abständen nach der Betriebseröffnung, pflichtweise zu befolgende. standardisierte Betriebs-Führungsrichtlinien sowie die zwangsweise oder vertraglich vereinbarte Inanspruch- oder Teilnahme von bzw. an Sales-Promotionen-Aktionen, Buchhaltungs- und BeratungsService fehlen. Analog zu den umfangreichen Wahlrechten der angeschlossenen Einzelhändler besteht auch i n den seltensten Fällen, und dann nur für vereinzelte Service-Leistungen zu Kosten-Preisen, eine direkte Abgeltung der Dienste des Ketten-Großhändlers 71 . Das getrennt von Warenrechnungen belastete Entgelt für einmalige und wiederkehrende Leistungen ist jedoch wichtiges Merkmal des BetriebsFranchising.

222.22 Annäherung der Freiwilligen Gruppen an den Typus der Betriebs-Franchise-Systeme Die vergleichende Analyse legt die Schlußfolgerung nahe, daß, abgesehen von vielen Ähnlichkeiten als Konsequenz der Umstrukturierung dieser Gruppen, die einzelnen Freiwilligen Ketten und Genossenschaften des Lebensmittelhandels der Bundesrepublik Deutschland, wie auch i n anderen europäischen Ländern, heute und m i t hoher Wahrscheinlichkeit auch i n näherer Zukunft nicht als Betriebs-FranchiseSysteme angesehen werden können. Dies gilt zumindest dann, wenn man sie i n ihrer jeweiligen nationalen Gesamt-Organisation betrachtet. Die Feststellung t r i f f t i n den meisten Fällen jedoch auch insofern zu, als der Blick nur auf die regionalen Subsysteme (Bezirks-Zentralen) konzentriert wird. Etwas abweichender Meinung ist Nieschlag i n einer 70 I m Gegenteil müssen diesbezüglich spezialisierte Systeme w i e das „Bremer Modell" f ü r Frischprodukte von Peinemann u n d die NonfoodDienste von Wenco u n d NFS erwähnt werden, die verschiedene F r e i w i l l i g e Gruppen, Filialbetriebe u n d Verbrauchergenossenschaften i n deren Einzelhandelsgeschäften direkt andienen ohne gruppeneigene Handelsmarken. Vgl. Gross, H., Das „Bremer Modell", i n : Beratungsbrief N r . 46 v. 26.11.1970, S. 9—11. 71 Vgl. hierzu Knigge, J., Absatzstrategie der F r e i w i l l i g e n Gruppen, a.a.O., S. 41—44. β·

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gutachterlichen Schlußfolgerung, „daß die Gruppen m i t einer gewissen Zwangsläufigkeit Filialunternehmungen oder Franchise-Systemen (in denen ebenso wie i n den Filialbetrieben der Wille zur zentralen Führung herrscht) immer ähnlicher werden 7 2 ." Trotz der erheblichen und gewiß zu würdigenden Anstrengungen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene w i r d der folgende Katalog von Ursachen generell, m i t einzelnen Ausnahmen, bestimmend bleiben: (1) Die vielseitige Unterschiedlichkeit der schon bestehenden Betriebe i n Typ, Größe, Standort und Sortiment scheint nicht annähernd aufhebbar zu sein. (2) Detaillierte, neue Pflichten auferlegende, echte Betriebs-Franchise-Verträge sind bei bestehenden Betrieben schwer durchsetzbar wegen existierender Facherfahrung und bisheriger Erfolge i n Gewinn und Vermögenswachstum der bereits angeschlossenen Einzelhändler und wegen des relativ leichten Überwechseins i n andere Ketten oder Genossenschaften m i t weniger straffen Standards und Kontrollen. Die Durchsetzbarkeit ist ebenso bei neuen Betrieben i n Frage gestellt. Dies t r i f f t bei der Errichtung einzelner Filialen von bereits existierenden Einzelhändlern aus gleichen Gründen wie oben zu. Bei sich erstmalig selbständig machenden Einzelhändlern ist es die Folge der starken Konkurrenz der Ketten und Genossenschaftszentralen sowie der Auswechselbarkeit der Systeme. (3) Auch i n Zukunft w i r d die regionale Zersplitterung und starke Stellung der Großhändler bei vergleichsweise schwachen Befugnissen und Funktionen der Bundes-Zentralen strukturbestimmend bleiben 7 3 . 72 Nieschlag, R., Mögliche Entwicklungen i m Einzelhandel, Gutachten über die Z u k u n f t des deutschen Einzelhandels, verfaßt i m A u f t r a g des Bundeswirtschaftsministers, abgedruckt i n : Bayerischer Einzelhandel, J u b i läumsausgabe: 25 Jahre Landesverband des bayerischen Einzelhandels e.V., Heft 6, J u n i 1971, S. 134—144, hier S. 138. 73 I n den F r e i w i l l i g e n K e t t e n zeigen sich z. Z. folgende Tendenzen: Z u m einen gliedern räumlich nebeneinander liegende Bezirkszentralen der gleichen Gruppe bestimmte Funktionen w i e Wareneinkauf, Datenverarbeitung etc. aus u n d übertragen sie einem gemeinsamen regionalen „Verwaltungszentrum", so z.B. bei der SPAR. Z u m anderen verbinden sich Großhändler konkurrierender Freiwilliger K e t t e n i m gleichen Gebiet zum gemeinschaftlichen Betrieb eines einzigen Zentrallagers, des Fuhrparks, der Einkaufsabteilung vor allem für Frischprodukte sowie einer großen Datenverarbeitungslage. Diese Bestrebungen laufen den Bemühungen der Bundeszentralen der einzelnen Ketten, mehr Aufgaben u n d Rechte regional auszugliedern u n d auf sich zu vereinigen, zuwider. Ebenso verstärken die regionalen Fusionen der Einkaufsgenossenschaften wie Edeka nicht gerade das Gewicht der obersten Bundesinstitution. Vgl. auch Nieschlag, R., Der Weg der F r e i w i l l i g e n Ketten, i n : der neue weg, 1969, Heft 11, S. 10.

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(4) Den Großhandelszentralen fehlt großenteils noch die Erfahrung mit einem selbst entwickelten, differenzierten, Marktlücken füllenden, erfolgreichen Geschäftstyp i n eigenen Filialen. (5) Es mangelt bisher an Wissen um die Grundsätze und an Erfahrung i n Strategie und Technik des Aufbaus echter Betriebs-FranchiseSysteme. I n den USA hingegen sind die dort als voluntary chains bezeichneten Kooperationsgebilde entweder von Anfang an Betriebs-FranchiseSysteme gewesen, wie die weiter oben genannten Firmen und die i n den letzten Jahren „aus dem Boden geschossenen" Convenience-Store Ketten, oder recht frühzeitig m i t straffem Franchise-Management umstrukturiert und vor allem ausgebaut worden, wie z. B. die Systeme von IGA oder Super Valu zeigen. Auch i n anderen Handelsbranchen z. B. für Textilien, Elektroartikel, Foto etc. sind bislang i n der BRD keine Ansätze für Betriebs-FranchiseSysteme geschaffen worden, wohl hingegen Einkaufsgemeinschaften und gewisse Service-Leistungen des Großhändlers für die Einzelhändler wie bei Kutegro, Vedes, Ringfoto, Universa etc. 74 . I n diesen Bereichen und denen des Lebensmittelhandels dürfte die Entwicklung zu einem dem Betriebs-Franchise-System sehr ähnlichen Verbund lediglich schrittweise vorwärtsgehen. Das zeigen z. B. die Selektion i n der A & OHandelsgruppe auf dem Wege der Auswahl von bestehenden Einzelhändlern, die ein sogenanntes Pilotprogramm ausführen, und die strengere Bindung bei neuen Läden 75. Hier schon von Betriebs-Franchising i m oben definierten Begriff zu sprechen, würde dessen Merkmalen nicht gerecht. Es soll jedoch folgende Prognose gemacht sein: Derivative BetriebsFranchise-Systeme aus Umstrukturierung bestehender Freiwilliger Gruppen verschiedener Branchen werden voraussichtlich am ehesten noch i m Lebensmittelhandel der BRD entstehen, und innerhalb dieses Zweiges wiederum zuerst i n den Freiwilligen Ketten (selbständige Großhändler und selbständige Einzelhändler). Dabei w i r d ferner zwischen den einzelnen Gesamtorganisationen zu differenzieren sein. I m internationalen Vergleich gesehen werden die nationalen KettenGebilde i n jedem Falle unterschiedliche Strukturen besitzen. Bei Beschränkung der Betrachtung auf die BRD ergeben sich bereits heute 74

Vgl. auch Priess, F., Kooperation i m Handel, E i n Arbeitsergebnis des RGH, F r a n k f u r t / M a i n 1969, S. 183 ff. ™ Vgl. ο. V., A & O - V o r arbeiten an einem neuen Leistungsbündel, i n : L Z Nr. 40 v. 1.10.1971, S. 1 und S. 4; ferner ο. V., W a r u m ist Franchising i m m e r noch ein Fremdwort? Ergebnisbericht i n : L Z Nr. 42 v. 15.10.1971, S. I — I V ; Knigge, J., Absatzstrategie der F r e i w i l l i g e n Gruppen, a.a.O., v o r allem S. 18, S. 37—44 u n d S. 102—104.

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relativ starke Abweichungen bei und zwischen den Freiwilligen Ketten. Dies beruht auf Fusionen verschiedener Ketten miteinander und auf der Bildung regionaler Betriebszentren benachbarter Großhändler der gleichen Kette und schließlich auf der erheblichen quantitativen und qualitativen Disparität der Bezirksgrossisten. Festzustellen ist besonders die disparitäre Entwicklung der jeweiligen Gesamtumsätze (aus Belieferungs- und Cash-and Carry-Großhandel, Filialen, Verbrauchermärkten), der jeweiligen Struktur der angeschlossenen Einzelhändler, der Finanzkraft, der Einkaufskonditionen und Kostenhöhe sowie der Führungskräfte und Informationssysteme. Die Folgen dieser unterschiedlichen Trends werden vom Gesichtspunkt des Betriebs-Franchising unter anderem sein, daß kleine oder größere Subsysteme auf nationaler und regionaler Basis sich zu Betriebs-Franchise-Systemen entwickeln und neben weniger straffen Verbundformen innerhalb oder gar nach möglichem Austrittsentschluß außerhalb der bisherigen Freiwilligen Ketten bestehen werden. Zum Teil werden diese verschmolzenen, segmentierten oder ausgeschiedenen Suborganisationen neue oder veränderte Namen, Warenzeichen, Ausstattungen etc. annehmen wollen bzw. müssen. M i t dieser Vorschau soll die notwendige klärende Abgrenzung der anderen Absatzorganisations-Typen von den Franchise-Systemen i m allgemeinen und den Betriebs-Franchise-Systemen i m besonderen abgeschlossen sein.

23. Typologische Analyse der Dienstleistungsbetriebe und Dienstleistungs-Franchise-Systeme

Zur Vollständigkeit und Geschlossenheit einer typologischen Analyse der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor bleiben weiterhin u. a. noch Inhalt, Umfang und Abgrenzung der Begriffe „Dienstleistungen" und „Dienstleistungssektor" zu bestimmen sowie eine Typologie der „Dienstleistungen", „Dienstleistungsbetriebe" und „DienstleistungsFranchise-Systeme" vorzunehmen. Diese Analyse, Konstatierung und Konstruktion dient vor allem als Instrument für die materiale Erkenntnisgewinnung und die formale, praktische Darlegung von Dienstleistungsbetriebs-Typen, die für Betriebs-Franchise-Systeme i n Frage kommen, sowie als Grundlage für die i n dieser Arbeit i m Ansatz zu diskutierende Gründung solcher Absatzsysteme. 231. Begriff und Wesen der Dienstleistung

Schüller definiert den Allgemein-Begriff „Dienstleistung" als das, „was der Mensch tut, u m seine physische und psychische Arbeitskraft

23. Typologische Analyse der Dienstleistungsbetriebe

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m i t oder ohne Verbindung zur materiellen Güterwelt i n den Zweckbereich der menschlichen Bedürfnisbefriedigung zu bringen 1 ." I n einer ersten Eingrenzung für diese Arbeit sollen nur solche Dienstleistungen betrachtet werden, die aufgrund ihrer Nutzenstiftung 2 und ihrer Knappheit i m Verhältnis zu den Bedürfnissen als wirtschaftliche Güter zu charakterisieren sind. Die spezifischen Merkmale aller Arten von Dienstleistungen liegen i n der fehlenden Lagerungsfähigkeit und i m technisch-materiellen Unsichtbarwerden i m Moment ihrer Erstellung durch Verbrauch oder Kombination mit Sachleistungen 3 . Zur Abgrenzung von anderen und zur Einordnung der Dienstleistungen i n die Arten von Leistungen oder Gütern — zu denen auch franchisierbare Leistungen gehören — w i r d i n der volkswirtschaftlichen Literatur eine nicht überschaubare Anzahl von Versuchen unternommen. Aus diesen Abgrenzungs- und Identifikationsbemühungen seien einige ausgewählt, u m einerseits die darin offensichtlich werdende Problematik zutage treten zu lassen, u m andererseits vor allem für die vorliegende Untersuchung verwendungsfähige Ansätze zu erschließen. Neben der Einteilung i n körperliche und unkörperliche Güter, die auch von Franchise-Nehmern an Verbraucher und Verwender abgesetzt werden, könnte man ebenso eine eindimensionale Typeneinteilung i n Sachgüter, Dienstleistungen und Nutzungen 4 oder i n Sachleistungen, Dienstleistungen , Kapitalüberlassung, Ansprüche und Rechte 5 vornehmen. Diese werden zum einen von Franchise-Systemen an Dritte vertrieben, zum anderen sind sie selbst Gegenstand der gegenseitigen Rechte und Pflichten von Franchise-Geber und Franchise-Nehmer aus dem Franchise-Vertrag. I n den nachfolgenden Ausführungen w i r d die Untersuchung jedoch auf die Märkte beschränkt sein, auf denen sich Franchise-Systeme bzw. Franchise-Nehmer-Betriebe als Anbieter und private und gewerbliche Verbraucher und Verwender als Nachfrager gegenüberstehen.

1 Schüller , Α., Dienstleistungsmärkte i n der Bundesrepublik Deutschland. Sichere Domänen selbständiger mittelständischer Unternehmen?, K ö l n u n d Opladen 1967, S. 19. 2 Vgl. Linhardt, H., Das Dienstleistungsunternehmen: Genealogie — Topologie — Typologie, i n : Dienstleistungen i n Theorie u n d Praxis, hrsg. von L i n h a r d t , H., Penzkofer, P. u n d Scherpf, P., Stuttgart 1970, S. 4. 3 Vgl. Johnson, E. M., A n Introduction to the Problems of Service M a r k e t i n g Management, hrsg. von B. C. Schmidt, Delaware, o. J., S. 17; Cramer, J. E., Planung u n d E i n f ü h r u n g neuer Dienstleistungen i m Bankbetrieb, Diss. München 1969, S. 25 f. u n d S. 28 f.; Stanton, W . J . , Fundamentals of M a r k e t ing, 2. Aufl., New Y o r k usw. 1964, S. 572 ff. 4 Vgl. u. a. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 5. 5 Vgl. Heinen, E., Einführung, a.a.O., S. 127,

J. Fourastié

Μ. Wolfe

Tertiärer Sektor 4 = Handel Restliche Wirt5 = Verkehr, Nachschaftszweige (Hanrichten del, Verwaltung, 6 = Kreditinst., VerTransport, Banken, Sicherungen Versicherungen u. 7 = Dienstleistungen sonstige Dienstv. Unternehmen leistungen, einschl. u. sog. Freien Handwerk und Berufen Kleingewerbe) 8 = Organisationen ohne Erwerbscharakter 9 = Gebietskörperschaften u. Sozialversicherung

tion

3. Tertiäre

j j

Tertiäre Produktion Tertiärer Sektor Tertiäre ProdukProduktion zur BeWirtschaftszweige tionszweige friedigung einer mit geringem oder Produktivität durch Nachfrage ab einem keinem technischen den Faktor Arbeit im bestimmten LebensFortschritt weitesten Sinne des standard Wortes bestimmt

.

Produk-

Primärer Sektor Primäre Produktion Primärer oder land - Primäre Produktions0 = Land- u. ForstProduktion zur Be«irf«cte/tL Sektor zweige Landwirtsch., wirtsch., Tierfriedigung elementäWirtschaftszweige ProduktivitatsfortFischerei, Forst- halt. u. Fischerei rer (lebensnotwen- f11* mittelmaßigem fchntt durch die nawirtsch., Jagd diger) Bedürfnisse tedmischem Fortturlichen Wachstumsschritt faktoren begrenzt 2. Sekundäre ProdukSekundärer Sektor Sekundäre ProdukSekundärer oder Sekundäre Produktio n tion ι = Energiewirtsch industrieller Sektor tionszweige Industrie, Zweige Wasserversorg.',' Produktion zur BeWirtschaftszweige^ Produktivitätssteigeder anorganischen Bergbau friedigung nicht großem technirung durch mechaschen Urproduktion 2 = Verarb. Gewerbe lebensnotwendiger, Fortschritt nisch-technische Faktoren (ohne Bautendenziell uniforDestimmt gewerbe) mierter Nachfrage 3 = Baugewerbe

amtl. Stat. der BRD A. G. B. Fisher

Produk-

tiim:

1. Primäre

C. Clark und V. R. Fuchs

Schaubild 3: Sektorale Aufteilung der Volkswirtschaft 88 p o i d r a n c h i s e - S y s t e m e i m Dienstleistungssektor

23. Typologische Analyse der Dienstleistungsbetriebe

89

232. Einordnung der Dienstleistungsbetriebe in das volkswirtschaftliche Sektoren-Modell

A m häufigsten und am bekanntesten sind die Ansätze einer mittelbaren oder indirekten Abgrenzung der Leistungs- oder Güterarten durch die Vornahme sektoraler Einteilung der Volkswirtschaft. A l l e n diesen Ordnungsversuchen ist die Gliederung i n drei Bereiche gemeinsam, i n den primären, sekundären und tertiären 6. Nachstehend seien i m Schaubild 3 die Schemata von Colin Clark und V. R. Fuchs 7, der amtlichen Statistik der BRD 8 , von A. G. B. Fisher 9, von Jean Fourastié 10 sowie von M. Wolfe 11 i n einer knappen Übersicht dargestellt. Dieses Schaubild soll dazu beitragen, die Dienstleistungsbetriebe und damit solche, die i n Betriebs-Franchise-Systemen organisiert sind, i n bezug auf ihren Platz i n der Volkswirtschaft zu identifizieren. Ferner soll es eine Grundlage dafür schaffen, die Dienstleistungsbetriebe und vor allem die Betriebs-Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor besser klassifizieren, charakterisieren und i n ihrer strukturellen Problematik begreifen zu können. A u f die eingehende Darlegung der in der Literatur vorgenommenen, m i t außerordentlichen Schwierigkeiten verbundenen Ansätze widerspruchsfreier sektoraler Einordnung der Dienstleistungsbetriebe und ihrer Abgrenzung von anderen Betrieben soll hier, m i t Ausnahme von Fuchs, verzichtet sein. Fuchs kritisiert an Clark, daß dieser die Begriffe der „primary, secondary, and tertiary industries" mit dem Grad der Ferne oder der Nähe verbindet, den deren Tätigkeiten i n bezug auf den Letztverbraucher aufweisen. „There are, however, several industries that service business firms — wholesale trade, commercial banking, advertising — but are nevertheless usually classified i n the service or tertiary sector 12 ." Er gibt zu, daß ebenso das K r i t e r i u m der Unkörperlichkeit 6 Darüber hinaus definiert Servan-Schreiber das Quartär als eine F o r t setzung des Tertiär (Phase der Verwaltungen und Behörden), das progressiv die Gesetze von Macht u n d G e w i n n überwindet (Stiftungen, Gemeinnützige Forschungen, K u l t u r , Organisationen ohne Erwerbscharakter). Vgl. ServanSchreiber, J.-J., Die amerikanische Herausforderung (französische O r i g i n a l fassung: Le défi américain), 3. Aufl., H a m b u r g 1968, S. 53. * Vgl. Clark, C., The Conditions of Economic Progress, London 1957, S. 7 ff.; Fuchs, V. R., The Service Economy, New Y o r k 1968, S. 14 ff. 8 Vgl. Statistisches Jahrbuch f ü r die BRD, 1969, S. 171. Siehe v o r allem auch Bartels, H., Systematisches Güterverzeichnis f ü r den P r i v a t e n V e r brauch, i n : Wirtschaft u n d Statistik 1962, Heft 2, S. 63—74. » Vgl. Fisher, A . G. B., Production, Primary, Secondary and Tertiary, i n : The Economic Record, Vol. X V , 1939, S. 31 f. 10 Vgl. Fourastié, J., a.a.O., S. 66 (Ausgabe 1954). 11 Vgl. Wolfe, Μ., The Concept of Economic Sectors, i n : The Quarterly Journal of Economics, Vol. L X I X , Cambridge/Mass. 1955, S.406f. 12 Fuchs, V. R., a.a.O., S. 15.

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(intangibility) für die Zuordnung zum tertiären Sektor i n vielen Fällen Schwierigkeiten bereitet. I n einer Schlußfolgerung der Analyse verschiedener Beiträge i n der Literatur begnügt er sich mit einer Umschreibung dieses Wirtschaftsbereiches. Als bisher von wissenschaftlichen Analysen vernachlässigter Sektor, der Messungen recht schwierig gestaltet, enthält dieser sehr heterogene Tätigkeitfelder und Strukturen, beschäftigt hauptsächlich „white collar workers", ist von hoher Personalintensität, steht größtenteils direkt mit dem Konsumenten i n Kontakt und seine Wirtschaftseinheiten „produzieren" i n irgendeiner Weise fast alle ein unkörperliches bzw. immaterielles Gut 1 3 . Dabei unterscheidet Fuchs noch den für die vorliegende Untersuchung maßgeblichen ,,Service Subsector". "This subsector excludes government, households and institutions, and real estate. I t corresponds roughly to the private enterprise portion of the service sector 14 ." I n den folgenden Ausführungen soll nun der nicht minder problemvolle Versuch angestellt werden, die Klassifizierung und die Bildung eindimensionaler, partialer Typen der Dienstleistungen, der Dienstleistungsbetriebe und der Betriebs-Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor vorzunehmen.

233. Ansätze zur Typologie der Dienstleistungsbetriebe und Dienstleistungs-Franchise-Systeme

233.1 Mögliche typologische Ansätze im Überblick Die Zahl von einzelnen Merkmalen verschiedener Dienstleistungsbetriebe ist nicht abschätzbar. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Beschränkung. Es seien acht wesentlich erscheinende Oberkriterien ausgewählt; darüber hinaus werden zusätzliche, sich teilweise überschneidende Unterkriterien zur Verwendung gelangen. Dabei ist jedoch i m Bewußtsein zu halten, daß man Struktur und Tätigkeiten von Betrieben nach verschiedenen Merkmalen ordnet, ohne jemals eine volle Gesamtschau zu erreichen. Wegen der durch das Untersuchungsziel der Arbeit gebotenen Gewichtung der Darstellungslänge sei an dieser Stelle, neben dem sich inhaltlich weitgehend selbst-erklärenden Schaubild 4, lediglich auf die verbleibenden Unklarheiten eingegangen. I m übrigen muß auf die i n den Anmerkungen gegebenen Literaturstellen und Erläuterungen verwiesen werden. 13 Vgl. Fuchs , V . R., a.a.O., S. 16. 14 Ebd., S. 17.

23. Typologische Analyse der Dienstleistungsbetriebe

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Schaubild 4: Typen der Dienstleistungen Kriterium

Dienstleistungs-Typen

1. Leistungs- 11. fremdwirtschaftl. oder eigenwirtschaftl. Dienstleistungen 12. private oder öffentliche Betriebe u. Haushalte oder andere träger Leistungsträger 2. Bedarfsträger

21. Dienstleistungen f ü r p r i v a t e n Verbrauch oder konsumfernere Stufen 22. Dienstleistungen f ü r private Haushalte oder f ü r gewerbliche u n d andere Bedarfsträger

3. T e i l märkte

31. Dienstleistungen i m Warenbeschaffungs-, Geld- oder Arbeitsmarkt

4. Privater u n d gewerblicher Bedarfsbereich

41. Nahrung u. Genuß, Bekleidung, Miete, Energie, sonstige Dienstleistungen f ü r Haushaltsführung, Verkehr u. Nachrichten, B i l d u n g u. Unterhaltung, Pers. Ausst. u. sonstiges 42. Dienstleistungen für betriebliche Funktionsbereiche M a r keting, Beschaffung, Produktion, Finanzierung, V e r w a l tung 43. Dienstleistungen f ü r betriebliche Subsysteme des Güter-, Geld-, Informations- u n d Personalbereichs

5. P r o d u k t verbindung

51. komplementäre Dienstleistungen oder Dienstleistungen f ü r den u n m i t t e l b a r persönlichen Bereich 52. isolierte oder kombinierte Dienstleistungen 53. direkte oder indirekte Dienstleistungen

6. F a k t o r Dominanz

61. dispositive oder objektbezogene Dienstleistungen 62. technisch-instrumentale oder personalbezogene Dienstleistungen 63. anlagen-, w a r e n - oder personalintensive Dienstleistungen 64. handwerkliche oder händlerische Dienstleistungen 65. technische oder kaufmännische Dienstleistungen

Warenabsatz-,

7. Leistungs- 71. spezialisierte oder umfassende Dienstleistungen 72. branchen- oder bedarfsorientierte Dienstleistungen substanz 73. Dienstleistungen als H a u p t - oder Nebenleistung 74. koordinierte oder subordinierte Dienstleistungen 8. Spezieller Problemgehalt für Anbieter oder Nachfrager

81. problemvolle oder problemlose Dienstleistungen 82. beratungsbedürftige oder nicht beratungsbedürftige Dienstleistungen 83. qualitativ-preislich hochwertige oder nicht hochwertige Dienstleistungen 84. q u a n t i t a t i v - q u a l i t a t i v heterogene oder homogene Dienstleistungen 85. Dienstleistungen m i t Qualitäts- oder Preiswettbewerb 86. Dienstleistungen m i t zeitlich ungleich- oder gleichförmiger Nachfrage 87. Dienstleistungen m i t preisunelastischer oder -elastischer Nachfrage 88. Dienstleistungen m i t einkommensunelastischer oder -elastischer Nachfrage

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(1) Die Typologie sei begonnen m i t Schüllers Blickrichtung auf die Nachfrage der Haushalte. Er unterscheidet zwischen eigenwirtschaftlicher und fremdwirtschaftlicher Befriedigung der Dienstleistungsnachfrage nach der grundsätzlichen „Alternative der marktmäßigen Beschaffung (verkehrswirtschaftliche Bedarfsdeckung) und/oder der Eigenerstellung von Leistungen (eigenwirtschaftliche Bedarfsdeckung) 15 ." Anders, aber i n tieferer Untergliederung, verweist Linhardt auf die marktwirtschaftlich strikte Bindung der „Dienstleistungen an die Unternehmungen unter Ausschaltung anderer Dienstleistungsträger wie der öffentlichen Betriebe, der öffentlichen und karitativen Anstalten, der öffentlichen und privaten Haushaltungen,.. . 1 6 ." Die vorliegende Untersuchung erfaßt nur eine solche fremd-, Verkehrs- oder m a r k t w i r t schaftliche Erbringung von Dienstleistungen durch Unternehmungen allgemein und von Betriebs-Franchise-Systemen i m besonderen. (2) Des weiteren kann nach dem K r i t e r i u m der Bedarfsträger differenziert werden i n Dienstleistungen für private Haushalte und für gewerbliche oder andere Bedarfsträger. Dies geschieht bei Schüller durch die Trennung der Nachfrage für privaten Verbrauch von der der „konsumferneren Stufen wirtschaftlicher Betätigung 1 7 ." (3) Hingegen sieht Linhardt das Schema der vier Teilmärkte Warenbeschaffungs-, Warenabsatz-, Geld- und Arbeitsmarkt zur Gliederung von Dienstleistungsunternehmungen, das hier für die Dienstleistungen selbst verwandt wird, als das einzige Verfahren der Bildung einer Systematik an 1 8 . Dieser Ansatz besitzt jedoch den Nachteil, lediglich auf den Dienstleistungsbedarf von Betrieben abgestellt, nicht aber oder nur unter großen sprachlichen Schwierigkeiten für die Service-Nachfrage von privaten Haushalten verwendbar zu sein. Denn „diese Systematik der Dienstleistung, die sich den auf diese Weise unterschiedenen Grundfunktionen der Unternehmung anschließt" 19 , nimmt nicht i m mindesten Rücksicht auf die komplexe Struktur der Bedürfnisse, Wünsche und Aufgaben der privaten Individuen und Gruppen. Deshalb eignet sie sich auch nur partiell für eine klassifizierende Charakterisierung und !» Schüller , Α., a.a.O., S. 58. Linhardt, H., Versuch einer Systematik der Dienstleistungsunternehmungen, i n : Betriebswirtschaftliche Umschau, 11/69, S. 372; vgl. auch die Systematik der amtlichen Statistik der BRD. Statistisches Jahrbuch für die BRD, 1969, S. 172; ferner das Schaubild 5 dieser A r b e i t i n Abschnitt 233.3. π Vgl. Schüller , Α., a.a.O., S. 36. Vgl. Linhardt, II., Versuch einer Systematik der Dienstleistungsunternehmungen, a.a.O., S. 372. Siehe ferner Linhardt, H., Das Dienstleistungsunternehmen: Genealogie — Topologie — Typologie, a.a.O., S. 10 ff. 19 Linhardt, H., Das Dienstleistungsunternehmen: Genealogie — Topologie — Typologie, a.a.O., S. 11 f.

