Forschungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen, m. CD-ROM: Mit diesem, drei weiteren Bänden Herbert Kühnerts zur Geschichte der Firma Schott aus den Jahren 1946 bis 1957 und Gesamtregister auf CD-ROM 9783412209100, 3412209104

Die Edition veröffentlicht Quellen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen sowie unveröffentlichte Man

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Forschungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen, m. CD-ROM: Mit diesem, drei weiteren Bänden Herbert Kühnerts zur Geschichte der Firma Schott aus den Jahren 1946 bis 1957 und Gesamtregister auf CD-ROM
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Herbert Kühnert Forschungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen

Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen Große Reihe Band 20

Herbert Kühnert

Forschungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen Aus dem Nachlass herausgegeben von Volker Wahl unter Mitarbeit von Vera Faßhauer, Ute Leonhardt und Ernst Werner

2012 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung durch das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und der SCHOTT AG

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: „Glassschmelzerei-Anlage“ des Jenaer Glaswerks von 1886. In: Der Übergang zur industriellen Produktion (Von der Versuchshütte zum ersten Produktionsverzeichnis) 1884-1886, bearbeitet von Herbert Kühnert, Jena 1957, nach S. 246.

© 2012 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Wien Köln Weimar Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-20910-0

1. Geleitwort der Historischen Kommission für Thüringen Von dem Landes- und Wirtschaftshistoriker Herbert Kühnert (1887–1970), der fast sein ganzes Berufslebens im Schuldienst zubrachte, liegen mit dem „Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte“ sowie seinen Editionen zum Briefwechsel zwischen Ernst Abbe und Otto Schott über das optische Glas und zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen gewichtige historische Grundlagenwerke für eine der bedeutendsten Glasregionen Mitteleuropas vor. Das 1934 edierte Urkundenbuch war dem aus Witten stammenden genialen Glaschemiker Otto Schott (1851–1935) zum fünfzigjährigen Jubiläum seiner 1884 in der Universitätsstadt Jena erfolgten Gründung eines der wichtigsten deutschen Glaswerke für wissenschaftliches und Gebrauchsglas gewidmet. Als das Urkundenbuch 1973 auf Anregung von Erich Schott (1891–1989), dem Sohn des Gründers, als Reprint erneut aufgelegt und mit weiteren Aufsätzen zur glastechnischen Geschichte ergänzt wurde, konnte Herbert Kühnert zu Recht als „Altmeister der Archivforschung zur deutschen Glashüttengeschichte“ gefeiert werden. Diese ehrenvolle Bezeichnung ist ihm auch für sein verdienstvolles Wirken bei der Erforschung der Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen in den ersten Jahrzehnten seit Gründung einer Glashütte für optische und andere wissenschaftliche Zwecke 1882 bis in die Anfangsjahre des Ersten Weltkrieges 1914/15 zuzubilligen. Mit seinen schon vor 1934 begonnenen wissenschaftlichen Arbeiten im Jenaer Glaswerk und dem ihm nach Otto Schotts Ableben 1935 erteilten Auftrag, dessen Nachlass zu sichten und zu ordnen, legte er den Grundstock für das Unternehmensarchiv und für den Beginn der systematischen Erforschung der Werksgeschichte. Erst als er 1950 aus dem Schuldienst in Rudolstadt ausschied, wurde er als Archivar im Hauptamt wissenschaftlicher Mitarbeiter des Glaswerks Schott & Genossen in Jena, das mittlerweile enteignet war und nunmehr als ein „Volkseigener Betrieb“ weitergeführt wurde. Nach seinem Ausscheiden aus dem Archivdienst Ende 1953 arbeitete er aber im Ruhestand weiter an der Geschichte des Jenaer Glaswerks. Dieser Aufgabe hatte sich Herbert Kühnert seit seiner nebenamtlichen Tätigkeit in dem im Aufbau befindlichen Otto Schott-Archiv verschrieben. Seine Interessen für wirtschaftsgeschichtliche Forschungsarbeiten reichten hingegen bis in die 1920er Jahre zurück und wurden bereits seit 1927 auch von Otto Schott und der Geschäftsleitung des Glaswerkes finanziell unterstützt. Nach dem Abschluss von „archivalischen Forschungen zur Geschichte der Thüringischen Montanindustrie“ konzentrierte sich seine wissenschaftliche Tätigkeit in den 1930er Jahren immer mehr auf die Jenaer Wissenschafts- und Wirtschaftsgeschichte. Am 24. Mai 1941 hielt Kühnert auf dem Thüringischen Archivtag in Weimar ein Referat über das Schott-Archiv in Jena und gab damit erstmals einen näheren Einblick in dieses historische Quellenreservoir zur Geschichte der Jenaer Glasindustrie. Die Edition des Briefwechsels zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas wurde bereits 1942 als Kommissionsaufgabe in die von Willy Flach, dem Direktor der Thüringischen Staatsarchive in Weimar, geleitete „Thüringische Historische

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Kommission“ übernommen. Der Regierungs- und Studienrat Herbert Kühnert gehörte seit ihrer Gründung 1937 zu deren Ordentlichen Mitgliedern. Im Tätigkeitsbericht der „Thüringischen Historischen Kommission“ für 1942/43 wird erstmals in der Reihe der Kommissionsunternehmungen mit der Herausgabe des Briefwechsels zwischen Ernst Abbe und Otto Schott von 1879 bis 1881 über das optische Glas „ein für die neuere Wirtschaftsgeschichte und die Wissenschaftsgeschichte sehr bedeutendes Werk“ als Editionsaufgabe genannt. Sie wurde von Erich Schott als Vertreter der Geschäftsleitung des Jenaer Glaswerkes von Anbeginn gefördert. Die in den Band aufzunehmenden Briefe wurden „als klassische Dokumente für die Begründung der modernen Wissenschaft vom optischen Glas“ bezeichnet. Damit begann das editorische Unternehmen, das bei Herbert Kühnert in den besten Händen lag, ihn mehr als zwei Jahrzehnte intensiv beanspruchte und von ihm – allerdings ohne sein Verschulden – unvollendet hinterlassen werden musste. Das Editionswerk hatte bei seinen Anfängen vor 70 Jahren noch nicht erkennen lassen, wie es sich entwickeln würde, vor allem wie die zeitgeschichtlichen Konjunkturen und die politischen und ideologischen Implikationen unter den Zensurbedingungen der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR auf die einzelnen Veröffentlichungen eingewirkt haben. Das gilt auch für die „Thüringische Historische Kommission“ als Auftraggeberin, die nach dem Ende des Dritten Reiches nur noch in der Person ihres Vorsitzenden, Willy Flach, und der von ihm weiterhin im Gustav Fischer Verlag Jena herausgegebenen Schriftenreihe „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ existierte, bis dieser 1958 die DDR verließ und kurze Zeit später unter tragischen Umständen verstarb. So konnte nach Kriegsende zunächst der Briefband über das optische Glas erscheinen, dem zwei Teilbände zur Geschichte des Jenaer Glaswerks folgten. Der im Manuskript bereits 1959 abgeschlossene dritte Teilband wurde nicht mehr zum Druck zugelassen. In den „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ erschienen unter der Herausgeberschaft von Willy Flach für diese Schriftenreihe und bearbeitet von Herbert Kühnert 1946 (tatsächlich erschienen 1948) [als Band II]: Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879–1881; 1953 [als Band III]: Briefe und Dokumente zur Geschichte des Volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, I. Teil: Die Wissenschaftliche Grundlegung (Glastechnisches Laboratorium und Versuchsglashütte) 1882–1884; 1957 [als Band VI]: Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, II. Teil: Der Übergang zur industriellen Produktion (Von der Versuchsglashütte zum 1. Produktionsverzeichnis) 1884–1886. Nach einem vor der Edition der „Briefe und Dokumente“ aufgestellten Veröffentlichungsplan von 1949 sollte den beiden ersten Teilbänden für die Jahre 1882 bis 1886 ein dritter Teil bis 1950 folgen: „Wissenschaft und Produktion im modernen Großbetrieb. Vom Stiftungsbetrieb zum volkseigenen Betrieb (1886–1950)“. Diese zeitliche Begrenzung wurde später fallen gelassen. Nach dem Geleitwort des Herausgebers für den zweiten Teilband von 1957 waren nunmehr zwei weitere Teile beabsichtigt. Der dritte Teil

GELEITWORT

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sollte die historische Entwicklung bis 1914 verfolgen, ein vierter sollte die Werkgeschichte bis zur Enteignung nach 1945 umfassen. Dies konnte nicht verwirklicht werden. Aber auch die ursprünglich geplante Gesamtedition der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerk Schott & Genossen“ wurde nicht vollendet. Herbert Kühnert hat den Teilband III für die Jahre 1886 bis 1914 aufgrund von Forderungen zur Überarbeitung der Einleitung erst 1962 abschließen können. Nach dem Ableben von Willy Flach als Herausgeber der „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ lag die Bereitschaft von dessen Nachfolger im Thüringischen Landeshauptarchiv, Hans Eberhardt, vor, die Kommissions-Schriftenreihe mit dem III. Teil der Edition von Herbert Kühnert fortzuführen. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen, da es nunmehr seitens des VEB Gustav Fischer Verlag und auch des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen ideologische Vorbehalte gegen dessen Darstellung der Entwicklungsgeschichte des Glaswerkes bis zum Ersten Weltkrieg gab, die ihren Ausgangspunkt in doktrinären Forderungen nach marxistischer Geschichtsinterpretation hatten, denen der Verfasser nicht folgen konnte und wollte. Die heutige „Historische Kommission für Thüringen“ sieht es als Verpflichtung an, das Werk von Herbert Kühnert abzuschließen und den durch die politischen Verhältnisse in der DDR diskreditierten untadeligen thüringischen Landes-, Wissenschafts- und Wirtschaftshistoriker wissenschaftlich zu rehabilitieren. Willy Flach hat 1955 in seinem Gutachten zum II. Teil geschrieben: „Das vorgelegte Werk von Dr. Kühnert ist nicht nur ein unentbehrlicher Baustein zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes und damit zugleich zur Geschichte des Zeißwerkes in Jena. Es ist vielmehr in gleichem Maße ein hervorragender Beitrag zur Geschichte der Wissenschaft und der Wirtschaft im Ausgang des 19. Jahrhunderts.“ Diese Aussage gilt gleichermaßen für den ungedruckt gebliebenen dritten Teilband, der die Werksgeschichte bis 1914 beinhaltet. Aus dem nachgelassenen Manuskript der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerk Schott & Genossen“ werden nunmehr wesentliche Teile dieses Werkes in den „Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen“ (Große Reihe) ediert. In diese Verpflichtung sah sich auch das SCHOTT Archiv Jena gestellt, das die von der „Historischen Kommission für Thüringen“ angeregte Edition bereitwillig unterstützte. Gleiches gilt für das Thüringische Staatsarchiv Rudolstadt, das den schriftlichen Nachlass von Herbert Kühnert verwahrt. Das Thüringische Hauptstaatsarchiv Weimar stellte die Archivalien der „Thüringischen Historischen Kommission“ und des Bestandes Gustav Fischer Verlag Jena zur Verfügung. Bei der genauen Überprüfung der überlieferten Manuskripte und des dazugehörigen Materials musste allerdings festgestellt werden, dass für den beabsichtigten III. Teil der „Briefe und Dokumente“ der eigentliche Editionsteil nicht vollständig erhalten ist und aus den überlieferten Manuskriptteilen auch nicht rekonstruiert werden kann. Zudem sind heute andere Maßstäbe an eine solche Quellenedition zu stellen. Außerdem musste davon ausgegangen werden, dass längst nicht alle für diesen Zeitraum wichtigen und repräsentativen Dokumente erfasst waren. Die Herausgeber sind deshalb übereingekommen, im Abschlussband des Werkes auf die Edition der seinerzeit ausgewählten Briefe und Dokumente von 1886 bis 1914 zu verzichten. Das bedeutet, dass dieser projektierte neue Band unter einem veränderten Titel erscheint und ein anderes Profil erhalten hat. Er ist aber weiterhin als nunmehriger

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Abschluss dieses früheren Editionsprojektes der „Thüringischen Historischen Kommission“ zu betrachten. Mit diesem Band in den „Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen“ (Große Reihe), in dem neben den beiden überlieferten Fassungen der Einleitung, die in unterschiedlicher Verdichtung jeweils einen kompletten Abriss der Geschichte des Glaswerks von 1886 bis 1914/15 bieten, auch die 1949 erschienene Druckschrift „Die kulturelle Bedeutung der Jenaer Glasindustrie“ enthalten ist, wird das wissenschaftliche Werk von Herbert Kühnert wieder in das Gedächtnis der Nachwelt gerufen. Durch die Aufnahme von dessen Niederschrift über das Schicksal seines ungedruckt gebliebenen Manuskriptes – seines Forschungsberichtes „Habent sua fata libelli“ von 1963 – und durch die vom Herausgeber beigefügte Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte zum Gesamtwerk wird zugleich ein wichtiger Forschungsbeitrag für die Wissenschaftsgeschichte nach 1945 geleistet. Die „Historische Kommission für Thüringen“ hat sich dazu entschlossen, dem in den „Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen“ herausgegebenen Abschlussband die drei zwischen 1946/48 und 1957 erschienenen Druckbände als digitalen Reprint auf CD-ROM beizufügen und somit die damals im Gustav Fischer Verlag Jena veröffentlichten Bücher für die Wissenschaft geschlossen zugänglich zu machen. Dies konnte in Verbindung mit dem Digitalisierungsprogramm der Thüringischen Universitäts- und Landesbibliothek Jena bewältigt werden. Außerdem wurden – was bisher nicht geschehen ist – die Einzelbände durch ein Gesamtregister erschlossen, das sowohl gedruckt als auch in digitalisierter Form vorgelegt wird. Die „Historische Kommission für Thüringen“ sagt allen, die am Zustandekommen dieses Buches beteiligt waren, herzlichen Dank. Das gilt in erster Linie für den Herausgeber, Staatsarchivdirektor a. D. Prof. Dr. Volker Wahl, der die Idee dazu hatte und die eigentliche Editionsarbeit leistete. Für die Mitarbeit bei der Erarbeitung der Register ist Vera Faßhauer (für Orts- und Personenregister) sowie Ernst Werner vom Verein Technik-Geschichte in Jena e. V (für Sachregister) zu danken. Dank gilt weiterhin Dr. Ute Leonhardt vom SCHOTT Archiv in Jena und Staatsarchivdirektor Dieter Marek vom Thüringischen Staatsarchiv Rudolstadt für die Unterstützung bei der Bereitstellung der Manuskripte und weiterer Quellen sowie Margit Hartleb vom Universitätsarchiv Jena für Auskünfte. Der Jenaer Universitäts- und Landesbibliothek, insbesondere deren stellvertretendem Direktor, Michael Lörzer, sowie Harald Bergmann, gebührt der Dank für die Digitalisierungsarbeiten. Letzte Hand an Manuskript und CD-ROM legte in bewährter Weise der Geschäftsführer der „Historischen Kommission für Thüringen“, Falk Burkhardt. Der Band erscheint 2012 im Jahr des 125jährigen Geburtstages von Herbert Kühnert. Jena, im März 2012 Prof. Dr. Werner Greiling Vorsitzender der „Historischen Kommission für Thüringen“

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS SCHOTT & GENOSSEN AUS DEM NACHLASS VON HERBERT KÜHNERT

Für die 1884 entstandenen Schott-Werke in Jena gelten folgende juristisch eingetragenen Firmenbezeichnungen (nach dem Handelsregister): 1. September 1884 23. Juli 1885 1. Juni 1895

Glastechnische Versuchsanstalt Glastechnisches Laboratorium Schott u. Gen. in Jena Schott & Gen. Jena

11. Oktober 1920

Jenaer Glaswerk Schott & Gen., Jena

28. November 1949

Optik Jenaer Glaswerk Schott & Gen., VEB

8. Oktober 1952

VEB Optik Jenaer Glaswerk Schott & Gen.

11. Juni 1953

VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen.

1. Januar 1981

VEB Jenaer Glaswerk

1. Juli 1990

Jenaer Glaswerk GmbH

2. Juli 1998

SCHOTT JENAer GLAS GmbH

Dr. Herbert Kühnert (1887–1970)

2. Die kulturelle Bedeutung der Jenaer Glasindustrie von Dr. Herbert Kühnert 1949

Als am 6. Februar 1925 ein halbes Jahrhundert seit dem Tage vergangen war, an dem der Kandidat des Chemie Otto Schott aus Witten an der Ruhr auf den Grund einer Dissertation „Beiträge zur Theorie und Praxis der Glasfabrikation“ von der philosophischen Fakultät der Universität Jena zum Doktor promoviert worden war, gingen dem seit dem Jahr 1882 von Witten nach Jena übergesiedelten Jubilar, der seitdem das aus der Initiative hervorgegangene Jenaer Glaswerk Schott und Genossen zu einem industriellen Unternehmen von Weltruf emporgeführt und sich darüber hinaus durch seine wissenschaftlichen und technologischen Leistungen den Ruf des Begründers der modernen Chemie des Glases erworben hatte, von nah und fern die bei solchen Anlässen üblichen Glückwünsche der wissenschaftlichen Welt zu. Unter diesen Gratulationen befand sich auch eine Glückwunschadresse der Preußischen Akademie der Wissenschaften, in der es u. a. hieß: „Wie von einer hohen Warte aus mögen Sie wohl heute Ihr geistiges Auge schweifen lassen über Ihren Werdegang und über die weiten Gefilde der Wissenschaft und Technik, welche Sie bebaut und gefördert haben. Vergönnen Sie uns, einen solchen Rundblick mit Ihnen zu teilen: Nach dem Westen richtete sich da zunächst unser Auge hin, zu der kleinen Stadt Witten in Westfalen. Ein schlichtes Haus ersteht vor unserem Blick, darinnen ein recht bescheidener Raum, der den Namen ‚Laboratorium‘ kaum verdient. Ein junger Chemiker schaltet und waltet dort, und was er treibt, das mutet fast an wie ein Stückchen Alchemie. Tontiegel und kleine Schmelzöfen ringsum, äußerlich wie kleine Sparherde beschaffen. Geheimnisvoll der Raum, geheimnisvoll das Ziel der Versuche. Doch gilt es, ein wichtiges Problem zu lösen; davon gibt die Spannung Kunde, mit welcher der junge Chemiker zuweilen den Inhalt der Schmelzöfen mustert, wenn er ihn mit Hilfe langer, holländischer Pfeifenröhren durchmischt. Ein neues Bild: Im Jenaer ‚Schillerhäuschen‘ sehen wir zu einer späten Nachtstunde zwei Männer bei der Lampe sitzen; der eine ist uns aus dem Wittener Hause wohl bekannt: Dr. Otto Schott; der andere: Ernst Abbe, der Jenaer Astronom und Physiker. Belauschen wir ihr Gespräch, so hören wir in oftmaliger Wiederholung Worte wie ‚Kieselsäureglas‘, ‚Phosphorsäureglas‘, ‚Brechungsexponent‘. Bald wird uns klar, daß Gläser von besonderen optischen Eigenschaften geschaffen werden sollen, geeignet zur Verfertigung bisher nicht gekannter, völlig achromatischer Objektive. Wiederum ein neuer Blick: Wir sehen in Jena ein ‚Glastechnisches Laboratorium‘ entstehen, gegründet von wagemutigen und arbeitsfreudigen Männern, von Schott, Abbe

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und den beiden Zeiss, ein Institut, wo die Ergebnisse des Fleißes der Wittener Versuche durch Glasschmelzen größeren Umfangs auf ihre praktische Verwertbarkeit geprüft und durch rühriges Schaffen ausgebaut werden. Ein großes Maß an Selbstvertrauen und an Opferwilligkeit war zu dieser Gründung nötig, denn gar weit war man noch von der Zeit der Ernte entfernt. Dem Mutigen hilft das Glück – zur richtigen Zeit hat eine weitblickende preußische Regierung das für die Entwicklung der Glastechnik so wichtige Laboratorium der vier ‚Genossen‘ hinreichend subventioniert. Eine viel spätere Etappe tritt vor unser Auge: Wie die Wintersaat durch Monate hindurch kaum merklich Fortschritte macht, dann aber rasch fruchtbringend emporschießt, so hat sich inzwischen an das lange, oft entmutigende Ringen mit den tausend Widerständen der Materie der Glasbereitung eine Zeit glänzender Entwicklung angeschlossen. Nicht nur die ursprünglichen Ziele sind erreicht, die Gewinnung geeigneter Glassorten für achromatische Objektive der Fernrohre, Mikroskope und photographischen Optik. Auch hochwichtige andere glastechnische Fragen sind gelöst, unter denen für Wissenschaft und Technik als besonders bedeutsam die Probleme des Thermometerglases, des Verbundglases und des für ultraviolette Strahlen durchlässigen Glases hervorragen. Eine imponierende Schöpfung der Industrie auf wissenschaftlicher Grundlage ist entstanden; ein Glaswerk, welches an Größe nicht viele, an Verdiensten und Ruhm überhaupt keines seinesgleichen in der Welt hat. An der Spitze dieses für Deutschland so hochwertigen Werkes sehen wir nun bei unserem letzten Rundblick wieder jenen Mann, dessen Gestalt uns beim ersten Umblick im Wittener Hause jugendlich begegnet ist: Dr. Otto Schott. Obwohl die Interessen der Preußischen Akademie der Wissenschaften vorzüglich den Leistungen der reinen Wissenschaft zugewandt sind, blieben die Verdienste, welche Sie, hochgeehrter Herr Jubilar, sich um eine angewandte Wissenschaft erworben haben, von ihr nicht unbeachtet. Genießen die Früchte Ihres Schaffens doch indirekt alle Zweige der Technik! In Wertschätzung dieser großen Leistungen hat die Akademie Sie vor acht Jahren zum korrespondierenden Mitglied gewählt. Heute nimmt sie freudig Anteil an Ihrem schönen Jubiläum und entbietet Ihnen ihre herzlichen Glückwünsche …“ In dem Schreiben, mit dem sich der ehrwürdige Jubilar bei der Akademie für ihren Glückwunsch bedankte, heißt es u. a.: „Die Urteile, die Sie in so anerkannter Weise über meine Arbeiten gefällt haben, darf ich wohl sicher aus dem Glanze des Festtages in die Nüchternheit des Alltages zurückführen. Aber wenn Sie, meine Herren, als Führer der deutschen Wissenschaft Ihre gewichtigen Stimmer vernehmen lassen, und wenn Sie mir anerkennen, daß meine Arbeit nicht nur für die nächsten Ziele des Tages ihre praktische Bedeutung und Nützlichkeit gehabt hat, wenn Sie darauf hinweisen, daß auch die Wissenschaft durch meine Untersuchungen gefördert und befruchtet worden ist, so werden Sie es mir nicht verargen, wenn ich mit dankbarer Genugtuung Ihre Zeilen gelesen habe. Denn in der Tat: Das war mein Bestreben seit meiner Jungend, über die Ziele des Einzelnen hinaus Bestrebungen zu fördern, die der Gesamtheit zugute kommen sollten. Und wenn ich mich aus diesen Gründen heraus zur Sozialisierung meines Werkes entschlossen habe, so war die Tendenz meiner Arbeit, wenn ich so sagen darf, von vornherein nicht utilitaristisch, sondern idealistisch eingestellt. Gestatten Sie diesen Satz, der bei einem Jüngeren anspruchsvoll klingen würde, einem alten Mann, der, wenn auch noch arbeitend, doch im wesentlichen sein Lebenswerk überschaut … Und ich hoffe, in den

DIE KULTURELLE BEDEUTUNG DER JENAER GLASINDUSTRIE

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Arbeiten, zu denen mir mein Schicksal noch Zeit läßt, beweisen zu können, daß die Tendenz meiner Jugend bei mir auch noch im Alter vorhanden ist …“ Wie sehr man in unseren Tagen des beginnenden Wiederaufbaues unserer durch den Krieg nahezu zerstörten Wirtschaft auch geneigt sein mag, den in diesen beiden Zeugnissen aus dem Jahre 1925 berührten Leistungen Dr. Otto Schotts nur noch historische Bedeutung beizumessen, so beruht faktisch doch auf ihnen auch heute noch die ganze kulturelle Bedeutung der Jenaer Glasindustrie. So nämlich, wie diese Industrie aus dem Geiste der wissenschaftlichen Forschung hervorgegangen und entwickelt worden ist, sind ihre Erzeugnisse in immer zunehmendem Maße auch wieder wichtige Hilfsmittel der wissenschaftlichen Forschung und Technik geworden. Und so, wie bereits bei ihrer Gründung eine nicht nur auf den persönlichen Nutzen gerichtete Arbeitsleistung und eine Unterstützung der privaten Unternehmer-Initiative aus öffentlichen Mitteln eine wesentliche Rolle gespielt haben, so steht sie auch heute noch als Bestandteil der Carl Zeiss-Stiftung* [am unteren Rand: *Vgl. hierzu das Nachwort des Verfassers.] im Dienst ganz bestimmter, über das Ziel der Sicherung und Hebung der wirtschaftlichen Existenz ihrer Mitglieder hinausweisender sozialer und kultureller Verpflichtungen. Auf der eigentümlichen inneren Vereinigung beider Merkmale, also der Besonderheit ihrer Produktion mit der Besonderheit ihrer Organisationsform, beruht ihre einzigartige Stellung in der modernen Glasindustrie, und diese Stellung, die sich bis jetzt nur vergleichen läßt mit der von der Optischen Werkstätte Carl Zeiss auf dem Gebiet der optischen Feinmechanik eingenommenen, ist in der Tat das wesentliche Verdienst ihres im Jahre 1935 verstorbenen Gründers. Gewiß läßt sich das von Schott Erreichte und Geleistete nicht ohne den Anteil denken, den sein großer Partner und Freund Erst Abbe daran genommen hat. Vergessen wir aber nicht, das sich die erfinderische Tätigkeit Schotts keineswegs nur auf das Gebiet des optischen Glases, also auf die schon von Joseph Fraunhofer angebahnte planmäßige Anpassung der Glaserzeugung an die einzelnen Zweige der Optik erstreckt hat. Gerade Abbe selbst ist es gewesen, der in seiner schönen Jenaer Gedenkrede auf Fraunhofer vom 5. März 1884 dieses historische Verdienst mit den Worten gewürdigt hat: „So ist auch der Erfolg der jahrelangen Arbeit unseres verdienten Mitbürgers Otto Schott tatsächlich der unverwelkliche Lorbeerkranz auf das Grab Fraunhofers, den an seinem 100jährigen Geburtstag unser Jena dem Andenken des großen Meisters der Optik widmen darf.“ Auch muß, wenn es sich um die Abgrenzung der besonderen Verdienste Schotts von denjenigen Abbes handelt, von Zeit zu Zeit immer wieder einmal daran erinnert werden, daß es keine bloße konventionelle Phrase gewesen ist, wenn Abbe im Verkehr mit der Außenwelt Schott „in gewissem Sinne als den Mitbegründer der Carl Zeiss-Stiftung“ bezeichnet hat. Man würde ein unrichtiges Bild von dem Verhältnis der beiden Männer zu einander gewinnen, wenn man etwa von der Voraussetzung ausginge, daß der jüngere von ihnen, also Schott, zu seinen wissenschaftlichen Arbeiten durch Abbe angeregt oder in seinen sozialpolitischen Anschauungen durch Abbe wesentlich beeinflußt worden sei. Vielmehr bietet und die Betrachtung ihres beiderseitigen Lebens und Schaffens ein selten schönes Beispiel dafür, wie sich zwei große Vertreter wissenschaftlicher und technologischer Intelligenz bei ihrer hingebungsvollen Arbeit an einem hohen gemeinschaftlichen Ziel gegenseitig ständig befruchtet, ergänzt und zu immer höherer Leistungssteigerung angefeuert haben, und wie sich dabei die vom ersten Augenblick der Begegnung vorhandene gegenseitige Achtung zu einem jener ganz seltenen, im klassi-

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schen Sinne repräsentativen Freundschaftsbündnisse entwickelt hat, die, wenn sie einmal begründet worden sind, durch keine wie auch immer geartete Belastungsprobe erschüttert oder auch nur geschwächt werden können, ja, ihre schöpferische Kraft selbst noch über den Tod hinaus fortzeugend bewähren. Daß gerade die Gründungs- und erste Entwicklungsgeschichte der Jenaer Glasindustrie durchflutet ist von dieser nicht nur im wissenschaftlichen Sinne schöpferischen, sondern auch menschlichen vorbildlichen Freundschaft, macht sie gerade für die heutige Zeit, in der es darauf ankommt, den Sinn der Jugend für das Heldentum wahrer Menschlichkeit und entsagungsvoller Hingabe an ein hohes Arbeitsziel zu entzünden und für große geschichtliche Vorbilder zu begeistern, besonders wertvoll. Um die im Jenaer Glaswerk während des letzten halben Jahrhunderts auf dem Gebiet der Glaserzeugung geleistete Kulturarbeit richtig zu würdigen, muß man sich vergegenwärtigen, daß man vor dem Beginn der wissenschaftlichen Zusammenarbeit Schotts mit Abbe zur Verbesserung des optischen Glases im wesentlichen nur zwei Arten von Gläsern kannte: den erstarrten feurigen Fluß aus Sand, Kalk und Alkali unter dem Namen Fenster-, Tafel- und Hohlglas und den aus Sand, Bleioxyd und Alkali als Kristallglas für Tischgeräte, Schalen usw. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß für optische Zwecke, wo sie die Namen Kron und Flint führten, kleine Abänderungen entwickelt worden waren, und daß hie und da in Laboratorien die Möglichkeit der Einführung anderer Elemente erkannt worden war. Besonders ungünstige lagen die Dinge in Deutschland auf dem Gebiet des optischen Glases. Die ehemals von Fraunhofer und dem westschweizerischen Glasschmelzer Pierre Louis Guinand zu Benediktbeuern betriebene Glashütte arbeitete nur noch für den Bedarf der zu ihr gehörigen optischen Werkstätte in München. Die übrigen Verbraucher optischem Rohglas waren völlig abhängig von den beiden ausländischen Monopolfirmen in England und Frankreich, von denen sie teuer und schlecht genug beliefert wurden. Auch von der Jenaer Optischen Wertstätten Carl Zeiss, an der Abbe sei 1866 mitarbeitete und seit 1875 still beteiligt war, wurde diese durch die besondere Rückständigkeit der deutschen Glasindustrie bedingt Abhängigkeit vom Ausland besonders mißlich empfunden. Ein von Abbe wiederholt (z. B. 1874 und 1876) an die Glasindustrie gerichteter Appell, in ihrer Produktion den Bedürfnissen der praktischen Optik nach neuen Glasarten Aufmerksamkeit zu schenken, war wirkungslos geblieben. Auf der anderen Seite hatte Otto Schott, dessen Vater sich durch Tüchtigkeit, Energie und Sparsamkeit vom Fensterglasarbeiter zum selbständigen Glashüttenunternehmer emporgearbeitet und dessen älterer Bruder schon 1865/66 eine Tafelglashütte zu Annen bei Witten mitgegründet hatte, schon früh die Überzeugung gewonnen, daß die Glasfabrikation dringend einer grundsätzlichen Erneuerung aus dem Geiste der Wissenschaft bedürfe. In seiner oben erwähnten Jenaer Dissertation vom 6. Februar 1875 hatte er darauf hingewiesen, daß die Glasfabrikation bisher nur sehr wenig Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gewesen sei, und daß er daher den Versuch unternommen habe, gestützt auf selbständige Beobachtungen in der Praxis wie im Laboratorium, die Verwendung der Rohmaterialien sowie einzelne Vorgänge in der Glasfabrikation, insbesondere die Schmelzung und Entglasung vom chemisch-technologischen Standpunkt aus zu beleuchten und einer wissenschaftlichen Betrachtung zu unterziehen. Als sich der inzwischen durch weitere praktische Erfahrungen und frei gewählte wissenschaftliche Arbeit zur Meisterschaft auf dem

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Gebiet der Chemie und Technologie des Glases gelangte Westfale mit dem Jenaer Physiker zu gemeinsamer Forschungsarbeit zur Verbesserung des optischen Glases und schließlich zur gemeinsamen Begründung einer wissenschaftlichen Glasschmelzerei in Jena zusammengefunden hatte, war es ihm längst zur Gewißheit geworden daß der Rohstoff Glas nicht etwas unabänderlich Gegebenes ist, sondern ein Erzeugnis von außerordentlicher Wandelbarkeit im stofflichen Aufbau, der sich absichtlich so verändern läßt, daß er technisch etwas ganz Bestimmtes, in vielen Fällen Außergewöhnliches leistet. Durch passende Wahl der chemischen Bestandteile wurden die bisher bekannten mechanischen, thermischen, optischen, chemischen und elektrischen Eigenschaften weitgehend verändert, und es wurde manchmal etwas geschaffen, für das der Name „Glas“ gar nicht mehr zu passen schien. Besonders fanden in dem aus dem glastechnischen Laboratorium hervorgegangenen Jenaer Glaswerk Schott und Genossen zunächst optische und thermische Aufgaben ihre Lösung. Handelte es sich bei den ersteren um das Ziel der Herstellung neuartiger optischer Gläser mit früher nicht erreichbaren Verhältnissen zwischen Lichtbrechung und Farbenzerstreuung, also um solche Glasarten, durch welche erst die neuere Entwicklung der optischen Instrumente der Fernrohre, Feldstecher, Mikroskope, photographischen Objektive usw. ermöglicht worden ist, so galt es bei den letzteren, ein Röhrenglas herzustellen, das der Lampenbläserei die Herstellung von Thermometern mit unveränderlichem Nullpunkt ermöglichen konnte. Diese ihm von der Kaiserlichen Normal-Eichungs-Kommission in Berlin im März 1883 gestellte Aufgabe hatte Schott in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit mit seinem Studienfreund Dr. Wiebe, einem Mitarbeiter dieser Kommission, nach kurzer Zeit so erfolgreich gelöst, daß bereits um Herbst 1884 in der am 2. September 1884 eröffneten Versuchsglashütte ein verbessertes Thermometerglas, das sogenannte Jenaer Normalglas 16/III, das die heute Hunderte von verschiedenen Glassorten umfassende Bezeichnung „Jenaer Glas“ zum ersten Mal in die weite Welt hinaustrug, in größerem Maßstab erschmolzen werden konnte. Nachdem man im Jahre 1885 die Brauchbarkeit der neuen optischen Gläser im Verkehr mit den meisten optischen Werkstätten erprobt hatte, trat das junge Glaswerk im Juli 1886 mit seinem ersten Produktionsverzeichnis an die breitere Öffentlichkeit. Es enthielt 44 der verschiedensten Glasarten, darunter 10 Spezialgläser, und es wies ferner hin auf einige Farbgläser, auf ein Didym-, Ceroxyd- und Uranoxyd-Phosphatglas. Im August 1888 brachte ein erster Nachtrag weitere 24, meist neuartige Glasarten für den Optiker. Ein zweiter Nachtrag von Januar 1892 erhöhte die Gesamtzahl auf 76. Bis heute sind allein die Jenaer Gläser für die Optik in einer Mannigfaltigkeit von weit über 100 Arten und einem Vielfachen davon an Unterarten entwickelt worden. Die an das optische Glas zu stellenden Grundforderungen, nämlich Schlierenfreiheit, Farblosigkeit und Haltbarkeit gegenüber dem Einfluß der freien Luft, sind bei ihnen weitgehend erfüllt. Das Schott vorschwebende Ziel eines Unternehmens im Großen zur Darstellung von allen möglichen wissenschaftlich wertvollen, neuartigen Glasarten wurde schrittweise zur Wirklichkeit. Andere Eigenschaftszahlen als die optischen und thermischen, insbesondere die Wärmeausdehnung und die chemische Angreifbarkeit, lenkten nun das Forschen und Versuchen auf sich. Die erstaunliche Steigerung der Festigkeit, die eine durch plötzliches Abschrecken des weichen Glases erzeugte Vorspannung beim sogenannten Hartglas bewirkt, hatte Schott bereits in einer 1879 veröffentlichten Preisschrift „Studien über die Härtung des Glases“ beschäftigt. Die Nachteile dieses Verfahrens, insbesondere die

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unberechenbaren Selbstexplosionen derartiger Gläser, wurden 1891 mit einem eigenartigen Verbundglas beseitigt, das durch Verschmelzen von Glasschichten abweichender Ausdehnung die mechanische Vorspannung in technisch zuverlässiger Weise erlangte. Es fand lange Zeit insbesondere für Wasserstands-Schaugläser an Dampfkesseln Verwendung und besaß neben großer mechanischer und thermischer auch eine wesentlich gesteigerte chemische Widerstandsfähigkeit. Bei der Entwicklung der neuen optischen Glasarten spielte die Resistenzfähigkeit gegen Säuren und Wasser sowie die Verwitterung immer wieder eine große Rolle. Dem Chemiker Schott konnte die Wichtigkeit dieser Eigenschaft auch für Laboratoriumsgeräte nicht verborgen bleiben. Ein idealeres Geräteglas mußte ihm trotz seines zunächst vorwiegend auf optische Eigenschaften gerichteten Strebens zur Aufgabe werden. – Nach einigen Vorläufern kam 1892 ein Jenaer Laboratoriumsglas auf den Markt, das bereits sowohl gegen chemischen Angriff wie gegen plötzlichen Temperaturwechsel (infolge kleiner Wärmeausdehnungen) weitgehend beständig war. Die chemischen Gläser wurden im Laufe der Jahre weiter verbessert, bis im Jahre 1920 das bisher an chemischer Beständigkeit unübertroffene Geräteglas 20 auf den Markt kam. Eine große Rolle für die Beleuchtungstechnik spielte das Jenaer Supraxglas, das im Laufe der [18]90er Jahre erschmolzen wurde und infolge seiner außerordentlich niedrigen Wärmeausdehnung und Schwerschmelzbarkeit die hohen Beanspruchungen, die das damals neu auftauchende Gasglühlicht an ein Glas stellte, erfüllte. Mit dem Glasglühlicht zugleich eroberte sich auch dieses Glas rasch die Welt und machte aus der „Glastechnischen Versuchanstalt“ in kurzer Zeit einen Großbetrieb, in dem allein an Gaszylindern etwa 40 000 000 Stück im Jahr erzeugt wurden. Übrigens ist die Art der damals entdeckten borsäure- und hochkieselsäurehaltigen und alkaliarmen Gläser kleiner Ausdehnung auch heute noch für alle hochhitzebeständigen Gläser maßgebend. Die diesen Gläsern ähnlichen Glasarten, die heute unter dem Namen Jenaer Haushaltsglas für Backschüsseln, Milchflaschen, Einkochgläser, Teegläser, Kaffeemaschinen u. a. benutzt werden, verdanken ihre Aufnahme in das Jenaer Produktionsprogramm dem Umstand, daß sich Dr. Schott gezwungen sah, für die wärmefesten Gläser neue Anwendungsmöglichkeiten zu suchen, als ihr Bedarf in Form von Glasglühlicht-Zylindern zugunsten der elektrischen Beleuchtung zurückgegangen war. Besondere Arten von hitzebeständigen Gläsern wurden in Röhrenform für hochbeanspruchte Thermometer hergestellt, andere für Wasserstandgläser an Dampfkesseln und wieder andere (so z.B. das nach beendeter Demontage [betrifft die Demontagemaßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht 1947] zuerst im Werk wieder hergestellte Fiolaxglas mit hoher chemischer Widerstandsfähigkeit) für Ampullen zur unveränderten und sterilen Aufbewahrung von medizinischen Präparaten für Einspritzungen. Von den zahlreichen Verbesserungen auf dem Gebiet des optischen Glases sei besonders erwähnt das im Jahre 1903 erstmalig erschmolzene Uviolglas, das die ultravioletten Strahlen weitgehend durchläßt. Neuerdings werden Gläser hergestellt, deren ultraviolette Durchlässigkeit praktisch dem Quarzglas entspricht. Sie finden vorzüglich als Lichtfilter für kurzwelliges U. V. Verwendung. Gläser mit besonderen elektrischen Eigenschaften wurden zur Herstellung von Minosverdichtern (Kondensatoren), für Quecksilberdampflampen und QuecksilberdampfGleichrichter verwendet. Das Minosglas wird z. B. für Hochspannungszecke verwendet, während das für die Jenaer Gleichrichterkolben verwendete Spezialglas das Einschmelzen von Molybdän an Stelle des bisher üblichen Platins gestattet. Die aus zusammenge-

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sinterten Glaspartikelchen hergestellten Glasfilterplatten haben für die chemischen Laboratorien in den verschiedensten Formen erhöhte Bedeutung gewonnen. Auch sind in neuerer Zeit die sogenannten KPG-Röhren, die mit einer außerordentlichen Genauigkeit der lichten Weite bis auf wenige Tausendstel Millimeter gefertigt werden, zur Herstellung besonderer, in allen Teilen auswechselbarer medizinischer Spritzen und verschiedener Präzisionsapparate verwandt worden. Seit dem Beginn der [19]20er Jahre ist im Jenaer Glaswerk auch sogenanntes Quarzgut hergestellt worden, das zum Bau von Röhren, Destilliergefäßen und Apparaturen in der chemischen Industrie Verwendung findet. Auch sogenannte technische Sondergläser, d. h. Glasapparaturen, Glasrohrsysteme in Brauerein, Molkerein, in chemischen Werken, haben dem Jenaer Glas in neuester Zeit wieder neuartige praktische Verwendungsbezirke erobert. Wenn man davon absieht, daß das Jenaer Glaswerk neuerdings aus Rücksicht auf die durch den Bombenkrieg angerichteten Schäden und den damit zusammenhängenden allgemeinen Notstand im Bauwesen auch das Fensterglas mit in seine Produktion einbezogen hat, sind von ihm seit seiner Gründung nur hochwertige Sondergläser auf den Markt gebracht worden, die praktisch alle erst hier erfunden worden sind. Eine Unsumme von Denken, Rechnen, Erproben, von mühevollen Versuchen am Schmelzofen und im Laboratorium, von Messungen und Beobachtungen stellt jedes einzelne Stück der Erzeugnisse des Jenaer Glaswerks dar, von dessen Vielseitigkeit die vorstehende Übersicht nur einen ganz ungefähren Begriff geben kann. Als H. Hovestadt im Jahre 1900 sein in der ganzen Welt berühmt gewordenes, sozusagen klassisches Buch „Jenaer Glas“ veröffentlichte, schrieb er in der Einleitung: „Den wesentlichen Inhalt des vorliegenden Buches bilden die physikalischen und chemischen Eigenschaften der verschiedenen Glastypen, die bis jetzt aus dem Jenaer glastechnischen Laboratorium hervorgegangen sind, sowie die auf jene Eigenschaften gegründete Verwendung der Gläser für wissenschaftliche und technische Zwecke. Die große Zahl der darüber veröffentlichten experimentellen und theoretischen Untersuchungen, die in einer Reihe von Zeitschriften und Monographien zerstreut sind, ließ eine zusammenfassende Bearbeitung schon seit längerer Zeit als ein Bedürfnis erscheinen.“ Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die wissenschaftlichen Korrespondenz, die Schott in der Gründungszeit mit Abbe über das optische Glas, mit Wiebe über das Thermometerglas, auch mit verschiedenen anderen Gelehrten, z. B. mit F. Mylius und F. Foerster von der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt über das chemische Verhalten der Glasoberfläche geführt hat, erst heute im Druck zu erscheinen beginnt, da in ihr auch Beobachtungen und Erfahrungen enthalten sind, deren Veröffentlichung zu früherer Zeit aus geschäftlichen Gründen nicht riskiert werden konnte. Allein der jetzt gerade von mir bei G. Fischer in Jena veröffentlichte Briefwechsel zwischen Schott und Abbe über das optische Glas in den Jahren 1879 – 1881 füllt einen stattlichen Band, und der auch zur Zeit geplante Band mit dem Briefwechsel zwischen Schott und Wiebe über das Thermometerglas wird ein nicht minder umfangreiches Werk ergeben. Zahlreich sind die von Schott selbst durchgeführten und in Veröffentlichungen der Allgemeinheit zugänglichen gemachten Untersuchungen, an die sich solche Arbeiten, die er in Zusammenarbeit mit anderen Gelehrten durchgeführt hat, anschließen. Hierher gehören vor allem seine gemeinschaftlich mit Prof. A. Winkelmann betriebenen und veröffentlichten Untersuchungen über Dichte, Festigkeit und Elastizität, also die mechanischen Eigenschaften des Glases. Unübersehbar ist die aus

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diesen grundlegenden Arbeiten hervorgegangene wissenschaftliche und technologische Spezialliteratur, an der auch die im Jenaer Glaswerk neben und nach Schott tätig gewesenen wissenschaftlichen Mitarbeiter, wie S. Czapski, M. Herschkowitz, E. Zschimmer, R. Straubel, C. Pulfrich, E. Berger und viele andere, mit hervorragenden wissenschaftlichen Originalleistungen beteiligt sind. Vom Anfang an ist man im Jenaer Glaswerk bezüglich der Mitteilung der in ihm gewonnenen Ergebnisse und Erfahrungen an die breiteste Öffentlichkeit mit Großzügigkeit verfahren. Maßgebend war dabei einerseits das Gefühl des Vorsprungs vor der Konkurrenz, andererseits die Auffassung, daß ein Unternehmen, das unter zu Zuhilfenahme öffentlicher Mittel ins Leben gerufen worden sei, die solcher Förderung verdankten Erfolge auch wieder der Allgemeinheit zugute kommen lassen müsse. So wurde z. B. gleich am Anfang die von Schott mit der Kaiserlichen NormalEichungs-Kommission gewonnenen Ergebnisse bezüglich der Herstellung eines verbesserten Thermometerglases der wissenschaftlichen Welt in der Form von zwei von Wiebe für die Akademie der Wissenschaft in Berlin verfaßten Abhandlungen über den Einfluß der Zusammensetzung des Glases auf die Nachwirkungserscheinungen bei Thermometern zugeleitet und der an dieser Frage interessierten Glashüttenindustrie und Thermometerfabrikation im Bezirk Ilmenau-Stützerbach durch persönliche Besprechungen Schotts mit Vertretern dieser Industrie. Ebenso übrigens, wie Schott schon in seiner Wittener Zeit einer ganzen Reihe von Glashütten helfend zur Seite gestanden hatte, wenn es sich darum handelte, Verbesserungen ihrer Apparatur und Produktion zu bewirken, die Qualität der Erzeugnisse zu erhöhen oder ihnen den Weg für die Aufnahme neuartiger Glassorten und Glasartikel zu ebnen, so wurde er auch in seiner Jenaer Zeit immer und immer wieder von auswärtigen Glashütten um seinen Rat und seine Hilfe angegangen, und aus der hierüber noch im Archiv des Glaswerkes aufbewahrten Korrespondenz geht hervor, wie gewissenhaft und erfolgreich Schott es mit dieser Tätigkeit als „Glasdoktor“ selbst zu Zeiten genommen hat, in denen er selbst über und über mit der Überwindung und Beseitigung technischer Unzulänglichkeiten im eigenen Betrieb beschäftigt war. Wie diese großartige Hilfspraxis des Jenaer Glaswerks im Geiste seines Gründers und langjährigen Leiters in immer weitere Kreise der internationalen Glasindustrie und Glastechnik hinausgewirkt hat, ergibt sich in sehr eindrucksvoller Weise, wenn man die Zeitschriften Sprechsaal, Glashütte, Zeitschrift für Instrumentenkunde, Glastechnische Berichte, die Jahresberichte der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, die Verhandlungsberichte der in Betracht kommenden deutschen und außerdeutschen glastechnischen Gesellschaften und vor allem die aus dem Glaswerk selbst hervorgegangenen fortlaufenden Forschungsberichte und Mitteilungen, Produktionsverzeichnisse, Abhandlungen und Schriften überschaut. Auch die Reihe der Vorträge, die von Schott und seinen Mitarbeitern und Nachfolgern im Glaswerk auf wissenschaftlichen Kongressen und glastechnischen Tagungen über die Fortschritte der im Glaswerk geleisteten wissenschaftlichen und technologischen Arbeiten gehalten wurden, ist beträchtlich. Sie wurde von Schott selbst eröffnet durch seinen berühmten, im Sommer 1888 im Berliner Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes gehaltenen Vortrag „Über Glasschmelzerei für optische und andere wissenschaftliche Zwecke“, dem im Frühjahr 1892 ein ebendaselbst gehaltener Vortrag „Über die Ausdehnung von Gläsern und über Verbundglas“ folgte. In dem Maße, wie es die Entwicklung des Glaswerks zum industriellen Großbetrieb nötig machte, daß sich Schott auf den technischen Ausbau und die geschäftliche Leitung

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des Werks konzentrierte, beschränkte er sich mehr und mehr darauf, die Durchführung der von ihm nur angeregten und kritisch überwachten wissenschaftlichen Arbeit seinen Mitarbeitern zu überlassen. Eine ganze Schule von Gelehrten und Technologen hat sich so unter seiner Führung gebildet, und wissenschaftliche Institute, Industriewerke, Laboratorien, Universitäten und Technische Hochschulen haben von dieser Schule her immer wieder wertvollen personellen Zuwachs erfahren. Schreibtischarbeit war überhaupt nicht seine Sache, und wie schon in seinem Elternhaus keine Nähmaschine, keine Uhr vor seinem technischen Untersuchungs- und Konstruktionstrieb sicher gewesen war, wie er schon in der väterlichen Glashütte und den sie umgebenden Hüttenwerken mit Vorliebe an technischen Aufgaben mitgearbeitet hatte, so sind auch später die Schauplätze seiner erfinderischen und konstruktiven Tätigkeit immer in erster Linie das Laboratorium und die Hüttenhalle mit ihrer technischen Apparatur gewesen. Charakteristisch für seine technische Genialität ist die Art, wie er sich gerade dann, wenn es entscheidende Aufgaben zu lösen galt, mit den einfachsten Mitteln zu behelfen wußte. Noch heute ist es dem Fachmann fast unbegreiflich, wie er seine bedeutendsten wissenschaftlichen und technischen Erfolge in einer „zusammengestoppelten Spelunke“ erzielte, die den Namen eines Laboratoriums kaum verdiente, in der er einen kleinen Kanonenofen mit eigener Hand an den Schornstein angeschlossen und seine schlierenfreien Proben neuartiger optischer Gläser dadurch erzielt hat, daß er sich zum Umrühren der beim nächsten Krämer erstandenen Stiele von holländischen Tonpfeifen bediente. Gerade für den Technologen, den das Schicksal in die heutige Zeit mit ihren oft kümmerlichen äußeren Schaffensbedingungen gestellt hat, muß die Beschäftigung mit dem Wirken eines solchen Mannes ungemein erzieherisch, anregend und zugleich tröstlich wirken. Im Zusammenhang mit dieser Seite in Schotts Lebenswerk steht auch die hohe Achtung, die der große Meister der Glasschmelzkunst schon in seiner frühen Kindheit für die schwere Arbeit des Hüttenarbeiters empfunden hat. Einen entscheidenden erzieherischen Einfluß hat er hierin zweifellos durch das väterliche Beispiel und Vorbild erfahren. Es ist ergreifend, in den Kindheitserinnerungen, die Schott als 70jähriger in ein unscheinbares Notizbuch eingetragen hat, zu lesen, wie schon die liebe Mutter dem kleinen Knaben mit Stolz davon erzählt hat, daß der Vater 20 Jahre lang die schwere Arbeit eines Fensterglasmachers vor dem glühenden Ofen verrichtet habe, ohne in dieser Zeit an seiner Arbeitsstelle auch nur einen Tag wegen Krankheit oder aus einem anderen Grunde zu fehlen. Übrigens lag die kleine Mietwohnung, in der Schott seine ersten Kindheitseindrücke empfing, in der Nähe der väterlichen Fabrik und mitten in einem Arbeiterviertel. Seine erste Spielgefährten waren Arbeiterkinder, mit denen er seine kindlichen Entdeckungsfahrten in die Nachbarschaft gemacht hat, wo eine kleine Schlosserei, eine benachbarte Gießerei und Maschinenfabrik, eine zur elterlichen Glashütte gehörige Tischlerei und eine benachbarte Lokomotivenfabrik sein Interesse erregten. So war für ihn und seine Kameraden immer ein besonderer Festtag, wenn in der benachbarten Eisengießerei große Stücke gegossen wurden und wenn sich die Kinder dann unter der Anleitung eines gutmütigen Arbeiters selbst einmal im Formen von kleinen Gießeisenstücken versuchen durften. Stundenlang konnte der Knabe dem Nachbar Schlosser dabei zusehen, wie dieser aus Eisenblech und Eisenstäben mit geringen Arbeitseinrichtungen Gegenstände anfertigte, deren nützlichen Gebrauch man täglich im Haus und in der Fabrik beobachten konnte. Aus der erwähnten kleinen Tischlerei war der Junge nicht wegzu-

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bringen, bis ihm der Vater, der diese Neigung verständnisvoll beobachtet hatte, einmal zu Weihnachten einen eigenen Tischlereikasten schenkte, mit dessen Hilfe er sich nun eifrig im Hause nützlich zu machen suchte. Wenn Otto Schotts Vater auch insofern über den Glasmeister älteren Schlag hinausgewachsen war, als er es verstanden hatte, in seiner Person die Eigenschaft des Glashüttenmannes mit des Stellung eines selbständigen Unternehmers im Sinne des damals im Ruhrgebiet herrschenden wirtschaftlichen Individualismus zu vereinigen, so hatte er sowohl im Hinblick auf die eigene, nur dörfliche Schulbildung als auch auf die im Geschäftsleben an ihn herantretenden Anforderungen ein lebendiges Gefühl dafür, daß der Glashüttenmann der nun herankommenden Zeit im Lebenskampf nicht würde bestehen können, wenn er nicht außer allen herkömmlichen schätzenswerten Eigenschaften des Charakters auch über eine gute wissenschaftliche Fachbildung und eine im guten Sinne des Wortes weltläufige Allgemeinbildung verfügen würde. So sehen wir denn Schott in folgerichtigem Erziehungsplan über den Vater hinauswachsen und zu demjenigen idealen Typus des Technikers, Wissenschaftlers, Kaufmanns und Wirtschaftsführers heranreifen, als der er schließlich in sein Jenaer Glaswerk und darüber hinaus in die Menschheitsgeschichte eingegangen ist. Seine Lehr- und Wanderjahre führten ihn an die Technische Hochschule zu Aachen und dann an die Universitäten Würzburg und Leipzig, von wo aus er mit der oben erwähnten, in Jena eingereichten Doktorarbeit sein akademisches Studium der Chemie, Physik und Mineralogie beendete. Hatte er schon während dieser Zeit seinen Horizont durch Studienaufenthalte in Frankreich, durch Ferienbetätigung im Laboratorium einer chemischen Fabrik und in einer dam älteren Bruder mitgehörigen Tafelglashütte erweitert, folgten nun, bald im Zusammenhang mit freigewählten Studien in der Vaterstadt Witten, bald im Zusammenhang mit vorübergehender Betätigung in deutschen und spanischen chemischen Werken und Glashütten Arbeiten über die chemischen Vorgänge beim Schmelzen der Rohstoffe, über die Konstitution des Glases, seine Fehler, die sich in ihm beim Abkühlen ausscheidenden Kristalle, über die Herstellung des Hartglases durch rasches Abschrecken usw. Nach seiner Promotion war Schotts Streben naturgemäß darauf gerichtet, „in der reinen Wissenschaft oder Technik irgendeine anständige Beschäftigung zu finden“, und er benutzte die Wartezeit, „um in irgendeiner Weise etwas Nützliches zu leisten“. So arbeitete er im Laboratorium einer chemischen Fabrik in Haspe, erhielt 1875 ein Patent auf die Gewinnung des Schwefels aus Gips und Glaubersalz und reiste Ende August 1877 nach England und Schottland, um hier chemische Fabriken zu besichtigen, dann weiter nach Oviedo in Spanien zur Erbauung und Leitung einer Jod- und Salpeterfabrik. Nach Witten heimgekehrt, ermöglichte ihm die Gewinnung eines Preises für die Arbeit über die „Härtung“ des Glases die Anschaffung einer Einrichtung für Kristallmikroskopie. Im Frühjahr 1879 stellte er in Gerresheim Versuche an über die Verwendung vulkanischer Gesteine zur Flaschenglasherstellung. Schon im Mai 1879 waren Gläser mit dem seltenen Lithiumoxyd gewonnen, trotz unzulänglicher Laboratoriumseinrichtungen und trotz eines der Glaswerdung Widerstand leistenden starken Kristallisationsbestrebens. Dem um optische Prüfung bittenden Brief an Abbe folgte Anfang Juni die Übersendung von Versuchsstücken nach Jena. Bald darauf begann Schott im elterlichen Hause ein „allgemeines, planmäßiges, die ganze Natur umfassendes Studium der Schmelzerscheinungen“, um „auf Grund fester Gesetzte die Reaktion bestimmen zu können, wie das in wäßrigen

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Lösungsmitteln bei gewöhnlicher Temperatur der Fall ist“. Er gewinnt nun an Stoffen, die von der Glasherstellung meist weit abliegen, Vorstellungen über die allgemeine Natur des feurigen Flusses, seiner Erstarrung zu durchsichtigem Glas und seiner Trübung durch sich ausscheidende Kristalle. Im Frühling und Sommer reist er nochmals nach Spanien zwecks Neueinrichtung einer Glashütte in Santander. Ende September wendet er sich an C. Zeiss in Jena mit Vorschlägen zum Bau eines Heizmikroskopes zur Beobachtung des Kristallwachstums und vertieft sich nun, angeregt durch seinen Freund Brügelmann, in den Plan, auf dem so gut wie noch unbearbeiteten Gebiet der optischen Glasschmelzerei beginnend, ein technisches Unternehmen zu begründen, dessen Aufgabe die Darstellung neuer, für die Wissenschaft wertvoller Glasflüsse sein soll. Nach anfänglichen Zweifeln geht Abbe auf diesen Plan ein, schlägt ihm jedoch zunächst ein gemeinsames methodisches Zusammenarbeiten vor, bei dem Schott den chemischen, Abbe den physikalischen Teil übernehmen soll. Dies ist der Beginn der Zusammenarbeit zwischen Schott und Abbe auf dem Gebiet des optischen Glases, aus dem im weiteren Verlauf der Zusammenarbeit dann das Projekt hervorgeht, das von Schott beabsichtigte Unternehmen in Jena zunächst in Form einer glastechnischen Versuchsstation, dann in einem von der Firma C. Zeiss und dem preußischen Staat subventionierten Glashüttenbetrieb zu verwirklichen. Auf die einzelnen Etappen, in denen dieser Plan durchgeführt worden ist, kann hier nicht näher eingegangen werden. Bemerkt sei nur, daß Schott jahrelange, hingebende und schwierige Arbeiten zu leisten hatte, bis der in Witten Ende 1880 gefaßte Plan im Juli 1886 endlich so weit Gestalt gewonnen hatte, daß das junge Glaswerk mit der Liste seiner Erzeugnisse an die Öffentlichkeit treten konnte. Bereits zu der Zeit, als sich Schott von Witten aus zum ersten Male mit Abbe in briefliche Verbindung setzte (am 27. Mai 1879), verkörperte er in bezug auf die Glasschmelzkunst und die Glasindustrie genau das, was Abbe später (1896) rückschauend einmal als die gemeinsame ideelle Grundlage sowohl des Glaswerks als der Optischen Werkstätte in Jena bezeichnet hat, nämlich „das geordnete Zusammenwirken von Wissenschaft und technischer Kunst auf einem besonderen Arbeitsfeld“. Wenn einmal im Hinblick auf Schott im Scherz gesagt worden ist, er könne „den Gläsern ins Herz schauen“, so darf man sich diese Begabung durchaus nicht lediglich als dasjenige systematische und methodische Eindringen in die Dinge vorstellen, das wir gewöhnlich mit den Worten Studium, wissenschaftliche Arbeitsweise und wissenschaftliche Erkenntnis bezeichnen. Genau soviel, wie Schott vom wissenschaftlichen Fachmann besaß, der sein spezielles Interessengebiet durch Studium, praktische Erfahrung, nüchternes Denken, unermüdliches Experimentieren und grundsätzliche Fragestellung vom Grund auf kennt und durch ständige Arbeit erweitert, genau soviel hatte er auch von jenem guten alten Glasmeister, den nichts weiter als ein sicheres Gefühl vor einer Menge von Möglichkeiten auf die einzige richtige Auswahl der Stoffe, die einzige richtige Mischung, die einzige richtige Behandlung der erzeugten Glasflüsse kommen läßt. Wie aufschlußreich ist in dieser Hinsicht die lakonische Antwort Schotts auf Abbes berühmten Brief vom 24. Dezember 1880, in dem dieser dem Glastechniker Schott auseinandersetzt, welches umfangreiche, methodisch angelegte Schmelzprogramm durchgeführt werden müsse, um einer auf wissenschaftlicher Erkenntnis von den optischen Eigenschaften der verschiedenen Glasflüsse beruhenden Glashütte den wünschenswerten geschäftlichen Erfolg zu sichern. „Was nun die methodische Disposition der Versuche anbetrifft“, schreibt Schott von Witten

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aus am 20. Dezember 1880 dem Jenaer Gelehrten, „so möchte ich es doch wohl für nicht ganz zweckmäßig halten, alle möglichen Kombinationen durchzuprobieren, denn dann dürfte es der Arbeit doch wohl etwas viel werden. Aber daß man diejenigen Kombinationen heraussucht, welche anscheinend die besten Resultate versprechen, das will mir unter den vorliegenden Verhältnissen als das Zweckmäßigste erscheinen.“ Und es ist bekannt, wie er noch in dem gleichen Brief fortfährt: „Ich werde Ihnen also zuerst geschmolzenes Borsäureanhydrit, Phosphorsäure usw. einsenden“, und wie er damit gleich auf den ersten Griff jene beiden Stoffe angepackt hat, auf deren Wesen dann tatsächlich der ganze Fortschritt in der glastechnischen Schmelzkunst sich aufgebaut hat. Hier antwortet dem genialen Physiker und Optiker Abbe ganz eindeutig der geniale Glastechniker Otto Schott. Wenn man die Art, wie Schott wissenschaftlich und praktisch zu arbeiten pflegte, näher betrachtet, so kann man es verstehen, daß diese Arbeitsweise nicht nur bei seinen wissenschaftlichen, sondern auch bei seinen handwerklichen und kaufmännischen Mitarbeitern uneingeschränkte Bewunderung erregte. Bereits zu einer Zeit, als ihm der Gedanke der Begründung eines auf die Herstellung „neuer, für die Wissenschaft wertvoller Glasflüsse“ abgestellten Industrieunternehmens zwar bereits beschlossene Sache war, sich aber noch nicht im Stadium der grundsätzlichen Vorerörterung bzw. der ersten, im kleinen durchgeführten Experimente befand, sprach Schott von jeder seiner Probeschmelzungen mit einer eigentümlichen, inbrünstigen Zärtlichkeit, die man nur etwa vergleichen kann mit der ängstlichen besorgten Liebe, mit der eine Mutter das Schicksal und den Erfolg ihres mit Schmerz geborenen Kindes umgibt. Diese gleiche Liebe und geistreiche Fürsorge erstreckte er auch später auf alle Einzelheiten seines aus Mühen und Sorgen entstandenen Glaswerkes, angefangen bei den Gebäuden, ihren Generatoren, Schmelz- und Kühlöfen, den zur Verwendung gelangten Werkstoffen, den Gemengen und Schmelzhäfen, Werkzeugen, Maschinen und Laboratoriumseinrichtungen und endend bei allen Mitarbeitern vom Hüttenmeister bis zum jüngsten Einträgerjungen. Mit Achtung und Liebe begegneten ihm in seinem Werk alle als dem unbestrittenen Meister, und wenn man es miterlebt hat, wie diese Gefühle leidenschaftlich aufflammten, als den nun 83jährigen Patriarchen die Werksangehörigkeit beim 50jährigen Geschäftsjubiläum begeistert, bewegt und von scheuer Ehrfurcht erfüllt umdrängten, dann weiß man, daß sich in seiner Person nicht nur der intellektuelle, technische und geschäftliche, sondern auch der soziale, humane Geist der von ihm begründeten Jenaer Glasindustrie verkörpert hat. Der soziale und humane Geist! Dieser in der Tat ist es, der der an sich wertvollen, nützlichen und interessanten Jenaer Glasindustrie erst ihren vollen kulturellen Wert verleiht. Und ebenso, wie wir immer wieder auf die Persönlichkeit des Begründers der Jenaer Glasindustrie stoßen, wenn wir uns nach ihren entscheidenden intellektuellen und praktischen Grundlagen umsehen, so müssen wir in Schott auch den Mann sehen, der ihr nach der sozialen und humanen Seite hin ihr entscheidendes Gepräge gegeben hat. Es war ein berechtigtes Selbstgefühl und Wertbewußtsein, das Schott veranlaßt hat, in dem oben zitierten Antwortschreiben an die Berliner Akademie die führenden Männer der deutschen Wissenschaft auch einmal auf diese Seite seines Wesens und Wirkens hinzuweisen, die sie seltsamerweise in ihrer sonst gut gemeinten und ja auch richtigen Würdigung seiner wissenschaftlichen und technischen Leistungen vollkommen übersehen hat-

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ten. Wer Schott selbst noch gekannt hat, weiß, daß er ein Mann war, dessen Selbst- und Wertgefühl überaus fest begründet war, wenn er es auch nie liebte, sich mit seiner Person äußerlich in den Vordergrund zu stellen oder von seinen Leistungen in Worten viel Aufhebens zu machen. Es war ihm daher auch im Allgemeinen ziemlich gleichgültig, was andere über ihn dachten, von ihm sprachen oder über ihn schrieben. Harte Schicksalsschläge, die ihn schon in seinen jungen Jahren betroffen, Enttäuschungen, die er in seiner Wittener Zeit erlebt hatte, waren von ihm männlich, tapfer und hochgesinnt ertragen worden, und schon im September 1881, also zu der Zeit, als er sich gerade einem Lebensziel zuwandte, von dem er wußte, daß seine Verwirklichung lange Jahre mühevoller und unbezahlter Arbeit erfordern würde, schrieb er seinem Freunde Brügelmann: „Ich habe mich an den Gedanken gewöhnt, die Freude der Arbeit nicht in der Anerkennung, sondern in der Sache selbst zu finden und glaube sicher, daß eine solche Selbstbefriedigung weit mehr wert ist als die meist unbedachte und oberflächliche Lobhudelei der Durchschnitts- und Alltagsmenschen …“ Und ein Jahr später, also nachdem er sich inzwischen zu gemeinsamer wissenschaftlicher und praktischer Arbeit mit Abbe zusammengefunden hatte, schrieb er demselben Freund: „Meine Glasuntersuchungen gehen unausgesetzt voran und entwickeln sich recht zufriedenstellend. Wenn ich dermaleinst in dieser Angelegenheit den Schmelztiegel und die Zange aus der Hand legen werde, so schließe ich meine Arbeit mit dem Bewußtsein, ein gedeihliches Werk zu Ende geführt zu haben, an dem so leicht niemand etwas zu bessern haben dürfte und welches für den dermaligen Zustand unserer Wissenschaft wohl ziemlich erschöpfend gewesen sein durfte. Täglich mehr Freude empfinde ich an der wirklich liebenswürdigen Freundschaft von Abbe, der mit größtem Interesse und selbstlosester Neigung sich der Sache hingibt. Auch bei seinem letzten Besuche hier habe ich dieses Urteil bestätigt gefunden.“ Es verdient in diesem Zusammenhang hervorgehoben zu werden, daß es für Schott durchaus keine Selbstverständlichkeit bedeutete, wenn er sich entschloß, von einer ihm im November 1882 von Berlin aus eröffneten Chance zur Verwirklichung seines Glashüttenplanes in Berlin keinen Gebrauch zu machen und statt dessen, wie Abbe es einmal ausgedrückt hat, sein persönliches Interesse dem geschäftlichen Interesse der Firma Carl Zeiss anzupassen. Rein geschäftlich betrachtet, hatte der Berliner Plan mit der ihm dabei zugedachten repräsentativen Stellung und der ihm in Aussicht gestellten staatlichpreußischen Finanzierung zweifellos viel für sich. Und umgekehrt war das geschäftliche Interesse der Firma Carl Zeiss an einer räumlichen Verbindung mit einem Unternehmen wie dem von Schott geplanten so groß, daß noch 1883 die Übersiedlung der Jenaer Optischen Werkstätte nach Berlin für den Fall in Erwägung gezogen wurde, daß Schott dem Berliner Gründungsplan den Vorzug vor dem Jenaer Projekt geben würde. Nicht geschäftliche Erwägungen sind es also gewesen, die Schott veranlaßt haben, sich schließlich doch für den Jenaer Plan zu entscheiden, sondern das Motiv freundschaftlicher Verbundenheit mit Abbe hat dabei den Ausschlag gegeben. „Dr. Schott“, so schrieb Abbe in einer nach Weimar gerichteten Denkschrift vom 4. Dezember 1887 einmal, „hatte schon vor seiner Verbindung mit mir tüchtige praktische und wissenschaftliche Leistungen hinter sich, welche ihm die Anwartschaft auf die vorteilhaftesten Stellungen im Gebiet der chemischen Industrie sicherten. Seine Denkungsart wird dadurch genügend gekennzeichnet, daß er sich trotzdem und ohne den Rückhalt eines nennenswerten Vermögens entschließen konnte, seine ganze Kraft auf Jahre hin an eine Aufgabe zu setzen, die bis

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vor ganz kurzer Zeit gar keine Aussicht auf äußere Erfolge, aber lange Zeit das Risiko rein negativer Resultate in sich schloß. Seine praktische Tätigkeit aber ist darin bezeugt, daß er es fertig brachte, auf einem gänzlich neuen Gebiet der Technik in kaum zwei Jahren die 50jährige Praxis der Vorgänge zu überflügeln, ohne andere Hilfe als die von ein paar tüchtigen Arbeitern, die aber nichts gelernt hatten, als gute Schmelzhäfen anzufertigen und einen heißen Ofen zu behandeln.“ Zeugnisse dieser Art über Schotts Denkungsart bestätigen nicht etwa (wie es z. B. in Auerbachs weit verbreitetem Buch über Ernst Abbe, 1918, S. 251 behauptet worden ist), daß die idealistische Seite in dem Wesen des angeblichen Realisten Schott durch Abbe geweckt worden wäre, sondern sie bestätigen erst im Gegenteil, welches Glück es für Schott bedeutete. als er sah, daß er in Abbe nicht nur einen Weggenossen zu gemeinsamen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Zielen, sondern auch einen Freund und Gesinnungsgenossen gefunden hatte. Nur so ist es auch zu erklären, daß es zwischen Schott und Abbe niemals auch nur die geringste grundsätzliche Meinungsverschiedenheit gegeben hat, als letzterer daran ging, nicht nur die optische Werkstätten, sondern auch den ihm und Roderich Zeiss gehörigen Anteile am Glaswerk der von ihm 1889 begründeten Carl Zeiss-Stiftung zuzuführen. Schon 1888 hatte er sich damit einverstanden erklärt, daß die Angehörigen des Glaswerkes die gleiche Pensionsberechtigung erhalten sollten wie die der Firma Carl Zeiss und daß das Glaswerk zu diesem Zweck jährlich 6% des Lohn- und Gehaltskontos an die gemeinsame Pensionskasse abzuführen haben sollte. Und so willigte er zu Anfang der [18]90er Jahre auch ein, daß Dr. Roderich Zeiss, der Sohn des im Dezember 1888 verstorbenen Carl Zeiss, und Abbe aus dem Glaswerk als Gesellschafter ausschieden und daß die von Abbe errichtete Carl Zeiss-Stiftung als Mitinhaber zu gleichen Teilen neben ihn trat. Damit wurden auch die sozialpolitischen Bestimmungen des Statuts der Carl Zeiss-Stiftung für das Glaswerk maßgebend. Ja noch mehr: In dem Ende 1891 mit der Carl Zeiss-Stiftung abgeschlossenen Vertrag willigt er ein, daß nach seinem Tode auch seine Besitzhälfte am Glaswerk gegen Auszahlung des buchmäßigen Anteils am Geschäftsvermögen an seine Erben in den Besitz der Carl Zeiss-Stiftung übergehen sollte. Wenn Otto Schott durch diese Reglung sein und seiner Familie persönliches Interesse der Carl Zeiss-Stiftung unterstellte, wozu ihn niemand hätte zwingen können, so brachte er damit die volle grundsätzliche Übereinstimmung seiner Auffassung von den sozialen Pflichten des industriellen Unternehmers mit derjenigen Abbes zum Ausdruck. Kein geringerer als Abbe selbst hat einmal in einem Schriftwechsel mit der Weimarer Regierung (20. Oktober 1900) darauf hingewiesen, daß diese Vertragsleistung für das Zustandekommen der Stiftung keineswegs von nur untergeordneter Bedeutung gewesen ist. Abbe hat dies wie folgt formuliert: „Erst Schotts Zustimmung ermöglichte die Abtretung der dem Dr. Zeiss und mir gehörigen Geschäftsanteile am Glaswerk. Erst der Verzicht auf sein Kündigungsrecht und das Zugeständnis, daß nach seinem Tod die Stiftung seinen Anteil am Glaswerk sofort zu übernehmen berechtigt sein soll, sicherte der Stiftung den dauernden Besitz dieses Betriebsunternehmens. Und diese Zugeständnisse erscheinen um so wertvoller, als weder der Dr. Zeiss noch ich selbst genügend Erfahrungen auf dem Gebiete der Glasfabrikation besaßen, und das Glaswerk ohne Dr. Schott fortführen zu können, und der letztere deshalb jederzeit in der Lage gewesen wäre, sich durch Kündigung des Gesellschaftsvertrages auf durchaus legale Weise in den Alleinbesitz des Glaswerkes zu setzen.“ Es ist daher ver-

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ständlich, wenn Abbe dem Freunde in einem an ihn am 24. Dezember 1892 gerichteten Weihnachtsbriefe seine tiefe Dankbarkeit für alles ausdrückte, was jener während der letzten drei Jahre – also seit der Gründung der Stiftung – getan habe, um ihm (Abbe) „den weiteren Lebensweg ebnen zu helfen“. Schließlich aber ist Schott später über den erwähnten Vertrag von 1891 selbst noch hinausgegangen, indem er bereits 16 Jahre vor seinem Tode, nämlich 1919, sein Anrecht auf das halbe Glaswerk gemäß den 1891 mit der Stiftung vereinbarten Bestimmungen an die Stiftung abgetreten und diese somit zur alleinigen Eigentümerin des Werkes gemacht hat. Genau so, wie es Abbe früher in der Optischen Werkstätte Carl Zeiss getan hatte, stellte er seine ganze Kraft dem Unternehmen nunmehr als Geschäftsleiter zur Verfügung und wurde damit auch äußerlich in aller Form dessen erster Diener. Erst am 1. Januar 1927, kurz nach seinem 75. Geburtstage, glaubte er die lange ertragene Bürde seinen bewährten Mitarbeitern und jüngeren Schultern überlassen zu können und ausruhen zu dürfen von den Taten seines Lebens, das er im Alter von fast 84 Jahren am 27. August 1935 beschloß. Diese Zusammenarbeit Schotts mit Abbe am Aufbau der Carl Zeiss-Stiftung bedeutet also, daß auch er der Meinung gewesen ist, daß ein durch die organisierte Zusammenarbeit vieler Kräfte zustande gekommener industrieller Privatbesitz und Privatertrag insoweit, als er über einen angemessenen Lohn für persönliche Arbeit des Unternehmers hinausgeht, als ein anvertrautes Gut, als ein Inbegriff von sozialen und kulturellen Verpflichtungen betrachtet werden müsse. Die Art dieser Verpflichtungen ist, soweit die Carl Zeiss-Stiftung in Frage kommt, genau umschrieben worden in dem von Abbe ausgearbeiteten Stiftungsstatut, das am 27. Juli 1896 von Abbe errichtet und, ebenfalls noch von Abbe, durch ein Ergänzungsstatut vom 24. Februar bzw. 24. März 1900, das die Leistungen der Stiftung an die Universität Jena regelt, erweitert worden ist. Der Zweck der Stiftung ist hiernach nicht nur die Fortführung der ihr gehörigen, jedoch in geschäftlicher Unabhängigkeit voneinander betriebenen Industrie-Unternehmungen Optische Werkstätte (also Firma Carl Zeiss) und Glaswerk (also Firma Jenaer Glaswerk Schott und Genossen) unter unpersönlichem Besitztitel bei gleichzeitiger Berücksichtigung allgemeiner wissenschaftlicher und technischer Interessen und unter Erfüllung einer über das sonst übliche Maß hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Fürsorge für den in ihnen wirkenden Personenkreis, sondern auch die ständige Förderung der allgemeineren Interessen der durch die beiden Stiftungsbetriebe vertretenen feintechnische Industrie, die Betätigung in gemeinnützigen Einrichtungen zugunsten der arbeitenden Bevölkerung von Jena und Umgebung und endlich die Förderung naturwissenschaftlicher und mathematischer Studien in Forschung und Lehre. Auch ohne Rücksicht auf die Fakultätsgrenzen können solche Lehrfächer, die sonst zur Carl Zeiss-Stiftung nähere Beziehung haben, z. B. die Volkswirtschaftslehre, das Handels- und Gewerberecht, die Hygiene, technologische Disziplinen usw., durch die Stiftung mitgefördert werden. Was diese Bestimmungen für das Glaswerk, die Stadt Jena und ihre Umgebung, die arbeitende Bevölkerung, die Universität Jena und ihre Institute nun schon seit über einem halben Jahrhundert praktisch bedeuten, läßt sich nur schwer in wenigen Worten beschreiben. Nur wenige weitsichtige Männer haben zu der Zeit, als sie erstmalig in Kraft traten, für die neuartigen Denkungsart Abbes und Schotts Verständnis aufbringen können, die den persönlichen Nutzen als Triebfeder für die Tätigkeit des Unternehmers,

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Kaufmannes, Wissenschaftlers und Technikers ausschaltete, der Werksleitung weitgehende Verantwortung für Arbeiter und Angestellte und die Aufgabe übertrug, diese gegen die Zufälligkeiten des Geschäftsganges durch Abgangsentschädigung, im Alter durch einen Pensionsanspruch zu sichern und sie am wirtschaftlichen Erfolg durch Lohn- und Gehaltsnachzahlungen teilnehmen zu lassen. Auch das Glaswerk nahm mit diesen Verpflichtungen den Wettbewerb auf, führte die zunächst auf 9, später auf 8 Stunden verkürzte Arbeitszeit ein und übernahm auch sonst manche von dem sonstigen Unternehmertum der jeweiligen Zeitperiode als untragbar empfundene Belastung. Wie in der Optischen Werkstätte gab es auch hier schon von 1896 ab einen Arbeiterausschuß, den Vorläufer der später allgemein üblich gewordenen Betriebsräte. Die Arbeiter waren gesichert gegen politische Gesinnungsschnüffelei und jede Art von Mißbrauch ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Beschränkung ihrer persönlichen und bürgerlichen Rechte, es war ihnen entsprechende Entschädigungen für den Fall unverschuldeter Entlassung in rechtsverbindlicher Form gewährleistet. Der Grundgedanke der Versicherung gegen Arbeitslosigkeit ist also hier schon verhältnismäßig früh zur Verwirklichung gekommen, wie es denn überhaupt dem Geist der Stiftung entspricht, daß für den ganzen Personenkreis der beiden Stiftungsbetriebe das öffentliche Recht der Gewerbeordnung und der einschlägigen Abschnitte des Handelsgesetzbuches durch ein besseres privates Arbeiterund Angestelltenrecht ersetzt werden soll. Natürlich gehört hierher auch alles, was im Laufe der Jahre geschehen ist für die Verschönerung der Fabrikanlagen und Verwaltungsgebäude durch helle, luftige Räume, Schaffung von Werkskantinen, sanitären Anlagen, Werksambulatorien, Spiel- und Sportplätzen, Jugend- und Ferienerholungsheimen, Siedlungen und Heimstätten für Beamte, Angestellte und Arbeiter auf genossenschaftlicher Grundlage. Wandert man heute durch die Stadt Jena, so begegnet man auf Schritt und Tritt großartigen Bauten und Institute, die nicht nur den Angehörigen der Stiftungsbetriebe, sondern allen Einwohnern der Stadt zugutekommen. Es sei nur erinnert an das schon 1901 – 1903 errichtete einzigartige Volkshaus mit seinen Versammlungs-, Zeitungs- und Zeitschriftensälen und seiner großartigen Volksbibliothek oder etwa an das 1909 eröffnete Volksbad, die Heilstätten für Lungen- und andere Leidende, die Kindergärten, die schönen Schulen. Und blickt man gar auf die Universität und alle zu ihr gehörigen Institute, so muß man sich vor allem daran erinnern , daß es vornehmlich die ihr aus der Carl Zeiss-Stiftung zugeflossene Förderung gewesen ist, der wir ihre für eine kleine Provinzstadt wie Jena verhältnismäßig reiche Ausstattung verdanken. Die Zuwendungen, um die es sich hier handelt, sind von zweierlei Art, nämlich erstens die regelmäßig, nach bestimmten Normen dem sogenannten Universitätsfonds der Stiftung zufließenden und zweitens die außerordentlichen Zuwendungen. Die ersteren dienen zur Erhaltung und Erweiterung von Instituten, ihren Einrichtungen und Sammlungen sowie zur Besoldung einer Anzahl von Professoren; die letzteren sind für besondere einmalige Zwecke größeren Umfangs bestimmt. Als wichtigste Zuwendung der Stiftung an die Universität sind zu nennen: Der Hauptkostenanteil für das 1908 in Benutzung genommene neue Universitätsgebäude, die Anstalten für technische Physik und für technische Chemie, zu denen auch Otto Schott namhafte Beträge beigesteuert hat, das Physikalische, das Mineralogische, das Hygienische Institut, die Neubauten und Erweiterungsbauten für das Pathologisch-Anatomische, das Botanische, das Zoologische, das Anatomische, das Pharmakologische und Chemische Institut, das Institut für experimentelle Bio-

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logie, der Neubau des Mathematischen Instituts mit angeschlossenem Institut für Mikroskopie und angewandte Optik, die Erweiterung und Neuausstattung der von Abbe errichteten Sternwarte, die Reichsanstalt für Erdbebenforschung, das Erst-HaeckelMuseum, die Gewächshäuser für den Botanischen Garten, das Augenklinikgebäude, das Kinderkrankenhaus der Carl Zeiss-Stiftung, das gleichzeitig als Universitäts-Kinderklinik diente, das Institut für Wirtschaftsrecht, das Grundstück und der Bauzuschuß zum Studentenheim, die Universitäts-Turnhalle, die neuen Spiel- und Sportplätze für die akademische Jugend, die Beiträge zur Aufbesserung der Professorengehälter, die Zuschüsse für die mathematischen Lehrfächer und laufenden Beihilfen für eine Anzahl von neuen Lehrstühlen, der Erweiterungsbau für die Universitätsbibliothek und die wiederholten Zuwendungen an die Bibliothek, die fortlaufende unentgeltliche Lieferung wissenschaftlicher, namentlich optischer Ausrüstungsstücke an die Universitäts-Anstalten, die Unterstützung des akademischen Nachwuchses und die Förderung von Forschungsarbeiten, die Stiftung des Ernst-Abbe-Gedächtnispreises zur Förderung der mathematischen und physikalischen Wissenschaften und vieles andere mehr. Bezüglich des Anteils, den das Glaswerk an allen diesen Zuwendungen genommen hat, ist es vielleicht nicht unangebracht, darauf hinzuweisen, daß die Entwicklung der Optischen Werkstätten Carl Zeiss zu einem industriellen Großbetrieb in hohem Maße bedingt gewesen und gefördert worden ist durch den Vorteil des räumlichen und persönlichen Zusammenhangs mit derjenigen Produktionsstelle für das optische Glas, von der die entscheidenden Verbesserungen in den materiellen Grundlagen der ausübenden Optik immer und immer wieder ausgegangen sind. Die Bezeichnung „Carl Zeiss-Stiftung“ hat in der deutschen und Weltöffentlichkeit immer wieder dazu geführt, den Umstand zu übersehen, daß die Stiftung nicht nur in der Optischen Werkstätte Carl Zeiss, sondern auch im Jenaer Glaswerk Schott und Genossen eine wesentliche Grundlage für ihre finanziellen und damit auch für ihre kulturellen Leistungen gehabt hat. Demgegenüber muß daran erinnert werden, daß es gerade um die Zeit von Abbes Tod eine Periode gegeben hat, in der die Stiftung die von ihr übernommenen Verpflichtungen nicht hätte erfüllen können, wenn sie nicht in der Lage gewesen wäre, gerade auf die starke finanzielle Kraft des Glaswerks zurückzugreifen. Auch die persönlichen Stiftungen kultureller Art, die von Otto Schott zu der Zeit gemacht worden sind, als die eine Hälfte des Glaswerkes noch sein persönlicher Besitz war, sind bis heute noch nicht in ihrem vollen Umfang der breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Und auch dieses darf nicht vergessen werden: Wenn sich das Jenaer Glaswerk nur auf die Herstellung von optischen Gläsern oder gar nur auf die Belieferung der Optischen Werkstätte von Carl Zeiss mit optischen Gläsern hätte beschränken müssen, so wäre es bis heute ein verhältnismäßig kleiner, wenn auch ertragreicher Betrieb geblieben. Erst die Erweiterung seiner Produktion auf das Gebiet der hochwertigen Sondergläser für gesteigerte wissenschaftliche und technische Ansprüche überhaupt hat ihm seine allgemeinere Bedeutung gegeben. Seine eigentliche kulturelle Bedeutung aber beruht, wie wir nun wissen, darauf, daß seine Produkte nicht der ungemessenen Bereicherung eines oder mehrerer privater Besitzer dient, sondern dem allgemeinen, alle Werksangehörigen sowohl wie die Stadt Jena und ihre Universität, unsere Heimat wie die ganze Menschheit umschließenden Wohl. Wir müssen es daher mit Ehrfurcht, Liebe und Dankbarkeit betrachten und diese Gefühle auch auf alle Menschen ausdehnen, die es zu dem gemacht haben, was es heute ist und die auch in

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der Gegenwart willens sind, die Zerstörungen, die der Krieg auch hier hinterlassen hat, wiedergutzumachen. Wenn in dieser Wiederaufbauarbeit der Geist Schotts und Abbes lebendig bleibt, so brauchen wir nicht den Mut sinken zu lassen und können sicher sein, daß sie schon in kurzer Zeit wieder reicher Früchte für unser geliebtes Vaterland und für die Menschheit tragen wird.

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Nachwort Da die vorstehenden Ausführungen aus einem Vortrag hervorgegangen sind, den der Verfasser bereits im Juli des Jahres 1947 im Rahmen einer vom Kulturbund zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands durchgeführten Reihe von Vorträgen über Jena als wichtiges Zentrum reiner und angewandter Forschung sowie fortschrittlicher Pionierarbeit auf den verschiedensten Gebieten des kulturellen Lebens gehalten hat, so ließ sich damals über die Frage, in welcher Form das Jenaer Glaswerk Schott und Genossen in die erst seit dem in Angriff genommene Reorganisation des Wirtschaftslebens in der sowjetrussischen Besatzungszone Deutschlands eingegliedert werden würde, noch wenig Positives aussagen. Immerhin ließ die Energie, mit der man im Glaswerk sogleich nach Beendigung der auf Grund der Potsdamer Beschlüsse durchgeführten Demontage, d. h. seit dem Frühjahr 1947 mit dem Wiederaufbau begonnen hatte, mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit erwarten, daß es nicht lange dauern würde, bis die in der Herstellung der weltbekannten Jenaer Spezialgläser für Wissenschaft, Technik und Haushalt vorübergehend eingetretene Pause wieder beendet sein würde. War doch beispielsweise die Erzeugung von Glasröhren für Thermometrie und Ampullen für pharmazeutische und chemische Zwecke bereits am 13. Juni 1947 unter begeisterter Anteilnahme aller Werksangehörigen wieder in Gang gesetzt worden. Kurze Zeit darauf wurde auch die Produktion des Laborglases wieder aufgenommen. Schon im August des gleichen Jahres kam auch die Produktion von optischem Glas und – wiederum nur 3 Monate später – die von Fensterglas wieder in Gang. Diese Arbeit des Wiederaufbaues ist seitdem Zug um Zug derart fortgesetzt worden, daß die Kapazität des Jenaer Glaswerks heute (d. h. im Juli 1949) diejenige des Jahres 1936 schon wieder überschritten hat. Ferner: Nachdem im Februar 1948 die sowjetrussische Besatzungszone mit der Deutschen Wirtschaftskommission ein zentrales Verwaltungsorgan erhalten hatte, dem die Aufgabe gesetzt war, gestützt auf die aus der Sequestrierung hervorgegangenen volkseigenen Betriebe, die Friedensindustrie der Zone nach planwirtschaftlichen Grundsätzen wiederherzustellen und zu entwickeln, war es klar, daß auch die beiden bis dahin der Carl Zeiss-Stiftung gehörigen Betriebe Carl-Zeiss und Jenaer Glaswerk Schott & Genossen von dem auf diese Weise in die Wege geleiteten Strukturwandel nicht unberührt bleiben konnten, ja, daß ihnen bei der Lösung der geschichtlichen Aufgabe, dem deutschen Volk ein höheres soziales, kulturelles und gesellschaftliches Niveau zu sichern, eine besonders wichtige und wertvolle Mitarbeit zufallen mußte. Auf Grund des Befehls 124 des Obersten Chefs der Sowjetischen MilitärAdministration in Deutschland vom 30. Oktober 1945 wurde demnach das Jenaer Glaswerk Schott & Genossen in Verbindung mit dem Befehl Nr. 64 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militär-Administration in Deutschland vom 17. April 1948 mit Wirkung vom 1. Juli 1948 in das Eigentum des Deutschen Volkes überführt und in dieser Eigenschaft fachlich der Vereinigung volkseigener Betriebe Optik angeschlossen. Daß hierbei die Pionierarbeit auf sozialem und kulturellem Gebiet, welche das Jenaer Glaswerk neben der Jenaer Optischen Werkstätte seit über einem halben Jahrhundert im Rahmen der Carl Zeiss-Stiftung geleistet hatte, durchaus nicht übersehen oder unterschätzt wurde, kam eindeutig zum Ausdruck in folgendem (im Regierungsblatt für das Land Thüringen, Nr. 10, vom 28. August 1948, Teil II, S. 9 veröffentlichten)

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Beschluss über die Carl Zeiss-Stiftung. In Anerkennung und Würdigung der Einmaligkeit des Werkes Ernst Abbes, und von der Notwendigkeit der Fortführung der Existenz und Wirksamkeit der Carl-Zeiß-Stiftung in Jena überzeugt, hat das Sekretariat der Deutschen Wirtschaftskommission in seiner Sitzung vom 16. Juni 1948 beschlossen, daß die beiden der Industrie-Vereinigung für feinmechanische und optische Geräte „Optik“ VVB in Jena angehörenden volkseigenen Betriebe Carl Zeiß und Jenaer Glaswerk Schott & Gen. gegenüber der Carl-Zeiß-Stiftung bestimmte Rechte und Verpflichtungen haben, die durch das neu zu fassende Statut der Stiftung festgestellt werden. Durch eine von der Deutschen Wirtschaftskommission einzusetzende Kommission soll eine Neufassung des Statuts der Carl Zeiss-Stiftung unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen vorbereitet und der Deutschen Wirtschaftskommission zu Bestätigung vorgelegt werden. Bis zum Inkrafttreten der neuen Satzung der Carl-Zeiß-Stiftung werden die Befugnisse aller Organe der Stiftung von einem von der Deutschen Wirtschaftskommission zu ernennenden Stiftungskommissar wahrgenommen, der über die Anwendung der Bestimmung des alten Statuts der Stiftung entscheidet bzw. Vorschläge hierzu der Deutschen Wirtschaftskommission unterbreitet. Berlin, den 16. Juni 1948 Rau, Vorsitzender Selbmann, Stellv. Vorsitzender der Deutschen Wirtschaftskommission für die sowjetische Besatzungszone. Da die in diesem Beschluss in Aussicht gestellten Maßnahmen zur Zeit (Juli 1949) noch nicht abgeschlossen sind, können nähere Mitteilungen darüber nicht gemacht werden. Dagegen kann festgestellt werden, daß der im Sommer 1948 aufgestellte Halbjahresplan (Juli – Dezember 1948) vom Jenaer Glaswerk zum 31. Dezember 1948 mit 151% erfüllt worden ist. Der Zweijahresplan 1949/50 wurde der inzwischen erweiterten Kapazität des Werkes angepaßt, d. h. es wurden ihm entsprechend gesteigerte Ziffern des Produktionssolls zugrunde gelegt. Und doch ist auch dieser gesteigerte Sollplan am Ende des 1. Quartals 1949 bereits wieder mit 118% übererfüllt worden! Die Belegschaft des Werkes, die zu Beginn des Jahres 1948 rund 2 500 Köpfe betrug, konnte bis zum Beginn des Jahres 1949 auf 3 200 Köpfe gesteigert werden, und der Wert der für 1949 geplanten Produktion wurde (einschließlich der pharmazeutischen Produktion des Instituts für Mikrobiologie, das den Werken Schott und Zeiss gehört und seit 1938 von Dr. med. H. Knöll geleitet wird) entsprechend der Stärke der Abteilungen proportional gesteigert. Wie stark und lebendig die dem Jenaer Glaswerk von seinen Gründern Schott und Abbe gleichsam eingehauchte moralische Kraft auch heute noch in ihm fortwirkt, hat sich erst kürzlich wieder überaus eindrucksvoll gezeigt, als (am 25. Mai 1949) die Stadtverordneten und der Rat der Universitätsstadt Jena im festlich geschmückten, mit Werksangehörigen und Gästen bis zum letzten Platz gefüllten Gemeinschaftsraum des Glaswerks zu einer außerordentlichen Sitzung zusammentraten, um dem verdienstvollen

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technischen Leiter des Glaswerks, Herrn Albert Heintz, anlässlich seines 70. Geburtstages den Ehrenbürgerbrief zu überreichen. Wenn Feierlichkeiten dieser und ähnlicher Art in unserer Zeit häufiger nur einen konventionellen Charakter tragen, so bildete diese weihevolle Stunde, in der sich mit den Vertretern der Stadt die Beauftragten der Universität, der Carl Zeiss-Stiftung, der VVB Optik und der Deutschen Wirtschaftskommission, der Belegschaft des Glaswerks und des Heimatortes Stützerbach des Jubilars vereinigten, um diesem zugleich mit ihren Geburtstagswünschen ihre Gefühle der Achtung und Anerkennung, der Dankbarkeit und freundschaftlichen Verbundenheit auszudrücken, eine rühmliche Ausnahme. Galt die Huldigung in diesem Falle doch nicht nur dem Vertreter eines Geschlechts, das der Glashüttenindustrie des Thüringer Waldes seit über 400 Jahren in ununterbrochener Folge der beruflichen Überlieferung eine unübersehbare Menge tüchtiger Glasmacher geschenkt hat, sondern auch einem Manne, der sich in nunmehr 55jähriger Zugehörigkeit zum Jenaer Glaswerk vom 14jährigen Einträgerjungen aus eigener Kraft zu der heute besonders verantwortungsvollen Stellung eines technischen Leiters emporgearbeitet und sich in dieser Position gerade in der Durchführung der schwierigen Aufgaben, vor die sich die Werksleitung seit dem Zusammenbruch gestellt gesehen hat, so hervorragend bewährt hat, daß es wohl keinen Werksangehörigen gibt, der ihm nicht aus vollster innerer Überzeugung den Ehrentitel des Ersten und Besten unter den Werksaktivisten zubilligen möchte. Wenn man die schlichten und bescheidenen, gleichzeitig aber doch auch von berechtigtem Selbstgefühl getragenen Worte hörte, mit denen sich Albert Heintz in jener Weihestunde für die ihm dargebrachten Glückwünsche und Ehrungen* bedankte, empfand man so recht deutlich, daß es in unserer heutigen Lage mit der Förderung der technischen Intelligenz allein nicht getan ist, wenn dabei nicht auch gleichzeitig die sittlich-charakterlichen Werte, aus denen jede große menschliche Leistung allein geboren wird, unser Urteil über Wert und Unwert persönlicher und sozialer Leistungen entscheidend mitbestimmen. Und wenn Heintz in seiner Dankesrede, die Worte der Ergriffenheit mit einer Geste nach den hinter dem Rednerpult zwischen Blumengewinden aufgehängten Bildern der Werksgründer begleitend, u. a. sagte, er habe nicht nur als junger Arbeiter und Techniker, sondern auch bei der Formung seiner Persönlichkeit und seines Charakters immer nur das große Vorbild Schotts und Abbes vor Augen gehabt, um das, was der Augenblick, wenn auch unter anders gearteten Zeitverhältnissen, von ihm gefordert habe, in ihrem Geiste zu erfüllen, so können wir hierin eine sicher Bürgschaft dafür sehen, daß das Jenaer Glaswerk Schott & Genossen auch in seiner nunmehrigen Form als volkseigener Betrieb denjenigen Beitrag zum Wiederaufbau unserer deutschen Wirtschaft leisten wird, der seinen ruhmreichen Überlieferungen nicht minder entspricht als dem, was die Erreichung des großen Ziels einer höheren sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Organisation unseres gesamten deutschen Volkes von ihm fordert. * u. a. hatte ihm die Friedrich-Schiller-Universität Jena erstmalig die Würde eines EhrenSenators verliehen. Quelle: Herbert Kühnert, Die kulturelle Bedeutung der Jenaer Glasindustrie. Greifenverlag zu Rudolstadt 1949 (Druck).

Otto Schott (1851–1935), Porträtfotografie von 1884

3.1 Einleitung zur Edition Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen, III. Teil Der Übergang zum großindustriellen Betrieb. Vom Privatunternehmen zur Stiftung 1886–1914 von Dr. Herbert Kühnert 1959

Mit dem vorliegenden Band wird die Reihe der in den Jahren 1946 bis 1957 von der Thüringischen Historischen Kommission veröffentlichten Bände, die sich die Bereitstellung von Quellenmaterial zur Geschichte des seit 1948 in volkseigenem Besitz befindlichen Jenaer Glaswerks Schott & Genossen zum Ziel gesetzt haben, durch einen vierten Band erweitert. In dem 1946 veröffentlichten Band „Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879-1881“ war gezeigt worden, wie sich der damals noch in seiner Heimatstadt Witten an der Ruhr lebende Chemiker Dr. Otto Schott mit dem Jenaer Universitätsprofessor und Teilhaber der Optischen Werkstätte Carl Zeiss, Dr. Ernst Abbe, zu Anfang des Jahres 1881 zu einer zunächst auf rein wissenschaftliche Ziele gerichteten chemisch-physikalischen Gemeinschaftsarbeit über das optische Glas zusammengefunden hatte. Nachdem die von Schott in seinem Wittener Privatlaboratorium nach einem gemeinsamen Plan in kleinstem Maßstab durchgeführten und von Abbe in Jena auf ihre optischen Eigenschaften hin spektrometrisch untersuchten Versuchsschmelzungen im Laufe des Jahres begründete Aussicht auf die Möglichkeit der fabrikatorischen Herstellung hochwertiger optischer Handelsgläser mit zum Teil neuartigen und für die praktische Optik wichtigen Eigenschaften eröffnet hatten, waren die beiden Männer, die sich bei dieser gemeinsamen Arbeit auch freundschaftlich nahe gekommen waren, dahin übereingekommen, vom Jahre 1882 ab ihre Zusammenarbeit mit nunmehr vorwiegend praktischer Zielsetzung in einem in Jena einzurichtenden Glastechnischen Laboratorium und unter Inanspruchnahme der ihnen von der Optischen Werkstätte Carl Zeiss zur Verfügung gestellten Hilfseinrichtungen so lange fortzusetzen, bis Schott in der Lage sein würde, seinen bereits Ende 1880 zu Witten gefaßten Plan, nämlich die Gründung einer deutschen Produktionsstätte für optische und andere wissenschaftliche Zwecke zu verwirklichen. Nachdem mit diesem Briefwechselband erstmalig Quellen erschlossen worden waren, die die Vorgeschichte des aus der wissenschaftlichen Zusammenarbeit von Schott und Abbe hervorgegangenen Jenaer Glaswerks betrafen, hatte der Gedanke nahe gelegen, in weiteren Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission auch die Gründungs- und Entwicklungsgeschichte dieses in wissenschaftlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht bedeutsamen Unternehmens quellenmäßig zu verfolgen. So

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konnte denn unter weitgehend erstmaliger Auswertung des reichen, im Werksarchiv des Glaswerks zur Verfügung stehenden Quellenmaterials im Jahre 1953 ein erster Teilband der Schriftenfolge „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen“ erscheinen, in dem gezeigt wurde, wie es Schott nach seiner im Januar 1882 erfolgten Übersiedlung nach Jena gelang, durch die im dortigen Glastechnischen Laboratorium ausgearbeiteten Musterstücke optischer Gläser von teils handelsüblicher, teils neuartiger Zusammensetzung den Nachweis für die Möglichkeit ihrer erfolgreichen Anwendung in der optischen Praxis zu erbringen. Gleichzeitig wurde in diesem Teilband I gezeigt, wie Schott vom März 1883 ab in Zusammenarbeit mit der von dem Astronomen Prof. Dr. Wilhelm Foerster geleiteten Kaiserlichen Normal-EichungsKommission seine Versuchstätigkeit mit gleichem Erfolg auch auf die Darstellung von Thermometerglas mit sehr verminderter thermischer Nachwirkung ausdehnte und wie auf diese Weise die im Oktober 1883 begründete Handelsgesellschaft Schott-Abbe-Zeiss die Möglichkeit erhielt, eine mit dem Laboratorium verbundene Glashütte zu errichten, der die Aufgabe zugewiesen wurde, mit Hilfe eines vom preußischen Staat zur Verfügung gestellten Betriebszuschusses innerhalb einer auf zwei Jahre berechneten Versuchsperiode den Übergang des Unternehmens in eine leistungsfähige Produktionsstätte von Glas für optische und andere feintechnische Verwendungszwecke vorzubereiten. Der Darstellung dieser Übergangsperiode, die mit der am 1. September 1884 erfolgten Inbetriebnahme der Versuchshütte begann und bis in den Herbst des Jahres 1886 währte, war der im Jahr 1957 veröffentlichte Teilband II der „Briefe und Dokumente“ gewidmet. Die Bedeutung dieser Periode für die gesamte Gründungsgeschichte der am 23. Juli 1885 unter der Bezeichnung „Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen“ gerichtlich eingetragenen offenen Handelsgesellschaft ist in der Einleitung zu dem im Juli 1886 veröffentlichten ersten Produktions- und Preisverzeichnis von Schott und Abbe folgendermaßen charakterisiert worden: „Nach Überwindung großer und zahlreicher Schwierigkeiten, wie sie naturgemäß den Zutritt zu einem Gebiet der Technik hemmen müssen, auf welchem einem neuen Unternehmen die Erfahrungen der Vorgänger völlig verschlossen bleiben und alles aus eigenen Kräften erlernt werden muß, ist diese in Jena errichtete Produktionsstätte für optisches Glas nunmehr durch einen längeren internen Betrieb genügend gekräftigt und hat auch schon ihre technische Leistungsfähigkeit seit nahezu einem Jahre im Verkehr mit den meisten optischen Werkstätten Deutschlands erprobt, um jetzt in die öffentliche Konkurrenz eintreten zu können.“ Unter den in diesem ersten Produktionsverzeichnis aufgeführten 44 Sorten optischer Gläser befanden sich nicht weniger als 19 Schmelzungen von wesentlich neuartiger Zusammensetzung. Welche Befruchtung die praktische Optik durch sie bereits gegen Ende der Übergangsperiode erfahren hatte, geht u. a. daraus hervor, daß die Optische Werkstätte Carl Zeiss bereits im August 1886 der Öffentlichkeit einen Prospekt über ihre aus dem neuen Jenaer Glas hergestellten und von Abbe berechneten apochromatischen Objektive und Kompensations-Okulare für das Mikroskop vorlegen konnte und daß auf der im September 1886 zu Berlin tagenden Versammlung der Naturforscher außer einer Serie dieser Apochromate auch schon astronomische Fernrohrobjektive von 105 bis 175 mm Öffnung zu besichtigen waren, die die Mechanisch-optische Werkstätte von Carl Bamberg in Berlin aus Jenaer Gläsern nach Rechnungen von Abbes Mitarbeiter Dr. Sieg-

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fried Czapski hergestellt hatte. Daß sich Schotts erfolgreiche Schmelztätigkeit in der Übergangsperiode übrigens nicht nur auf die rationelle Darstellung des Glases für optische Verwendungszwecke, sondern auch auf die fabrikatorische Herstellung von Thermometerglas mit sehr verminderter thermischer Nachwirkung, also das hinfort so genannte Jenaer Normalglas, erstreckt hatte, kam in dem ersten Produktionsverzeichnis durch den Hinweis darauf zum Ausdruck, daß nunmehr auch solches Glas der Thermometerindustrie, wenn auch noch nicht in kontinuierlichem, sondern zunächst nur periodischem Betrieb zur Verfügung gestellt werden könne. Von diesen aus der oben erwähnten Gemeinschaftsarbeit Schotts mit der Kaiserlichen Normal-Eichungs-Kommission hervorgegangenen Glassorten war das bald berühmt gewordene Glas 16/III von Schott bereits am 13. November 1884 erstmalig im technischen Maßstab erschmolzen worden. Im Januar 1885 war dieser Schmelzung die Darstellung des höheren wissenschaftlichen Ansprüchen entgegen kommenden Glases 18/III gefolgt. Am 25. Juli 1885 hatte sich das Glaswerk diese mit einem eingeschmolzenen roten Streifen versehenen Normalgläser unter Markenschutz stellen lassen. Am 12. November des gleichen Jahres hatte Schotts Studienfreund, der damals bei der Normal-Eichungs-Kommission angestellte wissenschaftliche Hilfsarbeiter Dr. Hermann Friedrich Wiebe, in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie der Wissenschaften abschließend über die Vorzüge des Jenaer Normalglases berichtet, und als um die gleiche Zeit die amtliche Prüfung von Thermometern im Deutschen Reich eingeführt worden war, wurde allgemein anerkannt, daß diese auf eine Hebung des Niveaus der deutschen Thermometer-Industrie gerichteten Maßnahmen ohne die im Jenaer Glaswerk auf diesem Gebiet geleistete Pionierarbeit nicht hätten durchgeführt werden können. Für das junge Jenaer Unternehmen bedeutete die am Ende der Versuchsperiode erfolgte Einführung des verbesserten Thermometerglases zwar zunächst keinen nennenswerten geschäftlichen, dafür aber insofern einen umso größeren moralischen Erfolg, als die oben erwähnte staatliche Subventionierung der Jenaer Bestrebungen zur Herstellung von verbessertem optischen Glas von der Bedingung abhängig gemacht worden war, daß Schott in seine Versuchsarbeit auch das Thermometerglas mit einbeziehen sollte. Berücksichtigt man übrigens, daß sich Schott von Anfang an das Ziel gesetzt hatte, das ihm vorschwebende Glaswerk nicht nur der Erzeugung optischer Gläser, sondern auch solcher für andere wissenschaftliche und feintechnische Verwendungszwecke nutzbar zu machen, so muß man es geradezu als ein Glücksumstand betrachten, daß er sich genötigt sah, schon in der Gründungszeit des Glaswerks diesem allgemeinen Ziel entgegenzuarbeiten und damit für die großartige Entfaltung, die das Glaswerk in der Folgezeit auch nach der Seite der nicht-optischen Gläser hin nehmen sollte, den festen Grund zu legen. Hatte ursprünglich der Plan bestanden, diesen drei die Vor- und Gründungsgeschichte des Jenaer Glaswerks behandelnden Publikationen als Teil III der „Briefe und Dokumente“ einen vierten Band folgen zu lassen, in dem die Entwicklung des Werks von seinem ersten Hervortreten an die Öffentlichkeit bis zur Gegenwart in großen Zügen ebenfalls quellenmäßig verfolgt werden sollte, so haben Erwägungen, die das ungewöhnlich reiche und gleichzeitig bedeutungsvolle Quellenmaterial betrafen dazu geführt, diesen Plan derart abzuändern, daß in diesem III. Teilband die Darstellung der Werksgeschichte zunächst nur bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs geführt werden, die restliche Etappe aber einem die gesamte Schriftenfolge abschließenden vierten Teilband vorbehalten blei-

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ben sollte. In sachlicher Hinsicht ergab sich diese Unterteilung aus der Überlegung, daß die durch den Ersten Weltkrieg bedingte mehrjährige Abschnürung des Glaswerks von seinen Weltverbindungen einen tiefgehenden Umbruch bedeutete, daß es durch die dann zunächst folgende zwangsläufige Einordnung in die deutsche Kriegswirtschaft seiner eigentlichen Bestimmung weitgehend entfremdet wurde und erst nach dem Zusammenbruch des Jahres 1918 wieder versuchen konnte, die durch den Krieg verloren gegangenen ausländischen Absatzmärkte unter wesentlich erschwerten Bedingungen wieder zu gewinnen. Der vorliegende Band ist demnach inhaltlich grundsätzlich der Behandlung der Werksgeschichte vom Herbst des Jahres 1886 bis 1914, d. h. von dem Eintritt des Werks in die öffentliche Konkurrenz bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs im August 1914 gewidmet. Für die gesamte Entwicklung des Glaswerks ist diese Betriebsperiode insofern bedeutungsvoll, als in ihrem Verlauf unter Schotts wissenschaftlicher, technischer und geschäftlicher Leitung von den anfänglich nur dem optischen und Thermometerglas gewidmeten Privat-Untersuchungen zu einem großindustriellen Stiftungsbetrieb emporgeführt wurde, dessen vielfältige, durchweg auf wissenschaftlich-technischer Originalität beruhende und den verschiedensten wissenschaftlichen und feintechnischen Gebrauchszwecken dienende Erzeugnisse schließlich in alle Erdteile hinausgingen, während der durch sie erzielte Reingewinn von 1891/92 ab zu 50, später zu 100 Prozent der von Abbe 1889 begründeten und dem Andenken seines 1888 verstorbenen Partners und Freundes Dr. Carl Zeiss gewidmeten, betriebs- und gemeinnützigen Zwecken dienenden Stiftung zugeführt wurde. Hatte das Glaswerk z. B. im Geschäftsjahr 1886/87 bei einem Geschäftskapital von rund 105 000 Mark mit nur 15 Werksangehörigen einen Jahresumsatz von 61 700 Mark erzielt, so war im Geschäftsjahr 1913/14 das nun zur Hälfte der Carl Zeiss-Stiftung gehörige Geschäftskapital auf 6 000 000 Mark, die Zahl der Werksangehörigen auf 1 217 und der Jahresumsatz auf rund 7 200 000 Mark gestiegen. Nachdem zu der ursprünglichen Werksproduktion von optischen und Thermometerglas, seit 1892 das Geräteglas für chemische Laboratorien und seit 1893 das hitzebeständige Glas für Gasglühlichtbeleuchtung hinzugekommen war, waren an die Stelle der ersten Versuchsglashütte bis Ende des Jahres 1899 bereits vier Glashütten mit 12 Schmelzöfen und 33 Vorwärm- und Kühlöfen getreten und von den in ihnen erzeugten Glaswaren im Verkaufswert von rund 1 900 000 Mark war schon fast die Hälfte ins Ausland geliefert worden. Weiter: als man zu Anfang des Jahres 1911 daran ging, den Betrieb des Glaswerks schrittweise vom System der Häfenöfen auf den rationelleren Wannenofenbetrieb umzustellen, hatte sich die Zahl der zum Werk gehörigen Glashütten auf sieben (nämlich zwei optische, zwei Rohrhütten, eine Geräteglashütte und vier Hohlglashütten) vermehrt, und es wurden in dem Werk nunmehr auch neu hinzu gekommen glaselektrische Artikel (z. B. Quecksilber-Dampflampen und Elektrizitätszähler) hergestellt. Zu den Glashütten waren inzwischen auch eine Schleiferei, eine Ätzerei, ein Sandgebläse und eine Lampenbläserei hinzugetreten. Ferner gehörten nun dazu: eine chemische Fabrik zur werkseigenen Erzeugung von Borsäure und Fraktionssalz, eine Gasanstalt, zwei Kraftstationen für elektrischen Strom, eine elektrische Werksbahn, sowie die zu Tannroda bei Weimar gelegenen Zweigbetriebe Sägewerk mit Kistenfabrik und Papierfabrik. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs war zu der ersten noch eine zweite, nun mit 25%iger Brennstoffeinsparung verbundene Gaserzeugeranlage mit 6-Pötter Drehrostgenerator hinzugekom-

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men, ferner der im Sommer 1914 erbaute, auf dem Prinzip des Tunnelofens beruhende neue Temperofen mit fahrbarem Herd, der den Bruch der Glashäfen beim Antempern von 11 bis 13% auf 1 bis 2% zurückgehen ließ und gewaltige Kohleersparnis mit sich brachte. Für die Erweiterung und Verbesserung der Produktion an Sondergläsern hatte nun eine Reihe von neu entwickelten Glasarten Bedeutung gewonnen, so das 1903 erstmalig erschmolzene, für die ultravioletten Strahlen weitgehend durchlässige Uviolglas, das seit 1910 für die Gruppe der Beleuchtungsgläser wichtig gewordene Supraxglas und das 1913 im Werk entwickelte Supremaxglas, das sich sowohl für Thermometer bis 635° wie auch für Wasserstandsgläser und für Verbrennungsanalysen als besonders gut brauchbar erweisen sollte, dann das für Ampullen zur Aufnahme sterilisierter Lösungen bestimmte Fielax-Röhrenglas und viele andere sowohl durch Markenzeichen wie in- und ausländische Patente geschützte Sondergläser mehr. Welche Bedeutung – neben der Optischen Werkstätte Carl Zeiss – das Glaswerk im Lauf der Jahre für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Carl Zeiss-Stiftung gewonnen hatte, ergibt sich daraus, daß der der Stiftung aus dem Glaswerk zugeflossene Gewinnanteil, der beispielsweise im Geschäftsjahr 1890/91 erst rund 11 200 Mark (= 1/6 des Gesamtgewinns) und 1891/92 rund 49 000 Mark (= ½ des Gesamtgewinns) betragen hatte, bis zum Beginn des Weltkriegs auf nicht weniger als rund 1 064 000 Mark angestiegen war, wobei zu berücksichtigen ist, daß diese Gewinnanteile vom Glaswerk der Stiftung jeweils erst dann für allgemeinnützliche Zwecke zur Verfügung gestellt wurden, nachdem es die ihm durch das Stiftungsstatut zugewiesenen, weit über das gesetzliche Maß hinausgehenden sozialen Verpflichtungen gegenüber den Werksangehörigen erfüllt hatte. Wenn es dem Leser des vorliegenden Bandes zunächst auch befremdlich erscheinen könnte, daß er nunmehr in einem einzigen Band mit einer fast drei Jahrzehnte überspannenden und gewiß bedeutungsvollen Entwicklungsperiode des Jenaer Glaswerks vertraut gemacht werden soll, während jedem der vorausgegangenen Bände nur eine solche von zwei Jahren zugrunde gelegen hatte, so handelt es sich in Wirklichkeit doch nur eben um eine scheinbare Disproportion in der Aufgliederung des gesamten Stoffes. Wärend es nämlich bei den früheren Bänden darauf ankommen mußte, die Gründungsjahre des Glaswerks mit Hilfe von weitgehend erstmalig erschlossenen Quellen gleichzeitig erschöpfender und korrekter zu schildern, als dies in der bis dahin vorliegenden einschlägigen Literatur möglich gewesen war, liegt über die nunmehr zu behandelnde Betriebsperiode bereits eine reiche, teils mehr zusammenfassende, teils mehr oder weniger spezialisierte Literatur vor, die es zwar ebenfalls noch durch wichtige, bisher unerschlossen gebliebene Quellenbestände zu ergänzen gilt, die aber die mit dem vorliegenden Band angestrebte Veranschaulichung der wissenschaftlichen, technischen, wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gesamtentwicklung des Glaswerks durch ausgewählte Briefe und Dokumente nicht unwesentlich erleichtert. So hat schon im Jahre 1888 Schott selbst in seinem Berliner Vortrag „Über Glasschmelzerei für optische und andere wissenschaftliche Zwecke“ einen zusammenfassenden Bericht über die bis dahin im Glaswerk erzielten wissenschaftlichen und technischen Ergebnisse erstattet. Über weitere wesentliche Fortschritte in der Jenaer Glasfabrikation hat er bis 1906 mehrfach in Vorträgen und Gemeinschaftsarbeiten (z. B. mit Adolph Winkelmann, Mordko Herschkowitsch) berichtet. Auch von Abbe ist in einem 1896 zu Berlin gehaltenen Vortrag über die bis dahin im Jenaer Glaswerk besonders in bezug auf die Herstellung sehr großer Linsen für Fernroh-

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re und der gegen den schroffsten Temperaturwechsel unempfindlichen Lampenzylinder weiter erzielten Fortschritte zusammenfassend berichtet worden. Von geradezu grundlegender Wichtigkeit ist in diesem Zusammenhang das im Jahre 1900 von Heinrich Hovestadt veröffentlichte und alsbald in zahlreiche Fremdsprachen übersetzte Buch „Jenaer Glas“, weil hier zum ersten Mal zusammenfassend über die zahlreichen Spezialarbeiten berichtet wurde, die bis dahin bereits in Zeitschriften des In- und Auslandes über das neue Jenaer Glas und seine vielfältige Verwendung in Wissenschaft und Technik veröffentlicht worden waren. Als weiteres literarisches Beispiel für eine allerdings vorwiegend nur auf die wissenschaftlich-technische Seite der Jenaer Glasgeschichte bezügliche Leistungsrückschau ist die von den damaligen wissenschaftlichen Mitarbeiter im Glaswerk Dr. Eberhard Zschimmer im Jahre 1909 veröffentlichte Schrift „Die Glasindustrie in Jena. Ein Werk von Schott und Abbe. Entstehung und Entwicklung in den ersten 25 Jahren“ zu nennen. Selbst die kleine, vom Jenaer Glaswerk aus Anlaß seines 50jährigen Bestehens herausgegebene Gedenkschrift „1884 – 1934“ ist für den vorliegenden Teilband insofern von großem Wert, weil sie neben einem allgemeinen Überblick „Otto Schott und sein Werk“ und einem Plan über die bauliche Entwicklung zum Großbetrieb und einer Statistik über die Zahl der Werksangehörigen von 1884 bis 1934 auch einige dokumentarischen Wert besitzende Erinnerungen älterer Mitarbeiter enthält, die bis in die ersten 1890er Jahre zurückreichen. Über den Zusammenhang zwischen dem Glaswerk und der Carl Zeiss-Stiftung in der Zeit bis 1896 ist erstmalig eine durch Briefe und Dokumente erläuterte und somit frühere Arbeiten über Abbe und die Stiftung wesentlich berichtigende und ergänzende Darstellung gegeben worden in der 1940 erschienenen Schrift von Dr. Friedrich Schomerus über „Wesen und Werden der Carl ZeissStiftung“. Die lange Reihe der Gesamtwürdigungen, die Schotts Lebenswerk erfuhr, nachdem er am 27. August 1935 im Alter von nahezu 84 Jahren im Schatten des von ihm gegründeten und bis zum 1. Januar 1927 geleiteten Jenaer Glaswerks verstorben war, wurde beispielgebend eröffnet durch den von seinem langjährigen Mitarbeiter Dr. Edwin Berger im Januarheft des Jahrgangs 1936 der „Zeitschrift für technische Physik“ veröffentlichten Aufsatz „Otto Schotts Werk“. Sie zeichnete sich, ebenso wie eine ähnliche, im Jahre 1942 von Dr. Friedrich Schomerus veröffentlichte Gesamtwürdigung „Dr. Otto Schott“, vor vielen anderen derartigen Publikationen dadurch aus, daß sie in die Würdigung von Schotts glaswissenschaftlichen und glastechnischen Leitungen auch diejenigen mit einbezog, die er sich auf sozialpolitischem Gebiet durch die schrittweise Überführung des Jenaer Glaswerks in die Rechtsform einer unpersönlichen und gemeinnützigen Stiftung erworben hatte. So sehr sich der Bearbeiter des vorliegenden Bandes durch die vorstehend genannten Publikationen in Verbindung mit der neben ihnen vorliegenden umfangreichen Spezialliteratur bei seinem Bestreben gefördert sah, sich zunächst einen allgemeinen Überblick über die wissenschaftliche, technische, wirtschaftliche und sozialpolitische Gesamtentwicklung des Jenaer Glaswerks aus seinen anfänglichen, in mancher Beziehung nach patriarchalisch anmutenden Betriebsverhältnissen zu einem auf weitgehender Arbeitsteilung beruhenden unpersönlichen Großbetrieb zu verschaffen, so gering war, von einigen Ausnahmen abgesehen, ihre Ergiebigkeit für die Bereitstellung von solchem primären Quellenmaterial, wie dies dem Charakter unserer Schriftenfolge entspricht. Für dieses Material mußte auch diesmal wieder, wie bei den früheren Teilbänden, im Wesentlichen

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auf die Bestände des seit dem Jahr 1936 dem Jenaer Glaswerk angegliederten Werksarchiv zurückgegriffen werden. Der allgemeinen Charakteristik, die der Bearbeiter bereits in den Teilbänden I (S. LXIII ff.) und II (S. XVII und XCII) diesen Beständen hinsichtlich ihrer Provenienz und ihres wesentlichen Inhalts gewidmet hat, bleibt hier nur wenig hinzuzufügen. Für den vorliegenden Band hat es sich nun als besonders wertvoll erwiesen, daß die mit dem Jahrgang 1891/92 beginnenden Handakten des jeweiligen Stiftungskommissars der Carl Zeiss-Stiftung, die mit anderen Beständen des Thüringischen Staatsarchivs [heute Thüringisches Hauptstaatsarchiv] Weimar im Jahr 1945 in der Zweigstelle Bad Sulza Kriegsverlust sind, schon vor ihrer Vernichtung in Form von Photokopien dem Jenaer Werksarchiv hatten zugeführt werden können. Auch einer aus der Werbeabteilung des Glaswerks an das Werksarchiv abgegebenen mehrbändigen Sammlung von Geschäftsdrucksachen, die bis in die Gründerzeit des Glaswerks zurückreichen, konnte höchst wertvolles, weil selten gewordenes Quellenmaterial entnommen werden. Auf der anderen Seite waren in den Beständen des Werksarchivs nun auch gerade für den vorliegenden Band schmerzliche Lücken festzustellen, da schon vor der Einrichtung des Werksarchivs in den einzelnen Werksabteilungen umfangreiches Material, das über in die Entwicklung der Lohn- und Gehaltsverhältnisse, der Warenproduktion und des Warenabsatzes tiefere Einblicke hätte gewähren können, der Vernichtung anheimgefallen war. Immerhin ist es dem Bearbeiter möglich gewesen, auch im Falle des vorliegenden Bandes wieder manche dieser Lücken leidlich zu schließen. Zum Beispiel war es ihm möglich, unter dankenswerter Förderung vonseiten der Abteilung Merseburg des Deutschen Zentralarchivs [Bestände heute im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem], der Firma Optische Werke C. A. Steinheil in München und des von Herrn Dr. Rudolf Loher begründeten Münchener Archivs für angewandte Optik dem Bestand des Jenaer Werksarchivs in Form von Photokopien eine wahre Fülle von noch unerschlossenen Material an wichtigen Briefen und Dokumenten zuzuführen, die sich auf die erstmalige praktische Verwendung des Jenaer optischen Glases für photographische und astronomische Zwecke beziehen. Immerhin ist das auch für den vorliegenden Band zur Verfügung stehende Quellenmaterial wieder mehr als reichhaltig genug, um uns auf Grund der aus ihm ausgewählten Briefe und Dokumente einen das Wesentlichste betreffenden Einblick in die den Zeitraum von Ende 1886 bis in den August 1914 umfassende Entwicklungsperiode des Jenaer Glaswerks zu ermöglichen. Berücksichtigt man, daß unser Band einen ungleich längeren Zeitraum zu behandeln hat, als die früheren, daß für die Darstellung der jüngeren Werksperioden mehr Quellenmaterial zur Verfügung steht als für die der älteren zur Verfügung gestanden hatte, daß sich das Glaswerk selbst im Lauf der Jahre ständig, in den 1890er Jahren geradezu stürmisch, vergrößert und sowohl innerlich wie nach außen hin differenziert hat, so ist es selbstverständlich, daß es bei der Auswahl der in den Band aufzunehmenden Briefe und Dokumente ein strengerer, d. h. mehr auf das typische, wesentliche und charakteristische gerichteter Maßstab angelegt werden mußte als bei den früheren. Auch, daß die Darbietung des Quellenmaterials nun weitgehend in der Form des Regests geschehen mußte, besonders, wenn umfangreiche Briefe oder Dokumente von verschieden wichtigem Inhalt nicht gänzlich von der Auswahl ausgeschlossen bleiben sollten, findet in solchen Erwägungen und nicht zuletzt auch in der notwendigen Berücksichtigung buchtechnischer Gesichtspunkte seine Erklärung.

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Ebenso, wie es in den früheren Teilbänden geschehen ist, soll auch im vorliegenden wieder versucht werden, aus der Fülle des vorliegenden Quellenmaterials die für die Werksentwicklung jeweils wesentlichen Tatsachen und Teilfortschritte derart hervorzuheben, daß dem Leser gleichzeitig die Gesichtspunkte verständlich werden, nach denen auch im vorliegenden Teilband wieder die dargebotenen Briefe und Dokumente in mehrere Einzelabteilungen aufgegliedert worden sind.

I Die erste Abteilung umfaßt die Zeit vom Herbst 1886 bis in die zweite Hälfte des Jahres 1891, d. h. den zwischen dem Eintritt des Glaswerks in die öffentliche Konkurrenz und seiner (zunächst teilweisen) Überführung in den Besitz der Carl Zeiss-Stiftung liegenden Zeitraum. Ihre sachliche Rechtfertigung findet diese Untergliederung einerseits darin, daß dem Leser die Möglichkeit geboten werden muß, die Entwicklung der Dinge im Glaswerk von dem Zeitpunkt an weiterzuverfolgen, bis zu dem er durch den vorausgegangenen Band orientiert worden war, andererseits darin, daß die von 1891 ab begonnene geschäftliche Partnerschaft Schotts mit der von Abbe begründeten Stiftung den ersten entscheidenden Schritt in der Richtung auf das von Schott bereits damals vertraglich festgelegte Ziel einer späteren Überführung seiner Besitzanteile am Glaswerk in die Carl Zeiss-Stiftung, also in die Form einer unpersönlichen, dem restlosen Dienst am Gemeinnutz verpflichteten juristischen Person bedeutete. Hinzu kommt hierbei auch die Überlegung, daß erst vom Jahre 1891 ab die ursprünglichen, wesentlich auf die Herstellung von optischem und Normal-Thermometerglas gerichteten Produktionsziele des Glaswerks eine entscheidende Erweiterung erfuhren und daß erst im Zusammenhang mit dieser Erweiterung die Entwicklung des ursprünglichen Kleinbetriebs zum Großbetrieb eingesetzt hat. Wie verhältnismäßig wenig sich das äußere Gesicht des Glaswerks in der Zeit von 1886 bis in den Sommer 1891 verändert hatte, ergibt sich, wenn man die Einleitung unseres Teilbandes II (S. XIII ff.) mitgeteilte Schilderung aus dem Jahr 1886 mit derjenigen vergleicht, die der spätere Hauptkassierer und Prokurist im Glaswerk, Herr Paul Rödiger, (in der oben erwähnten Festschrift 1884 – 1934) von dem Zustand gegeben hat, in dem er das Glaswerk vorfand, als er im August des Jahres 1891 in das damals noch immer „Glastechnische Laboratorium“ genannte Werk als kaum 16jähriger kaufmännischer Lehrling eintrat. Seine „Erinnerungen an 1891“ sind anschaulich und aufschlußreich genug, um hier nochmals abgedruckt zu werden, zumal die erwähnte Festschrift von 1934 längst vergriffen ist. Rödigers Bericht lautet wie folgt: „Erinnerungen an 1891 Mitte August 1891 trat ich als kaufmännischer Lehrling in das Werk ein. Einem gütigen Geschick, besonders aber auch dem Vertrauen und Wohlwollen der Jubilarin verdanke ich es, heute als Hauptkassierer und Prokurist der dienstälteste Werksangehörige zu sein. Aus diesem Grunde ist man an mich herangetreten, einiges über Werk und Leute aus dem Jahre 1891 zu erzählen. Zwei vor mir eingetretene Geschäftsangehörige erfreuen sich heute noch bester Gesundheit, leben aber im wohlverdienten Ruhestand. Es sind dies die Herren Dr. Rudolf

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Klett und Hermann Grünewald. Als zweiter kaufmännischer Beamter war 1891 Herr August Nußpickel tätig. Er war als erster kaufmännischer Lehrling im Jahre 1885 eingetreten, ging aber nach seiner Militärzeit 1893 zur Firma Zeiss über, wo er noch heute als Prokurist und Leiter der Verkaufsabteilung in voller Rüstigkeit tätig ist. Im Juli 1891 verlebte ich, wie alljährlich, meine großen Ferien bei meinen Verwandten in Jena und Lobeda. In der Jenaischen Zeitung wurde damals von dem ‚Glastechnischen Laboratorium Schott & Gen.‘ ein kaufmännischer Lehrling mit Einjährigenzeugnis und Sprachkenntnissen für sofort gesucht. Hierauf aufmerksam geworden, meldete ich mich und wurde nach einer persönlichen Vorstellung und Rücksprache mit Herrn Dr. Otto Schott als Lehrling für Mitte August 1891 verpflichtet. Mein etwas vorsichtiger Großvater aus Lobeda hatte es aber für angebracht gehalten, vor meiner Bewerbung bei seinem Freunde Krüger, dem Besitzer der seinerzeit am Magdelstieg gelegenen Ziegelei, Erkundigungen über der Allgemeinheit noch wenig bekannte Laboratorium einzuziehen. Die Auskunft war wohl recht gut ausgefallen, denn mein Großvater und auch meine Eltern legten meiner Bewerbung daraufhin nichts in den Weg. Die Firmenbezeichnung ‚Glastechnisches Laboratorium Schott & Gen.‘ – wie sie seit der Gründung 1884 gewählt worden war – traf schon 1891 nicht mehr recht zu; denn schon damals fand ich einen zwar kleinen, aber regelrechten Fabrikbetrieb vor, in dem allerdings noch allerlei Versuchsarbeiten auf glastechnischem Gebiete in kleinen Schmelztiegeln gemacht wurden. Der Zugang zum Werk, das mit einem großen Schornstein die Flur zwischen Jena und Lichtenhain beherrschte, war noch nicht so geebnet wie heute. Hinter dem früheren schmalen Durchgang unter der Weimar-Geraer Bahn standen zerstreut nur wenige Häuser; das geschlossene Straßenbild von Jena war am Durchgang zu Ende. Die jetzige Otto-Schott-Straße führte unter der Bezeichnung ‚Lichtenhainer Weg‘ als Hohlweg bergauf zur Lichtenhainer Gemarkung. Oft blieben die schweren Fuhren zum Werk im Schlamm und Schnee stecken. Für Fußgänger war auf beiden Seiten ein schmaler Wiesenweg vorgesehen. Ein Rechteck – unser Hof heute – umfaßte damals das gesamte Werk. Die heute den freien Platz nach drei Seiten begrenzenden Gebäude stammen in ihrer Grundform noch aus der Gründungszeit, sind aber inzwischen durch Um- und Anbauten anderen Zwecken nutzbar gemacht worden. Nach Osten stand die Schmelzhütte mit dem großen Schornstein, davor die kleine Gasometeranlage. Aus der Schmelzhütte führte nach Osten den Bahngleisen zu der Auslauf für die Röhrenzieher. Nach Norden die Straße entlang schloß sich ein Fachwerkbau an, in dem die Tonmühle, die optische Schleiferei und einige Räume für Lager und Laboratorien untergebracht waren. Der Flügel nach Westen enthielt einen Büroraum, die Hafenmacherei, Ton- und Steinstube. Die optische Glasaussucherei und das Glaslager befanden sich an der Schmelzhütte nach Süden. Das Rohrlager war unter dem Dach des Westflügels untergebracht. Nach Süden führte ein Tor auf das freie Feld und zu einem kleinen Arbeiterwohnhaus, das lange Jahre bewohnt war. Meinen Arbeitsplatz erhielt ich zunächst in dem allgemeinen Büroraum an einem Seitentisch, auf dem allerlei optische Gläser und Rohre zur Ansicht lagen. Im gleichen Zimmer hatten Dr. Otto Schott einen Schreibtisch, meine Vorgesetzten und Lehrmeister

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die Herren Klett und Nußpickel ein Doppelstehpult inne. Außerdem zierte noch ein Geld- und Bücherschrank, der auch heute noch in Gebrauch ist, den Raum. Nach einigen Wochen erhielten die drei Kaufleute einen eigenen Arbeitsraum neben dem chemischen Laboratorium. Herr Dr. Otto Schott benutzte nun allein das Eckzimmer, das Ausblick auf Hof und Schmelzhütte bot. Heute wird dieser Raum vom Pförtner am Mitteltor eingenommen. Die Verbindung mit dem Kontor wurde durch ein Sprachrohr aufrecht erhalten. Die erste Fernsprechanlage wurde erst später mit der Firma Carl Zeiss hergestellt, der dann das Stadttelefon folgte. Als Lehrling hatte ich zunächst die üblichen kleinen Kontorarbeiten und Botengänge zu erledigen. In der Frühe mußte ich den Briefträger des Südviertels in der Post oder unterwegs zu erreichen suchen, um die Geschäftspost in Empfang zu nehmen. An Lohntagen war allerlei Kleingeld in Ladengeschäften einzuwechseln, eine Bankverbindung oder gar Reichsbank kannte man noch nicht. Über Mittag gab es Stadtbesorgungen und Aufträge bei der Firma Carl Zeiss zu erledigen, denn, wie schon erwähnt, es fehlte der Fernsprecher. In später Abendstunde ging es wieder zur Post mit Briefschaften und Paketen, die ich im Laufe des Tages gepackt hatte. Auch wurde ich viel zu praktischen Arbeiten im optischen Glas- und Röhrenlager sowie im Laboratorium herangezogen. Es wurde dadurch meine Tätigkeit sehr abwechslungsreich und interessant; sie brachte mir jedenfalls für später wertvolle Kenntnisse. Auf diese Weise kam ich auch mit allen Werksangehörigen tagtäglich in Berührung. Das Werk beschäftigte 19 Arbeiter und Angestellte. Über allen stand als Mitinhaber und Leiter Herr Dr. Otto Schott. In ihm vereinigten sich vielfaches Wissen und Können in einer Person. Er war nicht nur der erfinderische Glaschemiker, sondern auch der große Praktiker im Ofenbau und Hüttenwesen. Auch in kaufmännischen Angelegenheiten zeigte er sich als Meister, zumal er über vollendete Sprachkenntnisse verfügte. Ihm zur Seite stand als Chemiker Herr Emil Grieshammer, unermüdlich tätig im Laboratorium, Schmelzbetrieb, in der Salzkammer und im Röhrenlager. Er scheute sich nicht, überall da, wo es an Arbeitskräften fehlte, selbst mit Hand anzulegen. Als Hütten- und Schmelzmeister, Hafenmacher und Ofenbauer lernte ich Josef Schmidt kennen. Im Werk nannte man ihn Meister Schmidt oder auch kurzweg „Michmann“ nach einem von ihm vielgebrauchten Ausdruck. Dieser Mann war eine Klasse für sich, durch und durch Meister auf seinen vielseitigen Arbeitsgebieten. Auch Herr Carl Schmidt, ein älterer Bruder von Josef Schmidt, betätigte sich noch als Meister im Werk, welchen Posten er wie sein Bruder seit Gründung mit großen Fachkenntnissen innehatte. Wegen Kränklichkeit mußte Carl Schmidt schon 1892 seine Tätigkeit aufgeben, Josef Schmidt dagegen war noch bis 1911 tätig. Diese drei Herren bildeten gemeinsam mit Herrn Dr. Otto Schott die wissenschaftliche und technische Säule der kleinen Firma, deren Erzeugnisse Herr Rudolf Klett als erfahrener Kaufmann verwaltete und verwertete, zusammen mit Herrn Nußpickel, der in der Hauptsache die optischen Aufträge neben allgemeinen Kontorarbeiten erledigte. Alle diese Herren sind mir damals und später leuchtende Beispiele in Arbeitsfreudigkeit und Gewissenhaftigkeit gewesen. Lebhaft erinnere ich mich auch noch der Arbeiterschaft, die aus 14 Leuten bestand. Meister im Röhrenziehen war Herr Vorberg, sein Gehilfe und Läufer Septimus Haag.

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Vorberg verließ bald die Firma; Haag – genannt Sepp – wurde dann Rohrziehmeister. Ein Sohn von ihm ist heute im Maschinenbau als Meister tätig. Die Hauptabteilung – das optische Glas – beschäftigte drei Leute. Albrecht und Göbert suchten das optische Glas aus. Es wurde in Platten gesenkt und die dann gewonnenen Platten von Hense geschliffen und poliert. In der Schleiferei mußte auch der Maschinist Lentz mit einspringen. Seine kleine Dampfmaschine – die mit nur wenigen Pferdekräften die Schleifmaschine, die Tonmühle und einen Blasebalg für die Schmiede betrieb – war in der Schleiferei untergebracht. Das Rohrlager hatte Herr Grieshammer unter sich, dem Friedrich Büchner II aus Lichtenhain als Aussucher und Packer zugeteilt war. Friedrich Frick, Fritz Hegner und Büchner I aus Ammerbach beherrschten die Tonund Hafenstube. Frick war außerdem als Schmelzer in der Hütte tätig. Weißke und Grünewald wurden in der Tonmühle und in dem Gemengeraum (Salzkammer) beschäftigt. Enke und Przybyl (ein Pole, der leichteren Aussprache halber kurzweg „Schiebelack“ genannt) bedienten in Wechselschicht den Gasometer für die Schmelzhütte. Das Hüttengas wurde aus Braunkohlen erzeugt. Nebenbei mußten diese zwei Leute auch den Schmelzbetrieb überwachen und die unter Feuer stehende Glasmasse rühren. Jedermann hatte zwar eine bestimmte Tätigkeit; doch wurden die Leute auch an jeder anderen Stelle eingesetzt, wie es der Schmelzbetrieb erforderte. Überall konnte man eine gute Zusammenarbeit feststellen. Es liegt mir noch ein Lohnbuch von 1891 vor. Am besten wurde bezahlt der Maschinist Lentz, und zwar mit 4 Mark für den zehnstündigen Arbeitstag. Die Heizer erhielten für die volle Woche von sieben Arbeitstagen einschließlich Sonntag 22 Mark, die anderen Tagelöhne schwankten zwischen 3,50 und 2,50 Mark. Für Überstunden gab es keinen Aufschlag. Die beiden Röhrenzieher arbeiteten im Akkord, wobei die Verdienste reichlich, aber schwankend waren. Nur kurze Zeit behielt das Werk den kleinen Umfang. Ende 1893 begann der Aufstieg dank der weiteren Erfindungen des unermüdlichen Herrn Dr. Otto Schott. Das Geräteglas, die Wasserstands- und Laboratoriumsröhren, die Gasglühlicht-Zylinder und die übrigen Beleuchtungsgläser waren Bausteine in der Weiterentwicklung. Es folgte dann später die Herstellung von Elektrizitätszählern, Quecksilberlampen, Gleichrichtern, Wirtschaftsgläsern, alles Erzeugnisse, die dem Werk die heutige Ausdehnung und den Weltruf brachten.“ Soweit Rödigers Bericht aus dem Jahre 1891. Durch seine Vergleichung mit dem oben erwähnten Situationsbericht aus dem Jahre 1886 kann man einigermaßen überschauen, welche wesentlichen Veränderungen die äußere Gestalt des Glaswerks und sein Personalbestand in der Zwischenzeit erfahren hatte. Da wir der Einleitung zum Teilband II auch einen allgemeinen Ausblick auf die Gesamtentwicklung des Glaswerks bis etwa 1891 eingefügt hatten, wollen wir, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, hier, von 1891 ausgehend, auf die gleiche Betriebsperiode noch einmal zurückschauen, zumal sich so unserer Darstellung zwanglos eine Reihe von wichtigen Einzeltatsachen einfügen läßt, die wir erst neuerdings erschlossenen Quellen entnehmen konnten. Was zunächst die wichtigeren, nach 1886 in der Werksanlage vorgenommenen baulichen Veränderungen betrifft, so wurde die Glashütte im Sommer 1887 durch zwei Anbauten vergrößert, die bis zum 1. September fertiggestellt waren. Der größere, massiv

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gebaute und mit einem Eisendach von 10 mal 9,6 qm Fläche versehene war dazu bestimmt, einen bis dahin der Hütte befindlichen Senkofen aufzunehmen. Er war genau so groß wie ein bereits neben ihm befindlicher älterer Anbau an die Hütte. Der zweite, kleinere Anbau sollte einen neuen (verglichen mit dem in der Hütte befindlichen) kleineren Regenerativofen aufnehmen, und wie in dem zum ersten Ofen gehörigen Hafen nun nur noch durchaus optisches Silikatglas geschmolzen werden sollte, so sollte der zum neuen Ofen gehörige Hafen dazu dienen, Phosphat- und Borat-Spezialgläser, Thermometerglas, Wasserstandsröhren, Deckglas zu Mikroskopen, schwerschmelzbare Röhren aus Kaliglas, Laboratoriums-Gegenstände wie Kolben, Bechergläser und buntes Glas in gezogenen massiven Stangen zu produzieren. Nachdem Schott bis zum 25. Januar 1888 an diesem Ofen noch einige Änderungen angebracht hatte, unterschied er sich von dem großen in der Hütte befindlichen Siemens-Ofen mit freier Flammenentfaltung dadurch, daß er kleiner war und eine bequemere Wechseleinrichtung hatte, auch durch die Verschiedenheit in der Lage der Kammern zum Ofen weniger kostete. Zur Ermöglichung der beiden Anbauten war für 4 000 Mark ein Nachbargrundstück im Frühjahr 1887 erworben wurden. Kaum waren diese Anbauten vollendet, als sich auch die Erweiterung des bis dahin zum Häfenmachen benutzten Arbeitsraumes als notwendig erwies. Die baupolizeiliche Abnahme dieser Vergrößerung konnte am 1. März 1888 erfolgen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß in dem neuen kleinen Regenerativofen – vom 8. Februar 1888 ab – Schott, beginnend mit der Sorte S.144, eine Serie von Borat- und PhosphatSpezialgläsern erschmolz und sich dabei erstmalig mit trefflichem Erfolg einer Sorte von Pfälzer Schmelzhäfen aus Rakonitzer Schamotte bediente, die er mit einem während des letzten Jahres durch Versuche ausprobierten Gemisch aus geschlämmtem Halleschen Kaolin und sehr feinem Quarzmehl hatte auskleiden lassen. Für ThermometerNormalglas wurde der neue Schmelzofen, neben dem übrigens auch der seit dem 5. März 1885 im Glaswerk vorhandene Leuchtgasofen mit Fletscherbrennern nach wie vor zu kleinen Probeschmelzungen benutzt wurde, erstmalig während einer vom 10. April bis zum 28. Mai 1888 dauernden Röhrenziehperiode benutzt, um dann – bis zur alljährlichen Sommerpause – noch für einige Schmelzungen von Spezialglas benutzt zu werden. Über die zur Zeit seines in Berlin am 4. Juni 1888 gehaltenen Vortrags im Jenaer Glaswerk vorhandenen glastechnischen Anlagen berichtet Schott u. a. folgendes: „In einer großen Schmelzhalle sind vorhanden: 5 sogenannte Temperaturöfen, 1 Senk- oder Ramollierofen, mit welchem ein großer, 30 – 35 Ztr. Glas fassender Kühlofen in Verbindung steht, 1 Tonbrennofen, 1 großer Regenerativ-Schmelzofen mit freier Flammenentfaltung zur Aufnahme eines Hafens, 1 kleiner Regenerativ-Schmelzofen für 1 Hafen zur Fabrikation von Thermometerröhren und zum Schmelzen von Phosphat- und Boratgläsern, 1 Kühlofen mit 1m dicker Wandung und Kieselguhr-Isolierschicht von 30 cm. – Sämtliche Öfen werden von einem Zentralofen, dem Gaserzeuger, durch gemauerte unterirdische Kanäle mit Generator-Brenngas versehen. – Der erste nach den Plänen des Technischen Büros von Friedrich Siemens in Dresden eingerichtete Schmelzofen hat sich so trefflich bewährt, daß ihm ein zweiter von erheblich kleineren Dimensionen hinzugefügt worden ist. Eine seit Ende Januar 1888 an ihm angebrachte Neuerung gestattet, durch eine Manipulation den Wechsel des Gasstroms bei Gas und Luft gleichzeitig vorzunehmen. – Ein 5pferdiger Dampfmotor dient zum Betrieb eines Mahlwerkes für Tonund andere Rohmaterialien und liefert die Kraft für 2 größere Schleif- und Poliermaschi-

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nen und den zeitweisen Gebrauch eines Ventilators zu Leuchtgasschmelzungen mit Fletscherbrennern im Laboratorium. – Die Hafenmacherei liefert die in verschiedenen Dimensionen gehaltenen Schmelzgefäße; das chemische Laboratorium und das Versuchsund Schmelzlaboratorium ist mit allen nötigen Einrichtungen versehen. – Der Betrieb wird augenblicklich geführt mit 14 Arbeitern (darunter 2 erfahrene Schmelzmeister und 2 Röhrenzieher), 1 Chemiker-Assistenten und 2 Kontorbeamten. – Die Schmelzungen des gewöhnlichen optischen Glases werden nach im Voraus festgelegten optischen Eigenschaften ausgeführt. Die Abweichungen von den letzteren betragen in der Regel nicht mehr als 1-2 Einheiten der dritten Dezimale im Brechungskoeffizienten. Um größere Abweichungen in aufeinanderfolgenden Schmelzungen zu vermeiden, wird der Prüfung der Reinheit und des Wirkungsverhaltens der Rohmaterialien und der Einhaltung der vorgeschriebenen Zusammensetzung weitgehende Sorgfalt gewidmet.“ Die von Schott in seinem Vortrag gemachten Ausführungen über den im Glaswerk nunmehr üblich gewordenen Verlauf der Schmelzungen von optischem Silikatglas sind, ebenso wie seine Darlegungen über die bis zum Sommer 1888 erzielten Fortschritte auf dem Gebiet des Thermometerglases, in unserem Teilband II bereits so eingehend behandelt worden, daß sie an dieser Stelle nicht wiederholt zu werden brauchen. Dagegen sind in unserem Zusammenhang wichtig diejenigen Bemerkungen, die Schott über die zur Zeit seines Vortrages im Glaswerk soeben erst durchgeführten technischen Verbesserungen durch einen der Erzielung spannungsfreier Gläser dienender Kühlofen mit thermometrischer Regulierung gemacht hat. Der auf diesen neuartigen, nun so genannten Feinkühlungsapparat bezügliche Passus lautet wie folgt: „Schwierig war es, optische Gläser spannungsfrei in den starren Zustand überzuführen, und diese Schwierigkeit machte sich besonders bei den ersten im Glastechnischen Laboratorium erschmolzenen Gläsern für astronomische Fernrohre empfindlich bemerkbar. Eine Anzahl von Objektiven, welche die Mechanisch-optische Werkstätte von Carl Bamberg in Berlin aus neuen Glassorten von 4 bis 6,5’’ (=10,2 bis 16,5 cm) Durchmesser für astronomische Fernrohre geschliffen hatte, waren in anscheinend tadelloser Beschaffenheit und nach dem bis dahin üblichen Verfahren durch Abkühlung in einem großen, auf Rotglut angefeuerten gemauerten Ofen hergestellt. Trotz aller auf die Ausführung verwendeten Sorgfalt gelang es jedoch nicht, bei der Einstellung des Fernrohrs auf Fixsterne die bekannten konzentrischen Beugungsringe zu erhalten. Die Prüfung im polarisierten Licht ließ als Ursache des Mißerfolges die im Glase vorhandenen Spannungen erkennen. Wiederholte Kühlungsversuche im gleichen Ofen genügten den Anforderungen ebenfalls nicht und zeigten, daß die üblichen technischen Verfahren den gesteigerten Anforderungen der verbesserten Gläser nicht mehr entsprechen. Seit etwa einem Jahr sind in Jena Versuche begonnen und jetzt mit befriedigenden Erfolg durchgeführt worden, den Abfall der Kühltemperatur größerer Glasstücke nicht mehr, wie bisher, durch Ausstrahlung und Mitteilung eines im Mauerwerk angesammelten Wärmevorrates an die Luft, sondern durch automatische Regulierung einer sich stetig vermindernden Wärmequelle, welcher das Glas ausgesetzt ist, vorzunehmen. Ein in großem Maßstab ausgeführter Thermoregulator erlaubt, durch automatische Regelung der Wärmequelle, sowohl bestimmte Temperaturen zwischen 350° und 477° beliebig lange einzuhalten, als auch einen Temperaturabfall innerhalb dieses Intervalls in beliebig langsamer Weise eintreten zu lassen. Zur Aufnahme des Glases dient ein dick-

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wandiger zylindrischer Kupferkessel, der im Strom einer großen Gasflamme liegt. Die Temperatur seines Innenraumes wird durch die Dampfspannung des Quecksilbers bestimmt, die ihrerseits durch eine Quecksilbersäule in offener Röhre gemessen wird. Die aufsteigende Quecksilbersäule dieses Dampfdruckthermometers wird zugleich als Triebkraft benutzt, um die Heizflamme zu regulieren. Durch Feinkühlung gelang es, auch die neuen Glasarten, bei denen die herkömmlichen Methoden versagten, von Spannungen zu befreien. Die Maximaltemperatur, bei der jedes bisher zur Verfügung stehende Glas vorhandene Spannungen auslöste, also wenigstens ganz geringe Erweichung eintrat, war 465°. Die Minimaltemperatur, innerhalb welcher jedes Glas vollkommen erhärtet ist, beträgt etwa 370°, sodaß innerhalb des Intervalls von 370° bis 465 ° die Erstarrungstemperaturen aller bekannten Gläser liegen. Wir haben nun diesen Abfall um 95° von wenigen Tagen bis zu 4 Wochen ausgedehnt, und es ist uns seit einiger Zeit gelungen, Kühlungsresultate zu erhalten, die weitaus günstiger sind als das, was man bisher unter den besten Verhältnissen erreicht hat.“ Wie Schott weiter berichtet, befand sich augenblicklich auf der Berliner Sternwarte ein aus der Werkstatt von Carl Bamberg hervorgegangenes Objektiv, dessen sekundäres Spektrum nur zur Hälfte aufgehoben war. Dennoch sollten nach dem Urteil sachverständiger Astronomen die Leistungen dieses Instrumentes gegenüber den Objektiven aus gewöhnlichen Silikatgläsern einen bedeutenden Vorsprung aufweisen. Über die Bauarbeiten, die während der Betriebspause im Sommer 1888 im Glaswerk ausgeführt wurden, während sich Schott, wie oben erwähnt, mit Abbe zur Erholung in der Schweiz befand, ersehen wir aus Schotts Schmelzungsbuch I 3 und den Einträgen im Arbeitsjournal folgendes: Löschen des Ofens und Beginn des Neubaues am 10. Juli 1888 Beendigung de Neubaues am 3. August 1888 Umbau des Kleinen Gaserzeugers vom 6. bis 16. August 1888 Feueranlegung im Kleinen Gaserzeuger am 17. August 1888 Feueranlegung im Großen Gaserzeuger am 17. August 1888 Gaseinlaß in den Kleinen Schmelzofen am 21./22. August 1888 Gaseinlaß in den Großen Schmelzofen am 21./22. August 1888 Senken mit dem Kleinen Gaserzeuger am 29. August 1888 (abends) Erste Schmelzung (des Schweren Baryt-Krons 0.634) am 5. September 1888 Die Rückkehr Abbes von der Reise war um den 18. Juli erfolgt, während Schott erst im Laufe des Monats August 1888 wieder zu Hause eintraf. Aus seinem Briefwechsel mit der Optischen Werkstätte C. A. Steinheil Söhne in München geht hervor, daß der in seinem Vortrag beschriebene neue Kühlungs-Apparat vom 4. September 1888 ab erstmalig in regelmäßige Benutzung genommen wurde, und schon im Oktober konnte festgestellt werden, daß sich die neue Vorrichtung zur nunmehr so genannten Feinkühlung sowohl an den großen Objektivscheiben, die von Steinheil für ein zur Herstellung der photographischen Himmelskarte bestimmtes Instrument im Kgl. Astrophysikalischen Observatorium zu Potsdam vorbereitet wurden, wie auch an der von Carl Bamberg für die Berliner „Urania“ vorbereiteten zwölfzölligen Objektivscheibe vollkommen in der erwarteten Weise bewährt hatte.

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Auch die für photographische Zwecke im Glaswerk hergestellten optischen Gläser, unter denen besonders die von Schott im großen Regenerativofen seit 1887 erschmolzenen Barytleichtflinte in Verbindung mit fast farblosen Kronglassorten zunehmende geschäftliche Bedeutung gewonnen hatten, da aus ihnen nunmehr Instrumente mit einer bis dahin unerreichten Durchlässigkeit für die chemisch wirksamen Lichtstrahlen hergestellt werden konnten, wurden nunmehr der Feinkühlung unterworfen. Sie wurden – etwa vom Ende des Jahres 1888 ab – übrigens nicht mehr, wie vorher, in Schamotteformen zu Platten oder Rohglaslinsen ramolliert, sondern in gußeiserne Formen gepreßt und dann feingekühlt. Dieses Preßverfahren bot für die Bezieher von optischem Glas den Vorteil, daß – rechtzeitige Bestellung vorausgesetzt – jedes nur wünschenswerte Quantum von Linsen auf einmal angefertigt werden konnte und daß das Glaswerk somit auch dem größtmöglichen Konsum folgen konnte. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, daß im Dezember des Jahres 1889 Dr. Schott die baupolizeiliche Erlaubnis erhielt, auf einem dem Glaswerk gehörigen, zwischen der Glashütte und dem Weimar-Geraer Bahnhof gelegenen Grundstück ein eigenes Wohnhaus zu errichten, in das er am 24. Juni 1890 einziehen konnte [Adreßbuch 1891: Lichtenhainer Straße 5]. Hatte er vom 8. Februar 1884 ab bis zu seiner – am 5. Juli 1885 erfolgten – Verheiratung noch eine unterhalb des Weimar-Geraer Bahnhofs im Knabeschen Haus [Adreßbuch 1886: Am Bahnhof 482m; danach umbenannt Magdelstieg 9] gelegene Junggesellenwohnung innegehabt, so hatte er danach eine näher am Glaswerk, in dem Dahintenschen Haus am Magdelstieg [Adreßbuch 1887: Magdelstieg 2] gelegene Mietwohnung bezogen. Nachdem sich seine Familie durch die Geburt seiner Kinder Eva (geb. 4. Januar 1887, später verheiratet mit Universitätsprofessor Dr. Heinrich Gerland) und Rolf (geb. 29. April 1889, gefallen als Leutnant der Reserve im Ersten Weltkrieg am 23. September 1915) vergrößert hatte, stand ihm nunmehr ein schön über dem breiten Saaletal gelegenes, von einem Garten umgebenes und gleichzeitig nur wenige Schritte von der Glashütte entferntes Einfamilienhaus zur Verfügung, das er bis zu seinem Tode bewohnt hat. Seine jüngeren Kinder Erich Simon (geb. 29. März 1891), Daniela (geb. 19. September 1893) und Gerhart (geb. 27. Februar 1895) haben in diesem Haus das Licht der Welt erblickt und gemeinsam mit den beiden älteren Geschwistern ihre Kinder- und Jugendjahre verlebt. Über ein für das Glaswerk selbst wichtiges Bauvorhaben unterrichten uns zwei Briefe, die Schott am 24. November und 8. Dezember 1890 an seinen Geschäftspartner im Glaswerk, Dr. Roderich Zeiss, gerichtet hat. In dem ersten dieser Briefe bittet Schott Zeiss um sein Einverständnis mit folgenden, für das Geschäftsjahr 1890/91 von ihm als notwendig erachteten Bauten, die ca. 17 bis 20 000 Mark kosten würden: 1. Anlage eines zweiten Kühlapparates (Baukosten ca. 3 000 Mark), da infolge der gesteigerten Nachfrage nach feingekühlten Preßlinsen die auf das äußerste ausgenützten bisherigen Einrichtungen nicht mehr genügten. 2. Vergrößerung des Röhrenofens und Einstellung eines dritten Röhrenziehers; ferner: Erbauung eines 2 bis 2,5 Meter breiten und 50 bis 60 Meter langen Röhrenganges an der Grenze zum Rötzschke‘schen Nachbargrundstück. Begründung: der jetzige Röhrenzieher ist mit dem Ziehen von Normal-Thermometer-Glasröhren nur 1/3 seiner Zeit beschäftigt. Eine Ilmenauer Firma will dem Glaswerk mehrere Hundert Zentner Röhren, die bisher aus dem Ausland bezogen wurden, in Auftrag geben. Durch den Röhrengang

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wird die durch das Röhrenziehen im Hüttenraum verursachte Störung beseitigt. Ein in der Hütte mit Fässern von Rohmaterialien belegter Raum soll frei werden für kleinere Ofenbauten. Der Gemengeraum soll zu einem Lagerplatz für Schmelz-Rohmaterialien erweitert werden. Im nächstjährigen Budget des Preußischen Abgeordnetenhauses soll beantragt werden, in Potsdam ein größeres Fernrohr von 70 oder 82 cm Durchmesser zu bauen. Für die von Steinheil oder Bamberg auszuführenden optischen Arbeiten wird in jedem Fall Jena das Glas zu liefern haben. Daher die Notwendigkeit den Hüttenraum entsprechend frei zu machen. Geschätzte Baukosten: 9 000 Mark. 3. Verlegung des Kontors ins jetzige chemische Laboratorium und Neubau im Anschluß ans jetzige Vorratsräume zu schaffen, die zur Zeit zwischen Schleiferei und Schmelzlaboratorium sind. Begründung: Die enge des Kontors macht jede Verhandlung ohne Zuhören der beiden Kontorbeamten unmöglich. Die Erweiterung der Schleiferei ist auch nötig zum Ausschleifen größerer Objektivscheiben, und zwar mit Hilfe der kleinen Zwischenräume zwischen Schmelzlaboratorium und der Schleiferei. Geschätzte Baukosten: 6 000 Mark. Die Neubauten sind erfreulich, weil sie auf Erhöhung der Produktion weiter hoffen lassen. In seinem zweiten Brief teilt Schott Zeiss mit, daß er im Einverständnis mit Abbe zum Preis von 3 400 Mark das etwa 32 Quadratrutengroße Grundstück des Nachbarn Preißer gekauft habe, weil wegen eines zweiten Interessenten sofortiges Handeln geboten war. Zur Begründung schreibt er, der Kauf sei ihm als notwendig erschienen, weil nach Ausführung der obigen Baupläne kein Platz mehr sein würde für irgend einen größeren, Heizzwecken dienenden Erweiterungsbau der jetzigen Hüttenhalle. Bei Erweiterung der derzeitigen Ofenanlagen werde ein dritter Gaserzeuger nötig werden, und hierfür müsse man so viel als möglich Platz haben. Zu den von Schott vorgeschlagenen und von seinen Partnern Abbe und Dr. Roderich Zeiss gebilligten Umbauten erteilte der Gemeinde-Vorstand von Jena am 20. Januar 1891 die nachgesuchte Genehmigung. Aus einen nicht datierten, aber wahrscheinlich in der ersten Hälfte des Juni gemachten Eintrag Schotts in sein Arbeitsjournal ist zu entnehmen, daß um diese Zeit im „Thüringer Hof“ ein Richtfest veranstaltet wurde, zu dem 15 Bauhandwerker, 20 Zimmerleute und Maurer sowie 20 „Glasleute“ eingeladen waren. Der dazu gehörige Schmaus bestand aus Bratwürsten mit Kartoffelsalat (à Portion 45 Pfg.) und Bier (à Liter 24 Pfg.). Da in der Zeit vom 1. September bis zum 15. Oktober die alljährliche Betriebspause stattfand, in der Schott mit seinem Jugendfreund Dr. Heinrich Overbeck aus Witten eine Reise nach Konstantinopel, Athen, Neapel und Rom unternahm, so dürfte der Kontor-Umbau, von dem Paul Rödiger in seinen Erinnerungen berichtet, vollendet worden sein, als Schott um den 1. Oktober von seiner Reise wieder zurückgekehrt war. Übrigens findet sich über Rödiger in Schotts Arbeitsjournal des Jahrgangs 1891 der Eintrag: „Herr Gosslar aus Lobeda meldet Enkel als Lehrling an zum 1. Oktober. 15 ½ Jahre alt. Ober Sekunda. Enkel stellte sich vor am 30.7.1891. Pro Woche Mark 6,-.“ Paul Rödiger, der am 6. September 1875 zu Erfurt geboren war, erhielt durch Rudolf Klett eine vielseitige und gründliche Ausbildung, und hat sich nach seinem Einjährigendienst von 1895/96 in allen Abteilungen des Glaswerkes betätigt. Im Jahre 1897 wurde ihm die Führung der Kasse übertragen. Im Jahre 1901 erhielt er, zusammen mit Otto Franke,

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Prokura und trat erst am 30. Juni 1943 in den wohlverdienten Ruhestand. Er ist am 3. Juli 1953 zu Jena verstorben. Über den in Rödigers Erinnerungsbericht aus dem Jahre 1891 geschilderten Kreis von Schotts Mitarbeitern im Glaswerk, über die Art ihrer Tätigkeit und ihre Gehalts- und Lohnverhältnisse ist bereits in den früheren Teilbänden (z. B. I, S. 402; II, S. 304 f., 323, 326, 344, 367) einiges mitgeteilt worden. Von den beiden bei Schott wegen ihrer Erfahrung und Tüchtigkeit in hohem Ansehen stehenden Brüdern Schmidt war der ältere, Carl (geb. 1839), bereits am 1. Juni 1884 als Hafenmeister, der jüngere, Josef (geb. 9. April 1843 zu Gerresheim) am 20. August 1884 als Schmelzmeister ins Glaswerk eingetreten, nachdem er bis dahin in der Glashütte Hainholz bei Hannover tätig gewesen war. Beide hatten somit von der Gründung des Jenaer Glaswerks an zu seiner Entwicklung wesentlich beigetragen. Leider konnten sich die Brüder nicht gut miteinander vertragen und gerieten sich z. B. einmal, als im Juni 1885 zur Zeit von Schotts Abwesenheit von Jena ein Hafen während des von beiden in der Regel abwechselnd besorgten Rührens einen Riß bekommen hatte und aus dem Ofen genommen werden mußte, so herzhaft in die Haare, daß Abbe, wie er Schott schrieb, rechte Mühe hatte, sie wieder auseinander zu bringen. Als sich aber Schott in der hier zur Erörterung stehenden Betriebsperiode, nämlich im Juli 1888, gerade zur Erholung in der Schweiz befand, konnte ihm sein Assistent Emil Grieshammer melden: „Das Arbeiten in der Hütte geht unter der Leitung von Josef Schmidt ungestört und regelrecht weiter, sodaß bei Ihrer Rückkehr wohl alles wieder in Ordnung gebracht sein wird. Einzelangaben hierbei zu machen, halte ich für kaum nötig, da Josef Schmidts Anordnungen sicher Ihre Bestätigung finden. Nur das will ich noch erwähnen, daß Carl Schmidt seit vorgestern seine Reise angetreten hat.“ Offenbar war demnach Carl Schmidt schon damals so leidend, daß sich für ihn eine Erholungsreise nötig gemacht hatte, denn als nach beendeter Ofenreparatur der Schmelzbetrieb in der Hütte wieder aufgenommen wurde, finden wir ihn wieder wie vorher neben seinem Bruder regelmäßig am Rührprozeß beteiligt. Sein von Rödiger erwähntes späteres Ausscheiden aus dem Glaswerk erfolgte in der Weise, daß ihm vom 1. Juli 1892 ab jeden Monat 50 Mark nach Bad Driburg bei Paderborn, später nach Fulda überwiesen wurden. Seine persönliche Dankbarkeit bezeugte Schott dem ehemaligen Mitarbeiter dadurch, daß er ihn – und nach seinem Tod auch seine Witwe – durch wiederholte Zuwendungen von jeweils mehreren Tausend Mark unterstützte. Was aber den Hüttenmeister Josef Schmidt betrifft, so sind seine Funktionen noch in seinem Anstellungsvertrag vom 10. Februar 1898 bezeichnet durch die Worte: „Verpflichtung zur Betriebsaufsicht in der Hütte und zum Bau der Öfen.“ Selbst noch in dem mit seinem Nachfolger, dem Ingenieur Richard Hirsch, am 1. Februar 1911 abgeschlossenen Anstellungsvertrag befindet sich als Zusatz zu der Verpflichtung betreffend den Ofenbau der Passus „solange nicht solcher noch von dem alten Meister Josef Schmidt besorgt werden kann“. Wenn Rödiger in seinen Erinnerungen schreibt, Josef Schmidt sei „eine Klasse für sich“ gewesen, so hatte er zweifellos dabei auch das hohe Selbstbewußtsein im Auge, mit dem dieser, gestützt auf seine tatsächlich reichen Erfahrungen im Hüttenbetrieb und Ofenbau, gelegentlich auch den „Herren“ im Werk, die immer so von sich allein eingenommen waren, die eigene Meinung entgegensetzte. In seinen im September 1908 niedergeschriebenen Erinnerungen an die Gründungsjahre des Glaswerks, erzählt er z. B., es habe da manchmal Spannungen gegeben, „bis daß mal so ein kleiner

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Wortwechsel zwischen uns vorkam und wir uns dann gegenseitig austauschten, so daß sich (sic!) die Praxis und die Wissenschaft auseinander gesetzt wurde, bis wir uns erst von beiden Seiten verstanden. Dann wurde es besser.“ Es braucht kaum hinzugefügt zu werden, daß die bereits erwähnte Hochachtung Schotts vor diesem tüchtigen und zuverlässigen Meister in den langen Jahren beiderseitiger Zusammenarbeit im Glaswerk selbst durch solche Vorkommnisse niemals die geringste Minderung erfahren hat. Neben den beiden Schmidt waren schon kurz nach der Inbetriebnahme der Versuchsglashütte auch die beiden von Rödiger erwähnten Mitarbeiter Friedrich Hegner und Adalbert Rüsch (aus Camsdorf) in das Werk eingetreten, und zwar ersterer am 1. Dezember 1884, letzterer am 1. März 1885. Ihnen war am 1. Oktober 1885 als Hafenmacher und Schmelzer Friedrich Frick gefolgt. Weitere Zugänge, über die gelegentliche Notizen in Schotts Arbeitsjournal berichten, waren: 1886, 25. Februar Eintritt von Albert Albrecht (geb. 12. April 1862 in Gutendorf bei Berka, zuletzt Handlanger beim Maurermeister Weber); ferner: 1887, 26. März Eintritt des Gasometerwächters Franz Przybyl (geb. 4. Oktober 1853 in Zielkowa, Kr. Kosten); 1887, 1. September Eintritt des mit dem Schleifen von optischen Glas beschäftigten Friedrich Hense (geb. 4. Januar 1852 zu Oberpörlitz bei Ilmenau). Der von Rödiger erwähnte Maschinist und Schleifer August Lentz (geb. 21. April 1860 zu Taubach) war am 27. Juli 1888 an die Stelle des seit dem 1. Juni 1884 im Glaswerk beschäftigten Maschinisten und Schleifers Prager getreten, weil dieser, wie er angab, sich mit dem Schleifer Adalbert Rüsch nicht vertragen konnte. Ebenfalls noch im Jahre 1888, am 26. September, war ins Glaswerk eingetreten der am neuen Kühlapparat beschäftigte Adalbert Weißke (geb. 26. Februar 1853 zu Bachem). Der Eintritt des vorwiegend an der Tonmühle und in der Satzkammer beschäftigten Hermann Grünewald (geb. 3. Januar 1868 zu Zwätzen) erfolgte am 15. Juni 1889, der des Jenaer Handarbeiters Karl Göbert (geb. 1866) am 1. Januar 1890. Wahrscheinlich sind auch die beiden Friedrich Büchner (I sen. und II jun.) aus Lichtenhain und der zweite Gasometerwächter August Enke nicht lange vor 1891 in den Betrieb eingetreten. Genauere Unterlagen über die Zeit ihres Eintritts und über ihre und ihrer Arbeitskollegen Lohnsätze zu der hier in Frage kommenden Zeit sind leider nicht vorhanden. In dem von Rödiger erwähnten Röhrenziehmeister Vorberg, der bald nach seinem Austritt aus den Werk durch seinen Gehilfen und Läufer Septimus Haag gen. Sepp ersetzt wurde, haben wir wahrscheinlich den von Schott in seinen Brief an Roderich Zeiss vom 24. November 1890 erwähnten Röhrenzieher (mit Läufer) zu sehen, der damals immer erst noch mit einem Drittel seiner Zeit mit dem Ziehen von Thermometer-Glasröhren beschäftigt war. Es ist anzunehmen, daß das von Rödiger erwähnte, südlich vom Glaswerk auf freiem Feld gelegene Arbeiterwohnhaus, das schon im Juli 1886 für die Gebrüder Schmidt fertiggestellt worden war, bis zur Einführung des kontinuierlichen Röhrenzieherbetriebs besonders auch den periodisch im Glaswerk arbeitenden Röhrenziehern des Thüringer Waldes als neben der Arbeitsstelle gelegenes Quartier gedient hatte. Die zutreffende Schilderung, die Rödiger in seinem Erinnerungsbericht von der Wirksamkeit des Chemikers Emil Grieshammer gegeben hat, sei hier durch einige weitere Nachrichten ergänzt. Grieshammer (geb. 4. Dezember 1859; gest. 13. Mai 1910 in Jena) war am 1. April 1887 als Nachfolger des Chemikers Dr. A. König, der seinerseits seit dem 1. Dezember 1884 bis dahin Schott im Laboratorium und in der Hütte assistiert hatte, in das Glaswerk eingetreten. Ursprünglich am Fürstengraben 2 wohnend, hatte er

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sich dann auf einem Grundstück, das sich nach Lichtenhain zu unmittelbar an den Westflügel des Glaswerks anschloß, ein kleines eigenes Wohnhaus erbaut, das damals die Straßenbezeichnung Lichtenhainer Straße 18 (später 17) trug. Nach seinem Tode ist es unter der nunmehrigen Straßenbezeichnung Otto-Schott-Straße 17 im November 1913 samt Garten und Nebengebäuden für 36 628 Mark an das Glaswerk verkauft worden und dient heute im wesentlichen als Verkaufsstelle von Schottglas an die Geschäftsangehörigen. Die im Anstellungsvertrag vom 10. Februar 1898 festgelegten Funktionen Grieshammers erstreckten sich, wie von Anfang an, auf betriebschemische und betriebstechnische Arbeiten, Versuchsarbeiten im Laboratorium und die Aufsicht über die Anfertigung und Expedition von Röhren. Als Nachfolger Grieshammers wurde am 16. April 1913 Herr Fritz Blumenstein bestellt. In dem am 1. Januar 1894 in Kraft getretenen Gemeinschaftsvertrag zwischen Schott, Abbe und den beiden Zeiss (Vater und Sohn) war vereinbart worden, daß sich Schott zunächst vorzugsweise den technischen Aufgaben des im Entstehen begriffenen Glaswerks widmen sollte. Abbe hatte die Verpflichtung auf sich genommen, sich speziell den auf die Fabrikation bezüglichen wissenschaftlichen Aufgaben nach der optischen Richtung hin anzunehmen. Für die geordnete kaufmännische Verwaltung des Unternehmens sollte Dr. Roderich Zeiss sorgen. Was Abbe anbetrifft, so unterzog er sich der ihm zugefallenen Aufgabe mit einer Großzügigkeit, die weit über das von ihm übernommene Pflichtmaß hinausging. Fast alle den Verkehr des Glaswerks mit Behörden betreffenden Eingaben, Denkschriften, Berichte, sowie zahlreiche Briefe, welche die Einleitung geschäftlicher Beziehung des Glaswerks zu bekannten optischen Werkstätten Deutschlands wie C. Bamberg, C. A. Steinheil Söhne, Busch – Rathenow, Voigtländer – Braunschweig betrafen, wurden von ihm in den ersten Jahren des Unternehmens konzipiert; ihm vor allem ist die Art und Weise zu verdanken, wie die optischen Gläser zunächst bei der Firma Carl Zeiss auf den Gebieten der Mikroskopie und Photographie schrittweise in die optische Praxis eingeführt wurden; so oft sich Schott auf Geschäfts- oder Urlaubsreisen befand, sah er täglich im Glaswerk nach dem Rechten, und auch an allen technischen Fortschritten im Glaswerk, die der Mitarbeit des Fachmanns auf dem Gebiet der theoretischen und praktischen Optik bedurften, nahm er stets aktiven Anteil. Was dagegen die kaufmännische Mitwirkung betrifft, die der junge Roderich Zeiss auf sich genommen hatte, so tritt in den Quellen aus der hier in Frage kommenden Betriebsperiode des Glaswerks sein Name nur in ganz vereinzelten Fällen in Erscheinung. Wir hören z. B. einmal, daß er im Glaswerk am 14. Juli 1888, während Schott und Abbe im Berner Oberland weilten, die Kündigung des Maschinisten Prager entgegennahm und die vakant gewordene Stelle ausschreiben wollte, jedoch wurde der Nachfolger von Prager erst eingestellt, als Abbe wieder nach Jena zurückgekehrt war. Auch hören wir einmal aus einem am 20. Mai 1889 an Roderich Zeiss gerichteten Brief, daß dieser ersucht wurde, auf einer bevorstehenden Geschäftsreise für die Firma Zeiss auch den „Glasaffairen“ seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, d. h. sich mit einem Herrn Baker über den von diesem gewünschten Alleinverkauf der Erzeugnisse des Glaswerks in England zu verständigen, sowie den Firmen James Swift & Son, Ross in London und Cook & Sons in York, an die das Glaswerk im letzten Jahr bereits für über 10 000 Mark optisches Glas verkauft habe, einen Höflichkeitsbesuch abzustatten.