23. Typologische Analyse der Dienstleistungsbetriebe

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typologische Differenzierung von Dienstleistungen, die von BetriebsFranchise-Systemen erstellt und abgesetzt werden. (4) Nach dem Prinzip des Bedarfsbereiches, der durch franchisierte Dienstleistungsbetriebe abgedeckt werden kann, bietet sich einerseits bei einer Klassifikation i n private Bedarf e der Katalog des Statistischen Bundesamtes „Privater Verbrauch nach Haushaltstypen und Ausgabegruppen" 2 0 sowie das diesem zugrunde liegende „Systematische Güterverzeichnis für den Privaten Verbrauch" 2 1 nach H. Bartels an. Andererseits könnte bezüglich gewerblicher Bedürfnisse das Schema betrieblicher Funktionen 22 oder das der Subsysteme betriebswirtschaftlicher Organisationen 23 Anwendung finden. (5) Als ein Kriterium, das i n der Literatur des öfteren, aber implizit benutzt wird, ist die Verbindung von Dienstleistungen m i t Sachleistungen oder Waren anzusehen. So kann man i n Anlehnung an Schüller die Dienstleistungen verschiedener Betriebs-Franchise-Systeme nach unmittelbar und mittelbar komplementären sowie solchen für den unmittelbar persönlichen Bereich aufteilen. Während es bei der unmittelbaren Komplementarität der Dienstleistungsnachfrage u m Leistungen geht, „die mehr oder weniger unabdingbar und untrennbar m i t der Sachgüternachfrage auftreten (Vermittlungs-, Handels- und damit i m Zusammenhang stehende Leistungen, Bank- und Versicherungs- sowie Transportleistungen)" 24 , so entsteht ein Bedarf an mittelbar komplementären Dienstleistungen sofort oder später m i t der A n schaffung und dem Betrieb vieler dauerhafter Sachgüter. Als Folgebedarf i n der Form von Installationen, Wartung, Reparaturen, Reinigung, Sicherung, Betriebsmittel usw. haben diese Dienstleistungen die „Aufgabe, verkaufsreife Waren gebrauchsfertig zu machen oder zu halten" 2 5 . Bei den Dienstleistungen für den unmittelbar persönlichen Bedarf handelt es sich u m solche, „die den Wünschen und Bedürfnissen des Menschen nach einem besseren Verständnis, einer zweckvollen Meisterung und Sicherung der von ihnen gewünschten Lebensbedingungen dienen können" 2 6 . Knapper läßt sich die Isolation und Kombination der Dienstleistungen 2 7 von Franchise-Nehmer-Betrieben m i t Hilfe des Ansatzes von 20 Vgl. Statistisches Jahrbuch f ü r die BRD, 1969, S. 473 ff. 21 Vgl. Bartels, H., a.a.O., S. 73. Vgl. u. a. Bellinger, B., Versuch eines Gliederungssystems betrieblicher Funktionen, Z f B 1955, S. 188 ff. 23 Vgl. Heinen, E., Einführung, a.a.O., S. 48 ff. u n d S. 60 ff.; Schulz , Α., Gedanken zu einer Informationsbetriebslehre, i n : ZfB, 40. Jg., 1970, Heft 2, S. 91—104. 24 Schüller , Α., a.a.O., S. 51. 25 Ebd., S. 55. 26 Ebd. 27 Vgl. Linhardt, H., Versuch einer Systematik der Dienstleistungsunternehmungen, a.a.O., S. 372; Schüller, Α., a.a.O., S. 50. 22

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Stanton erklären, der auch eine gewisse Ähnlichkeit m i t der zuletzt genannten Einteilung aufweist: (a) "intangible benefits or satisfactions offered for sale independently of other goods or services"; (b) "intangible activities which require the use of tangible goods"; (c) "intangible activities purchased jointly w i t h products or intangible activities 2 8 ."

other

Das Kennzeichen direkter Dienstleistungen von Franchise-Betrieben beruht auf der Gleichzeitigkeit ihrer Erstellung und ihres Verbrauchs. Das K r i t e r i u m der indirekten Dienstleistungen liegt i n ihrer Erbringung auf den verschiedenen Stufen des Wirtschaftsprozesses, wobei sie „die Güter dem gewünschten Zweckbereich der Bedürfnisbefriedigung näher (bringen, Anm. d. Verf.), ohne diesem endgültig zugeführt zu werden" 2 9 . (6) Unter dem Merkmal Faktor-Dominanz soll das Vorherrschen eines Produktionsfaktors i m Franchise-Nehmer-Betrieb, und zwar aus dem System der produktiven Faktoren der betrieblichen Leistungserstellung, verstanden werden. Gutenbergs System umfaßt einerseits die drei betrieblichen Elementarfaktoren objektbezogene menschliche Arbeitsleistungen, Betriebsmittel sowie Werkstoffe und andererseits solche menschlichen Arbeitsleistungen, die als dispositive Faktoren durch Geschäfts- und Betriebsleitung, Planung und Organisation repräsentiert werden 3 0 . I n Anlehnung an Gutenberg und Heinen können unterschieden werden: einerseits dispositive bzw. entscheidungsbezogene Dienstleistungen für gewerbliche Kunden der Franchise-Nehmer, wenn sie „ m i t der Leitung und Lenkung der betrieblichen Vorgänge i n Zusammenhang stehen" 31 , oder anders ausgedrückt, dienenden Charakter für den betrieblichen Entscheidungsprozeß der Abnehmer besitzen; andererseits objektbezogene bzw. ausführende Dienstleistungen, wenn diese unmittelbar die Erstellung und Verwertung von Gütern oder die Erfüllung finanzieller Aufgaben zum Gegenstand haben 32 . Schüller spricht bezüglich der Bedeutung der Dienstleistungsnachfrage für die Gestaltung der Faktorkombination von der Annäherung oder der Entfernung der Dienstleistungen des Franchise-Betriebes zum bzw. vom Typ des technisch-mechanisch bestimmbaren Sachgutes. Sie ergibt sich jeweils aus dem Dominieren der körperlich-materiellen oder der geistig-immateriellen Bewegungskomponente und der dadurch gegebenen Eignung oder Nicht-Eignung zur Substitution des Faktors 28 Stanton , W. J., a.a.O., S. 568. 29 Schüller , Α., a.a.O., S. 19. 30 Vgl. Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Erster Band: Die Produktion, 17. Aufl., Berlin—Heidelberg—New Y o r k 1970, S . 2 f f . (Zitierweise: Die Produktion). si Gutenberg, E., Die Produktion, a.a.O., S. 3. 32 Vgl. ebd., S. 3 u n d S. 130 ff.; ferner Heinen, E., Einführung, a.a.O., S. 17 f.

23. Typologische Analyse der Dienstleistungsbetriebe

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„Arbeit" durch den Faktor „technischer Fortschritt". Die erste A r t bezeichnet Schüller als technisch-instrumentale, die zweite A r t als personalbezogene Dienstleistungen 33 . Entsprechend der zunehmenden Bedeutung wachsender Geschäftsflächen (Raum), erhöhten Einsatzes substituierender maschineller Aggregate und Einrichtungen sowie erweiterten Sortimentsumfangs (Waren) i n zahlreichen Handels- und anderen Dienstleistungszweigen könnte auch eine Einteilung i n anlagen-, waren und personalintensive Dienstleistungen bzw. Dienstleistungsbetriebe erfolgen 34 . Unter handwerklichen Dienstleistungen von Franchise-Betrieben ist i n Anlehnung an Schüller die immaterielle Güterproduktion i n Form von Reparatur-, Installations- und Pflege-Leistungen zu verstehen, unter händlerischen Dienstleistungen hingegen die Gesamtheit der Bemühungen, eine Ware i n zeitlich sowie qualitativ und quantitativ der Nachfrage entsprechender Form auf den M a r k t 3 5 zu bringen. Bei letzteren erscheint eine Gliederung möglich nach Führungs-, Umsatzund Verwaltungsleistungen 36 sowie nach der Angebotsskala von Standortwahl, bloßer Warendarbietung und -Vermittlung bis zur Gestaltung des Sortiments und der Werbung, Art, Umfang und Schnelligkeit der Bedienung und Beratung, Finanzierung sowie mittelbar komplementären (handwerklichen) Dienstleistungen 37 . Hier wie bei der Ordnung i n technische und kaufmännische Dienstleistungen von Franchise-Betrieben als analoge Anwendung der Zweiteilung des absatzpolitischen Instruments „Kundendienst" 3 8 t r i t t bezüglich der Faktor-Dominanz eine nicht zu verleugnende Ähnlichkeit m i t den vorgenannten Klassifikationen zutage. (7) Je nach dem Umfang oder der Anzahl der Dienstleistungen, die ein Franchise-Betrieb für Dritte erbringt, könnte von einem spezialisierten (Teil-) oder umfassenden (Voll-) Dienstleistungsangebot 39 als Lei33 Vgl. Schüller, a.a.O., S. 42. 34 Siehe hierzu u. a. Nieschlag, R., Die zunehmende Kapitalintensität des Handels u n d i h r Einfluß auf den Konzentrationsprozeß, i n : BfG, 107. Jg., Nr. 4 v. 25. 2.1961, S. 57—60; ders., Mensch, Raum, Ware. Die optimale K o m b i nation der Betriebsfaktoren, unveröffentlichtes Referat v o m 17. M a i 1960; Plehn, Α., Betriebswirtschaftliche Probleme der zunehmenden Anlageintensität i m Handel, Diss. München 1969. 35 Vgl. Schüller , Α., a.a.O., S. 144 u n d S. 262. 36 Vgl. ebd., S. 290 ff. Diese Aussage k a n n durch die Kataloge f ü r die Funktionen des Handels ergänzt bzw. ersetzt werden. Vgl. u.a. Oberparleiter, Κ . , Funktionen u n d Risiken des Warenhandels, zweite Aufl., W i e n 1955, Erster Teil. 37 Vgl. Schüller, a.a.O., S. 262. 38 Z u m „Kundendienst" sei vor allem verwiesen auf Bennewitz, H. J., Die Eigenständigkeit des absatzpolitischen Instrumentes „Kundendienst" u n d seine Bedeutung i m modernen Marketing-Denken, Diss. München 1968. 39 Hier liegt die Assoziation zu den Betriebsformen des Einzelhandels nahe. Vgl. dazu insbesondere Nieschlag, R., Binnenhandel u n d B i n n e n handelspolitik, a.a.O., S. 169—353.

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stungssubstanz gesprochen werden. Was als Prinzip der Branchenoder Bedarfsorientierung 40 oder als herkunfts- oder hinkunfts-bestimmt 4 1 für Sortimente (materielle Güter) des Handels gilt, läßt sich ohne Schwierigkeiten auch zur Typenbildung von Dienstleistungen übertragen. Steht hingegen die Dienstleistung i m Mittelpunkt oder am Rande der Marktofferte der Betriebe, so erscheint die Trennung i n Haupt- und Neben- (Zusatz-, Kundendienst-, Garantie-Leistungen 42 angebracht. Entsprechend dem Gewicht oder anderen Beziehungen innerhalb eines Bündels von Dienstsubstanz könnte man auch die Bezeichnung koordinierte und subordinierte Dienstleistungen 43 wählen. (8) Die i m Schaubild 4 nach dem K r i t e r i u m „spezieller Problemgehalt" gebildeten Klassen zeigen weitere mögliche und relevante Eigenschaften von Dienstleistungen auf, die aber beim gegebenen Raum der Untersuchung eine isolierte Betrachtung an dieser Stelle nicht geboten erscheinen lassen. 233.2 Kombination

der typologischen

Ansätze

Der abgebildete und diskutierte Merkmalskatalog besitzt zwar einen relativ großen Umfang, beschränkt sich jedoch auf die wesentlichsten der möglichen Kriterien für die Klassifikation und Typologie von Dienstleistungen. M i t seiner Hilfe lassen sich die verschiedenen Dienstleistungsbetriebe charakterisieren, die, abgesehen von potentieller Filialisierung, besonders auch für das Betriebs-Franchising geeignet erscheinen. Dabei geht man z. B. gemäß der Maxime und Methode des Marketing von genau präzisierten, segmentierten Bedarfsbereichen oder Bedarfsbündeln aus, die von privaten Haushalten, gewerblichen Betrieben und/oder anderen Bedarfsträgern nachgefragt werden. Dieser Tatbestand typologischer Differenzierbarkeit könnte u. a. am Beispiel eines speziellen Typus einer franchisierbaren Gaststätte verdeutlicht werden. I n einem modernen Selbstbedienungs-Restaurant w i r d die Nachfrage aus dem unmittelbar persönlichen Bereich des privaten Bedarfs „Nahrungs- und Genußmittel" durch eine kombinierte, direkte, objektbezogene Dienstleistung befriedigt. Das Angebot zeichnet sich weiter aus durch seine Erstellung auf vorwiegend technisch-instrumentaler, anlagen- und warenintensiver sowie handwerk40 Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 179 f. 41 Vgl. Schäfer, E., Die Unternehmung — Einführung i n die Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., K ö l n u n d Opladen 1970, S. 13 f. u n d S. 292. 42 Vgl. u. a. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 191 f. u n d S. 192 ff.; ferner Cramer , J. E., Planung u n d Einführung neuer Dienstleistungen i m Bankbetrieb, a.a.O., S. 30 ff. 43 Vgl. Linhardt, H., Versuch einer Systematik der Dienstleistungsunternehmung, a.a.O., S. 372.

23. Typologische Analyse der Dienstleistungsbetriebe

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licher Grundlage. Dabei handelt es sich u m eine umfassende, bedarfsorientierte und koordinierte Hauptleistung, die für den Kunden problemlos und nicht beratungsbedürftig ist. Das Angebot dieser homogenen, qualitativ-preislich nicht hochwertigen Dienstleistung t r i f f t auf einen M a r k t m i t Qualitätswettbewerb und zeitlich ungleichförmiger sowie relativ preis- und einkommenselastischer Nachfrage. Die i n dieser Untersuchung erarbeitete Dienstleistungs-Systematik soll auch an einem franchisierbaren Zeitarbeit-Betrieb exemplifiziert werden. Das Angebot von Zeitarbeit zielt i n den gewerblichen Bedarfsbereich der betrieblichen Suborganisation „Personalsystem", ist dabei primär auf die Funktion Verwaltung und Produktion abgestimmt und hat isolierten, indirekten, dispositiven personalbezogenen und -intensiven sowie kaufmännischen Charakter. Es handelt sich ferner u m eine umfassende, bedarfsorientierte, koordinierte Hauptleistung, die für den Anbieter problemvoll und für die Nachfrager beratungsbedürftig ist. Diese qualitativ-preislich relativ hochwertige, quantitativ-qualitativ durch Selektion und Schulung des Zeitarbeit-Personals „homogenisierte" Dienstleistung unterliegt dem Qualitätswettbewerb und t r i f f t auf eine zeitlich ungleichförmige und verhältnismäßig preisunelastische Nachfrage. A n dieser Stelle eine vollständige Typologie sämtlicher franchisierbaren Dienstleistungsbetriebe durchführen zu wollen, hieße den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Ein solches Unterfangen bietet sich als Problemstellung für eine getrennte wissenschaftliche Untersuchung an. 233.3 Empirische Typen bedarfsorientierter Dienstleistungs-Franchise-Systeme Für die nachfolgenden Ausführungen zum Erfolgspotential neu zu gründender Betriebs-Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor ist einerseits nicht beabsichtigt, die Untersuchung i n der Weise zu beschränken, daß nur vollkommen neue, also originäre Dienstleistungen und/oder verbesserte und variierte, also derivative Dienstleistungen 44 — aus der Sicht der Nachfrage-Seite des Marktes — als Grundlage des Aufbaus von Franchise-Organisationen betrachtet werden. Dies wäre auch eine folgenschwere theoretische Abweichung von der zu fordernden Isomorphie m i t der Problemstruktur der Realität, wo der Franchise-Geber vor der Gründung eines Betriebs-Franchise-Systems i n der Regel bereits über fundamentale Erfahrung und guten Erfolg i n dem zu franchisierenden Dienstleistungsangebot aus eigenen Filialen verfügen muß. v g l . Cramer , J.-E., Planung u n d E i n f ü h r u n g neuer Dienstleistungen i m Bankbetrieb, a.a.O., S. 33 ff. 7 Knigge

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Schaubild 5: Betriebs-Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor — Empirische Typen bedarfsorientierter Dienstleistungsbetriebe Bedarfssektor

Typen franchisierter

Dienstleistungsbetriebe

1. Betrieb

11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

Buchführung, sonstige Datenverarbeitung Büro-Organisations-Systeme, Spezial-Betriebs-Beratung K r e d i t - u n d Inkasso-Dienste Spez.-Werbe-, Sales Promotion- u. a. M a r k e t i n g Dienste D r u c k - u n d Kopierdienste Zeitarbeit-Service P K W - , L K W - , Werkzeug-Verleih Gebäude-, B ü r o - u n d Wäsche-Reinigung

2. Haus

21. 22. 23. 24. 25. 26.

B a u - u n d Renovierungs-Dienste D o - i t - y o u r s e l f - M a t e r i a l u n d -Geräte Garten-Service Spez.-Hauseinrichtungs-Bedarf Spez.-Reinigungs-, Reparatur- u. Sanitär-Dienste Hausschutz-Systeme

3. A u t o mobil

31. 32. 33. 34. 35.

Auto-Diagnose Spezial-Ersatzteil- u. Rep.-Dienste f ü r A u t o Auto-Vermietung Auto-Wasch-Service Auto-Zubehör

4. Nahrung, Beherbergung

41. 42. 43. 44.

Spezial-Gaststätten u n d -Cafés Convenience-Food-Läden Spez. Lebensmittel-Läden u. Automaten-Verkauf Motels, Hotels

5. U n t e r haltung, Reisen

51. 52. 53. 54.

Unterh. u. Amüsement Sport- u. Erholungs-Zentren Reisebüros Camping-Platz-Dienste

6. U n t e r richt

61. Spez. Berufs-Ausbildung 62. Sprachen- u. Schnell-Lese-Erziehung

7. Körper

71. 72. 73. 74.

8. K i n d e r

81. Umstands- u. Baby-Ausstattung 82. B a b y - u. Kinder-Service

9. persönliche Ausstattung

91. Βekleidungs-Spezial-Sortiment 92. Reparatur- u. Reinigungsdienste f ü r Bekleidung 93. Spez.-Sortimente w i e Tabak, Geschenk-Artikel, T i e r pflege, Bettwaren, Blumen, Elektronik, H a r t w a r e n

K o s m e t i k - u n d Schlankheits-Salons Hörgeräte-, Fußpflege- u. Perücken-Läden Gesundheits- u n d Kranken-Ausstattung Apotheken

10. verschie- 101. Drugstores dene Be- 102. Kaufhäuser darfe 103. Katalog-Verkaufs-Agenturen 104. A l l g . Geräte- u. Ausstattungs-Verleih

23. Typologische Analyse der Dienstleistungsbetriebe

99

Andererseits muß bei der i n Schaubild 5 vorgelegten Systematik der „Betriebs-Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor" ein gewisser kasuistischer Spielraum zugegeben werden, wobei die Berücksichtigung aller franchisierbaren oder auch nur aller bereits franchisierten Zweige der Dienstleistungswirtschaft nicht eingehalten werden kann. Vielmehr handelt es sich u m ein spezielles Schema, das nach dem K r i t e r i u m der Bedarfsorientierung die hauptsächlichen i n den USA bereits existierenden 45 , i n Europa und i n der Bundesrepublik Deutschland zum großen Teil erst noch zu erschließenden und zu franchisierenden Dienstleistungszweige zu erfassen versucht. Dabei w i r d die A n lehnung an das Merkmal „Privater und gewerblicher Bedarfsbereich" des Schaubilds 4 deutlich. Zum einen w i r d schon m i t dem Schaubild 5 i n einem gewissen Ausmaß Aufschluß gegeben über Wesen und Merkmale der Bedarfsbereiche und der darin empirisch festgestellten Dienstleistungs-FranchiseSysteme. Z u m anderen w i r d das sich anschließende Kapitel, das die Einflußgrößen des Erfolgspotentials von Betriebs-Franchise-Systemen auf den Dienstleistungsmärkten analysiert und systematisiert, den hier ausgeschnittenen Kreis von Fragen i n ausführlicher Weise behandeln.

45 Dabei stützt sich der Verfasser auf die i n der amerikanischen FranchiseL i t e r a t u r bislang n u r i n mehr oder weniger zwangloser oder alphabetischer Reihenfolge vorgenommenen Aufstellungen. Vgl. u . a . Franchise Annual, E d i t i o n 1969, a.a.O., S. 19—25; 1969 Directory of Franchising Organizations, a.a.O., S.3—63; Franchise Company Data, a.a.O., S. 1—124; Seltz, D . D . , Get Started, a.a.O., S. 159—161.



3. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme im Dienstleistungssektor Von der i m Teil 2 typologisch systematisierten Grundlage ausgehend kann nun gefragt werden, welche Erfolgsaussichten sich für neu zu gründende Betriebs-Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor auft u n und welche Faktoren darauf bestimmend Einfluß ausüben. Dabei scheint es sinnvoll, vorab zu klären, was unter „Erfolg", „Erfolgspotential" und „Erfolgsdeterminanten" i n allgemeinster Form verstanden werden soll. Als Erfolg w i r d hier i m weitesten Sinne ein insgesamt positives Ergebnis von Dienstleistungsbetrieben, Dienstleistungs-Franchise-Systemen, Franchise-Nehmer-Betrieben oder Franchise-Geber-Betrieben bezeichnet. I n diesem Zusammenhang bedeutet der Begriff „Erfolgspotential" das Vermögen, die Fähigkeit, die Kraft, die Möglichkeit oder die Wahrscheinlichkeit, ein erfolgreiches Resultat zu erzielen 1 . Als Kriterien der Erfolgsmessung werden — wiederum allgemein gehalten — einzelne Ziele oder ein System von Zielen aufgefaßt, die nach Inhalt, Ausmaß und zeitlichem Bezug sowie nach ihren hierarchischen, komplementären und/oder konfliktären Relationen zueinander beschrieben werden können. M i t Determinanten sind Einflußfaktoren und Bestimmungsgrößen i m Sinne von Umweltbedingungen, Zielen und strategischen und taktischen Entscheidungen der Dienstleistungsbetriebe, Dienstleistungs-FranchiseSysteme, Franchise-Nehmer-Betriebe oder Franchise-Geber-Betriebe bzw. von deren Entscheidungsträgern gemeint 2 . Diese einzelnen Determinanten beeinflussen die marktlichen und betrieblichen Prozesse bzw. Teilprozesse und damit deren Erfolge i n positiver oder negativer Weise, d. h. fördern, hemmen oder machen diese gar unmöglich. Sie lassen sich kennzeichnen nach ihrer unmittelbaren (direkten) und 1 I n anderen sachlichen Zusammenhängen u n d formalen Sichtweisen w i r d i n der absatzwirtschaftlichen L i t e r a t u r auch von „Absatzpotential" u n d „Erfolgsträchtigkeit" gesprochen. Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 341 ff., S. 510 ff., S. 514 ff. u n d S. 520 ff.; Freudenmann, H., Planung neuer Produkte, Stuttgart 1965, S. 5; Dichtl, E., Die Beurteilung der Erfolgsträchtigkeit eines Produktes als Grundlage der Gestaltung des Produktionsprogrammes, B e r l i n 1970. 2 Vgl. dazu i n etwas allgemeinerem Zusammenhang: Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 71 ff., S. 323—368 u n d S. 510 ff.

31. Erfolgspotential auf den Dienstleistungsmärkten

101

mittelbaren (indirekten) Wirkung, nach ihrer system- oder betriebsexternen und -internen Herkunft, nach ihrer eigenen kurz-, mitteloder langfristigen Beeinflußbarkeit und Nichtbeeinflußbarkeit, nach ihrem sachlichen, räumlichen, zeitlichen, rechtlichen und sozialen (personalen) Charakter sowie nach ihrer sich gegenseitig verstärkenden oder aufhebenden Beziehung. Diese abstrakt gehaltene Erklärung mag als Vorbemerkung zu den i n den nachfolgenden Kapiteln zu konkretisierenden Erfolgsdeterminanten genügen. Es soll nun auf der Grundlage der Suche nach den generellen Entwicklungsdeterminanten für Dienstleistungsbetriebe, und damit i m gleichen Zuge auch für Betriebs-Franchise-Systeme des Service-Sektors, eine Systematisierung dieser Einflußfaktoren unternommen werden. Da diese die Eigenschaft allgemeiner Gültigkeit besitzen soll, kann das von Nieschlag/Dichtl/Hörschgen entwickelte Schema zur Ordnung der Umweltbedingungen einer einzelnen Marketing betreibenden Unternehmung hier nicht v o l l zur Anwendung gelangen 3 . Später folgt dann eine die Gesamtuntersuchung abschließende Analyse der besonderen Bestimmungsfaktoren des unternehmensspezifischen Erfolgspotentials verschiedener Typen von System-Gründern, die wegen ihres charakteristischen Zuschnitts die Erfassung des allgemeinen Bedingungsrahmens des Dienstleistungssektors und des Betriebs-Franchising außer acht zu lassen hat.

31. D i e Einflußgrößen des Erfolgspotentials auf den Dienstleistungsmärkten 311. Gesamtwirtschaftliche Daten zur Entwicklung des Dienstleistungssektors

M i t Euchen kann man die gesamtwirtschaftlichen Daten als „diejenigen Tatsachen, die den ökonomischen Kosmos bestimmen, ohne selbst unmittelbar von ökonomischen Tatsachen bestimmt zu sein" 4 , bezeichnen. Dies sind: Bedürfnisse der Wirtschaftssubjekte, demographische Faktoren, geographische und klimatische Bedingungen, * Sie erfassen die Umweltbedingungen i n einer grundsätzlichen A u f teilung i n drei Hauptgebiete einer systematischen Analyse nach 1. M a r k t , 2. strukturellen innerbetrieblichen Gegebenheiten u n d 3. unveränderlichen Eigenschaften der Produkte, Sortimente und/oder Dienstleistungen. Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 340—366. Eine ähnliche Ordnung findet sich bei Hansen, H. R., Diversifikation: Check-list zur A u s w a h l neuer Produkte, i n : die absatzwirtschaft, 2. Dezember-Ausgabe 1968, S. 31. 4 Euchen, W., Die Grundlagen der Nationalökonomie, 6. Aufl., B e r l i n — Göttingen—Heidelberg 1950, S. 156.

102

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

technisches und organisatorisch-kaufmännisches Wissen sowie rechtliche und soziale Ordnung. Für die Messung der u. a. durch solche Daten bestimmten Größenordnung des tertiären und der anderen Wirtschaftssektoren bieten sich drei Kriterien i m Sinne von makroökonomischen Indikatoren 5 an: Wertschöpfung (Nettoproduktionswert), Beschäftigungsgröße und Umsatzgröße, die aber einzeln für sich recht problematisch i m Aussagegehalt sind 6 . Trotzdem seien zur Verdeutlichung der Entwicklungslinien die entsprechenden Zahlen genannt 7 : So erhöhte sich der Anteil des Dienstleistungssektors an der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung Deutschlands i n der Nachkriegszeit von ca. 40 °/o und vor allem von 1957 bis 1967 von 40,3 auf 48,1 °/o8. Dabei hat allerdings staatliche A k t i v i t ä t diesen Trend maßgeblich beeinflußt. I n der nachfolgenden statistischen Übersicht über die prozentualen Anteile der Wirtschaftsbereiche am Bruttoinlandsprodukt i n den EWG-Ländern i n den Jahren 1960 und 1969 sehen für Deutschland (BRD) die Zahlen etwas unterschiedlich aus (vgl. Schaubild 6). Angesichts der geringen prozentualen Verschiebungen hier wie vor allem auch beim privaten Verbrauch muß man sich unbedingt vergegenwärtigen, daß bereits eine relative Veränderung um wenige Prozente und gar selbst u m Promille die absoluten Beträge gleich u m Milliarden D M erhöht bzw. verringert. Die Quote sämtlicher Erwerbspersonen i m tertiären Sektor erhöhte sich i n den Jahren 1950 bis 1968 von 32,8 °/o auf 42,1 °/o9. Während der Anteil der Selbständigen i m Dienstleistungsbereich des Bundesgebiets ohne Berlin u m 14,8% von 1,156 M i l l , i m Jahre 1950 auf 1,327 M i l l , i m Jahre 1968 zugenommen hat, vergrößerte sich ihre Relation zu der Gesamtzahl der Selbständigen i n allen Sektoren i m gleichen Zeitraum von 30,9 °/o auf 45,5 °/o10. Ein überproportional starkes Wachstum ist bei weiblichen Erwerbspersonen (Selbständige und Unselbständige) i m Dienstleistungssektor zu verzeichnen, deren Anteil an allen weiblichen Erwerbspersonen sich zwischen 1950 und 1968 von 38,1 °/o auf 50,8 °/o erhöhte 11 . A u f der Verwendungsseite des Bruttosozialproduktes haben sich folgende Gewichtsverlagerungen i n der Nachkriegszeit ergeben: Abfallen 8 Dieser aus der Volkswirtschafts-Theorie u n d - P o l i t i k entlehnte Begriff findet Verwendung bei Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 341 ff. β Vgl. Schüller , Α., a.a.O., S. 30 f. 7 Die nachfolgenden Angaben beruhen auf vorläufigen Angaben des Statistischen Jahrbuches f ü r die BRD, 1969, sowie auf Schüllers umfassender Recherche. Vgl. ebd., S. 32 ff. β Errechnet aus Statistisches Jahrbuch f ü r die BRD, 1969, S. 498 f. » Errechnet aus Statistisches Jahrbuch f ü r die BRD, 1969, S. 122. io Errechnet aus Statistisches Jahrbuch f ü r die BRD, 1969, S. 121. u Errechnet aus Statistisches Jahrbuch f ü r die BRD, 1965, S. 156, u n d 1969, S. 122f

103

31. Erfolgspotential auf den Dienstleistungsmärkten Schaubild 6: Prozentuale Anteile der Wirtschaftsbereiche am B r u t t o inlandsprodukt der E W G - L ä n d e r i n den Jahren 1960 u n d 1969 \

Land

Wirt\ schafts- \ bereich

BRD

Frankreich

Italien

Niederlande

Belgien

1960

1969

1960

1969

1960

1969

1960

1969

1960

1969

Land- und Forstwirtschaft

6,6

4,2

10,7

6,7

14,8

11,3

10,5

7,0

7,2

5,2

Warenproduzierendes Gewerbe

52,5

51,6

43,5

44,5

37,9

38,9

42,6

41,6

40,3

41,2

Dienstleistungen

35,7

34,1

35,9

38,9

36,8

38,3

36,2

37,7

41,6

41,9

8,3

10,1

9,8

9,9

10,5

11,5

10,7

13,7

10,6

12,0

Staat

\

Quelle: ο. V., Service überall im Kommen, in: HB, Nr. 111 v. 14. 6.1971, S. 4.

der Konsumquote (Relation von privatem Verbrauch zum verfügbaren Einkommen) von 92,4 % i m Jahre 1950 auf 86,2 °/o i m Jahre 1964 und Ansteigen des Anteils der konsumierten Dienstleistungen von 19 °/o i m Jahre 1950 auf etwa 25 °/o i m Jahre 1962/63. Berücksichtigt man die notwendige Preisbereinigung bei i m Dienstleistungssektor besonders starken Preiserhöhungen wegen starken Kostendrucks, so ergibt sich immer noch ein Wachstum von 18,7 °/o auf 24,5 °/o12. Da es sich hier u m den privaten Bereich handelt, ist zusätzlich auf die gestiegene Dienstleistungsnachfrage konsumfernerer Stufen zu verweisen, für die aber keine Zahlenangaben erhältlich sind. U m eine etwas konkretere Vorstellung hiervon zu bekommen, sei auf das Schaubild 5 verwiesen, i n dem u. a. die Bedarfssektoren Betrieb, Automobil, Nahrung und Beherbergung sowie Unterricht entweder v o l l oder teilweise die gewerbliche Dienstleistungsnachfrage repräsentieren 13 . Einen ähnlich andeu12 Die vorstehenden Zahlen u n d Erläuterungen sind, abgesehen v o n der gekennzeichneten E r m i t t l u n g aus den Statistischen Jahrbüchern für die BRD, 1965 u n d 1969, aus Schüllers Untersuchung übernommen worden. Vgl. Schüller , Α., a.a.O., S. 36 ff. 13 Siehe Schaubild 5 i n Abschnitt 233.3,

104

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

tungsweisen Aufschluß gibt auch Schaubild 4 bei den Klassifikationskriterien „Teilmärkte" u n d „gewerblicher Bedarfsbereich" 14 . I n allgemeiner Fassung, die jedoch i m Ausmaß ihrer statistischen Projektion zu Zweifeln Anlaß gibt, stellt Fourastié fest, daß, nachdem u m 1800 der tertiäre Sektor i n den reichsten Ländern der Erde ca. 15 °/o und heute i n den USA etwa 50 °/o der wirtschaftlich tätigen Bevölkerung beschäftigt hatte bzw. erfaßt, sich der A n t e i l i n der Periode der tertiären Zivilisation asymptotisch auf 80 °/o durch Abwanderung aus dem primären und sekundären Sektor angenähert haben wird. Dieser Wert w i r d allerdings als maximal angesehen, „muß man doch zugeben, daß immer noch einige Menschen notwendig sind, u m die Maschinen i n Gang zu halten und die Felder zu bestellen" 1 5 . Doch w i r d sich auch die Struktur des tertiären Sektors verändern. Einerseits w i r d ein Substanzverlust eintreten, da bisher vernachlässigte Bestandteile und Berufsgruppen wegen technischen Fortschritts konsequenterweise i n den industriellen Bereich einzuordnen sind. Andererseits ist sie die Folge der Zunahme des „individuellen" und „kollektiven Hungers nach Tertiärem" le bei stagnierender oder lediglich geringfügig erhöhter Arbeitsproduktivität i n diesem Bereich 17 . Folgt man der Einteilung Fourastiés i n seinem Werk „Die große Hoffnung des zwanzigsten Jahrhunderts" 1 8 , so vermag man die gegenwärtige Entwicklungssituation der hochindustrialisierten Länder i n bezug auf die Strukturen von Beschäftigtenzahl und Produktions- und Verbrauchsvolumen i n folgendem Abschnitt zu lokalisieren: Sie ist identisch m i t der Schwelle zwischen Expansions- u n d Endphase der industriellen „Ubergangsperiode" oder „sekundären Zivilisation", wie die beiden nachfolgenden Schaubilder 7 und 8 verdeutlichen. Diese Periode verläuft notwendig zwischen der etwa 1800 abschließenden „primären" und der u m das Jahr 2000 beginnenden „tertiären Zivilisation".

" Vgl. Schaubild 4 i n Abschnitt 233.1.

« Fourastié , J., a.a.O., S. 122. ie Vgl. ebd., S. 244 ff. π Vgl. ebd., S. 123 u n d S. 241 ff. ie Vgl. ebd., insbesondere 2., 3., 8. u n d 9. K a p i t e l ; ferner vor allem die ausgezeichnete Studie über „ T h e Service Economy" v o m Jahre 1968 v o n Fuchs, V . R., a.a.O., insbesondere S. 77—127 u n d S. 183—199.

31. Erfolgspotential auf den Dienstleistungsmärkten

105

Schaubild 7: Sektorale E n t w i c k l u n g v o n Produktion u n d Verbrauch pro K o p f der Bevölkerung (Indizes, Durchschnitt 1700 bis 1750 = 100)

Tertiärer Sektor

Sekundärer Sektor

Primärer Sektor 2000

zeit oder technischer Fortschritt

Quelle: Fourastié, J., a.a.O., S. 240.

Schaubild 8: Sektorale E n t w i c k l u n g der Beschäftigtenstruktur Anteil der landwirtschaftlich Beschäftigten (primär) Anteil der industriell Beschäftigten (sekundär) Anteil der Personen in Beschäftigungen mit geringem technischem Fortschritt (tertiär)

100-1

Agrarische oder primäre Zivilisation

Jahre

Übergangsperiode

1800

1900

Tertiäre Zivilisation

2000

Quelle: Fourastié, J., a.a.O., S. 120 und S. 121. Dortige Schaubilder 4 und 5 sind hier zusammengefaßt.

106

3. Erfolgspotential d. Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor 312. Bestimmungsfaktoren der Nachfrage von Dienstleistungen

312.1 Bestimmungsfaktoren der Dienstleistungsnachfrage der privaten Haushalte Die genannten Globalgrößen vermitteln einen Überblick über die Gesamtentwicklung des Dienstleistungssektors als expandierender Bereich. Es bedarf nun einer genaueren Analyse der wesentlichen Einflußfaktoren, die das Ausmaß, die Richtung und den Zeitraum der Strukturveränderungen i m tertiären Sektor signalisieren. Dabei w i r d der Dienstleistungsnachfrage der privaten Haushalte vorrangige Bedeutung eingeräumt. Bei dieser Analyse der Nachfrage von privaten und gewerblichen Konsumenten und Verwendern kann, da die vorliegende Untersuchung gleichzeitig viele Zweige des Dienstleistungssektors erfaßt, dem sonst sehr praktikablen, von Nieschlag/Dichtl/Hörschgen vorgeschlagenen Verfahren der Segmentierung der Nachfrage hier nicht gefolgt werden 1 9 . Diese Service-Nachfrage der privaten Haushalte also steht i n unmittelbarer Abhängigkeit von der Einkommensentwicklung, deren Steigerung schneller und stärker w i r k t als die übrigen bereits genannten Determinanten. So ergibt die Gegenüberstellung von Haushalten unterschiedlicher Einkommensgruppen eine deutliche Abstufung des Verbraucherverhaltens 20 . Als einkommensabhängig betrachtet L i n hardt besonders den Rang, die Preisklasse und die Häufigkeit der Inanspruchnahme der Dienstleistung 21 . Differenziert man mit Engel die Entwicklung der Nachfrage nach verschiedenen Güterarten als Funktion des Einkommens i n Form von Einkommens/Nachfragekurven, so resultiert daraus für sogenannte Komplementärgüter eine Zunahme der Steigung, für sogenannte Substitutionsgüter eine Abflachung der K u r v e 2 2 . Dabei kann unabhängig von der generell nicht beantwortbaren Frage, ob bei kontinuierlicher Einkommenssteigerung die Anzahl der Substitutionsgüter und ihre Bedeutung größer werden als die der Komplementärgüter oder umgekehrt, allgemein festgestellt werden, daß bei fortgesetzter Einkommenserhöhung ständig neue Leistungen i n die Bedarfspalette eingereiht werden. Jedes neuartige Gut w i r d anfangs eine hohe Einkommenselastizität aufweisen, während sich bei zunehmendem Sättigungsgrad diese Elastizität dem Nullpunkt nähert. Gleichzeitig bringt jede neu 19 Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 352 f. 20 Vgl. die Schaubilder „ P r i v a t e r Verbrauch nach Haushaltstypen u n d Ausgabegruppen", i n : Statistisches Jahrbuch f ü r die BRD, 1969, S. 473. 21 Vgl. Linhardt, H., Das Dienstleistungsunternehmen: Genealogie — Topologie — Typologie, a.a.O., S. 10 f. 22 Vgl. Engel, E., Die Lebenskosten belgischer Arbeiterfamilien, Dresden 1895, S. 28 f.

31. Erfolgspotential auf den Dienstleistungsmärkten

107

aufgenommene Leistungsart eine Veränderung des Kurvenverlaufs der anderen zur Verbrauchsskala zu zählenden Güter m i t sich. Der Charakter der Komplementarität und Substitutionalität von Gütern läßt sich u. a. an folgenden Beispielen verdeutlichen: Werden Dienstleistungen erstmals i n Folge von Einkommenssteigerungen nachgefragt ohne bisher erworbene Sach- oder Dienstleistungen zu ersetzen, z. B. beim Erstkauf eines Automobils die entsprechenden Wartungsund Reparatur-Dienstleistungen, so w i r d man von Komplementarität sprechen. Hingegen liegt Substitutionalität von Gütern vor, wenn bei zunehmendem Einkommen z.B. bisher eigenwirtschaftlich erbrachte Dienstleistungen (diverse häusliche Arbeiten) nunmehr fremdwirtschaftlich bezogen werden oder, damit auch i m Kontext stehend, bisher i m Einzelhandel gekaufte Sachgüter wie Lebensmittel oder Waschmittel jetzt von Dienstleistungsbetrieben, z.B. Gaststätten und Wäschereien, i n Form von Dienstleistungen bezogen werden. E. B. Weiss und Herbert Gross sprechen i n diesem Zusammenhang von zunehmendem Konsum außerhalb der Einzelhandelswege 23. Schüller wendet die Cournotschen Aussagen über die Preiselastizität der Nachfrage auf die W i r k u n g unterschiedlicher Einkommenselastizitäten an. I n Anlehnung daran läßt sich eine Einteilung i n relativ superiore (E > 1), absolut superiore (0 < E < 1), absolut inferiore (— 1 < E < 0) und relativ inferiore (E < — 1) Dienstleistungen vornehmen 24 . Zu den relativ oder absolut superioren immateriellen Gütern sind solche des gehobenen und Luxus- Bedarfs, also Dienstleistungen für Reisen, Erholung, Amüsement, Hobby, Individual-Verkehr, Reparatur, Wartung, Pflege etc. zu rechnen. „Bei steigendem Einkommen wächst also der Freiheitsraum für eine Ausweitung und Verfeinerung des Bedarfs . . . an immateriellen (Dienstleistungen) 25 ." „Die Konsequenz ist, daß die den expansiven Bedarfsbereichen entsprechenden Angebotszweige ein beschleunigtes Wachstum zeigen können 2 6 ." Eine globale Einschätzung des zukünftigen Lebensstandards projiziert seine Verdoppelung i n Deutschland i n den nächsten fünfzehn Jahren, also etwa bis 198527. 28

Die Zusammenstellung der Nicht-Einzelhandelskanäle v o n E. B. Weiss zitiert Gross, H., Der Konsum außerhalb der Einzelhandelswege, i n : Beratungsbrief Nr. 7 v. 18. 2.1971, S. 10—12. 24 Vgl. Cournot, Α., Untersuchungen über die mathematischen Grundlagen der Theorie des Reichtums, Jena 1928, i n der „Sammlung sozialwissenschaftlicher Meister", B a n d 24, hrsg. von H. Waentig, S. 35 ff., zitiert nach Schüller, Α., a.a.O., S. 49 f. « Schüller, Α., a.a.O., S. 50. 26 Ebd., S. 49. 27 o . V , I n fünfzehn Jahren w i r d sich der Lebensstandard verdoppeln, i n : H B , N r . 165 v. 31.8.1970, S. 3.

108

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

Unter Berücksichtigung der Bedingung des 1. Gossenschen Gesetzes, und zwar des abnehmenden Grenznutzens eines Gutes m i t wachsender verfügbarer Menge dieses Gutes, läßt sich auch der relative Rückgang des Anteils der lebensnotwendigen Ausgaben für Lebensmittel 2 8 etc. am gesteigerten frei verfügbaren Einkommen und die Zunahme der sog. vagabundierenden Kaufkraft 29 erklären. Dies ist durch die zunehmende Sättigung des primär biologisch bestimmten Grundnutzens bewirkt. Jedoch geht der Einfluß psychologisch-geistiger, irrational bestimmter Nutzenvorstellungen über den rein materiellen Bedarf hinaus und zeigt sich als Geltungsnutzen (Demonstrationskonsum) 30 oder Zusatznutzen i m Steigen der absoluten Höhe z.B. der Lebensmittelausgaben. „Hier hat sich . . . eine Verschiebung vom Notwendigen zum Nützlichen, vom Nützlichen zum Angenehmen, von der einfachen zur verfeinerten und zur raffinierten Lebensweise vollzogen 31 ." Neben dieser isoliert unter ceteris-paribus-Bedingungen angestellten Betrachtung der Auswirkung von Einkommenssteigerungen auf die Dienstleistungsnachfrage müssen aber ebenso andere wichtige, den Dienstleistungskonsum beeinflussende Faktoren ins K a l k ü l einbezogen werden. Einerseits sind die sich daraus ergebenden Chancen von den Unternehmen zu nutzen, andererseits ist den drohenden Gefahren aus der Marktveränderung zu begegnen. So ist Munsinger der Meinung, daß das „Retail-service (or Servicesponsor) franchising is the most rapidly growing form of franchise operations" 32 . Dieser Ansicht schließen sich auch Hall, die GfK und viele andere Autoren an 3 3 . Präziser faßt Bernstein einige für das Betriebs-Franchising günstige Entwicklungsfaktoren: "As new developments take place i n the business world, we can expect corresponding new franchise opportunities to arise 34 ." Seiner Auffassung nach führten neu entwickelte System-Druck-Maschinen zu franchisierten SofortDruck-Zentren, stimulierte der amerikanische Reise-Boom zum Franchising von Reisebüros, brachte der Erfolg von „go-go"-Mode-Läden 28 Vgl. o.V., Bundesbürger bevorzugen vorgefertigte Lebensmittel, i n : SZ, Nr. 167 v. 1.9.1971, S. 6. Vgl. ferner die Schaubilder „ P r i v a t e r Verbrauch nach Haushaltstypen u n d Ausgabegruppen", i n : Statistisches Jahrbuch f ü r die BRD. 2» V g l .Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 342. 80 Vgl. Vehlen, Th., Theorie der feinen Leute, K ö l n u n d Berlin, o. J., S. 95 ff.; ferner Duesenberry, J. S., Income, Saving and the Theory of Consumer Behaviour, Cambridge/Mass. 1952, S. 27. si Linhardt , H., Das Dienstleistungsunternehmen: Genealogie — Topologie — Typologie, a.a.O., S. 11. « Munsinger, G. M., a.a.O., S. 3. 88 Vgl. Hall, W.P., a.a.O., S.63; G f K , Franchising — absatzwirtschaftliche Bedeutung der Ausschließlichkeitsverträge f ü r Hersteller u n d Händler, a.a.O., S. 657 u n d S. 667. 34 Bernstein , L. M., Does Franchising Create a Secure Outlet for the Small Aspiring Entrepreneur?, i n : Special Issue on Franchising, a.a.O., S. 23.

31. Erfolgspotential auf den Dienstleistungsmärkten

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franchisierte neue Typen von Spezialgeschäften m i t sich, und resultierte die Computer-Revolution i m Franchising von Programmierer-Schulen und Geschäfts-Service-Büros. Die Zukunft vielversprechender Dienstleistungsbetriebe und Franchise-Systeme erkennt Oxenfeldt vor allem i n den wachsenden Möglichkeiten „to provide transit flexibility at the polar ends of our mass transportation systems; to perform the voluminous chores involved i n the maintenance of increasing stocks of capital equipment i n the home (Wattel). The many fields associated w i t h self-expression may generate many franchise systems — especially i n disseminating skills by which people express themselves (Bernstein)" 3 5 . Diese Aufzählungen erscheinen kasuistisch-unvollständig und zu wenig tiefgehend, weshalb der Ursachenkatalog ergänzt, intensiviert und systematisiert zu werden geeignet ist. So w i r k e n sich die Verkleinerung der Haushaltsgrößen m i t starkem Ansteigen der EinPersonen-Haushalte, die zunehmende Erwerbstätigkeit der Frauen, die höhere Quote der männlichen Bevölkerung sowie die Vergrößerung des Anteils der „Rentner" am Altersaufbau und deren erhöhte Kaufkraft i n einer wachsenden Verlagerung der eigenwirtschaftlichen Bedarfsdeckung zur fremdwirtschaftlichen Befriedigung der Dienstleistungsbedürfnisse aus 36 . Ferner beruht der Trend einer Veränderung der Bildungsstruktur auf dem wachsenden Bedarf von Erziehungsund Bildungsdienstleistungen i n Form von längerer Schul- und beruflicher Ausbildungszeit und permanenter Erwachsenen- und anderer Weiterbildung i m Sinne lebenslangen Lernens. Ein Beispiel ist die Notwendigkeit der Umschulung auf andere Berufe und der Anpassung an neu erschlossene Wissensinhalte und Arbeitsmethoden. Diese Tendenz eröffnet mannigfaltige Gelegenheiten für die Betätigung privatwirtschaftlicher Unternehmen i m Bildungswesen. Weiter vollzieht sich ein starker Wandel der Siedlungsstrukturen z. B. durch zunehmende Verstädterung, Agglomeration i n Ballungszentren und Wohnen i n Trabantenstädten. Er bewirkt das Wachstum von Bedürfnissen an öffentlichen und privaten fremdwirtschaftlichen Dienstleistungen sowie die Neugewichtung und teilweise Verlagerung der Standorte von ServiceBetrieben aus den Stadtkernen i n die Stadtrandlagen. I n starkem Maße beeinflußt auch der technische Fortschritt den Dienstleistungssektor, und zwar i m wesentlichen auf zweifache Weise. Zum einen erfordert und ermöglicht die unersättliche Zunahme der Dienstleistungsnachfrage die Anwendung technischen Wissens i n denjenigen Service-Bereichen, wo die körperlich-materielle Komponente 35 Oxenfeldt, A . R. u n d Thompson, D. N., a.a.O., S. 13. 3β Vgl. u . a . Schüller, Α., a.a.O., S. 58 ff. u n d S. 64 f.; Linhardt, H., Das Dienstleistungsunternehmen: Genealogie — Topologie — Typologie, a.a.O., S . U . ; Tietz, B., Konsument u n d Einzelhandel, a.a.O., S.87ff.

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überwiegt und eine Substitution der menschlichen Arbeitskraft durch mechanisch-instrumentale Einrichtungen erlaubt. Zum anderen zieht das Wachstum der sekundären Produktion von technischen Gütern i n komplementärer Weise einen starken tertiären Folgebedarf i n Form von kaufmännisch-beratenden und handwerklich-technischen Dienstleistungen zur Ingangsetzung und Instandhaltung nach sich. I m Zusammenhang m i t dem technischen Fortschritt seien auch die verschiedensten System-Elemente der Information und Kommunikation genannt, wie z. B. Radio, Fernsehen, Presse, Tonband, Telefon, Fernschreiber und Datenverarbeitungsanlagen. Z u m einen rufen sie Dienstleistungsbedarf i n Form von Installation, Reparatur, Wartung und Beratung direkt hervor, zum anderen helfen sie indirekt über ihre Verwendbarkeit i n und für Dienstleistungsbetriebe neue und veränderte Service-Angebote schöpfen. Die steigende horizontale Mobilität i n geographischer und beruflicher Hinsicht repräsentiert einen weiteren Bestimmungsfaktor der Dienstleistungsnachfrage von großem Gewicht. Die individuelle Motorisierung m i t Automobilen und die für immer breitere Schichten zugängliche Nutzung des Flugzeugs ermöglicht Urlaubs-, Wochenendund Geschäftsreisen i n entfernt liegende Städte, Regionen und fremde Länder. Daraus folgt die Expansion und Substitution bestimmter Dienstleistungen, die sich einerseits auf die Verkehrsmittel selbst, zum anderen auf die Insassen der Transportträger richten, z. B. die Reparatur-, Wartungs-, Pflege- und Vermietungs-Services für das Auto oder zusätzliche und andersartige Verpflegungs- und Beherbergungsdienstleistungen wie Schnellgaststätten und Motels. Die Berufs-Mobilität zeigt sich i n drei wesentlichen Dimensionen: Erstens i n der geschäftlichen Kontaktknüpfung und -pflege m i t i n räumlicher Distanz ansässigen Lieferanten, Abnehmern und Partnern, zweitens i m Überwechseln i n andere bestehende und i n zukunftsträchtige neue Berufssparten und drittens i n der Wahrnehmung größerer beruflicher Chancen oder „Freizeitwerte" an anderen Orten. Hiervon geht teils private, teils gewerbliche Dienstleistungsnachfrage aus. Eine ständig sich verbreiternde Palette der Nachfrage nach vollkommen neuen und bereits existierenden, aber neu gestalteten oder „reformierten" Dienstleistungen ist die Reaktion auf die Möglichkeiten und Erfordernisse der Freizeit des Verbrauchers i m weitesten Sinne, also der gesamten Nicht-Arbeitszeit der Berufstätigen. Dieser ServiceKonsum erstreckt sich i n zwei Grundrichtungen, einmal i n die Ausfüllung der durch Arbeitszeitverkürzung hinzugewonnenen, ungenutzten Freizeit, zum anderen zur rationelleren Ausschöpfung und zur qualitativ höher stehenden Verwendung dieses privaten zeitlichen „Spielraumes".

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So dürften die „erfolgreichsten Anwendungsgebiete (des Franchising, Anm. d. Verf.) i n Zukunft wohl dort zu suchen sein, wo neuartige Angebote zu einer Vermehrung oder intensiveren Nutzung der Freizeit der Verbraucher beitragen, . . . , und wo neuartige Leistungen darauf abzielen, die Freizeit der Konsumenten problemloser' zu gestalten, . . ." 3 7 . I n die erstgenannte Kategorie sind Sortimente und Dienste einzuordnen, die auf Reisen, Erholung, Amüsement, Hobby, Do-it-yourself, Bildung etc. hin orientiert sind. Zur zweiten Klasse gehören die freizeitsparenden Produkte und Services wie automatisierte langlebige Konsumgüter, arbeitserleichternde Werkzeuge und Geräte, der Verleih von solchen, diverse Reinigungs-, Installations-, Wartungsund Reparaturdienste (für Haus, Einrichtung, Automobil und Kleidung) oder Schnellgaststätten. Die unaufhaltsam steigenden Ansprüche der zur „Konsum-Aristokratie" oder „Wohlstandsgesellschaft" herangereiften oder i n mancher Hinsicht „hochgezüchteten" Verbraucherschaft stehen jedoch i n sich wechselseitig bedingender, ständig sich weiter entwickelnder Beziehung m i t fortgesetzter Teuerung und/oder Qualitätsminderung der erhöht nachgefragten, aber immer relativ knapp bleibenden Dienste. Die Auswirkungen äußern sich i n schnell steigenden Preisen für handwerkliche Dienstleistungen, i n der häufig anzutreffenden Unzufriedenheit der Service-Nachfrager m i t ungenügender Termineinhaltung und nachlassendem Niveau der Ausführung sowie i n verstärktem Trend zum Do-it-yourself. Dieser Trend bedeutet die Rückkehr zur eigenwirtschaftlichen Erstellung bestimmter Dienste, allerdings mit Geräten und Materialien, in die gewissermaßen Problemlösungen eingebaut sind 3 8 . St. B. Linder erkennt und folgert aus seiner Analyse der Freizeitund Dienstleistungsgesellschaft, allerdings stark pessimistisch überspitzt: Die Verbraucher erwerben i n kontinuierlich größer werdender Extensität Produkte und Dienste, verbrauchen und verwenden sie aber i n ständig sinkender Intensität. Hier deutet sich u. E. eine Marktlücke für den kurzfristigen Verleih periodisch und aperiodisch benötigter langlebiger Gebrauchsgüter an, deren Größe u m so bedeutender wird, je mehr das irrationale Sicherheits- und Prestige-Denken und -Verhalten der Konsumenten i n Eigentums- und Besitz-Kategorien einer tendenziell „rationalisierten" Einstellung zum Gebrauchsnutzen weicht. Die Menschen bringen immer weniger Zeit und Mühe auf zur Pflege des Geistes und zum Training des Körpers sowie für soziale Leistungen 37 Haenle t P., Franchising: Marktorientierte Zusammenarbeit, Chancen f ü r ideenreiche Unternehmer 1975, Glattbrugg—Zürich u n d Stuttgart 1970, S. 15. 38 Vgl. dazu u. a. auch Nieschlag, R., Dichtl. E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 35 f.

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an Dritte wie Kinder, alte Leute und Gemeinwesen. Des weiteren sind sie, i m Gegensatz zur Prognose wachsender Freizeit aus tariflichen Arbeitszeitverkürzungen, gezwungen, durch Überstunden, Zweitberuf und weibliche Erwerbstätigkeit das notwendige Einkommen für die steigenden Ansprüche zu erwirtschaften 39 . I n Anlehnung an Bohn kann man feststellen, „daß die Wahl des Konsumenten sich nicht nur zwischen Arbeit oder Freizeit, sondern auch zwischen Arbeit i m allgemeinen und Arbeit für Freizeit abspielt" 4 0 . Grundlage und zugleich Resultat dieser vorgenannten, miteinander verknüpften Einflußfaktoren der Dienstleistungsnachfrage ist eine weitgreifende Veränderung der Motivation, der Einstellung und des Verhaltens der Menschen. Sie zeigt sich i n einer partiellen, schrittweisen „Revolution der Werte" 4 1 , i n einer Vorstellungswelt und Lebensweise nach modernen Leitbildern, die sich etwa m i t Adjektiven wie jung, frisch, hygienisch, aufgeschlossen, aufgeklärt, beweglich, sicher, selbständig und erfolgreich charakterisieren läßt 4 2 . Diese Bilder fügen sich mosaikartig i n den größeren Rahmen einer segmentförmig aufteilbaren, pluralistischen Gesellschaft ein, i n der sich die Menschen durch ihr Streben nach sozialer Differenzierung durch den Verbrauch auszeichnen. Dabei bilden sich neuartige Konsumententypen heraus, die m i t Hilfe sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden ermittelt werden müssen 43 . I n Ubereinstimmung m i t Gross kann man feststellen, daß diese Segmente nicht mehr i n traditioneller Weise nach regionalen Gesichtspunkten, sondern i n zunehmendem Maße nach Alter, Geschmack, Anspruch etc. gebildet sind 4 4 . Trotz oder gerade wegen der Vielfalt von Produkten und Diensten, der Schnelligkeit ihrer Lebenszyklen, dem Drang nach Atmosphäre, Erlebnis, Abwechslung und Mobilität sucht der Konsument bei Erwerb und Nutzung von Produkten und Dienstleistungen nach Vertrautheit 3» Vgl. Linder, St. B., The H a r r i e d Leisure Class, N e w York—London 1970, zitiert nach Gross, H., Die geplagte Freizeitgesellschaft. Wachsende Zeitnot bei steigendem Wohlstand, i n : Beratungsbrief N r . 31 v. 13.8.1970, S. 11—14. 40 Bohn, P., M a r k e t i n g u n d Verhaltensforschung. E i n entscheidungstheoretischer Ansatz der Sozialpsychologie, i n : absatzwirtschaft Heft 3/1970, S. 25. Vgl. Slater, D . B . , Franchising Today and Tomorrow, i n : Franchising Today 1969, a.a.O., S. 6. 42 Dies ergab z . B . die Verbraucher-Studie der Gaststätten-Kette „ K o c h löffel-Grill". 43 o.V., Einer f ü r alle, alle f ü r einen. Sind die alten Einteilungskriterien w i r k l i c h überholt?, asw-Umfrage zur qualitativen Konsumententypologie, i n : absatzwirtschaft, Jg. 12, Heft 3, Februar 1969, S. 7—10. 44 Vgl. Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 75; Gross, H., Die neuen V e r braucherschichten u n d ihre Marktwünsche, i n : Beratungsbrief N r . 12 v. 25.3. 1971, S. 6 f. H i e r sei nochmals auf das Segmentierungsverfahren von Nieschlag /Dichtl/ Hörschgen verwiesen.

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und Verläßlichkeit 4S. Er strebt also nach einer gewissen Sicherheit i n Zusammensetzung, Qualität und Preis der Angebote, gleichgültig wann und wo er sich befindet. Daraus ergibt sich für die Anbieter die Möglichkeit und Notwendigkeit zur Schaffung von Dienstofferten „unter dem Gütezeichen einer M a r k e " 4 6 und zum Aufbau eines Image für Identifizierbarkeit durch Verbraucher und Akquisition von Kunden 4 7 . 312.2 Bestimmungsfaktoren der Dienstleistungsnachfrage der Betriebe Bislang sind i n diesem Kapitel die Bestimmungsfaktoren der Dienstleistungsnachfrage der Nicht-Privat-Haushalte, also der erwerbswirtschaftlichen und nicht erwerbswirtschaftlichen Betriebe, Organisationen und Institutionen unberücksichtigt geblieben. Sie sollen nun unter Beachtung des knappen zur Verfügung stehenden Raumes relativ kurz analysiert werden. Dabei stehen die privatwirtschaftlichen Betriebe i m Vordergrund des Interesses. I h r Bedarf an fremdwirtschaftlich zu erbringenden Dienstleistungen ist zwar nicht direkt abhängig von der Einkommensentwicklung der privaten Haushalte; doch treffen auch hier einige der Faktoren zu, die bereits oben i m Zusammenhang mit der Dienstleistungsnachfrage der privaten Haushalte als bestimmend bezeichnet wurden, wie z.B. technischer Fortschritt, beruflich bedingte Mobilität und Berufsbildungsbedarf. I m wesentlichen entsteht jedoch ihre Nachfrage aus der Verwirklichung der Unternehmensziele. Dieses wenig operationale K r i t e r i u m läßt sich durch Zerlegung i n einzelne Unterziele konkretisieren. Die Wahrnehmung der Marktchancen, die Beachtung des Konkurrenzdruckes, die Beseitigung oder Umgehung betrieblicher Engpässe i m Personal- und Anlagenbereich, i m Kosten- und Finanzierungssektor sowie die Berücksichtigung betrieblich-sozialer Nebenbedingungen macht die Ananspruchnahme u. a. vielfältiger Dienste betriebsfremder A n bieter erforderlich. Dies resultiert insbesondere daraus, daß viele Produktionsfaktoren i n Menge und Güte kurzfristig nicht beschaffbar und die meisten unter ihnen auch nicht unendlich teilbar sind. Das führt bei eigener Leistungserstellung zu mangelnder Kapazitätsausnützung und intervallfixen Kosten 4 8 . Die Folge davon ist wichtiger Dienstleistungsbedarf z.B. an Zeitarbeit-Personal, Timesharing i n elektronischer Datenver« Vgl. Oxenfeldt, A . R. u n d Thompson, D. N., a.a.O., S. 5. 4β Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 79. 47 Vgl. Vaughn, Ch. L., G r o w t h and Future of Franchising, i n : Franchising Today 1969, a.a.O., S.270. 48 v g l . Gutenberg, E., Die Produktion, a.a.O., S. 359 f. u n d S. 368 ff.; ferner Heinen, E., Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, Kostentheorie u n d Kostenentscheidungen, Dritte, verbesserte Auflage, Wiesbaden 1970, S. 427. 8 Knigge

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arbeitung, kurzfristiger Miete von Kraftfahrzeugen, Maschinen und Werkzeugen sowie an langfristiger Miete von Büro- und Hoteleinrichtung m i t der Verlagerung vom Einzelhandels- zum Objektgeschäft. Ferner resultiert daraus Nachfrage nach externer Schulung, schneller Erledigung von Druck- und Schreibarbeiten, Spezialberatung und -Vermittlung sowie Reinigungsarbeiten diverser Natur 4 9 . Die Segmentbildung der Service-Nachfrage der Betriebe ist also nicht so sehr nach der Branchenzugehörigkeit der Bedarfsträger ausgerichtet, sondern orientiert sich vielmehr an allen Betrieben gemeinsamen Subsystemen, Teilprozessen und Partialfunktionen 5 0 . Bei diesen können jedoch i n bestimmten Wirtschaftszweigen und Betriebsgrößen Schwerpunkte auftreten. 313. Bestimmungsfaktoren des Angebots von Dienstleistungen

313.1 Fehlendes Marketing

der Dienstleistungsbetriebe

Es hieße den Rahmen dieser Arbeit sprengen, wollte man den von gewiß hohem Interesse begleiteten Versuch anstellen, nun i m Detail die einzelnen Märkte des Dienstleistungssektors zu untersuchen. Dabei wäre zu prüfen, ob den offenkundigen oder latenten Service-Bedürfnissen der privaten Haushalte und der Betriebe durch veränderte und/oder völlig neu konzipierte Dienstleistungsangebote überhaupt oder i n befriedigendem Maße z. B. i n der BRD bereits Rechnung getragen wird. Die Analyse beschränkt sich deshalb auf wichtige Bestimmungsfaktoren der Angebote einer Auswahl von Märkten. Zunächst konzentriert sich die Fragestellung auf die Leistungssubstanz als K e r n des Dienstleistungsangebots und dann auf die übrigen Instrumente der Marktgestaltung 51. Werden z. B. i n der Gastronomie die neuen oder verdeckten alten Bedürfnisse bestimmter Verbrauchersegmente i n der Weise befriedigt, daß kalorienarme, leicht verdauliche, vitaminreiche Speisen m i t gleichbleibender Menge, Qualität, Zusammensetzung, Form und Farbe, i n kleinen Happen oder i m „Baukasten-System" selbst zusammenstellbar, unter differenzierenden Namen und Warenzeichen i n praktischer und attraktiver „Verpackung" angeboten werden? Ist i m Zusammenhang m i t der Leistungsbereitschaft bei den Standortfragen die leichte Zugänglichkeit, die Parkplatznot sowie das Bedürfnis nach Atmosphäre, Hygiene, schneller Bedienung und fachkundigem, 49 Siehe hierzu auch Schaubild 5, Bedarfssektor Betrieb, i n Abschnitt 233.3. 60 Vgl. Schaubild 4 m i t Klassifikation nach Teilmärkten, betrieblichen Funktionsbereichen u n d Subsystemen i n Abschnitt 233.1. « Vgl. die systembildenden Faktoren oder Instrumente der Marktgestal-

tung bei Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 113—318.