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In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß die Buchhaltungs- und Kassenangelegenheiten des Glaswerks in den ersten Jahren seines Bestehens, z. T. also auch noch in der hier zur Erörterung stehenden Betriebsperiode (vom Herbst 1886 bis 1891) von der Firma Carl Zeiss aus, und zwar durch deren späteren Prokuristen August Stachel (18421913) besorgt wurden. Noch am 21. Februar 1888 erwähnt Schott in einem Geschäftsbrief an die Münchener Optische Werkstätte C. A. Steinheil Söhne, die Kassengelegenheiten des Glaswerks würden nach wie vor „aus besonderer Gefälligkeit“ von der Firma Zeiss besorgt. Aus diesem Grunde sind wohl auch die Rechnungen, die von dem bereits 1885 in das Glaswerk eingetretenen kaufmännischen Lehrling August Nußpickel über die vom Glaswerk gelieferten Waren ausgeschrieben wurden, anfänglich mehrfach (z. B. am 2. und 15. November 1885) bei Zeiss kontrolliert und im ersteren Falle mit „Dr. Schott & Genossen“ (in der Handschrift von Carl Zeiss), im letzteren mit „Carl Zeiss“ unterschrieben worden. Nachdem aber Carl Zeiss am 3. Dezember 1888 verstorben und sein Ausscheiden als Mitinhaber des Glaswerks am 18. April 1889 im Jenaer Handelsregister beurkundet worden war, auch der oben bereits erwähnte Gemeinschaftsvertrag über das Glaswerk vom 1. Januar 1884 dem Ende zuging, wurde zwischen Schott, Abbe und Roderich Zeiss unter dem 9. bzw. 19. Dezember 1889 wegen des Glaswerkes ein neuer Vertrag abgeschlossen, in dem Dr. Schott die ausschließliche und persönliche Betriebsleitung des Glaswerks zugesprochen wurde und Roderich Zeiss auf eine weitere Beteiligung an derselben verzichtete. Die Motive, welche Abbe veranlaßt hatten, Roderich Zeiss zum Rücktritt von der Geschäftsleitung im Glaswerk zu bestimmen, waren z. T. die gleichen wie die, welche ihn um die gleiche Zeit dazu bewogen hatten, Roderich auch bei der Firma Carl Zeiss zum Rücktritt von der Geschäftsleitung zu bestimmen und diese weiterhin ihm selbst und zwar nunmehr als offenen Gesellschafter zu überlassen, da er seit dem Tod von Carl Zeiss immer mehr zu der schmerzlichen Erkenntnis gekommen war, daß es für ihn auf die Dauer unmöglich sein würde, mit dem Sohn ebenso harmonisch zusammenzuarbeiten, wie er mit dem Vater viele Jahre hindurch zusammengearbeitet hatte. Im Hinblick auf das Glaswerk kam für ihn noch der Umstand hinzu, daß Roderich dort zu keiner Zeit wirklich auf- und weiterbauend mitgewirkt hatte und selbst seine finanzielle Beteiligung am Glaswerk für dieses niemals ein wesentlicher Faktor gewesen war. Dagegen hatte Schotts moralischer Anspruch auf die dereinstige Geschäftsleitung des Glaswerks, wie er durch den Vertrag vom 9. bzw. 19. Dezember 1889 nunmehr auch rechtlich sanktioniert worden war, für Abbe in keinem früheren Stadium seiner Zusammenarbeit mit Schott im Zweifel gestanden, und er hatte auch bis dahin aus dieser Auffassung sowohl in privaten wie öffentlichen Äußerungen niemals ein Hehl gemacht. Schon gegen Ende der Versuchsperiode, am 9. November 1885, hatte er über Schott nach Berlin berichtet: „Alles, was wir jetzt als erfreulichen Erfolg eines zielbewußten und methodischen Angriffs auf ein schwer zugängliches Gebiet von Aufgaben ansehen können, ist in erster Linie sein Verdienst. Seine persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten sind die conditio sine qua non für alles, was bis jetzt erreicht worden ist und etwa noch weiter erreicht werden mag…“ Seine am 5. März 1887 zur Feier von Joseph Fraunhofers 100. Geburtstag im Physikalischen Institut der Universität Jena gehaltene öffentliche Gedächtnisrede aber schloß mit den Worten: „So ist auch der Erfolg der jahrelangen

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Arbeit unseres verdienten Mitbürgers Otto Schott tatsächlich der unverwelkliche Lorbeerkranz auf das Grab Fraunhofers, den an seinem 100. Geburtstag unser Jena dem Andenken des großen Meisters der Optik widmen darf.“ Und als er in Erwägung zog, seine Besitzhälfte an der Firma Carl Zeiss nebst seinen Besitzdrittel am Glaswerk Schott testamentarisch dem sachsen-weimarischen Staat zu vermachen, äußerte er sich in einer hierauf bezüglichen Denkschrift vom 4. Dezember 1887 über Schott u. a. wie folgt: „Dr. Schott hatte schon vor seiner Verbindung mit mir tüchtige praktische und wissenschaftliche Leistungen hinter sich, welche ihm die Anwartschaft auf die vorteilhaftesten Stellungen im Gebiet der chemischen Industrie sicherten. Seine Denkungsart wird dadurch genügend gekennzeichnet, daß er sich trotzdem und ohne den Rückhalt eines nennenswerten Vermögens entschließen konnte, seine ganze Kraft auf Jahre hin an eine Aufgabe zu setzen, die bis vor ganz kurzer Zeit gar keine Aussicht auf äußere Erfolge, aber lange Zeit das Risiko rein negativer Resultate in sich schloß. Seine praktische Tätigkeit aber ist darin bezeugt, daß er es kaum fertig brachte, auf einem gänzlich neuen Gebiet der Technik in kaum 2 Jahren die 50jährige Praxis der Vorgänger zu überflügeln, ohne andere Hilfe als ein paar Arbeiter, die aber nichts gelernt hatten, als gute Schmelzhäfen anzufertigen und einen heißen Ofen zu behandeln […].“ Die hohe Meinung, die sich Abbe so im Lauf der Zusammenarbeit mit dem zwölf Jahre jüngeren Freund und Mitarbeiter Schott über dessen Denkweise und Fähigkeiten gebildet hatte, fand ihren Ausdruck auch darin, daß Schott bereits am 3. Dezember 1889, also wenige Tage vor dem Abschluß des neuen Gemeinschaftsvertrages über das Glaswerk vom 9. bzw. 19. Dezember 1889, bei der Firma Carl Zeiss Prokura erteilt bekommen hatte, da sich seine Erfolge auf dem Gebiet des optischen Glases seit 1886 hier zunächst auf dem Gebiet der Zeiss‘schen Mikroskopfabrikation und neuerdings auch auf dem der Herstellung von photographischen Objektiven sich günstig ausgewirkt hatten. In dem neuen, das Glaswerk betreffenden Gemeinschaftsvertrag wurde – entsprechend der umfassenden Verantwortung, die Schott nunmehr für die Leitung des Glaswerks übernommen hatte – vereinbart, daß ihm neben dem von Anfang an bezogenen Funktionsgehalt von 4 000 Mark nun auch in aller Form ein Vorzugsanteil am jährlichen Geschäftsgewinn, wie er ihn seit einiger Zeit de facto schon bezogen hatte, zufallen sollte. Derselbe sollte jeweils von den ersten 16 000 Mark des jährlichen Reinertrags die Hälfte betragen, während auf Abbe und Roderich Zeiss je ein Viertel entfallen sollte. Der verbleibende Überschuß sollte immer in drei gleiche Teile gehen, wie auch die erforderliche Vermehrung des Geschäftskapitals immer zu gleichen Teilen getragen werden sollte. Hatte dieser Reinertrag sich im Geschäftsjahr 1886/87 erst auf rund 15 519 Mark (bei einem Jahresumsatz von rund 61 700 Mark) belaufen, so hatte er sich im Geschäftsjahr 1888/89 bereits auf rund 49 536 Mark (bei einem Jahresumsatz von rund 105 204 Mark) gesteigert. Auch die Beteiligung der drei Geschäftspartner im Glaswerk hatte sich während der letzten Jahre vor dem neuen Gemeinschaftsvertrag wesentlich geändert und sollte sich gegen das Ende der hier zur Erörterung stehenden Betriebsperiode noch weiter ändern. Am 30. September 1886 hatte das gesamte Anlagekapital im Glaswerk rund 105 274 Mark betragen, wovon auf die Partei Zeiss (Carl und Roderich) rund 40 798 Mark, auf Abbe rund 40 798 Mark und auf Schott jedoch nur 23 678 Mark entfallen waren. Am 1. Oktober 1890 jedoch war das Geschäftskapital bereits auf 200 000 Mark angewachsen,

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aber die Einlagen der Partner in das gemeinschaftliche Unternehmen verteilten sich nunmehr in der Weise, daß auf Roderich Zeiss nur noch 58 000 Mark, auf Abbe und Schott jedoch 71 000 Mark entfielen. Angesichts dieser Entwicklung traf es sich glücklich, daß Schott in dem am 1. Mai 1888 eingetretenen Rudolf Klett einen Mitarbeiter gefunden hatte, wie er sich für die Aufgabe, das Glaswerk auch hinsichtlich der kaufmännischen Verwaltung vollends auf eigene Füße zu stellen, keinen besseren hätte wünschen können. Am 26. Januar 1860 zu Ilmenau geboren, hatte sich Klett die Grundlagen seines kaufmännischen Wissens in einem Erfurter Bankgeschäft erworben und anschließend durch mehrjährige Tätigkeit im Ausland – davon zwei Jahre in England – auch vielseitige Erfahrungen in der kaufmännischen Praxis gesammelt. In einem mit ihm am 10. Februar 1893 abgeschlossenen Anstellungsvertrag wurden die Funktionen, die er schon vorher im Glaswerk ausgeübt hatte, dahin präzisiert, daß ihm die Leitung der kaufmännischen Verwaltung, die verantwortliche Aufstellung der Inventuren und Bilanzen sowie die Kontrolle der Kassenführung obliegen sollte. Als am 1. Juni 1895 die ursprüngliche Firmenbezeichnung „Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen in Jena“ in die neue „Schott & Genossen, Jena“ umgewandelt wurde, erhielt er gleichzeitig Prokura. Im Jahre 1905 wurde er in die Geschäftsleitung des Glaswerks berufen. Die vorbildliche Art, in der er die mit dem schnellen Emporwachsen des Glaswerks verbundenen schwierigen Organisations- und Absatzprobleme gemeistert hatte, fand nicht nur innerhalb des Werkes selbst, sondern auch darüber hinaus u. a. dadurch Anerkennung, daß ihm an seinem 70. Geburtstag von der volkswirtschaftlichen Abteilung der Juristischen Fakultät an der Universität Jena die Würde eines Ehrendoktors verliehen wurde. Nachdem er am 30. September 1933 in den Ruhestand getreten war, ist er am 9. Februar 1944 zu Jena verstorben. Wie schnell er sich schon kurz nach seinem Eintritt in das Glaswerk in die ihm übertragenen geschäftlichen Funktionen eingearbeitet hatte, zeigen mehrere erhalten gebliebene Berichtsbriefe, die er im Juli 1888 an Schott richtete, als sich dieser gemeinsam mit Abbe im Berner Oberland und am Vierwaldstätter See zur Erholung aufhielt, wie er sich auch in seinen späteren Berichten zu den Jahresabschlüssen, über schwierige geschäftliche Verhandlungen im Inund Ausland und bei der Einrichtung von Vertretungen stets als Mann von umfassender Sachkenntnis und kaufmännischem Weitblick gezeigt hat. Wenn wir oben erwähnt haben, daß Schotts Mitarbeiter, der Schmelzmeister Carl Schmidt, wegen anhaltender Kränklichkeit am 1. Juli 1992 in Pension gegangen sei, so ist dazu zu bemerken, daß bereits am 3. Dezember 1888 vom Glaswerk und der Optischen Werkstätte Carl Zeiss eine dem Andenken des Senior-Teilhabers beider Betriebe gewidmete gemeinsame Pensionskasse in Wirksamkeit getreten war, durch die jedem der beiderseitigen Werksangehörigen nach mindestens fünfjähriger und zwar nach Vollendung des 19. Lebensjahres geleisteter Dienstzeit im Fall eintretender Arbeitsunfähigkeit oder Erreichung der Altersgrenze für sich selbst sowie – im Todesfalle – für die Hinterbliebenen ein klagbarer Anspruch auf Pension zugesichert und als rechtsverbindlicher Bestandteil aller Arbeits- und Anstellungsverträge konstituiert worden war. Als Maximalbeträge des pensionsfähigen Monatslohnes oder Gehalts waren im Statut zunächst vorgesehen nach 5-, 10-, 15jähriger Dienstzeit die (1905 erhöhten) Sätze von 80, 100 und 120 Mark für Arbeiter und von 100, 130 und 160 Mark (1905 ff. von 120, 160 und 200 Mark) für Werkmeister, Kontorbeamte und sonstige Geschäftsgehilfen. Die Invalidenpension be-

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trug zwischen dem 5. und 15. Dienstjahre 50% des jeweils pensionsfähigen Lohnes oder Gehalts, von da ab stieg sie jährlich um 1% bis zum 40. Dienstjahr. Die Witwenpension betrug 4/10 von der dem Ehemann zur Zeit seines Todes zustehenden Invalidenpension, die der Kinder bis zum vollendeten 15. Lebensjahr 2/10 dieser Pension, beides zusammen jedoch nicht über 8/10 derselben. Für die Berechnung zum Bezug der Altersrente war Voraussetzung – nach mindestens 30jähriger Dienstzeit – das vollendete 65., im übrigen das vollendete 70. Lebensjahr. Als nun Dr. Roderich Zeiss von der Geschäftsführung im Glaswerk zurücktrat, wurde in § 9 des oben erwähnten Vertrags vom 9. bzw. 19. Dezember 1889 hinsichtlich des gemeinsamen Pensionsfonds der Firmen Carl Zeiss und Schott & Gen. für die letztere bestimmt, daß am Schluß eines jeden Geschäftsjahres von ihr 6% der letztjährigen Lohnund Gehaltszahlung an die Firma Zeiss auf Konto des Pensionsfonds abzuführen seien. Nur für den Fall, daß der buchmäßige Reingewinn eines Geschäftsjahres weniger als 30% der Lohn- und Gehaltszahlung während dieses Jahres betragen sollte, sei diese Beitragszahlung auf 1/5 des Reingewinnes zu vermindern. Der Beitrag zum Pensionsfonds sollte von den Gesellschaftern zu gleichen Teilen aus ihren Gewinnanteilen zur Verfügung gestellt werden; bis zum 30. September 1894 sollten alle auf Grund des Pensionsstatuts vom 3. Dezember 1888 fälligen Pensionen für Geschäftsangehörige des Glaswerks auf Unkostenkonto dieser Firma geleistet werden, und erst danach sollte der gemeinsame Pensionsfonds diese Leistungen zu übernehmen haben; beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis sollte dem Ausscheidenden der auf ihn entfallende Anteil am unbelasteten Saldo des Pensionsfonds ausgezahlt werden. Dieser Anteil sollte stets bemessen werden nach dem Verhältnis der von den einzelnen, Beitrag leistenden Parteien während der letzten Geschäftsjahre tatsächlich geleisteten Beiträge zum Fonds, und zwar ohne weitere Rücksicht auf die Termine ihrer Einzahlung. Hatte sich der über das Glaswerk zwischen Schott, Abbe und Roderich Zeiss am 9./19. Dezember 1889 abgeschlossene Vertrag – abgesehen von den vorstehenden Bestimmungen über den gemeinschaftlich Zeiss-Schottschen Pensionsfonds – im wesentlichen nur auf die Neuregelung der Geschäftsführung bezogen, während die Besitzverhältnisse der drei offenen Gesellschafter von ihm noch unberührt geblieben waren, so sollte schon kurz darauf auch in dieser letzteren Hinsicht eine tiefgehende Veränderung eintreten. Um diese Veränderung zu verstehen, muß man wissen, daß Abbe seit dem 1. Oktober 1875 stiller Teilhaber der Firma Carl Zeiss war und als solcher Anfang 1891 an ihrem Geschäftskapital mit – buchmäßig – 440 000 Mark beteiligt war. Offener Gesellschafter war er, wie oben erwähnt, erst 1891 geworden. Der Firma Schott & Genossen dagegen gehörte er seit dem 1. Januar 1884 als offener Gesellschafter an und war – ebenfalls mit 71 000 Mark – Anfang 1890 an ihrem Geschäftskapital von 200 000 Mark beteiligt. Mit Rücksicht auf die letztere offene geschäftliche Bindung hatte er vom 1. April 1885 an auf seinen Gehalt als Universitätsprofessor (1 500 Mark) und Direktor der Jenaer Sternwarte (900 Mark) verzichtet, ohne jedoch deshalb von seinem akademischen Lehramt zurückzutreten, die bisherigen Bezüge aber zur Besoldung eines Assistenten zur Verfügung gestellt. Sodann hatte er sich der weimarischen Regierung gegenüber verpflichtet, vom 1. April 1886 ab einem von ihr zu verwaltenden Ministerialfonds jährlich auf 30 Jahre hinaus mindestens 6 000 Mark zur Verfügung zu stellen, die zur Förderung der mathema-

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tisch-naturwissenschaftlichen Forschung und Lehre an der Jenaer Universität verwendet werden sollten. Schon vom 1. April 1888 ab hatte er diese Zuweisung auf jährlich 10 000 Mark und im gleichen Jahre noch auf 20 000 Mark erhöht. Nachdem er, wie oben bemerkt, gegen Ende des Jahres 1887 noch in Erwägung gezogen hatte, den weimarischen Staat zum Erben seiner Geschäftsanteile bei Zeiss und im Glaswerk einzusetzen, den Ministerialfonds aber durch feste jährliche und außerordentliche Zuwendungen zu seinen Lebzeiten zum Besten der Universität Jena zu speisen, faßte er nun den Entschluß, zum Zweck der Förderung der Pflege der durch das Zeisswerk und das Glaswerk in Jena zu vertretenen wissenschaftlichen Industrie sowie der Förderung mathematisch-naturwissenschaftlicher Forschung und Lehre eine dem Andenken von Carl Zeiss gewidmete Stiftung zu begründen und ihr testamentarisch die genannten Geschäftsanteile zu vermachen, sowie ihr bei Lebzeiten die bis dahin dem Ministerialfonds für wissenschaftliche Zwecke zugedachten Zuwendungen zu garantieren. In diesem Sinn wurden von ihm ein aus 17 Paragraphen bestehendes Stiftungsstatut am 19. Mai 1889 und ein Erbeinsetzungsvertrag am 28. Mai 1889 vollzogen. Die Stiftung wurde am 21. Mai 1889 landesherrlich bestätigt und mit juristischer Persönlichkeit ausgestattet. Verwaltet und nach außen vertreten wurde sie vom Kultusdepartement des Großherzoglich-Sächsischen Staatsministeriums, das sich gemäß § 6 des Stiftungsstatuts für die Lebensdauer des Stifters zu strenger Geheimhaltung verpflichtete. Anfang März 1891 hatte Abbe den Entschluß gefaßt, die der Stiftung nach dem Erbeinsetzungsvertrag erst für die Zeit nach seinem Tode zugedachten Besitzanteile an den Firmen Zeiss und Schott unter Verzicht auf weitere Gewinnbeteiligung für eine verhältnismäßig geringe Summe (300 000 Mark) mit Rückwirkung vom 1. Oktober 1890 ab an die Stiftung abzutreten und in den beteiligten Betrieben weiterhin nicht mehr als Mitbesitzer, sondern als Stiftungsbevollmächtigter tätig zu sein. Da sich Roderich Zeiss seit seinem Ausscheiden aus den Geschäftsleitungen bei Zeiss und im Glaswerk anderweitigen Interessen zugewandt hatte, gelang es Abbe, auch ihn zu veranlassen, zugunsten der Stiftung von seinem Verhältnis als offener Gesellschafter im Zeisswerk und bei Schott zurückzutreten und dadurch die völlige Überführung des ersteren und die hälftige Überführung des Glaswerks in den Besitz der Stiftung zu ermöglichen. Allerdings betrug der Preis, den die Stiftung an Dr. Roderich Zeiss und seine Miterben für die von ihnen abgetretenen Besitzanteile zu entrichten hatte, die Summe von 468 000 Mark, doch waren Verhandlungen zwischen den beteiligten Parteien im Sommer 1891 so weit gediehen, da sie durch die von der Stiftung mit Abbe am 17./18. und mit Roderich Zeiss am 17./20. Juni 1891 abgeschlossenen Verträge in dem von Abbe angestrebten Sinne abgeschlossen und, soweit das Interesse des Glaswerks in Frage kam, auch von Schott (1. Juli 1891) mit unterzeichnet werden konnten. Bereits unter dem 24. Juni 1891 teilte daher das Großherzoglich Sächsische Staatsministerium zu Weimar der Öffentlichkeit mit, daß die von Abbe zu Ehren von Carl Zeiss am 19. Mai 1889 errichtete und nach ihm benannte Stiftung die landesherrliche Bestätigung erfahren und die Rechte der juristischen Persönlichkeit erhalten habe. Als ihr Zweck wurde bezeichnet: 1. Die „Pflege der Zweige wissenschaftlicher Industrie, welche durch die Optische Werkstätte von Carl Zeiss und das Glaswerk der Firma Schott & Genossen unter Mitwirkung des Stifters eingebürgert worden sind, sowie Vorsorge für die wirtschaftliche Sicherung jener beiden Anstalten und für dauernde Erfüllung der so-

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zialen Pflichten, welche ihr Emporkommen den Unternehmern gegenüber den Geschäftsangehörigen auferlegt hat“; 2. „Förderung mathematischer und naturwissenschaftlicher Studien in Forschung und Lehre.“ Weiter wurde mitgeteilt, daß die Verwaltung der Stiftung satzungsgemäß dem Kultusdepartement des Großherzoglichen Staatsministeriums übertragen worden und daß Jena ihr rechtlicher Sitz sei. Nachdem die Carl ZeissStiftung inzwischen Inhaber der Optischen Werkstätte von Carl Zeiss und Mitinhaberin des Glastechnischen Laboratoriums von Schott und Genossen in Jena geworden sei, habe das Staatsministerium den Geheimen Regierungsrat Karl Rothe in Weimar zum Kommissar der Stiftungsverwaltung bestellt, als bevollmächtigter Vertreter der Stiftung in allen beide Firmen betreffenden Angelegenheiten aber Abbe und zwar mit dem Recht der Firmenzeichnung und mit der Befugnis, sich in seinen Funktionen durch Dr. Siegfried Czapski in Jena vertreten zu lassen. Unter dem 30. Juni 1891 wurde demnach im Handelsregister vermerkt, daß aus dem Glaswerk an Stelle der ausgeschiedenen Mitinhaber Abbe und Roderich Zeiss neben Schott die Stiftung als Mitinhaberin in die Firma eingetreten sei. Hinsichtlich der Vertretung sei neben Schott nunmehr Abbe als bevollmächtigter Vertreter der Stiftung mit dem Recht der Firmenzeichnung sowie Dr. Czapski als Prokurist getreten. Bei der Firma Carl Zeiss wurde ebenfalls das Ausscheiden Abbes und von Roderich Zeiss und die nunmehrige Alleininhaberschaft der Stiftung, die Bevollmächtigung Abbes als Vertreter der Stiftung, die Erteilung der Prokura an Czapski und die Erneuerung der Prokura für Schott registriert. Das weimarische Staatsministerium hatte Schott bereits unter dem 26. Juni 1891 seinen Dank dafür ausgesprochen, daß er in bezug auf das Glaswerk Abbes Stiftungsplänen so bereitwillig entgegengekommen sei und sich darüber hinaus auch noch dazu bereit erklärt habe, sich namens der Carl Zeiss-Stiftung an der Geschäftsleitung bei der Firma Carl Zeiss in der von Abbe gewünschten Weise zu beteiligen. Es erblicke in dieser Zusammenarbeit eine wertvolle Gewähr für die Erfüllung der der Stiftung auferlegten schwierigen und bedeutungsvollen Aufgaben auf lange Sicht hinaus, hoffe auf ständige freundliche Beziehungen innerhalb des neuen Gesellschaftsverhältnisses und hoffe, daß man hierüber im Sinne der bereits getroffenen beiderseitigen Abmachungen zum Abschluß eines förmlichen Vertrages gelangen werde. Dieser Vertrag, der das rechtliche Verhältnis zwischen Schott und der Stiftungsverwaltung auf lange Jahre hinaus grundlegend bestimmen sollte, kam am 27. November bzw. 28. Dezember 1891 zum Abschluß. In ihm wurde festgestellt, daß nachdem die Stiftung vom 1. Oktober 1890 Mitinhaberin der Firma Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen in Jena geworden sei, dieses unter Beibehaltung der bisherigen Bezeichnung und Zwecksetzung (nämlich: der fabrikationsmäßigen Herstellung von Glas für optische und andere wissenschaftliche und technische, außerhalb der gewöhnlichen Glasindustrie liegende Zwecke) nunmehr auf gemeinschaftliche Rechnung und Gefahr und unter gleichmäßiger Beteiligung beider Teilhaber am Gewinn und Verlust fortgeführt werden solle. Das Betriebskapital und dessen Vermehrungen sollten von beiden Parteien je zur Hälfte beschafft und mit 4% verzinst werden. Zur Wahrnehmung ihrer Rechte und Obliegenheiten nach außen und innen solle die Stiftung mit ihrer Vertretung im Glaswerk als Bevollmächtigten einen Glastechniker von Fach oder einen wissenschaftlich gebildeten Fachmann der praktischen Optik beauftragen, der neben bzw. ge-

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meinschaftlich mit dem Stiftungskommissar im Glaswerk tätig zu sein habe. Für die Art des Zusammenwirkens solle auch im Hinblick auf spätere Stiftungsbevollmächtigte das jetzige Verhältnis zwischen Schott und Abbe als vorbildlich gelten. Die technische und kaufmännische Leitung des Betriebs einschließlich der laufenden Geschäftsführung solle, solange er dazu gewillt und befähigt sei, Dr. Schott behalten, dem für diese Tätigkeit als Betriebs- und Geschäftsleiter – neben Wohnung in dem zum Glaswerk gehörigen Wohnhaus gegen 1 000 Mark Jahresmiete – ein jährliches Funktionsgehalt von 8 000 Mark auszuzahlen sei. Maßnahmen und Geschäfte von größerer vermögensrechtlicher oder grundsätzlicher Bedeutung, z. B. Anstellung, Entlassung und Pensionsberechtigung von Geschäftsbeamten, Entlassung oder Außerdienststellung lebenslänglich angestellter oder pensionsberechtigter Beamter und Arbeiter, Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, Ankauf von Immobilien, Herstellung von Bauten, Anschaffungen, die eine erhebliche Kapitalsvermehrung bedingen würden, Veräußerung, Verpfändung oder sonstige Belastung von Immobilien, Inangriffnahme betriebsfremder Zwecke, sollten nur mit Zustimmung der Stiftung vorgenommen werden dürfen. Wenn Schott sich zur Ruhe setzen wolle oder länger als ein Jahr an der Wahrnehmung der Betriebsund Geschäftsleitung verhindert sein sollte, so sei für diese Funktion von beiden Parteien gemeinsam ein geeigneter Techniker zu bestimmen. Die jährlichen Abschreibungen an den Betriebsmitteln sollten bei den Arbeitsmaschinen mindestens 5%, bei den Motoren mindestens 15%, bei den Gebäuden (mit Ausnahme des Schottschen, bis zum 1. Oktober 1900 mit jeweils 25 000 Mark einzustellenden Wertes) 2% vom buchmäßigen Wert betragen. Für alle notwendigen Vermögensauseinandersetzungen zwischen der Stiftung und Schott oder seinen Rechtsnachfolgern sollten ausschließlich die nach vorstehenden Grundsätzen bewirkten Jahresinventuren und Bilanzabschlüsse maßgebend sein. Zur Erfüllung der von der Firma durch das Pensionsstatut vom 3. Dezember 1888 übernommenen Verpflichtungen gegen ihre Arbeiter und Beamten sollten am Schluß jedes Geschäftsjahres 6% der letztjährigen Lohn- und Gehaltszahlung auf Unkostenkonto der Firma an die Stiftung abgeführt werden, die ihrerseits für alle anfällig werdenden Pensionen nach den Bestimmungen des Statuts aufzukommen habe, auch Abänderungen am Statut nur mit Zustimmung von Schott oder seiner Hinterbliebenen vornehmen dürfe. Einen zur Deckung aller jeweiligen Pensionsverpflichtungen ausreichenden Rücklagefonds habe die Stiftung jederzeit bereit zu halten. Wie völlig sich Schott zu der Zeit, als er diesen Vertrag abschloß, mit den Zielen in grundsätzlicher Übereinstimmung befand, die dem Freunde Abbe bei der Begründung der Carl Zeiss-Stiftung nicht nur in bezug auf die optische Werkstätte Carl Zeiss, sondern auch auf das Glaswerk vorgeschwebt hatten, beweisen klar und deutlich die beiden §§ 16 und 17 seines mit der Stiftung abgeschlossenen Vertrages, bei deren Würdigung zu berücksichtigen ist, daß er damals bereits Vater von zwei Söhnen war, von denen nach landläufiger Auffassung zu erwarten war, daß sie eines Tages vielleicht den Wunsch hegen könnten, die Nachfolgeschaft des Vaters nicht nur in geschäftlich leitender Stellung sondern auch in vermögensrechtlicher Hinsicht anzutreten. Die beiden §§ lauten wörtlich wie folgt: „§ 16. Das Vertragsverhältnis endigt mit dem Ende desjenigen Geschäftsjahres, in welchem Herr Dr. Schott mit Tode abgeht. Sollte aber Herr Dr. Schott vor dem 30. September 1920 mit Hinterlassung pflichtteilsberechtigter Erben versterben, so ist die Carl

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Zeiss-Stiftung berechtigt und verpflichtet, mit diesen das Vertragsverhältnis bis zu dem oben genannten Zeitpunkte mit der Maßgabe fortzusetzen, daß a) die Hinterbliebenen des Herrn Dr. Schott in das Verhältnis von stillen Gesellschaftern der Firma treten und b) die Carl Zeiss-Stiftung zur Vertretung der Firma nach außen und zur Geschäftsführung ausschließlich berechtigt wird. § 17. Mit Rücksicht auf die Aufgaben öffentlichen und wissenschaftlichen Interesses, welche die Carl Zeiss-Stiftung ihrer Bestimmung gemäß zu erfüllen hat, sowie zur Sicherung der dauernden Verbindung des glastechnischen Laboratoriums mit der optischen Werkstätte, welche für jene Zwecke besonders wichtig und fruchtbringend erscheint, räumt Herr Dr. Schott der Carl Zeiss-Stiftung hiermit das Recht ein, am Schlusse der nach § 16 vereinbarten Vertragsdauer, die Firma in alleinigen Besitz zu übernehmen und von da ab auf ihre alleinige Rechnung weiterzuführen. Herr Dr. Schott gibt aber mit Rücksicht darauf, daß durch diese Abmachung seinen Söhnen das Recht entzogen ist, vermögensrechtlich seine Nachfolgerschaft anzutreten, dem Wunsche Ausdruck, daß demjenigen seiner Söhne, dessen Erziehung in dieser Richtung geleitet werden wird, möglichst alle Erleichterungen zuteil werden, welche dessen Ausbildung in der Glastechnik wünschenswert sind, und daß, wenn irgend angängig, auch dessen Kräfte im Dienste des Unternehmens Verwendung finden möchten. Den Rechtsnachfolgern des Herrn Dr. Schott ist alsdann ihr buchmäßiger Anteil am Geschäftsvermögen nach dem Ergebnis der betreffenden Jahres-Bilanz auszuzahlen. Die Auszahlung kann nach Wahl der Stiftungsverwaltung entweder sofort oder auch in der Art erfolgen, daß ein Dritt-Teil des betreffenden Kapitalbetrags sofort bezahlt, der Rest aber mit 4% verzinst und in 2 gleichen Teilbeträgen je am Schlusse der beiden nächstfolgenden Jahre entrichtet wird. Auf Antrag der Rechtsnachfolger des Herrn Dr. Schott soll die Carl Zeiss-Stiftung aber auch verpflichtet sein, deren Anteil an dem Geschäftsvermögen beim Ablauf der in § 16 vereinbarten Vertragsdauer nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen in dem Geschäft zu behalten.“ Wenn Schott nach diesem Vertrag, ähnlich wie Abbe in der Gründungsurkunde über die Zeiss-Stiftung vom 19. Mai 1889 und dem Erbeinsetzungsvertrag vom 22./28. Mai 1889, die Überführung seines Geschäftsanteils an die Stiftung zunächst für die Zeit nach seinem Tode ins Auge gefaßt hatte, so hat er – hierin dem Beispiel Abbes folgend – bereits zu seinen Lebzeiten, nämlich im Jahre 1919, diese Überführung bewirkt, um der so zur Alleinbesitzerin des Glaswerks gewordene Stiftung noch bis zum 1. Januar 1927 – als bis kurz nach seinem 75. Geburtstag – als Mitglied der nach wie vor kollegial ausgeübten Geschäftsleitung zu dienen. Welche Bedeutung sie für die Verwirklichung von Abbes Stiftungsplänen auch bezüglich des Glaswerks schon im Jahre 1891 gehabt hat, ist von Abbe einmal – in einem am 20. Oktober 1890 in Steuerangelegenheiten der Stiftung an das Großherzogliche Finanzdepartement in Weimar gerichteten Schreiben – wie folgt richtig hervorgehoben worden: „Ich möchte […], um der Ansicht entgegenzutreten, als ob die Vertragsleistung des Dr. Otto Schott nur eine untergeordnete sei, nochmals die Bedeutung der der Stiftung von diesem eingeräumten Rechte hervorheben. Erst seine Zustimmung ermöglichte die Abtretung der dem Dr. Zeiss und mir gehörigen Anteile am Glaswerk. Erst der Verzicht auf sein Kündigungsrecht und das Zugeständnis, daß die Stiftung nach seinem Tode seinen Anteil am Glaswerk sofort zu übernehmen berechtigt sein sollte, sicherten der Stiftung den dauernden Besitz dieses Betriebsunternehmens;

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und diese Zugeständnisse erscheinen umso wertvoller, als weder der Dr. Zeiss noch ich selbst genügend Erfahrungen auf dem Gebiet der Glasfabrikation besaßen, um das Glaswerk ohne den Dr. Schott fortführen zu können und der letztere deshalb jederzeit in der Lage gewesen wäre, sich durch Kündigung des Gesellschaftsvertrages auf durchaus legale Weise in den Alleinbesitz des Glaswerkes zu setzen.“ Berücksichtigt man hierzu noch, daß Schott bereits vor dem 1. Oktober 1890 Abbe ein Darlehen von 20 000 Mark gewährt hatte, das von diesem Tag an auf die Stiftung übernommen worden war und Abbe wahrscheinlich dazu gedient hatte, sich seiner gegen den Ministerialfonds übernommenen Verpflichtungen zu entledigen, und ferner, daß Schott wesentlich dazu beigetragen hatte, die Roderich Zeiss für den 1. Oktober 1891 zugesagte Herauszahlung seines Geschäftskapitals im Glaswerk in Höhe von 58 000 Mark trotz anfänglicher Schwierigkeiten am 1. Februar 1892 zu ermöglichen, so ist es verständlich, wenn Abbe ihn unter dem 24. Dezember 1892 in seinem Begleitbrief zu einer mit großem Zartgefühl ausgewählten Weihnachtsgabe (einer Uhr, „die in allen Stücken der meinigen gleich ist“) schrieb: „[…] ich bitte Sie, die Gabe freundlich aufnehmen zu wollen – als Zeichen freundschaftlicher Anhänglichkeit und als Zeichen meiner besonderen Dankbarkeit für alles, was Sie in den letzten drei Jahren getan haben, um mir den weiteren Lebensweg ebnen zu helfen.“ Wie günstig sich die geschäftliche Entwicklung des Glaswerks in der hier zunächst zur Erörterung stehenden Betriebsperiode, d. h. seit seinem Eintritt in die öffentliche Konkurrenz (Sommer/Herbst 1886) bis zum Ende des Geschäftsjahres 1890/91 (1. Oktober 1891) gestaltet hatte, ergibt sich aus folgenden Feststellungen. Hatte das Geschäftskapital am 30. September 1886 noch 105 274,23 Mark betragen, so betrug es ab 1. Oktober 1891 mehr als das Doppelte, nämlich 230 000 Mark, wovon nunmehr auf die Stiftung 83 000 Mark, auf Schott 89 000 Mark und auf Roderich Zeiss und seine Miterben nach wie vor 58 000 Mark entfielen. Nachdem am 1. Februar 1892 die Stiftung und Schott, wie oben bemerkt, den Anteil von Roderich Zeiss (zu 29 000 + 29 000 Mark) ausbezahlt und selbst übernommen, am 1. Oktober 1892 auch weitere 14 000 bzw. 8 000 Mark eingelegt hatten; erhöhte sich das Geschäftskapital weiter auf 252 000 Mark, und die Stiftung und Schott waren hieran nunmehr je zur Hälfte beteiligt. Der Warenausgang, der im Kalenderjahr 1886 erst 55 779,85 Mark (darunter 5 778,90 Mark für Thermometerglas) betragen hatte, war – bei entsprechender Steigerung des Geschäftsgewinnes – im Geschäftsjahr 1889/90 auf 148 969,52 Mark, im Geschäftsjahr 1890/91 auf 169 549 Mark gestiegen. Diese günstige geschäftliche Entwicklung hatte das Glaswerk in erster Linie dem Umstand zu verdanken, daß es Schott binnen wenigen Jahren gelungen war, mit den von ihm erschmolzenen hochwertigen Sorten optischen Glases nicht nur den deutschen Markt, sondern auch in zunehmenden Maße die bis dahin noch immer von der englisch-französischen Monopolindustrie beherrschten ausländischen Märkte zu erobern. Waren die im Regenerativofen der Hütte im technischen Maßstab erschmolzenen optischen Gläser bis zur Veröffentlichung des ersten Produktionsverzeichnisses, d. h. bis zum Juli 1886, erst bis zur Schmelznummer O.269 gediehen, lagen zur Zeit des (im August 1888) erschienenen ersten Nachtrages zu diesem Verzeichnis 627, und zur Zeit des am 1. Januar 1892 erschienenen zweiten Nachtrages bereits mindestens 1 209 Schmelzungen dieser Reihe vor. Unter den 44 Sorten optischen Glases, die der optischen Industrie im ersten Produktionsverzeichnis angeboten worden wa-

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ren, hatten sich bereits 19 Sorten von wesentlich neuartiger Zusammensetzung befunden. Im ersten Nachtrag waren 24 Sorten, darunter wieder 13 von neuartiger Zusammensetzung, hinzugekommen. Wie schon erwähnt, hatten unter diesen letzteren besonders die seit 1887 erschmolzenen 8 Baryt-Leichtflint in Verbindung mit den fast farblosen Kronglassorten O.608 und O.610 wegen ihrer bis dahin unerreicht gebliebenen Durchlässigkeit für die chemisch wirksamen Lichtstrahlen besonders für die Vervollkommnung photographischer Objektive und damit für einen gerade in sichtlichem Aufschwung befindlichen Zweig der optischen Industrie Bedeutung gewonnen. Auch unter den acht im zweiten Nachtrag verzeichneten Gläsern befanden sich wieder sechs von neuartiger Zusammensetzung, darunter das als Ersatz für das frühere Baryt-Kron O.202 erschmolzene Schwerste Baryt-Kron O.1209, das – ebenso wie das neue Borosilikatkron O.802 – technisch zwar nicht ohne einige feine Bläschen herzustellen war, aber nach einer vom Glaswerk der Kundschaft bereits im April 1891 gemachten Mitteilung die optische Wirkung des photographischen Linsensystems selbst im ungünstigsten Falle nur um einen Lichtverlust von kaum 1/50% beeinträchtigen konnte. Natürlich stellten die in den Produktionsverzeichnissen nicht aufgeführten Schmelznummern vorwiegend nur Wiederholungen früherer Schmelzungen dar, die dadurch nötig geworden waren, daß man der Kundschaft Ersatz zu bieten hatte für ältere, nicht mehr auf Lager befindliche Schmelzprodukte, doch legte Schott stets Wert darauf, auch diese Ersatzschmelzungen durch kleinere Satzveränderungen dem gewünschten Verwendungszweck immer besser anzupassen. Mit den vom 5. März 1885 ab im Leuchtgasofen im kleineren Maßstab und in Tiegeln mit Graphitverkleidung erschmolzenen Borat- und Phosphatgläsern war Schott im Juli 1886 etwa bis zur Schmelznummer S.62 vorangekommen. Das Tempo der Weiterführung dieser Reihe läßt sich dem für Spezialgläser bestimmten Schmelzungsbuch II nicht genau entnehmen, da den Niederschriften über die einzelnen Schmelzungen das Datum nur ausnahmsweise hinzugefügt ist. Immerhin ist bei dem Bericht über die durch einen Riß im Tiegel verunglückte Schmelzung S.113, die als Wiederholung des ebenfalls verunglückten und bereits am 10. Mai 1885 versuchten Schweren Borat-Flints S.10 gedacht war, der 30. Dezember 1886 als Schmelzdatum vermerkt. Unter teilweiser Benutzung der von den früheren Schmelzungen übrig gebliebenen Glasbrocken und unter Verwendung von Schmelzhäfen aus Rakonitzer Schamotte mit Auskleidung von Kaolin wurde in dem oben erwähnten, am 25. Januar 1888 in Betrieb genommenen kleinen Regenerativ-Ofen in der Zeit zwischen dem 8. Februar und dem 10. April 1888 eine weitere Serie von Borat- und Phosphat-Gläsern erschmolzen, z. B. das Borat-Flint S.150, das leichte Phosphat-Kron S.152, das Phosphat-Kron S.154, doch wurde in den oben erwähnten, im August 1888 erschienenen ersten Nachtrag des Produktionsverzeichnisses keine dieser Schmelzsorten aufgenommen, dagegen bemerkt, daß neben den Gläsern S.35 und S.17 auch die Sorte S.10 (also das durch S.113 wiederholte Glas) vom Glaswerk wegen besonderer Schwierigkeiten in der Schmelzung und sehr geringer Nachfrage hinfort nicht mehr regelmäßig, sondern nur auf besonderen Wunsch, bei Entnahme ganzer Schmelzungen geliefert werden sollten. In dem genannten Schmelzungsbuch II ist die Liste der gesamten Schmelzgläser nur noch bis zur Nummer S.239 weitergeführt. Von der mit dem Schmelzdatum 6. Juli 1888 versehenen Nummer S.162 ab wurden sie zum größeren Teil wieder in Tiegeln aus (Berliner) Porzellan und im Leuchtgasofen erschmolzen. Ein

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genauer Anhaltspunkt dafür, wann die letzten Nummern der ganzen Reihe erschmolzen worden sind, läßt sich aus dem Schmelzungsbuch II Schotts (z. B. ist bei S.222 als Datum der 2. Januar 1894, bei S.223 der 4. Januar 1894 und bei S.232 = O.225 der 26. Juli 1898 vermerkt) darum nur in ganz vereinzelten Fällen gewinnen. Auch in den im Januar 1892 erschienenen zweiten Nachtrag des Produktionsverzeichnisses sind Gläser der S.Reihe nicht mehr aufgenommen worden. Auch darüber, bis zu welcher Schmelznummer Schott in der Zeit von Herbst 1886 bis in den Winter 1891/92 mit seinen Gläsern für nichtoptische Verwendungszwecke gelangt ist, lassen sich aus seinen diesen Gläsern gewidmeten Schmelzungsbuch III keine genauen Angaben entnehmen. Wie bereits erwähnt, wurden Thermometerröhren aus Normalglas 16/III in den ersten Betriebsjahren (d. h. bis zum Herbst 1888) nur periodisch hergestellt, während der bei weitem größere Anteil an der Gesamtproduktion dem optischen Glas gewidmet war. Auch die Schmelzungen von rotem Glas für die Strichmarke des Normalglases sowie einer mit dem Normalglas gut haltbaren weißen (später auch andersfarbigen) Emaille spielten dabei eine wichtige Rolle. Eine Schmelzung der letzteren Art war z. B. die unter Schmelznummer 41/III am 17. September 1888 erschmolzene „Bessere“ Emaille, der eine ebenso gelungene Schmelzung 44/III von schwarzer Emaille für Thermometerbelag alsbald folgte. Daß zu jener Zeit die Kapazität des oben genannten, am 23. Januar 1888 in Betrieb genommenen kleinen Regenerativofens in dem jährlich 10 bis 12 000 kg Normalglasröhren im Verkaufswert von 20 bis 25 000 Mark hätten hergestellt werden können, noch bei weitem nicht ausgenützt war, geht daraus hervor, daß in ihm in der Folgezeit auch eine ganze Reihe von anderen Sorten nichtoptischer Gläser in größeren Mengen hergestellt wurden. Zum Beispiel waren die Schmelzungen 45/III, 46/III, 48/III, 49/III, 50/III und 51/III einem wahrscheinlich für die Zeissische Mikroskopfabrikation bestimmten Deckglas gewidmet. Auch wurde einmal, in einem vorher bereits 14mal zu Normalglas gebrauchten Hafen, unter der Schmelznummer 54/III ein schwer schmelzbares Kaliglas dargestellt, von dem der Schmelzungsbericht sagt: „Es war nicht ganz so schwer schmelzbar wie das gebräuchliche böhmische Glas zu Verbrennungsröhren. Es war vor der Lampe zu verarbeiten, ohne daß es zum Mattwerden neigte wie das böhmische Glas.“ Einen für die gesteigerten wissenschaftlich-technischen Ansprüche der Thermometrie wichtigen Erfolg erzielte Schott mit dem von ihm vermutlich in der zweiten Hälfte des Juni 1889 erstmalig im technischen Maßstab erschmolzene Borosilikatglas Nr. 59/III, über das er am 8. Juli an Wiebe berichten konnte: „Eine Beobachtung, die ich vor einiger Zeit gemacht habe, hat mich eine Glasart kennen gelehrt, welche bei der Temperatur von 478° noch nicht erweicht, d. h. bei welcher vorhandene Spannungen im Glas noch nicht zum Ausgleich kommen. Meine Absicht geht nun dahin, dieses Glas – ohne Rücksicht auf sehr niedrige Depression – im großen Maßstabe darzustellen und daraus zu fertigende Thermometer zu untersuchen. Wenn meine Annahmen sich bestätigen, so bin ich sicher, Thermometer anfertigen zu können, welche bestimmt bis 480°, vielleicht aber bei noch höheren Wärmegraden sich werden gebrauchen lassen, und zwar mit einer Genauigkeit, welche wesentlich nur noch von der Fixierung bestimmter Punkte, die ja wohl bei so hohen Graden Schwierigkeiten haben, abhängt. Es würde sich auch die Anfertigung von Luftbehältern für das Gasthermometer aus diesem Glase empfehlen.“ In der Tat ergaben die im Juni 1891 (und später) von Wiebe angestellten Untersuchungen, daß sich

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die aus dem neuen Glas hergestellten Thermometer bei einer Depressionskonstante von nur 0,03° noch bis zu Temperaturen von 510° gebrauchen ließen und einen fast vollständigen Anschluß an den Gang des Luftthermometers bis 50° aufwiesen. Da Schott beobachtet hatte, daß dem niedrigen Alkaligehalt des Glases 59/III auch ein ungewöhnlich niedriger Ausdehnungskoeffizient von nur 0,0000177 entsprach und daß sich durch eine geeignete Kombination solcher Gläser mit Gläsern von hoher Ausdehnung Gläser mit einem von der Temperatur unabhängigen Volumen anfertigen ließen, so finden wir ihn – etwa vom Dezember 1890 ab – in zunehmenden Maße mit Versuchen über derartige Kombinationen beschäftigt. So erschmolz er unter Nr. 63/III ein für die Firma Alt, Eberhardt & Jäger bestimmtes Röhrenglas mit dem relativ hohen Ausdehnungskoeffizienten 0,0000290, und gleichzeitig notierte er in seinem Arbeitsjournal: „Überfanggläser mit Glassorten von wenig verschiedener Zusammensetzung und verschiedenen Erhärtungsgraden bei annähernd gleicher Ausdehnung im festen Zustande. Es müßte gelingen, in solchen Gläsern Spannungszustände herzustellen ohne besonders beschleunigte Abkühlung in Öl. Es müßte möglich sein – je, nachdem man das schwerer schmelzbare Glas im Innern oder Außen anwendet – starke Zugspannung oder annähernde Beseitigung der Spannung zu erreichen. Kompensation gegen Spannung durch Abkühlung in der Luft. Anfertigung von Wasserstandsgläsern solcher Art.“ Die hier angedeutete Idee, nämlich die Herstellung der noch im Jahre 1891 vom Glaswerk auf den Markt gebrachten Verbundglasröhren, d. h. von Röhren, welche aus zwei über einander verschmolzenen Glasschichten von verschiedenem Ausdehnungsvermögen bestehen und eine hochgesteigerte Widerstandsfähigkeit gegen schroffen Temperaturwechsel und die lösende Wirkung des heißen Wassers und Dampfes besitzen, wurde nun so rasch verwirklicht, daß das auf ihr beruhende „Verfahren zur Herstellung von Verbund-Hartglas“ bereits am 4. April 1891 zum Patent angemeldet und mit Wirkung von diesem Tage ab unter dem 11. März 1892 zunächst für das Deutsche Reich, dann auch für andere Länder unter Schutz gestellt werden konnte. Der größte Teil der Schmelzungen, die vom 1. Januar 1891 ab in einem dritten Regenerativofen („dem kleinsten, im Senkraum“) durchgeführt wurden, war auf solche Sorten gerichtet, die entweder einen möglichst hohen oder einen niedrigen Ausdehnungskoeffizienten besitzen sollten. Dabei wurde als Innenglas für die zu erzeugenden Verbund- bzw. Wasserstandsgläser anfangs meist das Glas 59/III benutzt, als Außenglas z. B. 108/III, während sich später die Kombination des im November 1891 erschmolzenen Silikatglases 102/III (Ausdehnungskoeffizient 0,00003369) mit dem im Februar 1892 erschmolzenen alkalifreien Glases 121/III (Ausdehnungskoeffizient 0,00001097) als noch geeigneter zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen erwies, die einem schroffen Temperaturwechsel unterliegen, also z. B. Kochflaschen, Glasschalen, Lampenzylinder Wasserstandsröhren. Insbesondere waren die noch im Jahre 1891 vom Glaswerk in den Handel gebrachten Wasserstandsröhren aus Verbundglas in bezug auf die lösende Wirkung des heißen Wassers von höherer Resistenz als alle bis dahin in der Technik gebrauchten Röhren dieser Zweckbestimmung. Ihre Widerstandsfähigkeit gegen starken Temperaturwechsel ging so weit, daß man sie, nachdem man sie in Öl auf 200 bis 250° erhitzt hatte, unmittelbar vertikal in kaltes Wasser eintauchen konnte, und schon im Frühling 1892 hatten sie sich seit den fünf Monaten ihrer ersten Anfertigung im Gebrauch an Lokomotiven oder stationären Dampfkesseln mit hohem Druck vollauf bewährt. Aus einer in Schotts Arbeitsjour-

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nal befindlichen Tabelle von Gläsern, an denen Dr. Straubel die teils hohen, teils niedrigen Ausdehnungskoeffizienten ermittelt hatte, geht hervor, daß Schott Schmelzungen der nichtoptischen Gläser am 16. Mai 1891 mindestens bis zur Schmelznummer 93/III vorangeschritten war. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, daß Schott im Anschluß an einen Aufenthalt in Prag im September 1887 neben einigen bei Reichenberg gelegenen Glashütten für farbiges Schmuckglas auch die Glasfabrik von Ed. Kavalier in Neu-Sazava bei Pilsen besichtigt hatte, in der u. a. das gegen Säureangriff besonders resistente harte Kaliglas für Verbrennungsröhren hergestellt wurde. Das oben erwähnte harte Kaliglas Nr. 54/III hatte er im Frühling oder Frühsommer 1889 auf Grund einer im Laboratorium gemachten Analyse von je einem Glas von Kavalier, einem von L. Stender – Lamspringe und einem von ihm als Bonner Glas Nr. 3 bezeichneten Muster komponiert. Als weitere mit der Zweckbestimmung „Verbrennungsröhren“ charakterisierte Schmelzungen begegnen uns in seinem Schmelzungsbuch III die vermutlich im Mai oder Frühsommer 1891 erschmolzenen Natrongläser 95/III bis 100/III und endlich das um den 15. Februar 1892 dargestellte schwer schmelzbare Baryt-Borosilikatglas 119/III, von dem der Schmelzbericht bemerkt: Wurde in größerer Menge zu Verbrennungsröhren ausgezogen. Schäumte stark. Von genügend großer Schmelzbarkeit (wie bestes böhmisches Glas von Kavalier). Während der Arbeit an der Pfeife war das Glas nicht so schwer schmelzbar wie das böhmische Glas. Bei niedrigen Graden (Rotglut) sehr schwerflüssig […].“ Wahrscheinlich wird sich demnach ein vom Glaswerk im Herbst 1891 herausgebrachtes Preisverzeichnis für Röhrengläser neben dem Normalglas erstmalig auch auf Verbundglas erstreckt haben. Damit stimmt überein die das Glaswerk betreffende Ankündigung, die sich auf S. 191 der 1. Auflage (1892) des vom Coburger Sprechsaal-Verlag Müller und Schmidt herausgegebenen Adreßbuches der Glas-Industrie befindet. Der Eintrag lautet: „Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen in Jena P[ost] T[elegraph], E[isenbahn] Sachsen-Weimar-Eisenach. – Telegramm-Adresse: Glaswerk Jena. – Geschäftsführer: Dr. O. Schott. Fabrikat: Optisches Glas, Normal-Thermometerröhren, Verbundglas. – Schleif- und Polier-Vorrichtung zum Untersuchen des Glases auf Reinheit. – 17 Arbeiter. Besteht seit 1884. Fabrikmarke: Röhren aus Normalglas tragen einen roten Längsstreifen.“ Ein wirklich erschöpfendes Bild von Schotts vielseitigen wissenschaftlichen und glastechnischen Leistungen während der Zeit vom Herbst 1886 bis zum Winter 1891/92 zu geben, kann nicht Aufgabe der hier nur in Betracht kommenden allgemeinen Überschau sein, da man für ein solches nicht nur die von in dieser Zeit veröffentlichten Arbeiten, sondern auch die Fülle der in seinen Schmelzbüchern, Arbeitsjournalen und Briefen wissenschaftlich-technischen Inhalts enthaltenen Einzelbeobachtungen, Erfahrungen und erfinderischen Einfälle mit auswerten müßte. Zudem darf nicht übersehen werden, daß Schott bei aller Großzügigkeit, mit der er, ebenso wie Abbe, bestrebt war, die breiteste wissenschaftliche, technische und industrielle Fachwelt an seinen glastechnischen Erfolgen teilnehmen zu lassen, selbst dann noch auch ein geschäftliches Interesse zu vertreten hatte, als das von ihm und seinen Genossen gegründete Glaswerk bereits auf dem Wege dazu war, ein unpersönlicher Stiftungsbetrieb mit sozialer und kultureller Zielsetzung zu

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werden. Hatte seine am 4. Dezember 1887 abgeschlossene Studie „Über die Verarbeitungsfähigkeit des Glases vor dem Glasgebläse“ das Ziel verfolgt, den für die Thermometerindustrie um Ilmenau und Schleusingen arbeitenden Glashütten des Thüringer Waldes Aufklärung darüber zu geben, welche Faktoren für die Verarbeitungsfähigkeit des aus dem Martinrodaer Glassand erzeugten Röhrenglases vor dem Glasgebläse in Betracht zu ziehen seien, so war sein im Juni 1888 zu Berlin gehaltener Vortrag „Über Glasschmelzerei für optische und andere wissenschaftliche Zwecke“ eine Art von Rechenschaftsbericht darüber, zu welchen Ergebnissen ihn seine 1881 gemeinsam mit Abbe begonnenen Arbeiten über das optische Glas und seine im Frühjahr 1883 mit der Kaiserlichen Normal-Eichungskommission begonnenen und seit dem Herbst 1887 mit der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt weitergeführten Arbeiten über das Thermometerglas bis dahin geführt hatten. Auch seine 1889 veröffentlichte Studie „Über das Eindringen von Wasser in die Glasoberfläche“, zu der er 1883 durch einige ihm von der Normal-Eichungskommission übersandte Bruchstücke von Thermometerglas veranlaßt worden war, bildete für die Frage nach der Widerstandsfähigkeit des Glases gegen chemischen Angriff insofern einen wichtigen Beitrag, als er Nachweis führen konnte, daß sich unter den von ihm untersuchten Gläsern seine Jenaer Natrongläser den kalihaltigen Gläsern vom Thüringer Wald bezüglich der Resistenzfähigkeit weit überlegen gezeigt hatten. Über das oben erwähnte Glas 59/III und einige wichtige physikalische Eigenschaften desselben berichtete er in seiner am 25. Juli 1891 abgeschlossenen Abhandlung „Über das Studium einiger physikalischer Eigenschaften von Gläsern und über ein neues wertvolles Glas für die Thermometrie“, und dem ebenfalls bereits oben erwähnten Verbundglas war sein am 4. April 1892 zu Berlin gehaltener Vortrag „Über die Ausdehnung von Gläsern und über Verbundglas“ gewidmet. Wie Schotts Zusammenarbeit mit Abbe auf dem Gebiet des optischen Glases nach dem im Sommer 1886 veröffentlichten ersten Produktionsverzeichnis, in den dazu im August 1888 und im Januar 1892 veröffentlichten Nachträgen ihre Fortsetzung erfahren hatte, so hatte auch seine Zusammenarbeit mit Wiebe über das Thermometerglas nach dessen am 17. Juli 1884 und am 12. November 1885 veröffentlichten beiden AkademieAbhandlungen „Über den Einfluß der Zusammensetzung des Glases auf die Nachwirkungserscheinungen bei Thermometern“ ihre weitere Fortsetzung zunächst noch unter den Auspizien der Kaiserlichen Normal-Eichungskommission gefunden. Als aber im Herbst 1887 die von Prof. Dr. Hermann Helmholtz (1821-1894) geleitete PhysikalischTechnische Reichsanstalt ihre Tätigkeit aufgenommen hatte, deren I. (physikalische) Abteilung von Helmholtz selbst geleitet wurde, während zum Leiter der II. (technischen) Abteilung der aus der Normal-Eichungskommission in die Reichsanstalt übernommene Dr. Leopold Loewenherz (1847-1892) bestellt wurde, wechselte auch Wiebe mit diesem dorthin über, um unter ihm die thermometrischen und manometrischen Arbeiten zu leiten. Auch die seit dem 17. Oktober 1889 zu Ilmenau unter der Leitung von Dr. Albrecht Böttcher ins Leben getretene Großherzoglich Sächsische Prüfungsanstalt für ärztliche Thermometer wurde der technischen Abteilung der Reichsanstalt als Filialinstitut unterstellt. Darüber, wie sich die Zusammenarbeit Schotts bzw. des Jenaer Glaswerks mit der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt während der drei ersten Jahre ihres Bestehens gestaltete, gibt ihr von Helmholtz am 13. Dezember 1890 dem Deutschen Reichstag überreichter Tätigkeitsbericht nähere Auskunft. Während sich die Arbeiten ihrer physika-

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lischen Abteilung in dieser Zeit unter hervorragender Wirkung des ihr als Mitarbeiter bis zum 1. Oktober 1890 als Mitglied angehörigen Prof. Dr. Jean Pernet vorwiegend auf thermometrische Fundamentaluntersuchungen, vorbereitende Studien über die Ausdehnung von Glas, Metallen, Wasser und Quecksilber bezogen hatten und diesen Untersuchungen sehr weitgehend das Jenaer Normalglas 16/III zu Grunde gelegen hatte, waren die Arbeiten der technischen Abteilung auf den Gebieten der Wärme und des Drucks vorzugsweise auf praktische Ziele gerichtet gewesen, und auch hierbei hatte das Jenaer Normalglas für die in Ilmenau geprüften und beglaubigten Fieberthermometer und die in der Reichsanstalt selbst geprüften und beglaubigten Thermometer für wissenschaftliche und chemische Zwecke im Mittelpunkt der Untersuchungen gestanden. Ihren publizistischen Niederschlag hatten diese Untersuchungen gefunden in Hermann Friedrich Wiebes Arbeiten über Siedethermometer (1888), über die Standänderungen der Quecksilberthermometer nach Erhitzung auf höhere Temperaturen (1888), in einer Arbeit von Böttcher über den Gang der Eispunktdepression, einer Gemeinschaftsarbeit von Böttcher und Wiebe über Vergleichung des Luftthermometers mit Quecksilberthermometern aus Jenaer Glas in Temperaturen zwischen 100 und 300° (Teil I und Teil II, 1890) und endlich in zwei Arbeiten Wiebes über die Verwendung der Quecksilberthermometer in höheren Temperaturen und über weitere Vergleichungen von Quecksilberthermometern aus verschiedenen Glassorten zwischen 0 und 100° (1890). Auch die Arbeiten des der Reichsanstalt angegliederten Chemischen Laboratoriums hatten sich in der genannten Zeit auf Glas erstreckt und zwar vorwiegend auf die Ermittlung der störenden Ausscheidungen, welche bis dahin bei den für alle feineren Messungen und besonders für astronomische und geodätische Zwecke unentbehrlichen Libellen ständig aufgetreten waren, ferner auf die Untersuchung von Glasoberflächen mit Hilfe der Farbreaktion auf Glas für thermometrische und andere wissenschaftliche Zwecke. Schließlich war eine gleichfalls auf Farbreaktion beruhende Methode ermittelt worden, um die aus dem Glas durch Wasser gelösten Bestandteile qualitativ zu bestimmen und damit zugleich einen Maßstab zu gewinnen für die Beurteilung des Wertes der für wissenschaftliche Zwecke bestimmten Glasgefäße. Mit der Bearbeitung dieser Fragen waren von der PhysikalischTechnischen Reichsanstalt die Chemiker Dr. Franz Mylius und Dr. Fritz Foerster beauftragt worden. Von der Förderung, die sie dabei durch Schott und das Jenaer Glaswerk erhielten, legen zahlreiche Briefe und Gegenbriefe Zeugnis ab. Die Zusammenarbeit Schotts mit Mylius in der Libellenglas-Frage begann, wie aus Schotts Arbeitsjournal hervorgeht, noch im Herbst 1887, die mit dem Mylius zunächst als Hilfsarbeiter zugewiesenen Dr. Fritz Foerster, dem nachmaligen Professor an der Technischen Hochschule Dresden (gest. 14. November 1931), erst etwas später. Von Mylius wurde eine Arbeit über die Störungen der Libellen 1888, eine zweite über die Prüfung der Oberfläche des Glases durch Farbreaktion 1889, eine gemeinsam mit Fritz Foerster verfaßte über die Löslichkeit der Kali- und Natrongläser im Wasser ebenfalls 1889 veröffentlicht. Da sich für Schott im Zusammenhang mit den am Glas 59/III gemachten Beobachtungen die Frage nach den Beziehungen zwischen der chemischen Zusammensetzung verschiedener Glastypen zu ihren Ausdehnungsverhältnissen aufgedrängt hatte, kann man an den in seinem Arbeitsjournal gemachten Eintragungen verfolgen, wie er etwa vom Januar 1891 ab dieser Frage besondere Aufmerksamkeit schenkte und verschiedene Physiker dazu anregte, eine Reihe der von ihm erschmolzenen Glastypen in bezug auf

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ihre höheren oder niedrigeren Ausdehnungskoeffizienten teils mit Hilfe des GefäßDilatometers, teils nach der von Abbe verbesserten Fizeauschen Methode näher zu bestimmen, um damit für die Erschmelzung brauchbarer Verbundgläser eine sichere Grundlage zu gewinnen. Die Physiker, auf deren Mitarbeit er sich hierbei vornehmlich in der Zeit zwischen dem Februar und dem Herbst des Jahres 1891 stützen konnte, waren: der seit dem Herbst 1886 als Ordinarius der Physik und Direktor des Physikalischen Instituts an der Universität Jena wirkende Professor Dr. Adolph Winkelmann, der 1890 von der Universität Bonn zur Einrichtung und Leitung der Abteilung für optische Meßinstrumente in die Firma Carl Zeiss berufene Dr. Carl Pulfrich (1858-1927) und Winkelmanns damaliger Assistent am Jenaer Physikalischen Institut Dr. Rudolf Straubel (18621943). In seinem Berliner Vortrag vom 4. April 1892 hat Schott betont, daß sich die Arbeitsgemeinschaft, die ihn früher schon mit Abbe auf dem Gebiet des optischen Glases zusammengeführt hatte, auch im Fall seiner Zusammenarbeit mit diesen Gelehrten für den Fortschritt in Wissenschaft und Technik als überaus fruchtbar erwiesen habe. Wie wir früher (Teilband II, S. 216) berichtet haben, hatte Abbe bereits im Herbst 1885, also noch vor der Beendigung der Versuchsperiode der Jenaer Glashütte, dem Preußischen Kultusminister erklärt, man glaube in Jena, der im Frühjahr 1883 gegenüber der Preußischen Regierung übernommenen Verpflichtung, sich um die Herstellung eines für ärztliche Beobachtungen brauchbaren, also möglichst nachwirkungsfreien und gleichzeitig resistenten Thermometerglases zu bemühen, dadurch nachgekommen zu sein, daß man der an der Thermometerfabrikation unmittelbar interessierten Glashütten-Industrie die für solches Glas in Betracht kommenden Normen mitgeteilt habe. Für das vorwiegend dem optischen Glas gewidmeten Unternehmen sei jedoch die Aufnahme eines solchen Fabrikats in sein Produktionsprogramm selbst dann auf die Dauer untragbar, wenn man es, wie bisher, nur periodisch herstellen würde. Man werde es daher anderen Fabriken überlassen müssen, die sich zu diesem Zweck dann wohl am besten mit Jena in Verbindung setzen würden. Nachdem aber im November von der Kaiserlichen Normal-Eichungskommission die amtliche Prüfung und Beglaubigung der ärztlichen Thermometer eingeführt worden war, hatte sich herausgestellt, daß nur die aus dem Jenaer Normal-Röhrenglas hergestellten Instrumente den in Frage kommenden Anforderungen wirklich entsprachen. Infolgedessen hatte man es, dem Wunsch der Normal-Eichungskommission und (vom Herbst 1887 ab auch) der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt entsprechend, im Jenaer Glaswerk zunächst noch bei dem periodischen Röhrenziehbetrieb belassen, war aber nach wie vor bereit, die amtlichen Stellen bei ihren Bestrebungen zu unterstützen, in den Glashütten des Thüringer Waldes die Voraussetzungen für die Herstellung eines dem Jenaer gleichwertigen Normalglases für Thermometer zu schaffen. Besonders akut wurden die mit dem Provisorium verbundenen Schwierigkeiten, als im Februar des Jahres 1888 bei der Reichsanstalt von verschiedenen Herstellern von ärztlichen Thermometern und Alkoholometern Klage darüber geführt wurde, daß infolge des nur gelegentlichen Röhrenziehens im Glaswerk die Lagerbestände desselben den wechselnden Bedürfnissen der Fabrikanten nicht hinreichend angepaßt seien, und daß dieses periodische Röhrenziehen nicht ausreichend sei, besonders den Bedarf der Hersteller von Alkoholometern, der im Zusammenhang mit der bevorstehenden Umstellung des deutschen Eichungswesen vom Volumen- zum Gewichtsalkoholometer demnächst

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besonders groß sein würde, zu decken. Wie daher von der Normal-Eichungskommission dem Glaswerk unter Bezugnahme auf die Unterstützung, die es seit Jahren von der Preußischen Regierung erfahren habe, dringend nahe gelegt wurde, sich durch entsprechende Betriebseinrichtungen möglichst bald auf den zu erwartenden Bedarf der preußischen Finanzverwaltung an Röhrenglas für Alkoholometer einzurichten, wurde es auch von der Abteilung II der Reichsanstalt ersucht, nunmehr zum ständigen Röhrenziehen überzugehen und gleichzeitig ihre Bemühungen, die Glashütten des Thüringer Waldes zur Herstellung von Normalglas für Thermometer zu veranlassen, erneut tatkräftig zu unterstützen. Schott suchte diesen Wünschen, so gut es ihm im Augenblick möglich war, dadurch gerecht zu werden, daß er in dem erst kürzlich in Betrieb genommenen kleinen Regenerativofen der Hütte mit Hilfe des oben erwähnten Röhrenziehermeisters Hartung aus Geraberg bei Elgersburg vom 10. April ab bis gegen Ende Mai eine beträchtliche Quantität von Normalglas-Röhren ziehen ließ, die sowohl den Thermometerfabrikanten wie besonders den damaligen Hauptfabrikanten von Alkoholometern (d. h. den Berliner Firmen G. A. Schultze und J. G. Greiner sen. & Sohn) zugute kamen. Ein Besuch, den der Regierungsrat Dr. Loewenherz im Auftrag der Reichsanstalt im Mai dem Jenaer Glaswerk wie, im Anschluß daran, den Glashütten des Thüringer Waldes abstattete, dürfte Schott nicht nur dazu Gelegenheit gegeben haben, mit dem Besucher über das nunmehr für die Zeit nach der sommerlichen Betriebspause von ihm vorgesehene kontinuierliche Röhrenziehen im Glaswerk zu sprechen, sondern auch dazu, ihm für die bevorstehenden Besprechungen mit den Glashüttenbesitzern des Thüringer Waldes erneut mit sachdienlichen Ratschlägen an die Hand zu gehen. Sicherlich hängt es damit zusammen, daß sich in seinem Arbeitsjournal zwei im Mai gemachte Eintragungen befinden, von denen sich die eine auf einen der Ilmenauer Firma „Glasfabrik Sophienhütte Richard Bock“ empfohlenen Sodaglas-Satz bezieht, während die andere aus zehn Einzelpunkten bestehende überschrieben ist mit den Worten: „Zu beachtende Verhältnisse für die Anfertigung von Normalglas-Röhren im Thüringer Wald“. Auch in seinem oben erwähnten Berliner Vortrag vom 4. Juni 1888 sprach Schott die Hoffnung aus, daß die Glasproduzenten des Thüringer Waldes nunmehr dazu übergehen möchten, dem Beispiel Jenas zu folgen und ihre für Thermometer bestimmten Fabrikate zu verbessern, zumal dieser Fabrikationszweig für das Jenaer Glaswerk geschäftlich völlig bedeutungslos sei und somit bisher lediglich zu dem Zweck betrieben worden sei, eine Produktionsstätte zu schaffen, welche dauernd Glas dieser Art von zuverlässiger Zusammensetzung zu liefern imstande sei. Nun hatte aber schon kurz vorher, am 8. April 1888, der Professor Rudolph Weber von der Technischen Hochschule Charlottenburg in einem ebenfalls zu Berlin gehaltenen Vortrag darüber berichtet, wie er in Verfolgung seiner bereits von etwa 1878 ab begonnenen Studien und Versuche über Thermometerglas seit dem 14. August 1886 mit Ferdinand Friedrichs, dem Inhaber der Glashüttenfirma Greiner & Friedrichs zu Stützerbach, in Verbindung getreten sei, um in dessen Hütte mit dem freilich etwas kalihaltigen Martinrodaer Sand und guter Ammoniaksoda ein fast reines Natronglas zu erschmelzen, das neben seiner Widerstandsfähigkeit gegen chemischen Angriff und schroffen Temperaturwechsel auch wegen seiner geringen Depressionsfähigkeit (von nicht über 1%) brauchbar genug sei, um so gute Thermometer herzustellen, wie sie für eine

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große Anzahl von Anwendungen durchaus genügen würden. Zwar bezogen sich die Urteile, die von Berlin aus alsbald über dieses Stützerbacher Resistenzglas nach Jena gelangten, zunächst mehr auf seine Eignung zur Herstellung von Laboratoriumsglas, also etwa von Reagenzgläsern oder den bis dahin meist aus böhmischen Kaliglas hergestellten Kochbechern, doch gesellten sich diesen Urteilen alsbald auch solche aus der Thermometerindustrie hinzu, die sich auf die mit diesem Glas bei der Herstellung von guten Thermometern gemachten Erfahrungen bezogen. Es mußte also für die nächste Zeit mit einer dem Jenaer Normalglas 16/III durch das neue Stützerbacher Glas entstehenden geschäftlichen Konkurrenz gerechnet werden. Hinzu kam, daß sich der Jenaer Absatz an Thermometer-Normalglas, der in den Geschäftsjahren 1885/86 und 1886/87 nur einen Verkaufswert von 4 522 bzw. 5 327 Mark betragen hatte, in den neun Monaten vom 1. Oktober 1887 bis Ende Juni 1888 doch auf 6 731 Mark erhöht hatte und nach dem oben Gesagten in der nächsten Zeit wahrscheinlich noch weiter erhöhen würde und zwar besonders dann, wenn demnächst voraussichtlich auch die sogenannten chemischen Thermometer in das reichsamtliche Prüfungs- und Beglaubigungs-Verfahren mit einbezogen würden. So kam es, daß, nachdem das Jenaer Glaswerk um die Mitte des September 1888 den kontinuierlichen Röhrenziehbetrieb aufgenommen hatte, Schott am 3. Dezember 1888 berichten konnte, man habe sich mit Rücksicht darauf, daß man von Jena aus in früherer Zeit vielfache persönliche Beziehungen zu den Inhabern der Firma Greiner & Friedrichs unterhalten habe, mit der Absicht der letzteren, ihr Resistenzglas durch eine blaue Linie unter Markenschutz zu stellen, einstweilen einverstanden erklärt. Desweiteren schreibt Schott in diesem an seinen Freund Hermann Friedrich Wiebe gerichteten Brief: „Bei Deinem freundlichst für den Sommer in Aussicht gestellten Besuch hier in Jena wirst Du sehen, daß wir für die Darstellung des Normalglases ziemlich umfangreiche Einrichtungen getroffen haben. Auch ist es uns gelungen, mit ziemlich erheblichen Kosten, den besten Röhrenzieher des Thüringer Waldes zu engagieren, sodaß wir augenblicklich in der Lage sind, allen verständigen Ansprüchen an die Beschaffenheit unserer Röhren nachzukommen. Ein guter Beweis dafür liegt darin, daß wir im abgelaufenen Geschäftsjahr einen bedeutend gesteigerten Absatz in Röhren gehabt haben, der uns verspricht, bald einen geschäftlich lohnenden Betrieb aus diesem bisher nur Last und Mühe gemachten, aus Liebe zur Sache gehaltenen Gegenstand abzugeben. Unter den jetzigen Verhältnissen werden wir natürlich unsere Röhrenfabrikation beibehalten und erwägen vorläufig gar nicht mehr den Gedanken sie aufzugeben.“ In der Tat hatte sich der Röhrenabsatz des Glaswerks, der vom 1. Oktober 1887 bis Ende Juni 1888 6 731 Mark betragen hatte, bis zum 30. September 1888 bereits auf 10 528 Mark erhöht, und nachdem Schott gegen Ende des Jahres 1888 die Thermometerinteressenten durch Rundschreiben von den neuen Produktionsverhältnissen im Glaswerk benachrichtigt hatte, stieg der Absatz an Normalglas weiterhin an und betrug in den sechs Monaten von 1. Oktober 1888 bis zum 31. März 1889 bereits 8 562 Mark, sodaß Schott am 6. Mai 1889 dem Freunde Wiebe melden konnte: „Seitdem wir unseren Röhrenbetrieb dauernd und mit Hilfe des tüchtigsten Röhrenziehers des Thüringer Waldes betreiben, hat sich unser Absatz in diesem Artikel bedeutend gesteigert. Vermutlich ist die Steigerung im Bedarf z. T. nur eine zeitweise, veranlaßt durch die Einführung der neuen Thermoalkoholometer. – Wir fertigen aus unserem Glase jede Art von Röhren, welche gewünscht wird, also auch prismatische ärztliche Thermometerröhren.“

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Darüber, daß Schott am 8. Juli 1889 an Hermann Friedrich Wiebe schrieb, er sei gesonnen. ein vor kurzem erstmalig erschmolzene Borosilikatglas (nämlich 59/III) demnächst in großem Maßstab herzustellen und daraus zu fertigende hochgradige Thermometer produzieren zu lassen, welche sich bestimmt bis 480°, vielleicht aber bei noch höheren Wärmegraden würden gebrauchen lassen, ist bereits oben berichtet worden. Aus einem Schreiben an die Ilmenauer Firma Alt, Eberhardt und Jäger vom 13. August 1889, in dem er dieser Firma mit den von ihnen erbetenen Ratschlägen über die ihr gehörige Glashütte Schildhorst bei Freden an die Hand ging, geht hervor, daß er dieser Firma kurz vorher harte Kaliröhren für Kochflaschen geliefert hatte, die offenbar aus der oben erwähnten Schmelzung 54/III hervorgegangen waren. Die beabsichtigte Darstellung des Glases 59/III in etwas größerem Maßstab scheint Schott um den Anfang des Jahres 1890 vorgenommen zu haben. Die ersten Versuchsthermometer daraus wurden dem Jenaer Glasbläser William Haak erst am 11. Dezember 1890 in Auftrag gegeben und Hermann Friedrich Wiebe zur Bestimmung ihrer Depressionsfähigkeit gegen Ende Mai desselben Jahres zugeschickt. In seinem Brief vom 14. Januar 1891, in dem Schott Wiebe die demnächstige Übersendung dieser Versuchsinstrumente ankündigte, schrieb er u. a.: „Wie Du wohl wissen wirst, unterhalten wir jetzt einen dauernden Betrieb auf Röhren. Leider aber erreicht der Bedarf nur etwa ein Drittel unserer Produktion. Natürlich ist an dieser Sachlage wenig zu ändern, und es ist auch kaum möglich, den Absatz noch irgend erheblich zu steigern. Die Hauptmasse der Röhren wird für medizinische Thermometer gebraucht. […] Für das kommende Frühjahr und den Sommer haben wir hier einige bauliche Erweiterungen der Fabrik geplant.“ Mit den hier erwähnten Plänen zur Erweiterung des Glaswerks sind diejenigen gemeint, die wir bereits oben aus dem Brief Schotts vom 24. November 1890 an Roderich Zeiss kennen gelernt haben und die zum Teil mit den großen Röhrenaufträgen zusammenhingen, wie dem Glaswerk von der Firma Alt, Eberhardt und Jäger in Aussicht gestellt worden war. Zweifellos gehört in diesen Zusammenhang das wohl im Dezember 1891 von Schott für diese Ilmenauer Firma erschmolzene ordinäre Röhrenglas 63/III, das sich Schott wegen seiner relativ hohen Ausdehnung als Verbundglas zur Kombination mit dem Glas 59/III ausersehen hatte und das somit auch für die ersten auf dem Verbundverfahren beruhenden Jenaer Wasserstandsgläser Verwendung gefunden haben dürfte. Davon, daß Schott damals schon seit Jahren mit dem Gedanken beschäftigt war, ob man nicht aus dem Jenaer Normalglas brauchbare Wasserstandsgläser herstellen könnte, zeugen Eintragungen in seinem Arbeitsjournal, aus denen hervorgeht, daß er bereits im Herbst 1886 der Weimar-Geraer Eisenbahnverwaltung eine Wasserstandsröhre aus dem Normalglas 16/III zur Erprobung auf einer ihrer Lokomotiven übergeben hatte und daß sich diese bis in den Mai 1887 dort gut bewährt hatte und erst durch einen zufällig erlittenen Stoß zertrümmert worden war. Am 28. Februar 1888 schrieb ihm die Firma Richard Schwarzkopf in Berlin, es würden von ihr mit Hilfe der von der Firma. Siemens bezogenen Hartglasplatten Schwandtsche Wasserstandsanzeiger für Dampfkessel hergestellt, und sie sei daran interessiert von Schott zu erfahren, ob er ihr nicht eine geeignete Bezugsquelle für solche Platten nennen könnte, da die von Siemens bezogenen zwar dem inneren Druck und den wechselnden Temperatur-Einflüssen vorzüglichen Widerstand leisteten, jedoch von dem heißen und stark bewegten Kesselwasser ziemlich heftig ange-

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griffen würden. Nachdem Schott die von der Firma eingesandten Musterplatten untersucht und ihr Probeplatten aus einer von ihm empfohlenen Glassorte zugesandt hatte, wurden von ihm – nach diesbezüglichen Notizen in seinem Journal – im Sommer 1888 verschiedene Versuche an teils gekühlten, teils ungekühlten Glasröhren angestellt, jedoch scheint ihm der Gedanke, Wasserstandsgläser aus Verbundglas herzustellen, erst gekommen zu sein, als es sich für ihn im Dezember 1890 darum handelte, das für Alt, Eberhardt & Jäger erschmolzene Röhrenglas Nr. 63/III mit hohem Ausdehnungskoeffizienten mit dem Glas 59/III zu kombinieren und u. a. auch für Wasserstandsröhren zu verwenden. Die ersten Muster dieser Art wurden von Anfang Januar 1891 zunächst an einem Dampfkessel der Firma Zeiss, vom 17. Februar 1891 ab auch an Lokomotiven der Weimar-Geraer Eisenbahn erprobt, und am 29. Mai 1891 heißt es in einem von Schott an Hermann Friedrich Wiebe gerichteten Brief u. a.: „Für den Fall, daß etwa Herr Direktor Loewenherz seine freundliche Zusage, sich wegen des Versuchs unserer Wasserstandsröhren bei der Berliner Eisenbahn-Direktion zu verwenden, aus den Auge verloren haben sollte, bist Du vielleicht so freundlich, ihn gelegentlich daran zu erinnern.“ Wie aus dem Schmelzungsbuch III hervorgeht, wurden vom Glaswerk die ersten im technischen Maßstab (aus der Glassorte 76/III in Verbindung mit ThermometerNormalglas) hergestellten Wasserstandsröhren noch im Lauf des Jahres 1891 an die Firma Alt, Eberhardt & Jäger geliefert, von der kurz darauf auch die Verbund-Glassorten 77/III und 89/III zu Reagenzgläsern verarbeitet wurden. Von dem schwer schmelzbaren Natronglas 100/III, das im August 1891 zu Verbrennungsröhren bzw. Reagenzröhren für dieselbe Firma erschmolzen worden war, wurden ebenfalls noch im Winter 1891/92 auch Schaugläser für die Schwarzkopfschen Wasserstände geliefert. Daß Schott sein Verfahren zur Herstellung von Verbund-Hartglas bereits am 4. April 1891 zum Patent im In- und Ausland angemeldet hatte, ist oben schon in anderem Zusammenhang erwähnt worden. In die Gruppe derjenigen nichtoptischen Gläser, die von Schott während der hier zur Erörterung stehenden Betriebsperiode erschmolzen wurden, gehören auch einige Sorten, wie sie von der Industrie für elektrische Glühlampen teils für direkte Verschmelzung von Glaskolben mit Platindraht, teils für ein zum Einschmelzen der Platin- oder auch Eisendrähte dienendes besonderes Glas verlangt wurden. Einige für das erstere Ziel in Frage kommende Glassätze hatte Schott dem Glasfabrikanten Adolf Hirsch aus Weißwasser empfohlen, nachdem dieser ihn im September 1888 zu Jena besucht und ihm ein Musterkölbchen zur Analyse übergeben hatte. Unterlagen über das endgültige Ergebnis der daraufhin von Hirsch in seiner Glashütte angestellten Schmelzungen sind in Jena nicht mehr vorhanden. Erst im Juli 1890 findet sich in Schotts Journal eine Zusammenstellung von neun Gläsern „die mit Platindraht von 1 mm Dicke haltbar sind“. Von den im Frühjahr 1891 erschmolzenen Gläser mit hohem Ausdehnungskoeffizienten 83/III und 73/III schickte Schott am 29. April 1891 an Siemens & Halske in Berlin einige Muster mit eingeschmolzenen Eisen- und Kupferdrähten, wobei er hinzufügte, das Glas zum Einschmelzen der Eisendrähte würde sich ohne Schwierigkeiten darstellen und, wohl am besten mit einer Zwischenschicht von Eisensilikat zwischen Metall und Glas auf Kolben für Glühlampen verarbeiten lassen. Auch darüber, wie diese von weiteren einschlägigen Ausführungen Schotts begleitete Anregung von der genannten Firma aufgenommen worden ist, sind in Jena Unterlagen nicht mehr vorhanden. Dagegen geht aus dem

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Schmelzungsbuch III hervor, daß Schott in der nächstfolgenden Zeit eine ganze Reihe von weiteren Gläsern erschmolz, die sich zum Einschmelzen von Eisendraht als geeignet erwiesen, z. B. Nr. 87/III, 93/III, 94/III, das auch mit Nickeldraht haltbare (im August 1891 erschmolzene) Glas 101/III, dann noch 102/III, 105/III und weitere mehr. Eine Notiz im Arbeitsjournal vom Oktober 1891 besagt, daß ein Satz für Glühlampen, nach dem ein Herr Hirsch von der Firma J. Schweig & Co. in Weißwasser bis dahin Glühlampenglas hatte herstellen lassen, ein direktes Einschmelzen von Platindraht nicht gestattet hatte und daß sich Schott damals verpflichtete, dieser Firma gegen gewisse finanzielle Gegenleistungen einen Satz für ein zweckentsprechendes Einschmelzglas zur Verfügung zu stellen. Vielleicht könnte als solches das vermutlich im Frühsommer 1892 zu Jena hergestellte Einschmelzröhrenglas 153/III in Frage kommen, da in dem dazu gehörigen Schmelzungsbericht bemerkt ist, daß daraus 10 bis 12 Schmelzungen zu Einschmelzröhren verarbeitet worden seien. Wie Schott schon in den Gründungsjahren des Jenaer Glaswerks seine berufskollegiale Hilfsbereitschaft immer wieder bezeugt hatte, wenn ihn andere Glashüttenfirmen in glaswissenschaftlichen und hüttentechnischen Angelegenheiten um sachdienliche Aufklärung und Förderung angingen, so bewahrte er diese Haltung auch in der hier zur Erörterung stehenden Zeit aufs neue, und es liegen dafür außer den bereits oben erwähnten eine ganze Reihe von brieflichen und anderen Zeugnissen vor, von denen jedoch nur einige wenige hier erwähnt werden können. Zum Beispiel ging Schott der oben mehrfach genannten Ilmenauer Firma Alt, Eberhardt & Jäger im Sommer 1889 mit sehr eingehenden technischen Winken darüber an die Hand, wie sie ihr seit 1888 gehörigen Glashütte Schildhorst bei Freden ein für Kochflaschen bestimmtes Glas wasserhell und säurebeständig würden herstellen können. Am 19. August 1889 empfahl er der Glashütte I. Rüping & Co. in St. Petersburg einen Röhrensatz, der dem Gehlberger bzw. Stützerbacher (Greiner & Friedrichschen) Satz ähnlich war. Am 9. Oktober 1890 beriet er die Stützerbacher Glasinstrumenten-Fabrik F. Fischer & Röwer über ihre mit Wassergas betriebene Glashütte sowie in bezug auf die von ihr beabsichtigte Errichtung eines Laboratoriums für Versuchsschmelzungen im kleinen Umfang und stellte ihr über die schriftliche Beratung hinaus auch mündliche in Aussicht. Auch der glastechnische Erfahrungsaustausch, den er fortlaufend bald über Häfenton, bald über Rubinglas und anderes mit dem ihm schon von seiner Vorjenaer Zeit her befreundeten Direktor Oskar Rauter von der Rheinischen Glashütten AG zu Köln-Ehrenfeld oder etwa – vom Sommer 1887 ab – mit dem böhmischen Glasfabrikanten Otto Matzialekk zu Leitomischl (= Litomyšl) über böhmische Farbengläser pflegte, verdient in diesem Zusammenhang Erwähnung. Wenn Schott bereits in seinem Berliner Vortrag vom Sommer 1888 darauf hingewiesen hatte, daß sich bis dahin die Produktion des Glaswerkes an Normalglas für Thermometer und feinere wissenschaftliche Instrumente als geschäftlich völlig bedeutungslos erwiesen und dem Wert nach noch nicht einmal den zehnten Teil der Produktion an optischem Glas erreicht habe, so dürfte sich an diesem Verhältnis auch bis zum Ende des Geschäftsjahres 1890/91 noch nichts wesentlich geändert haben, da sich die Einbeziehung der Wasserstandsröhren aus Verbundglas sowie des Geräteglases und der Einschmelz- und Verbrennungsröhren für chemische Laboratorien in das normale Produktionsprogramm des Glaswerks erst in den folgenden Jahren im Sinn eines größeren Anteils der Fabrikate für nichtoptische Zwecke an der Gesamtproduktion auszuwirken be-

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gann. Man muß sich aber daran erinnern, daß Schott von vorneherein in der rationellen Darstellung des Glases für optische Verwendungszwecke zwar das ihm zunächst liegende, jedoch keineswegs ausschließliche Ziel seiner glaswissenschaftlichen und glastechnischen Bestrebungen erblickt hatte. Hatte daher die dem Glaswerk anfänglich geradezu zwangsläufig auferlegte Verpflichtung, sich nicht nur in den Dienst des optischen, sondern auch eines möglichst nachwirkungsfreien Thermometerglases zu stellen, Jahre hindurch eher eine geschäftliche Belastung las eine Förderung bedeutet, so hatte sich für Schott aus ihr andererseits doch die Notwendigkeit ergeben, seine Aufmerksamkeit auch anderen als nur optischen Verwendungszwecken der von ihm erschmolzenen Glastypen zuzuwenden und sich damit schrittweise der von ihm von vorneherein ins Auge gefaßten Zielsetzung, also der wissenschaftlichen und technischen Eroberung der Wert des Glases überhaupt, zu nähern. War es nämlich bei der Arbeit am optischen Glas vorwiegend darauf angekommen, die Beziehungen der chemischen Zusammensetzung des Glases zu seinen optischen Eigenschaften, also z. B. der Lichtbrechung, der Farbenzerstreuung, der Färbung, der Lichtdurchlässigkeit ins Auge zu fassen, so hatte ihn die Beschäftigung mit dem Glas für ärztliche und chemische Thermometer und feinere wissenschaftliche Instrumente zwangsläufig dazu geführt, auch andere physikalische und technische Eigenschaften der verschiedenen Glasarten wie Elastizität, Festigkeit, Härte, thermische Widerstandsfähigkeit, thermische Nachwirkung und Ausdehnung, Schmelzbarkeit, Widerstandsfähigkeit gegen chemischen Angriff, Haltbarkeit und elektrisches Leitungsvermögen in ihren Beziehungen zur chemischen Zusammensetzung einem planmäßigen Studium zu unterwerfen und damit die zunächst am optischen Glas gewonnenen Erfahrungen immer mehr zu verbreitern und zu vertiefen. Es wäre daher völlig abwegig, wenn man die in der hier zur Erörterung stehenden Betriebsperiode diesen allgemeineren Zusammenhängen gewidmeten wissenschaftlichen und technischen Bemühungen Schotts etwa nur nach ihren unmittelbaren geschäftlichen Auswirkungen auf die Weiterentwicklung des Glaswerks beurteilen wollte. Daß sie auch geschäftlich in der Folgezeit große Bedeutung gewinnen sollte, wird im nächsten Abschnitt zu zeigen sein. Zunächst aber wollen wir uns noch kurz mit den Auswirkungen befassen, die Schotts glasschmelzerische Tätigkeit in der Zeit vom Herbst 1886 bis in den Winter 1891/92 auf die optische Praxis ausgeübt hat. Dabei können wir uns zur Vermeidung unnötiger Wiederholung darauf beschränken, das, was wir hierzu bereits in der Einleitung zum Teilband II (S. LXVIII ff.) berichtet haben, durch einige weitere, z. T. erst seitdem ermittelte Tatsachen zu ergänzen. Was zunächst das für mikroskopische Zwecke im Jenaer Glaswerk hergestellte optische Glas betrifft, so hatten die von der Optischen Werkstätte Carl Zeiss noch im August 1886 auf den Markt gebrachten neuen Mikroskop-Objektive, also die von Abbe so genannten Apochromate, schnell gezeigt, welche Fortschritte auf diesem Gebiet durch sachgemäße Benutzung der neuen und erweiterten Hilfsmittel hatten erzielt werden können. Während in der Optischen Werkstätte am 9. September 1886 die Feier des 70. Geburtstages von Carl Zeiss mit derjenigen der Fertigstellung des zehntausendsten zusammengesetzten Zeiss-Mikroskops verbunden worden war, ergab sich im Herbst 1891, daß in der Werkstätte allein im letzten Geschäftsjahr für nicht weniger als 992 900 Mark Mikroskope umgesetzt worden waren. Darüber, welche Mengen an optischem Glas während der hier zur Erörterung stehenden Betriebsperiode vom Glaswerk an die Firma Carl

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Zeiss geliefert worden sind, sind keine Unterlagen mehr vorhanden. Auch über die dabei in Frage kommenden Selbstkosten und Verkaufspreise ist völliges Dunkel gebreitet. Einige Schmelzungen von Deckglas, die Schott um den November des Jahres 1888 vorgenommen hat und die in der Zusammensetzung dem am 8. September 1888 erschmolzenen Leichten Zink Kron O.635 (= O.53 und O.337) entsprachen, scheinen für Zeiss bestimmt gewesen zu sein. In einem im Oktober 1888 in sein Arbeitsjournal gemachten Eintrag stellt Schott fest, daß das zur Schmelzung von ihm vorgemerkte Deckglas den Brechungsexponenten 1 513 und den v-Wert 60,2 haben sollte, daß es in England mit 55 Mark pro Kilo, in Jena mit 50 Mark berechnet werde. Und an Schotts glasschmelzerische Mitwirkung an den von Abbe 1888 begonnenen Rechnungen über die MonobromNaphthalin-Immersion mit der Apertur 1,60 hat man wohl zu denken, wenn man die seinem Arbeitsjournal vermutlich im Frühsommer 1889 einverleibte Notiz liest: „Versuchsglas für Frontlinsen zu einem Mikroskop-Objektiv mit hoher numerischer Apertur. nD = 1.75 000; C-F 0.0229; nü = 35,2“. Bei Hovestadt (Jenaer Glas, S. 92) wird erwähnt, daß Schott für das Deckglas und die Frontlinse dieses Systems ein besonderes Flintglas mit dem Brechungsindex 1.72 erschmolzen habe. Die in dem erwähnten Eintrag enthaltene Brechungszahl 1.75 erinnert vielleicht noch an eine Mitteilung Czapskis (in Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie und für mikroskopische Technik, Dezember 1889, 6, S. 417), wonach Abbe bereit gewesen wäre, sofort auch die Berechnung eines Systems von der Apertur 1,8 oder 1,9 zu unternehmen, sofern es nur möglich wäre, eine Stippflüssigkeit von merklich höherer Brechung als Monobromnaphthalin aufzufinden, denn ein hierzu nötiges Glas von genügend hohem Index zur Frontlinse und zum Deckglas könnte (von Schott) ohne weiteres hergestellt werden. Vielleicht bezieht sich auf die damals zwischen Abbe und Schott erörterten glastechnischen Probleme auch folgende, dem Arbeitsjournal Schotts ebenfalls noch im Frühsommer 1889 einverleibte Überlegung: „Herstellung einer zähflüssigen, bei gewöhnlicher Temperatur wachsartig festen Masse, welche eine Verminderung der sekundären Farben (Einschluß zwischen 2 Linsen) gestattet. – Schwefel-Bor-Säure erhärtet wie Glas. – Gestattet Zusatz von Thallium (schwefelsaures Thallium) ohne kristallinisch zu werden. – Ebenso scheint schwefelsaures Ammon in großen Mengen aufgenommen werden zu können. Schwefelsaures Lithium. – Borsäure und Weinsäure zu gleichen Teilen erhärten vollständig. – Schwefel-Borsäure und schwefelsaures Ammon (letzteres in großer Menge) erhärten zu Wachskonsistenz. – Schwefelsaures Ammon kristallisierte nach einigen Wochen aus.“ Auch über die einzelnen Glassorten, die vom Glaswerk der Firma Carl Zeiss während der Zeit von 1886 bis 1891/92 für die von ihr gefertigten apochromatischen Objektive und Kompensationsokulare geliefert worden sind, ist aus den Arbeitsjournalen Schotts nur so viel zu entnehmen, daß sich Schott im März 1887 eine Wiederholung der Schmelzung von S.54 für Zeiss vorgemerkt hat. Diese Sorte war erstmalig im Juni 1886 als Borat-Kron für Kompensations-Okulare zu den Abbe’schen Apochromaten aus Resten der Schmelzungen S.51 und S.52 erschmolzen worden. Was auf Grund alter Rechenhefte Abbes insbesondere von Dr. H. Boegehold über die Geschichte der Zeissischen Mikroskopobjektive bis 1940 (Jenaer Jahrbuch 1951, S. 721) ermittelt worden ist, läßt zwar erkennen, daß von 1887 ab durch den Anfang 1886 bei der Firma Carl Zeiss eingetretenen und durch Vertrag vom 28. Oktober 1886 mit

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rechnerischen Arbeiten zum Mikroskop beauftragten Paul Rudolph (1858-1935) an den von Abbe konstruierten Apochromaten mehrfach technische Verbesserungen vorgenommen worden sind, doch werden in dieser Studie die dabei in Frage kommenden Schottschen Glassorten nicht mit ihrer Schmelznummer bezeichnet, sondern immer nur in allgemeinerer Form, z. B. als Phosphat-Kron, Flintglas, Sonderschmelzung charakterisiert. Über die allgemeinen Gesichtspunkte, nach denen die Schottschen Krongläser O.60 und O.252 teilweise durch Flußspat ersetzt worden sind, hat sich Abbe in dem 1890 in der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ (Jg. X, Heft 1, S. 1-8) veröffentlichten Aufsatz „Über die Verwendung des Fluorits für optische Zwecke“ ausgesprochen. Ebenso hat Schott in seinem Berliner Vortrag vom 4. Juni 1888 darüber berichtet, welchen Schwierigkeiten er begegnet war, als er bereits im ersten Stadium seiner auf Verbesserung des optischen Glases gerichteten Arbeiten versucht hatte, praktisch brauchbare Glasarten von ähnlichen Eigenschaften wie der Flußspat herzustellen. Für die Verwendung des Jenaer Glases zu Fernrohrobjektiven kam die Optische Werkstätte Carl Zeiss zu der hier in Frage kommenden Zeit deswegen noch nicht in Betracht, weil in ihr für diesen Produktionszweig erst später besondere Abteilungen eingerichtet wurden, nämlich die 1894/95 eingerichtete Abteilung für Erdfernrohre (insbesondere Prismenfeldstecher) und die 1897 begründete Abteilung für astronomische Instrumente. Wie es der mit Carl Zeiss und Abbe von seiner Jenaer Lehr- und Studienzeit befreundete Optiker Carl Bamberg (1847-1892) in seiner 1871 zu Berlin begründeten Optischen Werkstätte schon vom Herbst 1883 ab übernommen hatte, zunächst aus den Schottschen optischen Gläsern, dann vom Herbst 1885 ab auch aus den am 5. März 1885 von Schott erschmolzenen neuartigen Borat- und Phosphatgläsern Probeobjektive zu Fernrohren in Gaußischer und Fraunhoferschen Art herzustellen und sich hierbei besonders der rechnerischen Mitwirkung von Dr. Siegfried Czapski (1861-1907) zu bedienen, ist in den Teilen I und II unserer „Briefe und Dokumente“ bereits fortlaufend berichtet worden. Die Anweisung, die Czapski (Briefe und Dokumente II, S. 217) am 19. Januar 1886 für die Fertigung eines Fernrohrobjektivs (A) vom Fraunhofer-Typus aus den Gläsern O.147 (wie Kron von Feil) und O.172 (wie Dense-Flint von Chance) mit einer Öffnung von 7‘‘ (= 18,9 cm) erteilt hatte, war zweifellos für Bamberg bestimmt. Vielleicht ist dieses Objektiv dazu benutzt worden, um ein bis zum August des Jahres 1888 auf der Sternwarte Berlin befindliches Objektiv am Fernrohr des großen MeridianInstruments von gleicher Größe zu ersetzen. Denn in dem Antrag, den Prof. Dr. Wilhelm Foerster, der Direktor der Berliner Sternwarte, deswegen am 22. Juli 1888 an den Preußischen Kultusminister gestellt hatte, war von ihm betont worden, daß es sich bei diesem Objektiv weniger um die durch das neue Jenaer Glas angestrebte bedeutende Vergrößerung der Lichtstärke durch Vereinigung der verschiedenfarbigen Strahlen handeln würde, als um die Erzielung möglichster Gleichmäßigkeit der Abbildungen über ein großes Gesichtsfeld hin. Auch ein zweites Probeobjektiv (hier als B bezeichnet), das nach Czapskis Rechnungen in der Mechanisch-optischen Werkstätte von Bamberg vor dem 27. Juli 1886 hergestellt worden war, bestand noch aus gewöhnlichen Silikatgläsern, von deren Kombination ein wesentlich vermindertes sekundäres Spektrum nicht zu erwarten war, nämlich aus dem den Chanceschen Hard Crown entsprechenden Typus O.60 und dem den Dense-Flint von Chance nachgebildeten Typus O.103. Dagegen lagen (ebenfalls noch vor dem 27. Juli 1886), von Bamberg nach Czapskis Rechnungen hergestellt,

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vor: zwei (hier als C und D bezeichnete) Probeobjektive verschiedener Größe (Öffnung 13,4 und 17,6 cm), die auf einer Kombination Schottscher Gläser von neuartiger Zusammensetzung beruhten, nämlich des schweren Barium-Phosphat-Krons S.30 mit dem Borat-Flint S.8, und eine von Dr. Hermann Carl Vogel, dem Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam, an diesen beiden Probeobjektiven vorgenommene Prüfung hatte allerdings einen besonders für spektrographische Beobachtungen außerordentlichen Fortschritt in der Achromatisierung ergeben. Aus einer Niederschrift Czapskis vom 13. August 1886 geht hervor, daß von ihm damals bereits Versuche angestellt worden waren mit folgenden Versuchs-Instrumenten (hier als E, F, G, H) bezeichnet: E: Umgekehrtes Gaußisches Objektiv mit Flint voran aus einem Silikat-Flint (nD = 1.6450; nü = 34) und einem Phosphat-Kron (nD = 1.5519; nü = 67,5; 11,5 cm Öffnung); mit sekundärem Spektrum. F: Objektiv vom Fraunhoferschen Typus aus den Schottschen Spezial-Gläsern: Schweres Barium-Phosphat-Kron S.30 und Borat-Flint S.19; 13,5 cm Öffnung. Teilweise Aufhebung des sekundären Spektrums in etwa zehnmal höherem Grad als bei gewöhnlichen Objektiven Starke Krümmungen. G: Umgekehrtes Gaußisches Objektiv mit erheblich verminderten sekundärem Spektrum aus Jenaer Spezialgläsern (Kron S.30 und Borat-Flint S.16), Öffnung 13,5 cm. H: Noch im Versuchsstadium: Fraunhofer-Objektiv aus den Jenaer Spezial-Gläsern Kron S.30 und Borat-Flint S.16. Den Vorzug besonders großen Sehfeldes und verminderten sekundären Spektrums (wie bei G) mit den relativ schwachen Linsenkrümmungen des gewöhnlichen Fraunhofer-Objektivs vereinigend. Geplante Öffnung: 11,5 cm. Da wir früher (Briefe und Dokumente I, S. LXXIII) gezeigt haben, wie Czapski im Sommer des Jahres 1886 eine Zeitlang in Berlin weilte, um mit Bamberg an der praktischen Erprobung der Schottschen Phosphat- und Boratgläser beim Fernrohr zusammenzuarbeiten, dürfen wir annehmen, daß die in der Niederschrift vom 13. August erwähnten Probeobjektive damals entstanden sind, zumal in Czapskis Briefen an Schott aus jener Zeit mehrfach um die Zusendung von Scheiben aus Spezial-Gläsern, wie z. B. aus S.8 (zu C oder D), aus den Boratflint S.8 und dem Phosphat-Kron S.37 (zu E ?) und aus dem Phosphat-Kron S.21 gebeten wird. Von den zwei während Czapskis Anwesenheit in Berlin in Angriff genommenen Fernrohrobjektiven zu 6½” (= 16,51 cm) war das eine (hier als I bezeichnete) am 7. Juli in Angriff genommen worden. Da es von Czapski als dasjenige „ohne sekundäres Spektrum“ bezeichnet wird, müssen zu seiner Fertigstellung ebenfalls Spezial-Gläser verwendet worden sein. In einem Schreiben Bambergs an Abbe vom 29. August wird eine Meldung Czapskis erwähnt, nach welcher sich das Objektiv bei der soeben erfolgten Prüfung als absolut achromatisch erwiesen und scharfe, runde Diffraktionsringe ergeben habe. Die Vorrichtung zum Übersehen des ganzen Blickfeldes habe erkennen lassen, daß Schärfe und Achromasie bis zu 1° Sehfeld durchaus gewahrt seien. Auch der zweite 6½-Zöller (hier als K bezeichnet) sei schon in Angriff genommen worden. Da die von Bamberg aus neuen Jenaer Glassorten nach Czapskis Rechnungen angefertigten und auf der Naturforscher-Versammlung in Berlin vom September 1886 ausgestellten Fernrohrobjektive Öffnungen von 10,5 bis 11,4 bis 13,5 und 17,4 cm hatten, so dürfte das zweite dieser ausgestellten Probeobjektive mit dem oben erwähnten Objektiv E, das dritte mit G identisch sein.

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Daß die beiden oben erwähnten, im Sommer 1886 entstandenen 6½-Zöller I und K in der Folgezeit von Schott einer sorgfältigen Kühlung unterworfen worden waren, geht daraus hervor, daß Bamberg am 2. September 1887 an Schott schrieb, zu seiner Freude habe sich das ursprünglich schlechtere zweite der beiden Objektive (K) als nunmehr noch vollkommener entspannt erwiesen als das erste. Er, Bamberg, habe hier zum ersten Mal ein Glas gesehen, bei welchem in der Polisarisationsebene das Licht über die ganze Fläche ausgeleuchtet sei. Zwar seien Intensitäts-Unterschiede wahrzunehmen, sodaß das Ganze etwas wolkig erscheine, doch sei keine Spur eines gesetzmäßigen Spannungsbildes vorhanden. Beim ersten Objektiv (I) hätten sich nach dem Anpolieren die Verhältnisse etwas ungünstiger gestaltet, doch werde dasselbe jetzt ohne Besorgnis vollendet. Weitere Mitteilung werde Schott noch von Dr. Czapski erhalten. Wie oben erwähnt, hielt Schott am 4. Juni 1888 in Berlin einen Vortrag über Glasschmelzerei, in dem er u. a. erwähnte, man habe in Jena ursprünglich große Schwierigkeiten gehabt, die für astronomische Fernrohre bestimmten Spezialgläser, aus denen bei Bamberg Objektive von 4 bis 6½” (= 10,16 bis 16,51 cm) geschliffen worden seien, mit den bis dahin üblichen Verfahren spannungsfrei in den starren Zustand überzuführen, und daher sei es nicht gelungen, bei der Einstellung des Fernrohres auf Fixsterne mit ihnen die bekannten konzentrischen Beugungsringe zu erhalten. Erst, nachdem man seit dem Juni 1887 begonnen habe, den Abfall der Kühltemperatur größerer Glasstücke durch automatische Regulierung einer sich stetig vermindernden Wärmequelle zu bewirken, seien diese Schwierigkeiten behoben worden, und schon jetzt befände sich auf der Berliner Sternwarte ein aus der Bambergschen Werkstätte hervorgegangenes 6½zölliges, auf die neue Weise gekühltes Objektiv, dessen sekundäres Spektrum zwar nur zur Hälfte aufgehoben sei, das aber nach dem Urteil sachverständiger Astronomen gegenüber den Objektiven aus gewöhnlichen Silikatgläsern doch einen bedeutenden Vorteil aufweise. Wie es scheint, handelt es sich bei dem hier erwähnten 6½-Zöller um denselben, den wir oben mit I bezeichnet haben und der bis zum 2. Juli 1887 bereits der neuen Feinkühlung in Jena unterworfen und dann bei Bamberg fertig poliert worden war. In diesem Zusammenhang gewinnen einige Privatnotizen Schotts besonderes Interesse, aus denen hervorgeht, daß Schott während seines damaligen Aufenthaltes, und zwar kurz vor seinem Vortrag vom 4. Juni, u. a. die damals noch in der Luisenstraße 158 in Friedenau befindliche Bambergsche Werkstätte aufsuchte, um sich nach den Leistungen des von uns oben mit K bezeichneten 6½-Zöllers zu erkundigen, und ferner die am Enckeplatz gelegene Königliche Sternwarte, um sich hier mit Wilhelm Foerster über das von diesen bald darauf (am 22. Juli) beim Minister von Goßler beantragte, von Bamberg aus Jenaer Glas herzustellende siebenzöllige Objektivglas für das Fernrohr des großen MeridianInstruments zu besprechen. Vielleicht ist dieses letztere Objektiv I gemeint, wenn der in der Vierteljahresschrift der Astronomischen Gesellschaft (Jg. XXIV H. 2, S. 85 ff) enthaltene Jahresbericht der Sterwarte Berlin über das Jahr 1888 mitteilt, daß an einem provisorisch auf der Sternwarte Berlin aufgestellten Refraktor von Bamberg mit Objektiv aus Jenaer Glas von 17,6 cm (= 6,9”) Öffnung gelegentlich noch 20 Sternbedeckungen zur Bestimmung von Mondörtern beobachtet worden seien. In Schotts Arbeitsjournal befindet sich ein etwa aus dem Oktober des Jahres 1888 stammender Eintrag, in dem eine am „neuen Fernrohr“ zu Jena angebrachte Vorrichtung beschrieben wird, die ihm dazu dienen sollte, die durch Temperaturunterschiede beding-

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ten Spannungsänderungen im Objektiv zu beobachten. Es ist anzunehmen, daß es sich bei diesen „neuen Fernrohr“ ebenfalls nur um ein Probeobjektiv gehandelt hat, das von Bamberg aus dem neuen Schottschen Glas hergestellt worden ist. Denn aus dem Buch von Prof. Dr. Otto Knopf über die Astronomie an der Universität Jena wissen wir, daß diesem Gelehrten bei seinem am 1. April 1889 erfolgten Amtsantritt als Observator der Jenaer Sternwarte für seine Bestimmung der Polhöhe der Sternwarte nur ein 1858 von der Berliner Firma Pistor und Martius angefertigtes Universalinstrument mit einem Fernrohr von 4 cm Objektivöffnung zur Verfügung stand, daß hingegen ein Refraktor von 20 cm (= 8”) Öffnung, dessen Scheiben vom Glaswerk geschenkt und von Bamberg geschliffen worden waren, erst im April 1891 daselbst aufgestellt worden ist. Auch ein im August 1891 in Jena aufgestellter und von Bamberg angefertigter Meridiankreis mit gebrochenem Fernrohr von 7,7 cm Öffnung und einem durch zwei Mikroskope abzulesenden Kreis wurde erst im August 1892 auf der Sternwarte aufgestellt. In den beiden Objektiven für den Refraktor vermutet Knopf ein Geschenk des Jenaer Glaswerks. Aus zufällig im Glaswerk erhalten gebliebenen Notizen und Briefen wissen wir in der Tat, daß sich Dr. Czapski im August des Jahres 1890 wegen des „Abbeschen Refraktors“ bei Bamberg in Berlin aufgehalten hat, und in einem von Bamberg am 24. Oktober 1890 an Abbe gerichteten Brief meldet der letztere, die Montierung des für Abbe bestimmten Refraktors sei zwar seit Jahr und Tag fertig, aber das dazu gehörige Objektiv habe sich als ein rechtes Schmerzenskind erwiesen. Sein Kronglas sei zwar tadellos, aber das Flintglas sei gegen jeden Zwang in der Fassung ungemein empfindlich. Für die Fertigung dieses Objektivs sei bisher schon die dreifache Arbeitszeit aufgewandt worden wie seiner Zeit für den 12-Zöller der „Urania“. Auch über das letztere Instrument sind nur ganz vereinzelte Nachrichten in Jena erhalten geblieben. Über die Gründung und die Ziele der Berliner „Urania“ hat Prof. Dr. Wilhelm Foerster, der Direktor der Königlichen Sternwarte zu Berlin, in einem am 6. März 1888 in der Deutschen Gesellschaft für Mechanik und Optik zu Berlin gehaltenen Vortrag (Vgl. Zeitschrift für Instrumentenkunde, VIII, 1888, H. 4, S. 147) eingehend berichtet. Danach hatte sich auf Anregung der Sternwarte Berlin am 3. März 1888 zu Berlin eine Aktiengesellschaft konstituiert, die es sich zur Aufgabe gestellt hatte, die Ergebnisse der exakten Naturforschung, insbesondere auf dem Gebiet der Astronomie, Physik und Chemie dem größeren Publikum vorzuführen sowie die Bekanntschaft mit den Leistungen der Technik auf diesem Gebiet weiteren Kreisen zu vermitteln. Als Leiter des in Aussicht genommenen Instituts war der durch populärwissenschaftliche Bücher und Vorträge bewährte Astronom Dr. Wilhelm Meyer gewonnen worden. Der Kernpunkt des Unternehmens sollte eine mit einem das Fernrohr der Berliner Sternwarte an Größe übertreffenden Fernrohr ausgestattete Sternwarte bilden, und die auf dieser Sternwarte geplanten Demonstrationen sollten durch Vorträge in einem dabei befindlichen Hörsaal sowie durch permanente Ausstellung von Erzeugnissen der Mechanik und Optik, ferner durch Kurse für liebhaberische oder pädagogische Betätigung auf diesen Gebieten ergänzt werden. Als Leiter der Gesellschaft war von den 122 Aktionären, aus denen sie sich zusammensetzte, Prof. Foerster gewählt worden. Nachdem im April ihre Eintragung in das Handelsregister erfolgt und im Anschluß hieran die Finanzierung der geplanten Bauten sichergestellt worden war, wurde am 7. Juni 1888 mit dem Bau der

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Sternwarte begonnen und derselbe so energisch fortgeführt, daß die Eröffnung des gesamten Instituts für das große Publikum bereits am 2. Juli 1889 stattfinden konnte. Da, wie wir oben gesehen haben, mit der Herstellung des für die „Urania“ bestimmten Fernrohrs, das mit seiner Öffnung von 12” (= 30,48 cm) das auf der Berliner Sternwarte vorhandene 9½zöllige (= 24,3 cm) Fraunhofersche Objektiv des großen Aequatorials noch um 3” übertreffen sollte, die Mechanisch-optische Werkstätte von Carl Bamberg beauftragt worden war und da Bamberg seinerseits Wert darauf legte, auch für dieses Erzeugnis Jenaer Glas zur Anwendung zu bringen, so scheint Schott bereits im Laufe des Monats März 1888 mit der Vorbereitung zur Herstellung so großer Scheiben, wie sie bis dahin in Jena noch nicht hatten hergestellt werden können, begonnen zu haben. Offenbar beziehen sich auf diese Vorbereitungen folgende Eintragungen, die sich aus der Zeit der zweiten Hälfte des Monats März in seinem Arbeitsjournal vorfinden: „Senken der zu großen, runden Scheiben bestimmten Stücke in sehr tiefen quadratischen Senkformen 8 – 10 cm tief.“ Aus einer beigefügten Aufstellung mit Handskizzen geht hervor, daß die Senkformen je 35, 30, 25 und 20 cm Seitenlänge haben und daß die Senkformen mit einem Eisenreif versehen werden sollten. Zwischen dem 24. und 31. März 1888: „300 mm (= 11,8”) Durchmesser, 20 mm, 30 mm dick, gut gekühlt, 295 wirksame Öffnung Prisma 400 Mark Winkel ca. 5°.“ Man wird hiernach annehmen dürfen, daß Schott noch im Laufe des April oder Mai die beiden für die „Urania“ bestimmten Scheiben hergestellt und nach erfolgtem Rohkühlen an Bamberg geschickt hat. Da der in Schotts Berliner Vortrag vom 4. Juni 1888 beschriebene neue Feinkühlungsapparat mit Thermoregulator erst Anfang September in Benutzung genommen wurde, kann die Feinkühlung der in Berlin bearbeiteten Scheiben erst frühestens am 3. oder 4. September begonnen haben. Wie es scheint, wurden sie Anfang Oktober wieder nach Berlin geschickt, von dort aber wegen noch immer vorhandener Spannungen kurz nach dem 10. Oktober zur abermaligen Feinkühlung nach Jena zurückgesandt. Über das Ergebnis der hier an ihnen nochmals vorgenommenen Untersuchung werden wir durch einige von Schott am 18. Oktober seinem Arbeitsjournal einverleibten Beobachtungen genau unterrichtet. U. a. stellte Schott fest, daß die Flintscheibe Flächenfehler besaß und daß kleine Spannungsunterschiede bei verschiedener Gewichtsverteilung des Glases und bei Schwankungen der Außentemperatur zu beobachten waren. In einem unter dem 22. Oktober 1888 von dem in der Bambergschen Werkstätte beschäftigten Polierer R. Spranger an Abbe gerichteten Schreiben gab dieser der Hoffnung Ausdruck, daß die an den Scheiben beobachteten Fehler nach nochmaliger Kühlung behoben sein würden. „Ich hoffe“, heißt es in dem betreffenden Schreiben, „daß der 12’’, wenn er noch einmal gekühlt wird, so gut zu uns kommt wie einige 5’’, die Sie uns geschickt haben, und dann soll dem guten Gelingen nichts mehr im Wege stehen. Die große Polierbank ist auch bis zum letzten Zusammensetzen fertig, die Transmission liegt auch schon, und wir können dann ohne weiteres an den 12’’ gehen, wenn er von Jena zurück kommt.“ Darüber, aus welchen Glasarten der 12-Zöller bestand und wie die weitere Arbeit an seinem Objektiv zu Ende geführt wurde, sind in Schotts Schmelzungsbüchern und Arbeitsjournalen keinerlei Anhaltspunkte vorhanden. Fest steht nur, daß der Refraktor fertiggestellt war, als die „Urania“-Sternwarte am 2. Juli 1889 eröffnet wurde. Der am 31. März 1890 abgeschlossene und in der „Urania“-Zeitschrift „Himmel und Erde“ veröf-

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fentlichte Jahresbericht auf das Jahr 1889/90 spricht daher auch von einem „ausgezeichnet gelungenen großen Fernrohr“ auf der neuen Sternwarte, und in der „Nationalzeitung“ vom 8. Februar 1890 wird berichtet, auch der Deutsche Kaiser habe mit Gefolge der „Urania“ einen Besuch abgestattet, und sich das am hellen Tageshimmel auf den Fixstern Vega eingestellte 12zöllige große Fernrohr ausführlich erklären lassen. Mit berechtigtem Stolz konnte daher Bamberg am 24. Oktober 1890 aus Friedenau bei Berlin, wohin sein Berliner Institut neuerdings verlegt worden war, an Abbe schreiben, das Fernrohr auf der „Urania“ habe sich immer mehr als ein Objektiv allerersten Ranges erwiesen und habe einen überzeugenden Beweis dafür erbracht, wie sicher auf diesem Gebiet Theorie und Praxis Hand in Hand gehen könnten. Für die praktische Optik bedeutet es einen schweren Verlust, daß Bamberg der damals schon schwer leidend war, bald darauf – am 4. Juni 1892 – im noch nicht vollendeten 45. Lebensjahr seinem Leiden erlag. Die hohe Achtung, die er sich durch sein fachliches Können und sein gemeinnütziges Wirken in allen Kreisen erworben hatte, kam u. a. darin zum Ausdruck, daß in einem am 21. Juni 1892 veröffentlichten Rundschreiben, unter das Abbe, Wilhelm Foerster, R. Fueß, L. Loewenherz, C. Reichel und P. Stückrath ihre Namen gesetzt hatten, alle Behörden, Institute und Privatpersonen, die bis dahin die Dienste der Bambergschen Werkstatt in Anspruch genommen hatten, ersucht wurden, dieselbe auch fernerhin mit ihren Aufträgen zu betrauen. Ebenso wie Bamberg hatte auch Dr. Hugo Adolph Steinheil (1832-1893), der damalige Leiter der 1855 von seinem Vater zu München eröffneten Optisch-Astronomischen Werkstätte C[arl] A[ugust] Steinheil Söhne, in überaus wirkungsvoller Weise dazu beigetragen, dem Jenaer optischen Glas einen ehrenvollen Platz in der Welt der praktischen Optik zu sichern. Hatten bei den im Sommer 1885 eingeleiteten geschäftlichen Beziehungen zwischen dem Jenaer Glaswerk und der Steinheilschen Werkstätte zunächst auch die Bezüge der letzteren an Glas für photographische Verwendungszwecke im Vordergrund gestanden, waren von Steinheil doch auch bereits im Herbst 1885 bei Schott zwei Scheiben zu einem zehnzölligen Fernrohrobjektiv für eine z. Zt. noch nicht wieder ermittelte Sternwarte bestellt worden. Sie wurden von Schott am 6. Februar 1886 an Steinheil geliefert und diesem mit 720 Mark in Rechnung gestellt. Ihr Durchmesser betrug 30,5 cm, und nach der Zusammensetzung entsprach die eine, aus O.172 erschmolzenen, dem englischen Dense-Flint, die andere – O.185 – einem Feilschen Kron. Aus ihren Vergleich mit zwei ihm von Steinheil zur Prüfung zugesandten zehnzölligen Scheiben Feilscher Provenienz hatte Schott feststellen können, daß sich die Jenaer Erzeugnisse vor den letzteren durch bessere Kühlung auszeichneten. Am 31. Januar 1887 schrieb Schott an Steinheil, es habe ihn gefreut zu hören, daß der aus diesen Scheiben hergestellte 10Zöller gut ausgefallen sei. Die Folge dieses guten Gelingens war denn auch, daß Steinheil zu Anfang des Februar 1887 sogleich nochmals zwei Scheiben von je 30 cm Durchmesser aus den gleichen Glassorten (O.172 und O.185) bestellte. Wie es scheint, plante Steinheil schon um die Jahreswende 1886/87 die Herstellung eines sehr großen viergliedrigen Fernrohrobjektivs, von über 11’’ Größe, was Schott zu der Zusicherung veranlaßte, daß er sich in nicht allzu ferner Zeit auch auf die Herstellung von Scheiben bis zu jeder gewünschten Größe würde einrichten können, wie er es denn überhaupt als eine Ehrensache betrachten würde, mit seinen reichlich vorhandenen Vorräten diejenigen Versuche zu unterstützen, die Steinheil nach der rein optischen oder photographisch-optischen

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Richtung zur Verbesserung der astronomischen Fernrohre unternehmen würde. Da Steinheil ihm mitgeteilt hatte, er zöge in Erwägung, das geplante große Fernrohrobjektiv aus den Sorten Kron 152 und Flint 184 herstellen zu lassen, schlug Schott am 2. Januar 1887 vor, zunächst erst einmal ein sechszölliges Versuchsobjektiv in Auftrag zu geben und weiterhin, bevor man in Jena eine Anlage für größere Scheiben geschaffen haben würde, auch die Eignung weiterer, z. T. erst neuerdings erschmolzener Sorten zu dem beabsichtigten Zweck an sechs- oder auch nur vierzölligen Versuchsobjektiven zu erproben. Diesem Vorschlag gemäß wurde denn auch von Steinheil verfahren und aus einer Anfrage Schotts an Steinheil vom 20. November 1887 ergibt sich, daß bis dahin in München solche Versuchsobjektive für astrophysikalische Verwendungszwecke mindestens aus den Glassorten O.149 (=extra leichtes Kron, wie O.144), O.315 (Flint wie O.184), O.370 (Kali-Kron) und O.364 (Borosilikat-Flint) vorlagen. Daß sich auch ausländische optische Werkstätten und Sternwarten in zunehmendem Maße für das in Jena hergestellte optische Glas interessierten, geht aus folgenden Nachrichten hervor: Am 20. März 1887 schrieb Abbe seinem Chemnitzer Freund Adolf Weinhold, man werde schon im Sommer im Jenaer Glaswerk eine Extra-Kronglasscheibe für photographische Aufnahmen zum 36zölligen Lick-Refraktor auf dem Hamilton-Berg bei San Francisco herzustellen haben, nachdem der Optiker Clark (in Cambridgeport bei Boston, USA) vergebens versucht habe, diese aus Paris von Feil zu bekommen. Am 16. Mai 1887 schrieb Schott an Steinheil, er sei zur Zeit leider nicht in der Lage, an den Professor Duner das von ihm gewünschte Paar 6’’-Scheiben zu liefern. „Wir beabsichtigen, in den nächsten Monaten eine neue Anlage auszuführen, durch welche wir hoffen es möglich zu machen, aus neuem Glase Scheiben von 35 bis 40 cm Durchmesser zu liefern. Vermutlich werden die zu diesem Zwecke nötigen Einrichtungen vor Ende August diesen Jahres nicht fertig sein, sodaß wir vor Herbst größere Scheiben noch nicht abgeben können. – An Prof. Duner werden wir wegen des 6-Zöllers schreiben.“ Mit dem hier erwähnten Interessenten war Nils Duner gemeint, der von 1839 bis 1914 gelebt und bis 1909 eine Professur für Astronomie an der Schwedischen Universität Upsala bekleidet hat. Zeitlich gehört in diesen Zusammenhang auch die schon im Teilband I (S. LXXV/VI) unserer „Briefe und Dokumente“ erwähnte Mitteilung von Prof. Wilhelm Foerster in Berlin, daß sich der bekannteste englische Astronom David Hill bei einem kurz vor dem 12. Mai 1887 erfolgten Besuch der Mechanisch-optischen Werkstätte von Carl Bamberg geradezu enthusiastisch über den von Bamberg an Linsen aus dem neuen Jenaer Glas erreichten Grad der Farbenreinheit ausgesprochen und von ihm eine dreizöllige Linse mitgenommen habe, um sie in der Sitzung der Royal Astronomical Society (am 11. Mai 1887) als „einen der größten Fortschritte des Jahrhunderts“ zu präsentieren. Zum Verständnis der weiteren Entwicklung der geschäftlichen Beziehungen des Jenaer Glaswerks ist daran zu erinnern, daß im Frühjahr 1887 zu Paris ein AstronomenKongreß stattfand, auf dem beschlossen wurde, daß die an der Herstellung der großen photographischen Himmelskarte beteiligten Sternwarten im Interesse möglichster Konformität ihrer Arbeiten hinfort nur noch einen photographischen Refraktor mit einer Öffnung von etwa 33 cm benutzen sollten. Außer der ferneren Bestimmung, daß die Achromatisierung des Objektivs für die Strahlen in der Nähe der Fraunhoferschen Linie

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G ausgeführt werden sollte, war die sonstige Einrichtung des Instruments und seine Montierung dem Ermessen der beteiligten Astronomen überlassen, unter denen für den deutschen Bundesstaat Preußen der bereits mehrfach erwähnte Direktor des Königlich Astro-physikalischen Observatoriums auf dem Telegraphenberg bei Potsdam, Prof. Dr. Hermann Carl Vogel, maßgeblich in Betracht kam. Ein Exemplar der Protokolle dieses Pariser Kongresses befand sich in den Händen von Dr. Steinheil, als dieser Schott um die Mitte des September 1887 in Jena besuchte und war gegen Ende des September von Steinheil auch an Abbe zugesandt worden. Wie es scheint, verhandelte in der Folgezeit Prof. Vogel mit verschiedenen optischen und mechanischen Werkstätten über die Herstellung eines dem Pariser KongreßBeschluß Rechnung tragenden astro-photographischen Refraktors für das Potsdamer Observatorium. In einem unter dem 16. April 1888 an den Preußischen Kultusminister gerichteten Schreiben erwähnte er, er habe deswegen mit den Firmen Bamberg – Berlin, Repsold – Hamburg, Grubb – Dublin und Steinheil – München verhandelt und schlage nun vor, den mechanischen Teil des Instruments der Firma Repsold, den optischen der Firma Steinheil zu übertragen, die ihrerseits das Glas zu den dafür in Frage kommenden Objektiven von 33 cm Öffnung und von 23 cm Öffnung nebst einem Probeobjektiv von 13 cm Öffnung aus Jena beziehen würde. Da wir wissen, daß Dr. Steinheil um den 20. März 1888 zu Jena bei Schott zu Besuch weilte und im Anschluß hieran in Berlin mit Abbe und wohl auch mit Vogel zusammentraf, dürften die entsprechenden geschäftlichen Abmachungen, soweit sie Steinheil und Jena betrafen, in jenen Tagen zustande gekommen bzw. abgeschlossen worden sein, obwohl der zwischen Vogel und Steinheil unter dem 1. August 1888 abgeschlossene Lieferungsvertrag vom Minister erst am 17. August 1888 genehmigt wurde. Schon am 20. April konnte Schott die beiden für das Probeobjektiv bestimmten Scheibenpaare von je 14 cm Durchmesser an Steinheil senden. Das eine Paar bestand aus dem erst im Herbst 1887 erschmolzenen Silikat-ZinkKron O.506 und dem gegen Ende des Jahres 1886 erschmolzenen Leichten Flint O.318, das andere aus dem im Herbst 1887 erschmolzene Kron O.485 und dem im Januar 1888 erschmolzenen Flint O.544. Die Herstellungskosten für beide Paare betrugen 240 Mark. Am 30. Mai gingen auch die beiden großen Scheibenpaare von 34 cm Durchmesser (O.544 und O.545) und von 25 cm Durchmesser (O.539 und O.540) nebst dem dazu gehörigen Prisma O.545 von 30,5 cm Länge und mit einem Winkel von 5° nach München ab, von wo sie am 9. Juni wieder nach Jena zurückkamen. Nachdem sie in dem in Schotts Berliner Vortrag beschriebenen neuen Kühlapparat mit Thermoregulator vom 3. September bis zum 3. Oktober, zusammen mit den für die „Urania“ bestimmten großen Objektivscheiben, auch der Feinkühlung unterworfen worden waren, wurden sie am letzteren Datum mit einer Rechnung über 2 100 Mark (d. h. über 1 300 Mark für die großen, 440 Mark für die kleinen Scheiben und 400 Mark für das Prisma) an Steinheil geschickt, um nunmehr noch die letzte Feinpolierung zu erhalten. Am 25. Februar 1889 erkundigte sich Schott bei Steinheil, wie das Potsdamer Objektiv ausgefallen sei, und am 1. April konnte Vogel in seinem dem Minister von Goßler überreichten Jahresbericht über das Etatjahr 1888/89 melden, der mechanische Teil des großen photographischen Fernrohres sei durch die Gebrüder Repsold in Hamburg nunmehr nahezu vollendet. Auch die bei Steinheil aus Jenaer Glas hergestellten beiden Objektive seien in der Ausführung ziemlich weit fortgeschritten, nachdem das bereits gelieferte fünfzöllige Probeobjektiv

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einer genauen Prüfung unterzogen worden sei. Und in einer von Vogel dem Minister von Goßler unter dem 15. Januar 1890 überreichten Denkschrift heißt es, durch die neuerliche Anschaffung des großen photographischen Refraktors, eines Instrumentes ersten Ranges dieser Art, sei das Potsdamer Observatorium auf dem Gebiet der cölestischen Photographie wieder in die erste Linie gerückt. Daß auch die weiteren, an dem Potsdamer photographischen Refraktor angestellten Untersuchungen befriedigend verliefen, geht daraus hervor, daß Schott unter dem 11. November 1890 an Steinheil schreiben konnte: „Es hat mich besonders gefreut, Ihre guten Erfolge über die Ausführung des großen photographischen Objektivs vernehmen zu können.“ Für die Feststellung der zu jener Zeit von Steinheil aus Jenaer Glas hergestellten astronomischen Instrumente und vor allem für die Feststellung der Sternwarten und sonstigen wissenschaftlichen Institute, für die sie bestimmt waren, ist es ein fataler Umstand, daß uns die darauf bezügliche wissenschaftliche und geschäftliche Korrespondenz zwischen Schott und Steinheil nur fragmentarisch bzw. nur in Gestalt der von Schott nach München gesandten Briefe und Rechnungen erhalten geblieben ist, während die von München nach Jena gerichteten Briefe, die diese Fälle hätten restlos aufklären können, hoffnungsloser Vernichtung anheim gefallen sind.. So bestätigt z. B. Schott gegenüber Steinheil unter dem 1. November 1889 den Empfang des Auftrags zur Herstellung von je einer Kron- und Flintscheibe zu einem achtzölligen Heliometer-Objektiv, sendet auch am 14. Dezember 1889 je eine im Thermoregulator feingekühlte, 24 cm große und 2,2 cm dicke Scheibe aus dem Kronglas O.798 und eine 24 cm große und 2,4 cm dicke Scheibe aus dem Flintglas O.716 (zum Preis von 220 bzw. 222 Mark) nach München. Die letztere wird, da sie bei Steinheil während der Bearbeitung zersprungen ist, durch eine nur mit 110 Mark in Rechnung gestellte feingekühlte Scheibe von 22,6 bis 23 cm Größe und 2,5 cm Dicke am 3. Dezember 1890 ersetzt, doch wird in der Korrespondenz nirgends erwähnt, für welches Institut dieses Instrument bestimmt war. Das gleiche gilt auch von einer ganzen Reihe von weiteren Scheiben zu größeren und kleineren Objektiven, die von Schott um jene Zeit an Steinheil geliefert wurden. Als solche werden z. B. in der Korrespondenz die folgenden erwähnt: am 14. Dez. 1889: 1 Kron O.756, 35 cm Durchmesser, 3,6 cm dick, für 800 Mark, 1 Flint O.544, 35 cm Durchmesser, 4 cm dick, für 800 Mark; am 6. Juni 1890: 1 Kron O.699, 35 cm Durchmesser, 4,3 cm dick, für 600 Mark, 1 Flint O.609, 35 cm Durchmesser, 3,6 bis 3,7 cm dick, für 600 Mark; am 25. Juni 1890: 1 Kron O.699, 35 cm Durchmesser, 4,3 cm dick, 800 für Mark, 1 Flint O.609, 35 cm Durchmesser, 3,6 bis 3,7 cm dick, für 800 Mark (für letztere am 29. August 1890 Ersatzscheibe 1 helleres Flint O.544, 3,5 cm dick geliefert). Am 21. Juli 1890 schreibt Schott, daß er sich über das Gelingen des zuletzt gelieferten Objektivs gefreut hat. In der folgenden Korrespondenz werden weitere Lieferungen an Steinheil erwähnt: am 6. Aug. 1890: 1 Kron O.698, 17,5 cm Durchmesser, 1,9 cm dick, für 105 Mark, 1 Flint O.539, 17,5 cm Durchmesser, 0,9 cm dick, für 105 Mark; am 27. Sept. 1890: 1 Kron O.752, 17,5 cm Durchmesser, 1,9 cm dick, für 105 Mark, 1 Flint O.587, 17,5 cm Durchmesser, 1,7 cm dick, für 105 Mark;

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am 22. Nov. 1890: 1 Leichtflint O.315, 9 cm Durchmesser, 1,1 bis 1,3 cm dick, für 32 Mark, 1 Borosilikatkron O.627, 9 cm Durchmesser, 1,1 bis 1,3 cm dick, 32 Mark; am 31. Dez. 1890: 1 Scheibe Kron O.841, 17,5 cm Durchmesser, 2 cm dick, für 105 Mark, 1 Scheibe Flint O.811, 17,5 cm Durchmesser, 2 cm dick, für 105 Mark. Es handelt sich bei diesen Instrumenten also um solche von etwa 3 bis 14” Öffnung. Aus verschiedenen Briefen geht hervor, daß daneben hie und da von Steinheil auch eine Feilsche Scheibe an Schott zur Feinkühlung geschickt wurde. Zum Beispiel schreibt dieser einmal, am 4. Dezember 1889, die von Steinheil zur Kühlung eingesandten Feilschen Scheiben zeigen sich im polarisierten Licht teilweise sehr gespannt; und er sendet am 18./20. März 1890 zwei solcher feingekühlter Scheiben (ohne Berechnung) an Steinheil wieder zurück. Wie es scheint, hatte der oben mehrfach erwähnte Potsdamer Observatoriumsdirektor Prof. Hermann Carl Vogel im Herbst des Jahres 1889 den Plan gefaßt, der Preußischen Regierung die Errichtung eines gesonderten, mit einem „Riesenfernrohr“ auszustattenden Observatoriums auf dem Telegraphenberg zu Potsdam nahe zu legen, und hatte sich, um dem Minister von Goßler entsprechende Vorschläge über die Art der Ausstattung des geplanten Instituts sowie über die dafür in Frage kommenden Kosten machen zu können, u. a. auch mit Steinheil in Verbindung gesetzt. Da zunächst noch nicht feststand, ob man sich für einen Refraktor oder für ein Spiegelteleskop entscheiden sollte, und da für Steinheil, was die Lieferung des erforderlichen optischen Glases betraf, nur eine Zusammenarbeit mit dem Jenaer Glaswerk in Frage kam, so wandte sich Steinheil am 30. Oktober 1889 an Schott mit der brieflichen Anfrage, ob dieser in der Lage sein würde, die für einen Refraktor in Frage kommenden Kron- und Flintglasscheiben von 25’’ (= 63,50 cm) bzw. 30’’ (= 76,20 cm) Durchmesser zu übernehmen. Am 14. November fragte er weiterhin an, ob, falls ein Spiegelteleskop in Frage kommen sollte, Schott hierfür einen Hohlspiegel von 1½ m würde liefern können. Zur ersteren Anfrage notierte sich Schott in seinem Arbeitsjournal folgende Überlegung: „Anfrage Steinheil Objektivscheiben von 25 oder 30 Pariser ’’[= Zoll] Durchmesser: Bei Feil kostet Scheibe von 50 cm Durchmesser 4 000 M Hier 4 500 M Mit dem Maßstab letzteren Preises (die Valuta zugrund gelegt) müßten die obigen Scheiben kosten: 500 Durchmesser, 4,5 cm Dicke: Inhalt 8 833 cbcm = 9 000 cbcm 4 000 M 680 Durchmesser, 5,5 cm Dicke: Inhalt 1 9976 cbcm = 20 000 cbcm 10 000 M (12 000 M als Preis genannt Kron 50 kg, Flint 75 kg) 810 Durchmesser, 6,5 cm Dicke: Inhalt 33 494 cbcm = 34 000cbcm 16.000 M (verlangter Preis: 18 000 M Kron 82,5 kg, Flint 123 kg) Lieferfrist: 1 Jahr 85 cm Durchmesser.“ An Steinheil schrieb er daher unter dem 1. November 1889, die Lieferung der Scheiben würde das Glaswerk gern übernehmen. Man würde die Scheiben gleich als Konvexbzw. Konkavlinsen ramollieren, mit einer Mitten- bzw. Randdicke von 55 bis 60 mm für die Scheiben von 25 Pariser Zoll = 68 cm Durchmesser und von 65 bis 70 mm für die

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Scheiben von 30 Pariser Zoll = 80 cm. Natürlich würde die Kühlung zur Erreichung möglichster Vollkommenheit mit Anwendung des Jenaer Feinkühlungsaufschlages erfolgen. Die kleinere Scheibe würde zum Preise von 12 000 Mark, die größere für 18 000 Mark geliefert werden. Lieferfrist: 1 Jahr. Man bitte Steinheil um sofortige Mitteilung und in jeder Richtung ausführliche Angaben, sobald er Aussicht habe, den Auftrag zu erhalten. Zu Steinheils darauf folgender weiterer Anfrage vom 14. November 1889 wegen Lieferung einer 150 cm großen Scheibe zum Hohlspiegel notierte sich Schott folgendes: „a) Rückseite versilbert, also gutes Glas mit guter Kühlung, b) Vorderfläche versilbert. Zu a) erfordert eine Scheibe, bei Annahme einer Dicke von 50 mm von netto 250 kg (brutto etwa 250 kg); macht Anlage eines neuen Kühlapparates nötig, kostet nach der Art, wie auf voriger Seite berechnet, 41 250 M. Zuschlag für die bedeutende Größe 50% = 60 000 M Zu b) genügt gewöhnliches Spiegelglas: Preis der Kühlung exklusive Glas: 5 000 Mark (neuer Kühlapparat würde gebaut werden müssen). Spiegelglas dürfte deswegen nicht genügen, weil spannungsfreie Beschaffenheit an schlierigem Glas nicht zu erreichen ist. Besser: aus optischem Glase zusammenlaufen lassen in mehreren Stücken. (letzteres noch nicht an Steinheil geschrieben!)“ Im Sinne dieser Überlegung schrieb Schott unter dem 18. November an Steinheil, die Schwierigkeiten der Herstellung einer so großen Scheibe in reiner und homogener Beschaffenheit und guter Kühlung seien naturgemäß sehr groß, er glaube jedoch, das Stück bei einer Dicke bis zu 5 cm bei einer Lieferfrist von 1½ Jahren zum Preise von 50 bis 60 000 Mark liefern zu können. Bei Verwendung von gewöhnlichem Spiegelglas würden nur für die Kühlung (exklusive Glas) 4 bis 5 000 Mark (unter der Voraussetzung einer Lieferfrist von etwa neun Monaten) anzusetzen sein. Diese Preise könnten zunächst jedoch nur annähernd angegeben werden, weil das Maß der im Jenaer Betrieb etwa nötig werdenden Neueinrichtungen noch nicht überblickt werden könne. Sobald nur mit einiger Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden könnte, daß Steinheil den Auftrag erhalten würde, so würde er, Schott, keinen Augenblick zögern, selbst nach München zu kommen, um alle Einzelheiten genau zu besprechen. Jedenfalls möchte er darum bitten, ihn über den Stand der Angelegenheit auf dem Laufenden zu halten. „Vielleicht“, so fügte Schott dem von Klett geschriebenen Brief als P. S. hinzu, „sind Sie nicht gehindert, über den Plan der Ausführung eines großen astronomischen Instrumentes, wie er uns, nach Ihren verschiedenen Anfragen zu schließen, vorzuliegen scheint, etwas eingehendere Mitteilungen zu machen. Wie Sie sich denken können, würden wir in einem solchen Falle alles tun, um Ihnen in Ihren Wünschen entgegenzukommen und vor allen Dingen es als Ehrensache ansehen, unser technisches Können so viel als möglich anzuspannen, um das Beste und Vollkommenste zu liefern.“ Auf Grund der Unterlagen, die er somit Steinheil und, wie sich herausstellte, auch von der oben genannten amerikanischen Optischen Werkstätte Alvan Clark & Sons in Cambridgeport bei Boston beigezogen hatte, beantragte Prof. Vogel unter dem 15. Januar 1890 nunmehr in aller Form bei dem Preußischen Kultusminister von Goßler die Errichtung des ihm vorschwebenden Observatoriums mit dem „Riesenfernrohr“. Zur Begründung betonte er, daß das Potsdamer Institut durch die Aufstellung des großen photographischen Refraktors zwar auf dem Gebiet der cölestischen Photographie wieder in

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die erste Linie der astronomischen Wissenschaft und Forschung eingerückt sei, daß es aber in bezug auf die spektroanalytische Untersuchung der Himmelskörper seine Stellung wegen des Fehlens eines genügend großen Instruments nicht mehr behaupten könne. Wie sehr sich die Herstellung großer Fernrohre seit den Zeiten des englischen Optikers und Erfinders achromatischer Fernrohre John Dollond (1706-1761) zuungunsten der deutschen Optik auf die des Auslandes verlagert habe, zeigte folgende Liste der Hersteller berühmter Fernrohre: Joseph von Fraunhofer (1787-1826), München: Dorpater neunzölliger Refraktor 1824; Wilhelm [William] Herschel (1738-1822): Reflektoren (relativ unvollkommen); Georg Merz (1793-1867), München: Pulkowaer 15-Zöller, um 1840/50; Straßburger 18-Zöller, 1874; William Fothergill Cooke (1806-1879): 25-Zöller für Newall-Nexcastle, 1868 [oder gemeint: Firma Cooke & Sons, York ?]; Howard Grubb, Dublin: 27-Zöller, Wien; Alvan Clark, Boston: 26-Zöller zu Pulkowa (1886) und 36-Zöller auf dem Lick-Observatory, 1888; Observatoire de Nice in Nizza, großer Refraktor auf dem Mont Gros; Observatorium Meudon bei Paris, großer Refraktor daselbst. Unter den in Frage kommenden zeitgenössischen Optischen Werkstätten habe sich die Firma Steinheil durch das 13zöllige photographische Objektiv für Potsdam als wirklich konstruktiv erwiesen. Die Kosten für das geplante Institut seien etwa wie folgt zu veranschlagen: 1. Objektiv von 25 bis 30’’ Öffnung (Herstellungszeit von 3 bis 4 Jahren): nach Angaben von Steinheil – München 50 bis 70 000 Mark, nach Berechnung von A. Clark – Boston: 15 000 Mark, also rund 100 000 Mark; 2. Montierung nach Anschlag von Repsold & Söhne – Hamburg 100 bis 140 000 Mark, also rund 140 000 M; 3. Kuppel von 20 m Durchmesser nach Angabe von Fa. C. Hoppe – Berlin 175.000 M, 4. Gebäude 150 000 M, 5. Nebenapparate zum Fernrohr und innere Einrichtung der Kuppel 35 000 Mark; Insgesamt ca. 600 000 Mark. Damit, daß sich für das Potsdamer Projekt außer Steinheil und Alvan Clark auch englische Optiker interessiert zeigten, könnte es zusammenhängen, daß sich Schott in sein Arbeitsjournal über eine bei ihm unter dem 6. März 1890 eingegangene Anfrage nach seinen Bedingungen für die Lieferung großer Objektivscheiben folgendes notierte: „Gewicht Flint Kron Verlangter Preis: Paar: 73 cm Durchmesser, 50 mm dick 76 kg 53 kg 13 000 M Paar: 81 cm Durchmesser, 60 mm dick 112 kg 78 kg 18 000 M Paar: 95 cm Durchmesser, 75 mm dick 191 kg 132 kg 30 000 M“ In der Sitzung des Preußischen Hauses der Abgeordneten vom 19. März 1890 brachte der Abgeordnete von Kanitz zur Sprache, daß in neuester Zeit zu Berlin in der „Urania“ ein Refraktor mit einem zwölfzölligen Objektiv aufgestellt worden sei, das in Deutschland zwar noch übertroffen werde durch das seit 1881 auf der Straßburger Sternwarte aufgestellten 18-Zöller, an Größe aber weit zurückstehe hinter den ausländischen Refraktoren zu Washington (26’’), Pulkowa (30’’) und dem Lick-Refraktor auf dem Hamiltonberg (Mount Hamilton) nahe der Stadt San Jose bei San Francisco (Kalifornien), dem (mit 36’’) z. Zt. größten auf der Erde. Er halte es daher für angemessen, daß

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man auch in Preußen diese oder jene Sternwarte, z. B. die (bis 1884 von dem Astronomen Wilhelm Klinkerfues ruhmvoll geleitete) Sternwarte Göttingen oder die von Königsberg, entsprechend ausbauen sollte. In seiner Antwort betonte der Minister von Goßler, die Astronomie habe seit der von dem Bonner Astronomen Friedrich Wilhelm August Argelander (1799-1875) begonnenen Durchmusterung der Orte aller Sterne des nördlichen Himmels bis zur 9. Größenordnung, ferner durch die von den Franzosen angeregte photographische Aufnahme des Fixsternhimmels bis zu Sternen der 16. Größenordnung große Fortschritte gemacht und man werde nun die Hilfsmittel und Methoden, beispielsweise auch das vor einer Reihe von Jahren, wenn er nicht irre, von einem Prof. Abbe erfundene Glas zur Lösung einer bereits in Gang befindlichen dritten Aufgabe, nämlich zur Ausmessung der Bewegung der Fixsterne zur Erdbewegung mit Hilfe der in Potsdam großartig ausgebildeten Spektralanalyse benutzen. Es sei ja dankenswert, daß auf der Privatsternwarte „Urania“ nun ein um 1’’ größeres Objektiv verfügbar sei als in Potsdam und ein um 3’’ größeres als auf der Sternwarte Berlin, doch könne man den wissenschaftlichen Dienst nicht auf die „Urania“ gründen, die ganz andere Aufgaben habe, und so bitte er schon jetzt das Abgeordnetenhaus um die Bewilligung der Mittel, die er von ihm zu gegebener Zeit für die neue Aufgabe anfordern werde. In einer von Goßler veranlaßten Äußerung der Preußischen Akademie der Wissenschaften berichtete diese unter dem 24. April 1890 in einem von Emil Heinrich Du BoisReymond, Ernst Curtius, Theodor Mommsen und Arthur Auwers unterzeichneten Gutachten über das Potsdamer Projekt folgendes: Auf dem Observatorium Potsdam sei 1880 ein Fernrohr von nur 11,7’’ Öffnung aufgestellt worden. Noch auf Jahrzehnte hinaus sei die wichtigste dortige Aufgabe die Ausdehnung der 1888 von Vogel begonnenen Bestimmungen der Bewegungen der Fixsterne zu oder von der Sonne auf weitere Objekte. Um aber das Aufnahmeverfahren von den bis jetzt erreichten 55 Objekten auf 3 bis 400 zu steigern, sei es zu empfehlen, das jetzige Potsdamer Hauptinstrument durch ein dem Pulkowaer 33zölligen Refraktor gleichkommendes Instrument zu ersetzen, zumal durch ein solches auch andere wichtige spektralanalytische Untersuchungen wie besonders die gasförmigen Nebel ermöglicht werden könnten. Einzelheiten des Planes – z. B. die Frage, ob Refraktor oder Spiegelteleskop – seien am zweckmäßigsten zurückzustellen, bis eine kompetente Kommission die vorzüglichsten Repräsentanten beider Typen einem vergleichenden Studium unterworfen und über das Ergebnis desselben berichtet haben würde. Auch von Prof. Wilhelm Foerster, dem Direktor der Berliner Sternwarte, wurde ein Gutachten vom Minister angefordert, das dieser unter dem 15. Mai 1890 erstattete. In seinem Schriftsatz betonte Foerster in teilweiser Abweichung von den Ansichten Vogels, weder die Herstellung sehr großer Objektivgläser noch ihre instrumentelle Montierung habe in den letzten Dezennien einen erheblich neuen Gedanken gezeitigt. Wesentlich Neues sei erst den Arbeiten von Abbe und Schott zu verdanken, dagegen sonst nichts, was sich an grundlegender Bedeutung mit den Arbeiten Dollonds und Fraunhofers vergleichen ließe. Es sei nur kritiklos ins „Kolossale“ gearbeitet worden und auch die neueren, mehr tastenden englisch-amerikanischen sowie französischen Versuche zur Fabrikation großer Gläser entbehrten wirklich wissenschaftlicher Grundlage und liefen dem, was Fraunhofer und neuerdings Abbe in bezug auf Güte und Dauer der Eigenschaften des Materials sowie feinerer Gestaltung der Gläser erstrebt und betont hätten, völlig zuwider.

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Wenn Vogel es als Steinheils Verdienst bezeichnet habe, wieder in Fraunhofers Bahnen eingelenkt zu haben, so habe er vergessen, daß dies Steinheil nur deswegen ermöglicht worden sei, weil Abbe und Schott jetzt die experimentellen Maßbestimmungen für die Brechung und Zerstreuung der von ihnen zur Zeit der gesamten deutschen Optik gelieferten Gläser mit einer vorher noch nicht sicher erreichten Genauigkeit verbürgten. Auch seien sie durch sinnreiche neue Einrichtungen dahin gelangt, nur die sogenannte Spannung oder Doppelbrechung der Gläser mindestens ebenso wie Fraunhofer, jedoch für eine größere Mannigfaltigkeit von Glassorten zu beseitigen, sondern auch die Neigung der Gläser, vermöge deren dieselben bei den geringsten Druck- oder Temperaturungleichheiten wieder doppelbrechend würden, bedeutend zu vermindern und gerade dadurch die feinere Bearbeitung viel mehr als früher zu sichern. Auch sei den Ausführungen Vogels hinzuzufügen, daß der Berliner Optiker Carl Bamberg in der Verwertung dieser von Jena ausgegangenen Fortschritte zu trefflichen, streng nach der Rechnung ausgeführten Objektivgläsern als Steinheil durchaus ebenbürtig zu betrachten sei. So sei es zu erklären, daß sich die deutschen Astronomen der anderwärts beliebten bloßen Steigerung der Dimensionen der Fernrohre gegenüber, bis in die neuste Zeit abgeneigt verhalten hätten. Nun aber sei allerdings die Zeit gekommen, zu der vier so ausgezeichnete Sachkenner und Künstler wie Abbe, Schott, Steinheil und Bamberg gemeinsam an eine wesentliche Vervollkommnung der instrumentalen Ausrüstung geeignet gelegener deutscher Sternwarten herantreten könnten. Allerdings werde es dabei nicht darauf ankommen, nicht etwa deswegen bloß in Potsdam ein Riesenfernrohr aufzustellen, weil das große Publikum in Deutschland, einer törichten Mode zufolge, geneigt sei, die Leistungen preußischer Astronomen nach den Dimensionen ihrer Fernrohre abzuschätzen. Vielmehr müsse man konsequent und hierin auch in vollem Einklang mit Vogels Zielsetzung das Ziel ins Auge fassen, nicht ein möglichst großes Instrument anzustreben, sondern ein möglichst vollkommenes und für das Potsdam zuzuweisende Arbeitsgebiet recht zweckmäßig eingerichtetes Instrument herzustellen. Übrigens seien, abgesehen etwa von der in Washington gelungenen Entdeckungen der Marsmonde, die großartigsten astronomischen Fortschritte der letzten Dezennien mit optischen Hilfsmitteln von viel geringeren Dimensionen als denen der amerikanischenglischen wie auch französischen optischen Technik erreicht worden. In diesem Zusammenhang erinnerte Foerster an die Dauer-Photographie in Paris und Potsdam, an Schiaparellis Entdeckungen auf der Oberfläche des Mars und seine Untersuchung über die Rotation des Merkur, an die von Karl Friedrich Küstner auf der Berliner Sternwarte gelungene Entdeckung der Bewegungen der Erdachse, an Vogels „unvergleichlichen, epochemachenden Untersuchungen“ über die fortschreitenden und periodischen Sternbewegungen und an die hierdurch definitiv gelungene Erklärung eines Typus der Lichtperiode der Fixsterne. „Andererseits“, so fuhr Foerster im Hinblick auf das Jenaer Glas fort, „müssen wir allerdings offen zugestehen, daß die von uns gehegte Hoffnung, aus den methodisch– experimentellen Arbeiten in Jena neue Glassorten hervorgehen zu sehen, welche es ermöglichen würden, mit Fernrohren von sehr mäßigen Dimensionen selbst die Leistungen der größten Objektive im Punkte der Lichtstärke zu erreichen und in allen anderen Punkten zu übertreffen, daß diese Hoffnung nach den neusten Erfahrungen sehr herab-

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gestimmt werden muß, denn gerade die meistversprechenden dieser neuen Glassorten scheinen hinsichtlich der Dauerhaftigkeit keine genügende Gewähr zu bieten. Dagegen haben uns die Jenenser Arbeiten, deren Akten übrigens auch in der vorerwähnten Richtung der Erforschung und Erprobung noch nicht geschlossen sind, neben vielen anderen methodischen Fortschritten höchst wertvolle Erneuerungen und Weiterbildungen des Fraunhoferschen Glastypus geliefert, mit welchem Abbe und Schott jetzt vollkommen sicher sind, das Material für die allergrößten Objektiv-Gläser mit aller Gewähr der Dauer zu liefern, und mit welchen Steinheil oder Bamberg jetzt sicher imstande sein werden, Objektiv-Gläser herzustellen, die alles z. Zt. vorhandene an Fernrohren durch Lichtstärke und Bildfeinheit übertreffen, sodaß wir uns keinesfalls an das Ausland zu wenden brauchen.“ Für die in Potsdam im Gang befindlichen, kritisch durchgebildeten und verheißungsvollen Arbeiten wäre es aber wichtig, daß ihnen hinsichtlich der Lichtstärke und Vollkommenheit des Objektiv-Glases diejenigen Grundlagen gewährt würden, die möglichste Ausdehnung und Vertiefung des sonst in jeder Hinsicht gesicherten Erfolges jener Arbeiten gestatten würden. Hinsichtlich des Planes und des Kostenanschlags empfahl Wilhelm Foerster zunächst die Einsetzung einer aus Auwers, Vogel, Abbe, Schott, Steinheil (hier Randbemerkung des Oberregierungsrats Dr. Friedrich Althoff: „und Foerster“) bestehenden Kommission, die zu untersuchen hätte, ob nicht gerade für den hier in Frage kommenden Zweck ein versilberter Glasspiegel dem besten Objektiv vorzuziehen sei oder etwa die Anwendung einer hauptsächlich in Paris erforschten Verbindung von zwei versilberten Planspiegeln aus sehr starkem Glas mit einem sehr großen Objektivglase, weil sich dadurch möglicher Weise eine Verbilligung der Aufstellung des ganzen Apparates, des Kuppelbaues usw. würde erreichen lassen. Zunächst aber, so schloß Foerster seinen Bericht, sollte man Prof. Vogel gemeinsam mit dem Geh. Regierungsrat Prof. Auwers zu weiteren Ermittlungen, Reisen usw. ermächtigen und hierfür etliche tausend Mark aussetzen, die sich reichlich wieder einbringen würden. In einer daraufhin am 6. Juni 1890 im Preußischen Kultusministerium abgehaltenen Besprechung, an der neben dem Geh. Oberregierungsrat Spiecker (als Bausachverständiger im Finanzministerium), dem Oberregierungsrat Dr. Althoff (für das Kultusministeriums), die Professoren Auwers, Foerster und Vogel teilnahmen, wurde zunächst die Beschaffung eines Instruments ersten Ranges für das Astrophysikalische Observatorium in Potsdam empfohlen und weiter wurde beschlossen, daß eine einzusetzende Kommission die Entscheidung über die Auswahl des bestgeeigneten Instruments vorbereiten sollte. Der aus den Genannten gebildeten und am 12. Juli vom Minister förmlich eingesetzten Kommission wurden zunächst 12 000, später 24 000 bzw. 30 000 Mark zur Verfügung gestellt, um vor der Entscheidung noch gewisse Informationsreisen von Auwers und Vogel an eine Reihe von ausländischen Sternwarten zu ermöglichen. In der Sitzung der Kommission vom 24. Juli wurden die beiden Gelehrten beauftragt, teils noch im September des laufenden Jahres, teils im Lauf des nächsten Rechnungsjahres Informationsreisen nach England (Besichtigung des Teleskops von Mr. Common in Ealing (London), des großen Refraktors von Greenwich in der Werkstatt des Optikers Sir Howard Grubb in Dublin, des dreifachen Teleskops von Lord Rosse in Pearsonstown), nach Frankreich (Besichtigung des großen Refraktors auf dem Mont Gros bei Nizza; des neuen „Equatorial coudé“ auf der Sternwarte Paris, des großen Refraktors in Meudon) und nach den

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Vereinigten Staaten von Nord-Amerika (Besichtigung der großen Refraktoren von Washington, der Virginia University in Charlottesville, auf Mount Hamilton bei San Francisco, der Sternwarte bei Chicago, der astrophysikalischen Einrichtungen des Harvard College Observatory und von Cambridge, Massachusett) zu unternehmen. Nachdem Schott um die Mitte des Juli Steinheil in München besucht hatte, schrieb er ihm am 11. November 1890 u. a.: „Auf Grund der Mitteilungen Ihres Herrn Zschokke werden wir die Vorbereitungen zur Anfertigung der Scheiben für das große Potsdamer Objektiv von 68 bzw. 81 cm Durchmesser in Angriff nehmen. Es versteht sich von selbst, daß Ihnen die Verbindlichkeit der Abnahme von solchen Scheiben nur dann erwächst, wenn Ihnen die Ausführung des Objektivs übertragen wird, woran wir kaum zweifeln.“ Daß sowohl Schott wie Steinheil damals damit rechneten, daß in nicht zu ferner Zeit der auf Potsdam bezügliche Plan die Genehmigung des Preußischen Abgeordnetenhauses finden würde, geht aus dem bereits oben erwähnten Brief Schotts an seinen damaligen Partner Roderich Zeiss vom 24. November 1890 hervor, in dem Schott die für das Jahr 1891 vorgesehenen und bis zum Herbst 1891 durchgeführten Erweiterungsbauten des Jenaer Glaswerks u. a. mit folgenden Sätzen begründete: „Im nächstjährigen Budget des Preußischen Abgeordnetenhauses wird ein Antrag zur Beratung gelangen, in Potsdam ein größeres Fernrohr von 70 oder 82 cm Durchmesser zu bauen. Die optischen Arbeiten werden voraussichtlich Steinheil oder Bamberg übergeben werden. In jedem Falle dürften wir das erforderliche Glas dafür zu liefern haben.“ Als am 25. Mai 1891 die wegen des Potsdamer Refraktors eingesetzte Kommission wieder zusammentrat, wurde von ihr folgendes beschlossen: „Der Regierung soll empfohlen werden, die Anfertigung des Objektivs der Firma Steinheil zu übertragen, nachdem Prof. Foerster sein Eintreten für die Firma Bamberg in Friedenau mit Rücksicht auf den ganz unsicheren Gesundheitszustand von Carl Bamberg aufgegeben hat. Nach den von Vogel und Auwers in England gemachten Beobachtungen soll vom Typ Reflektor abgesehen werden, desgleichen auf Grund der neueren Informationen Foersters von dem französischen Typ Equatorial coudé. Man einigt sich auf die gewöhnliche Form des parallaktisch montierten Refraktors, etwa von freien Objektiv-Durchmesser von 30’’ und ca. 15 m Brennweite. Steinheil will ein chemisch achromatisches Objektiv von 30’’ für 75 000 Mark liefern, wovon 36 000M auf das Jenaer Glas, 39 000 M auf die Bearbeitung entfallen würden. Die Kosten für die Korrektionslinse und für ein ca. neunzölliges Objektiv mit gleicher Brennweite für das Leitfernrohr schätzt Steinheil auf 10 000 M. Die Kosten für die Montierung werden nun auf 150 000 M geschätzt und die ganze instrumentale Ausstattung auf 300 000 M. Die Besichtigung der Observatorien von Nizza und in den Vereinigten Staaten soll, wie vorgesehen, noch erfolgen zwecks Erlangung wünschenswerter Einzelheiten über die dortigen Anlagen. Über die erforderlichen Baukosten will Prof. Auwers noch weitere Kostenanschläge vorlegen zwecks Anmeldung der im nächstjährigen Haushaltsetat einzusetzenden Mittel.“ Da sich bis zum 10. August ergeben hatte, daß sich die Baukosten ausschließlich des Erwerbs eines geeigneten Bauplatzes auf ca. 450 000 Mark belaufen würden, und somit die auf fünf Jahre zu verteilenden Gesamtkosten etwa 750 000 Mark betragen würden, beschloß man in den Haushaltsetat von 1892/93 zunächst 100 000 Mark als erste Rate zur Beschaffung des großen Objektivs des Instruments einzusetzen. Mit Rücksicht auf

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die angespannte Lage der preußischen Staatsfinanzen wurde dieser Antrag jedoch schon von der am 2. Oktober 1891 tagenden Budget-Kommission des Abgeordnetenhauses abgelehnt und damit zugleich die Verwirklichung des gesamten Projekts auf mehrere Jahre hinausgeschoben. Wie es kam, daß Vogels Plan, wenn auch in beträchtlich bescheidenerer baulicher Ausführung, im Jahre 1896 wieder aufgenommen und im Laufe weiterer fünf Jahre verwirklicht wurde, soll im zweiten Hauptteil unserer Übersicht berichtet werden. Wie gut Schott daran getan hatte, sich schon im Laufe des Jahres 1891 auf die Fabrikation von Glasscheiben für Fernrohrobjektive von ganz großen Dimensionen einzurichten, wird sich dann erweisen. Inzwischen wollen wir uns noch mit demjenigen von Anfang an in das Produktionsprogramm des Jenaer Glaswerks einbezogenen Zweig der praktischen Optik beschäftigen, der in der Zeit vom Herbst 1886 bis in den Anfang der 1890er Jahre eine beständig wachsende geschäftliche Bedeutung gewinnen sollte, nämlich dem für die Konstruktion von photographischen Apparaten, Operngläsern, Handfernrohren und anderen kleinen optischen Instrumenten in Betracht kommenden optischen Glas handelsüblicher oder neuartiger Zusammensetzung. Wie wir bereits im II. Teil unserer „Briefe und Dokumente“ gezeigt haben, waren Abbe und Schott bereits vor dem Eintritt des Jenaer Glaswerks in den öffentlichen Wettbewerb mit den auf dem Gebiet der photographischen Optik in Deutschland damals führenden beiden Firmen C. Voigtländer und Sohn in Braunschweig und C. A. Steinheil Söhne in München in geschäftliche Verbindung getreten, und nachdem ihnen durch die Bereitstellung von Probesendungen optischer Glassorten, die teils den entsprechenden englischen und französischen Handelsgläsern entsprachen, teils neuartig zusammengesetzt waren, Gelegenheit geboten worden war, sich von der guten Qualität der Jenaer Fabrikate überzeugen, hatten diese, als das Glaswerk im Juli 1886 sein erstes Produktionsverzeichnis veröffentlichte, ihren Bedarf an optischen Glas bereits weitgehend aus Jena zu decken begonnen. So hatte z. B. die Firma Steinheil bereits in der Zeit vom 1. Oktober 1885 bis 30. September 1886 nach Ausweis der (übrigens nicht vollständig erhalten gebliebenen) Rechnungen für über 7 000 Mark Glas, das zu Objektiven für die seit 1866 bzw. 1881 von Steinheil eingeführten Aplanate bzw. Antiplanate verarbeitet wurde, aus Jena bezogen. Im nächsten Jenaer Geschäftsjahr (1886/87) hatte sich dieser Bezug bereits auf über 13 000 Mark erhöht, und wenn man berücksichtigt, daß in demselben Zeitraum der gesamte Jenaer Absatz rund 61 700 Mark betrug, während gleichzeitig an Thermometer-Normalglas nur für rund 5 300 Mark Röhren verkauft wurden, so ist leicht ersichtlich, aus welchem geschäftlichen Grunde sich Schott alle nur erdenkliche Mühe gab, diesem Produktionszweig besondere Aufmerksamkeit und Pflege zu widmen. Auch für Abbes Auffassungen von der Wichtigkeit, die er dem für photographische Zwecke bestimmten Glas beimaß, ist es bezeichnend, daß er in seiner am 4. Dezember 1887 der weimarischen Regierung unterbreiteten Denkschrift betonte, die deutsche optische Industrie sei zur Zeit gerade in den Zweigen, die großen Verbrauch an Material mit sich brächten („wie z. B. die Herstellung photographischer Linsen“), in sichtlichem Aufschwung begriffen und dies bedeute – abgesehen von dem für Jena zu erwartenden bedeutenden Absatz seiner hochwertigen Gläser nach dem Ausland – für die künftige Stabilität und Ertragsfähigkeit des Jenaer Unternehmens einen wichtigen Sicherheitsfaktor. Wie richtig diese Überlegungen waren, ergibt sich u. a. daraus, daß beim Glaswerk im

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Geschäftsjahr 1889/90 von dem Gesamtumsatz in Höhe von rund 169 500 Mark allein über 25 000 Mark auf das an Steinheil gelieferte Glas für photographischen Verwendungszwecke entfielen, während das im gleichen Jahr an dieselbe Firma gelieferte Glas für Fernrohrobjektive nur einem Verkaufswert von etwa 4 000 Mark entsprach. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß sich die Firma Steinheil – im Gegensatz zur Firma Voigtländer – in bezug auf die Verwendung der ihr von Schott bereits bis Ende des Jahres 1887 zu Verfügung gestellten Baryt-Leichtflintsorten zu verbesserten photographischen Konstruktionen nur zögernd verhielt, während die Firma Voigtländer bereits im Herbst des Jahres 1888 in einem Rundschreiben ihren Kunden mitteilte, daß sie auf Grund der neuen, ihr aus Jena zur Erprobung zur Verfügung gestellten Barytgläser nunmehr in der Lage sei, photographische Objektive herzustellen, die infolge der Vergrößerung der absoluten Lichtstärke, der größeren Ebenheit der Bildfläche und der weiteren Ausdehnung des Gesichtsfeldes, den bisherigen, auf dem Silikatglas beruhenden Konstruktionen beträchtlich überlegen seien. Inzwischen hatte Abbe schon in den ersten Monaten des Jahres 1888 den oben genannten Mitarbeiter Paul Rudolph, nachdem dieser sich bereits zwei Jahre hindurch mit Erfolg an der Vervollkommnung der bei Zeiss hergestellten apochromatischen Objektive für Mikroskope als Rechenmeister bewährt hatte, damit beauftragt, die Möglichkeiten, die durch die Schottschen Barytgläser gegeben waren, zur Konstruktion von photographischen Objektiven von höherer Leistung auszunutzen. Rudolph löste die ihm übertragene Aufgabe ebenso schnell wie glänzend: Bereits im Frühjahr 1889 erfand er den hinfort so genannten Zeiss‘schen Anastigmat, d. h. ein zweigliedriges Objektiv, das aus einer Kombination von Schottschem Silikatkron mit Barytleichtflint und einer solchen von Baryt- und Silikatkron bestand und es ermöglichte, die sphärische Aberration des zweiten – anomalen – Gliedes durch das erste – normale – und den Astigmatismus des ersten durch das zweite auszugleichen und auf diese Weise ein scharfes, ebenes, verzeichnungsfreies Bildfeld von 50 bis 60° Winkelausdehnung, d. h. bei einer 9x12-Kamera eine Brennweite von 12 bis 15 cm bei einer relativen Öffnung von 1:9 bis etwa 1:6,3 zu erreichen. Für den Erfinder hatte dieser technische Fortschritt die Wirkung, daß der ältere Vertrag, den er am 28. Oktober 1886 mit der Firma Carl Zeiss abgeschlossen hatte, unter dem 6. Juni 1889 unter bedeutend günstigeren Bedingungen erneuert wurde: Es wurde ihm nunmehr die Leitung sämtlicher rechnerischer Arbeiten für Konstruktion optischer Systeme übertragen. Es wurde ihm das Recht zugesprochen, die sich bei seiner Arbeit ergebenden Resultate theoretischer Natur unter seinem Namen zu veröffentlichen. Als Gehalt wurde ihm mit Wirkung vom 1. Oktober 1889 (bis dahin 1891) der Betrag von 4 000 M, weiterhin (bis 1. Oktober 1896) von 5 000 Mark und endlich dauernd von 6 000 Mark ausgesetzt. Sein pensionsfähiges Gehalt sollte sich mit Wirkung vom 1. Oktober 1886 (bis dahin 1897) auf 3 000, danach auf 5 000 Mark belaufen. Außerdem wurde ihm 1/3 des Bruttogewinnes zugestanden, den die Firma Carl Zeiss aus der Patentierung seiner Erfindung ziehen würde. Sein Sommerurlaub wurde auf sechs Wochen bemessen. Der Vertrag konnte nach halbjähriger Kündigung wieder aufgelöst werden, doch sollte Rudolph nach seinem Austritt aus der Firma zehn Jahre hindurch für keine mit der Firma Zeiss auf ihrem Fabrikationsgebiet konkurrierende Firma tätig sein dürfen.

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Nachdem sich die Firma Zeiss den Rudolphschen Anastigmat für Deutschland mit Wirkung vom 3. April 1890 hatte patentieren lassen und auch in allen Staaten mit entwickelter optischer Industrie Schutzrechte erworben hatte, brachte sie noch im Lauf des Jahres 1890 die ersten drei Serien der neuen Anastigmate auf den Markt. Da zu ihrer Fertigung in der Optisches Werkstätte neben der Abteilung für Mikroskope nun auch eine besondere Abteilung für mikroskopische Objektive eingerichtet worden war und die Firma Carl Zeiss überdies auch einer Reihe von anderen optischen Werkstätten des In- und Auslandes (z. B. die Firma Voigtländer) das Herstellrecht der Anastigmate gegen eine Wertabgabe von 15% des Listenpreises überließ, hatte sich auch dem Glaswerk eine Erweiterung seines Absatzes an Linsen für photographische Zwecke eröffnet. Hatte sich schon das von Schott im Glaswerk seit dem Ende des Jahres 1888 eingeführte Verfahren zur Herstellung gepreßter Linsen dahin ausgewirkt, daß nunmehr bei rechtzeitiger Bestellung jedes von dem Konsumenten nur gewünschte Quantum von Linsen auf einmal angefertigt werden konnte und daß sich Jena somit dem größtmöglichen Konsum anpassen konnte, so zeigt auch Schotts oben erwähnte Mitteilung an Roderich Zeiss vom 24. November 1890 über die dringende Notwendigkeit der Erbauung eines zweiten und beträchtlich größeren Kühlapparates wegen der in letzter Zeit gewaltig gesteigerten Nachfrage nach gepreßten Linsen, daß von dem beim Glaswerk im Geschäftsjahr 1889/90 erzielten Umsatz von 169 000 Mark ein beträchtlicher Anteil auf dieses Fabrikat entfallen sein muß. Welche geschäftliche Bedeutung die neu eingerichtete photographische Abteilung bei Zeiss gegenüber der mikroskopischen schon nach kurzer Zeit gewinnen sollte, zeigen folgende Umsatzzahlen: Verkauf bei Zeiss an Mikroskopen: photographischen Objektiven: im Geschäftsjahr 1890/91 für 992 000 Mark für 68 000 Mark im Geschäftsjahr 1891/92 für 872 000 Mark für 231 000 Mark im Geschäftsjahr 1895/96 für 966 000 Mark für 428 000 Mark Die Lizenz zur Mitanfertigung der Anastigmate war von Zeiss der Firma Voigtländer & Sohn bereits vor dem Februar 1891 erteilt worden. Im August 1891 verhandelte Abbe wegen derselben mit der französischen Vertreter-Firma des Glaswerks E. Krauss & Co. in Paris (4, Avenue de la République), im September desselben Jahres, anläßlich einer Frankfurter Tagung der Deutschen Gesellschaft für Optik und Mechanik, mit der Firma Bausch & Lemb in Rochester (New York). Im Januar 1892 wandte sich auch Dr. Adolf Steinheil brieflich an Schott mit der Anfrage, unter welchen Bedingungen seiner Firma wohl eine die Anastigmate betreffende Lizenz von Zeiss erteilt werden könnte. Wie bei Friedrich Schomerus (Geschichte des Jenaer Zeisswerkes 1846-1946, S. 85) mitgeteilt worden ist, hatten die Lizenzteilnehmer an den Zeiss-Anastigmaten ihren Umsatz bereits im Jahre 1891/92 auf 129 000 Mark bringen und im folgenden Jahr 1892/93 auf 278 000 Mark erhöhen können. Im Glaswerk selbst war der Gesamtumsatz im Geschäftsjahr 1891/92 auf 210 200 Mark (gegenüber 169 559 Mark im Vorjahre) gestiegen. Zu dem, was bereits im Teilband II unserer „Briefe und Dokumente“ über die frühe Entwicklung geschäftlicher Beziehungen zwischen dem Jenaer Glaswerk und der Firma C. A. Steinheil Söhne mitgeteilt worden ist, müssen hier noch Tatsachen nachgetragen werden, die dem Verfasser erst nach dem Erscheinen jenes Bandes bekannt geworden sind. Es ergibt sich nämlich aus den Geschäftsbriefen, die von Schott und – in einzelnen

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Fällen auch von Abbe – vom 16. Juni 1885 ab an die Firma Steinheil gerichtet worden sind, in gewissermaßen beispielhafter Weise sehr klar, wie es möglich war, daß sich das Jenaer Glaswerk, als es im Sommer 1886 in den öffentlichen Wettbewerb eintrat, praktisch bereits die gesamte optische Industrie Deutschlands als Abnehmerin seiner optischen Gläser gesichert hatte, obwohl sie damals und auch noch eine Zeitlang später erhebliche Lagerbestände an Pariser und Birminghamer Glas aufzuarbeiten hatte. Durch den Zuschuß, den das Jenaer Unternehmen während der Versuchsperiode von der Preußischen Regierung erhalten hatte, war es in der Lage, den deutschen Optischen Werkstätten – und unter diesen auch dem Steinheilschen Institut – unberechnet Proben der ihren spezifischen Desideraten entsprechenden Glassorten in teils handelsüblicher (also dem französisch-englischen Konkurrenz-Glas entsprechender) oder auch neuartiger Zusammensetzung zur praktischen Erprobung zur Verfügung zu stellen, und sie durch den dadurch ermöglichten Vergleich mit dem ausländischen Fabrikat schnell von der Überlegenheit des Jenaer Glases zu überzeugen. Für die Firma Steinheil kamen dabei in erster Linie Glassorten in Frage, die sie zur Herstellung oder Verbesserung ihrer besonders unter den Namen Aplanate und Antiplanate bekannten photographischen Objektive, daneben auch von Objektiven zur Himmelsphotographie benötigte. Schon zu Beginn des Juli 1885 erhielt Steinheil in Form von Platten, denen die in Jena ermittelten spektrometrischen Daten beigefügt waren, die ersten, hinsichtlich der Zusammensetzung noch den gangbaren englisch-französischen Flint- und Kronglassorten entsprechenden Proben, denen um die Mitte des September die ersten, ebenfalls mit den in Jena ermittelten optischen Merkmalen versehenen Probeprismen einer Reihe von Sondergläsern folgten. Gleichzeitig mit den ersten aus dem Glas ersterer Sorten in München hergestellten und nach Jena zum Ramollieren zurückgeschickten Linsen wurden von Steinheil auch Linsen, die aus Feilschem Glas hergestellt worden waren, nach Jena geschickt, und auch in diesem Falle fiel der Vergleich zugunsten von Jena aus, wie bald danach, als Steinheil Gelegenheit hatte, die ersten größeren Fernrohrobjektive bestimmten Jenaer Scheiben mit dem entsprechenden Erzeugnis Feilscher Provenienz sowohl hinsichtlich ihrer optischen Konstanten wie hinsichtlich ihrer Spannungsverhältnisse zu vergleichen. Ebenso wie Steinheil von nun ab das ausländische Scheiben- und Plattenglas, das er noch auf Lager hatte, regelmäßig in Jena ramollieren ließ, wurde hier für ihn nun auch das jeweils gewünschte Zerschneiden von Feilschem Scheiben- und Plattenglas mitbesorgt. Daß Steinheil schon früh daran ging auch mit dem ihm von Schott übersandten Sondergläsern praktische Versuche anzustellen, geht daraus hervor, daß er zu Beginn des Jahres 1886 Schott mitteilte, er habe das Barium-Phosphat-Kron S.13b mit Erfolg zur Konstruktion einer Starbrille benutzt, auf die er schon demnächst ein Patent zu nehmen beabsichtigte. Schott schrieb ihm darauf u. a. am 6. Februar 1886: „Da die Starbrillen gewiß einem häufigen Abwischen unterliegen werden und ohne Zweifel auch sehr unvorsichtig behandelt werden, so möchten wir raten, wenn nicht etwa ein wesentlicher Teil der Vorzüge verloren geht, S.13b (jetzt: S.30) zwischen zwei härtere Gläser einzukitten. Sollte etwa S.6a oder das identische S.22 denselben Zweck erfüllen können, so wäre dieses Glas wegen größerer Härte viel eher geeignet, um das Abwischen auf die Dauer zu ertragen.“ Erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch, daß Schott von Dr. Hugo Adolph Steinheil gegen Ende desselben Jahres zur Ansicht zwei aus Jenaer Glas hervorgegangene

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panorthische Doppelfernrohre zugeschickt bekam und sich hierfür unter dem 8. Dezember 1886 wie folgt bedankte: „Nicht allein ich habe mich über den erheblichen Fortschritt der Leistungsfähigkeit dieser Instrumente gefreut, sondern auch alle Ihnen bekannten hiesigen Herren haben denselben mit Vergnügen anerkannt und besonders die äußerst mögliche Farblosigkeit, sie sich im vorhandenen Rest als sekundäre Farben zu erkennen geben, konstatiert. Wir zweifeln hier nicht daran, daß diese Fernrohre – bei der großen Masse schlechter Pariser Ware – sich Anerkennung verschaffen werden und sicherlich, bei den relativ mäßigen Preisen, auch zahlreiche Käufer finden werden.“ Wenn man die etwa 1 000 nunmehr zur literarischen Auswertung vorliegenden Briefe und Postkarten im großen überblickt, die Schott in der Zeit zwischen dem Frühsommer 1886 bis in den Anfang der 1890er Jahre zumeist eigenhändig an die Firma Steinheil, in besonders wichtigen Angelegenheiten an ihren hochverdienten Leiter Dr. Hugo Adolph Steinheil auch persönlich, in Sachen des photographischen, astrophotographischen und teleskopischen Glases gerichtet hat, so fühlt man sich unwillkürlich beeindruckt von der zuvorkommenden Art, mit der er in unermüdlicher Geduld und gleichzeitig geschäftlicher Großzügigkeit den hohen Ansprüchen, die hier an seine glasschmelzerischen Fähigkeiten gestellt wurden, gerecht zu werden versuchte. Darüber, wie von ihm für die von Steinheil beabsichtigten oder auch von ihm selbst empfohlenen Kombinationen für photographische Objektive in der Zeit zwischen dem Frühling des Jahres 1886 und dem Herbst des Jahres 1888 zahlreiche, z. T. wesentlich verbesserte Glassorten im technischen Maßstab erschmolzen wurden, legen auch die den betreffenden Berichten in Schotts Schmelzungsbuch I beigefügten Vermerke „für Steinheil“ Zeugnis ab. Da eine ungefähr gleich große Zahl dieser Schmelzungen während der gleichen Zeit auch durch den Vermerk „für Voigtländer“ näher charakterisiert ist, kann man ohne weiteres annehmen, daß Schott die laufenden geschäftlichen Angelegenheiten mit dieser Firma mit der gleichen Pflegeleichtigkeit behandelt hat wie die Steinheilschen. Es ist daher auch nicht als eine bloße Höflichkeitsgeste aufzufassen, wenn die Firma Voigtländer in dem oben erwähnten Rundschreiben an ihre Kunden vom September 1888 dem „unermüdlichen schöpferischen“ Leiter des Jenaer Glaswerks, Dr. Otto Schott, für die ihr durch seine erweiterten Glasstudien möglich gewordenen Verbesserungen ihrer Erzeugnisse öffentlich dankte und diesem Dank den Satz hinzufügte: „Der Plan, welchen die Herren Prof. Abbe und Dr. Schott vor Jahren gefaßt hatten, für alle optischen Instrumente die nach dem jetzigen Stande der chemischen Wissenschaft bestmögliche Gläser zu erzeugen, ist damit fast zur Vollendung gediehen.“ Durchmustert man Schotts Arbeitsjournale mit Rücksicht auf solche Arten von optischen Glas, wie sie aus Jena in der hier zur Erörterung stehenden Betriebsperiode außer an die bereits von uns erwähnten auch an andere inländische Kunden versandt worden sind, so geben uns die folgenden Notizen hierfür noch einige weitere Anhaltspunkte. Nachdem sich Schott am 10. Dezember 1886 beim Hydrographischen Amt der Kaiserlichen Marine zu Berlin erkundigt hatte, welche Firmen etwa für den Bezug von rauchfarbigen oder Neutralglas, wie es für Instrumente der Marine Verwendung fand, in Betracht kommen könnten und dieses ihm neben den Berliner Mechanikern Carl Bamberg, R. Imme und Th. Wegener insbesondere den Mechaniker H. Haecke in Berlin (S.O., Wrangelstr. 129) empfohlen hatte, merkte er sich im Juni 1887 in seinem Journal den Plan vor, solches Glas aus einer Mischung von gelben Bleiglas (mit BeO3 und Na2O) und blauem

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Glas (mit Kobaltoxyd) herzustellen. In einem dem Journal im November 1887 einverleibten etwas ausführlicheren Eintrag spricht er die Vermutung aus, daß vier Teile Chromoxyd, drei Teile Kobaltoxyd und sechs Teile Nickeloxyd in einem KaliPhosphatglas die richtige Mischung Neutralglas ergeben müßten, doch finden sich in den erhalten gebliebenen Geschäftspapieren des Glaswerks keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Versuche, die von Schott damals offenbar auch in Hinblick auf farbige optische Gläser überhaupt (und zwar noch auf Phosphat-Grundlage) gemacht worden sind, schon damals zu positiven Beziehungen auch geschäftlicher Art geführt hätten. Anders dagegen verhält es sich mit dem für die Herstellung Fresnelscher Beleuchtungslinsen, also für Zwecke der Seebeleuchtung bestimmten Glas, wie es insbesondere von der Glasschleiferei Gebr. Picht & Co. in Rathenow zur Erledigung der Aufträge benötigt wurde, die sie von der Kaiserlichen Admiralität bzw. den Kaiserlichen Werften fortlaufend erhielt und, wenn auch unter politisch bedingten Schwierigkeiten, nur mit Hilfe englischen oder französischen Rohglases zu erledigen hatte. Schon im Frühjahr 1883 hatte die genannte Firma den Regierungsrat Dr. Loewenherz darauf hingewiesen, welche Erleichterung es ihr bedeuten würde, wenn sie ihren jährlichen Bedarf von über 500 Zentnern an diesem Glas endlich aus deutschen Glashütten würde decken können. Über ein Übereinkommen mit einem Herrn Günther von der Firma Gebr. Picht & Co. macht sich Schott kurz nach dem 18. Oktober des Jahres 1888 folgende auf Ringe und große Linsen zu Leuchttürmen bezügliche Notizen: Demiboule kg 1,60 M mit 10% Rabatt Mittlere Größe kg 2,00 M mit 10% Rabatt Große Sorte kg 2,40 M mit 10% Rabatt Gewöhnliche Ringe Mark 1,- pro kg. Prismen 10 cm lang Proben schicken in verschiedenen Formen M 1,60 (?) Glasplatten-Ausschuß pro kg 0,50 M Möglichst farblos. Proben zuschicken Ringe für Leuchttürme 3 frcs pro kg Die Form ist von P(icht) & Co. Zu liefern. Die Halbkugellinsen, Glassorte beliebig, nur einigermaßen farblos verlangt 7½ Pariser Zoll und darüber 3 frcs 6 und 6½ Pariser Zoll 2 frcs 50 kleinere Sorten 1 fr Kleine ramollierte Flintscheiben 5 frcs (5% Abzug) Übereinkommen mit Herrn Günther von der Firma Picht & Co. Glas für Leuchttürme etc. Es folgt eine Notiz mit Zeichnung über den Umbau des kleinen Regenerativofens (zwecks Erweiterung des Ofenraums in der Breite, wo der Hafen steht), und mit der Forderung, daß der Ausgießhafen für den kleinen Regenerativofen im Durchmesser sieben cm größer als bisher angefertigt, auch das Hafentor erweitert werden solle. Eine weitere, in der zweiten Hälfte des Dezember 1888 gemachte Notiz lautet: Picht: Preßformen Flintglas 25 mm 27 mm 48 mm 53 mm 90 mm Dicke 6 mm 6 mm 8 mm 9 mm

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Unmittelbar hierauf folgt die Notiz (mit einer Zeichnung): „Anfertigung der Eisenringformen zum Gießen des Glases für Leuchttürme in Lehmguß, um Modellkosten zu vermeiden“. Wohl aus dem Anfang des Januar 1889 stammen verschiedene Zeichnungen von Löffeln mit angegossenem Lappen zum Einstecken eines Stiels. Und am 17. Januar 1889 schreibt Schott seinem Wittener Jugendfreund August Reinshagen, er habe die von diesem kürzlich gepreßten Kübel (aus gewölbtem Blech?) richtig erhalten und guten Gebrauch davon gemacht. Nun habe er kürzlich auf der Enneper Straße einige geschmiedete Löffel anfertigen lassen, sei damit aber nicht zufrieden. Daher möge ihm Reinshagen nunmehr drei weitere Löffel mit Lappen für den daran anzunietenden Stiel aus Gußstahl pressen lassen (mit den auf der Zeichnung angegebenen Durchmessergrößen von ca. 55, 50 und 45 cm und von ca. 20 cm Tiefe), die zum Ausschöpfen von Glas aus einem großen Hafen und zum Gießen von Ringen und großen Linsen für Leuchttürme und andere Zwecke dienen sollten. Die Übernahme einer größeren Lieferung durch das Glaswerk hänge davon ab, daß die Löffel schon in 14 Tagen in Jena zur Verfügung sein müßten. Eine wohl noch gegen Ende Dezember 1888 in das Journal eingetragene auf den gleichen Gegenstand bezügliche Notiz Schotts lautet: „Annähernde Selbstkosten für Ausgußglas (Ringe zu Leuchtturm-Linsen) Satz pro 100 kg Mark 12,- [mal?] 3 36,- M Kohlen 45 Ztr. à 60 Pfg. 27,Ofenabnutzung 5,Löhne 1½ Tag 40,General-Unkosten 25,Hafenkosten 8,141,- M 100 kg brauchbares Glas à Mark 2,200,- M“ Eine letzte, auf das gleiche Objekt bezügliche Notiz, die in das Journal wohl im Sommer 1889 eingetragen sein dürfte, gibt in Form einer Tabelle eine Übersicht über die für Picht & Co. anzufertigenden Linsen von vier bis neun Zoll Radius der Kugelfläche mit Hilfe von fünf Formen verschiedener Größe. Somit scheint um jene Zeit die Ausführung des in Schotts Schreiben an Reinshagen vom 17. Januar 1889 erwähnten Auftrages begonnen zu haben. Sieht man Schotts Arbeitsjournale aus der Zeit von Herbst 1886 bis in den Winter 1891/92 einmal mit Rücksicht auf solche Notizen durch, die sich auf die Anbahnung von geschäftlichen Beziehungen auch mit ausländischen, für den Bezug von Jenaer optischen Glas in Betracht kommenden Firmen oder Personen beziehen, so bieten sie auch in dieser Hinsicht nur verhältnismäßig wenig aufschlußreiches Material. Da auch die Schmelzungsbücher nur in zwei Fällen einschlägige Hinweise und von der damaligen Auslandskorrespondenz des Glaswerks in jener Zeit so gut wie nichts mehr erhalten geblieben ist, so bleibt nur zu hoffen, daß künftige weitere Nachforschungen auch nach dieser Richtung hin ergänzendes Quellenmaterial zu Tage fördern möchten. Nach einem im Dezember des Jahres 1887 gemachten Eintrag in das Arbeitsjournal sandte Schott damals Prismen von 12 verschiedenen Jenaer Glassorten mit einem zwischen 70 und 43 liegenden Wert γ an den Wiener Photochemiker Prof. Josef Maria Eder, der seit 1887 das „Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik“ herausgab und

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bald darauf Direktor der Wiener Photographischen Versuchsanstalt werden sollte, um die betreffenden Glasarten mit Rücksicht auf ihre absorbierende Wirkung der Spektralfarben zu untersuchen. Im März 1888 notierte sich Schott eine ganze Reihe von solchen Namen bzw. Firmen, die sowohl für den inländischen als auch für den ausländischen Konsum an optischem Glas entweder schon interessiert waren oder noch interessiert werden sollten. Neben den deutschen Namen und Firmen (Voigtländer, Steinheil, Mittenzwei, Liesegang – Düsseldorf, Rathenower Optische Industrie-Anstalt, vorm. Emil Busch, Rathenow) werden genannt: aus der Schweiz: der Optiker Suter in Basel, aus Österreich: C. Fritsch – Wien, aus Frankreich: Derogy, Berthiet – Paris (168, Rue St. Antoine), Hermagis, Laverne, Darlot – Paris (125, Boulevard Voltaire), E. Francois – Paris (3, Rue du Charlet), Bezu Hausser & Cie (früher: Prazmowski) – Paris (Rue Bonaparte), aus England bzw. USA: James Swift & Son – London, Ross – London, E. & J. Beck – London, Dallmeyer, Gundlach, Bausch & Lomb – Rochester, N.Y., Queen & Co. – Philadelphia, Morison. Was Fritsch in Wien betrifft, so besagt das Schmelzungsbuch III für nichtoptische Gläser unter der – vermutlich im Winter 1888/89 erschmolzenen, dem gewöhnlichen Kronglas nach Feil entsprechenden – Schmelznummer 48/III, dieses im kleinen Regenerativofen erschmolzene Glas sei zu großen Konkav-Scheiben für Fritsch in Wien ausgegossen worden. Daß an die englischen Firmen Swift & Son und Ross in London, Cook & Sons in York sowie nach England überhaupt in der Zeit vom Mai 1888 bis zum 20. Mai 1889 bereits über 10 000 Mark optisches Glas aus Jena abgesetzt worden war und daß Schott als Vertreter des Glaswerks für England einen Mr. Baker in Aussicht genommen hatte, haben wir bereits aus dem oben erwähnten Brief Schotts an Roderich Zeiss vom 20. Mai 1889 ersehen. Aus einem Eintrag in das Arbeitsjournal Schotts vom März 1887 ersehen wir, daß er damals als Sendung für „R“ (womit zweifellos Ross gemeint ist), Photographen-Kron der Nummern O.152 (= Extra Leichtes Flint), O.214 (= Kron mit hoher Dispersion) und O.381 (im O.-Schmelzungsbuch nicht verzeichnet!) gesandt wissen wollte. Und aus dem gleichen Schmelzungsbuch ersehen wir aus dem Zusatz „Ross“, daß das im Mai 1887 erschmolzene Magnesia-Kron-Glas O.402 ebenso für denselben Bezieher bestimmt war, wie vermutlich das kurz darauf unter Nr. O.416 erschmolzene zwar besser gelungene, aber noch immer total schlierig ausgefallene Magnesia-Kron. Somit könnte man annehmen, daß das (bei Hovestadt, Jenaer Glas, S. 104 erwähnte) im Jahre 1888 bei Ross nach Rechnungen von Dr. Hugo Schröder hergestellte und noch dem Typus der Aplanate zugehörige anastigmatische Objektiv „Concentric Lens“, das bereits 1888 unter englischen Patentschutz gestellt, aber erst 1892 in den Handel gebracht wurde, nachdem es gelungen war, die erforderlichen Gläser mit konstanten Eigenschaften darzustellen, ebenfalls aus Jenaer Glassorten hergestellt worden ist. Aus einer Notiz, die sich Schott am 13. Januar 1890 im Arbeitsjournal machte, scheint hervorzugehen, daß die Firma R. & J. Beck in London damals noch das gleiche Extra Light Flint (Nr. 378) von Chance in Birmingham verwendete, das auch Voigtländer & Sohn früher von dorther bezogen hatten. – Daß Schott von der Firme Cook & Sons in York unter dem 6. März 1890 eine Anfrage nach den Jenaer Preisen für große Objektiv-Scheiben von 73 bis 95 cm erhalten und sich als Verkaufspreis für solche Scheiben die Beträge von 13 000 bis 30 000 Mark in seinen Arbeitsjournal notiert hatte,

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wurde oben schon ebenso vermerkt die Tatsache, daß Abbe zu Anfang September 1891 mit der amerikanischen Firma Bausch & Lomb zu Rochester wegen der Überlassung einer Lizenz auf die Mitanfertigung der aus Schottschen Glas hergestellten ZeissAnastigmate verhandelte. Daß das Jenaer Glaswerk schon vor dem 20. Mai 1889 in Herrn E. Krauss zu Paris einen rührigen Vertreter für Frankreich gefunden hatte, dem auf seine Wiederverkäufe statt der bisherigen 15 nunmehr 20% Rabatt gewährt werden sollten, und daß noch vor der Bestellung dieses Wiederverkäufers das Glaswerk auch in der oben genannten Pariser Firma Derogy (33, Quai de l’Horloge) einen guten Abnehmer für optisches Glas gefunden hatte, haben wir gleichfalls bereits aus dem oben erwähnten Brief Schotts an Roderich Zeiss vom 20. Mai 1889 schon ersehen. Aber in diesem Brief erwähnt Schott auch daß die Einführung von Jenaer Glas in Paris mit größeren Schwierigkeiten verbunden sei als in England, weil man in Frankreich mit durchweg billigerem Glase zu konkurrieren habe und daß man, auch wegen der in Paris vorherrschenden „Nationalitäten-Simpelei“, außer mit der Firma E. Krauss & Co. (4, Avenue de la République) und Derogy, bisher noch fast gar keine geschäftlichen Verbindungen mit Paris habe anknüpfen können, so ist es verständlich, daß Schott im Herbst des Jahres 1889 über Witten selbst eine Geschäftsreise nach Paris unternahm, um – in Begleitung von Herrn Krauss – besonders solche Firmen zu besuchen, die etwa für den Bezug von optischen Glas, insbesondere von Linsenglas für photographische Apparate, in Frage kommen könnten. Aus Schotts Notizen über diese Reise geht hervor, daß der bei dieser Gelegenheit besuchte Hauptkunde Derogy bisher ganze Schmelzungen der Sorten Leichtes Kron O.336 und BarytLeichtflint O.614, also vorwiegend Glas für photographische Objektive, bezogen hatte. Es wurde abgemacht, daß er statt des ihm bisher gewährten 5%igen Rabatts ein solcher von 15% erhalten sollte, falls er auch gewöhnliche Gläser entnehmen würde. Als Preise, die er bis dahin in Paris gezahlt hatte, gab er an: Französisches Glas ohne Facette pro kg 6 frcs = 4,80 Mark Französisches Glas mit Facette pro kg 8 frcs = 6,40 Mark Englisches Glas mit Facette pro kg 10 frcs = 8,00 Mark Für Glas zu Perspektiven, Fernrohren etc. hatte er zu zahlen gehabt: pro kg 3 frcs 51 = 2,80 Mark. Bei Lieferung in Scheiben war immer noch eine Preiserhöhung für die Formgebung hinzugetreten. Eine weitere Notiz Schotts besagt, daß Derogy am 10. Dezember 1889 die Kombination O.798/681 bezog. Aus Notizen in einem Schottschen Kalender des Jahres 1890 geht hervor, daß er im Anschluß an eine im September unternommene Reise nach der Schweiz ebenfalls wieder nach Paris fuhr. Die Firmen, die er diesmal – außer Derogy und Krauss – besuchte, waren: Hermagis, Balbreskainé, Clément & Gilmer, Colment, Arthur Lévy, F. Jarret, Stiassnie, E. Bertrand, J. Zion, E. Degen und Feuillat. Auch ein Besuch des „Observatoire de Paris“, also der Pariser Sternwarte, ist in seinem Notizbuch vermerkt, und dieser letztere Besuch ist deswegen besonders interessant, weil, wie wir oben gesehen haben, um die gleiche Zeit auch von der im Preußischen Kultusministerium im Hinblick auf den Potsdamer Fernrohrplan gebildeten Sachverständigen-Kommission beschlossen worden war, auf der Pariser Sternwarte befindliche „Equatorial coudé“ in den Bereich ihrer vergleichenden Studien mit einzubeziehen. Daß sich Monsieur Krauss im August des Jahres

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1891 darum bemühte, durch Schotts Vermittlung eine Lizenz auf Vertrieb oder eventuell Selbstherstellung des Zeiss‘schen Anastigmats zu erlangen, ist oben ebenfalls bereits erwähnt worden.