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geschultem Personal berücksichtigt? Wurde die Preispolitik i m Zusammenhang m i t dem Speiseangebot derart ausgerichtet, daß die Chancen aus dem zunehmenden Wunsch nach „Außer-Haus—Essen", „Zwischendurch-Mahlzeiten" und „Über-die-Straße-Kaufen" wahrgenommen werden können? Existiert i n genügendem Maße zur richtigen Zeit bei den gemeinten Zielgruppen, am richtigen Ort und i n abhebender Qualität, Information über A r t , Qualität, Auswahl sowie Preis- und Betriebs- und Lieferbereitschaft der Gaststätte? Eine weitere Problemstellung ergibt sich u. a. aus der Gestaltung der Freizeit des Verbrauchers. Die Frage könnte z. B. lauten, ob man bereits dem Informations -, Bildungs- und Unterhaltungsbedürfnis des modernen und anspruchsvollen, jungen Großstadtmenschen i n der bedarfsorientierten und problemlösenden Weise entgegenkommt, daß man i h m i n jederzeitiger Präsenz und i n erlebnishafter Anordnung, Form, Farbe und Ton auf breiter Palette die neuesten und aktuellsten, internationalen Produkte an Zeitungen, Zeitschriften, Belletristik, Sachliteratur und klassischer sowie moderner Musik anbietet, zu erschwinglichem Preis und m i t werblicher Anregung oder Impulsgebung zur Selbstwahl am „point of purchase". Mannigfaltige Anzeichen deuten darauf hin, daß i n vielen Zweigen des tertiären Bereichs Lücken oder Marktnischen solcher oder anderer A r t , gerade i n den europäischen Ländern, bisher unentdeckt geblieben oder nicht i n ihrer Größe und Bedeutung voll gewürdigt, geschweige denn gänzlich ausgefüllt worden sind. Das trifft, bei vorsichtiger A b schätzung, m i t relativ hohem Grad von Sicherheit u. a. für bestimmte Zweige der Gastronomie, des Automobil-Service, des Druckereiwesens, des kurzfristigen Verleihs langlebiger Gebrauchsgüter, der Freizeitgestaltung sowie der Gebäude-Außen- und Innenreinigung zu 5 2 . A n dererseits sind die außerordentlichen Geschäftsentwicklungen einiger Pioniere klare Indizien bisher unbefriedigten Dienstleistungsbedarfs, wie z. B. Wienerwald, Mövenpick etc. Die soeben dargelegten Tatbestände beruhen auf einer Vielzahl von Ursachen. Der am leichtesten identifizierbare Grund liegt, i m Gegensatz z. B. zur Konsumgüterindustrie und zu manchen Zweigen händlerischen Massenabsatzes, bei dem i n vielen Branchen des Dienstleistungssektors völligen Fehlen des Marketing 53. Er herrscht Mangel an prinzipiellem Denken vom Markt her und an Vertrautsein m i t der Handhabung des δ 2 Z u diesen Schlußfolgerungen, aber auch f ü r andere Dienstleistungszweige, k a m der Verfasser i n zahlreichen Marktstudien, die er f ü r einen internationalen Franchise-Konzern auf verschiedenen deutschen ServiceM ä r k t e n unternahm. 53 Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 579 f. u n d S. 631. Siehe auch Mellerowicz, K., Übertragungsmöglichkeiten industrieller Methoden auf den Handwerksbetrieb i m M a r k e t i n g u n d i n der Kostenrechnung, 8*

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Marketing-Instrumentariums und absatzwissenschaftlicher Methoden. Dieses Faktum wiederum rührt u. a. her von der passiven Einstellung und Verhaltensweise der mehr handwerklich-rezipierenden als kaufmännisch-aktiv gestaltenden Betätigung vieler Dienstleister. Vor allem hat man sich auf den z. T. erst i n jüngster Zeit aufgekommenen Dienstleistungsbedarf noch nicht sofort „aggressiv-verteidigend" eingestellt. Ebenso resultiert die Marketing-Abstinenz aus der demographischen Struktur der Inhaber existierender Service-Betriebe m i t überdurchschnittlichem Alter, lange zurückliegender traditioneller Ausbildung etc. Auch t r i f f t es zu, bei vielen solcher Betriebe noch vom verlängerten A r m oder „Erfüllungshilfen" der Hersteller zu sprechen. Eine Fülle anderer Beschränkungsfaktoren und Engpässe gesellt sich jedoch hinzu. Sie geben i n unterschiedlicher Konstellation oft den gravierend-negativen Ausschlag zur Beharrung i n traditionellen, veralteten Dienstleistungsstrukturen. 313.2 Beschränkungen

des Marktzugangs

313.21 Rechtlich-institutionell bedingte Hemmnisse Als erste größere Gruppe ist die Gesamtheit der rechtlich-institutionellen Ordnung i n der BRD anzusehen, woraus einige an dieser Stelle relevante Beispiele genannt sein sollen. So w i r d bei handwerklichen Dienstleistungen der Marktzugang durch die Handwerksordnung m i t ihren Berufsbildern und dem Erfordernis des Befähigungsnachweises stark erschwert, z.B. bei der Kraftfahrzeug-Reparatur und i n der Gebäudereinigung 54 . Dazu stellt Schüller fest: „Die auf die M a r k t bedürfnisse auszurichtenden vielfältigen Möglichkeiten zur Leistungsausweitung einerseits und zur Spezialisierung auf eine Leistungsfunktion oder einen Leistungsbereich andererseits finden ihre rechtliche und damit auch tatsächliche Beschränkung an dem Erfordernis des beruflichfachlichen Befähigungsnachweises der Gewerbe- und Handwerksordnung (sogenannter ,obligatorischer Befähigungsnachweis') 55 ." D a b e i e r f o l g t d i e L i m i t i e r u n g der L e i s t u n g s a u s ü b u n g n i c h t aus M a r k t a n f o r d e r u n g e n oder also auch aus ö k o n o m i s c h - r a t i o n a l e n G r ü n i n : Das Handwerk i n der modernen Wirtschaft u n d Gesellschaft, hrsg. v o m Deutschen Handwerksinstitut München e. V., B a d Wörishofen 1966, S. 108 bis 130, insbesondere S. 109—121. 54 Vgl. Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) i n der Fassung v o m 28. Dezember 1965. es Schüller , Α., a.a.O., S. 239 f. Siehe zur Gewerbefreiheit vor allem auch Nieschlag, R., Die Gewerbefreiheit i m Handel, K ö l n u n d Opladen 1953; ferner zu neueren Problemen der Handwerksordnung Fröhler, L., Gestalt u n d Aufgaben des Handwerksrechts i n der modernen Wirtschaft, i n : Das H a n d w e r k i n der modernen Wirtschaft u n d Gesellschaft, B a d Wörishofen 1966, S. 211—233, insbesondere S. 221 ff.

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den, sondern häufig wegen überholter Vorstellungen eines ständischen Denkens sowie nicht zuletzt als Schutzmaßnahme gegen ein mögliches Eindringen von Konkurrenten als Außenseiter aus anderen Wirtschaftsbereichen. Dies geschieht, obwohl oder gerade weil bei zunehmender Nachfrage auch nach handwerklichen Dienstleistungen die zur Verfügung stehenden, fachlich ausgebildeten und geprüften Handwerker die Lücke zu füllen kaum i n der Lage sind. Man w i r d m i t Schüller darin übereinstimmen müssen, daß die beruflichen Zugangsbeschränkungen sich potentiell zunehmend auflösen. Technische Ausstattung, Anwendung neuer Werkstoffe und organisatorisches Know-How ersetzen entweder die menschliche Arbeitskraft oder stellen nicht mehr so hohe Anforderungen an die branchenspezifische Ausbildung. Vielmehr ermöglichen und erzwingen sie auch eine Verlagerung auf die kaufmännischkoordinierenden Tätigkeiten 5 6 . Ferner scheint das von widerstrebenden Interessengruppen angefeindete und auch verteidigte Ladenschlußgesetz 57 geeignet, u. a. auch Dienstleistungen zu verhindern, die auf die Bequemlichkeit der Konsumenten abzielen, z. B. den Einkauf nach beendeter eigener Arbeitszeit für vergessenen oder plötzlich auftauchenden Bedarf. So wären z.B. bei gleichem Gesetz die i n den USA etablierten ConvenienceStores für Lebensmittel, die bis i n die Nacht geöffnet sind, kaum denkbar. Die Anwendung der Reichsgaragenordnung 58 auf der Gemeindeebene, die die Parkplatzbeschaffung bzw. deren Ersatz durch geldliche Ablösung vorschreibt, sowie die lokal unterschiedlich geltenden und angewendeten Bau- und Gewerbegenehmigungen erschweren vor allem die Schaffung neuer gastronomischer Betriebe gerade dort, wo diese den Bedürfnissen und Wünschen der Verbraucher am ehesten gerecht würden, nämlich i n den City-Lagen. Des weiteren behält das Bundesfernstraßengesetz 59 dem Bund u. a. den Bau und die Verpachtung von Nebenbetrieben an den Autobahnen, und zwar von Tankstellen, Rast- und Werkstätten, vor, m i t der Folge stärkster Einschränkung privater Errichtung von bedarfsorientierten Gaststätten, Motels und Auto-Service-Betrieben an diesen stark frequentierten Orten. μ Vgl. Schüller , Α., a.a.O., S. 180. 57 Vgl. Gesetz über den Ladenschluß v o m 28. November 1956; siehe auch die Ausführungen über „Die Betriebsbereitschaft" bei Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 149 ff. 58 Reichsgaragenordnung v o m 17. Februar 1939. 59 Vgl. Bundesfernstraßengesetz (FStrG) i n der Fassung v o m 6. August 1961.

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Schließlich hat das der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung durch das A V A V G 6 0 eingeräumte Monopol die gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung bis auf einzelne Berufe beschränkt. Dadurch ist bei zunehmender Personalknappheit und Berufsumstrukturierung selbst die Überlassung von Zeitarbeitspersonal i n der Vergangenheit wegen laufender und drohender Prozesse lange Zeit sehr erschwert worden. Bei dieser notwendig knapp zu fassenden Darlegung einiger Beschränkungsfaktoren für die ungehinderte Entwicklung von Dienstleistungszweigen konnte weder detailliert und weit ausholend auf die sachlichen Gegebenheiten und rechtlichen Tatbestände eingegangen werden, noch die bestehenden und zum Teil begründeten Argumente für die Notwendigkeit der Existenz dieser Teile der Rechtsordnung vorgebracht werden. Hier ging es um die beispielsweise Verdeutlichung von objektiv festliegenden Bedingungen, die die Entscheidungssubjekte i m tertiären Sektor, darunter auch die Systemgründer und Planungsträger von Betriebs-Franchise-Organisationen i n ihr K a l k ü l einzubeziehen haben. Durch Suche und Auffinden von Lücken und legalen Umgehungsmöglichkeiten z. B. durch besondere Konstruktion und Kombination von Rechts- und Vertragsformen, w i r d i n vielen Fällen versucht, dafür einen Ausgleich zu schaffen. Ein solches Bemühen w i r d auch bei Betriebs-Franchise-Systemen dazu beitragen, diese Einflußfaktoren ihres Erfolgspotentials i n ihrer tendenziell negativen W i r kung zu lindern, wenn schon nicht gänzlich zu kompensieren. 313.22 Faktisch bedingte Hemmnisse Von erheblicher Bedeutung für die Veränderung bestehender und das Aufkommen neuer Dienstleistungsbranchen zeigen sich auch die existierenden privat-rechtlich fundierten Absatzsysteme der Brauwirtschaft, der Benzin- und Ölindustrie und der Automobilhersteller. So haben, bei ganzheitlicher Betrachtung, die Brauereien und Kraftstoffproduzenten mittels Eigentumserwerb und Abschluß von langfristigen Pacht- und Hauptmiet- sowie Optionsverträgen die fast ausschließliche Verfügungsgewalt über die Standorte der überwiegenden Zahl heute bestehender Gaststätten und Tankstellen i n der BRD gewonnen. A u f diese Weise steht ein Großteil der für zu errichtende neuartige Dienstleistungsbetriebe günstigen Lagen, die an von Fußgängern und/oder Kraftfahrzeugen stark frequentierten und i n großem Maße mit Parkplätzen versehenen Standorten lokalisiert sind, bereits unter bewußter Kontrolle. Damit ist die Ausdehnungsmöglichkeit für hinzukommende und/oder veränderungswillige Service-Unternehmen empfindlich be60

Gesetz v o m 10. März 1952 m i t späteren Änderungen.

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schränkt, selbst bei permanentem Wandel der Siedlungsstrukturen und bei den durch diese Veränderungen induzierten Wertverschiebungen der Betriebsstätten. Dies rechtfertigt u. a. auch die Hervorhebung der Franchise-Klassifikation von Seltz und Tietz bezüglich der Kontaktform bzw. des Standortes der Franchise-Nehmer-Betriebe. Von gleichermaßen erheblichem Gewicht sind auch die sortimentsund bezugsbeschränkenden Belief erungs- und Ausschließlichkeitsverträge, die die Lieferanten, die primär am Absatz der von ihnen selbst hergestellten Produkte interessiert sind, m i t ihren Abnehmern, oft auch i n weiterer Verbindung m i t Finanzierungsabkommen, geschlossen haben 61 . Das Eindringen neuer Handels- und Service-Betriebe i n solche Standorte und i n identische, bedarfsverwandte oder nachgelagerte Branchen w i r d zum großen Teil nicht ohne Zusammenarbeit mit diesen Industrien möglich sein. Die Voraussetzungen dafür bestehen darin, daß z. B. neue Betriebs-Franchise-Systeme den Herstellern praktische Garantien für den Getränke- oder Kraftstoffabsatz geben und/oder deren Beteiligung an den Umsatzerlösen i n irgendeiner Form mit diesen vereinbaren müssen. So unternahmen Kochlöffel-Grill Versuche der Kooperation m i t Esso, Shoptess von Underberg m i t verschiedenen Mineralölkonzernen, diverse Schnellgaststätten-Ketten m i t lokalen oder regionalen Brauereien. Zahlreiche Versuche neuer Dienstleistungssysteme scheiterten jedoch nach anfänglichen Verhandlungen mit diesen Gesellschaften wegen Erfolglosigkeit der Testobjekte oder mehr noch an den hohen Anforderungen der Benzingesellschaften und Bierproduzenten. Auch die breite Palette denkbar spezialisierter Dienstleistungen für Reparatur, Ersatzteile, Prüfung und/oder Wartung von Automobilen stieß beim Versuch ihrer Realisierung i n der BRD auf eine Vielzahl praktischer Hindernisse. Als einige der wesentlichsten Beschränkungsfaktoren, die i n ihrer Gesamtheit einem Oligopol ähnlich wirken, erscheinen die Spezial-Ausbildung der Kraftfahrzeugmechaniker auf die Typen einer einzelnen Hersteller-Marke, die Vertriebsverbindung für Original-Ersatzteile, die fehlende Normierung wichtiger Aggregate, Verschleißteile, Maschinen, Werkzeuge etc. innerhalb der gesamten 61 Diesen Problemkreis behandeln besonders auch Ulmer, Rittner und Schüller. Vgl. Ulmer, P., a.a.O.; Rittner, F., a.a.O.; Schüller, Α., a.a.O.; siehe ferner Sturm, E., Der Absatz der deutschen Brauindustrie unter besonderer Berücksichtigung der Absatzsicherung u n d Absatzförderung, Diss. F r a n k f u r t / M a i n 1933; Commandeur, H.-H., Das Recht des Bierlieferungsvertrages unter besonderer W ü r d i g u n g Wettbewerbs- u n d kartellrechtlicher Fragen, Diss. K ö l n 1961; Düstersiek, G., Der Bierlieferungsvertrag nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Diss. K ö l n 1961; Künstler, L., Der B i e r lieferungsvertrag u n d die weiteren Verträge zur Sicherung des Absatzes i m Braugewerbe, 3. Aufl., Nürnberg 1957.

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Automobilindustrie sowie die Vielfalt dieser Gegenstände selbst bei den verschiedenen Klassen ein und desselben Automobilproduzenten. So bereitet es beachtliche Schwierigkeiten, nach amerikanischem Vorbild i n Deutschland spezialisierte Service-Betriebe für alle Marken und Typen zu errichten z. B. jeweils für Schalldämpfer, Bremsen, Getriebe oder Diagnose. 313.3 Sonstige Angebotsbedingungen

von Dienstleistungen

Neben den Bestimmungsfaktoren der Dienstleistung-Nachfrage und den rechtlich-institutionell sowie konkurrenzwirtschaftlich bedingten Engpässen für den Marktzugang neuer Service-Anbieter und neben dem weit verbreiteten Fehlen von Marketing i n Grundsatz, Mitteleinsatz und methodischem Ansatz bleiben noch eine Reihe wichtiger typischer Angebotsbedingungen von Dienstleistungen zu erwähnen. Aufgrund der fehlenden Lagerungsfähigkeit, der notwendigen Vorratshaltung der Leistungsfaktoren für Spitzenbelastung bei relativ starken Frequenzschwankungen der Nachfrage sowie wegen der nicht möglichen räumlichen Verlagerung des Angebots bei hoher quantitativer und qualitativer Personalknappheit i m tertiären Sektor ist dieser vor allem durch hohe Personalkostenintensität gekennzeichnet. Zwar ist auch i n Zukunft i m Dienstleistungsbereich m i t diesem bedeutsamen Engpaß als permanent belastendem Faktor zu rechnen, doch muß und kann jeder Versuch angestellt werden, sich tendenziell von dieser allzu starken Abhängigkeit zu lösen. So stellt z.B. Schüller die Hypothese auf, daß dem „Franchise-System i n der BRD besonders i n den Dienstleistungszweigen deshalb überdurchschnittliche Erfolgschancen eingeräumt (werden, Anm. d. Verf.), weil hier zahlreiche Möglichkeiten für eine den Erfordernissen der Nachfrage besser Rechnung tragende Faktorenkombination vermutet werden 6 2 ." Sind i m Handelsbereich bereits vielversprechende Ansätze und Erfolge diesbezüglich realisiert worden, so werden m i t großer Wahrscheinlichkeit auch i n zahlreichen anderen Dienstleistungszweigen zukünftig besondere Anstrengungen gemacht 63 . Einerseits w i r d es durch Einsatz preisgünstiger kompletter Ersatzteile und arbeitssparender Materialien, durch zentralisierte Vorbereitung der zu verteilenden und weiterzuverarbeitenden Waren und durch Gebrauch von Speziai- und/ «2 Schüller , Α., a.a.O., S. 98. es Siehe hierzu u . a . drei Aufsätze, i n : Das H a n d w e r k i n der modernen Wirtschaft u n d Gesellschaft, hrsg. v o m Deutschen Handwerksinstitut e.V., Bad Wörishofen 1966: Fritz, E. u n d andere: Der Einfluß der Technik auf die Aufgaben der handwerklichen Berufe, dargestellt an ausgewählten B e i spielen, S. 133—148; Fritz, E. u n d Oberthür, W., E l e k t r o n i k u n d Handwerk, S. 149—155; Hotz, E. u n d Durchardt, W., Rationelle Betriebsführung durch R E F A i m Handwerk, S. 156—174.

31. Erfolgspotential auf den Dienstleistungsmärkten

121

oder Mehrzweckmaschinen und -geräten zur Rationalisierung des Ablaufprozesses der Dienstleistungserstellung kommen. Als Beispiele seien neue Ersatzteile und Diagnose-Geräte i m Automobil-Service, Wegwerf-Geschirr, Geschirr-Spülmaschinen und vorgefertigte und/oder tiefgekühlte Speisen i n der Gastronomie sowie leistungsfähige Spezialoder Mehrzweckgeräte für Schnelldrucken und Gebäudereinigung genannt. Andererseits werden die Schulung des Personals zu erhöhter Produktivität und die Beschränkung des Angebots i n Umfang und/oder Tiefe bei gleichzeitiger stärkerer Aktivierung anderer absatzpolitischer Instrumente wie Standort, Ausstattung, Betriebsbereitschaft, Werbung und Sales Promotion intensiviert werden müssen. Die Frage der zunehmenden Einführung von Selbstwahl, Teil- und Voll-Selbstbedienung zwecks ökonomisierung der Betriebe ist hingegen nicht generell zu beantworten. Einerseits muß zwischen primär warenhändlerischen, primär handwerklichen und primär administrativen Dienstleistunsbetrieben unterschieden werden, andererseits muß vor allem bei den Handelssortimenten wiederum eine Differenzierung getroffen werden zwischen problemlosen, standardisierten, selbstbedienungsfähigen Massengütern und solchen Waren des individuellen Bedarfs, die problemvoll, beratungs- und bedienungsbedürftig sind 6 4 . Aus diesen aufgezeigten Möglichkeiten zu effizienzerhöhender Standardisierung und gleichzeitig kreativer Differenzierung ergeben sich drei miteinander i n Beziehung stehende Trends: Erstens die teilweise Verschiebung des Schwerpunkts oder der Dominanz der Produktionsfaktoren vom Personalbereich i n den Anlagensektor 65 , m i t anderen Worten von der Personal- zur Kapitalintensität; zweitens die Ausgliederung und Verlagerung von Aufgaben auf andere Funktionsträger; drittens der Einstieg finanzstarker Unternehmungen als Filialbetriebe von sog. Außenseitern oder die Bildung von vor allem vertikal-kooperativen Organisationen wie Betriebs-Franchise-Systemen i m Dienstleistungssektor. Ergänzend zu den aufgezeigten, das Aufkommen von neuen Dienstleistungsbetrieben und Betriebs-Franchise-Systemen fördernden Umwelt-Determinanten muß notwendig ein anderer Faktor hinzutreten: " I f a successful business can be developed that specializes i n performing a service, or i n purveying a particular product or group of products i n an individual way, then the system by which i t is done — the know-how — can, i n all probability, be packaged and form the basis of a franchise system 6 6 ." « 4 Vgl. Nieschlag , Κ., Mögliche Entwicklungen i m Einzelhandel, a.a.O., S. 140 ff.; ferner Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 610 ff. •β Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 134. μ Bernstein, L . M., a.a.O., S. 23.

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3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

Diese Originalität oder Individualität des speziellen, von Konkurrenten unterscheidbaren Dienstleistungsangebotes, verbunden m i t dem dazu erforderlichen „Wissens-Paket", stellt die Grundlage dar für das Heraustreten der Betriebe aus regionaler und nationaler Anonymität und aus entsprechend fehlender Marktrelevanz sowie für den Aufbau eines „überlokalen" Images. Es bedarf deshalb bei der i m Dienstleistungsbereich charakteristischen Auftragsfertigung und Nichtlagerfähigkeit der immateriellen Güter der Gründung weiterer Betriebseinheiten. Ferner ist, vor allem auch wegen der „Unkörperlichkeit" der Dienstleistungen, die Schaffung eines einheitlichen Namens und Warenzeichens sowie die Kreation weiterer identifizierbarer Merkmale wie gleicher quantitativer und qualitativer Angebote, gleichartiger Betriebsausstattung sowie regionaler und nationaler Werbung erforderlich 67 . So schreibt z. B. Rudnick: "The focal point and major premise of a franchise system of distribution is the licencing of the trademark 6 8 ." Aus dieser Sichtweise heraus erscheint es naheliegend, unter Anpassung und Einschränkung der i n Gesetzgebung, Literatur und Praxis verwendeten Merkmale und Merkmalsausprägungen für herkömmliche Fertigprodukte, von der Möglichkeit der Schöpfung von DienstleistungsMarkenartikeln zu sprechen. Dabei muß hier offen gelassen bleiben, welche aus den verschiedenen Teilen des marktgestaltenden Instrumentariums die Kriterien dafür liefern sollen. Diesen Fragenkomplex zu analysieren und zu diskutieren könnte die Problemstellung einer separaten wissenschaftlichen Arbeit sein.

32. Die Einflußgrößen des Erfolgspotentials der Betriebs-Franchise-Systeme I n verschiedenen Abschnitten dieser Untersuchung ergab sich bereits als Folge der angestrebten Systematik und der zu fordernden Verständlichkeit der Ausführungen die Notwendigkeit, auf die für das Franchising günstigen Umweltbedingungen und die m i t diesem verfolgten Zielsetzungen einzugehen 1 . 67 Vgl. zur Imagebildung v o n Franchise-Systemen i m Dienstleistungssektor u.a. Flaherty , G.V., Developing and I m p l e m e n t i n g the Customer's Image, i n : Franchising Today 1969, a.a.O., S. 232 f f.; Rudnick , H . L . , a.a.O., S. 175; Maahs, W. H., Creative Marketing, i n : Franchising Today 1967—1968, a.a.O., S. 17; Gross , H. u n d Skaupy , W., a.a.O., S. 77, S. 166 u n d S. 198; Henderson , E., To Franchise Or Not — H o w To Decide. Pro and Con, i n : Franchising Today 1966—1967, a.a.O., S. 36 ff. 68 Rudnick , H. L., a.a.O., S. 176. 1 Siehe dazu die Darlegungen i n dieser A r b e i t i n den K a p i t e l n u n d A b schnitten 11., 211., 212., 221.4, 222.12, 233.3, 3., 312.1 u n d 313.3.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

123

321. Allgemeine Bestimmungsfaktoren des Erfolgspotentials des Betriebs-Franchising

Bevor später der Notwendigkeit einer weiteren Differenzierung der Typen der System-Gründer und ihrer Planungsträger sowie ihrer spezifischen Ziele und Datenrahmen Rechnung getragen wird, seien grundsätzliche Ausführungen über die zu erfüllenden sachlichen Voraussetzungen bzw. Nebendingungen und die generell gültigen Ziele des Betriebs-Franchising gemacht. 321.1 Ziele und Nebenbedingungen

der Franchise-Geber

Die wesentlichen sachlichen Grundbedingungen, die der FranchiseGeber als Erfolgsvoraussetzung des Betriebs-Franchising zu erfüllen hat, lassen sich wie folgt skizzieren: (1) Es muß eine von den Verbrauchern/Verwendern leicht identifizierbare und akzeptierbare Heterogenisierung des Sortiments- und/ oder Dienstleistungsangebotes 2 gegenüber Wettbewerbern möglich sein und tatsächlich durchgeführt werden, und zwar i n bezug auf (a) Namen, Warenzeichen, Verpackungs- und Betriebsausstattung (Organisationsname oder -emblem, Handelsmarken, Atmosphäre), (b) differenzierte Sortiments- und/oder Dienstleistungsgestaltung (Breite, Tiefe, Qualität, Preislage, Bedarfsorientierung, Originalität und/oder Schnelligkeit). (2) Der Aufbau eines betriebswirtschaftlich-organisatorischen Programms zur Hilfe und Kontrolle der Errichtung und der Führung eines Franchise-Nehmer-Betriebes muß realisierbar sein und tatsächlich vollzogen werden. (3) Der Erfolg von (1) und (2) und der Kapitalbedarf muß durch mindestens einen bereits längere Zeit bestehenden Testbetrieb m i t befriedigender Rentabilität unter durchschnittlichen Standort- und anderen internen und externen Bedingungen nachweisbar sein 3 . Unterstellt man an dieser Stelle einmal die bereits gegebene Absicht, Betriebs-Franchising zu betreiben, so sind bisweilen die vorgenannten drei „Essentials " i m Sinne einer „conditio sine qua non" noch nicht verwirklicht, z. B. wegen des bisherigen Fehlens mehrerer einheitlich 2 Vgl. Sölter, Α., Markenpreisbindung als F o r m v e r t i k a l e r Kooperation zwischen Industrie u n d Handel, i n : Der Markenartikel, 1969, Heft 3, S. 87 f. Z u r Unterscheidbarkeit u n d Identifizierbarkeit als notwendige Bedingungen f ü r eine erfolgreiche Franchise schreibt Al Lapin u . a . folgendes: " A product or service that is distinctive and has a readily identifiable trademark so that the u l t i m a t e consumer w i l l put forth more effort than usual to purchase i t . " Lapin, Α., Expanding Sales Through Franchising, a.a.O., S. 1. s Vgl. Lapin, Α., Expanding Sales Through Franchising, a.a.O., S. 2; Rothenberg, Α., Test-Run Franchise U n i t Before Launching, i n : Pacific Coast

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3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

ausgerichteter, straff geführter Filialen. Dann bedarf es als Grundlage der Verwirklichung dieser Zielsetzung einer umfassenden Planung und realisierenden mittelfristigen Erprobung durch Experimente entweder der noch nicht existenten Teile oder aller Bereiche dieses Bedingungskomplexes. I n der Praxis geschieht dies durch Errichtung und Führung von „pilot units", oder anders ausgedrückt durch Voll-Test-Operationen i n „Modell-Betrieben". I m Einzelfall können mehr implizite oder explizite Annahmen über das Marktverhalten vor allem der Konsumenten gemacht werden. Entweder sind dabei die Aktivitäten der Testläden als „inputs" und ihre positiven oder negativen Erfolge als „outputs" des Dienstleistungs-Marktes i m Sinne eines „blackbox model" zu betrachten, wobei man über eine Erklärung des Zusammenhangs nicht hinausgelangt, oder die Ursache-/ Wirkungszusammenhänge der M a r k t reaktionen sind i n einem sog. „behavioral model" erklärbar 4 . Aus der Fülle der amerikanischen Franchise-Literatur, die u. a. die auf empirisch-induktivem Wege ermittelte Zielsetzung und Zielerreichung der Gründer von Betriebs-Franchise-Systemen präzisiert, sei nachfolgend ein Katalog hauptsächlich inhaltlich dimensionierter Ziele des Franchise-Gebers wiedergegeben: (1) schnelles Wachstum (Umsatz, Marktanteil, Image), (2) erleichterte Kapitalbedarfsdeckung zur Wachstumsfinanzierung, (3) Füllen der Management-Lücke bei rascher Expansion des Verkaufsstellen-Netzes, (4) stärkere Motivation bei Franchise-Nehmern für Umsatz- und Kostenbewußtsein, (5) Verbesserung der lokalen Anpassung und Annahme bei Verbrauchern/Verwendern durch Ortsansässige m i t besserer Kommunikation und (6) Verringerung der eigenen Betriebskosten und -risiken des Franchise-Gebers 5. Record, ο. J., S. 14 u n d S. 29; Gross, H., Die Z u k u n f t des Franchising i n Europa, i n : Der M a r k e n a r t i k e l 1968, Heft 12, S. 618. V o n dem Erfolg der A n w e n d u n g des Betriebs-Franchising bei E r f ü l l u n g dieser Voraussetzungen zeugt die rasche Ausbreitung selbst relativ junger Dienstleistungssysteme i n den USA, v o m Fehlschlag oder starker Verzögerung bei Nichtbefolgung dieser Essentials die teilweisen Mißerfolge bzw. Durststrecken einiger Betriebs-Franchise-Systeme aus den USA bei ihren Expansionsbestrebungen i n Deutschland u n d übrigen europäischen Ländern. 4 Vgl. hierzu i n allgemeinerem Zusammenhang Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 381 ff., S. 402 ff., S. 425 ff. u n d S. 498 f. β Siehe zu den Vorteilen des Franchising bzw. den Zielen des FranchiseGebers insbesondere: B a n k of America (Hrsg.), The Franchise Business, a.a.O., S.4; Lewis, E . H . u n d Hancock, R.S., a.a.O., S. 14ff.; Lapin, Α., a.a.O., S. 1; Bennett, R.E., a.a.O., S. 19 ff.; Henderson, E., a.a.O., S.33ff. G f K , Franchising

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

125

Diese Vorteile trägt das Betriebs-Franchise i m Sinne eines vergleichsweise m i t der Filialexpansion oder -stagnation höher setzbaren Anspruchsniveaus bzw. verbesserten Zielerreichungsgrades i n sich. Sie werden durch synergetische Effekte 6 oder, wie es Nieschlag/Dichtl/ Hörschgen allgemein aus der Sicht der Konsumgüter-Hersteller formulieren, durch Potenzierung der Wirkungen auf dem Wege der Synchronisation der Absatzaktionen i n die gleiche Stoßrichtung 7 möglich. Zumindest partiell stehen sie jedoch m i t Nachteilen dieser Absatzsystem-Typen i n Konflikt. Diese setzen sich u. a. zusammen aus der Steigerung der Uberwachungskosten und dem teilweisen Verlust der Kontrolle über das System, „because franchisees are more independent than managers making i t more difficult to maintain a standardized operation, regulate sales promotion, and rely on a feedback of information" 8 . Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten für das Betriebs-Franchising muß notwendigerweise auch die Prüfung des großen Bereichs rechtlicher Bestimmungen unternommen werden, die der Gesetzgeber i m Privatrecht und i m Wettbewerbsrecht fixiert hat. Dieser Problemkreis erfährt beim Betriebs-Franchising insofern hervorragende Bedeutung, als der Franchise-Geber dem Franchise-Nehmer vertraglich vielseitige Rechte einräumt und Pflichten auferlegt, die sich nicht nur auf den Partner selbst, sondern auch, zumindest mittelbar, auf die Konsumenten und Wettbewerber auswirken. Aufgrund der diesbezüglich häufig befürchteten Hindernisse für das Betriebs-Franchising, die i n manchen Fällen potentielle Franchise-Geber vom Aufbau eines Betriebs-Franchise-Systems i m Dienstleistungssektor abgehalten hat 9 , scheinen nachfolgende klärende Bemerkungen erforderlich: Da es sich bei den vertraglichen Vereinbarungen über Warensortimente und Dienstleistungen meist nicht u m Markenwaren i m Sinne des § 16 des GWB (Kartellgesetz oder Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) handelt, ist eine Preisbindung durch den FranchiseGeber i n der Regel nicht möglich, da diesbezügliche Verträge zwischen Franchisor und Franchisee laut § 15 GWB nichtig sind 1 0 . Diese Bestim— E i n Weg aus der Investitionsklemme?, i n : GfK-Sonderdienst, N r . 10, Oktober 1963, S. 502. Diese Ziele w u r d e n dem Verfasser auch i n zahlreichen Gesprächen m i t Franchise-Experten i n den U S A i m Sommer 1969 bestätigt. β Vgl. Ansoff, H. J., Corporate Strategy, New York—San Francisco— Toronto—London—Sydney 1965, S. 75. t Vgl. Nieschlag, R , Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 355. 8 B a n k of America, The Franchise Business, a.a.O., S. 4. 9 So z . B . Wienerwald, vgl. Skaupy t W., Wienerwald i n Expansion, i n : Beratungsbrief Nr. 12 v. 28. 3.1969, S. 15 f. Vgl. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), i n der Fassung v o m 3. Januar 1966, §§ 15, 16.