II Die Briefe und Dokumente, die wir für die zweite Abteilung des dokumentarischen Teils unseres Bandes ausgewählt haben, beziehen sich vorwiegend auf die zwischen dem Beginn des Jahres 1892 und dem Ende des Jahres 1899 liegende Betriebsperiode des Glaswerks. Was sich dem Betrachter zunächst äußerlich als am meisten charakteristisch für diese Periode aufdrängt, ist die Tatsache, daß sich in diesen wenigen Betriebsjahren das Glaswerk aus einer im wesentlichen der Fabrikation von hochwertigem Glas für optische und thermometrische Zwecke dienenden Glashütte zu einem großindustriellen Etablissement entwickelt hat, in dem nunmehr in ständig wachsendem Umfang neben jenen ursprünglichen Erzeugnissen auch solche für anderweitige feintechnische Verwendungszwecke in regelmäßiger Fabrikation hergestellt und bereits zu etwa 50% nach dem Ausland exportiert wurden. Hinzugekommen war in diesen Jahren neben den seit 1891 eingeführten Wasserstandsröhren aus Verbundglas und dem seit 1892 eingeführten Geräteund Röhrenglas für Laboratorien von 1893 ab das von Schott entwickelte wärmefeste Zylinderglas für Gasglühlicht- und Petroleumbeleuchtung als der dem Umfang nach bei weitem stärkste Fabrikationszweig. Der Jahresumsatz der gesamten Erzeugnisse des Unternehmens, das – wie oben geschildert – vom 1. Oktober 1890 ab von Dr. Otto Schott und der durch Prof. Ernst Abbe vertretenen Carl Zeiss-Stiftung auf gemeinschaftliche Rechnung und Gefahr und unter gleichmäßiger Beteiligung beider Teilhaber an Gewinn und Verlust zunächst noch unter der ursprünglichen Firmenbezeichnung „Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen in Jena“, vom 1. Juni 1895 ab jedoch unter der Firmierung „Schott & Genossen, Jena“ fortbetrieben worden war, hatte sich in der Zeit vom Geschäftsjahr 1890/91 bis zum Ende des Geschäftsjahres 1898/99 von rund 169 550 Mark auf rund 1 900 000 Mark erhöht, also mehr als verzehnfacht. Hatte die Carl Zeiss-Stiftung als geschäftlicher Halbpartner Schotts aus dem Reinertrag des Unternehmens im Geschäftsjahr 1891/92 rund 49 343 Mark bezogen, so hatte sich dieser Anteil im Geschäftsjahr 1898/99 auf fast 400 000 Mark erhöht. Durch hohe beiderseitige Investitionen hatte sich das Geschäftskapital, das am 1. Oktober 1892 mit 252 000 Mark zu Buche gestanden hatte, bis zum 31. März 1899 auf 1,2 Millionen erhöht, um am 31. März 1900 um weitere 400 000, also auf 1,6 Millionen Mark erhöht zu werden. Wie sich die Gesamtproduktion des Glaswerks auf die einzelnen oben genannten Fabrikationszweige von der Gründung des Glaswerks an (d. h. hier seit dem 1. September 1884) bis zum Herbst 1899 verteilt hatte, ersehen wir aus einer im Herbst des Jahres 1899 im Glaswerk entstandenen Drucksache mit dem Titel „Einiges über die Entwicklung und gegenwärtigen Zustand des Glaswerks (Firma Schott & Gen. Jena)“. In dieser Zusammenstellung (heute noch in einem seltenen Stück im Archiv des Glaswerks erhalten geblieben), die offenbar dazu dienen sollte, dem damaligen Geheimen Regierungsund späteren Staatsrat Dr. Max Vollert, der im Juni 1899 an Stelle des nunmehrigen

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Staatsministers Dr. Karl Rothe die Funktion eines Stiftungskommissars der Carl ZeissStiftung übernommen hatte, eine allgemeine Information über das Glaswerk zu ermöglichen, heißt es in dem Abschnitt „Art und Umfang der Produktion“ u. a. folgendermaßen: „Es werden zur Zeit in regelmäßiger Fabrikation angefertigt: 1. Optisches Glas und zwar neben den früher gebräuchlichen Kron- und Flintgläsern eine Reihe neu eingeführter Glasarten, mit deren Hilfe optische Instrumente von erheblich verbesserter Wirkung hergestellt werden. Das optische Glas wird verarbeitet zu Platten, runden Scheiben für Fernrohrobjektive (es sind Stücke bis zu 125 cm Durchmesser angefertigt worden) und Prismen; es wird angeschliffen und poliert, soweit dies die Untersuchung auf Fehlerfreiheit notwendig macht. Gesamtumsatz seit Gründung: M[ark] 2 150 000 Umsatz der letzten drei Jahre: M[ark] [1896/97] 235 000, [1897/98] 227000, [1898/99] 224 000. 2. Röhren aus Jenaer Normal- und Borosilikat – Thermometerglas: Verwendung für ärztliche und chemische Thermometer und feinere wissenschaftliche Instrumente. Bisheriger Gesamtumsatz: M[ark] 312 000 Umsatz der letzten drei Jahre: M[ark] [1896/97] 37 000, [1897/98] 39 000, [1898/99] 46 000. 3. Wasserstandsröhren aus Verbundglas (D.R.P. Nr. 61 573), eingeführt seit 1891. Bisheriger Gesamtumsatz: M[ark] 395 000 Umsatz der letzten drei Jahre: M[ark] [1896/97] 62 000, [1897/98] 74 000, [1898/99] 82 000. 4. Geräteglas (Kolben, Bechergläser, Retorten und Röhren Einschmelz- und Verbrennungsröhren) für chemische Laboratorien, eingeführt seit 1892. Bisheriger Gesamtumsatz: M[ark]387 000 Umsatz der letzten drei Jahre: M[ark] [1896/97] 66 000, [1897/98] 81 000, [1898/99] 108 000. 5. Zylinder für Gasglühlicht- und Petroleumbeleuchtung. Dem Umfange nach der bei weitem stärkste Fabrikationszweig. Tagesproduktion z. Zt. etwa 30 000 Zylinder, eingeführt seit 1893. Bisheriger Gesamtumsatz M[ark] 4 000 000 Umsatz der letzten drei Jahre: M[ark] [1896/97] 757 000, [1897/98] 1 000 000, [1898/99] 1 436 000. Der Jahresumsatz der gesamten Erzeugnisse hat sich ständig gesteigert.“ Das erstaunliche Tempo, mit dem sich das seit dem Gemeinschaftsvertrag mit der Carl Zeiss-Stiftung vom 27. November bzw. 28. Dezember 1891 unter Schotts alleiniger technischer und kaufmännischer Leitung stehende Glaswerk in der Zeit vom Beginn des Jahres 1892 bis zum Herbst 1899 sowohl hinsichtlich seiner technischen Einrichtungen, seiner Verwaltung und seiner Personalverhältnisse aus einer einfachen, noch 1888 mit nur 14 Arbeitern (darunter zwei erfahrenen Schmelzmeistern und zwei Röhrenziehern), einem Chemiker-Assistenten und zwei Kontorbeamten betriebenen Glashütte zu einem umfangreichen, innerlich bereits weitgehend differenzierten Industriebetrieb entwickelt hatte, kommt auch in den zwei weiteren Abschnitten der oben erwähnten Zusammenstellung vom Herbst 1899 klar zum Ausdruck. Wir wollen daher auch diese beiden Ab-

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schnitte, von denen der eine sich mit der Organisation des Betriebs und seinen Betriebsmitteln, der andere mit den betrieblichen Personal- und Lohnverhältnissen befaßt unter dem Vorbehalt zum Ausdruck bringen, daß sämtliche drei Abschnitte noch durch wichtige einschlägige Einzeltatsachen weiter unten ergänzt werden sollen. Der mit „Organisation des Betriebes und Betriebsmittel“ überschriebene Abschnitt, der also ebenfalls im Hinblick auf den Status des Glaswerks im Herbst des Jahres 1899 zu verstehen ist, lautet wie folgt: „Der Schmelzbetrieb des Glaswerks findet statt in 4 Hütten, in denen z. Zt. 12 Schmelzöfen mit den dazu gehörigen 33 Vorwärm- und Kühlöfen im Gang sind. Die Heizung sämtlicher Öfen erfolgt durch Generatorengase, welche aus Braunkohlen in Generatoröfen nach Siemensschem System erzeugt werden. Es sind z. Zt. im Gang: Für optisches Glas: 2 Öfen (mit je 1 Hafen), 9 Anwärm- und Kühlöfen, 2 Senk- oder Ramollieranlagen und 2 Feinkühlapparate. Für Röhren: 3 Öfen (mit je 1 Hafen) und 3 Anwärmöfen. Für Geräteglas: 1 Ofen (mit 5 Häfen), 1 Anwärme- und 1 Auftreibeofen und eine Kühlröhre. Für Zylinder: 6 Öfen (mit je 5 Häfen) mit den dazu gehörigen 12 Anwärmeöfen und Kühlröhren. Daneben 2 Brennöfen für Ofensteine. Es sind ferner in regelmäßigem Betrieb eine Schleiferei, Poliererei und Glasschneiderei für optisches Glas, eine Absprengerei und Verschmelzerei für Röhren, und die gleichen Einrichtungen samt einer Locherei, Stanzerei, Sandbläserei und Schleiferei für Zylinder. Ferner 3 Mahlmühlen für Ton, eine Hafen- und Steinmacherei, eine Schmiede und Schlosserei.“ […] „Der gesamte zwischen der Weimar-Geraer Eisenbahn und dem Lichtenhainer Oberweg belegene Grundbesitz der Firma ist 690 Ar (etwa 3 400 weimarische Quadrat-Ruthen) groß. Die für Betriebszwecke bebaute Fläche beträgt 168 Ar (etwa 534 Quadrat-Ruthen). Den Kraftbedarf für die Anlage liefert eine 60pferdige Dampfmaschine, welche von einem Cornwallkessel mit 71 qm Heizfläche mit Dampf geheizt wird. Die Kraftübertragung in dem gesamten Werke geschieht unter Vermittelung von Elektrizität. Es sind vorhanden: 6 Elektromotoren. Die Abendbeleuchtung wird geleistet durch 17 Bogenlampen und 110 Glühlampen. Zur Bewegung des Transportes an Kohlen und sonstigen ankommenden und abgehenden Material im Verkehr mit der Eisenbahn und für den Verkehr der Hüttengebäude unter sich ist eine elektrische Kleinbahn (von A. Koppel in Bochum gebaut) von etwa 2 km Geleislänge im Betriebe. Die stärkste Steigerung beträgt 1:18, das rollende Material besteht aus 40 Wagen. Der stärkste Transport an einem Tage kann aufwärts etwa 15 Eisenbahn-Wagenladungen betragen. Der Wasserbedarf auf dem Grundstück wird aus einem Bohrloch von 30 m Tiefe gedeckt. Für den Betrieb sind täglich etwa 40 cbm Wasser notwendig, die im Ganzen um 50 m in 2 Eisenreservoire von zusammen 50 cbm Inhalt gehoben werden müssen. Der Gasbedarf von etwa 115 000 cbm jährlich wird von der städtischen Gasanstalt gedeckt.“ Es folgt in der Zusammenstellung der mit „Personalverhältnisse“ überschriebene Abschnitt, welcher folgendermaßen lautet:

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„Anzahl der beschäftigten Personen“: 1. Oktober 1897 1. Oktober 1898 1. Oktober 1899 Arbeiter im Betriebe 198 259 323 Beamte und Gehilfen 19 26 31 zusammen: 217 285 354 An Löhnen bzw. Gehältern wurden gezahlt in den letzten Jahren: Lohn Mark 200 000 243 000 346 000 Gehalt Mark 30 000 43 000 47 000 zusammen Mark 230 000 286 000 393 000 Geordnet nach Tageslohn und Stücklohn und nach drei Altersklassen ergibt sich im Mittel der letzten drei Jahre ein durchschnittlicher Tagesverdienst der beschäftigten Arbeiter wie folgt: Durchschnittlicher Jahresverdienst Tagesverdienst Arbeiter im Taglohn über 24 Jahre alt 3,35 Mark 1 039 Mark 18 bis 24 Jahre alt 2,75 Mark 852 Mark 14 bis 18 Jahre alt 1,60 Mark 496 Mark Arbeiter im Stücklohn über 24 Jahre alt 6,40 Mark 1 984 Mark 18 bis 27 Jahre alt 4,30 Mark 1 333 Mark 14 bis 18 Jahre alt 1,90 Mark 589 Mark Frauen im Taglohn 1,70 Mark 527 Mark Die übliche Jahres-Gratifikation ist in den Durchschnittsverdienst mit eingerechnet. Als Jahresverdienst ist das 310fache des Tagesverdienstes gerechnet. Das versicherungspflichtige Personal gehört der Betriebskrankenkasse Carl Zeiss an. Wenn sich Schott von Anfang an das Ziel gesetzt hatte, in dem von ihm gemeinsam mit Abbe, Carl und Roderich Zeiss begründeten Glaswerk nur Gläser für wissenschaftliche und technische Zwecke herstellen zu lassen, und zwar für letztere Zwecke grundsätzlich nur solche, welche weitergehenden Anforderungen als die sonst im Handel befindlichen Fabrikate genügen würden, so bedeuteten, wie wir weiter unten noch näher sehen werden, auch die im Laufe der 1890er Jahre in immer größeren Mengen hergestellten und an der schnellen Entwicklung des Glaswerks zum Großbetrieb entscheidend beteiligten Zylinder für Gasglühlicht- und Petroleumbeleuchtung in keiner Weise eine Abweichung von dieser anspruchsvollen Zielsetzung. Denn auch dieses Fabrikat war hervorgegangen aus einer von Schott (z. T. in Verbindung mit dem Jenaer Physiker Prof. Dr. Adolph Winkelmann) planmäßig durchgeführte Untersuchung über die Veränderung physikalischer Eigenschaften des Glases (wie Festigkeit, Wärmeleitung, Ausdehnungsfähigkeit) in Zusammenhang mit der Zusammensetzung. Erst durch diese theoretischen Untersuchungen, deren Beginn und Entwicklung sich aus Schotts Schmelzungsbuch III für die „nichtoptischen“ Gläser, sowie aus fortlaufenden Notizen in seinem Arbeitsjournal quellenmäßig bis ins kleinste verfolgen läßt, wurde es möglich, Gläser von sehr großem und sehr kleinen Ausdehnungskoeffizienten herzustellen sowie Gläser, die gegen schroffen Temperaturwechsel unempfindlich waren. Auf diese Weise konnten nun erst auch Lampenzylinder hergestellt werden, die den vom Gasglühlicht an ihre Widerstands-

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fähigkeit gestellten Anforderungen in einem vorher nicht bekannten und auch nicht für möglich gehaltenen Grade genügten. Es braucht hiernach kaum betont zu werden, daß auch diejenigen wissenschaftlichen und technischen Fortschritte, die Schott bis in den Winter 1891/92 teils allein, teils in Gemeinschaft mit anderen Gelehrten oder auch durch entsprechende Anregung und Förderung jüngerer Kräfte auf den Gebieten des optischen Glases, des Thermometerglases, des Verbundglases und des Geräteglases erzielt hatte, im Laufe der 1890er Jahre in gleicher Weise weitergeführt, vertieft und ergänzt wurden. Wie sich die auf das Jenaer Glas und seine Verwendungszwecke in Wissenschaft und Technik bezügliche Spezialliteratur bis in den Frühling des Jahres 1895 bereits vermehrt hatte, geht daraus hervor, daß Schott damals durch Prof. Winkelmann an den Dr. Heinrich Hovestadt in Münster, der es übernommen hatte, die bis dahin aus dem Jenaer Glaswerk hervorgegangenen Glastypen nach ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften auf Grund der über sie bereits veröffentlichten experimentellen und theoretischen Untersuchungen in einem Buch „Jenaer Glas“ zusammenfassend darzustellen, nicht weniger als 36 Separatabzüge von einschlägigen Spezialarbeiten als vorläufiges Material überweisen konnte. Schon ein flüchtiger Blick in das am 1. Januar 1900 abgeschlossene Werk Hovestadts zeigt, wie stark sich im weiteren Verlauf der 1890er Jahre die Zahl dieser in den verschiedensten Fachzeitschriften des In- und Auslandes veröffentlichten Monographien vermehrt hat. Bemerkenswert ist dabei übrigens, daß Hovestadt, als er sich (im August 1895) dazu entschlossen hatte, dieses Buch zu schreiben, durchaus nicht die Absicht gehabt hatte, sich auf die Jenaer Glasschmelzungen zu beschränken, nach Beendigung seiner Arbeit gleichwohl feststellen mußte: „Die Zahl der Untersuchungen, die sich auf Gläser anderen Ursprungs, aber von ebenso bestimmter Definition beziehen, ist indessen so gering, daß sie, trotz gleichmäßiger Berücksichtigung, doch einen nur unerheblichen Bruchteil des Ganzen ausmachen.“ Es liegt in der Natur der von Hovestadt benutzten Quellen, daß sie in der Regel über die an Jenaer Gläsern erzielten Forschungsergebnisse, weniger aber über den jeweiligen Beginn und zeitlichen Verlauf der betreffenden glaswissenschaftlichen und glastechnischen Arbeiten berichten, und zwar gilt dies ebenso wohl für die von Schott selbst als auch für die von ihm in Verbindung mit anderen Gelehrten oder wissenschaftlichtechnischen Instituten wie der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in den 1890er Jahren veröffentlichten Arbeiten. Hinzu kommt, daß die aus dem Glaswerk selbst hervorgegangenen Arbeiten zumeist erst dann veröffentlicht wurden, wenn die in ihnen behandelten Fortschritte in der Produktion des Glaswerks bereits ihren praktischtechnischen Niederschlag und geschäftlichen Patent- und Markenschutz erlangt hatten. Und schließlich darf auch nicht übersehen werden, daß die Großzügigkeit, mit der Schott, gestützt auf die unter seiner Führung erlangte wissenschaftlich-technische Überlegenheit des Glaswerks und seiner Erzeugnisse gegenüber der geschäftlichen Konkurrenz, die breite Öffentlichkeit an seinen glasschmelzerischen und glastechnischen Erfolgen teilnehmen ließ, in solchen – nicht gerade zahlreichen, aber doch grundlegend wichtigen – Fällen ihre natürliche Grenze fand, wo für das Glaswerk und seine verantwortliche Leitung die Wahrung eines auch – geschäftlichen Interesses in Frage kam. Selbst aus den erhalten gebliebenen werksinternen Quellen der 1890er Jahre, also besonders aus Schotts Schmelzungsbüchern und Arbeitsjournalen, ist in dieser letzteren Hinsicht nicht

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über alle entscheidend wichtigen Daten restlose Klarheit zu gewinnen, da Schott bei diesen persönlichen Aufzeichnungen mit besonderer Vorsicht zu verfahren pflegte. Einen zusammenfassenden Überblick über den Umfang und die Art der von Schott im Lauf der 1890er Jahre für optische Verwendungszwecke, insbesondere für das Mikroskop, die Photographie und das Fernrohr erschmolzenen Glastypen von teils verbesserter, teils neuartiger Zusammensetzung können wir gewinnen, wenn wir das vom Glaswerk zu Anfang des Jahres 1902 der praktischen Optik vorgelegte Produktions- und Preisverzeichnis über Optisches Glas mit dem ersten derartigen Verzeichnis vom Juli 1886 und dessen Ergänzung vom Sommer 1888 und vom Januar 1892 vergleichen. Als Schott das erste Produktionsverzeichnis vom Juli 1886 erscheinen ließ, hatten ihm zur Auswahl aus den bis dahin im technischen Maßstab erschmolzenen Typen optischen Glases erst insgesamt 244 Silikatgläser teils handelsüblicher, teils neuartiger Zusammensetzung sowie etwa 62 Spezialgläser, also Phosphat- und Boratgläser zur Verfügung gestanden. Unter den 44 in das Verzeichnis aufgenommenen Gläsern hatten sich 19 Typen von wesentlich neuartiger Zusammensetzung befunden. Als im August 1888 der erste Nachtrag erschien, hatte sich die Gesamtzahl der O.Schmelzungen bereits auf 627, die der S.-Schmelzungen auf etwa 162 Typen erhöht. Aus diesem Zugang wurden in den Nachtrag weitere 24 O.-Gläser, darunter 13 von neuartiger Zusammensetzung aufgenommen. Unter den letzteren wieder waren die neuen Barytleichtflint- und Borosilikatgläser für die Erhöhung der Lichtstärke von photographischen Objektiven und Feldstechern von großer Bedeutung. Als das Glaswerk den beiden früheren Verzeichnissen den zweiten Nachtrag vom Januar 1892 folgen ließ, war Schott mit seinen Schmelzungen von O.-Gläsern bereits bei einer Gesamtzahl von (mindestens) 1 209 und mit denen von S.-Gläsern bei einer solchen von (mindestens) 203 Typen angelangt. Aus diesem neuen Zugang wurden in den zweiten Nachtrag acht O.-Gläser aufgenommen, von denen sechs abermals neuartig zusammengesetzt waren und vorwiegend den gesteigerten Bedürfnissen der photographischen Optik dienen sollten. Bis zum Erscheinen des neuen Verzeichnisses vom Januar 1902 hatte sich die Gesamtzahl der Schmelzungen von O.-Glastypen abermals beträchtlich, und zwar auf mindestens 3 269 Sorten erhöht. Mit den Schmelzungen von S.-Gläsern dürfte Schott um dieselbe Zeit (mindestens) bei der Zahl 232 angelangt sein. Von den nunmehr vorliegenden (mindestens) 3 501 Typen wurden in das neue Verzeichnis der optischen Gläser 67 O.-Gläser und – als einziges S.-Glas – das Schwerste Silikat-Flint S. 228 (mit dem -Wert 21,7 und dem spezifischen Gewicht von 5.92) aufgenommen. Von diesen 68 Glastypen der neuen Liste entstammen der Betriebsperiode: 1. September 1884 – Juli 1886 25 O.-Gläser (davon 6 von neuer Zusammensetzung) Juli 1886 – August 1888 22 O.-Gläser (davon 13 von neuer Zusammensetzung) August 1888 – Januar 1892 7 O.-Gläser (davon 5 von neuer Zusammensetzung) Januar 1892 – Januar 1902 13 O.-Gläser (davon 11 von neuer Zusammensetzung) 1 S.-Glas (davon 1 von neuer Zusammensetzung) Zusammen waren das 68, davon 36 in neuer Zusammensetzung. Wie man aus dieser Zusammenstellung ersieht, waren in das Verzeichnis vom Januar 1902 von den 44 Glastypen (inkl. 19 neuartigen), die das älteste Produktionsverzeichnis

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enthalten hatte, nur 25 (inkl. 6 neuartigen) übernommen worden. Ebenso waren aus dem ersten Nachtrag vom August 1888, der 24 O.-Gläser (darunter 13 neuartige) enthalten hatte, nur 22 (darunter die 13 neuartigen) in das Verzeichnis vom Januar 1902 eingegangen. Aus dem Zugang bis Januar 1892 in Höhe von 8 O.-Gläsern (inkl. 6 neuartigen) hatten 7 (inkl. 5 neuartigen) in das Verzeichnis vom Januar 1902 Eingang gefunden. Von den 10 S.-Gläsern, die das Verzeichnis von 1886 enthalten hatte, waren die Sorten S.35, S.17 und S.10 wegen besonderer Schwierigkeiten in der Schmelzung und geringer Nachfrage schon bis August 1888 nicht mehr regelmäßig hergestellt worden. Von den übrigen 6, nämlich den Phosphat-Kron Gläsern S.40, S.30, S.15 sowie den leichten Boratkron S.52 und den Boratflinten S.8 und S.7 sowie dem schwersten Silikat-Flint, war in der Zusammenstellung vom Januar 1902 nichts mehr zu finden, während das erst in der Mitte der 1890er Jahre erschmolzene schwerste Silikat-Flint S.228, nunmehr nur noch als einziges S.-Glas in derselben figurierte. Wie oben bereits erwähnt worden ist, ergaben sich bereits um 1889 bei dem Versuch, die vorteilhaften optischen Eigenschaften, wie sie namentlich den von Schott in der S.-Reihe erschmolzenen Phosphat- und Boratgläsern eigentümlich waren, zur Vervollkommnung der photographischen und besonders der Fernrohrobjektive zu verwerten, solche Schwierigkeiten (z. B. bei der Herstellung von Glasscheiben größeren Durchmessers, bei der Bearbeitung, bei der Beseitigung von Spannungen und vor allem wegen der geringen Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkung von feuchter Luft), daß sich Schott genötigt sah, nach vielen Versuchen von den Phosphat- und Boratgläsern wieder zur Kieselsäure als Lösungsmittel zurückzukehren. Sehr aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang z. B. die folgende (zwar undatierte, aber sicher auf die Zeit zwischen dem Juni 1886 und dem Juli 1887 zu fixierende) Notiz in Schotts Arbeitsjournal: „Schmelzungen optischen Glases, die im großen Maßstabe für Carl Zeiss ausgeführt wurden, um zu Apochromat-Mikroskop Objektiven einige Phosphat- und Boratgläser durch gewöhnliche Gläser zu ersetzen Ohne Rücksicht auf das sekundäre Spektrum: 2185 Baryt-Leichtflint gut 2186 Baryt-Leichtflint gut 2187 Baryt-Kron mit hohem  (62) trübe, später wiederholt 2188 Borosilikat-Kron mit höchst erreichbarem  (66,6) 22... Wiederholt Baryt-Kron mit hohem , um Trübung zu vermeiden 2... Wiederholt Borosilikat-Kron, um höheres nD zu erreichen X.... / III Versuchshafen Lithium-Borosilikat-Kron Von diesen Gläsern ist ein Teil oder das Ganze an Selbstkosten von C.[arl] Zeiss zu ersetzen, wenn das Ergebnis für uns ohne Wert ist, dafür C.[arl] Z.[eiss] das produzierte Glas zu überlassen.“ So finden wir denn auch in denjenigen Teil des Preisverzeichnisses vom Januar 1902, der sich auf die vom Glaswerk lieferbaren Kron- und Flintglasscheiben für FernrohrObjektive aus gewöhnlichen Silikatgläsern bezieht, neben den erst zwischen Juli 1886 und August 1888 erschmolzenen Leichtflintsorten O.360, O.318 und O.569 der Kundschaft nach wie vor die Krongläser O.144, O.60, O.203 und die Flintgläser O.118, O.167, O.103 und O.93 angeboten, die ihr bereits im ersten Produktionsverzeichnis vom Juli 1886 in Form von Scheiben bis zu einem Durchmesser von 50 cm empfohlen worden waren, während die Krongläser O.225 (=S.232), S.40, S.30 und die Flintgläser O.252,

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S.8 und S.7, die noch 1886 als geeignet zur Herstellung von Fernrohrkonstruktionen mit wesentlich vermindertem sekundären Spektrum bezeichnet worden waren, nun in Wegfall gekommen sind. Zu Fernrohrkonstruktionen „mit fast aufgehobenen sekundären Spektrum“ werden statt ihrer nunmehr empfohlen: das (wohl erst zwischen 1897 und 1901 erschmolzene, wenn auch nicht ohne einige Blasen und Schlieren herstellbare) neue Fernrohrkron O.2388 und das um 1896 erschmolzene Fernrohrflint O.2001. Auch wurde in dem Verzeichnis erwähnt, daß man im Glaswerk nunmehr in der Lage sei, Fernrohrobjektivscheiben bis zu 1,25 m und darüber herzustellen. Waren der Kundschaft des Glaswerks schon im Produktionsverzeichnis vom Juli 1886 auch einige Sorten farbiger optischer Gläser (nämlich Didym-, Ceroxyd- und Uranoxyd-Phosphatglas) angeboten worden, so hatte auch diese Art von Gläsern in der Folgezeit bei Schotts Schmelzungen eine weitere, wenn auch zunächst nur gelegentliche Berücksichtigung erfahren. So findet sich z. B. in seinem Schmelzungsbuch III die vermutlich im Frühjahr 1891 in Verbindung mit 50 kg Normal-Thermometerglas unter Nr. 78/III angestellte Versuchsschmelzung von Goldrubin-Glas verzeichnet, der alsbald auch Versuche zur Darstellung von gelben, blauen, braunroten und grünen Glassorten, die zum Zeichnen von Röhren mit sogenannten Strichmarken dienen sollten, folgten. Wie das Produktionsverzeichnis vom Januar 1902 in einem besonderen Abschnitt „Farbige optische Gläser“ bemerkt, hatte sich der im Oktober 1897 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Jenaer Glaswerk eingetretene Dr. Richard Zsigmondy, mit dem Schott bereits seit dem Sommer 1892 in wissenschaftlicher Verbindung gestanden hatte, gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Carl Grebe die 18 Typen der nach Art des optischen Glases hergestellten Farbgläser, die er im Frühling des Jahres 1900 mit Schott teils in der Reihe der nicht-optischen Gläser, teils in der der optischen Gläser erschmolzen hatte, einer spektroskopischen und spektrographischen Untersuchung unterzogen, und das Ergebnis dieser Untersuchungen war im Heft 4 des Jahrgangs 1901 der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ von Zsigmondy unter dem Titel „Über Farbgläser für wissenschaftliche und technische Zwecke“ und von Grebe unter dem Titel „Über Jenaer Lichtfilter“ publiziert worden. Auch das purpurrote Goldrubinglas 459/III, mit dem diese Versuchsreihe ihren krönenden Abschluß gefunden hatte, wird in dem Verzeichnis vom Januar 1902 den Kunden des Glaswerks (zu einem Kilopreis von 100 Mark für die bearbeitete Platte) angeboten. Die wissenschaftlich-technische Bedeutung der vom Glaswerk im Januar 1902 veröffentlichten Liste optischer Gläser lag demnach für die praktische Optik darin, daß ihr nunmehr eine Reihe von nicht weniger als 68 teils schon früher gebräuchlichen, teils verbesserten oder neuartig zusammengesetzten, in jedem Einzelfall aber bereits praktisch erprobten und bewährten Kron- und Flintgläsern zur Verfügung gestellt wurde, die, vom größten Wert für  (= 66,5) zum kleinsten (= 21,7), also von der kleinsten relativen Dispersion zur größten fortschreitend und überdies mit Zahlenangaben über den jeder Glasart eigentümlichen Gang der Dispersion versehen, alle nötigen Anhaltspunkte zur Beurteilung der durch Kombination von je zwei Glasarten erreichbaren Farblosigkeit darbot. Wie während der 1890er Jahre durch immer neue Schmelzungen und spektrometrische Messungen, verbunden mit zusätzlichen Untersuchungen über alle optischen und sonstigen physikalischen und chemischen Eigenschaften der verschiedenen

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Glastypen von Schott, Abbe, Czapski und anderen Gelehrten und Praktikern dem mit diesem Verzeichnis erreichten Gesamtresultat weiter entgegengearbeitet worden ist, braucht hier umso weniger geschildert zu werden, als die in jenen Jahren ständig wachsende Bedeutung der aus dem Glaswerk hervorgegangenen optischen Gläser für die verschiedenen Hauptgebiete der optischen Praxis, also besonders für die Mikroskopie, die Photographie und das terrestrische und astronomische bzw. astrophotographische Fernrohr bereits eine eingehende Würdigung gefunden hat. Immerhin mag es gestattet sein, hier Hovestadts Darstellung durch einige z. T. erst neuerdings der betriebsgeschichtlichen Forschung zugänglich gewordenen Tatsachen zu ergänzen, die sich insbesondere auf die zunehmende Bedeutung der im Glaswerk hergestellten optischen Rohgläser für die praktische Verwendung in den Bezirken des Fernrohrs beziehen. Da sich diese Tatsachen durchweg auf einige teleskopische Meisterwerke beziehen, wie sie während der 1890er Jahre aus dem Zusammenwirken des Jenaer Glaswerks mit bedeutenden optischen Werkstätten, insbesondere mit den Firmen C. Bamberg – Berlin, C. A. Steinheil Söhne – München und Carl Zeiss – Jena hergestellt worden sind, und da die Entstehungsgeschichte dieser Instrumente durch ein mehrfaches Übereinandergreifen der für sie in Frage kommenden Herstellungsmethoden und Aufgaben gekennzeichnet ist, wollen wir uns für ihre Darstellung der nachfolgenden Zeittafeln bedienen, die sich zwar z. T. auf bereits bekannte Darstellungen, z. T. aber auch auf bisher unbekannt oder wenig beachtet gebliebenes Quellenmaterial stützt. Zum leichteren Verständnis der Zusammenstellung werden in ihr einige bereits oben erörterte, noch in die 1880er Jahre zurückweisende Daten wiederholt. 6. Dezember 1886: Die größten z. T. im Glaswerk vorhandenen Fernrohrobjektivscheiben haben etwa 28 cm Durchmesser. Im Bedarfsfall können in nicht allzu langer Zeit Scheiben bis zu jeder gewünschten Größe hergestellt werden. 2. Januar 1887: Schott sagt Steinheil seine Unterstützung bei einer von diesem geplanten großen viergliedrigen Fernrohrkonstruktion zu, wie überhaupt für alle von ihm beabsichtigten Versuche zur Verbesserung der Fernrohre nach der optischen oder photographisch-optischen Richtung. April 1887: Die u. a. von Prof. Hermann Carl Vogel – Potsdam und Dr. Steinheil – München besuchte Pariser Astronomen-Konferenz beschließt, daß alle an der Herstellung der großen photographischen Himmelskarte beteiligten Sternwarten nur noch photographische Refraktoren mit einer Öffnung von etwa 33 cm benutzen sollten. 3. März 1888: Prof. Wilhelm Foerster, Direktor der Sternwarte Berlin gründet die Berliner Gesellschaft „Urania“, ein Institut zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse. März 1888: Schott trifft Vorbereitungen zur Senkung quadratischer Glasplatten von 20 bis 35 cm Seitenlänge und 8 bis 10 cm Dicke. Desgleichen zur Herstellung von Objektivscheiben für ein durch C. Bamberg an die „Urania“ zu lieferndes Fernrohr von 30,5 cm Öffnung sowie zur Herstellung von Objektivscheiben für ein durch Steinheil an das Astrophysikalische Observatorium Potsdam zu lieferndes astrophotographisches Fernrohr von 33 cm Öffnung. September 1888: Die Scheiben für die Urania und für das Observatorium Potsdam werden im neuen, durch Schott wesentlich verbesserten Kühlapparat erstmalig gekühlt.

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Frühjahr 1889: Aufstellung des großen photographischen Refraktors mit dem 13,5zölligen photographischen und dem 9zölligen optischen Objektiv auf dem Potsdamer Observatorium 2. Juli 1889: Eröffnung der „Urania“ für das Publikum. Der Jahresbericht vom 31. März 1890 bezeichnet das 12zöllige große Fernrohr daselbst als „ausgezeichnet gelungen“. Okt. 1889: Prof. Vogel betreibt den Plan zur Errichtung eines gesonderten astronomischen Observatoriums auf dem Telegraphenberg zu Potsdam, das mit einem „Riesenfernrohr“ mit Objektivscheiben aus Jenaer Glas, von Steinheil bearbeitet, ausgestattet werden sollte. 10. Oktober 1889: Anfrage Steinheils an Schott, ob er die Lieferung der dazu etwa in Frage kommenden Objektivscheiben von 76,20 bzw. 63,50 cm übernehmen könne. Nov. 1889: Schott hält bei einer Lieferfrist von 1 Jahr Herstellung von Scheiben mit Durchmesser von 81 bzw. 68 cm für möglich. 15. Januar 1890: Entsprechender Antrag Vogels an das Preußische Kultusministerium unter Betonung, daß das Potsdamer Institut durch den großen photographischen Refraktor zwar wieder in die erste Linie der cölestischen Forschung eingerückt sei, daß es seine Stellung aber in bezug auf die spektroanalytische Untersuchung der Himmelskörper wegen des Fehlens eines genügend großen Instrumentes nicht mehr behaupten könne. 24. April 1890: Zustimmendes Gutachten der Preußischen Akademie der Wissenschaften 12. Juli 1890: Einsetzung einer ministeriellen Kommission zur Ausarbeitung des Projektes. Mitte Juli 1890: Besuch Schotts bei Steinheil in München. 11. November 1890: Schott an Steinheil, will die Vorbereitungen zur Anfertigung der Scheiben für das geplante Potsdamer Objektiv von 81 bzw. 68 cm in Angriff nehmen. Zur Abnahme soll Steinheil nur verpflichtet sein, wenn er den Auftrag erhält. 24. November 1890: Schott plant für 1891 mit Rücksicht auf den möglicher Weise zu erwartenden Auftrag zur Herstellung der für das Potsdamer Fernrohr von 82 oder 70 cm Durchmesser bestimmten Objektivscheiben eine bauliche Erweiterung des Glaswerks. 10. August 1891: Die Gesamtkosten des Potsdamer Projekts werden auf 750 000 Mark geschätzt, die nach dem Antrag der Ministerialkommission derart auf fünf Jahre verteilt werden sollen, daß in dem preußischen Staatshaushaltsplan 1892/93 100 000 Mark als erste Rate zur Beschaffung des großen Objektivs des Instruments eingesetzt werden sollen. 2. Oktober 1891: Die Budgetkommission lehnt den Antrag mit Rücksicht auf die angespannte Lage der preußischen Staatsfinanzen ab. 4. Juni 1892: Carl Bamberg verstorben. August/September 1892: Neubau des großen Kühlapparates im Glaswerk und Errichtung eines neuen Ausgießofens für große Objektivscheiben im Anbau der Glashütte. Herbst 1892: H. D. Taylor konstruiert für die englische Firma Cook & Sons in York ein dreiteiliges Fernrohr-Objektiv mit stark vermindertem sekundären Spektrum (Engl. Patentschrift 17 994 von 1893) aus den Jenaer Gläsern Borosilikatflint O.658 (erschmolzen: um 15. Oktober 1888), Barytleichtflint O.543 (erschmolzen Anfang 1888, Silikatkron O.347 (erschmolzen Anfang 1887).

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November 1892: Erneute Ablehnung des Potsdamer Refraktor-Projekts durch die Haushaltskommission des Preußischen Abgeordnetenhauses. 16. Mai 1893: Czapski an den Stiftungskommissar Rothe: „Einige Überlegungen, welche Schott und ich über eine über 20 Jahre alte ingeniöse Idee Abbes betr. Herstellung von Handfernrohren angestellt haben, führten zu so überraschenden Ergebnissen, daß ich mir das allerbeste davon verspreche. Wenn sie günstig ausfallen, können wir uns gratulieren und getrost einen Neubau beginnen“. 2. Oktober 1893: Erneute Ablehnung des Potsdamer Refraktor-Projekts durch die Haushaltskommission des Preußischen Abgeordnetenhauses 8. Oktober 1893: Bei der Optischen Werkstätte Carl Zeiss wird die Fabrikation von Feldstechern, Scherenfernrohren und Erdfernrohren allmählich in die Bahn der Fabrikation geleitet. Oktober 1893: Der Astronom Dr. Friedrich Simon Archenhold (1861-1939) von der Berliner Grunewald-Sternwarte besucht Schott und Abbe in Jena, um mit ihnen über ein von ihm betriebenes Projekt zur Herstellung eines auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung vom Mai 1896 zur Schau zu stellenden Riesenfernrohrs zu sprechen, das mit seinem vierlinsigen Objektiv von 125 cm freier Öffnung nach Aplanattypus sowohl das Größte als auch das lichtstärkste z. Zt. existierende Instrument dieser Art sein würde. Die in Jena herzustellenden Objektivscheiben sollen von Steinheil in München bearbeitet werden. Schott berechnet, daß er für eine Flintglasscheibe von 130 cm Durchmesser und 23 cm mittlerer Dicke 1 009 kg Flintglas benötigen würde, während mit den derzeitigen Schmelzhäfen nur 350 bis 400 kg zu erhalten sind; für eine Kronglasscheibe von 130 cm Durchmesser und 16 cm mittlerer Dicke würde er 530 kg Kronglas brauchen, während aus den größten derzeitigen Schmelzhäfen höchstens 250 bis 300 kg zu erzielen sind. Die Ausführung würde sehr kostspielige Neuanlagen in der Hütte erfordern, und die Scheiben würden in zwei Jahren kaum herzustellen bzw. zu bearbeiten sein. Auch die Finanzierung des Projektes ist noch völlig ungeklärt. 4. November 1893: Dr. Hugo Adolph Steinheil gestorben; Fortführung seiner Firma (C. A. Steinheil Söhne, München) durch seinen Sohn, Dr. Rudolf Steinheil (1865-1930). 27. November 1893: Abbe und Czapski sind z. Zt. stark beschäftigt mit der Frage der Patentierung für Abbes „Bildumdrehende Prismen-Kombination“. Das Patentamt hat festgestellt, daß hinsichtlich einer bildumkehrenden okularen Einrichtung beim Fernrohr nicht nur die Priorität des englischen Optikers Howard Grubb (1844-1931) vorliegt, sondern auch die des italienischen Ingenieurs Porro (1801-1875). Die von Abbe am 8. Juli 1893 angemeldete bildumkehrende Prismenkonstruktion für die Herstellung von Einzel- und Doppelfernrohren ist Abbe ermöglicht worden durch das von Schott erschmolzene, besonders helle und klare Borosilikat- und Barytglas. 30. November 1893: Abbe (in einem Schreiben an den Stiftungskommissar Karl Rothe) glaubt, daß durch den Wegfall der Patentfähigkeit der voraussichtlich gerade gangbarsten Konstruktion ihr Wert für die Zeiss‘sche Fabrikation nicht gemindert werden wird. Der Patentanspruch soll jedoch hinsichtlich der Scherenfernrohre und der telestereoskopischen Standfernrohre aufrecht erhalten bleiben. (Am 5. Juli 1894 wurde der Firma Zeiss das nachgesuchte Patent „Doppelfernrohr mit vergrößerndem Objektivabstand“ mit Wirkung vom 9. Juli 1893 erteilt.) Dadurch wurde die erhöhte Tiefenplastik

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für 15 Jahre geschützt, während die Bildaufrichtung durch die Prismen-Anordnung in dem nunmehrigen Zeiss‘schen Feldstecher ungeschützt blieb. Dez. 1893: Schott liefert an Steinheil eine 38 cm Objektivscheibe. 26. Januar 1894: Rudolf Steinheil teilt Schott mit, daß sich der Optiker Alvan Graham Clark (in Cambridgeport bei Boston U.S.A.) für die von Schott gelieferte 38 cm große Objektivscheibe sowie für eine bei Steinheil besichtigte Scheibe von 20,32 cm Durchmesser interessiert habe und wissen wolle, ob Schott für ihn auch Scheiben von 40’’ (= 101,6 cm) Durchmesser würde herstellen können. Clark wolle deswegen Schott in Jena besuchen. Auch erkundigte er sich, ob Dr. Archenhold wegen seines Projekts bereits mit Schott verhandelt habe. 29. Januar 1894: Schott antwortet Steinheil, daß er jetzt Scheiben bis zu 40’’ herzustellen in der Lage sei. – Mit Dr. Friedrich Simon Archenhold habe er vor einem Vierteljahr gesprochen, doch seien Scheiben in der von diesem geplanten Größe z. Zt. noch nicht möglich, denn das Gewicht der in Frage kommenden Flintscheibe würde 1 000 kg über das Doppelte des z. Zt. in Jena höchstens erreichbaren betragen und wäre ohne neue und sehr kostspielige Einrichtungen nicht zu erzielen. etwa März 1894: Schott z. Zt. unter anderem beschäftigt mit dem Guß einer 280 kg schweren Platte aus gewöhnlichem Kronglas von 9,5 cm Dicke. Die Scheibe mit einem Inhalt von 110 l wurde aus dem üblichen Hafen auf den eisernen Wagen ausgegossen. Ihr Rohdurchmesser soll 111 cm betragen. Schott ist weiterhin mit Transport- und Umlegevorrichtungen für große Objektivscheiben beschäftigt, z. B. bestellt er „Eisenbleche für große Objektivscheiben mit ausgegossenem Radius“, ferner „Transport- und Umlege-Vorrichtung für große Objektivscheiben“ nach einer von ihm entworfenen Zeichnung. 14. März 1894: Friedrich Simon Archenhold unterbreitet der Abteilung I der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt eine Denkschrift über die Beweggründe, die ihn veranlaßt haben, für die Ausstellung 1896 den Bau eines großen mit Objektiven aus Jenaer Glas auszustattenden astronomischen Fernrohrs vorzuschlagen. Dank dem Entgegenkommen von Schott und Abbe kann nunmehr in Jena in die Fabrikation von Scheiben von 44’’ (= 111,76 cm) eingetreten werden, sodaß der Objektiv-Durchmesser des Fernrohrs noch größer gehalten werden kann als der des Yerkes-Teleskops von 40’’ (= 101,60 cm) Durchmesser. 2. April 1894: Prof. Hermann Carl Vogel – Potsdam betont in einem an den Preußischen Kultusminister gerichteten Bericht erneut die Dringlichkeit der Beschaffung eines großen Fernrohrs für das Potsdamer Observatorium sowie eines Refraktorhauses für dasselbe. 21. April 1894: Der Preußische Kultusminister Dr. Bosse dankt dem Direktor der Berliner Sternwarte Prof. Dr. Wilhelm Foerster für den von ihm am 24. März eingereichten Bericht über die Aussichten betreffend das von Archenhold erstrebte große Fernrohr für photographisch-astronomische Aufnahmen und wünscht dem Gelingen des Planes guten Erfolg. Eine finanzielle Förderung desselben durch den Staat Preußen kann jedoch nicht zugesagt werden, da, sobald es die Lage der preußischen Staatsfinanzen erlaubt, die Förderung des Planes betreffend Herstellung eines Großen Refraktors für das Astrophysikalische Observatorium in Potsdam in den Vordergrund wird treten müssen.

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30. April 1894: Beginn der serienmäßigen Herstellung von Fernrohren bei der Optischen Werkstätte Carl Zeiss. 14. Mai 1894: Es ist Schott gelungen, durch eine neue Methode mehrere große Scheiben von ausreichender Dicke für die beiden Vorderlinsen des Objektivs des von Archenhold projektierten 44zölligen Fernrohrs herzustellen. 21. Juni 1894: Abbe sendet an die Stiftungsverwaltung der Carl Zeiss-Stiftung die ersten serienmäßig bei Zeiss hergestellten neuartigen Fernrohre, nämlich insgesamt neun Fernrohre, davon je zwei Stück der drei Nummern der Serie Feldstecher und je ein Stück Relieffernrohre. Weitere Exemplare von „Scheren“ sollen im Lauf der am 25. Juni beginnenden Woche hergestellt werden. Im Laufe des Juli soll mit verkaufsweiser Herausgabe der Fernrohre begonnen werden. Anfang Juli 1894: Schott notiert: Anfrage Archenhold, 50’’ (= 122,00 cm) Scheiben für ein lang-brennweitiges Fernrohr, Objektiv 127 cm Durchmesser (licht, 8 bis 9 cm Mittendicke): 30 000 M; Pointer 75 cm Durchmesser (licht, 6 bis 7 cm Mittendicke): 8 000 M; 30’’ (= 76,20 cm) Pointer; [ferner]: [Bestellung von] 2 bis 3 Eisenblechscheiben (rund) für das Auflegen der großen Scheiben im Kühlapparat. 26. August 1894: Prof. Wilhelm Foerster teilt dem Kultusministerium mit, daß in England in den allerwärmsten Ausdrücken vom Glasinstitut in Jena gesprochen wird und man dasselbe geradezu als Mittelpunkt und Heil der Präzisionsarbeit bezeichnet. Der leitende Optiker Sir Howard Grubb in Dublin hofft, aus gemeinsam mit Prof. Abbe eingeleiteten Untersuchungen eine große Vervollkommnung der Fernrohre hervorgehen zu sehen. 8. September 1894: Der Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, Prof. Dr. Hermann von Helmholtz verstorben. Sein Nachfolger (1895 bis 1. April 1905) und gleichzeitig Direktor der Abt. I der Reichsanstalt ist Prof. Dr. Friedrich Kohlrausch. 8. September 1894: Das Jenaer Glaswerk feiert die zehnjährige Wiederkehr seiner Betriebseröffnung (d. h. der ersten Schmelzung im Glaswerk vom 8. September 1884). vor dem 24. September 1894: Schott notiert, daß die Feinkühlung der 110 cm (= 44’’) Objektivscheiben (für das Archenholdsche Fernrohr) noch vor dem Wiederbeginn des Betriebs (d. h. vor dem 24. November 1894) stattfinden soll. Desgleichen merkt er für die 59 cm Scheibe, die für den amerikanischen Optiker Brashear bestimmt ist, die Feinkühlung vor. 30. September 1894: Dr. Schott, Dr. Steinheil und Archenhold suchen bei einer Zusammenkunft in Jena aus einer größeren Anzahl von anpolierten Linsen je eine Kronscheibe (leichtes Silikatkron O.114, Stärke 12 bis 14 cm, Gewicht 227 kg) und eine Flintscheibe (gewöhnliches Leichtflint O.340, Stärke 12 bis 14 cm, Gewicht 254 kg) für die beiden Vorderlinsen des zum Archenhold-Fernrohr bestimmten 44zölligen Objektivs aus. 2. Oktober 1894: Die Haushaltskommission des Preußischen Abgeordnetenhauses lehnt einen Antrag des Finanz- und des Kultusministers auf Einstellung einer ersten Rate von 250 000 Mark zum Bau des beabsichtigten Potsdamer Refraktors in den Haushaltsplan 1. April 1895/96 ab. 29. Oktober 1894: Schott will Steinheil sofort nach Öffnung des Ofens Mitteilung machen vom Ergebnis der Feinkühlung der großen Objektivscheiben.

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10. November 1894: Archenhold berichtet der Abt. I der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, daß die beiden großen, am 30. September ausgesuchten Vorderlinsen für das Objektiv des geplanten Fernrohrs inzwischen in Jena den letzten Kühlungsprozeß durchgemacht haben und daß auch die beiden kleineren hinteren Linsen aus dem gewöhnlichen Silikatkron O.203 (Gewicht 125 kg) und dem gewöhnlichen Leichtflint O.340 (Gewicht 94 kg) bereits von Schott in Angriff genommen worden sind. (Gesamtgewicht der vier Linsen 14 Ztr.). Bei Steinheil sind die nötigen baulichen Veränderungen und Herstellungen von Schleifmaschinen eingeleitet worden. Anfang Nov. 1894: Das Komitee für die Herstellung des Archenholdschen Fernrohrs (Vorsitzender Kommerzienrat Paul Dörffel) lädt durch Rundschreiben zur Beteiligung an der Finanzierung des Fernrohrs ein, das dem Staat zum halben Gestehungspreis zur Verfügung gestellt werden soll. Es bezieht sich auf eine beigefügte Befürwortung des Projekts durch das Mitglied der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt Prof. Dr. Otto Richard Lummer bzw. des verstorbenen Prof. Hermann von Helmholtz. Von den geschätzten Kosten von 500 000 Mark sollen 250 000 durch private Zeichnung, und 250 000 durch den preußischen Staat aufgebracht werden. Das Objektiv ähnelt einem photographischen Portraitobjektiv. 22. November 1894: Direktor Vogel an den Chef des Kaiserlich-Königlich Geheimen Kabinetts für die Zivilangelegenheiten Dr. Hermann von Lucanus. Erinnert an das vom Kaiser Wilhelm II. bei seinem Besuch vom 4. November 1892 bekundete Interesse für die Beschaffung eines großen Fernrohrs zu Potsdam. Er befürchtet, daß der Kaiser sein Interesse auf das Archenholdsche Projekt übertragen könnte, das nach seiner (Vogels) Meinung für die Wissenschaft ohne wesentliche Bedeutung ist. Er bittet von Lucanus, dem Kaiser entsprechenden Vortrag zu halten. 28. November 1894: Kommerzienrat Dörffel an Dr. von Lucanus: Teilt mit, daß eine Eingabe des Archenhold-Komitees mit allen nötigen Unterlagen über das Fernrohrprojekt dem Kultusminister Robert Bosse überreicht worden ist, und daß der Kaiser sich bereit erklärt hat, vielleicht privatim einen Beitrag von 50 000 Mark zur Förderung des Projekts zu leisten. Er bittet die Unterstützung des Projekts durch den Kaiser zu veranlassen. 19. Dezember 1894: Kultusminister Bosse ersucht die Preußische Akademie der Wissenschaften um eine gutachtliche Äußerung über den Archenholdschen Fernrohrplan. 16. bis 22. Dezember 1894: Schott hat im Kühlofen des Glaswerks (im Senkraum) z. Zt. große Leichtflintscheiben (O.340?). Er notiert von Tag zu Tag am Thermometer den Temperaturabfall von 362° (16. Dezember) bis 73° (22. Dezember). nach dem 24. Dezember 1894: Auf eine Anfrage des amerikanischen Optikers Brashear (vom 24. Dezember) betr. die Preise des Glaswerks für große Teleskopobjektive aus gewöhnlichem Kron- und Flint- oder Leichtflintglas teilt Schott mit, daß er z. Zt. eine Kron- und eine Leichtflintscheibe für einen Durchmesser von 125 cm in Arbeit hat, die in einem Jahre fertig sein werden. Das Glaswerk würde innerhalb von 1½ Jahren Lieferfrist Scheiben von 63,6 bis 93,3 cm Durchmesser mit einer Dicke von je 1/12 bis 1/13 des Durchmessers zum Preis von 6 000 bis 17 000 Mark liefern können und Scheiben von 106,6 bis 132,0 cm mit Lieferfrist von 1½ bis 2 Jahren für 24 000 bis 50 000 Mark. Die Linsen sind bis zu 32’’ (= 81,28 cm) frei von Schlieren und haben, im polarisierten Licht betrachtet, verhältnismäßig nur sehr wenig Spannung. Über 35’’ (= 88,90 cm) müs-

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sen vereinzelte feine Schlieren, die aber den Gebrauch der Linse nicht in nennenswertem Maße beeinflussen, zulässig sein. Dezember 1894: Dr. Glinzer (in Sitzungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Angewndte Chemie, XII, S. 750) schreibt u. a., daß im Jenaer Glaswerk jetzt „Kolossallinsen von etwa 1,4 m Durchmesser mit 7 bis 9 Ztr. Gewicht vermöge einer etwa 4 Wochen dauernden Feinkühlung hergestellt werden.“ Auch erwähnt er, daß das Schottsche ZinkSilikatglas (wie O.15) vorzüglich geeignet sei für die von der Firma Carl Zeiss jetzt in den Handel gebrachten Feldstecher und Relieffernrohre. 7. Januar 1895: Dr. Siegfried Czapski berichtet im Berliner Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes „Über neue Arten von Fernrohren, insbesondere für den Handgebrauch“, d. h. insbesondere über die neuen, von Abbe konstruierten und von Zeiss in den Handel gebrachten Doppelfernrohre (Prismen-Feldstecher) und Relieffernrohre. Er bemerkt dabei, daß von den etwa 100 verschiedenen im Jenaer Glaswerk regelmäßig hergestellten Glassorten den Anforderungen, die von den neuen Prismenfernrohren an die Durchsichtigkeit des Glases gestellt werden, nur zwei genügen und von diesen beiden auch nur eines (nämlich das am 13. Oktober 1884 erstmalig erschmolzene Zinkkronglas O.15) praktisch anwendbar ist, weil sich das andere nicht völlig frei von Bläschen herstellen läßt (gemeint ist das schwerste Baryt-Kron O.1209). 1. Oktober 1884 bis 30. September 1895: Umsatz an Feldstechern bei Carl Zeiss 187 000 Mark (1895/96: 350 000 Mark, 1896/97: 548 000 Mark). Dementsprechend gesteigerter Absatz von Rohglas hierzu beim Glaswerk 1894/95 und in den folgenden Jahren. 15. Februar 1895: Der Preußische Kultusminister empfiehlt, gestützt auf ein von ihm veranlaßtes Gutachten der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin vom 17. Januar 1895 dem Kaiser, das Gesuch des Archenhold-Komitees um staatliche Subventionierung durch 250 000 Mark abzulehnen und diesen Betrag lieber für das aus Mangel an staatlichen Mitteln bisher nicht zustande gekommene, jedoch im Interesse wichtiger astronomischer Forschungsaufgaben dringend notwendige große Instrument für das Astrophysikalische Observatorium in Potsdam bereitzustellen. 5. März 1895: Kaiser Wilhelm läßt Kultusminister Bosse durch den Kabinettschef von Lucanus ersuchen, das Gesuch betr. Subventionierung des Archenhold-Projekts abzulehnen, sowie über die Kosten des Potsdamer Projekts Bericht zu erstatten. 22. März 1895: Direktor Vogel berichtet und veranschlagt die Kosten des großen Instruments auf 270 000 Mark, darunter 99 000 Mark für die optischen Teile des Fernrohrs, die Baukosten aber auf 561 000 Mark, zusammen also 831 000 Mark. – Das Hauptinstrument in Potsdam ist z. Zt. noch der 1880 aufgestellte Refraktor von nur 12’’ Öffnung, das größte Fernrohr in Deutschland ist der 19zöllige Refraktor in Straßburg; Österreich besitzt einen solchen von 27’’, Rußland und Frankreich haben Instrumente von je 30’’ Öffnung. Um in Potsdam statt bisher 51 Objekten deren 3 bis 400 untersuchen zu können, wird ein Instrument von der Größe des 30’’-Refraktors von Pulkowa benötigt. Das Lick-Observatorium besitzt einen 36-Zöller und zur Zeit ist in USA noch ein größeres in Bau. Für Potsdam ist vorgesehen: ein Refraktor von 30’’ Öffnung und 50 Fuß Brennweite, für chemische Strahlen als achromatisch gedacht, daneben soll ein ebenso langes, aber nur 12’’ großes Fernrohr zur sicheren Pointierung der im Hauptrohr photographisch zu fixierenden Sterne dienen.

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3. April 1895: Dem Bericht Vogels entsprechender Vortrag des Kultusministers an den Kaiser und Vorschlag, daß statt der gleichzeitig abgelehnten, vom Archenhold-Komitee erbetenen Subvention in den Etat von 1896/97 eine erste Rate von insgesamt fünf Jahresraten eingestellt werden möchte. 11. April 1895: Der Kaiser, mit dem Vorschlag einverstanden, wünscht Reduzierung der vorgesehenen reinen Baukosten von 561 750 Mark auf nicht über 300 000 Mark. 2. Juli 1895: Die Baukosten für Potsdam werden auf 309 000 Mark reduziert. 15. Juli 1895: Das Archenhold-Komitee gibt Schott den förmlichen Auftrag zur Lieferung der beiden für das Archenhold [Denkmal] bestimmten Glasblöcke von 65 bis 75 cm Durchmesser unter Garantierung der optischen Qualität derselben zum Preis von 15 000 M. Die (offenbar bereits hergestellten) Glasblöcke sind der Firma Steinheil am 1. August 1895 zu übergeben. 6. August 1895: Die „Kreuzzeitung“ berichtet über die Fertigstellung des z. Zt. größten Teleskops der Erde für die von dem Privatmann Charles T. Yerkes in Chicago gestiftete neue Yerkes-Sternwarte am Lake Geneva, 120 km von Chicago. Das neue Instrument hat eine Öffnung von 102 cm (= 40’’) und einen Tubus von 19 m Länge. Das Objektiv übertrifft das des Lick-Refraktors noch um ein Viertel. Es ist in Paris gegossen, seine Herstellung hat vier Jahre gedauert, Kosten: 60 000 Dollar. Der Bearbeiter war der Optiker Alvan Graham Clark, der zu Anfang 1894 erklärt hat, er könne auch ein Objektiv von 150 cm Durchmesser schleifen (siehe Notiz vom 26. Januar 1894). 5. September 1895: Dr. Archenhold, Sternwarte Grunewald – Berlin, an Schott: Hat mit Dr. Max Pauly (1849-1917), damals in Brottewitz b. Mühlberg a.d. Elbe (Chemiker und Liebhaber-Astronom bzw. Astromechaniker) die „Spiegelangelegenheit“ besprochen, und Pauly ist einverstanden, daß die 125cm-Scheibe auf 80 cm reduziert wird. Archenhold bittet, nach Beendigung der Arbeit mitzuteilen, ob die Scheibe von Schott gut befunden ist, und wann sie in gut gekühltem Zustande nach Mühlberg gehen kann. 11. Oktober 1895: Schott notiert Zahlen betr. die kubische und lineare Ausdehnung der (Pointer) Gläser von 70 cm Durchmesser für das Archenholdsche Objektiv, nämlich: für das Kronglas (gewöhnliches Silikatkron O.203): 0.0000284 kubische Ausdehnung, 0.0000095 lineare Ausdehnung, für das Flintglas (Leichtflint O.340) 0.0000260 kubische Ausdehnung, 0.0000087 lineare Ausdehnung. Herbst 1895: Das Jenaer Glaswerk bringt auf die Berliner Ausstellung Objektivscheiben bis zu 125cm Durchmesser. 19. Januar 1896: Steinheil meldet an Schott, daß das große Objektiv für Archenhold im Rohbau fertig ist. Es fehlt nur noch an den letzten Genauigkeiten des Gestaltens einzelner Flächen. 10. März 1896: Das Preußische Abgeordnetenhaus bewilligt die Einstellung der ersten Rate für den Potsdamer Refraktor. Die Gesamtkosten sollen im Haushaltsplan wie folgt verteilt werden: für Montierung, Objektive und Nebenapparate: Gesamt-Jahresrate: 1. April 1896/97 68 000 Mark 80 000 Mark 1. April 1897/98 70 000 Mark 300 000 Mark 1. April 1898/99 81 250 Mark 275 000 Mark 1. April 1899/1900 50 750 Mark 50 750 Mark Insgesamt 705 750 Mark.

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Mai 1896: Schott erhält von Archenhold eine Ehrenkarte zur Besichtigung des „Riesenfernrohrs“ auf der Berliner Gewerbeausstellung im Treptower Park. Eröffnung in Gegenwart des Kaiserpaares. Juni 1896: Schott und Frau besuchen u. a. Dr. Archenhold, Neue Krug Allee 5/II, Berlin, fünf Minuten vom Fernrohrgebäude. Nach dem 19. Juni 1896: Schott notiert: Gewicht des Glasblocks Potsdamer Objektiv Kron 117 kg (noch etwas auszubohren); Flint 118 kg (noch etwas abzuschlagen); noch zwei Glasblöcke für Scheiben von 24 cm Durchmesser als Pointer. 1. Juli 1896: Liefervertrag Direktor Vogel – Potsdam mit Steinheil betr. Herstellung von Objektiven für einen auf dem Observatorium aufzustellenden Refraktor: a) Objektiv 80 cm Durchmesser Preis 66 000 Mark; b) Korrektionslinse dazu Dimension noch mit der Firma Repsold – Hamburg festzulegen Preis 1 200 Mark; c) Objektiv für das Leitfernrohr von 50 cm Durchmesser Preis 25 000 Mark; d) Sucher-Objektiv von 10 cm Öffnung Preis 380 Mark; e) Für das Leitfernrohr sechs, für den Sucher zwei Okulare Gesamtpreis 92 580 Mark. Lieferfrist: drei Jahre (also bis 31. August 1899, Genehmigung des Vertrags durch Ministerium: 31. August 1896 – Anzahlung 20 000 Mark binnen vier Wochen nach Vertragsabschluß; 20 000 Mark ein Jahr nach Abschluß; 26 000 Mark vier Wochen nach Vollendung der Instrumente und vorläufiger Prüfung in München durch Prof. Auwers und Vogel; 26 580 Mark nach einer binnen drei Monaten nach Ablieferung durch dieselben in Potsdam vorzunehmenden eingehenderen Prüfung. Das 80 cmObjektiv soll für die chemisch wirksamen Strahlen ähnlich dem 1889 gelieferten 13zölligen Objektiv achromatisiert werden. 1. August 1896: Schott bestätigt Steinheil den entgültigen Auftrag für die Herstellung von vier großen Objektivscheiben (für Potsdam?). Diese sollen um die Mitte des Septembers, bei Wiederaufnahme des Jenaer Betriebs, beschleunigt angefertigt werden. 4. August 1896: Schott stellt Steinheil in Rechnung: 1 Scheibe Borosilikat-Kron O.1651 (= O.144), 34 cm Durchmesser, 4,2 cm dick (mit Prismenstück) 700 Mark, 1 Scheibe Gewöhnliches Silikat-Flint O.609 (= O.118), 34 cm Durchmesser 3,8 cm dick (mit Prismenstück) 700 Mark. 13. August 1896: Abbe berichtet in der 1. Sitzung des VII. Deutschen Machanikertages zu Berlin im Anschluß an das auf der Ausstellung vorgeführte über die neueren Fortschritte in der Jenaer Glasfabrikation u. a. auch über die Anfertigung der Glasstücke zu großen Linsen: „Allgemein verbreitet ist die Ansicht, daß man große Glasscheiben für optische Zwecke nach Art der Spiegelglasfabrikation durch Gießen herstelle. Gerade dieser Weg war wegen der hohen in Betracht kommenden Ansprüche an die Homogenität der Masse bisher ungangbar, weil beim Ausgießen in Anbetracht der hohen Temperatur durch Verdampfung, chemische Vorgänge, Vermischung des Hafeninhalts mit der Hafensubstanz die Entstehung eines unhomogenen Gemenges zu befürchten war. Man ließ vielmehr den Hafen möglichst rasch erkalten, wobei sein Inhalt in verschieden große Stücke zersprang, von denen die inneren gewöhnlich genügend homogen waren. Ein solches Stück wurde nun in eine Formschale gebracht, in der es erweicht, aber nicht geschmolzen wurde, und wenn es ungefähr die Form einer Linse angenommen hatte, ließ man es langsam erkalten. Ein anderer Weg erwies sich erst als notwendig, als für das Archenholdsche Fernrohr die Anfertigung außerordentlich großer Glasstücke gefordert wurde. Man griff daher auf die Technik der Spiegelglasfabrikation zurück und gießt nun

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die Glasstücke für sehr große Linsen in gußeisernen Formen, verwendet dabei jedoch nicht den ganzen Hafeninhalt, sondern nur etwa die durch besondere Manipulation der Mitte des Hafens entnommene Hälfte. Kann auch nicht bei jeder Schmelzung ein brauchbares Ergebnis erwartet werden, darf man auf Grund der gewonnenen Erfahrung und Schulung doch eines Erfolges unter mehreren Versuchen sicher sein. Eine Grenze für die Größe der Linse gibt es nicht mehr. Will man eine brauchbare Masse von z. B. 1 000 kg haben, bedarf es nur eines Hafens von 2 000 kg Inhalt und der maschinellen Vorrichtungen, um ihn handhaben zu können.“ 2. Oktober 1896: Schott teilt Steinheil mit, daß in ca. 14 Tagen die Blöcke für das Potsdamer Objektiv ramolliert werden sollen. Steinheil wird gebeten, sie selbst in Jena zu besichtigen. Steinheils Besuch erfolgt am 20. Oktober. Nov. 1896: Vogel berichtet in den Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Mitteilungen der Berliner Akademie der Wissenschaften über „Die Lichtabsorption als maßgebender Faktor bei der Wahl der Dimension des Objektivs für den großen Refraktor des Potsdamer Observatoriums“: „Hiernach wurde das Objektiv für die chemisch wirksamsten Strahlen achromatisiert und das große Instrument wurde mit einem Leitfernrohr von gleicher Brennweite versehen. Die Öffnung des Objektivs wurde auf 80 cm festgesetzt, womit es das größte Europas wurde. Das Leitfernrohr von 50 cm Öffnung wurde auf 15 m Brennweite bemessen. Mit diesen Abmessungen stellte es ein sehr wirksames Beobachtungsinstrument dar und übertraf alle vorher in Deutschland gebauten Instrumente. Die Ausführung erfolgte durch Steinheil, unter Verwendung der Schottschen Glasarten (Platten): a) für das Objektiv: Leichtflint O.340 (= O.64) (Dicke der Platte 14,8 cm) Silikat-Kron O.203 (= O.13) (Dicke der Platte 14,15 cm); b) für die zugehörigen Spektralapparate wurden verwendet: Schweres Silikat-Flint O.102 (= O.38) (Dicke der Platte 10,00 cm) Gewöhnliches Silikat-Flint O.93 (= O.37) Dicke der Platte 11,48 cm) SilikatKron O.598 (= O.37) (Dicke der Platte 10,25). 14. Dezember 1896: Schott teilt Steinheil mit, daß die großen Scheiben für das Potsdamer Objektiv gut aus dem Ramollierofen gekommen sind. 1. April 1897: Inbetriebnahme der Astonomischen Abteilung bei Carl Zeiss unter Leitung des nach Jena berufenen (oben genannten) Dr. Max Pauly, der am 9. Juli daselbst Prokura erhielt. 9. Juni 1897: Alvan Graham Clark – berühmter Amerikanischer Teleskoplinsenschleifer – verstorben in Cambridge (Massachusetts); geboren 1832 zu Fall River (Massachusetts) als Sohn des ebenfalls berühmten Begründers der Firma Alvan Clark & Sons zu Cambridgsport Alvan Clark (1804-1887), hatte schon 1872 den 27zölligen Refraktor von Washington geliefert, der die beiden Marsmonde ans Licht brachte, 1888 den 36zölligen Refraktor der Lick-Sternwarte, der den fünften Jupitermond zeigte und 1896 den 40zölligen Refraktor der Yerkes-Sternwarte bei Chicago (siehe oben) Juni 1897: Schott notiert: Große Objektivscheiben für Potsdam fertig – Durchmesser 84/85 cm; Gewicht: Flint (ungeschliffen) 172 kg des Glases O.2049, Kron 117 kg des Glases O.1849, Preis: 37 000 Mark alle vier Scheiben (einschließlich zwei kleinerer Pointer – zwei Pointerscheiben 5,3 cm Durchmesser Kron O.1821, Flint O.530. Anfang Sept. 1898: September trifft im Astrophysikalischen Observatorium zu Heidelberg ein bei Zeiss von Pauly aus den neuen Schottschen Gläsern Fernrohrflint (O.2001!) und Fernrohrkron (O.2388?) konstruiertes zweiteiliges Objektiv ein, über das

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Prof. Maximilian Wolf in der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ Januar 1899, S. 2 u. a. schreibt: „Das Objektiv ist mit allen dreien (nämlich den gleichzeitig geprüften von Fraunhofer, Grubb und Clark) gar nicht vergleichbar; es überflügelt sie so weit, daß praktisch bei ihm alle visuellen Strahlen in eine Ebene zusammenfallen.“ „Überraschend schon war das völlig farblose Bild von Mondkratern und Sonnenflecken (bei 825facher Vergrößerung).“ Es hatte einen freien Durchmesser von 21,2 cm und eine Brennweite von 44,5 cm. Mai 1899: In einem in der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ (Septemberheft 1899, S. 177 ff.) veröffentlichten Aufsatz „Farbenkorrektion und sphärische Aberration bei Fernrohrobjektiven“ macht Dr. Rudolf Steinheil – München bei Besprechung der vergleichenden Prüfung von zwei Königsberger Heliometer-Objektiven und einem zweilinsigen Objektiv aus den neuen von Schott & Gen. in Jena hergestellten Gläsern, die das sekundäre Spektrum zu vermindern erlauben, darauf aufmerksam, daß Prof. Maximilian Wolf – Heidelberg in seinem Aufsatz vom Anfang September 1898 dem Konstrukteur des dort von ihm besprochenen Fernrohrobjektivs mit verbesserter Farbenkonstruktion, Dr. Max Pauly, ein Verdienst zugesprochen hat, das man in Wirklichkeit als ein solches von Dr. Otto Schott bezeichnen muß. („Ich bin mit Herrn Dr. Wolf nicht einverstanden, wenn er a. a. O. S. 2 sagt, daß durch Herrn Dr. Pauly ein bedeutender Fortschritt gemacht worden ist. Der Fortschritt ist durch Herrn Dr. Schott gemacht, denn er liegt in den Gläsern. Jeder Optiker, welcher aus denselben auf dem gewöhnlichen Weg ein achromatisches Objektiv herstellt, erzielt ein in Bezug auf Farben gleich gutes Objektiv, wie das von Dr. Pauly hergestellte […].“) 6. Juni 1899: Die für den großen Refraktor zu Potsdam bestimmten Linsen Steinheils aus Jenaer Glas treffen aus München in Potsdam ein und werden auf ihre optische Leistung bereits am 7. Juni im Beisein von Vogel, Schreiner, Repsold und Steinheil geprüft. Die Prüfung ergibt für das optische 50 cm-Objektiv ein allseitig sehr günstiges Urteil. Auch am photographischen Objektiv von 80 cm zeigen sich die Sternbilder sehr regelmäßig und lichtstark. Die erneute Prüfung am 8. Juni mit dem Spektroskop ergibt, daß die Achromatisierung den gewünschten Bestimmungen entspricht. Die Brennweite des optischen 50 cm-Objektivs ist innerhalb der kontraktlich festgesetzten Grenzen. Wegen Fertigstellung des Kuppelbaues kann die Prüfung erst am 12. Juni fortgesetzt werden. An diesem Tag ergibt sich, daß auch die Korrektionslinse von 18 cm Durchmesser, die das chemisch achromatisierte 80 cm-Objektiv in ein optisches verwandeln soll, vollkommen funktioniert. So kann die Übergabe der Objektive stattfinden. Die speziellere Untersuchung findet erst in den Monaten September bis November 1899 statt. Sie ergibt beim 80 cm-Objektiv Abweichungen, die in den bei großen Linsen stets ungleichen Dichtigkeitsverhältnissen nicht zu vermeiden sind. Bis Mai 1900 läßt Steinheil diese Ungleichheiten durch Nachpolieren in Potsdam beseitigen. Das optische Objektiv von 50 cm Öffnung zeigt vorzügliche Vereinigung der Strahlen mit Ausschluß einer Randzone von 4,5 cm Breite. Die dazu nötigen Nacharbeiten bei beiden Objektiven können nur in München ausgeführt werden. Doch wird am 7. Juli 1900 beschlossen, diese Nachbearbeitung erst nach Jahresfrist vornehmen zu lassen, inzwischen aber an Steinheil eine Anzahlung von 16 580 Mark zu leisten. In drei Monaten nach Rücklieferung der Objektive soll er, befriedigendes Prüfungsergebnis vorausgesetzt, die restlichen 10 000 Mark erhalten. So der Bericht von Auwers und Vogel vom 7. Juli 1900.

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26. August 1899: Einweihung des neuen Kuppelbaues und des großen Refraktors des Königlich Astrophysikalischen Observatoriums auf dem Telegraphenberg bei Potsdam in Gegenwart des Kaisers, des Kultusministers Dr. Bosse und (u. a.) von Dr. Johann Adolf Repsold – Hamburg und Dr. Rudolf Steinheil München. Abbe und Schott pflegten an derartigen repräsentativen Feierlichkeiten nicht teilzunehmen, daher ist ihre Abwesenheit erklärlich. Sept. 1899: Dr. H. Harting veröffentlicht als Mitteilung aus der optischen Werkstätte von Carl Zeiss in der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ (1899 Septemberheft, S. 269 ff.) eine im Juli 1899 abgeschlossene Arbeit „Über ein astrophotographisches Objektiv mit beträchtlich vermindertem sekundärem Spektrum“, in dem er davon ausgeht, daß lt. der Preisliste von Carl Zeiss über astronomische Objektive und Instrumente es dem Glaswerk Schott & Gen. gelungen ist, zwei hinsichtlich ihrer Haltbarkeit praktisch erprobte Silikatgläser herzustellen, die so außergewöhnlich proportionalen Gang der partiellen Dispersion zeigen, daß das sekundäre Spektrum, soweit es für das Auge in Betracht kommt, gänzlich beseitigt, für die Zwecke der Astrophotographie bedeutend vermindert ist. Anschließend an die mit Fernrohrobjektiven aus diesen Gläsern erzielten ausgezeichneten Resultate (vgl. oben: 1898, Anfang September) hat nun Harting aus diesen neuen Schottschen Gläsern ein in erster Linie für die Präzisionsphotographie bestimmtes astrophotographisches Objektiv berechnet, das nach dem Typus der Aplanate aus zwei ziemlich weit von einander stehenden, verkitteten Linsenpaaren zusammengesetzt ist. Brennweite des Objektivs: etwa 1 100 mm, Öffnung 111 mm. Nach Photographien, die Prof. Maximilian Wolf – Heidelberg hergestellt hat, liefert dieses apochromatische Aplanat außerordentlich schöne Bilder und arbeitet infolge der teilweisen Beseitigung des sekundären Spektrums weitaus mehr Einzelheiten aus als die jetzt im Gebrauch befindlichen Objektive. Auch auf dem Gebiet der Fabrikation von Röhren aus dem erstmalig am 13. November 1884 von Schott im technischen Maßstab erschmolzenen Normalglas 16/III und dem im Sommer 1889 erschmolzenen, jedoch erst 1891 in den Handel gebrachten Borosilikatglas 59/III, über das Schott, wie oben erwähnt, der Öffentlichkeit erstmalig in seiner am 25. Juli 1891 abgeschlossenen und in der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ im September 1891 publizierten Studie „Über einige physikalische Eigenschaften von Gläsern und über ein neues wertvolles Glas für die Thermometrie“ berichtet hatte, wurden im weiteren Verlauf der 1890er Jahre die wissenschaftlichen und technischen Arbeiten erfolgreich weitergeführt. In einem vom Glaswerk im März 1901 veröffentlichten Preisverzeichnis (Nr. 228) werden die genannten beiden Glassorten, aus denen nun nicht mehr nur ärztliche, sondern auch chemische Thermometer sowie andere feinere wissenschaftliche Instrumente wie Barometer, Hygrometer, Alkoholometer, Libellen u. a. hergestellt werden, wie folgt beschrieben: „Wir stellen außerdem (d. h. außer dem Jenaer Geräteglas und anderen Röhrengläsern) Röhren her aus: Jenaischem Normal-Thermometerglas 16/III, einem widerstandsfähigen, für die Thermometrie wichtigen Glases, welches die periodischen Veränderungen des Nullpunktes bis auf sehr geringe Reste beseitigt. (Eingetragene Schutzmarke: einroter Streifen). Borosilikat-Thermometerglas 59/III, einem Glase, welches in Folge seiner Schwerflüssigkeit die Messung sehr hoher Temperaturen (über 500°) gestattet. Noch geringere thermische Nachwirkung als Normalglas. Kubischer Ausdeh-

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nungskoeffizient für 1°C nur 0,0000177 (Näheres über dieses Glas siehe Zeitschrift für Instrumentenkunde, 1891, S. 330) […].“ Über die zunehmende Bedeutung, welche die in diesem Verzeichnis aus geschäftlichen Gründen besonders hervorgehobenen Glasarten für die Thermometrie und andere Zweige der glasverarbeitenden Feintechnik im Laufe der 1890er Jahre gewonnen hatten, orientieren uns – außer dem auch in dieser Hinsicht grundlegenden Werk von Hovestadt und den zu Hovestadts Zeit noch werksintern gebliebenen Unterlagen – vor allem die von der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt an den Deutschen Reichstag erstatteten Tätigkeitsberichte, da die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit des Glaswerks mit diesem Institut auf den genannten Gebieten und zu der hier in Frage kommenden Zeit in gleicher Weise wie in den früheren Jahren fortgesetzt wurde. Zum Beispiel wurde in dem im November 1892 herausgegebenen Bericht der Reichsanstalt über ihre Tätigkeit in den beiden Jahren 1891 und 1892 darauf hingewiesen, daß während dieser Zeit neben 50 000 von der unter der Kontrolle der Reichsanstalt stehenden Großherzoglich-Sächsischen Prüfungsanstalt für Thermometer in Ilmenau geprüften Thermometern von der Reichsanstalt selbst weit über 19 000 ärztliche, also durchweg aus dem Jenaer Normalglas 16/III gefertigte Thermometer geprüft worden seien. An Thermometern für wissenschaftliche und technische Zwecke, für die ebenfalls nur das Jenaer Normalglas hatte in Betracht kommen können, seien etwa 1 900 in Berlin geprüft worden, darunter 600 für chemische Zwecke und eine Anzahl von Siedethermometern, deren Benutzung zu Höhenmessungen und zur Kontrolle der Aneroidbarometer in Folge der Verwendung des Jenaer Glases 18/III immer allgemeiner geworden sei. Zu weiterer Verbesserung des Thermometerglases habe das Jenaer Glastechnische Laboratorium neuerdings die Glassorten 59/III und 122/III komponiert, welche den höchsten an solche Gläser zu stellenden Anforderungen genügten. Beide Sorten eigneten sich wegen ihrer großen Härte vorzüglich zur Herstellung hochgradiger Thermometer. Man könne aus 59/III Thermometer mit ganz gleichmäßiger Einteilung herstellen, die fast genau mit dem Luftthermometer übereinstimmten, und aus 122/III solche, die fast ganz frei seien von der nach vorheriger Erwärmung eingetretenen Veränderung des Eispunktes. Habe schon das Glas 16/III die Verwendung der aus ihm hergestellten Quecksilberthermometer bis 450° gestattet, so sei die Sorte 59/III noch zu genaueren Temperaturmessungen bis 550° brauchbar. Nach Dr. Otto Schotts Vorgang sei am oberen Kapillaren-Ende eine größere, mit einem auf 20 Atmosphären komprimierten Gas gefüllte Erweiterung angebracht, die ein Sieden des Quecksilbers unter 550° verhindere. Durch Benutzung der käuflichen Kohlensäure sei es möglich geworden, solche hochgradige Thermometer in großem Maßstabe herzustellen. Auch die Schwierigkeiten, die sich bisher der Herstellung störungsfreier Libellen entgegengestellt hätten, könnten nunmehr, nachdem in der Reichsanstalt die Ursachen dieser Störungen aufgedeckt worden seien und man sich der Beschaffung eines nach Zusammensetzung und äußere Form geeigneten Röhrenmaterials zugewandt habe, durch das Entgegenkommen des Glastechnischen Laboratoriums von Schott & Gen. als beseitigt angesehen werden. Auch in dem Bericht der Reichsanstalt über die Zeit vom Anfang des Jahres 1893 bis Ostern 1895 ist dem Aufschwung, den die Thermometerfabrikation durch das Jenaer Thermometer-Normalglas weiterhin erfahren hatte, wieder breiter Raum gewidmet. Von der Reichsanstalt sind, so wird hervorgehoben, in der Berichtszeit nahezu 50 000 Ther-

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mometer (darunter 22 000 für ärztliche, 3 000 für wissenschaftliche und technische Zwecke) geprüft worden. In Ilmenau sind seit dem Bestehen der dort bestehenden, von der Reichsanstalt kontrollierten Prüfungsanstalt nunmehr 140 000 Prüfungsscheine, darunter 10 000 Stück in fremden Sprachen, ausgestellt worden. Unter den geprüften Thermometern befanden sich etwa 230 Stück hochgradige, bis 450° oder 550° reichende Instrumente, die zum größten Teil aus dem im Jenaer Glaswerk fabrizierten, schwer schmelzbaren Borosilikatglas 59/III hergestellt und oberhalb des Quecksilbers – nach einem von A. Mahlke angegebenen Verfahren – mit Kohlensäure von hoher Spannung gefüllt worden. Dabei habe man einen von Dr. Schott angegebenen Kunstgriff benutzt, der darin bestehe, durch flüssig gemachten und alsdann schnell erkalteten Schellack einen vorläufigen Verschluß der Thermometer zu erzielen und dadurch ihre endgültige Verarbeitung vor der Lampe zu ermöglichen. Diese hochgradigen Thermometer erfreuten sich nunmehr einer weitgehenden Benutzung in Laboratorien und technischen Betrieben. Außer dem für bessere Thermometer meist gebrauchten Glas 16/III und dem sehr harten neuen Glas 59/III kämen für die praktische Thermometrie auch das durch außerordentlich geringe Nachwirkung ausgezeichnete alkalifreie Jenaer Glas 122/III und das von Greiner & Friedrichs in Stützerbach hergestellte Resistenzglas in Betracht. Aus den drei letzteren Sorten seien in der Reichsanstalt Thermometer hergestellt und an das Luftthermometer angeschlossen worden. So sei man imstande, in gleicher Weise wie bisher für Thermometer aus Jenaer Glas 16/III die Korrekturen für Thermometer aus den genannten Glassorten bloß durch Kalibrierung und Bestimmung der Fundamentalpunkte festzulegen, was für die vielfache Benutzung dieser Glassorten wichtig sei. In dem nächstfolgenden Bericht der Reichsanstalt über ihre Tätigkeit vom 1. April 1895 bis 1. Februar 1896 (Zeitschrift für Instrumentenkunde, XVI, 1896, S. 203 ff. und 233 ff.) wird u. a. erwähnt, daß die Steigerung der zur Prüfung eingereichten Thermometer zur Messung von Temperaturen von 359° bis 550° gegenüber dem Vorjahr 16% betragen habe und daß die früheren Untersuchungen der Thermometer aus den Jenaer Gläsern 59/III und 122/III sowie aus dem Greiner & Friedrichsschen Resistenzglas bezüglich der Reduktionswerte auf das Gasthermometer durch den Mitarbeiter der Anstalt Fr. Grützmacher abgeschlossen worden seien. Die für das Glas 59/III gefundenen Werte könnten mit großer Genauigkeit bis 200° nunmehr als gesichert gelten, ebenso wie die von Wiebe und Böttcher für Quecksilberthermometer aus Glas 16/III ermittelten Gasreduktionen. Wegen der Anfertigung zur Herstellung der Skalen hochgradiger Thermometer aus dem Glas 59/III seien den Fabrikanten die von A. Mahlke ausgearbeiteten Anweisungen gegeben worden. Auch in dem Bericht der Reichsanstalt über ihre Tätigkeit vom 1. Februar 1896 bis zum 31. Januar 1897 (Zeitschrift für Instrumentenkunde XVII, 1897, S. 140 ff. und 172 ff.) wird erwähnt, daß man mit den aus dem Glas 59/III hergestellten Thermometern des Temperaturintervalls von 300° bis 500° in wiederholten Versuchsreihen von 10° zu 10° eine Vergleichung mit den direkt an das Luftthermometer angeschlossenen Niehlsschen Stabthermometern vorgenommen habe, und in dem anschließenden Bericht über die Zeit vom 1. Februar 1897 bis zum 31. Januar 1898 (Zeitschrift für Instrumentenkunde, XVIII, 1898, S. 138 ff. und 181) ist zu lesen, daß die Abteilung I der Reichsanstalt gemeinsam mit ihrer Abteilung II eine neue Vergleichung des Thermoelements und der hochgradigen Quecksilberthermometer mit dem Gasthermometer begonnen und diese Versuche mit Hilfe eines Salpeterbades zunächst bis 550°

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ausgedehnt habe; das Gefäß des Gasthermometers habe aus dem Glas 59/III bestanden und sei mit Wasserstoff gefüllt worden. Über den Abschluß dieser danach noch über 550° ausgedehnten Versuche wird im Anschlußbericht über die Zeit vom 1. Februar 1898 bis 31. Januar 1899 (Zeitschrift für Instrumentenkunde, XIX, 1899, S. 206 und 240 ff.) nähere Mitteilung gemacht und außerdem bemerkt, daß man eine Anzahl von der Firma W. Niehls zur Prüfung eingereichter Thermometer aus Jenaer Verbrennungsröhrenglas auf ihre Brauchbarkeitsgrenze untersucht habe. Dabei habe man festgestellt, daß sich die Gefäße erst bei 575° merklich auszuweiten begonnen hätten, sodaß sich also diese Thermometer in noch höheren Temperaturen als brauchbar erwiesen hätten als die aus dem Borosilikatglas 59/III hergestellten. Es liegt in der Natur der Tätigkeitsberichte und fortlaufenden wissenschaftlichen und technischen Veröffentlichungen der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, daß sie uns zwar die von Schott und seinen Mitarbeitern auf dem Gebiet der Thermometrie jeweils erzielten Fortschritte erkennen lassen, uns aber nur selten tieferen Einblick in die Art und Weise geben können, wie sie erreicht worden sind. In dieser letzteren Hinsicht sind Schotts Schmelzungsbücher und die glücklicherweise erhalten gebliebenen Arbeitsjournale, in die er fortlaufend, wenn auch oft nur in kurzen Stichworten, die ihn jeweils beschäftigenden erfinderischen Einfälle, Beobachtungen, Versuche und Versuchspläne usw. eingetragen hat, ungemein aufschlußreich und würden es noch heute verdienen, zum Gegenstand einer besonderen und erschöpfenden werksgeschichtlichen Untersuchung gemacht zu werden. Oft genug lassen sie erkennen, wie ihn eine bestimmte erfinderische Idee Jahre hindurch beschäftige, und wie er von Zeit zu Zeit immer wieder auf sie zurückkam, um sie durch wiederholte Schmelzungen und Laboratoriumsversuche der praktischen Verwirklichung entgegenzuführen, ohne sich von der Erreichung seines Ziels durch Mißerfolge oder nur teilweise geglückte Versuche abschrecken zu lassen. Aus der Vielzahl der hier in Betracht kommenden Beispiele sei hier nur eines herausgegriffen. Bekannt ist z. B., wie Schott, um die Depression des Eispunktes, die beim Glas 16/III 0,04, bei 59/III 0,03 betragen hatte, auch für höhere Temperaturen möglichst ganz zu beseitigen, ein Glas von kleiner Nachwirkung mit einem bestimmten Volumen eines Glases von großer Nachwirkung kombiniert hat. Uns zwar benutzte er als Kompensationsglas zum Normalglas 16/III das 1896 erschmolzene Glas 335/III, das im Ausdehnungskoeffizienten mit dem von 16/III (= 0,0000244) übereinstimmte, jedoch nach dem Erhitzen auf 100° eine Depression von 0,22° zeigte. Aus angestellten Versuchen ergab sich nun, daß, sofern das Volumen des Kompensationsglases 1/8 bis 1/10 des Normalglasgefäßes betrug, der Eispunkt im Intervall 0° bis 100° auf 0,003° C konstant blieb und daß, nach Erhitzen auf 300° die Nullpunktänderung höchstens 0,02° C betrug. Für die zeitliche Fixierung diese Verfahrens gewinnen wir einen Anhaltspunkt durch einen vom Glaswerk unter dem 1. September 1897 an den Direktor Dr. Ernst Hagen der Abteilung II der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt gerichteten Brief, in dem das Glaswerk die ihm von der Reichsanstalt mitgeteilten Werte über außergewöhnlich hohe und außergewöhnlich niedrige Depressionen des Normalglases dadurch zu erklären suchte, daß die betreffenden, der Reichsanstalt zur Prüfung eingereichten Thermometer nach dem Aufblasen vor der Lampe nicht noch einen vollkommenen Kühlprozeß durchgemacht hätten. Weiter heißt es dann in diesem Brief: „Bei dieser Gelegenheit möchten wir der Reichsanstalt die Mitteilung machen, daß voraussichtlich im Septem-

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berheft der ‚Zeitschrift für Instrumentenkunde‘ eine Abhandlung von Herrn Dr. Hoffmann in Jena zum Abdruck kommen wird, welche sich mit einer neuen Art von Thermometereinrichtung unseres Herrn Dr. Otto Schott beschäftigt. Leider ist die Untersuchung der Thermometer nicht in einem Umfange geschehen, welcher völlige Sicherheit über ihr Verhalten liefert. Es scheint uns aber aus den erhaltenen Resultaten so viel hervorzugehen, daß mit dieser neuen Einrichtung ein wichtiger Schritt in der Thermometrie vorwärts getan ist. Es handelt sich bei dieser Art Thermometer um eine Kompensation der Nachwirkung des Normalglases, vermittelt durch einen im Thermometergefäß eingeschmolzenen Stift von gleicher Ausdehnung, aber von hoher Nachwirkung. Sollten die Erwartungen, die wir an diese Neuerung knüpfen, in Erfüllung gehen, so glauben wir, daß alle Abweichungen, die aus Depression, Anstieg des Eispunktes und Abweichungen vom Wasserstoffthermometer hervorgehen, auf einen kleinen Bruchteil der jetzigen Beträge herabsinken werden. Möglicher Weise entschließt sich die Reichsanstalt dazu, erst in die Prüfung dieser Neuerung einzutreten, ehe sie sich mit den schwebenden Fragen über das Normalglas 16/III eingehend beschäftigt. Welche Entschließung die Reichsanstalt in diesen Dingen treffen möge, stets werden wir, getreu unserer Tradition uns bemühen, auch fernerhin die Entwicklung der Thermometrie unsere Kräfte zu widmen.“ Bereits gegen Ende des Jahres 1890, also sieben Jahre vor dem fraglichen Brief, hatte er sich in seinem Journal unter der Überschrift „Einrichtung an Thermometern, um die thermische Nachwirkung aufzuheben“, folgendes notiert: „Einschluß eines Glaskolbens ins Thermometergefäß, dessen kubische Ausdehnung größer ist als diejenige des Gefäßes. Dadurch ist zu erreichen, daß beim Erwärmen der Gefäßinhalt zwischen 0° und 100° und mehr Grad sich nicht ändert […].“ (Vgl. hierzu Schott in der Zeitschrift für Instrumentenkunde, 1891, S. 336) Eine weitere, abermals mit „Thermometer ohne thermische Nachwirkung“ überschriebene Notiz Schotts vom November 1893 besagt: „Statt im Thermometer Volumen-Kompensation einzuführen, kann man die Kompensation der Nachwirkung einführen. Die Thermometer dürfen nicht luftleer gemacht werden. Um den Einfluß der kapillaren Depression an der Berührungsstelle zu vermeiden, muß man sie unter Druck (CO2) füllen (nach einer Idee von Winkelmann). Für Glas 63/III (Nachwirkung 0,05) und Glas 59/III (Nachwirkung 0,02) beträgt das Volumenverhältnis für Gefäß und Kompensations-Schwimmergefäß 6:1. v0 290 (Ausdehnungskoeffizient von 63/III) x 0,05 v0 177 (Ausdehnungskoeffizient von 59/III) x 0,02 Von Bedeutung kann diese Einrichtung sein für hochgradige Thermometer, deren Nachwirkung bei 3° – 400° schon sehr groß wird, und für feinste wissenschaftliche Thermometer, um die Nachwirkungsbestimmungen zu vermeiden – Chemische Thermometer.“ Wiederum auf das gleiche Problem bezieht sich eine im Januar 1893 von Schott dem Arbeitsjournal unter der Überschrift „Thermometer ohne thermische Nachwirkung“ einverleibte Notiz, welche folgendermaßen lautet: „Kombination von 2 Glasarten mit kleiner und großer Nachwirkung bei gleicher Ausdehnung. vol.a : vol.b = 6 : 1 (Dazu die folgende Handskizze:)

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a – Normalthermometr-Glas Nachwirkung 0,06 Ausdehnungskoeffizient 0,000240 b – Leichtflint (Kristallglas) Nachwirkung (taxiert:) 0,4 Ausdehnungskoeeffizient 0,00002377 Hochgradige Thermometer 300° mit und ohne Kompensation prüfen!“ Von einem weiteren um den 4. Februar 1895 unternommenen Versuch dieser Art erfahren wir aus Bemerkungen, die er dem Bericht über die damals ausgeführten Schmelzungen 261/III und 262/III beigefügt hat. Diese Sorten waren bei einer dem Normalglas 16/III ungefähr entsprechenden Ausdehnung (von 0,0000257) jedoch höherer, auf 0,40° taxierter Nachwirkung zwischen 0° und 100° dazu benutzt worden, um durch den Jenaer Glasbläser William Haak Versuchsthermometer herzustellen, bei denen das Volumen des Außengefäßes (Normalglas 116/III) zu dem des Kompensationskörpers (Glas 262/III) in Verhältnis 1:10 stand. Da das oben erwähnte Kompensationsglas 335/III lt. Schotts Schmelzungsbuch III im Versuchsofen der Neuen Hütte, d. h. der Zylinderhütte, erschmolzen worden ist, so dürfte die mit ihm und dem Normal-Thermometerglas 16/III von Schott erzielte Beseitigung der Depression des Eispunktes auch für höhere Temperaturen von Schott bald nach dem März 1896 erstmalig erprobt worden sein. Nachdem der in Schotts Brief vom 1. September 1897 erwähnte Dr. W. Hoffmann noch im Septemberheft des gleichen Jahres der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ (S. 257) seine Beobachtungen an den von Schott konstruierten Kompensationsthermometern veröffentlicht und darin die zwischen der Nullpunktänderung solcher Instrumente und der Nachwirkungsgröße der angewandten Glasarten bestehende Beziehung näher untersucht hatte, wurde durch weitere Untersuchungen, die von Hermann Friedrich Wiebe in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt angestellt wurden, festgestellt, daß sich auch der säkulare Anstieg des Eispunktes, der sich durch die sogenannte künstliche Alterung (d. h. durch Erhitzung des Thermometerglases auf höhere Temperatur und langsame Abkühlung) beschleunigen läßt, in gleicher Weise durch die Zusammensetzung des Glases beeinflussen läßt wie die Depressionskonstante. Es erwies sich dabei, daß Thermometer aus dem Glas 16/III bis 450° brauchbar waren, nachdem man sie einige Stunden bei 545° gehalten und dann langsam auf 480° abgekühlt worden waren. Thermometer aus dem Glas 59/III aber waren sogar bis 510° brauchbar, wenn sie in gleicher Weise bei 555° und 500° behandelt waren. In den am 11. Februar 1898 im Zentralblatt für das Deutsche Reich (26, S. 76 ff.) veröffentlichten Prüfungsbestimmungen für Thermometer lautete der die Zulassung hochgradiger Thermometer betreffende (in Teil II, §. 4) Absatz nunmehr wie folgt: „Hochgradige Thermometer bis 550° C sind aus dem Jenaer Borosilikatglas 59/III oder aus einem ähnlichen schwer schmelzbaren Glas herzustellen. Solche für Temperaturen bis 420° C können auch aus dem Jenaer Normal-Thermometerglas 16/III (mit violettem

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Streifen) oder aus dem Greiner & Friedrichsschen Resistenzglas (mit blauem Streifen) hergestellt sein.“ Inzwischen hatte aber das Jenaer Glaswerk (noch im Jahre 1898) das Jenaer Verbundglas (mit einer Depressionskonstante von 0,03) in den Handel gebracht, aus dem sich sogar Thermometer zur Messung von Temperaturen bis zu 575° herstellen ließen. Dieses Glas ist wohl gemeint mit demjenigen, von dem der Berliner Fabrikant glastechnischer Präzisionsapparate Wilhelm Niehls am 23. September 1898 an Schott meldete, er habe die Stabthermometerröhren aus Hartglas, die Schott ihm „seiner Zeit“ abgelassen habe, zu Thermometern verarbeitet und der Reichsanstalt zur Prüfung eingereicht. Dort sei nunmehr festgestellt worden, daß die Thermometer sicher bis 575° zu verwenden seien, obwohl sie auch bis 582° geprüft worden seien. In dem Schreiben heißt es dann weiter: „Ich freue mich nun recht, daß es Ihnen gelungen ist, für solche hohen Temperaturen noch brauchbares Thermometerglas herzustellen und glaube, mich nach diesen Erfolgen auch der Hoffnung hingeben zu dürfen, daß, wenn dieses Glas noch ein wenig härter hergestellt werden kann (unbeschadet seiner anderen Eigenschaften), bald die Quecksilber-Thermometer bis 600° hergestellt werden können. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch erwähnen, daß der Vertrieb von Thermometerglas 59/III + 550° C ungeheuer erschwert wird durch unlautere Konkurrenz. Und so wird es auch mit den aus Hartglas hergestellten Thermometern werden, wenn erst weiter bekannt wird, daß Thermometer bis 575° sicher ansteigend, angefertigt werden können. Als Beispiel möchte ich hier anführen, daß einige Thüringer Firmen es fertig bekommen, Thermometer bis + 600° C in einer gelesenen Chemiker-Zeitung anzupreisen. Beziehen die Leute schon von dem Hartglase? Auch dann wäre es doch nur unlauterer Wettbewerb. Die Konsumenten ziehen in den weitaus meisten Fällen die Thüringer Schleuderpreise vor, und wenn dann die Erwartungen nicht erfüllt werden, so werden auch die mit größter Sorgfalt hergestellten Instrumente in Mißkredit gebracht […].“ Zwar sollten sich die hier von Niehls ausgesprochenen Erwartungen in Bezug auf die Möglichkeit der Herstellung von Thermometern, die für Temperaturen von über 575° brauchbar sein würden, erst erfüllen, nachdem im Jenaer Glaswerk am 11. Februar 1914 von Dr. H. Thiene das bei 30 Atmosphären Innendruck noch bis zu + 635° brauchbare „Jenaer Supremaxglas“ Nr. 1565/III (D.R.P.) erschmolzen worden war, das mit einer kubischen Ausdehnung von 104.10 –7 und einer Depressions-Konstante von nur 0,01 die älteren Jenaer Normalglassorten für hochgradige Thermometer um ein gutes Stück übertraf und auch seinerseits noch übertroffen werden sollte durch das neuere Thermometerglas 2 954/III (D.R.P.), doch genügten inzwischen die älteren Jenaer Normalgläser 16/III, 59/III und das Jenaer Verbrennungsglas von 1898 ab noch 1½ Jahrzehnte den von der zeitgenössischen Wissenschaft und Technik an das Thermometer gestellten Anforderungen. Wie sich die im Jenaer Glaswerk während der 1890er Jahre auf dem Gebiet des Thermometerglases erzielten qualitativen Fortschritte auch geschäftlich bemerkbar machten, zeigt die Steigerung des jährlichen Umsatzes des Glaswerks an Röhren aus Jenaer Normal- und (ab1891 auch) Borosilikat-Thermometerglas von 10 528 Mark im Geschäftsjahr 1887/88 auf 37 000 Mark in 1896/97, auf 39 000 Mark in 1897/98 und – besonders – auf 46 000 Mark im Geschäftsjahr 1898/99. Wie wir oben gesehen haben, hatte Schott die Fabrikation von Wasserstandsgläsern, die nach dem mit Wirkung vom 4. April 1891 unter Patentschutz gestellten Verbundglas-

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Verfahren hergestellt waren, noch gegen Ende des Jahres 1891 als neuen Zweig in das Produktionsprogramm des Glaswerks aufgenommen und über die alsbald mit ihnen wegen ihrer Widerstandsfähigkeit gegen schroffen Temperaturwechsel und die lösende Wirkung des heißen Wassers gemachten guten Erfahrungen in seinem am 4. April 1892 im Berliner Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes gehaltenen Vortrag der interessierten Fachwelt einen zusammenfassenden Bericht erstattet. Wie es scheint, hatte Schott bald nach seinem Berliner Vortrag das im Glaswerk sogenannte Einschmelz-Röhrenglas 154/III erschmolzen und, wie in dem darauf bezüglichen Bericht seines Schmelzungsbuches bemerkt ist, in 10 bis 12 Schmelzungen zu Einschmelzröhren verarbeiten lassen. Als Außenglas von Wasserstandsgläsern verwendet, erwies sich diese Glas als noch besser als die früheren Außenglassorten zur Erhöhung des Widerstandes gegen die auflösende Wirkung des Kesselwassers geeignet und wurde darum Jahre hindurch zur Herstellung der Wasserstandsröhren benutzt. Daß sich zu Anfang Juli 1892 Musterröhren auch dieser Art in Berlin zur Untersuchung durch die Physikalisch-Technische Reichsanstalt befanden, geht hervor aus einem unter dem 7. Juli an Schott gerichteten Schreiben von Dr. Fritz Foerster, in dem es u. a. heißt: „Im Laufe der Untersuchungen über Wasserstandsröhren hat sich gezeigt, daß sich Ihr Verbundglas ganz besonders gut bewährt. Während andere Röhren, selbst solche aus Kavalierschem Glase, durch gespannten Dampf oder überhitztes Wasser mehr oder weniger korrodiert werden, bleiben die Röhren aus Verbundglas ganz blank; die aus ihnen ausgelöste Alkalimenge beträgt 1/20 derjenigen, welche aus bestem Wasserstandsrohr (Kavalierschem Verbrennungsrohr) unter den gleichen Verhältnissen (180°, 11 Atmosphären Druck) in Lösung geht.“ Wie schnell sich die Schottschen Wasserstandröhren aus Verbundglas in der industriellen Praxis einbürgerten, geht daraus hervor, daß sich Schott um jene Zeit in seinem Arbeitsjournal unter den Bauten, die im Spätsommer oder Herbst 1892 an der Jenaer Glashütte durchgeführt werden sollten, u. a. auch einen „Neuen Röhrenofen für Verbund- und Verbrennungsröhren“ vormerkte. Außer bei Lokomotiven der Eisenbahnen und an stationären Dampfkesseln der Industrie waren sie, wie aus einem am 30. September 1894 von Dr. Glinzer im Hamburger Bezirksverein der Deutschen Gesellschaft für angewandte Chemie gehaltenen Vortrag „Über die Arbeiten des Glastechnischen Laboratoriums in Jena“ (vgl. die Zeitschrift für angewandte Chemie, Jg. 1894, S. 742-750) hervorgeht, inzwischen u. a. auch durch die Oberwerftdirektion in Kiel bei der Kaiserlichen Marine eingeführt worden. Ab 26. September 1895 wurde für das Verbundglas das neue Außenglas 283/III zu Grunde gelegt, ab 12. Dezember 1895 seine Abänderung in 286/III. Als Innenglas wurde von dann ab das Glas 287/III verwendet. Später – ab 21. Juli 1897 war das Außenglas Nr. 396/III. Welche geschäftliche Bedeutung ihre Fabrikation für das Jenaer Glaswerk im weiteren Verlauf der 1890er Jahre erlangt hatte, geht daraus hervor, daß der mit ihnen im Geschäftsjahr 1898/99 erzielte Umsatz in Höhe von rund 82 000 Mark den gleichzeitigen Umsatz des Glaswerks an ThermometerNormalglas um nicht weniger als 36 000 Mark überstieg. Daß sich Schott im Frühling 1894 mit der Frage beschäftigt hat, wie man an Dampfkesseln im Gebrauch befindliche Wasserstandsröhren mit einem Schutzglas versehen könne, das geeignet sei, die den Kessel bedienenden Personen vor den herumgeschleuderten Glassplittern zu schützen, falls das Wasserstandsglas einmal durch Zufall oder die

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natürliche Abnützung zertrümmert werden sollte, beweist ein von ihm zu dieser Zeit in sein Arbeitsjournal gemachter und mit einer Zeichnung versehener Eintrag. Er lautet: „Schutzglas für Wasserstände in Metallfassung aus einem Glase, welches gegen starken Temperaturwechsel empfindlich ist und Drahteinlagen, welche die Durchsicht erschweren, nicht enthält. Vorschlag für Schäffer und Budenberg.“ Offenbar wurde schon damals, ebenso wie von der Ilmenauer Firma Alt, Eberhardt und Jäger und einigen anderen Firmen, von der hier genannten Firma Schäffer & Budenberg in Magdeburg-Buckau eine Verkaufsstelle für die Jenaer Wasserstandsgläser unterhalten. Da nur zu der hier in Frage kommenden Zeit im Deutschen Reich vielfach Kesselwärter durch die Mangelhaftigkeit der in den Betrieben vorhandenen Schutzeinrichtungen an Wasserstandsrohren ihr Augenlicht verloren, so ist anzunehmen, daß Schott in der Folgezeit planmäßige Versuche angestellt hat, um das in Frage kommende Schutzglas so zu vervollkommnen, bis es die zweckmäßige Form erhielt, in der es vom Glaswerk mit den weiter unten zu erörternden, im März 1901 auf den Markt gebrachten verbesserten Wasserstandsröhren hergestellt und vertrieben wurde. Daß Schott gegen Ende des Jahres 1899 dahin gelangt war, diese bereits 1894 in Aussicht genommenen Schutzgläser für Wasserstandsgläser der industriellen und Eisenbahnwelt in Form von praktisch zu erprobenden Mustern anbieten zu können, geht hervor aus einem zufällig erhalten gebliebenen Familienbrief, den ihm sein in Essen lebender Neffe Paul Rosenkaimer unter dem 7. November 1899 schrieb. In diesem Brief nämlich berichtete Rosenkaimer dem Onkel, er habe sich nunmehr mit verschiedenen maßgebenden Persönlichkeiten des Ruhrgebiets wegen Erprobung bzw. Einführung der neuen Jenaer Wasserstands-Schutzgläser in Verbindung gesetzt. Unter anderem schreibt er in diesem Brief: „Bei dem Leiter unserer Kesselanlagen traf ich bei meinem Besuch zufälligerweise den hiesigen Gewerbe-Inspektor. Beide Herren brachten der Sache ein großes Interesse entgegen, da sie, wie sie sich äußerten, bis jetzt noch kein zweckentsprechendes Glas gefunden hätten. Sie baten mich, ihnen doch so bald wie möglich die Probegläser zu besorgen, indem sie mir ihre weitestgehende Unterstützung in Aussicht stellten. Gleichzeitig machte man mir einige sehr interessante Mitteilungen über die bei den bisher verwendeten Gläsern gewonnenen Erfahrungen. Einige Zechen wurden mir genannt, so u. a. „Preußen“ uns „Pluto“, deren Kessel im hiesigen Industrierevier wohl mit dem höchsten atmosphärischen Druck (7?) arbeiten und daher für die Prüfung der Gläser in erster Linie in Betracht kommen dürften. Ein Direktor vom Bochumer Verein sowie der Leiter einer bedeutenden Armaturenfabrik hier in der Nachbarschaft versprachen mir, die betreffenden Versuche selbst auszuführen. Außerdem würde es sich empfehlen, mit den unten verzeichneten Lokomotiv-, Maschinen- und Armaturenfabriken, welche bei der Einführung neuer Erfindungen eine tonangebende Rolle spielen, Fühlung zu nehmen, und zwar im Hinweis auf die Initiative der Firma Krupp und der Staatseisenbahnen (Onkel Mayr). [Bemerkung: Es handelt sich hier um den für 1909 als Geh. Baurat bezeugten Ingenieur Hermann Mayr, einen Vetter Schotts.] Auch mit den hierfür in Frage kommenden bedeutenderen Ausländischen Werken etc. würde ich auf leichte Weise in Beziehung treten können. Am Sonnabend werde ich nach Köln fahren, um mir über einige technische Fragen beim Onkel Mayr Aufklärung zu verschaffen und ihn zugleich auch um seine Meinung bezüglich der Schutzgläser

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zu befragen. Bei dieser Gelegenheit gedenke ich dann auch beim Rheinischen Dampfkessel-Überwachungs-Verein vorzusprechen. Es wäre mir daher lieb, wenn Du mir zu meiner Orientierung die physikalischen und chemischen Daten der Gläser, evtl. unter Beifügung einer kurzen Beschreibung bekannt geben wolltest. Ich habe mir bereits Prospekte der von anderer Seite in den Handel gebrachten Wasserstandsgläser kommen lassen und möchte Deine Angaben zum Vergleichen bzw. Abschätzen benutzen.“ In einer Nachschrift zu seinem Brief bemerkt Rosenkaimer noch: „Soeben erfahre ich von dem Betriebsführer der Zeche „Sälzer & Neubeck“ (?), daß in Deutschland die Grube „Ilse“ in der Niederlausitz den höchsten Druck auf ihren Kesseln hat, nämlich 13 Atmosphären.“ Die Rosenkaimers Brief beigefügte, auch industriegeschichtlich nicht uninteressante Liste nennt folgende Lokomotiv-, Maschinen- und Armaturenfabriken: „Germania – Tegel; Vulcan – Bredow; Borsig – Berlin; Schwartzkopff – Berlin; Henschel & Sohn – Hannover; Egestorff – Hannover; R. Wolff – Buckau; C. L. Strube – Buckau; Sächsische Maschinenfabrik – Chemnitz; Maschinenbauanstalt – Breslau; Krauß & Cie – München; J. Maffei – München; Maschinenfabrik Esslingen, Vereinigte Maschinenfabriken Nürnberg und Augsburg, Maschinenbauanstalt – Karlsruhe; Gebr. Litz (?) – Darmstadt; El.(?), Maschinenbauanstalt – Grafenstaden; Hohenzollern – Düsseldorf; Humboldt Kalk, Gasmotorenfabrik – Deutz; Piedboeuf – Düsseldorf; Märkische Maschinenbau-Anstalt – Wetter; Weise & Menski – Halle; C. Vogelsang – Bielefeld; Armaturenfabrik – Deuben; A. Monski – Eilenberg; König Friedrich August-Hütte – Potschappel; Weber & Westphal – Hamburg.“ Nachdem nun infolge der technischen Fortschritte der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie der Betriebsdruck in den Dampfkesseln sowie die Erhöhung der Temperatur des Wasserdampfes in denselben eine Erhöhung erfahren hatte, waren allmählich auch die Anforderungen an die der Beobachtung des Wasserstandes in den Dampfkesseln dienenden Röhren erheblich gestiegen, und es hatte sich aus dem Verkehr des Glaswerks mit der Kundschaft die Notwendigkeit ergeben, die Haltbarkeit der Wasserstandsröhren nach Möglichkeit weiter zu steigern. So finden wir denn in Schotts Arbeitsjournal unter dem Titel „Unersuchung über Wasserstandsröhren“ einen Plan skizziert nach dem vom Herbst des Jahres 1898 an das Problem einer möglichen Verbesserung der 1893 vom Glaswerk in den Handel gebrachten Verbundglas-Wasserstandsröhren einer nochmaligen gründlichen und systematischen Untersuchung unterzogen werden sollte. Und zwar sollten im Rahmen dieser Untersuchung die bisher in den Handel befindlichen Röhren, also solche französischer und englisch (schottischer) Herkunft, das alte Jenaer Verbundglas, das Jenaer Einschmelzröhrenglas aus dem selben Stoff wie Verbundglas, jedoch ohne die dünne Innenschicht von geringerer Ausdehnung, das Jenaer Verbrennungsröhrenglas von schwerer Schmelzbarkeit mit dem ausgesprochenen Ziel unter einander verglichen werden, an Stelle des Verbundglases eine neue Glasart zu erproben, die hinsichtlich ihrer Widerstandsfähigkeit gegen kalten und warmen Druck, ihrer Empfindlichkeit gegen Temperaturwechsel und ihrer Angreifbarkeit durch das Wasser des Kessels den gestiegenen Ansprüchen besser würde genügen können, als die bisher gebrauchten Sorten. Die Untersuchung wurde von Schott in Gemeinschaft mit dem deutsch-russischen Mitarbeiter bei Zeiss, Mordko Herschkowitsch, mit aller geplanten Gründlichkeit derart

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durchgeführt, daß beide das Ergebnis, nämlich die Darstellung eines den genannten gesteigerten Bedingungen entsprechendes Borosilikatglases, in einer am 9. März 1901 in der „Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure“ veröffentlichten Abhandlung mit dem Titel „Wasserstandsröhren und ihre Schutzgläser“ der Öffentlichkeit vorlegen konnten, während ungefähr gleichzeitig ein neues Preisverzeichnis des Glaswerks (Liste Nr. 239) das inzwischen durch eingetragene Warenzeichen (d. h. einen die Röhren entlang laufenden hellblauen Streifen) geschützte Duraxglas der Kundschaft angezeigt wurde. An einer Reihe von Tabellen über die erlangten Versuchsergebnisse wurde von den beiden Verfassern der genannten Abhandlung nachgewiesen, daß das neue Glas erst bei einem Druck zersprang, der drei- bis viermal höher war, als ihn die französischen und englischen Röhren aushalten konnten; ferner wurde die Widerstandsfähigkeit des neuen Glases gegenüber dem zerstörenden Einfluß des Wasserdampfes und des Kesselwassers unter hohem Druck auf das Glasrohr gegenüber dem französischen und englischen Glas auf das Sechs- bis Achtfache, gegenüber dem Verbundglas auf das Doppelte bis Dreifache geschätzt. Ihrer Beschreibung des neuen Wasserstandsglases hatten die Verfasser der genannten Abhandlung auch eine genaue und bebilderte Schilderung eines Schutzglases beigefügt, in dem der oben erwähnte, von Schott bereits 1894 konzipierte Entwurf seine technische Verwirklichung gefunden hatte. Es sei hier noch bemerkt, daß das in der Gemeinschaftsarbeit Schott – Herschkowitsch vom 9. März 1901 erwähnte neue Duraxglas, als Borosilikatglas Nr. 580/III am 11. Mai 1901 von Schott erschmolzen worden war. Für den Satz von 500 kg, den der Rohrzieher Schmidt (Arnold oder Bruno) in den Ofen 4 der Hütte Nr. IV eingelegt hatte, wurden Glasbrocken von 59/III mit verwendet, wie denn überhaupt die Zusammensetzung des Glases genau derjenigen des Glases 59/III entsprach, nur mit dem Unterschied, daß bei dem Glas Durax neben 6% 82prozentiger Borsäure auch 6% 100prozentige Rohborsäure Verwendung fanden, wodurch die Kosten dieses Glases, die beim Glas 59/III auf 100 kg 16,25 Mark betragen hatten, auf 14,47 Mark verbilligten. Dieser Schmelzung im größeren Maßstab muß jedoch eine Versuchsschmelzung vorausgegangen sein, da das Warenschutzzeichen für das mit Durax bezeichnete Borosilikatglas bereits unter dem 12. April 1900 beantragt bzw. mit Wirkung von diesem Tage an erteilt worden ist. Die Konstruktion des in der genannten Abhandlung beschriebenen Schutzmantels und Gelenkbügels war ebenfalls bereits am 29. November 1900 in das Warenschutzregister eingetragen worden. Eine vom Glaswerk unter dem 19. September 1901 gewünschte Untersuchung der neuen Wasserstandsröhren gegen starken Temperaturwechsel sowie über die Haltbarkeit neuer Jenaer Grubenzylinder durch die PhysikalischTechnische Reichsanstalt erklärte die letztere ausführen zu wollen, wenn ihr vom Glaswerk zunächst leihweise einmal der in der Abhandlung von Schott und Herschkowitsch geschilderte und abgebildete Apparat sowie eine oder mehrere Sicherheitslampen mit einer Anzahl von Zylindern zur Verfügung gestellt würden. Ein Beispiel dafür, wie Schott bemüht war, sein Verbundglas auch anderen als den bereits erwähnten technischen Zwecken dienstbar zu machen, bieten einige Notizen, die er während der ersten Monate des Jahres 1894 in sein Arbeitsjournal eintrug und die sich auf die Möglichkeit bezogen, Knallgaspatronen mit einem, statt nur an Platindraht auch an dem billigeren Eisendraht haftenden Glas herzustellen.

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So notierte er sich zum Beispiel im Januar 1894: „Für Sprengpatronen mit Gemisch von O1 und N2 bei einem Druck von 80 – 100 Atm. ist ins Auge zu fassen eine Glasart, welche gestattet, den Platindraht (kostet 10 – 15 Pfg. für eine Patrone) durch Nickeldraht mit Boratzwischenglas zu ersetzen. Die Schwefelsäure im Wasser muß dann durch ein gut Elektrizität leitendes neutrales Salz ersetzt werden. – Auch Eisendraht ist möglich. (Eisendraht läßt sich gasdicht mit gleichem Glas wie die Röhre überziehen). A – Nickel linear 0,0000127 mal 3 = 381 A – Eisen weich 0,0000121 A – Stahl angelassen 0,0000110 Die Patronen müssen vor Einfüllen des Wassers gekühlt werden. Nachher werden sie zugeschmolzen. Es bleibt fraglich, ob durch das nachträgliche Zuschmelzen nicht noch Abspringen des Rohres stattfinden kann an der Schmelzstelle. In letzterem Fall ist das Schließen mit Schellack (Siegellack) in kapillarer Öffnung zu versuchen. Ein gekühltes und dann am Ende zugeschmolzenes Rohr bekam durch Ritzen mit dem Diamant im Inneren Sprünge. Dicke des Glases an der Sprungstelle etwa 1 mm. Versuch (I):

Versuch (II): Öffnung ½ bis ¾ mm mit Schellack schließen.“ Am 20. bis 22. Februar 1894 ließ Schott daraufhin das mit Platin haltbare Glas 222/III aus einem Satz von 140 kg schmelzen und daraus im Geräteofen der Glashütte (siehe unten) Röhren ziehen. In seinem Journal notierte er sodann: „Sprengpatronen. Da der Wert des Platins zu groß ist, um es für diese anwenden zu können, so muß versucht werden, Nickel- oder Eisendraht zum Einschmelzen zu verwenden. Der Draht dieser oxydierbaren Metalle darf nicht direkt eingeschmolzen werden, sondern muß vorher mit der Glasmasse von passender Ausdehnung umkleidet sein, damit Oxydbildung während des Einschmelzens vermieden wird. Überziehen des Drahtes mit Glas durch Eintauchen einer Drahtrolle in das geschmolzene Glas (nach beifolgender Handskizze) und Ausziehen derselben; eine Glashaut wird dann den Draht umkleiden.“ Im Schmelzungsbuch folgen nunmehr die Berichte über die Schmelzungen 223/III, 224/III und 225/III, d. h. Glassorten, aus denen mit Eisen- oder Nickeldraht haltbare Röhren herausgearbeitet wurden. Schon von der ersten dieser drei Sorten besagt der Schmelzungsbericht, das Glas habe gute Haltbarkeit mit dem Eisendraht gezeigt, und es seien aus ihm sehr verschieden weite Röhren („auch Knallgaspatronen“) gezogen und etwa 300 Stück Glühlampen-Kölbchen daraus gefertigt worden.

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Man hoffe, durch eine Steigerung des Alkaligehaltes eine noch günstigere Haltbarkeit des Eisendrahtes zu erreichen, vielleicht auch noch Eisendraht mit etwas niedrigerer Ausdehnung als 0,0000120 beschaffen zu können. An der Berührungsstelle mit dem Glas waren noch mehrfach feine Risse zu bemerken. Von dem Glas 225/III (mit gesteigertem Alkali-Gehalt) heißt es dann im Schmelzbericht: „Ließ sich gut verarbeiten. Es wurden daraus dünne Röhren gezogen, wie sie zum Einschmelzen von Eisendraht sich eignen.“ Eine weitere, auf den Gegenstand bezügliche Notiz Schotts besagt: „Flachdraht von Boecker – Hohenlimburg und Flußeisendraht von Felten & Guillaume (Mühlh.) wurden mit Leuchtgas in Glas 225/III eingeschmolzen und verhielten sich recht günstig (ohne Bläschenentwicklung). Der glasumschmolzene Draht von Flußeisen ließ sich bei vorsichtigem Anwärmen zum Fluß bringen, ohne daß das Glas Sprünge zeigte. Weicher Stahldraht von Felten & Guillaume ließ sich ebenfalls gut mit Glas umschmelzen.“ Es folgen dann Notizen, die sich mit der Herstellung von Knallgas-Patronen aus einem Verbundglas 16/III (innen) und „Platinglas“ 222/III (außen) sowie Platindraht beschäftigen, und Muster dieser Art, die teils oben zugeschmolzen, teils mit Schellack verschlossen waren, wurden der Firma Soenderop erstmalig am 10. Mai 1894 zugeschickt. Weitere Notizen betreffen Lösungen, die sich bei Verwendung von Eisendraht zur Füllung von Knallgas-Patronen wohl am besten eignen könnten, und Muster, bei denen als Füllung der Patronen teils Kalium- teils Natriumhydroxyd Verwendung gefunden hat, werden derselben Firma unter dem 17. und dann wieder unter dem 21. Mai zugeschickt. Eine Notiz vom 30. Mai besagt, daß an diesem Tage per Eilgut an Soenderop etwa 30 bis 40 kg Platin-Verbund-Röhren von 15 bis 17 mm innerem Durchmesser und 3½ bis 4 mm Wandstärke abgeschickt worden seien, bei denen die Innenwand aus Normalglas (16/III), die Außenwand aus Platinglas (222/III) bestanden habe. Den Abschluß der den Gegenstand betreffenden Notizen bildet die folgende, mit der Überschrift „Soenderop 12. Juni“ versehene: „32 Patronen von Stahl (?). Hüttenkühlung. Zugeschmolzen. Platin-Verbund, Wand 3½ bis 4 mm. Schwefelsäurefüllung. 9 Stück Eisen-Verbundglas, Hüttenkühlung. 8% Kalifüllung. Eisendraht. Zugekittet mit Schwefel- (?) Schellack [Bemerkung mit Bleistift]: Schellack wurde von der Kalilauge aufgelöst und die Patrone dadurch oben geöffnet. Versuch Eisendraht-Verbundglas Muster 4, gekittet. 8 Stück ganz gleichartig, nur oben zugeschmolzen, mit möglichst guter Abkühlung vor der Lampe. Versuch Eisendraht 4 Muster zugeschmolzen.“ Von nun ab schweigt Schotts Arbeitsjournal über weitere Versuche dieser Art. Wie wir oben gesehen haben, hatte Schott bereits vom Frühjahr 1891 ab eine Reihe von Glassorten erschmolzen, die nach seiner Absicht teils für sich allein, teils in Verbindung mit Sorten von wesentlich verschiedenem Ausdehnungskoeffizienten, also als Verbundgläser, vermöge ihrer hochgesteigerten Widerstandsfähigkeit gegen schroffe Temperaturunterschiede und den Angriff chemischer Agentien oder auch wegen ihrer Schwerschmelzbarkeit beim Gebrauch im Laboratorium dem Chemiker und Physiker eine größere Sicherheit bieten sollten als die im herkömmlichen Gebrauch befindlichen Handelsgläser. Von den Versuchen, das Verbundverfahren, das sich bei den Wasserstandsgläsern bestens bewährt hatte, auch auf Geräteglas (also Kolben, Bechergläser, Retorten) anzuwenden, kam Schott jedoch wieder zurück, weil ihn die Erfahrung lehrte,

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daß das Verhältnis der Wandstärken nicht in der erforderlichen Weise innegehalten werden konnte und deshalb häufig, z. B. beim Versuch zur Herstellung dickwandiger Becher, ohne äußere Veranlassung Selbstzertrümmerung des Glases erfolgte. Wenn nun die im November 1893 abgeschlossene und im Januarheft 1894 der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ von Schott und Adolph Winkelmann veröffentlichte Gemeinschaftsarbeit über „Einige Beobachtungen mit einem neuen Geräteglas“ berichtet, die Verfasser hätten im Anschluß an eine demnächst erscheinende Arbeit über die thermischen Widerstandskoeffizienten verschieden zusammengesetzter Gläser auch mit einem neuen Geräteglas, das stärkere plötzliche Temperaturdifferenzen auszuhalten vermöge, einige Beobachtungen ausgeführt, so gewinnt im Zusammenhang mit der Frage nach der Entstehung dieses neuen Glases eine Notiz besonderes Interesse, die Schott wohl bereits zu Anfang des Juni 1892 seinem Arbeitsjournal einverleibt haben dürfte. Sie lautet: „Anspruch: Einführung eines Gehalts von Borsäure bis zu 25% in die chemische Zusammensetzung von Glasflüssen, die zu Gegenständen verarbeitet werden, welche schroffen Temperaturwechsel unterworfen sind oder dauernd durch die Wandung große Temperaturunterschiede auszugleichen haben. Solche Gegenstände sind: Kochkolben, Bechergläser, Schalen für Chemiker; Lampenzylinder und Lampenglocken; Soxlethfläschchen […].“ Und wenn Dr. Fritz Foerster aus Charlottenburg am 16. Juli 1892 unter Bezugnahme auf einen am 8. Juli an ihn gerichteten Brief Schotts schreibt: „Versuche mit ihrem neuen interessanten Glas, welches schroffen Temperaturwechsel widersteht, werden an der Reichsanstalt natürlich gern ausgeführt werden […]“, so kann damit nur das in Schotts Schmelzungsbuch III (ohne Datumsangabe) unter Nr. 202/III aufgeführte Borosilikatglas (mit zehnprozentigem Gehalt an H3BO3) gemeint sein, von dem der Schmelzbericht meldet, daß aus ihm von nun an längere Zeit hindurch im Glaswerk Geräte angefertigt worden seien. Es sei hier gleich hinzugefügt, daß der laufenden Fabrikation des Geräteglases in der Folgezeit mehrfach Schmelzungen zugrunde gelegt wurden, die sich in der Zusammensetzung von 202/III jedoch nur unwesentlich unterschieden. Zum Beispiel galt dies für: das Anfang Dezember 1893 der Fabrikation zu Grunde gelegte Glas 221/III, sodann für das vom Februar 1894 ab produzierte Glas 221/III a, sodann für das vom 6. Oktober 1894 ab produzierte Geräte- und Zylinderglas 244/III, sodann für das vom 14. Oktober 1894 ab produzierte Geräte- und Zylinderglas 246/III, das seinerseits vom 21. August 1897 ab abgelöst wurde durch das gleichzeitig als Geräteglas und Außenglas von Verbundröhren verwendete Glas 396/III, da sich herausgestellt hatte, daß das Glas 246/III beim Röhrenziehen zum Entglasen neigte. Von den ebenfalls im Frühsommer 1892 in größeren Mengen erschmolzenen und als Außenglas von Verbundröhren verwendeten Einschmelzröhren, wie sie außer zu Wasserstandsröhren auch für Bombenöfen und anderweitigem Gebrauch chemischer Laboratorien in Betracht kamen, ist schon oben die Rede gewesen. Ebenso meldet Schotts Schmelzungsbuch III, daß im Glaswerk kurze Zeit nach der ersten Darstellung des Geräteglases 202/III aus dem schwer schmelzbaren Glas 217/III etwa 100 kg Verbrennungsröhren gezogen seien, wie sie zur Anstellung von organischer Elementaranalyse ebenfalls für chemische Laboratorien in Betracht kamen. Wie es in dem auf dieses Glas bezüglichen Schmelzungsbericht heißt, habe der gleiche Hafen etwa 12 Schmelzungen für je etwa 80 kg Röhren ausgehalten. Auch für dieses Glas sind später der Fabrikation leichte

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Abänderungen in der Zusammensetzung zugrunde gelegt worden. Zum Beispiel heißt es im Schmelzbericht zu dem wohl im Herbst 1894 erschmolzenen Glas 247/III für sehr schwer schmelzbare Verbrennungsröhren, es sei – schwerer – schmelzbar als die bisher angefertigte Sorte 217/III, doch dürften Gläser dieser Art mit Rücksicht auf die Haltbarkeit der Schmelzöfen künftig nur jeweils zum Schluß des Betriebsjahres, also kurz vor dem Beginn der üblichen den Ofenreparaturen vorbehaltenen sommerlichen Betriebspause, geschmolzen werden. Wenn Dr. Fritz Foerster in seinem oben erwähnten Antwortbrief vom 16. Juli 1892 auf Schotts Brief vom 8. Juli schreibt, es würden Versuche mit dem (von Schott erwähnten) „neuen interessanten Glas, welches schroffen Temperaturwechsel widersteht,“ an der Reichsanstalt natürlich gern ausgeführt werden, so meint er damit zweifellos das demnach vor dem 8. Juli erschmolzene Geräteglas 202/III. Welche wichtige auch geschäftliche Bedeutung Schott dem neuen Geräteglas 202/III beimaß, geht daraus hervor, daß er bereits am 4. Juni 1892, also wohl unmittelbar nach der Erschmelzung desselben, durch den Berliner Patentanwalt Ingenieur C. Pieper dem Kaiserlichen Patentamt in Berlin die Anmeldung eines Patents auf „Glasgegenstände mit höherem Gehalt an Borsäure“ zugehen ließ. Uns zwar sollte sich der gewünschte Patentschutz erstrecken auf „an der Pfeife gearbeitete, gegossene oder gepreßte Glasgegenstände wie Kochkolben, Bechergläser, Lampenzylinder, Wasserstandsröhren u. a. m., welche ihrer Bestimmung nach schroffen Temperaturwechseln unterworfen sind oder dauernd durch die Wandung große Wärmeunterschiede auszugleichen haben, hergestellt aus Glasflüssen, welche 5 bis 20% wasserfreie Borsäure enthalten.“ Nachdem das Patentamt am 28. Dezember 1892 den für das Glas 202/II nachgesuchten Patentanspruch mit dem Hinweis darauf abgelehnt hatte, daß die spezifische Wirkung der im Glas enthaltenen Borsäure auf die Widerstandsfähigkeit des Glases gegenüber schroffen Temperaturdifferenzen bereits bei dem Jenaer Normalthermometerglas 16/III eine wesentliche Rolle gespielt habe und somit in dem Glas 202/III eine wesentlich neuartige technische Wirkung dieses Bestandteils nicht erzielt worden sei, remonstrierte Schott gegen diese Entscheidung unter dem 12. Januar 1893 bei der Beschwerde-Abteilung des Patentamtes in einem längeren Schreiben, in dem er u. a. folgendes geltend machte: „Das von uns zuerst vor etwa 8 Jahren dargestellte und in den Handel gebrachte Jenenser Thermometerglas (nämlich 16/III, der Bearbeiter) enthält nur 2% Borsäure […]. Die Eigenschaft des Glases, sehr korrekte thermometrische Angaben zu liefern, d. h. die Volumenänderungen des Gefäßes und der Kapillare am Instrumente in möglichst Proportionalität mit der Temperatur schnell erfolgen lassen, hat mit dem von uns nachgesuchten Patente nichts gemein. Die Eigenschaft der Unveränderlichkeit dieses Glases beim Messen von großen Temperaturabständen bezieht sich nur auf die thermometrischen Angaben, nicht aber auf den Widerstand gegen schroffen Wechsel der Temperatur. In dieser letzteren Hinsicht sind die Erfahrungen, welche mit diesem Glase im Laufe der Jahre gemacht worden sind, geradezu ungünstig. Man hat sich darüber beklagt, daß das Glas zu sehr zum Zerspringen neigt, wenn es schnellen Temperaturschwankungen unterliegt. Außer diesem ist von uns noch eine große Zahl anderer Gläser von verschiedenen physikalischen Gesichtspunkten untersucht worden. Insbesondere haben wir Glasarten mit höheren Gehalten an Borsäure, mit den verschiedensten glasbildenden Elementen zusammengesetzt, geprüft, und zwar:

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1.) auf ihr thermisches Verhalten (Nachwirkung), 2.) auf ihr optisches Verhalten (Brechung und Dispersion), 3.) auf die Erweichung bei höheren Graden, 4.) auf die Wärmeausdehnung. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind von wissenschaftlichem Wert und daher von uns mit Angabe der Zusammensetzung der Gläser durch den Druck bekannt gemacht worden. Alle bisherigen Bestrebungen, welche darauf ausgingen, den zerbrechlichen Charakter des Glases sowohl gegen Stoß wie auch gegen schroffen Wechsel der Temperatur – Eintauchen heißer Glasgegenstände in kalte Flüssigkeit – zu beseitigen, sind nur Modifikationen der De La Bastie-Erfindung: das heiße erweichte Glas durch Eintauchen in eine ölige Flüssigkeit schnell abzukühlen. Wir sind die Ersten, welche durch planmäßige Studien geleitet, die Lösung der Aufgabe auf dem Wege angestrebt haben, ohne Benutzung der schnellen Abkühlung, allein durch Steigerung der Festigkeit der Glasmasse in sich. In der älteren und neueren Literatur ist nirgendwo eine Bemerkung zu finden, welche den Einfluß der Borsäure in dieser Richtung erkennen ließe. Auch in dem von uns in den Handel gebrachten Borosilikatglas 59/III ist diese Eigenschaft niemals erkannt worden; es ist nur wegen seiner vortrefflichen thermometrischen Eigenschaften geschätzt und in Anwendung gekommen […].“ Obwohl Schott gleichzeitig beantragt hatte, Dr. Hermann Friedrich Wiebe in seiner Eigenschaft als Mitglied der Abteilung II der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt als Sachverständigen zu vernehmen, wurde die Beschwerde vom Patentamt unter dem 11. März 1893 mit dem Hinweis darauf abgelehnt, daß in der Herstellung von borsäurereichem Geräteglas eine patentfähige Erfindung nicht erblickt werden könne, wenn auch zuzugeben sei, daß die Zusammensetzung des Jenaer Thermometerglases von anderen Gesichtspunkten aus erfolgt sei. Die Verweigerung des Patents hatte für das Glaswerk die unerfreuliche Wirkung, daß Schott es einigen Gelehrten (wie z. B. Prof. Friedrich Kohlrausch, Straßburg; Fritz Foerster, Charlottenburg), die sich für das neue Geräteglas 202/III aus wissenschaftlichen Gründen interessierten, die Bekanntgabe seiner Zusammensetzung in ihren Publikationen nicht gestatten konnte, weil eine solche Bekanntgabe zweifellos ungeschickte Nachahmungen in der Industrie hervorgerufen haben würde, welche die Neuerung bald hätte in Mißkredit bringen können. Immerhin erklärte sich die Physikalisch-Technische Reichsanstalt sofort bereit, durch ihre von Wiebe geleitete Abteilung II einige aus dem Glas 202/III hergestellte und ihr am 25. Februar 1893 übersandte Kolben zu prüfen und dem Glaswerk die öffentliche Verwendung eines am 20. März 1893 fertiggestellten und von Helmholtz unterzeichneten Gutachtens zu gestatten. Durch die Prüfung hatte sich herausgestellt, daß das neue Geräteglas das beste böhmische Geräteglas (von Kavalier) in der Resistenz gegen Wasser von normaler Temperatur um das vier- bis fünffache, gegen Wasser von 80° aber um das elf- bis zwölffache übertraf. Zwar hatte die Behandlung mit Natronlauge einen kleinen Vorzug des böhmischen Glases ergeben, dagegen hatte sich das Jenaer Glas jenem Glas im Verhalten gegen Sodalösung etwa um das Dreifache überlegen gezeigt. Auch die Widerstandsfähigkeit des neuen Glases gegen schroffen Temperaturwechsel erwies sich alsbald als soweit gesteigert, daß Kolben mittlerer Größe, wenn sie siedendes Toluidin (von 200° C) enthielten, das Eintauchen in kaltes Wasser in der

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Regel vertrugen. Und aus den Versuchen, die von Schott gemeinsam mit Prof. Winkelmann noch im Laufe des Jahres 1893 angestellt und von beiden in der oben erwähnten, im Januarheft 1894 der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ erschienenen Gemeinschaftsarbeit veröffentlicht wurden, ergab sich, daß sich das neue Geräteglas auf der vollbrennenden Bunsenflamme ohne Drahtnetz-Unterlage unbedenklich zum Erhitzen von Flüssigkeiten verwenden ließ. Der Gewinn an Zeit betrug hierbei gegenüber der gleichen Flamme mit Drahtnetz etwa 58, und an Gasverbrauch 60%. Auf vollem, stark getriebenem Gasgebläse konnte man ohne Drahtnetz 1 Liter Wasser in 3½ bis vier Minuten zum Sieden bringen. Wenn in der im November 1893 abgeschlossenen und im Januarheft der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ veröffentlichten Gemeinschaftsarbeit von Schott und Winkelmann über das neue Geräteglas mitgeteilt wird, diese Studie sei von ihnen im Anschluß an eine demnächst erscheinende Gemeinschaftsarbeit über die thermischen Widerstandskoeffizienten verschieden zusammengesetzter Gläser entstanden, so ist damit gemeint die Abhandlung, die sie mit dem Abschlußvermerk 15. Dezember 1893 unter dem Titel „Über thermische Widerstandskoeffizienten verschiedener Gläser in ihrer Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung“ in der Folgezeit, d. h. im Jahrgang 1894 (S. 730-741) in den „Annalen der Physik und Chemie“ veröffentlicht haben. Der von ihnen geprägte Ausdruck „thermischer Widerstandskoeffizient“ sollte zeigen, von welchen physikalischen Eigenschaften die Kraft abhängt, mit der ein Glas plötzlicher Abkühlung Widerstand leistet. Dabei war weiter gezeigt worden, wie die genannten physikalischen Eigenschaften durch den Elastizitätskoeffizienten, die Zugfestigkeit, den thermischen Ausdehnungskoeffizienten, die thermische Leitfähigkeit, die spezifische Wärme und das spezifische Gewicht bestimmt werden, und wie sich die Koeffizienten, von denen der thermische Widerstandskoeffizient anhängt, mit einer gewissen Annäherung berechnen lassen, wenn die chemische Zusammensetzung des Glases bekannt ist und nicht zu sehr von den bereits untersuchten Gläsern abweicht. Eine zweite, ebenfalls mit dem Abschlußvermerk 15. Dezember 1893 versehene Gemeinschaftsarbeit „Über Elastizität und über die Zug- und Druckfestigkeit verschiedener neuer Gläser in ihrer Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung“ war von Schott und Winkelmann ebenfalls im Jahrgang 1894 (S. 697-729) der „Annalen der Physik und Chemie“ veröffentlicht worden. In ihr waren die Elastizitätskoeffizienten, die Zug- und Druckfestigkeit für 18 verschiedene Gläser experimentell bestimmt und die dabei erlangten Resultate durch Formeln in ihrer Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung charakterisiert worden. Aus Notizen, die sich Schott in seinem Arbeitsjournal gemacht hat, scheint hervorzugehen, daß er sich der Gemeinschaftsarbeit mit Winkelmann über die Bestimmung der Zug- und Druckfestigkeit erstmalig im Mai 1892, also kurz nach der Erschmelzung des neuen Geräteglases 202/III, zugewandt hat. Seine mit Winkelmann gemeinsam betriebenen Studien über die thermischen Widerstandskoeffizienten scheinen nach entsprechenden Journalnotizen zu schließen, zu Anfang des Jahres 1893 eine planmäßige Gestalt gewonnen zu haben. Schon im November 1892 hatte er Dr. Fritz Foerster dazu angeregt, eine Anzahl von ihm hergestellter Gläser verschiedener Art im Rahmen des Arbeitsprogramms der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt einer systematischen Untersuchung zu unterziehen, sobald Foerster seine damals noch in Gang befindlichen allgemein-orientierenden Versuche über die Einwirkung von Säuren

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auf Gläser beendet haben würde. Während die letztere Arbeit („Über die Einwirkung von Säuren auf Glas“) in der Reihe der Untersuchungen der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt im Jahre 1893 in der „Zeitschrift für analytische Chemie“ (XXXIII, S. 299) veröffentlicht wurde, ließ Foerster zunächst eine Studie „Über die Beurteilung der Glasgefäße zu chemischen Gebrauche“ in derselben Reihe in der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ (1893, S. 457) erscheinen und veröffentlichte, wiederum in der selben Untersuchungsreihe (in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1894, S. 381) die von Schott abgeregte Arbeit unter dem Titel „Vergleichende Prüfung einiger Glassorten hinsichtlich ihres chemischen Verhaltens“. Bei der Einführung des neuen Geräteglases in den Handel, die noch im Laufe des Jahres 1893 erfolgte, ging Schott schrittweise vor, indem er zur Fabrikation in zunächst einem kleinen Versuchsofen für das Borosilikat-Geräteglas 202/III mit „2 ½“ Arbeitern, d. h. zwei Erwachsenen und einem Jugendlichen in Betrieb nahm, um dann, während der Sommer- bzw. Herbst-Betriebspause einen neuen Ofen für chemische Geräte und einen zweiten neuen Ofen für Verbund- und Verbrennungsröhren bauen zu lassen. Über die ungefähren Betriebskosten des kleinen Versuchsofen notierte er sich in seinem Arbeitsjournal im Frühjahr 1893 folgende Sätze (bei denen die General-Unkosten nicht mit berücksichtigt waren): „Satz 15 kg täglich 4, - M Kohlen 7, - M Löhne für 2½ Arbeiter a 5, - M 12,50 M Andere Löhne, Kühlofen 3, - M 26,50 M Wert der Produktion etwa 50, - M Kolbendurchmesser für 1 Liter Inhalt 12,0 500 cm3 9,8 250 cm3 7,8 100 cm3 6,0“ Es folgen im Arbeitsjournal dann weiter Notizen, die sich auf die Zubereitung von Stempelfarbe für das Geräteglas und einen darauf bezüglichen Patent-Anspruch, ferner auf Versuche zum Auftreiben und Absprengen von Kolben und Erlenmeyer-Flaschen und die Einrichtung eines dazu geplanten Geräteraumes im Glaswerk beziehen. Um Ende Juli 1893 versandte das Glaswerk an die inzwischen durch Probelieferungen von Geräteglas ermittelten Interessenten und in Aussicht genommenen Wiederverkäufer als Geschäftsdrucksache ein Rundschreiben folgenden Inhalts: „Eine Anzahl angesehener Firmen hat im Anschluß an frühere Mitteilungen des Glaswerks über die beabsichtigte Einführung des neuen Jenaer Geräteglases in den Handelsverkehr lebhaftes Interesse für diesen Artikel gezeigt. Mit den jetzigen Einrichtungen des Glaswerks kann den voraussichtlichen Bedarf noch nicht genügt werden; größere Aufträge können erst im Winter 1893/94 ausgeführt werden. Die Wiederverkäufer werden schon jetzt darauf aufmerksam gemacht, daß die in der (kommenden) Preisliste enthaltenen Preise als Mindestverkaufspreise im Verkehr mit Kunden anzusehen sind, daß sich auch das Glaswerk an sie gebunden fühlt und daß es im Interesse der Wiederverkäufer Unterbietungen nicht zulassen wird, sondern ihnen bei Verletzung dieser von ihnen ausdrücklich schon jetzt anzuerkennenden Verkaufsbedingung jeden Rabatt entziehen wird.

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Sobald größere Aufträge ausgeführt werden können, werden die Wiederverkäufer mit ihren Firmen eine zu bestimmende Anzahl von Prospekten erhalten, eventuell gleichzeitig mit solchen über die im Glaswerk hergestellten Röhrensorten. Die Interessenten werden um Äußerung darüber gebeten, ob die ihnen mitgeteilten Preise annehmbar sind oder ob ein angemessener Aufschlag für Transportkosten hinzugerechnet werden soll. Lieferungen des Geräteglases für Probezwecke können z. Zt. noch ausgeführt werden.“ Wie es scheint, wurde zu Anfang Dezember 1893 der inzwischen in der Glashütte neu erbaute Geräteofen nebst dem nun ebenfalls fertiggestellten Ofen für Verbund- und Verbrennungsröhren in Betrieb genommen, und für die Geräteglasfabrikation wurde von nun ab das oben erwähnte Geräteglas 202/III zu Grunde gelegt Als Lohnsätze für das Auftreiben der Geräte notierte sich Schott in seinem Journal unter dem 30. Dezember 1893 folgende vorläufige Abmachung: „Kolben und Erlenmeyer auf 100 Stück M 1, Bechergläser unter Nr. X, gleichgültig ob mit oder ohne Ausguß auf 100 Stück M 1,50 Bechergläser über Nr. X auf 100 Stück M 3, - “ Ein weiterer Journal-Eintrag vom 13. Januar 1894, der sich auf das Abwischen und Stempeln von Geräten bezieht lautet: „Für Abwischen und Stempeln von Geräten: 100 Stück 25 Pfg. Aufschlag auf die Preise des Auftreibens. Größere Nummern (über X): 30 Pfg.“ In einer wohl noch im Dezember 1893, spätestens aber im Januar 1894 vom Glaswerk herausgegebenen Geschäftsdrucksache wurde die Öffentlichkeit nun erstmalig in aller Form mit den zunächst hergestellten Arten des neuen „Jenaer Geräteglases von hoher Widerstandsfähigkeit gegen Temperaturunterschiede und chemische Angriffe“, nämlich von Stehkolben (Kochflaschen) nach Erlenmeyer und Kochbechern (Bechergläser) verschiedener Größen und den dazu gehörigen Stück- und Satzpreisen bekannt gemacht. Dabei wurde einleitend auf die Vorzüge hingewiesen, die bereits im Frühling 1893 von der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt an dem neuen Glas festgestellt worden waren und die sich bereits bei einer Anzahl von chemischen Laboratorien praktisch bewährt hatten. Als Firmen, von denen das neue Jenaer Geräteglas bereits geführt wurde, werden am Schluß des Prospektes folgende genannt: In Deutschland: M. Kähler & Martini – Berlin; C.A.F. Kahlbaum – Berlin; Dr. R. Münche – Berlin; Dr. H. Rohrbeck – Berlin; Ehrhardt & Metzger – Darmstadt; C. Desaga – Heidelberg; Alt, Ehrhardt & Jäger – Ilmenau; Alexander Küchler & Söhne – Ilmenau; E. Leybolds Nachf. – Köln; Fr. Hugershoff – Leipzig; Greiner & Friedrichs – Stützerbach; Constantin Heintz – Stützerbach. Im Ausland: R. Drosten – Brüssel; Calderoni & Co. – Budapest; Cornelius Knudsen – Kopenhagen; A. Gallenkamp & Co. – London; Hijos de Basabe – Madrid, G. Eisenträger – Madrid, Richard Kny & Co. – New York, E. Cogit & Co. – Paris; Gallois & Dupont – Paris; J. C. Marius – Utrecht; Lenoir & Forster – Wien. Wie sich im Verlauf der 1890er Jahre das somit im Jahre 1892 in das Produktionsprogramm des Glaswerks aufgenommene Geräteglas nebst den Einschmelz- und Verbrennungsröhren für chemische Laboratorien zu einem geschäftlich bedeutenden Handelsartikel entwickeln sollten, geht aus der oben mitgeteilten Tatsache hervor, daß der Gesamtumsatz von 1892 bis zum Ende des Geschäftsjahrs 1899 bereits die Summe von

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387 000 Mark erreicht und daß in diesem letzteren Jahr der Umsatz in Höhe von 108 000 den des Normal-Thermometerglases bereits um 62 000 Mark und den der Wasserstandsröhren aus Verbundglas um 26 000 Mark überflügelt hatte. Aufschlußreich ist in dieser Hinsicht auch ein Vergleich zwischen dem das Geräteglas betreffenden Prospekt des Glaswerks vom Winter 1893/94 mit dem Preisverzeichnis, das vom Glaswerk über das Geräteglas sowie die Röhrengläser für chemische Laboratorien und Normalglas-Thermometer unter Nr. 228 im März 1901 ausgegeben wurde. Danach hatten sich die ursprünglichen drei Sorten von Fabrikaten aus Geräteglas inzwischen auf 16 erhöht, nämlich: Stehkolben, Rundkolben, Rundkolben mit aufgelegtem Rand, Meßkolben, Meßkolben mit eingeschliffenen Stöpseln, Kjeldahlkolben, Kochflaschen nach Erlenmeyer, Kochbecher mit oder ohne Ausguß, Kochbecher von niedrigerer (Griffinscher) Form mit Ausguß, Retorten ohne oder mit Tubulus, Fraktionskolben, Abdampfschalen, Reagentienflaschen, Reagiergläser, starkwandige Verbrennungsröhren. An Einschmelzröhren wurden nur angeboten solche aus Verbundglas und aus dem neuen Duraxglas, ferner Verbrennungsröhren zur Elementaranalyse in chemischen Laboratorien, Röhren aus Geräteglas, Röhren aus dem im Herbst 1897 erschmolzenen, mit Platindraht haltenden Glas 397/III, ferner alkalifreie Röhren, die unter der Schmelznummer 477/III aus dem neuerbauten Versuchsofen der IV. Hütte gegen Ende des Jahres 1900 hervorgegangen waren und wegen ihres geringen Leitungsvermögens besonders für elektrische Isolationen geeignet waren. Auch dickwandige Geräte (Bechergläser), als Ersatz für Porzellangefäße, konnten nun angefertigt werden. An Thermometer-Normalglas wurden in dem Verzeichnis, wie bereits oben erwähnt, die inzwischen weltbekannt gewordenen Röhrensorten 16/III und Borosilikatglas 59/III angeboten. An Firmen, von denen die für Laboratoriumszwecke gebrauchten Gläser nunmehr ständig geführt wurden, nennt das Verzeichnis vom März 1901 deren 35 allein in Deutschland (gegenüber 12 im Verzeichnis von 1893/94) und 49 im Ausland (gegenüber elf im Verzeichnis 1893/94) und zwar praktisch nunmehr schon in allen Ländern Europas sowie in USA, Kanada und Südafrika. Wie bereits oben erwähnt, hing die stürmische Entwicklung, die das Glaswerk im Verlauf der 1890er Jahre zum industriellen Großbetrieb nahm, wesentlich mit der Tatsache zusammen, daß in das Produktionsprogramm vom Jahre 1893 ab zusätzlich auch die von Schott entwickelten Zylinder für Gasglühlicht- und Petroleumbeleuchtung, die sich gegenüber den damals üblichen Handelsgläsern dieser Art durch erhöhten Widerstand gegen schroffen Temperaturwechsel auszeichneten, aufgenommen wurden. Auch in diesem Falle ging dem Stadium der regelmäßigen Fabrikation ein Stadium vielfältiger Schmelzversuche und technischer Überlegungen voraus. Durchblättert man Schotts Schmelzungsbuch III und Arbeitsjournal mit Rücksicht darauf, was sie uns über Schotts Bemühungen um auch die Herstellung eines anspruchsvollen Gebrauchszwecken dienenden Zylinderglases sowie von Beleuchtungskörpern aus solchem Glase machen, so kommt man zu folgender Zeittafel: Mai 1892: Schott macht sich Notizen über „Verbundglassätze für chemische Geräte und Lampenzylinder“ und denkt dabei an „Borosilikatgläser“, weil „für sich resistent und elastisch“. Er bezeichnet es jedoch als fraglich, ob Gläser der in Aussicht genommenen Zusammensetzung nicht zu rampig und schlierig sind

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Mai 1892: Versuche über die Beanspruchung von gekühlten und ungekühlten Zylindern aus Verbundglas mit dem Ergebnis: „Es ist sehr wohl möglich, daß für die Widerstandsfähigkeit gegen schroffen Temperaturwechsel bei schwachwandigen Gefäßen allein die geringe Ausdehnung und die dünne Wand entscheidend ist“. Februar 1893: Notiz betreffend „Lampenzylinder für Auerbrenner“ mit Bemerkung: „Die gewöhnlichen geraden Zylinder saugen vom oberen Rand bis etwa zur halben Länge nach unten kalte Luft ein. Durch Verengerung des Querschnitts der oberen Öffnung kann man es erreichen, dieses Einsaugen zu vermeiden und vermutlich die Haltbarkeit des Zylinders erhöhen.“ Aber: „Schlägt die Flamme des Bunsenbrenners nicht zu leicht durch beim Anzünden, wenn die Verengerung vorgenommen wird?“ – „Jeden Zylinder vor dem Gebrauch durch Bunsenbrenner mit starker Heizwirkung zum beginnenden Erweichen bringen, damit das Spannungsgleichgewicht im Zylinder schon vorhanden ist, wenn derselbe in Gebrauch genommen wird und nicht erst entsteht, wenn der teure Strumpf eingehängt ist.“ Februar 1893: Notiz: „Lampenzylinder“, „Gebrauchte von Auerlicht“. Bemerkung: „Alle Zylinder dieser Art sind gespannt. Zum Teil sehr einseitig. Rührt her von einseitiger Erweichung. Manche dieser gebrauchten Zylinder springen wie gezogene Glasrohre, wenn man sie innen mit dem Diamanten an den gespannten Stellen kratzt. Abhilfe aller Übelstände vermutlich durch Verbundglas 165/III und 59/III. 1. Verbundrohre ziehen und aus diesen Zylinder herrichten; 2. Verbundzylinder in Eisenform machen a) Versuch in ungekühltem Zustande (?) b) Versuch in gekühltem Zustande Verfertigung von Lampenzylindern aus gezogenen Röhren. Schwierigkeiten der Anfertigung. Vielfaches Erwärmen etc. etc.“ Hier folgen zwei Zeichnungen von Zylindern von 47 bzw. 51 mm Durchmesser, der erstere oben verengert und unten auf 49 mm bis 30 mm Höhe erweitert, der letztere oben verengert und unten auf 49 mm bis 30 mm Höhe verengert. März 1893: „Lampenzylinder-Verbund für Auerbrenner 1. Zum Röhrenziehen a) außen b) innen 1 665/III 59/III wie Wasserstandsröhren 0.0000237 0.0000199 (berechnet, wirklich: 170) 2. Zum Aufblasen in der Tretform: a: b: 12,5 Na2O Adk. 126 202/III (das neue 15 PbO 45 Geräteglas) 5 BaO 16 68 SiO2 54 3: In gekühltem Zustande als 0,0000241 Verbundglas. Von den 5 Stück in Gebrauch genommenen Verbund-Zylindern für Auerbrenner in meiner Wohnung ist einer nach 3 – 4 Monaten ohne äußere Veranlassung zersprungen! Die Zertrümmerung geschah explosionsartig wie bei den gewöhnlichen Zylindern. Die Bruchstücke zeigten in der gewöhnlichen Weise Spannung. Sehr dicke Wandung 2 mm. Aus den Bruchstücken war zu erkennen, daß stellenweise Erweichen des Zylinders statt-

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gefunden. Der erwartete Schutz durch die Innenschicht bewährte sich nicht bei diesem Exemplar.“ 1. Juni 1893: Schott verausgabt privat 77,88 Mark für Auerbrenner. Herbst 1893: Dir. Krüger von der Deutschen Gasglühlicht-Gesellschaft, Berlin berichtet (im Sommer 1894) vor der Jahresversammlung der Deutschen Vereinigung von Gas- und Wasserfachleuten in Karlsruhe über die mit den Jenaer S-Zylindern im Herbst 1893 gemachten günstigen Erfahrungen. Mitte Dezember 1893: Schott notiert: „Lampenzylinder aus Verbrennungsröhrenglas haben im Vergleich zu solchen aus Geräteglas eine bedeutend gesteigerte Erweichungstemperatur. Der thermische Bruchkoeffizient dürfte wenigstens gleichgünstig sein wie beim Geräteglas. Hiernach müßten Zylinder aus diesem Glas wesentlich besser sein als aus handelsüblichen Gläsern“. 16. Januar 1894: Schott notiert: „Nach den Prüfungen der Gasglühlichtgesellschaft in Berlin hatten die Zylinder aus Geräteglas sich auf der Lampe gut bewährt.“ Januar 1894: Schott notiert: „Lampenzylinder aus Verbrennungsröhrenglas wurden in größerer Anzahl angefertigt, und auf dem Bunsenbrenner, wie er für Gasglühlampen gebraucht wird, geprüft. Es stellte sich hierbei heraus, daß nach dem eingehaltenen Prüfungsverfahren (Geneigt stellen des Zylinders unter etwa 60° und einseitige stellenweise Bespülung des Innenmantels) vorwiegend nur diejenigen nicht zersprangen, welche eine Wandstärke von mindestens 2 – 3 mm hatten. Von den Lampenzylindern aus anderen Glasarten hielt kein Stück bei normaler Dicke von 1 – 1 ½ mm diese Behandlung aus. Die Schiefstellung des Zylinders genügt allein nicht für die Beurteilung des Zylinders. Es ist von Wichtigkeit, daß die Wandstärke nicht so groß ist, daß bei wirklich eintretendem Erweichen die Innenwand auf Zugspannung in Anspruch genommen (wird) und durch Ritzen zum Zerspringen kommt. Nach den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen sind die Zylinder aus (dem Verbrennungsröhren-) Glas 217/III mit einer Wandstärke von 2 – 3 mm als die am günstigsten anzusehen. Geräteglas-Zylinder (aus 202/III) springen, wenn sie etwa ½ Stunde schief auf der Flamme gewesen sind und nach dem Abkühlen im Innern geritzt werden. 217/III verhält sich viel günstiger!“ Februar 1894: Schott notiert: „Anfertigung von Gas-Glühlampen-Zylindern aus (Verbrennungsröhren-) Glas 217. 4 Schmelzungen, deren Dauer zusammen etwa 4 Tage war, im optischen Ofen (größter Hafen). Produziert: 2 400 Stück. In den ersten beiden Schmelzungen gingen manche Stücke verloren. Personal: 3 Glasmacher, 1 Vorbläser und 1 Einträger. Man wird bei 3 Glasmachern und 2 Vorbläsern auf 250 Stück pro Schicht sicher rechnen können (wahrscheinlich 350 – 400 Stück)“ […] 3 „Verbrauch an Kohlen 100,- M pro Stück Löhne (Glasmacher) 90,- M 9 Pfg. Rohmaterial (600 kg x 22) 130,- M 4,5 Pfg. Andere Löhne (Schneiden, 80,- M 6,5 Pfg. Abschleifen, Stempeln) 60,- M 3,0 Pfg. Ofen und Hafen 40,- M 2,0 Pfg. Generalunkosten 100,- M 5,0 Pfg. 600,- M 30,0 Pfg. Produktion 2 300 (Stück?) mal 35 (Pfg?) 800,- M

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Die Zylinder sind noch etwas grünlich gefärbt. Möglichkeit anderen Satzes.“ Schott notiert: „Versuche, folgende Gläser für Lampenzylinder zu schmelzen.“ Es folgen verschiedene Sätze, darunter 2 ohne B2O3. Im Schmelzungsbuch III folgen hier u. a. die Schmelzungen: 226/III (Glühlampen-Zylinderglas, weicher wie das Verbrennungsröhrenglas 217/III, Na2O-Gehalt um 0,7% erhöht, sonst Satz wie 217/III, (von dem 500 kg geschmolzen worden waren). Satzmenge 500 kg. Zu weich, sonst aber gut) 227/III (Lampen-Zylinderglas, etwas weicher als 217/III. Satz von 110 kg wie 226/III. „Es wurden aus diesem Glase etwa 10 Tage lang Lampenzylinder gefertigt. Die Schmelzungen verliefen im verdeckten Hafen des Geräteofens noch ziemlich gut. Die Zylinder waren zum größten Teil brauchbar.“) Kurz vor 10. Mai 1894: Schott notiert: „Einrichtungen für die Fabrikation von haltbaren Lampenzylindern für Glühlicht Gaserzeuger wie die vorherigen Siemens‘schen mit Treppenrost. Treppenrost-Seite nach Süden offen ohne Mauer. Vorraum vor dem Rost oben überwölbt. 1 Sammelkanal vor dem Gaserzeuger mit Teerloch. 1 Schmelzofen mit 3 bzw. 5 Häfen (verdeckt). Eisenteile wie die vorherigen mit Haube. 4 – 5 Kühlöfen für je 3000 Stück Zylinder. Sohle nach hinten vertieft. 1 Wärmeofen für 3 – 5 Häfen verdeckt. 1 Gemengekammer. 1 Raum zum Abschneiden der Zylinder mit Stichflamme (0,6 – 0,7 Pfg. pro Stück). 3 – 4 Schneidapparate mit 2 Flammen. 2 – 3 Schleifscheiben zum Abschleifen der Zylinder. 1 Motor zum Treiben der Schleifmaschinen (Gas etc.). 1 Raum zum Stempeln und Einbrennen. Einbrennvorrichtung. 1 Packraum. Einrichtungen, um das Schleifen der Zylinder in Massen vorzunehmen: Einwärmofen mit Gas für das Stempeln. Anfertigung von Kisten, welche 150 Stück Zylinder fassen. Längsseite 76 cm für 15 Stück, Kurzseite für 10 Stück. Blechscheidwand 1 ½ mm Dicke, Lattenboden, Draht zwischen den an den kurzen Kistenseiten befindlichen Anfaßgriffen.“ Zwischen 10. und 17. Mai 1894: Schott notiert: „Abschneiden von Lampenzylindern (beiderseits) pro 100 Stück zu 60 Pfg.)“ 16. Juni 1894: Zu den Erörterungen über einen Neubau im Glaswerk zur Fabrikation von Lampenzylindern: Die Gasglühlicht A.G. Berlin ist mit Schotts Vertragsvorschlägen grundsätzlich einverstanden. Der Abschluß soll in etwa einem Monat erfolgen. Schott beabsichtigt mit seinem Nachbarn, dem Kohlenhändler Alfred Schulze, einen Grundstückskauf in Größe von 209 weimarische Quadratruten und zum Preise von 40 000 Mark abzuschließen, einerseits, um einen unbequemen Nachbarn loszuwerden, andererseits, um für den in Aussicht genommenen Neubau Vorsorge zu treffen. Abbe ist mit dem Plan einverstanden, und auch der Stiftungskommissar Rothe gibt am 18. Juni seine Zustimmung dazu.

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4. Mai 1894: Dr. Brügelmann an seinen Freund Dr. Schott, regt an, Schott sollte, sei es aus Verbundglas, sei es aus Geräteglas oder einer anderen ihm zur Verfügung stehenden Glasart widerstandsfähigere Lampenzylinder herstellen lassen. „Ich meine die überall gleichwertigen Zylinder für Argand- und Auer-Brenner.“ zwischen 17. und 30. Mai 1894: Schott notiert: „Schwerstes Kron (oder diesem ähnliches Glas) für die Fabrikation von Lampenzylindern gebrauchen! Vorteile 1.) beschlägt nicht auf der Flamme und braucht darum weniger häufig gereinigt zu werden (Na2SO4 – kann sich nicht bilden) 2.) Erweicht sehr schwer. Nachteile 1.) Schwer zu verarbeiten an der Pfeife 2. Teuer 3. Spröde.“ Es folgen Versuchssätze mit 8 bzw. 7% ZnO. Dann die Bemerkung: „Der Zinkgehalt ist wahrscheinlich Ursache der Trübung“. Ergebnis: „Zylinder aus schwerstem Bar.Kron (optisches Glas) lassen sich sehr schwer anfertigen und müssen eingewärmt werden. Geneigt auf dem Bunsenbrenner erwärmt zerspringen sie ziemlich leicht.“ Es folgt die Bemerkung: „Wiederholung von 185/III, Ad = 0,0000150 für Lampenglas“ Im Schmelzungsbuch III daher die alsbaldige Schmelzung: „Lampenzylinder, Glühl. ähnlich 185/III: Nr. 235/III. Satz 250 kg und Bemerkung: „Versuch, ob dieses Glas schwer schmelzbar genug ist, um im Geräteofen gleichzeitig arbeiten und schmelzen zu können. Das Glas … war etwas steinig. Auch neigt es bei der schnellen Erkaltung der Zylinder zum Milchigwerden. Das Glas wurde aus den 3 verdeckten Häfen ausgeschöpft und der alte Satz (Geräteglas) 221/III wieder eingelegt. Es werden nur einige wenige Zylinder versuchsweise angefertigt.“ Schott notiert: „ Für Lampenzylinder ist die Anwendung des Verbundglases augenscheinlich schwer ausführbar, weil die Dicke des Innenglases sich nicht gleichmäßig halten läßt und dadurch eine Zertrümmerung bei der Abkühlung eintritt. Unbrauchbar. Es wurden Versuche gemacht, dickwandige Verbundglasgeräte mit 234/III (als Außenglas) und Geräteglas (221 a) innen mit Abkühlung in freier Luft und im Kühlofen zu Zylindern zu verarbeiten. Die Zylinder sprangen fast sämtlich. Die im Kühlofen sich abkühlenden sprangen erst im Laufe des Passierens des Kühlofens […].“ Herbst 1894: Inbetriebnahme des neuen Ofens für Geräte- und Zylinderglas. 10. Oktober 1894: Dr. Fritz Haber (Chem. Techn. Laboratorium der TH Karlsruhe) an Schott: überreicht Schott eine Liste von Firmen, die außer der Berliner (Auer-) Gasglühlichtgesellschaft Gasglühlichtapparate herstellen. Er bemerkt dazu, daß die Gautzschen Gasglühlichtbrenner und Glühkörper nicht so gut sind wie die Auerschen, aber etwas billiger und sehr verbreitet. 12. Oktober 1894: Das Kaiserliche Patentamt Berlin teilt dem Glaswerk mit, daß die Prüfung des am 26. November [1893?] eingereichten Patentanspruchs betr. „Stempelund Dekorationsverfahren für Glas-, Emaille- und Tonwaren“ mit Rücksicht auf eine frühere, den selben Gegenstand betreffende Anmeldung bis auf weiteres ausgesetzt ist. 5. November 1894: Dr. Haber bestätigt Schott den Empfang von Versuchszylindern, verweist ihn zur Anregung von weiteren Verbesserungen auf einen Bericht in „Schillings Journal für Gasbeleuchtung“ (vom Jahr 1880, S. 550) über Franklands Versuche mit

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Doppelzylindern an Gas-Rundbrennern, fügt Bericht über eigene Versuche hinzu und bittet Schott um Doppelzylinder nebst Aufsatz-Glasplatten aus Jenaer Glas zu Versuchszwecken. (NB. Schott notiert um Mitte Dezember: „40, 50 und 60 cm Zylinder für Dr. Haber Karlsruhe aus Röhren!“) 19. November 1894: Das Glas 252/III mit sehr niedrigem Ausdehnungskoeffizienten wird als Goldstempel-Zylinderglas der Fabrikation zu Grunde gelegt. Etwa 15 bis 20 000 Zylinder werden in drei Wochen daraus gefertigt. 22. Dezember 1894: In Wiesbaden wird eine Straße mit 22 Kandelaberlaternen versuchsweise mit den neuen Jenaer Zylindern ausgestattet. Bis Mitte Januar ist nicht ein einziger davon gesprungen, obwohl die Witterung mit Regen, Sturm und Schnee in dieser Zeit denkbar ungünstig war. Dezember 1894: Die Ende 1894 aus dem Jenaer Glaswerk hervorgegangenen „Jenaer Gasglühlichtzylinder“ üben auf die Entwicklung der Gasglühlicht-Industrie vorteilhaften Einfluß aus. Ihre bis dahin unbekannte Widerstandsfähigkeit gegen schroffen Temperaturwechsel und gegen Stellen weises Erweichen durch die Gasflamme hat erhebliche Abnahme des Zylinderbruchs zur Folge und hat auch die Anwendung des Glühlichtes auf die öffentliche, den Unbilden der Witterung durch Regen, Sturm und Schnee ausgesetzte Beleuchtung in größerem Umfange ermöglicht. Januar 1895: Erstes Preisverzeichnis des Glaswerks über Jenaer Gasglühlichtzylinder. 7. Februar 1895: Schott erhält ein englisches Patent für die von ihm erfundenen Lochzylinder. Erteilung des Patents am 23. März 1895. Weitere Patente werden nachgesucht und erteilt auch für Belgien, Frankreich, Italien und Österreich. kurz vor dem 5. April 1895: Schott macht sich Notizen über den Bau einer zweiten Glashütte zur Herstellung von Zylindern; u. a. notiert sich Schott dabei: „Konzessionsgesuch mit Zeichnung, Beschreibung der Anlage nach Apolda zu senden mit Ersuchen um Beschleunigung der Konzession. – Bestellung der Eisenteile für Gaserzeuger und Kanäle, Schmelzofen (Haube, Spannungen, Schieber, Kühlschornstein), der Eisenteile für die Eisendachbinder des Hüttengebäudes, der Anker durch die Bogen der nördlichen Seitenwand in der ganzen Seitenlänge, Giebelanbau, Gasleitung, Schneidevorrichtungen, Umschmelzbrenner, Ventilation im Umschmelzraum, Gerüst zur Lagerung von Zylindern im Schneideraum. – Kühlofen für die Zylinder (in gleicher Art wie am Geräteofen). Schieber mit Löchern, Gasverbrennung unter den Kanal. Wagenschienen, Abzugsschornstein, Kanäle: Gas-Sammelkanal, Kanal mit Teerloch, Einsteigöffnungen und Abdeckplatten. Zugkanal (an die Esse Schieber?). – Leucht- und Motorgas-Zuleitung zur Hütte. Wasserleitung mit Hähnen. Rührer mit Vorrichtungen. Einige Wasserbassins und Eisenbassins für Glasabfälle. – Eisenbassin als Wasservorrat für die neue Hütte (wo unterbringen?).“ 5. April 1895: Einreichung des Gesuchs um Erlaubnis zum Bau einer neuen Glashütte bei der Bezirksdirektion Apolda. Die Anlage soll der Anfertigung einer neuen Art von Lampenzylindern dienen, und da für diese der Monat August die Hauptverkaufszeit ist, wünscht das Glaswerk die Anlage möglichst bis dahin fertiggestellt zu sehen. 20. April 1895: Für die Fabrikation von Lampenzylindern legt das Glaswerk das leichtflüssige, im verdeckten Geräteofen mit 23,5% Borsäure erschmolzene Glas 276/III zu Grunde.

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25. April 1895: Öffentliche Ausschreibung des Zylinderhüttenprojektes durch die Bezirksdirektion. 29. April 1895: Der Hafenraum des Glaswerkes soll durch einen Anbau vergrößert werden. 10. Juni 1895: Das Glaswerk erhält den Bauerlaubnisschein für die Zylinderhütte. 14. Juni 1895: Das Goldstempelglas 276/III wird erstmalig mit der billigeren toskanischen Borsäure von Tossi in Florenz erschmolzen, die nun zum Preis von 48 Lire (= 37 Mark) pro 100 kg (85%) eingekauft worden ist, statt der für 100 Mark aus deutschen chemischen Fabriken bezogenen wasserfreien B2 O3. 15. Juni 1895: Das Glaswerk teilt durch Geschäftsdrucksache seiner Kundschaft mit, daß seine Zylinder-Fabrikation wegen Ofen-Umbauten auf einige Zeit unterbrochen werden muß. Es hat keine Zylinder mehr auf Lager und ist mit Bestellungen noch im Rückstand. Aufträge auf Goldstempel-Zylinder können nur mit mehrwöchiger Lieferfrist angenommen werden. Grünstempel-Zylinder können noch abgegeben werden, solange der Vorrat reicht. Eine Neuanlage für größere Produktion hofft man um die Mitte das August in Gang zu bringen. 1. August 1895: Erteilung des behördlichen Erlaubnisscheines zur Inbetriebnahme der neuerbauten Zylinderhütte und des Vorschmelzraumes im Jenaer Glaswerk. Juli 1895: Anfang: Aufnahme der Arbeit in der neuen Zylinderhütte, mit starker Vermehrung des Arbeiterpersonals. nach dem 15. Oktober 1895: Schott notiert die an gekühlten Gefäß-Dilatometern von Prof. Winkelmann beobachteten Kubischen Ausdehnungs-Koeffizienten von Geräteglas 246/III: 0,0000171 (berechnet 172) und Zylinderglas (sog. Gold-Stempelgas) 278/III: 0,0000132. Die Bestimmungen wurden zwischen 0° und 100° ausgeführt. Die Gläser zeigten, am schwarzen Spiegel im polarisierten Licht untersucht, keine Spannung. Eine frühere Winkelmannsche Bestimmung der Ausdehnung von Goldstempelglas am gekühlten Gefäß-Dilatometer hatte 0,0000136, am gekühlten und am ungekühlten 0,0000147 ergeben. 23. bzw. 29. Oktober 1895: Das Glaswerk erhält von der Bezirksdirektion Apolda die Erlaubnis, zu den ihm am 10. Juni genehmigten zwei Schmelzöfen und zwei Gaserzeugern noch drei weitere Gaserzeuger zu erbauen. 14. November 1895: Das Grundstück des Glaswerks Schott & Gen. trägt die Bezeichnung Lichtenhainer Straße Nr. 9, 11 und 15 (Wohngebäude mit 1 Stock 112,27 qm ferner 3 Seitengebäude mit Hintergebäude mit 1 Stock 3767,96 qm). Schotts Wohnhaus ist Nr. 5, Grieshammers Wohnhaus Nr. 18, dann Reinhard Nr. 19. Dr. Riedels der Glashütte gegenüber liegendes Haus ist Nr. 12. Preißers Haus ist Nr. 9 (Ecke Lichtenhainer Straße/Jansonstraße). 22. November 1895: Erlaubnis zur Inbetriebnahme der durch Urkunden vom 10. Juni und 23. Oktober 1895 genehmigten Erweiterungsbauten des Glaswerks (nämlich: zwei Zylinderöfen und fünf Gaserzeuger). 29. November 1895: Das mit einem Gehalt von 23,50% Rohborsäure und mit Beseitigung des Salpeters im Satz und Ermäßigung des Gehalts an Na2O auf 6% erschmolzene Goldstempel-Zylinder-Glas 278/III (mit Ausdehnungskoeffizienten 3 alpha 0,0000132) wird in Gebrauch genommen.

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Januar 1896: Schott auf Geschäftsreise, verhandelt wegen Zylindern in Köln mit der Firma Clement, sowie in Paris mit der Pariser Gas-Glühlicht-Gesellschaft. – In Paris Vertreter des Glaswerks: E. Krauß & Cie, 32, Rue de Bondy, Werkstatt: 23, Rue Albany. 30. Januar 1896: Wegen sich fortgesetzt steigender Nachfrage nach den vom Glaswerk eingeführten Lampenzylindern und anderer Erzeugnisse bittet das Glaswerk u. a. um Bauerlaubnis zur Verlängerung der Zylinderhütte zwecks Erbauung eines dritten Schmelzofens nebst Gemengeraum und Giebelraum für Absprengerei und Umschmelzen der Zylinder. 5. März 1896: Das Zylinderglas 304/III (mit 20,50% H3 BO3-Gehalt) wird der Fabrikation von Zylindern zugrunde gelegt. 10. bzw. 16. März 1896: Das Glaswerk erhält die Bauerlaubnis zum Bau der am 30. Januar nachgesuchten Erweiterungsbauten. März 1896: Schott notiert: „Am Dienstag (17. März) Nachmittag 5 Uhr. Löschung des II. Zylinderofens wegen Zerstörung der Füchse. Am Donnerstag (19. März) wurden beide Füchse neu gebaut und ein neues Ofengewölbe gemauert. Am selben Abend wurde durch einen vorgebauten Wolf wieder Feuer eingebracht und am Sonnabend (21. März) früh das Gas wieder eingelassen und am Nachmittag 3 Uhr 5 neue Häfen eingesetzt.“ Hiernach hat die Reparatur des Ofens inklusive Erkalten, Wiederanbrennens und Einsetzen der Häfen nur 48 Stunden gedauert. Juni 1896: Persönliche Verhandlungen Schotts in Berlin mit der Gas-Glühlicht A.G. (Auer?) wegen gemeinsamer Einführung der Schottschen (Loch-)Zylinder. Die Gesellschaft soll zu gleichen Preisen verkaufen wie das Glaswerk. Abschluß auf ein bis drei Jahre vorgesehen. Gleiche Abstufungen für den Großhandel, den mittleren Großhandel und Installateure, Lieferung wie bisher mit fest vorgeschriebenen Preisen. 8 bis 10% Rabatt für die gesamten Bezüge der Auerlichtgesellschaft. Verkäufe der Gesellschaft ins Ausland, wo Schott den Alleinverkauf nicht vergeben hat, sind gestattet. Die Auergesellschaft ist zu keiner festen Abnahme verpflichtet. 30. Juni 1896: Die Bezirksdirektion in Apolda gestattet die Inbetriebnahme der am 30. Janar nachgesuchten Erweiterungsbauten des Glaswerks. Sommer 1896: Schott notiert Einzelheiten zu: „Neue Zylinder-Konstruktion für Gasglühlicht“: „An der Stelle, wo der Zylinder den Glühkörper umschließt, wird er durch Erweichen vor der Gebläseflamme ausgezogen, und dann werden von innen nach außen vor der Gas-Lampe Löcher durchgestochen (nach bekanntem Verfahren). Durch das Ausziehen des Zylinders wird beabsichtigt, die Glaswand so dünnwandig (1/3 bis ½ mm) zu gestalten, daß weder Temperaturwechsel noch Stichflamme ihm etwas anhaben können. Bedeutende Steigerung der Leuchtkraft des Gasglühlichts. Die Verengerung in der Flamme ist allein schon geeignet, ziemliche Erhöhung der Leuchtkraft zu veranlassen. Erhöhung der Zylinderlänge auf 28 – 30 cm mit Löchern steigert die Leuchtkraft, wie es scheint, am meisten. Eine Erhöhung des Verbrauchs an Gas scheint notwendig zu sein, um die höchste Leistungsfähigkeit der Lampe zu erreichen. Große Löcher von 11 – 12 cm Durchmesser bei geringerer Höhe. Verschiedene Erweiterungsformen der Zylinder. Einströmungsrichtung kann geändert werden. Tangentiale Löcher veranlassen spiralförmigen Gang des aufsteigenden Luftstroms.“ Kurz darauf notiert Schott: „Formen der Lochzylinder für den Handel:

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1.) Lochzylinder für N-Brenner Verbrauch 60 – 70 l 60 Kerzen Lochzylinder für gewöhnliche C-Brenner, 19 cm lang Verbrauch 100 l 70 – 75 Kerzen Lochzylinder für C-Brenner mit Korb, 25 cm lang, 60 mm Durchmesser oben Verbrauch 160 – 170 l 120 – 130 Kerzen Lochzylinder für veränderte E-Brenner mit Korb Verbrauch 230 – 250 l 180 – 200 Kerzen“ 2. Juli 1896: Das Glaswerk erhält Gebrauchsmusterschutz auf Glaszylinder, tulpenförmig mit Kannelierung und Glaszylinder mit zylindrischer Ausbauchung des die Flamme umgebenden Teiles. 8. September 1896: Schott meldet beim Kaiserlichen Patentamt Anspruch an auf Patentierung von Verfahren, um Lampenzylinder mit äußerst geringer Wandstärke in dem die Flamme umgebenden Teile herzustellen, und Lampenzylinder mit Luftlöchern, welche auf dem Umfange des die Flamme umgebenden unteren Teils des Zylinders verteilt sind zum Zwecke, durch Erzeugung eines Stroms von durch die Löcher getretener kühlerer Luft längs der Innenfläche des Zylinders die Temperatur des letzteren herabzusetzen und sein Zerspringen zu verhüten. 6. November 1896: Für das Glaswerk werden Gebrauchsmuster geschützt für Lochzylinder mit tangentialen Ansatzröhren, Lochzylinder mit schrägen Ansatzröhren und Zylinder mit Löchern in der Erweiterung. Dezember 1896: Abschluß von Schotts im Januarheft 1897 von Schillings „Journal für Gasbeleuchtung“ veröffentlichtem Aufsatz: „Über neue Jenaer Gasglühlichtzylinder mit seitlicher Zuführung der Luft an den Brenner (D.R.G.M und Auslandspatente)“. Schott schildert darin die Vorzüge der Lochzylinder gegenüber den Gläsern der gewöhnlichen zylindrischen Form, nämlich: gesteigerte Leuchtkraft des Glühkörpers bei erheblich größerer Haltbarkeit des Zylinders (also Zutritt der Luft nicht mehr, wie ursprünglich, zwischen Brenner und Galerie von unten, sondern durch seitlich im Zylinder kranzförmig angeordnete Löcher) besonders geeignet für sog. N-Brenner. 18. Oktober 1897: Das Glaswerk erhält Gebrauchsmusterschutz auf Zylinder mit verschlußloser Anzündeöffnung für Petroleum- und dergleichen Lampen. 18. November 1897: Schott notiert: „Feuerschaden im Schulzeschen Wohnhaus: Zerstörung von gelagerten Zylindern im Wert von ca. 7 600 M“. Ende November 1897: Schott notiert Bemerkungen über „Eine neue GlasAusrüstung für Gasglühlicht“: Zylinderträger mit Vorwärmung der Luft, radiale Zuführung der letzteren, Aufhängung des Zylinders in einem äußeren Kelchglas, also Vorbereitung des Patentgesuches vom 16. Februar 1898. 16. Februar 1898: Schott meldet beim Preußischen Reichs-Patentamt einen Patentanspruch an auf die von ihm erfundene Neue Jenaer Ausrüstung für Gasglühlicht, bestehend aus einem Tragglas und Hängezylinder, mit seitlicher Zuführung der vorgewärmten Luft an den Glühkörper. Die Patentierung erfolgt unter DRP Nr. 104 657 am 5. August 1899 mit Rückwirkung vom 17. Februar 1898. Weitere Patentierungen in England, Belgien, Frankreich, Österreich und USA. 18. Februar 1898: Das Glaswerk erhält Gebrauchsmusterschutz auf „Hängezylinder ohne Stützbecher, bei denen die Luftzufuhr durch den Brenner von unten durch Messingeinlagen oder durch eine für diesen Zweck besonders hergerichtete Windschutzkappe abgeschlossen werden kann. Die Vorrichtung ist besonders geeignet zur Verwendung

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in Räumen, die dem Luftzug ausgesetzt sind, z. B. in Korridoren, offenen Hallen, besonders aber in Straßenlaternen.“ Mai 1898: Schott berichtet in „Schillings Journal“ über seine am 16. Febrau 1898 zum Patent angemeldete Konstruktion „Jenaer Hängezylinder für Gasglühlicht“. Sie hat gegenüber den gewöhnlichen glatten Zylindern folgende Vorzüge: 1. gesteigerte Lichtleistung, 2. hohe Widerstandsfähigkeit gegen Luftzug und Wind, 3. Schutz der Glühkörper gegen Berührung des Zylinders beim Einsetzen nach Reinigung, 4. geringere Länge und deshalb billigerer Preis des Hängezylinders, 5. Nicht-Zurückschlagen der Flamme zum Bunsenbrenner beim Anzünden. Wie bei den früheren Lochzylindern ist die vorteilhafte Wirkungsweise der seitlichen Luftzuführung beibehalten. Doch gelangt die Luft nicht in sechs getrennten Einzelstrahlen, wie beim Lochzylinder, an die Flamme, sondern im geschlossenen ringförmigen Zusammenhang, oben vom Zylinder, unten vom Tragglas begrenzt. Als Neuerung treten hinzu: Vorwärmung der Verbrennungsluft am Zylinder und der Schutz, den das untere Tragglas gegen Luftzug und Wind gewährt. 12. Mai 1898: Das Glaswerk erhält Gebrauchsmusterschutz auf Hängezylinder mit Stützbecher. 16. Mai 1898: Gebrauchsmusterschutz auf Lochbirne mit mehreren Austrittsöffnungen. Juli 1898: Eine vom Glaswerk ausgegebene Preisliste über Gläser für Gasglühlicht enthält an Sorten: 1. Jenaer Glühlichtzylinder gewöhnlicher (rein Zylindrischer) Form, 2. desgl. Für die kleinen N- oder Juwel-Brenner, 3. Jenaer Lochzylinder (D.R.G.M. und Auslandspatente), 4. Jenaer Lochglocken (D.R.G.M. und Auslandspatente) in mattem Glas, Zugglas und Glocke in einer Form vereinigt, 5. neue Jenaer Ausrüstung für Gasglühlicht, bestehend aus Tragglas und Hängezylinder (D.R.G.M. und Auslandspatente) mit seitlicher Zuführung der vorgewärmten Luft an den Glühkörper (D.R.P. 104 657, erteilt vor Juli 1899), 6. Luftabschlußbleche. 26. August 1898: Das Glaswerk erhält die Genehmigung der Bezirksdirektion in Apolda zur Inbetriebnahme des Glashüttenschornsteins der zweien Zylinderhütte. Januar – Mai 1899: Das Glaswerk hat im Sommer 1898 im Versuchsofen der Glashütte II mit Schmelzungen von Milchglas (nach Zsigmondys Rezept?) begonnen, z. B. mit dem Glas 398/III einem Zylinderglas, in dessen Satz man auf 100 kg 2,7 kg Knochenasche zugegeben hatte. Am 11. Januar wurde im Versuchsofen das Milchglas 403/III (mit 65,6% Sand, 24,5% Borsäure, 6,4% NaCO3 und 3% Knochenasche) erschmolzen. Es folgte am 10. März das Milchglas 403/III und am 14. März das Milchglas 404 a, am 23. April das Milchglas 407/III (in drei verdeckten Häfen der II. Hütte mit großem Satz) und im Mai das Milchglas 411/III. Juli 1899: Einführung des neuen Milchglases für Glocken (Qu-Glocken genannt) in den Handel. Die Preisliste des Glaswerks vom Juli 1899 empfiehlt zunächst aus diesem Glas hergestellte Lochzylinder, Lochglocken, Traggläser und „Neue Lochglocken, Form Q“, eine Kugel mit Löchern, die in ihrer ganzen Ausdehnung auf der Gasflamme gleichmäßig hell leuchtend erschien. Das Glas wurde empfohlen wegen seines kaum merklichen Lichtverlustes, weil es an Stelle der mattierten Gläser dem Auge eine große

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leuchtende Fläche darbot. „Bei den durchsichtigen Gläsern sendet der blendend leuchtende Glühkörper seine Strahlen unmittelbar nach dem Auge, dagegen gibt das Milchglas mit seiner 20 – 30 mal größeren Ausstrahlungsfläche ein mildes, für das Auge wohltuendes Licht, ein Umstand, der das Glas zur Innenbeleuchtung besonders geeignet macht.“ Januar 1900: Der Kgl. Berginspektor z. D. Kreutz veröffentlicht in der Zeitschrift „Glückauf“ seine „Bemerkungen über das Zerspringen von Glaszylindern bei Sicherheitslampen“. Danach wurden vor einiger Zeit auf einer gewissen Grube Versuche mit Zylindern aus sog. Jenaer Hartglas gemacht. Bei viermonatiger Versuchsdauer zersprangen pro 100 Schichten nur 2,21 Zylinder statt vorher 6,15. Der Erfolg war also überraschend. Der Preis war allerdings dreimal so hoch wie der von gewöhnlichen Zylindern. Der Hauptmangel aber war die Ungleichmäßigkeit der Dimensionen, die trotz Reklamation vom Fabrikanten nicht beseitigt wurde. 1901: Dr. Otto Schott und Dr. Mordko Herschkowitsch veröffentlichen in „Schillings Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung“ eine (auch als Mitteilung Nr. 246 aus dem Glaswerk Jena im Auszug erschienene) Gemeinschaftsarbeit „Über die Verteilung des Gasglühlichts im Raume und die zweckmäßige Anwendung des Milchglases in der Beleuchtungstechnik.“ Januar/Februar 1901: Von dem in der Hütte IV geschmolzenen neuen LampenZylinderglas 520/III meldet das Schmelzungsbuch III, daß es „zunächst für Bergmannszylinder bestimmt“ gewesen sei. 20. Februar 1901: Das Zylinderglas 524/III wird nach derselben Quelle zu Grubenzylindern verarbeitet. 25. Februar 1901: Das zu Grubenlichtzylindern bestimmte Glas 528/III, das für den genannten Zweck als brauchbar bezeichnet ist, wird aus einem Satz von 400 kg vom 25. Februar bis 2. März im fünften Ofen der Hütte IV ausgearbeitet und als Grubenlichtzylinder besser geeignet befunden als das seit dem 5. März 1896 der Fabrikation von Zylindern zugrunde gelegte Glas 304/III 6. März 1901: Die für den gleichen Zweck bestimmte Schmelzung 534/III ist nur bedingt brauchbar, besser aber als das bald darauf im Ofen I der Hütte IV erschmolzene Glas 538/III. August 1903: Als besondere Neuerung empfiehlt die vom Glaswerk im August 1903 veröffentlichte Liste 316 über Jenaer Gläser für Gasglühlicht die durch eingetragene Warenzeichen geschützten „Fantax (Qu-)Glocken“ aus Jenaer Milchglas, die mit künstlerischen Verzierungen und Bildern versehen sind und deren Verwendung als Glocke über gewöhnlichen Gasglühlichtbrennern empfohlen wird in Verbindung mit einem Glasuntersatz (ebenfalls aus Milchglas hergestellt), der dazu dienen soll, die unschön wirkenden Brennerzinken zu verdecken und das Auge vor den aus den Löchern der Glocke hervortretenden grellen Lichtstrahlen zu schützen. Auch werden nunmehr als Neuerung genannt die ebenfalls durch eingetragenes Warenzeichen geschützten Autositschirme aus Jenaer Milchglas, von denen eine Abart, die durch Deutsches Reichspatent und Auslandspatente geschützten seitlichen Schirme als besonders geeignet für Straßenbeleuchtung, Schaufenster und Ausstellungsräume empfohlen. Fassen wir die vorstehenden Einzeldaten über die Entwicklung der Zylinderfabrikation des Glaswerks während der 1890er Jahre noch einmal kurz zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: Angeregt durch häusliche Beobachtungen über die technische Unzuläng-

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lichkeit der zu den Beleuchtungskörpern der führenden Gasglühlicht-Gesellschaften verwendeten handelsüblichen Zylinder begann Schott etwa im Mai 1892 mit Versuchen zur Herstellung von besseren Zylindern zunächst aus Verbundglas. Die für die AuerGlühlichtgesellschaft in Berlin hergestellten Muster aus Verbundglas erwiesen sich jedoch als unbrauchbar, sodaß die Versuche etwa vom März 1893 ab teils mit dem Geräteglas 202/III, teils vom Ende desselben Jahres ab, mit dem sonst für Verbrennungsröhren angefertigte Röhrenglas fortgesetzt wurden. Immerhin waren schon vom Herbst 1893 ab von der Deutschen Gasglühlicht-Gesellschaft Berlin mit Zylindern aus Geräteglas günstige Erfahrungen gemacht worden. Schott ging nun von 1894 ab über zur Herstellung von Zylindern aus Verbrennungsglas-Röhren, von denen die aus den Nummern 217/III, 226/III und 227/III mit dem Goldstempel, und andere mit dem Grünstempel versehenen vom Sommer 1894 ab zunächst in kleinen Mengen in den Handel gebracht wurden. Nachdem im Herbst 1894 in der (seit 1884 bestehenden) Glashütte ein kleiner Zylinderglasofen (mit fünf Häfen) erbaut worden war, wurde das Glas 244/III gleichzeitig der Fabrikation von Geräten, wie von Zylindern vom 6. Oktober 1894 ab zu Grunde gelegt. Als Gold-Stempel-Zylinder gingen von Mitte November größere Mengen aus dem Glas 252/III gefertigte Erzeugnisse in den Handel und ihre praktische Verwendung wurde nun mehr und mehr von der Innenraumbeleuchtung auch auf Straßenbeleuchtung ausgedehnt. Im Januar 1895 erschien das erste Preisverzeichnis des Glaswerks über Jenaer Gasglühlichtzylinder. Die allgemeine Nachfrage nach ihnen steigerte sich besonders stürmisch, nachdem Schott auf die von ihm erfundene Verbesserung der Zylinder, die auf seitlicher Zufuhr der Luft durch kranzförmig im Zylinder angeordnete Löcher beruhte (sog. Lochzylinder), im Februar/März 1895 ein englisches Patent und dann zahlreiche ausländische Patente und am 6. November 1896 auch den Gebrauchsmusterschutz für das Deutsche Reich erlangt hatte. Die Folge war, daß Schott dazu überging, noch im Laufe des Jahres 1895 zu der ursprünglichen Glashütte eine zweite hinzubauen zu lassen, die nun ausschließlich der Zylinderfabrikation diente und im August des Jahres in Betrieb genommen werden konnte. Zu den nunmehr vorhandenen zwei Zylinder-Öfen (davon einer in der alten Glashütte und einer in der neuen Zylinderhütte) kamen zwei weitere Öfen für Zylinder hinzu, die gegen Ende November 1895 in einem Erweiterungsbau der Zylinderhütte in Betrieb genommen wurden. Infolge fortgesetzt sich steigernder Nachfrage nach Zylindern wurde die Zylinderhütte abermals erweitert und mit einem dritten Ofen versehen, der am 30. Juni 1896 in Betrieb genommen wurde. Eine weitere Verbesserung erfuhr die Zylinderfabrikation des Glaswerks durch die von Schott gegen Ende November 1897 ausprobierte und mit Wirkung vom 17. Februar 1898 unter deutschen Reichspatentschutz und weiterhin unter den Schutz ausländischer Patente gestellte „Neue Jenaer Ausrüstung für Gasglühlicht“, bestehend aus einem Tragglas und Hängezylinder, mit seitlicher Zufuhr der vorgewärmten Luft an den Glühkörper. Nachdem im Sommer 1898 mit Versuchsschmelzungen von einem für Gasglühlampen bzw. Lampenglocken geeigneten Milchglas begonnen worden war, wurde dieses unter Mitwirkung von Dr. Zsygmondy erschmolzene Glas, das für die Herstellung von sogenannten QuGlocken und damit für die Zimmerbeleuchtung besondere Bedeutung gewinnen sollte, im Frühling 1899 erstmalig in größeren Mengen hergestellt und noch im Sommer desselben Jahres in den Handel gebracht.

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Über die geschäftliche Bedeutung die die Jenaer Lochzylinder und die Lampenglocken aus Milchglas während der 1890er Jahre für das Glaswerk gewonnen haben, hat sich der damalige Prokurist und spätere kaufmännische Geschäftsleiter des Glaswerks Rudolf Klett in seinem 1934 in der Festschrift „50 Jahre Jenaer Glas“ erschienenen Aufsatz „Aus der Entwicklungszeit des Jenaer Glaswerks zum Großbetrieb“ wie folgt ausgesprochen: „Die Jenaer Lochzylinder, die den Vorteil einer besonders gesteigerten Haltbarkeit bei unverminderter Leuchtkraft boten, haben sich in außerordentlich großem Maße im In- und Ausland eingeführt. Der Umsatz stieg im Lauf der Zeit auf ein Vielfaches des Umsatzes an den zuerst eingeführten glatten Zylinders. Im Anschluß an diese neuen Lochzylinder wurde eine Glocke aus Milchglas erfunden – die Qu-Glocke – , die sich innerhalb weniger Jahre in außergewöhnlich großem Umfang im In- und Ausland einführte. Es kam der schnellen und großen Einführung dieser Glocke neues, gut lichtdurchlässiges, leuchtendes Milchglas zustatten. Ich erinnere mich, daß auf lange Zeit hinaus die überaus stark einsetzende Nachfrage nach diesen Qu-Glocken trotz aller Steigerungen der Herstellung nicht zu bewältigen war […].“ Im Anschluß an die bereits oben mitgeteilten Zahlen über die Entwicklung der Produktion des Glaswerks an Zylindern für Gasglühlicht und Petroleumbeleuchtung bis zum Ende des Geschäftsjahres 1899 seien noch einige weitere Zahlen hierzu mitgeteilt: Wenn schon die Steigerung des Gesamtumsatzes im Glaswerk von rund 500 590 Mark im Geschäftsjahr 1894/95 auf über den doppelten Betrag, nämlich auf 1 135 063 Mark im Jahr 1895/96 durch den inzwischen eingetretenen starken Absatz an Zylindern bedingt war, so gilt dies auch für den Anteil der Zylinder am Gesamtumsatz der folgenden Jahre. Erbetrug nämlich: im Geschäftsjahr 1896/97 bei einem Gesamtumsatz von 1 165 374 Mark nicht weniger als rund 757 000 Mark ferner im Geschäftsjahr 1897/98 bei einem Gesamtumsatz von 1 421.778 Mark bereits rund 1 000 000 Mark und wenn er sich nach den bereits oben mitgeteilten Zahlen im Geschäftsjahr 1898/99 bei einem Gesamtumsatz von rund 1 900 000 Mark sogar auf rund 1 436 000 Mark erhöht hatte, so war auch diese Steigerung auf 72% des Gesamtumsatzes für die Bedeutung kennzeichnend, die das Zylinderglas inzwischen für das Glaswerk genommen hatte. Von den vier Glashütten, die im Herbst 1899 im Glaswerk vorhanden waren, wurden bereits in zwei Hütten Zylinderglas gefertigt, und es standen allein für diesen Produktionszweig, wie bereits oben erwähnt, nunmehr sechs Schmelzöfen mit je fübf Häfen nebst 12 dazugehörigen Anwärmöfen und Kühlröhren zur Verfügung sowie die entsprechenden Einrichtungen zum Absprengen und Verschmelzen der Röhren und zum Lochen, Stanzen und Schleifen der Zylinder. Wir haben oben schon erwähnt, daß sich unter den Röhrengläsern, die das Jenaer Glaswerk in seiner im März 1901 veröffentlichten Preisliste Nr. 228 seiner Kundschaft anbot, auch eine vor der Lampe zu verarbeitende Sorte befand, die sich wegen ihres geringen Leitungsvermögens u. a. für elektrische Isolationen als besonders geeignet erwiesen hatte, nämlich das gegen Ende des Jahres 1900 erschmolzene alkalifreie BarytBorosilikatglas 477/III. Vorgängertypen dieser Glasart waren die von Schott bereits im Februar 1892 erstmalig im technischen Maßstab erschmolzenen Glassorten 121/III und 122/III, die sich auch für die Thermometrie und – wegen ihres ungewöhnlich niedrigen

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Ausdehnungskoeffizienten – auch für Verbundglaszwecke als außerordentlich wertvoll erwiesen hatten. Als Schott einige Musterstücke dieser beiden Gläser an den damals noch an der Universität Straßburg wirkende Professor und späteren Präsidenten der Physikalischtechnischen Reichsanstalt Dr. Friedrich Kohlrausch geschickt hatte, um sie in Bezug auf ihr chemisches Verhalten gegen Wasser und damit auf ihre Brauchbarkeit zur elektrischen Isolation prüfen zu lassen, schrieb dieser am 17. Mai 1892 an Schott u. a.: „Die beiden alkalifreien Gläser haben bezüglich des geringen Leitungsvermögens, welches sie dem Wasser mitteilen, das beste sonstige mir bekannte Glas um etwa 10 mal übertroffen.“ Und in einem weiteren Brief vom 28. September 1892 schrieb derselbe an Schott u. a.: „Über Ihr alkalifreies Glas berichtete ich vorläufig schon vor längerer Zeit, daß das Wasser durch solches ein ungeheuer geringes Leitungsvermögen erhält.“ Nach einem Bericht über die relativ hohe Widerstandsfähigkeit der beiden Gläser gegen den Angriff von kaltem Wasser schildert Kohlrausch, daß er das Glas 122/III bezüglich der gelösten Glasmengen als noch einmal so gut befunden habe wie die besten ihm bekannten Gläser und fährt dann fort: „Ich studiere eben noch die elektrische Isolation, so gut, wie sich das in Röhrenform machen läßt. Nr. 122/III scheint auch da noch am besten zu wirken, doch muß ich die Versuche noch fortsetzen, ehe ich ein Urteil habe […].“ Über die letzteren Versuche hat sich Kohlrausch bald darauf zusammenfassend in dem Aufsatz „Noch einige Beobachtungen über Glas und Wasser“ (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 26, S. 2998) geäußert. In diesem Bericht schrieb er u. a.: „Gehlberger Glas isolierte bis 40% (Luftfeuchtigkeit) vollkommen, bei 60% noch recht gut und entlud selbst bei 80% erst in einigen Sekunden. Bei böhmischem Kaliglas, welches wenigstens bezüglich der gelösten Alkalimengen zu den guten Gläsern zu rechnen ist, traten die ersten Spuren der Leitung oberhalb 50% ein, und bis 75% war die Isolation noch eine recht gute. Obenan stand das Jenaer alkalifreie Glas, welches bis über 60% vollkommen und selbst bei 80% noch recht gut isolierte. Es wäre recht zu wünschen, daß das letztgenannte Glas wenigstens für einige Zwecke im Handel zugänglich gemacht werde.“ Wie unablässig Schott bemüht war, die jeweils bereits gewonnenen glaswissenschaftlichen und glastechnischen Fortschritte zu erweitern und immer neuen anspruchsvollen Verwendungszwecken das Glas dienstbar zu machen, zeigen außer den bereits erwähnten zahlreiche weitere Notizen, die er sich während der in diesem Abschnitt unserer Einleitung zur Erörterung stehenden Betriebsperiode des Glaswerks in seinem Arbeitsjournal gemacht hat. Während den in diesen Notizen enthaltenen, meist nur stichwortartig angedeuteten Planungen die entsprechenden Schmelzversuche vielfach sogleich auf dem Fuße folgten, mußten sie in anderen Fällen mit Rücksicht auf vordringliche Tagesaufgaben zunächst noch auf spätere Zeit zurückgestellt oder auch öfter wieder unterbrochen werden. Zum Beispiel machte sich Schott in seinem Journal in der Zeit zwischen dem 17. März und dem 19. Juni des Jahres 1896, also etwa ein Jahr, nachdem der damals an der Universität Würzburg wirkende Physiker Wilhelm Konrad Röntgen (1845-1923) die nach ihm benannten Strahlen entdeckt hatte, wiederholt ausführliche Notizen darüber, wie man ein für die Röntgenschen Strahlen möglich leicht durchlässiges Glas, das auch das Einschmelzen von Platin in die daraus gezogenen Röhren gestatten würde, herstellen könne.

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Die erste, ziemlich umfangreiche dieser Notizen lautet wie folgt: „Röntgen X Strahlen. – Glasversuche in Beziehung auf dieselben. I. Durchlässigkeit des Glases gegen dieselben oder besser: gegen Kathodenstrahlen: a) Schwerstes Silikat-Flint. Ob und bis zu welchem Grade undurchlässig b) Gewöhnliches Flint c) Gewöhnliches Kron und verschiedene Krongläser (Zusammengekittete Glasplatten von Zeiss, 10 cm dick) II. Darstellung von Gläsern, welche stärkere Erregung durch die Kathodenstrahlen erleiden, also größere Konzentration der X-Strahlen geben. Anwendung in Form von Röhren, welche das Einschmelzen von Platindraht gestatten. Auf Färbungen ist hierbei keine Rücksicht zu nehmen, da unter Umständen sogar Licht-undurchlässige Gläser Erreger von X-Strahlen sein können. Versuch festzustellen, welchen Einfluß Oxydfärbungen im Glase ausüben. Eisenoxydulfärbungen Tonerdegläser mit Eisenoxydul- (Uranoxyd-) Färbung Existiert ein Unterschied zwischen Kali- und Natrongläsern hinsichtlich der Fluoreszenz? Urangläser mit Tonerde Rubidiumoxyd (Borosilikat-Tonerdeglas) mit Uranoxyd (Wie Fluoreszenz?) Fluoreszenz mit Didymglas (blau/rosa) Durchlässigkeit des Glases für Röntgenstrahlen Gute Durchlässigkeit Mittlere Geringe und sehr geringe 802 (am günstigsten) O.20 (enth. 2,5% PbO) 270 714 709 500 (fast undurchsichtig) 627 658 1299 Spiegelglas 1445 (Engl. Kron mit Bar.) 1288 (211) 1136 (O.40) 246/III (Geräteglas) 154 (Bleikristall) Normalglas 1893 (Antimon-Borosilikat) 1419 (Kron mit hoher 1552 (Engl. Kron mit Baryt) Dispersion wie 1066) Al2O3 scheint günstig und Na2O; ZnO ungünstig CaO nicht ungünstig; BaO ungünstig Kein MnO2 zusetzen! PbO ungünstig Al2O3 Sb2O3 ungünstig Niedriges Atomgewicht der Glaskonstituenten für möglichste Durchlässigkeit der Röntgen-Strahlen Lithium-Oxyd – als Alkali Berylliumoxyd – an Stelle von Ca, Ba etc. Borsäure, Kieselsäure als Säuren Tonerde Ob Gläser solcher Art nicht auch sehr durchlässig sind für Ultraviolette Strahlen? Es ist dies nicht sehr wahrscheinlich!! Versuche! Es scheint, daß Kaligläser für Ultraviolett durchlässig sind.“ Es folgt einige Seiten des Journals weiter: 1. ein Abschnitt, überschrieben: „Durchlässigkeit der Gläser für Röntgenstrahlen (auf genau gleiche Dicke, etwa 2 ½ mm gebracht) geordnet nach der Durchlässigkeit.“

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Nach einem Bleistiftzusatz von Schotts Hand sind die hier verzeichneten und nach dem Grad ihrer Durchlässigkeit für Röntgenstrahlen geordneten 22 Glassorten von Winkelmann und Straubel untersucht worden und die Reihenfolge von dem besten bis zu dem am schlechtesten durchlässigen Glas entspricht vollkommen der vorher von Schott selbst oben schon skizzierten. Am Schluß der Liste wird verwiesen auf weitere Untersuchung (von Winkelmann und Straubel?) in bezug auf Durchlässigkeit der Gläser an Schotts Versuchsschmelzungen 976 bis 988. 2. ein Abschnitt, überschrieben: „Durchlässigkeit für einige pulvrige Rohmaterialien, wie sie zur Glasfabrikation verwendet werden.“ In der nach den Gruppen A (vorzüglich) B (mittel) und C (schlecht) geordneten Liste von zwölf verschiedenen Rohmaterialien werden als „vorzüglich“ hervorgehoben: Borsäure crist. Natriumsalp. crist. pulv. 97% Ammoniak Soda pulv. Schwer Tonerde hydrat. Als noch weiterhin zu untersuchen werden genannt: Lithiumcarbonat Berylliumcarbonat Titansäure Ziinnoxyd Magnesit, gebrannt Arsenige Säure Auf Grund der hiernach von Schott in Verbindung mit Winkelmann und Straubel durchgeführten vergleichenden Untersuchung über die Durchlässigkeit der verschiedenen glasbildenden Oxyde und Karbonate ergab sich, daß die Durchlässigkeit in folgender Reihenfolge fortschreitend abnahm: Li3CO3, B2O3, Na2CO3, MgO, Al2O3, SiO2, K2CO3, CaO, Mn2O3, As2O5, BaCO3, PbO, und es wurde damit die damals bereits bekannte Regel bestätigt, daß dem kleineren Atomgewicht die größere Durchlässigkeit für Röntgenstrahlen entsprach. Von Winkelmann und Straubel wurden hierüber noch im Laufe des Jahres 1896 mehrfache Mitteilungen veröffentlicht (z. B. in der Jenaer Zeitschrift für Naturwissenschaften, Bd. 30, Jena 1896 und den Annalen der Physik und Chemie, 59, S. 324, 1896). Hiernach gelangte Schott, ebenfalls noch im Laufe des Jahres 1896, nach verschiedenen anderweitigen Versuchsschmelzungen zu der Schmelzung 331/III, die, ganz entsprechend seinen oben erwähnten, im Journal skizzierten Beobachtungen, wie folgt zusammengesetzt war: SiO2 39,6%, H3BO3 30%, Al2O3 20%, As2O5 0,4%, Na2CO3 9%, NaNO3 1,0%. In Schotts Schmelzungsbuch wird erwähnt, daß aus diesem „Glas zu Röntgenröhren“ 4 bis 5 Schmelzungen zu je 80kg Satz ausgeführt und zu weiteren Röhren verarbeitet wurden. Photographische Proben an quadratischen Plättchen ergaben hinsichtlich der Durchlässigkeit diese Glases für Röntgenstrahlen eine sichtliche Überlegenheit gegenüber dem zum Vergleich herangezogenen Glas der in der Herstellung von Vakuumapparaten bewährten Gehlberger Glashüttenfirma F. E. Gundelach. Den Schwierigkeiten, vor die sich Schott gestellt sah, als es sich darum handelte, eine Methode ausfindig zu machen, wie man den Platindraht trotz seines von dem des Glases verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten dennoch luftdicht in den Vakuumapparat einschmelzen könnte,

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suchte Schott dadurch zu begegnen, daß der glattpolierte Draht geradlinig eingeführt und der entstehende Zwischenraum zwischen Glas und Metall durch ein schwer flüchtiges Öl luftdicht geschlossen wurde. Obwohl nun Versuche mit Röhren aus dem Glas 331/III, deren Herstellung Herr Max Gundelach von der genannten Gehlberger Glashüttenfirma übernommen hatte, ergaben, daß sich aus dem neuen Glase dauernd haltbare Röntgenröhren herstellen ließen, welche allen Anforderungen genügten, zeigten die mit gewöhnlichen Röntgenröhren erzielten photographischen Aufnahmen doch kaum einen wesentlichen Unterschied gegenüber den aus dem neuen Glas hergestellten, sodaß es nicht angezeigt schien, von der Schmelzung praktischen Gebrauch zu machen. Es hatte sich nämlich herausgestellt, daß die Wirksamkeit der Röntgenröhren von ihren sonstigen Eigenschaften (z. B. dem Zustand des Vakuums, der Stellung der Kathode und des Platinbleches) in erheblich höherem Grade abhängig war als von der Durchlässigkeit des Glases. Einen zusammenfassenden Rückblick auf seine demnach bereits im Jahre 1896 durchgeführten Versuche über „Leicht durchlässiges Glas für Röntgenstrahlen und Einschmelzen von Platindraht in solches“ hat Schott erst 1899 in der „Deutschen Mechaniker-Zeitung“ einem Beiblatt zur „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ (1899, H. 13, S. 111-113) gegeben. Für Schotts spätere Untersuchungen über Ultraviolett durchlässige Gläser, die u. a. auch zur Konstruktion der in Jena hergestellten Uviol-Lampe geführt haben, sind seine 1896 begonnenen Studien über die Durchlässigkeit von Gläsern für Röntgenstrahlen jedoch insofern von Wichtigkeit, als sie ihm, wie aus den oben mitgeteilten Notizen in seinem Arbeitsjournal hervorgeht, die Anregung dazu gegeben haben, sich auch diesem wichtigen Gebiet der wissenschaftlichen Glastechnik planmäßig zuzuwenden. In seinem Schmelzungsbuch III kommt dies u. a. darin zum Ausdruck, daß er um dieselbe Zeit, zu der er auch das oben erwähnte Glas für Röntgenröhren (331/III) erschmolz, auch das „Ultraviolett durchlässige Glas“ Nr. 308/III darstellte und in vier Schmelzungen zu Röhren verarbeiten ließ. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang übrigens, daß bereits in den Jahren 1892 und 1894 an 13 damals vorliegenden optischen Gläsern Schotts durch H. Rubens (Annalen der Physik und Chemie 45, 1892, S. 238) und H. Simon (Dissertation Berlin 1894 und Annalen der Physik und Chemie 53, 1894, S. 542) Untersuchungen der Dispersion über die Grenzen des sichtbaren Spektrums hinaus durchgeführt worden waren und daß auch diese Untersuchungen Schott wertvolle Fingerzeige lieferten, als er sich im Frühling 1896 erstmalig mit der Erschmelzung eines für die ultravioletten Strahlen durchlässigen Glases befaßte. Wie wir oben gesehen haben, hatte sich das Glaswerk in dem Maße, wie sich sein Produktionsprogramm vom optischen und vom Thermometerröhren-Glas etappenweise auf die Wasserstandsröhren aus Verbundglas (1891 ff.), auf Geräteglas sowie Verbrennungs- und Einschmelzröhren (1892 ff.) und das Zylinderglas für Gas- und PetroleumGlühlicht (1893) erweitert hatte, aus der am 1. September 1884 in Betrieb genommenen Versuchsglashütte, in deren einzigen Regenerativ-Ofen (für einen Hafen) neben dem optischen Glas nur gelegentlich auch Thermometerglas hergestellt worden war, bis zum Ende des Jahres 1899 derart vergrößert, daß für den Schmelzbetrieb nun vier Glashütten mit insgesamt 12 Schmelzöfen und 33 dazu gehörigen Vorwärm- und Kühlöfen zur Verfügung standen. Zum besseren Verständnis dieser Entwicklung müssen wir hier zunächst erst einmal auf einige bereits oben gestreifte Tatsachen aus den Jahren 1884 bis 1890 zurückgreifen.

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In einem im Herbst des Jahres 1887 vollendeten südlichen Anbau an die Hütte war zu den älteren und ersten Regenerativofen ein zweiter kleinerer hinzugekommen, der ebenso wie jener und die von Anfang an in der großen Schmelzhalle der Hütte vorhandenen Senk- und Kühlanlagen durch unterirdische Kanäle von dem der Hütte nach Osten zu vorgelagerten Gaserzeuger aus mit Generator-Brenngas versehen wurde. Der alte Schmelzofen blieb von nun ab ausschließlich dem optischen Glas vorbehalten, während der ebenfalls nur mit einem Hafen versehene neue von Anfang des Jahres 1888 ab sowohl für die Herstellung von Normalglasröhren als auch für die Erschmelzung von Phosphat- und Boratgläsern in Anspruch genommen wurde. Nach dem von Schott am 4. Juni 1888 zu Berlin gehaltenen Vortrag hatten sich zu jener Zeit in der großen Schmelzhalle der Hütte befunden: fünf sogenannte Temperöfen (zum Anwärmen der Glashäfen), ein Senk- oder Ramollierofen, mit dem ein 30 bis 35 Ztr. Glas fassender Kühlofen in Verbindung stand, ein Tonbrennofen, ein großer Regenerativ-Schmelzofen für einen Hafen, ein kleiner Regenerativ-Schmelzofen, ebenfalls für einen Hafen, ein Kühlofen mit 1 m dicker Wandung und Kieselguhr-Isolierschicht von 30 cm Dicke. Ein fünfpferdiger Dampfmotor hatte zum Betrieb eines Mahlwerkes für Ton und andere Rohmaterialien gedient und die Kraft geliefert für zwei größere Schleifund Poliermaschinen sowie zum zeitweiligen Gebrauch eines Ventilators zu Leuchtgasschmelzungen mit Fletscherbrennern im Laboratorium. Ein von Schott konstruierter, zur Feinkühlung bestimmter Apparat mit Thermoregulator war von Herbst 1888 an in dauernde Benutzung genommen worden. Nach einer Notiz in Schotts Arbeitsjournal waren im November 1889 im Glaswerk bereits zwei Gaserzeuger, ein größerer (nämlich der ostwärts von der Schmelzhalle , nach dem Bahngeleise zu gelegen) und ein kleinerer in Betrieb. Mit Rücksicht darauf, daß bei künftiger Erweiterung der Feuerungsanlagen noch ein dritter Gaserzeuger nötig werden würde, erwarb Schott im Dezember 1890 das an das Glaswerk angrenzende (dreieckige) Preißersche Nachbargrundstück. Im Anschluß an die Feststellung, daß sich der tägliche Kohlenverbrauch des Glaswerks von 89,5 Ztr. im Januar 1891 auf 100,4 Ztr. im Februar gesteigert hatte, notierte sich Schott: „Es waren außer den gewöhnlichen Öfen in Betrieb: 1 Feinkühlofen, 1 Pressofen, 1 (Ton-) Brennofen, 1 Versuchs-Regenerativofen.“ Aus den bis zum Herbst 1891 durchgeführten Um- und Erweiterungsbauten sind hervorzuheben: 1. Vergrößerung des Röhrenofens (infolge gesteigerter Nachfrage nach Röhrenglas) 2. Verlegung des bis dahin in der Schmelzhalle durchgeführten Röhrenziehens nach einem an der Grenze des Rötzschkeschen Nachbargrundstückes (von der Hütte auf das Bahngeleise zu entlang laufenden Röhrenziehgebäudes von etwa 60 m Länge und 2½ m Breite) 3. Verlagerung von Fässern und Rohmaterialien aus der Schmelzhalle nach dem hierzu erweiterten Gemengeraum, um in der Schmelzhalle Platz zu gewinnen für künftig notwendig werdende kleinere Ofenbauten. 4. Verlegung des Kontors in das ursprüngliche chemische Laboratorium und Neubau im Anschluß an das bisherige Schmelzlaboratorium nach oben zu, um darin das chemische Laboratorium unterzubringen und einige kleinere Vorratsräume zu schaffen, die sich bis dahin zwischen der Schleiferei und dem Schmelzlaboratorium befunden hatten.

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5. Erbauung eines neuen Feinkühlapparates mit 2½ bis dreifacher Vergrößerung des Fassungsvermögens gegenüber dem bereits vorhandenen Apparat. Im Sommer 1892 wurde der kleinere Schmelzofen für Röhren, ferner dar große Kühlapparat, der Brennofen, der im Anbau befindliche Ausgießofen für große Objektivscheiben und der kleine Preßofen neu gebaut. Das Glaswerk besaß nun drei Schornsteine: 1. den 30 m hohen, östlich vor der Schmelzhütte stehenden Schornstein, 2. den mittleren, ca. 16 m hohen Schornstein, der zum Betrieb der Dampfmaschine diente, und 3. den westlichen, zur Trockenkammer gehörigen kleinen Schornstein. An Gaserzeugern waren noch immer nur zwei, der größere und der kleinere vorhanden, deren täglicher Kohlenverbrauch sich nunmehr (bis einschließlich August) auf 112 Ztr. erhöht hatte. Nachdem am 1. Januar 1893 das dem Glaswerk nach Westen zu vorgelagerte Nöcklersche Grundstück für 17 000 Mark in den Besitz des Glaswerks übergegangen war, scheint Schott bald darauf den oben erwähnten kleinen Versuchs-Regenerativofen für Schmelzungen von Borosilikat-Geräteglas in Anspruch genommen zu haben. Er wurde, wie ebenfalls bereits erwähnt worden ist, zunächst nur mit „2 ½ Arbeitern“, und mit dem täglichen Satz von nur 15 kg betrieben. Wahrscheinlich hängt es damit zusammen, daß am 5. April 1893 die beiden aus Stützerbach stammenden Glasmacher Theodor Heintz (geb. 9. Januar 1855) und dessen Sohn Franz Heintz (geb. 26. September 1877) und kurz darauf – am 1. Mai 1893 auch der ebenfalls aus Stützerbach stammende Balduin Heintz (geb. 15. August 1873) in das Glaswerk eintraten, von denen, wenn eine weitere Notiz im Arbeitsjournal, die sich auf drei Geräteglasmacher „Hz“ bezieht, richtig gedeutet ist, Theodor Heintz wöchentlich 36, Balduin 25 und Franz 8 Mark pro Woche Lohn erhalten haben dürften. Gegen die Mitte des Juni 1893 wurde vom Glaswerk die baupolizeiliche Genehmigung nachgesucht zu einer baulichen Betriebserweiterung und zur Anlage eines neuen hohen Schornsteins. Der im Westflügel des Glaswerks vorgesehene Anbau war, ebenso wie der anstoßende Gebäudeteil bestimmt zur Anfertigung und Trocknung von Glashäfen. Der Ostflügel, also die alte Glashütte, sollte in ihrer Längsachse nach Süden derart verlängert werden, daß auf diese Weise Platz gewonnen würde für eine Vergrößerung des Gemengeraums und einer daneben einzurichtenden Gerätestube, ferner zur Aufnahme des oben erwähnten Versuchsofens für Geräteglas, zum Bau je eines kleinen neuen Regenerativofens für chemische Geräte sowie für Verbund- und Verbrennungsröhren, nebst neuem Wärmofen für die zu diesen beiden Schmelzöfen gehörigen Häfen und einer Kühlröhre mit Wagen für den neuen Geräteofen. Von den beiden im Werk bereits bestehenden Gaserzeugern sollte der kleinere in einen größeren umgebaut werden, und ein neuer Gaserzeuger sollte als nunmehr dritter hinzukommen. Auch die beiden älteren Regenerativöfen, der für optisches und der für Röhrenglas, sollten umgebaut werden. Weiter waren vorgesehen Kanäle zur Verbindung der drei Gaserzeuger mit den nunmehr vier Regenerativ-Schmelzöfen, sowie Verbindungskanäle zwischen den beiden neuen Schmelzöfen mit der neuen hohen Esse. Diese letztere, deren Höhe ursprünglich auf 35 m angesetzt war, tatsächlich dann aber in einer Höhe von 37,2 m ausgeführt wurde, sollte die Gase der neuen Öfen mit aufnehmen und gleichzeitig die 15 m hohe Esse der Dampfkesselfeuerung und der noch kleineren der Häfenmacherei ersetzen. Außer dem oben erwähnten, nach Süden zu an das Glaswerk anstoßenden Grundstück von G. Nöckler hatte das Glaswerk inzwischen auch für 15 000 Mark das oben

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erwähnte Nachbargrundstück (mit Wohnhaus) von K. Rötzschke angekauft, so daß sein Areal nach Süden nunmehr bis an das Wohngrundstück des Kohlenhändlers Alfred Schulze reichte. Als das Glaswerk um den 1. August die Öfen ausgelöscht hatte und man auf Grund der am 27 Juni erhaltenen Bauerlaubnis zur Ausführung der Ofenbauten und des geplanten Schornsteins schreiten wollte, mit deren Beendigung man bis Ende September gerechnet hatte, trat noch eine unliebsame Verzögerung ein, nachdem die Bezirksdirektion das Projekt, soweit es eine technische Seite hatte, am 21. August 1893 in der „Jenaischen Zeitung“ erst noch wegen etwaiger, von Anliegern zu erhebenden Einsprüche bekannt gab. In der Tat wurde auch diesmal wieder, wie schon bei früheren Bauprojekten des Glaswerks, von dem genannten Kaufmann Schulze ein Einspruch erhoben, dem sich auch andere Nachbarsleute (z. B. ein Fräulein Knabe im Gieseschen Haus, ein Fräulein Knoblauch, eine Witwe Laser, der Bahnhofswirt Mosdorf, der Kaufmann Schasler, der Gymnasiallehrer Walterhöfer und der Bahnhofswirt Hopfe) anschlossen. So kam es, daß, nachdem der Fall am 25. September vor der GewerbeDeputation bei der Kreisdirektion in Apolda verhandelt worden war, die Bauerlaubnis erst am 26. September, und auch selbst dann noch nur unter gewissen Vorbehalten, erteilt wurde. Nachdem am 31. Oktober durch den Landbaumeister Weise der Rohbau der Häfenstube, am 16. November auch die übrigen Bauten einschließlich der Esse abgenommen worden waren, wurde vom Bezirksdirektor endlich am 24. November die Erlaubnis zur Inbetriebnahme ausgesprochen, die darauf bezügliche Urkunde dem Glaswerk aber erst am 4. Dezember überreicht. Es waren demnach zu Beginn des Jahres 1894 in der nach Süden verlängerten Glashütte nunmehr vier regelmäßig betriebene Regenerativöfen vorhanden, nämlich je ein solcher für optisches Glas, für Normalglas, für Verbundglas und für Geräteglas. Nach einer Notiz Schotts im Arbeitsjournal von Anfang Februar hatte ihr Gesamtkohlenverbrauch im Januar 1894 wöchentlich etwa 1 500 Ztr. Betragen. Dieser Verbrauch hatte sich auf die entsprechenden Glasarten bzw. Schmelzöfen nach derselben Notiz wie folgt verteilt: Optisches Glas 35% 52,5 Mark täglich Normalglas 20% 30,0 Mark täglich Verbundglas 20% 30,0 Mark täglich Geräteglas 25% 37,5 Mark täglich Kohleverbrauch pro Arbeitstag 150 Mark (dazu Bleistiftbemerkung von Schott: „etwas zu hoch“) Daß zu jener Zeit auch der oben erwähnte, zuletzt für den Frühling 1893 bezeugte kleine Versuchs-Regenerativofen in der alten Hütte noch fortbestand, geht daraus hervor, daß in ihm – nach Schotts Schmelzungsbuch für die Spezialgläser – am 2. Januar 1894 das schwere Borosilikat-Mittelflint S.222 und am 4. Januar 1894 das schwere Borosilikat-Hochflint S.223 erschmolzen wurde. Obwohl Schott wie aus einer Notiz in seinem Arbeitsjournal hervorgeht, bereits im Frühling des Jahres 1894 daran gedacht zu haben scheint, eine besondere Hütte für die Fabrikation von haltbaren Lampenzylindern für Gasglühlicht erbauen zu lassen, ließ er gegen Ende Mai 1894 das für solche Zylinder bestimmte Glas 235/III versuchsweise im Geräteofen der alten Hütte erschmelzen, weil er sehen wollte, ob das Glas schwer schmelzbar genug sei, um gleichzeitig mit dem Geräteglas 221/III im Geräteofen er-

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schmolzen und ausgearbeitet werden zu können. Das Glas wurde im verdeckten Hafen erschmolzen. Etwa im Juli notierte sich Schott für die bevorstehende sommerliche Betriebspause folgende Dispositionen: „Schmelzöfen: 1. optischer Ofen: 3 Stück Eisenplatten zur Fahrt für die Zange, 2. Normalglasofen: Umbau (usw.), 3. Verbund-Ofen (reparieren, genau wie früher), 4. Geräteofen I: groß (2 große und 2 kleine verdeckte Häfen), II: kleiner (5 mittlere verdeckte Häfen), 5. Kanalkühlofen, bauliche Umänderung, 6. ein neuer großer Wärmofen für verdeckte Häfen, 7. ein Kühlofen für Töpfe zu Geräteglas, 8. direkter Zugkanal für diese beiden Öfen, 9. 2 Graben für Tretformen, 10. den Ton-Brennofen tiefer und größer, 11. Gasometer wie gewöhnlich reparieren, 12. Wärmofen wie gewöhnlich reparieren, 13. 1 schmiedeeisernes Bassin für Holzformen, 14. Pflastern des optischen Kronglas-Brockenlagers, 15. Vergrößerung der Veranda und der Geräte-Schneidekammer, 16. Neue Wasserleitung nach Rötzschke-Wohnhaus, ausgehend vom Hydranten.“ Wie es scheint, war das zum ehemals Rötzschkeschen Grundstück gehörige Wohnhaus von Schotts Assistent Grieshammer erkauft worden und wurde bald danach für das Glaswerk angekauft. Das oben erwähnte Problem, wie man im Geräteofen gleichzeitig Geräte- und Zylinderglas erschmelzen könnte, wurde vom 6. Oktober 1894 ab dadurch gelöst, daß in sämtlichen verdeckten Häfen des Geräteofens das Glas 244/III erschmolzen wurde, das ebenso wohl für Geräte- wie für Zylinderherstellung verwendbar war. Als am Sonnabend, dem 1. September 1894 das zehnjährige Bestehen des Glaswerks festlich begangen wurde, erstrahlte, wie berichtet wird, der Hof des Werks zum ersten Male im Licht einer elektrischen Bogenlampe und auch die Hütte war mit zahllosen elektrischen Glühlämpchen illuminiert. Der Strom dazu wurde durch eine von der Dampfmaschine getriebene Dynamomaschine erzeugt, die man sich von der Firma Carl Zeiss entliehen hatte. Als Festraum für die gesellige Abendunterhaltung diente die mit roten Backsteinen gepflasterte und durch Gasarme mit Schlitzbrennern – also noch nicht durch Gasglühlampen – erleuchtete ältere Hafenstube, und die daneben befindliche Tonsäuberungskammer wurde für die mitwirkenden Gesangssolisten als „Künstlerzimmer“ benutzt. Noch waren die Öfen des Werks wegen der im Gang befindlichen Reparaturen und Umbauten gelöscht, und als der Betrieb wieder aufgenommen worden war, wurde das oben erwähnte Problem, wie man im Geräteofen gleichzeitig Geräte- und Zylinderglas erschmelzen könne, dadurch gelöst, daß man vom 6. Oktober 1894 ab in sämtlichen (verdeckten) Häfen des neuen Geräteofens das Glas 244/III erschmolz, daß sich, ebenso wie einige nachfolgende Schmelzungen ebenso wohl für Geräte- wie für Zylin-

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derherstellung verwenden ließ. Die Ofen-Um- und Neubauten waren allerdings schon am 11. September zu Ende geführt worden. Kurze Zeit, nachdem das Glaswerk (am 23. März 1895) ein englisches Patent auf die von Dr. Schott erfundenen Lochzylinder erhalten hatte, ergab sich die Notwendigkeit, zur Herstellung diese nun viel begehrten Artikels eine besondere zweite Glashütte, die hinfort zunächst sogenannte Zylinderhütte zu erbauen. In dem am 5. April 1895 bei der Bezirksdirektion eingereichten Gesuch zum Bau der neuen Hütte wurde betont, die Anlage solle der Anfertigung einer neuen Art von Lampenzylindern dienen, die mit Rücksicht auf die sommerliche Hauptverkaufszeit möglichst bis zum August fertiggestellt werden sollte. Die Neubauten, auf die sich der Antrag erstreckte, waren: 1. ein Hüttengebäude (Zylinderhütte), das auf dem vom Glaswerk neuerdings angekauften, sich von der bestehenden älteren Hütte nach Süden zu anschließenden Grundstück des Kohlenhändler Schulze errichtet werden sollte; 2. ein Verschmelzraum, 3. 2 Gaserzeuger, 4. ein Erweiterungsbau des Gemengeraumes. Der Erlaubnisschein zum Bau der Zylinderhütte wurde dem Glaswerk am 21. Juni 1895 ausgehändigt, der Erlaubnisschein zur Inbetriebnahme der inzwischen erbauten Hütte am 1. August 1895. Die Aufnahme des Betriebs in der neuen Hütte erfolgte am 25. August 1895. Da das Glaswerk am 23. Oktober um die Erlaubnis nachsuchte, zu den ihm für die neue Hütte genehmigten zwei Schmelzöfen und zwei Gaserzeugern noch drei weitere Gaserzeuger hinzubauen zu dürfen, wurde auch dieses Gesuch alsbald bewilligt, und am 22. November war es so weit, daß die Hütte nunmehr mit zwei Zylinderöfen und fünf Gaserzeugern fortbetrieben werden konnte. Der für das Schneiden und Umschmelzen der Zylinder bestimmte Raum befand sich in einem Giebelanbau der Hütte, die mit dem übrigen Werk auch durch Zuleitung von Leucht- und Motorgas sowie von Wasser verbunden war. Auch enthielt sie einige Wasserbassins und Eisenbassins für Glasabfälle. Der Kühlofen für die Zylinder war in gleicher Weise gebaut wie der zum Geräteofen gehörige. Wegen fortgesetzt sich steigernder Nachfrage nach Zylindern und anderen Erzeugnissen beantragte das Glaswerk schon am 30. Januar 1896 die Bauerlaubnis zu: 1. der Verlängerung der Zylinderhütte zwecks Erbauung eines dritten Schmelzofens nebst einem Gemengeraum und Giebelraum für die Absprengerei und das Umschmelzen der Zylinder, 2. einen neuen Schornstein von 35 m Höhe, 3. den Bau eines vierten Gaserzeugers in der alten Hütte. Der Betrieb dieser Bauten wurde am 30. Juni 1896 genehmigt und am 8. Oktober erhielt das Glaswerk den Erlaubnisschein zur Inbetriebnahme des mit den drei früheren Gaserzeugern unter einem Dach vereinigten vierten Gaserzeugers. Inzwischen war schon zu Anfang des Jahres 1896 eine an das Glaswerk mit dem Zeisswerk verbindende Telefon-Leitung in Betrieb genommen worden. Am 3. Juli 1896 beantragte das Glaswerk einige Neubauten, die teils Lagerungszwecken, teils zur Durchführung von Arbeiten, die bis dahin an anderen Stellen in kleinerem Maßstab ausgeführt worden waren. Es waren dies:

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1. ein Neubau für Brennöfen im Westen 2. ein Neubau für die Steinmacherei 3. ein Lagergebäude für rohen Ton 4. ein Lagergebäude für gebrannten Ton 5. ein Heizgebäude Die diesem Plan zugrunde liegende Absicht ging dahin, die in der alten Hütte befindlichen Mahlvorrichtungen und sonstigen Zerkleinerungsmaschinen, die der Anfertigung der großen Schamottesteine für die Ofenbauten und das Brennen dieser großen Steine aus der alten Hüttenanlage nach einen im Westteil zu errichtenden Neubau zu verlegen. Während im Sommer der Schmelzbetrieb des Glaswerks bis gegen Mitte des Septembers eingestellt wurde, waren die Erdarbeiten für den am 14. August 1896 genehmigten Erweiterungsbau gegen Ende des Oktobers noch im Gang. Der Neubau selbst wurde am 25. Mai 1897 in Betrieb genommen. Aus einer Ende des Jahres 1896 abgeschlossenen Veröffentlichung des damaligen Jenaer Professors Dr. Julius Pierstorff geht hervor, daß die beiden zum Glaswerk damals gehörigen Hütten, die alte und die neue Zylinderhütte über insgesamt sieben Schmelzöfen, einen Versuchsofen und 25 Nebenöfen verfügten. Da nun in Schotts Schmelzungsbuch III erwähnt wird, daß eine für Normalglas bestimmte Emaille (Nr. 334/III) im (erstmalig erwähnten) Versuchsofen der neuen Hütte erschmolzen worden sei, so geht daraus hervor, daß die Versuchsschmelzungen, die früher in der alten Hütte stattgefunden hatten, nun in die neue Hütte verlegt worden waren. Es bestanden demnach nunmehr in der alten Hütte nach wie vor die vier Hauptöfen für optisches, Thermometer-, Verbund- und Geräteglas, während die neue Hütte über zwei Schmelzöfen für Zylinder und einen für Versuchsschmelzungen verfügte. Eine dritte Glashütte erhielt das Glaswerk im Jahre 1898. Die behördliche Erlaubnis zur Inbetriebnahme des zu ihr gehörigen Schornsteins und des Regenerativofens erhielt das Glaswerk unter dem 26. August 1898. Wie es scheint, wurden sie zunächst ebenfalls als Zylinderhütte betrieben, von 1899 ab jedoch ganz in den Dienst der aus der alten Hütte nun in sie verlegten Gerätefabrikation gestellt. Eine weitere, vielleicht zunächst ebenfalls vorwiegend für die Zylinderfabrikation bestimmte vierte Hütte scheint zu den übrigen im Jahre 1899 hinzugekommen zu sein, und da sie 1900 als Rohrhütte bezeichnet wird, ist anzunehmen, daß auch diese nunmehr dazu diente, die bis dahin in der alten Glashütte hergestellten Röhrengläser zu fabrizieren. Zum Beispiel wurde in ihr nach dem 25. Mai und vor dem 16. November 1900 das alkalifreie Röhrenglas 463/III erschmolzen. So kommt es, daß im Glaswerk, wie bereits oben erwähnt, gegen Ende des Geschäftsjahres 1899 insgesamt vier Glashütten mit 12 Schmelzöfen (darunter zwei für optisches Glas, drei für Röhren, einen für Geräte und sechs für Zylinder) nebst 33 dazugehörigen Vorwärm- und Kühlöfen in Gang waren. Zusätzlich sei hier zugleich erwähnt, daß dem Glaswerk am 29. März 1901 der Bau einer fünften Glashütte und am 7 Oktober desselben Jahres der einer zweiten Zylinderhütte, also der sechsten in der ganzen Reihenfolge, genehmigt wurde. Sie stand jedoch Ende des Jahres 1902 noch unbenutzt, da die Fabrikation von Zylindern nicht so, wie man es erwartet hatte, zunahm, sondern zurückging. Aus den alten Bauakten des Glaswerks, die, wie man aus den vorstehenden Gelegenheitsnotizen ersieht, nur sehr unvollständig erhalten geblieben sind, können noch fol-

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gende Tatsachen erwähnt werden, die sich auf die Entstehung des oben wiedergegebenen Status der Betriebsmittel des Glaswerks vom Herbst 1899 beziehen: 1. Am 23. August 1898 erfolgte die baupolizeiliche Abnahme des im Glaswerk aufgestellten Cornwall-Zweiflamm-Dampfkessels Nr. 2 996, der von der Firma C. Melzer, Halle a. S. bezogen worden war und ein Nettogewicht von 17 425 kg hatte und den Kraftbedarf für die ganze Anlage lieferte. 2. Am 17. April 1899 verpachtete der Kgl. Eisenbahnfiskus mit Rückwirkung vom 1. November 1898 ab dem Glaswerk das Bahngelände westlich vom Freiladegleis Nr. 7 auf Station Jena (Weimar-Geraer Eisenbahn) mit einem Flächeninhalt von 1 812,87 m² zur Anlage von Schmalspurgleisen für elektrischen Betrieb zum Zweck der Entladung angekommener und der Verladung aufzugebender Stück- und Wagenladungsgüter zum Preis von jährlich 364 Mark. 3. Über die Anlegung eines Bohrloches, das dem Glaswerk auf seinem Gelände den nötigen Wasserbedarf liefern sollte, notierte sich Schott am 3. Mai 1899 folgendes: Bohrloch-Tiefe Gesamttiefe 30 m (Oberkante U-Eisen 28 m) Wasserspiegel 23 – 24 m Zementringe bis zur Tiefe von 12 m geführt Mit der Hand gepumptes Wasser, etwa 1 m³ pro Stunde Mit Elektromotor-Pumpe in etwa 24 – 26 Std. 130 – 150 m³ gepumpt ohne Nachlassen der Leistung. Leistung in 24 Std. mindestens 120 – 130 m³ Wassertemperatur: 9,7° C. Der Winter 1898/99 hatte verhältnismäßig wenige Niederschläge; die Leistung des Bohrloches ist demnach sehr befriedigend. Bei eine stündlichen Leistung der Pumpe von etwa 5 m³ hatte der Spiegel des Wassers im Bohrloch sich um etwa 3 m gesenkt. Bei forcierten Tag- und Nachtbetrieb der Pumpe war die Leistung in 24 Std. ca. 150 m³ (Bemerkung mit Bleistift:) „Wassermenge stets genügend. Wassermangel trat nie ein bis Mai 1937.“ Der während der 1890er Jahre im Glaswerk eingetretenen starken baulichen Erweiterung entsprach auch eine starke Vermehrung der Arbeitskräfte. Hatten diese nach der oben mitgeteilten Zusammenstellung am 1. Oktober 1899 (einschließlich der Beamten und Gehilfen) die Zahl von 354 erreicht, bedeutete dies gegenüber dem ebenfalls oben mitgeteilten Personalbestand vom September 1891 eine mehr als 17fache Steigerung. Auch in der Folgezeit ging es zunächst nur langsam weiter in die Höhe. Zu den 20 Mann, mit denen das Glaswerk im September 1891 betrieben wurde, kamen bis Dezember 1892 nur vier weitere Werksangehörige hinzu, nämlich der seit dem 1. März 1892 in der Expedition des optischen Glases beschäftigte Carl Schott (geboren in Ilmenau), der am 2. Mai 1892 eingetretene Albin Dimmler (geb. 14. Mai 1861 zu Waldeck, Kreis Apolda), der am 30. Mai 1892 eingetretene Röhrenzieher Adolph Müller (geb. 2. Oktober 1855 zu Berlin) und der am 2. Juli 1892 eingetretene Glasschneider Ernst Jung (geb. 27. Februar 1865 zu Idar, Kreis Birkenfeld). Der Ende Februar 1892 wegen Krankheit aus dem Werk ausgeschiedene und in Pension gegangene Häfenmacher und Schmelzmeister Carl Schmidt war am 1. März 1892 durch den aus Konstein in Bayern herbeigezogenen Häfenmacher Georg Prokosch (geb. 7. Oktober 1860 zu Trokalin in Böhmen) ersetzt worden und an die Stelle des ausgeschiedenen Röhrenziehmeisters Vorberg war

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der vom Militär zurückgekehrte Arnold Schmidt (geb. 4. September 1858 zu Jenaprießnitz) getreten, der schon vor seiner Militärzeit (vom 1. April 1886 bis Mitte Juni 1889) im Glaswerk tätig gewesen war, während Septimus Haag, genannt Sepp, (geb. 19. März 1869 zu Piesau, Kr. Saalfeld) der von Ende September 1888 bis 20. Dezember 1889 Vorbergs Gehilfe und Läufer gewesen war, nach seinem Militärdienst, d. h. vom 1. Oktober 1891 ab wieder ins Werk zurückkehrte und nun bis 1896 ebenfalls als Rohrziehmeister in ihm tätig war. War somit die Zahl der Werksangehörigen in der Zeit zwischen dem September 1891 und dem 31. Dezember 1892 nur von 20 auf 24 gestiegen, so sollte sich bis zur sommerlich-herbstlichen Betriebspause des Jahres 1894, in der am 1. September das zehnjährige Bestehen des Werks gefeiert wurde, auf bereits 46 Personen erhöhen. Die Namen der 22 neu eingetretenen Personen lauten: 1. Fox, Kurt, kaufmännischer Lehrling, Eintritt: 1. Januar 1893. 2. Heintz, Theodor, Röhrenzieher (geb. 9. Januar 1851, Stützerbach), Eintritt: 5. April 1893, Austritt: 7. Februar 1903. 3. Heintz, Franz, Sohn und Beiläufer von 2. (geb. 26. September 1877, Stützerbach), Eintritt: 5. April 1893. Arbeitete 1896 bis 1904 als Zylindermacher, 1904 bis 1914 als Geräteglasmacher, ab 1. Juli 1918 Schichtmeister in der Zylinderhütte. 4. Schöning, August, (geb. 1. Dezember 1863, Jena), Eintritt: 13. April 1893, Austritt: 21. November 1894. 5. Heintz, Balduin, Röhrenzieher (geb. 15. August 1874, Stützerbach), Eintritt: 1. Mai 1893, Austritt: 7. Februar 1903 (Soldat vom 6. Oktober 1894 bis 2. Oktober 1896). 6. Vollmer, August (geb. 9.Dezember 1872, Judenbach, Kr. Sonneberg), Eintritt: 12. Juni 1893. 7. Schleisken, Max (geb. 30. Oktober 1874, Jena), Eintritt: 1. Juli 1893. 8. Salzmann, Hugo (geb. 1. November 1863, Taubach b. Weimar), Eintritt: 14. Oktober 1893. 9. Petermann, Karl (geb. 3. Januar 1893, Jena), Eintritt: 18. Oktober 1893. 10. Hoffmann, Albert (geb. 7. November 1860, Potsdam), Eintritt: 30. Oktober 1893. 11. Heintz, Wilhelm, Röhrenzieher (geb. 24. Februar 1863 Klein Tettau, Oberfranken), Eintritt: 25. November 1893. 12. Schorcht, Oskar (geb. 28. Oktober 1863, Niedersynderstedt), Eintritt: 1. März 1893. 13. Schäfer, Hermann, kaufmännischer oder technischer Angestellter (geb. 11. Januar 1863, Jena), Eintritt: 1. Dezember 1893. 14. Müller, Hermann (geb. 1. Juli 1866, Bernsdorf b. Hoyerswerda), Eintritt: 2. Dezember 1893. 15. Luthardt, Hermann (geb. 14. Juni 1879, Steinach, Kr. Sonneberg), Eintritt: 4. Dezember 1893. 16. Schmidt, Bruno (geb. 5. Januar 1868, Jena), Eintritt: 1. Februar 1894, Austritt: 3. November 1899. 17. Heintz, Ferdinand (geb. 1. Oktober 1877, Stützerbach), Eintritt: 10. Januar 1894. 18. Heintz, Albert, Röhrenzieher (geb. 25. Mai 1879, Stützerbach; gest. 21. März 1962, Jena), Eintritt: 27. März 1894 als 15jähriger jugendlicher Arbeiter, ab 1895 Glasmachergehilfe, ab 1909 Angestellter in der Geräteglasabteilung. – Nach Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg: Oberaufseher über die Glasmacherei in der Rohrhütte. – Erhielt 1937 auf

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der Pariser Weltausstellung eine Goldmedaille für Verdienste auf dem Gebiet der Jenaer Spezialgläser. 1945 Mitglied der Geschäftsleitung als Technischer Werkleiter. Am 25. Mai 1949 Ernennung zum Ehrensenator der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Ehrenbürger der Stadt Jena. Im Mai 1954 Auszeichnung als „Verdienter Techniker des Volkes“. 19. Frick, Eduard (geb. 23. Oktober 1879, Jena), Eintritt: 4. April 1894 als jugendlicher Arbeiter. 20. Sternkopf, Paul (geb. 16. Oktober 1879, Erfurt), Eintritt: 10. April 1894 als jugendlicher Arbeiter. Arbeitete jahrelang als Glasgerätemacher, seit 10. Oktober 1926 als Schleifer in der Geräteglasabteilung des Glaswerks tätig. 21. Gränsel, Gustav (geb. 12. Mai 1863, Kunitz bei Jena), Eintritt: 3. Mai 1894, Austritt: 5. Januar 1900. 22. Luthardt, Reinhold (geb. 7. Juli 1873, Steinach Kr. Sonneberg), Eintritt: 6. Juni 1894, Austritt: 27. Juli 1895. Überblickt man die Liste dieser zwischen dem Anfang des Jahres 1893 bis zur Sommerpause 1894 neu in das Glaswerk eingetretenen Personen, so bedeutet wohl die am 1. Januar 1893 erfolgte Einstellung des kaufmännischen Lehrlings Kurt Fox, vielleicht auch der am 1. Dezember 1893 erfolgte Eintritt von Hermann Schäfer eine Verstärkung des kaufmännischen Büros, die dadurch notwendig geworden sein mag, daß inzwischen der kaufmännische Angestellte August Nußpickel das Glaswerk verlassen hatte, um zur Firma Carl Zeiss überzugehen. Die Einstellung der im Frühling 1893 aus Stützerbach herbeigezogenen Glasbläser Theodor Heintz (Vater), Franz Heintz (Sohn) und Balduin Heintz dürfte zweifellos im Zusammenhang stehen mit dem damaligen, bereits oben erwähnten Beginn der Arbeit in dem von Schott damals neu eingerichteten Regenerativofen für Versuchsschmelzungen von Borosilikat-Geräteglas. Der am 25. November 1893 eingetretene Röhrenzieher Wilhelm Heintz aus Klein-Tettau war, wie aus einer Notiz in Schotts Arbeitsjournal hervorgeht, im Februar 1894 mit dem Ziehen von Thermometer-Glasröhren beschäftigt, und wenn Schott einige Zeit danach notiert, daß im größten Hafen des optischen Ofens aus dem Verbrennungs-Röhrenglas 217/III in 12 Schmelzungen etwa 1 000 kg Verbrennungsröhren gezogen und später auch noch vor dem Juni 1894 zu zahlreichen Zylindern von 2 bis 3 mm Wandstärke verarbeitet worden seien, so dürften von den an dieser Schmelzung beteiligten drei Glasmachern, einem Vorbläser und einem Einträger sicherlich auch die oben genannten Stützerbacher Heintzes an dieser Schmelzung mitgearbeitet haben. Zu dem am 1. September 1894 im Glaswerk vorhandenen Personalbestand von etwa 46 Personen traten bis zur Sommerpause des folgenden Jahres, d. h. bis zum 1. August 1895, weitere 23 Personen, nämlich zwei (Paul Eberhardt und A. Hofmeister) als Angestellte, 16 erwachsene Arbeiter und fünf Jugendliche hinzu. Als Glasmacher sind unter den 16 erwachsenen Arbeitern als sicher bezeugt (oder wahrscheinlich bezeugt) Anton Greiner (aus Neustadt bei Coburg, Eintritt: 10. Dezember 1894), der Glasbläser Ed. Huhn (aus Igelshieb, Kreis Sonneberg, Eintritt: 19. Dezember 1894), der Geräteglasmacher Ewald Herold (aus Moys bei Görlitz, Eintritt: 20. Oktober 1894), der Glasbläser Ferdinand Heintz (aus Stützerbach, Eintritt: 10. Januar 1895), der Glasmacher Albert Jahn (aus Deesbach bei Oberweißbach, Eintritt 27. Dezember 1894), dem am 8. Mai

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1895 der ebenfalls dort gebürtige (und am 19. August 1913 in Pension gegangene) Alexander Herold folgt: ferner der aus einer Glashütte zu Radeberg in Sachsen zugezogene Geräteglasmacher Emil Stecher (aus Penig bei Leipzig, Eintritt: 26. November 1894). Unter den Jugendlichen war am 16. April 1895 Eduard Heintz aus Stützerbach seinen älteren Verwandten gefolgt. Somit dürfte sich der gesamte Personalbestand des Glaswerks etwa bis zum 1. August 1895 auf ungefähr 60 bis 70 Mitarbeiter belaufen haben. Von nun an haben wir eine stürmische Aufwärtsbewegung zu verzeichnen, die bedingt ist durch die im August des Jahres 1895 in Betrieb genommene Zylinderhütte und die dann schnell folgende oben geschilderte Entwicklung des Glaswerks zum industriellen Großbetrieb. Gleich im August und der darauf folgenden Zeit wurde das Kontorpersonal des Glaswerks verstärkt durch den am 24. August 1895 eingetretenen kaufmännischen Angestellten und späteren Prokuristen Hugo Krause und die am 1. Oktober eingetretenen kaufmännischen Kräfte Paul Erdmann und Otto Kersten. An Glasmachern und sonstigen erwachsenen Betriebsarbeitern wurden allein im August 16 eingestellt, daneben ein weiterer jugendlicher Arbeiter. Den beiden oben genannten Geräteglasmachern Herold aus Moys bei Görlitz folgten z. B. die am 5. August 1895 eingestellten Glasmacher Kurt und Theodor Herold. Ein Novum in der Betriebsgeschichte war es, daß nun auch weibliche Arbeitskräfte, wohl vorwiegend bei der Fertigmachung der Zylinder eingestellt wurden. Unter den 20. August 1895 notierte sich Schott in seinem Journal die Personalien von 11 Bewerberinnen, die offenbar auf öffentliche Ausschreibung der zu besetzenden Arbeitsplätze entweder durch schriftliche Gesuche oder persönliche Vorstellung reagiert hatten, und so finden wir dann vom Monat September ab drei von diesen nebst einer weiteren Arbeiterin im Glaswerk eingestellt. Für das schnelle Tempo, in dem sich der Personalbestand des Glaswerks während des Geschäftsjahres 1895/96 vermehrte, ist die Nachricht bezeichnend, daß er bis gegen Ende des Jahres 1896 bereits auf 172 Arbeiter, 20 Arbeiterinnen, zwei wissenschaftliche und neun kaufmännische Beamte, insgesamt also auf 203 Personen angestiegen war. Auch in der Folgezeit setzte sich diese Vermehrung fort und war, wie wir oben gesehen haben, bis zum 1. Oktober 1899 bereits auf 354 Personen (darunter 11 Beamte und Gehilfen) angestiegen. Genaue statistische Unterlagen für die unmittelbar folgende Zeit liegen nicht mehr vor, doch wird man annehmen dürfen, daß in Anbetracht der oben geschilderten Erweiterungsbauten der gesamte Personalkbestand des Glaswerks um die Jahrhundertwende mindestens 500 Köpfe betragen hat und daß hiervon etwa 2/3 an der Fabrikation der Beleuchtungsgläser beteiligt gewesen sind. Wie bereits oben erwähnt worden ist, hatte Rudolf Klett, der sich seit Mai 1888 um die Entwicklung des Glaswerks nach der kaufmännischen Seite hin große Verdienste erworben hatte, am 1. Juni 1895, also zu dem gleichen Zeitpunkt, an dem die alte Firmenbezeichnung „Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen in Jena“ in „Schott & Genossen in Jena“ umgewandelt worden war, Prokura erhalten, nachdem schon am 10. Februar 1893 seine Funktionen dahin bestimmt worden waren, daß ihm neben der Leitung der kaufmännischen Verwaltung auch die Aufstellung der Bilanzen und Inventuren sowie die Kontrolle der Kassenführung obliegen sollte. Auch die Übertragung der Kassenführung an den 1891 als kaufmännischer Lehrling ins Glaswerk eingetretenen Paul Rödiger, die im Jahre 1897 erfolgte, ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Als

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wertvoller Zuwachs für das kaufmännische Personal sollte sich auch der am 23. Februar 1899 eingetretene Otto Franke erweisen, dem 20 Jahre später (am 1. April 1919) gleichzeitig mit der Prokura-Erteilung wichtige geschäftliche Funktionen (z. B. die Oberaufsicht über das Kontorpersonal, die Beaufsichtigung des Verkehrs mit dem Ausland in den Abteilungen Zylinder und Geräte, die fremdsprachlich geführte Korrespondenz, die Bearbeitung der das geschäftliche Interesse der Firma berührenden Bestimmungen und Pressenachrichten) übertragen worden sind (bereits am 9. März 1901 hatte Franke gemeinsam mit Paul Rödiger Gesamtprokura erhalten). Daß dem seit 1887 überaus verdienstvoll im Glaswerk wirkenden Betriebschemiker Emil Grieshammer am 10. Februar 1898 durch erneuten Anstellungsvertrag noch einmal die Funktionen bestätigt wurden, die er von jeher ausgeübt hatte (Verpflichtung zu betriebschemischen und betriebstechnischen Arbeiten, Versuchsarbeiten im Laboratorium und Aufsicht über die Anfertigung und Expedition von Röhren) wurde schon oben erwähnt. Ebenso wurden dem bewährten Hüttenmeister Josef Schmidt, der dem Glaswerk von Anfang an angehört und an seinem Aufbau ebenso energisch wie sachkundig mitgewirkt hatte, in einem am 10. Februar 1898 erneuerten Anstellungsvertrag seine bisherigen Funktionen (Betriebsaufsicht in der Hütte – Bau der Öfen) bestätigt. Nachdem Schott dem oben – im Zusammenhang mit den farbigen optischen Gläsern und dem Milchglas für Lampenglocken – mehrfach erwähnten Dr. Richard Zsigmondy, der an der Technischen Hochschule Graz als Physiker wirkte, am 31. Januar 1897 einen Besuch abgestattet und ihm bei dieser Gelegenheit vorgeschlagen hatte, eine Zeit lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Glaswerk einzutreten, nahm dieser das Angebot am 20. Februar in der Form an, daß er erklärte, auf zunächst ein Jahr nach Jena kommen zu wollen, um wissenschaftliche Aufgaben auf dem Gebiete der Glasindustrie auszuführen und gleichzeitig den technischen und kaufmännischen Betrieb des Glaswerks kennen zu lernen. Sein Eintritt erfolgte vereinbarungsgemäß am 1. Oktober 1897. Zu den Rechten, die sich Zsigmondy ausbedungen hatte, gehörte u. a. der Betrieb eines Privatlaboratoriums im Glaswerk, in dem Zsigmondy seine Arbeiten über Lüsterfarben unter Vorbehalt seines geistigen und materiellen Eigentums daran fortzusetzen wünschte, ferner das Recht wissenschaftliche Arbeiten zu publizieren, soweit das geschäftliche Interesse des Glaswerks dadurch nicht geschädigt werde. Schon seit mehreren Jahren hatte Schott mit Zsigmondy in wissenschaftlicher Verbindung gestanden. In seinem Arbeitsjournal findet sich ein wohl im Juni 1892 gemachter Eintrag über Zsigmondys damalige Berliner Adresse (Physikalisches Institut der Universität Berlin, Neue Wilhelmstraße), und im März 1893 hatte ihm Zsigmondy geschrieben, er habe im Wintersemester 1892/93 seine erste sehr gut besuchte Vorlesung an der Technischen Hochschule Graz gehalten, anbei schicke er Schott einen Separatabdruck seiner letzten Arbeit und beabsichtige die Frage des Rot des Eisens im Glas noch weiter zu verfolgen. Aus Schotts Schmelzungsbuch III geht hervor, daß mit den Schmelzungen von Milchglas für Lampenglocken im Herbst 1897, also zur Zeit von Zsigmondys Eintritt ins Glaswerk begonnen wurde. Unter den auf diese Schmelzungen folgenden Serien von Darstellungen farbiger Gläser wird im Schmelzungsbuch mehrfach, zuletzt bei dem am 19. März 1900 erschmolzenen Grünen Kupferglas Nr. 431/III Zsigmondy als der für den Satz maßgebliche Schmelzer genannt. Aus dem ursprünglich von ihm in Aussicht genommenen einjährigen Aufenthalt im Glaswerk sind dann 2 ¾ Jahre geworden. Im Juni des Jahres 1900 schied er wieder aus.

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Als weiterer wissenschaftlicher Mitarbeiter trat am 1. August 1898 in das Glaswerk der am 17. Februar 1868 geborene Deutschrusse Dr. Mordko (d. h. Moritz) Herschkowitsch ein, über dessen 1901 gemeinsam mit Dr. Schott veröffentlichte Arbeiten über „Wasserstandsgläser und ihre Schutzgläser“ sowie „Über die Verteilung des Gasglühlichtes im Raum und die zweckmäßige Anwendung des Milchglases in der Beleuchtungstechnik“ wir bereits oben berichtet haben. Auch er blieb nur wenige Jahre – bis zum 30. September 1902 – im Glaswerk, um dann bei der Firma Carl Zeiss seine wissenschaftliche Tätigkeit fortzusetzen. Im Frühsommer 1899 wandte sich der damals zu Königsberg in Preußen in einem von Prof. Otto Mügge geleiteten Institut als Assistent tätige Dr. Eberhard Zschimmer (geb. 4. November 1873 zu Weimar, gest. 1940 zu Karlsruhe) an Dr. Schott mit der Frage, ob ihm nicht im Glaswerk Gelegenheit zu einer wissenschaftlichen Betätigung geboten werden könne, die es ihm erlauben würde, an der Universität Jena noch ein Vorexamen abzulegen und sich später etwa unter dem Mineralogen Prof. Dr. Gotthold Linck, bei dem er schon früher in Jena studiert hatte, zu habilitieren. Zur Einarbeitung in die spezielle Chemie und Technik des Glases erbat er sich von Dr. Schott Literatur, die dieser ihm am 3. Juli auch zukommen ließ. Es wurde ein Provisorium vereinbart, nach dem Zschimmer bei einer täglichen Arbeitszeit von 8 – 12 und 14 – 18 Uhr gegen das übliche Assistentengehalt (von 1 800 Mark) zunächst vorwiegend chemische Analysen ausführen sollte, und auf dieser Grundlage trat Zschimmer am 1. November 1899 in das Glaswerk ein, dem er in der Folgezeit in wissenschaftlich-technischer Hinsicht hervorragende Dienste leisten sollte. Große Verdienste um die Entwicklung des Glaswerkes, insbesondere seiner maschinellen Einrichtungen, sollte sich auch der seit dem 5. Mai 1896 bei der Firma Carl Zeiss beschäftigte und am 19. Oktober 1899 in das Glaswerk eingetretene Karl Ditscher (geb. 5. Mai 1875 zu Weimar) erwerben, der dem Werk bis zu seiner am 1. Oktober 1931 erfolgten Pensionierung gedient hat. Nach einem mit ihm nach zehnjähriger Bewährung am 31. März 1909 abgeschlossenen Anstellungsvertrag oblag ihm die Leitung der Maschinenabteilung, der Schlosserei und Reparaturwerkstätte, die Konstruktion von Maschinen und die Ausführung aller für die maschinellen Einrichtungen des Gesamtbetriebes in Frage kommenden Neuerungen und Verbesserungen. Ebenso wie über die Entwicklung der Personalverhältnisse im Glaswerk liegen uns für die 1890er Jahre auch über die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse, besonders über die der Lohn- und Gehaltsbedingungen der Werksangehörigen während des gleichen Zeitraums nur noch sehr lückenhafte Unterlagen vor. Die Aufzeichnungen, die sich Schott vom 1. September 1884 ab in seinem Arbeitsjournal von Monat zu Monat über die Gehalts- und Lohnzahlungen gemacht hatte und die für den Teilband II unserer „Briefe und Dokumente“ eine in betriebsgeschichtlicher Hinsicht höchst wertvolle Quelle gewesen waren, brachen mit dem Eintrag vom 30. November 1885 ab und wurden nun offenbar von dem um jene Zeit in das Kontor des Glaswerks eingetretenen kaufmännischen Lehrling August Nußpickel, später, von dessen Nachfolger Paul Rödiger in besonderen Lohnbüchern registriert, die seitdem längst der Vernichtung anheim gefallen sind. Wie wir gesehen haben, lag noch im Jahre 1934 im Glaswerk ein Lohnbuch aus dem Jahre 1891 vor, über dessen Inhalt wir aus Rödigers Erinnerungen erfahren haben, daß damals von den 14 im Werk beschäftigten Arbeitern der Maschinist Lentz mit 4 Mark für

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den zehnstündigen Arbeitstag den höchsten Wochenlohn erhalten habe. Die zwei Heizer hätten für die volle Woche von sieben Arbeitstagen (also einschließlich Sonntag) 22 Mark erhalten, die Löhne der anderen Arbeiter hätten zwischen 5,50 und 2,50 Mark geschwankt. Für Überstunden habe es keinen Aufschlag gegeben. Die beiden Röhrenzieher (Vorberg und Septimus Haag) hätten im Akkord gearbeitet, wobei die Verdienste reichlich, aber schwankend gewesen seien. Da uns eine einigermaßen genauere Übersicht der in Frage kommenden Art, wie wir noch sehen werden, erst aus dem Ende des Jahres 1896 wieder vorliegt, sind wir für die Zeit von 1891 bis dahin nur auf gelegentliche Einzelnachrichten angewiesen, wie sie vor allem wieder aus Schotts Arbeitsjournalen, daneben aber auch aus einigen wenigen Quellen zu entnehmen sind. Es bleibt uns also auch in diesem Falle nur übrig, diese Nachrichten teils im Wortlaut, teils im Auszug als Grundlage für spätere sozialkritische Untersuchungen hier wie folgt zusammenzustellen. 2. Februar 1892: An den Häfenmacher Georg Prokosch zu Konstein in Bayern, der sich um die durch Krankheit frei gewordene Stelle des Häfen- und Schmelzmeisters Carl Schmidt beworben hatte, schrieb das Glaswerk, daß für die fragliche Stelle ein Monatslohn von 110 Mark vorgesehen sei. (Dies ist der gleiche Lohn, den Carl Schmidt, der Vorgänger, bereits im November 1885 erhalten hatte; vgl. Briefe und Dokumente II, Anm. 275) Für Wohnung und Feuerung würde Prokosch gegen zusätzliche Vergütung von 5 Mark selbst aufzukommen haben. „Die Arbeit besteht in der Anfertigung von offenen Häfen und Glasschmelzen mit abwechselnden Tag- und Nachtschichten, Häfen werden nur während der Tagesschicht gemacht.“ Und weiter: „Außer dem angegebenen Lohn zahlen wir für jede gute Schmelzung optischen Glases eine Tantieme, woran Sie auch teilnehmen würden, wenn Sie sich für diese Art Schmelzerei brauchbar erweisen. Sie würden hierdurch eine jährliche Nebeneinnahme von wenigstens 200,- Mark haben […].“ Für den ausgeschiedenen Meister Carl Schmidt, der acht Jahre die obige Stelle innegehabt hatte, bezahlte die gemeinschaftliche Pensionskasse von Zeiss und Schott fortan jährlich 600 Mark in monatlichen Beträgen von je 50 Mark, nach seinem um 1895/96 erfolgten Tod an seine Witwe eine Jahrespension von 480 Mark. 15. Februar 1892: Schott notiert: „Carl Schott, Ilmenau (Schwager von Schneider Wiegand): Zur Expedition von optischen Glas und Röhren angenommen. Lohn: 15 M, wenn eingearbeitet 18 M.“ März 1893: Schott notiert: „Betriebskosten des kleinen Versuchsofens (ungefähr) für Borosilikat-Geräteglas, General-Unkosten nicht einbegriffen: Satz: 15 kg täglich 12, - M Kohlen 7, - M Hafen und Ofen 2, - M Löhne für 2 ½ Arbeiter a 4,- M 12,50 M Andere Löhne, Kühlofen 3, - M 29,50 M Wert der Produktion etwa 80,- bis 90,- M“ 4. Mai [?] 1893: „Geräteglasmacher Heintz [gemeint sind die obigen zwei Glasmacher]: [pro] Woche: 36 [+] 25 [+] 8 [Mark] = 69 Mark

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69 Mark mal 4 [Wochen] = 276 Mark monatliche Betriebskosten.“ Herbst 1893: Schott notiert: „Im Laufe des Winters [1893/94]: Arbeitsordnung – Verzeichnis der jugendlichen Arbeiter.“ 30. Dezember 1893: Schott notiert eine „vorläufige Abmachung“ über: „Geräte auftreiben: Kolben und Erlenmeier auf 100 Stück 1, - M Bechergläser unter Nr. X, gleichgültig ob mit oder ohne Ausguss pro 100 Stück 1,50 M Bechergläser über Nr. X 3, - M 13. Januar 1894: Schott notiert Lohnsätze für: „Abwischen und Stempeln von Geräten: 100 Stück 25 Pfg. Aufschlag auf die Preise des Auftreibens. Größere Nummern (über X): 30 Pfg.“ Februar 1894: Schott notiert sich über die sechstägige Arbeit des Röhrenziehers Wilhelm Heintz: „6 Tage Röhrenziehen von 19 mm Wilhelm Heintz: Dm 16 16. u. 17 17

18

19

½ kg 1 ½ kg 2 6 ½ kg 2 ½ 2 kg – ½ kg – 1 ½ kg 4 6 Tage 11 ½ kg 9 ½

10 26 ½ 30 ½ 18 35 42

[zusammen]

2 – 4 ½ 4 20

30 ½ 162

20

20 u. 22

43 28 33 53 55 42

19 u. 20 (keilig) 23 14 6 32 14 ½ 15

20 11 17 21 16 10 ½



254

104 ½

95 ½ 13 ½

520 kg 18 – 20 mm 130 keilige 149 abweichende

x 1,70 M x 1,- M x 1,- M

3 2½ 2 ½

keilig über 1 mm 15 ½ 16 ½ 18 schlecht 28 schlecht 33 schlecht 20 ½ schlecht 131 ½

884,- M 130,- M 149,- M 1 163,- M Wert der Tagesproduktion 194,- M“ = = =

März [?]1894: Schott notiert: „Anfertigung von Gasglühlichtzylindern aus (dem Verbrennungs-Röhrenglas ) 217/III 4 Schmelzungen, deren Dauer zusammen etwa 5 Tage war (im optischen Ofen, größter Hafen): Produziert 2 400 Stück (in den ersten beiden Schmelzungen gingen manche Stücke verloren) Personal: 3 Glasmacher, 1 Vorbläser, 1 Einträger! Man wird bei 3 Glasmachern und 2 Vorbläsern auf 250 Stück pro Schicht sicher rechnen können (wahrscheinlich 350 – 400 Stück) Verbrauch für Kohlen: 180, - M pro Stück 9,7 Pfg Löhne (Glasmacher) 90, - M 4,5 Pfg Rohmaterial 600 kg mal 22 130, - M 5,5 Pfg

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Andere Löhne (Schneiden, Abstempeln, Schleifen) Ofen und Hafen General-Unkosten

60, - M 40, - M 100, - M 600, - M

pro Stück

3, - Pfg 2, - Pfg 5,3 Pfg 30 Pfg

Zus.[ammen] Produktion 2 300 mal 35 Die Zylinder noch etwas grünlich gefärbt.“ Vor dem 15. Mai 1894: Schott notiert: „Abschneiden von Lampenzylindern (beiderseits), 2 Schnitte. pro 100 Stück zu 60 Pfg.“ April 1895: Schott notiert (im Hinblick auf die Sommerpause) „Bei Eintritt von Störungen im Betriebe der Schmelzöfen erhalten die nicht im Akkord arbeitenden Glasmacher und deren Gehilfen, wenn sie anderweitig nicht Ofenarbeiten im Betrieb ausführen, 2/3 ihres Lohnes ausgezahlt. Die einträger und Lehrlinge, deren täglicher Lohn 1,50 Mark oder weniger beträgt, erhalten ihren vollen Lohn ausbezahlt. Für Auslöschen: 2/3 Tageslohn Wochenlohn Auslöschen Meister 4,50 27,00 3,00 Läufer 4,00 24,00 2,70 Gehilfen 3,17 19,00 2,12 Kölbchenmacher 1,60 9,60 1,50 Einträger 1,20 7,20 1,20 Einträger und Kölbchenmacher, Lehrlinge und solche, die einen Tageslohn unter 1,50 Mark haben, erhalten ihren Lohn stets voll ausgezahlt. Alle übrigen beziehen während des Auslöschens 2/3 des während des Ganges der Öfen als festen Lohn bezahlten Betrages.“ August 1895: Schott notiert: „Akkordlohn für Absprengen: 45 Pfg Akkordlohn für Umschmelzen: 40 Pfg Gültig vom 23. August [1895] ab. Am 30. August erstmalig zur Auszahlung.“ 23. August 1895: Schott notiert im Hinblick auf die Glasmacher Herold I, Herold II und Herold III (siehe oben) folgende Lohnvereinbarungen: „Herold I, II und III erhalten für jeden wirklichen Arbeitstag als ihr persönliches Einkommen einen täglichen Lohn von 8 Mark 33 Pfg. garantiert derart, daß zum Schluß des Auslöschens eine zu deren Ungunsten bleibende Differenz zur Auszahlung gelangen soll. Bis dahin erhält jeder von ihnen einen wöchentlichen Mindestlohn von 40,- Mark ausgezahlt.“ Nach dem 20. August 1895: Schott notiert nachfolgende Lohnsätze für junge Arbeiter im Glaswerk: „Junge gesunde und leistungsfähige Leute, die nicht in einer bestimmten Stelle, für die ein bestimmter Lohn feststeht (am Ofen etc.), sondern im allgemeinen Betrieb tätig sind, sollen nach der folgenden Skala annähernd im Lohn aufsteigen: Alter: zwischen 14 u. 15, 15 u. 16, 16 u. 17, 17 u. 18, 18 u. 19, 19 u.20, 20 u. 21 Täglich 1,- M 1,20 1,30 1,50 2,00 2,30 2,50“

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30. November 1895: Arbeitsvertrag und Arbeitsordnung des Glaswerks Schott & Gen., der vom 15. Oktober 1895 ab als Arbeitsordnung des Glaswerks nach den Vorschriften des § 134a der Gewerbeordnung in Kraft treten soll (Auszug): § 1: Tägliche Arbeitszeit der nicht an Öfen beschäftigten Arbeitnehmer ist im Sommer 10, im Winter 9 ½ Std. Im Sommer (ab 1. April) von 6 Uhr morgens bis 18 Uhr abends mit Pausen von 8 bis 8.30 und von 12 bis 13.30 Im Winter (ab 1. Oktober) von 6.30 Uhr morgens bis 18 Uhr abends mit Pausen von 8.30 bis 9 und von 12 bis 13.30. Für die an den Öfen mit Vorarbeiten der Glasmasse beschäftigten Personen (Glasmacher und deren Gehilfen, Röhrenwärter usw.) ist die Arbeitszeit unregelmäßig von Fertigstellung der zur Verarbeitung bestimmten Glasmasse abhängig. Die Arbeitszeit exklusive der Pausen soll auch hier 10 Std. nicht überschreiten. Möglichkeit der Haftbarmachung von Glasmachermeistern, welche vom Bereitstehen der zu verarbeitenden Glasmasse benachrichtigt sind und den Beginn der Arbeit ungebührlich lange verzögern. § 2: Verpflichtung der Firma, die Arbeitsstätten an allen Werktagen 9 ½ bzw. 10 Std. in Betrieb zu halten, außer bei Behinderung durch höhere Gewalt (Betriebsstörungen, Auslöschen der Öfen behufs Reparaturen). Recht der Firma, den Betrieb oder Betriebsabteilungen vor Beendigung der regulären Arbeitsschicht zu schließen, wenn mehr als 1/3 der in ihr beschäftigten Personen abwesend ist. Im übrigen kann von der Firma eine Einschränkung der Betriebszeit nur nach Ablauf der in § 11 festgesetzten Kündigungsfrist eingeführt werden. § 3: Es besteht keine Verpflichtung zu Überstunden an Werktagen oder zur Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Ausgenommen sind – mit den durch die Geschäftsordnung festgesetzten Einschränkungen – solche Arbeiten, die zur ungestörten Fortführung des Betriebs außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeit besorgt werden müssen. § 4: Jeder Arbeiter hat Anspruch auf einen mit ihm zu vereinbarenden festen Wochenlohn bei 9 ½ bzw. 10 Arbeitsstunden. Die Lohnzahlung ist wöchentlich nach Maßgabe der tatsächlich geleisteten regulären Arbeitsstunden. Bei der Berechnung zählen nur volle halbe Stunden. § 5: Zahlung der Akkordzeit nach den vor Beginn der Arbeit angegebenen oder zu vereinbarenden Sätzen. Dabei wird der bei der Einstellung festgelegte Wochenlohn nach Verhältnis der aufgewendeten Arbeitszeit als Mindestverdienst gewährleistet. § 6: Schluß der Lohn-Woche ist Donnerstag. Lohnauszahlung am Freitag, bzw., wenn letzterer ein Feiertag ist, der vorausgehende Werktag, wobei bis zu dem letzten vorausgehenden Werktag gezahlt wird. Auszahlung des Lohnes an Arbeiter unter 18 Jahren nur unter Vorbehalt der Verständigung mit dem Vater oder Vormund. § 7: Abzüge vom Verdienst nur zulässig im Falle gesetzmäßiger Beschlagnahme oder nach Maßgabe des Statuts der Betriebskrankenkasse oder der reichgesetzlichen Vorschriften über die einzubehaltenden Beiträge zur Kranken- und Altersversicherung. Ferner Verpflichtung 1. zur Abzahlung der aus der Geschäftskasse geleisteten Vorschüsse, 2. bei anerkannter oder durch das Gewerbsgericht ausgesprochenen Ersatzleistung für schuldhaft verursachten Schaden an Material, Inventar, Arbeitsstücken oder Werkzeugen.

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§ 8: Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Befolgung der von der Geschäftsleitung erlassenen Anordnungen über Aufrechterhaltung guter Ordnung und Sicherheit des Betriebs, sowie der Anweisungen der mit Leitung und Beaufsichtigung der Arbeiten im Betrieb beauftragten Personen (Meister, Vorarbeiter, usw.); ferner zur Beachtung der von der Berufsgenossenschaft festgesetzten Unfallverhütungs-Vorschriften. § 9: Verantwortung jedes Arbeitnehmers für ordentliche Behandlung des ihm übergebenen Materials, der Werkzeuge und Maschinen. § 10: Verpflichtung der Arbeitnehmer zu regelmäßiger und pünktlicher Einhaltung der Arbeitszeit, soweit nicht Behinderung durch Krankheit oder triftige Abhaltung oder nicht ausdrückliche Erlaubnis zu späterem Antritt oder früheren Verlassen der Arbeit vorliegt. Wer durch Krankheit oder aus anderen Ursachen für länger als einen Arbeitsabschnitt von der Arbeit abgehalten ist, hat bis zum Beginn des nächsten Abschnittes über die Abhaltung und ihre voraussichtliche Dauer Nachricht zu geben. Bei Arbeitsantritt nach Beginn der Arbeitsperiode ist dem Meister oder seinem Stellvertreter Meldung zu erstatten. Als Beginn rechnet dann der Zeitpunkt der Meldung. § 11: Kündigung beiderseits 14tägig, außer da, wo nach der Geschäftsordnung sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zulässig ist. Für die Zeit des Löschens der Öfen ist für diejenigen Glasmacher und Gehilfen, denen während dieser Zeit Beschäftigung nicht gegeben werden kann, die Kündigungsfrist beiderseits nicht einzuhalten. § 12: Beitritt zur Betriebskrankenkasse ist für jeden Arbeitnehmer obligatorisch, soweit er nicht Mitglied einer den reichsgesetzlichen Anforderungen entsprechenden Innungs-, Knappschafts- oder Hilfskasse ist. Die Bestimmung des Statuts der Betriebskrankenkasse sowie des Pensionsstatuts vom 2. Dezember 1888 gelten hinsichtlich der Rechte und Pflichten als Bestandteile diese Arbeitsvertrages mit der Maßgabe, daß die Firma sich verpflichtet, für diejenigen, die nach den Bestimmungen des Pensionsstatuts Pensionsanspruch gegen die Firma für den Invalidenfall erlangt haben, die reichsgesetzlichen Beiträge für Alters- und Invalidenversicherung im ganzen Betrag zu leisten. § 13: Für alle in diesem Vertrag nicht berührten Punkte sollen die Vorschriften der Reichs-Gewerbe-Ordnung maßgebend sein. Juni 1896: Schott notiert: „Akkord-Zylinderhütte für Glasmacher. Preis eines Hüttenhunderts 2,50 M. Auf ein Hüttenhundert sind zu liefern 150 Stück Glühlicht-Zylinder (glatt) Hierbei werden den bisherigen Meistern 2 Häfen mit 2 Stühlen gestellt. Die älteren Gehilfen erhalten den Stuhl für den vorderen (großen) Hafen zum gleichen Akkordsatz. Ausnahme: Junger Reitmeier [gemeint ist der am 5. August 1895 eingetretene Franz Reitmeier, geb. am 30. März 1875] Radeberg: gleichen Satz mit 10 Mark wöchentlich Extravergütung. Derselbe war in der ersten Kampagne mit den Meistern gleich gestellt, daher diese Extraleistung. Bei Hafenbruch, unbrauchbarem Glas etc. haben sich die Stühle unter einander gegenseitig auszuhelfen, sodaß der ausfallende Hafen sich natürlich bei den anderen beteiligt. Im Krankheitsfalle soll 2 Tage noch für den Meister weitergearbeitet werden mit Zahlung des Ersatzmannes von dessen Seite. Später arbeiten die Stühle für die Firma gegen entsprechenden Tagelohn oder Akkord.

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Alle Stühle bzw. Doppelstühle arbeiten für eigene Rechnung. Alle Kniff-Zylinder gelten vorläufig wie glatte Glühlichtzylinder, 100 Stück pro Hüttenhundert. Alle Bauchzylinder, welche doppelt geblasen werden, gelten 300 Stück pro Hüttenhundert. Die französischen Rippenzylinder gelten: 150 Stück pro Hüttenhundert. Die gerippten englischen Zylinder gelten 180 Stück pro Hüttenhundert. Lohn der Einträger: 7,20 M Lohn der jüngeren Kolbenmacher: 9 M Lohn der älteren Kolbenmacher: 9,50 M Gehilfen, von der Firma angelernte: 12 M Übernahme des Überlohnes für die älteren Kolbenmacher, die als Gehilfen nicht zu gebrauchen sind und deren Lohn höher ist als.9,50 M“ Ende September 1896: Durch gedruckte Geschäftsmitteilung werden die Geschäftsangehörigen des Glaswerks benachrichtigt, daß jedem von ihnen ein Sparkonto bis zum Höchstbetrag von 1 000 Mark bei fünfprozentiger Verzinsung eröffnet werden kann, auf dem er einen Teil seines jeweiligen Arbeitsverdienstes zwecks späterer Abhebung stehen lassen kann. Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bedarf zum Abheben von Beträgen aus seinem Sparkonto einer schriftlichen oder mündlich erklärten Zustimmung des Vaters oder Vormundes. Näheres in einem aus 7 Punkten bestehenden Statut. 1. Oktober 1896: An die Stelle der Stiftungsurkunde der vom 19. Mai 1889 begründeten und seit dem 1. August 1891 zur Mitinhaberin des Glaswerks Schott & Genossen gewordenen Carl Zeiss-Stiftung tritt das von Abbe verfaßte und am 6. August landesherrlich bestätigte Statut der Carl Zeiss-Stiftung, durch welches die Verfassung des Glaswerks endgültig geordnet und der Wirkungskreis der Stiftung näher geregelt wird. Für die Verwaltung des Glaswerks gelten diejenigen Bestimmungen des Titels II des Statuts (nämlich über die Organisation der industriellen Tätigkeit der Stiftung) mit der Maßgabe, daß für die Dauer der derzeitigen Geschäftspartnerschaft zwischen Dr. Otto Schott und der Carl Zeiss-Stiftung die letztere zu ihrer Vertretung im Glaswerk einen zur Zeichnung der Firma legitimierten Bevollmächtigten zu bestellen hat, der mit Dr. Otto Schott gemeinsam die Funktionen des Vorstandes im Glaswerk ausübt, und zwar soll zum Bevollmächtigten der Stiftung beim Glaswerk immer ein Mitglied der Geschäftsleitung der Optischen Werkstätte Carl Zeiss bestellt werden. Bei Nichtübereinstimmung der Mitglieder der Geschäftsleitung des Glaswerks soll die Entscheidung des Stiftungskommissars herbeigeführt werden (§ 15) jedoch soll in Angelegenheiten des Glaswerks nichts gegen den Willen des Mitinhabers (Dr. Schott) geschehen können. Als – gegenüber der Stiftungsurkunde von 1889 – erweiterte Zwecke der Carl ZeissStiftung werden nunmehr bezeichnet: A. Im Rahmen der Stiftungsbetriebe: 1. Pflege der Zweige feintechnischer Industrie, welche durch die Optische Werkstätte und das Glaswerk unter Mitwirkung des Stifters eingebürgert worden sind, durch Fortführung dieser Gewerbsanstalten unter unpersönlichen Besitztitel. Im Besonderen: 2. Dauernde Fürsorge für die wirtschaftliche Sicherung der genannten Unternehmungen sowie für Erhaltung und Weiterbildung der in ihnen gewonnenen industriellen Arbeits-

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organisation – als der Nahrungsquelle eines zahlreichen Personenkreises und als einen nützlichen Gliedes im Dienste wissenschaftlicher und praktischer Interessen; 3. Erfüllung größerer sozialer Pflichten, als persönliche Inhaber sie dauernd gewährleisten würden, gegenüber der Gesamtheit der in ihnen tätigen Mitarbeiter, behufs Verbesserung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Rechtslage. B. Außerhalb der Stiftungsbetriebe: 1. Förderung allgemeiner Interessen der obengenannten Zweige feintechnischer Industrie im eigenen Wirkungskreis der Stiftungsbetriebe wie außerhalb derselben; 2. Betätigung in gemeinnützigen Einrichtungen und Maßnahmen zugunsten der arbeitenden Bevölkerung Jenas und seiner nächsten Umgebung. 3. Förderung naturwissenschaftlicher und mathematischer Studien in Forschung und Lehre Die unter A bezeichneten Zwecke sind durch die Stiftung ausschließlich vermöge statutsgemäßer Verwaltung ihrer Gewerbeinstitute und innerhalb dieser zu erfüllen; Die unter B genannten Aufgaben sollen der Stiftung obliegen als dem Nutznießer der Erträgnisse, welche ihre Unternehmungen übrig lassen mögen, nachdem den erstgenannten Aufgaben in ihnen genügt ist. Der Inhalt des Statuts gliedert sich wie folgt: Titel I (§ 1-5) Konstituierende Bestimmungen: Zweck, Name, Sitz und Organe der Stiftung. Titel II (§ 6-34) Organisation der industriellen Tätigkeit der Stiftung: Einrichtung, Ordnung des Verfahrens, Verwaltungsvorschriften, Persönliche Verhältnisse der Vorstandsmitglieder, Schlußbestimmungen. Titel III (§ 35-44) Allgemeine Normen für die geschäftliche Tätigkeit der Stiftung. Titel IV (§ 45-55) Reservefonds: Substanz, Verwaltung. Titel V (§ 56-93) Rechtsverhältnisse der Angestellten und Arbeiter in den Stiftungsbetrieben, z. B. strikte Neutralität bei der Einstellung und Behandlung von Arbeitern und Angestellten; Verbot der Diskriminierung aus rassischen, religiösen oder politischen Gründen; Gewährleistung der persönlichen Freiheit; Möglichkeit der Anstellung auf Lebenszeit; Anspruch auf bezahlten Urlaub; Selbstverwaltung der Betriebskrankenkasse und ihre Mindestleistungen; feste Zeitlöhne; Zuschläge bei Überarbeit; Kündigungsschutz, d. h. Entlassung nur unter Gewährung einer nach Dienstalter wachsenden Abgangsentschädigung; Pensionsrechte für invalide und ausgediente Arbeiter und Angestellte sowie deren Ehegatten und Kinder; Pensionsansprüche und -beiträge nach dem Pensionsstatut vom 3. Dezember 1888, § 93: Gültigkeit der §§ 56-92 für das Personal des Glaswerks nur insoweit, als dies auf Grund des gegenwärtigen Gesellschaftsvertrages oder mit ausdrücklicher Zustimmung von (dem dermaligen Partners der Stiftung) Dr. Otto Schott geschehen kann. Titel VI (§ 94-99) Regelung allgemeiner Interessen des Personals der Stiftungsbetriebe: relative Höhe der Beamtengehälter, Vergütung für besondere Leistungen, Lohn und Gehaltsnachzahlungen, Beschäftigung von Lehrlingen, jugendlichen Arbeitern und Frauen und Verbot einer Beschäftigung derselben lediglich behufs Erlangung billiger Arbeitskraft. Titel VII (§ 100-109) Verwendung der Überschüsse. Titel VIII (§ 110-112) Rechnungslegung der Stiftungsverwaltung.

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Titel IX (§ 113-122) Schlußbestimmungen: Auflösung der Stiftung, Statutenänderung. Die hier genannten Einschränkungen der Verbindlichkeit der Bestimmungen des Statuts für das Glaswerk kamen später in Wegfall, als Schott im Jahre 1919 seine Besitzhälfte am Glaswerk an die Stiftung übertragen hatte. 10. März 1896: Über die am Ende des Jahres 1896 im Glaswerk Schott & Gen. bestehenden Arbeitsbedingungen und Lohnverhältnisse finden sich in dem Aufsatz von Prof. Dr. Julius Pierstorff, damals Professor für Staatswissenschaften an der Jenaer Universität, über „Die Carl Zeiss-Stiftung, ein Versuch zur Fortbildung des großindustriellen Arbeitsrechts“ (in Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung usw., 1897, XXI, 2) u. a. folgende Angaben: S 15 f.: „Anders als in der Optischen Werkstätte [Carl Zeiss] liegen die Arbeiterverhältnisse in dem Glaswerke. Ein Teil der Arbeiter sind Tagelöhner ohne systematische Schulung. Nur bei der Glasbläserei finden besonders geschulte Kräfte Verwendung, die man zunächst von auswärts heranzog, bis eine hinreichende Anzahl einheimischer ausgebildet war. Über die Verwendung der neueingestellten jungen Leute entscheidet lediglich die Brauchbarkeit der Einzelnen. Die Fähigeren unter ihnen werden zu Glasmachergehilfen ausgebildet, die übrigen werden unter die Tagelöhner eingereiht. Die volle Ausbildung eines Glasmachergehilfen erfordert meist mehrere Jahre. Da die Fabrik sich noch im Entwicklungsstadium befindet, haben sich die Arbeitsverhältnisse noch nicht konsolidiert. Die Arbeitsorganisation ist die in der Glashütte übliche. Die eigentlichen Glasmacher arbeiten in Gruppen – Stühle genannt, die aus einem Meister mit einem oder zwei Gehilfen und einer Anzahl von Lehrlingen bestehen. Die Arbeit wird an den Meister im Akkord gedungen, die Gehilfen und Lehrlinge erhalten Tagelohn, dessen Höhe man mit Rücksicht auf die Höhe der Akkordsätze zu bemessen pflegt. Der gesamte Verdienst, der nach Abzug der Tagelöhne verbleibt, fließt ungeschmälert dem Meister des Stuhles zu. Zur Zeit zählt man in der Hütte 10 Stühle. Die übrige Arbeiterschaft steht teils im Einzelakkord, teils im Zeitlohn. Die verantwortungsvollste Arbeit fällt den Schmelzern zu, die mit der Bereitung des Glases und der Herstellung der Glashäfen betraut sind. Von 17 Meistern verdienen 13, unter denen sich der die Oberaufsicht führende Schmelzmeister befindet, täglich 6 Mark und darüber, die übrigen 4,50 – 6 Mark. Ihnen stehen die 4 Schmelzer und der Maschinenmeister mit 4 – 4,50 Mark am nächsten. Für die Masse der älteren Glasmachergehilfen (18) und der Akkordarbeiter (28) stellt sich der tägliche Arbeitsverdienst auf 3 – 4 M, für die (14) jüngeren Gehilfen auf 2,50 – 3 M. Die (41) Tagelöhner, bis auf einige (3) besser gestellte, empfangen 2,50 – 3,30 M. Die jugendlichen Arbeiterlehrlinge (24) wie die 22 Tagelöhner erhalten 1,20 – 1,50 M, die 20 Packerinnen 1,50 M.“ S. 23 f.: „[…] gleich weitgehende Rechte wie die optische Werkstätte hat das Glaswerk in Rücksicht auf die Jugendlichkeit des Unternehmens noch nicht geglaubt, seinen Arbeitern einräumen zu dürfen. Außer den allgemein üblichen Vertragsbestimmungen enthält die hier geltende Arbeitsordnung nur die Gewährung des vereinbarten Zeitlohnes als Mindestverdienst bei Akkordarbeitern, die Abschaffung aller willkürlichen und Straf-

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Abzüge bei der Lohnzahlung, sowie die Verpflichtung der Firma zur Offenhaltung des Betriebs während der festgesetzten täglichen Arbeitsstunden. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt hier im Sommer 10, im Winter 9 ½ Stunden ausschließlich der Pausen. Auch die effektive Arbeitszeit der an den Öfen mit Verarbeiten der Glasmasse beschäftigten Personen, welche gemäß der Natur des Arbeitsprozesses eine regelmäßige nicht sein kann, soll 10 Stunden nicht überschreiten. Krankenkassen und Pensionskassenstatut gelten bei beiden Betrieben als Bestandteile des Arbeitsvertrages.“ [Bemerkung des Bearbeiters: Gemeint sind hier die Bestimmungen der gemeinschaftlich Zeiss-Schottschen Betriebskrankenkasse vom 15. Juni 1883, revidiert nach der Krankenkassennovelle vom 10. April 1892 – sowie des gemeinschaftlichen Pensionsstatuts vom 3. Dezember 1888, das am 1. September 1897 revidiert worden ist.] S. 28: „Die Stiftung besitzt z.Zt. demnach 2 Geschäftsunternehmen, die Optische Werkstätte [Firma Carl Zeiss] und das Glaswerk [Firma Schott & Gen.]. Für die Verwaltung des letzteren, die im allgemeinen nach den gleichen Grundsätzen geführt wird wie die der ersteren, haben sich jedoch vereinzelte Vorbehalte nötig gemacht, da die Stiftung einstweilen mit dem Glaswerk nur im Sozietätsverhältnis steht.“ S. 47: „[…] obwohl das neue Statut, das die Gewinnbeteiligung für später in Aussicht nahm, erst mit dem 1. Oktober 1896 – dem Anfangstermin des neuen Geschäftsjahres – in Kraft trat, hat dennoch die Geschäftsleitung der Optischen Werkstätte bei Gelegenheit des vorjährigen Betriebs-Jubiläums beschlossen, der Arbeiter- und Beamtenschaft des ihr unterstellten Betriebs bereits für das im Herbst 1896 ablaufende Geschäftsjahr erstmalig einen Lohn- bzw. Gehaltszuschlag, und zwar in der Höhe von 8% Gewinnanteil auszuzahlen. Das Glaswerk trat dieser Maßregel bei mit der Modifikation, daß nur den Tagelohnarbeitern der Betrag eines Monatslohnes, den Akkordarbeitern hingegen im Hinblick auf die unverhältnismäßige Höhe d. Zt. noch geltenden Akkordsätze nur der Betrag eines Wochenlohnes gewährt wurde. Mit dieser Festgabe verband sich eine zweite, die ebenfalls die Erfüllung einer neuen statutarischen Bestimmung antizipierte, die Bewilligung eines allgemeinen einwöchigen Urlaubs unter Fortzahlung des entsprechenden Zeitlohnes, ein Zugeständnis, von dem unter angemessener Verteilung noch während des letzten Spätsommers und Herbstes Gebrauch gemacht wurde.“ 1. Oktober 1896: Inkrafttreten des am 1. September 1896 erneuerten Gemeinsamen Pensionsstatuts für die Geschäftsangehörigen von Schott und Zeiss vom 3. Dezember 1888 gemäß den §§ 73 ff. des Statuts der Carl Zeiss-Stiftung vom 26. Juli bzw. 16. August 1896. Ansteigen des Warenabsatzes im Geschäftsjahr 1895/96 von 500 589 Mark auf 1 035 063 Mark; Ansteigen der Lohn- und Gehaltskonten 1895/96 von 84 982 Mark auf 181 175 Mark (also mehr als Verdoppelung, bedingt durch die Produktion und den Absatz von Zylindern). 1. Oktober 1897: Der Anstellungsvertrag zwischen dem Glaswerk und dem Hüttenmeister Josef Schmidt legt dessen Jahresgehaltssätze fest: mit Wirkung vom 1. Oktober 1897 auf 4 000 Mark, mit Wirkung vom 1. September 1901 auf 6 000 Mark. Ansteigen des Warenabsatzes 1896/97 von 1 135 063 auf 1 165 375 Mark.; Ansteigen der Lohn- und Gehaltskosten 1896/97 von 181 176 Mark auf 230 000 Mark (200 000 Mark Lohn, 30 000 Mark Gehalt).

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September 1898: Inkrafttreten der „Bedingungen der Aufnahme jugendlicher Arbeiter und Lehrlinge im Glaswerk Schott & Gen.“, darin (hier als Auszug): 1. Arbeiterlehrlinge (d. h. Arbeiter unter 18 Jahren) sind wie die älteren Arbeiter dem Arbeitsvertrag und den Bestimmungen der Betriebskrankenkasse unterworfen. 2. Verpflichtung der Angehörigen zu angemessener Unterkunft und Verköstigung durch warmes Mittagessen. Wohnung muß im Winterhalbjahr in Jena, Wenigenjena oder Lichtenhain sein. Die am Mittagstisch bei Frau Hündorf zahlen, soweit ihr Lohnsatz nicht über 9 Mark beträgt, statt 35 nur 25 Pfg. pro Mittagessen, Zuschuß von 10 Pfg. durch die Firma. Wer bei Frau Hündorf in Logis und Kost ist, zahlt: bei Wochenlohn bis 10 Mark ein Kostgeld von 5 Mark nebst 2 Mark Zuschuß von der Firma, bei Wochenlohn bis 11 Mark ein Kostgeld von 6 Mark nebst 1 Mark Zuschuß von der Firma. 3. Jährlich zweimalige Untersuchung der Arbeiterlehrlinge durch einen von der Firma hierzu bestellten Arzt obligatorisch. Bei Nichtbeachtung ärztlicher Ratschläge erfolgt Kündigung. 4. Schlafsaalordnung für die an den Öfen arbeitenden und im Schlafsaal der Glashütte nächtigenden jungen Leute: Sauberhaltung der Betten und des Aborts, ab 8 Uhr Bettruhe, Befolgung der Anweisungen des Schlafsaalältesten betr. Ordnung im Saal. Bei Nichtbefolgung der Vorschriften erfolgt zeitweise Ausschluß aus dem Saal. 5. Verpflichtung zum zweijährigen Besuch entweder der städtischen Gewerblichen Fortbildungsschule oder der Großherzoglichen Gewerbeschule in Jena. Das Schulgeld trägt, außer für Unwürdige, die Firma. Bei Schulentlassung wegen groben Vergehens in der Schule erfolgt gleichzeitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Zeugnisse sind mit Unterschrift eines Mitgliedes der Geschäftsleitung den Erziehungsberechtigten vorzulegen. 6. Die Arbeiterlehrlinge haben Gelegenheit einen Teil ihres Lohnes in der Sparkasse des Betriebes anzulegen. Vereinbarungen mit dem Vater oder Vormund hierüber werden empfohlen. 7. Den Erziehungsberechtigten wird zur Pflicht gemacht, die Lehrlinge zu Fleiß, Pünktlichkeit, Sauberkeit und gesitteten Betragen in- und außerhalb der Glashütte anzuhalten. 8. Aufenthalt der Jugendlichen in Tanzlokalen und Teilnahme an Kneipgelagen ist untersagt. Der Besuch öffentlicher Wirtschaften ist nach Sonnenuntergang nur in Begleitung volljähriger Familienangehöriger gestattet. 9. Teilnahme an einer Tanzstunde ist nur Lehrlingen gestattet, wenn sie über 17 Jahre alt sind und die Fortbildungs- bzw. Gewerbeschule verlassen haben. Wer gegen obige Vorschriften verstößt, hat Kündigung zu gewärtigen. 1. Oktober 1898: Wegen weiteren großen Ansteigens des Zylindergeschäfts: Ansteigen des Warenabsatzes 1897/98 von 1 165 375 Mark auf 1 421 778 Mark, Ansteigen der Lohn- und Gehaltskonten 1897/98 auf 286 000 Mark (243 000 Mark Lohn, 47 000 Gehalt). 1. Oktober 1899: Eintritt von Dr. Eberhard Zschimmer als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Glaswerk mit einem vorläufigen Gehalt von 1 800 M. Ansteigen des Warenabsatzes 1898/99 von 1 421 778 Mark auf 1 672 000 Mark, Ansteigen der Lohn- und Gehaltskonten 1898/99 auf 392 000 Mark (346 000 Mark Lohn, 47 000 Mark Gehalt).

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24. Februar 1900: Abbe vollzieht unterschriftlich das eine Besoldungsreform der Jenaer Universitätsprofessoren ermöglichende, am 8. März landesherrlich bestätigte „Ergänzungsstatut zur Regelung der Aufgaben der Carl Zeiss-Stiftung für die Universität Jena“. 20. November 1900: Inkraftsetzung der neuen Form von „Arbeitsvertrag und Arbeitsordnung des Glaswerks Schott & Genossen zu Jena“ vom 5. November 1900. (Geschäftsdrucksache von zehn Groß-Oktavseiten, 18 Paragraphen) Die neue Form enthält gegenüber der vom 15. Oktober 1895 u. a. folgende Bestimmungen: § 1: Einführung der neunstündigen (statt 10 bzw. 9 ½ Stunden) Arbeitszeit. Arbeitsschluß für weibliche Personen an den Sonnabenden und Vorabenden der Feste: 5 ½ [17.30] Uhr. § 4: Die in der Arbeitswoche fallenden gesetzlichen Feiertage und der sog. 3. Pfingstfeiertag zählen als Arbeitstage. Am sog. 3. Oster- und Weihnachtsfeiertag fällt die Nachmittagsarbeit bei Fortwährung des Zeitlohnes aus, soweit nicht notwendiger Aufsichtsdienst in der Hütte in Frage kommt. Für Überstunden wird an Werktagen ein um 25%, an Sonn- und Feiertagen um 50% erhöhter Zeitlohn gezahlt. § 5: Anspruch auf Fortgewährung des festen Zeitlohns hat jeder Arbeitnehmer – 1. am ersten Krankheitstag, 2. bei eintägiger Arbeitsversäumnis durch notwendige Abwesenheit bedingte Haus- oder Familienvorkommnisse, 3. desgleichen bedingt durch Todesfall in der Familie, 4. für zweistündige Abwesenheit bei militärischen Kontrollversammlungen, 5. für Abwesenheit am Vormittag wegen Teilnahme am örtlichen militärischen Ersatzgeschäft, 6. bis zu 12 Tagen bei Einberufung zu einer militärischen Übung nach mindestens einjähriger Tätigkeit im Betrieb; jedoch sollen davon sechs Tage auf den im gleichen oder nächstfolgenden Kalenderjahr zu beanspruchenden Lohnurlaub (§ 15) angerechnet werden. § 6: betr. Akkordarbeit ebenso wie früher in § 5. § 7: Verpflichtung der Glasmacher, auch z. T. aus dem Hafen gelaufenes oder nicht genügend gut beschaffenen Glas je nach Entscheidung des Hüttenmeisters aufzuarbeiten. Anderen Falles keine Lohnzahlung, eventuell Verpflichtung zu Schadenersatz nach § 11. Desgleichen bei ungebührlicher Verzögerung des Arbeitsbeginns. Verpflichtung zu ähnlicher Aushilfsarbeit, falls Arbeit an gewöhnlicher Stelle nicht möglich ist. § 8: Für unverschuldetes Feiernmüssen wegen Hafenbruch, schlechter Glasbeschaffenheit ist, wenn Aushilfsarbeit an derer Stelle nicht gegeben werden kann, Wartegeld zu zahlen, nämlich 2/3 des Wochenlohns von mehr als 12 Mark, 8 Mark bei Wochenlohn von 8 bis 12 Mark und der feste Lohn selbst bei Wochenlohn unter 8 Mark. Während des alljährlichen Löschens der Öfen steht Glasmeistern und selbständigen Gehilfen mit 24 Mark und mehr Wochenlohn außer dem sechstägigen Lohnurlaub (§ 15) weiterer Anspruch auch für die Zeit der Untätigkeit nicht zu, doch kann Lohnarbeit nach Vereinbarung geleistet werden. Jeder unselbständige Gehilfe, Rohrläufer, Kölbelmacher, Lehrling hat, wenn während des Auslöschens Beschäftigung nicht möglich, ½ vom Festlohn von über 16 Mark pro Woche; 8 Mark pro Woche bei einem Lohn zwischen 16 und 8 Mark, den ganzen Lohn, bei einem Wochenlohn unter 8 Mark. Dauert das Auslöschen außer der Urlaubswoche länger als vier Wochen, tritt für alle an Öfen Beschäftigten dasselbe Wartegeld ein, wie oben bei Hafenbruch vorgesehen.

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§ 9: Wer nach § 8 außer Arbeit tritt, verbleibt wie ein Beurlaubter bezüglich Krankenund Altersversicherung und Pensionsberechtigung im Dienst der Firma. Er kann während der Arbeitsunterbrechung anderweitigen Erwerb nachgehen, muß aber nach Ansage die Arbeit im Betrieb wieder aufnehmen. Anspruch auf Wartegeld entfällt, wenn der Betreffende ein anderes Dienstverhältnis eingeht sowie, wenn er anderwärts als Glasmacher arbeitet. § 10: Schluß der Lohnwoche Mittwoch (statt Donnerstag), sonst ähnlich wie früher § 6). § 11: Abzüge betragen wie vorher § 7). § 12: Ordnung und Sicherheit des Betriebs betr. , wie vorher § 8). § 13: Verantwortung für Werkzeuge, Material und Maschinen wie vorher § 9. § 14: Im allgemeinen wie vorher § 10. Darüber hinaus: Vorbereitungen zum Weggehen (Waschen, Ankleiden usw.) erst nach gegebenen Signal zulässig. Arbeiter mit schmutzerzeugender Beschäftigung (z. B. am Gaserzeuger) können den Körper ¼ Std. vor Arbeitsschluß reinigen. Die in Wochenschicht Arbeitenden dürfen ihren Posten erst nach erfolgter Ablösung verlassen, erhalten aber für Verzögerung von ½ Std. und mehr Lohnvergütung. § 15: Wer zu Beginn des Kalenderjahres das 20. Lebensjahr vollendet hat, erhält, sobald er ein volles Jahr im Dienst gewesen, Anspruch auf sechs Tage Urlaub im Wochenlohn, der nach Vereinbarung anzutreten ist. Personen, die am Ofen beschäftigt oder in ihrer Arbeit vom Ofenbetrieb abhängig sind, sollen ihren Urlaub in die Zeit des Löschens verlegen. Lohnurlaub soll gewöhnlich nicht weniger als drei aufeinander folgende Arbeitstage umfassen. Benutzung des Urlaubs im Dienst Fremder ist ohne ausdrückliche Genehmigung unzulässig. § 16: betr. Kündigung, wie vorher § 11. § 17: betr. Beitritt zur Betriebskrankenkasse und Pensionsrechte, wie vorher § 12, jedoch nunmehrige Bezugnahme auf das Pensionsstatut vom 1. September 1897 (statt 3. Dezember 1888). § 18: wie vorher § 13. [Bemerkung des Bearbeiters: Ein Nachtrag vom 29. Dezember 1909 verpflichtet alle Geschäftsangehörigen zur Verschwiegenheit über erlangte Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse und untersagt auch Aufzeichnungen hierüber für ihren persönlichen Bedarf]. Können wir somit nach den vorstehend mitgeteilten Notizen und Auszügen ein, wenn auch nicht vollständiges, aber doch ungefähres Bild davon gewinnen, wie sich im Laufe der 1890er Jahre im Glaswerk die Arbeitsbedingungen und sozialen Verhältnisse der Glasmacher und Handarbeiter entwickelt haben, so liegen über die gleichzeitigen Gehaltsverhältnisse der wissenschaftlichen Mitarbeiter, der technischen Beamten und des Kontorpersonals so gut wie keine Unterlagen mehr vor, da in den erhalten gebliebenen erneuerten Anstellungsverträgen, die in der Zeit nach 1900 insbesondere mit den bereits seit längerer Zeit in leitender Stellung befindlichen oder in solche aufgerückten Geschäftsbeamten immer nur die beim Abschluß dieser Verträge oder für die folgenden Jahre gültigen Gehaltssätze Erwähnung gefunden haben, von älteren Datum jedoch in der Regel nur der für die Festsetzung des Pensionsdienstalters maßgebende Termin des Eintritts in den Betrieb. Eine der wenigen Ausnahmen bildet nur die oben mitgeteilte, am 1. Oktober 1899 mit Dr. Eberhard Zschimmer vereinbarte provisorische Jahresvergütung von 1 800

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Mark. Aus einem von Dr. Richard Zsigmondy am 15. Dezember 1902, also fast drei Jahre nach seinem Austritt aus dem Glaswerk, an Abbe gerichteten Brief geht hervor, daß dieser während der 2 ¾ Jahre seiner Anwesenheit im Glaswerk aus der Kasse desselben insgesamt nur den relativ geringen Betrag von 5 667 Mark ausbezahlt bekommen hatte und nunmehr unter Bezugnahme auf den § 95 des Stiftungsstatuts der Carl ZeissStiftung (betr. Vergütung für besondere Leistungen) darum bat, es möchte ihn mit Rücksicht auf seine beabsichtigte Verheiratung und die Nachteile, die ihm die Abgabe seines Patentes auf Lüsterfarben gebracht habe, noch nachträglich ein Anteil an den Vorteilen zugebilligt werden, die dem Glaswerk das von ihm erschmolzene Milchglas für Glühlampen erbracht habe, Schott stand demgegenüber auf dem Standpunkt, daß sich Zsigmondy für die ihm zugedachte Stellung nicht als geeignet erwiesen habe. Er habe sich nicht nur in seiner Freizeit, sondern auch in seiner Geschäftszeit vorwiegend mit seinen Lüsterfarben beschäftigt. Das Stiftungsstatut sei für das Glaswerk zur Zeit noch nicht „gouvernativ“ gültig. Zsigmondy habe bei seinem Eintritt ins Glaswerk die Aufgabe gestellt bekommen, für das bis dahin im Glaswerk allein hergestellte Klarglas diejenigen Trübungsmittel zur Anwendung zu bringen, die bis dahin in der Glastechnik gebraucht worden seien, also phosphorsauren Kalk und Kryolith, um damit Milchglas herzustellen. Daß sich phosphorsaurer Kalk dazu als geeignet erwiesen habe, sei keine erfinderische Tat Zsigmondys gewesen. An der Darstellung des Milchglases mit einer gewissen Menge Knochenmehls seien außer Zsigmondy auch Dr. Grieshammer und der Hüttenmeister Josef Schmidt, später auch Dr. Herschkowitsch beteiligt gewesen. Die Anwendung des Milchglases auf das Jenaer Gasglühlicht-Zylinderglas sei ebenfalls keine Erfindung gewesen. Das Zsigmondy aus der Kasse des Glaswerks nur den genannten Betrag erhalten habe, sei daraus zu erklären, daß er während der 2 ¾-jährigen Anwesenheit im Glaswerk auf seinen eigenen Wunsch 1 Jahr und 4 Monate ohne Gehalt beurlaubt worden sei, um im Laboratorium des Glaswerks und mit dessen Einrichtungen seine Lüsterfarben zu fördern. Immerhin erklärte sich Schott bereit, Zsigmondy – zwar nicht wegen seiner erfinderischen Verdienste um das Milchglas, sondern wegen des Verlustes, den er durch die Abgabe seines Lüsterfarbenpatents erlitten habe – vom Glaswerk 5 000 Mark zukommen zu lassen. Nur nebenbei sei hier bemerkt, daß Schott sich nicht nur in diesem Falle großzügig erwies, sondern auch seine tüchtigsten und ältesten Mitarbeiter wie Rudolf Klett, Dr. Grieshammer, die Meister Josef und Carl Schmidt (und nach dessen Tod auch dessen Familie) immer wieder über die eigentlichen geschäftlichen Verpflichtungen hinaus durch Geldprämien, billige langfristige Darlehen und dergleichen zu fördern pflegte. Nicht uninteressant ist im Zusammenhang mit der Frage der Löhne und Gehälter eine Berechnung, die Schott im Jahre 1900 in sein Arbeitsjournal eintrug. Sie lautet: „Auf 100 Mark Warenausgang (ganzer Hüttendurchschnitt) entfallen: 18,0 Mark Waren-Eingang 10,6 Mark Kohlen 19,4 Mark Löhne 2,8 Mark Gehälter 2,5 Mark Zinsen 3,3 Mark Unkosten 2,5 Mark Reparaturen

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3,9 Mark Abschreibungen 0,8 Mark Gas“ Wenn demnach um das Jahr 1900 die Ausgaben auf Löhne und Gehälter im Glaswerk 22,2% vom Warenausgang betrugen, so stimmt diese ziemlich genau überein mit den oben für den Warenabsatz im Geschäftsjahr 1898/99 mitgeteilten Zahlen überein, nach denen bei einem Warenabsatz von 1 672 000 Mark für Löhne und Gehälter 286 000 Mark, also 22,6% bezahlt worden waren. Obwohl wir oben bereits mehrfach durch Zahlen und Beispiele auf die günstige geschäftliche Entwicklung des Glaswerks während der 1890er Jahre hinweisen konnten, wollen wir sie nunmehr noch einmal kurz im Zusammenhang überschauen. In dem Geschäftsbericht des Stiftungskommissars der Carl Zeiss-Stiftung Rothe über das Geschäftsjahr [1. Oktober] 1891 bis [1. Oktober] 1892 wird darauf hingewiesen, daß trotz der für dieses Jahr charakteristischen Ungunst der allgemeinen wirtschaftlichen Lage die Geschäfte im Glaswerk nicht nur keinen Rückgang, sondern einen erfreulichen Aufstieg genommen hatten. Der Warenausgang, der 1889/90 erst 149 970 Mark, dann 1890/91 169 549 Mark betragen hatte, war nunmehr bereits auf 210 211 Mark angestiegen, und dies war zweifellos der zunehmenden Verwendung zu danken, welche die von Schott seit dem Sommer 1888 und dann in vermehrten Maße seit Anfang 1892 in den Handel gebrachten Gläser für photographische Objektive in der praktischen Optik gefunden hatten. Hatten diese Gläser z. B. doch auch bei der Optischen Werkstätte Carl Zeiss, wo der Verkauf von Mikroskopen 1891/92 gerade einen empfindlichen Rückgang um 116 000 Mark erfahren hatte, einen Anstieg des Verkaufs von photographischen Apparaten von 68 728 Mark auf nicht weniger als 230 183 Mark bewirkt und so gegenüber dem Rückgang des Verkaufs an Mikroskopen einen höchst willkommenen Ausgleich gebracht. In noch höherem Grade hatte sich die Krisenfestigkeit des Glaswerks und der günstige Einfluß seines Rohglases für photographische Objektive auf die junge photographische Abteilung des Zeisswerkes in dem sonst wiederum unter der allgemeinen Ungunst der wirtschaftlichen Verhältnisse leidenden Geschäftsjahr 1892/93 bewährt. Wenn auch, wie im Vorjahre, das optische Rohglas der hauptsächlichste Verkaufsartikel des Glaswerks gewesen war, so hatte hier nun auch der Absatz an Glasröhren (also an Normalglas 16/III, an Borosilikatglas 59/III, Wasserstandröhren) größere Ausdehnung genommen, und es war dank der von Schott 1893 vorgenommenen Erweiterungsbauten an der Glashütte auch bereits mit der Fabrikation des neuen Jenaer Geräteglases sowie mit den ersten Versuchen zur Herstellung von Zylindern für Gasglühlicht aus Verbundglas begonnen worden. So hatte sich der gesamte Warenabsatz des Glaswerks wiederum beträchtlich gesteigert, nämlich von 210 211 Mark auf 245 088 Mark. Und wiederum hatte sich auch bei Zeiss der Absatz nur dadurch auf gleicher Höhe halten lassen wie im Vorjahr, daß hier einem Rückgang des Verkaufs an Mikroskopen (von 876 312 Mark auf 766 524 Mark) eine Steigerung des Absatzes an photographischen Objektiven von 230 183 Mark auf 342 039 Mark entsprochen hatte. Zwar hatte die Beteiligung des Glaswerks an der Weltausstellung von Chicago 1892 infolge der damals in den USA herrschenden Wirtschaftskrise keinen unmittelbaren finanziellen Erfolg gebracht, doch sollte es nicht lange währen, bis sich die hohe Anerkennung, die die Erzeugnisse des Glaswerks (wie auch die der Optischen Werkstätte) bei der internationalen Jury der Ausstellung ge-

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funden hatten, auch im Exportgeschäft nach den USA und anderen überseeischen Absatzgebieten bemerkbar machten. Waren doch in der von dieser Jury zugefertigten Urkunde die Ausstellungsgegenstände des Glaswerks auf Antrag des hochangesehenen englischen Gelehrten Professor Silvanus P. Thompson vom Londoner Technical Instituts charakterisiert worden als: „Die Verkörperung der Ergebnisse mühsamer Forschungen, welche zu Fortschritten von höchster Bedeutung für die wissenschaftlichen Industrien geführt haben, indem sie den Verfertigern von Teleskopen, Mikroskopen, Thermometern neue und wertvolle Materialien an die Hand geben.“ Auch von der ebenso ehrenvollen Anerkennung in dem Diplom, das gleichzeitig der Optischen Werkstätte Carl Zeiss für ihre im Rahmen der Kollektivausstellung der „Deutschen Gesellschaft für Mechanik und Optik“ ausgestellten Erzeugnisse zugefertigt wurde, durfte das Glaswerk Schott & Genossen einen Teil für sich in Anspruch nehmen, wenn darauf hingewiesen wurde auf: „mehrere Reihen der vollkommenen Formen von Mikroskopen und zugehörigen Hilfsapparaten – unter denen die Apochromat-Objektive ein neues Stadium der Mikroskopie markieren, […] viele Neuerungen und […] gute Konstruktion bei Apparaten zur Mikro-Projektion und Mikro-Photographie … anastigmatische Photographen-Objektive von ungewöhnlich großem Bildwinkel und feiner Ausführung…“. Und weiter heißt es: „[…] Diese Ausstellungs-Kollektion ist ein Abriß des glänzenden Fortschrittes in der praktischen Optik während des letzten Jahrzehnts.“ Im Geschäftsbericht des Stiftungskommissars der Carl Zeiss-Stiftung über das nächstfolgende Geschäftsjahr 1893/94 heißt es u. a.: „Der im letzten Bericht […] geschilderte flaue Geschäftsgang hat sich auch im vorliegenden Geschäftsjahr bei beiden Betrieben fortgesetzt. Bei der Firma Schott hat sich zwar der Warenabsatz gegenüber dem Vorjahr um 25 175 Mark (von 245 088 Mark auf 270 233 Mark) erhöht; im Hinblick auf die im vorjährigen Geschäftsbericht erwähnte Geschäftserweiterung und die Einführung neuer Betriebszweige ist aber jene Steigerung nur eine unbedeutende. Infolge des Darniederliegens der optischen Industrie in Deutschland und anderen Ländern hat insbesondere der Absatz an optischem Glas einen ganz merklichen Rückgang erfahren. Bei Zeiss mußte zur Verhütung einer Waren-Überproduktion, wie teilweise schon im Vorjahre in allen Betriebsabteilungen die Arbeitszeit eingeschränkt und die Arbeiterzahl, wenn auch nicht erheblich, reduziert werden.“ Der Warenabsatz 1893/94 betrug bei der Firma Zeiss 1 051 399 Mark davon an Mikroskopen 677 508 Mark (gegenüber 1892/93: 766 525 Mark), an photographischen Apparaten 328 338 Mark (gegenüber 1892/93: 342 040 Mark], an Fernrohren 24 453 Mark. Somit war dort im Geschäftsjahr trotz des Hinzutrittes eines neuen Betriebszweiges (nämlich für die Abbeschen Prismenfeldstecher und andere Erdfernrohre.) eine Mindereinnahme von 69 727 Mark zu verzeichnen. Einen wesentlichen Aufschwung des Geschäfts im Glaswerk verzeichnet der nächstfolgende Bericht des Stiftungskommissars der Carl Zeiss-Stiftung über das Geschäftsjahr 1894/95. Es heißt daselbst u. a.: „Im Glaswerk Schott ist nicht nur der Absatz an optischem Glas wieder größer geworden, und es hat sich das Geschäft in Thermometer- und Wasserstandsröhren sowie Glasgeräten gehoben, sondern es hat der in den letzten Jahren neu eingerichtete Betriebszweig, nämlich die Herstellung von unzerbrechlichen Lampenzylindern für Gasglühlichtbrenner eine so große Ausdehnung angenommen, daß eine wesentliche Erweiterung der Fabrikanlagen vorgenommen und eine starke Vermehrung des Arbeiterpersonals erfolgen mußte. Der Warenabsatz hat sich daher von 270 233

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Mark auf 500 589 Mark erhöht, und die Lohn- und Gehaltskonten sind von 60 212 Mark auf 84 982 Mark gestiegen. Der Verbrauch an Holz und Kohlen ist um 10 000 Mark (von 38 086 Mark auf 48 923 M) gestiegen. Die Konten für Gebäude, Grundstücke und Ofenanlagen weisen bedeutende Zugänge auf. Da die Nachfrage nach Lampenzylindern immer noch dauernd zunimmt, ist für das Geschäftsjahr 1895/96 abermals eine Erweiterung der Fabrikanlagen in Aussicht genommen.“ Für das Geschäftswesen des Glaswerks war es nicht ohne Bedeutung, daß sich im gleichen Jahre auch der Verkauf an Erzeugnissen der Optischen Werkstätte um 453 648 Mark gehoben hatte, nämlich auf 1 505 047 Mark, davon an Mikroskopen für 867 362 Mark (gegenüber 1893/94: 677 509 Mark), an Meßinstrumenten für 19 909 Mark (gegenüber 1893/94: 21 099 Mark), an Photographischen Apparaten für 432 011 Mark (gegenüber 1893/94: 328 338 Mark), an Fernrohren für 186 675 Mark (gegenüber 1893/94: 24 458 Mark). Ferner waren im Zeisswerk nunmehr auch die ersten Schritte zur Einrichtung einer Astronomischen Abteilung getan worden. In den einleitenden Bemerkungen zu seinem Geschäftsbericht über das Jahr 1895/96 stellt der Stiftungskommissar zunächst fest, daß nach mehrjährigen umfänglichen und zum Teil schwierigen Arbeiten und Verhandlungen der verfassungsmäßige Ausbau der Stiftung durch die am 16. August 1895 erfolgte landesherrliche Bestätigung der völlig umgestalteten Carl Zeiss-Stiftung nunmehr beendet worden sei und daß die finanziellen Verhältnisse der Stiftung durch die Aufnahme einer amortisierbaren Anleihe von 1 Million Mark eine zweckmäßige Konsolidierung erfahren hätten. Die innere Organisation der beiden Stiftungsbetriebe sei – ihrer stetig fortschreitenden Entwicklung entsprechend – weiter ausgebaut worden. Auch seien erhebliche Betriebserweiterung teils bereits vorgenommen, teils angebahnt worden. Die Verhandlungen mit Dr. Pauly aus Mühlberg wegen Begründung einer astronomischen Betriebsabteilung bei der Optischen Werkstätte stünden vor dem Vertragsabschluß. Im Glaswerk sei der Absatz gegenüber dem Vorjahr auf das Doppelte, nämlich auf den Betrag von 1 035 063 Mark gestiegen, was hauptsächlich auf den starken Absatz von Glaszylindern zurückzuführen sei. Auch bei der Optischen Werkstätte sei ein Anstieg des Absatzes um 269 890 Mark, nämlich auf 1 774 937 Mark erfolgt, und daran sei der Anstieg des Absatzes an Fernrohren von 186 765 Mark (1894/95) auf 349 508 Mark wesentlich mitbeteiligt. Beim Glaswerk seien die Gehaltsund Lohnkosten von 84 982 Mark auf 181 176 Mark gestiegen, der Verbrauch an Holz und Kohlen von 38 087 Mark auf 84 142 Mark. Unter den ausländischen Absatzmärkten hatte damals England an erster Stelle gestanden. Beim Glaswerk steigerte sich der Warenabsatz nach dem Bericht des Stiftungskommissars über das Geschäftsjahr 1896/97 abermals beträchtlich, nämlich von 1 035 063 Mark auf 1 165 375 Mark, was wiederum auf den starken Absatz von GasglühlichtZylindern zurückzuführen war. Die Lohn- und Gehaltskonten erfuhren in der gleichen Zeit eine Steigerung von 181 176 Mark auf 230 661 Mark. Bei der Optischen Werkstätte wurden für 2 034 850 Mark Waren abgesetzt (gegenüber einem Absatz von 1 774 937 Mark im Vorjahr) und auch diesmal waren an dieser Erhöhung die Abbeschen Feldstecher wieder erheblich (nämlich mit 548 509 Mark gegenüber 349 508 Mark im Vorjahr) beteiligt. Die am 1. April 1897 bei Zeiss in Betrieb genommene Astronomische Abteilung hatte sich am Schluß des Geschäftsjahres noch im Stadium der Einrichtung befunden.

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Der nächstfolgende Bericht des Stiftungskommissars über das Geschäftsjahr 1897/98 stellt für das Glaswerk eine – wiederum vornehmlich durch die große Ausdehnung des Zylindergeschäftes bedingt – Absatzsteigerung (von 1 165 375 Mark in 1896/97) auf 1 421 778 Mark fest. Die Löhne und Gehälter stiegen gleichzeitig auf 243 188 Mark bzw. 43 450 Mark. Wegen der großen räumlichen Ausdehnung, die das Werk nunmehr erlangt hatte, war in ihm eine elektrische Anschlußbahn an die Weimar-Geraer Bahn hergestellt worden, auch die elektrische Lichtanlage hatte eine bedeutende Erweiterung erfahren. Bei der Optischen Werkstätte war der Absatz nunmehr auf 2 267 128 Mark gestiegen, wobei der Verkauf an Mikroskopen wiederum eine Verminderung, der von Photographischen Apparaten und Fernrohren eine Vermehrung erfahren hatte. Die neue astronomische Abteilung hatte mit dem Vertrieb ihrer Fabrikate begonnen, jedoch einen Reingewinn noch nicht erzielt. Doch hatten sich die Aussichten für ihre erfolgreiche Weiterentwicklung als sehr günstig erwiesen. Der Reingewinn des Glaswerks hatte den der Optischen Werkstätte, ebenso wie bereits im Vorjahr, nicht unbeträchtlich überstiegen, nämlich mit 595 723 Mark (im Vorjahr 493 381 Mark) beim Glaswerk gegenüber 401 174 Mark (im Vorjahr 367 580 Mark) bei Carl Zeiss. Aus einem Bericht, den die Geschäftsleitung des Glaswerks dem Stiftungskommissar am 31. März 1899 über das Geschäftsjahr vom 1. April 1898 bis zum 31. März 1899 erstattete, geht hervor, daß sich gegenüber dem Vorjahr der Warenausgang um 275 000 Mark auf 1 024 542 Mark gesteigert hatte. Die Ausgaben für Löhne waren in derselben Zeit um 58 000 Mark auf 184 401 M, die für Gehälter um 3 000 auf 25 177 Mark gestiegen. Ein entsprechender Bericht derselben Geschäftsstelle über das Geschäftsjahr vom 1. April 1899 bis zum 31. März 1900 weist nach eine Steigerung des Warenausgangs um 150 000 Mark auf 1 174 830 Mark, bei gleichzeitiger Steigerung der Löhne um 46 000 Mark auf 230 380 Mark und der Gehälter um 5 000 Mark auf 29 979 Mark. Nach dem zwischen Schott und der Carl Zeiss-Stiftung am 27. November/28. März 1891 abgeschlossenen Vertrag, hatte das Glaswerk zur Erfüllung seiner durch das Pensionsstatut vom 3. Dezember 1888 gegen seine Arbeiter und Beamten übernommenen Verpflichtungen am Schluß jedes Geschäftsjahres 6% der gesamten Lohn- und Gehaltszahlungen dieses Jahres auf Unkostenkonto an den mit Wirkung vom 1. Oktober 1890 an die Stiftung übergegangenen und bei diesem Übergang bereits 99 000 Mark betragenden gemeinsamen Pensionsfonds abzuführen, um es der Stiftung zu ermöglichen, für alle jeweils fällig werdenden Pensionen an Geschäftsangehörige aufzukommen. So wurden vom Glaswerk beispielsweise in den Geschäftsjahren von 1891/92 bis 1897/98 der nunmehr von der Stiftung verwalteten gemeinschaftlichen Pensionskasse Beiträge in Höhe von insgesamt 54 260 Mark (von 2 193 Mark bis 16 492 Mark ständig steigend) zugeführt. Nachdem das Stiftungsstatut von 1896 in seinem Titel IV auch die Bestimmung getroffen hatte, das aus den jährlichen Erträgnissen der Stiftungsbetriebe ein von ihrem Geschäftsvermögen abgesonderter Reservefonds gebildet werden sollte, dem allein in den fünf Geschäftsjahren 1896/97 bis 1900/1901 insgesamt 2 692 000 Mark überwiesen wurden und auf den im Bedarfsfall zur Deckung der Pensionsansprüche der Geschäftsangehörigen sollte zurückgegriffen werden können, war es möglich geworden, den Geschäftsangehörigen durch eine am 1. September 1897 in Kraft gesetzte Neufassung des

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alten Statuts vom 3. Dezember 1888 noch bessere Pensionsbedingungen zu gewähren als in diesem. Dies geschah in der Weise, daß der Beginn der pensionsfähigen Dienstzeit von der Vollendung des 19. auf die des 18. Lebensjahres hinaufgerückt wurde und daß auch die Maximalbeträge des pensionsfähigen Monatslohnes oder -Gehalts nach fünf-, zehn- und 15jähriger Dienstzeit eine Erhöhung auf 100 Mark, 120 Mark und 140 Mark für Arbeiter und auf 120 Mark, 160 Mark und 200 Mark für Werkmeister, Kontoristen und sonstige Geschäftsgehilfen erfuhren. Weiter war, wie oben erwähnt, in dem zwischen Schott und der Carl Zeiss-Stiftung gegen Ende 1891 abgeschlossenen Vertrag festgelegt worden, daß bis der von Schott für später in Aussicht genommenen Überführung auch seiner Besitzhälfte am Glaswerk in den Besitz der Stiftung beide Partner den Betrieb unter gleichmäßiger Beteiligung am Gewinn und Verlust fortsetzen sollten. Bei den jährlichen Abrechnungen über die Verteilung des beiderseitigen Reingewinns wurde daher so verfahren, daß vom Bruttogewinn der Stiftung zunächst der der Stiftung zufallende Betrag des Glaswerks zum Pensionsfonds und sodann der Nettogewinn in zwei gleiche Hälften an die Stiftung und Dr. Schott verteilt wurde. Auf diese Weise erhielten z. B. in den Geschäftsjahren zwischen 1891/92 und 1900 die beiden Partner folgende Beträge: Geschäftsjahr Reingewinn an die Stiftung an Dr. Schott 1891/92 96 494,83 47 150,88 47 150,88 1892/93 107 884,28 52 610,09 52 610,09 1893/94 81 108,73 40 554,37 40 554,37 1894/95 221 773,88 110 886,94 110 886,94 1895/96 515 062,38 257 531,10 257 531,10 1896/97 493 387,05 246 690,53 246 690,53 1897/98 595 772,82 297 861,41 297 861,41 1898/99 784 024,12 392 012,06 392 012,06 1899/1900 812 024.88 406 012,44 406 012,44 Nach § 2 des Vertrages vom 27. November 1891 waren die beiden Partner verpflichtet, auch das Betriebskapital des Glaswerks nebst den von Zeit zu Zeit nötig werdenden Vermehrungen je zur Hälfte zu beschaffen und gegen eine vierprozentige Verzinsung ihre beiderseitigen buchmäßigen Anteile im Geschäft stehen zu lassen. Über die auf diese Vereinbarung bezügliche Vermehrung des Betriebskapitals vom 30. September ab orientiert die folgende Übersicht zum Stand des Kapitalkontos. Insgesamt Schott Abbe Roderich Zeiss am 30.9. 1891 200 000 M 71 000 M 71 000 M 58 000 M Carl Zeiss-Stiftung am 30.9.1892 230 000 M 118 000 M 112 000 M am 30.9.1893 330 000 M 165 000 M 165 000 M am 30.9.1894 372 000 M 186 000 M 186 000 M am 30.9.1895 492 000 M 246 000 M 246 000 M am 30.9.1896 740 000 M 370 000 M 370 000 M am 30.9.1897 900 000 M 450 000 M 450 000 M am 30.9.1898 1 200 000 M 600 000 M 600 000 M am 30.9.1899 1 200 000 M 600 000 M 600 000 M am 30.9.1900 1 600 000 M 800 000 M 800 000 M

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Der Carl Zeiss-Stiftung waren demnach aus dem Glaswerk in der Zeit vom Beginn des Geschäftsjahres 1891/92 bis zum Ende des Geschäftsjahres 1899/1900 rund 1 851 000 Mark hälftiger Reingewinn zugeflossen. Hinzu war in der Zeit vom 1. Oktober 1891 bis zum 31. März 1900 noch mindestens rund 98 450 Mark als vierprozentiger Zinsertrag aus ihrem ebenfalls hälftigen Anteil am gemeinsamen Betriebskapital gekommen, so daß sie die Möglichkeit hatte, aus diesen Erträgen nicht nur die von Jahr zu Jahr nötigen Neuinvestitionen vorzunehmen, den im Stiftungsstatut vorgesehenen Reservefonds reichlich zu mehren und darüber hinaus – jedoch erst nach völliger Erfüllung ihrer im Rahmen der Stiftungsbetriebe liegenden Zwecke – die in § 1 B des Statuts näher bezeichneten allgemeinen Interessen der feinmechanischen Industrie, der arbeitenden Bevölkerung von Jena und Umgebung und der naturwissenschaftlichen und mathematischen Studien in Forschung und Lehre wirksam zu fördern. Wie sich das finanzielle Förderungspotential der Carl Zeiss-Stiftung im Sinne dieser allgemeineren (in § 1 B des Statuts näher bezeichneten) Stiftungszwecke während der Geschäftsjahre 1896/97 bis 1900/01 verstärkt hat, geht aus der nachfolgenden, von Abbe am 11. August 1902 der Stiftungsverwaltung übergebenen Aufstellung über die der Stiftung während dieser Zeit zugeflossenen Einnahmen aus dem Unternehmergewinn und den Kapitalzinsen beider Stiftungsbetriebe (also nicht nur des Glaswerks sondern auch der Optischen Werkstätte) sowie über die aus diesen Einnahmen bestrittenen Ausgaben im Sinne § 1 B des Statuts überaus klar hervor. Diese Aufstellung, mit der Abbe die Absicht hatte, der Auffassung entgegenzutreten, als sei die Stiftung nicht stark genug, um die verschiedenen aus dem § 1 B des Stiftungsstatuts übernommenen Verpflichtungen aus eigenem Vermögen abwickeln zu können, lautet (im Auszug) wie folgt: „Einnahme und Ausgabe der Stiftung in der Zeit vom 1. Oktober 1896 bis 30. September 1901 Geschäftsjahr Unternehmergewinn ZinsenAusgaben aus § 1 B Saldo 1896/97 628 000 M 99 000 M 73 500 M 1897/98 715 000 M 122 500 M 144 600 M 1898/99 1 037 000 M 160 000 M 174 000 M 1899/1900 1 101 000 M 177 000 M 162 500 M 1900/01 1 182 000 M 224 000 M 284 000 M einschließlich 60 000 M auf Lesehalle 4 663 000 M 783 000 M 839 000 M + 783 000 M + 200 000 M Vorausdeckung auf Lesehallenbau 1898/1900 Brutto-Einnahme 5 446 000 M 1 039 000 M Gesamtausgabe aus § 1 B 783 000 auf Zinsertrag ab: Verwaltung, 215 000 M 256 000 M auf Steuern etc. Unternehmergewinn =

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5,8% von 4 448 000 M Nettowerte [nämlich 4 448 000 M davon ab 256 000 M = 4 192 000 - d. Bearbeiter]

Nettoeinnahme 5 231 000 M ab Gesamtausgabe 1 039 000 M aus § 1 B Vermögenszuwachs 4 192 000 M Hiervon verwandt: Zur Vermehrung des Betriebskapitals (neben 1 000 000 fremder Gelder) 1 500 000 Zur Vermehrung des Reservefonds 2 692 000 (+) 4 192 000

(+) Dem Reservefonds ist in diesem Jahre also 827 000 Mark mehr überwiesen worden, als das Statut verlangt (und zwar nach Kaduzierung von 260 000 Mark für den Lesehallenbau).“ Wie sich das Verhältnis des vom Glaswerk der Stiftung zugeführten jährlichen Unternehmergewinns gegenüber dem von der Stiftung aus der Optischen Werkstätte in der Zeit von 1891/92 bis 1900/01 gestaltet hatte, zeigen folgende Zahlen: Gesamteinnahme der Davon entfielen auf: Stiftung am Reingewinn Optische Werkstätte Glaswerk Schott & Gen. Zeiss 1891/92: 368 195 M 321 044 M 47 151 M 1900/01: 1 182 000 M 703 061 M 478 939 M Es war somit in den genannten Jahren der Anteil des Glaswerks am Reingewinn aus den beiden Stiftungsbetrieben von 13 auf 27% gestiegen. Über die Art und den Umfang der von der Carl Zeiss-Stiftung seit ihrem Bestehen bis zum Ende des Geschäftsjahres 1899/1900 im Sinne des § 1 B des Stiftungsstatuts, also für allgemeinnützliche und wissenschaftliche Förderzwecke aufgewendeten Mittel orientiert eine zu Weimar am 15./24. November 1900 von dem Rechnungsführer der Stiftung Haubold angefertigte Aufstellung, die sich in den Akten des Stiftungskommissars Vollert vorgefunden hat. Wenn in dieser Aufstellung auch die Mittel mit aufgeführt worden sind, die vom 1. April des Jahres 1886 ab der Universität Jena aus dem von Abbe am 13. Mai 1886 begründeten Ministerialfonds für wissenschaftliche Zwecke zugewiesen worden waren, so findet dies darin seine Berechtigung, daß dieser Fonds, obwohl er mit einer Rücklage von 30 000 Mark erst am 19. Mai 1889 in das Vermögen der Carl ZeissStiftung über ging, von Abbe mit Rücksicht darauf begründet worden war, daß er vom 1. Januar 1884 ab offener Teilhaber eines industriellen Privatunternehmens, nämlich des damals noch so genannten Glastechnischen Laboratoriums Schott & Genossen geworden war und mit Rücksicht auf die von daher nun zu erwartenden Gewinnanteile vom 1. April 1885 auf sein Gehalt als Universitätsprofessor (1 500 Mark) und Direktor der Sternwarte (900 Mark) verzichtet hatte. Zu beachten ist dabei übrigens, daß bis zum Eintritt der Stiftung in die hälftige Partnerschaft im Glaswerk, also bis zum 1. Oktober 1890, die aus dem Ministerialfonds bzw. der Carl Zeiss-Stiftung der Universität Jena zugewandten Verwilligungen nur den verhältnismäßig kleinen Gesamtbetrag von 77 000 Mark

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ausmachten, während sie bis zum 1. Oktober 1900 bereits auf einen Gesamtbetrag von nicht weniger als 817 051,20 Mark angewachsen waren. Die erwähnte Zusammenstellung Haubolds vom 15./24. November 1900 lautet wie folgt: Zusammenstellung der Verwilligungen aus der Carl Zeiss-Stiftung seit dem 1. April 1886 (Weimar, den 15./24. November 1900) 818 031,60 Mark für Zwecke der Universität Jena, und zwar: 6 000,00 Mark für 1. April 1886/87 6 000,00 Mark „ „ 1887/88 5 000,00 Mark „ „ 1888 bis 30.9.1888 20 000,00 Mark für 1. Oktober 1888/89 40 000,00 Mark „ „ 1889/90 35 000,00 Mark „ „ 1890/91 40 000,00 Mark „ „ 1891/92 30 313,20 Mark „ „ 1892/93 50 000,00 Mark „ „ 1893/94 50 000,00 Mark „ „ 1894/95 50 000,00 Mark „ „ 1895/96 60 000,00 Mark „ „ 1896/97 105 000,00 Mark „ „ 1897/98 140 673,20 Mark „ „ 1898/99 180 045,20 Mark „ „ 1899/1900 (inkl. 15 545,20 Mark für die 818 031,60 Mark [insgesamt] die Hälfte des Donatschen Grundstücks) 1 005,78 Mark für die Unterhaltung des Sternwartegartens in Jena 705,78 Mark im Jahre 1896/97 200,00 Mark im Jahre 1897/98 100,00 Mark im Jahre 1898/99 18 923,67 Mark für das Schäffer-Museum in Jena 101,50 Mark im Jahre 1898/99 18 822,17 Mark im Jahre 1899/1900 15 000 Mark für das Sanatorium für Lungenkranke bei Bad Berka an der Ilm 5 000,00 Mark im Jahre 1897/97 10 000,00 Mark im Jahre 1898/99 18 000 Mark für die Kinderbewahranstalt in Wenigenjena 3 000,00 Mark im Jahre 1897/98 15 000,00 Mark im Jahre 1898/99 15 000 Mark für das Kinderheim in Jena im Jahre 1899/1900 750,96 Mark Beitrag zu den Kosten der Beteiligung der Prüfanstalt für Thermometer in Ilmenau an der Gewerbeausstellung in Leipzig im Jahre 1896 15 000,00 Mark Beitrag an die Baugenossenschaft Jena im Jahre 1897/98 47 976,89 Mark für die Öffentliche Lesehalle in Jena 12 192,87 Mark im Jahre 1896/97 16 529,67 Mark im Jahre 1897/98 8 500,00 Mark im Jahre 1898/99 10 754,35 Mark im Jahre 1899/1900

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1 500,00 Mark Zuschuß zu den Kosten eines Werkes über optisches Glas an Prof. Hovestadt im Jahre 1899/1900 500,00 Mark an den Korbmacher-Verband in Tannroda im Jahre 1899/1900 947 188,00 Mark insgesamt

III Die für die dritte Abteilung des dokumentarischen Abschnitts unseres Bandes ausgewählten Quellenstücke datieren sämtlich aus der zwischen den Jahren 1900/01 und 1913/14 liegenden Betriebsperiode des Jenaer Glaswerks. Die Gründe, die uns dazu bestimmt hatten, den vorliegenden III. Teil unserer gesamten Schriftenfolge mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs abzuschließen, sind von uns eingangs dieser Einleitung dargelegt worden. Gleichzeitig hatten wir dort auch gezeigt, inwiefern sich die letzten Jahre vor dem Weltkrieg bereits als die – wenn auch nur vorläufig – letzte Etappe einer kontinuierlichen Aufwärtsentwicklung des Glaswerks aus einem kleinen, allerdings mit großem geschäftlichen Risiko und schier unübersteiglichen technischen Schwierigkeiten verbundenen Privatunternehmen zu einem krisenfesten Großbetrieb von Weltbedeutung und einzigartiger Organisation auffassen lassen. Hatte es sich in jenem Zusammenhang zunächst nur darum gehandelt, durch einige allgemeine Angaben über die vom Glaswerk bis in die Jahre vor dem Weltkrieg erzielten Umsätze und Reinerträge, über die bis ebendahin vermehrten Betriebsmittel und verbesserten Produktionsmethoden eine ungefähre Vorstellung von der Entwicklungshöhe zu geben, die Schotts Gründung bereits erreicht hatte, bevor sie durch die dann folgende zwangsläufige Einspannung in die deutsche Kriegswirtschaft auf mehrere Jahre hinaus ihrer eigentlichen, nämlich wissenschaftlichen und humanitären Zielsetzung weitgehend entfremdet wurde, so wollen wir nun versuchen, jene letzte Vorkriegsetappe näher zu beleuchten. Was zunächst Schott selbst betrifft, so lag auch in dieser Periode die maßgebliche Leitung des Glaswerks fest und von keiner wirklich urteilsfähigen Seite bestritten, in seiner Hand. Die Achtung, die er sich nicht nur in der großen Welt der Wissenschaft und Technik, sondern vor allem auch bei seinen unmittelbaren Mitarbeitern erworben hatte, gründete sich nicht sowohl auf seine Eigenschaft als Mitbesitzer eines sichtlich sehr ertragreichen großindustriellen Unternehmens als vielmehr auf seine in die verschiedensten Bezirke der Wissenschaft, zugleich aber auch in den modernen Alltag ausstrahlenden Entdeckungen und Erfindungen auf dem Gebiet des Glases, auf seinen geschäftlichen und sozialen Weitblick und nicht zuletzt auch auf seine in charakterlicher Hinsicht makellose Persönlichkeit. Schon in jungen Jahren hatte er sich im Hinblick auf einen Fall, in dem ihm für eine in ihrer Art bedeutenden Arbeit der verdiente äußere Beifall versagt geblieben war, zu dem Grundsatz bekannt: „Ich habe mich an den Gedanken gewöhnt, die Freude der Arbeit nicht in der Anerkennung, sondern in der Sache selbst zu finden und glaube sicher, daß eine solche Selbstbefriedigung weit mehr wert ist als die meist unbedachte und oberflächliche Lobhudelei der Durchschnitts- und Alltagsmenschen…“ Da sich bei ihm an dieser inneren Haltung nichts geändert hatte, nachdem er durch seine Arbeit berühmt geworden war, pflegte er die Ehrungen, die ihm nunmehr in immer

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zunehmenden Maße aus der Welt der Wissenschaft und Technik entgegengebracht wurden, mit derjenigen inneren Gelassenheit hinzunehmen, wie dies einem Wertbewußtsein, das einer äußeren Bestätigung nicht erst noch bedarf, entspricht. Daß von ihm dabei die konventionelle Form der Höflichkeit peinlich beobachtet wurde, bedarf keiner besonderen Betonung. Auch verlor er dabei niemals den gerechten Maßstab dafür aus dem Auge, daß er seine Erfolge nicht nur der eigenen Kraft und Fähigkeit zu verdanken hatte, sondern auch seinen Lehrmeistern und Mitarbeitern, angefangen von seinem großen Freund Ernst Abbe bis hinab zum letzten Handwerker in seinem Glaswerk. Er ließ es auch nie dabei bewenden, diesem Gefühl der Dankbarkeit da, wo es ihm nötig schien, in Worten Ausdruck zu geben, sondern bekräftigte es, hierin weit über die ihm durch die Carl ZeissStiftung an die Hand gegebenen Möglichkeiten hinausgehend, durch die mannigfaltigsten Taten persönlicher und sozialer Förderung, deren Art und Ausmaß zum großen Teil noch bis heute der Öffentlichkeit unbekannt geblieben ist, weil es ihm auch hierbei nicht auf persönliche Ambitionen ankam, sondern lediglich darauf, einer von ihm als gut, gerecht und nützlich erkannten Sache zu dienen. Was ihm zum Beispiel veranlassen konnte, verdiente Mitarbeiter im Glaswerk durch außergewöhnliche Geldzuwendungen zu fördern, waren Erholungsreisen, Kuraufenthalte, zusätzliche Pension, Unterstützung von Hinterbliebenen, Bestreitung einer kostspieligen Operation, Ausstattung einer Tochter, Ermöglichung des Kaufs oder Baues eines Eigenheims, Gewährung eines Darlehens bei unvorhergesehener Geldverlegenheit u. a. m. Handelte es sich bei diesen Fällen durchweg um solche, die sowohl dem fördernden wie dem geförderten Teil eine diskretionäre Behandlung nahe legten, so verfuhr Schott bei privater Förderung von gemeinnützigen Einrichtungen und Bestrebungen meist derart, daß er in solchen Fällen, wo die von der Carl Zeiss-Stiftung bereit gestellten (also ihr zum großen Teil auch aus den Reinerträgen im Glaswerk zugeflossen) noch nicht ausreichten, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen, mit zusätzlichen Spenden nachhalf. So ermöglichte er z. B. den Bau der neuen Universität dadurch, daß er 100 000 Mark privatim dazu beisteuerte. Zu dem Bau des Kinderheims an der Lache, für das die Stiftung 20 000 Mark zur Verfügung gestellt hatte, steuerte er privatim weitere 10 000 Mark (im Jahre 1899) bei. Zur instrumentalen Ausstattung des aus Stiftungsmitteln erbauten Chemisch-Technischen Instituts der Universität Jena fügte er – als der seinem fachlichen Interesse am nächsten stehenden Anstalt (im Jahre 1900) – weitere 50 000 Mark hinzu. Ebenso verhielt es sich mit seinen z. T. sehr namhaften Spenden zugunsten der öffentlichen Lesehalle, des Volksbades, des AbbeDenkmals, des Phyletischen und des Germanischen Museums sowie des Gymnasiums in Jena, der Meteorologischen Zentralstelle in Ilmenau, der Jenaer Baugenossenschaft, einer Jenaer Einrichtung für Säuglingspflege, der Restaurierung wertvoller alter Professorenbilder der Jenaer Universität, der Finanzierung eines Arbeitsplatzes für dieselbe an der Zoologischen Station in Neapel u. a. m. Ebenso wie Abbe verfuhr er dabei in der Regel so, daß die Empfänger sich verpflichten mußten, seinen Namen, wenn nicht ganz, so mindestens eine Reihe von Jahren geheim zu halten. Wenn z. B. noch heute im Archiv des Jenaer Glaswerks eine von Prof. Eduard Rosenthal, dem damaligen Vorstandsmitglied des Jenaer Lesehallenvereins, ausgestellte Quittung über 5 000 Mark vorliegt, die er für die Bücherei der Lesehalle von einem „ungenannten“ Spender erhalten habe, so ist es erklärlich, daß selbst in einer 1956 im Verlag Gustav Fischer, Jena erschienenen und von der Carl Zeiss-Stiftung Jena herausgegebenen Schrift „Buch und Volk. 60 Jahre Ernst

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Abbe-Bücherei in Jena“ diese für die damalige Zeit bedeutende Privatspende Schotts noch keine Erwähnung gefunden hat. Man kann hiernach zwar mit Sicherheit annehmen, daß die verschiedenen Formen äußerer Anerkennung, die Schotts Leistungen gerade während der hier zur Erörterung stehenden Periode seines Schaffens in aller Welt fanden, ihm selbst als weniger bedeutungsvoll erschienen als etwa die Tatsache, daß das von ihm geleitete Glaswerk, obwohl es ihm damals noch zur Hälfte als Privatbesitz gehörte, von den heftigen sozialpolitischen Gegensätzen, wie sie in Abbes letzten Lebensjahren und einige Zeit nach dessen Tod das in den Besitz der Stiftung übergegangene Zeisswerk durchbebten, so gut wie unberührt geblieben war, immerhin sind für die Art, wie die Bedeutung Schotts und seines Glaswerks nunmehr von der offiziellen Welt der deutschen Wissenschaft, Technik und Verwaltung eingeschätzt wurde, charakteristisch genug, um hieran einigen Beispielen veranschaulicht zu werden. Am 31. Januar 1905 richteten der Prorektor und Senat der Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Gesamt-Universität Jena an Schott wegen der von ihm für den Universitätsneubau (bereits im Jahr 1900 unter der Auflage vorläufiger Geheimhaltung) gespendeten 100 000 Mark ein Dankschreiben, in dem es u. a. heißt: „Nachdem durch die öffentliche Verhandlung in dem Gemeinderat und in der Generalversammlung des Sparkassenvereins die Geheinhaltung Ihrer hochherzigen Entschließung hinsichtlich des Neubaus unserer Universität beendet ist, drängt es den Senat der Universität Jena, Ihnen, hochgeehrter Herr Doktor, für Ihre überreiche Gabe von 100 000 Mark zum Universitätsneubau den herzlichsten und innigsten Dank auszusprechen. Durch Ihre außerordentlich gütige Zuwendung sind die letzten großen Schwierigkeiten, die der Fertigstellung des für die weitere Entwicklung unserer Universität so wichtigen Neubaues des Universitätsgebäudes entgegenstanden, beseitigt worden. Ganz im Geiste Ihres treuen Mitarbeiters und unseres unvergeßlichen Wohltäters, des [am 14. Januar 1905] verstorbenen Kollegen Ernst Abbe, der ja leider die Fertigstellung des Neubaus nicht erleben sollte, haben Sie ein rühmliches Beispiel großdenkender Selbstlosigkeit und opferwilligen Gesinnung gegeben. Der Neubau unserer Universität wird für fernste Zeiten ein beredtes Denkmal sein, wie hochherzige Gaben edelgesinnter Gönner unsere Hochschule gefördert, diese altehrwürdige thüringer Kulturstätte vor langsamen Absterben bewahrt und zu neuem Aufblühen geführt haben. Mit der Versicherung steter aufrichtiger Dankbarkeit und tiefster Verehrung Hedemann z. Zt. Prorektor“ Durch Diplom vom 27. Mai 1905 verliehen Rektor und Senat der Kgl. Sächsischen Technischen Hochschule Dresden auf einstimmigen Antrag der Chemischen Abteilung Dr. Schott die Würde eines Doktor-Ingenieurs Ehrenhalber „in Anerkennung seiner bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiete der Glasindustrie und der wissenschaftlichen Erforschung und Verwertung des Glases.“ Unter dem 30. September 1905 machte in Vertretung des Reichskanzlers der Staatssekretär Arthur von Posadowsky Schott die amtliche Mitteilung, daß der Kaiser ihn durch Erlaß vom 21 September 1905. zum Mitglied des Kuratoriums der PhysikalischTechnischen Reichsanstalt berufen habe. Schott übernahm damit in dieser Eigenschaft die gleiche Funktion, die Abbe vom Bestehen der Reichsanstalt (Herbst 1887) bis zu seinem Tode ausgeübt hatte.