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3. Erfolgspotential d. B'ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

mung erscheint manchen Franchise-Gebern hinsichtlich der gewünschten einheitlichen Verkaufspreise bei den Franchise-Nehmern zur ImageGestaltung des Systems und Gewinnerzielung der Partner als i n negativer Weise ausschlaggebend. Jedoch eröffnen sich ihnen über Preisempfehlungen und überregionale Werbung m i t solchen, über wettbewerblich notwendige lokale Preisflexibilität sowie über indirekte Möglichkeiten der Steuerung einer einheitlichen Preispolitik ausgleichende Aspekte. I n diesem Zusammenhang sei auch nochmals auf die Agentur-Verträge verwiesen 11 . I n Anlehnung an Skaupy 12 kann § 18 G W B 1 3 für eine Franchise-Vereinbarung i n der Weise verstanden bzw. ausgelegt werden, daß ein solcher Vertrag weder anmelde- noch erlaubnispflichtig, also zunächst immer „rechtswirksam ist, gleichgültig, welche Bestimmungen er i n bezug auf die Exklusivität des Vertragsgebietes, auf Bezugsbindungen des Franchisenehmers hinsichtlich der Abnahmepflicht gewisser Waren gegenüber dem Franchise-Geber, oder seiner Bindung bezüglich des Absatzes der von dem Franchisegeber erhaltenen Ware an Dritte enthält 1 4 ." I m Wege der Mißbrauchsaufsicht kann die Franchise-Vereinbarung nur dann für ungültig erklärt werden, wenn daraus eine unbillige Beschränkung des Marktzugangs anderer Unternehmungen oder eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf dem relevanten Markt resultiert. Neben der Tatsache, daß dies bei den meisten Betriebs-Franchise-Systemen i m oben definierten Sinne nicht zutrifft, kann der Franchise-Nehmer selbst sich nicht auf 18 GWB stützen. Gegebenenfalls kann nur bei Vorliegen von Knebelungsverträgen oder wucherischen Preisen, Gebühren etc. § 138 Abs. 1 und 2 B G B 1 5 und bei völliger Änderung der beim Vertragsabschluß gegebenen Geschäftsgrundlage § 242 BGB i n Anspruch nehmen. Da Betriebs-FranchiseGeber, zumindest heute, nicht marktbeherrschend sind, dürfte ein untersagbares mißbräuchliches Verhalten i m Sinne des § 22 GWB vorläufig nicht i n Betracht kommen 1 6 . Lediglich, soweit dem Franchise-Nehmer Beschränkungen i m Geschäftsverkehr auferlegt werden, die über den Inhalt von durch den 11 Siehe die Ausführungen zu den Handelsvertretern i n Abschnitt 211. u n d 221.1. 12 Vgl. Skaupy, W., Das Franchise Vertriebssystem, a.a.O., S. 182; Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 236 ff.; ferner Schüller, Α., a.a.O., S. 115 ff.; Ulmer, P., a.a.O., S. 114 ff. 13 Vgl. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), i n der Fassimg v o m 3. Januar 1966, § 18. u Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 237 f. iß Vgl. Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 237 f. ie Vgl. § 22 GWB.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

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Gesetzgeber benannten Schutzrechten hinausgehen, sind solche unter gewissen weiteren Voraussetzungen und Eingrenzungen unwirksam nach §§ 20, 21 GWB. Da schließlich nach A r t . 85 E W G V 1 7 vertikale Beschränkungen, die über die Grenzen einzelner Mitgliedsstaaten innerhalb der EWG vorgenommen werden, unter das EWG-Kartellverbot fallen, haben solche Franchise-Geber, die i n mehreren EWGLändern operieren, dieses Verbot i n zutreffenden Fällen zu berücksichtigen bzw. Freistellungen und Anmeldevorschriften zu beachten. I n einer zusammenfassenden Wertung der genannten, für die BRD geltenden gesetzlichen Beschränkungen kann und muß festgestellt werden, daß diese zwar den Verhaltensspielraum des System-Gründers bei der planerischen Gestaltung des Betriebs-Franchise-Systems i n gewissen Objektbereichen einengen, jedoch keinesfalls den Schluß zulassen, daß sie damit der Etablierung solcher Absatzorganisationen die wesentliche Grundlage entziehen.

321.2 Vorteile

und Nachteile für die Franchise-Nehmer

I n der amerikanischen Franchise-Literatur findet sich eine Vielzahl von Katalogen über die Vorteile und Nachteile, die sich dem Franchisee durch die Zusammenarbeit m i t dem Franchisor i n einem gemeinsamen System eröffnen. I m Sinne der Anreiz-Beitrags-Theorie müssen die synergetischen Vorzüge oder Anreize der Kooperation für den Franchise-Nehmer i n seiner subjektiven Bewertung größer als oder zumindest ebenso groß sein wie die Nachteile oder Beiträge, die er gewissermaßen als Gegenleistung hinzunehmen bzw. zu erbringen hat. Der Erfolg des Betriebs-Franchising i m Service-Sektor der USA, gekennzeichnet durch das Schlagwort Franchise-Boom, verdeutlicht das Ubergewicht der Vorteilhaftigkeit oder den positiven Saldo, der sich i m Durchschnitt für den kontraktnehmenden Partner ergibt. Daraus läßt sich die Schlußfolgerung ableiten, daß bei gleicher Konstellation der Vor- und Nachteile für den Betriebs-Franchisee i n der BRD und i n anderen westeuropäischen Industrieländern das Betriebs-Franchising einen potentiell großen Anreiz auf Betriebs-Franchise-Nehmer ausübt. Voraussetzung dafür ist jedoch folgendes: (1) ähnlich günstige Entwicklung der Dienstleistungsmärkte, die bereits trotz bestehender Marktzugangsbeschränkungen nachzuweisen versucht wurde, (2) gleiche Leistungen des Betriebs-Franchisors i n Umfang und Qualität an die Partner, 17 Vgl. A r t . 85 E W G V v o m 25. März 1957 (Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft [EWG]).

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3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

(3) ähnliche Werteskala, Einstellung und Verhaltensweise der Franchise-Nehmer, (4) vergleichbare Eigenkapitalverhältnisse einer breiten Bevölkerungsschicht, (5) ceteris-paribus-Annahme für den Warenbeschaffungs-, den übrigen Geld- und Kapital- sowie den Personalmarkt. Die Vorteile und Nachteile werden meistens unter implizitem Bezug auf Einzel-Franchisen m i t stationärem Standort und direkter, eigener Geschäftsführung des Franchise-Nehmers zusammengefaßt, treffen jedoch überwiegend auch für die anderen Unterarten des Betriebs-Franchising zu. Ferner werden sie i m Vergleich m i t den Alternativen einer Geschäftsgründung und -führung eines unabhängigen oder eines durch Anstellungsverhältnisse abhängigen Einzelnen genannt. Als wesentliche Vorteile und Nachteile dieses „Package Deal, das echtes Systemdenken reflektiert 1 8 ", seien nach Elimination von Überschneidungen und Wiederholungen und i n systematisierender Zusammenfassung folgende aufgeführt 1 9 : (1) Vorteile

für den Franchisee eines Dienstleistungsbetriebes:

(a) Ein „schlüsselfertiger" Betrieb m i t „wissenschaftlich" und erfahren ausgewähltem Standort sowie erprobter, akquisitorischer Ausstattung steht zur Übernahme zur Verfügung. (b) Der Franchise-Nehmer vertreibt ein erfolgreiches Sortiment und/ oder Dienstleistungsprogramm unter Schutz von Namen und Warenzeichen sowie m i t wettbewerbsgerechter, gewinnbringender Preiskalkulation. (c)Aus gemeinsamer Werbung und Großeinkauf von Anlagen, Waren, Materialien und Dienstleistungen kann erhöhter Nutzen gezogen werden. (d) Schulung, kontinuierliche Beratung und Hilfe sowie Teilnahme an zentraler Verwaltung und Beschaffungsorganisation erleichtern die Betriebsführung wesentlich. (e) Die Finanzierung w i r d unterstützt. ie Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 40. 19 Vgl. die Aufstellungen i n amerikanischen Quellen: Woll, M . u n d Lavely, D.D., Associates of Booz, A l l e n & H a m i l t o n Inc., Management Consultants, N e w Y o r k , N. Y., Franchising Retail Outlets i n the U n i t e d States, A Report to the Committee on D i s t r i b u t i o n of the U.S. Council of the International Chamber of Commerce, o. J., Section I V - 3 ; Banks, D., Franchising: The Elements of Success, A Report to the Faculty Graduate School of Business A d m i n i s t r a t i o n i n p a r t i a l f u l f i l l m e n t of the requirements for the degree of M B A , University of California, Berkeley 1969, S. 4; Seltz , D. D., Get Started, a.a.O., S. 9 f f . ; Rothenberg, Α. Μ., Franchising Opportunities and Hazards, a.a.O., S. 5 f.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

129

(f) Die Ziele Gewinn, Vermögenszuwachs, soziales Prestige etc. können zufriedenstellend erreicht werden. (g) Der Franchisee bekommt als selbständige Existenz Marktzugang trotz begrenzter Geschäftserfahrung und Kapitalausstattung bei starker Risikominderung 2 0 sowie größerer Rentabilität (als Folge aus a—e). (2) Nachteile für den Franchisee eines Dienstleistungsbetriebes: (a) Der Franchise-Nehmer erleidet einen teilweisen Verlust seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit wegen der Pflicht zur Akzeptierung detaillierter Pläne, Anweisungen und Kontrollen des Franchisors. (b) Die überregional einheitliche Konzeption und Organisation gerät i n manchen Fällen i n Konflikt mit lokalen Notwendigkeiten und Chancen des Franchisees (Preis, Dienstleistung, Werbung etc.). (c) Es besteht die Gefahr mangelnder Eignung des Franchisees selbst, falscher Wahl des Franchisors, imageschädigender benachbarter Franchisee-Kollegen, des Verlustes der Eigeninitiative sowie mangelnder Flexibilität wegen des langfristigen Vertrages. (d) Bei Erfolg des Franchise-Nehmers führt ein Motivationswandel möglicherweise von der ursprünglichen Kooperationsbereitschaft zur Unzufriedenheit und zu stärkerem Unabhängigkeitsstreben. (e) Mißtrauen und Auflehnung des Franchise-Nehmers gegen Ein20

I n seiner umfassenden Studie: „Franchising: The Odds-on Favorite" versucht J. A. Atkinson auf statistischer Grundlage nachzuweisen, daß a) die Sterbeziffer von Franchise-Betrieben i m Vergleich zu unabhängigen Einzelbetrieben i m Durchschnitt 10 Jahre nach jeweiliger Betriebseröffnung n u r 10 % gegenüber 84 % beträgt; b) der theoretische Franchise-Vorteil gegenüber Unabhängigen bei gleicher Eigenkapitalinvestition von US Dollars 30 000,—, gleichem durchschnittlichen Jahresumsatz von US Dollars 120 000,— und gleicher N e t t o - G e w i n n Quote von 23 °/o bei M u l t i p l i k a t i o n der über 10 Jahre aufgelaufenen Gewinne m i t dem Erfolgsfaktor (100% minus Sterbeziffer) sich auf US Dollars 142 687,— beläuft. Vgl. Atkinson , J. F., a.a.O. Einschränkend muß jedoch betont werden, daß es selbst bei der vorgegebenen vollkommenen Unabhängigkeit des Autors der Studie u n d bestem statistischen Können die Ergebnisse der Analyse zumindest i m Ausmaß ihres Aussagegehaltes angezweifelt werden müssen, u n d zwar u . a . aus folgenden Gründen: Erstens sind die herangezogenen Zahlenangaben teilweise selbst schon statistische, m i t Wahrscheinlichkeiten, also auch m i t Fehlermöglichkeiten behaftete Auswertungen. Zweitens stammt der übrige T e i l der Zahlen aus Primärerhebungen eines Interessenverbandes bei seinen Mitgliedern, deren freiwillige Angaben nicht nachprüfbar sind. Drittens sind diese Unterlagen n u r dem Verband und dem Untersuchenden zugänglich gewesen, also wiederum nicht nachprüfbar. Viertens werden zweckorientierte, d. h. m i t dem Wunsch besonders eklatanter Unterschiede, also w i l l k ü r l i c h ausschnittsweise Zahlen miteinander kombiniert, übertrieben u n d als repräsentativ für die Gesamtheit dargestellt. 9 Knigge

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3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

kaufspreise, Gebühren, Investitionskosten etc. beim Gefühl der Ubervorteilung treten des öfteren nach Vertragsabschluß auf. Während die Vorzüge grundsätzlich immer, mit Ausnahme hier nicht zu betrachtender betrügerischer oder leichtfertiger Franchise-Geber, für den Franchisee gegeben sind, handelt es sich bei den Nachteilen, bis auf den teilweisen Verlust der wirtschaftlichen Selbständigkeit, stets nur u m mögliche, i n der einen oder anderen Variante auftretende negative Seiten. 321.3 Bestimmungsfaktoren für bestimmte Typen des Betriebs-Franchising in der BRD I n Literatur und Praxis des Franchising w i r d bisweilen i n überschwenglicher Weise und sich oft wiederholender Prognose vom kommenden Dienstleistungszeitalter und von den oben genannten Vorteilen und Nachteilen des Franchising für Franchisor und Franchisee gesprochen. Vergleichsweise w i r d aber recht selten und m i t verstreuten einzelnen Argumenten ohne allzu starke Beweiskraft auf die sonstigen begünstigenden und die erschwerenden Bedingungen für eine schnelle Ausbreitung des Betriebs-Franchising i n der BRD und i m übrigen Westeuropa eingegangen; dies gilt vor allem i n bezug auf potentielle Franchise-Nehmer. Als positiver Ansatz zumindest ist die Fülle der amerikanischen und deutschen Dienstleistungsunternehmen anzusehen, die i n Deutschland bereits m i t den ersten Franchise-Nehmern arbeiten oder i m primären Stadium noch die Konzeption mit Testläden erproben 21 , doch kann die Situation knapp wie folgt erfaßt werden: "Franchising i n Germany is i n its infancy, . . . Some observers believe franchising is on the threshold of a rapid breakthrough i n Germany, to be followed by a steady expansion of services offered by franchised units 2 2 ." Der starke Besuch von Kursen, Seminaren und Tagungen m i t dem Thema „Franchising" unterstreicht dies. Bedeutende Beratungsfirmen führen i m Auftrag potentieller Franchisoren Gemeinschaftsuntersuchungen durch. Auch die Großauflagen des Franchise-Buches von Gross/ Skaupy sowie die bereits erfolgte Etablierung spezialisierter Franchise21 I n der B R D sind u. a. folgende Betriebs-Franchise-Systeme bereits tätig bzw. noch i n der Filialtest-Phase: 1. Die i n Abschnitt 322.26 genannten ausländischen Systeme; 2. ferner: K K B - M i e t z e n t r u m , Bremer Modell Peinemann, BOCO-Wäschedienst, M a x B a h r Holzhandlung, Kochlöffel-Grill, Montanus A k t u e l l Buchläden, Obi-do-it-yourseif, „Markise Lebensmittel-Markt", Su-Selbstfahrer-Union, Photo-Porst-Agenturen, Atomic-Center, Shoptess, SeifenPlatz. 22 US Department of Commerce (Hrsg.), Franchising i n the Federal Republic of Germany — Opportunities and Pitfalls, A p r i l 1970, S. 1.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

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Berater und Abteilungen von Unternehmensberatungsfirmen zeugen von der bereits begonnenen Beschäftigung m i t Grundsatz, Instrumenten und Techniken des Franchising in Deutschland und anderen Ländern Westeuropas. 321.31 Direktes, Einzel- und Kleinbetriebs-Franchising Das schon bei einer breiten Bevölkerungsschicht der BRD vorhandene Geld-, Forderungs-, Beteiligungs- und Immobilien-Vermögen scheint teilweise als eigenes Investitions-Kapital potentieller Franchise-Nehmer erschließbar 23 . I n diesem Zusammenhang sei nur auf die i n M i l l i a r den-Beträgen den Investment-Fonds, Bausparkassen, Lebensversicherungsgesellschaften und Immobilien-Fonds zugeflossenen M i t t e l verwiesen. Bei angespannter Arbeitsmarktlage m i t besonderer Knappheit an erfahrenem Fachpersonal, bei zurückgehender Arbeitsmoral, bei sinkendem Ruhestandsalter sowie zunehmender Freizeit steigt theoretisch die Notwendigkeit und Möglichkeit erfolgreicher Rekrutierung von Einzel-Franchise-Nehmern. Sie haben aufgrund von Eigentum und Gewinnaussichten ein stärkeres Selbstinteresse an ihrem hohen und gewissenhaften Arbeitseinsatz. Ihre fehlende Facherfahrung könnte durch Schulung und Unterstützung m i t dem übrigen „Package" des FranchiseGebers wettgemacht und ihre Ruhestands- oder Freizeit m i t sinnvoller und gewinnversprechender selbständiger Tätigkeit ausgefüllt werden 2 4 . M i t dem Strukturwandel vor allem i m Lebensmittel-, Textil- und Elektro-Handel 2 5 , aber auch i m Bereich der Fotoläden, Drogerien, Metzgereien, Gaststätten und Hotels sowie der durch Reisende ersetzten Handelsvertreter der Industrie stehen Standortverschlechterungen, Renditeminderung und/oder Geschäftsaufgabe in engem Zusammenhang. Bezüglich der dadurch potentiell freiwerdenden Ressourcen an Selbständigen und Vermögen scheint sich ein zusätzliches Reservoir möglicher Franchisees zu eröffnen. Das Potential erhöht sich weiter 23 Vgl. Howard-Woorm, J., The European Franchising Potential, i n : Franchising around the World, P a r t . I . , September 1967, S.8 u n d S. 11, Part II., October 1967, S. 12 f. Merbach, P. P., N e w Horizons for the American Franchising Industry : n Europe, ο. Ο., ο. J., S. 1—8; US Department of Commerce (Hrsg.), a.a.O., S. 1; ferner ο. V., Das Sparbuch ist die am meisten verbreitete Geldanlageform, i n : H B Nr. 132 v. 15. 7.1970, S. 13. 24 Vgl. Infratest-Industria, Vorschlag für eine Gemeinschaftsuntersuchung, Franchise-Systeme i n der BRD, Situation, Erfahrungen, Aussichten, München November 1970. 25 Vgl. W . O . (Werner Osel), Einzelhandel: W a r u m sie aufgeben, I H K Kassel untersucht den S t r u k t u r w a n d e l — Konzentration geht weiter, i n : H B Nr. 106 v. 8.6.1970, S.9; ferner Keiser, H., Betriebswirtschaftliche Analyse von Insolvenzen mittelständischer Einzelhandlungen, K ö l n u n d Opladen 1966. *

132

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

durch Einbeziehung von managementerfahrenen Angestellten und handwerklich Begabten m i t Selbständigkeitsdrang, von verwitweten Frauen und von umschulungsbedürftigen Arbeitnehmern. Diesen theoretischen Möglichkeiten stehen jedoch eine Reihe tatsächlicher und vermuteter praktischer Schwierigkeiten entgegen. Erstens ist das Betriebs-Franchising vom Begriff her sowie i n seinen wesentlichen Grundsätzen, Leistungsvorteilen und Methoden dem großen, wichtigen Franchise-Nehmer-Segment der potentiellen EigentümerManager von Einzelbetrieben zumindest i n der BRD bisher weitgehend unbekannt 2 6 . Soweit dies i n Einzelfällen nicht zutrifft, sind zweitens die relativ erfolglosen, überhasteten Expansionsversuche ausländischer Franchise-Geber i n Deutschland und die häufig auf Unseriosität der Maschinen-Verkäufer begründeten Fehlschläge von SB-Wasch- und Trockenreinigungs-Salons ein Grund für starkes Mißtrauen 27. Drittens muß i m Vergleich zu den Gegebenheiten i n den USA die Frage gestellt werden, ob nicht i n der BRD und anderen westeuropäischen Ländern zum Teil gänzlich andere psychologische, soziologische und soziale Verhältnisse herrschen. Stehen möglicherweise noch bzw. bereits Individualismus, Traditionsverhaftung, Standortverbundenheit, Berufstreue und Sozial-Versicherungsschutz der Westdeutschen dem kooperations-freundlichen Team-Geist, dem „dream of being one's own boss", der beruflichen Mobilität, dem harten Erfolgswillen, dem ausgeprägten Selbstvertrauen und der Risikobereitschaft der Amerikaner gegenüber 28 ? Aus der gewandelten Motivation, Einstellung und Verhaltensweise der privaten Verbraucher i n der BRD lassen sich zumindest keine analogen Schlüsse auf die viel kleineren und auf einer anderen Ebene liegenden Segmente der Berufstätigen ziehen. I n Anbetracht einer soldi komplexen Fragestellung mag es dahingestellt bleiben, ob es zu den notwendigen repräsentativen Aufschlüssen führt, wenn man lediglich existierende, auch ohne Franchising erfolg26 Vgl. u. a. US Department of Commerce (Hrsg.), a.a.O., S. 1, w o darauf hingewiesen w i r d „ t h a t »franchising' is an alien w o r d i n the German language, describing a way of business which is ,alien 4 to German tradition". Ebd., S. 5 : „ M a n y prospective German franchisees, however, do not really understand the fundamentals of franchising, so that much educational w o r k remains to be done." Ferner Merbach , P.P., a.a.O., S.4; vgl. ferner ο.V., W a r u m ist Franchising i m m e r noch ein Fremdwort, Dokumentation i n der L Z Nr. 42 v. 15.10.1971, S. I — I V . 2 ? Vgl. u.a. Howard-Woorm, J., a.a.O., S. 11, S. 12f.; US Department of Commerce, a.a.O., S. 1. 2 ® Vgl. Lösenbeck, H. D., Franchise-Vertriebssystem m i t Zukunft?, i n : Der V o l k s w i r t , Nr. 8 v. 26.2.1965, S. 283; Merbach, P.P., a.a.O., S. 4; Skaupy, W., Franchising — Tagung i n Brüssel, Steigendes Interesse i n Westeuropa, i n : Beratungsbrief N r . 4, v. 8. 4.1971, S. 3.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

133

reiche Einzelhändler und Inhaber von Dienstleistungs-Einzelbetrieben befragt und ansatzweise psychologisch exploriert. Diese Personen stellen sich bei den Interviews wohl mehr die Rolle von FranchiseNehmern i n umstrukturierenden (derivativen) Systemen als die von Partnern i n völlig neu zu gründenden (originären) Franchise-Organisationen vor. Dieses Problem wurde bereits i n der Diskussion über die „Annäherung der Freiwilligen Gruppen an den Typus der BetriebsFranchise-Systeme" angeschnitten. Es seien aber als Ergebnis einer derartig angelegten und i n der BRD durchgeführten Studie folgende Thesen wiedergegeben, die die Vorurteile und Widerstände vor allem bei bestehenden Lebensmittel-Einzelhändlern gegenüber dem Franchising zusammenfassen: „1. Das Wort Franchising löst Aversionen aus. 2. Franchise oder Franchising hat feminine und romanische mutungsqualität. 3. Die Neuartigkeit dubios.

des

Servicepaket-System-Angebots

An-

erscheint

4. System und freie Kaufmannschaft scheinen sich zu widersprechen. 5. Ein allgemeines Trägheitsmoment i n der Grundeinstellung der Händler verstärkt die Widerstandshaltung. 6. Das System, wenn es einmal verwirklicht ist, zwänge zum Eingeständnis der händlerischen Inkompetenz. 7. Mißtrauen besteht gegenüber der dann nötigen ständigen Revision und Kontrolle. 8. Die Lizenzgebühr w i r d bei fortgeschrittenem Stadium dem Leistungswillen hemmend gegenüberstehen. 9. Die Angst u m die Zukunftssicherung erscheint als nicht mehr kalkulierbares Risiko. 10. Systemzwänge und der Wunsch nach Eigenprofilierung treten i n Anspruchskonkurrenz. 11. Befürchtungen hinsichtlich des Verlusts der gewachsenen Autorität des einzelnen werden laut. 12. Die potentiell höhere Manager-Schicht w i r k t auf soziale Aufsteiger verunsichernd und lähmend 2 9 ." Bezüglich der Rekrutierung potentieller Franchise-Nehmer für neu zu gründende Betriebs-Franchise-Systeme scheinen folglich i n Deutschland und i n anderen Teilen Westeuropas zuvörderst zwei wesentliche allgemeine Grundlagen geschaffen werden zu müssen. 29

ο. V., W a r u m ist Franchising i m m e r noch ein Fremdwort?, Resümee eines Gesprächs der Redaktion der Lebensmittel-Zeitung m i t F. B. Neumann u n d der Prognosis-Marketing GmbH, Düsseldorf, über deren Befragungsergeb-

134

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

(1) Z u m einen könnten i n wissenschaftlicher Weise repräsentative Studien der Markt-, Meinungs- und Motivforschung unternommen werden, die Umfang und Qualität verschiedener Franchise-Segmente ermitteln. Diese Zielgruppen sind analog den Anforderungskriterien für Franchise-Nehmer zu bestimmen, die sich aus den Merkmalen des Franchising allgemein und den Merkmalsausprägungen des BetriebsFranchising, seiner Unterarten sowie aus den verschiedenen Branchen i m besonderen ergeben. Die Probleme, die dabei aufzuwerfen sind, werden nicht so sehr Fragen des Absatz-Marketing wie i m Zusammenhang m i t den Nachfragern von Dienstleistungen, sondern vielmehr solche des PersonalMarketing 30 und des Finanz-Marketing 31 sein. Es soll jedoch nicht geleugnet werden, daß dabei die i n der Absatzforschung und Absatzmarktgestaltung zur Verwendung gelangenden Methoden und Erkenntnisse i n großem Maße hier analoge Berücksichtigung finden können. Das w i r d u m so deutlicher, wenn man den Erwerb und die Nutzung von Betriebs-Franchisen begrifflich gleichsetzt m i t dem „Absatz" von „Gelegenheiten zur Arbeit und Einkommenserzielung" einerseits und von „Möglichkeiten der Kapitalanlage" andererseits. Bei letzterem vor allem t r i t t auch die Affinität zur Absatzforschung und Marktgestaltung für Investitionsgüter zutage 82 . (2) Z u m

anderen müßte, i m

Gegensatz zu d e n v i e l s e i t i g e n ,

zitierten Aufklärungsbemühungen

i n die R i c h t u n g p o t e n t i e l l e r

chise-Geber u n d G r o ß - F r a n c h i s e - N e h m e r ,

schafts-

oder

Sammelwerbung

33

und

h i n s i c h t l i c h einer

einer

breiten

bereits FranGemein-

Öffentlichkeits-

nisse zum Franchising i n der BRD, i n : Sonderbeilage der L Z v. 15.10.1971, S. I — I V , hier S. I I . 30 Siehe zu den Problemen des Personal-Marketing insbesondere folgende L i t e r a t u r : Eckardstein, D. v o n u n d Schnellinger, F., Personalmarketing i m Einzelhandel, Eine Fallstudie, B e r l i n 1971, insbesondere S. 14—20 u n d S. 39 f.; Nieschlag, R., Das Problem der Systematisierung personalpolitischer M a ß nahmen, i n : Verantwortliche Betriebsführung, Festschrift für Prof. Dr. Guido Fischer zum 70. Geburtstag, Stuttgart 1969, S. 197—209; Staudacher, F., Die Informationspolitik — E i n Instrument betrieblicher Personalpolitik, Diss. München 1969; Comelli, G., Personal-Marketing, i n : absatzwirtschaft 1970, Heft 1, S. 21—35. 31 Z u m Finanzmarketing vgl. u. a. Penzkofer, P., Marketingprobleme i m Investmentwesen — dargestellt an der Konkurrenzsituation der deutschen u n d der amerikanischen Fonds, Diss. München 1967; Cramer , J.E., M a r k e t i n g i m Bankbetrieb, 2. Aufl., F r a n k f u r t / M . 1970; Slevogt, H., M a r k e t i n g i m B a n k geschäft, i n : Die Finanzen des privaten Haushalts, Festschrift f ü r Walter Kaminsky, hrsg. v o n F r a n k Schneider, F r a n k f u r t / M . 1969, S. 190—218. 32 Siehe hierzu u. a. auch Preisig, H. R., M a r k e t i n g i n der Produktionsgüterindustrie, W i n t e r t h u r 1962; Pfeiffer, W., Absatzpolitik bei Investitionsgütern der Einzelfertigung, Stuttgart 1965. 33 Vgl. u. a. Keller , Α., Die Gemeinschaftswerbung — Wesen, A r t e n u n d betriebswirtschaftliche Bedeutung, Zürich u n d St. Gallen 1965.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

135

arbeit u auf die übrigen Zielgruppen des Franchising ein vollkommenes Versäumnis nachgeholt werden. Es fehlen weit gestreute Publikationen, Veranstaltungen, Interessenvertretungen sowie andere direkte und indirekte Kontakte, auch i m Sinne eines mehrstufigen Kommunikationsflusses* 5 > zu der großen Zahl möglicher Einzel-Franchisees, zu den Kammern, Verbänden, Fachzeitschriften, Banken, Behörden, Rundfunkund Fernsehanstalten etc. Erst wenn diese Instrumente einer gezielten Kollektivwerbung und Public-Relations-Politik i m Verbund längere Zeit informierend, motivierend, rationalisierend wirksam geworden sind, w i r d das Maß an Verständnis, Interesse und Bereitschaft geweckt sein, das für einen „Franchising-Boom" Voraussetzung ist. Bislang werden Werbung und Public Relations nur von den einzelnen Franchise-Gebern allein betrieben. 321.32 Indirektes, Gebiets- und Großbetriebs-Franchising Standen bislang bei der Beurteilung des Erfolgspotentials des Betriebs-Franchising ganz allgemein relevante Faktoren und die besonderen des direkten, Einzel- und Klein-Betriebs-Franchising i m Vordergrund der Betrachtung, so sind nun i n genereller Form Aussagen über die Aussichten des indirekten, Großbetriebs- und Gebiets-Franchising zu machen. I n den Blickpunkt rücken dabei diejenigen Einzelpersonen und Betriebe, die entweder lediglich einen größeren Kapitalbetrag anlegen wollen oder bei entsprechend großer Investition eine Mehrzahl von Betrieben gleicher A r t zu führen beabsichtigen, ohne dafür eine eigene Konzeption zu besitzen, oder die als Diversifikatoren Wachstum und/oder Sicherheit anstreben. Die Planung und die tatsächliche Entwicklung der i n Gründung befindlichen oder bereits existierenden jungen Betriebs-Franchise-Systeme scheint i n der BRD und i n anderen westeuropäischen Ländern schwerpunktartig auf die Rekrutierung derartiger Franchise-Nehmer gerichtet zu sein 36 . Neben der vergleichsweise reichlichen Verfügbarkeit von Kapital für Investitionen i n einen einzelnen Groß-Franchise-Betrieb oder i n eine Gebiets-Franchise, dürften vor allem folgende Gründe begünstigend wirken: 84 Vgl. u. a. Hundhausen, C., Public Relations — Theorie u n d Systematik, B e r l i n 1969. 35 Siehe hierzu u . a . Kate, E., Lazarsfeld, P.F., Persönlicher Einfluß u n d Meinungsbildung, München 1962; Kästing, F. u n d Wagner, L . W., Z i e l gruppenbildung nach dem Konzept des mehrstufigen Kommunikationsflusses, i n : absatzwirtschaft, Heft 5/1970, S. 39—48. 3β Als Beispiel i n der europäischen Franchise-Praxis seien folgende gen a n n t : I m Rahmen ihrer Corporation-Franchising-Konzeption hat die Uniworld Franchise Development Corp., London, den größten niederländischen Warenhauskonzern als Franchise-Nehmer f ü r j e 25 Betriebseinheiten der Orange Julius-Restaurants u n d der Multi-Copy-Sofortdruck-Center

136

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

(1) frühzeitiges Erkennen und besseres Verständnis der Notwendigkeit und Chancen des wachsenden Dienstleistungssektors und des Betriebs-Franchising bei diesen potentiellen Franchise-Nehmern; (2) günstige eigene Beziehungen und starke Stellung dieser prospektiven Franchise-Nehmer auf lokaler oder regionaler Ebene zu Behörden, Finanzierungsinstituten, Maklern etc. und durch eigene, bereits bestehende Betriebsorganisation; (3) i n vielen Fällen Besitz oder leichterer Zugang zu einer Vielzahl günstiger Standorte. Der letztgenannte Aspekt ist insofern von höchster Bedeutung vor allem für das Franchising i n Deutschland, als die standortabhängigen Betriebs-Franchise-Systeme hier auf ein minimales Angebot verfügbarer unbebauter Grundstücke i n notwendig guten Lagen, auf die Immobilienmacht der Benzin-Gesellschaften und Brauereien, auf hohe Umbaukosten, Abstandszahlungen und Mieten sowie auf einengende behördliche Bauvorschriften stoßen. Denn dieser Engpaß ist einer der ausschlaggebenden negativen Faktoren für eine schnelle Ausbreitung des Betriebs-Franchising i m Dienstleistungssektor 37 .