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Am 7. August 1907 teilte Dr. Hugo Krüß in Hamburg, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Mechanik und Optik, Schott mit, daß ihn der Mechanikertag in Hannover anstelle des verstorbenen Dr. Czapski zum Stellvertretenden Vorsitzenden dieser Organisation gewählt habe. In diesem Schreiben heißt es u. a.: „Ich bin sehr erfreut über den Ausfall dieser Wahl, welche mir einen tüchtigen und liebenswürdigen Kollegen verschafft hat, und ich glaube, auch unsere Gesellschaft kann sich dazu gratulieren. Zunächst ist es dringend erforderlich, daß die in Jena vorhandene Potenz auf unserem Gebiete im Vorstande vertreten ist; sodann aber bedürfen wir für etwaige Schritte bei Reichs- und Staatsbehörden eines Namens, welcher als Repräsentant unseres Industriezweiges einen guten Klang hat […].“ Als die Universität Jena am 1. August 1908 das Jubiläum ihres 350jährigen Bestehens feierte, verlieh sie Schott die Würde eines Ehrendoktors der Medizin, während die Stadt Jena ihn gleichzeitig zu ihrem Ehrenbürger machte. In dem Ehrenbürgerbrief heißt es, die Ernennung sei erfolgt „in dankbarer Erinnerung an seine ersprießliche Tätigkeit im Gemeinderat und in hoher Anerkennung seiner Verdienste um die Hebung der heimischen Industrie, insbesondere aber aus aufrichtiger Freude über dessen reiche Zuwendung für den Bau der neuen Universität.“ Das vom gleichen Tage datierte, in lateinischer Sprache abgefaßte Diplom über die Schott von der medizinischen Fakultät der Jenaer Universität zuerkannte Ehrendoktorwürde preist den so Geehrten nicht nur in den in diesen Diplom althergebrachten superlativischen Ausdrücken wie „vir clarissimus et doctissimus“ [d. i. hochberühmter und hochgelehrter Mann], sondern auch als „Universitatis Jenensis Fautorem Benevolentem magnificum, Arta vitra ad scientiae normam componendi et construendi ultra Germaniae fines celeberrimum, Novis auxiliis eisque efficacissimis ingeniose excogitatis de medicina optime meritum“. Wieder ein Jahr später, als am 3. Juli 1909 das Jenaer Glaswerk das Jubiläum seines 25jährigen Bestehens festlich begehen konnte, feierte die Technische Hochschule in Dresden Schott in einem vom Rektor der Hochschule unter dem 13. Juli an ihn gerichteten Gratulationsschreiben als den Mann, den sie mit Stolz zu ihren Ehrendoktoringenieuren rechnen dürfe. U. a. heißt es in diesem Schreiben: „In diesen Tagen sind 25 Jahre vergangen, seitdem Sie in Jena Ihre glastechnischen Arbeiten aufgenommen haben. In diesem Zeitraum ist es Ihnen vergönnt gewesen, der Glastechnik ganz neue Bahnen zu weisen, wichtige Aufgaben, deren Lösung Optik, Astronomie, Medizin, Chemie oder Maschinentechnik von der Glasindustrie erwarteten, erfolgreich zu lösen und aus kleinen Anfängen heraus, stets streng wissenschaftliche Untersuchungen und Entdeckungen technisch ausgestaltend, gewaltige Fabrikanlagen zu schaffen, welche einzigartig dastehen und welche Wssenschaft und Technik im gleichen Maße bewundern.“ In ähnlichem Sinne hatte auch Prof. Dr. Fritz Foerster, der zur Zeit, als er noch wissenschaftlicher Mitarbeiter der chemischen Abteilung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt gewesen war, mit Schott auf dem Gebiet des chemischen Verhaltens der von Schott erschmolzenen Gläser so erfolgreich zusammengearbeitet hatte und seitdem als Professor und Vorstand eines elektrochemischen Instituts an der Technischen Hochschule seine glänzende akademische Tätigkeit entfaltet hatte, am 10. Juli 1909 an Schott u. a. geschrieben: „Sie dürfen ja mit frohem Stolz auf ein selten erfolgreiches Wirken zurückblicken, und das umso mehr, als dessen Erfolge ganz auf Ihrer rüstigen wissenschaft-

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lichen Tätigkeit und dem weiten praktischen Blick beruhen, mit dem Sie Ihre wissenschaftlichen Ergebnisse auch technisch zu verwerten wußten […].“ Schließlich ist im gleichen Zusammenhang noch zu erwähnen, daß der Verein Deutscher Chemiker, u. a. vertreten durch das Vorstandsmitglied Carl Duisberg, Schott unter dem 15. September des gleichen Jahres (1909) eine Urkunde zusandte, durch die ihm die Goldene Liebig-Denkmünze verliehen wurde, und zwar, wie es in der Urkunde heißt, „in Anerkennung seiner unvergänglichen Verdienste um die Erforschung des Glases und um die Einführung der von ihm für Wissenschaft und Technik neu geschaffenen Glasarten […].“ Für Schotts ständige Bereitschaft, seine vielseitigen Kenntnisse und Erfahrungen auch allgemeineren als den nur fachlich-beruflichen Interessen dienstbar zu machen, ist nicht nur sein langjähriges Wirken als Mitglied des Gemeinderates der Stadt Jena bezeichnend, sondern auch die Tatsache, daß er, ebenfalls eine Reihe von Jahren hindurch, als Mitglied des Vorstandes der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik tätig war. Er hat diese Funktion vom Juni 1888 bis zum Mai 1902 mit größter Gewissenhaftigkeit ausgeübt, und aus einem Dankschreiben, welches der Vorstand der Genossenschaft am 1. September 1902 an ihn richtete, geht deutlich hervor, mit welchem Bedauern sein Entschluß, aus diesem Gremium wieder auszuscheiden, aufgenommen wurde. Ähnlich verhält es sich mit seiner langjährigen Funktion als Mitglied des Vorstandes in der Optischen Werkstätte Carl Zeiss. Er hatte diese Funktion, wie wir oben gesehen haben, gegen Ende des Jahres 1889 an Stelle von Dr. Roderich Zeiss übernommen, und auch nach dem Übergang des Zeisswerkes in den Besitz der Stiftung war sie ihm am 24. Juni 1891 neu bestätigt worden. Als er sie am 23. Juni 1904 niederlegte, geschah dies mit der Begründung, daß er den Wunsch habe, sich von nun an ganz auf die Leitung des Glaswerkes zu beschränken. Bei dem stetigen Anwachsen beider Betriebe sei ihm der Einblick in die Verhältnisse und Bedürfnisse der Optischen Werkstätte mehr und mehr verloren gegangen, und so fehle es ihm an einer ausreichenden Grundlage für ein ferneres gedeihliches Mitarbeiten. Es kämen jetzt vielleicht kritische Zeiten, in denen die Geschäftsleitung zeigen müsse, was sie leiste; da fühle er doppelt, daß er nicht genügend informiert sei, um unter voller Verantwortung mitarbeiten zu können. Seiner Ansicht nach fehle es dem Werk vor allem an einem qualifizierten Ingenieur, der die bisher nicht entfernt ausreichende Organisation im Technischen schaffe. Dieser gehöre in die Geschäftsleitung, und er selbst wolle durch seinen Austritt auch äußerlich dokumentieren, daß er für eine solche Kraft Platz machen wolle. Am 2. Juli 1904 erhielt er daraufhin mit einem herzlich gehaltenen Dankschreiben der Stiftungsverwaltung die gewünschte Entlassung. Jedoch bat man ihn um sein Einverständnis damit, daß sein Ausscheiden erst später der Öffentlichkeit bekannt gegeben würde, vermutlich, weil man befürchtete, daß es zu jener Zeit, in der auch Abbe der Geschäftsleitung nicht mehr angehörte, zu sachlich unbegründeten Gerüchten Anlaß geben könnte. So wurde denn sein Ausscheiden tatsächlich erst gegen Ende Juni 1906, also erst zwei Jahre später bekanntgegeben. Nachdem nun aber Abbe (am 14. Januar 1905) und nach ihm auch dessen Nachfolger, Dr. Siegfried Czapski (am 29. Juni 1907) verstorben waren, ließ sich Schott bereit finden, doch noch einmal wieder in die nun doppelt verwaiste Geschäftsleitung der Optischen Werkstätte einzutreten und blieb Mitglied derselben bis zum 1. Oktober 1908, d. h. so lange, bis in der Person des am 1. April 1908 in sie eingetretenen Prof. Dr. Walther Bauersfeld, der

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schon vorher einmal eine Zeitlang (vom 1. August 1905 bis zum 30. Juni 1907) bei der Firma als Ingenieur und Konstrukteur tätig gewesen war, ein geeigneter Nachfolger gefunden worden war und damit gleichzeitig dem § 7 des Stiftungsstatuts hatte Genüge geleistet werden können. Über die Art, wie Schott seine Tätigkeit als Mitglied der Geschäftsleitung im Zeisswerk ausgeübt hatte, berichtete Czapski in einem unter dem 27. April 1905 an Prof. Emil Warburg, den damaligen Präsidenten der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, gerichteten Schreiben u. a. folgendes: „Was […] das Verhältnis Schotts zur Firma Carl Zeiss betrifft, so wurde Schott sogleich nach dem Rücktritt des Dr. Roderich Zeiss gewissermaßen als persönlicher Beirat von Prof. Abbe und sogleich nach der Konstituierung der Carl Zeiss-Stiftung (1891) offiziell ‚Mitglied der Geschäftsleitung‘ (neben Abbe und mir). Er hat sich als solches an den Arbeiten der Geschäftsleitung viele Jahre in täglichen Konferenzen mit uns beiden und in häufigen Beratungen mit einigen anderen oberen Beamten beteiligt, bis der zunehmende Umfang seines eigenen Betriebes ihn zwang, sich mehr und mehr nur noch auf die Teilnahme an den im Beisein des Stiftungskommissars abgehaltenen offiziellen Vorstandssitzungen und der Besprechung anderer, besonders wichtiger Angelegenheiten zu beschränken, wie Gleiches von Seiten Abbes mit Bezug auf das Glaswerk geschah.“ Die hiervon Czapski gebrauchte Wendung, daß Schott „gewissermaßen als persönlicher Beirat von Prof. Abbe“ in die Geschäftsleitung des Zeisswerks eingetreten sei, kann leicht noch heute einer mißverständlichen Auffassung Nahrung geben. Tatsache ist, daß Schott im Zeisswerk bereits am 20. November 1889 Prokura erhalten hat, während das Ausscheiden von Roderich Zeiss aus der Geschäftsleitung daselbst erst auf Grund des am 9. Dezember 1889 zwischen ihm und Abbe abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages erfolgte. Für Abbe war der Eintritt Schotts in die Geschäftsleitung bei Zeiss: 1.) die natürliche Folge der Tatsache, daß es Schotts Leistungen auf dem Gebiet des optischen Glases, insbesondere für mikroskopische und photographische Zwecke gewesen waren, die der Optischen Werkstätte seit 1886 beträchtlichen geschäftlichen Nutzen gebracht hatten. 2.) sollte nach Abbes Ansicht durch diesen Eintritt Schotts in die Geschäftsleitung der Optischen Werkstätte unterstrichen werden, daß die persönlichen und geschäftlichen Beziehungen zwischen Abbe und der Optischen Werkstätte einerseits und Schott und dem Glaswerk in aller Form und auch äußerlich auf dem Grundsatz völliger gegenseitiger Parität beruhten, d. h. daß die Stellung Schotts als Mitglied der Geschäftsleitung in der Optischen Werkstätte keine andere sein sollte als die, welche Schott in seinem mit Abbe und Roderich Zeiss am 9./19. Dezember 1889 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag dem Freunde Abbe hinsichtlich der Mitwirkung bei der Geschäftsleitung des Glaswerks eingeräumt hatte. Abbe war durch diesen Vertrag nun auch im rechtlichen Sinne in völlig gleicher Weise „persönlicher Beirat“ von Schott geworden, wie es, wenn man es denn nun einmal so ausdrücken wollte, Schott ein solcher „Beirat“ bei Abbe geworden war. Grundsätzlich änderte sich an diesem Verhältnis völliger beiderseitiger Parität zwischen Abbe und Schott auch nichts dadurch, daß ersterer nach der Konstituierung der Carl Zeiss-Stiftung im Jahre 1891 von der Stiftungsverwaltung zum Bevollmächtigten der Stiftung außer bei Zeiss auch im Glaswerk ernannt und Czapski in beiderlei Hinsicht zu seinem Stellvertreter bestellt worden war, denn wie wir oben gesehen haben, konnte ja nach § 32 des Stiftungsstatuts in Angelegenheiten der Firma Schott & Gen. nichts gegen den

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Willen des Mitinhabers (gemeint ist hier Schott) geschehen, so lange nicht auch das Glaswerk völlig in den Besitz der Stiftung übergegangen war. Nachdem nun Abbe mit Rücksicht auf seinen immer bedenklicher werdenden Gesundheitszustand am 1. April 1903 aus der Geschäftsleitung im Glaswerk (ebenso gleichzeitig aus der Geschäftsleitung bei Zeiss) ausgeschieden war, berief die Stiftungsverwaltung zu ihrem Bevollmächtigten in beiden Betrieben Dr. Siegfried Czapski. Sein Stellvertreter als Stiftungsbevollmächtigter bei Zeiss wurde der seit 1895 der Geschäftsleitung daselbst angehörige Kaufmann Max Fischer (1857-1930); sein Stellvertreter in gleicher Eigenschaft im Glaswerk dagegen wurde (zwischen dem 1. April 1905 und dem 1. April 1936) der hier seit 1895 mit Einzelprokura betraute Rudolf Klett, da Schott betont hatte, daß seiner angestrengten und einsichtsvollen Tätigkeit das Gedeihen des Glaswerks wesentlich mit zu verdanken sei, und daß es Klett den übrigen Beamten des Glaswerks gegenüber ein erhöhtes Ansehen verleihen würde, wenn man ihm die Funktion eines stellvertretenden Bevollmächtigten der Stiftung übertragen würde. Als nun auch Czapski nicht lange danach verstorben war, ernannte die Stiftungsverwaltung zu ihrem Bevollmächtigten im Glaswerk am 22. Juli 1907 den seit dem 1. April 1903 (als Nachfolger Abbes) der Geschäftsleitung im Zeisswerk angehörigen Physiker Prof. Rudolf Straubel (1864-1943), und als Stellvertretender Bevollmächtigter desselben im Glaswerk wurde Klett aufs Neue bestätigt. Wie Schott einmal in einer Vorstandssitzung der Stiftung erklärte, legte er Wert darauf, daß neben ihm selbst nach Möglichkeit auch Klett mindestens in soweit, als Fragen des Glaswerks zur Sprache kämen, zu diesen Vorstandssitzungen regelmäßig herangezogen werden möchte, damit die übrigen Teilnehmer an diesen Sitzungen Gelegenheit bekämen, auch einmal eine andere Art von Geschäftsführung als die von Max Fischer im Zeisswerk praktizierte kennen zu lernen. Was Schott bei seinem Hinweis auf diese Unterschiede im Auge gehabt haben mag, ergibt sich sehr anschaulich aus einer bei den Handakten des Stiftungskommissars Dr. Vollert der Carl Zeiss-Stiftung befindlichen Gegenüberstellung der im Glaswerk während des Geschäftsjahres 1. April 1905 bis dahin 1906 und in der Optischen Werkstätte im Geschäftsjahr 1. Oktober 1905 bis dahin 1906 erzielten Nettogewinne. Danach hatten in dem genannten Zeitraum beim Glaswerk die gesamten Jahresausgaben (mit Ausnahme der Zinsen, Abschreibungen und Neuanschaffungen) 2 470 074,77 Mark, bei Zeiss dagegen 4 936 118,89 Mark betragen. Der Betriebsüberschuß, der durch die Differenz aus dem gesamten Warenausgang (zuzüglich des Gewinns an Zinsen sowie den Gewinnen aus der im Glaswerk vorhandenen betriebseigenen chemischen Fabrik) einerseits und den vorstehend genannten gesamten Jahresausgaben andererseits errechnet worden war, hatte beim Glaswerk den Betrag von 888 030,77 Mark, bei der Optischen Werkstätte den von 1 242 716,77 Mark ergeben. Der hiernach erzielte Jahresgewinn hatte – unter Berücksichtigung der Abschreibungen auf die der Wertminderung unterliegenden Betriebsmittel und der Kapitalverzinsung – beim Glaswerk 846 021,82 Mark, bei der Optischen Werkstätte 949 510,93 Mark ergeben. Bezogen auf die beiderseitigen Gehalts- und Lohnzahlungen d. h. auf den gesamten Arbeitsertrag in beiden Betrieben hatte der dem Glaswerk verbliebene Unternehmergewinn 93,6% ergeben, während er beim Zeisswerk nur 33,4% ergeben hatte. Nach § 41 Absatz 2 des Stiftungsstatuts waren die Geschäftsleitungen beider Betriebe verpflichtet alljährlich zur Ermittlung des jedem Betrieb in Wrklichkeit verbliebenen

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Nettogewinns auch diejenigen Ausgaben zu berücksichtigen, die nach Titel V des Statuts dem Reservefonds zuzuführen waren (nämlich 9% vom jeweiligen PersonalUnkostenkonto). In diesem Sinne hatte sich im vorliegenden Falle für das Glaswerk ein wirklicher Nettogewinn von immerhin noch 88%, für das Zeisswerk hingegen ein solcher von nur noch 24,7% ergeben. Das Lohn- und Gehaltskonto (einschließlich der den Stiftungsbetrieben nach § 45, II a obliegenden jährlichen Lohn- und Gehaltsnachzahlungen) hatte beim Glaswerk 903 085,02 Mark, beim Zeisswerk 2 841 453,20 Mark betragen. Die besonderer Abnützung unterliegenden Betriebsmittel hatten beim Glaswerk 1 753 805 M, beim Zeisswerk mit 657 690,63 Mark zu Buche gestanden. Als durchschnittlicher Jahresverdienst der über 24 Jahre alten und mindestens bereits 3 Jahre in jedem Betrieb beschäftigten Arbeiter hatte sich beim Glaswerk ein Satz von 1 594 Mark, beim Zeisswerk ein solcher von 1 894 Mark ergeben. Die durchschnittliche Höhe der Beamtengehälter, soweit sie einzeln das Doppelte dieser durchschnittlichen Arbeiter-Einkommen erreicht hatten, belief sich auf jährlich 5 992 Mark beim Glaswerk und auf 5 955 Mark in der Optischen Werkstätte. Der Kapitalwert der am Schluß des letzten Geschäftsjahres laufenden Rentenverpflichtungen betrug beim Glaswerk 20 153 Mark, beim Zeisswerk 328 721 Mark, wobei – wie auch bei einem Teil der vorgenannten Zahlen zu – berücksichtigen war, daß zu Beginn des Jahres 1905 im Glaswerk erst etwa 680, im Zeisswerk dagegen zur selben Zeit bereits 1 355 Personen beschäftigt waren, und daß im letzteren Betrieb, entsprechend seinem damals bereits 60jährigen Bestehen, verhältnismäßig zahlreiche ältere Arbeitskräfte noch in Arbeit standen oder schon in Pension gegangen waren als in dem erst seit etwa 20 Jahren bestehenden Glaswerk. Auf die allgemeine geschäftliche Entwicklung des Glaswerks, in welche die vorstehend mitgeteilten Daten einen zwar charakteristischen, aber doch eben nur fragmentarischen Einblick gestatten, werden wir weiter unten in anderem Zusammenhang nochmals zurückzukommen haben. Wer aber das reiche Quellenmaterial, das sich dem Bearbeiter dieses Bandes über die zwischen den Jahren 1900/01 und 1913/14 liegende Betriebsperiode des Glaswerks erstmalig zur literarischen Auswertung dargeboten hat, auch nur im großen überblickt, wird nicht umhin können, darüber zu staunen, in wie weitgehendem Maße auch diese Periode ihr entscheidendes Gepräge durch Schotts persönliches Wirken erhalten hat, Gleichviel, ob man dabei nun an die weitere Fortsetzung seiner Schmelztätigkeit und die Erschließung ständig verbesserter oder neuartiger Verwendungsmöglichkeiten des Jenaer Glases für wissenschaftliche und feintechnische Zwecke denken mag oder an weitere Rationalisierungsmaßnahmen im Glaswerk und an den Ausbau seiner bereits bestehenden oder neu erschlossenen Geschäftsverbindungen. Auf die von Schott bereits um die Jahrhundertwende und in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts erschmolzenen und auf den Markt gebrachten optischen Gläser Fernrohrkron und Fernrohrflint (O.2388 und O.2001) für Fernrohrobjektive mit fast aufgehobenem sekundären Spektrum, auf das für verbesserte Wasserstandsgläser geeignete Verbund- und Duraxglas 580/III, die alkaliarmen Verbrennungsröhren, das zum Einschmelzen von Platindraht geeignete Röhrenglas 397/III, das für elektrische Isolationen wegen seines geringen Leitungsvermögens geeignete alkalifreie Baryt-Borosilikatglas 477/III, die für Gasglühlicht-Beleuchtung in Betracht kommenden Fantax-Glocken und Autositschirme aus dem neuen Jenaer Milchglas sowie auf das wegen seiner schweren

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Zerbrechlichkeit für Grubenzylinder geeignete Glas 538/III ist schon im II. Teil dieser Einleitung hingewiesen worden, weil die Vorarbeiten zu diesen Sondergläsern bereits vor dem Jahr 1900 begonnen und erst nach demselben abgeschlossen worden sind. Nachdem die ebenfalls schon oben erwähnten, von Schott im Frühling des Jahres 1901 begonnenen Versuche zur Erschmelzung von Gläsern mit gesteigerter UltraviolettDurchlässigkeit durch weitere Schmelzversuche von Dr. Eberhard Zschimmer 1903 zu einem für die astro-photographische Technik wichtigen Ergebnis geführt hatten, begann Schott noch im November desselben Jahres mit Versuchen, die zunächst den Zweck hatten, die neuen UV-Gläser unter Verwendung von Quecksilberlicht der Beleuchtungstechnik, d. h. dem Ziel, den Kraftverbrauch von Bogenlampen für Großraumzwecke herabzusetzen, nutzbar zu machen. Wenn auch mit der aus diesen Versuchen hervorgegangenen Schottschen „Uviol-Lampe“, die auf einem von dem Physiker Leo Arons entdeckten und durch den Amerikaner Peter Cooper-Hewitt erstmals in die Praxis eingeführten Prinzip beruhte, das ursprünglich beabsichtigte Ziel wegen des von dieser Art von Lampen ausgehenden, des warmen Rot entbehrenden Lichts nicht erreicht wurde, erwies sie sich doch auch für bestimmte technische und medizinisch-therapeutische Zwecke als bedeutungsvoll genug, um ihre Herstellung in das Produktionsprogramm des Glaswerks vom Beginn des Jahres 1905 an aufzunehmen. Vielleicht hatte Schotts jüngerer Mitarbeiter Dr. Robert Schaller, auf dessen verdienstvolle Tätigkeit im Glaswerk weiter unten noch besonders zurückzukommen sein wird, außer anderen im Glaswerk hergestellten Gläsern und Instrumenten, die nicht sowohl einen geschäftlichen als vielmehr einen wissenschaftlich-technischen Fortschritt repräsentierten, auch diese Uviol-Lampe mit im Auge, wenn er in seinem im Jahre 1909 im „Zentralblatt für technische Chemie“ (XXII, Heft 49, S. 2369 ff.) veröffentlichten Aufsatz „Über die Fortschritte der Glasindustrie seit 25 Jahren“ im Hinblick auf die damalige Situation des Jenaer Glaswerks schrieb: „Wissenschaftliches Interesse allein hätte freilich nicht zu dem industriellen Erfolg führen können. Der Bedarf an Gläsern, die für wissenschaftliche Instrumente gebraucht werden, ist zu gering, als daß ein Unternehmen von der Größe des Jenaer Werkes damit beschäftigt würde. Es mußte noch die Verwertung der gewonnenen Kenntnisse für Gegenstände des täglichen Gebrauchs dazu kommen, deren Herstellung eine rein technischindustrielle Ausgestaltung des Betriebes erforderte, wie er in der Fabrikation der Jenaer Gasglühlichtzylinder vorhanden ist.“ Aus der Reihe der unter Schotts unmittelbarer Einwirkung in den Jahren zwischen 1905 und 1915 erschmolzenen und auf den Markt gebrachten Jenaer Handelsgläser sind u. a. zu nennen: Das seit dem 25. Dezember 1905 durch das Warenzeichen „Robax“ geschützte Sonderglas, das zunächst vorwiegend für Beleuchtungs-, später auch für Wasserstandszwecke Verwendung gefunden hat. Das „Temprax“-Glas, für das dem Glaswerk am 2. Februar 1906 Warenzeichenschutz erteilt wurde, war ein durchsichtiges, in Tafelglasform hergestelltes Erzeugnis von höchster thermischer und chemischer Widerstandsfähigkeit, das u. a. für Verschlußscheiben von Backöfen verwendet wurde. Am 5. November 1906 erhielt das Glaswerk ein Deutsches Reichspatent, dem weitere ausländische Patente folgten, auf ein von Schott erfundenes besonderes Einschmelzverfahren für Glühlampen. In den Prüfungsbestimmungen der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt vom 1. Mai 1909 wurde u. a. bestimmt, daß hochgradige, für Temperaturen bis +575° Celsius nach wie vor aus dem von Schott bereits 1898 in den Handel gebrachten Ver-

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brennungsröhrenglas (mit der Depressionskonstante 0,03) herzustellen seien, und am 10. Januar 1910 regte dieselbe Anstalt beim Jenaer Glaswerk an, auch das vorzügliche Jenaer Bleiglas 1391/III in größeren Mengen herzustellen und eventuell als Ersatz für das Thermometerglas 16/III auf den Markt zu bringen. Die an diesem Glas gewonnenen Prüfungsergebnisse hatte sie bereits am 4. August 1909 durch Schotts Mitarbeiter Emil Grieshammer anläßlich einer Jahrestagung des Verbandes der Thermometerfabrikanten zu Elgersburg zur vorläufigen Kenntnis bringen lassen. Im Frühjahr 1910 entwickelte Schott das wegen seiner hohen Beständigkeit gegen Temperaturwechsel für Beleuchtungszwecke (Zuggläser, Glocken, Schalen, Schirme und Gasglühlicht-Zylinder) besonders wichtige „Suprax“-Röhrenglas 1489/III, das beispielsweise nach dem Übergang der Jenaer Zylinderglas-Fabrikation zum kontinuierlichen Wannenbetrieb in der Zeit vom 5. Oktober 1911 bis 30. Mai 1913 ohne Unterbrechung in einer Menge von 1 1/3 Millionen Kilogramm hergestellt und (vorwiegend) nach den Vereinigten Staaten von Amerika exportiert wurde. Am 13. Februar 1911 erhielt das Glaswerk internationalen Markenschutz und kurz darauf auch Patentschutz für das von Schott erfundene „Fiolax“-Glas, d. h. ein Glas von hoher chemischer Widerstandsfähigkeit für Ampullen zur unveränderten und sterilen Aufbewahrung von medizinischen Präparaten für Einspritzungen. Die teils aus klarem, teils aus braunem Glas dieser Art hergestellten Phiolen, denen später (1927) auch eine internationale Patentierung der sogenannten Majolen folgte, d. h. von Phiolen, die sich mühelos splitterfrei öffnen ließen, bildeten alsbald einen wichtigen Exportartikel (insbesondere nach Italien, USA u. s. w.). Am 27. April 1912 erhielt das Glaswerk internationalen Warenzeichenschutz für das unter dem Namen „Durobax“ in den Handel gebrachte Glas, das sich für Wasserstandsröhren bis zu einem Druck von 31 Atmosphären brauchbar erwiesen hatte. Auch die am 13. Februar 1914 erfolgte Patentnahme des Glaswerks auf ein von Schott erfundenes Quarzthermometer mit Glaskapillarrohr (DRP 280 435) mag in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Um den persönlichen Einfluß, der von Schott in der hier zur Erörterung stehenden Betriebsperiode des Glaswerks auf dessen weitere bauliche Ausgestaltung, Rationalisierung und geschäftliche Entwicklung ausgeübt worden ist, dem Leser verständlicher zu machen, wollen wir uns zunächst mit denjenigen seiner engeren Mitarbeiter beschäftigen, deren Tätigkeit mit seinen eigenen wissenschaftlich-technischen Erfolgen und Bestrebungen auf das engste zusammenhing. Der am 20. August 1884 in das damals noch im Entstehen begriffene Glaswerk eingetretene Schmelz- und Hüttenmeister Josef Schmidt trat, nachdem er dem Werk 26 ½ Jahre lang in vorbildlicher Treue und mit hervorragender Sachkenntnis in der Glasschmelzerei und besonders auch im Ofenbau gedient hatte, am 1. Februar 1911 in den wohlverdienten Ruhestand. Auf die hohe Achtung, die seiner kraftvoll-originellen Persönlichkeit von Schott jederzeit entgegengebracht wurde, ist bereits im ersten Teil dieser Einleitung hingewiesen worden. Aus dem Geschäftsbericht des Glaswerks vom Jahre 1906/07 geht hervor, daß sein Jahresgehalt bis dahin bereits den stattlichen Betrag von 6 462 Mark erreicht hatte. Aus Anlaß des 25jährigen Geschäftsjubiläums des Glaswerks erhielt er – ebenso wie Klett – eine Ehrengabe von 5 000 Mark, auch förderte ihn Schott darüber hinaus wiederholt durch besondere private Geldzuwendungen für Erholungsreisen, die Ausstattung seiner Tochter und dergleichen. Sein Nachfolger wurde der am 10. April 1882 zu Windisch-Eschenbach geborene, damals also 29jährige Hütteningenieur Richard

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Hirsch, der bereits kurz nach seinem Eintritt in das Glaswerk dazu überging, in demselben die oben erwähnten hüttentechnischen Rationalisierungsmaßnahmen (Umstellung der Glasschmelzerei auf kontinuierlichen Wannenbetrieb, Verbesserung der Feuerführung, Einführung moderner Gaserzeuger, Zentralisierung der Gaserzeugung u. s. w.) durchzuführen. In dieser fruchtbaren Tätigkeit durch den Kriegsdienst (1914-1916) unterbrochen, jedoch auch in dieser Zeit wirksam unterstützt durch den bereits im Februar 1914 in das Glaswerk eingetretenen jungen Hütteningenieur Rudolf Möller, wurde er, als Schott am 1. April 1919 seine Besitzhälfte am Glaswerk der Carl Zeiss-Stiftung übereignet hatte, Mitglied der Geschäftsleitung und arbeitete so mit dem Gründer noch acht Jahre eng zusammen, bis sich Schott nach Vollendung seines 75. Lebensjahres (am 1. Januar 1927) in den Ruhestand zurückzog und die ihm seit dem 18. Oktober 1921 wieder übertragene Funktion als Bevollmächtigter der Stiftung im Glaswerk an seinen getreuen Mitarbeiter Dr. Rudolf Klett abgab. Von diesem ist sie nach seiner am 30. September 1933 erfolgten Pensionierung auf Hirsch übergegangen, dessen Tätigkeit im Dienste des Glaswerks erst ihr Ende fand, als er mit 46 weiteren leitenden Beamtendes Glaswerks am 23./24. Juni 1945 durch die amerikanischen Besatzungsbehörden nach dem in ihrer Zone gelegenen Ort Heidenheim an der Brenz evakuiert wurde. Derzeit (Okt. 1958) ist er, nach wie vor in leitender Stellung, in dem am 10. Mai 1952 eröffneten Jenaer Glaswerk Schott & Gen. in Mainz tätig. Einen wertvollen wissenschaftlichen Mitarbeiter hatte Schott, wie oben berichtet, schon am 1. November 1899 in der Person des damals 25jährigen Chemikers Dr. Eberhard Zschimmer gewonnen, der sich so schnell in die ihm zugewiesenen Aufgaben auf dem Gebiete des optischen Glases einarbeitete, daß er schon im Sommer des nächstfolgenden Jahres die Funktion des damals aus dem Glaswerk ausgeschiedenen Dr. Richard Zsigmondy übernehmen konnte. Bereits 1903 gelang es ihm, die von Schott schon seit einigen Jahren im kleinen Maßstab begonnenen Versuchsarbeiten zur Erschmelzung Ultraviolett durchlässiger Sorten von Kron- und Flintgläsern so zu fördern, daß die Astrophotographie mit Hilfe dieser nun so genannten UV-Gläser eine erheblich größere Anzahl von Sternen auf ihre Photogramm-Platten bringen, auch feinere Details der beobachteten Nebelflecke darauf erzielen und bei spektrographischen Aufnahmen bis an die Grenze der die Lufthülle durchsetzenden Strahlen vordringen konnte. Nachdem er der wissenschaftlichen Welt über diese Erfolge (in der Physikalischen Zeitschrift, IV, 1903, Nr. 26, S. 751 f.) erstmalig Näheres hatte berichten können, wurde vom Glaswerk am 1. Oktober 1903 mit ihm ein Anstellungsvertrag abgeschlossen, der ihm auferlegte, sich als wissenschaftlicher Mitarbeiter den jeweils im Interesse der Firma liegenden Aufgaben zu widmen, sowie die technische Leitung der Optischen Abteilung – wie bereits bis dahin – im Sinne der ihm jeweils von der Geschäftsleitung gegebenen Direktiven zu übernehmen. Hinsichtlich seines Gehaltes wurde mit ihm vereinbart, daß dieses, von 6 000 Mark an beginnend, vom 1. Oktober 1915 ab den Betrag von 12 000 Mark erreichen sollte. Als Schott beschlossen hatte, im Glaswerk eine kollegiale Geschäftsleitung einzurichten, der neben ihm selbst, Klett, Straubel auch Zschimmer angehören sollte, wurde dieser durch die Stiftungsverwaltung am 8. Juni 1916 mit Rückwirkung vom 15. April 1915 und unter Zubilligung einer vom letzten Datum ab laufenden Funktionszulage von 3 000 Mark in diese Kollegium berufen, dem er bis zum 1. April 1919 d. h. bis zu seiner Pensionierung angehörte.

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Sein Nachfolger in der Geschäftsleitung wurde, wie bereits oben erwähnt, Richard Hirsch; die Leitung der optischen Abteilung erhielt gleichzeitig der im Glaswerk seit dem 7. Mai 1915 als Assistent Zschimmers tätige Dr. Edwin Berger, der seiner sehr erfolgreichen weiteren Tätigkeit im Dienste des Jenaer Glaswerks ebenso wie Hirsch durch die amerikanische Evakuierungsaktion vom 23./24. Juni 1945 gewaltsam entzogen wurde und bald danach einem tödlichen Automobilunfall zum Opfer fiel. Aus Zschimmers vielseitigen Arbeiten im Dienste des Glaswerks sind u. a. noch besonders hervorzuheben seine seit etwa 1909 begonnenen Versuche, ein für optische Zwecke brauchbares, d. h. gegen den Einfluß von Wasser widerstandsfähiges und somit dauernd haltbares Fluorkronglas herzustellen, von dem sowohl für mikroskopische als auch photographische Linsensysteme wichtige Verbesserungen erwartet werden konnten. In einem 1913 in der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ (XXXIII, H. 5, S. 145 ff.) veröffentlichten Aufsatz konnte er nämlich berichten, daß es ihm gelungen sei, verschiedene Typen dieses in seinen optischen Eigenschaften dem Flußspat nahe kommenden Glases (mit einer mittleren Brechung nD von nur 1,4637 und einem über der Zahl 70,0 liegenden Wert für ν) in technischem Maßstab herzustellen, und damit ein Ziel zu erreichen, das selbst Schott mehrfach vergeblich zu erreichen versucht und wegen der ihm dabei entgegentretenden ganz ungewöhnlichen technischen Schwierigkeiten wieder aufgegeben hatte. Auch verdient die Tatsache erwähnt zu werden, daß es Zschimmer gelang, am 7. Juli 1914 für ein von ihm entwickeltes „Druckverfahren für blasenfreies Glas“ dem Jenaer Glaswerk zunächst deutschen, dann auch ausländischen Patentschutz zu erwirken. Hatte er schon 1904 in einem im „Polytechnischen Verein“ zu München gehaltenen Lichtbildervortrag über „Die optische Glasschmelzerei und ihre Erzeugnisse im Jenaer Glaswerk“ (der dann auch im „Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt“, 1904, Nr. 17 u. 18 im Druck erschien) einen klaren und umfassenden Überblick über die bis dahin in Jena auf diesem Gebiet erzielten Fortschritte gegeben, so ließ er anläßlich des 25jährigen Betriebsjubiläums das Glaswerk im Jahre 1909 im Verlag von Eugen Diederichs in Jena eine von seinem Freund, dem Jenaer Maler Erich Kuithan (1875-1917), mit zahlreichen Zeichnungen geschmückte Schrift „Die Glasindustrie in Jena. Ein Werk von Schott und Abbe. Entstehung und Entwicklung in den ersten 25 Jahren“ erscheinen, in der die Zusammenarbeit Schotts und Abbes auf dem Gebiet des Glases und seiner Verwendung für optische und andere feintechnische Zwecke erstmalig in sachverständiger und gleichzeitig allgemeinverständlicher Form sowohl nach ihrer geschichtlichen wie auch nach ihrer Gegenwartsbedeutung zusammenfassend dargestellt war. Das Buch, zu dem die Firma Schott und Genossen dem Autor an ihrem Jubiläumstag eine Ehrengabe von 6 000 Mark zukommen ließ, wurde von ihr nicht nur allen Geschäftsangehörigen, sondern auch ihren Kunden, Freunden und Förderern, als Festgabe überreicht und trug nicht wenig dazu bei, das Solidaritätsgefühl aller Werksangehörigen zu erhöhen und die allgemeine Achtung, die das Glaswerk wegen seiner zu ihrer Zeit als vorbildlich betrachteten sozialen Einrichtungen genoß, zu steigern. Nur nebenbei sei bemerkt, daß Zschimmer, nachdem er Jena verlassen hatte, um eine Professur für chemische Technologie an der Technischen Hochschule Karlsruhe zu übernehmen, im Jahre 1923 im Verlag der GmbH Jenaer Volksbuchhandlung eine zweite Auflage des Buches erscheinen ließ, in der er am Schluß darauf Bezug nahm, daß seit dem 1. April 1919 auch Schott seine Besitzhälfte am Glaswerk der Stiftung zugeführt

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hatte, und in der er die Hoffnung aussprach, daß auch andere Unternehmer das von Abbe und Schott mit der Carl Zeiss-Stiftung gegebene Beispiel nachahmen möchten. Im Grunde war dies auch die gleiche Forderung, die er bereits kurz nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftsleitung des Glaswerks in einer im Mai 1919 veröffentlichten politischen Kampfbroschüre mit dem Titel „Die Sozialisierung der optischen Industrie Deutschlands“ erhoben hatte. Hier hatte er nämlich die Auffassung vertreten, daß die deutsche optische Industrie ihre führende Stellung in der Welt sowohl durch die umwälzenden Erfindungen und wissenschaftlichen Theorien von Ernst Abbe wie durch die Erfindung und Herstellung der Jenaer Gläser durch Otto Schott erlangt habe, und daß es daher die im Entstehen begriffene Regierung der Weimarer Republik als eine ihrer Aufgaben betrachten müsse, die deutsche optische Industrie nach dem Vorbild der beiden Jenaer Stiftungsbetriebe einer allgemeinen „Sozialisierung“ zu unterwerfen. Und zwar hatte er unter dieser „Sozialisierung“ nicht eine nach Leninschem Vorbild durchgeführte entschädigungslose Enteignung der von ihr betroffenen Privatunternehmer oder Privatunternehmungen verstanden, sondern als eine auf demokratischer Gesetzesgrundlage beruhende, mit angemessener Entschädigung verbundene Überführung von Privatbesitz in staatliches Eigentum. Den Betriebsräten sollte jedoch maßgeblicher Einfluß auf die Verwaltung der verstaatlichten Unternehmungen eingeräumt werden. Nicht unerwähnt mag in diesem Zusammenhang bleiben, daß Zschimmer, als er sich noch im Dienst des Glaswerks befand, dem Verlag O. Spamer in Leipzig gegen ein mit diesem vertraglich vereinbartes Honorar das Urheberrecht an einem von ihm verfaßten Buch „Chemische Technologie des Glases“ überlassen hatte, sich aber auf Grund der hiergegen von der Leitung des Glaswerks erhobenen Bedenken am 22. Mai 1913 bereit erklärte, dieses Recht nebst allen Ansprüchen aus dem mit dem Verlag abgeschlossenen Vertrag gegen eine Entschädigung von 9 800 Mark an die Firma Schott & Genossen abzutreten. Um die Haltung der Geschäftsleitung des Glaswerks in dieser Angelegenheit zu verstehen, muß man berücksichtigen, daß das Jenaer Werk gerade zu jener Zeit mit immer zunehmenden Schwierigkeiten zu rechnen hatte, so oft es galt, sich innerhalb der Konkurrenz mit in- und ausländischen, insbesondere englischen, amerikanischen und italienischen Firmen gegen mehr oder weniger gut gelungene mit Preisunterbietung verbundene Nachahmungen der Jenaer Sondergläser und damit gleichzeitig gegen deren Diskreditierung zu schützen. So großzügig auch von Seiten des Glaswerks seit seiner Entstehung gegenüber der übrigen Glas produzierenden oder Glas verarbeitenden Industrie in Bezug auf fachliche Beratung, Förderung und Erfahrungsaustausch verfahren worden war, so wenig konnte man von ihm erwarten, zuzulassen, daß etwa durch die vorzeitige Veröffentlichung wichtiger, in einzelnen Fällen geschäftlich noch überhaupt nicht ausgewerteter Forschungsergebnisse, die mit seinen Betriebsmitteln und auf Grund nicht nur persönlicher sondern auch kollektiver Leistung seiner wissenschaftlich-technischen Mitarbeiter erzielt worden waren, einer unlauteren Konkurrenz Vorschub geleistet werden könnte. Wie gefährlich dem Glaswerk selbst ein mit einer angesehenen ausländischen Firma verabredeter Erfahrungsaustausch unter Umständen werden konnte, mußte Zschimmer selbst – sicherlich schmerzlich – erfahren, als schon kurz nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs die New Yorker Corning-Glaswerke mit ihrem einem Jenaer Geräteglas sehr nahe stehenden Pyrexglas in den für den Export des Jenaer Glaswerks überaus wichtigen

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amerikanischen und europäischen Absatzmarkt einbrachen, den sie noch im Februar 1910 dem Jenaer Glaswerk auf mindestens zehn Jahre hinaus zu sichern in aller Form versprochen hatten. Auch er (Zschimmer) selbst betonte ja noch in einem 1916 in der „Chemiker Zeitung“ (Nr. 1/2, S. 7 ff.) veröffentlichten Aufsatz über „Das Jenaer Glas und der Krieg“, wie wichtig es sei, daß die damals mit Deutschland im politischen und Wirtschaftskrieg befindlichen Mächte glücklicherweise das nicht nachmachen könnten, was die deutschen Wissenschaftler und Techniker in dem von seinen überseeischen Rohstoffquellen durch den Krieg abgeschnittenen Deutschen Reich in kurzer Zeit auf die Beine gestellt hätten. So schreibt er hier an einer Stelle beispielsweise: „Wir werden uns schön hüten, unsere Feinde aufzuklären, die mit größtem Eifer anfangen, die deutsche wissenschaftliche und technische Literatur zu studieren, die sie in früheren Zeiten – dies gilt ganz besonders für unsere westlichen Nachbarn – zu unserem größten Glück herzlich wenig beachtet haben. Ich deute nur an, daß der Mangel an salpetersauren Salzen, der uns jetzt nicht mehr ernstlich zu schaffen macht, in Friedenszeiten für die Schmelzerei der optischen Gläser als ein höchst verhängnisvoller Zustand erschienen wäre. Der Krieg hat gelehrt, wie man sich helfen kann. Ja noch mehr: Aus der Not ist eine Tugend geworden, die zu einigen, auch für die künftige Friedenszeit wertvollen Patentanmeldungen geführt hat…“ Man muß sich hier unwillkürlich die Frage vorlegen, ob nicht auch nach Zschimmers Meinung die damaligen Feinde etwas für sie Vorteilhaftes und für Deutschland Nachteiliges hätten lernen können, wenn sein Buch „Chemische Technologie“ im Jahre 1913 tatsächlich bei Spamer in Leipzig erschienen und auch möglicherweise gelesen worden wäre. Einen weiteren wertvollen Zuwachs erhielt der Kreis der wissenschaftlichen Mitarbeiter im Glaswerk durch den (als Nachfolger für den am 30. September 1902 aus dem Glaswerk ausgeschiedenen und zum Zeisswerk übergegangenen Dr. Mordko Herschkowitsch) am 1. Februar 1903 eingetretenen Dr. Robert Schaller (geb. 19. September 1869 zu Mylau in Sachsen; gest. 20. November 1946 zu Jena). Der Übergang von Herschkowitsch zu Zeiss hing damit zusammen, daß es ihm gelungen war, dem Quarz durch zweckmäßige Erhitzung sein Kristallgefüge zu nehmen und ihn amorph werden zu lassen, so daß er bei Zeiss als Rohstoff zu gewissen Mikroskop-Objektiven verwandt werden konnte, mit denen bald darauf durch August Köhler stärkste nutzbare Vergrößerungen der mikroskopischen Abbildungen erzielt wurden. Nun war Schaller, der damals in Oldenburg-Osternburg lebte, von der gemeinsamen Studienzeit her mit Herschkowitsch gut befreundet und durch diesen angeregt worden, sich um die frei gewordene Stelle zu bewerben. Nachdem dies am 8. Februar geschehen war und Schott ihn persönlich besucht hatte, erhielt er um die Mitte Dezember von Schott einen Brief, in dem dieser ihm mitteilte, daß er bereit sei, ihn alsbald mit einem jährlichen Anfangsgehalt von 3 000 Mark, das in Zulagen von je 400 Mark bis zu 6 000 Mark steigen sollte, als Mitarbeiter anzustellen. Dabei wurde der Vorbehalt gemacht, daß alle Neuerungen und Erfindungen, die Schaller während seiner Tätigkeit im Glaswerk etwa machen würde, Eigentum des letzteren bleiben sollten. Aus der geistvollen Übersicht, die Schaller zur Zeit des 25jährigen Bestehens des Glaswerks, also im Jahre 1909, in der „Zeitschrift für angewandte Chemie“ über die während der letzten 25 Jahre in der Glasindustrie gemachten Fortschritte gegeben hat, haben wir schon oben einen wichtiges Passus zitiert. In dem Aufsatz hatte Schaller treffend charakterisiert, was im Glaswerk bis dahin an wesentlichen wissen-

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schaftlichen und technischen Ergebnissen auf den Gebieten des optischen Glases (einschließlich der Uviolgläser und der Farbgläser, der Verbundglasröhren und Wasserstandsgläser, der gegen schroffen Temperaturwechsel widerstandsfähigen Gläser für Gasbeleuchtung, des Thermometerglases, des Geräteglases und der Verbrennungsröhren) erzielt worden war. Davon welche wertvolle Unterstützung er Schott durch seine systematische wissenschaftliche Arbeit gerade bei der Erfindung neuer thermisch hochwertiger Gläser für Beleuchtungszwecke geleistet hat, zeugt u. a. seine 1913 in „Schillings Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung“ (III, S. 317 ff.) veröffentlichte Studie „Über das Verhalten von Gasglühlichtzylindern auf der Flamme“, den er später noch weitere wichtige Arbeiten (z. B. in den Glastechnischen Berichten, 1925/26, 3, S 317) folgen ließ. In dem neuen Anstellungsvertrag, der mit ihm am 9. April 1910 vom Glaswerk abgeschlossen wurde, wurde sein Gehalt mit Wirkung vom 1. April 1910 ab auf 7 000 Mark, vom 1. April 1913 auf 8 000 Mark festgesetzt; vom 1. April 1914 ab sollte er jährlich je weitere 500 Mark zugelegt bekommen bis zur Erreichung eines Höchstgehalts von 10 000 Mark. Seine dienstlichen Verpflichtungen wurden in diesem Vertrag dahin umschrieben, daß er mit gleicher Selbständigkeit wie bisher Aufgaben physikalisch-chemisch-technischer Art zu bearbeiten haben werde, wie sie sich jeweils als im Interesse der Firma liegend darbieten würden. Zu Aufgaben, die sich nach seinen Erfahrungen als unlösbar erweisen würden, sollte er nicht herangezogen werden dürfen. Wie bisher habe er sich der messenden und schmelzenden Laboratoriumsaufgaben zur weiteren Erforschung des Zusammenhangs zwischen chemischen und physikalischen Eigenschaften des Glases anzunehmen und im Hüttenbetrieb an solchen Versuchen und Arbeiten, die damit zusammenhingen, zu beteiligen. Die Versuchstätigkeit solle dabei seine Hauptaufgabe sein; zu einer rein messenden Tätigkeit solle er nicht verpflichtet werden. Eine von ihm am 18. Dezember 1916 von der (damals durch Dr. Zschimmer und Klett vertretenen) Geschäftsleitung erbetene Erweiterung seiner Rechte über den Anstellungsvertrag hinaus wurde von dieser abgelehnt. In ihrer Stellungnahme vom 14. Februar 1917 betonte diese, sie sei mit Schaller einverstanden, soweit sich diese Erweiterungsarbeit auf die Ausarbeitung eines Farbenatlasses sowie auf die Entwicklung einer LiteraturKartothek bezöge. Auch wurde Schaller ersucht, sich über den in seinem Schreiben berührten Vorsatz auszusprechen, daß er – im Anschluß an „die bedauerlichen Vorgänge vom Herbst 1915“ geneigt sei, seine Tätigkeit im Glaswerk überhaupt einzustellen. Auf welche Vorgänge sich diese Anspielung bezieht, konnnte bisher nicht ermittelt werden. Schallers Austritt aus dem Glaswerk ist am 31. Januar 1935, also im 66. Lebensjahr und nach fast 32jähriger verdienstlicher Mitarbeit, erfolgt. Über den am 1. April 1887 in das Glaswerk eingetretenen Betriebschemiker Emil Grieshammer, der wie wir oben gesehen haben, als Schotts hochgeschätzter Assistent von Anfang seiner Tätigkeit unermüdlich im Laboratorium, in der Satzkammer, an den Schmelzöfen und im Röhrenlager tätig war und sich nicht scheute, überall da, wo es an Arbeitskräften fehlte, selbst mit Hand anzulegen, erfahren wir aus einem mit ihm am 10. Februar 1898 abgeschlossenen neuen Anstellungsvertrag, daß es ihm oblag, in gleicher Art wie schon seit Jahren betriebschemische und betriebstechnische Arbeiten, ferner Versuchsarbeiten im Laboratorium durchzuführen sowie die Anfertigung und Expedition von Röhren zu beaufsichtigen. Sein Gehalt belief sich nach einer dem Geschäftsbericht

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des Glaswerks über das Geschäftsjahr 1. April 1906 bis 1. April 1907 beigefügten Bleistiftnotiz in Schotts Handschrift auf 6 462 Mark. Es mag interessieren, daß seine Kraft demnach ebenso hoch bewertet wurde wie die des Hüttenmeisters Josef Schmidt. Höhere Gehälter als diese beiden bezogen damals nur Dr. Schott und Klett, nämlich 10 000 Mark. An weiteren höchstbezahlten Mitarbeitern des Glaswerks sind auf dem gleichen Zettel Dr. Zschimmer mit 6 023 Mark, der oben genannte Prokurist Otto Franke mit 5 551 Mark, Dr. Schaller mit 4 590 Mark, der Prokurist und Kassenverwalter Paul Rödiger mit 3 662 Mark und ein weiterer Prokurist Otto Stahl mit 3 398 Mark verzeichnet. Nachdem Grieshammer am 13. Mai 1910 im Alter von nur 50 ½ Jahren verstorben war, wurde die Leitung des chemischen Laboratoriums dem am 5. Oktober 1910 in das Glaswerk eingetretenen Dr. Hans Gaar (geb. 26. Dezember 1880 in Regensburg) übertragen. Zu seinen Funktionen gehörte weiterhin (lt. erneuertem Anstellungsvertrag vom 5. Oktober 1910) die Leitung der Werksanlage zur Mischung von Rohmaterialien für die Glasschmelzerei sowie die Leitung der (im Geschäftsjahr 1902/03 erichteten) chemischen Fabrik zur Herstellung von Borsäure und Borax aus Borsaurem Kalk. Auch sein erneuerter Anstellungsvertrag vom 16. September 1920 verpflichtete ihn, bei einem jährlichen Gehalt von z. Zt. 10 260 Mark zu leitender und ausführender Betätigung im chemischen Laboratorium und in der chemischen Fabrik sowie zur Erledigung sich anschließender Arbeiten. Er ist heute noch im Jenaer Glaswerk auf seinem Arbeitsgebiet tätig und steht nun (im Oktober 1958) kurz vor seinem 50jährigen Dienstjubiläum. Schon ein Jahr vor Dr. Gaar, am 1. August 1909 war, ebenfalls als wissenschaftlichtechnischer Mitarbeiter, der am 10. November 1882 zu Weimar geborene Dr. Hermann Thiene eingetreten, dem am 25. November 1913 die technische Leitung der beiden Werksabteilungen Rohr und Geräte übertragen wurde. Gemeinsam mit Dr. Schott gelang ihm die Erschmelzung des am 11. Februar 1914 bzw. am 30. Juni 1917 zum Patent angemeldeten Jenaer Supremax-Glases 1565/IIII, das sich bei einer Depressionskonstante von nur 0,01° auf 100° und einem Ausdehnungskoeffizienten von nur 104,10-7 für Temperaturmessungen bis zu +635°C verwenden ließ. Da seine Erweichungsgrenze bei 800° lag, eignete es sich auch vorzüglich zu Verbrennungsröhren, die selbst nach hundertmaligem Gebrauch noch keine Veränderung zeigten. Die daraus gefertigten Platten waren für Wasserstandszwecke bis zu 110 Atmosphären Druck brauchbar. Auch das während des Ersten Weltkriegs im Frühsommer 1917 von Schott und Thiene erschmolzene Zylinderglas ohne Borsäure, ferner eine Reihe von Patenten, die von Thiene gemeinsam mit Albert Heintz, Dr. Paul Prausnitz und Dr. Gerhart Schott entwickelt wurden, sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Zu einer Spannung zwischen Thiene und der Geschäftsleitung des Glaswerks kam es, als er zu Anfang des Jahres 1931 im Verlag Gustav Fischer zu Jena ein zweibändiges Werk mit dem Titel „Das Glas“ veröffentlicht hatte. Die nunmehr durch Dr. Erich Schott, den Sohn des Gründers, vertretene Geschäftsleitung machte ihn durch ein vom 24. April 1931 datiertes Schreiben darauf aufmerksam, daß er nach seinem Dienstvertrag literarische Arbeiten wie die vorliegende, da sie innerhalb des Interessenkreises der Firma gelegen sei, und da ihm die Unterlagen für sie aus seiner dienstlichen Tätigkeit zugekommen seien, nur nach vorheriger Verständigung mit der Geschäftsleitung hätte veröffentlichen dürfen. Sie erteilte ihm wegen dieser Verletzung seines Vertrages zwar nur eine Verwarnung, behielt sich aber für den Fall der Wiederholung die Wahrnehmung

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aller ihr zustehenden Rechte vor. Andererseits beschwerte sich Dr. Thiene, der bis dahin die Rohr- und die Geräteabteilung im Glaswerk nach der wissenschaftlich-technischen Seite hin geleitet hatte, in einem am 21. März 1939 an die Geschäftsleitung gerichteten Schreiben darüber, daß diese, ohne ihn zu befragen, die Leitung der Rohrabteilung dem am 1. Oktober 1928 in das Glaswerk als Mitarbeiter in den Werksabteilungen für Beleuchtungs- und Wirtschaftsglas eingetretenen Dr. Herbert Schönborn übertragen habe. Die Beschwerde Thienes wurde von der Geschäftsleitung mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Vergrößerung der beiden Abteilungen Rohr und Geräte die angeordnete Arbeitsteilung nötig gemacht habe. So konnte Schönborn die ihm zugewiesene Abteilung Rohr, die er noch heute (Oktober 1958) leitet, zwar im Sommer 1939 übernehmen, bekam aber den Raum mit den älteren Röhren-Sammlungen von Thiene erst am 12. November 1940 zur Verfügung gestellt. Thiene selbst ist 1945 aus dem Glaswerk ausgeschieden. Als sich Schott im Frühjahr 1906 dazu entschlossen hatte, die bis dahin im Rahmen der Abteilung Rohr fabrizierten Quecksilberdampflampen in einer besonderen, neu eingerichteten Abteilung „El“ herstellen zu lassen und sich nun zur Erschließung neuer Fabrikationsgebiete planmäßig der Verwendung von Glas zu elektrotechnischen Zwecken, und zwar zunächst der Aufgabe der Vervollkommnung der Quecksilberdampflampen zuzuwenden, engagierte er zur Leitung der neuen Abteilung den am 19. März 1879 zu Elbing geborenen Ingenieur Konrad Hahn, der sich bis dahin zu Stuttgart mit der Herstellung von Beleuchtungskörpern befaßt hatte und seine Tätigkeit im Glaswerk am 3. August 1906 aufnahm. Nachdem sich die Uviollampen für Zwecke der Beleuchtung und Photographie gar nicht, auch für medizinische Zwecke nur in beschränktem Umfang eingeführt hatten, wurde zwar mit der Cooper-Hewitt Gesellschaft, die ein Patent auf haltbare und gleichzeitig billiger herzustellende Quecksilberlampen (sog. Hageh-Lampen) besaß, ein Lizenzabkommen getroffen, das auch die Herstellung von elektrischen Gleichrichtern in sich schloß, doch ließen es die auf diesem Wege ebenfalls nur in geringem Maße erzielten geschäftlichen Erfolge als wünschenswert erscheinen, die Produktion der neuen Abteilung auf einen weiteren und größeren Erfolg versprechenden Artikel, nämlich auf elektrolytische Stromzähler, auszudehnen. Zu diesem Zweck wurde am 21. September 1908 nach dem Abschluß eines mit der Firma Reason Manufacturing Co. zu Brighton in England abgeschlossenen Lizenzabkommen der aus Gesundheitsgründen aus seiner Stellung im Glaswerk wieder ausgeschiedene Ingenieur Hahn von diesem Tag ab ersetzt durch den englischen Ingenieur Henry Stafford Hatfield aus Stove in Sussex, der sich verpflichtete, gegen ein Honorar von 5 000 Mark binnen sechs Monaten die in der Abteilung El begonnene Fabrikation von elektrischen Stromzählern bis zu ihrer Einführung in den Handel fortzuführen und die dazu bestimmten technischen Beamten und Arbeiter in den die Fabrikation betreffenden Arbeiten auszubilden. Nachdem das Glaswerk um die Mitte Juni 1909 unter seiner Mitwirkung die ersten Stia-Elektrizitätszähler auf den Markt gebracht hatte, wurde von Schott am 1. Oktober 1909 der Diplom-Ingenieur Max Großmann zu Ilmenau zur Ausführung wissenschaftlicher, technischer und auch kommerzieller Aufgaben in der Abteilung Elz[ähler] engagiert, um ihre Leitung zu gegebener Zeit übernehmen zu können. In einem zwischen dem Glaswerk und Hatfield unter dem 6. Januar 1912 abgeschlossenen Abkommen wurde festgestellt, daß auf Grund des oben erwähnten Vertrags vom 21. September 1908 das

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Recht der Verwertung der von Hatfield erfundenen Iridium-Ersatzmasse für Zähler (nämlich Wolframbronze mit Bindemittel z. B. Kaolin) dem Glaswerk zustehen sollte; auch sollte Hatfield verpflichtet sein, alle künftigen Verbesserungen der Masse oder des Herstellungsverfahrens der Firma zur Verfügung zu stellen, falls sie auf die Masse ein deutsches Patent erwerben würde. Gleichzeitig übernahm Hatfield gegen ein jährliches Honorar von 4 000 Mark vom 1. Januar 1912 ab die Stellung eines beratenden Ingenieurs im Glaswerk, das er von Braunschweig aus, wo er nun wohnte, wenigstens alle sechs Wochen einmal besuchen sollte, um alle in Jena auf dem Gebiet der Zählerfabrikation beabsichtigten Veränderungen oder Neuerungen zu begutachten sowie, sich weiterhin auf diesem Gebiet erfinderisch zu betätigen. Nachdem sich in der Folgezeit aber die zu Hatfields Betätigung auf dem Gebiet der Stia-Zähler in dem Vertrag vom 1. Januar 1912 vorausgesetzte Gelegenheit bis zum Ende des Jahres 1913 niemals geboten hatte, sich dann weiter auch herausgestellt hatte, daß er wegen der geschäftlichen Ausbeutung seiner Versuche zur Herstellung von Wasserstoffzählern mit der englischen Firma Chamberlain & Hockham in Verbindung getreten war, wurde ihm das vereinbarte Honorar vom Glaswerk nur noch bis zum Februar 1914 ausgezahlt, während inzwischen Großmann die ihm von vornherein zugedachte technische Leitung der Zähler-Abteilung des Glaswerks am 24. September 1913 übertragen bekommen hatte. Einem von Großmann der Firma unter dem 21. Juli 1913 erwirkten Patent („Elektrode mit durch die Zuleitung angepreßten Glaskörpern“) sollten im Lauf der weiteren Jahre noch zahlreiche andere folgen (z. B. das unter dem 7. August 1922 erwirkte D.R.P. 397 763 über den als Diaphragma zwischen die beiden Elektroden der Stia-Zähler eingebauten quecksilberdichten Glasfilter), doch wird hierüber erst bei späterer Gelegenheit Näheres zu berichten sein. Erwähnt sei hier nur noch, daß kurz nachdem Großmann die Leitung der Zählerabteilung übernommen hatte, nämlich am 7. Oktober 1913, in sie auch der von Zeiss übernommene erfindungsreiche Ingenieur Fritz Blumenstein (geb. 8. August 1890 zu Gera) eintrat, dem in seinem erneuerten Anstellungsvertrag vom 15. September 1920 als Aufgabenkreis die Betätigung als Ingenieur in den glaselektrischen Abteilungen (z. B. auf den Gebieten der Elektrizitätszähler, Glas-Kondensatoren, elektrischen Lampen, Senderöhren) zugewiesen wurde. Ebenso wie Großmann hat auch er in den auf das Kriegsjahr 1913/14 folgenden Jahrzehnten dem Glaswerk wertvollste Dienste geleistet. Hatte das Kontorpersonal des Glaswerks gegen Ende des Geschäftsjahres 1898/99 erst aus 11 Beamten bestanden, so war diese Zahl bis zum 1. April 1914 bereits auf nicht weniger als 69 angewachsen, um bis zum 1. April 1915 in Folge des begonnenen ersten Weltkriegs zunächst wieder auf 57 herabzusinken. Die Verdienste, die sich Schotts ältester kaufmännischer Mitarbeiter Rudolf Klett beim Auf- und Ausbau der ihm seit dem 10. Februar 1893 übertragenen kaufmännischen Verwaltung des Betriebes erworben hat, sind von uns oben schon bei verschiedenen Gelegenheiten hervorgehoben worden. Daß er am 1. April 1895 Einzelprokura erhalten hatte und 1905 in die Geschäftsleitung berufen worden war, haben wir ebenfalls bereits erwähnt. Von seinen jüngeren kaufmännischen Mitarbeitern erhielten die ebenfalls oben bereits erwähnten Beamten Paul Rödiger und Otto Franke am 9. März 1901 Gesamtprokura, und zwar ersterer mit Rücksicht darauf, daß er bereits 1897 mit der Führung der Kas-

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se beauftragt worden war, letzterer deswegen, weil man das übrige Kontorpersonal seiner Aufsicht unterstellt hatte und weil er sich, besonders innerhalb der Abteilungen Zylinder und Geräte, auf dem Gebiet des mündlichen und schriftlichen Verkehrs mit dem Ausland besonders bewährt hatte. Weiter wurden in die Gesamtprokura einbezogen: im April 1907 der am 24. August 1895 eingetretene Kaufmann Hugo Krause und der am 1. Juli 1901 eingetretene Hans Christoph; und am 28. August 1911 die Kaufleute Otto Stahl (eingetreten am 4. Januar 1904) und Otto Kersten (eingetreten am 1. Oktober 1895). Von denjenigen Geschäftsangehörigen, die zwar noch in dem hier zu behandelnden Zeitabschnitt 1900 bis 1914/15 in das Glaswerk eingetreten, aber erst später ebenfalls in die Gesamtprokura einbezogen worden sind, kommen in Betracht: Ernst Mejer (eingetreten am 21. Januar 1903). Er erhielt am 1. April 1919 Gesamtprokura mit der Verpflichtung zu leitender Bearbeitung der kaufmännisch-geschäftlichen Angelegenheiten der Rohr-Abteilung; Hans Leonhardt (eingetreten am 1. April 1909). Er erhielt am 11. Mai 1937 Gesamtprokura mit der Verpflichtung zu leitender Bearbeitung der kaufmännisch-geschäftlichen Angelegenheiten der optischen Abteilung und der El-Abteilungen. Am 12. März 1938 gehörten zu den mit Gesamtprokura im Glaswerk betrauten kaufmännischen Beamten – abgesehen von den inzwischen hinzugekommenen jüngeren Prokuristen Fritz Dunger, Alfred Jacobsen und Kornel Brandts – noch immer die Prokuristen Rödiger, Christoph, Kersten, Mejer und Leonhardt. Über die Art, wie sich die genannten Inhaber gehobener kaufmännischer Stellungen im Lauf der Jahre vom Lehrling zum Prokuristen emporarbeiteten, sowie über ihre gehaltlichen Verhältnisse liegen nur in vereinzelten Fällen genauere Angaben vor. Von dem langjährigen Leiter der Hauptkasse des Glaswerks, Paul Rödiger, haben wir aus seinen oben mitgeteilten Erinnerungen an seine am 15. August 1891, also im Alter von 16 Jahren begonnene Lehrlingszeit gehört, daß er durch Rudolf Klett eine vielseitige und gründliche Ausbildung erhalten habe. Auch nach seiner im Jahr 1895/96 abgeleisteten Dienstzeit als Einjährig-Freiwilliger habe er sich zunächst in allen Abteilungen betätigt, bis ihn 1897 die Führung der Kasse übertragen wurde, d. h. diejenige Funktion, die er dann ab 46 Jahre hindurch bis zu seiner Pensionierung ausgeübt hat. Über Franke ist noch ein (erneuerter) Anstellungsvertrag vom 1. April 1919 erhalten geblieben, nach dem er bei einem Gehalt von 8 000 Mark zur Ausübung folgender Funktionen verpflichtet wurde: 1. Beaufsichtigung und Bearbeitung des Verkehrs mit dem Ausland in den Abteilungen Zylinder und Geräte und des gesamten fremdsprachlichen Briefwechsels, 2. Oberaufsicht über das Kontorpersonal, 3. Bearbeitung der in der Presse veröffentlichten Bestimmungen, soweit sie für das geschäftliche Interesse in Frage kamen. Von dem oben genannten Hugo Krause, der 1895 im Alter von 20 Jahren in das Glaswerk eingetreten war, liegt ein Bericht aus dem Jahr 1935 vor, nach dem er während seiner 40jährigen Tätigkeit im Glaswerk nicht einen einzigen Arbeitstag wegen Krankheit versäumt habe. Zunächst habe er in den Abteilungen Optik und Rohr Personal- und Lohngeschäfte besorgen, in der Optik auch praktisch mitarbeiten müssen. Nach seiner Ernennung zum Prokuristen (1907) sei ihm (1910) die Leitung der optischen und glaselektrischen Abteilungen (einschließlich der Stia-Zähler-Abteilung) übertragen worden, mit der Maßgabe, daß hinsichtlich der Rohr-Abteilung (1912) und der Lohn- und Personalabteilung (1919) Abgliederungen erfolgt seien.

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Der 1901 im Alter von 21 Jahren eingetretene und gleichzeitig mit Krause 1907 zum Prokuristen beförderte Hans Christoph wurde nach einem noch vorliegenden (erneuerten) Anstellungsvertrag vom 1. April 1919 mit einem Gehalt von jährlich 7 380 Mark (ab 1. April 1920 400 Mark Jahreszulage bis zu 8 000 M) verpflichtet zu geschäftlichkaufmännischer Bearbeitung der Angelegenheiten der Zylinder- und Geräte-Abteilungen (soweit in das deutsche Geschäft einschlägig). Von dem 1895 im Alter von 17 Jahren in das Glaswerk eingetretenen und 1940 in Pension gegangenen Otto Kersten wird in dem erwähnten Bericht vom Jahr 1935 berichtet, er sei seit seiner Bestellung zum Prokuristen (im August 1911) jahrzehntelang Vorsteher der Kalkulationsabteilung für Zylinder, Hauswirtschaftsglas, Geräte und Filter gewesen. Von denjenigen Werksangehörigen, die sich zur Zeit des 50jährigen Bestehens des Glaswerks, also am 1. September 1934 bereits über 40 Jahre im Dienst des Werks befunden hatten, werden in der mehrfach erwähnten Jubiläumsschrift außer dem Gründer Dr. Otto Schott, dem kaufmännischen Leiter Dr. Rudolf Klett, dem Leiter der Hauptkasse Paul Rödiger und dem oben schon mehrfach erwähnten damaligen Oberaufseher über die Glasmacherei Albert Heintz noch genannt: a) der am 23. Oktober 1891 als Schlosserlehrling bei Zeiss eingetretene, nach seiner Militärdienstzeit am 19. September 1901 in der Maschinenbau-Abteilung des Glaswerks eingestellte Dreher Hermann Schnorr; b) der am 5. April 1893 mit seinem Vater aus Stützerbach in das Glaswerk übergesiedelte, zunächst in der Rohrhütte, 1896 bis 1904 in der Zylinderhütte, von 1904 bis 1918 in der Gerätehütte beschäftigte Glasmacher Franz Heintz, dem seit dem 1. Juli 1918 der Posten eines Schichtmeisters in der Zylinderhütte übertragen worden war; c) der am 10. April 1894 als jugendlicher Arbeiter ins Glaswerk eingetretene Paul Sternkopf, der bis zum 10. Oktober 1926 als Geräteglasmacher, sodann als Schleifer in der Abteilung für Geräteglas gearbeitet hatte; d) der seit 1893 in einer Radeberger Glashütte, dann vom 26. November 1894 an in der Zylinderhütte des Jenaer Glaswerks beschäftigte Glasmacher Emil Stecher. In dem ebenfalls bereits erwähnten Tätigkeitsbericht des Glaswerks vom Jahre 1935 werden – außer den oben bereits erwähnten beiden Prokuristen Hugo Krause und Otto Kersten – als Geschäftsangehörige, die nun ebenfalls bereits 40 Jahre lang im Dienst des Glaswerks gestanden hatten, zusätzlich genannt: e) der am 1. Januar 1895 ins Glaswerk als Stenograph und Maschinenschreiber eingetretene Paul Eberhardt, der einige Jahre darauf der Rechnerei zugeteilt worden war, um ihr dann einige Jahrzehnte hindurch vorzustehen; f) der am 16. April 1895 als Einträger ins Glaswerk eingetretene Eduard Heintz, ein jüngerer Bruder der oben genannten Franz und Albert Heintz aus Stützerbach, der dann in allen Hütten des Glaswerks als Glasmacher und Rohrzieher tätig war, von 1920 bis 1933 auch den Betriebsrat des Glaswerks als Vorsitzender geleitet hatte; g) der am 16. April 1895 als Einträger ins Glaswerk eingetretene Heinrich Partschefeld, der bis 1905 in der Zylinderhütte, dann bis 1925 im Gemengehaus, danach wieder in der Zylinderhütte (an der Presse) gearbeitet hatte; h) der am 20. Mai 1895 eingetretene Fritz Wagner, der in den ersten fünf Jahren in der Zylinderhütte, dann von1900 bis 1903 in der Abteilung Optik gearbeitet hatte, um nach

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weiterer vierjähriger Ausbildung im Laboratorium von Dr. Zschimmer vom 1. September 1907 ab den Posten als Schmelzmeister in der Optik zu übernehmen; i) der am 20. Mai 1895 als Einträger eingetretene Bruno Döpel, der bis 1927 als Glasmacher in der Zylinderhütte, danach als Ausleerer arbeitete. k) der 1895 als jugendlicher Arbeiter ins Glaswerk eingetretene Hermann Hempel, der nach einem Jahr als Gehilfe in den Abteilungen Zylinder, Geräte und Rohr arbeitete, dann nach abgeleisteten Militärdienst in der Abteilung Rohr als Verschmelzer, Schneider und Aussucher beschäftigt war, um nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg in derselben Abteilung Vorarbeiter und 1922 Werkmeister zu werden; l) der am 5. August 1895 ins Glaswerk eingetretene und bis zum 2. Juni 1915 in der Abteilung für Gasbeleuchtung beschäftigte Hermann Lehmann, der nach der Rückkehr aus dem Krieg im Dezember 1918 Magazinverwalter wurde; m) der am 2. September 1895 als Einträger eingetretene Otto Schmidt, der nach fünfjähriger Tätigkeit im Zylinderhaus im Rohrlager arbeitete; n) der am 21. September 1895 als Einträger ins Glaswerk eingetretene Hugo Taubeneck, der 1 ¼ Jahr in der Zylinderhütte, ein weiteres Jahr in der Zylinderschleiferei und danach immer im Zylinderhaus arbeitete; o) der am 19. November 1895 als Einträger in die Zylinderhütte eingetretene Hans Koob, der dort bis 1932 als Glasmacher, dann als Ausleerer beschäftigt war; p) der am 16. Dezember 1895 in der Abteilung Ton eingestellte Richard Beerhold, der nach ¼jähriger Tätigkeit daselbst drei Jahre in der Zylinderhütte arbeitete, dann – infolge eines erlittenen Unfalls – im Zylinderhaus, nach vier Jahren wieder in der Ton-Abteilung und nach achtjähriger Tätigkeit daselbst 12 Jahre in der Optik und schließlich in der Abteilung Hof beschäftigt war. Die Beispiele dieser Art ließen sich beliebig vermehren. Immerhin dürften bereits die wenigen ausreichen, um ein allgemeines Bild davon zu geben, welche mannigfaltigen Möglichkeiten im Glaswerk jungen Kräften geboten wurden, um sich durch Fleiß und sonstige Tüchtigkeit vom kaufmännischen Lehrling oder Einträgerjungen zu gehobenen oder gar leitenden Positionen im Kontor oder in den verschiedenen anderen Betriebsabteilungen emporzuarbeiten und bei ihrem Aufwärtsstreben auch die verdiente moralische wie materielle Anerkennung zu finden. Da uns die für jeden einzelnen Fall in Betracht kommenden Gehalts- und Lohnlisten aus der hier zu Erörterung stehenden Betriebsperiode nicht mehr vorliegen, müssen wir uns mit den allgemeinen gehalts- und lohnstatistischen Angaben bescheiden, wie sie von der Geschäftsleitung des Glaswerks gelegentlich ihren Jahresberichten an die Stiftungsverwaltung beigefügt worden sind. Bevor wir auf diese zurückkommen, wollen wir uns aber hier zunächst der Erweiterung zuwenden, welche die Betriebsmittel des Glaswerks auch in der hier zu behandelnden Betriebsperiode wieder erfahren haben. Selbstverständlich werden hierbei auch diejenigen Gesichtspunkte und und Einrichtungen zu berücksichtigen sein, die sich für die Betriebsleitung aus der Notwendigkeit einer möglichst weit gehenden Rationalisierung der Produktionsmethoden und Organisationsform des Glaswerks von Fall zu Fall ergeben haben. In dem Bericht, den der Stiftungskommissar Vollert der Stiftungsverwaltung der Carl Zeiss-Stiftung am 27. Dezember 1902 über das am 1. Oktober 1902 abgelaufene Geschäftsjahr der beiden Stiftungsbetriebe Zeiss und Schott erstattete, heißt es in Bezug auf das Glaswerk, es sei hier ein im Mittelpunkt der Gesamtanlage gelegenes Betriebsgebäu-

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de erbaut worden, in dem sich die Aufseher, wenn sie nicht anderwärts beschäftigt seien, aufhalten sollten. Es solle eine Zentralstelle für die Leitung des technischen Betriebes bilden. Die im Vorjahre 1900/01 begonnene neue Schmelzhütte sei durch eine neue Hütte für Zylinder vermehrt worden, doch stehe diese noch unbenutzt, da die Fabrikation von Zylindern z. Zt. eher im Zurückgehen, statt wie erwartet, im Zunehmen begriffen sei. Sodann heißt es weiter: „Eine ernste Sorge für die Leitung des Glaswerks bildete das Entstehen eines Ringes, der sich in den alleinigen Besitz aller ausbeutungswürdigen BorsäureVorkommen der Erde zu setzen sucht. Die Leitung, welche zur Fabrikation der schwerzerbrechlichen Zylinder einer großen Menge Borsäure bedarf, beschloß, da der Plan, Borsäurelager in Italien, Griechenland oder Kleinasien zu erwerben, sich als nicht ausführbar erwies, ein eigenes Werk zur Herstellung von Borsäure und Borax, der ebenfalls zur Glasbereitung gebraucht wird, aus amerikanischen borsaurem Kalk anzulegen. Dasselbe wird etwa 75 000 Mark kosten und ist jetzt nahezu vollendet. Außerdem schaffte sich die Leitung unter Benutzung der einstweilen noch günstigen Konjunktur größere Vorräte von Borsäure und Borax an, was zu einer Erweiterung der Vorratsräume nötigte.“ Zur Versorgung der Stiftungsbetriebe mit elektrischem Strom, so heißt es in dem Bericht weiter, planten diese nunmehr die Erbauung einer eigenen elektrischen Zentrale auf dem zu diesem Zweck schon früher angekauften, südlich des Glaswerks gelegenen Grundstück. Die dazu erforderlichen Baukosten seien auf 250 000 Mark zu veranschlagen. Diese gemeinsame elektrische Zentrale am Lichtenhainer Weg ist im Herbst 1903 in Betrieb genommen worden. Da in der Folgezeit eine Umstellung des Betriebsjahres im Glaswerk vom 1. Oktober auf den 1. April jeden Jahres vorgenommen wurde, bezieht sich der nächstfolgende Bericht des Stiftungskommissars, soweit das Glaswerk in Frage kommt, auf das Halbjahr vom 1. Oktober 1902 bis zum 1. April 1903. U. a. heißt es darin: „Die neuangelegte Borsäure- und Boraxfabrik ist in Betrieb gesetzt und bewährt sich. Die zuletzt erbaute Schmelzhütte ist jetzt ebenfalls in Benutzung genommen, und es hat sich die Notwendigkeit herausgestellt, abermals eine neue Hütte zu bauen. Mit diesem Bau beabsichtigt Dr. Schott namentlich auch zu erreichen, daß die erforderliche Zahl Öfen fortdauernd in Betrieb sein kann und nicht wegen Löschung und Erneuerung derselben, wie seither, alle Jahre eine Unterbrechung von etwa 6 Wochen eintreten muß. Ferner wird die Herstellung einer neuen Gaserzeugungsanlage vorbereitet, welche die Verwendung Meuselwitzer Braunkohlen statt der jetzt benutzten teuren böhmischen ermöglichen soll. Neue Erfindungen und umfänglichere Versuche für solche sind bei dem Glaswerk in den letzten Jahren nicht gemacht worden, insbesondere auch nicht in Bezug auf das optische Glas, dessen Herstellung jetzt in größerem Maßstabe von Glashütten in Paris und London aufgenommen worden ist. Das Gerücht, daß es einem auswärtigen Laboratorium gelungen sei, Linsen alsbald zu gießen, hat sich glücklicher Weise nicht bestätigt. Seit einiger Zeit werden Versuche mit Quecksilberlicht in der Absicht angestellt, diesem angeblichen Licht der Zukunft durch besondere Zylinder den fahlen Schein zu nehmen…“ In Vollerts weiterem Bericht vom 25. Januar 1905, der sich auf die Betriebsperiode vom 1. April 1903 bis dahin 1904 bezieht, heißt es u. a.: „Die vor 2 Jahren gebaute, damals überzählige Glashütte wurde in Betrieb gesetzt und damit zugleich die beabsichtigte Verkürzung der durch die Ofenbauten bedingten Betriebsunterbrechungen durchgeführt,

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was eine wesentliche Produktionssteigerung zur Folge hatte. Die jetzt noch bestehenden zweiwöchigen Pausen sind notwendig, um dem Personal die erforderliche Erholung zu gewähren. Neu errichtet wurde ein größeres Gebäude zur Aufnahme der optischen Schleiferei, eines optischen Lagers und einer Hafenstube, ferner einer Hüttenanlage mit besonders konstruierten Gaserzeugern, welche dem Versuch dienen soll, die Verwendung der billigeren Meuselwitzer Braunkohle statt der böhmischen zu ermöglichen, und auf diese Weise die sehr ins Gewicht fallenden Kosten des Heizmaterials zu vermindern. Endlich hat Dr. Schott noch eine Sandmühle aufstellen lassen, in welcher der zur Glasbereitung erforderliche Sand so fein wie möglich gemahlen wird, wodurch man eine Verbesserung des Glases herbeizuführen hofft. Auch sonst ist man auf Vervollkommnung der Fabrikationsmethoden bedacht gewesen, sodaß eine bessere Durchschnittsqualität des Zylinderglases erreicht wird. In letzter Zeit hat sich Dr. Schott mit der Konstruktion einer Quecksilberlampe beschäftigt, welche er – wegen der von ihr ausgehenden ultravioletten Strahlen – unter dem Namen ‚Uviol-Lampe‘ in den Handel bringen wird. Die ursprüngliche Hoffnung, mit der Uviol-Lampe eine neue Beleuchtungsart einzuführen, ist geschwunden, da das Licht die Farben ganz entstellt. (Die Haut erhält einen leichenfarbiges Aussehen, blonde Haare erscheinen intensivgrün usw.) und da es starke Einwirkungen auf den Organismus äußert. Dagegen glaubt man, daß sich die Lampe ein weites Feld therapeutischer Verwendung (Lichtbehandlung zur Heilung von Lupus, Ekzem, vielleicht auch Krebs usw.) öffnen wird. Die betreffenden Versuche sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Kraft der beiden [Stiftungs-]Betrieben dienenden elektrischen Zentrale ist voll in Anspruch genommen. Eine zweite Dynamomaschine wird bald nötig werden.“ Der nächste vorliegende Geschäftsbericht, den Klett wohl im Januar 1905 erstattet haben dürfte, bezieht sich nicht auf die Zeit vom 1. April 1904 bis dahin 1905, sondern auf das Kalenderjahr 1904. In ihm wird über die in diesen Zeitraum im Glaswerk vorgenommenen Erweiterungsbauten folgendes teils wiederholt, teils neu berichtet: „Dank weiterer Vervollkommnung der Fabrikationsmethoden seit August (1904) hat sich eine bessere Durchschnittsqualität des Zylinderglases erreichen lassen, wodurch der Ausfall verringert und somit die Ausbeute gesteigert worden ist. Diese beiden Betriebsverbesserungen [gemeint ist die bereits oben erwähnte Inbetriebnahme der überzähligen Zylinderhütte. Der Bearbeiter] haben zu einer Steigerung der Lohnbezüge des beteiligten Personals geführt […].“ Als größere Neubauten werden in dem Bericht genannt: „eine vollständige Zylinderhütte mit Gaserzeugern, ein größeres Gebäude, welches die jetzige optische Schleiferei, das optische Lager und eine Hafenstube aufnehmen soll, ferner eine Sandmühle … Die neue Hüttenanlage mit Gaserzeugern soll zu einem Versuch dienen, eine billigere Kohle zu verwenden, um die bedeutenden Aufwendungen für dieses Rohmaterial zu verringern. Versuche und Fabrikationsvorbereitungen sind unternommen worden, um eine für die Wissenschaft und Technik geeignete Quecksilberlampe (Uviol-Lampe) in den Handel zu bringen. Die Versuche sind als beendet anzusehen, die Fabrikation und die Einführung soll nun aufgenommen werden.“ Ein ausführlicher Bericht des Stiftungskommissars über das Geschäftsjahr vom 1. April 1904 bis dahin 1905 hat sich in seinen Handakten nicht mehr auffinden lassen. Der

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gleichzeitige Geschäftsbericht Kletts über dieselbe Betriebsperiode hingegen enthält keinerlei Einzelheiten. Dagegen werden in Vollerts Bericht über das Geschäftsjahr vom 1. April 1905 bis dahin 1906 folgende das Glaswerk betreffenden Einzelangaben gemacht: „Um über genügendes Areal für künftige Fabrikerweiterungen verfügen zu können und den Anschluß der Fabrik an die Geleise der Weimar-Geraer Eisenbahn für den kurz oder lang zu erwartenden Fall zu sichern, daß die jetzige Ladestelle einer Vergrößerung der Bahnhofanlage weichen muß, wurde mit dem Erwerb von Grundstücken nach Lichtenhain zu und längs der Bahnstrecke fortgefahren. Der flotte Geschäftsgang, bei dem die Produktionsfähigkeit zeitweise mit der Nachfrage nicht Schritt hielt, ließ eine Vergrößerung der Betriebseinrichtungen durch Errichtung eines zweiten Zylinderhauses und einer neuen Hütte […] ratsam erscheinen, um in den vorhandenen Gebäuden mehr Platz zur Erzeugung von optischem und Geräteglas, den z. Zt. begehrtesten Artikeln zu gewinnen. Zur Beschaffung von Dienstwohnungen für die verdienten Betriebsbeamten [den Hüttenmeister Josef] Schmidt und [den Glasmachermeister Ewald] Herold wurden 2 Wohnhäuser in der Nähe der Fabrik zum Preise von 31 000 und 28 100 Mark angekauft […]. Bei der Fabrikation des optischen Glases wurde eine größere Form von Tonhäfen eingeführt, wodurch nicht nur eine beträchtliche Steigerung der Ausbeute an brauchbaren Glasstücken, sondern auch eine allgemeine Verbesserung der Qualität erzielt wurde. Behufs Erschließung neuer Fabrikationsgebiete beabsichtigt die Firma, sich namentlich der Verwendung von Glas zu elektrotechnischen Zwecken zuzuwenden. Zur Bearbeitung der einschlagenden Aufgaben besonders auch zur Vervollkommnung der Quecksilberlampen, ist der Ingenieur Hahn aus Stuttgart, der sich bisher mit der Herstellung von Beleuchtungskörpern beschäftigte, gewonnen worden. Schon während der Hauptversandtzeit des Vorjahres war das Glaswerk dadurch in ernstliche Verlegenheit geraten, daß die Pappe- und Kistenfabriken die zur Verpackung der Zylinder erforderliche Pappe und die Kisten für die Versendung der Glaswaren nicht rechtzeitig lieferten. Da sich dies im Herbst 1905 wiederholte, wurde beschlossen, eine eigene Papp- und Kistenfabrik zu errichten und das erforderliche Material für die Zeisswerke selbst herzustellen. Die Firma Schott & Genossen begründete zu diesem Zwecke in Gemeinschaft mit dem Mühlentechniker Müller aus Coswig eine GmbH, der von der Carl Zeiss-Stiftung ein Gründungskapital von70 000 Mark vorgestreckt wurde. Mit diesem erwarb die Gesellschaft von dem Mühlenbesitzer Starkloff in Tannroda die dortige Untermühle nebst umliegendem Areal, und bald darauf auch, um nicht bezüglich der Wasserkraft schikaniert werden zu können, die Obermühle bei Tannroda. Die Untermühle wurde für die Papp- und Kistenfabrik umgebaut und erweitert. Gegen die Erteilung der Erlaubnis zur Pappfabrikation erhob jedoch der Inhaber der Fischereigerechtigkeit in der Ilm, Frh. v. Gleichen-Rußwurm, Einspruch, dem sich das Großherzogl. Sachs. Staats-Departement der Finanzen, die Besitzer der flußabwärts gelegenen Mühlen, die Stadt Weimar (wegen der ihr gehörigen Ötternschen Quellen), ja sogar die Stadt Magdeburg anschlossen. Der Einspruch ist erstinstanzlich von dem Großherzogl. Bezirksausschuß zurückgewiesen worden. Z. Zt. liegt die Angelegenheit dem Großherzogl. Staats-Ministerium, Departement des Inneren zur zweit- und letztinstanzlichen

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Entscheidung vor. Hoffentlich kann mit der Fabrikation, für die alle Vorbereitungen, einschließlich der Annahme des nötigen Personals, getroffen sind, bald begonnen werden. Mit einiger Besorgnis betrachtet die Firma Schott & Gen., welche im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Kohlenverbrauch von 230 000 Mark hatte, die fortschreitende Ringbildung auf dem deutschen Kohlenmarkte, welche die Industrie immer mehr den Kohlensyndikaten zu unterwerfen droht. Wie sich die Firma vor einigen Jahren von dem Borsäurering durch Errichtung einer eigenen Borsäurefabrikation unabhängig zu machen gewußt hat, so wird jetzt von ihr die Beteiligung an dem Erwerb eines Kohlenbergwerks in Gemeinschaft mit anderen, stark kohlebedürftigen Geschäften, z. B. einigen Spinnereien und Färbereien in Gera, erwogen, eine Absicht, deren Verwirklichung allerdings die Aufwendung sehr erheblicher Kapitalien erfordern dürfte. Bis jetzt sind jedoch die Verhandlungen zu greifbaren Ergebnissen noch nicht gediehen.“ Der erst am 3. Februar 1908 erstattete Bericht Vollerts an die Stiftungsverwaltung über das nächstfolgende Geschäftsjahr 1. April 1906 bis dahin 1907 berichtet über Grundstückskäufe, Bauten und sonstige Unternehmungen des Glaswerks folgendes: „In der Lichtenhainer Flur wurden 11 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 1,74 ha zum Preis von 25 800 Mark angekauft. Sie sollen dazu dienen das Areal für Aufnahme des erheblichen Abfalls des Glaswerks und für etwaige spätere Vergrößerungen zu sichern. Die Zunahme der Fabrikation erforderte eine Reihe von Erweiterungsbauten: Es wurden mit einem Aufwand von 86 000 Mark Anbauten an das Verwaltungsgebäude, an die Schmiede und an die Magazine ausgeführt, ein Turm zum Sandtrocknen errichtet und ein zweiter Brunnen gebohrt, der aus einer Tiefe von 42 m in der Stunde 10-12 cbm Wasser fördert. Ein Versuch mit der Verwendung von Doppelhafen-Öfen zu Erzeugung von optischem Glas führte zu einem Mißerfolg. Die Fabrikation von Quecksilberlampen, für welche der Ingenieur Hahn aus Stuttgart angestellt worden war, ist inzwischen energisch in Angriff genommen worden. Bis jetzt weist sie noch einen Verlust von 22 000 Mark nach. Dr. Schott verspricht sich jedoch für die Zukunft davon günstige Ergebnisse. Wie bereits […] mitgeteilt […] hatte die Firma […], um sich von ihren bisher oft unzuverlässigen bisherigen Papplieferanten unabhängig zu machen, mit dem Mühlentechniker W. Müller […] eine GmbH begründet, welche die Unter- und Obermühle in Tannroda gekauft und darin eine Pappfabrikation eingerichtet hatte. Der von der Firma Schott einzuschießende Teil ist auf 50 000 M, die Kapitalbeteiligung Müllers auf 20 000 Mark festgesetzt. Für den angekauften Grundbesitz wurden insgesamt 123 000 Mark gezahlt. In Anrechnung kamen rund 34 000 Mark Hypotheken, die auf der Obermühle lasteten. Außerdem streckte die Carl Zeiss-Stiftung ein Darlehen von 70 000 Mark vor. Nachdem die von vielen Seiten mit Rücksicht auf die zu befürchtende Verunreinigung der lim eingelegten Einsprüche von dem Großherzogl. Sachs. Staatsministerium, Departement des Innern, verworfen worden waren, wurde Mitte März 1907 mit dem Betrieb begonnen […] Weiter errichtete die Fa. Schott für sich in Tannroda ein Sägewerk, um die von den Zeisswerken [gemeint sind hier offenbar die beiden Stiftungsbetriebe. Der Bearbeiter] gebrauchten Kisten und Holzwolle selbst herzustellen. Das Grundstück kostete 20 000 M, die Gebäude und Maschinen 106 100 M. Die beiden Fabriken haben bis jetzt einen Gewinn nicht abgeworfen. Dr. Schott hofft, daß die Pappfabrik mit der Zeit noch ge-

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winnbringend werde. Es scheint, als ob das Kiefer- und Fichten-Nutzholz der dortigen Gegend zu hoch im Preise steht, um es zur Kistenfabrikation zu verwenden. Bis jetzt hat das Sägewerk für etwa 140 000 Mark Holz verbraucht und nur etwa für 104 000 Mark Kisten abgeliefert, wobei allerdings für die Kisten wohl ein zu niedriger Preis angesetzt worden ist […].“ Für die nächsten Jahre stehen uns für den hier in Frage kommenden Zweck nicht mehr die beiden Stiftungsbetriebe nebst der Carl Zeiss-Stiftung behandelnden Jahresberichte des Stiftungskommissars Vollert, sondern die mit Erläuterungen versehenen jährlichen Inventur- und Bilanzberichte von Rudolf Klett zur Verfügung, in denen die Zahlenangaben zu den einzelnen Inventur- und Bilanzposten vorherrschen, aber nicht mehr, wie in Vollerts Berichten, durch zusammenhängende Texte, sondern nur noch durch stichwortartige Bemerkungen erläutert werden. So erfahren wir zum Beispiel aus der Inventur und Bilanz des Glaswerks für das Geschäftsjahr vom 1. April 1907 bis dahin 1908, daß in diesem Zeitraum sechs in der Lichtenhainer Flur gelegene Grundstücke von 0,53 ha Flächenraum für 9 900 Mark hinzuerworben worden waren. An Gebäuden war hinzugekommen: eine Glashütte mit Absprengerei und ein Keller für die Abteilung Elz für 66 000 Mark, ein Gaserzeugerdach neben dem Kohlenglas für die Gerätehütte für 22 000 Mark und der Rest des Anbaues an das Verwaltungsgebäude für 18 000 Mark. Neu waren in den Zylinderhütten II und III je sechs Kühlöfen für 12 000 Mark angelegt worden, ferner zwei Hafenwärmöfen, ein Ofen zum Linsenpressen und zwei runde Kühlöfen in der Optischen Hütte, dann für die Gerätehütte: sieben Öfen, zwei Kühlröhren für 24 600 Mark, Kanäle und Gaserzeuger für 18.000 Mark und ein neuer Schornstein für 10 000 Mark. Das Maschinenkonto hatte einen Zugang im Wert von 41 000 Mark erhalten. Die Fabrikation des optischen Glases war seit dem September 1907 nicht mehr mit der des Geräteglases in einer Hütte vereinigt, sondern für letzteres war eine eigene neue Hütte erbaut worden, während die optische Hütte nun auf einen Betrieb mit zwei Öfen eingerichtet worden war, wodurch sich die Fabrikation verdoppelt hatte. Durch Einführung einer exakten Temperaturmessung der Schmelzöfen war eine Verbesserung des optischen Glases ermöglicht worden. Die erneute Steigerung der Nachfrage nach Jenaer Glas für Hängeglühlicht und elektrische Lampen hatte dazu geführt, eine neue große Zylinderhütte in Angriff zu nehmen, die an Stelle der bisher üblichen drei Öfen versuchsweise vier Öfen erhalten sollte. Die Vorbereitungen zur Fabrikation von elektrolytischen Zählern, wie sie aufgrund eines Lizenzabkommens mit der Reason Manufacturing Co in Brighton (England) nunmehr hergestellt werden sollten, standen vor dem Abschluß. Die Papierfabrik in Tannroda war seit dem Mai 1907 auf normalen Tagesbetrieb gebracht worden und die neu eingerichtete Fabrikation ging glatt vonstatten; auch das Sägewerk Tannroda hatte seit dem April 1907 die normale Fabrikation aufgenommen. Aus dem nach dem Juni 1909 abgeschlossen Bericht Kletts über das Geschäftsjahr vom 1. April 1908 bis dahin 1909 sind im vorliegenden Zusammenhang folgende Angaben von Interesse: Zugang zum Gebäudekonto 1908/09 in Höhe von 318 500 Mark, darunter u. a. die neue Zylinderhütte V mit vier Öfen. Zugang zum Ofenkonto 1908/09 in Höhe von 92 500 Mark, darunter ein Spezialofen in der Röhrenhütte, ein kleiner runder Anwärmofen in der Gerätehütte; in der Zylinderhütte: je vier Schmelz-, Wärm- und Kühlöfen, Kanäle, Gaserzeuger und Schornstein.

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Bemerkungen zu den Betriebskonten: In der Abteilung Optik seit Herbst 1908 erheblich ergiebigere Fabrikation, da die Regulierung der Kühlung des Hafenglases größere Blöcke für die Weiterverarbeitung ergibt, was besonders für das in großen Stücken verlangte (Borosilikat-)Prismenkron von Bedeutung ist. In der Abteilung El soll die Herstellung von Hageh-Lampen wegen Transportgefahr und unsicherem Funktionieren eingestellt werden. Uviol-Lampen sollen in mäßigen Umfang weiter hergestellt werden. Die Herstellung von Elektrizitätszählern ist nach einem Abkommen mit Reason-Manufacturing Co aufgenommen worden (und die hergestellten Stia-Zähler sind im Juni 1909 vorläufig auf 3 Jahre von der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt zur Beglaubigung zugelassen worden). Zur Abteilung Chemie: „Mit Rücksicht auf die bisher ausschließliche Abhängigkeit von der englischen ‚Borax Consolidated‘ und die durch diese Gesellschaft alljährlich den Abnehmern auferlegten Preis-Steigerungen hat sich das Glaswerk der in diesem Jahr gegründeten ‚Dellarocca Chemische Fabriken AG‘ in Berlin mit einem Kapital von 200 000 M angeschlossen, welches Fundstellen von Borkalk in Chile ausbeuten soll. Das Unternehmen erscheint aussichtsreich, vielleicht ist dadurch auch Verständigung der neuen Gesellschaft mit der Borax Consolidated in Aussicht. Da diese auf Kosten der Käufer gehen würde, will sich das Glaswerk wenigstens den Vorteil solcher Verständigung durch Aktienbesitz sichern.“ Zur Papierfabrik Tannroda: Ausscheiden von W. Müller – Coswig aus der Papierfabrik ab 6. Januar 1909. Der Betriebsleiter Moritz wird auf drei Jahre mit 5 % am Gewinn beteiligt. Zum Sägewerk Tannroda: Hoher Verlust von 19 400 Mark (gegen 6 000 Mark im Vorjahre), bedingt durch ungünstige Holzeinkäufe des bisherigen Betriebsleiters. Daher Verpachtung des Werks ab 1. April 1909 an einen tüchtigen Fachmann. Zu dem Unternehmen Della-Rocca A.G. bemerkt ein unter dem 13. Mai 1909 von Vollert der Stiftungsverwaltung in Weimar zugeschriebener Sonderbericht: „Eine englische A.G., die über ein Aktienkapital von 4 800 000 Pfund verfügende ‚Borax Co.‘, hat fast alle bekannten Borax-Vorkommnisse aufgekauft und den Preis für die Tonne allmählich von 6 auf 10 ¼ Pfund gesteigert. Um den deutschen Borkalk-Konsum von dem Monopol dieser AG unabhängig zu machen, hat die Berliner Handelsgesellschaft eine AG zur Ausbeutung einer in Chile in den Vorbergen der Anden gelegenen BorkalkGrube Della-Rocca gebildet. Es sind zunächst 2 000 Aktien zu je 1 000 M ausgegeben. Das Kapital von 2 000 000 M soll zur Verlängerung der Tall-Tall-Bahn von Cacina nach Della Rocca verwendet werden. Die Bahn hat eine Länge von 120 km und muß eine Paßhöhe von 3 900 m überwinden. Der Bau wird von der Tall-Tall-Bahn ausgeführt. Zur Inbetriebnahme des Borkalkwerkes sind weitere 2 000 000 M nötig, die geborgt werden sollen. Die Rentabilität des Unternehmens ist angeblich von zuverlässigen Sachverständigen, insbesondere auch von einem Geologen festgestellt. Da die Firma Schott einen Borkalkverbrauch von 200 000 M jährlich hat, also 1/10 des gesamten deutschen Konsums, der 2 Millionen beträgt, so hat sie auch 1/10 der Aktien mit 200 000 M übernommen. Der Prokurist Klett ist in den Aufsichtsrat der Gesellschaft gewählt. Bis jetzt sind 50 000 M auf die Aktien eingezahlt. Es ist damit zu rechnen, daß nach Fertigstellung der Bahn das Aktienkapital verdoppelt, die Firma Schott & Gen. also nochmals 200 Aktien zu je 1 000 M zu übernehmen haben wird.“

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Darüber, wie das Glaswerk eingerichtet war, als es am 3. Juli 1909 inmitten des günstigsten unter allen vorausgegangenen Geschäftsjahren sein 25jähriges Bestehen festlich begehen konnte, sind wir aus der oben erwähnten Festschrift von Dr. Eberhard Zschimmer bis in alle Einzelheiten unterrichtet. Nach der von Zschimmer auf S. 149 seiner Schrift gegebenen Übersicht umfaßte es damals außer den eigentlichen Erzeugungsstätten der fertigen Produkte (d. h. den acht Glashütten mit 98 Häfen, dem Gemengehaus und den Räumen für Glasbearbeitung) noch zwei Kraftstationen für elektrischen Strom, eine Tonfabrik mit Mühle, Hafenstuben und Steinstube, eine Maschinenfabrik mit Schmiede, Schlosserei und Klempnerei, eine chemische Fabrik, die Papierfabrik und die Dampfsägerei mit Kistenfabrik in Tannroda, eine Tischlerei, eine Gasanstalt für Leuchtgas, eine ununterbrochen von mehreren Motorwagen befahrene Kleinbahn zum Transport der Rohstoffe und Fabrikate (also Beleuchtungsgläser, des chemischen Geräteglases und der glaselektrischen Artikel) die Packräume und die Lagerräume mit einem Kohlesilo. Nach Kletts Jahresbericht über das Geschäftsjahr 1909/10 waren in diesem ansehnlichen Komplex am 1. April 1910 insgesamt 60 wissenschaftliche und kaufmännische Beamte, 1 120 Personen im Betrieb und 15 in der Papierfabrik Tannroda beschäftigt. Das Grundstückskonto weist in diesem Jahr einen Zugang von 31 000 Mark auf, das Gebäudekonto einen solchen von 145 000 Mark (wegen Anbau an die Steinmacherei und den Baubeginn einer Gasanstalt). Weiter erhöhten sich: das Konto betr. Elektrische Zentrale um 63 000 Mark, das Ofenkonto um 93 000 Mark (für sechs Kühlöfen in der Zylinderhütte I und 26 in der Zylinderhütte V, ferner zwei Vertikalöfen in der Gasanstalt), das Maschinenkonto um 181 000 Mark (für Knet- und Mischmaschinen in der Steinmacherei, ferner für Lokomotive, Gleise und rollendes Material für die elektrische Bahn). In der Optik ermöglichten die 1906 begonnenen Versuche zur elektrischen Kühlung von Objektivscheiben nun völlig spannungsfreie Herstellung von Scheiben bis 30 cm Durchmesser. Eine neue Rohrhütte sollte im Herbst 1910 in Betrieb genommen werden. Eine rationelle Anfertigung von Elektrizitätszählern war noch nicht erreicht worden. Weiter meldet der Bericht zur Della-Rocca Frage: „Die Dellarocca Co. mit einem Aktienkapital von 2 000 000 Mark (woran Jena mit 200 000 Mark beteiligt ist) hat bisher keine befriedigende Entwicklung genommen. Das für 600 000 Mark erworbene Borkalkfeld ist wegen unüberwindlicher Schwierigkeiten des erforderlichen Bahnbaues zunächst nicht abbaufähig. Über die Hälfte des Aktienkapitals ist ohne die Möglichkeit lukrativer Verwertung festgelegt. Daher sind in der Eingangsbilanz 100 000 Mark abgeschrieben worden.“ Über eine neu errichtete Gasanstalt heißt es ebenfalls: „Infolge von Schwierigkeiten betreffend Lieferung von genügender Menge Leuchtgas aus der Städtischen Gasanstalt ist im Geschäftsjahr 1909/10 eine betriebseigene Gasanstalt mit einer Produktionsfähigkeit von 2 000 000 cbm im Jahr nach dem Vertikal-Retorten-System errichtet worden. Anlagekosten: ca. 250 000 Mark (davon 14 000 Mark für Grundstücke und Pflasterung). Die Anstalt berechnet, als besondere Betriebsabteilung, dem Betrieb das Gas zum gleichen Preis wie die Städtische Gasanstalt. In der Papierfabrik Tannroda sollte nach Ausführung der von der Bezirks-Direktion vorgeschriebenen und nach Angaben von Prof. Dr. Gärtner auszuführenden Kläranlage die Arbeit in Tag- und Nachtschichten vorgenommen werden, wovon man sich eine Produktionssteigerung und eine bessere Ausnützung der Fabrikationsmittel versprach.

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Aus einer vom 2. Juni 1910 datierten Aktennotiz geht hervor, daß in einer Vorstandssitzung der Stiftungsbetriebe u. a. beschlossen wurde, dem Geschäftsangehörigen Voß für die Erfindung des Fraktursalzes bei der Borsäure-Fabrikation eine Remuneration von 3 000 Mark und dem (am 1. April 1907 in das Glaswerk eingetretenen) Ingenieur Josef Pötzl eine solche von 1 000 Mark wegen des Neubaus der Gasanstalt zukommen lassen. Beide Betriebe hatten im Geschäftsjahr 1909/10 erhebliche Gewinne abgeworfen. Aus Kletts Geschäftsbericht über das Jahr vom 1. April 1910 bis dahin 1911 ist folgendes zu entnehmen: Optische Abteilung: „Die Vergrößerung (durch dritten Ofen) in der alten optischen Hütte hat sich als unzureichend erwiesen, daher ist die Errichtung einer kurz vor dem 31. März 1911 in Betrieb genommenen zweiten optischen Hütte nötig geworden, wodurch sich die Arbeiterzahl von 33 auf 56, die Schmelzungen von 400 auf 600, die Produktion an verkäuflichen Plattenglas von 75 auf 125 Tonnen erhöhen. – Die 1909/10 aufgenommenen Versuche betreffend elektrisches Kühlverfahren für große astronomische Objektivscheiben haben sich bewährt durch Ablieferung eines großen Scheibenpaares von 65 cm Durchmesser für Hamburg. Das Verfahren soll durch automatische Temperaturregelung technisch weiter vervollkommnet werden. Die großen elektrischen Kühlapparate sollen infolge neuerlicher reger Nachfrage nach sehr großen astronomischen Scheiben im kommenden Jahr (1911/12) von 2 auf 4 erhöht werden. Geräte: Der Konkurrenz durch die Rheinische Glashütte begegnet Jena durch die Einführung eines verbesserten und gleichzeitig verbilligten Glases. Zylinder: Die Jenaer Spezialmaschinen ermöglichen außerordentlich rationelle Herstellung, also günstiges Verhältnis zwischen Selbstkosten und Verkaufspreis. Die wachsende Nachfrage nach Jenaer Beleuchtungsglas läßt befürchten, daß das Glaswerk – infolge der 1909/10 durchgeführten Einschränkung der Produktion um eine Hütte – in die neue Saison mit ungenügendem Lager-Vorrat eintritt. Der Betrieb soll dann so weit als möglich ausgenützt werden, u. a. durch Vermehrung der großen Häfen sowie durch einen Versuch mit Wannenöfen. Abteilung für elektrotechnisches Glas: Rückgang der Produktion von Quecksilberdampflampen und Gleichrichtern, dagegen Steigerung der Herstellung von Zählern durch rationellere Gestaltung derselben. Herstellung der Zähler nunmehr, seit dem Frühling 1911, in einem Neubau des Zählerhauses, wo im 2. und 3. Stockwerk die Zählerfabrikation untergebracht ist. Es wird versucht, an Stelle des teuren und immer schwerer zu beschaffenden Iridiums eine neue Metallverbindung einzuführen, um der Verteuerung der Herstellungskosten und des Verkaufspreises vorzubeugen. Um die Konkurrenz des auf ähnlichen Prinzip beruhenden, dem Ingenieur Hatfield für England, Frankreich, Deutschland und USA patentierten Bromzählers auszuschalten, hat Jena gegen Abfindung Hatfields mit 10 000 M dessen Patent für Deutschland und Frankreich übernommen. Chemische Fabrik: Die Dellarocca Gesellschaft hat den Versuch gemacht, mit der Londoner Borax Consolidated ein Abkommen zu treffen. Ein solches Abkommen, das eine anderweitige Betätigung der Dellarocca AG lahmgelegt hätte, wäre nur möglich gewesen, wenn die der AG angehörigen Verbraucher von Borkalk oder Borax sich auf 10 Jahre mit der Eindeckung ihres Bedarfs an die Londoner Borax Consolidated gebunden hätten. Es würde dann von dieser der Dellarocca Co. eine Abgabe für die Bezüge der betreffenden Bor-Verbraucher geleistet worden sein, die für Jena als Aktionär eine Jah-

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reseinnahme von 6 000 – 10 000 Mark erbracht hätte. Diese Abfindung erschien Jena als zu unbedeutend, zumal sich die Möglichkeit eröffnet zu haben scheint, von einer der Borax Consolidated nicht tributpflichtigen kalifornischen Bezugsquelle ein für Jena geeignetes Bormaterial zu erhalten. Die Verhandlungen der Dellarocca und der Borax Consolidated sind daraufhin zunächst abgebrochen worden. In der Papierfabrik Tannroda ist seit dem 3. Oktober 1910 Tag- und Nachtbetrieb eingeführt worden, wodurch rationellere Ausnutzung der Betriebsmittel erzielt wurde.“ Leider haben sich der von Klett über die beiden Geschäftsjahre vom 1. April 1911 bis dahin 1913 erstattete Bericht mit den üblichen Erläuterungen zur Inventur und Bilanz in den Akten des Stiftungskommissars bzw. des Glaswerks selbst nicht mehr auffinden lassen, sodaß wir über die in diesen beiden Jahren im Glaswerk vorgenommenen Erweiterungsbauten und Rationalisierungsmaßnahmen nicht ebenso eingehend unterrichtet sind wie über die vorangegangenen und die beiden nächstfolgenden Geschäftsjahre vom 1. April 1913 bis zum 1. April 1915. Umso wertvoller sind die Ergänzungen, die wir einem Erinnerungsbericht „Jenaer Glas und Ofenbau“ entnehmen können, den der im Februar 1911 in das Glaswerk eingetretene Hütten-Ingenieur Richard Hirsch anläßlich seines 75. Geburtstages (d. h. am 10. April 1957) in der Werkszeitschrift des Glaswerks Schott & Genossen zu Mainz (Jg. 1957, Nr. 7, S. 8 ff.) veröffentlicht hat. Es heißt darin u. a.: „Als der Verfasser im Februar 1911 in das Jenaer Glaswerk eintrat, wo ihm von Dr. Otto Schott die hüttentechnische Leitung des Betriebs übertragen worden war, fiel ihm besonders der große Verschleiß an Schmelzhäfen auf. Es gab viel Hafenbruch, sodaß fast alle 8 Tage die Häfen ausgewechselt werden mußten, ein für den üblichen Glashüttenbetrieb ungewöhnlicher Zustand. Die Ursache war natürlich die für die Jenaer Gläser erforderliche hohe Temperatur, zumal das Schmelzen in verdeckten Häfen erfolgen mußte. Dem Hüttenmann drängte sich sofort der Gedanke auf, daß für den größten Teil der Jenaer Gläser das Schmelzen in Wannenöfen das Gegebene sein müßte. Solche Wannenöfen waren zu jener Zeit erst in geringem Umfange für die Fensterglas- und Flaschenfabrikation in Gebrauch, während sie für Hohlglas noch kaum verwendet wurden. Der Vorschlag, einen Versuch mit dem Schmelzen in Wannen zu machen, wurde von Dr. Otto Schott sofort gut geheißen, und bereits im September 1911 kam die erste Versuchswanne in der oberen Rohrhütte in Betrieb. Sie war bereits als kontinuierliche Wanne mit Hufeisenflamme gebaut und hatte 12 qm Oberfläche bei 5 m Länge und 2,5 m Breite. Fünf Arbeitsöffnungen waren vorgesehen, also immerhin schon für den ersten Versuch recht beachtlich. Die Wanne wurde zunächst mit dem damals für die Hafenöfen gebräuchlichen Zylinderglassatz mit etwa 20 – 22% Borsäure beschickt. Die Schmelze ging von Anfang an überraschend gut. Einige Schwierigkeiten verursachte am Anfang das geringe spezifische Gewicht des Glases von 2,2. Die damals in der Glasindustrie üblichen Vorrichtungen zum Ausarbeiten des Glases, wie Brücken Kränze und Schiffchen aus Schamotte, wollten nicht auf dem Glase schwimmen. Durch geeignet geformte, auswechselbar in der Wanne hängende, sogenannte verdeckte Stiefel aus Schamotte wurde diese Schwierigkeit behoben. Der Erfolg dieser Versuchswanne war so groß, daß sie in kurzer Zeit bereits einen Teil der Zylinderfabrikation dauernd aufnehmen konnte. Nach halbjährigem Betrieb konnte deshalb an den Bau einer großen Betriebswanne gegangen werden. Diese ebenfalls mit Hufeisenflamme gebaute Regenerativwanne hatte eine auch nach unseren heuti-

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gen Begriffen recht beträchtliche Größe von 56 qm Oberfläche, bei 10 m Länge und 6 m Breite. Sie besaß 15 Stiefelöffnungen und sollte in dreifacher Schicht arbeiten. Die Wanne kam Mitte 1912 in Betrieb und nahm mit einem Schlage die gesamte Produktion der damaligen 3 Zylinderhütten mit 9 Hafenöfen und etwa 45 Glasmacher-Werkstellen auf. Das bedeutete natürlich eine völlige Umstellung des Betriebes. Die Leistungen der Glasmacher stiegen stark an, sie hatten nun genügend Glasmasse zur Verfügung und konnten ihre Arbeitszeit voll ausnützen, Hüttenneubauten waren jetzt nicht mehr nötig. Die leer gewordenen 3 Hütten standen für die späteren Erweiterungen bereit. Nachdem der Betrieb dieser großen Wanne ebenfalls voll befriedigte, hatte Dr. Otto Schott die Möglichkeit erhalten, ganz wesentliche Verbesserungen an der Glaszusammensetzung vorzunehmen. Es gelang schon damals, ein dem heutigen Duran- und Supraxglas ähnliches Glas zu erschmelzen. Wenn dabei manchmal gleich etwas zuviel getan wurde und einige Blasenschwierigkeiten auftraten, beruhigte Dr. Otto Schott mit der Bemerkung: ‚Da haben wir wahrscheinlich das Glas zu gut machen wollen, sorgen Sie sich deswegen nicht, das werden wir bald haben.‘ Durch kleine Gemengeänderungen wurden dann auch diese Schwierigkeiten behoben. In verhältnismäßig kurzer Zeit wurde nun der gesamte Hüttenbetrieb mit Ausnahme der Optik auf Wannenöfen umgestellt. So kam noch im November 1912 eine kontinuierliche Wanne für Milchglasglocken und eine Tageswanne für das Normalglas mit ausgezeichnetem Erfolg in Betrieb, etwas später Wannen für Geräteglas und weitere Röhrengläser. Es war mit den Wannen nicht nur eine rationellere Fertigung, sondern auch eine wesentliche Verbesserung fast aller Jenaer Gläser möglich geworden. Die Schmelztemperaturen konnten gesteigert werden, ohne daß mit Hafenbruch gerechnet werden mußte. Es entstanden neue Gläser, die bisher nicht hergestellt werden konnten. Es mag hier vermerkt werden, daß wir in den ersten Jahren des Wannenbetriebes mehrfach Besucher aus Amerika von den Corningwerken im Jenaer Werk hatten. Die Herren zeigten großes Interesse an den Wannen und waren überrascht, daß das Schmelzen unserer Gläser im Wannenofen überhaupt möglich war. Es liegt nahe zu vermuten, daß das Gesehene mit dazu beigetragen hat, uns in und nach dem Ersten Weltkrieg einzuholen. Auch für die optische Glasschmelzerei konnte der Ofenbau durch Verbesserung der Feuerführung und Übergang zu dem heute noch gebräuchlichen sogenannten Bienenkorbofen wesentliche Fortschritte erreichen. Nebenher ging die Umgestaltung der Gaserzeuger an Stelle der veralteten, gemauerten Siemensgaserzeuger. So kamen 1912 bereits ein Czerny- und ein HilgerDrehrostgaserzeuger in Betrieb, und bald darauf konnte die Zentralisierung der gesamten Gaserzeugung mit Gareinigungsanlage in Angriff genommen werden. Der Krieg machte 1914 unseren weiteren Planungen ein Ende. Er brachte bald sehr starke Einschränkungen für die Fabrikation mit sich. Viele Mitarbeiterzogen ins Feld. Die für die meisten Jenaer Gläser nötige Borsäure war kaum noch zu beschaffen. Das Schmelzen fast borfreier Ersatzgläser, die einigermaßen ihren Zweck erfüllen konnten, erforderte besonders hohe Temperaturen. Dem klaren Blick eines Otto Schott, dessen rasche Entschlußkraft und dessen Aufgeschlossenheit für Verbesserungen die Arbeit für seine Mitarbeiter zur Freude werden

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ließ, ist es zu verdanken, daß diese Kriegsschwierigkeiten überwunden werden konnten, ohne daß das Werk wesentlichen Schaden erlitten hätte.“ Als Ergänzung zu dieser ebenso sachverständigen wie anschaulichen Schilderung erfahren wir aus den Berichten Kletts über die beiden Geschäftsjahre 1913/14 und 1914/15, daß im ersteren Jahre für Ofenbauten im Glaswerk 258 450 Mark, im letzteren 303 405 Mark verausgabt worden sind. U. a. wurden 1913/14 neu gebaut: 1 Wannenofen mit 11 Arbeitsstellen in der Zylinderhütte II (für 30 200 Mark) 1 Wanne mit 5 Arbeitsstellen in der Zylinderhütte II (für 17 000 Mark) 8 Kühlöfen und 3 Kühlröhren in der Zylinderhütte II (für 9 600 Mark) die Generator-Anlage II (Teil) (für 11 700 Mark) 2 Brennöfen (für 24 000 Mark) 2 Wannenöfen in der Rohrhütte I (für 5 600 Mark) die Generator-Anlage I (Rest) in der Rohrhütte II (für 59 200 Mark) mit Gasleitung (für 27 000 Mark) 1 Tafelglas-Versuchsofen (für 4 000 Mark) 1 Schmelzofen in der Optischen Hütte II (für 3 000 Mark) 34 Kühl- und 2 Senköfen in der Optischen Hütte III (für 51 000 Mark) Kanäle in der Optischen Hütte III (für 9 000 Mark) Auf dem Maschinenkonto derselben Rechnung finden wir u. a. auch vermerkt eine Ausgabe von 5 600 Mark für eine Rohglaswalzmaschine zu Versuchszwecken. In den Erläuterungen zu der Produktion in der Abteilung Optik wird erwähnt, daß der bis dahin erhebliche Schaden an unbrauchbar gewordenen Häfen nunmehr (also seit dem 1. April 1914) durch Neueinrichtungen so gut wie behoben sei und daß sich dadurch die Zahl der jährlichen Schmelzungen an optischem Glas von 980 auf 1 151 gesteigert habe. Vielleicht ist damit gemeint die an anderer Stelle der Mainzer Werkzeitung (S. 6) gemachte Mitteilung, daß im Jahre 1914 die 14 im Glaswerk befindlichen Einzelöfen zum Antempern der Häfen, die je zwei optische Häfen gefaßt hatten, durch einen neuen, auf dem Prinzip des Tunnelofens beruhenden Temperofen mit fahrbarem Herd ersetzt worden seien und daß diese Neuerung, durch die der Hafenbruch beim Antempern von 11 bis 13% auf 1 bis 2% reduziert und gleichzeitig eine gewaltige Kohlenersparnis erzielt worden sei, bei der späteren starken Steigerung der Produktion von optischem Glas außerordentlich bewährt habe. Wenn wir weiter in dem Klettschen Bericht über das Jahr 1914/15 beim Titel „Ofenkonto“ eine Ausgabe von 303 405 Mark verzeichnet finden, so dürfte unter der dabei mit vermerkten Ausgabe von 237 000 Mark für eine Generatoranlage die von Hirsch erwähnte Zentralisierung der Gasversorgung des Glaswerks gemeint sein. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die in dem Bericht über das Geschäftsjahr 1913/14 verzeichnete Ausgabe von 28 000 Mark für den Erwerb des oberhalb des Glaswerks am Lichtenhainer Weg (jetzt Otto-Schott-Straße) gelegenen Wohnhauses des 1910 verstorbenen Betriebschemikers Emil Grieshammer, das bis dahin von seiner Witwe bewohnt worden war. Ebenso enthält derselbe Bericht auch einen Posten von 21 451,65 M, die verausgabt worden waren für die Herrichtung des den Betriebsangehörigen zur Verfügung gestellten Turn- und Sportplatzes auf dem Forst. Über die Vorgeschichte dieses Platzes, der noch heute den Namen „Otto Schott-Platz“ trägt, erzählt in der oben erwähnten Erinnerungsschrift des Glaswerks aus dem Jahre 1935 ein älterer

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Werksangehöriger folgendes: „Es war im Jahre 1896. Damals gab es in den Hütten noch keine regelmäßigen Arbeitszeiten. Der Glasmacher konnte erst arbeiten, wenn das Glas in seinem Hafen durchgeschmolzen war. Die Arbeitszeit war auch viel länger als heute. Die jungen sportbegeisterten Werkskameraden konnten sich deshalb nicht an den festgelegten Übungsstunden der hiesigen Turnvereine beteiligen. Da erwirkte Meister [Josef] Schmidt bei Dr. Otto Schott, daß ihnen innerhalb des Werkes ein Platz zur Verfügung gestellt wurde. So wurde bald in gemeinsamer, fleißiger, freiwilliger Arbeit der erste Turnplatz unsers Werkes geschaffen. Aber das Werk wuchs und wuchs. Immer wieder mußte der Turnplatz dem Bau neuer Hütten weichen, viermal in 10 Jahren. Der letzte Turnplatz war nun schon außerhalb des Werkes gelegt, dahin, wo noch vor kurzem das Spukhäuschen an vergangene Zeiten erinnerte. Aber schon nach 3 Jahren mußte auch dieser mit sehr viel Fleiß und Schweiß erbaute Turnplatz dem Neubau unseres Güterbahnhofes geopfert werden. Da sich diese Turnplätze der Größe wegen nicht für Faustball eigneten, ging damals schon ein Teil des Werkvereins zur Ausübung dieses Sportes im Frühjahr und Sommer öfter mit dem Ball unterm Arm auf den Forst, um auf dem brachliegenden Gelände, das heute zum Otto Schott-Platz gehört, einen für die damalige Zeit recht zünftigen Faustball zu spielen. Anschließend wurde dann meist beim alten Ziege in Coppanz ‚Erholung‘ gesucht. Dieses Spielen im Walde hatte unser allverehrter Herr Dr. Otto Schott, bekanntlich ein großer Freund der Wanderungen im Forst, öfter beobachtet. So fand man bei ihm ein williges Ohr, als ihm der Plan vorgetragen wurde, den Turn- und Sportplatz unseres Werkvereins in den Forst zu verlegen. Fünf Hektar Land wurden gekauft, und auch der Plan für die Errichtung des ersten kleinen Häuschens wurde genehmigt. Das war im Jahre 1912. Aber Schwierigkeiten gab es immer noch genug. Einer der Feldbesitzer hatte den Verkauf verweigert, und so mußte ein großes Stück Wald abgeschlagen werden. Die eigentliche Bauzeit des Otto Schott-Platzes fällt in das Jahr 1913, eine Zeit, in der die Turner und Sportler mit Hacke und Schaufel zeigen mußten, daß sie auch mit diesen ‚Sportgeräten‘ umzugehen verstanden. Die Hingabe der einzelnen Werksangehörigen für den gemeinsamen Otto Schott-Platz war groß. Jedes Mitglied des Werkvereins pflanzte einen Baum. Diese Bäume mit ihren großen schattenspendenden Kronen bilden heute die herrliche Umrahmung des Otto Schott-Platzes. Mancher Eimer Wasser ist damals aus der Stadt den Berg hinauf gebracht worden. Die angebrachten Namensschilder an den einzelnen Bäumen sind längst verschwunden. Aber noch heute zeugen die kräftigen Stämme der Kastanien, Linden und Platanen, was freiwillige Gemeinschaftsarbeit der Werkskameraden zu leisten vermag. Durch den Krieg wurde die Weiterentwicklung des Otto Schott-Platzes gehemmt. Aber die Daheimgebliebenen haben das bereits Geschaffene gepflegt und erhalten und durch fleißige Arbeit, so gut es ging, vervollkommnet…“ Zur Durchführung der vorstehend geschilderten Verbesserungen und Erweiterungen des Glaswerks verwendeten die beiden Inhaber (d. h. die Stiftung und Schott) erhebliche (und zwar immer gleiche) Teile des jährlichen Reingewinns zur Erhöhung des Betriebskapitals. Wie wir oben gesehen haben, waren sie am Ende des Geschäftsjahres vom 1. April 1899 bis 1. April 1900 am damaligen Betriebskapital von 1 600 000 Mark mit je 800 000 Mark beteiligt. Wie sie dieses gemeinsame Betriebskapital, das ihnen nach dem Vertrag

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vom 17. November/28. Dezember 1891 nach wie vor mit 4% zu verzinsen war, in der Folgezeit (bis zum 1. April 1915) ständig im gleichen Verhältnis erhöhten, ergibt sich aus folgender Übersicht: Höhe des Betriebskapitals nach dem Stand vom: 31 März 1901 1 900 000 Mark 31 März 1902 2 200 000 Mark 1. Oktober 1902 2 700 000 Mark 31. März 1904 2 900 000 Mark 31. März 1906 3 000 000 Mark 31. März 1907 3 300 000 Mark 1. Oktober 1907 3 500 000 Mark 31. März 1909 4 300 000 Mark 31. März 1911 5 000 000 Mark 31. März 1914 6 000 000 Mark 31. März 1915 7 000 000 Mark Über die vom Glaswerk in der Zeit vom 1. Oktober 1900 an bis zum 1. April 1903 erzielten jährlichen Umsätze und Reingewinne enthalten die Berichte des Stiftungskommissars Vollert an die Stiftungsverwaltung folgende Angaben: Geschäftsjahr: Warenumsatz: Reingewinn: 1. Oktober 1900 bis 1. Oktober 1901 2 744 000 Mark 957 876,75 Mark 1. Oktober 1901 bis 1. Oktober 1902 3 000 000Mark 720 595,51 Mark 1. Oktober 1902 bis 1. April 1903 1 500 000 Mark 384 898,07 Mark Die Anhaben zu 1902/03 nach der Umstellung des Buchführung vom Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres vom 1. Oktober auf 1. April. Es folgen von dann ab jährliche Zusammenstellungen, die sich beziehen auf: a) die Jahresausgaben (ohne Berücksichtigung der Zinsen, Abschreibungen und Neuanschaffungen), b) den Betriebsüberschuß (zuzüglich des Gewinns an Zinsen sowie des Gewinns an der Chemischen Fabrik, abzüglich der unter a) genannten Jahresausgaben), c) den Unternehmergewinn (d. h. den Prozentsatz des bilanzmäßigen Reingewinns, bezogen auf die Lohn- und Gehaltszahlungen, d) den Nettogewinn (d. h. den Prozentsatz des Nettogewinns, der sich jeweils ergab durch Abzug von 9% vom Unternehmergewinn, nämlich von 7% als Rücklage für künftige Pensionszahlungen und 2% für etwa fällig werdende Abgangsentschädigungen). Aus diesen Zusammenstellungen und ihren Beilagen ergeben sich für die Zeit vom 1. April 1903 ab folgende Daten und Zahlen: Geschäftsjahr vom Warenausgang Jahresausgaben BetriebsBilanzmäßiger 1. April bis 31. März Überschuß Reingewinn 1903/04 2 804 653,14 M 1 858 886,98 M 945 766,17 M 778 181,79 M 1904/05 3 049 166,25 M 2 279 211,63 M 769 954,62 M 715 035,21 M 1905/06 3 320 700,00 M 2 470 047,77 M 888 030,77 M 846 021,82 M 1906/07 3 627 290,00 M 2 729 298,29 M 946 799,03 M 904 504,65 M 1907/08 4 413 500,00 M 3 189 474,22 M 1 256 226,63 M 1 338 102,55 M

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Leider sind in den Akten des Stiftungskommissars die entsprechenden Zusammenstellungen über die Geschäftsjahre vom 1. April 1908 bis zum 31. März 1910 nicht mehr vorhanden. Immerhin erfahren wir aus anderen Unterlagen über diese Zeit folgende Ergebniszahlen: Geschäftsjahr (vom 1. April bis 31. März) Warenumsatz Reingewinn 1908/09 4 768 500 Mark 1 145 191,78 Mark 1909/10 5 446 900 Mark 1 700 000,00 Mark Da innerhalb des letzteren Geschäftsjahres am 3. Juli 1909 gerade das 25jährige Bestehen des Glaswerks gefeiert wurde, konnten alle Werksangehörigen mit Genugtuung feststellen, daß sich von Jahr zu Jahr ein geschäftlicher Erfolg an den anderen gereiht hatte. Daß sich diese Aufwärtsentwicklung auch in den nächsten Jahren fortsetzen sollte, ergibt sich daraus, daß der gesamte Warenausgang des Glaswerks bis zum Ende des Geschäftsjahrs 1913/14 auf den Wert von 7 208 900 Mark oder, wenn man die Produktion der chemischen Fabrik und des Gaswerks noch hinzurechnete, auf 7 734 000 Mark angestiegen und daß in demselben Jahr auf das nunmehrige Kapitalkonto von 5 000 000 Mark (ausschließlich der Kapitalzinsen von 200 000 Mark) ein Rein-Überschuß von 2 128 000 Mark (= 42,7%) erzielt worden war. Dem Umstand, daß von den nächstfolgenden Geschäftsjahr acht Monate bereits in den Krieg fielen, ist es zuzuschreiben, daß die seit der Gründung des Glaswerks ununterbrochen nach oben gestiegene Kurve des Warenausgangs erstmalig eine Senkung erfuhr; denn der Umsatz verminderte sich von 7,7 Millionen nunmehr auf 6,1 Millionen. Ebenso ging der Reinüberschuß von dem inzwischen auf 76 000 000 (ausschließlich der Kapitalzinsen von 220 000 Mark) erhöhten Betriebskapital von 2,1 Millionen (= 42,7%) auf nur noch 1,4 Millionen (= 23,7%) zurück. Einen etwas eingehenderen Einblick in die allgemeine geschäftliche Entwicklung des Glaswerks in den Jahren 1910/11 bis 1914/15 erhalten wir aus der nachfolgenden Zusammenstellung, die Klett seinem nach dem 10. Oktober 1915 dem nunmehrigen Stiftungskommissar Dr. Ebsen übergebenen Bericht über das Geschäftsjahr 1. April 1914 bis 1. April 1915 als Anlage „Übersicht über die gesamte Gewinn- und Verlust-Rechnung der Firma Schott & Genossen, Glaswerk Jena in den Geschäftsjahren 1910/11 bis 1914/15“ beigefügt hat (Angaben in Mark): Geschäftsjahr 1910/11 1911/12 1912/13 1913/14 1914/15 Jahresumsatz: 6 174 300 5 582 000 7 191 900 7 208 900 5 779 000 --------------------------------------------------------------------------------------------------------Betriebsüberschuß: 2 485 000 2 534 000 2 881 000 2 998 000 2 730 000 Zinsen, Miete, Pacht 39 000 34 000 39 000 37 000 39 000 Besondere Einnahmen ----11 000 ----Zusammen 2 524 000 2 568 000 2 931 000 3 035 000 2 780 000 Hiervon ab: Abschreibungen 293 000 363 000 369 000 425 000 374 000 Kapitalzinsen 200 000 200 000 200 000 200 000 220 000 Pensionsbeitrag 91 000 101 000 109 000 110 000 84 000 Sonderzahlung 93 000 116 000 106 000 107 000 105 000 Rückstellungen ----38 000 21 000 453 000

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Kriegsaufwendungen --------113 000 Verschiedenes 7 000 --10 000 45 000 3 000 ------------------------------------------------------------------------------------------------------------Rein-Überschuß: 1 841 000 1 787 000 2 092 000 2 128 000 1 424 000 Nicht minder wertvoll als die vorstehende Zusammenstellung ist eine zweite, von Klett dem gleichen Geschäftsbericht über das Geschäftsjahr 1914/15 des Glaswerks beigefügte, weil sie uns einen klaren Einblick gibt in die Produktion und den geschäftlichen Erfolg der einzelnen Betriebsabteilungen des Glaswerks während des Zeitraums vom 1. April 1910 bis zum 31. März 1915. Schon ein flüchtiger Blick auf die in der Tabelle enthaltenen Prozentzahlen, welche die Beziehung des in jeder Betriebsabteilung erzielten Rein-Überschusses zu dem in ihr erzielten Umsatzwert ausdrücken, läßt erkennen, daß das Zylindergeschäft trotz seines gewaltigen Umfangs bei weitem nicht so ertragreich war als das optische Geschäft. Auch lassen sich die charakteristischen beginnenden Einwirkungen der Kriegswirtschaft auf die verschiedenen Produktionszweige schon deutlich an den die Zylinder-Produktion betreffenden Prozentzahlen erkennen, obwohl sich die Zusammenstellung nur auf die ersten acht Monate des Weltkriegs mitbezieht. Auch diese Zusammenstellung ist daher wichtig genug, um sie im vollen Umfang hier folgen zu lassen. Sie lautet: Betriebskonten 1910/11 bis Kriegsjahr 1914/15 [in Mark] a) gesamte Herstellungskosten b) Vorrat + oder – c) Abschreibungen, Kapitalzinsen, Pensions-Beitrag, besondere Jahreszahlungen, Kriegsunkosten d) Rein-Überschuß e) Prozentzahl vom Umsatz 1910/11 Optik Umsatz 1 056 000 a) 533 000 b) + 8 000 531 000 c) 89 000 d) 442 000 e) 42% Rohr Umsatz a) b) c) d) e)

770 000 425 000 – 2 000 82 000 261 000 34%

1911/12

1912/13

1913/14

1914/15

1 071 000 702 000 + 3 000 372 000 86 000 286 000 26%

1 396 000 800 000 + 13 000 609 000 94 000 515 000 36%

1 551 000 995 000 + 11 000 567 000 141 000 426 000 28%

1 823 000 836 000 – 1 000 986 000 177 000 809 000 44%

769 000 408 000 – 11 000 69 000 281 000 36,5%

792 000 417 000 – 2 000 90 000 283 000 35,5%

811 000 401 000 – 3 000 96 000 311 000 38%

754 000 351 000 + 2 000 96 000 309 000 41%

224 1910/11 Geräte Umsatz 538 000 a) 351 000 b) – 2 000 185 000 c) 52 000 d) 133 999 e) 25%

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

1911/12

1912/13

1913/14

1914/15

608 000 413 000 – 4 000 191 000 82 000 109 000 18%

764 000 485 000 + 20 000 299 000 82 000 217 000 28,5%

893 000 540 000 + 9 000 362 000 87 000 275 000 31%

551 000 361 000 --190 000 92 000 98 000 18%

3 770 000 2 274 000 + 19 000 1 415 000 414 000 1 001 000 26,5%

3 819 000 2 542 000 + 43 000 1 320 000 423 000 897 000 23,5%

3 512 000 2 116 000 – 8 000 1 388 000 428 000 960 000 27%

134 000 1 261 000 – 35 000 838 000 422 000 416 000 20%

El (Lampen, Gleichrichter) Umsatz 207 000 51 000 a) 261 000 47 000 b) + 63 000 – 6 000 9 000 2 000 c) 42 000 7 000 d) 33 000 9 000 e) 16% 16%

22 000 15 000 – 1 000 6 000 3 000 3 000 13%

19 000 11 000 – 4 000 4 000 3 000 1 000 8,5%

13 000 9 000 +1 000 5 000 3 000 2 000 16%

Elz (Elektr. Strom-Zähler) Umsatz --313 000 a) --271 000 b) --+ 21 000 63 000 c) --41 000 d) --22 000 e) --6,7%

397 000 279 000 + 23 000 141 000 38 000 103 000 26%

422 000 226 000 – 21 000 175 000 40 000 135 000 32,5%

504 000 229 000 – 13 000 262 000 50 000 212 000 43%

Chem (Chemische Fabrik) Umsatz 391 000 437 000 a) 318 000 361 000 b) – 18 000 – 16 000 55 000 60 000 c) 23 000 20 000 d) 32 000 40 000 e) 8% 9%

432 000 464 000 + 25 000 43 000 18 000 – 25 000 5,4%

392 000 467 000 + 100 000 25 000 17 000 8 000 2%

241 000 241 000 + 19 000 19 000 17 000 2 000 0,7%

Zylinder Umsatz 2 595 000 a) 2 276 000 b) – 34 000 1 285 000 c) 365 000 d) 920 000 e) 25%

225

ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS 1886–1914 – EINLEITUNG VON 1959

1910/11

1911/12

1912/13

1913/14

1914/15

Gas (Fabrik) Umsatz 137 000 a) 70 000 b) – 11 000 56 000 c) 20 000 d) 36 000 e) 26%

145 000 97 000 +1 000 49 000 25 000 24 000 16,5%

155 000 100 000 – 2 000 53 000 31 000 22 000 14%

134 000 102 000 + 8 000 40 000 31 000 9 000 6,5%

98 000 79 000 + 1 100 20 000 33 000 13 000 – 14%

In wie weitgehendem Maße die geschäftliche Entwicklung des Glaswerks auch in der hier zur Erörterung stehenden Betriebsperiode, ebenso wie in den ihr vorausgegangenen Perioden, Schotts Umsicht und kaufmännischen Weitblick zu verdanken war, findet man immer wieder bestätigt, wenn man die von Klett seinen jährlichen Inventur- und Bilanzberichten beigegebenen Erläuterungen oder auch die auf ihnen fußenden Geschäftsberichte des Stiftungskommissars Vollert unter diesem Gesichtspunkt überprüft. Zwar stehen uns von diesen Berichten gerade einige, die uns wahrscheinlich über die von Schott in schwierigen Situationen verfolgte Geschäftspolitik wertvollste Auskunft hätten geben können, nicht mehr oder, weil sie sich eines Tages vielleicht doch noch an unvermuteter Stelle wieder auffinden lassen könnten, noch nicht zur Auswertung zur Verfügung, doch haben sich neuerdings auch in Schotts schriftlicher Hinterlassenschaft eine ganze Reihe von Aufzeichnungen vorgefunden, durch die jene Lücken bis zu einem gewissen Grade geschlossen werden können, z. B. eine Reihe seiner Notizbücher mit eingehenden Mitteilungen über Geschäftsreisen, Verhandlungen mit Kunden, Besichtigungen technisch wichtiger Betriebe, ferner besonders seine zahlreichen und zum Teil sehr umfangreichen Berichte und Instruktionen, die er von seiner im Frühjahr 1911 quer durch die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika unternommenen zweiten Geschäftsreise an die verschiedenen Abteilungen und engeren Mitarbeiter im Glaswerk gerichtet hat. Es liegt in der Natur der vorliegenden Übersicht, daß aus dieser großen Fülle des überhaupt in Betracht kommenden Materials nur einige wenige, aber charakteristische Beispiele herausgegriffen werden können. Aus Vollerts Bericht an die Stiftungsverwaltung über das Geschäftsjahr 1. Oktober 1901 bis 1. Oktober 1902 geht z. B. hervor, daß sich damals der Wert des vom Glaswerk erzielten Umsatzes zwar insgesamt um 256 000 Mark gesteigert, der Reingewinn aber um 237 000 Mark vermindert hatte, weil neuerdings eine empfindliche Stockung im Absatz der Auerlicht-Zylinder insbesondere ein Rückgang der Bestellungen aus England eingetreten war. „Es scheint“, heißt es in Vollerts Bericht, „daß sich die englischen Gewerkschaften, welche die Herstellung von Glaswaren mittels Blasens in Formen verboten und dadurch die Konkurrenzfähigkeit der englischen Glasfabrikation herabgemindert haben, nunmehr eines Besseren besonnen haben. Auch der sich in England seit dem Südafrikanischen Kriege wieder mehr geltend machende Chauvinismus scheint der Einfuhr deutscher Waren größere Schwierigkeiten zu bereiten.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Auf dem Gebiet der Bereitung optischen Glases wird neuerdings bemerkbar, daß auch anderwärts – mit welchem Erfolg bleibt abzuwarten – Versuche unternommen werden, solches herzustellen und zu vervollkommnen.“ Zur Wiederbelebung der Geschäfte zog Schott, wenn auch nicht für sofort, so doch im Hinblick auf nicht all zu ferne Zeit eine weitere Herabsetzung der Zylinderpreise in Erwägung. Vor allem aber dachte er daran, im Glaswerk nunmehr auch die Fabrikation von schwer zerbrechlichen Grubenzylindern energisch zu betreiben, um so das Jenaer Zylinderglas einem zusätzlichen und geschäftlichen Erfolg versprechenden Verwendungszweck zuzuführen. So wurden aus dem im Jahr 1901/02 erzielten Reingewinn von 721 000 Mark nicht weniger als 500 000 Mark darauf verwendet, um das Betriebskapital im Glaswerk vom 1. Oktober 1902 ab von 2,2 Millionen auf 2,7 Millionen zu erhöhen. Die aus dieser Einlage miterbaute Zylinderhütte stand zwar zu Ende des Jahres 1902 noch unbenutzt, weil die Zylinderfabrikation zunächst noch weiterhin zurückgegangen war. Gleichwohl wurde von Schott bereits damals schon wider eine weitere, auf 150 000 Mark Kosten veranschlagte Schmelzhütte für optisches Glas und Grubenzylinder geplant. We günstig sich diese Planung in der Folgezeit auswirken sollte, geht aus den folgenden Berichten hervor. Über die Zeit vom 1. Oktober 1902 bis zum 1. April 1903 konnte Vollert der Stiftungsverwaltung u. a. berichten: „Die stetige günstige Entwicklung der Firma hat fortgedauert. Die Befürchtung des Dr. Schott, daß die Preise einer nochmaligen Herabsetzung zu unterwerfen seien, hat sich nur hinsichtlich der glatten Zylinder bewahrheitet. Im übrigen haben die Preise gehalten, ja z. T. sogar erhöht werden können. Als Absatzgebiet hat namentlich auch, trotz des hohen Eingangszolles (40% ad valorem), Amerika erobert werden können. Augenblicklich liegen trotz der jetzt regelmäßig stilleren Zeit so viele Aufträge vor, daß die Firma ihnen nur mit Anspannung aller Kräfte genügen kann.“ Aus einem weiteren Bericht Vollerts vom 25. Januar 1905, der sich zwar im wesentlichen auf das Geschäftsjahr vom 1. April 1903 bis dahin 1904 bezieht, aber auch schon Abschlußergebnisse über die Gesamtproduktion im Kalenderjahr 1904 enthält, erfahren wir über den Geschäftsgang während dieser Zeit folgendes: „[…] bei der Firma Schott & Gen. war das letzte Geschäftsjahr […] ein günstiges. Der Reingewinn betrug 778 000 M. Davon gebühren der Carl Zeiss-Stiftung 389 000 M, Gesamtabsatz 2 768 000 M. Es wurden umgesetzt: In optischem Glas 183 000 M, in Wasserstands-, Thermometer- u. a. Röhren 296 000M, in Geräteglas 182 000 M, in Zylindern 2 107 000 M. Seit dem 1. April 1904 hat der Gesamtabsatz noch weitere Steigerung um 18% erfahren, woran Optisches Glas mit 36, Röhren mit 24, Geräte mit 4 und Zylinder mit 7% beteiligt waren. Im Kalenderjahr 1903 wurden 11 600 000, in 1904 15 000 000 Stück Zylinder angefertigt. Abgesetzt wurden 1903: 13 000 000, 1904: 15 000 000 Stück. An der Steigerung des Absatzes an Zylindern und Röhren war – trotz hohen Zolles – vornehmlich Nordamerika beteiligt. Hier stieg die Zylinderausfuhr von 115 000 M im Jahre 1903 auf 570 000 M in 1904. In Amerika beginnen die Zollbehörden mit Schikanen, die noch nicht beseitigt werden konnten. Die Produktion hatte in den beiden letzten Jahren Mühe, mit der Nachfrage Schritt zu halten. Nur im Geräteglas trat in letzter Zeit geringe Überproduktion ein […]“ und an anderer Stelle: „[…] Der in Italien geführte Prozeß der Fir-

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ma Schott wegen Verletzung des Lochzylinder-Gebrauchsmusters ist noch nicht entschieden.“ Wie bereits oben vermerkt, hatte das Geschäftskapital der beiden Stiftungsbetriebe mit Hilfe des erwähnten Jahresgewinnes mit Wirkung vom 1. April 1904 aber als um 200 000 Mark (auf nunmehr 2 900 000 Mark) erhöht werden können. Hierzu ist aus dem Bericht Kletts über den Geschäftsgang im Kalenderjahr 1904 ergänzend noch folgendes hervorzuheben: „In [der Abteilung] Zil [d. i. Zylinder] war vor Eintritt in die Saison im August [1904] eine etwa 10%ige Preisermäßigung eingetreten. – Es sind Vorarbeiten im Gange, um eine genauere Kalkulation der einzelnen Zylindersorten zu ermöglichen. – Der im Röhrengeschäft zu Tage getretenen Neigung zu Preisschleudereien seitens einiger Großhändler soll durch Festsetzung bestimmter Mindestverkaufspreise vorgebeugt werden, bei welcher Gelegenheit sich eine geringe Preisermäßigung als notwendig erweisen wird […].“ Über die geschäftlichen Ergebnisse des Jahres 1. April 1905 bis 1. April 1906 enthalten die Berichte Vollerts und Kletts folgende Angaben: Es betrug der Gesamtwarenausgang 3 320 700 Mark gegen 3 021 000 Mark im Vorjahr, also eine Steigerung um etwa 9,9%. Davon entfielen auf: Optisches Glas 373 000 Mark (also Steigerung um 44%) An der Steigerung waren Deutschland mit 50, England mit 20 und USA mit 10% beteiligt. Da die Nachfrage stärker war als die Produktionsfähigkeit des Werks, war Vergrößerung der Betriebseinrichtungen zu planen. Glasröhren 435 000 Mark (Steigerung ca. 16%), Geräteglas 233 100 Mark (Steigerung ca. 21%), Nachfrage zeitweise die Produktionsfähigkeit übersteigend; an der Steigerung vor allem Deutschland und England beteiligt. Zylinder 2 279 000 Mark (Steigerung ca. 3,8% nach Wert und 10% nach Menge). Am Gesamt-Umsatz waren führend beteiligt: Deutschland mit 1 189 000 Mark, England mit 647 000 Mark, USA mit 483 000 Mark, Frankreich mit 347 000 Mark. „Danach ist der Warenausgang nach allen Absatzgebieten ziemlich gleichmäßig gestiegen, nur Rußland (–18 000), Belgien (–2 000) und namentlich Amerika (–153 000) weisen Rückgang der Aufnahme auf. Der Rückgang des amerikanischen Geschäfts fand namentlich in Zylindern statt und hängt zweifellos mit der Verteuerung der Waren durch die übermäßigen Eingangszölle (bis zu 50% des Werts) zusammen. In Wasserstandsröhren erhöhte sich zwar die Ausfuhr nach USA um 350%, erwies sich aber trotzdem als direkt unvorteilhaft, weil in USA nur 2 Weiten bezogen werden, deren Beschaffung einen unverhältnismäßigen Abfall ungangbarer, anderweit nicht abzusetzender Waren mit sich bringt. Preisermäßigungen mußten mit Rücksicht auf die Konkurrenz namentlich für Zylinder (5 – 10%) und Wasserstandsröhren vorgenommen werden. Der Reingewinn belief sich auf: 846 650,87 M (gegen 715 035,21 M im Vorjahre. Davon entfallen auf: Optisches Glas 145 695,33 M Glasrohre 113 208,80 M Geräteglas 66 699,27 M Zylinder 510 297,68 M endlich auf die Chemische Fabrik 12 120,73 M.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Als das Erzeugnis, an dem verhältnismäßig noch am meisten verdient wird, stellt sich danach immer noch das zeitweise etwas vernachlässigte optische Glas und nach diesem das Geräteglas heraus. In dem Rohrkonto war bisher auch die von der Firma seit einigen Jahren betriebene Fabrikation von Quecksilberdampflampen enthalten. Der Absatz dieser Lampen stellte sich im abgelaufenen Geschäftsjahr auf 24 700 M. Es soll nunmehr ein besonderes Konto („El“) über die Fabrikation geführt werden“. Im nächstfolgenden Bericht an die Stiftungsverwaltung meldet der Stiftungskommissar über den im Geschäftsjahr 1. April 1906 bis 1. April 1907 beim Glaswerk erzielten Umsatz und Gewinn folgendes: „Der Warenumsatz betrug in dem am 1. April 1907 abgelaufenen Geschäftsjahr ohne die Erzeugnisse der Chemischen Abteilung: 3 627 200 Mark (gegen 3 320 700 Mark im Vorjahre), was eine Steigerung von 9% ergibt. Hieran war Deutschland mit etwas über 2/5 beteiligt; die übrigen 3/5 gingen nach fast allen Kulturstaaten. England nahm für 735 000, Frankreich für 395 000, die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika für 318 000, der Orient für 54 000, Australien für 37 000 M auf. Die Ausfuhr nach Nord-Amerika nahm aus den im Vorbericht dargelegten Gründen abermals, und zwar um 65 000 M ab. Der Rückgang betraf ausschließlich Zylinder, die Ausfuhr der übrigen Erzeugnisse, namentlich die von Optischen Glas, erfuhr durchweg eine Steigerung.“ Von den Haupterzeugnissen des Glaswerks waren an dem Gesamt-Waren-Ausgang beteiligt: Optisches Glas mit 488 300 Mark (d. h. Steigerung gegen das Vorjahr 32%), Glasröhren mit 449 600 Mark (d. h. Steigerung gegen das Vorjahr 3%), Geräteglas mit 309 900 Mark (d. h. Steigerung gegen das Vorjahr 30%), Zylinder mit 2 310 000 Mark (d. h. Steigerung gegen das Vorjahr 1,4%). Der Reingewinn bezifferte sich auf 904 504,45 Mark (also Steigerung um 58 482,63 M). Er macht 27,7% des Kapitalkontos (von 3 300 000 M) aus, ein Verhältnis, das als besonders günstig bezeichnet werden muß. An dem Bruttogewinn des Glaswerks waren von dessen einzelnen Abteilungen beteiligt: die optische Abteilung mit 194 800 Mark (= ca. 40% vom Umsatz gegen 176 000 Mark im Vorjahr), die Rohrabteilung mit 198 700 Mark (= ca. 44% vom Umsatz gegen 159 000 Mark im Vorjahr), die Geräteabteilung mit 143 500 Mark (= ca. 46% vom Umsatz gegen 92 000 Mark im Vorjahr), die Zylinderabteilung mit 799 200 Mark (= 33,7% vom Umsatz gegen 799 000 Mark im Vorjahr). Über das Ergebnis des Geschäftsjahres vom 1. April 1907 bis zum 1. April 1908 ist aus Kletts Inventur- und Bilanzbericht folgendes zu entnehmen: Gesamtwarenausgang (ohne Chemische Fabrik): 4 413 500 Mark (gegen das Vorjahr eine Steigerung von ca. 22%), davon Ausfuhr 58%. Es betrug der Absatz (u. a.) nach Deutschland: 1 859 000, nach England: 791 000, nach Frankreich: 441 000, nach USA: 328 000, Italien: 148 000, Rußland: 120 000, Österreich-Ungarn: 109 000 + 35 000, Belgien: 105 000, Holland 90 000 usw. An Optischem Glas wurden verkauft Erzeugnisse im Wert von 548 100 (also eine Steigerung gegen das Vorjahr ca. 12%). Die besten deutschen Kunden waren: Zeiss mit 208 900 Mark (= 38% des Gesamtumsatzes), Goertz mit 79 000 Mark, Busch mit 16 000

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Mark, Heyde mit 8 900 Mark, Leitz mit 8 200 Mark, Fueß mit 4 200 Mark. In letzter Zeit war eine Verminderung der Nachfrage zu bemerken. An Röhrenglas waren verkauft worden Erzeugnisse im Wert von: 517 000 Mark (also gegen Vorjahr Steigerung von ca. 15%). An der Zunahme war vorwiegend Deutschland beteiligt. Zurückgegangen war die direkte Ausfuhr von Wasserstandsröhren nach USA, teils bedingt durch zu große Einkäufe in früheren Jahren, teils durch Einfuhr auf dem Weg des Zwischenhandels. Bei den Geräten betrug der Absatz 394 500 Mark (d. h. Steigerung um ca. 27%). An dem Mehrabsatz war am meisten Deutschland beteiligt, dann USA und England. An Zylindern wurden verkauft für 2 877 200 Mark (= Steigerung um ca. 24%). Die sehr starke Nachfrage konnte nur mit Hilfe langer Lieferfristen befriedigt werden. Weitere Verbreitung des Jenaer Glases für Hängeglühlicht, das – als empfindlicher Konkurrent der elektrischen Bogenlampen – auch (mit Hilfe großer Hängelichtbrenner) für öffentliche Straßebeleuchtung eingeführt wurde. Auch für elektrische Lampen hat Jenaer Glas zunehmend Verwendung gefunden, wodurch die Absatzfähigkeit des Jenaer Zylinderglases gegen früher eine breitere Grundlage erhalten hat. Hauptabsatzgebiete waren hier:Deutschland mit 961 600 Mark (= +48%), England mit 654 200 Mark (= +9,7%), Frankreich mit 381 000 Mark (= +12,4%), USA mit 169 000 Mark und Kanada mit 30 000 Mark (= +20%), Österreich-Ungarn mit 80 800 + 25 700 Mark (= +80%), Belgien mit 91 000 Mark (= +27%), Italien mit 84000 Mark (= +38%), Rußland mit 78 000 Mark (= +37%). Der starke Mehrabsatz in Deutschland (48%) war vorwiegend zurückzuführen auf den Bedarf der Spezialfabriken von Hängebrennern, der in Österreich-Ungarn (80%) auf die Einführung des Hängeglühlichts und größere Aufnahme Jenaer Gläser durch die Budapester Auergesellschaft. Eine 232,5%ige Zunahme des Absatzes nach Portugal (auf 41 900 M) wurde dem Umstand verdankt, daß die Pariser Auergesellschaft Filialen in Lissabon und Oporto errichtet hatte. In der Elektrischen Abteilung („El“) hatte sich der Warenausgang zwar von 69 500 auf 76 000, d. h. um 10% gehoben, doch wurde hier noch mit einem Brutto-Verlust von 27 800 Mark gearbeitet (gegen 22 000 im Vorjahr), da die Einführung der Quecksilberlampen gegenüber dem Vorjahr nicht nur keine Fortschritte, sondern Rückschritte gemacht hatte. Sie wurden zwar mit gutem Erfolg für chemische Zwecke verwendet, doch war der Bedarf nur beschränkt. In seinem Bericht schreibt Klett hierzu: „Die Verwendung für Beleuchtungszwecke muß als ein Mißerfolg wegen des unsicheren Funktionierens bis jetzt betrachtet werden. Für photographische Zwecke haben sich die Lampen so gut wie gar nicht eingeführt. Das Ergebnis legt den Gedanken nahe, die Fabrikation für Beleuchtungszwecke aufzugeben. Es sind Verhandlungen mit der Cooper-Hewitt Gesellschaft angeknüpft worden wegen eines Lizenzabkommens für deren Quecksilberlampen, die von besserer Lebensdauer sind als die unsrigen. In das Abkommen sollte auch eine Lizenz für elektrische Gleichrichter einbegriffen werden. Die uns gestellten Bedingungen haben sich als für uns zunächst nicht annehmbar erwiesen.“ Bei der werkseigenen chemischen Fabrik hatte der Warenausgang 306 100 Mark betragen, was einer Steigerung von etwa 10,8% gegenüber dem Vorjahr betrug. Als Gewinn waren 35 965,46 Mark aus derselben zu verbuchen gewesen (gegenüber 31 500 in 1906/07 und 25 100 in 1905/06). Es waren in ihr 148 100 kg Borsäure (gegen 237 000

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

im Vorjahr) und 603 000 kg Borax (gegen 464 500 kg im Vorjahr) erzeugt und weiterhin 31 200 kg Borkalk (gegen 108 700 kg im Vorjahr) an die Fabrikation abgegeben worden. Für Einkäufe an Rohmaterial (Borkalk) waren im Betriebsjahr (1907/08) 273 100 Mark (gegen 194 300 Mark im Vorjahr und 238 000 Mark im Vor-Vorjahr) ausgegeben worden. Der Einkaufspreis des Borkalks hatte durchschnittlich pro100 kg etwa 19,90 Mark (gegen 17 Mark im Vor- und Vorvorjahr) betragen, der Handelspreis für Borsäure und Borax 50 Mark bzw. 32 Mark (gegen 48 bzw. 30 Mark im Vorjahre). Dem gegenüber war in der chemischen Fabrik die Borsäure auf 43,30 und das Borax auf 36 Mark zu stehen gekommen. Im Geschäftsjahr (1907/078) war ein auf zwei Jahre gültiger großer Borkalkabschluß zum Preis von 20 Mark je 100 kg frei Jena gemacht worden, wozu Klett bemerkt: „In Anbetracht dessen, daß die Gewinnungskosten für Borkalk durch elementare Ereignisse und durch Lohnsteigerungen sehr erhöht worden sind, erscheint uns der Abschlußpreis als ein günstiger.“ Bei der Papierfabrik Tannroda hatte die Bilanz mit einem Verlust von 1 444,14 Mark, beim Sägewerk mit einem solchen von 5 941,98 Mark abgeschlossen. Der Jahres-Reingewinn des Glaswerks hatte im Betriebsjahr 1907/08 insgesamt 1 338 102 Mark (also gegen das Vorjahr ein Mehr von 433 598,07 M) betragen. Aus einer Gegenüberstellung der damaligen Ertragswerte bei Schott und Zeiss geht hervor, daß demgegenüber der Jahresgewinn bei Zeiss im Betriebsjahr 1. Oktober 1907 bis 1. Oktober 1908 nur 593 204,60 Mark betragen hatte. Vom damaligen Kapitalkonto des Glaswerks (in Höhe von 3 500 000 Mark) betrug der Reingewinn im Geschäftsjahr 1. April 1907 bis 1. April 1908 demnach 38%, während er im Vorjahre 1906/07 „nur“ 27,7% betragen hatte. In dem am 7. Juni 1909 von Klett der Vorstandssitzung der Stiftungsbetriebe und dem Stiftungskommissar vorgelegten Bericht zur Inventur und Bilanz des Glaswerks über das Geschäftsjahr vom 1. April 1908 bis zum 1. April 1909 wird der Gesamtwarenausgang des Jahres (ohne Berücksichtigung der chemischen Fabrik) auf 4 768 500 Mark angegeben, was gegenüber dem Ergebnis des Vorjahres eine Steigerung um etwa 7,5% bedeutete. Den Reingewinn bezifferte der Stiftungskommissar Vollert in einem Schreiben, das er dem Staatsministerium in Weimar unter dem 20. Juli 1909 zugleich mit Kletts Geschäftsbericht zufertigte, auf 1 145 191,78 Mark. Wenn er dabei den Reingewinn des Vorjahres statt mit 1 338 102 mit nur 1 228 102,56 Mark angibt, so hängt dies wohl damit zusammen, daß von jenen Gewinn mit Rücksicht auf das bevorstehende 25jährige Betriebsjubiläum 110 000 Mark zurückgelegt worden waren, um einen Teil der für daßelbe vorgesehenen Sonderaufwendungen daraus zu bestreiten. Aus dem Gewinn, der diesmal 33% des Geschäftskapitals von (bis dahin) 3 500 000 Mark betrug, wurden diesem weitere 800 000 Mark zugeschossen, sodaß sich das Geschäftskapital vom 1. April 1909 ab auf 4 300 000 Mark erhöhte. Aus den Erläuterungen, die Klett seinem Bericht über das Jahr 1908/09 beifügte, ergibt sich folgendes: Bei der Optik hatte der Warenausgang 605 400 Mark betragen, woran die deutschen Firmen Zeiss, Goerz und Busch mit je 258 000, 56 000 und 27 000 Mark (= 42% des Gesamtumsatzes) beteiligt waren. Unter den USA-Kunden war die Firma Bausch & Lomb, Rochester, N.Y. mit 48 000 Mark (im Vorjahr 38 000) vertreten. Aus England hatte die Firma Hilger für 17 000, die Firma Ross für 11 000, die Firma T. T. Hobson für 11 000 Mark bezogen; als französische Kunden waren Krauss mit 11 000,

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Picard mit 7 000 Mark vertreten. Der russische Kunde Obuchoff hatte für 17 000 (gegenüber 8 000 Mark im Vorjahr) optisches Glas gekauft. In der Abteilung Rohr war bei einem Warenausgang von 526 000 Mark der Absatz an Wasserstandsröhren in Deutschland etwas zurückgegangen, nach USA dagegen wieder etwas gestiegen. Einer der bedeutendsten nordwestdeutschen Großhändler hatte eine wahrscheinlich gute (vermutlich englische) Nachahmung der Jenaer Wasserstandsröhren, das sog. Vigor-Glas in großem Umfang angeboten. Der Absatz von Phiolen hatte sich besonders nach Italien, aber auch nach Frankreich, Rußland und USA erhöht. Bei dem Geräteglas war der Warenausgang gegenüber dem Vorjahr im Ganzen mit 394 600 Mark gleich geblieben. Stark gestiegen war die Ausfuhr nach Rußland. Einer früheren Nachahmung des Jenaer Geräteglases durch die Firma Fettke & Ziegler zu Döbern (Niederlausitz) war neuerdings die „Rheinische Glashütten - A.G., Köln-Ehrenfeld“ gefolgt. Ähnliches, sog. „Non-Sol-Glas“ war auch in den USA auf den Markt gebracht worden, ohne jedoch dem Jenaer Glas Abbruch zu tun. In der Zylinderabteilung war der Warenausgang um 11% auf 3 206 900 Mark gestiegen. Der Steigerung der Anfertigung um 28% hatte jedoch eine Steigerung des Ausgangs von nur 12% entsprochen. Das Dutzend Zylinder war bei einem Herstellungssatz von 1,10 Mark mit 1,51 Mark verkauft worden. Gegen Ende des Geschäftsjahres und auch seitdem hatte sich ein Rückgang der Nachfrage bemerkbar gemacht. Die schon im vorigen Geschäftsjahr eingetretene Umstellung der Gasglühlichtbeleuchtung auf das Hängeglühlicht hatte sich fortgesetzt. Die meisten eingeführten Hängeglühlichtbrenner hatten sich gegen das von Ehrich & Graetz, Berlin hergestellte Grätzinlicht nicht behaupten können. Zudem schwebte ein Prozeß der Firma Mannesmann – Remscheid (als der Inhaberin eines Patents auf Hängebrenner) gegen die anderen Hängebrenner-Fabrikanten (ausgenommen die Fa. Ehrich & Graetz, die an Mannesmann eine Lizenzabgabe von 0,50 Mark pro Brenner zahlte). Starke Beeinträchtigung der Unternehmungslust auf dem gesamten Produktionsbetrieb ergab sich wegen dieses Schwebezustandes. Weitere Steigerung der Nachfrage nach großen Glaskörpern für Straßenbeleuchtung, auch noch eine (allerdings zurückgehende) Nachfrage nach heißgehenden elektrischen Lampen. In neuerer Zeit haben sich besonders 3 größere Glashütten (Fr. Siemens - Dresden, Schweig Weißwasser und Rhein. Glashütten AG – Köln-Ehrenfeld) auf Beleuchtung nach Glas in Jenaer Art eingerichtet, was sich auch für Jena bemerkbar machen mußte. Als stärkste weitere Konkurrenzfirma gegen Jena kam in Betracht: die Fa. Gebr. Putzler – Penzig, die ihr Indifferentglas im Inland gut eingeführt hatte. Künftig werden noch einige weitere, ziemlich hoch im Preis stehende Gläser ermäßigt werden müssen. Hauptabnehmer waren: Deutschland (mit 1 000 300 Mark = +16%; und 62 400 Mark für Export); England (mit 617 000 Mark = –5,6%), Frankreich (mit 466 000 Mark = +22%), USA (mit 179 000 M) und Kanada (mit 39 000 Mark, zusammen +10%), Rußland (mit 145 000 Mark = +86%), Österreich und Ungarn (mit je 94 000 Mark + 33 000 Mark = zusammen +20%), Belgien (mit 118 000 Mark = +30%), Holland (mit 109 300 Mark = +47%). An Grubenzylindern bezog Deutschland für 33 000 Mark, Belgien für 30 000 Mark. Der Rückgang in England (um 40 000 Mark) war bedingt durch die dortige Einrichtung auf Hängebrenner, für die kein gutes Glas nach Jenaer Art benötigt wurde; die starke Zunahme in Frankreich um 80 000 Mark) war auf weitere Ausdehnung des Abonnementssystem der Auergesellschaft zurückzuführen, in der Schweiz war eine dritte Ab-

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nehmerfirma hinzugekommen; in Rußland hatte sich rührig gezeigt; der Absatz an großen Glocken für öffentliche Beleuchtung hatte starke Zunahme (um 60 bis 70 000 Mark) dort bewirkt. - Die Produktionskosten hatten sich gegenüber dem Vorjahr etwas vermindert trotz teilweiser Lohnsteigerung und Verteuerung der Borsäure. Das Feuerungsmaterial hatte sich bei 10 000 kg pro Tag von 121 auf 116 Mark vermindert. Bei der Abteilung El verzeichnet der Bericht Kletts einen Warenausgang von 34 700 Mark (= ca. –55%) und einen Brutto-Verlust von 56 000 Mark (gegenüber 27 000 im Vor- und 22 000 im Vor-Vorjahr). Von den oben mitgeteilten Gesamtwarenausgang von 4 768 500 Mark entfallen auf den Absatz nach: Deutschland 1 993 700 Mark gegen im Vorjahr: 1 859 000 Mark England 754 100 Mark gegen im Vorjahr: 791 000 Mark Frankreich 521 300 Mark gegen im Vorjahr: 441 000 Mark Rußland 206 300 Mark gegen im Vorjahr: 120 000 Mark Italien 134 500 Mark gegen im Vorjahr: 148 000 Mark Belgien 133 000 Mark gegen im Vorjahr: 105 000 Mark Österreich 129 000 Mark gegen im Vorjahr: 109 000 Mark Ungarn 39 000 Mark gegen im Vorjahr: 35 000 Mark Holland 127 000 Mark gegen im Vorjahr: 90 000 Mark USA 372 000 Mark gegen im Vorjahr: 328 000 Mark Weitere Absatzländer waren: Schweiz, Spanien, Dänemark, Balkanstaaten, Portugal, Schweden, Norwegen, Süd-Amerika, Australien, Kanada, Asien, Nord-Afrika, KleinAsien, Süd-Afrika usw. Die Ausfuhr insgesamt betrug: 2 775 000 Mark = 58% vom Gesamtumsatz, gegenüber im Vorjahr: 2 547 000 Mark = 58% vom Gesamtumsatz. In das nächstfolgende Geschäftsjahr (vom 1. April 1909 bis 1. April 1910), in dem das Jenaer Glaswerk am 3. Juli 1909 sein 25jähriges Betriebsjubiläum festlich begehen und gleichzeitig mit einem Gesamtwaren-Ausgang (ohne chemische Fabrik) von 5 446 000 Mark und einem Reingewinn von 1 700 000 Mark das günstigste, bis dahin überhaupt erzielte Geschäftsergebnis verzeichnen konnte, fällt die wichtige, von Schott zwischen dem 24. August und dem 24. November 1909 quer durch die Vereinigten Staaten unternommene erste Geschäftsreise. Auf die Art, wie das Jubiläum unter Teilnahme aller Werksangehörigen gefeiert wurde, wird unten nochmals zurückzukommen sein. Wie es scheint, hatten im April 1909 zwei Vertreter der Corning Glass Works zu Corning bei New York, die Herren Robert Hollister und Dr. William Churchill, dem Jenaer Glaswerk einen Besuch abgestattet und sich bei dieser Gelegenheit mit Dr. Otto Schott, Rudolf Klett und Dr. Zschimmer über die Möglichkeit einer Interessengemeinschaft zwischen den beiden in guten geschäftlichen Beziehungen stehenden Firmen zu unterhalten. Auf diesen Plan nimmt das Protokoll vom 1. Mai 1909 über eine zu Jena zwischen dem Stiftungskommissar Vollert mit Dr. Straubel, Dr. Bauersfeld, dem Syndikus Dr. Fischer und Dr. Schott abgehaltene Vorstandssitzung der Stiftungsbetriebe mit folgendem Passus Bezug: „Besprechung über die geplante Interessengemeinschaft der Glashütte mit der Corning Cie im Staate New York (Fabrikation von Glühlichtbirnen, Signallaternen für Eisenbahnen, Preßglas, Sturmlaternen, Röhren; mit 1200 – 1300 Arbeitern). Austausch der beiderseitigen Fabrikationsmethoden usw. ohne Kapitalbeteiligung. Bedenken bestanden wegen Verschleppung der hiesigen Erfahrungen ohne ausrei-

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chende Gegenleistung. Die weitere Behandlung des Projektes wird bis nach Schotts Besuch in New York verschoben…“ Aus Briefen, die im Sommer zwischen dem Glaswerk und Corning gewechselt wurden, geht hervor, daß der 2. Vizepräsident der Corning-Werke die Einzelheiten über das fragliche Abkommen mit Dr. Schott mündlich zu verhandeln wünschte, wenn dieser im Herbst nach den Vereinigten Staaten kommen würde. Die Reise, die Schott gemeinsam mit seiner Frau von Hamburg aus antrat, führte ihn nach nur dreitägigem Aufenthalt in New York über Chicago, St. Paul, den Yellowstone-Park bis an den Pazifischen Ozean (Seattle); sie wurde rückwärts unterbrochen durch einen mehrtägigen Gastaufenthalt bei den ihm durch langjährige geschäftliche Beziehungen bekannten und befreundeten Inhabern der Firma Bausch & Lomb Optical Co. zu Rochester im Staate New York, an deren Aktien die Carl Zeiss-Stiftung seit einiger Zeit mit einem Kapital von 1 793 227,10 Mark (d. h. mit 885,45 Stück zu je 100 Dollars) beteiligt war, und die im Geschäftsjahr 1908/09, wie oben erwähnt, vom Glaswerk für 48 000 Mark optisches Glas (im folgenden Jahr 1909/10 sogar für 67 700 Mark) bezogen hatte. Über das Ergebnis seiner Amerikareise berichtete Schott am 26. November 1909 in einer Vorstandssitzung der Carl Zeiss-Stiftung, über die es im Protokoll u. a. heißt: „Bericht Schotts über seine Reise nach Amerika, speziell über sein Übereinkommen mit der Corning Cie., optisches Glas nicht zu fabrizieren und der Firma (d. h. dem Jenaer Glaswerk) in Amerika in ihren anderen Artikeln keine Konkurrenz zu machen. Eventuell: Aufnahme der Fabrikation von hochwertigen ärztlichen Thermometern und von Glasbirnen unter Benutzung der amerikanischen Glasblasemaschinen.“ Demgemäß schrieb Klett an die Corning-Werke unter dem 10. Dezember 1909: „Gemäß der Besprechung, die Herr Dr. Schott mit Ihnen dort gehabt hat, wollen wir zunächst von der vertragsmäßigen Festlegung der einzelnen Punkte Abstand nehmen und eine solche für eine spätere Zeit uns vorbehalten. Es soll genügen, wenn wir uns auf schriftlichem Wege dahin verständigen, daß wir unsere wissenschaftlichen und fabrikatorischen Erfahrungen gegenseitig austauschen, wobei als Richtschnur zu gelten hat, daß der Besitzstand in bezug auf Warenerzeugung und Absatzgebiet, den jede unserer beiden Firmen zur Zeit hat, von der anderen zu respektieren ist und nicht beeinträchtigt werden darf. Dieser gegenseitige Schutz soll auch dann noch fortdauern, wenn das Abkommen selbst einmal aufgehoben wird, und zwar auf die Dauer von 10 Jahren nach erfolgter Auflösung des Abkommens.“ In einem von dem nunmehrigen Präsidenten der Corning-Glass Works, Mr. A. B. Houghton unter dem 18. Februar 1910 an das Glaswerk gerichteten Schreiben wurde das Abkommen unter sinngemäßer Wiederholung seines Inhalts bestätigt und nunmehr in Kraft befindlich erklärt, und auch in einem Schreiben des Glaswerks an die Corning Werke vom 7. März wurde dieser Sachverhalt nochmals bestätigt. In dem Bericht, den der Stiftungskommissar Vollert am 1. Dezember 1909 an das Staatsministerium in Weimar über die oben erwähnte Sitzung mit den Vorständen der Stiftungsbetriebe vom 26. November 1909 erstattete, heißt es zusätzlich noch: „Gelegentlich der Besprechung des Ergebnisses der Geschäftsreise, welche der Dr. Schott nach Amerika unternommen hat, kam zur Sprache, daß der Absatz von Zylindern, deren Vorrat in früheren Jahren meist nicht zureichte, um der Nachfrage zu genügen, in diesen Herbst erheblich nachgelassen hat und daß sich mehrere Millionen Zylinder auf Lager

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befinden. Die Geschäftsleitung wird genötigt sein, die Zeit, während deren die Glashütten wegen Umwechslung der Öfen still zu liegen pflegen, um eine Woche zu verlängern. Hoffentlich ist diese Stockung im Umsatz dieser vorteilhaftesten und hauptsächlichsten Ware des Glaswerks nur eine vorübergehende…“ Aus den Bemerkungen zu Kletts Inventur- und Bilanzbericht über das Geschäftsjahr 1909/10 erfahren wir hierzu noch folgende weitere Einzelheiten: Es betrug der Warenausgang in: Optik 854 300 Mark (Steigerung um 40%) Rohr 598 300 Mark (Steigerung um 12%) Geräteglas 500 000 Mark (Steigerung um 37%) Zylinder 620 000 Mark (Steigerung um 7,1%) El 90 000 Mark (Steigerung um 80,2%) Chem. 431 800 Mark (Minderung um 5%) „Beim optischen Glas war der Bedarf von Rußland um die Hälfte zurückgegangen, dafür war Japan hinzugekommen. Besonders stark war die Zunahme in Österreich, Frankreich, USA (Prismenkron!) gewesen. Die Entnahmen von Zeiss (388 500 Mark) betrugen 45% (gegen 42 bzw. 38%) des Gesamtumsatzes. Daneben waren die stärksten Kunden in Deutschland: Goerz, Busch, Meyer, Voigtländer, Rodenstock, Rietzschel, Leitz, Hensoldt; in USA: Bausch & Lomb; in England: Hilger, Ross, T. T. Hobson; in Frankreich: Krauss, Picard, Mathieu, Levy, Berthol Lacour; in Rußland: Obuchoff; in Japan: Takata. Die starke Nachfrage, besonders nach hochbrechendem Prismenkron, bedingte lange Lieferfristen. Beabsichtigt wurde die Steigerung der Produktion um 50% durch einen Ofen. Etwa 73% des Gesamtumsatzes entfielen auf die Glassorten: Borosilikat-Prismenkron, Hochbrechendes Prismenglas und Baryt-Leichtflint O.463, Schwerste Baryt-Krone und Schwere Barium-Silikatkrone, Barytleichtflint O.722 und Gewöhnliches Flint O.118. Beim Röhrenglas war eine 10%ige Steigerung von Normalglas hauptsächlich bedingt durch stärkere Nachfrage nach Phiolenröhren besonders aus Italien. Bei Wasserstandsröhren war die Steigerung besonders stark in USA (von 26 000 auf 70 000 M). Nachahmungen durch 2 englische Firmen mit billigerem Glas machten dem Jenaer Glas nur schwache Konkurrenz. Beim Geräteglas war lebhafte Steigerung der Nachfrage zu verzeichnen. Gegenmaßnahmen gegen die durch das mit starker Reklame angebotene Rheinische Geräteglas wurden eingeleitet. Ein Direktor Kralik der Rheinischen Hütte hatte sich durch angeblich uninteressierte Beobachtungen und Auskünfte in Jena Kenntnis von den Jenaer Fabrikationsmethoden von Thermometer- und Wasserstandsröhren sowie von Glühlichtzylindern zu verschaffen gewußt, aber bei kleinem Betrieb und gedrückten Preisen der nachgeahmten Erzeugnisse schlechte finanzielle Ergebnisse erzielt. An Zylindern wurden mehr angefertigt (26,3 Millionen) als abgesetzt (25,1 Millionen Stück). Durchschnittlicher Herstellungswert pro Dtz. 1,04 M (gegen vorher 1,10 M), durchschnittlicher Verkaufswert 1,54 M (gegen 1,51 M). Rückgang der Nachfrage nach Gläsern für stehendes Gasglühlicht, Steigerung derselben für Hängelicht. Steigerung der Konkurrenz gegen Gasglühlicht durch Einführung der elektrischen Metallfadenlampen. Dadurch besonderer Absatzrückgang nach England. Der Prozeß der Mannesmanngruppe (Ehrich & Graetz, Auerlicht- und Sparlicht-Gesellschaft) gegen andere Brennerfabri-

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kanten wurde zugunsten der ersteren Gruppe entschieden, doch endgültige Entscheidung durch weitere Instanzen noch schwebend, daher ungünstiger Einfluß der Lage auf den Absatz Jenaer Gläser. Starke Zunahme der Nachfrage nach großen Glocken für hängendes Gasglüh- und Petroleumlicht in Rußland. Zunahme der Konkurrenz durch die Firma Reich besonders in Deutschland, Österreich und Italien, daher vermutlich im kommenden Jahr mäßige Preisänderung erforderlich. Haupt-Absatzgebiete: Deutschland (1 114 000 + 61 000 M Export); England (567 000); Frankreich (556 000); USA (182 000); Rußland (163 000) usw. Langsame Fortschritte im Absatz von Grubenzylindern, daher stärkerer Besuch bei deutschen Grubenverwaltungen beabsichtigt. Im allgemeinen höhere Produktionskosten, trotz Verbilligung der Briketts von 116 M auf 112 M pro Ladung. Aber: Erhöhung des in großen Mengen benötigten Borkalks um 40% und der Kosten für elektrischen Strom von 84 000 auf 100 000 M. Trotz befriedigender Nachfrage Entstehung von Überproduktion, daher während der letzten Monate Verlängerung der Löschperioden, wodurch zwar Entlassung von Arbeitern vermieden wurde, aber höherer Lohnzuschuß in der Abteilung zu leisten war. In der Abteilung El trotz 80%iger Steigerung des Warenausgangs Bruttoverlust von 47 000 M (infolge gesteigerter Betriebsaufwendungen). Fast gänzliches Verschwinden des Bedarfs an Hageh-Lampen (für Beleuchtungs- und photographische Zwecke) und bescheidene Nachfrage nach Uviol-Lampen (für medizinische und chemische Zwecke). Die Westinghouse Cooper-Hewitt-Ges., Berlin, will Fabrikation von Quecksilberlampen und Gleichrichtern in Deutschland aufgeben und sich nur noch auf Verkauf derselben beschränken. Jena wird ab 1. Oktober 1910 die Fabrikation mit übernehmen, verzichtet aber auf den Verkauf von Quecksilberlampen nach Frankreich. Langsame Steigerung der Nachfrage nach Elektrizitätszählern, doch rationelle Herstellung im Großen z. Zt. noch nicht möglich. Befriedigende Äußerungen von Elektrizitätswerken über die Jenaer Zähler, doch fast durchgängige Beschränkung des Absatzes auf Deutschland. Durch Lizenz-Abkommen mit der Reason-Manufacturing Co. wurde Jena bezüglich des Verkaufspreises in Europa völlige Freiheit erwirkt. Über den Mißerfolg der Beteiligung des Glaswerks an der Dellarocca-Co. sowie über die im Geschäftsjahr 1909/10 errichtete werkseigene Gasanstalt wurde bereits berichtet, desgleichen über die Papierfabrik Tannroda GmbH, bei der ein Gewinn von 12 800 Mark erzielt und bei gewöhnlichen Preisen befriedigend gearbeitet wurde. Das Sägewerk Tannroda GmbH war seit dem 1. April 1909 an den früheren Leiter im Sägewerk Schönheid – Oberrottenbach Rothe verpachtet worden. Von dem oben mitgeteilten Gesamt-Warenausgang von 5 446 000 M waren 55% auf die Ausfuhr entfallen. Der Hauptkunde war wiederum Deutschland (mit 2 381 900 M) gewesen. Dann waren gefolgt: England mit 715 000 (–39 000), Frankreich mit 611 000 (+90 000 !), USA mit 492 600 (+120 100 !), Rußland mit 212 000 (+6 000) usw.“ Über die weitere geschäftliche Entwicklung des Glaswerks in der Zeit vom 1. April 1910 bis zum 1. April 1915 haben wir bereits aus den oben wiedergegebenen Übersichten, die Klett seinem Geschäftsbericht über das Betriebsjahr 1914/15 in bezug auf Gewinn und Verlust sowie auf die in den einzelnen Betriebsabteilungen erzielten Umsatzund Rein-Überschuß-Zahlen beigegeben hat, das Wesentlichste erfahren. Wir können uns daher darauf beschränken einige wichtige, in Kletts Erläuterungen zu seinen Jahresberichten gemachte Mitteilungen hervorzuheben, wobei allerdings zu bemerken ist, daß

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sich seine Geschäftsberichte über die Betriebsjahre 1. April 1911 bis 1. April 1913 in den Handakten des Stiftungskommissars Vollert nicht mehr vorgefunden haben. Vielleicht hängt diese Lücke damit zusammen, daß Vollert seine Funktion als Stiftungskommissar am 1. April 1912 an den damaligen Ministerialdirektor im Kultusdepartement des Großherzoglich Staatsministeriums Dr. Ebsen, der vom 1. Januar 1913 ab zum Präsidenten des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts in Jena ernannt wurde, abgegeben hat. Aus einer Niederschrift Ebsens vom 13. Oktober 1915 geht hervor, daß Vollert seinen letzten Bericht über beide Stiftungsbetriebe im Februar 1912 erstattet hatte. In derselben Niederschrift (vom 13. Oktober 1915) bemerkt Ebsen, daß Klett ihm seinen noch rückständigen Bericht (über das Glaswerk) betreffend das Jahr 1913/14 demnächst vorlegen wolle und sein Bericht für 1914/15 z. Zt. noch in Vorbereitung sei. Hiernach ist zunächst aus Kletts Erläuterungen zu der von ihm der Stiftungsverwaltung vorgelegten Inventur und Bilanz für das Geschäftsjahr des Glaswerks vom 1. April 1910 bis zum 31. März 1911 noch folgendes hervorzuheben: „An der ca. 23%igen Steigerung des Warenausgangs in der Optischen Abteilung auf 1 055 573,11 M waren vorwiegend Deutschland (mit +170 000) und England (+24 000) beteiligt, während der Umsatz nach den USA von 85 000 auf 80 000 M zurückgegangen war. Die Entnahme von Zeiss (mit 489 000 M) betrugen 46,5% (gegen 45,5% im Vorjahr) des Gesamtumsatzes. Der Warenbezug von Goerz hatte sich von 108 000 auf 171 800 M erhöht. Als weitere deutsche Kunden werden genannt: Busch, Meyer, Voigtländer, Rodenstock, Rietzschel, Schütz & Co., Hensoldt; als USA-Kunden: Bausch & Lomb (mit nur 55 000 M gegenüber 67 000 M im Vorjahr); als englische: Ross, Holger, T. T. & Hobson, Aldis; als französische: Krauss, Picard und Mathieu; als russischer: Obuchoff; und als japanischer: Takata. Die ca. 30%ige Steigerung des Absatzes an Rohrglas auf 769 554,19 M war mitbedingt durch außergewöhnliche Zunahme des Absatzes von Phiolen-Röhren nach Italien und dem Thüringer Wald. In Wasserstandsröhren hatte sich auf dem deutschen Markt zunehmende Konkurrenz durch das englische Vigor-Glas bemerkbar gemacht, desgleichen eine Absatzabnahme von Italien, dessen Marine offenbar zum Bezug von englischen Fabrikaten übergegangen war. Die dem Jenaer Geräteglas (dessen Absatz sich um 8% auf 538 503,45 M erhöht hatte) gemachte Konkurrenz durch das Glas der Rheinischen Glashütte war durch die Einführung eines verbesserten und gleichzeitig billigeren Jenaer Glas so wirksam bekämpft worden, daß seit Juli 1911 die Aktien der Rheinischen Hütte in Köln nur noch zum Kurs von 20% zu haben waren. Der Warenausgang an Zylinderglas hatte sich um ca. 7% auf 3 594 945,29 M gesteigert. Die Anfertigung war um 5,6% auf rund 25 000 000 Stück gesunken, die Auslieferung hatte sich um 3,4% auf rund 26 000 000 Stück erhöht. Dem erhöhten Herstellungswert pro Dutzend von 1,04 auf 1,15 M hatte ein erhöhter Verkaufswert von 1,54 auf 1,68 M entsprochen. Abermals langsame weitere Verdrängung der Gläser für stehendes Glühlicht zu Gunsten des Hänglichtes und weiterhin scharfe Konkurrenz der elektrischen Lampen gegenüber dem Gasglühlicht. Weitere erfolgreiche Verfechtung der Patente auf Hängebrenner durch die Mannesmann-Gruppe und starke Nachfrage nach Gläsern für patentierte Hängebrenner, besonders nach so genannten ‚Knaggen‘-Zuggläsern Jenaer Provenienz. Verkaufspreise im allgemeinen stabil. Vorübergehende Preiszugeständnisse

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nur an die Wiener Auergesellschaft. Hauptabsatzgebiete waren: Deutschland mit 1 220 500 M (= +9,5%) und deutscher Export mit 99 800 M (= +82% !), England mit 611 100 M (= +7,4%), Frankreich mit 305 900 M (= –42% !), USA mit 216 000 M (= +18%), Rußland mit 212 800 M (= +30%), Belgien mit 142 500 M (= 19,2%), Holland mit 140 200 M (= +5%), Österreich mit 121 500 M (= 35%). Der Rückgang in Norwegen (–51,8%) war bedingt durch dänische und deutsche Konkurrenz-Einfuhr, der in Frankreich durch eine am 1. April 1910 dort eingeführte Zollerhöhung. Die Umsatzsteigerung nach Belgien war auf größere Lieferungen von Grubenzylindern zurückzuführen, die nach USA auf größere Lieferungen von Straßenlampengläsern; besonders durch die Firma Welsbach Co. hier weitere Steigerung der Abnahme zu erhoffen. Durch die 1909/10 erfolgte Einschränkung der Jenaer Produktion um eine Hütte waren bedingt: Minderaufwendungen an Rohmaterial (–55 000 M), an Glasbearbeitungslöhnen (–32 000 M) und Schmelzkosten (–42 000 M). Dagegen Steigerung der allgemeinen Betriebsunkosten um ca. 75 000 M, Borkalkpreis der gleiche wie im Vorjahr, doch Verbilligung der Briketts um 5 – 10 M. Aufwendungen pro Ofenschicht: 170 M gegen 150 M im Vorjahr, weil nunmehr 3 500 gegen (im Vorjahr) 1 700 Häfen verarbeitet wurden. Gesamtzahl der Hafenschichten betrug 14 127 (gegen 16 310 im Vorjahr). In der Abteilung ‚El‘: etwa 82%ige Steigerung des Warenausgangs auf 205 581,61 M, nämlich: 19 000 M an Quecksilberdampflampen, 7 500 M an Gleichrichtern und 177 600 M an Zählern. Der Zähler-Umsatz entfiel zum größten Teil (131 500 M) auf Deutschland, ferner auch auf die Schweiz (24 000 M), weiter auf Rußland (5 900 M), Italien, Frankreich, Österreich-Ungarn (2 000 M). Ein Versuch, die Zähler auch in USA einzuführen scheiterte, weil dort in der Hauptsache Wechselstrom eingeführt war und in einigen Absatzgebieten nur Wattstundenzähler zugelassen waren. Die Chemische Fabrik hatte im Berichtsjahr einen Warenausgang von 391 449,55 M. Es wurden in ihr erzeugt: Borsäure 85 614 kg, Fraktionssalz 760 580 kg. Der von ihr berechnete Durchschnittspreis betrug ca. 47 M, der Handelspreis für Borsäure 47,50 M. Die Gasanstalt lieferte für 136 674,79 M Gas und Koks. Preise der vergasten Kohle: Westfälische 226,80 M, Saarkohle 235 M. Vergast wurden 252 Ladungen. Die Gaserzeugung betrug 988 910 cbm. Die Heizkraft des Gases betrug 5 000 – 5 200 Kalorien. An Kokspreisen wurden erzielt: für groben Koks 220 M, für gebrochenen Koks 240 M. Bei großen Lieferungen wurde auf diese Preise ein Nachlaß bis 5% gewährt. Der Gesamtwarenausgang des Betriebsjahres hatte sich – ohne Berücksichtigung der chemischen Fabrik und der Gasanstalt – um ca. 13% auf 6 174 300 M gesteigert. Die Ausfuhr hatte 55% (gegen 56% im Vorjahr) des Gesamtumsatzes betragen. U. a. wurde abgesetzt nach Deutschland für 2 806 000 M (d. h. +424 000 M) England für 792 400 M (d. h. +77 500 M) USA für 521 400 M (d. h. +28 000 M) Frankreich für 413 400 M (d. h. –198 000 M) Rußland für 275 100 M (d. h. +62 000 M) Italien für 85 000 M (d. h. +64 000 M) Österreich für 178 000 M (d. h. +45 400 M)

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Ungarn für 67 400 M (d. h. +24 000 M) Holland für 167 300 M (d. h. +12 600 M) Belgien für 160 700 M (d. h. +24 000 M)“ Von dem damaligen Betriebskapital von 5 000 000 M ergab sich (ohne die 200 000 M Zinsen) ein Reingewinn von 1 841 000 M, also von 37% (gegenüber 38% im Vorjahr 1909/10). Die oben erwähnte zweite Geschäftsreise, die Dr. Schott, wiederum in Begleitung seiner Frau, im Frühling des Jahres 1911 nach den Vereinigten Staaten von NordAmerika unternahm, begann mit dem Aufbruch in Jena um den 5. März und endete mit der Rückkehr nach Hause um den 8. Juni. Aus den von Schott nach Hause, besonders an Klett, gerichteten Briefen und aus den Erfahrungsberichten, die er nach seiner Rückkehr von der Reise den einzelnen Abteilungen des Glaswerks zuleitete, können wir uns über den Verlauf der Reise im einzelnen folgendes ungefähres Bild machen: ca. 20. bis 24. März: New York (Hotel Astoria); 25./26. März: Besuch bei Fa. Welsbach (wegen Straßenlampengläsern?) in Gloucester (Mass.) und bei der Firma Arthur H. Thomas Co. in Philadelphia (wegen Laboratoriumsglas); 27. März: New York, Besuch beider American Glass Co (wegen Wasserstandsröhren für Eisenbahn-Lokomotiven); 28. März: Washington (Verhandlungen mit Dr. Day wegen Stromzählern); 29. März bis 3. April: Besuch bei Bausch & Lomb, Optical Co. in Rochester, N.Y., geschäftliche Besprechungen mit den Inhabern Eduard Bausch, dessen Vater und Charles Lomb über Optisches Glas für Brillen, z. B. sogenannte Kryptok-Gläser („bifocal lenses“), Besichtigung des Betriebes, Erneuerung und Befestigung langjähriger freundschaftlicher und geschäftlicher Beziehungen; 5. bis 7. April: Aufenthalt in Corning bei A. B. Houghton, dem Präsidenten der Corning Glass Works in Corning, N. Y. Schott schreibt über diesen Besuch an Klett unter dem 20. April: „In Corning hatte man seit meiner letzten Anwesenheit 2 wertvolle Fortschritte gemacht. Die neue Glasblasmaschine für elektrische Glühlampen-Kolben war in gänzlich veränderter Form tatsächlich nahezu fertig. Es wurde in meiner Anwesenheit eine große Anzahl solcher Birnen gefertigt. [Sie] hatten sich eine kleine Maschinenfabrik mit neuesten und besten Arbeitsmaschinen zugelegt. Jetzt glaube ich, daß aus dieser Sache etwas werden wird, und wir werden wohl gut tun, uns dieser Sache anzunehmen, sowohl für Zylinder wie vielleicht auch für Birnen. Jedenfalls dürfen wir an dieser Sache nicht unbeteiligt vorübergehen. Die Herren waren, wie auch früher, von größter Zuvorkommenheit in allen technischen und fabrikatorischen Sachen. Herr A. B. Houghton will mir den Zugang zur General Electric Co. bei nächster Anwesenheit in New York persönlich bewirken.“ Aus Schotts späterem Erfahrungsbericht geht hervor, daß ihn an dem Betrieb in den Corning Werken besonders interessierte ihr Wannenbetrieb für Röhren zu elektrischen Glühbirnen, von Bleiglasröhren für Platindraht, deren Erweichungsgrenze bei 640° C lag und deren Häfen bis zu 100 Schmelzungen brauchbar waren. Gezeigt wurde ihm ferner die Fabrikation von farbigen Eisenbahnscheiben und Laternengläsern, Signallaternen aus rotem Selenglas für Eisenbahnen. Organisierte Arbeiter wurden im Betrieb nicht zugelassen. Man zeigte Interesse an einer Lizenz zur Verwendung von Jenaer Glas für Strom-

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zähler; im Laboratorium, dessen Schmelzerei Schott noch wenig entwickelt fand, zeigte sich eine Tendenz zur Herstellung und Verarbeitung von Gläsern von größerer Schmelzbarkeit gegenüber den bisherigen. 8. April: Über seinen Aufenthalt in Detroit (Michigan) schrieb Schott an Klett: „Heute früh Parker Davies & Co. besucht. Großer Betrieb (3 000 Personen), der guten Eindruck machte. Der Einkäufer, W. Mutter, wird sich am 17. nach Europa einschiffen und hatte auch die Absicht, auch Jena zu besuchen. Hier ist in gutem Glas nur Konkurrenz von Whitehall, Tatom & Co. (bei Philadelphia), welche aus Non-Sol-Glas Röhren liefern, die aber schwerer schmelzbar als unsere sind. Wollen Röhren von 9 – 11 und 12 mm beziehen. Verarbeiteten gerade bei meinem Besuch an etwa 3 Stellen „ampoules“ (Phiolen) aus unserem Glas. Ich machte auf das neue, billigere Glas aufmerksam. Allzu groß dürfte der Bedarf in diesem Glase nicht sein, weil Phiolen hier nicht sehr stark im Gebrauch sind. Wenn der Herr kommt, bitte ich, ihn gut aufzunehmen.“ Der hier besichtigte Betrieb war eine Glasbläserei, in der hauptsächlich so genannte „vials“ (besser „Phials“ = Phiolen), d. h. Verpackungsröhren mit Boden, Subcutanspritzen und dergleichen, aber nur zum Teil aus dem durch hohen Einfuhrzoll kostspieligen Jenaer, meistenteils aber aus den genannten billigeren amerikanischen Non-Sol-Glas hergestellt wurden. 11. April: Erster Aufenthalt Schotts in Chicago. Besprechungen daselbst mit einem Herrn Mather wegen eines beabsichtigten Abschlusses mit der von Mr. Thorkildsen (in Los Angeles) geleiteten Gesellschaft Sterling Borax Co. über die auf der Lang-Grube in Kalifornien geförderten Bor-Mineralien; ferner Besuch bei dem großen Glaswerk Kimble Glass Co. daselbst. Schott schreibt über diese beiden Besuche an Klett unter dem 20. April folgendes: „Morgen Nachmittag werden wir in Los Angeles ankommen, und ich werde dort die über die Bor-Mineralien mit Herrn Mather in Chicago angefangenen Verhandlungen mit Herrn Thorkildsen fortsetzen. Die Herren sind sich über die ganze Sache noch nicht im Klaren, wissen noch nicht die billigsten Transportwege nach Hamburg etc. Herr Mather ist ein reizend liebenswürdiger Mann, aus dessen Mitteilungen ich schließen konnte, daß sie alles tun werden, um mit uns ins Geschäft zu kommen. Ich werde die Gruben bei Lang besichtigen und hoffe, in dieser Sache dort weiter zu kommen. In jedem Falle sehe ich schon jetzt, daß es schwerlich möglich ist, jetzt zu einem festen bestimmten Abschluß zu kommen. In jedem Falle werden aber die Verhandlungen einen solchen Abschluß vorbereiten. Die Sterling Borax Co., von der Herr Thorkildsen der Präsident ist, steht im heftigsten Konkurrenzkampf gegen die Pacific Coast Co., welche mit dem Borax Consolidated Trust in London in unmittelbarer Zusammengehörigkeit steht. Die Personen wohnen so weit auseinander entfernt (Thorkildsen dauernd in Los Angeles), daß ein Zusammenbringen derselben zu einem wirklichen Abschluß jetzt kaum zu erreichen sein wird. Es scheint mir nicht ausgeschlossen zu sein, daß auch andere, Bormineralien bedürfende Konsumenten in Deutschland mit diesen Leuten in Verbindung zu bringen sind, wenn erst der richtige Weg dazu gefunden sein wird. Jedenfalls ist die Lage der Gruben – nur etwa 100 km von der pazifischen Küste – weitaus günstiger als die der Pacific Coast Co., die wohl 6 – 800 km oder gar mehr von der Küste entfernt ihre Gruben in Death Valley liegen hat. Sehr interessant ist mir noch in Chicago der Besuch bei der Kimble Glass Co. gewesen. Herrn (Evan E.) Kimble traf ich leider nicht an, kam aber dadurch in Verbindung

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mit der Illinois Glass Co., mit der Kimble in Zusammenhang steht uns die ich möglicher Weise bei meiner Rückreise noch aufsuchen werden (größte Flaschenfabrik in den USA, 7 Owensmaschinen, 4 – 6 000 Arbeiter in Alton b. St. Louis). Die Maschinen dort, bei Kimble sind vom technischen Standpunkte geradezu bewunderungswürdig, fast ganz automatisch arbeitend, für die Anfertigung von homöopathischen Fläschchen, die in ungeheuren Mengen zum Verkaufspreise von ¼ Ct. das Stück mittlerer Größe angefertigt werden. Solche Sachen können diese Leute ebenso billig und billiger anfertigen als die Hausindustrie im Thüringer Wald. Die Röhren dazu haben einen Preis von 6 ½ – 7 Ct. für das englische Pfund, also etwa 50 Pfg. das Kilogramm. Wir selbst können diese Sache schwerlich anfertigen, da die Röhren bei uns zu teuer sind. Ich möchte aber gern noch einen Versuch machen, ob wir nicht Herrn Kimble behilflich sein können, solche Maschinen in Europa unterzubringen, um die Technik dieser Art von Maschinen uns zugänglich zu machen. In jedem Falle werde ich sowohl Herrn Kimble wie Herrn Mather auf der Rückreise vom Westen in Chicago wieder aufsuchen. Wenn ich mich recht erinnere, so hatte ich ihnen schon geschrieben, daß ich sowohl mit Herrn Casanave (von der Germa-American-Glass Co., New York) wie auch mit Welsbach (in Gloucester, Mass.) und Ruhe [?] wieder neue Verhandlungen aufnehmen werde bei Rückkehr nach New York.“ 16. bis 20. April: Unterbrechung der Geschäftsreise durch mehrtägigen Aufenthalt zu El Tovar am Großen Canyon des Colorado in Arizona. 21. bis 25. April: Aufenthalt in Los Angeles und Verhandlungen daselbst mit Mr. Thorkildsen, dem Präsidenten der Sterling Borax Co. 25. April: Fahrt nach der dieser Gesellschaft gehörigen, 90 km von Los Angeles entfernten Lang-Grube. nach dem 25. April: Aufenthalt in San Francisco. Daselbst Verhandlungen mit Mr. Stauffer, dem Präsidenten der Stauffer Chemical Co., die in San Francisco und anderwärts mehrere chemische Fabriken betrieb. Von San Francisco aus stattete Schott auch der Lick-Sternwarte auf dem Mount Hamilton einen Besuch ab, um dessen großartige Einrichtungen zu besichtigen und besonders das von Alvan Clark herrührende Objektiv des großen Refraktors einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen. Über seine Verhandlungen mit Thorkildsen und Stauffer berichtete Schott in einem am 20. Mai an Klett gerichteten Brief u. a. folgendes: „Der Borkalk Export aus Lang ist noch nicht genügend vorbereitet. Ich habe die Grube in Lang besucht, habe Herrn Thorkildsen in Los Angeles und Stauffer in St. Franzisko [= San Francisco] eingehend gesprochen, sodaß ich wohl sagen kann, in dieser Sache jetzt gut unterrichtet zu sein. Thorkildsen will, wenn er seinen Röstofen (jetzt im Bau) fertig hat, nach Europa kommen und versuchen, ob nicht dort (besonders in Deutschland) große Abschlüsse zu tätigen seien. Jedenfalls sind es unternehmende, tüchtige Leute, die alle einen anständigen Eindruck machen und mit denen ich es wohl für möglich halte, zu einer Verständigung zu kommen. Die ganze Frage mit dem Pandermit ist hinfällig geworden, da wir nur Colemanit erhalten können. Dieser muß aber erst geröstet werden, damit er nicht zu viel Wasser enthält. Ich denke, man könnte versuchen, wenn nicht schon eine Verständigung der Dellarocca mit Borax Consolidated eingetreten ist, diese mit der Sterling Borax Co. in Verbindung zu bringen. Darüber später mehr. Vielleicht wäre es gut, wenn Sie Herrn Winkler [?] ersuchten, alle Negoziationen mit Borax Cons. in London einstweilen zu ver-

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tagen und erst meinen Bericht abzuwarten, zu dem er vielleicht nach meiner Rückkehr nach Jena kommen könnte.“ Als weitere Reisestationen finden sich in Schotts Korrespondenz genannt: Yosemite Valley – Great Salt Lake und von hier Weiterfahrt nach Chicago, wo er sich nun nochmals einige Tage vom 11. bis 13. Mai aufhielt, um hier nochmals mit Mr. Mather von der Sterling Borax Co. wegen der Borkalkfrage und mit dem nun selbst anwesenden Mr. Evan E. Kimble von der Kimble Glass Co. wegen der eventuellen Einführung seiner Auftreibmaschine für Reagenzröhren in Europa und wegen Kimbleschen Bezugs von Jenaer Geräteglas zu verhandeln. Weitere Stationen seiner Reise waren: 14. Mai: Besichtigung der oben genannten Flaschenfabrik der Illinois Glass Co. in Alton bei St. Louis, wo sich Schott besonders für die dort im Betrieb befindlichen OwensMaschinen interessiert haben dürfte, sowie in Pittsburgh, wo er am nächsten Vormittag der berühmten Optischen Werkstätte von Brashear einen Besuch abstattete. Auch hier hörte er wieder, wie vorher schon bei seinem Besuch auf der Lick-Sternwarte, daß man bei der ehemals so angesehenen Pariser Firma Parra-Mantois keine guten, großen Objektivscheiben mehr bekommen könne. Weitere Station Philadelphia. 18. Mai: Rückkunft nach New York. Über den weiteren Verlauf seiner Reise hat sich Schott in einem aus Albany unter dem 20. Mai an Klett gerichteten Brief wie folgt geäußert: „Am Donnerstag [gemeint ist der 18. Mai] habe ich mit Casanave [dem Präsidenten der German-American Glass Co., New York] verhandelt. Die Situation läßt sich nicht gut schriftlich darlegen. Ich hoffe, wir werden auch weiterhin mit ihnen gut auskommen. Man hatte von Hecker hier einen guten Eindruck und wollte auch mit Ros. [gemeint ist Schotts Neffe Rosenkaimer] und H [Hecker] weiter arbeiten. Gestern Vormittag führte mich Houghton [der Präsident der Corning Glaswerke] bei der General Electric Co. ein. Ich fand dort gute Aufnahme. Die Aussichten für unsere Zähler sind aber nicht sehr günstig; man wird die [von Jena aus] hierher gesandten Exemplare prüfen. Man wird sich darüber in 4 – 6 Wochen schlüssig werden, ob man die Sache überhaupt aufnehmen wird. Die Hauptnachteile liegen darin, daß 1.) Gleichstrom zurückgeht und Wechselstrom stark fortschreitet. Man schätzt Gleichstrom auf etwa 1/10 des Wechselstroms. 2.) Die Elektrizitätsgesetze der einzelnen Staaten verlangen als Zähler nur Kilowattstunden-Zähler; Amperestunden-Zähler sind nicht zugelassen. Man müßte gegen diese Bestimmungen angehen. Ich bin jetzt auf dem Wege nach Boston [d. h. wohl in der Werkzentrale der General Electric Co. zu Schenectady, N.Y.], um die Zählerfabrik der General Electric Co. in Lynn zu sehen, wie man mir es in New York anbot. Ich benutze den Sonnabend [den 20. Mai] halber Arbeitstag und Sonntag, dorthin zu fahren. Über Hudson Flußfahrt nach hier und morgen Boston. Bei dieser Gelegenheit will ich auch versuchen, die Clark-Leute [d. h. die Alvan Clark Corporation in Cambridgeport bei Boston] dort zu sehen, um zu versuchen, ob wir nicht mit ihnen ins Geschäft kommen können. Ich war auf dem Mount Hamilton b. St. Jose (Kalifornien). Dort versicherte mir Cambell (der Direktor), daß Parra(-Mantois in Paris) in seinen Leistungen zurückgehe, was mir auch Brashear bestätigte. Man könne gute große Scheiben dort nicht mehr kaufen.

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Am Montag Abend [den 22. Mai] gedenke ich wieder in New York zu sein und werde die mir dann noch zur Verfügung stehende Zeit dazu benutzen, noch mit Ruhe [?] und Crawford (letzterer steht mit ersterem auf sehr guten Fuße) zu konferieren. Und dann werde ich noch weitere Besuche machen. Ob noch Noe, ist mir zweifelhaft, da ich glaube, wir können neben der Weltbach Co. nicht gleichzeitig mit noch 2 Großhändlern arbeiten, weil wir sonst schwerlich Weltbach halten können, die sich über die Preistreibereien von Noe beklagten. Rückfahrt Dienstag 30. Mai auf der ‚Kronprinzessin Caecilie‘. Ankunft dort wohl am 8. Juni .“ Näheres über die in diesem Brief Schotts berührten und noch für den Rest seines Aufenthaltes in New York in Aussicht genommenen Verhandlungen ergibt sich aus den nach seiner Rückkehr den einzelnen Werksabteilungen zugeleiteten Spezialberichten. Aus ihnen seien den Mitteilungen an Klett nur einige ergänzende Bemerkungen hinzugefügt. Bei dem erneuten Besuch Schotts bei der German -American Glass Co. vom 19. Mai handelte es sich ebenso wie bei dem ersten vom 27. März wiederum im Wesentlichen um die Bedingungen, denen die vom Jenaer Glaswerk dieser Gesellschaft gelieferten Wasserstandsröhren für amerikanische Eisenbahnen genügen mußten, um sich gegen die Konkurrenz des seit zwei Jahren auf den Markt gebrachten Bishopschen Adamantglases behaupten zu können. Auch über die Konkurrenz, die ihr von Seiten der Brooklyner Firma Schäffer & Budenberg hinsichtlich der Verkaufspreise für die aus Jena von ihr bezogenen Wasserstandsröhren gemacht würde, führte die German-American Glass Co. gegenüber Schott lebhafte Klage. Die gleiche Klage wurde von der Firma Schäffer & Budenberg gegen die German-American Glass Co. erhoben, als Schott auch ihr noch vor der Abreise aus New York seinen Besuch abstattete. Die Besuche, die Schott dem Büro der General Electric Co. von Schenectady in New York sowie den beiden dieser Gesellschaft gehörigen Unternehmungen, nämlich der Zählerfabrik zu Lynn bei Boston und der Fabrik für elektrische Glühlampen und Gleichrichter zu Harrison abstattete, hatten mehr informativen als unmittelbar geschäftlichen Charakter. Besonders wertvoll waren ihm dabei die Erläuterungen, die er dabei über viele technische und kommerzielle Einzelheiten der Gleichrichter-, Zähler- und Lampenfabrikation durch die ihn bei der Besichtigung begleitenden Herren, z. B. dem Ingenieur Borrows, einem hervorragenden Spezialisten auf dem Gebiet der Lampen-Blasmaschinen, den Ingenieuren Dr. Weintraub und Morrison erhielt. Ebenso hatte der Besuch Schotts, den er noch vor seiner Rückreise der CooperHewitt-Electric Co. in Hoboken abstattete, zunächst einen mehr informativen Charakter, obwohl er sich auch geschäftlich insofern als nicht unergiebig erweisen sollte, als man ihm hier in Aussicht stellte, sich um die Einführung der Jenaer Phiolen in Amerika, insbesondere um die Einführung der Phiolen zur Dosierung von Medikamenten in der amerikanischen Marine und Armee verwenden zu wollen. Ebenso wurde ihm von dem hier leitenden Direktor Hill zugesagt, daß dieser sich um die Regelung der zwischen dem Jenaer Glaswerk einerseits und der Westinghouse-Cooper-Hewitt-Electric Co. in Paris andererseits bestehenden Schwierigkeiten bemühen wolle. Auch hier wurde er durch den ihn begleitenden Betriebsingenieur Dr. Josef Pole mit allen Einzelheiten des Betriebs und der in ihm in gewaltigen Mengen hergestellten Hewitt-Lampen in denkbar zuvorkommender Weise bekannt gemacht.

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Die unter den nun verstorbenen Inhabern Clark zu hoher Berühmtheit gelangten Optische Werkstätte Alvan Clark-Corporation zu Cambridgeport bei Boston, die Schott am 22. Mai besucht hatte, machte auf ihn einen sehr dürftigen Eindruck und er fand, daß die von Brashear in Pittsburgh viel besser eingerichtet sei. An weiteren Besuchen, die Schott noch vor seiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten einzelnen Kundenfirmen abstattete, nennen seine ausführlichen Erfahrungsberichte noch die für optisches Glas zu Brillen in Betracht kommende Columbia Optical Co. und die mit Jenaer Normalglas für ärztliche und hochgradige Thermometer arbeitende Glasinstrumentenfabrik Tagliabue zu Brooklyn, die von ihm noch am 29. Mai, also einen Tag vor seiner Abreise, aufgesucht wurde. Als unmittelbare Auswirkung der oben erwähnten, Schott bei seinem Besuch der Cooper-Hewitt-Electric Co. in Hoboken zugesagten Vermittlungstätigkeit ist es wohl zu verstehen, wenn in einer Unterredung, die Schott am 31. Juli 1911 in Berlin mit einem Vertreter der Westinghouse Electric Company Ltd. (Continental Branch) in Paris hatte, abgemacht wurde, daß die zwischen dem Glaswerk und der Westinghouse CooperHewitt Co. abgeschlossenen Lizenzverträge vom 1. Februar 1909 und vom 1. April 1910 über Hageh-Lampen als annulliert gelten sollten. In dem die Pariser Westinghouse Electric Co. in Paris die Berliner Abmachung bestätigte, führte sie in einem Schreiben an das Glaswerk vom 18. September zusätzlich aus: Es wurde jedoch abgemacht, daß das Glaswerk, um die Berliner AEG oder die Westinghouse Cooper-Hewitt Co., die bis jetzt ihre Werkzeuge und Lampenkolben vom Glaswerk bezogen haben, nicht in Verlegenheit zu bringen, diese noch bis zum 31. Januar 1912 dahin liefern soll, und daß, falls die AEG oder die Westinghouse Cooper-Hewitt Co. in Berlin die Fabrikation der Kolben aufnehmen wird, das Glaswerk sich bereit erklärt, der einen oder der anderen dieser beiden Gesellschaften alle zur Herstellung der Kolben erforderlichen Geräte zu verkaufen, auch der AEG den Mr. Haiding zu überlassen sollte, falls sie beabsichtigten die Herstellung zu übernehmen und Mr. Haiding bei sich anzustellen. In einem unter dem 22. September 1911 an die Westinghouse Cooper-Hewitt Co. Ltd. Paris gerichteten Schreiben bestätigte das Glaswerk die vorstehende Abmachung und fügte hinzu, es möchte sich jedoch das Recht vorbehalten, Uviol- und HagehLampen nach eigenem System lizenzfrei herzustellen. Doch wolle es sich verpflichtet fühlen, während der Dauer der Patente der Gesellschaft Hageh-Lampen nicht mehr nach Frankreich zu liefern. Auch werde man in Jena während der Dauer dieser Patente keine Quecksilberlampen mit angesetztem Kondensator mehr herstellen. Für den Bezug von Borkalk blieb das Glaswerk, wie aus Kletts Geschäftsbericht über das Betriebsjahr 1. April 1913 bis 1. April 1914 hervorgeht, bis zum Beginn des Weltkriegs auch weiterhin im wesentlichen auf das von der Londoner Borax Consolidated Co. bezogene Rohmaterial angewiesen. Offenbar hängen zwei Geschäftsreisen, die Schott im Frühling und Herbst des Jahres 1912 nach Konstantinopel unternahm, mit seinen Bemühungen zusammen, sich der Abhängigkeit von diesem mächtigen Konzern, der mit einem Betriebskapital von 60 Millionen Mark arbeitete und seine Preise fortlaufend weiter steigerte, nach Möglichkeit mit Hilfe kleinasiatischer Borazitgruben zu entziehen, zusammen. Bei einem Besuch, den er am 24. April 1912 der dem Mr. Stauffer in San Francisco gehörigen Fabrik Süddeutsche Chemische Werke in Gernsheim abstattete, sagte

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man ihm, die Londoner Borax Cons. Co. habe inzwischen von der Thorkildsen, Mather Co. die Grube in Lang gekauft, und so müsse Gernsheim sein Rohmaterial nach wie vor von der Borax Cons. Co. und zwar über Rotterdam aus Argentinien beziehen, dürfe aber keine Borsäure, sondern – aus monatlich 120 Tonnen Borkalk – nur Borax herstellen. In einem von Schott nach Hause gerichteten Brief heißt es daher: „Unser letzter Stützpunkt im Kampfe gegen die Borax Consolidated in London bleiben demnach jetzt nur noch die kleinasiatischen Grubenfelder.“ Allerdings wurde die erwähnte, von Schott am 24. April 1912 in Gernsheim erhaltene Auskunft bei einem weiteren Besuch am 2. November 1912 in Gernsheim durch den diesmal persönlich anwesenden Leiter Dr. Bork dahin berichtigt, daß die Lang-Grube nicht an die Borax Cons. Co. verkauft worden sei, sondern daß wahrscheinlich zwischen dieser und der Thorkildsen, Mather Co. nur ein Abkommen über den europäischen Markt geschlossen worden sei. Es existiere aber noch eine belgische Compagnie de Borax in Brüssel, die in Argentinien Gruben besäße und für belgische Fabriken ausbeute, sich auch noch eine gewisse Selbständigkeit von der Borax Cons. Co. bewahrt habe. Vielleicht würde es nicht unzweckmäßig sein, wenn sich Schott mit dieser belgischen Gesellschaft in Verbindung setzen würde. Darüber, daß Schott den Versuch gemacht hätte, diese Anregung aufzunehmen, konnte nichts ermittelt werden. Falls er ihn wirklich unternommen haben sollte, dürfte er ohne Erfolg geblieben sein. Aus den in geschäftlicher Hinsicht wichtigen Verträgen, die vom Glaswerk in der Zeit zwischen dem 1. April 1911 und dem 31. März 1913 abgeschlossen wurden, sind, außerdem bereits oben erwähnten, am 6. Januar 1911 mit Hatfield abgeschlossenen Abkommen, besonders die folgenden hervorzuheben: 1.) Durch einen am 15. Juni 1912 zwischen dem Glaswerk und der Deutschen Gasglühlicht-AG (der sog. Auergesellschaft) in Berlin mit Wirkung vom 1. April 1912 abgeschlossenen Vertrag über die Preise und Preisvergünstigungen für die Lieferung Jenaer Beleuchtungsgläser, Autositschirme und Außenlampenglocken an die Auergesellschaft räumte das Glaswerk der letzteren einen 30%igen Nachlaß auf die Bruttopreise der für Deutschland bestimmten Beleuchtungsgläser und einen solchen von 30% auf Autositschirme und von 5% auf Außenlampenschirme ein. 2.) In einem am 9. November 1912 zwischen der Firma Ehrich und Graetz, Berlin (als Inhaberin eines Patentes über Zugzylinder für Hängeglas) einerseits und den Glashüttenfirmen Schott & Genossen Jena, Gebr. Putzler GmbH, Penzig und S. Reich & Co., Berlin andererseits abgeschlossenen Vertrag verpflichteten sich die letzteren Firmen gegen die erstere (als Patentinhaberin) auf eine Lizenz-Abgabe für die von ihnen verkauften Zugzylinder für Hängeglas unter näher bezeichneten Bedingungen. 3.) Ein zwischen dem Jenaer Glaswerk Schott & Genossen und der Firma Rheinische Glashütten AG Köln-Ehrenfeld unter dem 29. Januar 1913 abgeschlossenen Vertrag verpflichtete die letztere Firma, von spätestens dem 1. März 1913 ab kein Laboratoriumsglas oder Gläser nach Art der vom Jenaer Glaswerk erzeugten mehr herzustellen. Wenden wir uns nunmehr den Erläuterungen zu, die Klett seinem Geschäftsbericht über das Betriebsjahr 1. April 1913 bis 1. April 1914 beigefügt hat, so erfahren wir aus ihnen zusätzlich zu dem darüber bereits oben Berichteten folgendes: „Optik: Warenausgang 1 550 655,11 M (Steigerung um ca. 11% gegenüber dem Vorjahr und ca. 30% gegenüber dem Vorvorjahr). Hieran gleichmäßige Beteiligung des Aus-

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landes mit Ausnahme von USA, wo Rückgang zu verzeichnen. Entnahme von Zeiss: 44,5% des Gesamtumsatzes (gegenüber 44,1% im Vorjahr). Rückgang der Entnahme von Goerz von 217 000 auf 196 000 M, weil sich das Glaswerk genötigt sah, ab 1. Oktober 1913 die Beziehungen zu dieser Firma abzubrechen. Bei Zeiss dagegen Steigerung von 614 000 M auf 692 000 M. Bemerkenswerte Mehrabnahme bei den deutschen Hauptkunden: Rodenstock, Voigtländer, Meyer, Heyde; bei den englischen: Ross und T. T. & Hobson; bei dem französischen: Mathieu und bei dem japanischen: American Trading Co. Rückgang bei Bausch & Lomb: von 111 600 auf 28 000 M. Rohr: Warenausgang 810 899,38 M (Steigerung um ca. 3%). In Thermometerröhren gleichbleibender Umsatz trotz Einführung des von der Phys.[ikalisch-] Techn.[ischen] Reichsanstalt für abgekürztes Prüfverfahren zugelassenen ‚Ggff-Glases‘ der Fa. Gustav Fischer – Ilmenau. Bevorzugte Nachfrage nach dem teuren braunen Phiolen-Röhrenglas gegenüber dem Klarglas. Ausfall einer Lieferung von Wasserstandsröhren (von 50 000 M) nach USA. Starke Zunahme des Verkaufs von Laboratoriumsröhren nach außen. Alle in größeren Mengen gebrauchten Röhren werden jetzt im Wannenbetrieb hergestellt. Trennung des schwerer schmelzbaren Fiolaxglas vom Durobax-Glas. Geräte: Warenausgang 892 722,29 M (Steigerung ca. 29%). Besonders merkliche Steigerung in Deutschland von 799 000 auf 893 000M. Leichter Rückgang u. a. in USA. Die Fa. Gustav Fischer, Ilmenau, gibt Preisliste mit einem neuen, besseren Glas heraus, dessen Einführung noch nicht bemerkbar ist. Zylinder: Warenausgang 3 512 526 M. Angefertigt wurden 25 273 600 Stück (gegen 29 785 000), ausgeliefert 25 364 000 (gegen 27 730 900). Die Umsatzverminderung im Ausland stärker als im Inland, bedingt durch zunehmende Konkurrenz, stärkere Verbreitung sog. Mittelfabrikate und Rückgang der Gasglühlichtbeleuchtung gegenüber der Elektrizität. Weitere Preisermäßigungen, besonders im Ausland waren nötig. Durchschnittlicher Herstellungswert pro Dtz.: 1,21 M (1,13 M), Verkaufswert: 1,81 M (1,66 M). Erhebliche Ersparnisse an Betriebsaufwendungen wurden erzielt durch verbesserte Fabrikationseinrichtungen (z. B. Gaserzeuger, Wannenanlagen), nämlich: an Glassatz 150 000 M, an Bearbeitungslöhnen: 33 000 M, an Schmelzkosten: 175 000 M, an Betriebskosten: 80 000 M. El. (= Lampen, Gleichrichter): Warenausgang 19 153 M: Überschuß 1 000 M Elektrische Zähler: 421 617,41 M. Befriedigende Entwicklung von Fabrikation und Umsatz. Die gangbaren Zählersorten werden seit Monaten mit der viel billigeren KohleKathode (DRP) ausgerüstet. Die von größeren Werken aufgenommenen Versuche sind sämtlich gut ausgefallen. Verkauft wurden von den (billigeren) Klein-Stia-Zählern 2 700 (1 000), von den Unter-Stia-Zählern 13 600 (12 700), Haus-Stia-Zählern 2 800 (3 600), Fabrik- u. Batterie-Stia-Zählern 580 (880). Verteilung des Umsatzes: Deutschland 312 000 M, Rußland 43 000 M, Schweiz 33 000 M, Spanien 14 700 M usw. (von 4 600 abwärts bis 1 100 M). Die Entnahme der AEG betragen 10,8% (19,3%) vom GesamtUmsatz. Die Lizenzabgabe ist von 27 000 M auf 33 500 M gestiegen. Chemische Fabrik: Warenausgang 322 322,90 M Borsäure 69 673,85 M 391 996,75 M Gesamte Betriebsaufwendungen

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466 648,95 M –74 652,20 M Mehrvorrat 100 000 M Brutto Ausgleichsziffer 25 347,80 M (= 6,5 % vom Umsatz, im Vorjahr 8%) Abschreibungen 17 000 M Rein-Überschuß 8 347,86 M (= 2% vom Umsatz) Es wurden erzeugt: Borsäure 148 240 kg (+ 7 780) Fraktionssalz 700 000 kg (–205 600) Der von der Fabrik berechnete Durchschnittssatz betrug: für Borsäure 47 M für 100 kg für Fraktionssalz 46,-M für 100 kg Der Handelspreis für Borsäure war zu Anfang des Geschäftsjahres 1913/14 52 M, ist aber am 1. Oktober 1913 auf 57 M gestiegen. Bei einem Handelspreis von 52 M würde sich für das Glaswerk ein Einkaufspreis von ca. 49 M, bei 57 M ein solcher von 53,70 M ergeben, wenn das Glaswerk auf den Marktpreis angewiesen wäre. Der letztjährige Borkalkverbrauch belief sich auf 1 268 193 kg. Gasanstalt: Umsatz für Gaslieferung 92 497,60 M Kokslieferung 33 911,53 M Teerlieferung 6 494,55 M Ammoniaklieferung 1 045,90 M 133 949,58 M Betriebsaufwendungen 101 577,43 M 32 372,15 M Mehr-Vorrat 7 800 M Bruttoausgleichsziffer: 40 172,15 M (= 30%, im Vorjahr 34% vom Umsatz) Abschreibungen 31 000 M Rein-Überschuß 9 000 M (= 6,5% vom Umsatz) Erzeugt wurden: 924 976 cbm Gas (1 180 000) Herstellungskosten 9 Pfg. für 1 cbm, berechnet 10 Pfg Kohlen- u. Kokspreis, Heizkraft des Gases wie im Vorjahr. Der Gesamt-Warenausgang des Glaswerks (ohne die chemische Fabrik und die Gasanstalt) belief sich im Geschäftsjahr 1913/14 auf 7 208 900 Mark (= +17 000 gegenüber 1912/13) Es verteilt sich auf diejenigen Absatzländer, die für über 100 000 Mark Waren bezogen hatten, wie folgt: Deutschland 3 716 000 M (= + 117 000 M) England 707 000 M (= – 31 000 M) Frankreich 568 000 M (= – 33 000 M) USA 488 000 M (= + 144 000 M) Rußland 326 000 M (= – 22 000 M) Italien 183 000 M (= – 11 000 M) Österreich 157 000 M (= + 5 000 M) Holland 154 000 M (= + 8 000 M)

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Belgien 154 700 M (= + 8 000 M) Asien (ohne Kleinasien) 104 000 M (= + 35 000 M) Besonders stark springt dabei der Rückgang des Umsatzes nach den USA in die Augen. Vom Kapitalkonto (in Höhe von 5 000 000 M) ergab sich dabei ein Reingewinn von 2 128 000 M = 42,7% (im Vorjahr 42,6%) ohne die 4%igen Kapitalzinsen in Höhe von 200 000 M.“ Der Bericht Kletts über das Geschäftsjahr des Glaswerks vom 1. April 1914 bis zum 31. März 1915, dem wir uns nunmehr zuwenden, ist für uns nicht nur deswegen besonders wichtig und aufschlußreich, weil ihm die bereits oben mitgeteilten statistischen Zusammenstellungen über die Gewinn- und Verlust-Rechnung sowie über die Betriebskonten des Glaswerks in den Jahren 1910/11 bis 1914 /15 beigefügt sind, sondern auch deswegen, weil wir aus ihm klar ersehen können, wie sich bereits die acht ersten Monate des Ersten Weltkriegs im Sinne einer zwangsläufigen Umstellung der Geschäfte von der Friedens- auf die Kriegswirtschaft ausgewirkt haben. Hatte das Glaswerk im Geschäftsjahr 1913/14 bei einem Gesamtwarenausgang (ohne chemische Fabrik und Gasanstalt) im Wert von 7 028 900 Mark einen Rein-Überschuß von 2 128 000 Mark erzielt, so sank der erstere Betrag im Jahr 1914/15 auf 5 779 000, der letztere auf 1 424 000 herab. Hatte der Reingewinn, bezogen auf das Betriebskapital von 5 000 000 Mark, 1913/14 gleich 42,7% betragen, so betrug er nunmehr, bezogen auf das inzwischen um 1 Millionen Mark erhöhte Betriebskapital, nur noch 23,7%. Bei den einzelnen Betriebskonten gestalteten sich die Verhältnisse wie folgt: Optik: Warenausgang 1 823. 224,35 Mark (Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 273 000 Mark) Die Steigerung war fast nur auf den erhöhten Inlandumsatz zurückzuführen, der nach den ersten zwei bis drei Monaten eine noch nie da gewesene Höhe (z. B. im März 1915 von 220 000 Mark) erreicht hatte. Die Verteilung des Umsatzes in Deutschland: Zeiss 775 000 Mark (gegenüber 1913/14: 708 000 Mark) Goerz 394 000 Mark (gegenüber 1913/14: 196 000 Mark - Durch den Krieg war das Glaswerk genötigt, dieser Firma wieder optisches Glas für militärische Zwecke zu liefern) Busch 124 000 Mark (gegenüber 1913/14: 55 000 Mark) Voigtländer 51 000 Mark (gegenüber 1913/14: 36 000 Mark) Rodenstock 57 000 Mark (gegenüber 1913/14: 43 000 Mark) Leitz 64 000 Mark (gegenüber 1913/14: 14 000 Mark) Oigee (?) 29 000 Mark (gegenüber 1913/14: 12 000 Mark) Hensoldt 14 900 Mark (gegenüber 1913/14: 9 200 Mark) Fueß 11 000 Mark (gegenüber 1913/14: 1 400 Mark) Dr. Gerard 10 000 Mark (gegenüber 1913/14: – Mark) Im Ausland: insgesamt 158 000 Mark Ende November 1914 wurde auf die Anregung von Zeiss und dem Glaswerk ein Ausfuhrverbot für optisches Glas vom Reichsamt des Inneren erlassen. Ende Dezember erfolgte die Beschlagnahme des optischen Glases durch das Preußische Kriegsministerium in Berlin. Von diesem Zeitpunkt an durften nur noch „Kriegsgläser“ geschmolzen werden. Mitte Februar 1915 wurde die Beschlagnahme der „Nichtkriegsgläser“ wieder aufgehoben.

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Die Entnahme der Firma Zeiss betrug 42,5% des Gesamtumsatzes (gegenüber 44,5% im Vor- und Vorvorjahre). Die Ausbeute an verkäuflichem Plattenglas, bezogen auf die berechnete Schmelzung, stieg von 12,4 auf 16,9%. Infolge von Preissteigerungen der Rohstoffe und Erhöhung der allgemeinen Herstellungskosten machten sich Preiserhöhungen von 20 bis 30% notwendig. Rohr: Warenausgang: 753 606,80 Mark (– 57 000 gegenüber dem Vorjahr). Sehr starker Rückgang bei Thermometer- und Laboratoriumsröhren; starker Anstieg (um 73 000 auf 313 000) bei Phiolenröhren. Geräte: Warenausgang: 551 408,14 Mark. Minderung gegenüber dem Vorjahr um 341 000 Mark, vornehmlich bedingt durch den Ausfall der sehr bedeutenden Ausfuhr nach England und der Beeinträchtigung der ebenfalls sehr erheblichen Ausfuhr nach USA. Zylinder: Warenausgang: 2 133 874,20 Mark (= – 1 379 000 !) Die noch unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges vollzogenen Abschlüsse mit den wichtigsten ausländischen Absatzgebieten hatten für das Geschäftsjahr befriedigendes Ergebnis gehabt, trotz notwendig gewordener weiterer Preiszugeständnisse, besonders nach England. Infolge des Krieges konnten sie zumeist nicht ausgenutzt werden. Es fielen aus: die großen Lieferungen nach England, Frankreich und Rußland; auch bei den Vereinigten Staaten ergab sich erheblicher Ausfall. In Deutschland hatte sich das Geschäft nach den ersten Kriegsmonaten befriedigend entwickelt. Es ergab sich hier ein Umsatz von 1 170 000 Mark (gegenüber 1 425 000 Mark im Vorjahr). Der Umsatz nach dem Ausland ging von 2 085 000 (in 1913/14) auf 950 700 Mark zurück. Elektrisches Glas: Warenausgang 13 092 Mark (= – 6 000 Mark). Die Abteilung erfuhr eine Erweiterung durch Aufträge auf Hewitt-Lampen von Seiten der Westinghouse-Cooper-Hewitt GmbH, Berlin, sowie auf Gleichrichterkolben von Seiten der AEG, deren französischamerikanische Bezugsquellen durch den Krieg unterbunden worden waren. Dauernde größere Abnahme von Gleichrichterkolben wurde für die Zeit nach dem Krieg durch die AEG in Aussicht gestellt. Elektrische Zähler: („Elz“): Warenausgang 504 168,90 Mark (+ 83 000 Mark) Infolge des Petroleummangels ergab sich großer Bedarf nach kleineren Zählern, dem nur durch zeitweise Überstunden genügt werden konnte. Im November/Dezember 1914 erreichte der Monatsumsatz eine bis dahin noch nie erreichte Höhe. Durch günstiger gestaltete Fabrikationseinrichtungen und größere Vorräte an den Hauptrohstoffen konnte von einer Preiserhöhung abgesehen werden. Insgesamt wurden 26 500 der vier verschiedenen Typen von Zählern verkauft (gegen 19 680 im Vorjahr). Es bestand weiterhin erhöhte Nachfrage nach den billigen Klein-Stia-Zählern. Der Umsatz verteilte sich: auf Deutschland 436 000 Mark, auf das gesamte Ausland 70 000 Mark. Die Entnahmen der AEG betrugen 8,4% (gegen 10,8 bzw. 19,3% 1912/14). Die Lizenzabgabe stieg von 33 500 Mark auf 40 300 Mark. Chemische Abteilung: Warenausgang 240 799,80 Mark (– 151 100 Mark); Rein-Überschuß: 2 000 Mark.

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Gasanstalt: Gaslieferunq (incl. Koks, Teer und Ammoniak) 97 636,05 Mark (– 36 000 Mark) Es wurden 655 000 cbm Gas abgegeben (gegen 924 000 cbm im Vorjahr), Gaspreis für 1 cbm 0,10 Mark; ab 1. April 1915 0,11 Mark. Papierfabrik Tannroda GmbH: Papierlieferungen an Schott: 37 171,60 Mark, an andere Firmen 154 713 ,47 Mark, zusammen 191 885,07 Mark. Es wurden hergestellt: ca. 1 800 000 kg Strohpapier (gegen 2 47 000 kg im Vorjahr), Herstellungswert pro 100 kg 11,12 Mark (gegen 10,18 Mark im Vorjahr), Verkaufswert pro 100 kg 11,30 Mark (gegen 11,75 Mark im Vorjahr). Sägewerk Tannroda: Verlustposten 8 179,94 Mark, Pachteinnahme 10 180 Mark, somit Überschuß 2 000,04 Mark. Wenn wir nunmehr versuchen wollen, die Entwicklung der Personalverhältnisse im Glaswerk während der Zeit von 1900 bis zum Ende des Geschäftsjahres 1914/15 darzustellen, so ist dies nur in großen Zügen möglich, da für mehrere der in Betracht kommenden Jahre die exakten statistischen Angaben nicht mehr vorliegen. Welche Bedeutung dem hier in Frage kommenden Zeitabschnitt hinsichtlich der Personalverhältnisse innerhalb der ersten 50 Jahre des Bestehens des Glaswerks, also von 1884 bis 1934, zukommt, ist klar zu erkennen aus der in der oben mehrfach erwähnten Festschrift 1934 (S. 44) veröffentlichten Tabelle. Läßt schon diese Tabelle, für die zur Zeit ihrer Entstehung offenbar noch erschöpfendere statistische Erhebungen zur Verfügung gestanden hatten, innerhalb der im Großen steil aufwärts steigenden Kurve die hemmende Einwirkung der Krisenjahre 1903/04 und vor allem den schon 1913/14 leicht merklichen und 1914/15 durch den Krieg bedingten starken Abstieg erkennen, so findet dieses allgemeine Bild durch die nachfolgenden, einzelnen Jahresberichten entnommenen Zahlen seine volle Bestätigung. Wie wir oben gesehen haben, hatte am 31. Oktober 1899 die Gesamtzahl der Geschäftsangehörigen (mit Einschluß von 31 wissenschaftlichen, technischen und kaufmännischen Beamten und Gehilfen) 354 betragen und hatte sich bis zum 1. Oktober 1902 auf eine Gesamtzahl von 700 verdoppelt. Unter dem Einfluß der unmittelbar danach einsetzenden Krisenjahre war sie am 1. April 1903 auf 630, am 1. April 1904 auf 600 zurückgegangen, um am 1. April 1905 wieder auf 665, bis zum 1. April 1906 auf 683 anzusteigen und sich dann stetig derart zu erhöhen, daß am 1. April 1913 die Rekordzahl von 1 315, also eine fast hundertprozentige Vermehrung, erreicht war. Zu berücksichtigen ist dabei, daß zu den älteren Betriebsabteilungen (Optik, Rohr, Geräte, Zylinder) von 1905/06 ab die werkseigene Chemische Fabrik, von 1907/08 ab die Betriebsabteilung „El“ (für Quecksilberdampflampen und Gleichrichter) sowie die Nebenbetriebe Sägewerk und Papierfabrik Tannroda (mit 34 bzw. 12 beschäftigten Personen) hinzugekommen waren, ferner seit 1909/10 die werkseigene Gasanstalt und seit 1911/12 die Betriebsabteilung „Elz“ (für elektrische Stromzähler). Am 1. April 1914 betrug die Gesamtzahl der Werksangehörigen 1 217 (also 98 Personen weniger als im Vorjahr 1912/13). Sie setzte sich zusammen aus fünf wissenschaftlichen, fünf technischen, 69 kaufmännischen sowie 35 Betriebsbeamten und 1 105 im Betrieb beschäftigten Arbeitern.

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Wie sich die ersten Kriegsmonate im gesamten Personalbestand ausgewirkt hatten, zeigt die Tatsache, daß dieser am 1. April 1915 auf 789, also 428 weniger Personen als im letzten vollen Friedensjahr, zurückgegangen war, nämlich auf vier wissenschaftliche, zwei technische, 57 kaufmännische, 26 Betriebsbeamte und 700 sonst im Werk beschäftigten Personen. Die Verteilung der Arbeiter auf die einzelnen Betriebsabteilungen und Nebenbetriebe in den beiden Jahren 1913/14 und 1914/15 zeigt folgende Zusammenstellung: Beschäftigte 1913/14 1914/15 Optik 89 100 Rohr 46 76 Geräte 105 85 Zylinder 457 340 El ? 2 Elz 147 97 Chemische Fabrik 17 16 Gasanstalt ? 3 Papierfabrik Tannroda 33 22 Sägewerk Tannroda (verpachtet) Zum Heeresdienst waren bis zum 31. März 1915 eingezogen: 37 Beamte und 461 Personen im Betriebe. Die Entwicklung der vom Glaswerk in der Zeit von 1900/91 bis Ende 1914/15 geleisteten Lohn- und Gehaltszahlungen ist aus folgender Tabelle ersichtlich, in der wir aus Raumgründen folgende Abkürzungen verwendet haben: LGK bedeutet: Lohn- und Gehaltskonto, d. h. den Jahresbetrag von Lohnzahlungen (L) und Gehaltszahlungen (G), wobei letztere in den vorliegenden Quellen manchmal nur summarisch aufgeführt sind, in anderen Fällen aber aufgeteilt sind in die Zahlungen a) für die kaufmännischen, b) die wissenschaftlich und technischen Beamten nebst bb) dem Hüttenmeister und c) die gleichzeitig für das Glaswerk wie für die Optische Werkstätte Carl Zeiss tätigen Beamten. In dem mit LGK bezeichneten Betrag sind demnach noch nicht mit enthalten die im Statut der Carl Zeiss-Stiftung vorgesehenen Weihnachts-Gratifikationen, auf die wir besonders zurückkommen werden. Da, wo bei den Summen LGK gegenüber den Summanden L und G bzw. a, b, bb, c rechnerische Unstimmigkeiten auftreten, beruhen sie darauf, daß vorläufige Bilanzposten bei endgültiger Abrechnung noch mehrfach Abänderungen erfahren haben, für die spezielle Unterlagen nicht mehr zu erlangen waren. Übersicht über die Lohn- und Gehaltskonten des Glaswerks in den Geschäftsjahren 1900/01 bis 1914/15 (in Mark) Geschäftsjahr 1900/01 1901/02 1902/03 1903/04

LKG L 600 000 521 000 788 000 702 000 Unterlagen fehlen 707 000 616 000

G 79 000 86 000

bzw. a, b, bb, c

90 000

a b bb c

46 000 20 900 6 000 17 000

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ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS 1886–1914 – EINLEITUNG VON 1959

Geschäftsjahr 1904/05

LKG 784 384

L 692 000

G 92 385

1905/06

864 800

760 900

1906/07

964 600

843 000

104 880 darunter für Klett extra 10 000 Mark 121 600

1907/08

1 123 5000

987 000

135 900

1908/09

1.386 000

1 222 000

1909/10

1 496 000

1 319 100

163 600 darunter für Klett extra 10 000 Mark 176 200

1910/11

1 680 100

1 484 000

196 100

Unterlagen fehlen 2 098 700 1 791 700

307 100

1911/12 1912/13 1913/14

2 071 693

1 745 393

326 000

1914/15

1 432 900

1 228 900

204 100

bzw. a, b, bb, c 52 300 a) 22 300 b) 6 600 bb) 11 100 c) a) 60 000 b) 24 900 bb) 7 100 c) 13 460 a) 72 300 b) 30 000 bb) 6 000 c) 13 000 a) 81 000 b) 35 000 bb) 6 000 c) 13 900 a) 103 400 b) 40 300 bb) 6 000 c) 14 200 a) 110 700 b) 46 000 bb) 6 200 c) 14 000 a) 121 200 b) 547 000 bb) 6 200 c) 14 000 a) b) c) a) b) c) a) b) c)

147 000 147 000 13 000 156 000 156 000 14 300 130 000 58 000 16 000

Den von Abbe im § 98 des Statuts der Carl Zeiss-Stiftung niedergelegten Grundsätzen über eine jährliche Lohn- und Gehaltsnachzahlung an alle zum Betrieb gehörigen Arbeiter und Beamten (mit Ausnahme der Mitglieder der Geschäftsleitung), die den Zweck verfolgt hatten, den Geschäftsangehörigen neben dem unveränderlichen Einkommen noch eine zusätzliche, den schwankenden Konjunkturen Rechnung tragende,

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

also veränderliche Einkommensquote zu gewährleisten, war im Glaswerk seit dem Inkrafttreten des Stiftungsstatuts dadurch Rechnung getragen worden, daß man für die Gesamthöhe dieser Nachzahlung jeweils 4% vom gesamten Lohn- und Gehaltskonto des letzten Geschäftsjahres zugrunde gelegt hatte. Und zwar erhielt jeder Geschäftsangehörige, der beim Schluß (ab 1905: im Laufe) des vergangenen Rechnungsjahres im Dienst der Firma gestanden hatte, die eine Hälfte der auf ihn entfallenen Gratifikation am nächsten Weihnachtsfest, die andere zu Beginn der nächstfolgenden sommerlichen Betriebs- und Urlaubspause ausgezahlt. So lesen wir in Vollerts Geschäftsbericht über das Geschäftsjahr 1. Oktober 1901 bis 1. Oktober 1902: „Lohnnachzahlungen bei Carl Zeiss: 8% (= 149 000), im Vorjahr 10%. Die Finanzlage hätte nur 1,5% gerechtfertigt, Prof. Abbe machte jedoch geltend, daß in früheren günstigeren Jahren, in denen statutengemäß ein höherer Betrag hätte bewilligt werden müssen, immer nur höchstens 10% bewilligt worden waren, um zu große Schwankungen zu vermeiden. Darum dürfe man jetzt nicht unter 8% heruntergehen […] Zugleich wurde beschlossen, die Arbeiterschaft darauf vorzubereiten, daß sie im nächsten Jahr bei Fortdauer der eingetretenen Geschäftsstockung auf eine Lohnnachzahlung nicht zu rechnen habe. Bei Schott: die übliche Weihnachtsvergütung von 4% des Lohnund Gehaltskontos, insgesamt 21 000 M.“ Auch in Vollerts Geschäftsbericht über das Geschäftsjahr des Glaswerks vom 1. Oktober 1902 bis zum 1. Oktober 1903 bzw. 1. April 1904 heißt es wiederum: „An das Personal wurde Weihnachten 1903 die übliche Weihnachtsgabe von 4% des Lohn- und Gehaltskontos verteilt.“ In der Folgezeit finden wir in den einschlägigen Berichten und Akten diese jährlichen Lohn- und Gehaltsnachzahlungen nicht mehr nur als „Weihnachtsgabe“, sondern auch als „Sonderzulage“ oder (von 1905/06 ab) auch als „Weihnachtsgabe und Teuerungszulage“ bezeichnet. Auch werden sie nun in der Regel nicht mehr als 4%-Beträge vom Lohnund Gehaltskonto, sondern als so und sovielprozentige Teilbeträge vom bilanzmäßigen Reingewinn charakterisiert. Es traten also zu den in der oben mitgeteilten Übersicht angegebenen Beträgen, die wir als Lohn- und Gehaltskonto (LGK) bezeichnet hatten, von Jahr zu Jahr beispielsweise folgende jährliche Nachzahlungen noch hinzu: 1903/04 „Sonderzulage“ 32 672,00 Mark = 4,2% vom Reingewinn (778 181,79 Mark). 1904/05 „Sonderzulage“ 34 098,01 Mark = 4,8% vom Reingewinn (715 035,21 Mark). 1905/06 „Sonderzulage“ 37 285,55 Mark = 4,8% vom Reingewinn (846 021,82 Mark). Dieser Posten erstmalig als „Weihnachtsgabe und Teuerungszulage“, auch als „Sonderzulage an Lohn und Gehalt für 3 Wochen“ bezeichnet. 1906/07 „Weihnachtsgabe und Teuerungszulage“ 63 693,63 Mark = 7% vom Reingewinn (904 504,65 Mark). 1907/08 „Sonderzahlung“ 62 970 Mark = 4,7% vom Reingewinn (1 338 102,55 Mark). 1908/09 „Sonderzahlung“ 57 000 Mark = 5% vom Reingewinn (1 145 191,78 Mark). 1909-1912 keine Unterlagen. 1912 /13 „Besondere Lohn- u. Gehaltszahlungen“ 106 400 Mark = 5% vom Reingewinn (2 129 700 Mark). 1913/14 „Besondere Lohn- u. Gehaltszahlungen“ 107 114.,50 Mark = 5% vom Reingewinn (2 132 681,60 Mark).

ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS 1886–1914 – EINLEITUNG VON 1959

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1914/15 „Besondere Lohn- u. Gehaltszahlungen“ 106 289,25 Mark = 7,4% vom Reingewinn (1 423 538,84 Mark). Wie sich aus der vorstehenden Übersicht trotz der in ihr vorhandenen Lücken ergibt, hatte die jährliche Lohnnachzahlung im Glaswerk von spätestens 1903/04 ab den ihr bis dahin zugrunde gelegten vierprozentigen Bruchteil vom Lohn- und Gehaltskonto überschritten. Die nunmehr für die Berechnung der Nachzahlungen geltenden Normen haben in den Abänderungen ihren Niederschlag gefunden, die im Jahre 1905 besonders am § 98 des Statuts der Carl Zeiss-Stiftung vorgenommen worden sind, wo es heißt, daß der Prozentsatz des Zuschlages auf das Lohn- und Gehaltskonto von Jahr zu Jahr so zu bemessen werden sollte, daß „unter tunlichster Ausgleichung der Schwankung des Geschäftsganges“ ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Anteil des Personals am wirtschaftlichen Gesamtertrag und dem Anteil der Stiftung im Sinne der ihr hinsichtlich der Geschäftspolitik der Stiftungsbetriebe in den §§ 40 und 41 auferlegten Richtschnur ermittelt werden sollte. Zu dem, was wir oben an Einzelheiten über die gegen Ende des Geschäftsjahres 1899 im Glaswerk bestehenden Gehalts- und Lohnverhältnisse erfahren haben, enthalten die Berichte Vollerts und Kletts aus den Jahren 1900/01 bis 1914 /15 mancherlei wertvolle Ergänzungen. Zum Beispiel erfahren wir über die durchschnittlichen jährlichen im IV. Quartal des Kalenderjahres 1904 im Glaswerk bestehenden Arbeitslohnsätze aus einem Geschäftsbericht Kletts folgendes: „Durch Inbetriebnahme einer schon vor einigen Jahren gebauten Zylinderhütte ist es möglich geworden, die Produktionsfähigkeit durch Verkürzung der bisher durch die Ofenumbauten bedingten längeren Betriebsunterbrechungen zu steigern, was eine erheblich bessere Ausnutzung der Betriebsmittel und Löhne zur Folge hatte. Die jetzt noch eintretenden etwa 14-tägigen Pausen dienen nur dazu, um dem Personal die erforderliche Erholung zu bieten. Dank weiterer Vervollkommnung der Fabrikationsmethoden (seit August) hat sich eine bessere Durchschnittsqualität des Zylinderglases erreichen lassen, wodurch der Ausfall verringert und somit die Ausbeute gesteigert worden ist. Diese beiden Betriebsverbesserungen haben zu einer Steigerung der Lohnbezüge des beteiligten Personals geführt. So hat sich im Laufe des letzten Vierteljahres ein durchschnittlicher Wochenlohn ergeben für Allgemeiner Höchster EinzelNiedrigster EinzelDurchschnittsDurchschnittsDurchschnittsverdienst (in Mark) verdienst (in Mark) verdienst(in Mark) Glasmachermeister 64,60 74,30 58,05 ältere selbstständige Gehilfen 49,30 54,50 41,00 jüngere selbstständige Gehilfen 30,50 40,30 26,40 ältere unselbstständige Gehilfen 22,20 25,50 18,00 jüngere unselbstständige Gehilfen 16,05 19,80 12,00 Kölbelmacher 10,65 12,55 9,00 Einträger 7,90 8,30 7,20

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Im Durchschnitt des letzten Jahres hat sich ergeben für Allgemeiner Höchster EinzelNiedrigster EinzelDurchschnittsDurchschnittsDurchschnittsverdienst (in Mark) verdienst (in Mark) verdienst(in Mark) Absprenger 28,20 31,80 24,30 Verschmelzer, Ausschmelzer und Locher 30,80 36,50 24,80 Stempler (18-20 J.) 16,00 18,00 13,40 Aus- u. Einlegerinnen 13,70 17,40 11,60 Frauen der KartonagenHefterei 15,00 17,20 13,20 Rohrzieher 53,00 70,00 41,00 Geräteglasmacher ältere selbstständige Gehilfen etwa 40,00 bis 50,00 Mark ältere unselbstständige Gehilfen etwa 26,00 bis 30,00 Mark jüngere unselbstständige Gehilfen etwa 16,00 bis 21,00 Mark Fester Wochenlohn der Hüttenarbeiter (über 20 Jahre alt): das erste Halbjahr 15,10 Mark ½ bis 2 Jahre 17,80 Mark 2 bis 4 Jahre 18,90 Mark 4 bis 6 Jahre 20,00 Mark 6 bis 10 Jahre 21,03 Mark über 10 Jahre 22,70 Mark Auf vorstehende Löhne erhalten einen Aufschlag von 5% a) Vorarbeiter b) Handwerker c) Glasaussucher Dieser Aufschlag kann auch eine Erhöhung erfahren bei solchen, die als a) und c) tätig sind. Fester Wochenlohn der jungen Leute im Alter von 14 bis 16 Jahren 7,20 Mark 16 bis 17 Jahren 9,20 Mark 17 bis 18 Jahren 10,80 Mark 18 bis 19 Jahren 12,60 Mark 19 bis 20 Jahren 14,05 Mark

ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS 1886–1914 – EINLEITUNG VON 1959

Schlosser:

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das erste Jahr 18,35 Mark 1 bis 2 Jahre 19,45 Mark 2 bis 3 Jahre 20,50 Mark 3 bis 5 Jahre 21,60 Mark 5 bis 7 Jahre 23,20 Mark über 7 Jahre 24,85 Mark Der Schlossereivorsteher kann auf diese Löhne bis zu 10% je nach Tüchtigkeit zulegen. Lohnsätze der Heizer am Gasometer: Auf einen Heizer entfallen 7 Schichten in der Woche. 0 bis 2 Jahre 3,50 Mark für 1 Schicht 2 bis 5 Jahre 3,70 Mark für 1 Schicht 5 bis 10 Jahre 4,00 Mark für 1 Schicht über zehn Jahre 4,30 Mark für 1 Schicht Fester Wochenlohn der Frauen: 0 bis 2 Jahre 9,20 Mark 2 bis 5 Jahre 9,70 Mark über 5 Jahre 10,25 Mark Packzulage der Zylinder-Packerinnen 40 Pfg. für den Tag Packzulage der Geräte-Packerinnen 20 Pfg. für den Tag An Überstunden wurde geleistet: In der Zylinder-Packerei: Packerinnen etwa 6 Std. in der Woche Verlader etwa 11 Std. in der Woche Personal der elektrischen Bahn (Fahrer und Auslader) 13 Std. in der Woche Ferner noch in einzelnen Nebenbetrieben wier Schlosserei, Schmiede, Tischlerei, ferner Maurer usw., im Durchschnitt etwa 2 bis 3 Std. in der Woche.“ In den statistischen Zusammenstellungen, die Klett jährlich dem Stiftungskommissar überreichte, um den im Stiftungs-Statut (§ 94) enthaltenen Vorschriften zu genügen, finden sich vom Geschäftsjahr 1904/05 ab regelmäßige Nachweise a) über den „Durchschnittlichen Jahresverdienst der über 24 Jahre alten und mindestens 3 Jahre im Glaswerk beschäftigten Arbeiter“ und b) über die „Durchschnittliche Höhe aller Beamtengehälter, die einzeln das Doppelte des vorgedachten durchschnittlichen Arbeitseinkommens erreichen.“ Diese Beträge lauten in den Zusammenstellungen auf das Geschäftsjahr 1904/05 zu a) 1 558 Mark und zu b) 5 607 Mark, ferner im Bericht über 1905/06 zu a) 1 594 Mark und zu b) 5 992 Mark, im Bericht über 1906/07 zu a) 1 661 Mark und zu b) 6 120 Mark. Für die Geschäftsjahre 1907/08 bis 1911/12 liegen diese statistischen Angaben leider nicht mehr vor. Immerhin enthalten die Berichte der nächstfolgenden Jahre 1912/13 bis 1914/15 wenigstens wieder die entsprechenden Zahlen, wenn auch nun nicht mehr über die Gehälter der Beamten, doch wenigstens über die Löhne der Arbeiter und Arbeiterinnen. Es ergibt sich hiernach folgende Zusammenstellung: Durchschnittliche Löhne der über 24 Jahre alten und seit mindestens drei Jahren im Betrieb beschäftigten Arbeiter Arbeiterinnen 1912/13 2 191,85 Mark 933,00 Mark 1913/14 2 058,42 Mark 997,25 Mark 1914/15 1 998,40 Mark 910,00 Mark

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

In die von uns oben mit L bezeichneten jährlichen Lohnzahlungen des Glaswerks waren jeweils nachfolgende Beiträge zur Krankenkasse nebst Alters- und Invaliditätsversicherung eingeschlossen: 1905/06 = 23 000 Mark 1910/11 = 48 000 Mark 1906/07 = 25 000 Mark 1911/12 Unterlage fehlt 1907/08 = 34 000 Mark 1912/13 = 65 000 Mark 1908/09 = 35 000 Mark 1913/14 = 71 000 Mark 1909/10 = 42 000 Mark 1914/15 = 55 555 Mark Als Beiträge des Glaswerks zur Angestelltenversicherung wurden ermittelt: für das Geschäftsjahr 1912/13 12 861,20 Mark 1913/14 15 981,20 Mark 1914/15 12 109,68 Mark Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß vom Glaswerk den Familien, der zum Kriegsdienst eingezogenen und verheirateten Geschäftsangehörigen Unterstützungen von 4/16 bis 8/16 des festen Lohnes oder Gehalts gezahlt und hierfür in der Zeit vom 2. August 1914 bis zum 31. März 1915 insgesamt 93 518,85 Mark aufgewendet wurden. Dem Roten Kreuz wurden in derselben Zeit für Liebesgaben und dergleichen 18 757,94 Mark zugewendet. Den Familien der zum Kriegsdienst einberufenen Arbeiter des Nebenbetriebes Papierfabrik Tannroda GmbH wurden vom 1. August 1914 bis zum 31. März 1915 Unterstützungen von wöchentlich 3 bis 5 Mark, d. h. insgesamt 900 Mark bewilligt. Weiter ist hier auch hinzuweisen auf die Beiträge, die vom Glaswerk alljährlich an die von der Firma Carl Zeiss im Auftrag der Stiftung verwalteten gemeinsamen Pensionskasse Schott/Zeiss geleistet wurden, um dieser Kasse die ihr durch das Gemeinsame Pensionsstatut auferlegten Verpflichtungen zur Zahlung von Pensionen und AbgangsEntschädigungen an Geschäftsangehörige des Glaswerks zu ermöglichen. Über diese Beiträge, die aus dem jährlichen Reingewinn des Glaswerks bestritten wurden, sowie über die Gegenleistungen der Kasse wurde vom Bearbeiter folgendes ermittelt: Geschäftsjahr Beiträge zur Kasse Leistungen der Kasse 1903/04 36 529,25 Mark ? 1904/05 42 440,30 Mark 1 040 Mark 1905/06 46 345,10 Mark 1 092,15 Mark 1906/07 51 514,50 Mark 1 885,85 Mark (an 4 Personen) 1907/08 59 900,80 Mark 2 756,45 Mark (an 5 Personen) 1908/09 77 617, - Mark 3 335, - Mark (an 7 Personen) 1909/10 81 463,60 Mark 2 849,50 Mark (an 10 Personen) 1910/11 90 857,90 Mark 7 952,90 Mark (an 17 Personen) 1911/12 ? ? 1912/13 204 223,00 Mark 38 328,40 M 1913/14 110 069,66 Mark 22 593,80 M 1914/15 83 551,25 Mark 21 272,75 M Es wurden demnach allein in den Jahren 1906 bis 1914 an die Pensionskasse aus dem Reingewinn des Glaswerks 675 545,05 Mark entrichtet und in der selben Zeit von der Kasse 79 701,90 Mark an Pensionen und Abgangs-Entschädigungen geleistet.

ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS 1886–1914 – EINLEITUNG VON 1959

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Darüber, welche Maßnahmen das Glaswerk traf, um seinen sämtlichen Betriebsangehörigen die Feier des 25jährigen Bestehens, die man mit Rücksicht auf die sommerliche Betriebspause und Urlaubszeit vom 1. September auf den 3. Juli 1909 vorverlegt hatte, nach Möglichkeit zu verschönen, zeugen folgende Aktennotizen: In einer Vorstandssitzung der Carl Zeiss-Stiftung vom 3. Juli 1909 schlug Schott der Stiftungsverwaltung vor, für das Jubiläum einen Gratifikationsbetrag von 250 000 Mark vorzusehen. Zu diesem Zweck wurden bereits beim Rechnungsabschluß über das mit dem 31. März 1909 endende Geschäftsjahr aus dem in diesem Jahr erzielten Reingewinn 100 000 Mark als Beitrag zur Jubiläumsgabe für das Personal zurückgestellt, ferner 10 000 Mark als Beitrag zu dem Unterstützungsfonds für Geschäftsangehörige, der am Ende des Geschäftsjahres 1906/07 mit einer ersten Rücklage von 10 000 Mark begründet worden war. Über das Ergebnis von zwei weiteren Sitzungen, von denen die erste von den Vorständen der beiden Stiftungsbetriebe am 2. Juni und die zweite von denselben gemeinsam mit dem Stiftungskommissar Vollert und dem Referenten der Stiftungsverwaltung im weimarischen Ministerialdepartement des Kultus Dr. Ebsen am 4. Juni abgehalten worden war, berichtete Vollert an das Großherzogliche Staatsministerium, Departement des Kultus, am 7. Juni 1909 u. a. folgendes: „In diesem Jahre vollendet sich ein Vierteljahrhundert seit der Begründung des Glaswerks. Der erste Spatenstich zur ersten Hütte erfolgte am 4. Januar, die Anzündung des ersten Feuers am 1. September 1884. Man will die Jubiläumsfeier auf einen mittleren, in die warme Jahreszeit fallenden Tag Sonnabend, den 3. Juli d[iese]s. J[ahre]s. festsetzen. Von besonderen festlichen Veranstaltungen wünscht die Geschäftsleitung abzusehen. Sie will aber ihrer Anerkennung für die Leistungen des Personals in dem vollendeten Zeitabschnitt durch reiche Zuwendungen an die beteiligten Beamten und Arbeiter zum Ausdruck bringen. Der Prokurist Klett soll 5 000 Mark erhalten. Als übliche Lohnnachzahlung soll in diesem Jahre der feste Lohn für 4 Wochen gewährt werden. Davon soll die Hälfte am 1. Juli, die andere Hälfte zu Weihnachten zur Auszahlung kommen. Es macht dies etwa 57 000 Mark aus. Für den 3. Juli, an dem nicht gearbeitet wird, soll der doppelte Arbeitslohn gezahlt werden. Außerdem soll noch eine Sonderzahlung erfolgen, welche mit dem Lohn oder Gehalt für 3 Wochen beginnt und, je nach der Länge der Beschäftigung bei dem Glaswerk ansteigt, so daß z. B. nach 10 Jahren der Lohn für 10 Wochen, nach 20 Jahren der Lohn für 15 Wochen, nach 25 Jahren der Lohn für 17 ½ Wochen gewährt wird. Ferner soll ein von Dr. Zschimmer verfaßtes, von dem Maler Kuithan illustriertes Werk über die Entwicklung des Glaswerkes erscheinen, für welches ein Zuschuß von etwa 6 000 Mark zu leisten sein wird. Der gesamte Aufwand wird sich auf rund 200 000 Mark belaufen, wovon jedoch 100 000 Mark im vergangenen Jahre bereits zurückgelegt sind. Herr Dr. Schott lehnt auch bei diesem Anlaß jede Auszeichnung für sich und sein Personal ab. Nur das eine würde wohl seinen Wünschen entsprechen, wenn für den ersten Werkmeister des Glaswerks, Josef Schmidt, hier, dessen unermüdlicher Rührigkeit bei Tag und Nacht das Glaswerk sein Gedeihen wesentlich mit verdankt, zu seinem im August d[iese]s. J[ahre]s. zu begehenden Jubiläum eine Auszeichnung, etwa in Gestalt des silbernen Verdienstkreuzes, beantragt würde.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Weiter stelle ich gehorsamst anheim, ob nicht dem Dr. Schott die Glückwünsche der Großherzoglich Sächsischen Regierung zum 3. Juli d. J. in geeigneter Weise auszusprechen sein würden […] Vollert.“ Wie wir oben gesehen haben, war von Schott unabhängig von der hier Klett zugedachten Jubiläumsgabe, diesem verdienten Mitarbeiter schon auf dem Lohn- und Gehaltskonto für das Jahr 1908/09 eine besondere Gratifikation von 10 000 Mark zugesprochen worden. Aus dem Protokoll einer Vorstandssitzung der Stiftungsbetriebe mit dem Stiftungskommissar Vollert vom 2. Juni 1910, in der zu der von Klett vorgelegten Inventur und Bilanz über das Jubiläumsjahr 1. April 1909 bis 31. März 1910 Beschlüsse gefaßt wurden, ersehen wir, daß in dieser Sitzung der Beschluß gefaßt wurde, die Gehaltsbezüge Kletts mit Rückwirkung vom 1. April 1909 ab auf 12 000 Mark zu erhöhen, und zwar mit der Maßgabe, daß sie jährlich um je weitere 1 000 Mark bis zu 15 000 Mark steigen sollten. Auch bemerkte Schott in der gleichen Sitzung, daß zu der Dr. Zschimmer für sein Buch zugesprochenen Remuneration von 6 000 Mark „voraussichtlich weitere 4 000 Mark in einigen Jahren“ kommen würden. Dafür wie Schott unablässig bemüht war, durch persönliche Aktionen, teils auf dem Weg über die Geschäftsleitung des Glaswerks und die Verwaltung der Carl Zeiss-Stiftung sowohl seinen engeren Mitarbeitern wie der Gesamtheit der Werksangehörigen die verdiente Anerkennung und Förderung zuteil werden zu lassen, ist im Laufe dieser Einleitung schon vielfach die Rede gewesen. Für seine Auffassung vom Sinn und Zweck der Carl Zeiss-Stiftung ist es bezeichnend, daß er in der Vorstandssitzung der Carl ZeissStiftung vom 2. Februar 1906 an die Kollegen des Zeisswerkes und den Stiftungskommissar die Frage richtete, ob nicht die Stiftung, „nachdem sie im letzten Jahre erhebliche Aufwendungen für die Universität gemacht habe, bereit sei, im Sinne von § 1 B/2 des Statuts ein Unternehmen zur Beschaffung von billiger Säuglingsmilch für die arbeitenden Klassen zu unterstützen oder ins Leben zu rufen“. Man kann diese Anfrage wohl richtig dahin deuten, daß Schott mit ihr den Kollegen von der Geschäftsleitung des Zeisswerkes und dem Vertreter der Stiftungsverwaltung einmal wieder in Erinnerung bringen wollte, daß Abbe in seinem Stiftungsstatut doch als einen der vornehmsten Stiftungszwecke „die Betätigung in gemeinnützigen Einrichtungen und Maßnahmen zugunsten der arbeitenden Bevölkerung Jenas und seiner nächsten Umgebung“ bezeichnet hatte, und daß das ebenfalls der Stiftung, wenn auch an letzter Stelle, zugewiesene Ziel der „Förderung wissenschaftlicher und mathematischer Studien in Forschung und Lehre“ zwar ebenfalls gut und nützlich sei, aber doch keinesfalls jenes von Abbe selbst als vordringlicher aufgefaßte Ziel ganz in den Hintergrund drängen oder gar gänzlicher Vernachlässigung ausliefern dürfe. Wie peinlich Schott auch in anderer Hinsicht bemüht war, in dem gleichen Gremium das Bewußtsein dafür wach zu halten, daß es Pflicht der Epigonen sei, bei jedem gefaßten Beschluß daran zu denken, ob er wohl die Billigung des Begründers der Carl Zeiss-Stiftung gefunden haben würde, geht auch daraus hervor, daß nach dem Protokoll einer Vorstandssitzung der Stiftung vom 15. April 1905 von ihm die Beflaggung des Volkshauses und der Optischen Werkstätte anläßlich des am 10. April erfolgten Besuchs des Großherzogs von Sachsen-Weimar als „den bisherigen Traditionen widersprechend“ moniert und verlangt wurde, daß künftig in solchen Fällen immer nur die gesamte Geschäftsleitung des Zeisswerkes – also damals noch Schott mit eingeschlossen – entscheiden solle.

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Ein typisches Mißverständnis, dem man in Diskussionen und Veröffentlichungen über die Carl Zeiss-Stiftung immer wieder begegnet, besteht in der Annahme, daß diese ihr Millionenvermögen und ihre Leistungsfähigkeit zugunsten der ihr durch Abbe zugewiesenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zwecke vornehmlich, wenn nicht ganz und gar, den Erträgen zu verdanken habe, die ihr von Jahr zu Jahr in ständig steigender Höhe von Seiten der Firma Carl Zeiss zugeflossen seien. Eine der Wrklichkeit schon näher kommende, wenn auch immer noch nur halb richtige Auffassung geht dahin, daß der Anteil des Glaswerks Schott & Genossen an der Steigerung des Vermögens und der Leistungsfähigkeit der Stiftung erst wirksam geworden sei, nachdem Schott, hierin dem Beispiel Abbes folgend, am 1. April 1919 auch seine Besitzhälfte am Glaswerk der Stiftung zugeführt hatte. Welche erheblichen Erträge aus dem Glaswerk der Stiftung in Wirklichkeit schon in den 1890er Jahren auf Grund des zwischen Schott und der Stiftung geschlossenen Vertrags vom 17. November/28. Dezember 1891 zugeflossen sind, haben wir im II. Teil dieser Einleitung bereits gezeigt. Wir wollen jene Aufstellung nunmehr dadurch ergänzen, daß wir die in den Jahren 1900/01 bis 1914/15 aus dem Glaswerk der Stiftung zugeführten Jahreserträge denjenigen gegenüberstellen, die in der gleichen Periode von der Optischen Werkstätte Carl Zeiss an die Stiftung abgeführt worden sind. Es wurden hiernach – abgesehen von den vierprozentigen Zinsen, die das Glaswerk, und von den fünfprozentigen Zinsen, die die Firma Carl Zeiss auf das beiderseitige Anlagekapital in beiden Betrieben an die Stiftung zu zahlen hatte – folgende Reinerträge an die Stiftung abgeführt: für das Geschäftsjahr von der Firma von der Firma Glaswerk Schott & Gen. Optische Werkstätte Carl Zeiss (Reingewinn-Hälfte) (Gesamt-Reingewinn) 1.10.1900/30.9.1901 479 000 Mark 671 000 Mark (1.10.1900/1.10.1901) 1.10.1901/30.9.1902 360 297,74 Mark 538 000 Mark (1.10.1901/1.10.1902) 1.10.1902/31.3.1903 202 707,25 Mark 304 000 Mark (1.10.1902/1.10.1903) (20 258,25 Mark Pensionsbeitrag inkl.) 1.4.1903/31.3.1904 389 090 Mark 383 000 Mark (1.10.1903/1.10.1904) 1.4.1904/31.3.1905 357 517 Mark 999 000 Mark (1.10.1904/1.10.1905) 1.4.1905/31.3.1906 423 010,91 Mark 949 510 Mark (1.10.1905/1.10.1906) 1.4.1906/31.3.1907 452 252,33 Mark 1 029 000 Mark (1.10.1906/1.10.1907) (51 514,33 Mark Pensionsbeitrag exkl.) 1.4.1907/31.3.1908 614 051, 27 Mark 593 204 Mark (1.10.1907/1.10.1908) 1.4.1908/31.3.1909 572 545,89 Mark ? (77 617 Mark Pensionsbeitrag exkl.) 1.4.1909/31.3.1910 850 000 Mark ? 1.4.1910/31.3.1911 920 500 Mark 1 121 790 Mark (1.10.1910/1.10.1911) 1.4.1911/31.3.1912 893 500 Mark 1 564 761 Mark (1.10.1911/1.10.1912) 1.4.1912/31.3.1913 1 045 000 Mark 1 539 421 Mark (1.10.1912/1.10.1913)

260 für das Geschäftsjahr 1.4.1913/31.3.1914 1.4.1914/31.3.1915

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

von der Firma Glaswerk Schott & Gen. (Reingewinn-Hälfte) 1 064 000 Mark 1 212 000 Mark

von der Firma Optische Werkstätte Carl Zeiss (Gesamt-Reingewinn) 1 440 156 Mark (1.10.1913/1.10.1914) ?

Es waren demnach der Zeiss-Stiftung in der Zeit vom 1. Oktober 1900 bis zum 31. März 1915 als hälftiger Reingewinn aus dem Glaswerk zu den rund 2 Millionen Mark, die sie bereits in der Zeit 1892/93 bis zum 30. September 1900 daher bezogen hatte, weitere rund 10 Millionen Mark hinzugekommen, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß die 4% Zinsen, die sie vom Glaswerk für ihren hälftigen Anteil am Betriebskapital zu bekommen hatte und die in der Zeit vom Geschäftsjahr 1892/93 bis zum Ende des Geschäftsjahres 1914/15 von jährlich 1 884 auf 120 000 Mark angewachsen waren, sich auf eine weitere Millionen Mark belaufen haben dürften. Wenn daher das Vermögen der Carl Zeiss-Stiftung am Schluß des Geschäftsjahres 1913/14 einen Stand von über 27 Millionen Mark erreicht hatte und in demselben Jahr ihre Bewilligung für die im Statut vorgesehenen, außerhalb der Stiftungsbetriebe liegende Zwecke den Betrag von insgesamt 476 019 Mark (darunter allein für Universitätszwecke 420 844 Mark!) erreichten, so ergibt sich aus dem Vorstehenden ohne weiteres, welchen großen Anteil das Glaswerk Schott & Genossen neben der Optischen Werkstätte Carl Zeiss an dieser Vermögensbildung und an diesen fortlaufenden Leistungen genommen hat. Wie sich in dem hier zur Erörterung stehenden Zeitabschnitt (1900/01 bis 1914/15) die Leistungen der Stiftung auf die im Abschnitt § 1 B des Stiftungsstatuts vorgesehenen Förderobjekte, also insbesondere auf die „gemeinnützigen Einrichtungen und Maßnahmen zugunsten der arbeitenden Bevölkerung Jenas und seiner nächsten Umgebung“ einerseits und auf die „Förderung naturwissenschaftlicher und mathematischer Studien in Forschung und Lehre“ andererseits verteilten, bedarf für künftig noch einer wirklich zusammenfassenden Darstellung. Da eine solche den der vorliegenden Einleitung gezogenen Rahmen weit überschreiten würde, kann es sich für uns nur darum handeln, an einzelnen Beispielen zu zeigen, wie sich die Verwilligungen der Zeiss-Stiftung sowohl in bezug auf ihre jährliche Gesamthöhe als auch in bezug auf die Verwendungszwecke dieser Verwilligungen von Jahr zu Jahr ständig erhöhten und erweiterten. Nach einem an die Stiftungsverwaltung vom Stiftungskommissar Vollert am 27. Dezember 1902 über das Geschäftsjahr 1. Oktober 1901 bis 1. Oktober 1902 erstatteten Bericht stand das Vermögen der Stiftung am 1. Oktober 1902 – nach Abzug von drei Obligationen-Anleihen von je 1 Million Mark – mit rund 7 240 000 Mark zu Buch. Dabei waren eingestellt: der Lesehallenbau (= Hälfte der Baukosten) mit 313 000 Mark, das für Ausgestaltung zu einem Volkspark bestimmte und von der Stiftung für 50 000 Mark angekaufte Rosental mit 43 000 Mark, das Schäffer-Museum mit 11 000 Mark. Vom Vermögen der Stiftung wurden 235 000 Mark in Gold im Depositum der Stiftungsverwaltung verwahrt; 2 780 000 Mark waren in Wertpapieren, 597 000 Mark in Hypotheken angelegt. Aus den Leistungen der Stiftung während des Geschäftsjahres 1901/02 wurden in Vollerts Bericht genannt:

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A) auf sozialpolitischem Gebiet: 1. Vollendung des Neubaus der öffentlichen Lesehalle (Baukosten ca. 400 000 Mark; Einweihung am 20. September 1902; der Gesamtbau, d. h. die Lesehalle mit dem noch fertig zu stellenden Zwischen- und Saalbau auf ca. 800 000 Mark geschätzt), 2. Ankauf des Rosentals (einstweilige Ausgestaltung zu einem Volkspark mit besonderem Reichtum an wildwachsenden Pflanzen; für später eventuell der Bau eines Sanatoriums für Nervenkranke dorthin geplant) 50 000 Mark; 3. Kleinere Unterstützungen, z. B. an Sophienheilstätte bei Bad Berka 5 000 Mark, Kinderheim Wenigenjena 600 Mark, Volksschule daselbst für Lehrmittel und Schulbibliothek 500 Mark, Korbmacherverband Tannroda 750 Mark. B) auf wissenschaftlichen Gebiet: 1. Regelmäßiger Jahreszuschuß 80 000 Mark an die Universität (davon 30 000 Mark zur Durchführung der akademischen Besoldungsreform; 1 700 Mark Unterstützung notleidender Akademiker; 2 500 Mark Universitätsbibliothek; 10 600 Mark Besoldung der von der Stiftung neu begründeten Professuren für technische Physik und technische Chemie; 4 400 Mark Zuschüsse für Dozenten der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer; 12 230 Mark Zuschüsse zu verschiedenen Universitäts-Anstalten z. B. Sternwarte, Seismographische Station; 900 Mark Beitrag zur Medizinisch-Naturwissenschaftlichen Gesellschaft; 4 000 Mark Schenkung an dieselbe Gesellschaft und Lieferung von Apparaturen an verschiedene Universitäts-Anstalten); außerordentlicher Zuschuß zum Universitätsfonds: 10 300 Mark. 2. Instandsetzung des Schäffer-Museums: 5 300 Mark. 3. Bauten für akademische Zwecke: a) Neubau der am Fuß des Landgrafen gelegenen und am 23. Oktober 1902 in Gebrauch genommenen Physikalischen Anstalt: 180 000 Mark; b) Anbau an die Alte Physikalische, nunmehr Chemisch-Technische Anstalt und Anstalt für Pharmazie, Nahrungsmittel-Chemie nebst Nahrungsmittel-Untersuchungs-Amt und Laboratorium für Mikro-Photographie; c) Neubau für die Physikalisch-Technische Anstalt am Fuß des Landgrafen (begonnen, auf 40 000 Mark veranschlagt); d) Neubau der Hygienischen Anstalt (Ecke Garten-/Bachstraße, begonnen und unter Dach gebracht auf 120 000 Mark veranschlagt); e) Zum Bau eines Neuen Universitätsgebäudes wurden zu den früher bewilligten 88 000 Mark (mit Zinsen 102 000 Mark) weitere 300 000 Mark aus dem allgemeinen Reservefonds der Stiftung in Aussicht gestellt und noch weitere Zuwendungen beabsichtigt. In dem am 1. April 1904 von Vollert der Stiftungsverwaltung erstatteten Bericht über das Geschäftsjahr 1902/03 wird darauf hingewiesen, daß sich das Vermögen der Stiftung rechnerisch zwar um 370 000 Mark vermehrt, tatsächlich aber insofern verschlechtert habe, als die nur schwer veräußerlichen oder rein illusorischen Vermögensstücke (wie z. B. die neuerdings um 300 000 Mark gestiegenen Anteile der Stiftung am Zeisswerk und am Glaswerk) einen Wertzuwachs von rund 701 000 Mark erfahren hätten, während sich gleichzeitig aber der Besitz der Stiftung an Bargeld um 50 000 Mark, an Wertpapieren um 205 000 Mark und der Kassebestand und das Barguthaben der Stiftung um 207 000 Mark vermindert hätten. Zwar hätten sich die Aktivhypotheken und sonstigen Darlehen der Stiftung um 57 000 bzw. 99 000 Mark erhöht, auch sei die Reichsbankschuld der Firma

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Zeiss neuerdings ganz getilgt worden, doch hätten die leicht realisierbaren Vermögensstücke der Stiftung um rund 332 000 Mark abgenommen, und es stünden hohe Zahlungen bevor, die voraussichtlich nur den laufenden Einnahmen würden entnommen werden können. „Ich muß daher“, so heißt es am Schluß von Vollerts Bericht, „die bereits am Schluß des Geschäftsberichtes des Vorjahres enthaltene Bemerkung wiederholen, daß es sich empfehlen wird, in Zukunft in bezug auf neue Bewilligungen von Stiftungsmitteln sowohl für sozialpolitische Zwecke als für die Universität sich möglichster Zurückhaltung zu befleißigen.“ Aus dem die Leistungen der Stiftung im gleichen Bericht (über das Geschäftsjahr 1902/03) enthaltenen Anschnitt sind hervorzuheben als solche A) für sozialpolitische Zwecke: 1. Vollendung des an die Lesehalle anstoßenden Zwischenbaues und Saalbaues nebst Vorsorge für die Bestreitung der Verwaltung des Volkshauses (jährlich ca. 10 000 Mark exkl. Verwaltung der Lesehalle); 2. Zur Ergänzung der Bibliothek der Lesehalle: 10 000 Mark (neben dem jährlichen Zuschuß von 8.000 Mark); 3. Verschönerung des Rosentales durch Promenadenwege, Bänke und Rasenplätze; 4. Ergänzung des Inventars der nun im Volkshaus untergebrachten Gewerbeschule: 4 300 Mark (neben dem von den beiden Stiftungsfirmen geleisteten Unterhaltungszuschuß von jährlich 2 000 Mark; 5. Anstellung des Malers Kuithan (mit Jahresgehalt von 3 000 Mark) zur Abhaltung von Zeichen-, Mal-, Modellier- und kunstgewerblichen Kursen für fortgeschrittene Gewerbeschüler sowie als Beirat der Stiftungsfirmen in künstlerischen und kunstgewerblichen Fragen (z. B. Formgebung der Schottschen Lampenschirme und Beleuchtungskörper, der Zeiss-Feldstecher usw.); 6. Zuschuß von 5 000 Mark an das Sophienstift; 7. Desgleichen von 4 760 Mark an die Gemeinde Wenigenjena für eine Saale-FlußBadeanstalt; 8. Desgleichen von 1 000 Mark an das Kinderheim; 9. Desgleichen von 600 Mark an die Kochschule; 10. Desgleichen von 750 Mark an den Korbflechterverband Tannroda; 11. Zusage eines Zuschusses von 20 000 Mark zur Erbauung einer mit der Landesirrenanstalt zu verbindenden Nervenklinik; 12. Desgleichen, gemäß bereits früher gegebenen Zusage, 100 000 Mark für die (spätere) Errichtung einer Badeanstalt (Volksbad); 13. Verschiedene weitere Zuwendungen der Firma Carl Zeiss an gemeinnützige Anstalten und Bestrebungen. B) für wissenschaftliche Zwecke: 1. Regelmäßiger Beitrag (80 000 Mark) an den Universitätsfonds; 2. Erhöhung der für den Universitäts-Neubau zugesagten Summe von 300 000 Mark auf 340 000 Mark nebst Zusage von jährlicher Verzinsung des erhöhten Betrags zu 3,5%; 3. Bewilligung von 150 000 Mark für den Neubau eines Mineralogisch-Geologischen Instituts (Bau geht der Vollendung entgegen und soll im Sommer 1904 bezogen werden); 4. In Betrieb gesetzt wurden: Das Physikalisch-Technische und das ChemischTechnische Institut sowie das Institut für Mikroskopische Photographie.

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5. Eröffnet wurde die neu erbaute Hygienische Anstalt; 6. Ausführung eines Anbaus an die Universitäts-Sternwarte zu Begründung einer Seismologischen Station und eines Schachts unter dem Bett der Leutra zur Beobachtung der Bewegungen der Erdrinde. Die Station soll demnächst unter Leitung von Prof. Knopf und Dr. Eppenstein in Betrieb gesetzt werden; 7. Einmalige und dauernde Ausgaben für das Mathematische Seminar zwecks Erhaltung des nach Preußen berufenen Prof. Dr. Gutzmer für die Universität Jena; 8. Instandsetzung und Verwaltung des Schäffer-Museums (7 776 M); 9. Schenkung je eines Epidiaskops an die Gynäkologische und die Augenklinik, an letztere auch eines Mikroskops; 10. Bestreitung von Ausgaben für wissenschaftliche Zwecke durch die Stiftungsfirmen (u. a. für die von der Firma Zeiss herausgegebene zweibändige und bei G. Fischer erschienene Ausgabe einer Sammlung der meist in deutschen und englischen Zeitschriften zerstreuten Abhandlungen von Prof. Abbe). Schon am 11. August 1902 hatte Abbe in einem längeren, an die Stiftungsverwaltung gerichteten Schreiben gegen die auch in Vollerts vorstehenden Berichten vom 27. Dezember 1902 und vom 1. April 1904 zu Tage getretenen Anschauungen remonstriert, als ob das Vermögen der Stiftung im Rückgang befindlich sei und daß eine schwebende Schuld kontrahiert werden müsse, um die verschiedenen, aus § 1 B des Stiftungsstatuts übernommenen Verpflichtungen der Stiftung abwickeln zu können. Die jenem Schreiben beigefügte Aufstellung Abbes über die Einnahmen und Ausgaben der Stiftung in derzeit vom 1. Oktober 1896 bis 30. September 1901, die wir am Ende des zweiten Teiles dieser Einleitung im Wortlaut wiedergegeben haben, hatte ihm mit dazu dienen sollen, die Auffassung zu begründen, daß es der Stiftung in Anbetracht ihrer Zwecke nur zur Ehre anzurechnen habe, wenn sie in den Jahren 1896/97 bis 1900/01 nicht nur den gesamten Zinsertrag ihres Vermögens, sondern auch noch 256 000 Mark aus ihrem Unternehmergewinn, also beinahe 6% des letzteren zu gemeinnütziger Verwendung gebracht habe. Vielleicht könne jemand sagen, es verrate einen Mangel an Voraussicht und sei insofern nicht zweckmäßig, wenn ein Unternehmer einmal so weit gehen würde, selbst ein Drittel seines jährlichen Unternehmergewinnes für anständige persönliche Zwecke fortgesetzt zu verausgaben. Nachdem aber die Stiftung während fünf exzeptionell günstiger Jahre 94% ihres Unternehmergewinns zur eigenen Vermögensbildung im Betriebskapital und im Reservefonds zurückbehalten und dadurch eine Vermögenslage erreicht habe, die niemand auch nur entfernt habe erhoffen können, sei kein ersichtliches Motiv mehr ersichtlich, aus dem das Verlangen nach weiterer Vermögensvermehrung noch zu rechtfertigen sein würde. Jedenfalls würde eine solche Tendenz der Geschäftspolitik genau das Gegenteil von den Ideen bedeuten, die er, Abbe, sich über den Zweck und Beruf seiner Stiftung gemacht habe. Wenn aber diesen Ideen überhaupt noch Rechnung getragen werden solle, so scheine ihm der Anspruch begründet, daß die Stiftung demnächst einen größeren Teil ihres Einkommens, also neben dem bloßen Zinsabwurf noch einen angemesseneren Teil ihres Unternehmergewinns den Interessen der lebenden Generation dienstbar mache. „Ich vermag nicht den geringsten Grund einzusehen“, so heißt es in Abbes Denkschrift weiter, „der die Stiftung abhalten könnte, in den nächsten Jahren von ihrem voraussichtlich viel kleineren Unternehmergewinn ein Drittel für Zwecke aus § 1 B zur

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Verfügung zu stellen; denn das Kleinerwerden von Gewinnen, die man allerseits als nur vorübergehende angesehen hat, bedeutet keine Bedrohung mit Vermögensverlusten.“ Und weiter heißt es in derselben Niederschrift dann noch: „Das Urteil, was just das richtige Verhältnis sei zwischen Fürsorge für die Zukunft einerseits und Wahrung der Interessen der Gegenwart andererseits, ist nicht nur Sache geschäftsmänniger Klugheit, sondern Ergebnis des grundsätzlichen Maßstabes für die Bewertung der Dinge auf Seiten des Urteilenden. Nur würde die Stiftung so, wie sie existiert, überhaupt nicht existieren, wenn ich nicht in bezug auf allgemein-menschliche und auf wirtschaftliche Angelegenheiten von jeher Anschauungen vertreten hätte, die im Grundsätzlichen stark abweichen von den Anschauungen vieler anderer verständiger Leute. Die Konsequenzen aus den Bedingungen ihres Daseins muß aber die Stiftung tragen, wie in anderen Dingen, so auch in Hinsicht auf die grundsätzliche Richtschnur für die Abgrenzung zwischen den Interessen der Zukunft und denen der Gegenwart, die in der alten Stiftungsurkunde vom Jahr 1889 in dem Satz gegeben ist: es dürfe niemals übermäßige Fürsorge für die Zukunft der jeweils lebenden Generation das natürliche Anrecht rauben, den größeren Teil dessen zu genießen, was die lebende Generation erwirbt. Das ist keine leere Redensart gewesen, sondern Ausdruck wohlbedachter Überzeugung betreffs der Grundlagen wirklicher Fortschritte in der menschlichen Gesellschaft. Im Neuen Stiftungs-Statut kommt zwar dieser Satz explizite nicht vor, an zahlreichen Stellen aber wird auch da ersichtlich, daß die statutarischen Bestimmungen unter dem gleichen Grundgedanken stehen. Daraufhin halte ich die Organe der Stiftung für verpflichtet, jetzt und in der Zukunft in der Abwägung der widerstreitenden Interessen: Vorsorge für die Zukunft und Betätigung der Stiftung zugunsten der Gegenwart – jene Richtschnur zu respektieren, auch wenn sie ihnen nicht gefällt. Was in Sonderheit besagt, daß – innerhalb des Spielraums, in welchem verständige Leute, je nach ihrem persönlichen Standpunkt, zur Frage: Sparen oder Ausgeben verschiedener Ansicht sein können über zweckmäßig oder unzweckmäßig, ratsam oder unratsam, genügend oder ungenügend, aber keiner noch sagen darf, eine andere Ansicht sei von jedem möglichen Standpunkt aus unvernünftig und unverantwortlich – der Ausschlag durch den Grundgedanken der Stiftungs-Statuts gegeben ist. Schließlich verwahre ich mich noch besonders gegen die verschiedenen Äußerungen des Mißfallens darüber, daß ich oder Kollegen von mir zu bereitwillig seien, auf Wünsche und Anträge anderer einzugehen, daß dadurch immer neue Zumutungen herausgefordert würden und die Stiftung zu immer größeren Aufwand verleitet werde. Ich sehe das alles ganz anders an. Wer auf ein vorhandenes Bedürfnis im Umkreis der Stiftung aufmerksam macht und zugleich in der Lage ist, selbst eine verständige Mitwirkung zu seiner Befriedigung darzubieten, sei er ein Pastor oder Professor oder Arbeiter, den betrachte ich nicht als einen lästigen Attentäter gegen das Stiftungsvermögen, sondern als einen willkommenen freiwilligen Mitarbeiter für die Organe der Stiftung in Hinsicht auf deren Aufgaben aus § 1 B. Denn es ist für diese Organe – wie sich längst schon gezeigt hat – viel schwieriger und mühevoller, Geld für gemeinnützige Zwecke unter eigener Gewähr sachgemäßer Verwendung auszugeben, als es für sie ist, diese Gelder der Stiftung zu erwerben. Bei dem Maßstab, unter den die Aktion der Stiftung erfreulicher Weise gekommen ist, gibt es für sie keine erfolgreiche Betätigung ohne die bereitwillige persönliche Mitarbeit vieler tüchtiger Männer aus ganz verschiedenen Berufskreisen. So lange ich nun der Ansicht sein kann, die Stiftung dürfe noch etwas mehr leisten, als sie jeweils leistet,

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wird kein Mißfallen mich anhalten, nach wie vor jede Anregung hierzu dankbar anzunehmen, selbstverständlich unter dem Vorbehalt genauer Prüfung der Angemessenheit und Zweckmäßigkeit aller Vorschläge seitens der berufener Stellen, aber andererseits auch mit dem Gedanken, daß jede Tausend Mark, die für einen an sich nicht törichten Zweck ausgegeben wird, sofern dadurch nur nicht andere wichtige oder dringliche Zwecke benachteiligt werden, immer noch mehr Nutzen stiftet, als wenn es überhaupt nicht ausgegeben wäre […].“ Wenn man berücksichtigt, daß diese wundervolle Denkschrift Abbes, die ebenso wohl wegen ihrer überlegenen Klarheit wie wegen ihres von edler Leidenschaftlichkeit getragenen Tenors noch heute eine besondere Veröffentlichung im vollen Wortlaut verdiente, zu einer Zeit geschrieben worden ist, da ihr Verfasser ernstlich mit dem Gedanken umging, sich ganz von der Mitverantwortung für beide Stiftungsbetriebe zurückzuziehen und sich in stiller Zurückgezogenheit noch wissenschaftlicher Arbeit und der Vollendung seines Stiftungswerkes zu widmen, so ist es verständlich, daß sich die Stiftungsverwaltung dem Eindruck seiner Darlegungen doch nicht ganz entziehen konnte, wenn durch dieselben auch die Bedenken, gegen die Abbe sich gewandt hatte, nicht gänzlich hinweggeräumt worden waren. Beides, die starke Beeindruckung durch Abbes Remonstration einerseits und das Fortbestehen ängstlicher Zurückhaltung gegen Abbes kühne Gedankengänge, kommt in dem oben im Auszug wiedergegebenen Bericht Vollerts über die Geschäftsjahre 1901/02 und 1902/03 deutlich zum Ausdruck, und zwar in dem letzteren, von Vollert erst am 1. April 1904 eingereichten, noch mehr als in dem ersteren, weil sich Abbe inzwischen – seit dem 1. April 1903 – mit Rücksicht auf seine immer mehr dahinschwindenden Kräfte des Körpers und des Geistes genötigt gesehen hatte, sich von den Geschäften ganz zurückzuziehen. Immerhin läßt auch der Bericht, den Vollert am 25. Januar 1905, noch ganz unter dem Eindruck von Abbes Heimgang stehend, der Stiftungsverwaltung über das Geschäftsjahr 1903/04 vorlegte, deutlich erkennen, daß der von Abbe vertretene Standpunkt seinen Eindruck auf die Stiftungsverwaltung zwar nicht ganz verfehlt, ihre grundsätzlichen Einwendungen dagegen jedoch keineswegs hinweggeräumt hatte. Denn auch diesmal schließt Vollerts Bericht über die Vermögenslage der Stiftung, die sich mit 7 814 532 Mark auf fast gleicher Höhe wie im Vorjahre gehalten hatte mit der Bemerkung: „Ich kann deshalb immer nur von Neuem empfehlen, vor allem auf mögliche Vermehrung des meines Dafürhaltens unzureichenden Reservefonds der Stiftung bedacht zu sein und mit weiteren Bewilligungen aus dem Stiftungsvermögen tunlichst zurückhaltend zu sein.“ Was an den Angaben Vollerts über die Leistungen der Stiftung im Geschäftsjahr 1902/03 nun besonders in die Augen springt, sind die inzwischen – gegenüber den Vorjahren – völlig in den Hintergrund getretenen Leistungen der Stiftung auf sozialem Gebiet gegenüber den Bewilligungen an die Universität Jena. Das nunmehrige Mißverhältnis zwischen den beiden Positionen kam darin zum Ausdruck, daß für die Universität Jena, an deren finanziellen Verhältnissen die Großherzoglich Weimarische Regierung nebst den Regierungen der übrigen thüringisch-sächsischen Erhalterstaaten unmittelbar interessiert war, nicht weniger als 581 973 Mark bewilligt wurden, während die Bewilligungen für soziale Zwecke kaum mehr als 94 910 Mark betrugen. Im Einzelnen verteilten sich die Leistungen der Stiftung auf beide Stiftungszwecke wie folgt:

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A.) Bewilligung für Leistungen auf sozialem Gebiet: 1. Anbau an das Volkshaus (Küche und Wirtschaftsräume) 40 000 Mark 2. Flußbadeanstalt Jena 9 500 Mark 3. Zuschuß an die Sophienheilstätte 3 000 Mark 4. Kinderheim Wenigenjena 800 Mark 5. Kochschule daselbst 300 Mark 6. Gewerbeschule Jena 811 Mark 7. Baugenossenschaft Jena 1 711 Mark 8. Korbmacherverband Tannroda 1 500 Mark 9. Unterhaltung des Volkshauses 17 000 Mark 10. Verwaltung der Lesehalle 11 000 Mark 11. Fortbildungskurse im Zeichnen usw. 3 000 Mark 12. Unterhaltung des Schäffer-Museums 6 300 Mark Insgesamt = 94 911 Mark B.) Bewilligung an die Universität Jena 1. Regelmäßiger Jahreszuschuß 80 000 Mark 2. Neuer Zuschuß zum Universitätsneubau 340 000 Mark 3. Projektionsapparat für die Gynäkologische Klinik 1 770 Mark 4. Verschiedene Mikroskope für die Anatomie 1 120 Mark 5. 1 Mikroskop für das Landwirtschaftliche Institut 236 Mark 6. Unterhaltung des Institut für Mikroskopie und Mikroskop. Photographie 386 Mark 7. Neubau und Einrichtung der Mineralogischen Anstalt 126 960 Mark 8. Einrichtung des Physikalisch-Technischen Instituts 4 700 Mark 9. Anbau an die Universitäts-Sternwarte 28 500 Mark insgesamt, bzw. nach Rückvergütung von 1 699 Mark durch die Universität für den Anbau an die Pharmazeutische Anstalt, 581 973 Mark. Demnach Gesamt-Bewilligungen aus A und B = 676 884 Mark. Ein Bericht an die Stiftungsverwaltung über das anschließende Geschäftsjahr 1904/05 hat sich bei den Akten Vollerts sowie des weimarischen Staatsministeriums nicht mehr vorgefunden. Dagegen ist der am 10. Januar 1907 von Vollert eingereichte Bericht über das Geschäftsjahr 1905/06 noch vorhanden. Aus ihm ist zu ersehen, daß sich das Vermögen der Stiftung, das am 1. Oktober 1905 9 062 958,32 Mark betragen hatte, im Lauf des Geschäftsjahres auf 10 462 604,10 Mark vermehrt hatte und daß die Geschäftsanteile der Stiftung, die am 1. Oktober 1905 in der Firma C. Zeiss 4 500 000 Mark und beim Glaswerk 1 650 000 Mark betragen hatte, am 1. Oktober 1906 eine Vermehrung nicht erfahren hatten. Der Reservefonds der Stiftung bestand am 1. Oktober 1906 aus: 4 039 580,00 Mark Wertpapieren (darunter 1 385 780 ausländische Hypotheken), 656 700 Mark Hypotheken, 363 816,37 Mark anderen Forderungen, 409 558,52 Mark Ankaufwert der Grundstücke (exkl. der Fabrikgrundstücke), 1 000 Mark, dem Wert von zwei Geldschränken bei der Stiftungsverwaltung, 185 000 Mark Depositum in Gold bei der Stiftungsverwaltung, 774 540,57 Mark Guthabern der Stiftung bei den Stiftungsfirmen (darunter 671 754,22 Mark bei Zeiss, 101 786,35 Mark bei Schott), 45 991,37 Mark Bankguthaben und Kassenbestand.

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Diesen Aktiven stand als Passivum gegenüber die Schuld der Stiftung aus drei von ihr aufgenommenen Anleihen, die nach Auslösung von 150 000 Mark im Geschäftsjahr 1905/06 noch 2 796 500 Mark betrug. Für Stiftungszwecke wurden im Berichtsjahr 1905/06 nahezu 300 000 Mark ausgegeben, von denen rund 5/6 auf die Universität und nur 1/6 auf gemeinnützige Zwecke entfallen waren. Im Einzelnen setzten sich diese Leistungen wie folgt zusammen: A.) Für gemeinnützige Anstalten und Bestrebungen: 1. Sophienheilstätte für Lungenkranke in Bad Berka 3 000 Mark 2. für Errichtung einer Kinderspielhalle im Kinderheilbad Bad Sulza 2 000 Mark 3. für die öffentliche Lesehalle in Jena 8 700 Mark 4. für die Unterhaltung des Volkshauses in Jena 13 283 Mark 5. für Neuanschaffungen des Volkshauses in Jena 2 956 Mark 6. für Lehrkurse im Zeichnen usw. 1 582 Mark 7. für das Schäffer-Museum in Jena 3 706 Mark 8. für den Verschönerungsverein Jena 635 Mark 9. für das Städtische Museum in Jena (Neuanschaffungen) 1 000 Mark 10.Teilzahlung zur Errichtung des Volksbades in Jena 1 995 Mark 11. Unterstützung des Mäßigkeitsvereins in Jena (zur Errichtung eines alkoholfreien Gasthauses) 6 000 Mark 12. für Bewirtung der in Jena tagenden Astronomischen Gesellschaft 1 802 Mark 13. an den Hauptfrauenverein Jena (zur Errichtung von Kochschulen im Amtsgerichtsbezirk Jena) 1 500 Mark 14.zur Erhaltung des Kinderheimes in Wenigenjena 600 Mark 15. zur Erhaltung der Kochschule in Jena 450 Mark 16. als Unterstützung an den Korbmacherverband in Tannroda 750 Mark zusammen 49 959 Mark B.) Zugunsten der Universität: 1. Regelmäßiger Zuschuß zum Universitätsfonds der Stiftung 80 175 Mark 2. weiterer Kostenbeitrag zum Universitäts-Neubau 100 000 Mark 3. sonstige Zuwendungen, darunter: 5 949 Zuschuß an das Mineralogische Institut 52 462 Mark 4. Zuschuß an die Physikalische und Technisch-Physikalische Anstalt 6 279 Mark 5. zum Erwerb eines Grundstücks zur Erweiterung der Pathologisch-Anatomischen Anstalt 14 150 Mark 6. für Zwecke der Sternwarte 3 529 Mark 7. für Ausstattung der seismischen Beobachtungsstation 1 494 Mark 8. für ein Hausgrundstück in der Schloßgasse, welches der Universität zum Universitätsneubau überlassen wurde 17 875 Mark zusammen 232 637 Mark Daneben wurden von den Stiftungsfirmen Beträge zu Ehren- und Wohltätigkeitszwecken besonders bewilligt. So von der Firma Carl Zeiss: 24 419 Mark (darunter: Überlassung interessanter Instrumente an das Deutsche Museum in München, regelmäßige Beiträge an die Fraunhofer-Stiftung, das Germanische Museum in Nürnberg, die Großherzogliche Gewerbeschule und die Gewerbeschule in Jena, die Volkslesehalle, die Baugenossenschaft Jena, den Verein Frauenwohl; Beihilfen zu geselligen Veranstaltungen der

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Arbeiterschaft (Comenius Gesellschaft, Arbeiter-Gesangsverein, Feuerwehr-Stiftungsfest usw.), ferner 10 000 Mark zur Verstärkung des Ernst Abbe Fonds (zur Unterstützung von Betriebsangehörigen und deren Familien in besonderen Notlagen). Von der Firma Schott & Genossen wurden zurückgestellt: 14 093 Mark als besonderer Zuschuß zur Betriebskrankenkasse. Ferner erhielt das Deutsche Museum gespendet: 1 Uviollampe (Wert ca. 200 Mark), div. Platten von Prismenkron und optischen Gläsern (Wert ca. 100 Mark) sowie Lampenzylinder aus Jenaer Glas. Wenn wir uns der oben mitgeteilten Tatsache erinnern, daß Schott in der Vorstandssitzung der Carl Zeiss-Stiftung vom 2. Februar 1906 darauf aufmerksam gemacht hatte, daß man nach den in den letzten Jahren der Universität bewilligten erheblichen Unterstützungen nun auch wieder einmal mehr an die der Stiftung nach § 1 B 2 obliegenden Verpflichtungen zur Förderung gemeinnütziger Einrichtungen und Maßnahmen zugunsten der arbeitenden Bevölkerung Jenas und seiner nächsten Umgebung denken sollte, so lehrt ein Blick in den von Vollert am 3. Februar 1908 der Stiftungsverwaltung vorgelegten Bericht über das Geschäftsjahr 1906/07, daß dieses Monitum Schotts seine Wirkung nicht ganz verfehlt hatte. Denn während im Berichtsjahr 1905/06 von den Bewilligungen der Stiftung 5/6 auf die Universität und nur 1/6 auf die gemeinnützige Zwecke entfallen waren, standen im nächsten Jahr 1906/07 den 194 853 Mark für die Universität bewilligten Mitteln nun immerhin rund 173 775 Mark für die von Schott in Erinnerung gebrachten Zwecke gegenüber. Daß es Schott mit dem erwähnten Monitum fern gelegen hatte, die Förderung der wissenschaftlichen Studien in Forschung und Lehre etwa als einen weniger wichtigen Stiftungszweck zu betrachten als den der Betätigung der Stiftung in gemeinnützigen Einrichtungen und Maßnahmen zugunsten der arbeitenden Bevölkerung von Jena und Umgebung, geht schon daraus hervor, daß er dem für 1906/07 von der Stiftung bewilligten letzten Zuschuß von 100 000 Mark zum Neubau der Universität aus eigenen Mitteln noch weitere 100 000 Mark hinzufügte, nachdem sich herausgestellt hatte, daß auch mit diesem letzten, der von Abbe dem Universitätsneubau zugedachten Zuschüsse dieses große Projekt noch immer nicht verwirklicht werden konnte. Wie aus Vollerts Bericht hervorgeht, hatte sich das Vermögen der Stiftung im Berichtsjahr 1906/07 wiederum um fast 1 1/4 Millionen, nämlich auf 11 860 643,40 Mark vermehrt. Seine Aktiven setzten sich nun wie folgt zusammen: 5 400 000 Mark buchmäßiger Wert (mit 5% zu verzinsen) der Firma Carl Zeiss; 1 750 000 Mark buchmäßiger Wert (mit 4% zu verzinsen) der Firma Schott & Gen.; 4 724 555 Mark Nominalwert von in- und ausländischen Wertpapieren; 821 900 Mark Hypotheken (davon die Hälfte an Geschäftsangehörige von Zeiss und Schott ausgeliehen); 464 691 Mark sonstige Darlehen (u. a. 300 000 Mark an den Großherzoglichen Kammerfiskus, 70 000 Mark an die Papierfabrik Tannroda, 944 691 Mark an das Patriotische Institut der Frauenvereine im Großherzogtum Weimar); 644 761 Mark Ankaufpreis von Haus- und Grundbesitz (u. a. Mühltal, Rosental, Wenigenjena, Galgenberg, am Forst usw.); 643 879 Mark buchmäßiger Wert des Volkshauses, des Physikalisch-Technischen Instituts und des SchäfferMuseums; 1 000 Mark die beiden Geldschränke der Stiftung in Weimar; 50 000 Mark Goldbestand im Stiftungsdepositum; 48 237 Mark Guthaben der Stiftung bei Carl Zeiss und Schott & Gen.; 64 607 Mark Bankguthaben und Kassenbestand der Stiftung. Das ergab zusammen 14 613 630 Mark. Hiervon gingen ab: 2 752 987 Mark, nämlich 2 629 500 Mark von den drei Obligationen-Anleihen der Stiftung, 73 487 Mark rückstän-

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dige Kaufgelder für zwei Hausgrundstücke (Müller und Günther), 50 000 Mark Forderung der Familie Czapski (Ehrenpreisgabe). Somit: 11 860 643 Mark. Dazu bemerkte Vollert, daß diese Ergebnisse demnächst dadurch Verschiebungen erleiden würden, indem die leicht flüssig zu machenden Stiftungsmittel (Goldvorrat, Hypotheken, z. T. die Wertpapiere) teils noch zu Betriebserweiterungen der Firma Zeiss verwendet, teils in Aktien der Firma Bausch & Lomb Co. in Rochester umgewandelt werden sollen. Die Leistungen der Stiftung im Berichtsjahr 1906/07: A.) zu gemeinnützigen Zwecken: 1. zur Errichtung eines Volksbades in Jena 100 000 Mark 2. zur Erweiterung des Saale-Schwimmbades 4 000 Mark 3. für Städtisches Museum Jena 1 000 Mark 4. zur Errichtung eines alkoholfreien Gasthauses in Jena 2 000 Mark 5. für ein Volksorchester 1 000 Mark 6. für den Heimatverein 5 000 Mark 7. für den Verschönerungsverein 151 Mark 8. für den gewerblichen Fortbildungsunterricht 300 Mark 9. für den Zeichen- und Malkurs 1 503 Mark 10. für die öffentliche Lesehalle 8 700 Mark 11. für das Schäffer-Museum 3 607 Mark 12. für den Betrieb des Volkshauses 13 492 Mark 13. für Neuherstellungen und Neuanschaffungen, darin 3 000 Mark für die Sophienheilstätte Bad Berka 23 923 Mark 14. für das Kinderheim Wenigenjena 800 Mark 15. für die Kochschule das. 300 Mark 16. für das Deutsche Museum in München 5 000 Mark zusammen 173 776 Mark B.) für die Universität Jena: 1. regelmäßige Zahlung für laufende Zwecke 84 400 Mark 2. letzter Zuschuß zum Neubau der Universität 100 000 Mark 3. Katalogpreis gestifteter Apparate 4 603 Mark 4. außerordentlicher Zuschuß für das Mineralogische Institut zur Deckung eines Überstieges 1 636 Mark 5. zur Ergänzung der Ausstattung des Physikalisch-Technischen Instituts 902 Mark 6. für die Sternwarte 2 495 Mark 7. für die Seismische Beobachtungsstation 423 Mark 8. für die Unterhaltung des Instituts für Mikroskopie 664 Mark 9. Photographien von Bildern des Kurfürsten Johann Friedrich des Großmütigen für den Prinzen Ernst zu Sachsen-Meiningen zu Zwecken des monumentalen Bildes für die Aula der Universität 30 Mark zusammen 195 153 Mark Wie oben mehrfach bemerkt, sind die Berichte Vollerts an die Stiftungsverwaltung über die beiden Stiftungsbetriebe und die Carl Zeiss-Stiftung aus den Geschäftsjahren 1907/08 bis 1910/11 nicht mehr vorhanden. Dagegen liegt uns vor ein zusammenfassender Bericht seines Nachfolgers, des Jenaer Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Ebsen

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vor, den dieser der Stiftungsverwaltung unter dem 20. Oktober 1915 vorgelegt hat und in dem er, wenn auch nur zusammenfassend, darüber berichtet, wie sich die Zeiss-Stiftung während der Geschäftsjahre 1911/12 bis 1914/15 sowohl hinsichtlich ihres Vermögens wie ihrer Leistungen entwickelt hat. Besonders interessant ist aus ihm zu entnehmen, wie auch in diesen drei Jahren die Leistungen der Stiftung zugunsten der Universität gegenüber denjenigen für sozialpolitische Zwecke durchaus und bei weitem im Vordergrund gestanden haben. Der betreffende Abschnitt „Die Carl Zeiss-Stiftung“ in Ebsens Bericht lautet: „Im Vordergrund der Stiftungsleistungen standen im Berichtszeitraum die Ausgaben für wissenschaftliche Zwecke (§ 1, B, Ziff. 3 des Statuts), die satzungsgemäß ausschließlich der Universität Jena zu gute kommen. Es ist deshalb bei den Rechnungsprüfungen (§§ 110 ff.) wiederholt der Wunsch geäußert worden, daß die Aufwendungen für sonstige gemeinnützige Zwecke (§ 1, B, Ziff. 2) mehr berücksichtigt werden möchten. Es muß indessen festgestellt werden, daß kein Gesuch um Unterstützung der in Betracht kommenden Bestrebungen aus Mangel an Mitteln abgewiesen worden ist und daß überall da, wo wirklich stiftungsgemäße Zwecke in Frage standen, die Hilfe nicht versagt worden ist. Dem Bestreben, das in der Berichtszeit sich geltend machte, gesetzlich der Gemeinde obliegende Lasten auf die Stiftung abzuwälzen, ist allerdings aus grundsätzlichen Bedenken entgegengetreten worden. Wo es sich aber darum handelte, Bestrebungen der Gemeinde zu fördern, die sich nicht im engsten Rahmen der Gemeindezwecke hielten, ist ein weitgehendes Entgegenkommen bewiesen worden. Allgemein hat sich die Stiftungsverwaltung bereit erklärt, für Verwendung eines jährlichen Betrags von 25 000 Mark Vorschläge der Stadtgemeinde besonders zu berücksichtigen. Der Kleinwohnungsbau ist in allen seinen Zweigen – Baugenossenschaft, städtischer Kleinwohnungsbau, Heimstättengenossenschaft Jena e.G.m.b.H. – durch Darlehen oder durch Bürgschaftsübernahme für von anderer Seite gewährte Darlehen in ausgiebigster Weise unterstützt worden. Das finanzielle Risiko für diese Bestrebungen ruht, wenn nicht ausschließlich, so doch zum größten Teil auf der Carl Zeiss-Stiftung. Dagegen hat man mit der Gründung einer eigenen Arbeiter-Wohnkolonie aus grundsätzlichen Erwägungen abgesehen. Die Verwilligungen für Zwecke nach § 1, B, Ziff. 2 des Statuts betrugen im übrigen im Jahre 1911/12: 31 789,95 M 1912/13: 82 414,61 M 1913/14: 55 174,83 M Ständige Posten in dieser Rechnungsabteilung bilden die Ausgaben für Unterstützung der Volkslesehalle (1911/12 9 965 M, 1912/13 12 700 M, 1913/14 11 600 M), für das Schäffer-Museum und für die Unterhaltung des Volkshauses. Von den sonstigen Verwilligungen können größeres Interesse beanspruchen die Zuwendungen für die Errichtung eines Kinderheimes in Lichtenhain (31 300 M) – es ist dort das frühere Wohnhaus von Prof. Abbe zum Wiederaufbau gekommen, das einer Fabrikerweiterung weichen mußte – verschiedene Zuwendungen an die Stadtgemeinde für Schaffung von Unterkunftsstellen und Unterbringung obdachloser Familien, Zuwendungen an den Verschönerungsverein, den Kunstverein, das Mutter- und Säuglingsheim – diesem ist zur Erbauung eines eigenen Hauses ein Betrag von 45 000 Mark zur Verfügung gestellt worden, der aber zunächst nur verzinst wird – , den Verein für Trinkerfürsorge u. d. Neben diesen aus der

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Stiftung fließenden Zuwendungen gewährt auch die Firma Carl Zeiss aus dem ihr zur Verfügung stehenden Dispositionsfonds Unterstützungen, die das Firmeninteresse rätlich erscheinen läßt. Die Ausgaben für Universitätszwecke betrugen: 1911/12: 258 605,24 M 1912/13: 285 664,81 M 1913/14 420 844,31 M Neben der regelmäßigen Zahlung von jährlich rd. 114 000 M und neben der Abführung an den Rücklagefonds, die im Jahre 1911/12 mit 40 000 M erfolgte, sind besonders zu nennen: die Verwilligungen für den Neubau des Pathologisch-Anatomischen Instituts (2. und 3. Rate mit 84 000 und 83 000 M) und für die optische Ausstattung dieses Instituts (24 000 M), für die Erweiterung des Mineralogischen Instituts (46 000 M), für die bauliche Erweiterung der Physikalisch-Technischen Anstalt (60 000 M), die gleichzeitig mit einem Buchwert von 68 929 M in das Eigentum der Universität überführt wurde. Bemerkenswert sind ferner die Verwilligungen für die Beschaffung von Radium und Mesothorium zum Gebrauch in der Großherzoglichen Landesheilanstalt, die insgesamt 24 000 M betragen. Das Vermögen der Stiftung betrug am Schluß der Jahre: Jahr Reservefonds Sonstiges Schulden Gesamtvermögen Mehr gegen Vermögen das Vorjahr 1910/11 7 220 045,59 18 049 726,71 6 514 250,00 18 755 522,30 1911/12 7 807 439,97 20 565 976,86 7 508 420,00 20 864 996,83 2 109 474,53 1912/13 10 252 810,82* 20 576 850,89* 7 317 760,00 23 511 901,71 2 646 904,88 1913/14 11 619 974,71 23 009 113,52 7 377 150,00 27 218 938,23 3 707 036,52 * In diesem Jahre sind die Werte der Beteiligung bei Bausch & Lomb, Ica AG und Zulauf aus dem „sonstigen Vermögen“ ausgeschieden und dem Reservefonds überwiesen. Die in den Stiftungsbetrieben angelegten Kapitalien betrugen nach den Rechnungsabschlüssen für: bei Carl Zeiss gegen das bei Schott & Gen. gegen das Vorjahr mehr das Vorjahr mehr 1910/11 11 800 000 2 500 000 1911/12 14 500 000 2 700 000 2 500 000 1912/13 17 500 000 3 000 000 2 500 000 1913/14 19 500 000 2 000 000 3 000 000 500 000 Jena, am 20. Oktober 1915 Ebsen“ Obwohl sich der vorstehend zitierte Bericht des Stiftungskommissars Dr. Ebsen nur auf die Zeit bis zum Ende des Geschäftsjahres 1914 erstreckt, also die letzten Monate vor dem Weltkrieg und die ersten Monate nach seinem Beginn nicht mehr berücksichtigt, können wir mit ihm unser dem Leser zu Beginn dieser Einleitung gegebenes Versprechen, ihm eine allgemeine Übersicht über die Entwicklung des Glaswerks von seinem Eintritt in die öffentliche Konkurrenz ab bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs zu geben, nunmehr als eingelöst betrachten, zumal wir bereits im Laufe des dritten Teils dieser Einleitung mehrfach darauf hingewiesen haben, wie sich die ersten acht Monate des Krieges

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auf den bis dahin durchaus organisch verlaufenden Entwicklungsprozeß des Glaswerks im Sinn eines grundlegenden Umbruchs ausgewirkt haben. * Auch über die Art und den Umfang sowie die Herkunft des in dem vorliegenden Band ausgewerteten Quellenmaterials ist im Verlauf unserer Einleitung bereits so viel Wesentliches berichtet worden, daß für die Einzelheiten auf das auch ihm wieder beigefügte Quellen- und Literaturverzeichnis nebst den darin enthaltenen Belegzahlen verwiesen werden kann. Besonders hervorgehoben sei nochmals mit dem Ausdruck aufrichtigen Dankes des Bearbeiters die sachverständige Beratung und Förderung, deren er sich hinsichtlich der Bereitstellung von Archivalien oder der Überlassung von Photokopien von Seiten der durch Herrn Dr. Walter Nissen geleiteten Abteilung Merseburg des Deutschen Zentralarchivs, des von Herrn Dr. Rudolf Loher geleiteten Archivs für Angewandte Optik in München und natürlich insbesondere des von Herrn Gustav Heinrich betreuten Betriebsarchivs des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen zu erfreuen gehabt hat. Unter den Beständen des Jenaer Werksarchivs, die schon im Band I der vorliegenden Schriftenfolge nach ihrer Art und Provenienz eine allgemeine Charakterisierung erfahren haben, erwiesen sich diesmal als besonders aufschlußreich die (leider nicht lückenlos erhalten gebliebenen) jährlichen Geschäftsberichte des Prokuristen bzw. Geschäftsleiters Dr. h. c. Rudolf Klett und der beiden Stiftungskommissare Dr. Max Vollert und Dr. Friedrich Ebsen, ferner die glückliche Weise restlos erhalten gebliebenen Schmelzbücher und Arbeitsjournale Schotts, einige Sammelbände mit älteren Geschäftsdrucksachen, ein dicker Band mit den Personalien der von der Gründung des Glaswerks bis etwa 1914 in dasselbe eingetretenen Geschäftsangehörigen u. d. m. Auf der anderen Seite machte sich besonders als schmerzliche Lücke in dem zur Verfügung stehenden Material bemerkbar das völlige Fehlen der älteren Bestände an Lohn- und Gehaltslisten, Personalakten, Geschäftsbriefen, Verträgen, Laboratoriumsberichten u. d die, wie es scheint, zum Teil erst während des Zweiten Weltkriegs der Altpapierverwertung zugeführt oder völlig sinnlos vernichtet worden sind. Unter den vom Bearbeiter erst in den letzten Jahren dem Jenaer Werksarchiv in Form von Photokopien zugeführten Ergänzungen erwiesen sich als am wertvollsten die in Merseburg und München wieder vorgefundenen Briefe und Dokumente, die sich besonders auf die ältere Produktion des Glaswerks an optischen Glas für Objektive zu Refraktoren, Meridiankreisen, Spektrometern, photographischen Apparaten und astrophotographischen Konstruktionen bezogen, wie zu jener Zeit noch nicht von der Firma Carl Zeiss, sondern vorwiegend von den Mechanisch-optischen Werkstätten Carl Bamberg, Berlin (später Friedenau) und C. A. Steinheil Söhne, München, mit zum Teil epochemachenden Erfolgen angefertigt wurden. Hinsichtlich ihrer Provenienz entstammten die in Merseburg ermittelten Akten den Beständen des Preußischen Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten (im ehemaligen Preußischen Geheimen Staatsarchiv Berlin), während sich die durch Herrn Dr. Rudolf Loher dem Werksarchiv zu Jena zugeführten (nahezu 1 000 !) Geschäftsbriefe, die Schott, Abbe und das damals noch so genannte Glastechnische Laboratorium Schott & Gen. in Jena während der Jahre 1875 bzw. 1883 bis 1921 an die Firma Steinheil (jetzt: Optische Werke C. A. Steinheil Söhne GmbH, München) gerichtet haben, ehemals im Steinheilschen Geschäftsarchiv befunden haben. Auch dem Leiter der Bibliothek des Deutschen Museums

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in München, Herrn Dr. Friedrich Klemm, fühlt sich der Bearbeiter zu herzlichen Dank verpflichtet, daß er bei der Zuführung dieser wertvollen Briefe und Rechnungen an das Jenaer Werksarchiv in Form von Photokopien Hilfestellung geleistet hat. Hinsichtlich der Grundsätze, nach denen das zur Verfügung stehende Quellenmaterial im vorliegenden Band bearbeitet wurde, ist insofern genau so verfahren worden wie in den früheren Teilbänden, als ebenso wie dort jedem einzelnen der für den dokumentarischen Teil ausgewählten Briefe und Dokumente eine den Inhalt charakterisierende Zusammenfassung (Regest) nebst den dazu gehörigen Angaben über die Signatur und die Überlieferungsformen sowie bereits vorliegende ältere Abdrucke oder Erwähnungen vorangestellt, das Quellenstück selbst auch durch Anmerkungen erläutert worden ist. Eine Abweichung von dem früheren Verfahren ergab sich zwangsläufig daraus, daß der Einleitung diesmal mit Rücksicht auf den viel größeren zu behandelnden Zeitraum und die relativ größere Fülle des zur Verfügung stehenden Quellenmaterials ein breiter Raum eingeräumt werden mußte, und daß sich hieraus wiederum die Notwendigkeit ergab, in den dokumentarischen Teil nur Quellen von wirklich grundlegender Bedeutung oder von besonders charakteristischer Art aufzunehmen, wenn anders der Gesamtumfang des Bandes in praktisch eben noch erträglichen Grenzen gehalten werden sollte. Es war vom Bearbeiter zwar in Erwägung gezogen worden, mindestens einen Teil der für den dokumentarischen Teil bestimmten Quellenstücke nur in Regesten-Form darzubieten, aber da in der zusammenfassenden Einleitung ohnehin eine große Menge von wichtigen Kleinmaterial (z. B. von Journalnotizen, Schmelzungsberichten u.d.) zu verarbeiten war, hielt er es doch für richtiger, die ursprünglich für den dokumentarischen Teil vorgesehenen Regesten in den Text der Einleitung hinein zu verlagern und, in Verbindung mit dem Kleinmaterial, in Textabschnitten darzubieten, die, ebenso wie die dargebotenen Zitate, durch den kleineren Druck für das Auge des Lesers kenntlich gemacht worden sind. Auch diesmal sei wieder darauf hingewiesen, daß mit Rücksicht auf den Charakter des vorliegenden Bandes als (vorletzter) Teil einer mehrere Bände umfassenden Schriftenfolge ein Orts- und Personenregister erst für das Ende des Gesamtwerkes vorgesehen ist. In dankenswerter Weise hat es auch diesmal der wissenschaftliche Mitarbeiter des Glaswerks Herr Dr. Herbert Schönborn übernommen, dem Bearbeiter bei der Gestaltung des Textes und der Anmerkungen sowie besonders bei der Durchsicht der Korrekturen mit an die Hand zu gehen. Die von dem Bearbeiter im letzten Band ausgesprochene Hoffnung, daß es Herrn Archivdirektor Prof. Dr. Flach möglich sein würde, auch dem vorliegenden Band wieder seine in den vorausgegangenen Bänden bewährte Mitarbeit zur Verfügung zu stellen, ist dadurch zunichte gemacht worden, daß sein unter tragischen Umständen im März 1958 erfolgter Tod unserer langjährigen harmonischen Zusammenarbeit ein Ziel gesetzt hat. Dafür, daß sich sein Nachfolger in der Leitung des Thüringischen Landeshauptarchivs Weimar, Herr Dr. Hans Eberhardt, bereit erklärt hat, an Stelle des Verstorbenen die Fortführung und, wenn möglich, Vollendung unserer Schriftenfolge im Rahmen der Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission als Herausgeber zu übernehmen, ist auch ihm der Bearbeiter herzlichen Dank schuldig. Quelle: Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert 182 (Schreibmaschinenmanuskript, S. 4-325 [S. 4-205 als Original, S. 206-326 als Fotokopie]). SCHOTT Archiv Jena, Fotokopie aus dem Besitz von Erich Schott (Mainz) in: Sammlung Herbert Kühnert.

Einsetzen eines Hafens in den Schmelzofen. Tuschzeichnung von Erich Kuithan aus: Eberhard Zschimmer, Die Glasindustrie in Jena. Ein Werk von Schott und Abbe. Verlegt bei Eugen Diederichs. Jena 1909.

3.2 Einleitung zur Edition Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen, III. Teil Der Übergang zum großindustriellen Betrieb. Vom Privatunternehmen zur Stiftung 1886–1914 von Dr. Herbert Kühnert 1962

I Mit dem vorliegenden Band wird die Reihe der 1946 bis 1957 von der Thüringischen Historischen Kommission veröffentlichten und von ihrem 1958 verstorbenen Vorsitzenden, Prof. Dr. Willy Flach, herausgegebenen Bände, die sich die Bereitstellung von wichtigem, bisher zum größten Teil noch unausgewertet gebliebenem Quellenmaterial zur Geschichte des am 1. September 1884 von Dr. Otto Schott (1851-1935) begründeten und seit 1948 in volkseigenen Besitz übergegangenen Jenaer Glaswerks Schott & Genossen zum Ziel gesetzt haben, durch einen weiteren Teilband ergänzt. In dem 1946 veröffentlichten Band „Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879-1881“ war auf Grund der vom Bearbeiter in Dr. Otto Schotts persönlichem Nachlaß vorgefundenen, mit Prof. Dr. Ernst Abbe (1840-1905) gewechselten Briefe erstmalig bis ins einzelnste gezeigt worden, wie sich die beiden großen Vertreter wissenschaftlicher und technischer Intelligenz nach anfänglichen Hindernissen zu Anfang des Jahres 1881 zu einer zunächst auf rein wissenschaftliche Ziele gerichteten chemisch-physikalischen Gemeinschaftsarbeit zusammengefunden hatten, und wie sich ihnen aus den von Schott im kleinsten Maßstab zu Witten durchgeführten Schmelzversuchen alsbald begründete Aussicht auf die Erzielung hochwertiger optischer Handelsgläser mit z. T. neuartigen und für die angewandte Optik wichtigen Eigenschaften eröffnet hatte, wie sie daher gegen Ende des Jahres 1881 dahin übereingekommen waren, ihre Gemeinschaftsarbeit mit nunmehr praktischer Zielsetzung in einem in Jena einzurichtenden Laboratorium und unter Inanspruchnahme der ihnen von der Optischen Werkstätte Carl Zeiss zur Verfügung gestellten Hilfseinrichtungen so lange fortzusetzen, bis Schott in der Lage sein würde, seinen bereits Ende 1880 zu Witten gefaßten Plan zur Begründung einer deutschen Produktionsstätte von Handelsglas für optische und andere wissenschaftliche Zwecke zu verwirklichen. Hatte dieser Briefwechselband somit erstmalig die Quellen erschlossen, die sich auf die Vorgeschichte des Jenaer Glaswerks beziehen, so hatte der Gedanke nahe gelegenen, in weiteren Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission auch seine

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bis dahin weitgehend noch unbearbeitete Gründungs- und Frühgeschichte durch ausgewählte Quellenstücke wissenschaftlicher, technischer und betriebswirtschaftlicher Art zu durchleuchten und so einer späteren, allen wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Werksgeschichte den Weg zu ebnen. Denn ebenso, wie sich dem Bearbeiter der in Schotts Nachlaß vorgefundene, die Zeit von 1879 bis 1905 überspannende Briefwechsel mit Abbe als wichtige Quelle für Schotts Beschäftigung mit dem optischen Glas und darüber hinaus für seine geschäftliche Wirksamkeit im Glaswerk und für seine fördernde Einflussnahme auf die von Abbe begründete Carl Zeiss-Stiftung erwiesen hatte, bildete auch der von Schott hinterlassene, die Zeit von 1880 bis 1912 überspannende Briefwechsel mit seinem Studienfreund, dem Berliner Physiker Dr. Hermann Friedrich Wiebe (1852-1912) eine nicht weniger aufschlussreiche Quelle für denjenigen Teil seiner glasschmelzerischen Tätigkeit, der sich auf die erstmalige Darstellung hochwertiger Gläser für andere als optische, z. B. thermometrische Verwendungszwecke bezogen hat. Für die auf Grund dieser beiden wichtigen Quellenfunde geplante weitere Dokumentation zur Frühgeschichte des Jenaer Glaswerks sollte sich auch der Umstand als günstig erweisen, daß dem Bearbeiter schon kurz nach Schotts Tod die Aufgabe zufiel, in dessen ehemaligem Arbeitszimmer ein Werksarchiv einzurichten, dem alsbald alles zugeführt wurde, was in den einzelnen Werksabteilungen noch an älteren Geschäftspapieren erhalten geblieben war; und wenn sich auch das so zusammengetragene zusätzliche Material gerade für die ältere Werksperiode als nur wenig ergiebig erwies, so bot es, in Verbindung mit den oben erwähnten beiden Briefsammlungen, dem Bearbeiter während der Zeit, in der er das Archiv selbst leitete, doch genügend Anhaltspunkte, um es durch Erhebungen an werksfremden Stellen soweit zu ergänzen, daß mit der Verwirklichungen des oben erwähnten Planes begonnen werden konnte. Immerhin sollten mit diesen unumgänglichen Vorarbeiten sieben ganze Jahre vergehen, bis es dem Bearbeiter im Jahre 1953 endlich möglich wurde, einen ersten Teilband der nun ebenfalls von der Thüringischen Historischen Kommission herausgegebenen Schriftenfolge „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen“ erscheinen zu lassen. Die Aufgabe, die dem Bearbeiter durch diesen mit dem Untertitel „Die wissenschaftliche Grundlegung“ versehenen Teilband gestellt war, bestand in erster Linie darin, an etwa 200 aus der Fülle des nunmehr vorliegenden Quellenmaterials ausgewählten, auf die Zeit vom Frühling 1882 bis zum Herbst 1884 bezüglichen Briefen und Dokumenten zu zeigen, wie es Schott nach seiner Übersiedlung von Witten an das nun von Abbe und ihm zu Jena begründete „Glastechnische Laboratorium“ gelang, an Stelle der bis dahin in Witten durchgeführten Glasschmelzungen im kleinsten Maßstab auch größere Musterstücke von optischen Gläsern teils handelsüblicher, teils neuartiger Zusammensetzung in einer für den Nachweis ihrer erfolgreichen Anwendung in der optischen Praxis ausreichenden physikalischen Qualität (Härte, Unveränderlichkeit, Farblosigkeit) zu erschmelzen. Gleichzeitig war der dokumentarische Nachweis dafür zu erbringen, wie Schott vom März 1883 ab in Zusammenarbeit mit der damals von dem Berliner Astronomen Prof. Dr. Wilhelm Foerster (1832-1923) geleiteten Kaiserlichen Normal-Eichungs-Kommission seine systematische Versuchsarbeit mit ebenfalls bahnbrechendem Erfolg nunmehr auch auf die Herstellung von Röhrenglas für Thermometer mit stark verminderter

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Nachwirkung ausdehnte. Drittens war klarzustellen, wie es erst nach Erfüllung dieser letzteren Bedingung der von ihm im Oktober 1883 mit Abbe, Dr. Carl Zeiss (1816-1888) und dessen Sohn Dr. Roderich Zeiss (1850-1919) begründeten und mit 60 000 M Betriebskapital ausgestatteten Versuchsstation gelang, von der Königlich Preußischen Regierung einen auf zwei Jahre berechneten Betriebszuschuß zu erwirken, der es den nunmehrigen Partnern ermöglichen sollte, dem Laboratorium auch einen Glashütte anzugliedern, in dieser nun die neuen optischen Gläser auch in technischem Maßstab herzustellen und so den Übergang des Unternehmens in eine leistungsfähige industrielle Produktionsstätte von Glas für optische und andere wissenschaftliche Zwecke vorzubereiten. Der Dokumentation dieser Übergangsperiode, die mit der am 1. September 1884 erfolgten Inbetriebnahme der Versuchsglashütte begann und bis in den Herbst des Jahres 1886 hinein währte, war der im Jahre 1957 – wiederum in der Reihe der Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission – veröffentlichte zweite Teilband der „Briefe und Dokumente“ gewidmet. Die Bedeutung der in diesem zweiten Teilband der „Briefe und Dokumente“ durch 163 ausgewählte Quellenstücke durchleuchteten Versuchsperiode für die Gründungsgeschichte der am 23. Juli 1885 unter der Bezeichnung „Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen, Jena“ gerichtlich eingetragenen offenen Handelsgesellschaft ist in der Einleitung zu dem im Juli 1886 veröffentlichten ersten Produktions- und Preisverzeichnis von Schott und Abbe folgendermaßen charakterisiert worden: „Nach Überwindung großer und zahlreicher Schwierigkeiten, wie sie naturgemäß den Zutritt zu einem Gebiet der Technik hemmen müssen, auf welchem einem neuen Unternehmen die Erfahrungen der Vorgänger völlig verschlossen bleiben und alles aus eigenen Kräften erlernt werden muß, ist diese in Jena errichtete Produktionsstätte für optisches Glas nunmehr durch einen längeren internen Betrieb genügend gekräftigt, und hat auch schon ihre technische Leistungsfähigkeit seit nahezu einem Jahr im Verkehr mit den meisten optischen Werkstätten Deutschlands erprobt, um jetzt in die öffentliche Konkurrenz eintreten zu können.“ Die unmittelbare Auswirkung der während der Jahre 1884 bis 1886 in der Versuchsglashütte erzielten Erfolge auf die praktische Optik äußerte sich u. a. darin, daß mit Hilfe der im ersten Produktionsverzeichnis zur Auswahl gestellten 44 Sorten optischen Glases, unter denen sich nicht weniger als 19 Schmelzungen von wesentlich neuartiger Zusammensetzung befanden, schon im August 1886 von der Optischen Werkstätte Carl Zeiss die von Abbe berechneten apochromatischen Objektive und Kompensations-Okulare für das Mikroskop auf den Markt gebracht werden konnten und daß die Optische Werkstätte Carl Bamberg in Berlin der im September des gleichen Jahres daselbst tagenden Naturforscher-Versammlung auch bereits Musterstücke von Fernrohrobjektiven von 105 bis 175 mm Öffnung vorlegen konnte, die nach Berechnungen von Abbes Mitarbeiter Dr. Siegfried Czapski (1861-1907) aus den von Schott in der Jenaer Versuchsglashütte erschmolzenen optischen Gläsern hergestellt worden waren. Auch konnte im ersten Produktionsverzeichnis darauf hingewiesen werden, daß das von Schott in der Versuchsglashütte erstmalig am 13. November 1884 in technischem Maßstab hergestellte und seit dem 25. Juli 1884 unter Markenschutz gestellte Normalglas 16/III für Thermometer mit sehr verminderter Nachwirkung der glasverarbeitenden Instrumentenindustrie grund-

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sätzlich geliefert werden könne, wenn auch, infolge eines vorläufig nur periodisch möglichen Röhrenziehbetriebs, in beschränkter Menge. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß Schott in der Versuchsglashütte zu Anfang des Jahres 1885 in technischem Maßstabe auch das (gegenüber dem Normalglas 16/III) noch höheren wissenschaftlichen Ansprüchen entgegenkommende Thermometerglas 18/III erschmolzen hatte, daß ferner der damals bei der Kaiserlichen Normal-Eichungs-Kommission als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellte Physiker Dr. Hermann Friedrich Wiebe in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie der Wissenschaften am 12. November 1885 seinem ersten, am 17. Juli 1884 veröffentlichten Bericht über die mit Schott gemeinsam durchgeführten Untersuchungen über den Einfluß der Zusammensetzung des Glases auf die Nachwirkungserscheinungen bei Thermometern einen zweiten, abschließenden Bericht hatte folgen lassen und daß endlich die nur auf Grund dieser glasschmelzerischen Erfolge Schotts möglich gewordene und nunmehr im Deutschen Reich eingeführte amtliche Prüfung von Thermometern alsbald zu einer Hebung des bis dahin gefährlich tief gesunkenen Niveaus der deutschen Thermometerfabrikation führen mußte. Für das Jenaer Glaswerk hatte diese Auswirkung von Schotts Beschäftigung mit dem Thermometerglas zwar, wenigstens zunächst, noch keine geschäftliche Bedeutung, doch bedeutete sie eine glänzende Rechtfertigung für die Voraussetzungen, unter denen dem Jenaer Unternehmen der von der Preußischen Regierung erbetene Betriebszuschuß bewilligt worden war. Und da Schott von vornherein in seinem Kampf um die Eroberung der Welt des Glases in der Erzeugung optischer Gläser nur einen ersten Schritt gesehen hatte, so hatte er in dem Augenblick, als die Versuchsglashütte in die öffentliche Konkurrenz eintrat, mit der Einbeziehung des Thermometerglases in seine glasschmelzerische Tätigkeit auch bereits einen wichtigen zweiten, jenem weiter gesteckten Ziel entgegen führenden Schritt hinter sich gebracht.

II Nachdem so durch die nunmehr vorliegenden drei Bände das auf die Vor- und Gründungsgeschichte des Jenaer Glaswerks bezügliche Quellenmaterial weitgehend erstmalig zur öffentlichen Kenntnis gebracht worden war, wurde dem Bearbeiter der Vorschlag nahegelegt, in analoger Weise, wenn auch nun natürlich unter ausgiebiger Anwendung der Form des Regests, die Entwicklung des Werks von der ursprünglichen bescheidenen Versuchsglashütte zu einer hochdifferenzierten und verhältnismäßig schnell zu internationaler Berühmtheit gelangten Produktionsstätte für hochwertige Glassorten und Glaserzeugnisse der verschiedensten Art in einem, eventuell auch zwei weiteren Teilbänden der „Briefe und Dokumente“ zu bearbeiten. Dabei war zunächst daran gedacht, in einem dritten Teilband die Periode von der Gründung bis zum 25jährigen Bestehen des Glaswerks (also bis zum 1. September 1909) bearbeitet zu sehen und diesem etwa noch einen abschließenden vierten Teilband über die Betriebsperiode bis zu dem am 1. Januar 1927 erfolgten Ausscheiden Schotts aus seiner Gründung folgen zu lassen. In dem Maße aber, wie sich der Bearbeiter in diese Aufgabe hineinarbeitete, schien es ihm doch richtiger, mit dem Teilband III etwas näher auf die Gegenwart zu, nämlich bis zum Betriebsjahr 1914/15 vorzustoßen. Er ließ sich dabei von der Erwägung leiten, daß wir es bei der Be-

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triebsperiode von dem Eintritt des Glaswerks in die öffentliche Konkurrenz bis zum Beginn des ersten Weltkrieges mit einer Periode kontinuierlicher, auch durch gelegentliche Krisenerscheinungen auf dem Weltmarkt nicht wesentlich gestörter Aufwärtsentwicklung des Glaswerks zu tun haben, während die auf sie folgenden Betriebsjahre gekennzeichnet sind durch die gewaltsame Einspannung des Werks in die Kriegswirtschaft und einen durch den von Deutschland verlorenen Krieg bedingten geschäftlichen Niedergang, aus dem ein neuer Aufstieg nur unter grundlegend veränderten wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen möglich werden sollte. So liegt denn auch dem vorliegenden, im Manuskript bereits zu Anfang des Jahres 1959 abgeschlossenen III. Teilband der „Briefe und Dokumente“ die Aufgabe zu Grunde, für eine künftige, zusammenfassende Gesamtgeschichte des Jenaer Glaswerks ein der bisherigen Spezialforschung im wesentlichen noch verschlossen gebliebenes Quellenmaterial, das sich auf die Betriebsperiode vom Herbst 1886 bis zum Geschäftsjahr 1914/15 bezieht, bereitzustellen und dadurch auch die über diese Periode bereits vorliegende Spezial-Literatur in wesentlicher Hinsicht weiter zu ergänzen. Wenn man berücksichtigt, daß sich die für diesen Band ausgewählten Quellenstücke demnach auf einen Zeitraum von über einem Vierteljahrhundert erstrecken, während es in den früheren Bänden immer nur einen Zeitraum von 2 Jahren zu überbrücken galt, so dürfte es dem mit dem Stoff nicht schon einigermaßen vertrauten Leser nicht ebenso leicht fallen als dort, jedes einzelne Quellenstück trotz der ihm auch hier werksgeschichtlichen Zusammenhang einzureihen. Zur Erleichterung dieser Schwierigkeit wird es ihm daher dienen, wenn er dem dokumentarischen Teil unseres Bandes hier zunächst einen kurzen geschichtlichen Überblick über die in ihm behandelte Betriebsperiode des Glaswerks vorangestellt findet.

III Was zunächst die Erweiterung der beim Eintritt des Glaswerks in die öffentliche Konkurrenz bereits vorliegenden wissenschaftlichen Grundlagen betrifft, so hatte sich bereits bis zur Jahrhundertwende der von Schott zunächst systematisch angestrebten Mannigfaltigkeit von optischen Eigenschaften des Glases durch entsprechend ausgedehnte Versuchsschmelzungen sowohl im kleineren wie im technischen Maßstab eine ebenso große Verschiedenheit in allen übrigen physikalischen Eigenschaften wie im chemischen Verhalten des Glases zugesellt, mochte sich diese nun auf seine Dichte, Festigkeit und Elastizität, auf seine thermischen, elektrischen und magnetoptischen Eigenschaften oder auf das chemische Verhalten seiner Oberfläche gegen Wasser und Säuren beziehen. Welchen vielfältigen Widerhall diese von Schott teils allein, teils in Verbindung mit anderen Gelehrten durchgeführten Versuche und Ermittlungen in verhältnismäßig kurzer Zeit in der zeitgenössischen Fachliteratur des In- und Auslandes gefunden hatten, zeigt eindrucksvoll die zusammenfassende Darstellung, die hierüber der damalige Göttinger Privatdozent Dr. H. Hovestadt in seinem 1900 im Verlag von Gustav Fischer zu Jena veröffentlichten, alsbald auch in zahlreiche Fremdsprachen übersetzten Buch „Jenaer Glas und seine Verwendung in Wissenschaft und Technik“ gegeben hat. Auch, wenn man etwa einmal die dem Deutschen Reichstag vorgelegten jährlichen Tätigkeitsberichte und Son-

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derpublikationen der 1887 unter der Leitung von Prof. Dr. Hermann von Helmholtz (1821-1894) ins Leben getretenen Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in BerlinCharlottenburg nur flüchtig durchblättert, sieht man sogleich, zu welcher Fülle von wissenschaftlich-technischen Einzeluntersuchungen besonders auch die von Schott zu anderen als optischen Verwendungszwecken erschmolzenen Gläser den Mitarbeitern dieses Instituts während der hier in Frage kommenden Jenaer Betriebsperiode Veranlassung gegeben haben. Darüber, welchen Umfang die Arbeiten Schotts über die Erzielung einer möglichst großen Mannigfaltigkeit technisch wertvoller glasiger Mischungen und die hierüber teils von ihm selbst, teils von anderen durchgeführten Messungen über die Abhängigkeit ihrer physikalischen Konstanten von ihrer chemischen Zusammensetzung bereits angenommen hatte, als das Jenaer Glaswerk (am 1. September 1909) auf sein 25jähriges Bestehen zurückblicken konnte, hat sich Schotts wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Eberhard Zschimmer in seinem aus diesem Anlaß bei Eugen Diederichs in Jena veröffentlichten Buch „Die Glasindustrie in Jena“ zusammenfassend wie folgt geäußert: „Erst da, wo die Wissenschaft in den Dienst der Technik tritt, findet sie in den Gläsern dankbare Probleme, die freilich meist auf recht schwierige und langwierige Untersuchungen hinauslaufen. Am leichtesten sind natürlich Untersuchungen am fertigen Material, nämlich Messungen der physikalischen Konstanten und Darstellungen der Abhängigkeit ihrer Zahlenwerte von der chemischen Zusammensetzung. Daß dies erst Zweck hat, wenn die glasbildenden Stoffe in reichlicher Abstufung vorhanden sind, ist klar. Deshalb stehen fast alle Arbeiten im engsten Zusammenhang mit den neuen Jenaer Gläsern. Die wichtigsten davon sind von Jenaer Gelehrten und deren Schülern, z. T. auch von Schott selbst, ausgeführt worden. In ihrer Gesamtheit stellen sie die exakte Beschreibung der physikalischen Eigenschaften dar, die sich an glasigen Mischungen der Kieselsäure, Borsäure und Phosphorsäure und deren Salzen mit Lithium, Natrium, Kalium, Magnesium, Kalzium, Zink, Barium, Arsen, Antimon, Blei und Aluminium zeigen können und möglicher Weise noch erreichen lassen. Vereinzelte Bestimmungen sind auch über die Wirkungen seltener, für die Glasschmelzerei im allgemeinen zu kostspieliger Elemente gemacht worden, z. B. über Titan, Wolfram, Molybdän, Thallium, Cer, Didym, Niobium usw. Endlich hat man stark färbende Elemente ziemlich eingehend im Glase studiert, um ihre spezifische Absorptionswirkung auf Lichtund Wärmestrahlen, Röntgenstrahlen usw. zu erkennen.“ Welche Bedeutung für die glasverarbeitende Feintechnik die zahlreichen, im Jenaer Glaswerk bis zum Erscheinen von Zschimmers Jubiläumsschrift erschmolzenen Glastypen verschiedenster chemischer Zusammensetzung im Hinblick auf die ihnen anhaftenden, für die verschiedensten Verwendungszwecke in Betracht kommenden physikalischen Eigenschaften bereits gewonnen hatten, zeigt die von Zschimmer an anderer Stelle seines Buches gegebene Übersicht über die an folgenden Eigenschaften des Glases ermittelten Maßzahlen: I. Spezifisches Gewicht, II. Zug- und Druckfestigkeit, III. Der Elastizitäts-Koeffizient, IV. Die Spezifische Wärme, V. Die Wärmeleitfähigkeit, VI. Der Thermische Ausdehungs-Koeffizient, VII. Die Mittlere Lichtbrechung, VIII. Die Mittlere Farbenzerstreuung, IX. Die Relative Brechung, X. Die Dielektrizitäts-Konstante. Natürlich wurde auch in der Folgezeit das Ziel einer möglichst weitgehenden Aufklärung des Zusammenhangs zwischen den chemischen und physikalischen Eigenschaften

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des Glases im Laboratorium und im Hüttenbetrieb mit im Auge behalten und auf mancherlei Weise weiter gefördert, doch stand diese Arbeit fast immer im Zusammenhang mit gesteigerten oder neuartigen Qualitätsansprüchen, die an das Glaswerk von der Glas verarbeitenden Technik und Industrie her gestellt wurden; also, wenn zum Beispiel ein aus Jena gewünschtes Glas von bestimmter Ausdehnungsfähigkeit gleichzeitig auch anderen, bald mechanischen, bald elektrischen Eigenschaften in besonderer Kombination entsprechen sollte. Denn, wie in der auf Schotts Wirken bezüglichen Literatur immer wieder mit Recht hervorgehoben worden ist, war für ihn neben seinen anderen hervorragenden Eigenschaften, zum Beispiel seiner wissenschaftlichen Tüchtigkeit, seiner technischen Begabung und seinem geschäftlichen Weitblick, besonders auszeichnend sein feiner Spürsinn für die von den verschiedensten Seiten des modernen Lebens an den Werkstoff Glas herantretenden feintechnischen Ansprüche und damit zugleich auch für die Möglichkeit einer auch geschäftlichen Erfolg versprechenden Anwendung der am Glas gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse auf neuartige praktische Ziele besonderer Art.

IV Werfen wir unter diesem Gesichtspunkt einen kurzen Blick auf die Entwicklung des Jenaer Produktionsprogramms während der für unseren Band in Betracht kommenden Betriebsperiode, so ergibt sich folgendes Bild: Wenn dem im Juli 1886 veröffentlichten Produktions-Verzeichnis des Glaswerks das geschäftliche Ziel zu Grunde gelegen hatte, zunächst einmal die in Deutschland blühende optische Industrie in der Beschaffung ihres wichtigsten Halbfabrikats vom Ausland unabhängig zu machen, so war dieses Ziel bereits im Sommer 1888 vollkommen erreicht, und auch das Ausland begann nun in zunehmendem Maße auf die teils den gewöhnlichen, teils gesteigerten Zwecken der praktischen Optik entsprechenden Jenaer Glassorten zurückzukommen. Unter den Verwendungszwecken der ersteren Art waren nach den dem ersten Produktions-Verzeichnis von Abbe und Schott beigefügten Erläuterungen zu verstehen: Operngläser, Handfernrohre, kleine photographische Instrumente, Fernrohr- und Mikroskopobjektive, die keinen höheren Ansprüchen zu genügen brauchten, Lupen und Okulare jeder Art. Welche enormen Fortschritte sich mit Hilfe der im ersten Produktionsverzeichnis der praktischen Optik angebotenen Kron- und Flintgläser auf dem Gebiet der höchster Leistungsfähigkeit entsprechenden Mikroskop-Objektive erzielen ließen, hatten die von der Optischen Werkstätte Carl Zeiss bereits im August 1886 in den Handel gebrachten, von Abbe konstruierten apochromatischen Mikroskopobjektive, die der Hersteller-Firma bereits im Geschäftsjahr 1890/91 einen Umsatz von 992 000 Mark einbringen sollten, eindrucksvoll bezeugt, und ihr Einfluß auf die Entwicklung der Biologie und der übrigen auf das technische Hilfsmittel Mikroskop angewiesenen exakten Naturwissenschaften sollte sich schnell weit über Deutschland hinaus bemerkbar machen. Auch auf die Astronomie gingen schon bald nach dem Eintritt des Jenaer Glaswerks in die öffentliche Konkurrenz entscheidend fördernde Einflüsse aus durch die von Schott aus seinen Kron- und Flintgläsern hergestellten spannungsfreien Objektivscheiben, wie sie zunächst von den Optischen Werkstätten Carl Bamberg – Berlin und C. A. Steinheil Söhne – München, später

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(d. h. von etwa 1903 ab) auch von der Optischen Werkstätte Carl Zeiss für die von ihnen konstruierten astronomischen Fernrohre und astrophotographischen Apparate benötigt wurden. So hatte sich z. B. das von Schott in Verbindung mit Bamberg für die am 2. Juli 1889 eröffnete Berliner Urania-Sternwarte gelieferte 12½-zöllige Fernrohr-Objektiv nach einem von Bamberg am 24. Oktober 1890 an Abbe gerichteten Brief als ein Instrument „allerersten Ranges“ bewährt. Auch von dem im Jahre 1889 von Schott in Verbindung mit Steinheil dem Astrophysikalischen Observatorium zu Potsdam gelieferten photographischen Refraktor mit seinen aus Schottschem Glas hergestellten Objektiven von 13,5 bzw. 9 Zoll konnte der Direktor des Observatoriums, Prof. Dr. Hermann Carl Vogel (1841-1907) in einer dem Preußischen Kultusminister am 15. Januar 1890 überreichten Denkschrift berichten, mit diesem in seiner Art erstrangigen Instrument sei das Observatorium auf dem Gebiet der coelestischen Photographie wieder an die erste Linie gerückt. Einen weiteren fortschrittlichen, für das Jenaer Glaswerk auch in geschäftlicher Hinsicht bedeutsamen Impuls erhielt die praktische Optik schon bald nach dem Eintritt des Jenaer Unternehmens in die öffentliche Konkurrenz auch auf dem Gebiet der Photographie. Die nach dieser Richtung hin schon 1883 von Schott mit Dr. Hugo Adolf Steinheil (1832-1893), dem damaligen Leiter der 1855 von seinem Vater zu München eröffneten Optisch-Astronomischen Werkstätte C. A. Steinheil Söhne, sowie mit der Braunschweiger Firma C. Voigtländer & Sohn angeknüpften Geschäftsverbindungen, wirkten sich auf die Verbesserung photographischer Objektive besonders günstig aus durch die von Schott in den Jahren 1888 bzw. 1892 in den Handel eingeführten neuen Barytleichtflinte, da die aus ihnen hergestellten photographischen Objektive den früheren, auf dem Silikatglas beruhenden Konstruktionen infolge der Vergrößerung der absoluten Lichtstärke, der größeren Ebenheit der Bildfläche und der weiteren Ausdehnung des Gesichtsfeldes beträchtlich überlegen waren. Der bedeutende geschäftliche Impuls, den mit Hilfe dieser neuen, für photographische Konstruktionen wichtigen Glassorten nicht nur das Glaswerk selbst, sondern auch die Optische Werkstätte Carl Zeiss erhielt, äußerte sich u. a. darin, daß die letztere Firma sich den von dem 1886 bei ihr als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingetretenen Dr. Paul Rudolph (1858-1935) im Jahre 1888 konstruierten Anastigmat, d. h. ein aus Schottschem Silikatkron und Barytleichtflint bestehendes photographisches Objektiv, mit Wirkung vom 3. April 1890 für Deutschland hatte patentieren lassen und damit gerade zu einer Zeit, als ihr Absatz an Apochromaten merklich zurückzugehen begann, mit besonderem Erfolg ihre Produktion auch auf dieses Gebiet der praktischen Optik ausdehnen konnte. Das im Produktionsverzeichnis vom Juli 1886 der Kundschaft angebotene Normalglas 16/III für Thermometer mit sehr verminderter thermischer Nachwirkung hatte für das Glaswerk zunächst nur geringe geschäftliche Bedeutung, da noch im Sommer 1888 die Jahreseinnahme aus dem Verkauf dieses Erzeugnisses nicht einmal ein Zehntel der aus dem Verkauf von optischem Glas erreicht hatte. Erst als ein im Frühling 1888 für die Erschmelzung nichtoptischer Gläser in der Glashütte bereit gestellter kleiner Regenerativofen den Übergang vom nur periodischen zum kontinuierlichen Röhrenziehen ermöglicht hatte und es Schott gelungen war, in ihm erstmalig (im Juni 1889) das für nachwirkungsfreie Thermometer bis 510° Celsius verwendbare Borosilikatglas 59/III in größe-

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ren Quantitäten ausziehen zu lassen, begann dieser Produktionszweig sowohl hinsichtlich der Quantität als auch der erstmaligen Rentabilität an Bedeutung zu gewinnen. Einen weiteren Fortschritt erzielte Schott auf dem Gebiet der nichtoptischen Gläser durch eine neue Röhrenart, die sich durch hohe Widerstandskraft gegen Temperaturwechsel und die lösende Wirkung des Wassers auszeichnete. Diese Röhren wurden auch Verbundglasröhren genannt, weil sie aus zwei über einander verschmolzenen Glasschichten von verschiedenem Ausdehnungskoeffizienten bestanden, einer äußeren, dem sogenannten Einschmelzröhrenglas, und einer inneren, sehr dünnen Schicht einen Glases von geringer Ausdehnung. Die Röhren dieser Art, auf welche das Glaswerk mit Wirkung vom 4. April 1891 ein Patent erlangte, wurden von Schott alsbald in den Handel gebracht und fanden als so genannte Wasserstandsgläser lange Zeit hindurch praktische Verwendung zur Beobachtung des Wasserstandes an Dampfkesseln. Kurz darauf konnte das Glaswerk auch mit einem besonders schwer angreifbaren Glas an die Öffentlichkeit treten, das infolge seiner verminderten Wärmeausdehnung gleichzeitig den Vorteil einer großen Sicherheit gegen Zerspringen bei plötzlicher Erwärmung und Abkühlung besaß und als so genanntes Geräteglas teils zu Kolben, Bechern und Retorten, teils zu Einschmelz- und Verbrennungsröhren für chemische Laboratorien verarbeitet wurde. Den gegenüber den bisher erwähnten Glassorten und -fabrikaten weitaus bedeutendsten geschäftlichen Erfolg erzielte das Glaswerk durch das 1893 in den Handel gebrachte Zylinderglas für Gasglühlicht- und Petroleumbeleuchtung, das sich vor den bis dahin üblichen Handelsgläsern durch erhöhten Widerstand gegen schroffen Temperaturwechsel auszeichnete und dessen praktische Brauchbarkeit sich in der Folgezeit auch noch durch den von Schott erfundenen und am 23. März 1895 erstmalig unter (zunächst englischen) Patentschutz gestellten Lochzylinder weiter erhöhen sollte. Mit der Aufnahme dieses Fabrikats in das Produktionsprogramm des Glaswerks ist dessen weitere Entwicklung zum industriellen Großbetrieb auf das engste verbunden. Welche mehr oder weniger weitreichende geschäftliche Bedeutung die so nach und nach entstandenen Hauptgruppen hochwertiger Glasfabrikate für das Jenaer Glaswerk bis gegen das Ende des 19. Jahrhunderts erlangt hatten, ergibt sich aus folgender im Herbst 1899 entstandener Übersicht über die Art und den Umfang der Produktion des nunmehr nur noch Glaswerk Schott & Genossen firmierenden Unternehmens: „Die Fabrikation erstreckt sich auf die Herstellung von Gläsern für wissenschaftliche und technische Zwecke, für letztere insoweit, als es sich um Erzeugnisse handelt, welche weitergehenden Anforderungen als die sonst im Handel befindlichen Fabrikate genügen. Es werden z. Zt. in regelmäßiger Fabrikation angefertigt: I. Optisches Glas und zwar neben den früher gebräuchlichen Kron- und Flintgläsern eine Reihe neu eingeführter Glasarten, mit deren Hilfe optische Instrumente von erheblich verbesserter Wirkung hergestellt werden. Das optische Glas wird verarbeitet zu Platten, runden Scheiben für Fernrohrobjektive (es sind Stücke bis zu 125 cm Durchmesser angefertigt worden) und Prismen; es wird angeschliffen und poliert, soweit dies die Untersuchung auf Fehlerfreiheit notwendig macht. Gesamt-Umsatz seit Gründung: M[ark] 2 150 000 Umsatz der letzten 3 Jahre: M[ark] 235 000, 227 000, 224 000. II. Röhren aus Jenaer Normal- und Borosilikat-Thermometerglas. Verwendung für ärztliche und chemische Thermometer und feinere wissenschaftliche Instrumente.