322. Besondere Bestimmungsfaktoren des unternehmensspezifischen Erfolgspotentials der Betriebs-Franchise-Systeme verschiedener System-Gründer

322.1 Vorbemerkung zur unternehmensspezifischen Analyse des Erfolgspotentials I m folgenden konzentriert sich die Untersuchung auf die Frage, wer i m einzelnen als zukünftiger Gründer und Träger der Planung eines gewonnen. Wimpy hat i n Frankreich den Unternehmer Jacques Borei m i t m i t etwa 50—60 Franchise-Betrieben, i n Deutschland Franchisees w i e D a l l mayr, München, u n d Zuntz' Kaffee, Berlin, Holiday Inns haben i n Bayern Otto Schnitzenbaumer, Augsburg, einen der größten Landmaschinenhändler Deutschlands, als Franchise-Nehmer für mehrere Motels geworben. A l b e r t Heijn, bedeutendster Supermarkt-Filialbetrieb i n den Niederlanden, ist Franchise-Partner des amerikanischen Gaststätten-Franchisors McDonald's. Ziel der Rekrutierungsbemühungen sind wegen ihres großen Reservoirs an guten Standorten auch die ölkonzerne m i t ihren tausendfachen Tankstellen u n d die Brauereien m i t ihren Gaststätten-Netzen. 37 Vgl. auch die Ausführungen i n Abschnitt 313.1 u n d 313.22 dieser Arbeit. Siehe ferner: Borst, G.E., Service industries see chances now to expand their distribution and marketing methods i n Germany, i n : International Commerce, June 15, 1970, S. 8—9; US Department of Commerce (Hrsg.), a.a.O., S. 3 f.; zu dieser Ansicht k a m der Verfasser nach zahlreichen Gesprächen m i t existierenden Franchise-Gebern, I m m o b i l i e n - M a k l e r n u n d Brauereien sowie während seiner Tätigkeit i n Deutschland f ü r einen Franchise-Konzern.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

137

Betriebs-Franchise-Systems i n Betracht zu ziehen ist. Dabei ist die Konstellation der internen und externen Bedingungslagen 38 und Problemgefüge der einzelnen potentiellen Franchise-Geber von besonderem Interesse für Aussagen über die Erfolgsaussichten ihrer FranchiseSysteme. Abgesehen vom prozessualen Charakter der Entscheidungsstruktur auch bei der Gründung eines Betriebs-Franchise-Systems können nach Nieschlag/Dichtl/Hörschgen damit des weiteren ebenso die Komponenten bzw. Elemente eines Ordnungs- und Denkschemas gemeint sein. Sie werden bei Gründer-Systemen von der Wertordnung (Zielsystem) der Gründer und Planungsträger, den möglichen Strategien, den allgemeinen Umweltfaktoren der Dienstleistungsbetriebe und den speziellen des Franchising sowie von der Prognose der Wirksamkeit der einzelnen Strategien repräsentiert 39 . Diese Komponenten gehen auch i m Rahmen des System-Aufbaus i n die Phase der Planung ein. der i n bezug auf den angestrebten Erfolg eine vergleichsweise größere Bedeutung als der Realisation und Kontrolle zukommt. Es muß aber die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Metaplanung als Planung der Planung und eigentlicher Planung als Objektoder Phänomenplanung des Aufbaus eines Betriebs-Franchise-Systems getroffen werden. Dabei obliegt der ersteren die Planung der Gestaltung des Planungsprozesses selbst und vor allem die Auswahl der Planungsträger 40 . Die Bestimmung der A r t und Qualität dieser Planungssubjekte beeinflußt i n höchst entscheidender Weise das Niveau der später zu realisierenden Pläne und folglich die Erfolgsträchtigkeit des zu gründenden bzw. aufzubauenden Betriebs-Franchise-Systems. Den Alternativen und Effizienzkriterien sowie dem Entscheidungsverhalten bei der Wahl dieser System-Planer w i r d zum Abschluß dieser Untersuchung deshalb besondere Beachtung gezollt werden müssen. Es würde eine zu weitgehende Vereinfachung bedeuten, wollte man von der Fiktion eines unipersonalen Entscheidungsträgers und von deren vorhandenem Betrieb, gleichgültig welcher Branche auch immer, 38 Vgl. Möhl, H., Informationssysteme i m Marketing, i n : absatzwirtschaft, 2. Novemberausgabe 1969, Heft 22, S. 9. 39 Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 72 ff. Siehe auch die allgemeine L i t e r a t u r über die Zielsysteme u n d Zielentscheidungsprozesse, u.a. insbesondere: Heinen, E., Das Zielsystem der Unternehmung, Wiesbaden 1966; Schmidt-Sudhoff, U., Unternehmerziele u n d unternehmerisches Zielsystem, Wiesbaden 1967; Wittstock, J., Elemente eines allgemeinen Z i e l systems der Unternehmung, i n : Z f B 40. Jg. (1970), Heft 12, S. 833—852; Gäfgen, G., Theorie der wirtschaftlichen Entscheidung, 2. Aufl., Tübingen 1968; Kirsch, W., Entscheidungsprozesse, Erster Band, Verhaltenswissenschaftliche Ansätze der Entscheidungstheorie, Wiesbaden 1970. 49 Vgl. Kosiol, E., Z u r Problematik der Planung i n der Unternehmung, i n : ZfB, 37. Jg. (1967), Nr. 2, S. 80 u n d S. 83.

138

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

ausgehen. Bei der klassifikatorischen und typologischen Bezeichnung von Franchise-Systemen nach der Konstellation Großhändler-Einzelhändler und Dienstleistungs-Zentrale — Dienstleistungs-Einzelbetrieb sind mit dem Großhändler oder der Zentrale lediglich die Funktionen oder Institutionen i m Absatzsystem gemeint. Nicht aber werden damit die Herkunft, die Größe, andere gleichzeitige Betätigungsfelder oder die Abhängigkeit von einem übergeordneten Planungsträger und Initiator angesprochen. Es macht i m Gegenteil einen z.B. für Zielsetzung, Planung und Realisation i n Inhalt, Vielfalt, Qualität, Kosten, Zeit, Ablauf und somit für den Erfolg ausschlaggebenden Unterschied, durch welche Kombination der Ausprägungen von vor allem folgenden entscheidungstheoretisch bestimmten Merkmalen der System-Schöpfer sich i n der Ausgangssituation, also vor dem Beginn der Gründung eines Betriebs-Franchise-Systems, kennzeichnen läßt: (1) Anzahl und Fähigkeiten der m i t allgemeinen Management-Fähigkeiten und -Erfahrungen versehenen Personen, die unternehmungsintern für die Franchise-System-Planung voll- oder teilzeitlich verfügbar sind, (2) A r t und Ausmaß der Branchenerfahrung i m zu franchisierenden Dienstleistungszweig, (3) Umfang des speziellen Franchising-Know-How, (4) A r t und Ausmaß spezieller technischer, baulicher, warenmäßiger, informationeller und personeller Betriebsausstattung, (5) Fähigkeit zur Eigen- und Fremdfinanzierung, (6) A r t der speziellen Marktsituation, (7) besondere Zielsetzung. Dieser Kriterienkatalog weist einerseits eine gewisse Ähnlichkeit m i t dem Feld der Umweltbedingungen nach Nieschlag/Dichtl/Hörschgen auf, andererseits geht er aber zum einen m i t der Nennung spezifischer Ziele darüber hinaus und ist zum anderen durch die Beschränkung auf sehr spezifische Marktsituationen eingeengt 41 . Er soll dazu dienen, die insbesondere i n den USA, aber auch i n Deutschland und den übrigen europäischen Ländern bestehenden Betriebs-Franchise-Systeme durch die i n ihrer Gründungsphase erfolgsrelevanten Bedingungen zu charakterisieren 42 und die theoretisch möglichen zukünftigen System-Schöpfer zu identifizieren. Vgl. Nieschlag, R., Dichtl., Hörschgen, H., a.a.O., S. 340—368. A u f die für verschiedene Branchen zutreffenden Datenrahmen des tertiären Sektors u n d die allgemeinen Ziele u n d Bedingungslagen des Franchising w u r d e bereits i n den K a p i t e l n 31. u n d 321. sowie i m Abschnitt 322.1 eingegangen. 42 Vgl. Kursh, H., 1962, a.a.O., S. 119 u n d S. 128 ff.; siehe ferner auch Friedländer, G., Ideen vermieten (Franchising), Unternehmerische Möglich-

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

139

322.2 Die verschiedenen Bestimmungsfaktoren bei den einzelnen System-Gründer-Typen 322.21 Einzelunternehmer E i n erster wichtiger empirischer Typus von System-Gründern ist eine einzelne Unternehmer-Persönlichkeit. Sie hat ζ. Β aufgrund einer eigenen oder übernommenen kleinen technischen oder chemischen Erfindung für die Herstellung eines vollkommen neuartigen Produkts, für eine spezielle Weiterverarbeitung oder Zubereitung einer Rohstoff- oder Halbfertigware oder für eine zeitsparende handwerkliche Dienstleistung oft durch Zufall oder Erkennen einer günstigen Gelegenheit die Basis einer rentablen kleinbetrieblichen Existenz gefunden. Oder ein solcher „Einzel-Unternehmer" hat aus winzigen Anfängen einer händlerischen, einer sonstigen kaufmännischen oder einer handwerklichen Dienstleistung eine individuelle, originelle Dienstleistungskonzeption Schritt für Schritt entwickelt. Bestehen mag sie z.B. i n einem ausgefallenen Speise- oder Getränke-Rezept, i n einer neuartigen Reparatur- oder Reinigungs-Dienstleistung oder i n einem speziell auf eine genau abgrenzbare Ziel- oder Bedürfnisträger-Gruppe zugeschnittenen Sortiment. Dieser Typus von „lone-wolf inventor", „man w i t h a mere idea w i t h a small or modest amount of capital" oder „small established business that has created a demand for its product or service because i t has something distinctive to offer" ist „ i n spite of giant corporations launched w i t h massive amounts of capital" i n den USA die Urzelle für große Franchise-Systeme gewesen, „a major reason for the smallbusiness franchise boom" 4 3 . I n sehr frühen Stadien dieser Pionierunternehmer i m Schumpeter sehen Sinne kam schon der Drang zu weiterer Expansion auf, die aber i m Sinne einer Filialisierung durch starke Begrenzung der Eigen- und Fremdfinanzierung sowie durch den Engpaß fehlender talentierter M i t arbeiter äußerst beschränkt war. Trotz mangelnden eigenen Wissens u m die Grundsätze des Franchising sowie unter Verzicht auf die — oft nicht einmal bekannte — Möglichkeit, sich die Dienste von Franchising-, Marketing- oder anderen Beratern leisten zu können, traten sie den Weg des Betriebs-Franchising an, ohne vielleicht jemals den Begriff keiten für Geschäfte ohne Kapital, i n : Der Organisator, Heft 563 Februar 1966, S. 35; Lewis, E . H . und Hancock, R. S., a.a.O., S. 17; weiter vor allem den zweiten Band von „Franchising Today", i n dem diese „Pioniere" und „selfmade men" ihre case-stories ausbreiten. Vgl. Franchising Today 1966 bis 1967, a.a.O.

« Kursh, H., 1962, a.a.O., S. 119 und S. 128 ff.

140

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

dafür gehört zu haben, „lediglich" überzeugt von ihrer Idee und deren Erfolg, mit wachem Geschäftssinn und i n zäher Aufbauarbeit. 322.22 Filialunternehmen

des

Dienstleistungssektors

Ein zweiter, praktisch hoch-relevanter Typus als Schöpfer von Betriebs-Franchise-Systemen ist i n unabhängigen Mittel- und Großfilialbetrieben 44 verschiedener Dienstleistungszweige zu erblicken. Sie mögen vor der Situation bereits relativ starker lokaler oder gar regionaler Marktdurchdringung stehen. Ausgestattet m i t langjähriger, tiefgehender und umfassender Branchenerfahrung, versehen m i t räumlich entsprechend hohem Bekanntheitsgrad ihres Namens, ihrer speziellen Sortimente oder Dienste, ihrer attraktiven Betriebsausstattung etc. befinden sich die Filialisten i n der günstigen Lage, innerhalb einer geringen Zeitspanne die Planung und Einführung der neuen Variante des Absatzsystems als Weg zur zweigleisigen, parallelen oder „dual distribution " zu bewerkstelligen. Die mögliche Zielsetzung einer Ausbreitung auf nationaler oder gar internationaler Ebene oder einer noch intensiveren örtlichen, bezirklichen oder landesweiten Repräsentanz 4 5 kann deshalb schneller, reibungsloser und damit erfolgreicher realisiert werden. Hinzu kommt, daß die mittleren oder großen Filialisten bereits über qualifizierte Fachkräfte und Einrichtungen i m Grundstücks- und Bauwesen, i m Marktforschungs-, Revisions- und übrigen Marketing- und i m Einkaufssektor sowie i m Bereich von Physical Distribution, Finanzierung, Personalwesen und automatischer Datenverarbeitung verfügen 46 . I h r Goodwill bei verschiedenen kreditgebenden Instituten, bei Behörden und Lieferanten erleichtert es ihnen i n erheblichem Maße, die bestehenden Kontakte ohne langwierige Planungen und Verhandlun44 So i n den U S A z.B. Hardee's Food System, Sheraton Corporation of America, Gamble-Skogmo, Inc., i n Deutschland Photo-Porst, Montanus A k t u e l l , Kochlöffel-Grill, Seifen-Platz. Vgl. dazu die Ausführungen i n der L i t e r a t u r : Bennet, R. E., a.a.O., S. 19 ff.; Henderson , E., a.a.O., S. 33 ff.; Gross, H. u n d Skaupy, W., a.a.O., S. 108 ff.; Gross, H., Kochlöffel-Grill i n neuer Konzeption, i n : Beratungsbrief 5/71 v. 4.2.1971, S. 13; Gross, H., Das geplante Franchise-System von Hermann Montanus, i n : H B v. 15.10.1970, S. 9; Gross, H., Filialunternehmen gleichzeitig freiwillige Ketten, i n : Beratungsbrief, Nr. 10 v. 10.3.1967, S. 6; Saalfrank, W., Franchising i m Handel — PhotoPorst geht neue Wege, i n : marktwirtschaft, 1. Jg., Heft 4, 1969, S.39ff.; o.V., Neue „Seifenplatz-Perspektive, i n : H B Nr. 68, v. 7.4.1971, S. 12. 45 Siehe auch Abschnitt 222.12 u n d die dort gemachten Anmerkungen. So z. B. auch die „Nordsee", Bremerhaven, die neben Filialen jetzt auch ein Betriebs-Franchise-System i m Fischhandel beginnt. Vgl. o.V., Fischhandel i m Franchise-System, i n : Die Tiefkühlkette, Februar 1970. 46 Vgl. i m Gegensatz, aber auch i n Ergänzung hierzu die Ausführungen, die kleine Filialbetriebe m i t wenigen Verkaufsstellen betreffen, i n A b schnitt 222.12.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

141

gen zum Aufbau und zur fortwährenden Unterstützung des BetriebsFranchise-Systems zu nützen. I m Regelfall entfällt auch die Eröffnung von Testbetrieben zum Nachweis des Erfolgs und der kapitalmäßigen und anderen Anforderungen Die bedeutende Ausnahme bilden solche Filialisten, die eine internationale Expansion anstreben und folglich auf jedem fremden nationalen Markt wegen der vielfältigen andersartigen Bedingungen über Pilot-Läden spezielle Erfahrungen zu sammeln gezwungen sind. Denn die Filialunternehmung verfügt mindestens über einige dem FranchisePrototypen i n Betriebsgröße, Standort, Angebotsstruktur und Ausstattung i n jeder Hinsicht gleichende Betriebe. So hat sie sich, soweit das noch nicht i n voll befriedigendem Maße geschehen ist und notwendig war, auf die „Paketisierung" oder Bündelung aller organisatorischen, verfahrenstechnischen, warenkundlichen und übrigen betriebswirtschaftlichen Wissensbereiche und Einrichtung informationeller, personeller, güter- und geldwirtschaftlicher A r t i n dem Umfang und i n der Hinsicht zu konzentrieren, wie es für den Aufbau und die fortlaufende Führung einer Filiale oder eines franchisierten Betriebes notwendig ist. I n gut organisierten und straff geführten Mittel- und Großfilialbetrieben ist das meist bereits der Fall, besteht darin doch u. a. die Grundlage dauerhafter Erfolge einer größeren Unternehmung. Vollkommen neue und notwendige Tatbestände sind vielmehr die Kriterien und Methoden der Rekrutierung und Selektion selbständiger Betriebsleiter und Kapitalgeber, die i n die Franchise-Betriebe investieren, sie selbst führen oder führen lassen und Einkommen darauf beziehen wollen. Ein bisher unbekanntes Feld hat das Filial-Unternehmen als zukünftiger Franchisor auch hinsichtlich der Abgeltung der einmaligen und periodischen Franchise-Geber-Leistungen zu betreten, einmal ganz abgesehen von den mit dem Betriebs-Franchising auftretenden Vertrags- und anderen Rechtsproblemen. Analog der Intension und Extension dieses Fragenkreises sowie der zeitlichen Zielsetzung zur planerischen Beantwortung ergibt sich der Bedarf an internen und/ oder externen Planungsträgern nach Zahl und fachlichem sowie managerialem Niveau. 322.23 Großhandelsunternehmen Einen dritten wesentlichen Typus von potentiellen und tatsächlichen Gründern von Betriebs-Franchise-Systemen stellen bestehende Großhandelsbetriebe verschiedenster Konsumgüterzweige dar. Ihre besondere Wettbewerbssituation besteht i n vielen Fällen i n der Bedrohung ihres gegenwärtigen Umsatzvolumens und/oder ihrer zukünftigen Wachstumschancen durch das Vordringen von Warenhäusern, Ver-

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3. Erfolgspotential d.

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brauchermärkten, Einkaufsgemeinschaften, Cash-and-Carry-Betrieben oder gar von künftigen Franchise-Systemen selbst. Auf der anderen Seite liegt die aussichtsreiche Möglichkeit, auf dem Wege des BetriebsFranchising auf der Einzelhandelsstufe zu einer beträchtlichen Erhöhung von Umsatz und damit Gewinn und Rentabilität zu gelangen, bei gleichzeitiger Steigerung des Sicherheitsniveaus 47 . Denn das Betriebs-Franchising bietet als M i t t e l dazu die Vermehrung neuer Läden, die äußerst starke Einkaufskonzentration und/oder die direkte, auf Gewinn kalkulierte Abgeltung des lückenlosen Dienstleistungsbündels oder „Full-Service", das die reine Warenbelieferung ergänzt. Je nach ihrer bisherigen Größe verfügen die Großhandelsunternehmen ähnlich wie die mittelgroßen Filialbetriebe des Handels, bereits über ein mehr oder minder umfangreiches und qualitativ hochstehendes Potential von Management, Abteilungsleitern, interner Organisationsstruktur, Gebäuden, Transport- und Datenverarbeitungseinrichtung. I h r bedeutender, für die Zukunft ausschlaggebender Engpaß befindet sich i m Marketing-Bereich, sowohl i m Mangel an Know-How und strategischer Konzeption als auch i m Fehlen der darauf fußenden internen und externen Marketing-Organisation. Er resultiert aus der relativ großen Marktferne i n „Maxime, Mitteln und Methoden" 4 8 . Grundlage und zugleich Ausfluß der Passivität des Denkens und Handelns i n diesen drei Dimensionen ist das zum Teil völlige Fehlen von Wissen und Erfahrung im Einzelhandel. Dieser Mangel bezieht sich auf die Kenntnisse nicht so sehr über ihre bisherigen Einzelhandelsund anderen Wiederverkäuferkunden, sondern vielmehr über deren Einzelhandels- oder anderer Endverkäuferstufe selbst, kurz gesagt über die Endverbraucher und die realisierten Konzeptionen der Konkurrenten ihrer Kunden 4 9 . Es scheint heute und i n Zukunft unabdingbare Voraussetzung für Erfolg i m Großhandel zu sein, dieses besonders geartete Wissen zu besitzen; unzweifelhaft ist es aber dort die Grundbedingung, wo das 47 Beispiele dafür finden sich i n den U S A u. a. bei den Butler Brothers, die die Ben F r a n k l i n Kleinkaufhäuser aufbauten, bei den ConvenienceStore-Ketten der Southland Corporation, Dallas (Texas) u n d der Convenient Food Mart , Inc., Chicago, III.; vgl. auch die Klassifikation „Stores - Retail" i n Franchise A n n u a l 1969 Edition, S. 24, die eine größere Reihe von durch Großhändler gegründeten Betriebs-Franchise-Systemen enthält. I n der BRD lassen sich Beispiele bei Max Bahr, Hamburg, i m Baustoff-Bereich, u n d bei Emil Lux, Wermelskirchen, m i t dem Obi-Do-it-yourself-System f ü r H e i m w e r k e r - u n d Hobby-Geräte finden. Vgl. ferner Gross, H., K o m m t es zu neuen Fachgeschäfts-Gründungen?, i n : H B Nr. 92 v. 14.5.1969, S . l l . 48 Diese Dreiheit von Maxime, M i t t e l u n d Methode w i r d i n der M a r k e t i n g Lehre bei Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., insbesondere S. 78 ff. herausgearbeitet. 49 Dies dürfte i n der B R D vor allem i m T e x t i l - u n d Elektro-Großhandel der F a l l sein.

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Sachziel auf den Aufbau und die Führung eines Betriebs-FranchiseSystems gerichtet ist. Der Großhandel muß sich über die Errichtung von Filialen auf der Ebene seiner Kunden selbst betätigen, u m so das differenzierte, marktnahe „Profil" gewinnen, das Know-How sammeln und die organisatorische Struktur entwickeln zu können, die es erst ermöglichen, das Franchise-Package zu planen, zu verkaufen und anzuwenden 50 . I n diesem Sinne ist auch Nieschlags Forderung zu verstehen: „Der erstarkte Handel w i l l und darf nicht mehr verlängerter A r m ' oder Erfüllungsgehilfe sein. Er muß vielmehr selbst die Initiative zur Realisierung eigener Marketing-Ideen ergreifen und sich überlegen, wie er den Markt m i t Aussicht auf Erfolg erschließen kann 5 1 ." Aus einem anderen Zusammenhang heraus stellt Nieschlag die Möglichkeiten der völligen Neugründung von Franchise-Systemen und der schrittweisen Umstrukturierung zu franchise-ähnlichen Organisationen gegenüber. Seiner Meinung nach ist „kaum anzunehmen, daß der deutsche Einzelhandel — wie gelegentlich angenommen w i r d — eine A r t Franchise-Welle erleben wird. Durch den Wandel der Händlergenossenschaften und der Freiwilligen Ketten, der i n den letzten Jahren i n Gang kam, aber noch bei weitem nicht abgeschlossen ist, w i r d das Franchising, soweit es von der Einzelhandels- oder Großhandelsstufe ausgehen könnte, gewissermaßen vorweggenommen, so daß neue Franchise-Systeme keine großen Chancen haben dürften. Dabei ist zu bedenken, daß auch i n jenen Handelszweigen, i n denen die Gruppenbildung erst spät begonnen und erst spät Bedeutung erlangt hat, die hier skizzierte Entwicklung sehr rasch durchlaufen wird, es also auch dort wohl kaum zur Errichtung von FranchiseSystemen kommen dürfte" 5 2 . Dieser Ansicht ist insofern beizupflichten, als i m Lebensmitteleinzelhandel wegen des dort herrschenden starken Gruppenwettbewerbs ein Anreiz für vollkommen neue kooperative Organisationen nicht besteht 53 . Jedoch zeigen die Ansätze und Erfolge einiger Filialisten und Versandhändler sowie anderer Initiatoren, daß z. B. i m Photohandel, i m Drogerie- und Kosmetikbereich, i m Mode-Spezialgeschäft sowie i m Buch- und Zeitschriftenhandel durchaus Marktund Gewinnpotential für Gründer-Franchise-Systeme vorhanden ist. Als Voraus50 Siehe hierzu Knigge, J., Absatzstrategie der F r e i w i l l i g e n Gruppen, a.a.O., insbesondere die Tendenzen der Filialisierung von Großhändlern Freiwilliger Ketten auf der Einzelhandelsebene, ihre Gründe u n d Grenzen, S. 93—96 u n d S. 103 f. δΐ Nieschlag, R., M a r k e t i n g als Aufgabe des Handels, i n : L Z Nr. 38 v. 20.9. 1968, S. 15. 52 Nieschlag, R., Mögliche Entwicklung i m Einzelhandel, a.a.O., S. 138 f. 53 Siehe zu dieser Frage die Ausführungen über die „Annäherung der F r e i w i l l i g e n Gruppen an den Typus der Betriebs-Franchise-Systeme" i n Abschnitt 222.22 dieser Arbeit.

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Setzungen dafür gelten jedoch bestimmte Spezialisierung, differenzierende Originalität i m übrigen absatzpolitischen Instrumentarium und/oder Hinzufügung problemlösender Dienstleistungen sowie bedarfsorientierter Branchenvermischung. I m Gegensatz zu den bereits existierenden Filialunternehmungen kann und darf sich bei den Großhandlungen die Planung des BetriebsFranchise-Systems i n der Regel nicht lediglich auf die Konzipierung des Absatzsystems für ein noch nicht vorhandenes oder nicht ausgereiftes Bündel von einmaligen und periodischen Franchise-GeberLeistungen, also nicht auf die Entwicklung eines Rekrutierungs- und Selektionsprogrammes und die entsprechende personale Organisation sowie die Package-Preispolitik beschränken. Vielmehr muß der Großhändler i n einer längeren, kostenträchtigen Phase, gleichsam auf einer davorliegenden ersten Stufe durch Planung und Entwicklung das „Rüstzeug" für erfolgreiches Betriebs-Franchising erarbeiten. I m A n schluß daran, vielleicht aber auch schon für diesen Planungsbereich, ergibt sich, ähnlich wie für den auf „duale Distribution" erweiternden Filialbetrieb, die bereits erwähnte Notwendigkeit, die besonderen Träger für die Franchising-Planung auszuwählen, zu instruieren und zu koordinieren. 322.24 Diversifizierende Unternehmen Der vierte Typus von System-Gründern w i r d repräsentiert durch eine sehr heterogene Schicht von Großfirmen. Der gemeinsame Nenner dieser meist als Konzerne benennbaren Unternehmungen läßt sich i m M i t t e l der Diversifizierung finden. M i t Bartels kann man darunter die gezielte Ausweitung des Leistungsprogramms verstehen 54 . Nieschlag/ Dichtl/Hörschgen erblicken darin die „Aufnahme bedarfsverwandter oder anderer Produkte, die zwar nur i n einem lockeren, aber dennoch sinnvollen Zusammenhang m i t dem bisherigen Tätigkeitsbereich der Unternehmung" 5 5 stehen. Diversifizierung bedeutet also nicht Differenzierung i m Sinne der Ausweitung der Produktionsprogramme und Handelssortimente, sondern „vielmehr, daß Unternehmungen auf für sie neuen Märkten tätig werden, und zwar so, daß sie Kenntnisse, Erfahrungen, Beziehungen und andere spezifische Vorteile aus ihrer bisherigen Arbeit für den neuen Bereich einsetzen, was ihnen gegenüber Konkurrenten möglicherweise zu einem bedeutenden Vorsprung verhilft" 56. 54 Vgl. Bartels, G., Diversifizierung — Die gezielte Ausweitung des L e i stungsprogramms der Unternehmung, Stuttgart 1966, insbesondere S. 9 ff.; A B K Nieschlag, a.a.O., S. 14. 55 Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 187. 56 Ebd., S. 187.