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Bisheriger Gesamt-Umsatz: M[ark] 312 000 Umsatz der letzten 3 Jahre: M[ark] 37 000, 39 000, 46 000. III. Wasserstandsröhren aus Verbundglas (D.[eutsches] R.[eichs] P.[atent] 61573), eingeführt seit 1891. Bisheriger Gesamt-Umsatz: M[ark] 395 000 Umsatz der letzten 3 Jahre: M[ark] 62 000, 74 000, 82 000. IV. Geräteglas (Kolben, Bechergläser, Retorten) und Röhren (Einschmelz- und Verbrennungsröhren) für chemische Laboratorien, eingeführt seit 1892. Bisheriger Gesamt-Umsatz: M[ark] 387 000 Umsatz der letzten 3 Jahre: M[ark] 66 000, 81 000, 108 000. V. Zylinder für Gasglühlicht und Petroleumbeleuchtung. Dem Umfange nach der bei weitem stärkste Fabrikationszweig. Tagesproduktion z. Zt. etwa 30 000 Zylinder. Eingeführt seit 1893. Bisheriger Gesamt-Umsatz: M[ark] 4 000 000 Umsatz der letzten 3 Jahre: M[ark] 757 000, 1 000 000, 1 436 000. Der Jahresumsatz der gesamten Erzeugnisse hat sich ständig gesteigert, er betrug im letzten Jahre M[ark] 1 900 000. Beinahe die Hälfte der Erzeugnisse geht nach dem Ausland.“ Wie es sich mit Rücksicht auf die weit ausgreifenden Ziele, die sich Schott mit der Gründung des Jenaer Glaswerks von vorneherein gestellt hatte, von selbst verstand, war mit der von ihm und seinen Mitarbeitern bis um die Jahrhundertwende erreichten Vertiefung und Verbreiterung der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Wesen des Glases und mit dem sich ständig steigernden Absatz der in der vorstehenden Zusammenstellung genannten Fabrikate auch ein ebenso erfolgreiches ständiges Bemühen Schotts verbunden, sich immer höheren Ansprüchen, die von Seiten der Wissenschaft, der glasverarbeitenden Technik und von einzelnen Gebieten der modernen Alltagslebens an die Qualität und die praktische Verwendungsmöglichkeit der im technischen Maßstab erschmolzenen Gläser gestellt wurden, in möglichster Vollkommenheit anzupassen. Bei der Inbetriebnahme des Glaswerks (im September 1884) hatte Schott drei Schmelzungsbücher angelegt, von denen Nr. I für die (später als O.-Gläser bezeichneten) optischen Silikatgläser, Nr. II für die optischen Spezial- oder S.-Gläser, Nr. III für die nichtoptischen Gläser bestimmt waren. Von diesen Typen waren die zur Gruppe I gehörigen Silikatgläser (teils handelsüblicher, teils neuartiger Zusammensetzung) im Juli 1886 bis zur Schmelznummer O.144, im August 1888 bis zur Nummer O.627, im Januar 1892 bis zur Nummer O.1209 und im Januar 1902 bis zur Nummer O.3269 gediehen. Von den zur Gruppe II gehörigen S.-Gläsern lagen 1884 etwa 62, 1888 bereits 162, 1892 (mindestens) 203 und 1902 (mindestens) 232 Typen vor. Waren für die Kundschaft im Produktionsverzeichnis von 1886 aus diesen Schmelzungen 44 Typen, nämlich 34 O.Gläser und 10 S.-Gläser ausgewählt worden, so enthielt das neue Verzeichnis vom Januar 1902 67 O.-Gläser und nur noch 1 S.-Glas (nämlich das Schwerste Silikat-Flint S 228), also insgesamt 68 Typen, von denen 32 in handelsüblicher und 36 in neuartiger Weise zusammengesetzt waren. Von ihnen entstammten den Betriebsperioden: 1. September 1884 – Juli 1886 25 O.-Gläser(davon 6 von neuer Zusammensetzung) Juli 1886 – August 1888 22 O.-Gläser (davon 13 von neuer Zusammensetzung) August 1888 – Januar 1892 7 O.-Gläser (davon 5 von neuer Zusammensetzung)

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Januar 1892 – Januar 1902

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13 O.-Gläser (davon 11 von neuer Zusammensetzung) 1 S.-Glas (davon 1 von neuer Zusammensetzung) Wie man sieht, war Schott also bei der Zusammenstellung der Liste vom Januar 1902 so verfahren, daß er in sie nicht nur solche Typen optischen Glases aufgenommen hatte, die erst seit 1892 neu erschmolzen worden waren, sondern auch seine erhebliche Anzahl solcher Typen, die sich schon während der Betriebsperiode 1884 – 1892 in der geschäftlichen Praxis vollkommen bewährt hatten. Das allmähliche Verschwinden der S.-Gläser aus den genannten Produktionsverzeichnissen beruht darauf, daß sich bereits um 1889 dem Versuch Schotts, die vorteilhaften optischen Eigenschaften der in der S.-Reihe erschmolzenen Phosphat- und Boratgläser zur Vervollkommnung der photographischen und, besonders, der Fernrohrobjektive zu verwerten, solche Schwierigkeiten entgegenstellten, daß er sich genötigt sah, nach vielen Versuchen wieder zur Kieselsäure als Lösungsmittel zurückzukehren. Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß sich im Laufe der 1890er Jahre zu den bereits im Produktionsverzeichnis von 1886 der Kundschaft für physikalische Zwecke angebotenen drei Typen von farbigen Gläsern eine ganze Anzahl von weiteren Gläsern dieser Art, z. B. das von Schott im Frühjahr 1891 erschmolzene purpurrote Goldrubinglas, dann auch gelbe, blaue, braunrote und grüne Gläser, die zunächst zur Kennzeichnung der Röhren mit sogenannten Strichmarken dienen sollten, hinzugekommen waren. Wie das Produktionsverzeichnis vom Januar 1902 erwähnt, hatte es sich der im Oktober 1897 ins Glaswerk als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingetretene Dr. R. Zsigmondy gemeinsam mit seinem Kollegen, Dr. Grebe, zur Aufgabe gemacht, die von ihm im Frühjahr 1900 gemeinsam mit Schott erschmolzenen 18 Typen „farbiger optischer Gläser“ einer spektroskopischen und spektrographischen Untersuchung zu unterziehen und über das Ergebnis ein der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ (1901, Heft 4) unter dem Titel „Über Farbgläser für wissenschaftliche und technische Zwecke“ zu berichten, während gleichzeitig und an derselben Stelle von Dr. Grebe über „Jenaer Lichtfilter“ berichtet worden war. Unter den weiteren fortschrittlichen Impulsen, welche die praktische Optik während der 1890er Jahre durch die von Schott erschmolzenen Flint- und Krongläser erhielt, seien hier herausgegriffen. In einem am 10. Mai 1893 von Abbes Mitarbeiter Siegfried Czapski an den weimarischen Ministerialbeamten Karl Rothe gerichteten Brief heißt es u. a.: „Einige Überlegungen, welche Schott und ich über eine mehr als 20 Jahre alte ingenieuse Idee Abbes betreffend Herstellung von Handfernrohre angestellt haben, führten zu so überraschenden Ergebnissen, daß ich mir das Allerbeste davon verspreche. Wenn sie günstig ausfallen, können wir uns gratulieren und einen Neubau beginnen […].“ Diese Bemerkung Czapskis bezieht sich darauf, daß Abbe zu jener Zeit gerade damit beschäftigt war, mit Hilfe eines besonders hellen und klaren Schottschen Zink-SilikatKronglases und eines Barytglases seinen alsbald weltberühmt gewordenen mit Wirkung vom 9. Juli 1893 unter deutschen Reichspatentschutz gestellten Prismenfeldstecher zu konstruieren, dessen geschäftliche Bedeutung für die Optische Werkstätte Carl Zeiss sich daraus ergibt, daß sie mit ihm bereits in den Geschäftsjahren 1894/95, 1895/96 und 1896/97 Umsätze von je 187 000, 350 000 und 548 000 Mark erzielen konnte. Als Czapski am 7. Januar 1895 in einem Berliner Vortrag über die bei Zeiss seit dem Frühjahr 1894 erstmalig serienweise hergestellten Prismenfeldstecher, Scheren- und Relief-

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fernrohre berichtete, bemerkte er u. a., daß von den etwa 100 verschiedenen bei Schott regelmäßig hergestellten optischen Gläsern den von den neuen Prismenfernrohren an die Durchsichtigkeit des Kronglases gestellten Anforderungen nur zwei genügten und daß selbst von diesen beiden auch nur eines (nämlich das von Schott bereits am 13. Oktober 1884 erschmolzene Zink-Kronglas O.15) praktisch anwendbar gewesen sei, weil sich das andere (nämlich das schwerste Baryt-Kron O.1209) nicht völlig frei von Bläschen habe herstellen lassen. Ein weiterer fortschrittlicher, während der 1890er Jahre vom Jenaer Glaswerk auf die praktische Optik ausgeübter Impuls beruht darauf, daß es Schott bereits im Spätsommer 1892 gelungen war, durch die Anlage eines größeren Kühlungsapparats und eines an die Hütte angebauten neuen Ausgießofens der Astronomie und Astrophotographie für ihre Beobachtungsinstrumente lichtstärkste Glasblöcke für Fernrohrobjektive mit einer Öffnung von über 40“ (= 101,6 cm) zur Verfügung zu stellen. So konnten z. B. aus dem im Herbst des Jahres 1894 im Jenaer Glaswerk vorhandenen Vorrat an durch Schott, Abbe, Dr. Rudolf Steinheil (1853-1930) – München und den Berliner Astronomen F. S. Archenhold (1861-1939) zwei große und zwei kleinere ausgesucht werden, mit deren Hilfe der letztere das von ihm seit einigen Monaten betriebene Projekt betreffend ein auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung vom Mai 1896 zur Schau zu stellendes „Riesenfernrohr“ verwirklicht werden sollte. Nach einem der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt vorgelegten und von ihrem Präsidenten Hermann von Helmholtz gebilligten Plan Archenholds sollte dieses mit zwei großen Objektivlinsen von 44“ (= 111,75 cm) und zwei kleineren Linsen von 27“ (= 68,58 cm) freier Öffnung auszustattende Fernrohr das z. Zt. sowohl größte als auch lichtstärkste Instrument dieser Art werden. In der Tat wurden denn auch die in Jena für die Vorderlinsen des geplanten Instruments ausgewählten Stücke, nämlich eine Kronscheibe aus dem Schottschen weichen Silikatkron O.114 (= O.18 der Produktionsliste von 1886) und eine Scheibe von dem gewöhnlichen Leichtflint O.340 (= O.64 der Liste von 1886), bis Anfang 1896 von Steinheil zu einem Objektiv von 40“ (= 110 cm) Öffnung verarbeitet. Für die hinteren, zu einem sog. Pointer bestimmten Gläser waren in Jena ausgewählt worden: eine Scheibe gewöhnliches SilikatKron O.203 (= O.13 der Liste von 1886) und eine Scheibe gewöhnliches Leicht-Flint O.340, die von Steinheil in der Folgezeit ebenfalls zu einem visuellen Objektiv von 27“ (= 68,58 cm) Öffnung verarbeitet wurden. Wenn nun Archenhold in einem erhalten gebliebenen Prospekt vom März 1896 davon spricht, daß das Fernrohr zunächst nur mit dem letzteren Objektiv ausgestattet, des ersten (von 110 cm Brennweite aber vorläufig noch unfertig zur Schau gestellt werden solle, weil man die Kosten für dasselbe aus dem zu erwartenden Erlös der Gewerbeausstellung decken zu können hoffe, so wird man daraus schließen müssen, daß auch im Mai 1896, als die Ausstellung eröffnet wurde, die weitergehenden Ziele, die sich Archenhold in seinem ursprünglichen Plan gesteckt hatte, aus Mangel an den nötigen Kosten nur teilweise haben verwirklichen lassen. Wahrscheinlich ist dieser nur teilweise Erfolg des Archenholdschen Projektes darauf zurückzuführen, daß sich das hinter ihm stehende, von dem Berliner Kommerzienrat P. Dörffel geführte Komitee in seiner Hoffnung, für seine Verwirklichung einen namhaften preußischen bzw. kaiserlichen Kostenzuschuß zu erlangen, getäuscht sah. Die Gründe, welche die Preußische Regierung veranlassten, die vom Archenhold-Komitee erbetenen Mittel nicht diesem, sondern lieber einem für die astronomische Wissenschaft gleichfalls wich-

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tigen preußischen Staatsinstitut zu Gute kommen zu lassen, ergeben sich aus folgenden Tatsachen: Schon zu Anfang des Jahres 1890 hatte nämlich der Direktor des Potsdamer Observatoriums dem Preußischen Kultusminister vorgetragen, daß sein Institut durch die Aufstellung des oben erwähnten photographischen Refraktors auf dem Gebiet der coelestischen Forschung zwar wieder in die erste Linie eingerückt sei, daß es aber seine Stellung in Bezug auf die spektroanalytische Untersuchung der Himmelkörper nur unter der Voraussetzung zusätzlicher Ausstattung mit einem auch zu photographischen Aufnahmen des Sternhimmels verwendbaren Refraktors mit einer Öffnung des Objektivs von 80 cm bzw. eines mit dem Hauptinstrument zu verbindenden Leitfernrohrs von 50 cm Öffnung würde behaupten können. Zwar stand schon damals für Prof. Vogel fest, daß für die Herstellung eines Instrumentes dieser Art wiederum nur die Firmen Schott & Gen. und C. A. Steinheil Söhne, für den auf dem Potsdamer Telegraphenberg zu errichtenden Kuppelbau aber nur die Firma (Dr. J.) Repsold und Söhne in Hamburg in Frage kommen könnten. Da aber das Preußische Abgeordnetenhaus die auf 705 750 M veranschlagten Gesamtkosten für den Bau erst im März 1896, und zwar auch dann noch erst in Form von Jahresraten, die sich bis in das Haushaltsjahr 1899 erstreckten, bewilligte, konnte von Potsdam aus der die Herstellung der Objektive für den Refraktor betreffende Lieferungsvertrag der Firma Steinheil erst am 1. Juli 1896 erteilt werden. Er erstreckt sich auf ein Objektiv von 80 cm Durchmesser, nebst einer dazu gehörigen Korrektionslinie, das für das Leitfernrohr bestimmte Objektiv von 50 cm Durchmesser, ein Sucherobjektiv von 10 cm Öffnung und auf die für das Leitfernrohr bestimmten sechs, für den Sucher bestimmten zwei Okulare. Das 80 cm-Objektiv sollte für die chemisch wirksamen Strahlen ähnlich wie in dem 1889 gelieferten 13zölligen Objektiv achromatisiert werden. Als Lieferungsfrist waren drei Jahre – nämlich bis zum 31. August 1899 vorgesehen worden. Die Jenaer Gläser, die von Steinheil zur Ausführung des Auftrags verwendet werden, waren nach einem von Vogel der Berliner Akademie der Wissenschaften im November 1896 erstatteten Bericht die folgenden: a) für das Objektiv: das Schottsche Leichtflint O.340 (= O.64), Dicke der Platte 14,8 cm, das Schottsche Silikatkron O.203 (= O.13), Dicke der Platte 11,15 cm. b) für die zugehörigen Spektral-Apparate: Schotts Schweres Silikatflint O.102 (= O.38), Dicke der Platte 10,00 cm, Schotts Gewöhnliches Silikantflint O.93 (= O.37), Dicke der Platte 11,48 cm Schotts Silikatkron O.598 (= O.37), Dicke der Platte 10,25 cm. Auf Grund der nunmehr in Jena durchgeführten Sonderschmelzungen konnte Schott in seinem Journal im Juni 1897 notieren: „Große Objektivscheiben für Potsdam fertig. Durchmesser 84/85 cm. Gewicht: Flint (ungeschliffen) 172 kg. des Glases O.2049 Kron ungeschliffen) 117 kg. des Glases O.1849 2 Pointerschreiben: Durchmesser 53 cm. der beiden Gläser: Flint O.530 Kron O.1821 alle 4 Scheiben (Preis für Steinheil): 37 000 M[ark]“

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Am 6. Juni 1899 trafen die inzwischen von Steinheil angefertigten Linsen für den großen Refraktor in Potsdam ein. Eine alsbald vorgenommene Prüfung ihrer optischen Leistung ergab für das optische 50 cm-Objektiv ein allseitig sehr günstiges Urteil. Auch am photographischen Objektiv von 80 cm zeigten sich die Sternbilder sehr regelmäßig und lichtstark. Die Prüfung mit dem Spektroskop ergab, daß die Achromatisierung den gewünschten Bestimmungen entsprach. Auch die Korrektionslinie von 18 cm D[urch]m[esser], die das chemisch achromatisierte 80 cm-Objektiv in ein optisches zu verwandeln hatte, funktionierte vollkommen. So besaß in dem am 26. August 1899 samt dem dazu gehörigen Kuppelbau auf Telegraphenberg feierlich eingeweihten Refraktor das Potsdamer Astrophysikalische Observatorium ein astronomisches Forschungsinstrument, das im ganzen damaligen Europa nicht seinesgleichen hatte. Wie sich die glastechnischen Fortschritte Schotts auch früher schon auf die in der Optischen Werkstätte Carl Zeiss hergestellten Mikroskope, photographischen Objektive und Feldstecher fördernd ausgewirkt hatten, so wirkten sie sich in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts in zunehmendem Maße auch auf das Gebiet der astronomischen und astrophotographischen Objektive befruchtend aus. Schon kurz, nachdem es Abbe gelungen war, den bis dahin zu Brottewitz b. Mühlberg a. d. Elbe als Liebhaber-Astronom und Astromechaniker wirkenden Chemiker Dr. Max Pauly (1849-1917) als wissenschaftlichen Mitarbeiter im Zeisswerk zu gewinnen und ihm (vom 1. April 1897 ab) die Inbetriebnahme und Leitung einer astronomischen Abteilung im Zeisswerk zu übertragen, konnte das Zeisswerk mit je einem astronomischen und einem astrophotographischen Objektiv hervortreten, die an praktischer Brauchbarkeit für die Wissenschaft alles auf beiden Gebieten bis dahin Erreichte deswegen übertrafen, weil für ihre Herstellung zwei neuerdings von Schott erschmolzene Glastypen, das nunmehr einfach so genannte Fernrohrflint O.2001 und das Fernrohrflint O.2388, die glastechnische Voraussetzung dafür lieferten. So konnte im Januar 1899 in der „Zeitschrift für Instrumentenkunde“ Prof. Max Wolf vom Astrophysikalischen Observatorium zu Heidelberg über ein ihm zu Anfang des September 1898 zur Prüfung zugeschicktes, aus den beiden genannten Glassorten von Dr. Pauly konstruiertes zweiteiliges Probe-Objektiv von 21,2 cm freiem Durchmesser und 55,5 cm Brennweite u. a. berichten: „Das Objektiv ist mit allen dreien (nämlich den von ihm vergleichsweise mituntersuchten Objektiven von Fraunhofer, Grubb und Clark. Der Bearbeiter) gar nicht vergleichbar; es überflügelt sie so weit, daß praktisch bei ihm alle visuellen Strahlen in eine Ebene zusammenfallen.“ … „Überraschend schon war das völlig farblose Bild von Mondkratern und Sonnenflecken (bei 825facher Vergrößerung)“. Und im Septemberheft 1899 derselben Zeitschrift konnte Dr. H. Harting als „Mitteilung aus der Optischen Werkstätte C. Zeiss“ eine im Juli 1899 von ihm beendete Arbeit „Über ein astrophotographisches Objektiv mit beträchtlich vermindertem sekundärem Spektrum“ veröffentlichen, in der er abermals darauf hinwies, daß es Schott gelungen sei, zwei hinsichtlich ihrer Haltbarkeit praktisch erprobte Silikatgläser herzustellen, die so außergewöhnlich proportionalen Gang der partiellen Dispersion hätten, daß das sekundäre Spektrum, soweit es für das Auge in Betracht komme, gänzlich beseitigt, für die Zwecke der Astrophotographie aber bedeutend vermindert sei. Aus diesen Gläsern nun habe er ein für die Präzisionsphotographie bestimmtes Astrophotographisches Objektiv, das nach dem Typus der Aplanate aus zwei verkitteten Linsenpaaren zusam-

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mengesetzt sei, konstruiert. Seine Brennweite betrüge etwa 110 cm, seine Öffnung 11,1 cm. Die damit in Heidelberg hergestellten Bilder seien außerordentlich schön und zeigten weitaus mehr Einzelheiten als alle z. Zt. im Gebrauch befindlichen Objektive. Noch im Jahr 1899 war bei Zeiss der erste Katalog lieferbarer astronomischer Objektive und der dazu gehörigen Okulare erschienen. Die Fabrikation großer astronomischer Fernrohre und astrophotographischer Apparate konnte aber erst aufgenommen werden, nachdem durch den Bau einer Montierhallte auf dem Fabrikgrundstück und eines (1903 fertiggestellten) Versuchslaboratorium für astronomisch-photographische Arbeiten auf dem Forst sowie durch die (1902 erfolgte) Anstellung des Astronomen Dr. Walter Villiger (geb. 1872) und des Ingenieurs Franz Meyer (1903) auch hierfür die nötigen Voraussetzungen geschaffen waren. So konnte denn 1904 als erstes deutsches Instrument dieser Größe der Sternwarte zu Heidelberg das Spiegelteleskop für photographische Zwecke geliefert werden, dessen Öffnung 72 cm und dessen Brennweite 2,7 cm betrug und das mit einem Leitfernrohr und einem Sucher verbunden war. Für den mit ihm verbundenen Astrographen war erstmalig das von Schott erschmolzene, für ultraviolette Strahlen stark durchlässige und photographisch besonders wirksame Glas verwandt worden. Aus der glanzvollen Reihe weiterer astronomischer Fernrohre und astrophotographischer Apparate, die von Zeiss in der Folgezeit bis zum Beginn des ersten Weltkrieges an deutsche und außerdeutsche Sternwarten geliefert wurden, sind hervorzuheben: das 1095 der Sternwarte Innsbruck gelieferte Spiegel-Teleskop von 40 cm Öffnung und 1 m Brennweite verbunden mit 2 UV Astro-Kameras, einem Leitfernrohr und Sucher, der 1906 der Züricher Urania Sternwarte gelieferte 30 cm-Refraktor mit 5 m Brennweite und weitere für die astronomische und astrophotographische Verwendung hochbedeutsame Refraktoren, Astrographen und Spiegelteleskope, wie sie 1908, 1910, 1911 an die Sternwarten zu Wien, Neuenburg in der Schweiz, Hamburg-Bergedorf und Berlin-Babelsberg geliefert wurden und zugleich mit ihrer hochqualifizierten technischen Einrichtung und Ausstattung auch die Bedeutung des Jenaer optischen Glases für die astrophysikalische Forschung immer mehr zu internationaler Geltung brachten. Auch auf dem Gebiet des Röhrenglases für Thermometer wurden die von Schott durch das 1891 in den Handel gebrachten Borosilikat-Thermometerglas 59/III erzielten Erfolge im Verlauf der 1890er Jahre erweitert und zwar einmal dadurch, daß mit Hilfe des von ihm 1896 erschmolzenen Kompensationsglases 335/III die Depressionskonstante von Thermometern aus dem Normalglas 16/III nach einer Erhitzung auf 300° C von 0,04 auf nur noch 0,02° herabgedrückt werden konnte. Während sich bis dahin die Thermometergläser 16/III und 59/III, wenn sie das von Hermann Friedrich Wiebe auf sie zur Anwendung gebrachte Alterungsverfahren durchgemacht hatten, für Thermometer bis 450° bzw. 510° C als brauchbar erwiesen hatten, gesellte sich zu ihnen das von Schott im Jahre 1898 in den Handel gebrachte, für Thermometer bis 575° brauchbare Jenaer Verbrennungsglas (mit der auch dem Glas 59/III entsprechenden Depressionskonstante von 0,03.). Diese drei Sorten genügten auf über ein Jahrzehnt hinaus den an sie gestellten praktischen Forderungen. Erst als die technischen Fortschritte die Verwendung von Thermometern von noch weitergehender Hitzebeständigkeit verlangten, die sich zudem auch an der Glasbläserlampe mit Gas und Sauerstoff noch gut verarbeiten ließen, gelang es kurz vor dem Ausbruch des ersten Weltkriegs Schotts wissenschaftlichem Mitarbeiter Dr. H. Thiene, unter der Nummer 1575/III ein solches Glas zu er-

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schmelzen, das bei einer Depressionskonstante von nur 0,01° und bei einem Innendruck von 30 Atmosphären noch bis 635° brauchbar war und nun mit einem am 11. Februar 1914 angemeldeten Deutschen Reichspatent unter der Bezeichnung „Jenaer Supremaxglas“ ebenfalls in den Handel gebracht werden konnte. Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß dem Glaswerk unter dem 13. Februar 1914 ein Patent (DRP 280 435) auf ein von Schott erfundenes Quarzthermometer mit GlasKapillarrohr erteilt wurde. Für das Glaswerk war von geschäftlicher Bedeutung auch ein in den letzten Jahren vor dem ersten Weltkrieg erschmolzenes Röhrenglas von hoher chemischer Widerstandsfähigkeit, auf welches dem Glaswerk am 13. Februar 1911 internationaler Markenund kurz danach auch Patentschutz erteilt wurde. Es erhielt die Handelsbezeichnung „Fiolax“, weil es zu Phiolen oder Ampullen zur unveränderten und sterilen Aufbewahrung medizinischer Präparate für Einspritzungen verarbeitet wurde und damit dem von der Wissenschaft hergestellten Anspruch genügen mußte, daß aus ihm kein Alkali abgegeben werden darf, wenn sich das in der Phiole aufbewahrte Präparat chemisch unverändert erhalten soll. Als sich im Geschäftsjahr 1910/11 der Röhrenglasabsatz des Glaswerks um nicht weniger als 30% (auf 769 000 M) steigerte, war dies besonders bedingt durch den zunehmenden Versand der neuen Fiolax-Röhren nach Italien und dem Thüringer Wald, in den nächsten Jahren besonders auch nach den USA. Auch die seit 1891 von Schott in den Handel gebrachten Wasserstandsröhren aus Verbundglas, von denen Widerstandsfähigkeit gegen kalten und warmen Druck, Unempfindlichkeit gegen Temperaturwechsel und Widerstandsfähigkeit gegen den Angriff durch das Kesselwasser verlangt wurde, erfuhren um die Wende zum 20. Jahrhundert durch eine von Schott bereits 1894 begonnene und in Verbindung mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter M. Herschkowitsch vollendete Versuchsarbeit eine weitere Vervollkommnung, über welche beide am 9. März 1901 in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure Näheres berichten konnten. Für die (dünne) Innenseite war nun ein neu erschmolzenes, unter dem Namen „Durax“ in den Handel gebrachtes Borosilikatglas von geringer Ausdehnung verwendet worden, während für die Außenseite, von welcher der Widerstand gegen die auflösende Wirkung des Dampfkesselwassers abhängt, ein im Glaswerk „Einschmelzröhrenglas“ genannter Glastyp zur Anwendung gekommen war. Wie sich aus den vorgenommenen Versuchen ergeben hatte, zersprang das neue Wasserstandsglas erst bei einem Druck, der drei- bis viermal höher war, als ihn die englischen und französischen Röhren aushielten. Gegenüber dem Einfluß des Wasserdampfes und des Kesselspeisewassers erwies sich die Widerstandskraft des neuen Duraxglases als sechs- bis achtmal so groß wie bei den englischen und französischen Gläsern und doppelt bis dreifach so groß wie bei dem früheren Jenaer Verbundglas. Eine weitere Verbesserung dieser neuen Wasserstandsröhren bestand darin, daß mit ihnen auch Schutzgläser verbunden waren, welche dazu dienen sollten, die vor Wasserstandsröhren an Dampfkesseln beschäftigten Personen vor den dem Augenlicht gefährlichen Glassplittern zu schützen, die ihnen bei etwaiger Zertrümmerung des Schauglases ohne solchen Schutz ins Gesicht geschleudert werden würden. Eine weitere Verbesserung erfuhren die aus dem Jenaer Glaswerk hervorgegangenen Wasserstandsröhren durch die Anwendung des am 27. April 1912 unter internationalen Warenzeichenschutz gestellten „Durobax“-

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Glases, das sich selbst gegen einen Druck bis zu 31 Atmosphären noch als widerstandsfähig erwies. Für die Entwicklung, welche der seit 1892 im Jenaer Glaswerk eingeführte Fabrikationszweig Geräteglas, Einschmelz- und Verbrennungsröhren bis zur Jahrhundertwende genommen hatte, ist aufschlußreich ein im März 1901 unter der Nr. 228 erschienenes Preisverzeichnis, nach dem sich die ursprünglichen drei Sorten von GeräteglasFabrikaten bis dahin auf 16 erhöht hatten, nämlich: Stehkolben, Rundkolben, Rundkolben mit aufgelegtem Rand, Meßkolben, Meßkolben mit eingeschliffenen Stöpseln, Kjeldahlkolben, Kochflaschen nach Erlenmeyer, Kochbecher mit oder ohne Ausguß, Kochbecher von niedrigerer (Griffinscher) Form mit Ausguß, Retorten ohne oder mit Tubulus, Fraktionskolben, Abdampfschalen, Reagentienflaschen, Reagiergläser, starkwandige Verbrennungsröhren. An Einschmelzröhren wurden nun angeboten solche aus Verbundglas und aus dem neuen Duraxglas, ferner Verbrennungsröhren zur Elementaranalyse in chemischen Laboratorien, Röhren aus Geräteglas und solche aus dem im Herbst 1897 erschmolzenen, mit Platindraht haltenden Glas 397/III, ferner alkalifreie Röhren, die unter der Schmelznummer 477/III aus dem neu erbauten Versuchsofen in der Hütte IV gegen Ende des Jahres 1900 hervorgegangen waren und wegen ihres geringen Leitungsvermögens für elektrische Isolationen besonders geeignet waren. Auch dickwandige Geräte (Bechergläser) konnten – als Ersatz für Porzellangefäße – nun angefertigt werden. An Firmen, von denen die für Laboratoriumszwecke gebrauchten Gläser nunmehr ständig geführt wurden, nennt das Verzeichnis in Deutschland allein bereits 35 (gegenüber 12 im Verzeichnis von 1893/94) und im Ausland 49 (gegenüber 11 im Verzeichnis von 1893/94), und zwar praktisch schon in allen Länder Europas, sowie in den USA, Kanada und Südafrika. Über die Entwicklung, welche die im Jahr 1893 im Glaswerk begonnene Fabrikation von Gläsern für Gasglühlicht bis zum Ende der 1890er Jahre genommen hatte, ergibt sich aus einer im Juli 1898 veröffentlichten Preisliste, daß damals im Glaswerk folgende einschlägige Fabrikate erhältlich waren: 1. Jenaer Glühlichtzylinder gewöhnlicher (rein zylindrischer) Form; 2. Jenaer Glühlichtzylinder für die kleinen N- oder Juwelbrenner; 3. Jenaer Lochzylinder (D. R. G. M. und Auslandspatente); 4. Jenaer Lochglocken (D. R. G. M. und Auslandspatente), in mattem Glas, Zugglas und Glocke in einer Form vereinigt); 5. Neue Jenaer Ausrüstung für Gasglühlicht, bestehend aus Tragglas und Hängezylinder (D. R. G. M. und Auslandspatente) mit seitlicher Zuführung der vorgewärmten Luft an den Glühkörper (DRP. 104 657); 6. Luftschutzbleche. Eine wesentliche Bereicherung erfuhr dieses Produktionsprogramm durch das ebenfalls noch im Juli 1899 in den Handel gebrachte neu hergestellte „Jenaer Milchglas“, über dessen Vorzüge gegenüber dem bis dahin für Glocken und Schirme verwendeten Milchglas Schott und Herschkowitsch in einem in „Schillings Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung“ (München, 1900) veröffentlichten Aufsatz „Über die Verteilung des Gasglühlichtes im Raume und die zweckmäßige Anwendung des Milchglases in der Beleuchtungstechnik“ berichteten. Während man nämlich bei dem bisher verwendeten Milchglas mit einem Lichtverlust von 30-40% zu rechnen gehabt hatte, ergab das neue

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Jenaer Milchglas gegenüber dem durchsichtigen Glas nur einen kaum merklichen Lichtverlust und wirkte dabei noch wohltuend auf das Auge, ein Vorzug, der es für seine Verwendung zur Innenbeleuchtung geeigneter machte als jenes. Auch für die Straßenbeleuchtung konnte es wegen seiner kaum verminderten Leuchtkraft gut verwendet werden. Von besonderer geschäftlicher Bedeutung wurden für das Glaswerk die seit dem August 1903 aus diesem neuen Milchglas hergestellten und durch das Warenzeichen „Fantax“ geschützten (so genannten) Qu-Glocken, die, in Verbindung mit einem ebenfalls aus Milchglas hergestellten Untersatz, den Vorzug hatten, daß durch sie die unschön wirkenden Zinken des Brenners verdeckt wurden und daß sie das Auge vor den aus den Löchern der Glocke hervortretenden grellen Lichtstrahlen schützten. Ein weiteres Fabrikat aus Milchglas waren die durch eingetragenes Warenzeichen geschützten AutositSchirme, von denen eine Abart, die durch Deutsches Reichspatent und ausländische Patente geschützten Seitenschirme, den Kunden des Glaswerks als besonders geeignet für Straßenbeleuchtung, Schaufenster und Ausstellungsräume empfohlen wurden. Bezeichnend für das oben hervorgehobene Talent Schotts, für die von ihm erschmolzenen Sondergläser immer neue Verwendungsmöglichkeiten zu erschließen, ist auch die Tatsache, daß ein von ihm um die Jahrhundertwende in den Handel gebrachtes neues Glas für Lampenzylinder gleichzeitig auch der Herstellung verbesserter Zylinder für die von den Bergleuten benutzten Sicherheitslampen dienstbar gemacht werden konnte, nachdem bereits die ersten vier Monate hindurch mit diesen Grubenzylindern angestellten Versuche ergeben hatten, daß auf 100 Schichten jeweils nur 2,21, statt bis dahin 6,15 zersprungene Zylinder gekommen waren. Unter den für Beleuchtungszwecke bestimmten Sondergläsern, die von Schott bis zum Beginn des ersten Weltkrieges noch zusätzlich erschmolzen wurden, ist einmal hervorzuheben das seit dem 25. Dezember 1905 durch das Warenzeichen „Robax“ geschützte Fabrikat, das, außer zu Beleuchtungszwecken, eine Zeitlang auch für die Herstellung von Wasserstandsgläsern Verwendung gefunden hat. Sodann erhielt das Glaswerk am 5. Dezember 1906 ein Deutsches Reichspatent, dem weitere ausländische Patente folgten, auf ein von Schott entwickeltes besonderes Einschmelzverfahren für Glühlampen. – Von ganz besonderer geschäftlicher Bedeutung aber wurde für das Glaswerk das von Schott im Frühjahr 1910 entwickelte, wegen seiner hohen Beständigkeit gegen Temperaturwechsel zur Anfertigung von Zuggläsern, Glocken, Schalen, Schirmen und Gasglühlicht-Zylindern besonders geeignete „Suprax“-Röhrenglas (1439/III), von dem beispielsweise nach dem Übergang der Jenaer Glaszylinder-Fabrikation zum kontinuierlichen Wannenbetrieb in der Zeit vom 5. Oktober 1911 bis zum 13. Mai 1913 insgesamt 1 ¾ Millionen kg in Form von Zuggläsern, Glocken, Schalen und Schirmen für Gasglühlicht hergestellt und vorwiegend nach den USA exportiert werden konnten. Wie aus Schotts Schmelzbüchern und Journalen hervorgeht, hatte er sich bereits im Jahre 1896, also etwa ein Jahr, nachdem der damals an der Universität Würzburg wirkende Physiker Wilhelm Konrad Röntgen (1845-1923) die nach ihm benannten Strahlen entdeckt hatte, u. a. auch mit Versuchen über ein für die Röntgenstrahlen möglichst leicht durchlässiges Glas beschäftigt, das auch das Einschmelzen von Platin in die daraus gezogenen Röhren gestatten würde. Nachdem sich aber herausgestellt hatte, daß das von ihm in diesem Zusammenhang erschmolzene Glas 331/III für die Herstellung haltbarer Röntgenröhren zwar durchaus geeignet war, daß die Wirksamkeit der Röhren aber nicht

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nur von der Durchlässigkeit des für sie verwendeten Glases, sondern auch von anderen Faktoren (z. B. dem Zustand des Vakuums, der Stellung der Kathode und des Platinbleches) abhängig war, hatte er doch wieder davon abgesehen, von dieser Schmelzung praktischen Gebrauch zu machen. Dagegen geht aus seinem Schmelzbuch hervor, daß er bereits damals (um 1896) auch schon ein für ultraviolette Strahlen durchlässiges Glas (308/III) herstellte und in vier Schmelzungen zu Röhren ausarbeiten ließ. Die Anhaltspunkte, die er bereits damals über die praktische Verwendung eines derartigen Glases gewonnen hatte, dürften ihn veranlaßt haben, eine ganze Reihe von Jahren später diesem Problem seine Aufmerksamkeit erneut zuzuwenden. Denn, wie wir oben gesehen haben, war das von der Firma Carl Zeiss im Jahre 1904 der Sternwarte Heidelberg gelieferte Spiegelteleskop für die astronomische Wissenschaft deswegen von besonderer Bedeutung, weil es mit einem Astrographen verbunden war, zu dem erstmals das von Schott damals neu erschmolzene und von ihm so genannte Uviolglas Verwendung gefunden hatte, also eine wegen ihrer Durchlässigkeit für ultraviolette, photographisch besonders wirksame Strahlen ausgezeichnete Glasart. Davon nun, wie sich Schott von diesem neuen Uviolglas eine über nur gelegentliche praktische Verwendung beim astrophotographischen Instrumentenbau hinausgehende, also auch größeren geschäftlichen Erfolg versprechend Verwendung erhofft hatte, zeugt die folgende, einem Geschäftsbericht des Glaswerks über das Jahr vom 1. April 1903 bis 1. April 1904 entnommene Notiz: „In letzterer Zeit hat sich Dr. Schott mit der Konstruktion einer Quecksilber(dampf)lampe beschäftigt, welche er wegen der von ihr ausgehenden ultravioletten Strahlen unter dem Namen „Uviol-Lampe“ in den Handel bringen wird. Die ursprüngliche Hoffnung, mit ihr eine neue Beleuchtungsart einzuführen, ist geschwunden, da das Licht die Farben ganz entstellt (Die Haut der Menschen erhält ein leichenfarbiges Aussehen, blonde Haare erscheinen intensiv grün usw.), und da es starke Einwirkungen auf den Organismus ausübt. Dagegen glaubt man, daß sich der Lampe ein weites Feld therapeutischer Verwendung (Lichtbehandlung zur Heilung von Lupus, Ekzem, vielleicht auch Krebs usw.) öffnen wird. Die betreffenden Versuche sind jedoch noch nicht abgeschlossen.“ Über das Ergebnis seiner im Winter 1904/05 abgeschlossenen Versuche, bei denen er sich weitgehend auf die von den Amerikanern L. Arons und P. Cooper-Hewitt mit Quecksilber-Dampflampen gemachten Erfahrungen sowie auf die Darstellung gewisser im Ultraviolett durchlässiger Gläser im Jenaer Glaswerk durch Dr. E. Zschimmer stützen konnte, und bei denen er auch durch den Glashüttenbesitzer Max Gundelach in Gehlberg sowie durch seine Mitarbeiter Dr. M. Herschkowitsch und Dr. R. Schaller wichtige Unterstützung erfahren hatte, konnte Schott in einem in der Zeitschrift für angewandte Chemie (1905, H. 16, S. 1 ff.) veröffentlichten Aufsatz „Über eine neue UltraviolettQuecksilberlampe – Uviol-Lampe“ ausführlich berichten. In einer noch 1905/06 im Glaswerk eingerichteten besonderen Abteilung „El“, die sich außer mit der weiteren Vervollkommnung der im wesentlichen für photographische, daneben aber auch für gewisse chemisch-technische und medizinische Zwecke bestimmten Uviol-Lampe auch mit anderweitiger Verwendung von Glas für elektrotechnische Zwecke befassen sollte, wurden nun zunächst die neuen Uviol-Lampen hergestellt und in den Handel gebracht, doch wurden neben ihr einige Zeit darauf auf Grund eines mit der Cooper-Hewitt-Gesellschaft in Berlin abgeschlossenen Lizenzvertrages in der neuen Ab-

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teilung auch so genannte Hageh-Lampen und elektrische Gleichrichter hergestellt, nachdem sich herausgestellt hatte, daß sich diese Hageh-Quecksilberlampen, auf welche die genannte Firma ein Patent besaß, haltbarer und gleichzeitig billiger herstellen ließen als die Uviol-Lampe. Aber schon im Geschäftsbericht des Glaswerks über die Betriebsperiode vom 1. April 1908 bis 1. April 1909 findet sich die Bemerkung, daß die Herstellung von Hageh-Lampen wegen Transportgefahr und unsicheren Funktionierens eingestellt werden solle und daß auch Uviol-Lampen nur noch in mäßigem Umfang weiter hergestellt werden sollten, weil ihr Absatz den auf sie gesetzten Erwartungen nicht entsprochen hatte. Dagegen wurde im gleichen Jahr auf Grund eines mit der englischen Firma Reason Manufactoring Co. in Brighton ein Abkommen über die Herstellung von Elektrizitätszählern abgeschlossen, und da sich zeigte, daß die vom Glaswerk im Juni 1909 unter Mitwirkung des seit dem Herbst 1908 vorübergehend im Glaswerk tätigen englischen Ingenieurs Henry Stafford Hatfield (aus Stove in Sussex) auf den Markt gebrachten „Stia“-Zähler ein guter geschäftlicher Erfolg zu werden versprachen, wurde für sie im Glaswerk im Frühjahr 1911 eine besondere Abteilung „Elz“ (= Elektrische Zähler) eingerichtet. Die Steigerung des Absatzes dieses Fabrikats zeigte sich als besonders bemerkenswert, nachdem es im Betriebsjahr 1913/14 gelungen war, die Zähler mit der viel billigeren durch DRP geschützten Kohle-Kathode auszurüsten. Wie sich demnach das Produktionsprogramm des Jenaer Glaswerks um die Zeit vor dem Beginn des ersten Weltkrieges gegenüber dem oben wiedergegebenen Status vom Herbst 1899 erweitert hatte, ergibt sich aus der nachfolgend wiedergegebenen Form, in der die wichtigsten Fabrikate bzw. Fabrikatgruppen des Glaswerks dem Publikum in dem „Adressbuch der Glasindustrie“ (Verlag des „Sprechsaal“ Müller & Schmidt, Coburg, 10. Auflage 1914, S. 91) angezeigt wurden: „Fabrikat: Gasglühlicht- und Petroleum-Zylinder und -Schirme, Grubenzylinder, Optisches Glas, Jenaer Glas, Laboratoriumsgläser, Wasserstandsgläser aus Durobax- und Duraxglas, Röhren aus Fiolaxglas für Phiolen, Thermometerröhren, Stia-Zähler (Elektrizitätszähler), Quecksilber-Dampflampen für medizinische und chemische Zwecke.“ Über die relative geschäftliche Bedeutung, welche die einzelnen Fabrikate bzw. Fabrikatgruppen für das Glaswerk damals hatten, und darüber, wie sich ihr Absatz zugleich auf die verschiedenen Hauptmärkte verteilte, erfahren wir Näheres aus einem von dem langjährigen kaufmännischen Mitarbeiter Schotts Dr. h. c. Rudolph Klett verfaßten Jahresbericht über das vom 1. April 1913 bis zum 1. April 1914 währende Betriebsjahr: I. Optik: Warenausgang 1 550 655 M[ark]. Steigerung um ca. 11% gegenüber dem Vorjahr und ca. 30% gegenüber dem Vorvorjahr, Entnahme von Zeiss: 44,5% des GesamtUmsatzes; das. Steigerung von 614 000 auf 692 000. Auffallender Rückgang in USA, wo z. B. an Bausch & Lomb. Rochester gegenüber 111 600 M[ark] im Vorjahr nur für 28 000 M[ark] gekauft wurde. II. Rohr: Warenausgang 810 899,38 M[ark]. Steigerung um ca. 3%. Bevorzugte Nachfrage nach dem teureren braunen Phiolen-Röhrenglas gegenüber dem Klarglas. Trennung des schwerer schmelzbaren Fiolaxglas vom Durobax-Glas. Alle in größeren Mengen gebrauchten Röhren nunmehr im Wannenbetrieb hergestellt. III. Geräte: Warenausgang 892 722,29 M[ark]. Steigerung um ca. 29%, besonders merklich in Deutschland, nämlich von 259 000 auf 299 000. Leichter Rückgang in USA.

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IV. Zylinder: Warenausgang 3 512 526 M[ark]. Angefertigt wurden 25 273 600 Stück, ausgeliefert 25 364 000 (gegenüber 27 730 900 i. Vj.). Die Umsatzverminderung im Ausland stärker als im Inland, bedingt durch zunehmende Konkurrenz, stärkere Verbreitung sog. Mittelfabrikate und Rückgang der Gasglühlicht-Beleuchtung gegenüber der Elektrizität. Durchschnittlicher Herstellungswert pro Dtz: 1,21 M[ark] (1,13 M[ark]), Verkaufswert 1,81 M[ark] (1,66 M[ark]). Erhebliche Betriebsaufwendungen erzielt durch verbesserte Fabrikations-Einrichtungen (z. B. Gaserzeuger, Wannenanlagen), z. B. am Glassatz 150 000 M[ark], an Bearbeitungslöhnen 33 000 M[ark], an Schmelzkosten: 175 000 M[ark], an Betriebskosten 80 000 M[ark]. V. El (d. h. Lampen, Gleichrichter): Warenausgang 19 153 M[ark]. Überschuß 1 000 M[ark]. VI. Elz (= Elektrische Zähler): Warenausgang 421 617,41 M[ark]. Befriedigende Entwicklung von Fabrikation und Umsatz. Die gangbaren Zählersorten werden seit Monaten mit der viel billigeren Kohle-Kathode (DRP) ausgerüstet. Guter Ausfall der von größeren Werken aufgenommenen Versuche. Haupt-Umsatz in Deutschland (312 000 M[ark]). Abnahme durch AEG: 19,3% vom Gesamt-Umsatz. Lizenzabgabe: 33 500 M (gegen 27 000 M[ark]). Der gesamte Warenausgang aus dem Glaswerk belief sich nach Dr. Kletts Geschäftsbericht über das Jahr 1913/14 auf 7 208 000 M[ark] (d. i. 17 000 M[ark] mehr als im Vorjahr). Er verteilte sich auf diejenigen Absatzländer, die für über 100 000 M[ark] Waren bezogen hatten, wie folgt: Deutschland 3 710 000 M[ark] (= + 117 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) England 707 000 (= – 31 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) Frankreich 568 000 (= – 33 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) USA 488 000 (= – 144 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) Russland 326 000 (= – 22 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) Italien 183 000 (= – 11 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) Österreich 157 000 (= + 5 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) Holland 154 000 (= + 8 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) Belgien 154 000 (= + 8 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) Asien (ohne Kleinasien) 104 000 (= + 35 000 M[ark] gegenüber dem Vorjahr) Besonders stark sprang hierbei der Rückgang des Absatzes nach USA in die Augen. Der umwälzende Einfluß des im August 1914 ausgebrochenen Ersten Weltkrieges auf die Produktion und den Warenversand des Glaswerks kommt im Bericht über das Geschäftsjahr vom 1. April 1914 bis dahin 1915 vor allem darin zum Ausdruck, daß sich während dieser Betriebsperiode, von der acht Monate bereits in den Krieg fielen, der gesamte Warenausgang gegenüber dem ihr vorausgegangenen letzten Friedensjahr um nicht weniger als 1 427 000 Mark, also auf nur noch 5 781 000 Mark verminderte. Bei den Zylindern erstreckte sich dieser Rückgang auf mehr als die Hälfte des Warenausgangs vom Vorjahr, nämlich auf nur noch 1 379 000 Mark, beim Geräteglas auf 341 000 Mark, bei den Röhren auf 57 000 Mark, bei den Uviol- und Hageh-Lampen auf 6 000 Mark, zusammen also auf 1 783 000 Mark. Diesem Minderausgang stand zwar beim Optischen Glas gegenüber dem Vorjahr ein Mehr von 273 000 Mark und bei den Stiazäh-

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lern ein solches von 83 000 Mark, zusammen also ein Mehr von 356 000 Mark gegenüber, doch konnte dieses Plus das auf die übrigen Produktionszweige entfallende Minus bei weitem nicht ausgleichen. Die Mehrproduktion beim optischen Glas, die im März 1915 die bis dahin noch nie erreichte Monatsziffer von 220 000 Mark erreicht hatte und fast nur auf den erhöhten Inlandsabsatz zurückzuführen war, erklärt sich daraus, daß vom Ende Dezember 1914 ab nach einer Verfügung des Kgl. Preußischen Kriegsministeriums im Glaswerk bis auf weiteres nur „Kriegsgläser“ hergestellt werden durften und daß das Verbot der Herstellung auch von „Nichtkriegsgläsern“ erst um die Mitte des Februar 1915 wieder aufgehoben wurde. Der gesteigerte Absatz an elektrischen Zählern ist darauf zurückzuführen, daß der beim Kriegsausbruch in Deutschland entstandene Mangel an Petroleum besonders den Bedarf an kleineren Zählern derart steigerte, daß ihr Monatsumsatz im November und Dezember 1914 eine bis dahin noch nie erreichte Höhe und beim Jahresabschluß einen Aufgang von insgesamt 504 168,90 Mark (gegenüber 421 617,41 Mark im Vorjahr 1913/14) ergab.

V Daß mit der vorstehend skizzierten planmäßigen Erweiterung der Produktion des Glaswerks sowie mit der Steigerung seines Warenausgangs von 61 700 M[ark] im Geschäftsjahr 1886/87 auf über 7 Millionen Mark im Geschäftsjahr 1913/14 auch eine ständige Erweiterung seiner baulichen Anlagen und technischen Einrichtungen Hand in Hand gegangen war, bedarf kaum besonderer Betonung. Darüber, welches Bild die am 1. September 1884 in Betrieb genommene, aus Glashütte, Laboratorium, Häfenmacherei, Kontor- und Lagerräumen bestehende, zwischen dem (heutigen Jenaer) Westbahnhof und der (heutigen) Otto Schott-Straße gelegene Werksanlage dem Beschauer von Nordosten aus darbot und wie diese Anlage innerlich eingerichtete war, als das Unternehmen im Juli 1886 in die öffentliche Konkurrenz eintrat, sind die Leser unserer Schriftenfolge aus dem Teilband II [= Band III des Gesamtwerks] (nach S. 246) eingefügten zeitgenössischen Bild und der auf S. XIII-XV. des gleichen Bandes vom Bearbeiter gegebenen Erläuterung desselben bereits eingehend unterrichtet worden. Im Jahr 1887 wurde die Glashütte durch zwei Anbauten vergrößert, deren einer einen bisher in der Hütte befindlichen Senkofen für optische Silikatgläser aufnahm, während im zweiten ein kleinerer (zusätzlicher) Regenerativofen installiert wurde, um in ihm S.Gläser, Thermometerglas, Wasserstandsröhren, Deckglas zu Mikroskopen, schwerschmelzbare Röhren aus Kaliglas, Laboratoriumsgegenstände (Kolben und Becherglas) sowie farbiges Stangenglas zu fabrizieren. Für Thermometerglas wurde der kleine Ofen erstmalig im Frühjahr 1888 in Anspruch genommen. Eine im Januar 1888 an dem kleinen Regenerativofen angebrachte Neuerung gestattete, den Wechsel des Gasstroms bei Gas und Luft gleichzeitig vorzunehmen. Eine wichtige, bis zum Sommer 1888 erreichte Neuerung im Betrieb war auch ein der Erzielung spannungsfreier Gläser dienender Kühlofen mit thermometrischer Regulierung, der nun so genannte Feinkühlungsapparat. Im Geschäftsjahr 1890/91 kamen hinzu: ein zweiter Kühlofen, der besonders für feingekühlte Presslinsen bestimmt war und die Aufstellung eines größeren Röhrenofens nebst

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Einrichtung eines 50-60 m langen Röhren-Zieh-Gangs zum Zweck der Erleichterung eines nunmehr kontinuierlichen Röhrenziehens in der Hütte. Wie es scheint, wurde zu Anfang des Dezember 1893 ein in der Glashütte neu erbauter Ofen für Geräteglas nebst einem ebenfalls nun fertig gestellten Ofen für Verbundund Verbrennungsröhren in Betrieb genommen. Als am 1. September 1894 das Glaswerk sein 10jähriges Bestehen feiern konnte, war man in der durch Erweiterungsbauten vergrößerten ursprünglichen Glashütte außer auf die Fabrikation von optischem und Normalglas auch schon auf zusätzliche Fabrikation von Verbunds-, Geräte- und Röhrenglas für chemische Laboratorien eingerichtet, doch stand nunmehr auch schon ein während der Sommerpause errichteter zweiter HüttenNeubau mit einem großen Geräteofen für zwei große und drei kleine (verdeckte) Häfen sowie einem kleinen Geräteofen mit drei mittelgroßen verdeckten Häfen zur Verfügung, in dem vom 6. Oktober 1894 ab zunächst (aus dem Glas 244/III) sowohl Geräte als auch Lampenzylinder, alsbald aber auch aus den Sondergläsern 252/III und 276/III (später 304/III) fast ausschließlich die so genannten Goldstempelzylinder hergestellt wurden. Infolge der großen Nachfrage nach den schon seit dem Frühjahr 1894 vorwiegend in Verbindung mit der Berliner Gas-Glühlicht A.G. in den Handel gebrachten Glühlicht-Zylindern kam es schon im Sommer 1895 zu einer mit zwei (seit dem Sommer 1896 drei) Schmelzöfen ausgestatteten dritten Glashütte, in der ausschließlich Zylinderglas hergestellt wurde. Eine vierte Glashütte, in der bald nach ihrer (am 26. August 1898 erfolgten) Inbetriebnahme vorwiegend das schnell zu großer geschäftlicher Bedeutung gelangte und 1899 in den Handel gebrachte neue Jenaer Milchglas für Gasglühlichtbeleuchtung hergestellt wurde, trug ebenfalls wesentlich mit dazu bei, daß, wie schon oben bemerkt, das Glaswerk seinen Umsatz an Zylindern für Gasglühlicht-Beleuchtung allein im Geschäftsjahr 1898/99 von 1 000 000 Mark auf 1 436 000 Mark also um fast 50% erhöhen konnte. Ein anschauliches Bild davon, wie sich die Betriebsmittel des Glaswerks seit seiner Gründung bis zum Herbst des Jahres 1899 entwickelt hatten, erhalten wir aus der bereits oben zitierten Übersicht, der wir folgendes entnehmen: „Der Schmelzbetrieb des Glaswerks findet statt in 4 Hütten, in denen z. Zt. 12 Schmelzöfen mit den dazu gehörigen 33 Vorwärm- und Kühlöfen im Gang sind. Die Heizung sämtlicher Öfen erfolgt durch Generatorengase, welche aus Braunkohlen in Generatoröfen nach Siemensschem System erzeugt werden. Es sind z. Zt. im Gang: Für optisches Glas: 2 Öfen (mit je 1 Hafen), 9 Anwärm- und Kühlöfen, 2 Senk- oder Ramollieranlagen und 2 Feinkühlapparate. Für Röhren: 3 Öfen (mit je 1 Hafen) und 3 Anwärmöfen. Für Geräteglas: 1 Ofen (mit 5 Häfen), 1 Anwärme- und 1 Auftreibeofen und eine Kühlröhre. Für Zylinder: 6 Öfen (mit je 5 Häfen) mit den dazu gehörigen 12 Anwärmeöfen und Kühlröhren. Daneben 2 Brennöfen für Ofensteine. Es sind ferner in regelmäßigem Betrieb eine Schleiferei, Poliererei und Glasschneiderei für optisches Glas, eine Absprengerei und Verschmelzerei für Röhren, und die gleichen Einrichtungen samt einer Locherei, Stanzerei, Sandbläserei und Schleiferei für Zylinder. Ferner 3 Mahlmühlen für Ton, eine Hafen- und Steinmacherei, eine Schmiede und Schlosserei. […] Der gesamte zwischen der Weimar-Geraer Eisenbahn und dem

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Lichtenhainer Oberweg belegene Grundbesitz der Firma ist 690 Ar (etwa 3 400 Weimarische Quadrat-Ruthen) groß. Die für Betriebszwecke bebaute Fläche beträgt 168 Ar (etwa 534 Quadrat-Ruthen). Den Kraftbedarf für die Anlage liefert eine sechzigpferdige Dampfmaschine, welche von einem Cornwallkessel mit 71 qm Heizfläche mit Dampf geheizt wird. Die Kraftübertragung in dem gesamten Werke geschieht unter Vermittelung von Elektrizität. Es sind vorhanden: 6 Elektromotoren. Die Abendbeleuchtung wird geleistet durch 17 Bogenlampen und 110 Glühlampen. Zur Bewegung des Transportes an Kohlen und sonstigen ankommenden und abgehenden Material im Verkehr mit der Eisenbahn und für den Verkehr der Hüttengebäude unter sich ist eine elektrische Kleinbahn (von A. Koppel in Bochum gebaut) von etwa 2 km Geleislänge im Betriebe. Die stärkste Steigerung beträgt 1:18, das rollende Material besteht aus 40 Wagen. Der stärkste Transport an einem Tage kann aufwärts etwa 15 Eisenbahn-Wagenladungen betragen. Der Wasserbedarf auf dem Grundstück wird aus einem Bohrloch von 30 m Tiefe gedeckt. Für den Betrieb sind täglich etwa 40 cbm Wasser notwendig, die im Ganzen um 50 m in 2 Eisenreservoire von zusammen 50 cbm Inhalt gehoben werden müssen. Der Gasbedarf von etwa 115 000 cbm jährlich wird von der städtischen Gasanstalt gedeckt.“ Als man im Glaswerk im Sommer 1909 das nunmehr 25jährige Bestehen des Betriebs feierte, war die Zahl der werkseigenen Glashütten auf acht angewachsen, in denen mit 98 Häfen die für die fünf nunmehr im Werk bestehenden Abteilungen bestimmten Gläser hergestellt wurden. Zu den früheren Hilfs- und Nebenbetrieben waren seit 1899 hinzugekommen: eine im Herbst 1903 in Betrieb genommene elektrische Zentrale am Lichtenhainer Weg, die auch gleichzeitig die Firma Carl Zeiss mit Strom versorgte; eine um dieselbe Zeit angelegte Gaserzeugungsanlage zur Verwendung von Meuselwitzer Braunkohle statt der teureren böhmischen Kohle; eine innerhalb des Werksgeländes 1903 erbaute Fabrik zur Herstellung von Borsäure und Borax aus amerikanischem borsaurem Kalk. Ferner waren vom Frühjahr 1907 an hinzugekommen: die Papierfabrik und das Dampfsägewerk mit Kistenfabrik zu Tannroda und eine im Geschäftsjahr 1909/10 eingerichtete werkseigene Gasanstalt. Vom Herbst 1911 ab wurde der gesamte Hüttenbetrieb mit Ausnahme der Optik auf Wannenöfen umgestellt, und auch für die optische Glasschmelzerei konnte der Ofenbau durch Übergang zum sogenannten Bienenkorbofen wesentliche Fortschritte erzielen. Nebenher ging die Umgestaltung der Gaserzeugung durch die Einführung moderner Gaserzeuger an Stelle der veralteten gemauerten Siemens-Gaserzeuger. So kamen 1912 bereits ein Czerny- und ein Hilger-Drehrost-Gaserzeuger in Betrieb, und bald darauf konnte auch die Zentralisierung der gesamten Gaserzeugung mit einer GasReinigungsanlage in Angriff genommen werden. Wie es Schott gelang, den geschäftlichen Vorsprung, den er im Lauf der 1890er Jahre auf dem Gebiet der Beleuchtungsgläser für Gasglühlicht erlang hatte, außer durch ständige Verbesserung der Fabrikationseinrichtungen auch durch Einführung immer neuer schutzfähiger Verbesserungen an den einzelnen Fabrikaten selbst dann noch zu behaupten, als in den letzten Jahren von dem Ersten Weltkrieg die elektrische Beleuchtung in den früheren Hauptabsatzgebieten für Gas-Glühlicht-Zylinder immer mehr an Boden gewann, haben wir schon oben gesehen

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und können uns daher auf die Feststellung beschränken, daß auch in Bezug auf die Betriebsmittel des Glaswerks weiter ausgreifende Planungen durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges bis auf weiteres zurückgestellt werden mußten.

VI Dagegen erfordert es der mit unserem Vorwort verfolgte Zweck, den Lesern unseres Bandes die in ihm z. T. erstmalig veröffentlichten Briefe und Dokumente aus der Geschichte des Glaswerks während der Betriebsperiode 1886 bis 1914 leichter verständlich zu machen, daß wir nunmehr auch einen kurzen Überblick über die tiefgreifenden Veränderungen zu geben versuchen, die das Glaswerk während dieser Zeit hinsichtlich seiner Eigentumsverhältnisse, seiner Organisation und seiner Verwaltung erfahren hat. Wie wir oben gezeigt haben, war das 1884 von Schott, Abbe, Carl und Roderich Zeiss mit einem Betriebskapital von 60 000 Mark in Gang gebrachte Unternehmen „Glastechnische Versuchsstation“ am 23. Juli 1885 als offenen Handelsgesellschaft unter der Firmenbezeichnung „Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen, Jena“ konstituiert worden und, nachdem ihm ein preußischer Staatszuschuß von 60 000 Mark die Durchführung kostspieliger Schmelzversuche im fabrikatorischen Maßstab ermöglich hatte, war es im Juli 1886 in die öffentliche Konkurrenz eingetreten. An dem Betriebskapital, das in der Folgezeit mehrfach erhöht wurde, waren von Anfang an Schott, Abbe und die beiden Zeiss zu je einem Drittel beteiligt. Den räumlichen Mittelpunkt des Unternehmens bildete das von Schott bereits am 7. Dezember 1882 erworbene Gelände oberhalb des Weimar-Geraer Bahnhofs, und in dem am 1. Januar 1884 auf zunächst fünf Jahre hinaus geschlossenen Gesellschaftsvertrag war ausgemacht worden, daß sich Schott gegen eine jährliche Vergütung von 4 000 M unter Hingabe seiner ganzen persönlichen Tätigkeit an das Unternehmen zunächst vorzugsweise den technischen Aufgaben des Betriebs widmen sollte, während Dr. Roderich Zeiss für die geordnete kaufmännische Verwaltung sorgen und Abbe sich dem schriftlichen Verkehrs mit den Behörden sowie der in die Optik einschlagenden Fabrikationsprobleme annehmen sollte. Nachdem Carl Zeiss am 3. November 1888 verstorben und dessen Sohn Roderich durch die Übernahme des väterlichen Geschäftsanteils in den Besitz eines GeschäftsDrittels gekommen war, schloß er am 9./16. Dezember 1889 mit Schott und Abbe einen neuen Gesellschafter-Vertrag, nach dem er zwar weiterhin als offener Gesellschafter in der Firma verblieb, aus ihrer Geschäftsleitung jedoch ausschied, sodaß diese nunmehr nur noch von Schott und Abbe im Glaswerk gemeinschaftlich ausgeübt wurde, während Schott, da Roderich auch bei Zeiss von der Geschäftsleitung zurücktrat, auch hier Prokura erhielt. Dafür, daß die Geschäftsleitung im Glaswerk nun im wesentlichen durch Schott ausgeübt wurde, erhielt er außer seinem Gehalt nunmehr auch ein Praecipuum bei der Gewinnverteilung zugestanden. Auch verpflichteten sich die drei Gesellschafter, künftig aus ihren Gewinnanteilen aus dem Glaswerk am Schluß jeden Geschäftsjahres einen Betrag in Höhe von 6% der letztjährigen Lohn- und Gehaltszahlung zu gleichen Teilen dem gemeinsamen Pensionsfonds der Firmen Zeiss und Schott zuzuführen. Schon im Jahr 1887 waren sich Schott und Abbe dahin einig geworden, daß das aus Schotts Initiative hervorgegangene und nun von ihm in wissenschaftlicher, technischer

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

und geschäftlicher Hinsicht allein geleitete Privat-Unternehmen mit Rücksicht auf die entscheidende Förderung, die es in seinem Anfangsstadium auch aus öffentlichen Mitteln erhalten hatte, niemals zum Ausgangspunkt einer industriellen Familien-Dynastie werden, vielmehr – ebenso wie das Zeisswerk – über kurz oder lang in die Form eines jeden privaten Unternehmergewinn ausschließenden, also gemeinnützigen Stiftungsbetriebes übergeführt werden sollte. Zu dieser grundsätzlichen Haltung Schotts steht es nicht im Widerspruch, wenn er sich im Hinblick auf die hinter ihm liegenden, für ihn wirtschaftlich völlig ertragslos gebliebenen Bemühungen um die Gründung des Glaswerk sowie auf den enormen Unterschied seiner eigenen Vermögens- und Einkommensverhältnisse gegenüber denjenigen Abbes im Jahre 1891 noch nicht dazu entschließen konnte, auch seinen Besitzanteil am Glaswerk der von Abbe am 19. Mai 1889 gegründeten und dem Andenken an Carl Zeiss gewidmeten Carl Zeiss-Stiftung zuzuführen, sondern wenn er mit dieser Stiftung, die mit Wirkung vom 1. Oktober 1890 in den Besitz der Firma Carl Zeiss und der einen Hälfte des Glaswerks gekommen war, am 18. bzw. 27. Dezember 1891 einen Vertrag abschloß, in dem er sich verpflichtete, das Glaswerk hinfort mit der Stiftung auf gemeinschaftliche Rechnung und Gefahr und unter gleichmäßiger Beteiligung am Gewinn und Verlust weiter zu führen. Seiner grundsätzlichen Übereinstimmung mit Abbes Stiftungsplan trug er durch die Bestimmung Rechnung, daß entweder nach seinem Tode oder unter Umständen schon zu seinen Lebzeiten auch seine nunmehrige Besitzhälfte am Glaswerk der Stiftung übereignet werden sollte, und es dürfte allgemein bekannt sein, daß er diese Verpflichtung, hierin dem Beispiel Abbe ganz folgend, bereits am 1. April 1919 eingelöst hat, um auch dann noch dem Glaswerk acht Jahre hindurch als Mitglied der Geschäftsleitung zu dienen. Auch seiner oben erwähnten Abneigung gegen industrielle Dynastien trug er in dem Vertrag vom Jahre 1891 durch die Bestimmung Rechnung, daß seinen Söhnen zwar das Recht entzogen sein sollte, seine Nachfolgerschaft im Glaswerk in vermögensrechtlicher Hinsicht anzutreten, daß aber demjenigen von ihnen, dessen Ausbildung in der Glastechnik in diese Richtung hin geleitet werden würde, Gelegenheit geboten werden sollte, auch seine Kraft in den Dienst des Unternehmens zu stellen. Nachdem die Carl Zeiss-Stiftung somit sowohl Inhaberin der Firma Carl Zeiss als auch Mitinhaberin der Firma Schott geworden war, wurde ihre Verwaltung nunmehr durch das Kultus-Departement des Großherzoglichen Staatsministeriums bzw. durch den von diesem zum Stiftungskommissar bestellten Geheimen Regierungsrat Karl Rothe, später vom 1. Juni 1899 bis 1. September 1912 durch den Geheimen Staatsrat Dr. Karl Vollert ausgeübt. Zum bevollmächtigten Vertreter der Stiftung in allen Angelegenheiten beider Firmen wurde Prof. Abbe und als dessen Vertreter sein Mitarbeiter und späterer Nachfolger Dr. Siegfried Czapski eingesetzt. Während Abbe in der Stiftungsurkunde vom 19. Mai 1889 als Hauptziele der Stiftung die Pflege der durch die Firmen Zeiss und Schott in Jena eingebürgerten Zweige einer wissenschaftlichen Industrie sowie die Förderung mathematisch-naturwissenschaftlicher Studien in Forschung und Lehre bezeichnet hatte, wurde diese Zielsetzung in der Folgezeit wesentlich erweitert durch ein von Abbe ausgearbeitetes, aus 122 Paragraphen bestehendes und am 29. August 1896 rechtswirksam gewordenes Statut, das seinerseits auch noch durch ein am 24. Februar 1900 in Kraft getretenes, die Förderung des mathematisch-naturwissen-schaftlichen Lehrbetriebes an der Jenaer Universität betreffendes Teilstatut ergänzt wurde.

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Gegenüber den allgemeiner gehaltenen beiden Grundzwecken der Stiftung im Gründungsstatut werden im Statut von 1896 sechs näher spezifizierte Hauptziele genannt, von denen drei als im Rahmen der Stiftungsbetriebe und zwei als außerhalb dieses Rahmens liegend bezeichnend werden. Von den zur ersten Gruppe gehörigen ist als für die Stiftung überhaupt besonders charakteristisch anzusehen: „die Erfüllung größerer sozialer Pflichten, als persönliche Inhaber (der beiden Betriebe) dauernd gewährleisten würden, gegenüber der Gesamtheit der in ihnen tätigen Mitarbeiter, behufs Verbesserung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Rechtslage.“ Als Stiftungsziele im weiteren Sinne aber werden genannt: „1. Förderung allgemeiner Interessen der oben genannten Zweige feinmechanischer Industrie im eigenen Wirkungskreis der Stiftungsbetriebe wie außerhalb derselben; 2. Betätigung in gemeinnützigen Einrichtungen und Maßnahmen zugunsten der arbeitenden Bevölkerung Jenas und seiner nächsten Umgebung; 3. Förderung naturwissenschaftlicher und mathematischer Studien in Forschung und Lehre.“ Dem Umstand, daß durch die Einbeziehung des Glaswerks in die Bestimmungen des Stiftungsstatus mindestens insoweit, als sie sich auf die Organisation der industriellen Tätigkeit der Stiftung bezogen, Dr. Schott als dem Gründer und hauptverantwortlichen Geschäftsleiter des Glaswerks nicht wohl eine bedingungslose Unterordnung unter den Willen des jeweiligen Bevollmächtigten des Glaswerks oder dessen Stellvertreters, geschweige denn des Stiftungskommissars zugemutet werden konnte, wurde in dem Stiftungsstatut von 1896 durch die im § 32 enthaltene Klausel Rechnung getragen, nach der innerhalb der Geschäftsleitung des Glaswerks gegen den Willen Schotts keinerlei Beschlüsse sollten gefaßt werden dürfen. Welchen Wert Abbe im übrigen darauf legte, der nun zum Stiftungsbetrieb gewordenen Firma Carl Zeiss auch weiterhin – wie schon seit 1889 – Schotts Mitwirkung bei der Geschäftsleitung erhalten zu sehen, geht daraus hervor, daß Schott in dieser Funktion laut einem vom Großherzoglichen Staatsministerium an ihn unter dem 26. Juni 1891 gerichteten Schreibens in aller Form und unter dem Ausdruck des wärmsten Dankes für seine Einwilligung hierzu bestätigt wurde. So erklärt sich denn auch die in der Literatur über die Geschichte des Zeisswerks merkwürdig wenig beachtet gebliebene Tatsache, daß Schott der Geschäftsleitung der Firma Carl Zeiss bis zum 1. Oktober 1908, also bis nach dem Tode Abbes und dessen Nachfolgers Czapski, angehört und während dieser langen Zeit vielfache Gelegenheit gehabt hat, nicht nur seine technischen Fähigkeiten, seine wissenschaftlichen Kenntnisse und seine kaufmännischen Erfahrungen, sondern auch seine grundsätzliche Übereinstimmung mit Abbes sozialpolitischen Bestrebungen wirksam zur Geltung zu bringen. Wie sich in der Zeit vom 30. September 1886 bis zum 31. März 1915 das Geschäftskapital des Glaswerks auf die jeweiligen Teilhaber verteilt und verlagert hat, zeigt die nachstehende Zusammenstellung, in der sich, wenn auch nur in allgemeinen Umrissen, gleichzeitig die mit dem Geschäftsjahr 1894/95 einsetzende rapide Entwicklung der ehemaligen Versuchsglashütte zum industriellen Großbetrieb wiederspiegelt. Geschäftskapital Anteil Schott 30. Sept. 1886 105 274 Mark 35 091 Mark

Anteil Abbe

Anteil Zeiss (Vater + Sohn)

35 091 Mark

35 091 Mark (½ + ½)

302

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Geschäftskapital Anteil Schott 30. Sept. 1888 138 000 Mark 46 000 Mark

Anteil Abbe

Anteil Zeiss (Vater + Sohn)

46 000 Mark

46 000 Mark (½ + ½)

Geschäftskapital Anteil Schott 30. Sept. 1889 143 000 Mark 51 000 Mark

Anteil Abbe

Anteil Zeiss

46 000 Mark

46 000 Mark (Roderich Zeiss)

30. Sept. 1890 200 000 Mark

71 000 Mark

58 000 Mark (Roderich Zeiss)

Zeiss-Stiftung

Anteil Zeiss

71 000 Mark

58 000 Mark (Roderich Zeiss)

83 000 Mark

58 000 Mark (Roderich Zeiss)

71 000 Mark

Geschäftskapital Anteil Schott Juni 1891 200 000 Mark 71 000 Mark 30. Sept. 1891 230 000 Mark

89 000 Mark

1. Febr. 1892 230 000 Mark

118 000 Mark

112 000 Mark [Ausscheiden Roderich Zeiss*]

Geschäftskapital 30. Sept. 1892 252 000 Mark

Anteil Schott

Zeiss-Stiftung

126 000 Mark

126 000 Mark

30. Sept. 1894 372 000 Mark

186 000 Mark

186 000 Mark

März 1900 1 600 000 Mark

800 000 Mark

800 000 Mark

März 1909 2 150 000 Mark

2 150 000 Mark

2 150 000 Mark

März 1914 6 000 000 Mark

3 000 000 Mark

3 000 000 Mark

März 1915 7 000 000 Mark

3 500 000 Mark

3 500 000 Mark

* Von Roderich Zeiss sind je 29 000 Mark an Schott und die Carl Zeiss-Stiftung übergegangen.

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ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS 1886–1914 – EINLEITUNG VON 1962

Wie dies mit Rücksicht auf die Tatsache, daß im Glaswerk von Anfang an grundsätzlich nur Fabrikate von einer das handelsübliche Niveau übersteigenden Qualität hergestellt wurden, nicht anders zu erwarten war, entsprachen dem nach der Überwindung der anfänglichen geschäftlichen Schwierigkeiten kontinuierlich gesteigerten Warenausgang auch die aus diesem erzielten jährlichen Reingewinne. Hatte dem im Geschäftsjahr 1885 erzielten Jahresumsatz von rd. 50 000 Mark ein Reingewinn von 6 620 Mark entsprochen, so hatte sich im Geschäftsjahr 1893/94, als das Glaswerk auf sein zehnjähriges Bestehen zurückblicken konnte, der Umsatz bereits auf rd. 270 233 Mark, der Jahresgewinn dagegen schon auf rd. 81 100 Mark erhöht. Der große Sprung vorwärts, den die Einführung der Lampenzylinderfabrikation bereits bis zum Ende des Geschäftsjahres 1895/96 mit sich gebracht hatte, war in einer weiteren Steigerung des Umsatzes auf über 1 Million und des Reingewinns auf über ½ Million Mark zum Ausdruck gekommen. Als das Glaswerk am Ende des Geschäftsjahres (1. April) 1909 bis (31. März) 1910 soeben auf sein 25jähriges Bestehen hatte zurückblicken können, betrug der Jahres-Umsatz bereits nahezu 6½ Millionen und der Reingewinn 1 700 000 Mark. Wie sich diese Verhältnisse bis in den Weltkrieg hinein weiter gestalteten, ergibt sich auf folgender Übersicht über den Jahres-Umsatz und die Gewinn- und Verlustrechnung (in Mark) des Glaswerks in den Geschäftsjahren 1910/11 bis 1914/15. 1910/11

1911/12

1912/13

1913/14

1914/15

Jahresumsatz

6 174 300

5 582 000

7 191 900

7 208 900

5 779 000

Betriebsüberschuß Zinsen, Miete, Pacht Besondere Einnahmen zusammen hiervon ab: Abschreibungen Kapitalzinsen Pensionsbeitrag Sonderzahlung Rückstellungen Kriegsaufwendungen Verschiedenes

2 485 000

2 534 000

2 881 000

2 998 000

2 730 000

39 000

34 000

39 000

37 000

39 000

---

---

11 000

---

---

2 524 000 293 000

2 568 000 363 000

2 931 000 369 000

3 035 000 425 000

2 780 000 374 000

200 000 91 000 93 000 -----

200 000 101 000 116 000 -----

200 000 109 000 106 000 38 000 ---

200 000 110 000 107 000 21 000 ---

220 000 84 000 105 000 453 000 113 000

10 000

45 000

3 000

Reinüberschuß

1 841 000

2 092 000

2 128 000

1 424 000

7 000

--1 787 000

304

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Hierzu ist zu bemerken, daß unter dem Betriebsüberschuß verstanden wurde die Differenz zwischen der Jahresausgabe und der Summe aller tatsächlichen Eingänge an Geld oder Geldeswert während des Geschäftsjahres, zuzüglich des Zuwachses, abzüglich der Minderung der realisierbaren Forderungen der Firma. Das in die Firma investierte Geschäftskapital der Teilhaber war diesen mit 4% zu verzinsen. Als Betriebsunkosten waren u. a. zu verstehen die an die Carl Zeiss-Stiftung geleisteten Pensionen und Abgangsentschädigungen, die Beiträge zur Krankenkasse und zur Angestelltenversicherung, die an Geschäftsangehörige außerhalb ihres regelmäßigen Lohnes oder Gehalts aus der Geschäftskasse geleisteten Zahlungen, z. B. für betriebswichtige Erfindungen und Verbesserungsvorschläge, sowie an Lohn- und Gehaltsnachzahlungen. Die erhebliche Minderung des Reinüberschusses im Jahr 1914/15 war auf die (wenn auch erst nur teilweise) Einwirkung des Krieges auf den Geschäftsbetrieb zurückzuführen. Interessant ist es, aus einem Überblick über die einzelnen Betriebskonten des Glaswerks in den letzten Geschäftsjahren vor dem ersten Weltkrieg zu ersehen, in welchem Verhältnis der in jeder Betriebsabteilung erzielte jährliche Reingewinn zu dem in ihr erzielten Jahresumsatz stand. In Prozentzahlen ausgedrückt betrug dieses Verhältnis in den Geschäftsjahren in der Abteilung Optik in der Abteilung Rohr in der Abteilung Geräte in der Abteilung Zylinder in der Abteilung El (Lamp., Gleichr.) in der Abteilung Elz (Stromzähler) in der Abteilung Chem(ische Fabrik) in der Abteilung Gas(-Fabrik)

1910/11 42% 34% 25% 25,5% - 16% --8% 26%

1911/12 26% 36% 18% 26,5% - 16% 6,7% 9% 16,5%

in den Geschäftsjahren in der Abteilung Optik in der Abteilung Rohr in der Abteilung Geräte in der Abteilung Zylinder in der Abteilung El (Lamp., Gleichr.) in der Abteilung Elz (Stromzähler) in der Abteilung Chem(ische Fabrik) in der Abteilung Gas(-Fabrik)

1913/14 28% 38% 32,5% 27,5% 8,5% 32,5% 2% 6,5%

1914/15 44% 41% 18% 20% 16% 43% 0,7% -14%

1912/13 36% 35,5% 28,5% 23,5% 13% 26% 5,4% 14%

Es wirkte sich also hiernach der beginnende Weltkrieg günstig aus für die Abteilungen Optik, Rohr, El und (besonders) Elz, hemmend dagegen auf die Abteilungen Geräte, Zylinder, Chemische und Gasfabrik. Infolge der kontinuierlichen Vermehrung, die das Vermögen der Carl Zeiss-Stiftung durch den vollen Reingewinn des Stiftungsbetriebes Carl Zeiss nebst dem halben Reingewinn des Glaswerks Schott & Genossen von Jahr zu Jahr erfahren hatte, war es am Ende des Geschäftsjahres 1913/14 auf rund 27 219 000 Mark angewachsen. Nach dem Rechnungsabschluß des gleichen Jahres betrug das bei Zeiss angelegte Stiftungskapital

ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS 1886–1914 – EINLEITUNG VON 1962

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19,5 Millionen, das im Glaswerk angelegte dagegen nur 3 Millionen Mark. Die jährlichen Einnahmen der Stiftung an Reingewinn betrugen aus der Firma: Carl Zeiss Schott & Genossen 1910/11 [1.10.1911] 1 121 790 Mark 1910/11 [31.3.1911] 920 500 Mark 1911/12 [1.10.1912] 1 564 762 Mark 1911/12 [31.3.1912] 893 500 Mark 1912/13 [1.10.1913] 1 539 422 Mark 1912/13 [31.3.1913] 1 045 000 Mark 1913/14 [1.10.1914] 1 440 157 Mark 1913/14 [31.3.1914] 1 064 000 Mark 1914/15 [1.10.1915] ? 1914/15 [31.3.1915] 1 212 000 Mark Aus diesen Gewinnen wurden von der Stiftung neu investiert bei der Firma: Carl Zeiss Schott & Genossen 1910/11 ----1911/12 2 700 000 Mark --1912/13 5 000 000 Mark --1913/14 2 000 000 Mark 500 000 Mark [eine Hälfte, die andere von Dr. Otto Schott] Zu bemerken ist hierbei, daß sich die Stiftung ihr bei Carl Zeiss angelegtes Geschäftskapital mit 5% verzinsen ließ, während Schott bereits in seinem mit der Stiftungsverwaltung am 17. November/28. Dezember 1894 abgeschlossenen Vertrag bestimmt hatte, daß die buchmäßigen Kapitalanteile im Glaswerk grundsätzlich mit nur 4% jährlich verzinst werden sollten. Als Beispiel dafür, wie sich die Leistungen der Stiftung nach Abbes Tod von dem im Stiftungsstatut (§ 1,B. Ziff. 2) als gemeinnützig bezeichneten Verwendungszwecken mehr und mehr auf die Förderung der Jenaer Universität (§ 1,B. Ziff. 3 des Statuts) verlagert hatten, sei hier nur kurz auf folgendes hingewiesen: Nach dem Geschäftsbericht des Stiftungskommissars Vollert der Carl Zeiss-Stiftung über das Geschäftsjahr 1906/07 wurden damals von der Stiftung für die Zeit vom 1. Oktober 1906 bis dahin 1907 noch ausgegeben: für gemeinnützige Zwecke (z.B. für Volksbad Jena, Lesehalle, Schaeffer-Museum, Volkshaus, Sophieenheilstätte für Lungenkranke in Bad Berka, Kinderheim usw.) 173 775 Mark, für die Universität Jena dagegen (darunter u. a. 100 000 Mark letzter Zuschuß zum Universitätsneubau) 194 853 Mark. Dagegen wurden nach dem am 20. Oktober 1915 abgeschlossenen Bericht des nunmehrigen Stiftungskommissars Dr. Ebsen über die Geschäftsjahre 1911/12 bis 1913/14 von der Stiftung bewilligt: Geschäftsjahr 1911/12 1912/13 1913/14

für gemeinnützige Zwecke 31 789 Mark 82 414 Mark 55 174 Mark

für die Universität Jena 258 605 Mark 283 664 Mark 420 844 Mark

Mit Recht hebt Dr. Ebsen in dem genannten Bericht hervor, daß bei den Rechnungsprüfungen der letzten Jahre wiederholt der Wunsch geäußert worden sei, daß Bewilligungen der Stiftung für gemeinnützige Zwecke gegenüber denen für die Universität künftig wieder mehr berücksichtigt werden sollten, und wir können aus unserer Kenntnis

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

der einschlägigen Sitzungsprotokolle dem hinzufügen, daß auch Schott selbst wiederholt energisch verlangt hat, man sollte sich in diesen Bewilligungen genauer an das halten, was von dem Gründer der Stiftungs selbst als der vordringlichere Stiftungszweck bezeichnet worden sei. Wie nahe es auch in diesem Zusammenhang liegen möchte, den Leser mit dem vollen Ausmaß der reichen Zuwendungen bekannt zu machen, durch welche Schott aus privaten Mitteln die dem gemeinen Nutzen wie der wissenschaftlichen Forschung und Lehre gewidmeten Bestrebungen seines älteren Freundes und Geschäftspartners Abbe ergänzt hat, sehen wir uns aus Rücksicht auf den uns für diese Einleitung gezogenen Raum genötigt, das Verhältnis des Glaswerks zur Carl Zeiss-Stiftung einer besonderen Darstellung und Würdigung vorzubehalten und wollen unseren Lesern nunmehr zunächst noch einen kurzen Überblick über die für die Zeit von 1886 bis 1914/15 in Betracht kommenden Personalverhältnisse im Glaswerk zu geben versuchen.

VII Wenn wir uns diese Entwicklung in Form einer Kurve vorstellen würden, so würde uns zunächst auffallen, daß die Zahl der Werksangehörigen in der Zeit von der Inbetriebnahme der Glashütte, d. h. vom 1. September 1884 bis zum 1. September 1891 nur ganz langsam angestiegen ist, nämlich abgesehen von der Person des Gründers selbst, von sechs auf 19 Angestellte und Arbeiter. Nachdem vom Herbst 1891 ab zur Fabrikation von optischem und Thermometerröhrenglas auch die von Verbund-, Geräte- und von 1893 ab in zunächst geringerem Umfang Zylinderglas für Gasglühlicht-Beleuchtung hinzugekommen war, wurde das Fest des zehnjährigen Bestehens des Glaswerks im Sommer 1894 bereits von 41 Werksangehörigen gefeiert. Die in den folgenden Jahren durch die erweiterte Zylinderfabrikation bestimmte stürmische Aufwärtsentwicklung kam darin zum Ausdruck, daß sich die Zahl der Werksangehörigen um die Jahrhundertwende wie folgt erhöhte: Stand vom 1. Oktober 1896: 203 Personen (= 11 Beamte und Gehilfen, darunter 2 wissenschaftliche und 2 kaufmännische; 192 Arbeiter, darunter 172 männlich und 20 weibliche). Stand vom 1. Oktober 1897: 217 Personen (=19 Beamte und Gehilfen; 198 Arbeiter). Stand vom 1. Oktober 1898: 285 Personen (=26 Beamte und Gehilfen; 259 Arbeiter). Stand vom 1. Oktober 1899: 354 Personen (=31 Beamte und Gehilfen, darunter 4 wissenschaftliche, 4 technische, 4 kaufmännische; 323 Arbeiter) Bis zum 1. Oktober 1902 hatte sich die Gesamtzahl der Werksangehörigen auf 700 erhöht, war unter dem Einfluß der Krisenjahre 1902/03 und 1903/04 auf 630 bzw. 600 zurückgegangen, um 1904/05 wieder auf 665 anzusteigen und am 1. Juni 1913 die Vorkriegs-Rekordzahl von 1 315 zu erreichen. Am 1. April 1914 betrug die Gesamtzahl 1 217 Personen (nämlich 5 wissenschaftliche, 5 technische, 69 kaufmännische und 35 Betriebsbeamte sowie 1 105 in den Betrieben beschäftigte Arbeiter). Wie sich bereits die ersten acht Kriegsmonate im gesamten Personenstand des Glaswerks ausgewirkt haben, zeigt die Tatsache, daß die Gesamtzahl am 1. April 1915 infolge

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der Einziehung von 27 Beamten und 461 weiteren Werksangehörigen zum Heeresdienst auf 789 Personen (nämlich 4 wissenschaftliche, 2 technische, 57 kaufmännische, 26 Betriebsbeamte sowie 700 Arbeiter) zurückgegangen ist. Unter den Mitarbeitern Schotts, die sich während der Betriebsperiode von 1886 bis 1914/15 am technischen, wissenschaftlichen und kaufmännischen Auf- und Ausbau des Jenaer Glaswerks entscheidend mitbeteiligt haben, seien hier genannt: 1. Carl Schmidt, Häfenmeister, geb.1839 zu Gerresheim (Westfalen). Eintritt ins Glaswerk um den 1. Juni 1884. Wegen Krankheit pensioniert 1892. 2. Josef Schmidt, Bruder von 1), Ofenbauer und Schmelzmeister, geb. 1843 zu Gerresheim. Aus der Glashütte Hainholz bei Hannover ins Jenaer Glaswerk als Ofenbauer und Schmelzmeister übergetreten am 20. August 1884. Laut Vertrag vom 10. Februar 1898 verpflichtet zur Betriebsaufsicht in der Hütte und zum Bau der Ofen. Pensioniert 1. Februar 1911. 3. Emil Grieshammer, Betriebschemiker, geb. 1859, Eintritt ins Glaswerk am 1. April 1887 und daselbst bis zu seinem am 13. Mai 1910 erfolgten Tod mit betriebschemischen und -technischen Aufgaben sowie Versuchsarbeiten im Laboratorium beschäftigt. 4. Dr. h. c. Rudolph Klett, Kaufmann, geb. 1860 zu Ilmenau. Nach beruflicher Ausbildung im Bankfach und kaufmännischer Betätigung (u. a. zwei Jahre in England) trat er Anfang Mai 1888 als Kontorist ins Glaswerk ein, wo ihm am 10. Februar 1893 die kaufmännische Betriebsverwaltung und am 1. April 1895 Einzelprokura übertragen wurde. 1905 wurde er Mitglied der Geschäftsleitung und als Nachfolger Siegfried Czapskis der Bevollmächtigte Vertreter der Carl Zeiss-Stiftung im Glaswerk. 5. Paul Rödiger, geb. 1875 zu Erfurt. Am 15. August 1891 Eintritt als kaufmännischer Lehrling ins Glaswerk, wo ihm 1897 die Führung der Kasse und 1901 Prokura übertragen wurde. 6. Dr. Richard Zsigmondy, Physiker, geb.1865 zu Wien. Wirkte vom Wintersemester 1892/93 ab als Dozent an der Technischen Hochschule Graz, damals mit der Weiterverfolgung der Frage des Rots im Eisen beschäftigt. Trat am 1. Oktober 1897 als wissenschaftlicher Mitarbeiter ins Glaswerk ein und war hier maßgeblich beteiligt an den von Schott damals begonnenen Schmelzungen des im Juli 1899 in den Handel gebrachten neuen Jenaer Milchglases sowie an Schmelzungen farbiger optischer Gläser. Sein Austritt aus dem Glaswerk ist im Juni 1900 erfolgt. 7. Dr. Mordko Herschkowitsch, Chemiker, geb.1868. Eintritt am 1. August 1898 in das Jenaer Glaswerk als wissenschaftlicher Mitarbeiter und als solcher maßgeblich beteiligt an den in Gemeinschaft mit Schott durchgeführten Untersuchungen über die Verteilung des Gasglühlichtes im Raume und die zweckmäßige Anwendung des Milchglases in der Beleuchtungstechnik (vgl. den Gemeinschaftsbericht Schott-Herschkowitsch in Nr. 246 der Mitteilungen aus dem Laboratorium des Glaswerks, 1901) sowie an Schotts Versuchen über die Verwendung des um 1900 neu erschmolzenen Jenaer Duraxglases zur Herstellung verbesserter Wasserstandsröhren (vgl. die Gemeinschaftsarbeit SchottHerschkowitsch über „Wasserstands-Röhren und ihre Schutzgläser“, ebenfalls in den Mitteilungen aus dem Laboratorium des Glaswerks). Das Ausscheiden aus dem Glaswerk und sein am 30. September 1902 erfolgter Übertritt zur Firma Carl Zeiss beruhte auf der Tatsache, daß es ihm gelungen war, dem Quarz durch zweckmäßige Erhitzung sein Kristallgefüge zu nehmen und ihn amorph werden zu lassen, so daß er bei Zeiss als

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Rohstoff zur Konstruktion von Mikroskop-Objektiven für stärkste nutzbare Vergrößerungen der mikroskopischen Abbildungen Verwendung finden konnte. 8. Dr. Eberhard Zschimmer, Chemiker, geb.1874 zu Weimar. Eintritt ins Glaswerk als zunächst vorwiegend mit chemischen Analysen beschäftigter Laboratoriums-Assistent am 1. November 1899. Dann ab Sommer 1900 Übernahme der Funktionen des Dr. Zsigmondy. 1903 gelang es ihm, die von Schott im kleinen Maßstab durchgeführten Versuche zur Darstellung von ultraviolettdurchlässigen Gläsern so zu fördern, daß sie wichtigen astrophotographischen Fortschritten dienstbar gemacht werden konnten. Ein mit ihm am 1. Oktober 1903 abgeschlossener Anstellungsvertrag machte ihn zum Leiter der optischen Abteilung des Glaswerks. Im Jahre 1909 veröffentlichte er die oben erwähnte Schrift „Die Glasindustrie in Jena. Ein Werk von Schott und Abbe. Entstehung und Entwicklung in den ersten 25 Jahren“. Über seine 1909 begonnenen erfolgreichen Versuche zur Darstellung eines für mikroskopische und photographische Zwecke wichtigen, gegen Wasser widerstandsfähigen und dauernd haltbaren Fluor-Kronglases, das in seinen optischen Eigenschaften dem Flussspat nahe kam und an dessen Darstellung in technischem Maßstabe sich selbst Schott vergeblich versucht hatte, berichtete er 1913 (in H. 5, S.145 ff.) der Zeitschrift für Instrumentenkunde. Auch gelang es ihm, am 7. Juli 1914 für ein Druckverfahren für blasenfreies Glas dem Jenaer Glaswerk zunächst deutschen, dann auch ausländischen Patentschutz zu erwirken. 9. Dr. Robert Schaller, Chemiker, geb.1869 zu Mylau in Sachsen. Trat am 1. Februar 1903 (an Stelle des ausgeschiedenen Herschkowitsch) als wissenschaftlicher Mitarbeiter ins Glaswerk ein, wo er sich mit selbständiger Bearbeitung der jeweils in Interesse der Firma liegenden Aufgabe physikalisch-chemisch-technischer Art, insbesondere mit weiterer Erforschung des Zusammenhangs zwischen chemischen und physikalischen Eigenschaften des Glases und einschlägigen Versuchen im Laboratorium und im Hüttenbetrieb zu befassen hatte. 1909 veröffentlichte er in der Zeitschrift für angewandte Chemie einen Überblick über die im Glaswerk seit seiner Gründung erzielten wesentlichsten wissenschaftlichen und technischen Ergebnisse der Glasfabrikation, ferner 1913 (in Schillings Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, Jg. LXI, S. 317 ff.) eine Studie über das Verhalten von Gasglühlicht-Zylindern auf der Flamme. 10. Dr. Hermann Thiene, geb. 1882 zu Weimar. Eintritt ins Glaswerk als wissenschaftlich-technischer Mitarbeiter am 1. August 1909 und vom 25. November 1913 ab technischer Leiter der beiden Werks-Abteilungen Rohr und Geräte. Von geschäftlicher und wissenschaftlich-technischer Bedeutung war die von ihm gemeinsam mit Dr. Schott durchgeführte Erschmelzung des am 11. Februar 1914 erstmalig zum Patent angemeldeten, für nachwirkungsfreie Thermometer und für Verbrennungsröhren wichtigen Jenaer Supremax-Glases 1565/III. 11. Max Großmann. Diplomingenieur, aus Ilmenau gebürtig. Eintritt ins Glaswerk am 1. Oktober 1909, um zunächst unter Leitung des seit dem 21. September 1908 als beratender Ingenieur im Glaswerk wirkenden englischen Ingenieurs Henry Stafford Hatfield in der Werksabteilung für elektronische Zähler bei der Ausführung wissenschaftlicher, technischer und auch kommerzieller Aufgaben tätig zu sein, vom 24. September 1913 ab jedoch die Abteilung als Leiter zu übernehmen. Ein von ihm für das Glaswerk unter dem 21. Juli 1913 erwirktes Patent, dem dann weitere folgen sollten, betraf die StromzählerElektrode mit durch die Zuleitung gepreßten Glaskörpern. Unterstützt wurde er hierin

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durch den am 7. Oktober 1913 von der Firma Carl Zeiss übernommenen erfindungsreichen Ingenieur Fritz Blumenstein (geb. 1890 in Gera). 12. Dr. Hans Gaar, Chemiker, geb.1880 zu Regensburg. Eintritt ins Glaswerk am 5. Oktober 1910 als Nachfolger von Emil Grieshammer (siehe oben). Seine Funktionen: Leitung der Werksanlage zur Mischung von Rohmaterialien sowie Leitung der (1902/03 im Glaswerk errichteten) Fabrik zur Herstellung von Borsäure und Borax aus borsaurem Kalk. 13. Richard Hirsch, Hütteningenieur, geb. 1882 zu Windisch-Eschenbach. Er erfuhr seine erste Ausbildung in der väterlichen Fensterglashütte, studierte an der Technischen Hochschule Dresden und war schon mehrere Jahre im Glashüttenwesen des In- und Auslandes (zuletzt in Mexiko) tätig gewesen, als er am 1. Februar 1911 in das Glaswerk eintrat, um an Stelle des in Pension gegangenen Hüttenmeisters Josef Schmidt (siehe oben) die hüttentechnische Leitung desselben zu übernehmen und alsbald wichtige, durch die Fortschritte der Hüttentechnik notwendig gewordenen Rationalisierungsmaßnahmen (z. B. Umstellung der Glasschmelzerei auf kontinuierlichen Wannenbetrieb, Verbesserung der Feuerführung, Installation moderner Gaserzeuger, Zentralisierung der Gaserzeugung) durchzuführen. In dieser fruchtbaren Arbeit wurde er durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrochen, an dem er vom Beginn bis zu seiner 1916 erlittenen schweren Verwundung als Reserveoffizier teilgenommen hat.

VIII Wenn wir nunmehr versuchen wollen, auch über die Entwicklung der Lohn- und Gehaltsverhältnisse im Glaswerk während der Betriebsperiode von 1886 bis 1914/15 einen zusammenfassenden Überblick zu geben, so sind diesem Versuch deswegen enge Grenzen gesetzt, weil und besonders für die Zeit bis etwa 1896/97 so gut wie keinerlei brauchbares, d. h. zusammenfassendes Quellenmaterial zur Verfügung steht. Darüber, wie es um die Personalverhältnisse im Glaswerk von dieser Zeit an bestellt war, erfahren wir aus der oben mehrfach zitierten im Herbst 1899 entstandener Übersicht über die Art und den Umfang der Produktion des nunmehr nur noch Glaswerk Schott & Genossen firmierenden Unternehmens folgendes: An Löhnen und Gehältern wurden gezahlt: Geschäftsjahr Lohn Gehalt gesamt 1896/97 200 000 Mark 30 000 Mark 230 000 Mark 1897/98 243 000 Mark 43 000 Mark 286 000 Mark 1898/99 346 000 Mark 47 000 Mark 393 000 Mark Geordnet nach Tagelohn und Stücklohn und nach Altersklassen ergab sich so während dieser drei Jahre folgender durchschnittlicher Tagesverdienst der beschäftigten Arbeiter: Durchschnittlicher Jahresverdienst Tagesverdienst Arbeiter im Taglohn über 24 Jahre alt 3,35 Mark 1 039 Mark

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Jahresverdienst

18 bis 24 Jahre alt 14 bis 18 Jahre alt

Durchschnittlicher Tagesverdienst 2,75 Mark 1,60 Mark

Arbeiter im Stücklohn über 24 Jahre alt 18 bis 27 Jahre alt 14 bis 18 Jahre alt

6,40 Mark 4,30 Mark 1,90 Mark

1 984 Mark 1 333 Mark 589 Mark

Frauen im Taglohn

1,70 Mark

527 Mark

852 Mark 496 Mark

Die übliche Jahresgratifikation war dabei in den Durchschnittsverdienst mit eingerechnet. Der Errechnung des Jahresverdienstes lag das 310fache des Tagesverdienstes zu Grunde. Das versicherungspflichtige Personal gehörte der Betriebskrankenkasse der Firma Carl Zeiss an. Über die damalige Organisation des Hüttenbetriebs besagt die Zusammenstellung: „Der gesamte Hüttenbetrieb untersteht der Aufsicht eines Hüttenmeisters. Das Schmelzen des Glases wird geleitet von einer Anzahl von Schmelzern, welche sich in 12stündigen Arbeitsschichten ablösen. Den Schmelzern liegt auch die Anfertigung der Häfen ob. Das Aufblasen und die weitere Bearbeitung der Zylinder und chemischen Geräte und das Ziehen der Röhren geschieht im Stücklohn, im übrigen stehen die Arbeiter im festen Wochen- oder Monatslohn. Die einzelnen Fabrikationsstätten (Stühle) für das Aufblasen der Zylinder und Geräte unterstehen Vorarbeitern, denen eine Anzahl von Gehilfen, Kölbelmachern und Einträgern zugeteilt ist. Je ein Röhrenzieher samt 2 Gehilfen verarbeitet den Inhalt eines Hafens.“ Wie sich im Glaswerk von 1900/01 bis 1914/15 die Lohn- und Geschäftsverhältnisse weiter entwickelt haben, ergibt sich, wenn auch nur in großen Zügen, aus den nachfolgenden Zahlen, aus denen zugleich ersichtlich ist, daß die allgemeine geschäftliche Flaute der Jahre 1902/03 und 1903/04 auch hier die sonst ständige Steigerung der Zahlungen einmal merklich unterbrochen hat. Es wurden nämlich ausgezahlt: an Löhnen an Gehältern gesamt 1900/01 521 000 Mark 79 000 Mark 600 000 Mark 1901/02 702 000 Mark 86 000 Mark 788 000 Mark 1903/04 616 000 Mark 90 000 Mark 706 000 Mark 1904/05 692 000 Mark 92 384 Mark 784 384 Mark 1908/09 1 222 000 Mark 163 600 Mark 1 386 000 Mark 1909/10 1 319 100 Mark 175 200 Mark 1 494 300 Mark 1913/14 1 745 393 Mark 326 000 Mark 2 061 393 Mark 1914/15 1 228 900 Mark 204 000 Mark 1 432 900 Mark Aus den leider nicht lückenlos erhalten gebliebenen statistischen Zusammenstellungen, die Dr. Klett dem Stiftungskommissar als Beilagen zu seinen jährlichen Geschäftsberichten überreichte, ergibt sich, daß sich der durchschnittliche Jahresverdienst der über

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24 Jahre alten und seit mindestens drei Jahren im Glaswerk beschäftigten Arbeiter im Geschäftsjahr 1904/05 auf 1 558 Mark erhöht hatte. Weiter betrug er im Geschäftsjahr 1905/06 .… 1 594 Mark, im Geschäftsjahr 1906/07 .… 1 661 Mark, im Geschäftsjahr 1912/13 .… 2 191,85 Mark und bei Arbeiterinnen 933 Mark, im Geschäftsjahr 1913/14 .… 2 058,42 Mark und bei Arbeiterinnen 997,25 Mark, im Geschäftsjahr 1914/15 .… 1 998,40 Mark und bei Arbeiterinnen 910 Mark. Das Gehaltskonto setzte sich aus den folgenden Einzelgruppen zusammen; nämlich aus den Gehältern a) für die kaufmännischen, b) für die wissenschaftlichen und technischen Beamten nebst c) für den Hüttenmeister (Josef Schmidt) und d) für die gleichzeitig im Glaswerk und bei der Firma Carl Zeiss tätigen Beamten. Auch hier mögen einige Beispiele die Art und Verteilung auf die einzelnen Untergruppen veranschaulichen. Es erhielten an Gehalt im Geschäftsjahr 1904/05 a) 52 300 Mark, b) 22 300 Mark, c) 6 600 Mark, d) 11 100 Mark. 1905/06 a) 60 000 Mark, b) 24 000 Mark, c) 7 100 Mark, d) 13 400 Mark. (incl. 10 000 M extra für Klett), 1908/09 a) 103 400 Mark, b) 40 000 Mark, c) 6 000 Mark, d) 14 000 Mark. (incl. 10 000 M. extra für Klett), 1909/10 a) 110 700 Mark, b) 46 000 Mark, c) 6 300 Mark, d) 14 000 Mark. 1913/14 a) 156 000 Mark, b) 156 000 Mark, c) --d) 14 000 Mark. 1914/15 a) 130 000 Mark, b) 58 000 Mark, c) --d) 16 000 Mark. Die durchschnittliche Höhe der Beamtengehälter betrug in den Geschäftsjahren 1904/05 5 607 Mark, 1905/06 5 592 Mark, 1906/07 6 120 Mark. Allerdings scheinen sich die letzteren Zahlen nur auf die Beamtengehälter zu beziehen, die einzeln mehr als das Doppelte der gleichzeitigen Durchschnittslöhne der Arbeiter erreicht haben. In dem Maße, wie sich das Glaswerk immer weiter ausdehnte, erhöhten sich auch die jährlichen Ausgaben für Löhne und Gehälter. Über die während des Geschäftsjahres 1906/07 im Glaswerk an Beamte in führender oder gehobener Stellung bezahlten Gehälter orientiert eine dem Bericht Kletts beigefügte, von Schott mit Bleistift niedergeschriebene Zusammenstellung, die, wenn man die dabei verwendeten Abkürzungen sinngemäß ergänzt, offenbar wie folgt zu lesen ist: Dr. [Otto] Sch[ott] 10 000 [Mark] [Rudolph] Kl[ett] 10 000 [Mark] Gr[ieshammer] 6 462 [Mark] Dr. Zsch[immer] 6 023 [Mark] Dr. Sch[aller] 4 590 [Mark] [Hütten]Mstr. [Josef] Schmidt 6 462 [Mark] [Prokurist] O. Fr[an]ke 5 551 [Mark] [Prokurist] P. R[ödiger] 3 662 [Mark] St[ahl] 3 398 [Mark]

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Aus den höchst vereinzelten Unterlagen im Glaswerk über die Gehaltsverhältnisse der höher bezahlten Beamten bis zum Beginn des Weltkrieges kann hierzu immerhin einiges wenige ergänzt werden: Da Dr. Schott bei der Stiftungsverwaltung beantragt hatte, im Jahr des 25jährigen Bestehens des Glaswerkes dem um die kaufmännische Leitung des Unternehmens hochverdienten Prokuristen Klett außer einer einmaligen Prämie von 5 000 Mark auch eine wesentliche Gehaltserhöhung zuzugestehen, wurden die Bezüge Kletts mit Rückwirkung auf den 1. April 1909 auf 12 000 Mark mit der Maßgabe erhöht, daß sie jährlich um weitere 1 000 Mark bis zu 15 000 Mark steigen sollten. Da die Stiftung jedoch darauf beharrte, daß der Prokurist nicht höher bezahlt werden könne als der Leiter, wurde auch mit Schott unter dem 4./11. August 1910 ein Nachtragsvertrag abgeschlossen, durch den sein Gehalt in gleicher Weise wie der von Klett vom 1. April 1909 ab bis zum 1. April 1912 von 12 000 auf 15 000 Mark festgesetzt wurde. Dr. Zschimmer, der am 1. Oktober 1899 mit einer Jahresvergütung von 1 800 Mark ins Glaswerk eingetreten war, war am 1. Oktober 1903 mit 6 000 Mark und jährlichem Zugang von 400 Mark bis 12 000 Mark ab 1. Oktober 1915 besoldet worden und erhielt beim Geschäftsjubiläum 1909 wegen seines oben genannten Buches über das Glaswerk ein Sonderhonorar von 6 000 Mark. Dr. Schaller war am 30. September 1902 mit einem Anfangsgehalt von 3 000 Mark angestellt worden, das mit jährlichen Zulagen von je 400 Mark bis 6 000 Mark steigen sollte. Ein neuer Vertrag vom 9. April 1910 sprach ihm ab 1. April 1910 nunmehr 7 000 Mark, ab 1. April 1913 8 000 Mark, ab 1. April 1914 jährlich weitere 400 Mark bis zum Höchstgehalt von 10 000 Mark zu. Auch der Hüttenmeister Josef Schmidt erhielt zum Geschäftsjubiläum eine Extraprämie von 5 000 Mark, wie er eine solche bereits im Geschäftsjahr 1905/06 erhalten hatte. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, daß aus Anlaß des Geschäftsjubiläums vom 1. Juli 1909 auch an einige weitere technisch-wissenschaftliche Mitarbeiter des Glaswerks erhebliche Prämien für besondere Leistungen ausgezahlt wurden. So erhielt der Chemiker Voß 3 000 Mark für die Erfindung des sogenannten Fraktursalzes bei der Borsäurefabrikation und der Techniker Pötzl 1 000 Mark für seine Verdienste um den Bau der (im Geschäftsjahr 1909/10 in Betrieb genommenen) neuen Werksgasanstalt. Beiden Mitarbeitern war es zu verdanken, daß die Werksabteilungen Chemische Fabrik und Gasanstalt schon bis Ende des Jahres 1909/10 erhebliche Gewinne abgeworfen hatten. Aus einem von Schott im Jahre 1900 seines Arbeitsjournals einverleibten Eintrag ist zu ersehen, daß damals auf je 100 Mark des Warenausgangs aus dem Glaswerk 19,4% für Löhne und 2,8% für Gehälter, zusammen also 22,2% entfielen. Wenn nun, wie wir oben gesehen haben, im Geschäftsjahr 1904/05 der Warenausgang 3 021 482 Mark und die Jahresausgabe für Löhne und Gehälter 784 384 Mark betrug, so bedeutet dies, daß inzwischen die letztere auf 26% des Warenausgangs gestiegen war. Damit stimmt es überein, daß sich in Kletts Geschäftsbericht über das Geschäftsjahr 1904/05 eine bis ins Einzelne gehende Zusammenstellung der seit dem August 1904 im Glaswerk in Kraft gesetzten und wesentlich erhöhten Arbeitslöhne befindet. Zur Erklärung dieser Lohnerhöhung wird von Klett bemerkt, durch die Inbetriebnahme einer schon vor einigen Jahren erbauten Zylinderhütte sei es möglich geworden, die Produktionsfähigkeit des Glaswerks durch Verkürzung der bisher durch die sommerlichen Ofenumbauten bedingten längeren Betriebsunterbrechungen zu steigern, also die Betriebsmittel besser auszunützen und die jetzt nur noch 14tägigen Pausen dem Personal für die nötige Erholung verfügbar zu

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machen. Auch haben sich dank weiterer Vervollkommnung der Produktionsmethoden eine bessere Durchschnittsqualität des Zylinderglases und eine Verminderung des Ausfalls erreichen lassen, und durch diese beiden Betriebsverbesserungen habe sich auch die Steigerung der Lohnbezüge des beteiligten Personals ermöglichen lassen. In die Lohnzahlungen des Glaswerks waren auch die Beiträge zur Krankenkasse nebst Alters- und Invaliditätsversicherung eigeschlossen, die sich von 1905/06 bis 1913/14 von 23 000 auf 71 000 Mark steigerten, um im Kriegsjahr 1914/15 wieder auf 55 555 Mark zu sinken. Als Beiträge des Glaswerks zur Angestellten-Versicherung wurden ermittelt für das Geschäftsjahr 1912/13 12 861,20 Mark, Geschäftsjahr 1913/14 15 981,20 Mark, Geschäftsjahr 1914/15 12 109,68 Mark. Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß vom Glaswerk den zum Kriegsdienst eingezogenen und verheirateten Geschäftsangehörigen Unterstützungen von 4/16 bis 8/16 des festen Lohns oder Gehalts gezahlt und hierfür in der Zeit vom 2. August 1914 bis zum 31. März 1915 insgesamt 93 518,85 Mark, ferner für das Rote Kreuz an Liebesgaben und dergleichen 18 757,94 Mark aufgewendet wurden. Während die Leistungen des Glaswerks an die gemeinsame Pensionskasse Schott/Carl Zeiss-Stiftung von 22 856,12 Mark im Geschäftsjahr 1902/03 auf 110 069,66 bzw. 83 551, 25 in den Jahren 1913/14 bzw. 1914/15 gestiegen waren, wurden von der Kasse in den Jahren von 1904/05 bis 1914/15 an Pensionen und Abgangsentschädigungen geleistet: 1904/05 1 040,00 Mark 1905/06 1 092,15 Mark 1906/07 1 885,85 Mark (an 4 Personen) 1907/08 2 756,45 Mark (an 5 Personen) 1908/09 3 335,00 Mark (an 7 Personen) 1909/10 2 849,50 Mark (an 10 Personen) 1910/11 7 952,90 Mark (an 17 Personen) 1911/12 und 1912/13 38 328,40 Mark 1913/14 22 953,80 Mark 1914/15 21 272,75 Mark Summiert man die aus dem Reingewinn des Glaswerks im Zeitraum 1906 bis 1914 an die Pensionskasse geleisteten Beiträge, ergibt sich die Summe von 675 545,05 Mark, der in der gleichen Zeit eine Gegenleistung von 79 701,90 Mark an Pensionen und Abgangsentschädigungen gegenüberstand. Den von Abbe im § 98 des Statuts der Carl Zeiss-Stiftung niedergelegten Grundsätzen über eine jährliche Lohn- und Gehaltszahlung an alle zum Betrieb gehörigen Arbeiter und Beamte (jedoch mit Ausnahme der Mitglieder der Geschäftsleitung) war im Glaswerk seit dem Inkrafttreten des Stiftungsstatuts dadurch Rechnung getragen worden, daß man die Gesamthöhe dieser Nachzahlung jeweils 4% vom gesamten Lohn- und Gehaltskonto des letzten Geschäftsjahres zugrunde gelegt hatte. Und zwar erhielt hier jeder Geschäftsangehörige, der beim Schluß (ab 1905: im Laufe) des vergangenen Rech-

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nungsjahres im Dienst der Firma gestanden hatte, die eine Hälfte der auf ihn entfallenden Gratifikation am nächsten Weihnachtsfest, die andere beim Beginn der nächstfolgenden sommerlichen Betriebs- und Urlaubspause ausgezahlt. So heißt es denn z. B. im Geschäftsbericht 1901/02 u. a.: „Bei Schott: die übliche Weihnachtsvergütung von 4% des Lohn- und Gehaltskontos: insgesamt 21 000 M.“ In der Folgezeit, erstmalig vom Geschäftsjahr 1903/04 ab wird diese Zulage nicht mehr als „Weihnachtsgabe“ sondern als Sonder- oder auch Teuerungszulage bezeichnet und nun auch nicht mehr als 4%iger Betrag vom Lohn- und Gehaltskonto sondern als prozentualer Teilbetrag vom bilanzmäßigen Jahresreingewinn bezeichnet. Es traten also zu den oben aufgeführten jährlichen Lohn und Gehaltsbeträgen noch folgende „besondere Jahreszahlungen“ hinzu: 1903/04 Sonderzulage von 32 672,00 Mark = 4,2% vom Reingewinn, 1904/05 Sonderzulage von 34 098,11 Mark = 4,8% vom Reingewinn, 1905/06 Sonderzulage von 37 285,55 Mark = 4,8% vom Reingewinn, 1906/07 Sonderzulage von 63 693,63 Mark = 7,0% vom Reingewinn, 1907/08 Sonderzulage von 62 970,00 Mark = 4,7% vom Reingewinn, 1908/09 Sonderzulage von 57 000,00 Mark = 5,0% vom Reingewinn, 1909/10 Sonderzulage von 85 000,00 Mark = 5,0% vom Reingewinn, 1910/11 Sonderzulage von 93 000,00 Mark = 5,0% vom Reingewinn, 1911/12 Sonderzulage von 116 000,00 Mark = 6,6% vom Reingewinn, 1912/13 Sonderzulage von 106 400,00 Mark = 5,0% vom Reingewinn 1913/14 Sonderzulage von 107 114,50 Mark = 5,0% vom Reingewinn 1914/15 Sonderzulage von 100 289,25 Mark = 7,4% vom Reingewinn

IX Über die Arbeitsbedingungen, denen die Lohnarbeiterschaft des Glaswerks während der ersten neun Jahre der dem vorliegenden Teilband zu Grunde liegenden Betriebsperiode unterworfen gewesen ist, einen zusammenfassenden Überblick zu geben, ist – wenigstens zur Zeit noch – unmöglich, weil uns als Quellengrundlage hierfür im Wesentlichen nur die – wenn auch zahlreichen – Notizen zur Verfügung stehen, die sich zwischen ebenso zahlreichen Notizen über wissenschaftliche, technische und kommerzielle Tagesprobleme eingestreut in Schotts Arbeitsjournalen vorfinden; vor allem aber deswegen, weil die für diese neun Jahre – wie übrigens auch für die auf sie folgenden Jahrzehnte – in Betracht kommenden Lohnlisten im Glaswerk nicht mehr erhalten geblieben sind. Es sind also hier erst noch weitere, ebenso weitläufige wie gewichtige Spezialuntersuchungen durchzuführen, bevor an eine quellenmäßig wohl fundierte Zusammenfassung ihrer wesentlichen Ergebnisse gedacht werden kann. Umso wichtiger ist es bei dieser Sachlage, daß sich im Glaswerk immerhin noch ein Exemplar der Geschäftsdrucksache „Arbeitsvertrag und Arbeitsordnung des Glaswerks Schott & Genossen“ vorgefunden hat, dessen Bestimmungen erstmalig am 15. Oktober 1895 in Kraft getreten sind und uns in Form von 13 Paragraphen einen guten Einblick in die von diesem Zeitpunkt an im Glaswerk gültigen Arbeitsbedingungen geben. Die wichtigsten Punkte in diesem Dokument besagen folgendes:

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Nach § 1 betrug die tägliche Arbeitszeit der nicht an Öfen beschäftigten Arbeitnehmer während des Sommers (d. h. vom 1. April bis 30. September) zehn, während des Winters (d. h. vom 1. Oktober bis 31. März) 9 ½ Stunden. Es wurde im ersteren Fall von 6 bis 18 Uhr gearbeitet (bei halbstündiger Morgen- und bei anderthalbstündiger Mittagspause), im letzteren Fall von 6.30 bis 18 Uhr (bei ebenfalls zweistündiger Gesamtpause). Für die am Ofen mit Verarbeitung der Glasmasse beschäftigten Personen war die Arbeitszeit unregelmäßig, weil von der Ausarbeitung der Glasmasse abhängig, doch sollte sie zehn Stunden jedenfalls nicht überschreiten. Nach § 3 bestand keine Verpflichtung zu Überstunden an Werktagen oder zur Arbeit an Sonn- und Feiertagen, jedoch mit der durch die Reichs-Gewerbe-Ordnung festgesetzten Einschränkung betreffend ungestörte Fortführung des Betriebs außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeit. Jeder Arbeiter hatte nach § 4 Anspruch auf einen mit ihm zu vereinbarenden festen Wochenlohn. Die Bezahlung der Akkordarbeit (§ 5) erfolgte nach vereinbarten Sätzen, wobei der bei der Einstellung vereinbarte Wochenlohn nach Verhältnis der aufgewendeten Arbeitszeit als Mindestverdienst gewährleistet wurde. Nach § 6 bildete der Donnerstag den Schluß der Lohnwoche. Die Lohnzahlung fand am Freitag statt, bei Arbeitern unter 18 Jahren jedoch nur unter dem Vorbehalt der Verständigung mit dem Vater oder Vormund. Abzüge vom Lohn (§ 7) waren nur zulässig im Fall von gesetzmäßiger Beschlagnahme oder nach Maßgabe des Statuts der Betriebskrankenkasse oder der reichsgesetzlichen Altersversicherung. Kündigung (§ 11) erfolgte beiderseits 14tägig außer da, wo nach der Reichs-Gewerbe-Ordnung sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zulässig war. Für die Zeit des Löschens der Öfen brauchte für diejenigen Glasmacher und Gehilfen, denen während dieser Zeit Beschäftigung nicht gegeben werden konnte, die Kündigungsfrist beiderseits nicht eingehalten zu werden. Beitritt zur Betriebskrankenkasse (§ 12) war für jeden Arbeitnehmer obligatorisch. Die Bestimmungen des Statuts der Betriebskrankenkasse und des Pensionsstatuts vom 3. Dezember 1888 galten hinsichtlich der Rechte und Pflichten als Bestandteile des Arbeitsvertrags mit der Maßgabe, daß die Firma sich verpflichtete, für diejenigen, die nach den Bestimmungen des Pensionsstatuts Pensionsanspruch gegen die Firma für den Invaliditätsfall erlangt hatten, die reichsgesetzlichen Beiträge für Alters- und Invaliditätsversicherung im ganzen Betrag zu leisten. Gemäß § 13 sollten für alle im Vertrag nicht berührten Punkte die Vorschriften der Reichs-Gewerbe-Ordnung maßgebend sein. Unter den wenigen im Glaswerk heute noch vorhandenen dokumentarischen Unterlagen sind vom Bearbeiter dieses Bandes vor allem noch zwei wichtige Dokumente vorgefunden worden, die sich auf die in der Zeit zwischen 1895 und dem Beginn des Ersten Weltkrieges in der Firma Schott & Genossen maßgebenden Arbeitsbedingungen beziehen. Das erste dieser beiden Dokumente enthält die im Herbst 1898 in Kraft getretenen und aus zehn Punkten bestehenden „Bedingungen zur Aufnahme jugendlicher Arbeiter und Lehrlinge“ und zählt in Ergänzung zu den auch für die Lehrlinge und Arbeiter unter 18 Jahren maßgebenden Bestimmungen des Arbeitsvertrags und der Betriebskrankenkasse u. a. eine Reihe von Förderungsmaßnahmen auf, zu denen sich die Firma hinsichtlich der Wohnungsverhältnisse, Verköstigung, gesundheitlicher Beratung, schulischen und beruflichen Fortbildung und dergleichen verpflichtet. Das zweite wichtige Dokument ist der eben noch in einem einzigen gedruckten Exemplar im Glaswerk erhalten gebliebene, aus 18 Paragraphen bestehende und am 20. November 1900 in Kraft gesetzte neue „Arbeitsvertrag mit Arbeitsordnung“, durch den

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der oben erwähnte Vertrag vom 15. Oktober 1895 abgelöst und gleichzeitig durch eine Reihe von arbeitsrechtlichen Fortschritten (z. B. Übergang von der zehn- bzw. neuneinhalbstündigen zur neunstündigen Arbeitszeit, Neuregelung der Entlohnung an Feiertagen, der Lohnzuschläge für Überstunden, Normierung der sechstägigen bezahlten Urlaubszeit und dergleichen) überholt wurde. Mit Rücksicht darauf, daß z. Zt. eine den modernen sozialwissenschaftlichen und damit natürlich auch kritischen Ansprüchen genügende Arbeit über die Sozialgeschichte des Jenaer Glaswerks noch nicht vorliegt, schienen dem Bearbeiter die genannten beiden Dokumente als wichtig genug, um sie in den dokumentarischen Teil des vorliegenden Bandes in ihrem vollen Wortlaut mit aufzunehmen. In diesem Zusammenhang dürfte es nahe liegen, unsere Leser darauf hinzuweisen, daß die hie und da anzutreffende Auffassung, als ob man die bei der Firma Carl Zeiss im Jahre 1891 total, bei der Firma Schott & Genossen etappenweise (d. h. 1891 bis 1919) erfolgte Überführung zweier großindustrieller Privatbetriebe in den Besitz der Carl ZeissStiftung, als einer juristischen Person des privaten Rechts, als eine Art von geschichtlicher Vorausnahme dessen, was man später unter einem sozialisierten Betrieb zu verstehen pflegte, mit den historischen Tatsachen in keiner Weise in Einklang steht. Noch weniger als auf diejenige Betriebszeit des Jenaer Glaswerks, in der die Carl Zeiss-Stiftung (ab 1. Januar 1919, siehe oben) seine Alleinbesitzerin geworden war, könnte diese irrtümliche Auffassung Anwendung finden auf die dem vorliegenden Band zu Grunde liegende Betriebsperiode (1886-1914/15), während der sich das Glaswerk (1886 bis 1891) im gemeinschaftlichen Privatbesitz von Schott, Abbe und Carl bzw. Roderich Zeiss, sodann (1891) zu einer Hälfte im Privatbesitz von Schott, zur anderen im (Mit-)Besitz der Stiftung befunden hat. Denn, wie wir oben mehrfach gezeigt haben, hatte sich Schott auch für die Dauer seiner Partnerschaft mit der Stiftung diejenige letzte und oberste Entscheidungsfreiheit in allen das Glaswerk und seine Leitung betreffenden Fragen vorbehalten, die jede Art von „gubernativer“ Beeinflussung seiner Entschlüsse durch die Stiftungsverwaltung oder den Bevollmächtigten der Stiftung im Glaswerk grundsätzlich ausschloß. Die hervorragenden Verdienste Schotts auf dem von ihm vertretenen Gebiet der wissenschaftlichen Forschung und technologischen Gestaltung sind heute unumstritten. Daß er aber auch nach den von ihm zu einer Zeit des hemmungslosen Kapitalismus vertretenen und in seinem Jenaer Glaswerk verwirklichten Grundsätzen einem nicht gerade landläufigen Typus des industriellen Unternehmertums zuzurechnen ist, auch wenn diese Grundsätze nicht der Gedankenwelt des Sozialismus, sondern denen des bürgerlichen Sozial-Liberalismus zuzurechnen sind, hoffen wir aus den verstehenden Überblicken über sein gesamtes Wirken in der Zeit zwischen 1886 und 1814/15 überzeugend skizziert und durch die in den dokumentarischen Teil unseres Teilbandes aufgenommenen Quellenstücke hinlänglich bewiesen zu haben. Zu diesen Quellenstücken, über deren Art und Provenienz das auch diesem Teilband wieder beigefügte Quellen- und Literaturverzeichnis im Einzelnen näher informiert, mögen hier noch einige allgemeine Bemerkungen folgen.

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X Wie aus dem unseren Vorwort vorangestellten Inhaltsverzeichnis ersichtlich [nunmehr unter 3.3 Übersicht, S. 324-340], sind in den vorliegenden Teilband unserer Schriftenfolge insgesamt 169 in IV Abteilungen aufgegliederte Briefe und Dokumente wissenschaftlichen, technischen, geschäftlichen und sozialpolitischen Inhalts aufgenommen worden. Abgesehen von den vom Bearbeiter früher schon bei anderer Gelegenheit veröffentlichten Nummern 63 (Brief Abbes an Schott vom 24. Dezember 1892) und 152 (Brief Abbes an Helmholtz vom 15. Mai 1883) werden sie, teils im vollen Wortlaut, teils in der Form des Regests, erstmalig der Öffentlichkeit vorgelegt und zwar, wie auch hier nochmals ausdrücklich betont sei, nicht mit dem Anspruch, ein erschöpfendes Bild von der geschichtlichen Entwicklung des Jenaer Glaswerks während der dem Bande zugrunde liegenden Betriebsperiode darzubieten, sondern aus der Erwägung heraus, daß auch die hier ebenso wie in den früheren Teilbänden unserer Schriftenfolge dargebotenen Quellenstücke einer für künftig noch zu wünschenden Gesamtdarstellung der Vor- und Entwicklungsgeschichte des Jenaer Glaswerks zweifellos als sachdienliches und zudem teilweise der forschungstechnischen Erschließung nur schwer zugängliches Behelfsmaterial werden dienen können. Daß im vorliegenden Band bei der Darbietung der Quellenstücke mehr als in den vorausgegangenen Bänden auf die Form des Regests zurückgegriffen werden mußte, findet seine natürliche Erklärung dadurch, daß hier eine Betriebsperiode von 28 Jahren zu bearbeiten war, während den früheren Bänden nur je zwei Jahre zu Grunde gelegen hatten. Aus dem gleichen Grunde mu0ßte der Bearbeiter bemüht sein, aus der Gesamtfülle des Einzelmaterials eine straffere Auswahl der Quellenstücke als dort zu treffen, d. h. nach Möglichkeit nur solche Briefe und Dokumente darzubieten, die aus irgend einem Grund für diesen oder jenen werksgeschichtlichen Zusammenhang als besonders charakteristisch angesehen werden durften. Ebenso wie in den früheren Bänden unserer Schriftenfolge sind die ausgewählten Quellenstücke auch im vorliegenden Band wieder in chronologischer Anordnung dargeboten worden. Wenn es sich auf diese Weise nicht vermeiden ließ, daß Dokumente von wesentlich verschiedenem Inhalt in bunter Mischung auf einander folgten, so wird es dem am Gesamtinhalt des Bandes mehr unter nur speziellen Gesichtspunkten interessierten Leser doch ein Leichtes sein, sich aus dem Inhaltsverzeichnis diejenigen Dokumente herauszusuchen, die ihn etwa als Wissenschaftler, Techniker, Kaufmann oder Sozialpolitiker besonders interessieren könnten. Auch wurde versucht, dieses relative innere Zusammenhanglosigkeit der Dokumente durch die jedem einzelnen Quellenstück beigegebenen Anmerkungen sowie durch die im Vorwort dargebotene allgemeine Übersicht über die Entwicklung des Glaswerks während der unserem Band zu Grunde liegenden Betriebsperiode nach Möglichkeit zu mildern. Für die Aufteilung unserer Dokumente in vier Gruppen sind folgende Erwägungen maßgebend gewesen: Die in der Abteilung I vereinigten 47 Dokumente aus den Jahren 1886 bis 1891 beziehen sich auf die Zeit von Eintritt des Glaswerks in die öffentliche Konkurrenz bis zu seiner teilweisen Überführung in den Besitz der Carl Zeiss-Stiftung. Der Abteilung II sind zugewiesen worden die aus den Jahren 1892 bis 1900 stammenden Dokumente Nr. 48 bis Nr. 100, in denen sich die Entwicklung des Glaswerks

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von einem ursprünglich nur der Produktion von optischem und Thermometerglas gewidmeten Unternehmen zu einem der Herstellung von hochwertigen Gläsern für wissenschaftliche und feintechnische Verwendungszwecke überhaupt bestimmten Großbetrieb widerspiegelt. In der Abteilung III finden sich vereinigt die der Zeit zwischen dem Jahr 1901 und dem Beginn des Ersten Weltkrieges entstammenden Dokumente Nr. 101 bis Nr. 150, aus denen ersichtlich ist, wie das Jenaer Glas auch unter dem sich ständig steigernden Druck der internationalen Konkurrenz seine führende Stellung auf dem Weltmarkt behauptet hat und wie sich der mit ihm erzielte geschäftliche Gewinn auch in immer zunehmendem Maße auf sozial- und kulturpolitischem Gebiet ausgewirkt hat. Zum Unterschied von den Abteilungen I bis III bilden die 19 in der Abteilung IV vereinigten in den Jahren 1883 bis 1886 entstandenen Dokumente nur einen Nachtrag zu denjenigen Dokumenten, die in dem gegenwärtigen Teilband III unserer Schriftenfolge vorausgegangenen und 1953 und 1957 im gleichen Verlag erschienenen Teilbänden I und II veröffentlicht worden sind. Ihre Veröffentlichung konnte erst jetzt erfolgen, da sie dem Bearbeiter erst neuerdings zugänglich gemacht worden sind. Und ihre nachträgliche Aufnahme in den vorliegenden Band ist dadurch gerechtfertigt, daß sie sachlich wichtige Ergänzungen zu dem enthalten, was in den früheren Teilbänden über die von Schott ausgegangenen ersten befruchtenden Impulse auf die Photographie und die Fernrohrtechnik berichtet werden konnte. Wie aus dem unserer Einleitung folgenden Quellen- und Literaturverzeichnis hervorgeht, besteht die wissenschaftliche Literatur über die unserem Band zu Grunde liegende Betriebsperiode des Jenaer Glaswerks bis auf wenige Ausnahmen, unter denen das im Jahr 1900 erschiene Buch von H. Hovestadt über das Jenaer Glas und E. Zschimmers 1909 erschienene Jubiläumsschrift über die Glasindustrie in Jena hervorzuheben sind, aus Aufsätzen und Monographien über die von Fall zu Fall an Jenaer Sondergläsern vorgenommenen Untersuchungen, mögen sich diese nun mehr auf deren chemisch-physikalische Eigenschaften oder auf ihre praktische Verwendungsfähigkeit für die verschiedenartigsten technischen und wissenschaftlichen Zwecke erstreckt haben. Dagegen haben in dieser umfangreichen Spezialliteratur die mit der Entwicklung des Glaswerks zum großindustriellen Betrieb zusammenhängenden wirtschaftsgeschichtlichen und sozialpolitischen Probleme, abgesehen etwa von der 1897 in Schmollers Jahrbüchern von Julius Pierstorff veröffentlichten kleinen Studie „Die Carl Zeiß-Stiftung, ein Versuch zur Fortbildung des großindustriellen Arbeitsrechts“ kaum jemals die auch ihnen zukommende wissenschaftliche Beachtung erfahren. Was nun die für unsere Schriftenfolge bzw. den vorliegenden Teilband derselben in erster Linie in Frage kommende Aufgabe betrifft, in einem umfassenderen und gleichzeitig tiefer bohrenden Sinne zu dem bisher literarisch noch unausgewertet gebliebenen Quellenmaterial über die Geschichte des Jenaer Glaswerks vorzudringen, so lag es auch hier wieder für den Bearbeiter am nächsten, in erster Linie auf diejenigen primären Quellen zurückzugreifen, die ihm in dem von ihm kurz nach dem Tod von Dr. Otto Schott im Jenaer Glaswerk eingerichteten und mehrere Jahre hindurch in wissenschaftlicher Hinsicht betreuten Werksarchiv zur Verfügung standen. Abe auch hier wieder würden sich ihm, wie schon bei den früheren Teilbänden, bei dem Bestreben, zu einer inhaltlich wirklich abgerundeten Quellensammlung zu gelangen, unüberwindliche Schwierigkeiten

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entgegengestellt haben, wenn es ihm nicht gelungen wäre, das aus den einzelnen Abteilungen des Glaswerks dem Werksarchiv zugeflossenen Quellenmaterials durch Inanspruchnahme werksfremder Archivalien in mehrfacher und zugleich wesentlicher Hinsicht zu ergänzen. Daß die ehemals im Werk vorhanden gewesenen Lohnlisten, die einen wirklich gründlichen Einblick in die Entwicklung der Lohnverhältnisse gerade während der für unseren Band in Betracht kommenden Betriebsperiode ermöglicht haben würden, längst der Vernichtung verfallen sind, wurde schon oben in anderem Zusammenhang bemerkt. Das Gleiche gilt aber leider auch für die für unseren Teilband zeitlich in Betracht kommende geschäftliche Korrespondenz. Daß diese nicht mehr zur Verfügung stand, bedeutete, daß aus den übrigen im Werksarchiv vorhandenen Quellenmaterial beispielsweise so gut wie nichts zu erfahren war über die wichtigen befruchtenden Impulse, die in den für unseren Band u. a. in Betracht kommenden 1880er und ersten 1890er Jahren die praktische Optik, und zwar insbesondere die Photographische und Fernrohrtechnik, durch Schotts Jenaer Schmelzarbeiten erfahren hat. Unter den Ergänzungen, mit deren Hilfe es dem Bearbeiter möglich geworden ist, diese schmerzlichen Lücken doch noch einigermaßen zu schließen, mögen hier nur die folgenden hervorgehoben werden: Durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. Rudolf Loher, des Leiters des Archivs für angewandte Optik in München, sowie durch das Entgegenkommen von Herrn Dr. Klemm, dem Leiter der Bibliothek des Deutschen Museums in München, konnten dem Bearbeiter nicht weniger als 971 Photokopien von Geschäftsbriefen, die in den Jahren von 1883 bis 1921 von Abbe und Schott bzw. der Firma Jenaer Glaswerk Schott & Gen. an die Münchner Optische Werkstätte C. A. Steinheil Söhne in München (Jetzt Optische Werke C. A. Steinheil Söhne, G.m.b.H., daselbst) in Sachen optisches Glas für photographische und Fernrohr-Objektive zur Verfügung gestellt werden. Wie bereits oben bemerkt, erwies sich dieses zusätzliche Quellenmaterial nicht nur für den vorliegenden Band als ungemein wertvoll, sondern enthielt auch so wichtige und wertvolle Ergänzungen zu dem, was in den beiden ersten Teilbänden unserer Schriftenfolge über die in den Jahren 1883 bis 1886 erfolgte Einflußnahme des Jenaer optischen Glases auf die deutsche optische Industrie hat berichtet werden können, daß es dem Bearbeiter richtig schien, eine Auswahl aus diesen älteren Briefen, wenn auch nur nachträglich, dem vorliegenden Band mit einzuverleiben. Eine wichtige Ergänzung zu dem, was diese Korrespondenz enthielt über die ersten großen Fernrohrobjektive, die aus dem neuen Jenaer Glas in Verbindung mit der Optischen Werkstätte C. A. Steinheil Söhne hergestellt worden sind, ergab sich für den Bearbeiter aus den in unserem Literatur- und Quellenverzeichnis angeführten, z. Zt. im deutschen Zentralarchiv II zu Merseburg in Verwahrung befindlichen Akten des ehemaligen Preußischen Geheimen Staatsarchivs zu Berlin [seit der Wiedervereinigung im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in BerlinDahlem], und so konnte also auch von dieser Seite her die oben erwähnte fatale Lücke im Quellenbestand des Jenaer Glaswerks leidlich befriedigend geschlossen werden. Auch die z. Zt. im Merseburger Deutschen Zentralarchiv [wie vorstehend] befindlichen Akten über die ältere Geschichte der Berliner Physikalisch-Technischen Reichsanstalt haben über den für unsere Zwecke wichtigen langjährigen wissenschaftlich-technischen Verkehr des Jenaer Glaswerks mit diesem Institut und seinen Mitarbeitern wichtige Ergän-

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zungen zu dem hierüber im Jenaer Werksarchiv bereits vorhandenen Unterlagen erbracht. Seinen für die Zwecke des vorliegenden Teilbandes ergiebigsten Zuwachs an noch unerschlossenen Quellen erhielt der ursprünglich im Jenaer Werksarchiv vorhandene Bestand an Archivalien durch die ehemals in der Zweigstelle Bad Sulza des Thüringischen Staatsarchivs Weimar befindlichen Handakten des Stiftungskommissars der Carl Zeiss-Stiftung aus den Jahren 1891 bis 1914 nebst einigen weiteren, die Carl ZeissStiftung betreffenden Akten des Kultusdepartements des Großherzoglich Sächsischen Staatsministeriums in Weimar aus den Jahren 1914 bis 1916. Glücklicher Weise hatten diese Akten auf Veranlassung des Bearbeiters noch vor ihrer im Jahre 1945 durch Kriegseinwirkung erfolgten Vernichtung dem Jenaer Werksarchiv in Form von Photokopien zugeführt werden können, und so hat sich besonders durch die in ihnen mitenthaltenen jährlichen Geschäftsberichte des Glaswerks mit den ihnen mehrfach beigefügten statistischen Zusammenstellungen über Betriebskosten, Warenumsätze, Reingewinne, Investitionen, Lohn- und Gehaltskonten, Überweisungen an die Stiftung usw. ein guter Einblick in die für die 1890er Jahre so charakteristische Entwicklung der ehemaligen glastechnischen Versuchsstation Schott & Gen. zum industriellen Großbetrieb ermöglichen lassen. Erwähnt sei hier noch, daß auch die Inanspruchnahme des Archivs der Deutschen Akademie der Wissenschaften [jetzt der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften] durch den Bearbeiter einen von Abbe unter dem 15. Mai 1883 an Helmholtz gerichteten Brief wieder zu Tage gefördert hat, der sich zwar inhaltlich noch auf die bereits im I. Teilband unserer Schriftenfolge behandelte Betriebsperiode des Jenaer Glaswerks bezieht, sich aber doch als aufschlußreich genug erwiesen hat, um seine Eingliederung in die aus weiteren Nachträgen bestehende Abteilung IV des vorliegenden Teilbandes zu rechtfertigen. Wie es sich von selbst versteht, fühlt sich der Bearbeiter gegenüber allen genannten Personen und Dienststellen für die Förderung, die sie ihm in Hinblick auf die für den vorliegenden Band in Betracht kommende Materialsammlung haben zu Teil werden lassen, zu tiefstem Dank verpflichtet. Mit dem gleichen Dankesgefühl des Bearbeiters sei jedoch betont, daß ihm die wirkliche Durchführung der bereits im Jahre 1955 mit Unterstützung durch die Werkleitung des Volkeigenen Betriebs Jenaer Glaswerk Schott & Genossen in Angriff genommenen Arbeit an dem vorliegenden Teilband nicht möglich gewesen sein würde, wenn er sich darin nicht hätte gefördert sehen dürfen durch einen ihm mit Wirkung vom 1. Januar 1956 auf zwei Jahre befristeten und dann nochmals um ein drittes Jahr verlängerten Forschungsauftrag der Technischen Universität Dresden bzw. des zu dieser gehörigen Instituts für Geschichte der Technik und Naturwissenschaften. Insofern also gilt der Dank des Bearbeiters nicht nur Herrn Dr. A. Kauffeldt als dem Direktor des genannten Instituts und Herrn Nationalpreisträger Prof. Dr. Ing. Kurt Schwabe als dem damaligen Prorektor für Forschungsangelegenheiten der Technischen Universität Dresden sondern auch dem für Forschungsaufträge in der Deutschen Demokratischen Republik in letzter Instanz maßgebenden Staatssekretariat für Hoch- und Fachschulwesen und nicht zuletzt auch dem Jenaer Glaswerk und seinem von Herrn Gustav Heinrich betreuten Werksarchiv selbst. Weiter sei hier dankbar hervorgehoben die Tatsache, daß sich der derzeitige Leiter des Weimarer Landeshauptarchivs, Herr Dr.

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Hans Eberhardt, auf Bitte des Bearbeiters der Mühe einer nochmaligen kritischen Durchsicht des Manuskriptes zum vorliegenden Band unterzogen und daß sich auch Herr Dr. Schönborn, der neuerdings in den Ruhestand getretene langjährige und verdiente wissenschaftliche Mitarbeiter des Jenaer Glaswerks, auch für diesen Teilband wieder, wie bereits für die früheren, zur fachmännisch-kritischen Durchsicht der Korrekturbogen zur Verfügung gestellt hat. Zum Schluß sei noch darauf hingewiesen, daß die Thüringische Historische Kommission, in deren Veröffentlichungsreihe die früheren Teilbände unserer Schriftenfolge erschienen waren, nun schon seit mehreren Jahren nicht mehr existiert und daß aus diesem Grunde für den vorliegenden Band eine Form der Veröffentlichung gefunden werden mußte, die ihn immerhin als eine sachliche Fortsetzung der früheren Teilbände auch äußerlich erkennen ließ. Daß diese wünschenswerte Form mindesten insofern gefunden worden ist, als unser Band wieder im gleichen Verlag hat erscheinen können wie die ihm vorausgegangenen, ist wesentliches Verdienst des volkseigenen Verlages Gustav Fischer, dem dafür auch von dieser Stelle aus der Dank des Bearbeiters ausgesprochen sei. Rudolstadt, im Juli 1962 Quelle: Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert 177, Bl. 76-134 (Schreibmaschinenmanuskript, S. 1-54).

„Himmelfahrt“ (Beförderung eines glühenden Glasofens). Tuschzeichnung von Erich Kuithan aus: Eberhard Zschimmer, Die Glasindustrie in Jena. Ein Werk von Schott und Abbe. Verlegt bei Eugen Diederichs. Jena 1909.

3.3 Übersicht zu den für die Edition Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen, III. Teil ausgewählten Quellen von Dr. Herbert Kühnert 1959

Die folgende Übersicht enthält das Verzeichnis der Quellen, die für die Edition Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen III. Teil vom Bearbeiter ausgewählt wurden[Nr. 1 – 150], sowie das Verzeichnis der Quellen, die als Nachtrag für die Teile I und II [Nr. 151 – 169] vorgesehen waren.

Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen III. Teil (1886 – 1914) I. Abteilung (1886 – 1891) [1] 1886 Dezember 8, Jena: Otto Schott an Hugo Adolf Steinheil, München; betr. panorthische Doppelfernrohre Steinheilscher Konstruktion und Herstellung sehr großer Scheiben für Fernrohrobjektive in Jena. [2] 1887 Januar 2, Jena: Otto Schott an Hugo Adolf Steinheil, München; betr. Jenaer Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei Versuchen zur Verbesserung astronomischer Fernrohre. [3] 1887 März 20 Jena: Ernst Abbe an Adolf Ferdinand Weinhold, Chemnitz; betr. günstigen Fortschritt der Glasschmelzerei in Jena. [4] 1887 Mai 12, Berlin: Wilhelm Foerster Berlin an den Geheimen Oberregierungsrat Wilhelm Wehrenpfennig; betr. Ablehnung einer Ernst Abbe und Otto Schott zugedachten preußischen Ordensverleihung durch diese sowie betr. rühmende Anerkennung des Jenaer optischen Glases durch den führenden englischen Astronomen David Hill. [5] 1887 Juni 10, Berlin: Johannes Pernet an Otto Schott; über die am Thermometerglas XVIII/III ermittelten Prüfungsergebnisse.

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[6] 1887 Juni 11, Jena: Aufstellung über Röhrenziehen im Glastechnischen Laboratorium Schott & Genossen vom 31. Mai bis 11. Juni 1887. [7] 1887 Juni 12, Berlin: Johannes Pernet an Otto Schott; betr. Lieferung von Röhren aus dem Thermometerglas XVIII / III an die Physikalisch Technische Reichsanstalt Berlin. [8] 1887 September 2, Berlin: Carl Bamberg an Otto Schott; betr. völlige Entspanntheit der in Jena nochmals gekühlten sechszölligen Fernrohrobjektive. [9] 1887 September 18, Berlin: Wilhelm Foerster an Otto Schott; betr. Versuche zur Herstellung brauchbare Libellen aus Jenaer Glas; besonderes Interesse der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt Jenaer Thermometerglas XVIII/III. [10] 1887 September 21, Berlin: Hermann Friedrich Wiebe an Otto Schott; betr. Wiebes Anstellung an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und Möglichkeit staatlicher Subventionierung der Jenaer Thermometerfabrikation. [11] 1887 September 30, Berlin: Aufstellung über Warenverkauf und Betriebsausgaben des Glastechnischen Laboratoriums Schott & Genossen. Vom 1. Oktober1886 bis 30. September 1887. [12] 1887 Dezember 29, Charlottenburg: Franz Mylius an Otto Schott; betr. beabsichtigte Versuche mit verschiedenen für die Herstellung von Libellen bestimmten Jenaer Glassorten. [13] 1888 Mai 3, Berlin: Die Kaiserliche Normal-Eichungs-Kommission an das Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen; betr. notwendige Einstellung der Jenaer Produktion auf den bevorstehenden Übergang vom Volumen- zum Gewichts-Alkoholometer. [14] 1888 Juli 3, Jena: Otto Schott an Franz Mylius; betr. ein von Mylius vorgelegtes Manuskript über die Störungen der Libellen. [15] 1888 Juli 22, Berlin: Wilhelm Foerster an den Königlich Preußischen Kultusminister Gustav von Goßler; betr. Bewilligung von 2 100 M zur Ausstattung der Königlichen Sternwarte Berlin mit einem von Carl Bamberg aus Jenaer Glas des Typus Fraunhofer anzufertigendem siebenzölligen Objektivglas für das Fernrohr des großen Meridianinstruments. [16] 1888 August 1, Berlin: Liefervertrag zwischen dem Direktor des Königlichen Astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam und der Firma C. A. Steinheil Söhne in München; betr. Herstellung zweier Objektive aus Jenaer Glas für ein zur Darstellung der photographischen Himmelskarte geeignetes Instrument. [17] 1888 August, Jena: Erster Nachtrag zum Produktions- und Preis-Verzeichnis der im Jenaer Glastechnischen Laboratorium Schott & Genossen hergestellten optischen Gläser vom Juli 1886.

ÜBERSICHT ZU DEN AUSGEWÄHLTEN QUELLEN

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[18] 1888 September 7, Charlottenburg: Franz Mylius an Otto Schott; Dankschreiben für die von Schott geleistete Forschungshilfe an der Arbeit über die Störungen der Libellen und Bitte um weitere Förderung bei einer in Arbeit befindlichen Studie über die Absorption des Wassers durch Glas. [19] 1888 etwa Herbst: Rundschreiben der Optischen Werkstätte Voigtländer & Sohn in Braunschweig an ihre Kundschaft; betr. Einführung der neuen Jenaer Gläser in ihre photographischen Objektive. [20] 1888 Oktober, Jena: Aufstellung über den Warenumsatz im Glastechnischen Laboratorium Schott & Genossen im Geschäftsjahr 1887/88. [21] 1888 Oktober 3, Jena: Schott & Genossen an C. A. Steinheil Söhne in München; Begleitschreiben zur gleichzeitigen Übersendung der fünf großen für das Instrument des Astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam bestimmten Scheiben nebst dem Objektiv-Prisma. [22] 1888 Oktober 2, Steglitz b. Berlin: R. Spranger (in Fa. Optische Werkstätte Carl Bamberg) an Ernst Abbe; betr. die an dem für die Urania-Sternwarte in Berlin bestimmten 12-Zöller aus Jenaer Glas beobachteten Spannungs-Erscheinungen. [23] 1888 Oktober 23, Jena: Otto Schott an die Schriftleitung einer (nicht genannten) Fachzeitschrift; betr. die wünschenswerte Ausdehnung der amtlichen Prüfung und Beglaubigung von Thermometern für ärztliche Zwecke auch auf solche für chemische Zwecke, verbunden mit Hinweis auf die Vorzüge des mit Schutzmarke versehenen Jenaer Normalglases für Thermometer. [24] 1888 Dezember 3, Jena: Otto Schott an Hermann Friedrich Wiebe; betr. die neuerdings im Jenaer Glaswerk getroffenen Einrichtungen zur Herstellung von Röhren aus Normalglas. [25] 1889 Januar 12, Jena: Otto Schott an Franz Mylius; betr. den im von letzterem vorgelegten Entwurf zu einer Studie über die Prüfung der Glasoberfläche auf die Resistenzfähigkeit mit wässerig-ätherischer Eosin-Lösung. [26] 1889 Januar 24, Jena: Otto Schott an Franz Mylius; betr. Bitte, ein von Schott verfasstes Manuskript über die Wasser-Aufnahme des Glases nach Kenntnisnahme an die Zeitschrift für Instrumentenkunde weiterzureichen. [27] 1889 Januar 26, Charlottenburg: (Physikalisch-Technische Reichsanstalt) Franz Mylius an Otto Schott; betr. Bitte von Mylius, daß auch Schott vor Veröffentlichung seiner Arbeit über die Wasseraufnahme eine ihm gleichzeitig übersandte Studie über die Prüfung der Oberfläche des Glases durch Farbreaktion zur Kenntnis nehmen möge.

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[28] 1889 Juli 8, Jena: Otto Schott an Hermann Friedrich Wiebe; betr. Kühlung von zwei von der Physikalsich-Technischen Reichsanstalt eingesandten Versuchsthermometern und Jenaer Plan zur Herstellung einer für Thermometer bis 480° brauchbaren Glasart. [29] 1889 September, Jena: Gegenüberstellung des Warenverkaufs im Glastechnischen Laboratorium Schott & Genossen in den Geschäftsjahren 1887/88 und 1888/89. [30] 1889 Dezember 9/16, Jena: Gesellschaftsvertrag zwischen Otto Schott, Ernst Abbe und Roderich Zeiss. [31] 1890 Oktober 24, Friedenau bei Berlin: Carl Bamberg an Ernst Abbe; betr. Schwierigkeiten bei der Fertigstellung des Objektivs zu Abbes für Jena bestimmten Refraktor. [32] 1891 Januar 14, Jena: Otto Schott an Hermann Friedrich Wiebe; betr. das nun in Jena eingerichtete kontinuierliche Röhrenziehen und Ankündigung der Übersendung von Versuchsthermometern aus dem neuen Jenaer Borosilikatglas 59/III. [33] 1891 März 26, Jena: Otto Schott an den Ingenieur C. Pieper, Berlin; betr. englisch-amerikanisch-französische Patentierung des in Jena entwickelten Verfahrens zur Herstellung von Verbund-Hartglas. [34] 1891 April, Jena: Mitteilung des Glastechnischen Laboratoriums Schott & Genossen an die an dem Bezug von optischen Gläsern für photographische Objektive interessierte Geschäftswelt. [35] 1891 April 29, Jena: Schott & Genossen an Siemens & Halske, Berlin; betr. gleichzeitige Übersendung von Glasröhren mit eingeschmolzenen Eisen- bzw. Kupferdrähten, also einer Glassorte, die sich auf Kolben für Glühlampen verarbeiten lassen, eventuell auch die Verwendung von Nickeldraht an Stelle von Eisendraht ermöglichen würde. [36] 1891 Mai 25, Jena: Otto Schott an Hermann Friedrich Wiebe; betr. (u. a.) die bevorstehende Übersendung von Versuchsthermometern aus dem neuen Glas 59/III, Verschiebung eines von Schott in Berlin geplanten Vortrags und Anregung, die in Jena hergestellten Wasserstandsröhren im Berliner Eisenbahnwesen erproben zu lassen. [37] 1891 Mai 29, Jena: Otto Schott an Hermann Friedrich Wiebe; Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt wird ersucht, an gleichzeitig übersandten Versuchsthermometern aus den Glassorten 59/III und 63/III festzustellen, ob bei Thermometern mit nur einem Alkali (hier Natron) die thermische Nachwirkung eine Funktion des Ausdehnungskoeffizienten ist. [38] 1891 Juni 24, Weimar: Bekanntmachung des Großherzoglich Sächsischen Staatsministeriums betreffend die Carl Zeiss-Stiftung.

ÜBERSICHT ZU DEN AUSGEWÄHLTEN QUELLEN

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[39] 1891 Juni 26, Weimar: Das Großherzoglich Sächsische Staatsministerium an Otto Schott; Dank an Otto Schott für dessen Bereitschaft, bezüglich des Jenaer Glaswerks auf die von Abbe mit der Carl Zeiss-Stiftung verfolgten Absichten einzugehen und sich darüber hinaus auch an der Geschäftsleitung des nunmehrigen Stiftungsbetriebes Carl Zeiss zu beteiligen. [40] 1891 Juni 30, Jena: Bekanntmachung des Großherzoglichen Amtsgerichts Jena über die Eintragung der Carl Zeiss-Stiftung als Mitinhaberin der Firma Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen in Jena in das Handelsregister. [41] 1891 Juli 9, Berlin: Hermann Friedrich Wiebe an Otto Schott; Bericht über günstiges Ergebnis der an den Thermometern aus Glas 59/III und 63/III angestellten Untersuchungen nebst Mitteilung über den Termin des nächsten Glasbläsertages. [42] 1891 Juli 18, Jena: Otto Schott an Hermann Friedrich Wiebe;Ankündigung eines Vertrages bzw. einer Publikation über die neuerdings von ihm beobachteten physikalischen Eigenschaften von Gläsern und über das für die Thermometrie wichtige Glas 59/III. [43] 1891 September 30, Jena: Bilanz des Glastechnischen Laboratoriums Schott & Genossen für das Geschäftsjahr 1890/91. [44] 1891 September 30, Jena: Inventur über den Vermögensbestand der Fa. Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen am 30. September 1891. [45] 1891 November 10, Charlottenburg: (Physikalisch-Technische Reichsanstalt) Fritz Foerster an Otto Schott; Ankündigung einer Untersuchung der von Schott erhaltenen Glaskolben in bezug auf ihre Alkali-Abgabe an kaltes Wasser sowie einer Analyse der in Jena besprochenen Anflüge auf Jenaer Bleigläsern. [46] 1891 November 16, Potsdam (Observatorium): Der Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam an den Geheimen Oberregierungsrat Friedrich Althoff; Mitteilung über das vom Kaiser Wilhelm II. bekundete Interesse an der Beschaffung eines großen Instrumentes für das Observatorium. [47] 1891 November 27/ Dezember 28, Weimar und Jena: Vertrag zwischen Otto Schott und der Carl Zeiss-Stiftung über die Regelung der gegenseitigen Beziehungen infolge des Ausscheidens von Ernst Abbe und Roderich Zeiss aus der Firma Schott & Genossen zugunsten der Carl Zeiss-Stiftung.

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II. Abteilung (1892 – 1900) [48] 1892 Januar, Jena: Zweiter Nachtrag zum Produktions- und Preisverzeichnis der im Jenaer Glastechnischen Laboratorium Schott & Genossen hergestellten optischen Gläser vom Juli 1886. [49] 1892 Januar, Straßburg: Friedrich Kohlrausch an Otto Schott; Übersendung einer von Kohlrausch verfaßten Abhandlung „Über die Löslichkeit einiger Gläser in kaltem Wasser“ mit Dank für die von Schott dabei erhaltene Förderung, Ankündigung weiterer Untersuchungen an Schotts neuen und älteren Gläsern sowie eines geplanten Besuchs in Jena. [50] 1892 Januar 30, Berlin: Hermann Friedrich Wiebe an Otto Schott; Bericht über die an Schotts Verbundglasröhren vorgenommenen Untersuchungen und Dank für Schotts Mitteilungen über die Verfertigung hochgradiger Thermometer. [51] 1892 Februar 2, Jena: Schott & Genossen an den Häfenmacher Georg Prokosch in Konstein (Bayern); Mitteilung der Bedingungen für etwaigen Eintritt ins Jenaer Glaswerk als Häfenmacher. [52] 1892 Februar 22, Jena: Otto Schott an Hermann Friedrich Wiebe; Mitteilung über ein von Schott hergestelltes, von Alkalien freies Glas und Ersuchen um Untersuchung desselben durch die Physikalisch-Technische Reichsanstalt. Rückfrage nach dem Ergebnis der Prüfung der Anstalt übersandten Verbundglasröhren. [53] 1892 Februar 24, Berlin: Carl Reichel an Otto Schott; Mitteilung der Ergebnisse vorläufiger Versuche zur Herstellung von Libellen an den von Schott übersandten Röhren. Ankündigung weiterer Berichte nach erfolgter Herstellung der ersten „wirklichen Libellen“. [54] 1892 Februar 26, Straßburg: Friedrich Kohlrausch an Otto Schott; Bitte um Übersendung von Proben des alkalifreien Glases 121/III bzw. 122/III und der früher von Schott erwähnten neuen Gläser, unter gleichzeitiger Information über ihre Zusammensetzung. [55] 1892 März 2, Jena: Otto Schott an Hermann Friedrich Wiebe; Ankündigung der Übersendung von Röhren aus dem alkalifreien Glas, das vermutlich für die Messung höherer Temperaturen noch besser geeignet sein wird, als 59/III; Ankündigung eines Besuchs der Reichsanstalt anläßlich eines auf den 4. April angesetzten Vortrags in Berlin. [56] 1892 März 5, Charlottenburg: Fritz Foerster an Otto Schott; Bericht über die Untersuchung der von Schott erhaltenen Proben der Beschläge auf Bleigläsern, als deren Ursache die in den Rauchgasen enthaltene Schwefelsäure vermutet wird.

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[57] 1892 Mai 17, Straßburg: Friedrich Kohlrausch an Otto Schott; Bericht über die Untersuchung von Schotts alkalifreien Gläsern bezüglich ihres geringen, dem Wasser mitgeteilten Leitungsvermögens. Anfrage, inwieweit von Schott Veröffentlichung der erzielten Resultate bzw. der Zusammensetzung der Gläser erwünscht ist. [58] 1892 Mai 18, Berlin: Hermann Friedrich Wiebe an Otto Schott; Mitteilung der Tagesordnung der für den 2. – 6. Juni angesetzten II. Jahrestagung des Vereins der Deutschen Glasinstrumentenmacher. Bericht über erste günstige Ergebnisse der Versuche mit hochgradigen Thermometern aus dem neuen alkalifreien Glas 122/III und Ankündigung weiterer Versuche bis zum Glasbläsertag. [59] 1892 Juli 7, Charlottenburg: Fritz Foerster an Otto Schott; Mitteilung günstiger Ergebnisse der Untersuchung von Wasserstandsröhren aus Verbundglas und Bitte um Mitteilung der Zusammensetzung des als Innenglas dieser Röhren verwendeten Glases 59/III zum Zweck einer Publikation. [60] 1892 Juli 16, Charlottenburg: Fritz Foerster an Otto Schott; Ankündigung demnächster Übersendung einer Publikation über die an Schotts Wasserstandsröhren angestellten Versuche. Bitte um Übersendung von Proben des als Außenglas der Wasserstandsröhren verwendeten Glases. Bereitschaft zur Untersuchung des gegen schroffen Temperaturwechsel widerstandsfähigen, neuerdings von Schott erschmolzenen Glases durch die Reichsanstalt wird erklärt. [61] 1892 September 28, Straßburg: Friedrich Kohlrausch an Otto Schott; betr. Ergebnisse der Untersuchung von Schotts alkalifreien Glas bezüglich seines dem Wasser mitgeteilten Leitungsvermögens und beabsichtigte Publikation dieser Ergebnisse. [62] 1892 November 28, Charlottenburg: Fritz Foerster an Otto Schott; Die zur Zeit von Foerster bearbeitete Einwirkung von Säuren auf Glas soll nach Schotts Anregung erweitert werden zu systematischer Untersuchung des chemischen Verhaltens verschiedenartiger Jenaer Gläser innerhalb des Arbeitsprogramms der PhysikalischTechnischen Reichsanstalt. Würdigung der Verdienste des kürzlich verstorbenen Direktors Loewenherz um die Reichsanstalt. [63] 1892 Dezember 24, Jena: Ernst Abbe an Otto Schott; betr. eine dem Freund als Weihnachtsgabe gewidmete Taschenuhr. [64] 1893 Januar 12, Jena: Otto Schott an das Kaiserliche Patentamt Berlin; Beschwerde gegen die patentamtliche Zurückweisung des von der Firma Schott & Genossen beanspruchten Patentschutzes für das Borsäure reiche Jenaer Geräteglas 202/III. [65] 1893 März 20, Charlottenburg: Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt an das Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen; Mitteilung der Ergebnisse der von der Reichsanstalt durchgeführten Versuche an dem Jenaer Geräteglas 202/III. [66] 1893 April 17, Charlottenburg: Fritz Foerster an Otto Schott; Rückfrage betreffs Zusammensetzung der früher an Mylius übersandten Jenaer Gläser mit Rücksicht auf eine demnächst beabsichtigte Publikation.

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[67] 1893 Mai 16, Jena: Siegfried Czapski an den Stiftungs-Kommissar der Carl ZeissStiftung; Bericht über eine Besprechung mit Schott betreffend die Möglichkeit baldiger Verwirklichung älteren Idee Abbes über die Herstellung von Handfernrohren. [68] 1893 Mai 17, Straßburg: Friedrich Kohlrausch an das Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen; Ankündigung von Versuchen an dem neuen Jenaer Geräteglas 202/III und Ersuchen um einige Informationen über dessen Zusammensetzung. Bericht über neue günstige Untersuchungsergebnisse über das Isolationsvermögen der alkalifreien Gläser 121/III und 122/III. [69] 1893 Mai 19, Jena: Otto Schott an Friedrich Kohlrausch; Veröffentlichung der Zusammensetzung des neuen Jenaer Geräteglases ist zu Zeit noch unerwünscht, daher nur einige diskrete Angaben darüber. Erwünscht eine für geschäftliche Zwecke brauchbare Mitteilung der Versuchsergebnisse über das Geräteglas sowie über das Isolationsvermögen von 121/III und 122/III. [70] 1893 Dezember 30, Jena: Otto Schott an Fritz Foerster; Anerkennende Würdigung von Foersters Arbeit über das chemische Verhalten des Glases. Hinweis auf bevorstehende Gemeinschaftsarbeit mit dem Physiker Adolph Winkelmann über physikalische Verhalten des Geräteglases 202/III und Anregung, Foerster möge auch in einer ihm geeignet erscheinenden Form (wenn auch ohne genaue Angabe der Zusammensetzung) seine früheren Ergebnisse über das chemische Verhalten dieses Glases publizistisch würdigen. [71] 1894 Januar 11, Charlottenburg: Fritz Foerster an Otto Schott; Darlegung der Gründe, die es Foerster unmöglich machen, auf das neue Jenaer Geräteglas publizistisch einzugehen. [72] 1894 Januar 26, München: Rudolf Steinheil an Otto Schott; Mitteilung von dem Interesse des amerikanischen Optikers Alvan Graham Clark an größeren, von Schott gelieferten Optikscheiben. Anfrage, ob Schott orientiert ist über den von dem Berliner Astronomen Friedrich Simon Archenhold betriebenen Plan bezüglich eines sehr großen Fernrohr-Objektivs. [73] 1894 Januar 29, Jena: Otto Schott an Rudolf Steinheil; Mitteilung, dass in Jena zur Zeit Objektivscheiben bis zu 40 Zoll Durchmesser (für Clark) hergestellt werden könnten. Bericht über Archenholds im letzten Herbst geführte Besprechung mit Abbe und Schott über sein Fernrohr-Projekt und die dabei zur Sprache gekommenen Bedenken über seine technische Ausführbarkeit bzw. Zweckmäßigkeit. [74] 1894 März 14, Grunewald bei Berlin: Der Astronom Friedrich Simon Archenhold von der Grunewald-Sternwarte an die Kaiserliche Physikalisch-Technische Reichsanstalt zu Charlottenburg; Denkschrift betreffend den geplanten Bau eines großen kurzbrennweitigen astronomischen Fernrohres mit einem Objektiv von 44 Zoll Durchmesser bis zur Eröffnung der Berliner Gewerbe-Ausstellung 1896.

ÜBERSICHT ZU DEN AUSGEWÄHLTEN QUELLEN

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[75] 1894 April 16, Charlottenburg: Rundfrage der Physikalisch-Technische Reichsanstalt, gerichtet an die Industrie, soweit diese an der Herstellung von Werkzeugen zur Messung von hohen Temperaturen interessiert ist. [76] 1894 Juni, Jena: Die Geschäftsleitungen der Optischen Werkstätte Carl Zeiss und des Glaswerks Schott & Genossen an ihre Geschäftsangehörigen; Mitteilung des Urteils der Jury der Weltausstellung in Chicago über daselbst ausgestellte Erzeugnisse beider Betriebe. [77] 1894 August 26, Seebad Boltenhagen (Mecklenburg): Wilhelm Foerster an den Geheimen Oberregierungsrat Friedrich Althoff; Mitteilung (unter anderem) über die günstige Beurteilung der Leistungen des Jenaer Glaswerks auf dem Gebiet der Präzisions-Optik durch den in der Welt der englischen Optik führenden Sir Howard Grubb in Dublin. [78] 1894 Sommer, Karlsruhe: Bericht des Direktors Krüger von der Deutschen Gas-Glühlicht-Gesellschaft zu Berlin an die Jahresversammlung des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern über die seit dem Herbst 1893 von dem Jenaer Glaswerk hergestellten, durch hohe Widerstandsfähigkeit gegen Zerspringen ausgezeichneten S-Zylinder für Gasglühlicht. [79] 1894 November 10, Grunewald bei Berlin: Bericht des Astronomen Friedrich Simon Archenhold an die Kaiserliche PhysikalischTechnische Reichsanstalt über den Fortgang der Vorarbeiten zur Ausführung seines Planes zum Bau eines 44-zölligen Fernrohres für die Gewerbe-Ausstellung 1896. [80] 1894 November 22, Potsdam: Der Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums in Potsdam an den Kaiserlich-Königlichen Kabinettschef Dr. Hermann von Lucanus; Bitte, auf Kaiser Wilhelm II. dahin einzuwirken, daß dieser seine zugesagte Unterstützung der Beschaffung eines großen Fernrohrs für das Observatorium in Potsdam nicht zurücktreten lassen möge gegenüber seines etwaigen Interesses an dem von Friedrich Simon Archenhold verfolgten, für die Wissenschaft weniger bedeutungsvollen Fernrohrplan. [81] 1894 November 28, Berlin: Der Vorsitzende des Komitees zur Herstellung des Archenholdischen Fernrohrs Kommerzienrat Paul Dörffel an den Kaiserlich-Königlichen Kabinettschef Dr. Hermann von Lucanus; Bitte um Einflussnahme auf die von Kaiser Wilhelm zugesagte private Förderung des Archenholdischen Fernrohrplanes unter gleichzeitiger Vorlage von Unterlagen über das Projekt. [82] 1895 Februar 5 bzw. März 23, Berlin / London: Englische Patentschrift betr. den von Otto Schott erfundenen Lochzylinder. [83] 1895 Februar 5, Berlin: Der Preußische Kultusminister an den Deutschen Kaiser und König von Preußen;

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Gutachtlicher Bericht über die Frage einer Förderung des Archenholdischen Fernrohrprojektes bzw. des Projektes zur Beschaffung eines großen Instrumentes für das Astrophysikalische Observatorium zu Potsdam. [84] 1895 März 4/5, Berlin: Der Chef des Geheimen Zivilkabinetts des Kaisers an den Preußischen Kultusminister; Übermittlung einer Kaiserlichen Order betreffend Ablehnung eines staatlichen Zuschusses zum Bau des Archenholdischen Fernrohrs. [85] 1895 April 3, Berlin: Der Preußischen Kultusminister an den Vorsitzenden des Komitees zur Herstellung des Archenholdischen Fernrohrs; betreffend Ablehnung des an den Kaiser gerichteten Gesuchs um einen Staatszuschuss für das Fernrohrprojekt. [86] 1895 Juli 15, Berlin: Das Komitee für das Archenholdische Fernrohr auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung 1896 an das Glaswerk Schott & Genossen; betr. Beauftragung des Glaswerks mit der Lieferung von zwei Glasblöcken von 65 – 75 cm Durchmesser für das Archenholdische Fernrohr bis zum 1. August 1895 an die Optische Werkstätte C. A. Steinheil in München. [87] 1896 Januar 19, München: Rudolf Steinheil an Otto Schott; Mitteilung betr. Fertigstellung (im Rohbau) des großen Objektivs für das Archenholdische Fernrohr nebst Erläuterung einer dem Schreiben beigefügten, bei durchgehendem polarisiertem Licht durchgeführten photographischen Aufnahme desselben. [88] 1896 Juli 1, Potsdam / München: Liefervertrag zwischen dem Astrophysikalischen Observatorium zu Potsdam und der Optischen Werkstätte C. A. Steinheil Söhne in München über die Herstellung von Objektiven aus Jenaer Glas für einen auf dem Observatorium aufzustellenden neuen Refraktor. [89] 1896 (Mitte) Juli, Jena: Rundschreiben des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen an seine Kundschaft betreffend derzeitige Unterbrechung der Zylinderfabrikation infolge bevorstehender bis Mitte August währender Ofenumbauten. [90] 1896 (Ende) September, Jena: Mitteilung der Geschäftsleitung des Glaswerks Schott & Genossen an die Geschäftsangehörigen; betr. die Bedingungen für die Einrichtung von Sparkonten zugunsten der Geschäftsangehörigen. [91] 1898 Februar 11, Berlin: Auszug aus den Bestimmungen der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt über die Herstellung hochgradiger Thermometer. [92] 1898 Februar 17 (bzw. 5. August 1899), Berlin: Kaiserlich Deutsches Reich Patent für die Firma Schott & Genossen in Jena auf die von Otto Schott erfundene „ringförmige, radiale Luftzuführung für Glühlichtbrenner“.

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[93] 1898 September, Jena: Geschäftsdrucksache über die Bedingungen für die Aufnahme jugendlicher Arbeiter und Lehrlinge im Glaswerk Schott & Genossen. [94] 1898 September 23, Berlin: Wilhelm Niehls (Berlin) an das Glaswerk Schott & Genossen; Bericht über Erfahrungen bei der Verarbeitung von Stabthermometer-Röhren aus Jenaer Hartglas. [95] 1899 Juli, Jena: Geschäftliche Mitteilung des Glaswerks Schott & Gen. an seine Kundschaft über das neue Jenaer Milchglas mit kaum merklichem Lichtverlust. [96] 1900 März 31, Jena: Bericht der Geschäftsleitung des Glaswerks Schott & Genossen Jena über das Geschäftsjahr vom 1. April 1899 bis zum 31. März 1900. [97] 1900 April 3, Jena: Rundschreiben des Glaswerks Schott & Genossen; betr. die Lieferung von Röhrenglas für ärztliche Thermometer an nichtorganisierte Thermometer-Fabrikanten. [98] 1900 Juli 7, Potsdam: Prüfungsbericht der Geheimen Oberregierungsräte Prof. Dr. Arthur Auwers und Prof. Dr. Hermann Carl Vogel an den Preußischen Kultusminister über die Objektive des großen Refraktors (aus Jenaer Glas) auf dem Astrophysikalischen Observatorium zu Potsdam. [99] 1900 Juli 16, Jena: Siegfried Czapski an den Stiftungskommissar der Carl ZeissStiftung; betr. die von Otto Schott beabsichtigte Schenkung von 50 000 Mark an das ChemischTechnische Institut der Universität Jena (als an die seinem persönlichen Interesse am nächsten stehende Anstalt). [100] 1900 November 5, Jena: Arbeitsvertrag und Arbeitsordnung des Glaswerks Schott & Genossen in Jena.

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III. Abteilung (1901 – 1915) [101] 1901 Januar 27, Jena: Der Kurator der Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Gesamt-Universität Jena an Otto Schott; Mitteilung, daß die beteiligten Regierungen Schotts Schenkung eines für die Errichtung und instrumentale Ausstattung eines chemisch-technischen Universitäts-Instituts bestimmten Kapitals von 50 000 Mark mit Dank angenommen haben. [102] 1905 Januar 31, Jena: Prorektor und Senat der Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Gesamt-Universität Jena an Otto Schott; Dankschreiben wegen der von Otto Schott zur Fertigstellung eines neuen Universitätsgebäudes gespendeten 100 000 Mark. [103] 1905 März 31, Jena: Auszug aus dem Geschäftsbericht der Firma Schott & Genossen über das Geschäftsjahr vom 1. April 1904 bis zum 31. März 1905. [104] 1905 April 27, Jena: Siegfried Czapski an den Präsidenten der PhysikalischTechnischen Reichsanstalt; Beantwortung einer Anfrage, ob eine Berufung von Otto Schott in das Kuratorium der Reichsanstalt, als Nachfolger Ernst Abbes in dieser Eigenschaft, zu empfehlen sei. [105] 1905 Mai 27, Dresden: Rektor und Senat der Kgl. Sächsischen Technischen Hochschule Dresden verleihen Dr. Otto Schott die Würde eines Doktor-Ingenieurs Ehrenhalber „in Anerkennung seiner bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiete der Glasindustrie und der wissenschaftlichen Erforschung und Verwertung des Glases.“ [106] 1905 Juni 2, Jena: Dankschreiben Otto Schotts an den Senat der Technischen Hochschule Dresden wegen seiner Ernennung zum Dr. ing. h. c. [107] 1905 Juli 17 Jena: Otto Schott an den Stiftungs-Kommissar der Carl Zeiss-Stiftung; Äußerung zu der in Aussicht genommenen Berufung als Mitglied des Kuratoriums der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt. [108] 1905 Juli 21, Jena: Siegfried Czapski an den Stiftungs-Kommissar der Carl ZeissStiftung; Mitteilung, daß Czapski die zuerst ihm angetragene Anwartschaft auf Berufung in das Kuratorium der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt abgelehnt und statt dessen dem Präsidenten der Reichsanstalt Schott vorgeschlagen habe. Die diesem Vorschlag beigefügten Unterlagen über Schotts Werdegang und Leistungen werden in Abschrift nochmals mitgeteilt. [109] 1905 September 30, Berlin: Das Reichsamt des Inneren an Otto Schott; Mitteilung, daß der Kaiser Schott zum Mitglied des Kuratoriums der Reichsanstalt berufen hat.

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[110] 1906 Januar 18, Jena: Siegfried Czapski an den Stiftungs-Kommissar der Carl ZeissStiftung; Bericht über verübten Verrat von Geschäftsgeheimnissen im Glaswerk Schott & Genossen. [111] 1907 März 19, Jena: Ernst Haeckel an Otto Schott; Dank für den von Schott gespendeten Betrag von 5 000 Mark für den Bau des Phyletischen Museums, für den die Carl Zeiss-Stiftung bereits 30 000 Mark beigesteuert hat. Erörterung der Bauplatz-Frage und Bitte um weitere Förderung durch die Carl ZeissStiftung. [112] 1907 Juli 8, München: Rudolf Steinheil an Otto Schott; Bitte um Schotts Meinung zu dem von Steinheil in Erwägung gezogenen Plan, seine Firma (C. A. Steinheil Söhne) nicht in eine Gesellschaft überzuführen, sondern an ein anderes größeres Unternehmen, z. B. an die Optische Werkstätte Carl Zeiss in Jena anzuschließen. [113] 1908 Juli 23, Jena: Der Vorstand des Volksbade-Vereins zu Jena an Otto Schott; Dank für Schotts angekündigte Privatspende von 15 000 Mark zum Bau des Jenaer Volksbades. [114] 1908 August 1, Jena: Die städtischen Behörden von Jena übermitteln Otto Schott anlässlich des 350jährigen Bestehens der Gesamt-Universität Jena und der Einweihung des neuen Hochschulbaues den Ehrenbürgerbrief in dankbarer Erinnerung an seine ersprießliche Tätigkeit im Gemeinderat und in hoher Anerkennung seiner Verdienste um die erfolgreiche Hebung der heimischen Industrie, insbesondere aber aus aufrichtiger Freude über dessen reiche Zuwendung für den Bau der „Neuen Universität“. [115] 1908 Juli 31 (1. August), Jena: Urkunde über die von der Großherzoglich und Herzoglichen Gesamt-Universität Jena bzw. ihrer Medizinischen Fakultät an Dr. Otto Schott verliehene Würde eines Doktors der Medizin Ehrenhalber. [116] 1908 August 7, Lauterberg a. H.: Die Deutsche Gesellschaft für Mechanik und Optik benachrichtigt Otto Schott, daß sie ihn bei ihrer Tagung zu Hannover am 3. August an Stelle des 1907 verstorbenen Prof. Dr. Siegfried Czapski zu ihrem Stellvertretenden Vorsitzenden gewählt hat. [117] 1908 September 21, Jena: Vertrag zwischen dem Glaswerk Schott & Genossen und Henry Stafford Hatfield wegen dessen auf sechs Monate befristete Anstellung als leitender Beamter der glaselektrischen Abteilung des Glaswerks. [118] 1908 nach dem 30. September und vor dem 15. März 1909, Jena: Bilanz der Firma Schott & Genossen für das Geschäftsjahr vom 1. April 1907 bis dahin 1908; nebst statistischen Nachweisen über die Betriebe der Carl Zeiss-Stiftung.

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[119] 1908 November 2, Ilmenau: Dankschreiben der Großherzoglich Sächsischen Meteorologischen Zentralstelle Ilmenau an Otto Schott für die der Ilmenauer Wetterdienststelle zugewendete Spende von 632,50 Mark. [120] 1909 März 3, Jena: Dankschreiben Ernst Haeckels an Otto Schott für einen von diesem für die innere Einrichtung des Phyletischen Museums bestimmten Betrag von 5 000 Mark nebst Bitte, diese Spende , wenn möglich, noch eine weitere in Höhe von ebenfalls 5 000 Mark folgen zu lassen. [121] 1909 Juni 16, Corning (N.Y.): Die Firma Corning Glas Works zu Corning (N.Y.) an das Glaswerk Schott & Genossen; Ankündigung einer Stellungnahme zu den aus Jena erhaltenen Entwurf zu dem besprochenen Abkommen zwischen beiden Firmen. Ankündigung der Übersendung der von Jena gewünschten Glasmuster und Ersuchen um Zusendung der Jenaer Gegenmuster von Gläsern mit geringer Ausdehnung zum Zweck gegenseitiger Überprüfung der Messungsergebnisse. Dem für Herbst angekündigten Besuch von Dr. Otto Schott wird gerne entgegengesehen. [122] 1909 Juli 3, Jena: Glückwunschschreiben von Prorektor und Senat der Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Gesamt-Universität Jena an Dr. phil., Dr. ing. h. c., Dr. med. h. c. Otto Schott anlässlich des 25jährigen Bestehens des Glaswerkes Schott & Genossen in Jena. [123] 1909 Juli 6, Corning (N.Y.): Die Firma Corning Glas Works zu Corning (N.Y.) an das Glaswerk Schott & Genossen; Empfangsbestätigung des aus Jena übersandten Entwurfs zu einem gegenseitigen Abkommen, das bei Otto Schotts bevorstehendem Besuch in Corning noch näher besprochen werden soll. [124] 1909 Juli 10, Dresden: Fritz Foerster (Technische Hochschule Dresden) an Otto Schott; Bestätigung des Empfangs von Eberhard Zschimmers Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Jenaer Glaswerks, verbunden mit Glückwunsch an Schott und Würdigung seiner hohen wissenschaftlichen und technischen Verdienste. [125] 1909 Juli 13, Dresden: Glückwunschschreiben des Rektors der Technischen Hochschule Dresden an ihren Ehrendoktor Otto Schott anlässlich des 25jährigen Bestehens des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen , verbunden mit Würdigung seiner hohen Verdienste. [126]. 1909 August 7, Corning (N.Y.): Die Firma Corning Glass Works an das Glaswerk Schott & Genossen; Mitteilung der an den Jenaer Glasproben erzielten Ausdehnungsbestimmungen. Ankündigung der Übersendung eigener härterer Glassorten mit dem Ersuchen um gleichartige Messungen.

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[127] 1909 September 9, Chicago / St. Paul (USA): Otto Schott an seinen Schwager W. Pielke; Bericht über erste Reiseeindrücke in den USA. [128] 1909 September 15, Frankfurt a. M.: Der Verein Deutscher Chemiker an Otto Schott; Übersendung der Urkunde über die Verleihung der Goldenen Liebig-Denkmünze an Schott. [129] 1909 Dezember 3, Jena: Otto Schott an Ed. Bausch (i. Fa. Bausch & Lomb, Optical Co., Rochester N.Y.); Dank für die während seiner Amerika-Reise bei Bausch genossene Gastfreundschaft, verbunden mit Ankündigung der Übersendung eines Ölbildes von Abbe. [130] 1909 Dezember 10, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma Corning Glass Works Corning (N.Y.); Bestätigung des kürzlich mit Otto Schott getroffenen Übereinkommens über gegenseitigen Erfahrungsaustausch und Respektierung des gegenwärtigen Besitzstandes beider Firmen an Warenerzeugung und Absatzgebiet unter Vorbehalt späteren Abschlusses eines förmlichen Vertrags. [131] 1910 Februar 18, Corning (N.Y.): Firma Corning Glass Works an Glaswerk Schott & Genossen; Erklärung förmlichen Beitritts zu den unter dem 10. Dezember 1909 formulierten Abkommen. [132] 1910 März 7, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma Corning Glass Works; Das geschlossene Abkommen wird auch als für das Jenaer Glaswerk verbindlich erklärt. [133] 1910 August 4, Weimar, bzw. August 11, Jena: Zweiter Nachtrag zu den zwischen der Carl Zeiss-Stiftung und Dr. Otto Schott am 27.November bzw. 28. Dezember 1891 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag. [134] 1911 März 17, Jena: Dankschreiben des Kurators der Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen GesamtUniversität Jena an Otto Schott wegen einer von Schott zur Verfügung gestellten, zur Wiederherstellung alter Professorenbilder zu verwendeten Spende von 1 000 Mark. [135] 1911 März 32, Corning (N.Y.): Firma Corning Glass Works an Otto Schott (z. Zt. bei Bausch & Lomb, Rochester, N.Y.); Mitteilung, daß der Besuch von Schott und Frau im Lauf nächster Woche in Corning erwartet wird. [136] 1911 April 8, Detroit: Otto Schott (z. Zt. in Detroit, Mich.) an Rudolph Klett; Bericht über Besuche bei amerikanischen Geschäftsfreunden während seiner Reise von New York bis Detroit. [137] 1911 April 20, El Tovar, Grand Canyon (Ar.): Otto Schott an Rudolph Klett; Bericht über Reiseeindrücke, Kundenbesuche und Dispositionen für Weiterreise und Heimfahrt.