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Nach dem K r i t e r i u m der Diversifikationsrichtung kann man eine Kategorisierung i n horizontale, vertikale und laterale Diversifizierung vornehmen, wobei diese übergeordnete erste Aufgliederung sich an dem Begriff des Leistungsprogramms orientiert, das eine bestimmte Breite und Tiefe aufweist 5 7 . Nach Hansen gelangen mit der Diversifikation folgende unterschiedlichen Teilzielsetzungen zum Ausdruck: Sicherung des Wachstums, Risikostreuung, Ausweichen und Begegnen der Konkurrenz, Verminderung der Abhängigkeit von einzelnen Großabnehmern, bessere Auslastung von Fertigung und Vertrieb, Ausgleich konjunktureller und saisonaler Nachfrageschwankungen sowie Anpassung an wechselnde Kundenwünsche 58 . Eine i n den USA recht häufige vertikale Diversifizierung durch Errichtung von Betriebs-Franchise-Systemen i n Handels- oder anderen Dienstleistungszweigen geht von der Industrie aus, die z. B. als Hersteller von Nahrungsmitteln verschiedener A r t über die Gründung von Gastronomie-Ketten und deren Belieferung als nachgelagerter Stufe eine Erweiterung der Leistungstiefe vornimmt 5 9 . Man bleibt, u m mit Gross zu sprechen, material- oder produkttreu 60, sucht also neue A b nehmerkreise. Diese vertikale Diversifizierung darf aber nicht m i t der vollen vertikalen Integration verwechselt werden, bei der das W i r t schaftlichkeitsstreben mittels harmonischer Abstimmung der Produktions- und Absatzkapazitäten allein i m Vordergrund steht. Vielmehr w i l l man gleichzeitig an den i n der jeweiligen Dienstleistungsbranche 57 Diese A u f t e i l u n g findet sich bei Ansoff, H. J., Strategies for Diversification, i n : HBR, Vol.35, No. 5, 1957, S. 118f.; Heinen, E., Einführung, a.a.O., S. 150; Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H., a.a.O., S. 188 f.; Bockel, J.-J., Die A u s w a h l der Planungsmethode bei industriellen Diversifikationen durch Unternehmungserwerb, Diss., München 1971, S. 17 ff. 58 Vgl. Hansen, H. R., Diversifikation: Check-list zur A u s w a h l neuer Produkte, a.a.O., S. 26. 59 So General M i l l s m i t 6 verschiedenen Gaststätten-Systemen sowie einer Kuchenladen-Kette, die sie m i t fertigen Teigen, Zerealien, Süßwaren, Fleischprodukten, Tiefkühlfisch und Fertiggerichten versorgt. Vgl. Gross, H., Die Franchise-Systeme von General Mills, i n : Beratungsbrief Nr. 32 v. 20.8.1970, S. 7—10. Ferner gründete der britische Lebensmittel-Konzern Lyons die W i m p y - K e t t e , die sich heeute aus fast 650 Franchise-Betrieben i n der ganzen Welt, m i t stärkster Konzentration i n Großbritannien, zusammensetzt. Neben diesen Hamburger-Gaststätten hat Lyons i n jüngster Zeit auch das Eierspeisen-System „Golden-Egg" initiiert. I m Gegensatz zu diesen beiden Beispielen müssen General Foods m i t Burger Chef, Pillsbury m i t Burger King, United Fruit m i t A & W Root Beer u n d Baskin-Robbins Ice Cream sowie Consolidated Food m i t Chicken Delight gesehen werden, wo die Lebensmittelproduzenten bereits stark gewachsene Gaststätten-FranchiseSysteme über den A u f k a u f der Franchise-Geber-Firma erwarben. Vgl. u. a. eine Liste von Konzernen m i t Franchise-Systemen als Tochtergesellschaften bei Bernstein, L. M., a.a.O., S. 36. 6° Vgl. Gross, H., Neues Wirtschaftsdenken — Erfolg durch Marketing, 2. Aufl., Düsseldorf—Wien 1968, S. 7 ff.

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herrschenden günstigen Wachstums- und Gewinnchancen noch stärker teilhaben. Zwei bedeutende, vor allem i n den USA auftretende Arten von Fällen horizontaler Diversifizierung durch bestehende Betriebs-Franchise-Systeme sind zu unterscheiden. Der erste Typ läßt sich beschreiben durch das Beispiel von franchisierten amerikanischen SupermarktKetten (in den USA sind die „wholesale sponsored voluntary chains", i m Gegensatz zu den Freiwilligen Ketten i n Europa, als BetriebsFranchise-Systeme anzusehen). Sie gründen unter anderem Namen, Sortiment und Standort sowie m i t gänzlich verschiedener Betriebsgröße und Ausstattung sogenannte M i n i - M a r k t - oder Convenience-StoreSysteme 61 . Zur gleichen Unterart horizontaler Diversifizierung gehören auch die franchisierten Spezial-Gaststätten-Ketten, die neue Systeme m i t anderen Speise-Angeboten, Warenzeichen, Einrichtungen etc. schöpfen 6 2 . Denn man kann i n Anlehnung an Brockhoff sagen, daß die horizontale Diversifikation durch die Einführung solcher neuer Sortiments- und Dienstleistungsangebote gekennzeichnet ist, die i n bezug auf die zu erfüllenden Funktionen, hier die Versorgung des Verbrauchers mit Lebensmitteln bzw. Gastronomie-Diensten, m i t den bisherigen Angeboten verwandt sind 6 3 . Die Entwicklung einer diesbezüglichen Konzeption hat wiederum i n der ersten Planungsstufe zu erfolgen und kann i n Anlehnung an Gross als problem- oder kundentreues Verhalten 6 4 charakterisiert werden. Der zweite Fall „waagerechter" Ausweitung des Leistungsprogramms ist darin zu erblicken, daß die Betriebs-Franchisoren bei der Planung eines weiteren Franchise-Systems sich auf umfassende Kenntnisse, Erfahrungen und Einrichtungen sowie Mitarbeiter stützen können, u m ein neues „Package", also ein ähnliches Franchise-Dienstbündel potentiellen Franchise-Nehmern anbieten zu können 6 5 . Die Verwendung der 61 Diese Richtung schlug z.B. die Southland Corporation, Dallas (Texas) m i t ihren „7-Eleven" Convenience food stores ein. 62 So u. a. International Industries, Inc., m i t International House of Pancakes, Orange Julius of America, Copper Penny F a m i l y Coffee Shops, The Original House of Pies and W i l Wright's Ice Cream Shoppes. Vgl. I n t e r national Industries, Inc., Beverly Hills, A n n u a l Reports 1968 u n d 1969; ferner Kentucky Fried Chicken Corp., die i n jüngster Zeit auch eine Roast Beefu n d Ham-Sandwich-Kette sowie eine Fish- and Ships-System kreierte. Vgl. Elliot , R. J., Sticky Fingers? Fast Food Franchisers' Reach M a y Soon Exeed Their Grasp, i n : Barron's, 15.7.1969, S. 3. 63 Vgl. Brockhoff , Κ . , Unternehmenswachstum u n d Sortimentsänderungen, K ö l n u n d Opladen 1966, S. 46; siehe auch Freudenmann, H., a.a.O., S. 66 f. 64 Vgl. Gross, H., Neues Wirtschaftsdenken — Erfolg durch Marketing, a.a.O., S. 17 ff. 65 Siehe u. a. die Aussagen über die Franchise-Konzerne InternationalIndustries, Inc., Nationwide Industries, Inc. u n d Gamble Skogmo, Inc. i n folgenden Publikationen, abgesehen von Geschäftsberichten dieser Firmen: Hammer, A . R., Franchise Operations A r e Diversifying, i n : New Y o r k Times,

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Begriffe „Franchising-Diversifikation" und „multiples Franchising" 6e bietet sich folglich an. Der Prozeß der franchise-spezifischen Planung beinhaltet bei solchen Fällen ein erheblich geringeres Maß an Zeit, Kosten und Risiko, da man sozusagen wissenstreu 67 bleibt. Der horizontale Diversifizierungs-Typ läßt sich also weiter aufgliedern nach den Aspekten gleicher oder ähnlicher Distributionssysteme, identischer oder teilweise übereinstimmender Abnehmerkreise, ähnlicher Märkte und/oder verwandter Technologien bzw. Verfahrensweisen, die bei der Erstellung der Leistungssubstanz Anwendung finden. Hat nur der letzte Gesichtspunkt Bedeutung, wobei die Intension und Extension des Begriffes Technologie vom meist i n diesem Zusammenhang genannten, aber nicht allein darauf beschränkbaren industriellen Sektor sinngemäß auch auf die Dienstleistungszweige angewendet werden muß, so spricht man auch von einer „concentric-technology" 68 bzw. „technologischen Synchronisation" 69. Stehen hingegen bei der Diversifikation „lediglich" die identischen oder ähnlichen Absatzorganisationen und Zielgruppen i m Vordergrund, so handelt es sich u m „concentric-marketing" 7 0 oder „Marketing-Synchronisation" 7 1 . Die stärkste Form konzentrischer Diversifikation wäre bei den oben dargestellten Fällen gegeben, wenn gleichzeitig konzentrisches problemtreues Marketing und auch eine konzentrische wissenstreue Technologie Anwendung finden 7 2 . Sie ist folgendermaßen zu verstehen: Einerseits faßt man sowohl die Erstellung eines Handels- oder sonstigen Dienstleistungsangebotes für die Endverbraucher als auch die „Produktion" des Franchise-Package für die Franchise-Nehmer als auf der Basis 4.8.1968; Lapin, Α., A viable vehicle for growth, i n : Fast Food, January 1969, S. 90—96; o.V., Franchise Conglomerate, i n : The Magazine of W a l l Street, 14. 9.1968, S. 26 u n d S. 42. 66 R. Sheridan , President of Nationwide Industries, Inc., nannte es „ m u l tiple franchising concept" ; vgl. ebd., S. 26 u n d Sheridan, R., Current Trends i n Mergers and Acquisitions, i n : Franchising Today 1969, a.a.O., S. 107 f. Gross spricht von „Diversifizierung zu Multisystemen" ; vgl. Gross, Η., E i n ordnung i n Systeme. Franchising als psychologisches Problem, i n : Beratungsbrief Nr. 35 v. 10. 9.1970, S. 14. 67 Vgl. Gross, H., Neues Wirtschaftsdenken — Erfolg durch Marketing, a.a.O., S. 25 ff. es Vgl. Kitching, J., W h y do mergers miscarry?, i n : H B R Vol.45, No. 6, 1967, S. 85. 60 Vgl. G f K (Hrsg.), Das K n o w - H o w der Fusion — Grundlage u n d Technik, i n : GfK-Sonderdienst, Nr. 6, Nürnberg 1969, S.226 (Zitierweise: Fusion). 70 Vgl. Kitching, J., a.a.O., S. 85. 71 Vgl. G f K (Hrsg.), Fusion, a.a.O., S. 226. A l s Beispiel f ü r die B R D k a n n u. a. die Kundenkreditbank ( K K B ) , Düsseldorf angesehen werden, die ihrer Zielgruppe „private Haushalte" t r e u bleibt, w e n n sie i h r e m bisherigen A n gebot von K r e d i t - , Spar- u n d Versicherungsleistungen n u n ein organisatorisch getrenntes, umfangreiches Programm kurzfristiger Vermietung langlebiger K o n s u m - u n d Investitionsgüter hinzufügt. 72 Vgl. Ansoff, H. J., Corporate Strategy, a.a.O., S. 132. 10*

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von technischem und kommerziellem Wissen und Verfahren beruhend auf. Andererseits subsumiert man sowohl die m i t z. B. unterschiedlichen Lebensmittel- oder Spezialspeise-Angeboten angesprochenen ähnlichen Zielgruppen als auch die über identische Verkaufsorganisationen abgesetzten Betriebs-Franchisen unter den Begriff der Marketing-Synchronisation. Wo hingegen weder die eine noch die andere genannte Möglichkeit der Synchronisation existiert, kann von einer lateralen oder gemischten bzw. heterogenen 73 Diversifikation gesprochen werden. Jedoch soll für diesen speziellen Fall nicht die Bezeichnung „conglomerate diversification" Verwendung finden, da u. E. auch jede der vorgenannen Arten gezielter Ausweitung des Leistungsprogramms zur Bildung von konglomeraten Unternehmungen führen kann 7 4 . Die laterale Diversifizierung, also das Vorstoßen i n substantiell fremde Marktbereiche und Technologien über Betriebs-Franchising w i r d von einer Vielfalt von Unternehmungen, gleichgültig ob ihre bisherige Betätigung auf dem primären, sekundären und/oder tertiären Sektor stattfand, i m Sinne von innovatorischen Außenseitern angestrebt, die wegen mangelnder Tradition „unbelastet" sind. So dringen z. B. Unternehmungen aus Bergbau oder Schwerindustrie i n den Do-ityourself-Handel ein, beginnen Investitionsgüter-Hersteller mit A k t i v i täten i m Vermietungsgeschäft langlebiger Konsumgüter oder bauen Handelsfirmen Systeme m i t völlig verschiedenen, getrennten Sortimenten auf 7 5 . Die amerikanische Erfahrung der Diversifikation von Großfirmen durch bzw. i m Betriebs-Franchising zeigt, daß oftmals die erwähnte erste Planungsphase entweder ganz übersprungen oder stark abgekürzt wird, indem man spezifisches Branchen-Know-How mittels Aufkauf kleiner Filialunternehmungen erwirbt, die franchisiert zu werden geeignet sind. I m übrigen sind bei den Konzernen bezüglich allgemeinem Management, Bereichsspezialisten, Kapital zur Finanzierung des System-Aufbaus und Verfügbarkeit von maschinellen und organisato73

Vgl. Braun, M. H., Wege zur Bildung von Großunternehmen, Wien, New Y o r k 1968, S. 129; G f K (Hrsg.), Fusion, a.a.O., S.226. 74 Vgl. Ansoff, H. J., Corporate Strategy, a.a.O., S. 132; ferner Kitching, J., a.a.O., S. 85. 75 So baute Nationwide Industries, Chicago, die A to Ζ Rental-Kette auf. Der Handelskonzern Gamble Skogmo errichtete diverse Systeme von Haushaltswaren-Geschäften, K a u f - , Waren- u n d Discounthäusern, Supermärkten, Drugstores etc. I n Deutschland haben sich bereits bekannte Konzerne aus dem Ruhrgebiet i n f ü r sie neuen Bereichen des Handels filialisierend etabliert, Franz Hantel & Cie, Raab Karcher (Gelsenberg AG), Agros, Essen A G (Hugo Stinnes AG) u n d Babcock & Wilcox. Als Händler, der neue Handelssysteme schöpft, ist H. Eklöh zu erwähnen, der jüngst m i t der „Schotten-Drogerie" i n ein f ü r i h n neues Spezialgebiet diversifierte.

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rischen Einrichtungen beste Voraussetzungen für eine professionelle und erfolgreiche Planung gegeben. 322.25 Branchen- und Franchise-Experten Einen fünften, vorletzten Typus potentieller Schöpfer von BetriebsFranchise-Systemen repräsentieren die einzelnen Personen, die durch Tätigkeit i n einem speziellen Dienstleistungszweig oder i m BetriebsFranchising, sei es i m Anstellungs- oder Beratungsverhältnis, zu Franchising- bzw. Branchen-Experten oder zu beiden herangereift sind. Als Initiatoren i m Alleingang oder als Team sich ergänzender Fachleute vermögen sie, trotz möglichem Fehlen eines bestehenden Betriebes bzw. des notwendigen Aufbau-Kapitals, die Gründung eines BetriebsFranchising-Systems zu bewerkstelligen. 322.26 International fr anvisierende Dienstleistungsunternehmen Der letzte, vor allem i n der BRD in jüngerer Zeit i n den Blickpunkt allgemeinen Interesses gerückte und bedeutende Vertreter der SystemGründer-Typen ist die i n das Ausland „exportierende", d. h. international Betriebe franchisierende Dienstleistungs-Unternehmung 76 . I n den meisten Fällen hat sie bereits „zu Hause" nicht nur erfolgreich filialisiert, sondern langjährige, tiefgehende Erfahrungen mit einem eigenen Betriebs-Franchise-System gesammelt. Wie bereits i m Zusammenhang mit dual- oder zweigleisig operierenden Filial- und Betriebs-Franchise-Systemen angedeutet wurde, und wie sich z. B. i n Deutschland — i n vielen Fällen, zum Teil zu spät — herausgestellt hat, ist es ausnahmslos erforderlich, daß diese Firmen auf jedem nationalen Markt eine erneute, gründliche Vorbereitung treffen. Zum einen hat dies i m Hinblick auf die an die Verbraucher und Verwender abzusetzenden Dienstleistungsangebote zu geschehen. Zum anderen muß auch eine neuerliche Forschung und Entwicklung i n bezug auf die Gestaltung des Franchise-Package i n Leistungssubstanz, die Determinierung der Franchise-Zielgruppen und deren Akquisition sowie i n Franchise-Entgelt und Vertragswesen etc. vorgenommen werden. Gleiches gilt für den längeren erfolgreichen Betrieb von eigenen Filialen 7 7 . 76 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien ausländische Betriebs- F r a n chise-Systeme genannt, die i n Deutschland franchisieren oder n u r filialisieren: Avis, Hertz, Burger Chef, A & W Root Beer, Hardee's, D a i r y Queen, Kentucky Fried Chicken, Lum's, Manpower, A d i a Interim, W i m p y , Holiday Inn, Berlitz, E v e l y n Wood Dynamic Readling, Mister M i n i t , Budget Rent-aCar, Sheraton, M i n u t e Man, Dyno Rod, McDonald's, Office Overload, Sizzler Steak, Bonanza, Pizza Hut, Ramada Inn. 77 Vgl. u.a. Merbach, P.P., a.a.O., S. 1—8; Borst, G.E., a.a.O., S. 8—9; US Department of Commerce (Hrsg.), Franchising I n The Federal Republic of

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Es ist nicht beabsichtigt, an dieser Stelle bereits i n detaillierte Ausführungen überzugehen; doch sei erwähnt, daß diese internationalisierenden Unternehmungen, wenn nicht gänzlich, so aber überwiegend Planungsträger für den Aufbau der nationalen Systeme gewinnen müssen, die m i t den jeweiligen Landes- und gar Lokal Verhältnissen i n jeder Richtung vertraut sind. 322.3 Die Wahl der Planungsträger für den System-Aufbau als spezifischer Bestimmungsfaktor des Erfolgspotentials Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Qualität der Planungsträger und somit der Planung von ausschlaggebender Bedeutung für das Erfolgspotential eines Betriebs-Franchise-Systems ist, folgen nun abschließend präzisierende Ausführungen über die besonderen Entscheidungsdeterminanten der System-Gründer bei der Wahl der Planungsträger. Dabei werden präskriptive, d. h. praktisch-normative Ausagen darüber gemacht, wie mit welchen Planungsträgern alle Planungstatbestände, eingeschlossen die auf den Verbraucher und/oder Verwender gerichtete Dienstleistungskonzeption, i n bestmöglicher Weise erfaßt und gestaltet werden sollten. Hier soll von zwei idealtypischen Annahmen über die Planungsträgerschaft ausgegangen werden: Die erste besteht i n der Beauftragung externer Planungsträger, also einer Gesamtheit von außenstehenden Beratern, für alle Bereiche der Planung eines Betriebs-FranchiseSystems. Die zweite beruht auf der ausschließlichen Aufgabenerfüllung durch das eigene, interne Sozialsystem des Initiators und Gründers dieser speziellen Absatzorganisation 1 .

Germany — Opportunities and Pitfalls, a.a.O.; Lifflander, Μ . L., T h e A m e r ican Franchisor's Challenge — International Opportunities, i n : Franchising Today, Report on the F i f t h International Management Conference on F r a n chising, Lynbrook/New Y o r k 1970, S. 373—380 (Zitierweise: Franchising Today 1970); Liff lander, M. L., Franchising I n Foreign Lands, i n : Franchising A r o u n d The Worlmd, July—August 1970, S. 24—25; Sulkes, Μ . M., Franchising — A New Distribution System For The European Retail Market, Manuskript f ü r Vorträge vor Versammlungen potentieller europäischer FranchiseNehmer von U n i w o r l d Franchise Development Corp., New York, London 1970; o.V., Looking for new profits abroad, i n : Business Abroad, September 1969, Vol. 94, No. 9, S. 9—11. 1 Vgl. hierzu u. a. die Aufgabenstellung f ü r die Geschäftsleitungen u n d Stabsabteilungen i m Handel: Knigge, J., Management u n d Stabsarbeit m i t System, i n : moderner m a r k t , 1970 Heft 3, S. 25—32.

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322.31 Unternehmensexterne Planungsträger 322.311 Vorteile und Anforderungen Die Heranziehung und intensive Zusammenarbeit m i t einer Anzahl von spezialisierten Beratungsfachleuten oder einer die verschiedenen Experten i n sich integrierenden Beratungsunternehmung erscheint i n einer Vielzahl von Fällen als unabdingbare Erfolgsvoraussetzung. Das t r i f f t immer dort zu, wo Großhändler, Filialisten, vertikal und lateral diversifizierende Konzerne sowie auch international franchisierende Unternehmungen das Sachziel verfolgen, Betriebs-Franchise-Systeme aufzubauen, ohne die Zeit und das branchen- und/oder franchisespezifisch erfahrene Management und Fachpersonal dafür selbst zu besitzen oder bereitstellen zu wollen 2 . Hingegen w i r d sich eine solche Kooperation m i t externen Planungsträgern i n den Fällen erübrigen, i n denen ein di ver sifizier ender Franchise-Konzern, der über ein entsprechend qualifiziertes Führungsteam verfügt, oder Franchise- und Branchen-Fachleute selbst die Planung einer eigenen Betriebs-Franchise-Organisation vornehmen 8 . M. B. Ver Standig , Franchise Management Corporation, stellt fest: "We demand that a plan be proven before we put our know-how and money behind i t 4 . " Die American Franchise Systems fordern sogar: "Prime yardstick is not whether the product or service is good, or capable of public acceptance, but whether i t is capable of earning a l i v i n g for the franchise holder 5 ." Hingegen erwähnt Kursh: "On the other hand, some franchising experts stand prepared not only to consult but actually to assist a company without a proven plan, even if i t means starting from scratch 6 ." Eine Warnung an die Adresse kleinerer System-Gründer richtet Κ. J. Murley, indem er vom erfolglosen Bemühen einiger Firmen berichtet, die auf eigene Faust ihr Franchise-System aufzubauen beabsichtigten. "They simply took too long to get things done. They have spent thousands of dollars and 2 Darauf wiesen i n persönlichen Gesprächen namhafte Franchise- u n d Unternehmungs-Beratungsfirmen m i t Franchise-Abteilungen i n den U S A hin, w i e M i l t o n Woll von Booz, A l l e n & Hamilton, New York, D a v i d D. Seltz von Seltz Franchise Development, New York, A . J. Argyros von E. C. K . Chivers & Associates, M i a m i , Aaron Rothenberg von Aaron Rothenberg & Associates, Beverly Hills, u n d B. M . Herskee von Franchise Service and Capital Corporation, Chicago. I n d i r e k t gibt auch die große Anzahl der i m „Franchise A n n u a l 1969 Edition" aufgeführten Franchise Consultants darüber Aufschluß. Vgl. ferner Kursh, H., 1962, a.a..O., S. 137 ff. 8 Bestätigt w i r d diese Ansicht auch von Rogers Sherwood, National Franchise Reports, Chicago, i n einem Interview. 4 Z i t i e r t bei Kursh t H., 1962, a.a.O., S. 140. » Ebd., S. 142. β Ebd., S. 140.

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3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

wasted thousands of hours that could have been put to better use i n developing their own operation, thereby making this company t r u l y great. They have i n effect rebuilt a wheel that was already available to them. They spent their time becoming 'franchise consultants', .. . they should have hired a qualified franchise consultant 7 ." Wie oben angedeutet, bestehen nun zwei grundsätzliche Möglichkeiten für den System-Gründer, sich beraten zu lassen. Zum einen arbeitet er mit mehreren, jeweils auf ihr Gebiet spezialisierten selbständigen Fachleuten getrennt zusammen, z. B. in der Markt- und Motivforschung, i n der Werbung, für Public Relations, i n franchise-spezifischen Rechtsfragen, i n der elektronischen Datenverarbeitung und i m Finanzbereich. I n der Regel dürften aus der Sicht des Organisations-Schöpfers dabei jedoch, wie vor allem die amerikanische Erfahrung zeigt, hauptsächlich drei Arten von Beratern gleichzeitig i n Frage kommen: der FranchiseMarketing-Spezialist, der Rechtsberater und die Werbeagentur. Z. B. werden die komplexen franchising-spezifischen Rechtsprobleme, vor allem der Vertragsgestaltung und der Eintragung von Rechten, i n enger Zusammenarbeit m i t i m Franchising erfahrenen Rechtsanwälten zu lösen sein. Zum anderen gibt es die Möglichkeit, den gesamten externen Beitrag zur System-Planung „aus einer Handalso von einem Full-ServiceFranchise-Beratungsunternehmen zu „kaufen". So offeriert z. B. die Franchise Services and Capital Corporation, Chicago, i n ihrer Präsentations-Broschüre die Dienste ihrer diversen Departments for Real Estate, Advertising, Promotion and Public Relations, Legal Consultation, Finance and Accounting, and Market Research 8. Die Vorteile einer solch umfassenden Beratung liegen offenkundig i n der Verfügbarkeit einer breiten horizontalen Organisation von qualifizierten Fachkräften m i t großer Tiefe an Wissen und Erfahrung i n einzelnen Sachgebieten. Diese scheinen i n der Lage zu sein, einerseits jedes Detailproblem arbeitsteilig zu lösen, andererseits kooperativ i m Sinne der „crossfertilization" und der gegenseitigen interdisziplinären Ergänzung unter der koordinierenden Führung eines Teamleiters oder der Geschäftsleitung der Beratungsfirma dem Top-Management des zukünftigen Franchise-Gebers eine lückenlose Konzeption aus einem Guß anzubieten. 7 Murley, R. J., Consulting Uses i n Today's Boom, i n : Franchising Today 1969, a.a.O., S. 26 f. 6 Vgl. Franchise Services A n d Capital Corporation, Chicago, PräsentationsBroschüre für potentielle u n d existierende Franchisoren, o. J. ; ähnlich hat auch die Partake, Inc., Oakbrook/Chicago, als Franchise-Consulting-System f ü r Beratung u n d laufende Betreuung, i m Board of Directors Fachleute für 1. Forschung u n d Entwicklung, 2. Management u n d Forschungs-Koordination, 3. Planung u n d Koordination, 4. Marketing, 5. Werbung u n d Design, 6. Presse

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

153

Diese geschlossene Konzeption könnte i n Anlehnung an die Vorstellung von der optimalen Kombination der absatzpolitischen Instrumente bzw. vom Marketing-Mix auch zur Begriffsbildung „Serv'ce-FranchiseMix" oder „optimale Service-Franchise-Kombination" führen. Bei genauerer Betrachtung stellt man, wie bereits des öfteren angedeutet, allerdings fest, daß es sich aus zwei Hauptteilen zusammensetzt, die teils sukzessiv i n zwei Phasen oder Stufen (two step marketing), teils simultan erarbeitet werden müssen. Beide Teile sind miteinander eng verzahnt und voneinander i n gewissem Maße abhängig, wobei jedoch die erste Stufe oder partiale Konzeption stärkeren Einfluß auf Inhalt, Ausmaß und zeitlichen Bezug des zweiten Teils hat. Es handelt sich einerseits u m das auf die Endverbraucher bzw. -Verwender gerichtete Dienstleistungs-Programm, andererseits u m die hauptsächlich darauf aufbauenden absatzpolitischen Instrumente des Franchisors i n bezug auf die Franchise-Nehmer. Die bestmögliche Mischung des ersteren könnte, je nachdem, ob es sich u m Einzelhandels- oder übrige Dienstleistungsbetriebe handelt, „Retail-mix" bzw. „S er vice-mix" genannt werden, die optimale Kombination des letzteren hingegen „Franchise-Package " oder „Franchise-Mix". I m Zusammenhang m i t der Planung des gesamten Marketing-Mix darf jedoch nicht vergessen werden, daß die Unternehmensspitze auf engste Zusammenarbeit mit den externen Franchise-Beratern dringen muß. Dies gilt für sie selbst und, soweit vorhanden, auch für die betriebsinternen Spezialisten, die aggregiert das Gesamt des bisherigen Know-How des systemgründenden Unternehmens darstellen. Sie müssen, soweit für die Planung der Franchise-Organisation notwendig, zur Information von und zur Abstimmung m i t der Beratungsfirma zur Verfügung stehen. Die externe Beratung sollte also nicht eine einseitige, auf den Mandanten gerichtete Aktivität, sondern eine echte Diskussion zwischen zwei Partnern sein, die eine bessere Identifikation des Franchisors m i t der gemeinsam erarbeiteten Konzeption sowie als Folge davon ihre erfolgreiche spätere Realisation garantiert 9 . Der Vorteil jeder arbeitsteiligen Beratungsunternehmung gegenüber einem ausschließlich internen Planungsstab liegt weiterhin darin, daß sie außer hohen Zeitinvestitionen auch laufend Kapitalinvestitionen u n d Public Relations, 7. Personal-Auswahl u n d -Bewertung, 8. Finanzen u n d Steuern, 9. Rechtsberatung, 10. Technik u n d Schulung, 11. Kontrolle u n d Systeme, 12. Verwaltungsdienste, 13. Auslandsgeschäft. Vgl. Kursh, H., 1962, a.a.O., S. 143 ff. 9 Ausführungen i n diesem Sinne machten u. a. : M r . Manley, Dr. F. Staudacher u n d Dr. Schiefer, Top-Management-Berater der internationalen Unternehmensberatungs-Gesellschaft McKinsey, Düsseldorf, i n einem V o r trag über Top-Management-Beratung vor dem Betriebswirtschaftlichen Oberseminar von Professor Dr. Robert Nieschlag, München, Sommer-Semester 1970.

154

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

i n vergleichsweise weitaus größerem Maße i n Forschung und Entwicklung tätigen kann und muß. Diese Investitionen sollen sie i n den Stand versetzen, jederzeit dem neuesten Niveau von Wissenschaft und Praxis i n Ideenproduktion und Methodenanwendung zu entsprechen. Der Vorzug einer Beratungsfirma resultiert vor allem auch daraus, daß die Global- und Detailplanung eines Franchise-Systems für sie nicht eine einmalige, zeitlich und branchenmäßig beschränkte Aufgabe bedeutet. Vielmehr hatte sie i n der Regel die Gelegenheit, durch zahlreiche Beratungsaufträge von Firmen verschiedenster, aber auch ähnlicher Branchen, Größenordnungen, Standorte, Zielsetzungen und Ressourcen, Erfahrungen über verborgene Risiken und verdeckte, ungeahnte Chancen zu sammeln, die sie nun „gepoolt" i n den Dienst des SystemSchöpfers stellen kann. Damit verknüpft ist auch das „Voraus" der externen Planer i n bezug auf Objektivität, gewährleistet durch einen freien, unvorbelasteten, nicht „betriebsblinden" Standpunkt. Seltz zählt vier „Benefits of Using Consultants" auf: (1) "Across the Street Look"; (2) "The experience benefit of contacts w i t h many types of organizations"; (3) "Avoidance of setting up a complete internal department"; (4) "Removal of 'Drudgery Burden From Franchisor' 10 ." Nach diesen grundsätzlichen Ausführungen über die Vorteile der Zusammenarbeit des Franchisors m i t externen Franchise-Fachleuten für den erfolgreichen Aufbau des Franchise-Systems muß nun Klarheit darüber gewonnen werden, welche einzelnen Anforderungen der SystemGründer bei dieser kooperativen Planung an die Berater und sich selbst i m einzelnen zu stellen hat. So nennt einerseits G. Lippitt einige Gesichtspunkte, die bei der Auswahl des „richtigen" Consultant zu berücksichtigen sind: gesunde persönliche Vertrauensbasis, Hilfe ohne Abhängigkeitsverhältnis, klare vorherige Fixierung des Honorars, Verschwiegenheit, Vorsicht vor Alles-Wissern, Zugehörigkeit zu seriösem Berufsverband sowie Nachweis guter Referenzen 11 . Andererseits betont Seltz, daß der Franchisor das Beratungsverhältnis als ein langfristiges betrachten müßte. Er sollte nach der ersten intensiven gemeinsamen Planung i m Betreuungverhältnis bleiben, für einen nachhaltigen Erfolg „gear himself to follow through on all factors 10 Seltz , D.D., Franchise Consulting: Uses and Abuses i n Today's Boom, i n : Franchising Today 1969, a.a.O., S. 21—23. 11 Vgl. Prof. Dr. Gordon Lippitt , Psychologe, Washington, zitiert von Gross , H., Wie findet man den richtigen Berater?, i n : Beratungsbrief Nr. 25 v. 3. 7.1970, S. 9.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

155

that have been agreed upon" 1 2 . Zudem dürfte er nicht die umfassende Perspektive wegen Ungeduld, Persönlichkeits-Faktoren und ähnlicher Umstände aus den Augen verlieren und vor allem die Grundidee, die „basic philosophy nämlich die Verpflichtung zu und Hingabe an den Franchise-Nehmer und dessen Erfolg, nicht aufgeben. Ferner gelten folgende vier Typen von Franchisoren als problematisch für eine kooperative Planung und nicht geeignet für den Aufbau eines langfristig erfolgreichen Franchise-Systems: (1) The Over-Simplifying Franchisor (2) The Running-Scared Franchisor (3) The „Heavy w i t h Prosperity" Franchisor (4) The Sale of Geography Franchisor 13 . 322.312 Planungsobjekte und Kosten Die „solide", erfolgsbegründende Zusammenarbeit zwischen Franchisor und Franchise-Beratungsunternehmen jedoch läßt sich chronologisch i n folgende Phasen aufteilen 1 4 : (1) Kontaktaufnahme (First Contact) mit Klärung der Problemstellung des potentiellen Franchisors, Leistungsangebot der externen Franchise-Berater, Auftragserteilung durch den Franchise-Geber und Auftragsbestätigung durch die Franchise-Beratungsf irma ; (2) Forschung und Planung (Resarch and Development Blue Print) m i t Einführungsgespräch zwischen Franchisor und Berater, Erarbeitung eines Arbeits- und Zeitplanes, Datenerhebung i m M a r k t und Franchise-Geber-Unternehmen sowie Präsentation und Diskussion der Untersuchungsergebnisse; (3) Aufstellung und Abstimmung von Franchise-Konzeption und Detailvorschlägen (Building the Franchise Package) m i t Ergebnisauswertung, Erarbeitung von Empfehlungen, Anregung zu begrenzten Sofortmaßnahmen des Franchisors, Ausarbeitung * 2 Vgl. Seltz, D . D . , Franchise Consulting: Uses and Abuses i n Today's Boom, a.a.O., S. 19 f. 13 Vgl. Seltz, D., D., Franchise Consulting: Uses and Abuses i n Today's Boom, a.a.O., S. 20 f. 14 Grundlage dieser Phaseneinteilung bilden u . a . folgende Quellen: Rothenberg, Α. M., Franchise and M a r k e t i n g Services, Manuscript, Course No. 898.62. Session No. 9 „Franchising, Theory and M a r k e t i n g " , University of California Extension S m a l l Business Advanced Seminars, F a l l 1966; Rothenberg, A . M . , N e t w o r k p l a n for establishing a franchise operation and N e t w o r k p l a n for the start-up of a franchise operation, Beverly H i l l s 1968; Franchise Services and Capital Corporation, Chicago, Präsentations-Broschüre; Berger, R., Wer „ v e r k a u f t " Erfolg am M a r k t " , T e i l I , i n : die absatzwirtschaft, 1968, Heft 8, S. 58.

156

3. Erfolgspotential d. Schaubild

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

9: Ablaufmodell der Franchise-System-Entwicklung m i t externen Planungsträgern

Phase

I

Phase

I I

Detail-Entwicklung des Franchise-Pakets

.Forschung und G l o b a l e n t wurf für Franchisierung

1.

Entwicklungs-Planung



Checklists



Netzplan

f.

Entw.

Franchise-

2.

d.

f.

Phase

Phase

I I I I

Pflftgt-frqftptayip •

Sortiment/Dienstl. u. Preispolitik



schlüsselfertg. Ladenbau u.Standortpolitik



Werbg.,Sales



Bestands-, Einkaufs-, Rechnungs- und B e r a tungswes en



Schulung

• •

u.

Prom.,PR

Handbuch

Finanzierungsprogramm Gewinnprojektion für Franchis e-Betrieb

a 3.

Entw. d. FranchiseNehmer-Rekrutierung



Qualifik.u. Provision d.Franchisen-Verkäufer



Präsentationsprogramm f . l i n d Anwerbung von Franchis en-Verkaufern



Werbung, Sales Prom. u # PR f ü r Franchisen

V

E n t w . des E r t r a g s Svstems f . Franchisor •

Aufwands/Ertragsstrukt.



Gewinnprojektion

ν 5 φ Entw. • •

d.

Vertragswerks

Franchise-Vertrag Miet-

u.Finanzverträge

Ψ Phase

I I

Phase

I I I

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme Fortsetzung

Schaubild

Phase

9

I I I

Realisation u. Kontrolle des Franchise-Systems

Diversifikation/int.

Exp.

158

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

einer umfassenden Problemlösung für den System-Aufbau, Erstellung und Besprechung des Berichts und Gesamtentscheidung des System-Gründers ; (4) Verwirklichung des Franchise-System-Planes (Activation of Franchise Operation) m i t Zeit- und Mittelplanung, Durchführung, vorläufigem Erfolgsbericht, Diskussion und Abstimmung sowie Kontrolle und Revision; (5) Kontinuierliches Beratungs- und Betreuungsverhältnis (Continuing Relationship) zwischen Franchise-Geber und Franchise-Beratungsfirma. Zur Veranschaulichung des Inhalts und Ablaufs einer FranchiseBeratung i n der Praxis w i r d i n Schaubild 9 ein speziell für den SystemAufbau entwickeltes Modell skizziert. I n dieser Abbildung der Zusammenarbeit zwischen Franchisor und Franchise-Beratungsfirma drückt sich auch die Partizipation der externen Planungsträger an der Vollzugsplanung und Realisation des System-Aufbaus aus. Wie weit und eng sich diese Kooperation gestalten läßt, zeigt folgendes Angebot eines Franchising-Beratungsunternehmens: "We operate w i t h f u l l capabilities, both consultation and implementation, under policies agreed upon between us. Or, operate as an integral part of your corporate structure, on a management contract basis, furthermore we can set up a joint venture as a separate operating entity 1 5 ." Es liegt nicht i n der Problemstellung und Betrachtungsweise dieser Arbeit, i n detaillierter Form auf die i n Schaubild 9 dargestellten einzelnen Tatbestände und Prozeßphasen der externen Beratung eines Betriebs-Franchise-Systems einzugehen. Jedoch sei, i m Anschluß an die Erörterungen über die möglichen Arten von externen Planungsträgern, über ihre Charakteristika und Vorteile sowie über die anzustrebende Gestaltung der Zusammenarbeit m i t ihnen, eine Untersuchung der Gegenleistung des zukünftigen Franchise-Gebers, also seiner Kostenbelastung durch Beratungshonorare angestellt. I n vielen Fällen, je nach Länge, Bereich und Intensität der außerbetrieblichen Franchise-Beratung, mag das zu zahlende Honorar i n seiner absoluten Höhe groß erscheinen. Dabei bieten sich alternativ oder kombiniert mehrere Formen der Abgeltung der externen PlanungsLeistungen an. So verlangt z. B. die Franchise-Management-Corporation „that we would not take on an account unless we had an equity position i n the company" 1 6 . Kursh schreibt über den Franchise-Consultant von Nissen „Trampoline": "Mr. Sullivan's modus operandi usually is to 1δ

Franchise Services and Capital Corporation, Chicago, a.a.O. ie Kursh, H., 1962, a.a.O., S. 140.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

159

arrange his compensation on the basis of a percentage of the business he develops and some stock participation i n the company 1 7 ." Andere Beratungsfirmen verlangen hingegen ein F i x u m und teilweise zusätzlich einen Anteil an jedem „franchise fee", also der Eintrittsgebühr jedes Franchise-Nehmers bei Aufnahme i n das sich realisierende Betriebs-Franchise-System 18 . I n den genannten Fällen überwiegt also das am Erfolg der geplanten Organisation orientierte Honorar, was darin begründet liegt, daß einerseits die Franchise-Consultants i n den USA i n der überwiegenden Zahl auch den Verkauf von Franchisen, d. h. die Rekrutierung und Selektion von Franchisees übernehmen, zumindest aber daran beteiligt sind, andererseits die Berater durch diese Erfolgsbindung schon i m Stadium der System-Planung äußerst große Anstrengungen machen. I m Rahmen der Forschung und Entwicklung der Gründungsphase w i r d aber eine Kompensations-Vereinbarung m i t einem festen Honorar pro aufgewandtem Berater-Tag zuzüglich der anderen anfallenden Kosten für Reisen, Material und anderes Personal der Beratungsfirma oder eine pauschale Abgeltung eher i n Frage kommen 1 9 . Die absolute Höhe des Honorars w i r d jedoch relativiert, setzt man sie ins Verhältnis zu den später erzielten Beratungsergebnissen, oder sieht man sie als Opportunitäts- oder alternative Kosten 20 an, i m Vergleich also m i t dem Entgelt für den anderenfalls notwendigen Einsatz von internen Planungsträgern und den anteiligen sonstigen innerbetrieblichen Kosten. Der erste Aspekt läßt sich m i t der knappen Feststellung am besten treffen: „It's the performance that counts" 2 1 . Der zweite Gesichtspunkt w i r d noch deutlicher, bezieht man die Vorteile des zusätzlichen Nutzens und des Fortfalls fixer Kosten ins Kalkül, die durch die beinahe jederzeitige Abrufbereitschaft objektiver, qualifizierter und mehrschichtig erfahrener Beratungsunternehmen bewirkt werden.

17 Ebd., S. 146. iß Vgl. u.a. ebd., S. 142; ähnlich die Beratungsfirma E . C . K . Chivers & Associates, Inc., M i a m i , laut mündlicher A u s k u n f t von A . J. Argyros, Executive Vice President. 19 Vgl. Murley, R.J., a.a.O., S. 29; Berger, R., Wer „ v e r k a u f t " Erfolg am Markt?, T e i l I I I , i n : die absatzwirtschaft, 2. Maiausgabe 1968, Heft 10, S.38. 20 Vgl. Davenport, Η . J., The Economics of Enterprise, New Y o r k 1918, S. 60 ff . 21 Aaron M. Rothenberg, Franchise Management Consultant, Beverly Hills, Calif.

160

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

322.32 Unternehmensinterne Planungsträger 322.321 Vorteile Es erscheint nun aber ebenso möglich, daß die Franchisoren aus jeder Kategorie der bereits untersuchten sechs Haupttypen von SystemGründern die Planung ausschließlich intern handhaben. Jedoch immer dort, wo es sich um Franchise-Konzerne, die auf der Grundlage des konzentrischen Marketing und/oder der technologischen Synchronisation diversifizieren, oder um Experten-Teams handelt, die auf der Basis von eigenem Know-How i n Franchising, Marketing, Gewerbe, Branche, Technik und Management aufbauen, dürfte die Heranziehung einer externen Planungsgruppe nicht notwendig und auch nicht erwünscht sein. So w i r d der Franchise-Konzern einen Planungsstab mit den besten Kapazitäten aus verschiedenen Bereichen besetzen können, seien es Manager aus den einzelnen schon bestehenden, nach dem Profit-CenterPrinzip arbeitenden „Divisions" oder seien es Mitglieder der Hauptverwaltung, des „Corporate Staff" 2 2 . Das jeweils neue Branchen-, Gewerbe- und technische Wissen und Können ist man aufgrund der Finanzstärke zu „kaufen" imstande. Entweder werden hochbezahlte Fachleute aus diesem Bereich 23 eingestellt, oder, was die oft praktizierte Methode ist, man erwirbt eine kleine Filialunternehmung, deren Dienstleistungsangebot nach den bereits oben genannten Kriterien franchisierbar erscheint, und bei der sich das bisherige Management und die spezifischen Einrichtungen bestens zur Übernahme eignen 24 . Ähnlich wie bei der schnellen Expansion durch Franchising, so ist auch hier, gleichsam i n einer ersten Stufe, das Prinzip der Zeitersparnis eine Hauptdeterminante 25 . 22 Vgl. International Industries, Inc., Beverly Hills, A n n u a l Reports 1968, S. 5—7 u n d 1969, S. 18 f.; ferner Lapin, Α., A viable vehicle for growth, a.a.O., S. 90 ff. 23 So hat ζ. B. die Uniword Franchise Development Corp., London als Tochter-Gesellschaft der International Industries, Inc., USA, einen früheren Vice President der größten amerikanischen Sofort-Druck-Center-Kette für den Aufbau ihres für International Industries neuen Zweiges „ M u l t i Copy" eingesetzt. Die oberste Geschäftsleitung der europäischen A k t i v i t ä t übertrug man einem Executive Vice President m i t langjährigen Erfahrungen i m Aufbau von SB-Waschsalon-Ketten etc. 24 Diese Diversifikation durch Erwerb kleiner Filialbetriebe ist H a u p t bestandteil der Wachstums-Strategie der Konzerne Nationwide Industries, Inc., Chicago, u n d International Industries, Inc., Beverly Hills. Vgl. die A n n u a l Reports 1968 beider Firmen; ferner ο. V., Franchise Conglomerate, a.a.O., S. 26; Sheridan, R., Current Trends i n Mergers and Acquisitions, i n : Franchising Today 1969, a.a.O., S. 105; Schramm, R. W., Trends i n Mergers and Acquisitions i n Today's Conglomerate Society, i n : Franchising Today 1970, a.a.O., S. 137—147, insbesondere S. 146. 25 Unter diesem B l i c k w i n k e l sind die Ansichten von Al Lapin, Präsident von International Industries, Inc. von hohem Interesse: " I n our experience

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

161

Ein größerer Filialbetrieb hingegen w i r d sich i n der Regel auf die Existenz einer „eingespielten Mannschaft" i n der Zentrale und i n den Verkaufsstellen stützen können. So gilt es lediglich noch erfahrene Franchise-Fachleute zu beschaffen oder qualifizierte Mitglieder des bestehenden Managements für die Sonderaufgabe der Planung und Einführung des Franchise-Systems freizustellen. I m letzteren Fall müssen diese Führungskräfte mit den Grundsätzen und Methoden des BetriebsFranchising durch Schulung, Studienreisen etc. vertraut gemacht sowie m i t operationalen Zielsetzungen, Anweisungen, Kompetenzen und finanziellen Mitteln ausgestattet werden. A u f der anderen Seite versuchen des öfteren unabhängige Branchenund Franchise-Experten, soweit sie nicht über genügend eigenes Kapital und die notwendige Kreditfähigkeit verfügen, ein „joint venture" m i t finanz- oder branchenstarken Partnern einzugehen, oder umgekehrt. I n vielen Fällen bleibt man auch darauf angewiesen, m i t den knappen Kapitalressourcen äußerst sparsam umzugehen wegen drohender Illiquidität oder der Gefahr des Verlustes bisheriger Unabhängigkeit. Dabei w i r d man zudem von der Absicht geleitet, das Betriebs-Franchise-System bei gleichzeitiger Verfolgung des Wachstums- und Sicherheitszieles i n einer Schritt-für-Schritt-Entwicklung aufzubauen. Gerade die aus kleineren Anfängen systemschöpfenden Franchise-Geber finden sich i n einer Vielzahl von Fällen nicht bereit, sich durch externe Berater einen zu großen Mantel schneidern zu lassen, i n den sie erst über einen längeren Zeitraum hineinwachsen können. Jedoch verbirgt auch die Anwendung der Methode des „trial and error" die Gefahr verlustreicher Fehl- und Rückschläge. Es gilt also i m Entscheidungsprozeß zur Auswahl der Planungsträger je nach dem Zielsystem des SystemGründers abzuwägen, welchen Weg oder welche Kombination von Wegen einzuschlagen die günstigste Alternative darstellt. Hingegen bleibt, abgesehen von Franchise-Konzernen, stets ein Rest notwendiger externer Planung, sei es i n den Bereichen der Vertragsgestaltung, des Immobilienwesens, der Werbung und Public Relations, oder sei es i n der Verkaufsorganisation für den Absatz von BetriebsFranchisen. Die Full-Service-Außenberatung bei der Planung w i r d aber immer dort nicht zum Zuge kommen, wo die Franchise-Geber folgendem Katalog weiterer Determinanten das stärkere Gewicht zuyou can, w i t h money, b u y more money. Y o u r can, w i t h a good idea, b u y more money. Y o u can buy real estate. Y o u can buy advertising. Y o u can buy people, but you cannot buy time. A n d i t is this creed that has, over the years, caused us to t h i n k about management, and the providing of same, so that we were not unconsciously selling time." Lapin, Α., Current Management Problems i n Franchising, i n : Franchising Today 1969, a.a.O., S. 11. U

Knigge

162

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

messen, und zwar teilweise aus überbetonter Vorsicht und fehlender Erfahrung der externen Beratungsvorteile: (1) zu bewahrende Vertraulichkeit des Planungsvorhabens, (2) vollständiger Erhalt stungs-Know-How,

des eigenen betriebsspezifischen

Dienstlei-

(3) gänzliche Konservierung der zu erwerbenden Wissens- und Erfahrungsinhalte für eine weitere Nutzung i n der Zukunft, (4) Furcht vor Abhängigkeit von Beratern, (5) bessere Verzahnung und Vertrautheit betriebsinterner Planungsträger m i t den Denkweisen, Methoden, übrigen Mitarbeitern und Einrichtungen der systemschöpfenden Unternehmung, (6) eigene Planungsträger auch unentbehrlich für Kooperation bei hauptsächlich externer Planung sowie für die spätere Realisation und Kontrolle als Management, (7) möglicherweise schnellere, präzisere und kostengünstigere eigene Planung bei restloser Aktivierung noch brachliegender Talente und Kapazitäten, (8) ungünstige Erfahrungen m i t Beratern bei früheren Vorhaben oder bei Planungsbeginn für das Franchise-System. 322.322 Anforderungen und Methoden Verfolgt man nun weiter die Alternative der, m i t Ausnahmen i n Teilbereichen, ausschließlich betriebsinternen Planung eines BetriebsFranchise-Systems, dann stellt sich die Frage nach den Anforderungsmerkmalen, durch die sich die Planer i n sachlicher und persönlicher Hinsicht qualifizieren, bzw. qualifizieren sollten. Daraus ergeben sich unmittelbar mehrere Teilprobleme. Welcher A r t ist z. B. die Ausgangsbasis der System-Gründer, also ihre Herkunft i m beruflichen Sektor, ihre derzeitige Betriebsgröße i n Mitarbeiterzahl, Umsatz, Eigen- und Fremdkapital und Zahl der Niederlassungen, die Rechtsform ihrer Gesellschaft, ihre Beteiligungs-, Risiko- und Verantwortungsverhältnisse? Und welcher Natur ist ihre Branchenzugehörigkeit, die Qualität der obersten Führungsschicht i n Know-How und Führungsstil sowie die Dimensionen und Relationen des Zielsystems etc.? Ein Teil dieser Unterfragen wurde bereits i n den Ausführungen über die speziellen Datenrahmen der sechs Haupttypen von System-Schöpfern beantwortet 2 6 . Ein weiteres Problem, das starker Beachtung bedarf, liegt i n den Phasen, die das beabsichtigte System durchlaufen wird, m i t der Not2 « Siehe die Ausführungen über die sechs Haupttypen von System- G r ü n dern i n Abschnitt 322.2 der vorliegenden Untersuchung.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

163

wendigkeit der kontinuierlichen oder schubweisen Veränderung der Teilsysteme des Franchise-Geber-Betriebes i n den Stadien der Einführung, des Wachstums und der Reife der Betriebs-Franchise-Organisation. A l l diesen Fragen w i r d i n der internationalen Franchise-Literatur i n unterschiedlicher Weise nachgegangen oder nicht Rechnung getragen. Entweder behandelt man sie nicht bzw. klammert sie aus, oder man betrachtet die Problematik lediglich unter dem Gesichtspunkt des „first generation management " und des „second generation management" . I n den älteren Publikationen konzentriert sich das Interesse und die Methode auf die Beschreibung der i n der amerikanischen FranchisePraxis i n den fünfziger Jahren besonders relevanten unternehmerischen Einzelpersönlichkeiten, die als Pioniere aus kleinsten Anfängen und bescheidensten Verhältnissen heraus Betriebs-Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor Schritt für Schritt entwickelten 2 7 . Hingegen w i r d i n der jüngsten Zeit den Management-Problemen groß gewordener Systeme stärkste Beachtung geschenkt, insbesondere der obersten Führungsschicht und den i n Zukunft an sie gestellten Anforderungen 2 8 . Beide Seiten sollen hier kurz beleuchtet werden, u m i m Anschluß daran zu fragen, ob die eine oder bereits schon die andere A r t des Managements für den erfolgreichen Aufbau eines Betriebs-FranchiseSystems besonders geeignet ist und i n Zukunft i n den USA und i n Europa gangbar sein wird. Oder läßt sich ein Kompromiß zwischen beiden Extremen der Managementmethoden als annehmbar für die überwiegende Zahl der System-Gründungen finden? Träfe letzteres zu, so würde das bedeuten, daß einerseits Rücksicht genommen w i r d auf die Begrenzungsfaktoren oder einzuhaltende Nebenbedingungen der Realität, die i n Engpässen verschiedenster A r t z.B. i m Kosten- und Kapitalbereich zu suchen sind. Andererseits würde i n angemessener Weise der neueste, höchste Stand anwendbarer Kenntnisse und Methoden der Management-Praxis und der interdisziplinär angereicherten Marketing- und allgemeinen Betriebswirtschaftslehre i n die SystemGründung „eingebaut". I n Anlehnung an die jüngsten Untersuchungen und Auswertungen i n den USA lassen sich die Charakteristika der „alten" Gründer-Generation und der normativ zu fordernden neuen Management-Elite wie folgt zusammenfassen: (1) Die Kennzeichen der Einzelpersönlichkeiten als bisherige Manager erfolgreicher Franchisor-Unternehmen sind: 27 So z.B. Kursh, H., 1962, a.a.O.; ferner Vaughn, Ch. L. (Hrsg.), F r a n chising Today 1966—1967, a.a.O.; Vaughn, C h . L . (Hrsg.), Franchising Today 1967—1968, a.a.O. 28 Insbesondere i n den Bänden 1969 u n d 1970 des „Franchising Today". 11*

164

3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

— außergewöhnlicher „drive" und ausgeprägte Erfolgs-Motivation mit Bereitschaft zum Verzicht auf jegliche Freizeit — kreative, phantasievolle Individualität — hochentwickeltes Fingerspitzengefühl für das Richtige und Wesentliche, basierend auf Erfahrung „through trial and error" — extrem handlungs-orientierte Persönlichkeiten m i t Drang zu schnellen Entscheidungen ohne lange Vorbereitung und m i t direktem Kontakt zu den Ausführenden — keine Management-Erfahrung aus Großfirmen vor Gründung des oder Eintritt i n das Franchisor-Unternehmen 29 . A l Lapin faßt es kurz: "Our success was not created w i t h legions of scientists, technicians, computer programmers and system analysts. Our success as an industry was created by the brains, guts, daring and enormous egotism of a handful of young entrepreneurs 30 ." David Slater differenziert drei Phasen dieser „Entrepreneural Revolution" m i t jeweils charakteristischem Führungsstil: (1) Management by Accident or Opportunities "It's no secret, franchise companies were not really managed then, they just sort of happened." (2) Management by Incident 4 'Here typically, the business grew and was held together by the unusual power and ability of one man." (3) Management by Project or Operation Upgrade " B u t as the incidents were handled, the problems of tomorrow for the first time were perceived . . . 3 1 ." Ohne Zweifel werden auch i n Zukunft viele Systeme allein auf der Grundlage solcher Persönlichkeitsfaktoren und „Führungsmethoden" neu entstehen und manche darunter auch langfristig erfolgreich sein, allerdings dann unter der Voraussetzung, daß zum richtigen Zeitpunkt die Notwendigkeiten einer „planned organizational change" 32 erkannt und entsprechende Maßnahmen getroffen werden. (2) So früh wie möglich, spätestens aber bei der Erreichung der Reifephase, wo die Hinzufügung neuer Franchise-Betriebe allein nicht 2 9 Vgl. u. a. Pomroy, J. F., Special Problems i n Structuring and Developing the Management Organization of the Franchisor F i r m , i n : Franchising Today 1970, a.a.O., S. 15. so Lapin, Α., Current Management Problems i n Franchising, i n : F r a n chising Today 1969, a.a.O., S. 12. 31 Slater, D . B . , Opening Statement, i n : Franchising Today 1970, a.a.O., S. 6 f. 32 Vgl. dazu Dienstbach , Η., Die Anpassung der Unternehmensorganisation, Z u r betriebswirtschaftlichen Bedeutung der Konzeption der „Planned Organizational Change", Diss. München 1968.

32. Erfolgspotential der Betriebs-Franchise-Systeme

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mehr die Garantie für Wachstum und Sicherheit des Franchisors bietet, hat eine neue Gewichtung der Ziele und des Mittelansatzes zu erfolgen. Es muß jetzt ein zweiter Schwerpunkt auf die Optimierung der betrieblichen Produktivität und Rentabilität sowohl der Franchisor-Zentrale als auch der bestehenden Franchisee-Betriebe gesetzt werden 3 3 . " I t is the second phase of this objective which poses the challenge to the management of franchising companies, for i t w i l l require the utilization of all available modern management knowhow 3 4 ." "The dynamic 'individualistic' management style of the first generation entrepreneur must be blended w i t h the second generation executives 1 expertise i n organizational development, effective delegation, long range planning, profit center orientation, and the utilization of computerized management information systems 35 ." Voraussetzung für die Einführung und Anwendung dieser Management-Methoden und -Techniken schon i n der Gründungsphase des Betriebs-Franchise-Systems ist zum größten Teil die Rekrutierung entsprechender Talente. Diese müssen neben hoher Intelligenz, ausgeprägter Individualität. Entscheidungsgeschwindigkeit und physischer und psychischer Belastbarkeit die Palette hochentwickelter, wissenschaftlich fundierter Führungsinstrumente oder „the f u l l range of sophisticated management tools" beherrschen, entweder als Experten auf einem Spezialgebiet oder als „management generalists overall" 3 6 . Entsprechend der geforderten Qualifikation werden die i n der Regel von außerhalb des Gründer-Unternehmens beschafften Führungskräfte relativ jung sein müssen, sind doch Flexibilität und Mobilität, Innovation und Kreativität sowie Leistungswille und Vertrautsein m i t jüngsten wissenschaftlichen Kenntnissen und Methoden i n starkem Maße auch eine Frage des Alters. Es w i r d sichtbar, daß i n der oben angestellten Diskussion über externe Berater einerseits und über interne Planungsträger andererseits teilweise Widersprüche enthalten sind, d.h. zum Teil die gleichen Argumente von Vorteilen und Nachteilen für die alternative Trägerschaft bei der Planung geltend gemacht werden. Die Erklärung liegt darin begründet, daß bei der Vielzahl der Entscheidungssituationen der Realität sowohl die objektiven Bedingungslagen als auch die subjekti33 Vgl. u.a. Emmons, R . J . u n d Roeder, R.E., New Management for the Franchise Industry, i n : Personnel Journal, June 1969, S. 440—444 u n d S. 480; Oxenfeldt, A. R. u n d Thompson, D. N., a.a.O., S. 12. 3 * Emmons, R. J., The Second Generation Franchise Executive, i n : F r a n chising Today 1970, a.a.O., S. 35. 35 Ebd. 36 Vgl. auch Lapin, Α., Current Management Problems i n Franchising, a.a.O., S. 13; Emmons, R . J . u n d Roeder, R. E., New Management for the Franchise Industry, a.a.O., S. 440—444.

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3. Erfolgspotential d.

ranchise-Systeme i m Dienstleistungssektor

ven Werturteile und Wirkungsprognosen stark variieren. Des weiteren war von den Extremen der alternativen, ausschließlich internen oder externen Planung ausgegangen worden. I n der Praxis bietet sich häufig eine Kombination beider Planungsträger-Arten an, die die Wahrnehmung der spezifischen jeweiligen Vorteile bzw. die Handhabung komplementärer M i t t e l zur Zielverwirklichung erlaubt 3 7 . Abschließend sei die globale Empfehlung gemacht, daß die Auswahl der Planungsträger durch den System-Gründer selbst Tatbestand eines Planungsprozesses bilden sollte, der als Teil einer umfassenderen Meta-Planung Z8 dem eigentlichen Planungsprozeß des Betriebs-Franchise-Systems vorgeschaltet sein muß. Ferner läßt sich an die SystemSchöpfer nur die generelle Forderung richten, sich möglichst weitgehend durch Informationsgewinnung und Nachdenken über ihre Bedingungslage, ihre Zielsetzung und die verfügbaren Alternativen von Planungsträgern Klarheit zu verschaffen über die für sie jeweilig speziell optimale Kombination von Planungssubjekten; denn m i t dieser Wahl w i r d gleichzeitig auch die Entscheidung über die bestmöglichen Modelle, Methoden und Techniken der Planung für ein möglichst hohes Erfolgspotential ihres Betriebs-Franchise-Systems getroffen.

37 Kosiol, E., Z u r Problematik der Planung i n der Unternehmung, a.a.O., S. 80 u n d S. 83. 38 Vgl. Abschnitt 322.1. dieser Arbeit.

4. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit bestand i n der Gewinnung materialer Erkenntnisse und i n der Entwicklung eines formalen Bezugssystems zum besseren Verständnis der Erscheinungsformen der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor und derjenigen Bestimmungsfaktoren, die das Erfolgspotential solcher Organisationen begründen, vergrößern und auch begrenzen. Zur Verwirklichung dieses Zieles wurde die Gesamtaufgabe i n zwei sich ergänzende Teilaufgaben zerlegt: i n die typologische Untersuchung der Franchise-Systeme i m Dienstleistungssektor einerseits und in die Analyse von deren Erfolgsdeterminanten andererseits. Die erste Hauptaufgabe wurde auf dem Wege begrifflicher Definition und typologischer Differenzierung und Einordnung zu lösen versucht, und zwar i n drei Schritten. (1) I m ersten Schritt wurde das Franchising i n seinen verschiedenen Erscheinungsformen selbst analysiert. Als die wesentlichen Ergebnisse daraus können erachtet werden: Es wurde eine theoretisch und praktisch möglichst verwendbare Definition des allgemeinen FranchisingBegriffs vorgeschlagen. Weiterhin scheint das hier entwickelte Schema eindimensionaler Partial-Typen als Grundlage für eine mehrdimensionale Differenzierung der empirisch feststellbaren und theoretisch konstruierbaren Typen von Franchise-Systemen geeignet. Der Typus