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[138] 1911 April 25, New York Office: Firma General Electric Co. zu Schenectady (N.Y.) an den Präsidenten der Corning Glass Works in Corning; Bestätigung des Empfangs eines Schottschen Stromzählers, der in der Zähler-Abteilung der Firma in Lynn (b. Boston) geprüft werden soll. Der Besuch Schotts bei der Firma wird für Mitte Mai erwartet. [139] 1911 Mai 20, Corning (N.Y.): Der Präsident der Corning Glass Works an Otto Schott (z. Zt. New York); Bitte um Bestätigung früherer Zusage Schotts betr. Erteilung einer an Corning Glas Works zu erteilende Lizenz zur Herstellung von Glas für die Jenaer Stia-Zähler, falls Schotts Verhandlungen mit der General Electric Co. befriedigend verlaufen sollten. [140] 1911 Mai 20, Albany (N.Y.): Otto Schott an Rudolph Klett; Bericht über den weiteren Verlauf seiner Geschäftsreise durch die USA seit dem 20. April und Dispositionen zur Heimreise. [141] 1911 Mai 22, Chicago: Die Firma Kimble Glass Company in Chicago (III.) an Otto Schott (z. Zt. in New York); Bereitschaft der Firma Kimble, ihre Maschinen zur Anfertigung von homöopathischen Fläschchen an die Firma Schott & Genossen oder andere daran interessierte deutsche Firmen zum Preis von 2 000 Dollar pro Stück zu verkaufen. [142] 1911 Ende Mai, New York: Otto Schott an die Firma Kimble Glass Company; Anerbieten, für das Jenaer Glaswerk zwei Stück der von der Firma angebotenen Auftreibmaschinen für Phiolen für (zusammen) 3 000 Dollar zu kaufen. [143] 1911 Juli 21, Jena: Teilbericht Schotts über die von ihm während seiner zweiten Amerikareise besuchten Interessenten für optisches Glas. [144] 1911 September 18, Paris: Die Firma Westinghouse Electric Company in Paris an das Glaswerk Schott & Genossen; Bestätigung einer mit Schott am 31. August in Berlin getroffenen Abmachung über den beiderseitigen Rücktritt von dem zwischen dem Glaswerk und der WestinghouseCooper-Hewitt Company abgeschlossenen Verträgen vom 1. Februar 1909 und 1. Juni 1910 über Hageh-Lampen. [145] 1911 Dezember 5, Jena: Der Kurator der Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Gesamt-Universität Jena an Otto Schott; Rückfrage ob eine von Schott der Universität für einen Arbeitsplatz an der Zoologischen Station zu Neapel gemachte Spende von 1 000 Mark als einmalige oder fortlaufende Bewilligung gedacht ist. [146] 1912 Januar 6, Jena: Zwei Verträge zwischen dem Glaswerk Schott & Genossen und Henry Stafford Hatfield; betr. Übernahme der Stellung eines beratenden Ingenieurs im Glaswerk und Patentrecht des Glaswerks auf die für Zähler von Hatfield hergestellte, als Iridium-Ersatz gedachte Wolframbronze.

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[147] 1912 Juni 15, Jena bzw. Berlin: Übereinkommen zwischen dem Glaswerk Schott & Genossen und der Deutschen Gasglühlicht AG in Berlin über die Preise und Preisvergütungen für die Lieferung Jenaer Beleuchtungsgläser, Autositschirme und Außenlampenglocken. [148] 1912 November 9, Berlin: Lizenzabkommen zwischen der Firma Ehrich & Grätz, Berlin und den Glashüttenfirmen Schott & Genossen Jena, Gebr. Putzler GmbH Penzig und S. Reich & Co. Berlin über Zylinder für Hängeglas. [149] 1913 Januar 29, Jena bzw. Köln-Ehrenfeld: Vertrag zwischen dem Glaswerk Schott & Genossen Jena und der Rhein.Glashütten AG Köln-Ehrenfeld; betr. Verpflichtung der Rheinischen Hütte, Laboratoriumsglas sowie Gläser nach Art der vom Jenaer Glaswerk erzeugten nicht mehr zu produzieren. [150] 1913 Mai 3, Jena: Prorektor und Senat der Großherzoglichen und Herzoglichen Sächsischen Gesamt-Universität Jena an Otto Schott; Dankschreiben wegen der von Schott gemeinsam mit dem Geh. Hofrat Dr. Biedermann zur Verfügung gestellten Mittel zur Mietung eines Arbeitsplatzes an der Zoologischen Station in Neapel.

Nachtrag zu den Teilen I und II der Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen (1882 – 1886) [151] 1883 Februar 7, Jena: Ernst Abbe an Dr. Hugo Adolf Steinheil (in Firma Optisches Institut C. A. Steinheil Söhne, München); Bericht über die mit Schott durchgeführten Experimente über optisches Glas und Schotts Plan zur Etablierung einer Glasschmelzerei in Jena. Ersuchen um Mitteilung der an eine solche von der photographischen Seite der Optik her zu stellenden Anforderungen. [152] 1883 Mai 15, Jena: Ernst Abbe an Hermann Helmholtz in Berlin; Bericht über den Stand der Jenaer Versuchsarbeit zur rationalen Herstellung von Glas für optische und andere wissenschaftliche Zwecke. Bitte um persönliche Rücksprache in Berlin. [153] 1885 Juni 16, Jena: Otto Schott an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Ersuchen um Mitteilung einer Bezugsquelle für Apparate für ein Atelier für Xylo- und Zinkographie; Bericht über den Stand der Jenaer Fabrikation von gewöhnlichen und neuartigen optischen Gläsern und Ankündigung der Übersendung von Probeprismen derselben.

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[154] 1885 Juli 5, Jena: Ernst Abbe an Hugo Adolf Steinheil, München; Bericht über den neuerlichen Stand der Jenaer Fabrikation von gewöhnlichen und neuen optischen Gläsern. Erläuterung zu einer Steinheil übersandten Mustersendung und einem Verzeichnis der in Jena z. Zt. hergestellten gangbaren Glastypen. Ersuchen um Modelle für zu ramollierendes Glas und um Angabe Steinheilscher Desiderate für leichtes Flintglas. [155] 1885 Juli 17, Jena: Ernst Abbe an Hugo Adolf Steinheil, München; Bitte um Mitteilung von Direktiven betreffend die von Steinheil gewünschten optischen Gläser mit verändertem Verhältnis zwischen n und D < n. Bedingungen für den Bezug von Jenaer Glasproben und Glassorten. Bevorstehen einer Jenaer Betriebspause wegen Planung von Einrichtungen zum Ramollieren. Ersuchen um Einsendung von Mustern für ramollierte Linsen und Prismen. [156] 1885 August 21, Jena: Otto Schott an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Erinnerung an die angekündigte Einsendung von Holzmodellen. Der Jenaer Ofen zum Ramollieren kleinerer Glasgegenstände ist fertiggestellt. [157] 1885 September 7, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München Bestätigung der eingegangenen hölzernen Prismenmodelle. Beabsichtigte Herstellung von leichtem Flintglas, Bereitschaft zur Herstellung eines gewünschten Kronglases, zur Lieferung zehnzölliger Objektivscheiben und – nach Vollendung kleinerer Umbauten – auch Scheiben von 70 bis 80 cm Durchmesser. Ankündigung von Abbes Besuch und Übersendung von Prismen verschiedener Spezialgläser. [158] 1885 September 30, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Bestätigung des Auftrages über zehnzöllige Objektivscheiben. Mitteilung über die zu ramollierenden Linsen, die demnächst lieferbaren Spezialgläser, die gewünschten Leichtflintsorten, das zum Zerschneiden eingesandte Feilsche Kronglas und ein neu erschmolzenes weiches Kron. [159] 1885 Oktober 10, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Ankündigung der Übersendung ramollierter Linsen und weiterer Lieferungen derselben demnächst. Übersendung von Probestücken aus leichtem Borosilikat-Kron O.144 (mit exzeptionell geringer Dispersion) und leichtem Flint O.146. Ankündigung der trotz feiner Bläschen und düsterer Färbung für kleinere Linsen und Prismen geeignete Kronglassorten O.139 und O.141. [160] 1885 Oktober 27, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Ankündigung von Probestücken aus extra leichtem Kron O.144 bzw. O.149 und Silikatglas O.152.-Bereitschaft zur Untersuchung der für teleskopische Verwendung als unbrauchbar befundenen Scheiben in bezug auf Freiheit von Spannung und Schlieren nach den in Jena gebräuchlichen Methoden. Die bestellten zehnzölligen Objektivscheiben aus Kron- und Flintglas sind in Arbeit. Anfrage ob auch solche von 29 – 30 (statt 27) cm

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Durchmesser akzeptabel sein würden. Angabe der optischen Lage des für die Objektivscheiben bestimmten Kron- bzw. Flintglases. [161] 1885 November 12, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Bericht über die dem Glaswerk zur Untersuchung übersandten zehnzölligen Objektivscheiben und eine dicke Linse aus einem Steinheilschen photometrischen Objektiv, sämtlich nichtjenaischer Provenienz und alle als schlecht gekühlt befunden. Ersatzscheibe für eine zu den von Steinheil bestellten zehnzölligen Objektivscheiben gehörige beim Wieder-Ramollieren zersprungene Flintscheibe ist in die Wege geleitet. [162] 1885 November 28, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Bericht über die in Jena gebräuchliche Methode zur Untersuchung von optischem Glas auf Spannungen. Ankündigung neuer Schmelzung des von Steinheil zu großen FlintglasLinsen benötigten Glases O.146. [163] 1885 Dezember 17, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Mitteilung über zwei Ersatzschmelzungen O.178 und O.184, von denen letzte auch zur Herstellung größerer Scheiben geeignet wäre, während O.178 nicht wenige feine Bläschen enthält. Ein Probestück hiervon anbei. [164] 1885 Dezember 24, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Erörterung zahlreicher, die laufenden Lieferungen und Schmelz-Dispositionen betreffenden Einzelfragen, z. B. über die von Steinheil gewünschten Kombinationsgläser zu Flint O.184 oder Kron O.152; Ankündigung einer für demnächst beabsichtigten Schmelzung eines Baryt-Kronglases und anderer Glaspaare mit jeweils fast gleichem Verlauf der Dispersion, also fast ohne sekundäres Spektrum, die jedoch nur in nicht zu großen Quantitäten hergestellt und daher nur zu relativ hohen Preisen geliefert werden können. [165] 1886 Januar 14, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Die für Steinheil bestimmten großen Objektivscheiben von je 30,5 bis 31 cm Durchmesser und von ein Zehntel des Durchmessers Dicke sind versandbereit. Bericht über ihren Zustand und Anfrage, ob für je noch eine verfügbare Scheibe von 28 cm Durchmesser bei Steinheil Interesse besteht. [166] 1886 Januar 19, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München Übersendung von zwei großen und acht bestellten Prismen. Ankündigung der Übersendung der beiden elfzölligen Objektivscheiben. Die auf Steinheils photographische Bedürfnisse bezüglichen Versuchsschmelzungen im Kleinen sollen in Proben folgen, desgleichen ein Musterstück des neuen Kali-Baryt-Borosilikat-Kron O.193. Die zu den Flinten O.184 und O.178 passende Kronglasschmelzung ist im Gang. Die einer von Steinheil gewünschten genauen Übereinstimmung von Zweitschmelzung mit Erstschmelzung des gleichen Glases entgegenstehende Schwierigkeit soll allmählich überwunden werden.

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[167] 1886 Januar 28, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Ankündigung der Übersendung von Linsen nach Modell 1-7, von Glasplatten zu den Prismen Nr. 15 und zwei Stückchen Kron O.195 (mit hoher Dispersion) und des Leichtflints O.154. Ergebnis der Messung des Baryt-Krons O.193. Ankündigung eines zur Kombination mit O.92 geeigneten Flintglases. Mitteilung der optischen Zahlen zu den im Laboratorium hergestellten Versuchsschmelzungen 826, 828 und 830. [168] 1886 Februar 6, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Die im Kleinen durchgeführten Versuchsschmelzungen 826 und 827 sind nun im Großen (als Baryt-Zink-Flint O.201 und Baryt-Kron O.202) hergestellt und dürften zu jeder optischen Verwendung geeignet sein. Übersendung von Probegläsern zu Steinheils neuen Starbrillen. Bemerkungen zu den voraussichtlichen Preisen der neuen Glassorten O.193, O.201 und O.202 sowie der mit Phosphor- und Borsäure hergestellten S.Schmelzungen. Empfehlung ihrer Verwendung bei der Starbrille. Es wird gebeten, die Patentierung der mit den neu komponierten Jenaer Gläsern hergestellten Starbrillen bis zum Eintritt des Glaswerkes in die öffentliche Konkurrenz noch hinauszuschieben. [169] 1886 Februar 18, Jena: Glaswerk Schott & Genossen an Firma C. A. Steinheil Söhne, München; Mitteilung der optischen Daten zu den Gläsern S.6a und S.22. Ankündigung von Proben der Neuschmelzung von O.195 und der Linsenmodelle 8-14. Gut gelungene Schmelzung im Großen der Versuchsschmelzung 833. Hinweis auf mögliche Verwendung des Kronglases S.52 als Kompensationsglas zu einen als Flint verwendeten S.-Glas zwecks Beseitigung des sekundären Spektrums.

4. Habent sua fata libelli Ein Forschungsbericht von Dr. Herbert Kühnert, Rudolstadt 1963

Wie der wissenschaftlichen Welt hinlänglich bekannt sein dürfte, habe ich im Jahre 1946 im Verlag von Gustav Fischer in Jena als Band II der von Prof. Dr. Willy Flach herausgegebenen Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission den mir in meiner damaligen Eigenschaft als wissenschaftlicher Mitarbeiter des VEB Jenaer Glaswerks Schott & Genossen erstmalig im Original zugänglich gewordenen „Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 bis 1881“ veröffentlicht. Der günstige Widerhall, den diese Veröffentlichung in der an der Technologie des Glases unmittelbar interessierten Fachwelt gefunden hatte, legte den Gedanken nahe, in der gleichen Veröffentlichungsreihe nunmehr auch das praktische Ergebnis jener berühmten wissenschaftlichen Gemeinschaftsarbeit, nämlich die Gründung des Jenaer Glastechnischen Laboratoriums und des schließlich aus ihm hervorgegangenen Jenaer Glaswerks Schott & Genossen durch eine entsprechende Auswahl wissenschaftlicher, technischer und geschäftlicher Briefe und Dokumente der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und damit zugleich vielfache Unklarheiten und Irrtümer in der über den Gegenstand bereits vorhandenen (insbesondere sozialwissenschaftlichen) Literatur auf Grund des weitgehend noch unerschlossenen gebliebenen Quellenmaterials richtig zu stellen. Die ersten Ergebnisse dieses mir ebenfalls von der Historischen Kommission bzw. der Leitung des Jenaer Glaswerks erteilten Auftrages konnte ich der Öffentlichkeit vorlegen in den beiden 1953 und 1957 erschienenen Teilbänden I und II der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen“, von denen der erstere mit dem Untertitel: „Die wissenschaftliche Grundlegung“ sich auf die der Gründung einer Versuchsglashütte in den Jahren 1882 bis 1884 vorausgegangene Tätigkeit Schotts im Jenaer Glastechnischen Laboratorium bezog, während der letztere mit dem Untertitel: „Der Übergang zur industriellen Produktion“ die Jahre 1884 bis 1886, d. h. die Zeit von der Inbetriebnahme des zunächst als Versuchsglashütte gegründeten Jenaer Glaswerks Schott & Genossen bis zu seinem Eintritt in die öffentliche Konkurrenz behandelte. Auch im Falle dieser beiden Teilbände war der Widerhall, den sie in der Kritik der Fachpresse und in der Welt der Wissenschaft fanden, so einmütig positiv, daß man sich mit gutem Grund auch die gleiche günstige Wirkung von einer weiteren Fortsetzung der

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Schriftenfolge versprechen durfte. Und zwar war dabei zunächst gedacht an einen III. Teilband, der die Entwicklung des Glaswerks während der ersten 25 Jahre seinen Bestehens, also von 1886 bis 1909, zum Gegenstand haben sollte während sich an diesen etwa noch ein abschließender IV. Teilband mit einer entsprechenden Dokumentation über die Zeit von 1909 bis zum Ausscheiden Schotts aus seiner Gründung, also bis zum 1. Januar 1927, würde anschließen lassen. Soweit dabei an meine weiter Mitwirkung als Bearbeiter der Teilbände gedacht war, ergab sich zunächst insofern eine gewisse Schwierigkeit, als ich seit dem 1. Januar 1954 aus meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Jenaer Glaswerks und als Leiter des von mir daselbst begründeten Werksarchivs ausgeschieden und in Pension gegangen war. Der damals neu in das seit 1948 in volkseigenen Besitz übergegangene Jenaer Glaswerk gekommene Direktor, Herr Hans Nordwig, glaubte dem damals noch als Archivdirektor in Weimar und Universitätsprofessor in Berlin wirkenden Herausgeber unserer Schriftenfolge, Herrn Prof. Dr. Willy Flach, zwar zusichern zu können, daß es dem Glaswerk möglich sein würde, auch die weiteren geplanten Teilbände III und IV ebenso wie die vorausgegangenen durch eine an den Verlag Gustav Fischer in Jena aus Betriebsmitteln zu leistende Subvention zu finanzieren. In Bezug auf die Honorierung meiner eigenen weiteren Forschungsarbeit und der mit ihr unumgänglich verbundenen Reise- und Sachkosten, scheine ihm jedoch eine gleiche Möglichkeit nicht gegeben zu sein, und es müsse daher versucht werden, hierfür im Rahmen eines mir zu erteilenden Forschungsauftrages öffentliche Mittel verfügbar zu machen. In der Tat gelang es denn auch dem Glaswerk, hierin unterstützt durch führende Fachvertreter aus der Welt der Deutschen Akademie der Wissenschaften und einiger Hochschulen, mir beim Staatssekretariat für das Hoch- und Fachschulwesen bzw. beim Prorektor für Forschungsangelegenheiten der Technischen Universität Dresden (Herrn Nationalpreisträger Prof. Dr. Ing. Kurt Schwabe) einen vom 1. Januar 1956 ab auf ein Jahr befristeten Forschungsauftrag des Dresdner Hochschulinstituts für Geschichte der Technik und Naturwissenschaften zuweisen zu lassen, der es mir ermöglichen sollte, in einem Teilband III der „Briefe und Dokumente“ in gleicher Form, wie es in den vorangegangenen Teilbänden I und II geschehen war, die Entwicklung des Jenaer Glaswerks Schott & Gen. von der kleinen Jenaer Versuchsglashütte zum großindustriellen Stiftungsbetrieb, d. h. vom Sommer 1886 bis zum Zeitpunkt des 25jährigen Bestehens durch ausgewählte, bisher noch gänzlich oder teilweise unausgewertet gebliebene Quellenstücke wissenschaftlichen, technischen und geschäftlichen Inhalts derart zu veranschaulichen, daß in solcher Dokumentation eine künftige zusammenfassende Betriebsgeschichte eine ebenso unumgängliche wie forschungstechnisch willkommene Vorarbeit würde erblicken können. Daß es gerade die Technische Universität Dresden war, in der ich für diese Arbeit meinen Auftraggeber zu sehen hatte, war mir mit Rücksicht darauf besonders willkommen, daß die in meiner neuen Aufgabe zu behandelnden wissenschaftlich-technischen Leistungen Schotts schon früh gerade von Seiten der Technischen Hochschule Dresden durch die (am 27. Mai 1905) erfolgte Verleihung der Würde eines Doktor-Ingenieurs ehrenhalber eine besondere Anerkennung gefunden haben. Auch die Tatsache, daß in der nun von mir zu treffenden Auswahl an Dokumenten die Briefe, die Schott in den Jahren 1889 bis 1894 mit dem später mit so glänzendem Erfolg an der Technischen

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Hochschule Dresden wirkenden Prof. Dr. Fritz Foerster über grundlegend wichtige Fragen der Wissenschaft vom Glas gewechselt hat, eine wichtige Rolle würden spielen müssen, hat mit dazu beigetragen, mir eine nun beginnende Zusammenarbeit mit einem Institut der Dresdner Hochschule, als besonders reizvoll erscheinen zu lassen. Schon bald, nachdem ich meine Arbeit an dem neuen Teilband aufgenommen hatte, erschien es uns doch als richtiger, den zu behandelnden Betriebsabschnitt nicht mit dem Jahre 1909, sondern erst mit dem Jahr 1914/15, also dem Beginn des Ersten Weltkrieges endigen zu lassen, da sich mit fortschreitender Arbeit immer deutlicher herausstellte, welchen fundamentalen Einbruch die mit dem Krieg beginnende Zwangswirtschaft in die bis dahin kontinuierliche und vorwiegend auf friedliche Zwecke eingerichtete Produktion des Jenaer Glaswerks bedeutet hat. Wenn es schon die mit dieser neuen Zielsetzung verbundene Erweiterung meiner Forschungsaufgabe als fraglich erscheinen ließ, ob ich den III. Teilband in nur einem einzigen Jahr würde fertig stellen können, mußte dies noch fraglicher werden, als sich herausstellte, wie weitgehend das von mir bei der Einrichtung des Jenaer Werksarchivs aus den einzelnen Werksabteilungen und aus Schotts literarischem Nachlaß zusammengetragene Material an Briefen und Dokumenten trotz seines äußeren Umfangs sich gerade für die von mir nun zu bearbeitende Betriebsperiode als in wesentlicher Hinsicht unergiebig erwies und daher nur durch langwierige und dabei oft genug vergebliche Sucharbeit an werksfremden Standorten zu einer einigermaßen erschöpfenden und befriedigenden Abrundung gebracht werden konnte. Als besonders unergiebig erwies sich der werkseigene Aktenbestand über die in den ersten zehn Jahren aus dem Jenaer Glaswerk hervorgegangenen Lieferungen von neuartigen optischen Gläsern für photographische, astronomische und astrophotographische Verwendungszwecke sowie über die auf diese Lieferungen bezüglichen Geschäftsbriefe und Verträge. Ebenso fehlte es im Glaswerk selbst nahezu völlig an den erforderlichen Unterlagen zu den in der Zeit zwischen 1886 und 1895 herrschenden Lohn- und Gehaltsbedingungen der Werksangehörigen und an den darauf bezüglichen Verträgen, Betriebs- und Arbeitsordnungen. Wenn es mir dennoch gelang, diese Lücken zum Teil völlig befriedigend, (z. B. aus auswärtigen Amts- und Geschäftsakten), zum Teil notdürftig (z. B. aus den sporadischen Notizen in Schotts Arbeitsjournalen) zu schließen, so nur deswegen, weil mir auch zur Erledigung dieser mühevollen und zeitraubenden Ergänzungsarbeiten durch das Staatssekretariat für Hoch- und Fachschulwesen eine zweimalige Verlängerung meines Forschungsauftrages um je ein weiteres Kalenderjahr zugestanden wurde. Besonders fruchtbar für meine Arbeit erwies sich diese Veränderung dadurch, daß es mir erst im dritten Jahr glückte, an unvermuteter Stelle, nämlich in dem Münchner Privatarchiv für angewandte Optik des Herrn Dr. Rudolf Loher einen Bestand von nahezu 1 000 Geschäftsbriefen zu eruieren und für meine Arbeit auszuwerten, die in den Jahren von 1883 bis 1921 zwischen dem Jenaer Glaswerk und der für die frühe Produktion des Glaswerks an Spezialgläsern für photographische und astronomische Zwecke entscheidend wichtigen Optischen Werkstätte C. A. Steinheil Söhne gewechselt worden sind. Eine schwere Beeinträchtigung der weiterführenden Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission und damit auch einer Fortsetzung unserer Schriftenfolge „Briefe und Dokument“ bedeute es, daß Prof. Flach im Frühjahr 1958 einer Berufung auf einen Lehrstuhl an der Universität Bonn Folge leisten zu sollen glaubte und kurz nach seiner Übersiedlung nach Bonn verstarb. Zwar erklärte sich ein Nachfolger in der Leitung des

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Landeshauptarchivs Weimar, Herr Dr. Hans Eberhardt, auf den einhelligen Wunsch des Glaswerks, des Fischer-Verlags, des Dresdner Instituts und von mir sogleich bereit, an Stelle von Prof. Flach die Funktion eines Herausgebers auch des Teilbandes III der „Briefe und Dokumente“ zu übernehmen, doch mußte es von vorneherein als zweifelhaft erscheinen, ob eine Fortsetzung der Schriftenfolge der Thüringischen Historischen Kommission und damit auch unseres Teilbandes III im Rahmen dieser Schriftenfolge noch die Genehmigung der Berliner Zentralbehörde finden würde, nachdem einer „Thüringischen“ Historischen Kommission durch die Aufteilung des ehemaligen Landes Thüringen in die Bezirke Erfurt, Suhl und Gera die weitere Existenzgrundlage entzogen worden war. Ungeachtet aller vorgenannten Schwierigkeiten, war ich gegen Ende des Jahres 1958 in der Lage, meinem Aufraggeber, dem Dresdner Institut für Geschichte der Technik und Naturwissenschaften, zu melden, daß das Ergebnis meines termingerecht ausgeführten Forschungsauftrages nunmehr – bis auf das für den Herausgeber vorgesehene Geleitwort – in Form eines umfangreichen Maschinoskriptes bei mir vorläge. Der Inhalt meiner Arbeit war wie folgt gegliedert: A Titel und Inhaltsverzeichnis (S. 1 – 3) B Einleitung (S. 4 – 325) C Quellen- und Literaturverzeichnis (S. 326 – 345) D Briefe und Dokumente (S. 346 – ca. 526) I. Abteilung (1886-1891), Nr. 1 – 46 ca. 50 Seiten II. Abteilung (1892-1900), Nr. 47 – 99 ca. 50 Seiten III. Abteilung (1901-1913/14), Nr. 100 – 149 ca. 50 Seiten IV. Abteilung (1883-1886) Nachtrag zu Teilband I und II Nr. 150 – 168 ca. 30 Seiten C Anmerkungen zu Abt. I – IV Anm. 1 – 163 (S. ca. 527 – ca. 577) Wie mir das Institut in Dresden am 12. Dezember 1958 mitteilte, benötige es von dem etwa 600 Schreibmaschinenseiten starken druckreifen Manuskript zunächst, d. h. bevor ich es zur Drucklegung dem Jenaer Glaswerk überreichen würde, noch eine völlige Abschrift mit drei Durchschlägen für die Dresdner Forschungsleitstelle und für das Staatssekretariat in Berlin. Da die für meinen Forschungsauftrag vorgesehenen Mittel erschöpft waren, würde mir die bereits von mir veranlaßte Abschreibarbeit erhebliche Kosten und zudem Zeitverlust verursacht haben, wenn mir nicht das Dresdner Institut mitgeteilt hätte, die Forschungsleitstelle, sei damit einverstanden, wenn ich mein Manuskript unmittelbar (also ohne, daß erst Abschriften davon angefertigt zu werden brauchten) der Leitung des Jenaer Glaswerks zum Zweck möglichst baldiger Veranlassung der Drucklegung übergäbe, doch müßten ich als Verfasser, die Werkleitung das Glaswerks und der Verlag vorher schriftlich garantieren, daß das Manuskript in absehbarer Zeit gedruckt vorliegen würde. Am 30. Januar 1959 schrieb ich dem Dresdner Institut, daß ich das druckfertige Maschinoskript, dem vereinbarten Termin gemäß, Herrn Werkleiter Nordwig abliefern und nach Kräften bemüht sein würde, die Drucklegung des Bandes in der Weise, wie es aus den von mir veranlaßten und beigefügten schriftlichen Erklärung der Werkleitung des Jenaer Glaswerks sowie der Verlagsleitung des VEB Gustav Fischer Verlag in Jena ersichtlich sei, zu beschleunigen. Die Werkleitung des Glaswerks lege, so fügte ich hinzu,

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selbst Wert darauf, die Drucklegung zu beschleunigen und habe in der mir übergebenen Erklärung die Bitte zum Ausdruck gebracht, daß in diesem vorliegenden Falle auf die Einreichung der sonst obligaten Abschriften des Maschinoskripts verzichtet werden möge. Die Frage der Abschriften war damit erledigt. Am 16. Februar legte ich in Jena das Manuskript dem Vertreter des gerade beurlaubten Werkleiters, Herrn [Fred] Böhme, vor, der es mir nach flüchtiger Einsichtnahme jedoch sogleich wieder zur Weitergabe an den für die Herausgabe in Aussicht genommenen Herrn Dr. [Hans] Eberhardt in Weimar zurückreichte, um diesem Gelegenheit zu geben, es nochmals gründlich und kritisch durchzusehen, sich dabei vorläufige Gedanken zu machen über das dem Band voranzustellende traditionelle Geleitwort des Herausgebers und eventuell den Verlag Gustav Fischer mit einem von diesem für die Herbeiführung der Druckgenehmigung durch das Berliner Ministerium für Kultur, Abteilung Literatur und Buchwesen benötigten Gutachten [zu beliefern]. Vom Dresdner Institut war mir und – durch mich – der Werkleitung des Glaswerks und des Fischer-Verlags betreffend die beiderseitige Bereitschaft zur Drucklegung und Veröffentlichung des Manuskripts mit dem Bemerken bestätigt worden, daß die Dresdner Forschungsleitstelle auf Grund dieser Unterlagen bereit sei, von der Einreichung der normaler Weise üblichen Abschriften abzusehen und statt dessen zunächst die nach Möglichkeit zu beschleunigende Drucklegung und Ablieferung der dann fälligen Belegexemplare abzuwarten. Nachdem mit Dr. Eberhardt am 4. Mai mein Manuskript nebst einer erheblich umfangreichen Liste der ihm noch nötig erscheinenden Textänderungen zurückgegeben und ich es daraufhin noch ein letztes Mal überarbeitet hatte, fand am Vormittag des 22. Mai in den Geschäftsräumen des Jenaer Fischer-Verlags eine gemeinsame Sitzung zwischen mir, Herrn Dr. Eberhardt, dem Leiter der Werbeabteilung des Glaswerks (Herrn [Alfred] Weber) und dem Geschäftsführer des Verlags statt, in der beschlossen wurde, das Manuskript dem Verlag nunmehr zur Weiterbehandlung der Angelegenheit, d. h. zunächst zu einer Begutachtung durch das Verlags-Lektorat zu überlassen. Einige Zeit darauf, als ich (am 22. Juni) Gelegenheit hatte, Herrn Nordwig mein damals eben erschienenes Buch über Alexander von Humboldt zu überreichen, sagte mir Herr Nordwig, daß sich demnächst wahrscheinlich drei junge Jenaer Akademiker mit mir in Verbindung setzen würden, um sich mit mir darüber zu verständigen, in welcher Form meine bisherige literarische Beschäftigung mit der Betriebsgeschichte des Glaswerks durch sie in Form von drei Dissertationen fortgesetzt bzw. unter gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten neu dargestellt werden könnte. Damit werde zwangsläufig meine Beschäftigung auf diesem Gebiet mit der Drucklegung des vorliegenden Manuskriptes ihr Ende finden bzw. sich nunmehr nur noch auf die Beaufsichtigung der Drucklegung meines Manuskriptes zum Teilband III bis zur Veröffentlichung desselben zu erstrecken haben. Meine Vermutung, daß sich mittlerweile innerhalb des Glaswerks in Bezug auf die Würdigung meiner bisherigen Arbeiten zur Geschichte des Glaswerks, insbesondere meiner dem Manuskript zum III. Teilband zu Grunde liegenden Auffassungen über die Persönlichkeit und das Werk Schotts eine stark kritische, wenn nicht (ideologisch) ablehnende Haltung durchgesetzt und auch auf die Haltung Nordwigs eine entscheidende Wirkung ausgeübt habe, wurde bestätigt, als ich um die Zeit, als man im Glaswerk das

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75jährige Bestehen des Betriebs (am 2. September 1959) vorbereitete, von privater Seite Andeutungen darüber erhielt, daß das Lektorats-Gutachten des Fischer-Verlages [vom 22. August 1959] über mein Manuskript ungünstig für mich ausgefallen sei und daß der Verlag daher dasselbe, zusammen mit diesem Gutachten, dem Glaswerk wieder zugestellt habe. Diese Vermutung bestätigte sich bei mir fast zur Gewißheit, als ich am 12. September im Fischer-Verlag vorsprach und dort durch den Geschäftsführer, Herrn Martin, hörte, mein Manuskript sei in der Tat dem Glaswerk wieder zugestellt worden. Als ich daraufhin sogleich an die Werkleitung des Glaswerks (am 12. September) schrieb, um Näheres zu erfahren, wurde mir unter dem 15. September durch den Technischen Leiter, Herrn F.[riedrich] Auer, lediglich mitgeteilt, daß sich Herr Nordwig zur Zeit und bis zum 5. Oktober noch in Urlaub befände und ich mich daher bis zu seiner Rückkehr mit einem Bescheid würde gedulden müssen. Natürlich hätte ich von Herrn Nordwig erwartet, daß er mich sogleich über den nunmehrigen Stand der Dinge orientiert, d. h. mir den Wortlaut des fraglichen Lektoratsgutachtens mitgeteilt und mir Gelegenheit gegeben hätte, zu demselben schriftlich oder in einer Aussprache mit ihm Stellung zu nehmen, zumal ich auch inzwischen von Dresden aus die Anfrage erhalten hatte, wie es nun eigentlich mit meiner ManuskriptAngelegenheit zur Zeit stünde. Als ich in der Folgezeit gerade in Bamberg weilte, um dort anlässlich einer gesamtdeutschen Tagung der Ärzte, Techniker und Naturforscher (am 22. September) im Auftrag der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin einen Vortrag über Alexander von Humboldt zu halten und dort Gelegenheit hatte, mich mit dem ebenfalls anwesenden Oberassistenten des Dresdner Instituts, Herrn Heinz Müller, über den Fall meines Manuskriptes zu besprechen, stimmte er mit mir völlig darin überein, daß – falls das Jenaer Glaswerk und der Fischer Verlag tatsächlich nicht weiter zu ihrer schriftlichen Erklärung betreffend die Drucklegung des Manuskriptes stehen wollen – das Glaswerk verpflichtet sei, mein Manuskript ohne Verzug wieder an meinen Forschungsauftrags-Auftraggeber, das Dresdner Institut wieder zurückzugeben, da befürchtet werden müßte, daß die oben erwähnten Doktoranden, die inzwischen neben oder über den Räumen der Werkleitung des Glaswerks ein Arbeitsbüro eröffnet hatten, von meiner noch ungedruckten Arbeit oder mindestens einem Teil derselben einen im literarisch-wissenschaftlichen Leben nicht üblichen und außerdem unfairen Gebrauch zu machen und sich zu meinem und des Dresdner Instituts Schaden auf bequeme Weise in den Besitz der Quellenstücke zu setzen, die ich doch nur in mühevoller dreijähriger Forschungsarbeit und unter Inanspruchnahme erheblicher, durchaus zweckgebundener öffentlicher Mittel zu eigener Veröffentlichung bereitgestellt hatte. Denn es muß doch auch dem mit der Technik historischer und soziologischer Forschung noch Unbewanderten ohne weiteres einleuchten, daß eine soziologische Interpretation historischer Ereignisse erst dann möglich ist, wenn sie sich auf eine erschöpfende Quellengrundlage stützen kann. Erst als Herr Nordwig aus seinem Urlaub wieder zurückgekehrt war und ich ihn durch Schreiben vom 17. September nochmals ersucht hatte, mir nun endlich seine Auffassung von der Weiterbehandlung meines Manuskriptes mitzuteilen, erhielt ich von ihm am 21. Oktober folgendes, vom 17. Oktober 1959 datiertes Schreiben: „Zu Ihrer Anfrage über den Stand der Dinge können wir Ihnen mitteilen, daß auf Grund sorgfältiger Erwägungen von einem Druck des III. Bandes mit dem vorliegenden Inhalt bis auf wei-

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teres Abstand genommen wird. Sie können sich entsinnen, daß wir in der einen oder anderen Besprechung der rückliegenden Zeit bereits erörterten, in welcher Weise die letzten Jahrzehnte des Werkes durch andere Fachkräfte behandelt werden könnten, wobei die gesellschaftspolitische Durchleuchtung der Geschehnisse von Standpunkt der Arbeiterklasse mit ein wesentlicher Faktor sein sollte. Auf Grund der Vorbereitungen der Veranstaltungen zum 75jährigen Bestehen des Werkes, sowie auch auf Grund von Erkenntnissen, die sich in den letzten Jahren über den Werdegang des früherer Zeiss-Betriebes bzw. der Stiftungsbetriebe, ihres schließlich erreichten Konzerncharakters und dergleichen ergeben haben, sind wir zu der Auffassung gekommen, daß man einen III. Band nicht veröffentlichen kann, ohne den vorerwähnten Erkenntnissen bzw. den Schlußfolgerungen daraus rückwirkend bis auf die Gründung des Werkes Rechnung zu tragen. Soweit dem Unterzeichneten erinnerlich, wurde Ihnen bereits vor einiger Zeit gesagt, daß sich ein Kollektiv von Gesellschaftswissenschaftlern der Aufgabe angenommen hat, der Geschichte unseres Werkes unter den entsprechenden Gesichtspunkten nachzugehen, wobei im Ergebnis ein umfassendes Dokument, das allen Seiten des Geschehens gerecht wird, entstehen soll. Es liegt noch nicht fest, wie diese Auswertung mit dem I. und II. Band der „Briefe und Dokumente“ sowie dem Manuskript des III. Bandes koordiniert werden soll bzw. kann, so daß wir es bei der eingangs gemachten Feststellung bewenden lassen müssen, wonach eine Drucklegung mit dem vorliegenden unveränderten Inhalt nicht zu erwarten ist. Da das Kollektiv der Gesellschaftswissenschaftler nunmehr schon seit einigen Monaten an der Auswertung unseres Archivmaterials arbeitet, ist es notwendig, kurzfristig auch auf die z. Zt. noch bei Ihnen befindlichen Unterlagen, d. h. Dokumente, Hilfsmaterialien und Karteien zurückzugreifen, d. h. dieses Material nach hier zu übernehmen. Wir bitten Sie, dieser Notwendigkeit verständnisvoll Rechnung zu tragen und uns den frühestmöglichen Termin mitzuteilen, zu dem das Material als durch Beauftragte unseres Werkes bei Ihnen übernommen werden kann. Nach Lage der Dinge müssen wir also mit der Übernahme des Manuskriptes von Ihnen die unter dem Begriff von Band III geleistete Arbeit als zunächst abgeschlossen betrachten. Ob und wann und in welcher Weise wir Sie erneut in Anspruch nehmen würden, sofern Sie dazu bereit wären, läßt sich nach der Lage der Dinge noch nicht sagen. Der derzeitige Abschluß Ihrer Arbeit für unser Werk bzw. auch für die T.[echnische] H.[ochschule] Dresden dürfte zweifellos nicht Ihren Vorstellungen entsprechen, wie sie wohl auf Grund des bisherigen Ablaufs der Dinge gegeben waren. Wir möchten aber ausdrücklich betonen, daß die jetzt notwendigen Maßnahmen an der Einschätzung und Wertschätzung der von Ihnen geleisteten Arbeit nichts ändern. Sollte es Ihnen notwendig erscheinen, wegen der Übergabe der Unterlagen oder anderer Fragen mit dem einen oder anderen unserer Mitarbeiter noch persönlich zu sprechen, so kann dem selbstverständlich Rechnung getragen werden. Wir dürfen jedoch annehmen, daß das Wesentliche der sie interessierenden Fragen entsprechend Ihrem Schreiben vom 12. September vorstehend beantwortet worden ist.“ Durch die in diesem Brief enthaltene Anspielung auf die Gründe, die die Werkleitung demnach zu einem Bruch der dem Dresdner Institut gegenüber übernommenen schriftlichen Verpflichtung hinsichtlich der Drucklegung meines Manuskriptes veranlaßt hatten,

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war es offensichtlich geworden, daß dieser offenkundige Vertrauensbruch nicht nur auf das meinem Manuskript ungünstige Lektoratsgutachten des Fischer-Verlages zurückzuführen war, sondern auch darauf, daß die Werkleitung mein Manuskript dem Kollektiv der drei jungen Doktoranden zugänglich gemacht hatte und daß diese – in völliger Verkennung der mit der Schriftenfolge „Briefe und Dokumente“ verfolgten (lediglich dokumentarischen) Zielsetzung – von meiner Arbeit gleichzeitig auch eine kritische Auseinandersetzung des Autors mit dem betreffenden Abschnitt der Werksgeschichte auf der Grundlage der sogenannten marxistisch-leninistischen Ideologie erwartet hatten. Den Eindruck, daß in der Zeit, als man sich im Glaswerk auf die Feier seines 75jährigen Bestehens vorbereitete, auf die Haltung des Werkleiters zu meinem Manuskript maßgebliche Funktionäre der SED, also etwa der Betriebs-Partei-Organisation (BPO) oder der örtlichen Kreis-Parteileitung, Einfluß im Sinne der vulgären kommunistischen Partei-Ideologie genommen hatten, war mir schon zur Gewißheit geworden, als ich am 1. September [1959] auf Grund einer mir vom Glaswerk zugestellten schriftlichen Einladung an dem im überfüllten Jenaer Volkshaussaal veranstalteten Jubiläums-Festakt teilgenommen hatte. Als ich nämlich, während sich der Beginn der Feier mit Rücksicht auf einige noch nicht eingetroffene sowjetrussische Gäste noch um eine volle Stunde hinauszögerte, den zufällig neben mir sitzenden Leiter der Werbeabteilung des Glaswerks (einen Herrn [Alfred] Weber) fragte, ob die schöne Festschrift, für die auch ich (auf Herrn Nordwigs Veranlassung) eine chronologische Übersicht über die Hauptdaten aus der 75jährigen Geschichte des Glaswerks beigesteuert hatte und deren Ausstattung mit einer Fülle von farbigen Bildern aus den verschiedenen Werksbetrieben eine Ausgabe von 35 000 Mark verursacht hatte, rechtzeitig zum Fest habe herausgebracht werden können, erzählte er mir, die bereits völlig ausgedruckt vorliegende Broschüre habe leider wenige Tage vor dem Fest wieder eingestampft werden müssen, weil eine mit ihrer Überprüfung beauftragte Stelle der Sozialistischen Einheitspartei festgestellt habe, daß ihr betriebsgeschichtlicher Inhalt sich den „ideologischen“ Anforderungen, die an einen solchen betriebsgeschichtlichen Rückblick gestellt werden müßten, als nicht gewachsen gezeigt habe. Damit sei die ganze, seit Monaten auf diese Schrift verwendete Arbeit und die wiederholte sachverständige Überprüfung ihrer einzelnen Bestandteile völlig sinnlos geleistet und das auf die Schrift verwendete Geld völlig nutzlos vertan worden. Auch der Festvortrag, den nach dem endlichen Eintreffen der sowjetischen Gäste der Werkleiter Nordwig in sichtlicher Nervosität von dem vor ihm liegenden Manuskript ablas, entsprach inhaltlich in keiner Weise dem, was man aus dem vorliegenden festlichen Anlaß von ihm billiger Weise hätte erwarten sollen. Während sich die geschichtlichen Darlegungen im wesentlichen auf die Leistungen des Glaswerks in der Zeit seit seinem Übergang in den Besitz des Volkes, also seit 1948 beschränkten und ausführlich auf das eingegangen wurde, was in den nächsten Jahren noch geleistet werden müsse, wurde der Verdienste, die sich Dr. Otto Schott durch die Gründung und jahrzehntelange erforderliche Leitung des Glaswerks erworben hatte, nur in der Weise gedacht, daß man in ihm einen zweifellos hervorragend begabten Chemiker und Glastechnologen zu sehen habe, daß ihn die geschichtliche Betrachtung seines geschäftlichen Wirkens aber als eine Persönlichkeit von höchst zweifelhaftem Wert erscheinen lassen müßte. Der Tatsache, daß Schott das von ihm begründete und zu Weltruhm emporgeführte Werk schon wenige Jahre nach seiner Gründung schrittweise der von seinem Freund Ernst Abbe ins Leben

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gerufenen Carl Zeiss-Stiftung zugeführt hat, wurde nicht mit einem einzigen Wort Erwähnung getan, dagegen behauptet, daß ihm schon im Vorstadium seiner Gründung ausschließlich der Zweck vorgeschwebt habe, mit seinen Erzeugnissen dereinst möglichst hohe Kriegsgewinne zu erzielen, und ein untrügerisches Zeichen für das ihn völlig beherrschende Streben nach Geldgewinn sei u. a. die Tatsache, daß er am Ende des Ersten Weltkriegs bereits über ein privates Bankguthaben von mehreren Millionen Mark verfügt habe. Wenn ich auch auf Grund der Gespräche, die ich während meiner Arbeiten im Glaswerk mehrfach auch mit Herrn Nordwig über den Mann geführt hatte, von dem der oben genannte Dresdner Gelehrte Foerster einmal einem jungen Gelehrten geschrieben hat, er sei der prächtigste Mensch, den er in seinem Leben je kennen gelernt habe, die Überzeugung haben mußte, daß die Schotts Charakter betreffenden Stellen dem Manuskript des Festredners von einem Zensor erst nachträglich eingefügt worden seien, um ihn in den Augen seiner kommunistischen Werksgenossen auch hinlänglich „linientreu“ erscheinen zu lassen, so hielt ich es aus Gründen der Selbstachtung dennoch für richtig, demonstrativ den bis zum letzten Platz gefüllten Volkshaussaal zu verlassen, sobald Nordwig seine Rede beendet hatte. Ob ihn auch dieses Verhalten von mir mitbestimmt hatte, mir die bisherige Zusammenarbeit in Sachen meines Manuskriptes aufzukündigen, weiß ich nicht. Jedenfalls schrieb ich ihm sogleich nach dem Empfang seines Briefes am 17. September den nachfolgenden, in Abschrift gleichzeitig auch dem Dresdner Institut zugestellten Antwortbrief vom 21. September 1959: „Ich danke ihnen für Ihr freundliches (vom 17. d[iese]s. [Monats] datiertes, aber erst heute bei mir eingegangenes) Schreiben, das mich nunmehr instand setzt, der Leitung des Dresdner Instituts (usw.) die von dort an mich gerichtete Anfrage vom 11. September sachlich ergänzend zu beantworten. Ich setze Ihr Einverständnis damit voraus, daß ich der Leitung des Instituts eine Abschrift von Ihrem Schreiben zugehen lasse, um ihr Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen und sich, falls sie es für nötig hält, mit Ihnen wegen der von Ihnen beabsichtigten Übernahme meines Manuskriptes und seiner Weiterbehandlung in direkte Verbindung zu setzen. Denn, wie Ihnen erinnerlich sein wird, hätte ich mein Manuskript nach den Forschungsaufträgen sowohl für den Auftraggeber wie für den Beauftragten verbindlichen Grundsätzen nicht an das Glaswerk, sondern an die T.[echnische] H.[ochschule] Dresden bezw. an das Institut für Technik usw. termingemäß übergeben müssen, und es ist von diesem Verfahren durch besonderes Entgegenkommen der Institutsleitung nur mit Rücksicht darauf abgewichen worden, daß sich das Glaswerk durch Schreiben nach Dresden vom 16. Februar d[iese]s. J[ahre]s. dem Institut gegenüber bereit erklärt hatte, sich wegen der Drucklegung mit dem in Aussicht genommenen Herausgeber (Dr. Eberhardt) und dem V[olks]E[igenen] Verlag G. Fischer alsbald in Verbindung zu setzen. Normaler Weise hätte also meine Arbeit, über deren jeweiligen Fortgang und Abschluß ich auch das Glaswerk fortlaufend unterrichtet hatte, nicht dem Glaswerk, sondern dem Auftraggeber und den diesem übergeordneten Prüfungsinstanzen bis hinauf zum Staatssekretariat für Hochschulwesen zugeleitet werden müssen. Ich halte es daher für nicht ausgeschlossen, daß nunmehr, d. h. seitdem die obige Voraussetzung hinfällig geworden ist, auch jetzt nachträglich noch auf einer Rückkehr zu dem normalen Verfahren bestanden werden könnte.

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Zur Sache selbst erlaube ich mir, Sie daran zu erinnern, daß in unseren Gesprächen über die Beendigung meiner Arbeit niemals davon die Rede gewesen ist, daß sich die gesellschaftspolitische Durchleuchtung meines Manuskriptes durch das von ihnen erwähnte gesellschaftswissenschaftliche Kollektiv bereits auf die für den Teilband III vorgesehene Betriebsperiode, also von 1886 bis 1914/15 erstrecken sollte. Vielmehr ist dabei immer nur, und zwar mit meiner vollen Zustimmung davon die Rede gewesen, daß diese Kollektivarbeit sich auf die zeitliche Anschlußperiode, also von 1914/15 bis zur Gegenwart erstrecken sollte. Zum mindesten sind wir dabei immer von der Voraussetzung ausgegangen, daß mein III. Teilband erst einmal im Druck würde vorliegen müssen, bevor von den in ihm enthaltenen Dokumenten und der ihnen von mir vorausgeschickten zusammenfassenden Einleitung – und das heißt doch von der von mir bereits geleisteten jahrelangen und mühsamen Vorarbeit – Gebrauch würde gemacht werden können. Ein anderer Modus wäre ja auch gar nicht möglich, wenn man nicht bei solcher Auswertung durch Dritte gröblich gegen jeden guten wissenschaftlich-literarischen Gebrauch verstoßen wollte. Nun haben Sie ja in Ihrem Schreiben erfreulicher Weise die schwierige Frage noch offen gelassen, wie man nunmehr, nachdem sich die erwähnte Kollektivarbeit selbst bis in die Gründungszeit des Glaswerks erstrecken soll, zu einer literarisch einwandfreien Koordinierung meiner persönlichen Arbeit und der des Kollektivs kommen könnte. Daß Sie dabei auch nur im geringsten an einen etwaigen Eingriff in die Rechte meines Auftraggebers oder gegen mein persönliches Urheberrecht gedacht haben könnten, steht für mich selbstverständlich außer jeder Frage. Was die von Ihnen gewünschte schnellstmögliche Rückgabe der bei mir noch befindlichen Leihgaben aus dem Werksarchiv betrifft, so würde ich diese dem Glaswerk selbstverständlich schon längst wieder ausgeliefert haben, wenn wir nicht ausdrücklich in einer unserer letzten Besprechungen ausgemacht hätten, daß ich dieselben noch so lange behalten sollte, bis die Korrekturen zum III. Teilband von mir ebenfalls noch erledigt sein würden. Wie die Dinge nun aber liegen, stehen Sie ihrem Beauftragten natürlich jederzeit zur Verfügung. Als Tag der Übergabe möchte ich Ihnen den nächsten Montag, den 26. Oktober vorschlagen. Nur würde ich bitten, den betreffenden Abholer hierzu die noch im Archiv befindlichen Ausleihscheine mitbringen zu lassen. Ich werde dann alles, was in Frage kommt, zur Abholung bereit legen. Erinnern möchte ich Sie auch noch daran, daß Sie mir, als zum ersten Male in unseren Gesprächen von der beabsichtigten Einsetzung des fraglichen Kollektivs die Rede war, sagten, dieses Kollektiv oder vielleicht einzelne Mitglieder desselben würde ich im Interesse eines möglichsten Ineinandergreifens unserer beiderseitigen Arbeit vermutlich demnächst noch persönlich auch mit mir in Verbindung setzen. Ich würde dies im Interesse der Sache auch für sehr nützlich gehalten haben und habe mich, wie Sie sich noch erinnern werden, auch sogleich bereit erklärt, alles, was ich würde tun können, auch von mir aus zu tun. Doch ist solche Fühlungnahme seitdem bis heute niemals bei mir angeregt worden. Indem ich nichtsdestoweniger hoffe, daß die ganze Angelegenheit bald zu einem alle Beteiligten befriedigenden Abschluss gelangt, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen Ihr Dr. H. Kühnert“.

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In einem unter dem 21. Oktober an das Dresdner Institut gerichteten Schreiben, dem ich Abschriften des Briefes von Herrn Nordwig vom 17. Oktober und von meiner Antwort darauf vom 21. Oktober beifügte, legte ich dem Institut nahe, das Manuskript nun zunächst erst einmal vom Glaswerk wieder zurückzufordern, damit nicht etwa unter der Einwirkung von Parteifunktionären, die mit den fraglichen Zuständigkeiten nicht vertraut seien, mit meiner Arbeit eine Art von literarischem Unfug getrieben werden könne, der auf die Dauer keiner der beteiligten Stellen zur Ehre gereichen würde. „In der Sache selbst“, so schrieb ich weiter, ließe sich, so viel ich sehe, leicht ein Ausweg finden, wenn ich nämlich die ohnehin etwas ausführlich gehaltene Einleitung von 321 Seiten auf einige wenige Seiten reduzieren und die „Briefe und Dokumente“, also den eigentlichen Kern des Buches für sich selbst sprechen und ihn dann – d. h. natürlich erst nach der Drucklegung – in aller Ruhe jeder dann noch von Jena aus beabsichtigten oder für nötig gehaltenen „gesellschaftspolitischen Durchleuchtung“ überlassen würde. Ich brauchte auf diese Weise von mir aus keinerlei (ideologisches) „sacrificium intellectus“ [intellektuelles Opfer] zu bringen und könnte überzeugt sein, daß hiergegen die doch wohl nur aus Wissenschaftlern bestehenden Überprüfungs-Instanzen für derartige Forschungsaufträge gegen ein solches Verfahren kaum nennenswerte Einwendungen erheben werden. Als das Hauptgebot der Stunde, betonte ich anschließend, müsse es gelten, das Manuskript nun erst einmal so schnell wie möglich wieder in den Besitz des Dresdner Instituts als meinem Auftraggeber zu bringen, um die Frage des weiteren Verfahrens mit mir in einer persönlichen Zusammenkunft zu besprechen, zu der ich gegebenen Falles gerne selbst nach Dresden kommen würde. Entsprechend meinem Vorschlag schrieb das Dresdner Institut am 24. Oktober an den Werkleiter Nordwig u. a. folgendes: „Wir müssen Sie […] darauf aufmerksam machen, daß alle aus Forschungsmitteln des Staatssekretariats […] angefertigten und entstandenen Skizzen, Zusammenstellungen, Karteien, Photokopien, evtl. gekaufte Literatur usw. normaler Weise zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Forschungsauftrages uns, als dem Auftraggeber, mit zur Verfügung zu stellen sind. Im Interesse der Arbeit Ihres Kollektivs würden wir bereit sein, Ihnen diese Materialien, die Sie ja offensichtlich von Herrn Dr. Kühnert bereits in Empfang genommen haben, vorerst zu Ihrer Verfügung zu belassen. Wir müssen Sie allerdings bitten, uns das bei Ihnen vorliegende Manuskript des III. Bandes zu dem oben genannten Werke als Wertpaket umgehend zuzustellen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir einen Beauftragten unseres Institutes zu Ihnen schicken, der gemeinsam mit ihnen die Einzelheiten sowie die weitere Ausarbeitung und Verwendung dieses Manuskripts beraten wird.“ Daß daraufhin das Glaswerk dem Institut zu Anfang des Monats November mein Manuskript tatsächlich auch, zusammen mit einer Photokopie des Fischerschen Lektorengutachtens, zugeschickt hat, wurde mir aus Dresden erst 3 ½ Monate später, nämlich unter dem 16. Februar 1960, mitgeteilt, und zwar auch dann erst, nachdem ich mich am 8. Januar 1960 beim Institut danach brieflich erkundigt hatte, ob und wann die Übersendung nach Dresden erfolgt sei. Inzwischen hatte ich aber schon am 29. Oktober [1959] in Rudolstadt den in Nordwigs Brief angekündigten Besuch erhalten, nämlich den Betreuer des Jenaer Werksarchivs, Herrn Gustav Heinrich, und einen Herrn [Friedrich] Zickler, d. h. demjenigen der

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drei Doktoranden, dem es obliegen sollte, die Geschichte des Glaswerks von seiner Überführung in volkseigenen Besitz (d. h. seit 1. Juli 1948) bis zur Gegenwart zu bearbeiten. Nachdem ich mit dem Werksarchiv die Rückgabe der entliehenen Archivalien und die Übergabe meiner auf die Teilbände I und II bezüglichen Arbeitskartei in einer Stunde erledigt hatte, lud ich beide Herren zum Mittagessen mit anschließendem Nachmittagskaffee in meiner Wohnung ein, und so hatte ich ausreichende Gelegenheit, mich mit Herrn Zickler über seine und seiner beiden Kommilitonen [tatsächlich waren es Angestellte der Universität] bereits seit mehreren Monaten in Jena betriebene Kollektivarbeit zu unterhalten. Wie er mir erklärte, war diese so gedacht, daß sein einer Kollege, ein Herr [Werner] Schichlein, die Betriebsperiode des Glaswerks von der Gründung an bis zum Jahr 1918, ein zweiter die Periode von 1918 bis 1948, er [Zickler] selbst aber die jüngste Zeit behandeln sollte. Auf meine Frage, ob sich damit nicht mindestens die erste dieser drei Aufgaben mit dem meiner teils schon veröffentlichten, teils noch im Manuskript vorliegenden Bearbeitung zwangsläufig weitgehend überschneiden müßte, meinte er, dies sei aus dem Grund nicht zu befürchten, weil es sich bei mir doch nur um eine wenn auch in ihrer Art verdienstvolle und nützliche Bereitstellung von Quellenstücken wissenschaftlicher, technischer und geschäftlicher Art gehandelt habe bzw. in dem fraglichen Manuskript zum III. Teilband noch handle, während das, was dem Kollektiv als Aufgabe vorschwebe, eine Beschäftigung mit den Quellen zwar zur Voraussetzung habe, darüber hinaus aber eine die historischen Tatsachen sozialkritisch, d. h. vom Klasseninteresse der Arbeiterschaft zu beleuchten und zu bewerten haben werde. Infolgedessen werde sich die Arbeit von Herrn Schichlein auch nur mit einem Teil der von mir ermittelten und bereitgestellten Dokumente zu befassen haben, darüber hinaus aber auch mit sozialkritischen Untersuchungen über den jeweiligen Stand und die Entwicklung der Arbeitsverhältnisse, den Unternehmergewinn, die Beziehung zwischen dem jeweiligen Nominalund dem Reallohn u. d. m. Meine Frage, ob das Arbeitskollegium durch die Werkleitung vollen Einblick in mein Manuskript erhalten habe, beantwortete Herr Zickler bejahend. U. a. sagte er, er sei mit meinem Bemühen, die wissenschaftlichen und technischen Verdienste Schotts sowie seine entscheidende Mitwirkung an dem Zustandekommen der Carl Zeiss-Stiftung klarer herauszuarbeiten, als dies vor allem in der oft genug von überschwänglicher Verehrung für Ernst Abbe durchtränkten Literatur geschehen sei, völlig einverstanden, er habe auch festgestellt, daß ich mich bei der Auswahl der Schotts Verdienste betreffenden Dokumente von dem Fehler eines analogen Personenkults sowie von der vielfach anzutreffenden Anschauung, als sei die Institution der Carl ZeissStiftung die geschichtliche Vorausnahme eines „sozialisierten Betriebes“, frei gehalten habe. Daß mit den in meinem Manuskript bereit gestellten, von mir z. T. auf umständlichen und mühsamem Wege erlangten Dokumenten sowie mit dem in dem Manuskript enthaltenen ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis die Durchführung der dem Kollektiv, insbesondere der Herrn Schichlein zugewiesenen Aufgabe eine wesentliche Erleichterung erfahren habe, sei unbestreitbar, und daher würde auch die Veröffentlichung mindestens des dokumentarischen Teils meines Manuskriptes von dem Kollektiv nur begrüßt werden können. Darüber hinaus würde es insbesondere Herr Schichlein zweifellos begrüßen, wenn er von mir aus meiner nun einmal gewonnenen umfassenderen Kenntnis des in Frage kommenden Quellenmaterials Hinweise, die ihm auch bei sei-

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ner Arbeit würden förderlich sein können, erhalten würde. Ich erwiderte Herrn Zickler darauf, daß ich zu solcher Förderung jederzeit gern bereit sein würde, vorausgesetzt, daß er auch von der dem Kollektiv vorschwebenden ideologischen Konzeption aus mit der nicht nur für den Historiker, sondern auch für den Soziologen verbindlichen Sachlichkeit verfahren würde. Dabei glaubte ich es nicht unterlassen zu sollen, darauf hinzuweisen, daß mir kürzlich in Jena eine von einer propagandistischen Zentralstelle der Sozialistischen Einheitspartei veröffentlichte Broschüre [Mit klarer Sicht. Das Ende der ZeissLegende (1958)] zu Gesicht gekommen sei, durch die der sogenannten Abbe-Legende entgegengetreten werden sollte. Mit Rücksicht auf die von mir an dieser Veröffentlichung festgestellte Sachunkenntnis und publizistische Unanständigkeit würde ich es nur bedauern, wenn sich die von Herrn Zickler und seinen beiden Kollegen in Angriff genommenen Arbeiten zur Geschichte des Glaswerks auf einem ähnlich niedrigen Niveau bewegen würden. Herr Zickler entgegnete mir hierauf, er hoffe zuversichtlich, daß seine und seiner Kollegen Arbeiten zu solcher berechtigter Kritik keinen Anlaß geben könnten. Sobald ihre Arbeiten hinreichend genug fortgeschritten seien, würden sie dieselben nur zu gerne auch einmal meiner kritischen Beurteilung unterstellen und von mir jeden sachlichen Rat, den ich ihnen hierbei zu geben bereit sein würde, mit Dank annehmen. Da ich, wie oben erwähnt, nach diesem in durchweg angenehmen Formen verlaufenden Besuch längere Zeit hindurch weder vom Glaswerk noch aus Dresden über die Manuskriptangelegenheit irgendwelche Nachrichten erhalten hatte, erkundigte ich mich durch Schreiben vom 8. Januar 1960, ob Jena das Manuskript zurückgeschickt habe, und fügte meiner Anfrage folgende Bemerkung hinzu: „Ich hatte zwar s. Zt. geglaubt, ich würde die Drucklegung meines Bandes bis zu meinem am 22. Februar d[iese]s. J[ahre]s. fälligen Goldenen Doktor-Jubiläums fördern und damit zugleich einen Schlußstrich über diesen Teil meiner wissenschaftlichen Arbeit machen können, aber da dieser Termin, wie die Dinge liegen, nicht mehr in Frage kommt, liegt mir im Augenblick nur so viel am Herzen, daß nicht etwa mit meinem Manuskript durch unqualifizierte und mit den Gepflogenheiten des literarischen Schaffens noch wenig vertraute Kräfte irgendwelcher Mißbrauch getrieben werden könnte, so lange das Werk im Druck noch nicht vorliegt. Es wäre mir also – aus diesem Grunde – lieb, von Ihnen zu hören, ob und seit wann sich mein Manuskript bei Ihnen im sicheren Gewahrsam befindet.“ Wieder vergingen daraufhin 1 ½ Monate, bis mir das Dresdner Institut (unter dem 16. Februar 1960) u. a. antwortete: „Die Firma Schott & Gen. übersandte uns Anfang November 1959 Ihre Arbeit in 8 Mappen mit einer Photokopie der Stellungnahme des Lektors des VEB Gustav Fischer Verlags. Die Arbeit befindet sich also seit diesem Zeitpunkt in unserem Besitz, und wir sind vorerst dabei, das gesamte Manuskript nochmals abzuschreiben, da ja zur Ablieferung des Forschungsauftrages an das Staatssekretariat 4 Exemplare benötigt werden. Aber, wie gesagt, wir sind dabei, und durch die laufenden Ausfälle durch Krankheiten geht es sehr langsam vorwärts. Mitte März d[iese]s. J[ahre]s. wird Herr Dr. Kauffeldt oder ein Vertreter unseres Instituts in Jena vorstellig werden, um über den weiteren Weg einer Veröffentlichung zu beraten. Wir bitten Sie daher, sich noch etwas gedulden zu wollen, sind aber gern bereit, Sie nach erfolgter Aussprache entsprechend zu informieren […].“ Ich antwortete dem Institutsdirektor Dr. A.[lfons] Kauffeldt hierauf am 29. Februar u. a. folgendes: „Ich möchte annehmen , daß sich bei den von Ihnen in Aussicht gestell-

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ten Besprechung in Jena doch noch eine geeignete Form finden lassen wird, wie sich die vom Glaswerk bzw. dem G.[ustav] Fischer-Verlag gemachten ideologischen Bedenken mit den dieser, meiner dreijährigen Arbeit zu Grunde liegenden Absichten vereinigen ließen. Denn, wie der Titel meines Werkes besagt, ist ja sein Hauptzweck, eine bestimmte Anzahl von Briefen und Dokumenten, die für die Geschichte des Glaswerks wesentliche Bedeutung haben, zunächst für sich selbst sprechen zu lassen, ihre gesellschaftskritische Auswertung aber besonderen, hierfür entsprechend qualifizierten Soziologen zu überlassen, zumal diese ja niemals eine wirklich solide Arbeit würden leisten können, wenn sie sich nicht vorher erst mit den dokumentarischen Unterlagen vertraut gemacht haben würden. Natürlich hätte ich mir, wenn ich die erst jetzt, nach dem Abschluß meines Manuskriptes, gegen meine Arbeit erhobenen Einwände hätte voraussehen können, viel Zeit und Arbeit und dem Fonds für Forschungsaufträge sehr erhebliche Aufwendungen ersparen können. Nicht nur hätte dann der von mir noch dem Manuskript hinzugefügte Nachtrag über die von Schott mit der Optischen Werkstätte C. A. Steinheil Söhne in den Jahren 1883 – 1886 geführte Korrespondenz über das optische Glas weggelassen werden können, sondern ich hätte auch die verhältnismäßig lange Einleitung, die ich dem Leser zu besseren Verständnis des Zusammenhangs zwischen den ausgewählten Dokumenten schuldig zu sein glaubte, von ca. 300 auf ein bis zwei Dutzend Seiten reduzieren können. Natürlich könnte dies auch im jetzigen Stadium noch geschehen, wenn man nämlich der Meinung ist, daß ich in meiner Einleitung dem Privatunternehmer Dr. Otto Schott zu viel Ehre angetan hätte, statt mich nur auf die Würdigung seiner wissenschaftlichen und technischen Fähigkeiten und Verdienste zu beschränken. Allerdings hätte ich mich, wenn ich so verfahren wäre, nicht nur mit meinem eigenen Urteil über den menschlichen und charakterlichen Wert dieser seltenen Persönlichkeit in Widerspruch setzen müssen, sondern auch mit derjenigen Auffassung, wie sie im Hinblick auf ihn erst noch vor kurzer Zeit in einer gutachtlichen Äußerung der naturwissenschaftlichen Sektion der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin über die Schriftenfolge „Briefe und Dokumente“ in aller Klarheit und in voller Einmütigkeit vertreten worden ist […]. […] Übrigens ist es mir einigermaßen befremdlich, daß mir das in ihrem Schreiben vom 16. Februar d[iese]s. J[ahre]s. erwähnte Lektoratsgutachten weder vom FischerVerlag noch vom Jenaer Glaswerk jemals zur Kenntnis- und Stellungnahme zugegangen ist. Denn wenn Sie nicht etwa gehalten sein sollten, die Ihnen vom Glaswerk zugesandte Photokopie desselben vertraulich zu behandeln, würde ich es sehr begrüßen, wenn Sie mir diese einmal für kurze Zeit zur Verfügung stellen würden, damit meine Stellungnahme dazu, die selbstverständlich sachlich und ohne jede Spur von persönlichem Ressentiment gehalten sein wird, von Ihnen gleichzeitig mit meinem Manuskript dem Staatssekretariat für Hochschulwesen zugeleitet werden kann.“ Wiederum einige Wochen später – am 22. März 1960 – teilte mir das Dresdner Institut mit, es habe das Jenaer Glaswerk ersucht, in der ersten Hälfte des April eine Aussprache (mit den Doktoranden) über mein Manuskript zu veranstalten, zu der auch ich dann mit eingeladen werden müßte. Da ich dieses Schreiben erst während eines Aufenthaltes bei Hamburg erhielt, teilte ich von dort aus unter dem 3. April nach Dresden mein Ein-

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verständnis mit der angeregten Aussprache und kehrte bereits am 7. April, d. h. früher als eigentlich beabsichtigt, wieder nach Rudolstadt zurück. Doch sollten nun erst wieder weitere Monate vergehen, bis es zu der von Dresden vorgeschlagenen Besprechung kam. Der Grund für ihre noch vorläufige Verschiebung ist mir erst viel später bekannt geworden. Da man nämlich in Jena im Glaswerk der Meinung war, man sollte vor der Besprechung den Doktoranden erst nochmals eine Abschrift der aus 323 Seiten bestehenden Einleitung zu meinem Manuskript zugehen lassen, damit sie zu der Frage etwaiger Koordinierung ihrer Arbeit (und zwar insbesondere der für Herrn Schichlein in Frage kommenden) mit der meinigen umso besser würden Stellung nehmen können, wurde Dresden von Jena um möglichst beschleunigte Zusendung dieser Abschrift ersucht. Da aber zu dieser Zeit in Dresden erst eine Abschrift des dokumentarischen Teils meiner Arbeit vorlag, während die Abschrift des Vorworts erst bis zur Seite 223 gediehen war, erhielt Jena mit Schreiben des Dresdner Instituts vom 3. Mai 1960 erst diese Teilabschrift (von S. 1-223), während der nun noch fehlende Teil aus Dresden am 11. Mai 1960 nicht in Abschrift, sondern in der Original Niederschrift meines Manuskriptes nach Jena geschickt wurde (d. h. also die Seiten 224-323). Wie es scheint, wurde von Dresden aus in einen vom 3. August 1960 datierten Brief, der jedoch erst am 5. September 1960 in Jena einging, das Glaswerk um Zurücksendung der beiden Manuskriptteile ersucht, weil der erste Teil des Vorworts (S. 1-223), also die Abschrift, in Dresden erst noch einmal mit dem Original-Manuskript würde kollationiert werden müssen, und weil ja von dem zweiten Teil (also S. 224-323) die Abschrift überhaupt erst noch anzufertigen sei. Auf Grund dieses Ersuchens will – wie später von ihr behauptet wurde – die Sekretärin von Herrn Nordwig, Frau [Annemarie] Studzinski, das gesamte ihr von den Herren Zickler und Schichlein zurückgegebene Vorwort am 12. September 1960 durch die Poststelle des Glaswerks, in zwei Aktendeckel verpackt, wieder nach Dresden zurückgeschickt haben. Nachdem aber in Dresden tatsächlich nur die Abschrift (also S. 1-223) eingegangen war, fragte Dresden am 12. September 1960 in Jena an, warum man nicht auch den zweiten Teil (also die in Dresden noch nicht abgeschriebenen Seiten 224-323 des Originalmanuskriptes) mit übersandt habe. Davon, daß mein Vorwort demnach noch einmal aus Dresden nach Jena geschickt und von da nur unvollständig wieder nach Dresden zurückgekommen war, hatte ich keinerlei Ahnung, als ich am 27. September von Frau Studzinski im Auftrag von Herrn Nordwig, telefonisch aufgefordert wurde, mich am 29. September vormittags 11 Uhr im Sitzungszimmer der Werkleitung des Glaswerks zu der ursprünglich bereits für die erste Aprilhälfte geplanten Aussprache einzufinden. Auch während der Sitzung wurde, um dies hier gleich vorauszuschicken, von keiner der beteiligten Seiten, mir gegenüber das Geringste davon erwähnt. Zu meinem Befremden wurde mir, als ich mich im Glaswerk zu der Besprechung einfand, von Frau Studzinski gesagt, daß sich Herr Nordwig zurzeit ebenso wenig im Hause befände wie einer seiner beiden Vertreter. Von Seiten des Instituts war dessen Oberassistent, Herr Dr. Heinz Müller, nebst einem mir bis dahin noch unbekannten Herrn Kirchberg erschienen. Die Doktoranden waren durch den mir schon bekannten Herrn Zickler und den mit der gesellschaftspolitischen Durchleuchtung der Jenaer Betriebsperiode 1884-1918 beauftragten Herrn Schichlein vertreten, einen jungen Mann von unsicherem

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Auftreten, der sich im Gegensatz zu Herrn Zickler während unserer Besprechung vorwiegend schweigend verhielt. Den Hauptgegenstand unserer Unterhaltung bildete die Frage, inwieweit die Einleitung zu meinem Manuskript mit der Herrn Schichlein zugewiesenen Aufgabe irgendwie koordiniert werden könnte. Zu der von Herrn Dr. Müller aufgeworfenen Frage, ob ich meine auf den III. Teilband bezügliche Arbeit nicht mit der des Kollektivs bzw. Herrn Schichleins zu einem „erweiterten Kollektiv“ würde verbinden können, äußerte ich mich (sinngemäß) wie folgt: Die Form, in der ich mich der mir durch den Forschungsauftrag zugewiesenen Aufgabe, nämlich der Herstellung einer Dokumentation zur wissenschaftlichen, technischen und geschäftlichen Entwicklung des Glaswerks während der Zeit von 1886 bis 1914/15 zu entledigen haben würde, sei mir durch die Grundsätze, nach denen bereits die beiden Teilbände I und II bearbeitet worden seien, gewissermaßen zwangsläufig vorgeschrieben. Meine Aufgabe habe ja nicht darin bestanden, diese Entwicklung lediglich vom Standpunkt der Arbeiterklasse gesellschaftspolitisch zu durchleuchten, sondern die an der Hand ausgewählter und besonders charakteristischer, bisher aber literarisch noch unausgewertet gebliebener Dokumente wissenschaftlichen, technischen und geschäftlichen Inhalts in ihren inneren und äußeren Zusammenhängen verständlich zu machen. In Anbetracht der grundsätzlichen Verschiedenheit der somit einerseits mir, andererseits den Doktoranden zugefallenen Aufgabe, könne von einer so genannten Kollektivarbeit daher keine Rede sein. Allerdings müßten sich die Doktoranden, insbesondere Herr Schichlein, darüber klar sein, daß die von mir geleistete Arbeit, nämlich die Auswahl wesentlicher geschichtlicher Dokumente aus einem ungeheuren, bisher teils noch unbekannten, teils noch ausgewertet gebliebenen Quellenmaterials auch für die solide Durchführung ihrer Aufgabe eine wesentlich Hilfe bedeute. Man könnte vielleicht, so fuhr ich fort, zum Zweck einer weiteren Distanzierung meines Manuskriptes von der Herrn Schichlein zugewiesenen Arbeit daran denken, daß ich den dokumentarischen, aus 145 ausgewählten Quellenstücken bestehenden Teil meiner Arbeit durch eine zusätzliche Anzahl weiterer Dokumente, die ich nur aus Raumgründen in meinem Manuskript nicht auch noch hatte unterbringen können, wesentlich ergänzen und dafür die jetzt über 300 Seiten starke Einleitung, durch die ich dem Leser ein bequemes Verständnis der diesmal zeitlich weit auseinander liegenden Dokumente hatte ermöglichen wollen, durch eine kurze, mehr formal gehaltene Einleitung ersetzen würde. Doch würde eine so weitgehende Umgestaltung meines Manuskriptes von mir kaum in kürzerer Zeit als einem voll ausgelasteten Arbeitsjahr durchgeführt werden können, zumal für eine angemessene Honorierung solcher Arbeit, soviel ich sehen könne, keine zusätzlichen Mittel mehr zur Verfügung gestellt werden könnten. Indem nun auch Herr Zickler, zugleich im Namen seiner beiden Kollegen zu der aufgeworfenen Frage Stellung nahm, ging er davon aus, daß die meiner Arbeit zu Grunde liegende Konzentration von der dem Kollektiv vorschwebenden so verschieden sei, daß auch sie sich von einer Kollektivarbeit nichts Ersprießliches vorstellen könnten. Da in der Auswahl meiner Dokumente neben den geschäftlichen auch die wissenschaftlichen und technischen Gesichtspunkte eine sehr weitgehende Berücksichtigung gefunden hätten, konnten nur wenige davon für die ihnen, den Doktoranden, vorschwebende Aufgabe in Betracht kommen. Was aber diesen wesentlich vorschwebe, sei doch gerade eine

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kritische Grundhaltung zu der von der Leitung des Glaswerks im Zeitalter des wirtschaftlichen und politischen Imperialismus verfolgten Geschäfts-, Lohn- und Sozialpolitik. So gesehen böte mein Material an Dokumenten und die in meiner Einleitung dargebotene Zusammenfassung ihres inneren Zusammenhangs zwar mancherlei wertvolle Unterlagen, aber damit eben auch nicht mehr als erst eine – wenn auch unerläßliche – Grundlage für die Durchleuchtung des Quellenmaterials unter gesellschaftswissenschaftlichen , also wesentlich kritischen Gesichtspunkten. Nachdem nunmehr auch Herr Schichlein betont hatte, daß er in diesem Sinne in dem von mir bereitgestellten Quellen- und Tatsachenmaterial doch in wesentlicher Hinsicht eine vollkommene Vorarbeit zu seiner eigenen Arbeit zu sehen haben würde, die er anderen Falls erst von sich aus zu leisten gehabt haben würde, richtete er an mich die Frage, inwieweit ich bereit sei, ihm ein mehr oder weniger weitgehendes Zurückgreifen auf meine Vorarbeit in seiner Dissertation zu gestatten, und ob er mich vielleicht nicht gelegentlich noch in Anspruch werde nehmen dürfen mit der Bitte, ihm auch weiteres noch in meinem Besitz befindliches, aus Raumgründen meinem Manuskript aber noch nicht inseriertes Quellenmaterial zu überlassen. Worauf ich ihm, wie früher schon Herrn Zickler gegenüber geschehen, erklärte, daß ich ihm in beiderlei Hinsicht jeder Zeit zu helfen und raten bereit sei. Da aber nun wahrscheinlich, wie die Dinge lägen, mein eigenes Manuskript noch nicht im Druck vorliegen würde, wenn er seine Dissertation abgeschlossen haben würde, so müsse ich meine Hilfe von zwei streng einzuhaltenden Bedingungen abhängig machen. Soweit er nämlich, sei es durch summarischen Verweis oder wörtliches Zitieren in seiner Dissertation auf meine Arbeit Bezug nehmen würde, müsse ich erwarten, daß er, dem üblichen literarisch-wissenschaftlichen Brauch folgend, mich von Fall zu Fall immer als seinen Gewährsmann angeben würde. Zweitens könne ich ihm, solange mein eigenes Manuskript noch nicht gedruckt vorläge, nicht gestatten, diese Bezugnahme auf Ausführungen gegen mich zu verbinden, da ich mich ja, so lange mein Werk noch nicht erschienen sei, gegen eine an meiner Darstellung geübte Kritik nicht würde wehren können. Nachdem Herr Schichlein daraufhin erklärt hatte, daß er diese meine ihm zugesagte Hilfestellung mit Dank annehme, die mit ihr verbundenen beiden Bedingungen peinlichst einhalten und mich gelegentlich in Rudolstadt zwecks weiterer Beratung und Hilfe besuchen wolle, schlug Herr Dr. Müller vor, daß nunmehr im Dresdner Institut von meinem ganzen Manuskript die schon weitgehend durchgeführten vier Abschriften hergestellt werden sollten. Davon sollte eine vorläufig im Institut verbleiben, zwei sollten dem Staatssekretariat für Hochschulwesen eingeschickt werden, eine vierte sollte dem Glaswerk zu weiterer Benutzung durch die Doktoranden übergeben werden, und das Original-Manuskript sollte, sobald die Abschriften beendet sein würden, an mich zurückgeschickt werden. Da dieser Vorschlag von allen Beteiligten akzeptiert wurde, so wurde die Besprechung um 12.30 Uhr mit allseitigem freundschaftlichen Händedruck beendet, ohne daß wir es noch für nötig gehalten hätten, das Ergebnis schriftlich zu fixieren. Der Sekretärin des noch immer nicht im Hause erschienen Werkleiters trug ich auf, diesem entsprechende Mitteilung zu machen. Erst nach dieser Sitzung überlegte ich mir: Wieso fühlt sich eigentlich das Dresdner Institut noch verpflichtet oder auch berechtigt, dem Glaswerk, nachdem dieses sich, ent-

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gegen seiner ursprünglichen Verpflichtung, von der Finanzierung des Drucks meiner Arbeit distanziert hat, nun auch noch eine volle, aus Mitteln des Instituts hergestellte Abschrift meines über 600 Seiten starken Manuskriptes zu beliebigem Gebrauch durch die Doktoranden zu überlassen. Denn erstens war meine Arbeit, wenn sie sich auch auf das Glaswerk bezog, nicht aus Betriebsmittel desselben hergestellt worden, sondern aus den dem Institut zu Verfügung gestellten und durch den Forschungszweck gebundenen Staatsmitteln, die sich während meiner drei Arbeitsjahre auf nicht weniger als 24 000 Mark belaufen haben mochten? Ferner mußte ja immerhin mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß sich insbesondere Herr Schichlein, wenn ihm nunmehr nochmals Einsicht in meine ganze Arbeit gewährt würde, nicht an das mir gegebene Versprechen zu laufender Kontaktnahme mit mir halten und von den Ergebnissen meiner Arbeit einen dem Sinn des Forschungsauftrages nicht entsprechenden Gebrauch machen würde. Immerhin aber winkte mir auf Grund unsere Besprechung die Aussicht, in absehbarer Zeit zunächst einmal wieder in den Besitz meines Manuskriptes zu kommen, weil ich ja immer noch hoffen zu dürfen glaubte, das Glaswerk zu einer Einhaltung seiner z. Zt. übernommenen Verpflichtung bestimmen zu können, wenn ich meine Arbeit nochmals im Sinne meines dem Institut (bzw. dem Glaswerk) unter dem 21. Oktober 1959 unterbreiteten Vorschlags (also: Verkürzung der Einleitung und Vermehrung der Dokumente) umgestalten würde. Zudem war es ja vielleicht auch möglich, im Zug dieser Überarbeitung die in dem Lektoratsgutachten enthaltene Kritik bis zu einem gewissen Grade zu berücksichtigen, sofern ich nur dieses Gutachten endlich einmal selbst zu Gesicht bekommen würde. Natürlich hatte ich während der Jenaer Besprechung angenommen, daß ich schon im Anschluß an sie mein ganzes Original-Manuskript aus Dresden wieder zugestellt bekommen würde. Da man mir aber auch in Jena verschwiegen hatte, daß im Mai mein Vorwort noch einmal aus Dresden nach Jena verschickt worden und daß der in Dresden noch nicht abgeschriebene Teil desselben auch am 29. September noch nicht wieder aus Jena nach Dresden zurückgelangt war, konnte ich nicht umhin, am 17. November 1960 brieflich in Dresden anzufragen, warum man mir – entgegen der Jenaer Abmachung – das ganze Manuskript meiner Arbeit noch immer nicht wieder zugestellt habe. Natürlich sah man sich in Dresden durch diese Anfrage von mir einigermaßen in Verlegenheit gesetzt, weil dort der von der Abschrift noch nicht erfaßte Anteil meines Vorworts noch immer nicht aus Jena zurückgekommen war. So ließ man von Dresden aus der Reklamation, die man ohne Erfolg erstmals bereits am 21. September nach Jena gerichtet hatte, am 30. November eine zweite folgen und konnte, da auch diese erfolglos blieb, mir auf meine Anfrage vom 17. November unter dem 8. Dezember. zu meinem begreiflichen Erstaunen nur folgendes mitteilen: „Leider können wir Ihnen heute noch keine konkrete Mitteilung zukommen lassen, wann es möglich sein wird, Ihnen ein Exemplar (Meine Randbemerkung: Wieso „ein Exemplar“? Die Verabredung betraf doch mein Original-Manuskript! Kühnert) Ihrer Arbeit zur Verfügung zu stellen, da wir noch immer in Verhandlungen (! Kühnert) mit dem VEB Jenaer Glaswerk stehen betr. des 2. Teiles (d. h. der Seiten 206-323) der Einleitung. Seinerzeit (!Wieso, wann? Kühnert) haben wir die Arbeit (gemeint: die Einleitung zur Arbeit, Kühnert) in 2 Paketen an das Werk abgesandt, jedoch nur das erste erhalten. Wir können nur hoffen und wünschen, daß baldigst der 2. Teil bei uns eintrifft, damit die entsprechenden Abschriften

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vorgenommen werden können. […] (P.S.) Ansonsten bleibt es bei den am 29. November getroffenen Vereinbarungen.“ Da ich somit erstmalig Kenntnis davon erhalten hatte, daß Dresden dem Glaswerk auf dessen Anforderung meine Einleitung nochmals zur Verfügung gestellt und gerade den Teil der Einleitung, von dem man in Dresden noch keine Abschrift hatte anfertigen lassen, noch nicht wieder zurückerhalten hatte, drückte ich dem Dresdner Institut am 14. Dezember brieflich mein Befremden darüber aus, daß man mich über das Jenaer Ansuchen überhaupt nicht um meine Meinung befragt, geschweige denn, mich über die dadurch entstandene fatale Situation auf dem Laufenden gehalten hatte und ersuchte gleichzeitig darum, daß man nun von Dresden aus in Jena das noch fehlende Originalstück meiner Einleitung mit allem gebotenen Nachdruck zurückfordern sollte. Am 11. Januar 1961 wurde ich durch einen Anruf aus Jena von Frau Studzinski überrascht, die mir im Auftrag des Werkleiters Nordwig die Frage vorlegte, ob sich nicht etwa in meinem Besitz noch eine Abschrift meines ca. 600 Schreibmaschinenseiten starken Manuskriptes „Briefe und Dokumente“ (III. Teil) befände, damit man mit deren Hilfe diejenigen in Dresden noch fehlenden Seiten 206-323 der Einleitung, von denen man in Dresden eine Abschrift noch nicht habe vornehmen können, ersetzen könnte. Sie glaube zwar, alle zu meinem Manuskript gehörigen Mappen immer vollzählig wieder nach Dresden zurückgeschickt zu haben, aber es sei wohl nicht anders möglich, als daß doch eine Mappe mit dem obigen Teil sowie dem Verzeichnis der zu meinem Werk benutzten Quellen und Schriften irrtümlich in Jena zurückbehalten worden sei. Herr Nordwig sei über das peinliche Vorkommnis sehr ärgerlich. Natürlich konnte ich Frau Studzinski nur mitteilen, daß ich zu meinem Bedauern nicht in der Lage sei, ihr bzw. Herrn Nordwig aus der Verlegenheit zu helfen, da, wie man sich in Jena zu erinnern wissen werde, man in Dresden seinerzeit (d. h. zu Anfang des Jahres 1959) nur deswegen von der Abschrift meines Original-Manuskriptes abgesehen habe, weil sich das Glaswerk damals Dresden gegenüber schriftlich verpflichtet habe, es bei G.[ustav] Fischer drucken zu lassen. Auch meine zu dem Manuskript gehörigen Arbeitspapiere seien ja am 29. Oktober 1959 auf besonderem Wunsch des Glaswerks dem Doktoranden Zickler ausgehändigt worden, so daß es mir unmöglich sei, auch mit ihrer Hilfe etwa den verloren gegangenen Teil des Manuskriptes zu ersetzen. Der Verlust sei sowohl für mich als auch für meinen Arbeitgeber, das Dresdner Institut, umso verhängnisvoller, als der nun fehlende Teil des Vorwortes gewissermaßen das wissenschaftliche Kernstück meiner Arbeit bilde, da in ihm auf Grund unzähliger Einzeltatsachen und nur umständlich ermittelter Quellen die Entwicklung des Glaswerks in der Zeit von etwa 1892 bis 1914 zusammenfassend dargestellt worden und damit den für meinen Forschungsauftrag in Betracht kommenden Kontrollinstanzen die Möglichkeit genommen sei, meine Arbeit auf ihren Wert als selbständige Forschung hin sachlich zu überprüfen. Die würde aber gleichzeitig zu bedeuten haben, daß die für meinen Forschungsauftrag in drei Jahren verausgabten staatlichen Mittel in Höhe von ca. 25 000 Mark sinnlos verausgabt worden seien. Außerdem aber müsse mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß sich besonders der Doktorand Schichlein meine in dem nun fehlenden Teil der Einleitung investierten Forschungsergebnisse in ebenso bequemer wie unfairer Weise für seine eigene Arbeit zu Nutze gemacht und mir gleichzeitig die Möglichkeit genommen habe, ihm gegebenen Falles einen solchen Mißbrauch meiner eigenen

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Arbeit nachzuweisen. Denn auch die von seiner Arbeit erwartete gesellschaftspolitische Durchleuchtung der fraglichen Betriebsperiode würde sich ja in jedem Falle immer erst auf die von mir ermittelten Daten und sachlichen Zusammenhänge stützen müssen. Ich könne daher der Werkleitung des Glaswerks nur dringend empfehlen, genau nachzuprüfen, ob es Herr Schichlein nicht etwa unterlassen habe, den von ihm benutzten, aber nun fehlenden Teil der Einleitung zu meinem Manuskript wieder ordnungsgemäß im Sekretariat der Werkleitung zwecks Rücksendung nach Dresden abzuliefern. Nachdem mir nun Frau Studzinski versprochen hatte, ihre Nachforschungen nach dem fehlender Manuskriptteil unter diesem letzteren Gesichtspunkt weiter fortzusetzen, rief ich sie meinerseits am 17. Januar erneut an, um mich bei ihr zu erkundigen, ob ihre mir in Aussicht gestellten weiteren Nachforschungen Erfolg gehabt hätten. Sie antwortete mir jedoch, da es ihr trotz mehrfacher telefonischer Anrufe und neuerdings auch brieflicher Anfrage noch nicht gelungen sei, die an meinem Manuskript interessierten drei Doktoranden, insbesondere Herrn Schichlein, zu erreichen. Da zur Zeit noch Universitätsferien seien, werde man vielleicht doch abwarten müssen, bis die Herren Doktoranden wieder nach Jena zurückgekehrt sein würden. Sie halte es aber für möglich, daß sich das fehlende Manuskriptstück noch in dem einen Stockwerk über dem Sekretariat der Werkleitung gelegenen Arbeitsraum befände, den man den Doktoranden für ihre Studien zugewiesen habe, doch möchte sie diesen Raum ohne Zuziehung der Doktoranden selbst nicht betreten. Natürlich würde sie mich sogleich benachrichtigen, wenn die Durchsuchung der in jenem Raum befindlichen Akten und Arbeitspapieren erfolgt sei. Auf meinen Hinweis, daß die Werkleitung gegebenen Falles damit würde rechnen müssen, von Seiten des Staatssekretariats für Hochschulwesen wegen fahrlässiger Behandlung des ihr von Dresden nochmals vertrauensvoll überlassenen Manuskriptes zur Verantwortung gezogen zu werden, erwiderte sie nur nochmals, dem Werkleiter sei die ganze Angelegenheit eben peinlich wie ihr selbst. Auch ein zwei Tage danach, am 19. Januar 1961, zwischen dem Dresdner Institut und der Werkleitung des Glaswerks geführtes Telefongespräch hatte das gleiche negative Ergebnis wie das meinige vom 17. Januar. Endlich, am 14. Februar 1961 erhielt ich vom Werkleiter Nordwig den folgenden Brief vom 11. Februar 1961: „Sehr geehrter Herr Doktor Kühnert! Leider mußten wir in der jüngsten Vergangenheit in einer uns sehr peinlichen und unangenehmen Angelegenheit mit Ihnen telefonieren. Trotz allergrößten Bemühens war es nicht möglich, den Verbleib der beim Institut für Geschichte der Technik und Naturwissenschaften, Dresden, nicht eingegangenen Manuskriptseiten 203 (gemeint: 206? Kühnert) bis 323 in unserem Werk zu ermitteln. Weiteres können wir in der Sache nicht mehr tun, denn nach den vorliegenden eindeutigen Erklärungen ist das gesamte Manuskript nach Dresden gesandt worden. Sie haben dem Institut sehr ausführlich geschrieben und empfohlen, sich gegebenen Falles nochmals mit Ihnen in Verbindung zu setzen. Sollten sich weiter Aussprachen als notwendig erweisen, so stehen wir selbstverständlich zur Verfügung.“ Natürlich wartete ich nun darauf, vom Dresdner Institut zu hören, was das Jenaer Glaswerk demnach am 11. Februar gleichzeitig mit dem an mich geschriebenen Brief dorthin geschrieben hatte. Da ich darüber jedoch von Dresden zunächst nichts hörte, schrieb ich am 1. März selbst dorthin und deutete dabei gleichzeitig an, daß es mir unter gewissen Voraussetzungen vielleicht doch noch möglich sein könnte, helfend einzu-

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springen. Gleichzeitig ersuchte ich darum, mir doch nun endlich auch einmal das auf meine Arbeit bezügliche Lektoratsgutachten zugänglich zu machen, damit ich unter Umständen bei einer nochmaligen Überarbeitung meines gesamten Manuskriptes auf die in jenem Gutachten enthaltene Kritik würde Rücksicht nehmen können. Aber es mußten wiederum erst einmal sechs Wochen vergehen, bis mir das Dresdner Institut endlich – unter dem 10. April 1962 – meinen Brief vom 1. März beantwortete. Der sehr ausführlich gehaltenen Antwort waren beigefügt: 1. eine Abschrift des aus Jena nach Dresden gerichteten ebenso ausführlichen Briefes vom 11. Februar 1961; 2. eine Abschrift des am 22. August 1959 vom einem Dr. Schmerbach, dem damaligen Lektor des V[olks]E[igenen] Verlags Gustav Fischer, erstatteten Gutachtens über mein Manuskript „Briefe und Dokumente“ III. Teil; 3. mein gesamtes Original-Manuskript, bestehend aus der Einleitung (ohne die abhanden gekommenen Seiten 206-323), den in 4 Abteilungen aufgegliederten „Briefen und Dokumenten“, den Anmerkungen und dem Quellen- und Literaturverzeichnis. Was zunächst den mir damit erstmalig in Abschrift zugänglich gewordenen Brief des Glaswerks vom 11. Februar 1961 betraf, so wurde in ihm nochmals, nur ausführlicher als in dem gleichzeitig an mich gerichteten Brief, dargelegt, wie von Seiten des Glaswerks sowohl am 3. September 1959 wie auch am 12. September 1960 immer korrekt die von den Doktoranden an das Sekretariat zurückgegebenen Unterlagen nach Dresden zurückgeschickt worden seien, wobei allerdings die Dresdner Empfangsbestätigung im ersteren Falle erst am 22. März 1960, also über sechs Monate nach dem Empfang, in Jena eingegangen sei. Auch in einem zweiten Falle sei ein in Dresden am 2. August 1960 geschriebener Brief erst am 5. September nach Jena gelangt, und bei seinen verschiedenen Empfangsbestätigungen habe sich das Dresdner Institut teilweise mißverständlich, teilweise widerspruchsvoll ausgedrückt. Da man also nun von Jena aus in der Angelegenheit leider nichts mehr tun könne, auch jederzeit bereit sei, sich eventuell für eine Aussprache mit dem Staatssekretariat zur Verfügung zu stellen, könne man dem Institut nur empfehlen, sich mit mir darüber zu verständigen, ob sich nicht mit Hilfe meiner Notizen doch noch ein Ersatz für den fehlenden Teil des Vorworts ermöglichen ließe usw. In ihrem Begleitbrief an mich bestand die Sachbearbeiterin des Dresdner Instituts darauf, daß die fraglichen Originalseiten meines Manuskriptes nur in Jena abhandengekommen sein könnten und wies den von Jena in dem Schreiben vom 11. Februar unternommenen Versuch, durch bloße „Wortklauberei“ dem Dresdner Institut die Schuld an dem Vorkommnis in die Schuhe zu schieben, mit Entschiedenheit zurück. In ihrem Schreiben heißt es dann u. a. weiter: „Wahrscheinlich gibt es jetzt tatsächlich nur noch den einen Ausweg, daß Sie helfend einspringen, wie sie es bereits in ihrem Schreiben vom 1. März erwähnten. Vielleicht können Sie den fehlenden Teil durch noch vorhandene Notizen ersetzen oder auf Grund der Besprechungen in Jena und des (Lektorats-) Gutachtens gleich entsprechend abändern. Besehen Sie sich bitte einmal die Scherben und teilen Sie uns bitte mit, wie und in welcher Form ein Kitten durch sie möglich ist.“ In dem bemerkenswert kurz gehaltenem Lektoratsgutachten vom 22. August 1959, das mir also nun – nach einem Jahr und sieben Monaten! – erstmalig in Abschrift zu Gesicht kam, wurde einleitend meine Arbeit als überaus fleißig und gründlich, sowie als zweifellos sehr wertvoll für alle bezeichnet, die sich ernsthaft mit der Geschichte des

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Jenaer Glaswerks und der Carl Zeiss-Stiftung beschäftigen wollen. Bevor es jedoch gedruckt werden könnte, müßten sehr ernste Mängel, die in der umfangreichen Einleitung enthalten seien, beseitigt werden. Als einen ernsten Mangel bezeichnete das Gutachten zunächst, daß ich die meiner Arbeit zu Grunde liegende Betriebsperiode mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs, statt mit seinem Ende, also November 1918, abgeschlossen hatte. Auf die in der Einleitung von mir selbst dargelegten Gründe für die von mir gewählte Periodisierung wurde nicht eingegangen. Weitere Mängel sah das Gutachten darin, daß ich die Entwicklung des Glaswerks zum industriellen Großbetrieb nicht hinlänglich in Zusammenhang gebracht hätte mit den allenthalben auf die Form des Monopolbetriebs hindrängenden Tendenzen des zeitgenössischen politischen und wirtschaftlichen Imperialismus. Daß gerade die beiden Stiftungsbetriebe sich zu jener Zeit zu „klassischen“ Monopolbetrieben entwickelt hätten, sei von mir gänzlich ignoriert worden, und durch diese Unterlagen sei von mir die geschichtliche Wahrheit verzerrt und entstellt worden, und meine Darstellung müsse daher zu völlig unklaren Vorstellungen über die Stiftungsbetriebe führen. Aus allen diesen und weiteren Einwendungen des Gutachters ging hervor, daß er in meiner Einleitung vergeblich nach einer Durchdringung des von mir behandelten betriebsgeschichtlichen Stoffes unter soziologischen, d. h. marxistisch-leninistischen geschweige denn nach einer „gesellschaftspolitischen Durchleuchtung vom Standpunkt des Interesses der Arbeiterklasse“ gesucht hatte. Während – und dies wurde von ihm völlig verkannt – mein Bestreben dahin gegangen war, für eine solche kritisch-wertende Aufgabe überhaupt erst die sachlichen Voraussetzungen zu schaffen. Der Grund für dieses Mißverständnis aber lag, ebenso wie bei den Doktoranden, daran, daß ihm die Funktion der auf exakter und gründlicher Quellenforschung beruhenden Geschichtsforschung und -darstellung als einer notwendigen und wesentlichen Voraussetzung für soziologische Behandlung und Bewertung wirtschaftsgeschichtlicher Sachverhalte bis dahin noch völlig unklar geblieben war. Natürlich durfte ich nicht zögern, meinem Auftraggeber, dem Dresdner Institut darzulegen, wieso das Lektoratsgutachten hinsichtlich der an meinem Vorwort geübten Kritik von völlig irrigen Voraussetzungen über die mit der Schriftenfolge „Briefe und Dokumente“ und damit auch für ihren III. Teilband verbundene – rein wirtschaftsgeschichtliche, nicht aber soziologische – Zielsetzung ausgegangen war und wieso sämtliche gegen mein Vorwort erhobenen kritischen Einwände gleichsam völlig ins Leere gestoßen hatten. Daher richtete ich unter dem 17. April 1961 an das Institut ein längeres Schreiben, in dem ich mich mit dem Lektoratsgutachten bis in alle Einzelheiten auseinandersetzte. Bezüglich der Frage des Instituts; ob ich etwa eine Möglichkeit sähe, mit Hilfe meiner Arbeitsnotizen den verschwundenen Teil meiner Einleitung wieder zu rekonstruieren, wiederholte ich meine bereits nach Jena mitgeteilte Auffassung, daß mir dies praktisch unmöglich sein würde in Anbetracht der nur einmal (d. h. ohne Durchschlag) von mir in dem fehlenden Stück zu Papier gebrachten Daten und Zahlen, die sich – nach dem dem Manuskript voraus gestellten Inhaltsverzeichnis – auf folgende Gegenstände bezogen hatten:

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Es fehlten z. B. nun aus dem Teil II meiner Einleitung, der die Betriebsperiode von 1892 bis 1900 behandelt hatte, die Abschnitte über die Arbeitsbedingungen, Gehalts- und Sozialverhältnisse der Werksangehörigen; die geschäftliche Entwicklung des Glaswerks bis 1900/01 und ihre zunehmende Bedeutung für die Carl Zeiss-Stiftung. Aus dem Teil III der Einleitung (d. h. die Betriebsperiode 1901 bis 1914/15) fehlten nun die Abschnitte: Allgemeine Kennzeichnung der Betriebsperiode bis zum Beginn des 1. Weltkrieges. – Schott wird in zunehmendem Maße Gegenstand öffentlicher Ehrungen, sein Wirken als Mitglied der Geschäftsleitung bei Carl Zeiss. – Die Bevollmächtigten der Stiftung im Glaswerk. – Unterschiede der Geschäftspolitik im Glaswerk und in der Optischen Werkstätte Carl Zeiss. – Fortsetzung der wissenschaftlich-technischen Arbeit im Glaswerk. – Schotts ältere und jüngere Mitarbeiter. – Erweiterungsarbeiten am Glaswerk und Rationalisierung seiner Produktion. – Daten und Zahlen zur geschäftlichen Entwicklung des Glaswerks zwischen 1900/01 und 1913/14 in Bezug auf Warenumsatz, Betriebskapital und Reingewinn im Glaswerk und seinen Abteilungen. – Geschäftliches aus Dr. Kletts Inventur- und Bilanzberichten, aus den Nachrichten des Stiftungskommissars an die Stiftungsverwaltung, aus Schotts Geschäftsbriefen und -berichten, besonders über seine zweite Amerikareise im Frühling 1911. – Die Personalverhältnisse im Glaswerk zwischen 1900/01 und 1914/15. – Lohn-, Gehalts und Pensionsverhältnisse der Geschäftsangehörigen in derselben Zeit. – Gratifikationen an Letztere zum 25jährigen Geschäftsjubiläum (am 3. Juli 1909). – Die Gewinn- und Zinsenbezüge der Stiftung und ihre Verwendung zu Kapitalanlagen sowie für gemeinnützige Bestrebungen und zur Förderung wissenschaftlicher Studien in Forschung und Lehre (gemäß § 1, Ziff. 2 und 3 des StiftungsStatuts) in der Zeit von 1901/02 bis 1913/14. – Schlußbemerkungen über Art, Umfang und Herkunft der vom Bearbeiter benutzten Quellen, die Grundsätze ihrer Bearbeitung und die Ermöglichung den letzteren durch persönliche Hilfestellung und gesellschaftliche Förderung. Ein bloßer Blick auf die vorstehende Zusammenstellung dürfte genügen, die Vorteile zu ermessen, welche beispielsweise der Doktorand Schichlein für die ihm zugefallene gesellschaftspolitische Aufgabe mühelos dadurch geerntet hat, daß ihm im Jahr 1959 teils durch mich, teils 1960 durch das Dresdner Institut die in meinem nun verschwundenen Manuskriptteil enthaltenen vorstehend charakterisierten Betreffe mehrere Monate hindurch zur Verfügung gestellt worden sind. Wenn es demnach für mich schon sachlich unmöglich war, den zweifellos im Jenaer Glaswerk verschwundenen Teil meines Original-Manuskriptes wieder zu rekonstruieren, mußte ich mich natürlich fragen, ob es mit Rücksicht auf die zwischen mir, dem Glaswerk, dem Fischer-Verlag und den Doktoranden zu Tage getretenen grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten nicht von vornherein zweckmäßiger gewesen wäre, auf die von mir nur dem Verständnis des Lesers angepaßte ausführliche Einleitung ganz zu verzichten, statt dessen aber die von mir ausgewählten Dokumente gleichsam für sich selbst sprechen zu lassen und sie durch ein nur kurzes, der soziologisch-marxistischen Kritik keinen Anhaltspunkt bietendes Vorwort einzuleiten. Wie ich dem Dresdner Institut gegenüber einen solchen Vorschlag bereits in meinem Schreiben vom 1. März 1961 angedeutet hatte, wiederholte ich ihn nunmehr in etwas präziser Form in einem an das Dresdner Institut am 17. April 1961 gerichteten Schreiben und stellte diesem anheim, meinen Vorschlag an das Jenaer Glaswerk weiterzuleiten und

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dieses gleichzeitig zu ersuchen, für die zusätzlichen Kosten, die mir eine solche, auf mindestens auf ein Vierteljahr zu veranschlagende Arbeit verursachen würde, aufzukommen. Auf diesen Vorschlag erhielt ich vom Direktor des Dresdner Instituts, Dr. A.[lfons] Kauffeldt, das folgende, vom 15. Mai 1961 datierte, Schreiben: „Ihre ausführlichen Zeilen vom 14. (gemeint: 17. Kühnert) April haben wir erhalten und begrüßen es vor allem, daß Sie sich bereit erklären, eine neue Einleitung von ca. 50 Schreibmaschinenseiten erarbeiten zu wollen. Denn leider werden selbst die scharfsinnigsten Überlegungen, bei welcher Stelle die Wahrscheinlichkeit des Verschwindens der fehlenden Seiten am größten sein könnte, uns nicht weiterhelfen. In diesem Sinne haben wir dieser Tage an den Werkleiter des Glaswerks, Herrn Nordwig, ausführlich geschrieben und ihm auch hinsichtlich Ihrer Bitte betreffend einen finanziellen Zuschuß eine entsprechende Erläuterung und Befürwortung unterbreitet. Leider können wir seitens unseres Institutes gar nicht helfen, da unsere Forschungsmittel dieses Jahr besonders stark gekürzt wurden. Wir hoffen und wünschen, daß sich das Werk ihren und unseren Vorschlägen anschließt und werden erneut mit Ihnen in Verbindung treten, sobald Herr Nordwig uns seine Entscheidung bekannt gegeben hat.“ Da mich bereits eine Woche vor dem vorstehenden Brief, nämlich am 6. Mai 1961, meine im Zusammenhang mit dem Humboldt-Komitee der Deutschen Akademie der Wissenschaften durchgeführten Arbeiten über die bergmännische Tätigkeit des jungen Alexander von Humboldt in den fränkischen Fürstentümern Bayreuth und Ansbach einmal wieder nach Berlin geführt hatten, um in dieser Angelegenheit mit Herrn Dr. [Gerhard] Dunken von der Präsidial-Abteilung der Akademie Rücksprache zu nehmen, und da dieser sich bei dieser Gelegenheit auch nach dem Stand der Drucklegung meines III. Teilbandes zu den „Briefen und Dokumenten“ erkundigt hatte, konnte ich nicht umhin, ihm zu berichten, aus welchen Gründen die ursprünglich geplante Veröffentlichung des Bandes im Jenaer Gustav Fischer-Verlag bisher noch nicht zustande gekommen sei und auch jetzt noch, trotz der von mir gemachten Vorschläge über die Abänderung meines Vorwortes, möglicherweise überhaupt nicht zustande kommen werde. Da Herrn Dr. Dunken aus meinem früher mit der Akademie in Sachen meiner Schriftenfolge geführten Schriftwechsel wohl bekannt war, wie warm und wirkungsvoll sich die für die Naturwissenschaften und die Technik zuständige Sektion der Akademie und innerhalb ihrer insbesondere Prof. Dr. [Erich] Thilo vom Institut für anorganische Chemie in Berlin-Adlershof für die Veröffentlichung der Schriftenfolge und ihrer einzelnen Bände gutachtlich eingesetzt hatten, legte er mir nahe, mich noch sogleich einmal mit Professor Thilo in persönliche Verbindung zu setzen, weil er es nicht für ausgeschlossen hielte, daß durch dessen Einflußnahme, wenn schon nicht der ganze Teilband III, so doch mindestens sein dokumentarischer Teil innerhalb der Veröffentlichungen der Akademie zum Druck gebracht werden könnte. Diese Anregung hatte zur Folge, daß ich mich noch am gleichen Tag mit Prof. Thilo in Verbindung setzte und die ganze bisherige Leidensgeschichte meines Manuskriptes ausführlich mit ihm besprechen konnte. Seine Meinung ging dahin, daß ich nun zunächst erst einmal abwarten sollte, ob mein neuerlicher Vorschlag das Jenaer Glaswerk bzw. den Verlag Gustav Fischer veranlassen würde, der Drucklegung des Teilbandes III nunmehr doch wieder näher zu treten. Sollte die Entscheidung auch jetzt noch negativ ausfallen, so würde er [Thilo] sich bei dem Geschäftsführer des Berliner Akademie-Verlags, den er als einen verständigen Mann kennen ge-

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lernt habe, dafür einsetzen, daß dieser den Band in seinen Verlag übernähme. Sollte aber auch dieser die Veröffentlichung (selbst in der von mir vorgeschlagenen veränderten Form des Vorworts) nicht für „tragbar“ halten, so würde er (Thilo) sich bei seiner Akademie-Sektion dafür einsetzen, daß mindestens der dokumentarische Teil des Bandes in die Reihe der laufenden offiziellen Publikationen der Akademie der Wissenschaften aufgenommen würde. Nachdem nun kurz darauf mein dem Dresdner Institut am 17. April unterbreiteter Abänderungsvorschlag, wie oben erwähnt, um den 15. Mai 1961 an das Glaswerk in Jena weitergeleitet und als glücklicher Ausweg aus den entstandenen Schwierigkeiten zur Annahme empfohlen worden war, galt als zunächst abzuwarten, wie sich die Werkleitung des Glaswerks hierzu verhalten würde. Als um den Anfang des Juni 1961 in Dresden bzw. bei mir noch keinerlei briefliche Stellungnahme des Werkleiters Nordwig zu meinem Abänderungsvorschlag eingegangen war und ich anläßlich einer geselligen Veranstaltung in Jena Gelegenheit hatte, einigen mir seit Jahren bekannten und befreundeten aktiven und pensionierten Mitarbeitern des Glaswerks meine Verwunderung über diese merkwürdige Haltung des Werkleiters auszusprechen, obwohl er noch in seinem Schreiben vom 11. Februar 1961 davon gesprochen hatte, daß ihm das teilweise Verschwinden meines Vorworts im Glaswerk schon aus dem Grunde überaus peinlich sei, weil ihm wohl bekannt sei, wie diese meine Arbeit die Ergebnisse von langjähriger und mühevoller wissenschaftlicher Arbeit in sich schlösse, wurde mehrfach die Befürchtung geäußert, daß das Verschwinden jenes Manuskriptteiles durchaus nicht unbedingt etwa mit einem Raubbau einer an dem behandelten Stoff wissenschaftlich mitinteressierten Person zusammenzuhängen brauche, sondern ebenso gut auf eine von außen her schwer zu kontrollierende politische Einflußnahme durch übereifrige Parteifunktionäre auf die Behandlung meiner Buchangelegenheit zurückgehen könne. Denn es sei in Jena doch allgemein bekannt, daß an jenen Kontrollstellen vielfach die Meinung bestünde, eine noch so sachliche Darstellung der Geschichte der Carl Zeiss-Stiftung und ihrer für die damalige Zeit enormen finanziellen Leistungen für die Werksangehörigen, die Universität und das allgemeine Wohl dürfe auf keinen Fall auf literarischem Wege der gegenwärtigen Generation in Erinnerung gebracht werden, weil eine solche Darstellung notwendig zu politisch unerwünschten Vergleichen zwischen den gegenwärtigen und den ehemaligen Sozialleistungen würde führen müssen. Und natürlich mußte ich mir sagen, daß auch diese Vermutung manches Richtige in sich schließen konnte. Ungefähr um dieselbe Zeit, zu der diese in Jena umlaufenden Gerüchte erstmalig an meine Ohren drangen, kam mir auch die damals im Juni 1961 im Druck (= „Jenaer Reden und Schriften“, Neue Folge Heft 2) erschienene Rede zu Gesicht, die der Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Walter Ulbricht, bereits am 20. Oktober 1960 anläßlich des 15. Jahrestages der Neueröffnung der Jenaer Friedrich Schiller-Universität gehalten hatte. Da er in dieser Rede betont hatte, nach seiner Ansicht seien die wissenschaftlichen und technischen Verdienste Abbes und (besonders auch) Schotts noch bis heute gerade auch von seinen Gesinnungsgenossen längst nicht gebührend gewürdigt worden und man müsse sich vom Standpunkt seiner Partei nur gegen die vielfach vertretene Auffassung wenden, als ob die von ihnen geleiteten und einer Stiftung des privaten Rechts zugeführten Betriebe Glaswerk Schott und Optische Werkstätte Carl Zeiss zu irgendeiner Zeit mit Recht als „sozialistische“ Betriebe hätten in Anspruch genommen werden können,

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zog ich einige Tage lang in Erwägung, ihm einmal zu schildern, wie sich meine sämtlichen bisherigen Schriften und mein Manuskript zum III. Teilband der „Briefe und Dokumente“ haargenau auf der in seiner Rede angedeuteten Linie bewegten, und wie er daher die gegen meine Arbeit von offensichtlich übereifrigen Funktionären seiner Partei erhobenen ideologischen Einwendungen zum Anlaß nehmen möchte, bei passender Gelegenheit einmal ein maßgebliches und richtungweisendes Wort zu äußern. Nachdem ich auch schon ein entsprechendes Schreiben an Herrn Ulbricht zu Papier gebracht hatte, hielt ich es aber doch für richtiger, das Schreiben nicht abzuschicken, weil es ja hätte sein können, daß man sich in Jena nunmehr doch bald zu einer Stellungnahme zu meinem Vorschlag entschließen würde. In Wirklichkeit aber sollte fast das ganze Jahr 1961 vergehen, bis man sich in Jena, wenn auch noch immer langsam genug, entschloß, auf meinen Vorschlag zurückzukommen. Eine zwanglose Gelegenheit, das Glaswerk wieder einmal an die noch immer ausstehende Antwort der Werkleitung auf das Schreiben des Dresdner Instituts vom Mai 1961 zu erinnern, bot sich mir, als es mir oblag, die Weihnachtswünsche, die ich, verbunden mit einer Flasche Rotwein zu Anfang des Monats Dezember 1961, von der Werkleitung, der Betriebs-Partei-Organisation und der Betriebsgewerkschaftsleitung des Glaswerks erhalten hatte, durch ein Dankschreiben vom 9. Dezember 1961 mit entsprechenden Gegenwünschen zu erwidern. Herr Nordwig erwiderte darauf unter dem 21. Dezember 1961 wie folgt: „Zunächst möchten wir die Gelegenheit benutzen, Ihnen für die bevorstehenden Festtage und den Jahreswechsel die besten Wünsche zu übermitteln. Wir hoffen, daß Sie auch weiterhin trotz Ihres hohen Alters regen und aktiven Anteil am Zeitgeschehen nehmen können, wie dies bis jetzt der Fall war. Was unsere gemeinsamen Probleme anbelangt, so kann dazu noch nichts Abschließendes gesagt werden. Sie hatten s.[einer] Z[ei]t. Gelegenheit, mit Vertretern des Dresdner Institutes und der hiesigen Gruppe der Gesellschaftswissenschaftler eine Aussprache zu führen, die zweifellos zur Klärung der Standpunkte beitrug. Danach muß die Frage einer weiteren Veröffentlichung offen bleiben. Anders ist es nach dem gegenwärtigen Stand mit der Frage einer Neuerarbeitung der Einleitung. Sie üben mit Recht Kritik daran, daß hierzu seit Monaten eine Stellungnahme fehlt. Wir haben jedoch selbst wegen notwendiger Klarstellungen einige Schwierigkeiten und großen Zeitverlust gehabt, die hier nicht näher erörtert werden sollen. Dessen ungeachtet bitten wir Sie, auch unserer Sachlage Verständnis entgegen zu bringen. Wir sind vor kurzem mit dem Dresdner Institut erneut in Verbindung getreten, und nehmen an, daß sich Anfang des kommenden Jahres weiteres sagen läßt. Wir dürfen Sie bitten, sich in diesem Sinne noch zu gedulden […].“ Ich antwortete Herrn Nordwig am 31. Dezember 1961, ich sei sehr erfreut gewesen zu hören, daß er bereits zu Anfang des laufenden Monats die Verbindung mit dem Dresdner Institut wieder aufgenommen habe, um nach Möglichkeit doch noch eine Vereinbarung über mein Manuskript zu erzielen, die allen beteiligten Interessen Rechnung tragen würden. Gleichzeitig drückte ich ihm mein Bedauern darüber aus, daß er (Nordwig) an der Jenaer Aussprache vom 29. September 1961 nicht persönlich ebenfalls teilgenommen habe, so daß ich mich dann früher vielleicht auch schon mit ihm und seinen Kollegen von der Betriebsgewerkschaftsleitung und der Betriebsparteiorganisation hätte verständigen können. Einige Bemerkungen grundsätzlicher Art, die ich mir schon immer einmal für eine Aussprache mit ihm und seinen Kollegen zurechtgelegt und seinem

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Schreiben nunmehr beigefügt hätte, könnten für uns vielleicht eine geeignete Unterlage bilden, um eine solche Aussprache auch jetzt noch nachzuholen. Am 13. Februar [1962] schrieb mir Herr Nordwig, er sei zur Zeit zu überlastet, um in eine Erörterung meiner „grundsätzlichen Ausführungen“ einzutreten. Aber auch das Dresdner Institut habe auf das Jenaer Schreiben vom 6. Dezember 1961 noch nicht geantwortet, und man habe es daher heute um Antwort ersucht. Dann heißt es weiter: „Die Vorbehalte in Ihren grundsätzlichen Ausführungen, die die verständliche Wahrung Ihrer Interessen einerseits und andererseits von Herrn Schichlein betreffen, haben wir zwischenzeitlich dem Letztgenannten vermittelt. Er erklärte dazu, daß zumindest bei seiner vorgesehenen Doktorarbeit zu keinen Überschneidungen kommen könne und äußerte im übrigen den Wunsch und die Absicht, Sie bei nächster Gelegenheit persönlich aufzusuchen, um sich mit Ihnen auszusprechen. Er wird sich mit Ihnen direkt in Verbindung setzen. Sobald ich Ihnen weiteres mitteilen kann, schreibe ich ihnen erneut.“ Hierzu möchte ich bemerken, daß es Herr Schichlein auch bis heute [Januar 1963] noch nicht für nötig befunden hat, sich mit mir persönlich oder auch nur schriftlich in Verbindung zu setzen, so daß ich nach wie vor im Unklaren darüber bin, in welchem Ausmaß und in welcher Form er für seine Dissertation von meiner Arbeit, insbesondere dem verschwundenen Teil der ursprünglichen Einleitung dazu, Gebrauch gemacht hat. Unter dem 20. Februar 1962 schickte mir das Dresdner Institut mein dem Glaswerk am 31. Dezember 1961 vorgelegtes Memorandum, das ich ihm in Abschrift hatte zugehen lassen, mit dem Bemerken wieder zurück, daß die schriftlichen Verhandlungen noch immer nicht zu einem Ergebnis geführt hätten und daß sich Herr Institutsdirektor Dr. [Alfons] Kauffeldt zur Zeit zwar im Urlaub befände, mich aber herzlich grüßen lasse. Immerhin muß dieser bald darauf aus seinem Urlaub wieder nach Dresden zurückgekehrt sein und dem Glaswerk mitgeteilt haben, daß auch ihm der in meinen Memorandum vom 31. Dezember 1961 enthaltene Vorschlag betreffend eine von mir auszuarbeitende Neufassung der Einleitung „erwünscht“ sei. Denn am 7. März 1962 schrieb mir Herr Werkleiter Nordwig folgendes: „Im Anschluss an mein Schreiben vom 13. Februar 1962 kann ich Ihnen heute mitteilen, daß inzwischen eine Stellungnahme von Herrn Dr. Kauffeldt vorliegt, die die erwünschte Klarheit bringt. Danach ist die Neufassung der Einleitung erwünscht, wobei für uns die Frage der Möglichkeit der Finanzierung noch offen bleibt. Über die Einzelheiten der von Ihnen zu übernehmenden Arbeit müßte nun eine persönliche Aussprache erfolgen. Freundlicher Weise hat sich Herr [Erich] Studzinski als Leiter des Fischer-Verlages bereit erklärt, an dieser Aussprache helfend mitzuwirken. Ich muß ausdrücklich feststellen, daß diese Mitwirkung noch keine Zusage auf eine Drucklegung bedeutet. Bitte, teilen Sie uns mit, ob Sie mit einer derartigen Besprechung einverstanden sind. Wenn ja, so ist uns auch eine Übersicht erwünscht, an welchen Tagen Sie im Laufe des Monats März, eventuell auf kurzfristige Vereinbarung, nach hier kommen können […].“ Da zu der Zeit, als im Volkseigenen Verlag Gustav Fischer von dem Lektor Dr. Schmerbach mein Manuskript zu dem III. Teilband der „Briefe und Dokumente“ (am 22. August 1959) kritisch begutachtet worden war, die Leitung des Verlags noch bei dem in der Folgezeit nach dem Glaswerk übergesiedelten Herrn Fred Böhme gelegen hatte, und ich daher Grund zur Annahme hatte, daß der nunmehrige Leiter, Herr Erich Studzinski, über die seitdem im Hinblick auf mein Manuskript gepflogenen Verhandlungen

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noch nicht völlig auf dem Laufenden war, hielt ich es für richtig, ihm in Hinblick auf die nun in naher Aussicht stehende gemeinsame Besprechung mit dem Werkleiter Nordwig am 15. März 1962 folgenden Brief zu schreiben: „Wie mir Herr Werkleiter Nordwig unter dem 7. d[iese]s. [Monats] mitgeteilt hat, möchte er mit mir noch im Laufe des Monats März die Art der Arbeit erörtern, die ich zu übernehmen haben würde, um, meinem Vorschlag entsprechend, die beim Hin- und Hersenden meines Manuskriptes zu „Briefe und Dokumente“ III. Teil zwischen Jena und Dresden auf bisher unaufgeklärt gebliebene Weise z. T. verloren gegangene Einleitung durch eine neue und bedeutend kürzere zu ersetzen. Diese wäre so zu formulieren, daß sie zu einer den wissenschaftlichen Wert der gesamten Arbeit in Frage stellenden gesellschaftspolitischen Kritik keinen sachlich berechtigten Angriffspunkt darbieten könnte, also auch vom verlegerischen Standpunkt aus keinerlei geschäftliches Risiko in sich schließen würde. Wie mir Herr Nordwig weiter mitgeteilt hat, haben Sie sich liebenswürdiger Weise bereit erklärt, an dieser Aussprache helfend mitzuwirken, und wenn auch die Frage der Drucklegung meiner Arbeit in ihrem Verlag dadurch in keiner Weise präjudiziert werden soll, so begrüße ich dies umso mehr, als ich bisher noch keine Gelegenheit gehabt habe, Ihnen gegenüber zu dem im Sommer 1959 aus Ihrem Verlag hervorgegangenen Lektoratsgutachten, das mir erst im April 1961 auf dem Umweg über das Dresdner Institut für Geschichte der Technik usw. zu Gesicht gekommen ist, Stellung zu nehmen. Ich nehme als selbstverständlich an, daß Ihnen die zahlreichen Beurteilungen, die meine bisherigen, in Ihrem Verlag erschienen Arbeiten zur Vorgeschichte und Betriebsgeschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen. teils durch die einschlägigen naturwissenschaftlichen, technischen und gesellschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften, teils durch Zuschriften von führenden Gelehrten fortlaufend erfahren haben, wohl bekannt sind, obwohl ich immer gefunden habe, daß Sie gerade von denjenigen, die nicht nur mir, sondern auch dem Verlag und dem Glaswerk zur besonderen Genugtuung, um nicht zu sagen Ehre gereichen müssen, in Ihren Verlagsprospekten bisher noch so gut wie keinen werbenden Gebrauch gemacht haben. Da ich aber nicht sicher bin, ob Ihnen von Seiten der Werbe-Abteilung des Glaswerks seit der Zeit, in der sich die Leitung des Glaswerks in zunehmendem Maße von der literarischen Zusammenarbeit mit mir distanziert hat, auch weiterhin, wie früher fortlaufend, diese Beurteilungen zur Kenntnis gebracht worden sind, füge ich diesem Schreiben einige davon, die mir aus neuerer Zeit gerade zur Hand sind, im Auszug und mit einigen Bemerkungen von mir versehen, bei. Es sollte mich freuen, wenn Sie daraus den Eindruck gewinnen würden, daß dem oben erwähnten abfälligen Urteil ihres Verlagslektorats doch auch sehr beachtenswerte und gewichtige Beurteilungen entgegengesetzter Art über die meinen Arbeiten zu Grunde liegenden Auffassungen von der notwendigen Dokumentation jeder Art von Betriebsgeschichte gegenüberstehen, und ich zweifle nicht, daß die Berücksichtigung auch dieser letzteren Beurteilungen die bevorstehende Aussprache erheblich fördern könnte.“ Die dem obigen Brief beigefügten Beurteilungen des II. Teilbandes meiner „Briefe und Dokumente“ waren folgenden Zeitschriften und Zuschriften an mich oder an das Jenaer Glaswerk entnommen: 1. Jenaer Rundschau II (1958), 2. Heft S. 66 von Dr. August Sonnefeld; 2. Feingeräte Technik VII (1958), Heft 8, von Rühl; 3. Die Sterne (1958) Heft 1/2, von Prof. Dr. Cuno Hoffmeister; 4. Brief desselben an das Jenaer Glaswerk

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vom 15. Mai 1957; 5. Chemische Berichte 1959, Heft 9, von Prof. Dr. Weinhold; 6. Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 1961 XLVIII (1961), Heft 1, von Dr. Franz Lerner; 7. Deutsche Literaturzeitung XXXII (1962), Heft 4, von Max Kemter; ferner Auszüge aus Zuschriften an mich von den Nationalpreisträgern Prof. Dr. Ing. Kurt Schwabe – Dresden vom 12. Oktober 1961, Prof. Dr. Erich Thilo – Berlin; Prof. Dr. M. A. Besborodow, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, aus Leningrad [richtig: Minsk] vom 10. Januar 1962, der mir u. a. schrieb: „Sie sind ein Vorbild für uns alle, die jünger sind als Sie sind; bei Ihnen muß man lernen, wie man arbeiten und leben muß.“ Herr Studzinski antwortete auf diesen Brief am 24. März 1962 wie folgt: „Da ich einige Tage von Jena abwesend war, komme ich leider erst heute dazu, Ihnen den Erhalt Ihres freundlichen Schreibens vom 15. März 1962 zu bestätigen, das am 20. März im Verlag einging. Vielleicht darf ich vorweg gleich bemerken, daß es mir sehr angenehm sein wird, am 27. d.[ieses] M.[onats] mit Ihnen und Herrn Nordwig zusammenzutreffen. Der Ausgangspunkt dafür – die verloren gegangene Einleitung Ihres Manuskriptes „Briefe und Dokumente“ Teil III – ist allerdings wenig erfreulich, denn ein Verleger wird es wohl vom Grundsätzlichen her immer bedauern, wenn mühevolle wissenschaftliche Arbeit nicht erhalten bleibt. Deshalb würde ich auch prinzipiell eine Verständigung zwischen Ihnen und Herrn Nordwig über eine Neufassung der Einleitung begrüßen. Bei dem vorgesehenen Gespräch wird zwangsläufig auch Gelegenheit sein, uns über den damaligen Standpunkt des Verlags zur Drucklegung des Teils III auszutauschen. Mir ist natürlich der genaue Hergang nicht mehr eindeutig in Erinnerung, aber ich weiß so viel, daß es seinerzeit nicht wenig ernsthafte Aussprachen gegeben hat. Weder dem Verlag noch – so glaube ich annehmen zu können – Herrn Nordwig ist der Verzicht auf die Drucklegung leicht gefallen, denn die prinzipielle Bedeutung der von Ihnen bewältigten Arbeit war niemals umstritten. Die mir jetzt dankenswerter Weise überlassenen Abschriften von Rezensionen und anderweitigen Äußerungen runden dieses Bild nur noch ab. Ergänzend dazu gestatten Sie mir noch eine freimütige Bemerkung. Mit dem Teil III kamen Sie an die neuere Zeit heran, und hier ist es nach meiner Auffassung besonders erforderlich, aber auch schwierig, eine Auswahl der Dokumente zu treffen und eine Erläuterung zu wählen, mit denen den gesellschaftspolitischen Erfordernissen unserer Tage und der Geschichtsbetrachtung des historischen Materialismus Rechnung getragen wird. Wie gesagt: mir sind keine Einzelheiten mehr in Erinnerung, aber es scheint mir so zu sein, daß uns damals diese grundsätzliche Seite im Manuskript nicht genügend berücksichtigt schien. Es dürfte der Sache jedoch nur dienlich sein, darüber bei unserer Zusammenkunft in aller Offenheit zu sprechen, auch dann, wenn unserer Auffassung darüber weit auseinander gehen sollten. Vielleicht hätte die jetzt vorgesehene Unterredung schon vor Jahr und Tag stattfinden müssen. Wie auch das Ergebnis ausfallen mag, es wird mir auf alle Fälle angenehm sein, an der Erörterung teilzunehmen.“ So fand denn nach vorausgegangener telefonischer Verständigung die von Herrn Nordwig vorgeschlagene Besprechung zwischen ihm, mir und Herrn Studzinski am 27. März 1962 von 10.30 bis gegen 12 Uhr zu Jena im Geschäftszimmer von Herrn Nordwig statt. An der Hand eines von mir vorher zu Papier gebrachten Memorandums, von dem ich sowohl Herrn Nordwig wie auch Herrn Studzinski je einen Durchschlag überreichte, erklärte ich zunächst, daß ich mich hinsichtlich meiner Bereitschaft zu einer Neubearbei-

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tung meines verloren gegangenen Vorwortes durch keinerlei persönliche oder materielle, sondern lediglich durch sachliche Gesichtspunkte bewogen fühle. Mein Wunsch sei lediglich, das Dresdner Institut in die Lage zu versetzen, dem Berliner Staatssekretariat über den ordnungsgemäßen Abschluß meines Forschungsauftrages berichten zu können und dieser Behörde damit zugleich eine sachliche Beurteilung des wissenschaftlichen Wertes meiner Arbeit zu ermöglichen. Gleichzeitig sei ich damit auch bereit, die Werkleitung des Glaswerks aus der Verlegenheit zu befreien, in die sie durch das rätselhafte Verschwinden eines Teiles des ihr zur Einsichtnahme und Prüfung übergebenen Manuskriptes geraten sei. Weiter legte ich dar, von welchen Grundsätzen und Erwägungen ich mich bei der Erarbeitung eines neuen Vorwortes leiten zu lassen gedächte. Eine Neuerarbeitung in der früheren Form sei wegen der Übergabe des zu dem früheren Vorwort gehörigen Behelfsmaterials an das Glaswerk bzw. an das Dresdner Institut sowie wegen des Fehlens einer Abschrift des verschwundenen Textteiles unmöglich geworden. Aber auch aus buchtechnischen Gründen wäre es, wie ich nunmehr glauben möchte, zu empfehlen, die Einleitung kürzer als ursprünglich zu halten, d. h. sie von über 300 auf möglichst nur 50 Schreibmaschinenseiten zu reduzieren. Durch eine solche kurze Einleitung könnte zugleich dem in der Kritik mehrfach entstandenen Eindruck vorgebeugt werden, als sei es meine Absicht gewesen, die Betriebsgeschichte des Glaswerks von 1886 bis 1914 zusammenfassend darzustellen, während es mir – schon mit Rücksicht auf den Titel und den Charakter der ganzen Schriftenfolge – doch nur darauf hätte ankommen müssen, für eine solche geschichtliche bzw. soziologische Darstellung das unumgänglich notwendige Quellenmaterial bereitzustellen und dieses Quellenmaterial hinsichtlich seiner Provenienz und seiner sachlichen Bedeutung zu charakterisieren. Mein Vorschlag ginge daher nunmehr dahin, dem bisherigen, mit Anmerkungen sowie einem Quellen- und Literaturverzeichnis versehenen dokumentarischen Teil ein neues, möglichst knapp gehaltenes Vorwort voranzustellen, das sich bewußter und konsequenter als das frühere, nun ohnehin zum Torso gewordene an den Gesamtcharakter der Schriftenfolge würde halten müssen und eben dadurch auch einer Kritik meiner Arbeit unter gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten keinen sachlich berechtigten Angriffspunkt mehr würde bieten können. Zu meiner Genugtuung fand mein Vorschlag bei meinen Gesprächspartnern eine, wenn zunächst auch nur grundsätzliche, Zustimmung. Obwohl ich mit Herrn Nordwig schon vorher dahin übereingekommen war, daß mit seiner Annahme die Förderung der Drucklegung des Teilbandes III durch das Glaswerk in gleicher Weise, wie es bei den Teilbänden I und II geschehen war, noch nicht präjudiziert sein sollte, meinte Herr Studzinski, er würde, sobald sich das Glaswerk mit dem neuen Vorwort und der finanziellen Förderung der Drucklegung einverstanden erklärt haben würde, gerne nach Dresden fahren und mit dem Dresdner Institut gemeinsam überlegen, in welcher äußeren Form der Band nunmehr, nachdem die Thüringische Historische Kommission als Herausgeberin nicht mehr in Frage kommen könne, zur Veröffentlichung gebracht werden könnte. Er könne sich denken, daß es nicht schwer fallen würde, an Stelle des verstorbenen früheren Herausgebers (Prof. Dr. Willy Flach) einen geeigneten neuen Herausgeber aus den Reihen der wissenschaftlichen Prominenz zu gewinnen und diesen zu veranlassen, auch diesem Band ein der Sachlage Rechnung tragendes Geleitwort voranzuschicken.

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Als ich zum Schluß unseres Gespräches darauf hinwies, daß mir persönlich daran gelegen sei, die Arbeit an dem neuen Vorwort derart einzurichten, daß ich an meinem (am 11. Juli 1962) bevorstehenden 75. Geburtstag gleichsam einen Schlußstrich unter meine langjährige literarisch-wissenschaftliche Beschäftigung mit der Geschichte des Glaswerks würde machen können, erklärte mir Herr Nordwig, daß er die geschäftliche Seite der Angelegenheit, d. h. die von mir gewünschte Honorierung meiner Arbeit mit 1 000 Mark, klären wolle, sobald der Buchhalter des Glaswerks aus seinem Urlaub zurückgekehrt sein würde. Denn auch ihm sei viel daran gelegen, wenn die ganze Angelegenheit meines Manuskriptes nunmehr endlich zu einem alle Beteiligten befriedigenden Abschluß gebracht werden könnte. In der Tat erhielt ich denn auch bereits zwei Wochen später aus Jena folgendes Schreiben vom 12. April 1962: „Nach entsprechender Beratung innerhalb des Werkes und unter Bezugnahme auf die am 27. März hier gehabte Aussprache sowie die von Ihnen bei dieser Gelegenheit übergebene Konzeption bitten wir Sie hiermit, eine neue Einleitung zu schreiben. Die Notwendigkeit hierzu ergibt sich aus dem Verlust eines Teiles des in Dresden liegenden Manuskriptes. Der Umfang der neuen Einleitung ist mit 3050 Seiten vorgesehen. Das Honorar wird mit 1 000 DM vereinbart, zahlbar nach Übernahme des Manuskriptes und dessen kurzfristiger Überprüfung. Die Überweisung erfolgt abzüglich der gesetzlichen Lohnsteuer. Als späterer Termin für die Fertigstellung und Übergabe des Manuskriptes wird der 31. Juli [19]62 vereinbart. Wir freuen uns, die Angelegenheit auch in Ihrem Sinne regeln zu können und bitten, uns Ihr Einverständnis auf dem beiliegenden Durchschlag zu bestätigen, den Sie uns dann, bitte zurücksenden wollen.“ Das Schreiben war von dem Kaufmännischen Leiter [Fred] Böhme und dem Werbeleiter [Heinrich] Stanke unterschrieben. Für die Haltung, die Herr Studzinski nach unserer Unterredung vom 27. März im Hinblick auf meine Auffassungen von der Persönlichkeit Schotts einnahm, ist es bezeichnend, daß er mir bereits unter dem 11. April schrieb, er habe meinen ihm zur Lektüre überlassenen, am 10. Mai 1961 im Coburger „Sprechsaal“ veröffentlichten Aufsatz „Ein unbekannter Brief von Ernst Abbe an Hermann von Helmholtz, ein Beitrag zur Vorgeschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Gen.“ nicht nur deswegen mit Interesse gelesen, weil er durch ihn einen gewissen Einblick in die mit der Gründung des Glaswerks verbundenen Schwierigkeiten gewonnen habe, sondern auch deswegen, weil ihm dadurch die Persönlichkeit Schotts näher gerückt worden sei. Da mir mit Rücksicht auf das, was wir am 27. März über eine nochmalige Überprüfung meines Manuskriptes nach dem 1. August verabredet hatten, viel daran gelegen sein mußte, ihn in dieser unbefangenen Würdigung der Persönlichkeit Schotts weiter zu bestärken, schickte ich ihm am 13. April auch einen Sonderdruck meines 1961 in Heft 3 der von Prof. Treue – Göttingen herausgegebenen Zeitschrift „Tradition“ veröffentlichten Aufsatzes „Meine erste Begegnung mit Dr. Otto Schott im Sommer 1927“ und fügte meinem Brief auch eine Skizze von der Neugestaltung bei, die nach meiner Absicht das Inhaltsverzeichnis meines Teilbandes auf Grund der mir bevorstehenden Neubearbeitung des Vorwortes würde erfahren müssen. Denn durch diese Skizze erhielt er zu ersten Mal einen bequemen Überblick über die Art und den Inhalt der von mir für den ganzen Teilband ausgewählten Briefe und Dokument.

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In der Antwort, mit der er mir unter dem 28. April 1962 diese Skizze zurücksandte, heißt es u. a.:„Es ist doch recht angenehm, daß jetzt Klarheit über die notwendige Neufassung der Einleitung besteht. Ich wünsche Ihnen bei dieser mühevollen Arbeit recht viel Erfolg. Den mir übermittelten Rohentwurf für das Inhaltsverzeichnis habe ich interessiert zur Kenntnis genommen, aber ich kann nichts dazu sagen, weil mir einfach für die erbetene Stellungnahme die sachlichen Kenntnisse fehlen. Sicherlich werden sie eine zweckmäßige Auswahl der Dokumente vorgenommen haben.“ Auch das Dresdner Institut teilte mir unter dem 28. April mit, man sei dort sehr erfreut, daß endlich über die Neufassung der Einleitung eine Einigung zustande gekommen sei: „Wir wünschen Ihnen zu Ihrer erneuten Bearbeitung recht guten Erfolg und hoffen, daß somit noch dieses Jahr mit dem gewünschten Abschluß gerechnet werden kann.“ So machte ich mich denn sogleich nach Ostern mit aller Kraft ans Werk. Dabei sollte sich schnell herausstellen, daß die nun zu lösende Aufgabe doch noch viel schwieriger war, als ich es mir vorgestellt hatte. Wenn es schon an sich schwierig genug war, den gleichen geschichtlichen Stoff, den ich in meinem Originalmanuskript auf über 300 Seiten behandelt hatte, nunmehr auf nur etwa 50 Seiten zu behandeln, so wurde diese zusammenfassende Darstellung noch dadurch erschwert, daß gerade die aus dem Manuskript nun verschwundenen 120 Seiten eine besonders große Fülle von Daten und Zahlen enthalten hatten, die nur umso umständlicher wieder zusammengesucht werden konnten, als ich dem Jenaer Glaswerk im Herbst 1959 ja alle darauf bezüglichen Konzepte und Arbeitsnotizen auf Nimmerwiedersehen überlassen hatte. Und weiter: Wenn ich bemüht sein mußte, durch die Neufassung des Vorwortes einer aus irgendwelcher der Gegenwart zugehörigen Gesellschaftslehre hergeleiteten ideologischen Kritik keinen Ansatzpunkt darzubieten, so würde ich es erst recht als eine mit meinem wissenschaftlichen Verantwortungsgefühl unvereinbare „captation benevolentiae“ [Verlangen nach Wohlwollen] betrachtet haben, wenn ich mich nun dazu verleiten lassen würde, mindestens partienweise in den Jargon der vulgären kommunistischen Phraseologie zu verfallen. Aber ungeachtet aller dieser Schwierigkeiten hatte ich doch die Genugtuung, gerade am Vorabend meines 75. Geburtstages d. h. am 10. Juli 1962, meine Arbeit als im wesentlichen beendet betrachten zu dürfen und so die mir bis zum Abliefertermin (d. h. zum 1. August) noch verbliebenen Tage redaktionellen Abschlußarbeiten widmen zu können. Für die gegenseitige Distanzierung, die zwischen mir und dem Jenaer Glaswerk im Lauf der beiden letzten Jahre Platz gegriffen hatte, war es bezeichnend, daß die Leitung des Glaswerks gerade zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal unter den Gratulanten fehlte, nachdem sie z. B. zu meinem 50jährigen Doktorjubiläum (d. h. am 22. Februar 1960) ihrem langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiter eine nicht alltägliche Ehrung hatte zu Teil werden lassen. Man wird begreifen, wie seltsam dieses Verhalten des Jenaer Glaswerks mich berührte, wenn ich an jenem Geburtstag unter den zahllosen Ehrungen und Gratulationen, die mir aus aller Welt zugingen, u. a. auch eine Adresse vorfand, in der mir die bundesrepublikanische Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte durch ihren Vorsitzenden (Prof. Dr. Dr. Friedrich Lütge – München) u. a. versicherte: „Wir wissen um ihre allgemein anerkannten Arbeiten im besonderen auch zur Geschichte der Glas- und Montanindustrie und zu sonstigen Fragen der thüringischen Wirtschaftsgeschichte. Ich persönlich, der ich lange Jahre in Jena verbracht habe, konnte s. Zt. einen

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unmittelbaren Eindruck von ihren wissenschaftlichen Bemühungen gewinnen und bin nicht der Einzige gewesen. Es drängt mich, Ihnen heute zu sagen, daß Ihre wissenschaftlichen Arbeiten von uns allen nach wie vor auf das Höchste geschätzt werden, nicht zuletzt auf Grund der unbestechlichen, an den sachlichen Problemen ausgerichteten Wissenschaftlichkeit. Aus dieser Haltung heraus „bitte ich Sie, die aufrichtigsten Glückwünsche unserer Gesellschaft entgegen nehmen zu wollen. Und ebenso auch meine persönlichen Wünsche und Grüße.“ Eine gewisse Aufklärung dieser mir ungewohnten Haltung der Werkleitung des Glaswerks brachte mir die mir kurz nach meinem Geburtstag zugegangene Nachricht, daß – wohl schon um den 1. Juli – der bisherige Werkleiter des Glaswerks, Herr Nordwig, der mir auch während der über mein Manuskript entstandenen Meinungsverschiedenheiten durchaus glaubhaft immer wieder sowohl brieflich wie mündlich seine Hochachtung vor meiner wissenschaftlichen Tätigkeit ausgedrückt hatte, infolge nervöser Überanstrengung von seinem Posten zurückgetreten war und diesen mit einer geschäftlich wie politisch weniger exponierten Stellung an dem von Nationalpreisträger Prof. Dr. Hans Knöll geleiteten Institut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie vertauscht habe. Als sein Nachfolger wurde mir ein mir bis dahin völlig unbekannter Herr [Werner] Schubert genannt, der bis dahin eine Betriebsabteilung des VEB Carl Zeiß geleitet habe. Es lag nahe anzunehmen, daß dieser Wechsel in der Leitung des Glaswerks dem weiteren Schicksal meines Manuskriptes nicht gerade günstig sein würde, da der neue Werkleiter in Anbetracht der ihm völlig neuen geschäftlichen Aufgaben kaum die Zeit finden würde, sich mit den nun schon über drei Jahre andauernden Verhandlungen über die Finanzierung des Drucks meines III. Teilbandes hinlänglich vertraut zu machen. Nachdem ich also dem Glaswerk mitgeteilt hatte, daß ich gesonnen sei, das von mir neu erarbeitete Vorwort Herrn Schubert am 1. August, also dem vereinbarten Termin gemäß, zu übergeben, und nachdem mir der Bescheid geworden war, daß sich nicht mit Sicherheit voraussagen ließe, ob er an diesem Tag selbst im Werk anwesend sein würde, richtete ich vorsorglich am 31. Juli an Herrn Schubert den folgenden Brief: „Entsprechend Ihrer Nachricht vom 27. d[iese]s. [Monats] werde ich mir erlauben, Ihnen morgen im Laufe des Vormittags das von mir gemäß meiner am 12. bzw. 16. April d[iese]s. [Jahres] mit ihren Herren [Fred] Böhme und [Heinrich] Stanke getroffenen Vereinbarung termingerecht vollendete Ersatz-Manuskript der s. Zt. im Glaswerk verloren gegangenen 323 Maschinenseiten umfassenden Einleitung zu meinem für das Dresdner UniversitätsInstitut für Geschichte der Technik und Naturwissenschaften bearbeiteten III. Teilband meiner ‚Briefe und Dokumente‘ (usw.) zum Zweck der ebenfalls zwischen uns verabredeten kurzfristigen Überprüfung persönlich zu überreichen. Ich nehme ohne weiteres an, daß die von Ihnen vorgesehene Überprüfung meiner Ersatz-Einleitung keine Veranlassung zur Beanstandung darin sehen wird, daß sie statt dem vorgesehenen Maximum von 50 Seiten nunmehr doch 53 Seiten stark geworden ist, denn Sie werden sich leicht vorstellen können, daß es schwieriger ist, das Wesentliche von dem, was man vorher auf über 300 Seiten dargelegt hat, auf nur ca. 50 Seiten zusammenzudrängen, besonders wenn, wie in diesem Falle, dem Bearbeiter von der ursprünglich 323 Seiten umfassenden Vorlage nur noch ein kümmerlicher Rest von 250 Seiten zur Verfügung gestanden hat. Auch hinsichtlich der Beurteilung meines nunmehrigen Ersatzvorwortes wird sich die von Ihnen vorgesehene kurzfristige Überprüfung leicht davon überzeugen können, daß

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die meiner Arbeit zu Grunde liegende Auffassung von Dr. Schotts wissenschaftlichtechnischer Bedeutung in keiner Weise die vielfach anzutreffend, jedoch historisch unrichtige Auffassung in sich schließt, als er und Abbe ‚Sozialisten‘ gewesen seien und als ob die beiden Stiftungsbetriebe Glaswerk und Zeiss unter den Bedingungen des Kapitalismus jemals ‚sozialistische Betriebe‘ gewesen seien. Daher nehme ich auch an, daß die von Ihnen für demnächst zwischen uns vorgesehene Aussprache wieder ebenso, wie meine Aussprache mit Herrn Nordwig vom 27. März d[iese]s. J[ahre]s., unter Zuziehung von Herrn Studzinski stattfinden wird, und daß dabei nochmals die Frage erörtert werden soll, ob sich das Glaswerk nunmehr nicht doch entsprechend seiner bereits im Januar 1959 dem Dresdner Institut für Geschichte der Technik und Naturwissenschaften gegebenen schriftlichen Erklärung bereitfinden sollte, das Erscheinen meines III. Teilbandes im volkseigenen Verlag Gustav Fischer in ähnlicher Weise zu fördern, wie dies den beiden früheren Bänden gegenüber geschehen ist. Ich schreibe Ihnen diese Begleitzeilen zu der oben erwähnten persönlichen Überbringung meines Manuskriptes vorsorglich, da ich von Frau Studzinski gehört habe, es sei nicht sicher, ob Sie schon morgen für eine, wenn auch nur kurze Besprechung mit mir Zeit finden würden. Mit Rücksichtnahme auf den Zusammenhang, in dem die Frage meines Vorwortes auch mit dem Dresdner Institut steht, werde ich diesem gleichzeitig eine Abschrift dieses Briefes zugehen lassen.“ Erfreulicher Weise fand Herr Schubert doch Zeit, mich persönlich zu empfangen, als ich das Glaswerk am Vormittag des 1. August besuchte und ihm das Manuskript meines Vorwortes mit dem vorstehenden Begleitbrief übergab. Wie ich befürchtet hatte, war er über die wegen des Teilbandes III seit nunmehr 3 ½ Jahren zwischen mir und dem Glaswerk bzw. dem Dresdner Institut geführten Verhandlungen noch in keiner Weise im Bild und wollte daher zunächst in keiner Weise verstehen, wieso ich dem Glaswerk gegen besondere Vergütung ein neues Vorwort übergeben hätte, das aber dennoch nicht dem Glaswerk gehören, sondern einen Bestandteil des in Dresden lagernden Manuskriptes bilden und daher dem Dresdner Institut nach erfolgter Überprüfung weiterzureichen sei. Ich erklärte ihm nun an der Hand des Begleitbriefes den in Frage kommenden Zusammenhang, soweit dies im Rahmen unserer etwa dreiviertelstündigen Aussprache möglich war, übergab ihm auch das von mir neu bearbeitete Inhaltsverzeichnis zu dem gesamten Band, weil er sich mit dessen Hilfe auch einen schnellen Überblick über den wesentlichen Inhalt des Bandes, insbesondere über die Art der ausgewählten Briefe und Dokumente würde verschaffen können. Ich erklärte ihm auch, wie nach meiner Auffassung sein Vorgänger, Herr Nordwig, dadurch gegen den literarisch-wissenschaftlichen Brauch verstoßen hätte, daß er wiederholt dem am gleichen Stoff interessierten Doktorandenkollektiv meine Arbeit nicht nur zur Einsichtnahme, sondern auch zur Benutzung für die eigenen Arbeiten überlassen habe, und bat ihm auch, die zwischen mir und Herrn Nordwig vorgesehene kurzfristige Überprüfung den neuen Vorwortes nicht wieder durch dieses Kollektiv durchführen zu lassen, sondern durch eine sowohl sachverständige als auch unvoreingenommene Person oder Instanz, am besten also durch den Verlag Gustav Fischer bzw. Herrn Studzinski, wie dies ja auch bei unserer Besprechung mit diesem vom 27. März vereinbart worden sei.

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Herr Schubert versicherte mir darauf, daß er dieser Bitte natürlich entsprechen würde, weil sie auch ihm verständlich erschiene, obwohl er für seine Person infolge seiner bisher vorwiegend technischen Betätigung in diesen literarisch-wissenschaftlichen Fragen noch keine besondere Erfahrung habe. Selbstverständlich werde er, sobald es ihm möglich sei, nun zunächst einmal selbst das ihm übergebene Ersatz-Vorwort nebst dem neuen Inhaltsverzeichnis lesen und nach erfolgter Überprüfung eine erneute Aussprache mit mir oder auch, je nach dem Ergebnis der Überprüfung, die Übersendung des Vorwortes und der Einleitung nach Dresden veranlassen. Wegen der Regelung der mit mir vereinbarten Honorierung möchte ich mich sogleich mit der Betriebskasse in Verbindung setzen, eine Aufforderung, der ich denn auch sogleich nach unserem in den angenehmsten Formen verlaufenden Gespräch Folge leistete. Nachdem mir denn auch bereits an einem der nächsten Tage das gewiß bescheidene Honorar von netto 800 Mark nach Rudolstadt überwiesen worden war, wartete ich nun mit Spannung auf das Ergebnis der mit dem Glaswerk in aller Form vereinbarten kurzfristigen Überprüfung des neuen Vorwortes, bzw. auf die Aufforderung, zum Zweck einer Aussprache über das Prüfungsergebnis wieder nach Jena zu kommen. Da ich aber bis um die Mitte des Oktober noch nichts wieder aus Jena gehört hatte und daher annehmen mußte, mein Manuskript sei inzwischen im Glaswerk überprüft und an den Fischer-Verlag weitergeleitet worden, rief ich am 13. Oktober den letzteren an, um hierüber Näheres zu erfahren. Da Herr Studzinski gerade auf Urlaub abwesend war, wurde mir am 15. Oktober vom Geschäftsführer Martin Bescheid gegeben, Herr Studzinski habe in der Angelegenheit meines Manuskriptes seit unserer Jenaer Besprechung vom 27. März vom Glaswerk noch nichts wieder gehört, ich müsse mich daher am besten beim Glaswerk selbst einmal nach dem Stand der Dinge erkundigen. Da ich einige Tage darauf von dem mir befreundeten Werkleiter eines volkseigenen Glaswerks in Ilmenau [Fritz Barth] hörte, dieser habe sich kürzlich einmal bei Herrn Schubert nach dem Schicksal meines Manuskriptes erkundigt und von ihm den Bescheid erhalten, es sei vom Glaswerk „mit Empfehlung“ weiterbefördert worden. Um sicher zu gehen, wie dieser Bescheid zu verstehen sei, rief ich zu Anfang des Monats November beim Sekretariat des Glaswerks an und bat, dem gerade abwesenden Werkleiter, Herrn [Werner] Schubert, auszurichten, daß mir an einem Bescheid über den Stand meiner Manuskriptangelegenheiten viel gelegen sei, zumal ich gehört hätte, daß inzwischen der bisherige (kommissarische) Leiter des Dresdner Instituts, Herrn Dr. A.[lfons] Kauffeldt, von seinem Posten enthoben worden sei. Auch auf erneuten Anruf in Jena konnte ich von der Sekretärin des Werkleiters nur erfahren, meine Bitte sei Herrn Schubert vorgelegt worden und würde z. Zt. noch bearbeitet. Da ich aber auch diesmal wieder keine Nachricht aus Jena bekam, richtete ich an Herrn Werkleiter Schubert unter dem 27. November 1961 folgenden Brief: „Bereits zu Anfang dieses Monats habe ich Ihr Sekretariat mehrfach fernmündlich gebeten, Ihnen auszurichten, daß mir daran gelegen sei, von Ihnen zu erfahren, ob die Überprüfung des neuen Vorworts zu meinem im Dresdner Institut für Geschichte der Technik usw. liegenden III. Teilband der ‚Briefe und Dokumente‘, gemäß unserer Besprechung vom 1. August ds. Js. inzwischen erfolgt sei. Da mir von Ihrem Sekretariat beim dritten Anruf gesagt wurde, man habe Ihnen meine Bitte vorgelegt, und da ich aber in der Angelegenheit noch nichts wieder von Ihnen gehört habe, möchte ich mir erlauben, darauf hinzuweisen, daß in meiner Unter-

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redung mit Herrn Nordwig und Herrn Verlagsleiter Studzinski (vom V.[olks] E.[eigenen] Fischer-Verlag) am 27. März 1962 verabredet worden war, es solle, sobald ich dem Glaswerk das neue Ersatz-Vorwort eingereicht haben würde, nochmals die Frage geprüft werden, ob der ganze Band in der nunmehr vorliegenden Form nicht doch, wie ursprünglich vom Glaswerk in Aussicht gestellt, unter finanzieller Förderung durch das Glaswerk im Fischer-Verlag gedruckt werden könne. Natürlich hatte ich, als ich Ihnen das neue Vorwort am 1. August d[iese]s. J[ahre]s. auftrags- und termingemäß übergeben hatte, auf Grund jener Vereinbarung gehofft, das Glaswerk würde sich nun erneut mit dem Verlag zu nochmaliger gemeinsamer Überprüfung der Veröffentlichungsmöglichkeit in Verbindung setzen. Stattdessen erfuhr ich aber, als ich den Verlag am 13. bzw. 15. Oktober daraufhin anrief, daß diese Fühlungnahme bisher noch nicht erfolgt sei. Vielleicht haben Sie die Güte mir mitzuteilen, ob inzwischen etwas weiteres in der Angelegenheit erfolgt ist, oder ob Sie, falls das Glaswerk auch jetzt noch von der Mitwirkung an der Drucklegung abzusehen wünscht, das Vorwort inzwischen, wie besprochen, an das Dresdner Institut zurückgeschickt haben.“ Auf diesen Brief erhielt ich von Herrn Schubert unter dem 7. Dezember 1962 folgende Antwort: „In Beantwortung Ihres Schreibens teile ich Ihnen mit, daß ich das neue Vorwort zum III. Teilband ‚Briefe und Dokumente‘ am 3. August 1962 Herrn Dr. Müller, Institut für Geschichte der Technik, in Dresden persönlich übergeben habe. Herr Dr. Müller sagte mir zu, daß er nach Durcharbeitung innerhalb 4 Wochen Bescheid geben wollte. Leider ist bis heute eine Nachricht von Dresden nicht eingegangen. Bei einem nächsten Besuch in Dresden werde ich bei Herrn Dr. Müller nochmals vorsprechen und mich nach dem Stand der Angelegenheit erkundigen. Sie erhalten dann sofort weiteren Bescheid.“ Auf den im vorstehenden Brief angekündigten Bescheid warte ich bis heute – den 23. Januar 1963(!) – noch immer vergebens. Auch das Dresdner Institut für Geschichte der Technik und Naturwissenschaften hat mir bis jetzt keinerlei Bescheid darüber gegeben, ob die dem Werkleiter [Werner] Schubert am 30 August vorigen Jahres in Aussicht gestellte Prüfung meines neuen Vorwortes, die binnen vier Wochen nach der Übergabe erfolgen sollte, inzwischen vor sich gegangen ist bzw. zu welchem Ergebnis sie geführt hat. Somit sind nun, seitdem ich in Ausführung des mir von Dresden aus erteilten Forschungsauftrages das ca. 600 Schreibmaschinenseiten starke Manuskript zu „Briefe und Dokumente des VEB Jenaer Glaswerk“ III. Teilband 1886-1914 termingemäß abgeschlossen und übergeben habe, volle vier Jahre vergangen, ohne daß ich hätte erfahren können, was man nun eigentlich mit meinem Manuskript weiterhin zu tun beabsichtigt. Zu berücksichtigen ist dabei, daß während dieser vier Jahre wiederholt Monate hindurch ohne meine Genehmigung, jedoch im Einverständnis mit dem Dresdner Institut, Personen Einblick in meine Arbeit gegeben worden ist, die auf diese Weise erwünschte und bequeme Möglichkeit erlangt haben, sich die Ergebnisse meiner Arbeit für eigene wissenschaftliche Publikationen zunutze zu machen, daß mir dabei in Jena über 100 Seiten aus dem Manuskript (offenbar) gestohlen worden sind, ohne daß ich die Möglichkeit gehabt hätte, ihren Inhalt zu rekonstruieren und daß ich mich auf diese Weise genötigt sah, in zusätzlicher monatelanger Arbeit ein neues Vorwort zu schreiben, daß in dem vorliegenden Falle mit meiner wissenschaftlichen Arbeit und meinem in der Welt der

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Wissenschaft unbestrittenen Ruf als wissenschaftlicher Forscher und Autor ein teils auf Unfähigkeit, teils auf Verantwortungslosigkeit beruhendes Spiel getrieben worden ist, wie ich es bis zu meinem nun 75. Lebensjahr noch zu keiner Zeit über mich habe zu ergehen lassen brauchen. Und wenn ich mich entschlossen habe, über dieses gewiß nicht alltägliche Erlebnis mit dem fraglichen Teilband-Manuskript den vorstehenden Bericht zu Papier zu bringen, so deswegen, weil es mir, allen bisherigen Widerständen zum Trotz, doch noch gelingen soll, mit der Veröffentlichung des vorliegenden Teilbandes meine dem gleichen Gegenstand gewidmete und vor nunmehr 20 Jahren begonnene Arbeit zum planmäßigen Abschluß zu bringen. Rudolstadt, den 23. Januar 1963.

Nachtrag Nachdem seit meinem Bericht vom 23. Januar dieses Jahres immerhin wieder ein ganzes Vierteljahr verstrichen ist, kann ich heute nur feststellen, daß sich an der mein Manuskript betreffenden Situation von damals auch bis heute noch nichts wesentliches geändert hat, d. h., daß ich noch bis heute vergebens auf die mir bzw. Herrn Werkleiter Schubert zu Anfang des August vorigen Jahres in Aussicht gestellt baldige Stellungnahme des Dresdner Instituts zu meinem neuen Vorwort gewartet habe. Immerhin sind mir seitdem doch einige Tatsachen bekannt geworden, durch welche manches früher von mir über die Schicksale meines Manuskriptes Berichtete eine aufschlußreiche und zugleich charakteristische Ergänzung erfährt. Und da auch diese verdienen, und sei es auch nur, für die Nachwelt, festgehalten zu werden, will ich über sie, so wie ich sie kennen gelernt habe, ebenfalls noch berichten. Vorausschicken muß ich, daß sich bei mir zu Anfang des Oktober 1962 der mir aus langjähriger wissenschaftlicher Zusammenarbeit bekannte Hallenser Universitätsprofessor Dr. Rudolph Zaunick, der als Direktor Ephemeridum der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina des Archiv für Geschichte der Naturforschung und Medizin verwaltet und in Verbindung mit der Deutschen Gesellschaft für Geschichte und Medizin, Naturwissenschaft und Technik die „Mitteilungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften“ (Leipzig) herausgibt, bei mir u. a. nach dem Stand der Veröffentlichung meines III. Teilbandes der „Briefe und Dokument“ erkundigt hatte, und daß ich dessen Anfrage mit einem zusammenfassenden Bericht über den derzeitigen, unerfreulichen Stand dieser Angelegenheit am 11. Oktober beantwortet hatte. Ich hatte darauf unter dem 19. Oktober 1962 von ihm einen Brief aus Halle erhalten, in dem es u. a. hieß: „Nun aber zu dem, was Ihnen als Autor des Schlußbandes Ihrer „Briefe und Dokumente“ angetan worden ist: Ich höre zum ersten Mal davon, möchte Ihnen aber hier irgendwie eine Genugtuung verschaffen. Ich bin mit dem Rektor der T[echnischen] U[niversität] Dresden seit mehr als 30 Jahren sehr freundschaftlich verbunden, und er hat mir gerade in jüngster Zeit berichtet, daß das Dresdner Institut für Geschichte der Technik (usw.) auch bei den vorgesetzten Stellen in schlimmem Rufe stehe. Der bisherige kommissarische Direktor (gemeint ist Dr. A.[lfons] Kauffeldt. Kühnert) ist von seinem Posten entfernt worden. Sodann aber möchte ich auch Herrn Professor. Dr. [Paul] Görlich (wissenschaftlicher Hauptabteilungsleiter bei VEB Carl Zeiss

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Jena. Kühnert), unserem Akademie-Mitglied, den Fall persönlich vortragen. Bitte, teilen Sie mir doch die Sachlage einmal genau mit. Ich möchte Ihnen gerne helfen, brauche aber natürlich Material und Ihr Einverständnis. Natürlich behandle ich diese Angelegenheit vertraulich, Ich glaube aber, daß auch vor allem der Dresdner Rektor sich der Sache sehr annehmen wird […].“ Ich antworte Herrn Zaunick postwendend per Postkarte und teilte ihm mit, daß ich ihm in nächster Zeit einen eingehenden Forschungsbericht zusenden würde, den er dann zunächst einmal dem Rektor der TU Dresden zur Kenntnis- und (vertraulichen) Stellungnahme würde weiterleiten können. Nachdem ich mich dann zunächst noch einmal vorsorglich am 27. November 1962 bei dem Jenaer Werkleiter [Werner] Schubert erkundigt hatte, ob bei ihm inzwischen die ihm bereits für Anfang September in Aussicht gestellt Stellungnahme des Dresdner Instituts zu meinem Manuskript bzw. Vorwort eingegangen sei, und er mir darauf am 7. Dezember 1962 mitgeteilt hatte, daß er von Dresden noch nichts wieder gehört habe, sich aber demnächst in Dresden selbst noch einmal nach dem Stand der Dinge erkundigen wolle, wartete ich nochmals weitere sechs Wochen lang auf Bescheid, und erst als dieser bis zum 23. Januar 1963 noch nicht eingegangen war, übersandte ich Prof. Zaunick den von ihm gewünschten zusammenfassenden Bericht, in dem ich ihn gleichzeitig brieflich ermächtigte, diesen zunächst vertraulich dem Rektor der Dresdner Technischen Universität zu übersenden. Natürlich fügte ich meinem Bericht nunmehr auch das ein, was mir der Werkleiter Schubert am 7. Dezember 1962 mitgeteilt hatte. In meinem Begleitschreiben an Zaunick vom 23. Januar 1963 schrieb ich u. a. folgendes: „[…] ob ich Ihnen selbst zumuten darf, den Bericht, der immerhin 46 Schreibmaschinenseiten umfaßt, selbst zu lesen, weiß ich nicht. S.[eine] Magnifizenz (der Rektor der TU Dresden. Kü.) hingegen dürfte an ihm, und vor allem auch an den dabei in Betracht kommenden Einzelheiten, sozusagen von Amtswegen, mehr interessiert sein als an einer nur summarischen Darstellung. Denn er wird doch gerade an vielen Einzelheiten immer wieder bestätigt finden, daß sich die Direktion des (Dresdner) Instituts in meiner Angelegenheit im Großen und Ganzen, gelinde gesprochen, doch recht ungeschickt gegenüber Jena verhalten hat. Der Jenaer Werkleitung, die inzwischen durch eine (vielleicht) fähigere ersetzt worden ist, wird man immerhin zugutehalten müssen, daß sie ebenso wie die von ihr zur Begutachtung meiner Arbeit herangezogenen Doktoranden, von Haus aus dem, was man im wissenschaftlichen Leben als guten Brauch zu verstehen gewohnt ist, fern stand und außerdem sichtlich unter einem gewissen politischen Druck übereifriger Funktionäre gestanden hat, obwohl ich mich in der Bewertung der Persönlichkeit und geschäftlichen Wirksamkeit von Dr. Otto Schott genau an die Richtlinien gehalten habe, die der Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Walter Ulbricht, in seiner Jenaer Universitätsrede vom 20. Oktober 1960 hierzu für seine Person und Partei als maßgebend bezeichnet hat. Daß ich meinen Forschungsauftrag für den fraglichen Teilband gerade von der TU Dresden erhalten hatte, war mir aus zwei sachlichen Gründen als besonders willkommen erschienen: 1.) weil ich darin die Zeitperiode in Schotts Jenaer Wirksamkeit zu behandeln hatte, in der ihn die T.[echnische] H.[ochschule] Dresden z. Zt. des 25jährigen Bestehens des Jenaer Glaswerks zu ihrem Ehrendoktor ernannt hatte, und 2.) deswegen, weil sich eine ganze Reihe unter den von mir für den dokumentarischen Teil meiner Arbeit ausgesuchten Briefen auf die von Fritz Foerster so genannte „erste (wissenschaftliche) Liebe“

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(d. h. auf seine Beschäftigung mit der Wirkung von Wasser und Säuren auf das Glas sowie auf das chemische Verhalten des Jenaer Geräteglases) bezogen, also auf Studien, die er später während seiner Wirksamkeit an der Dresdner T[echnischen]H[ochschule] so glänzend fortgeführt hat. Ich weiß im Augenblick nicht, ob Sie schon wissen, daß der bekannte Berliner Chemiker und Nationalpreisträger Prof. Dr. Erich Thilo sich für eine Veröffentlichung (mindestens) des dokumentarischen Teile meiner Arbeiten in den Publikationen der Berliner Akademie der Wissenschaften einzusetzen bereit sein würde, falls die Veröffentlichung bei dem volkseigenen Verlag Gustav Fischer in Jena nicht so, wie es mit Rücksicht auf die dort erschienen Vorgängerbände das Nächstliegende sein würde, zustande kommen sollte. Natürlich könnte man vielleicht auch an eine Veröffentlichung eines Teils meiner Arbeit im Rahmen der Publikationen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften oder, wie Sie andeuteten, der Leopoldina zu Halle denken. Letztere Möglichkeit würde den Vorzug haben, daß damit die Arbeit von Prof. Dr. Moritz von Rohr „Ein Beitrag zur Geschichte des optischen Glases“ (Nova acta Leopoldina, N.F., Bd. II, Jg. 1 und 2 d. a. 1934) eine ebenso natürliche wie wünschenswerte Fortsetzung finden würde. Aber diese Fragen sind ja zunächst noch curae posteriores [nicht vordringlich]. Im Augenblick scheint es mir am nächsten zu liegen, einmal zu erfahren, wie sich die ganze Angelegenheit meines Buches und seiner Publikation in dieser oder jener Form dem derzeitigen Rektor der TU Dresden darstellt, nachdem er von meinem Bericht Kenntnis genommen hat. Ich würde Ihnen also vorschlagen, daß Sie das Ihnen beifolgend zugehende Stück meines Forschungsberichtes in der Tat, zusammen etwa mit einem ebenfalls beifolgenden Durchschlag meines heutigen Briefes an Sie, mit ein paar informatorischen Begleitworten S[eine]r. Magnifizenz zusenden oder auch bei passender Gelegenheit selbst mit ihm darüber sprechen würden. Natürlich würde ich auch jeder Zeit zu jeder gewünschten persönlichen Besprechung, sei es bei Ihnen oder in Dresden, bereit sein. Auch mit Herrn Prof. Dr. Görlich würde ich mich ganz gerne einmal persönlich über die ganze Angelegenheit unterhalten oder, wenn sie selbst Gelegenheit hierzu fänden, könnte ich ihnen dafür auch einen weiteren Durchschlag meines Forschungsberichtes zur Verfügung stellen. Herr Schubert, der neue Werkleiter des Glaswerkes, ist ja erst vor kurzer Zeit von Zeiss zu Schott gekommen und wird Herrn Görlich sicher gut bekannt sein, bei der einzigen Unterredung, die ich bisher mit Herrn Schubert gehabt habe, (nämlich am 1. August 1962), hat er mir einen sowohl aufgeschlossenen als auch sympathischen Eindruck gemacht, und so könnte vielleicht doch auch Herr Görlich mit dazu helfen, daß der Band, wie ursprünglich vereinbart, doch noch (unter finanzieller Mitwirkung des Glaswerks) im G.[ustav] Fischer-Verlag veröffentlicht werden kann. Wenn Sie dies für richtig halten, könnte ich ja auch an Herrn Prof. Dr. Görlich den 2. Durchschlag meines Briefes mit ein paar Begleitworten zu seiner einstweiligen Information senden. Ein warmer Förderer meiner auf die Jenaer Glasgeschichte bezüglichen Forschungen ist auch Herr Prof. Dr. Hans Knöll, Nationalpreisträger und Direktor des Akademie-Instituts für Mikrobiologie und experimentelle Therapie, der mir wiederholt erklärt hat, ich möchte seine helfende Vermittlung in Anspruch nehmen, falls ich einmal mit meinen Arbeiten auf Widerstände, gleichviel welcher Art, stoßen sollte. Ich habe

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aber von diesem mir gleichwohl sehr wohltuenden Anerbieten bisher noch keinen Gebrauch gemacht.“ Schon am 25. Januar 1963 erhielt ich von Prof. Zaunick eine Bestätigung meines vorstehenden Briefes und die Mitteilung, er habe soeben an den Rektor der T[echnischen] U[niversität] Dresden einen Brief diktiert, in dem er diesen über alles Einschlägige unterrichtet habe. „Und wenn ich“, so schrieb er mir weiter, „von ihm Ihren Bericht ‚Habent sua fata libelli‘ wider zurückbekommen habe, werde ich ihn zu vertraulicher Kenntnisnahme auch an Herrn Prof. Dr. Görlich schicken. Ich gebe Ihnen dann über alles weiter Bescheid.“ Darüber, wie der Rektor der T[echnischen] U[niversität] Dresden auf die gut gemeinte Vermittlungsaktion von Prof. Zaunick reagiert hatte, erhielt ich Nachricht in einem mir von dem letzteren am 11. Februar 1963 gesandten Brief, in dem es u.a. heißt: „Soeben erhalte ich von dem Herrn Rektor der T[echnischen] U[niversität] Dresden Ihren Bericht ‚Habent sua fata libelli‘ wieder zurück mit einem Scheiben, in dem er folgendes zum Ausdruck bringt: er käme zu dem Schluß, daß die Hauptschuld an der Verschleppung seines (sc. Dr. Kühnerts) Bandes III in erster Linie bei der Werkleitung von Zeiss [gemeint ist Schott] zu suchen ist. Das Dresdner Institut für Geschichte der Technik habe zweifellos die Angelegenheit sehr säumig behandelt, aber das sei ja heutzutage leider keine Ausnahme mehr. Das Hauptinteresse an der Angelegenheit müßte ja eigentlich Zeiss [gemeint ist Schott] haben, und davon sei nichts zu bemerken. Er sei selbstverständlich bereit, jetzt Herrn Dr. Müller aufzufordern, Herrn Dr. Kühnert sofort Bescheid zu geben, bäte aber, dazu vorher noch das Einverständnis von Herrn Dr. Kühnert beizuholen. Jedenfalls glaube er nicht, daß man dem Institut für Geschichte der Technik in diesem Falle heftige Vorwürfe machen könne. Also ist von Dresden aus wohl nicht viel zu erwarten. Ich werde natürlich Herrn Schwabe für die gehabte Mühe danken, was nicht ausschließt, daß Sie direkt das auch tun können. Ihre Akten schicke ich inzwischen an Herrn Görlich.“ Natürlich beeilte ich mich, Prof. Zaunick für seinen gut gemeinten Vermittlungsschritt zu danken. Im Anschluß an meinem Dank schrieb ich ihm am 12. Februar jedoch noch folgendes: „Vielleicht würde ich in Bezug auf einen möglichen positiveren Erfolg in Dresden etwas skeptischer gewesen sein, wenn ich gewußt hätte, daß Herr Prof. Schwabe der derzeitige Rektor der T[echnischen] U[niversität] Dresden ist, denn mit ihm habe ich ja schon einmal, im Oktober 1961, in der Frage meines Manuskriptes korrespondiert und damals auf eine, wenn auch nur summarische Darlegung meiner ManuskriptAngelegenheit nur die Antwort erhalten, die ihm von mir geschilderten Vorgänge seien ihm sowohl neu als auch unverständlich. Er fürchte aber, daß momentan von Dresden aus nichts würde geschehen können, um mich in meinem Bemühen, dem Lebenswerk von Dr. Otto Schott besser gerecht zu werden, zu unterstützen. Nach dem Bescheid, den er nun Ihnen gegeben hat, scheint er zu glauben, mein derzeitiger Unmut gründe sich nur auf die Tatsache, daß sich die Drucklegung meiner Arbeit bisher so lange hinausgezögert hat, während er sich in Wirklichkeit doch darauf gründet, daß nach meiner Auffassung bei der Behandlung dieser Angelegenheit sowohl von dem Dresdner Institut als auch von der Werkleitung des Jenaer Glaswerks Schott & Gen. (und natürlich nicht auch von der Firma Carl Zeiss, die damit überhaupt nichts zu tun hat), mehrfach unkorrekt verfahren worden ist.

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Wenn Sie also Herrn Prof. Schwabe für die Mühe, die er sich mit der Lektüre meines Berichtes gemacht hat, danken werden, tun Sie es, bitte, gleich in meinem Namen, fügen aber dann, bitte, hinzu, daß es nicht in meinem Sinne liegen würde, wenn er Herrn Dr. Müller gewissermaßen von Amts wegen um einen sofortigen Bescheid an mich ersuchen würde. Denn unter den Mitgliedern des Dresdner Instituts ist gerade Herr Dr. Müller derjenige gewesen, der mehrfach darum bemüht war, gewisse Fehler, die in dem Schriftwechsel zwischen dem Sekretariat des Instituts mit dem Jenaer Glaswerk dem ersteren unterlaufen waren, wieder, so gut es eben noch gehen wollte, gut zu machen. Zudem hat er ja die abschließende Stellungnahme zu meinem umgearbeiteten Manuskript nicht mir, sondern dem Jenaer Glaswerk abzugeben. Was nun eine etwaige Einflußnahme von Herrn Prof. Dr. Görlich auf die Weiterbehandlung meines Manuskriptes betrifft, so könnte ich mir eine solche als höchstens indirekte, gewissermaßen moralische, keines Falles aber als eine administrative vorstellen. Denn in seiner Eigenschaft als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Firma Carl Zeiss steht ihm ja keinerlei autoritativer Einfluß auf die Entscheidungen der Geschäftsleitung des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen. zu. Und weiter: Wenn ich schon Grund genug hätte, gegen eine Reihe von Maßnahmen zu remonstrieren, die von der Werkleitung des Glaswerks in Sachen meines Manuskriptes bis zum Ausscheiden des Werkleiters Nordwig aus dem Glaswerk (d. h. bis Frühjahr oder Frühsommer 1962) getroffen worden sind, so habe ich, wie dies aus meinem Bericht ja klar hervorgeht, bisher nicht den geringsten Anlaß, mich durch seinen Nachfolger, Herrn Schubert, in meinen Interessen als Autor beeinträchtigt oder geschädigt zu fühlen. Eine abschließende Stellungnahme des Herrn Schubert zu dem umgearbeiteten Manuskript, das ich ihm am 1. August 1962 übergeben habe und das er sogleich korrekter Weise mit dem Ersuchen um Begutachtung nach Dresden weitergeleitet hat, kann ich ja von ihm erst dann erwarten, wenn er aus Dresden von Herrn Dr. Müller die ihm zugesagte Beurteilung erhalten hat. Es könnte der Weiterbehandlung meiner Arbeit daher vielleicht nur abträglich sein, wenn er (Schubert) etwa von Herrn Görlich hören würde, ich hätte mich in meinem Bericht bei diesem über die Werkleitung des Glaswerks (also auch über Herrn Schubert) beschwert. Nun, hoffen wir das also das Beste. Jedenfalls können Sie versichert sein, daß ich ihre Bereitschaft, mir in dieser unangenehmen Angelegenheit förderlich zu sein, gebührend zu würdigen weiß. Nur neben bei noch: Es war mir an den Äußerungen von Prof. Schwabe interessant zu ersehen, daß auch er, der hervorragende Chemiker, der schier unausrottbaren Auffassung zu huldigen scheint, daß das Jenaer Glaswerk eine Art von Nebenbetrieb der Firma Carl Zeiss sei. Während es in Wirklichkeit vom Tage seiner Grundlegung an immer eine selbständige Firma gewesen ist, deren Produktion sich auch heute noch nur zu einem Teil auf die von Zeiss und anderen Optischen Werkstätten benötigten optischen Gläser, zum größeren Teil aber auf die mannigfaltigsten anderen Sorten von hochwertigem (z. B. auch von Laboratoriums-)Glas erstreckt. Ich hoffe, daß Sie auch Prof. Görlich meinen Bericht nur zur vertraulichen Kenntnisnahme ausgestellt haben. Hören wir also, wie diese ausfallen wird.“ In der Antwort, die mir Prof. Zaunick unter dem 16. Februar zukommen ließ, heißt es: „Ich hatte an sich schon vor, Ihnen zu schreiben, da ich zufällig in Erfahrung gebracht habe, daß Herr Görlich erkrankt ist. Wenn ich recht unterrichtet bin, hat er einen

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Herzinfarkt gehabt, soll aber inzwischen schon wieder etwas arbeiten. Jedenfalls bin auch ich der Meinung, es sei unter diesen Umständen besser, ihm jetzt nicht mit unserem Anliegen zu kommen, zumal ich nach Ihren Darlegungen sehr wohl verstehe, daß er keinen autoritativen Einfluß nehmen kann. Ich möchte auch glauben, daß Sie selbst der beste Interpret für Ihre Wünsche sein werden. Meine gute Absicht habe ich, denke ich, bewiesen, und würde auch nicht anstehen, Ihnen weiterhin zur Verfügung zu stehen. Aber im Augenblick sehe ich auch für mich keine weitere Möglichkeit, in dieser Angelegenheit etwas zu tun, so leid es mir ist und mit so guten Hoffnungen ich zu diesem Unternehmen aufgebrochen bin.“ Wenn ich oben erwähnt habe, daß mir erst neuerdings einige die Leidensgeschichte meines Manuskriptes betreffende Tatsachen bekannt geworden sind, die geeignet sind, mir die ablehnende Haltung des Glaswerks oder doch mindestens des ehemaligen Werkleiters Nordwig gegen die Drucklegung meiner Arbeit in der Form einer finanziellen Subventionierung durch das Glaswerk zur vollen Gewißheit werden zu lassen, so habe ich dabei weniger den von vorne herein vorauszusehenden Mißerfolg der von Prof. Zaunick bei dem derzeitigen Rektor der T[echnischen] U[niversität] Dresden im Auge gehabt als vielmehr das, was ich erfahren habe, als ich – nach vierjähriger Unterbrechung – am 26. März und 1. April dieses Jahres [1963] erstmalig wieder dem nach Schotts Tod von mir im Glaswerk eingerichteten Betriebsarchiv zwei Besuche abgestattet habe. Mit meiner Manuskriptangelegenheit hatten diese Besuche an und für sich gar nichts zu tun. Ich war an jenen beiden Tagen schon am frühen Morgen in die Zahnklinik der Universität wegen einer Prothesenangelegenheit bestellt worden, und da ich nach der Konsultation bis zum Abgang meines Zuges nach Rudolstadt noch reichlich Zeit hatte, fiel mir ein, daß ich meiner Frau eine Freude würde machen können, wenn ich ihr zur Feier unseres Hochzeitstages als Ersatz für eine kürzlich in Scherben gegangene Teekanne aus Jenaer Glas bequem noch eine neue in der vor dem Glaswerk gelegenen Verkaufsstelle für Glasbedürfnisse der Werksangehörigen und Pensionäre besorgen würde. Da ich aber, an der Verkaufsstelle angelangt, diese gerade geschlossen fand, beschloß ich, mir im Werksarchiv durch meinen früheren langjährigen Gehilfen und Nachfolger in demselben, den ehemaligen Glasschleifer und „Urkommunisten“ Gustav Heinrich, die Kanne an einem der nächsten Tage besorgen zu lassen, um sie dann bei meinem zweiten Besuch eine Woche später bei ihm abholen zu können. Da ich mit Gustav Heinrich stets gut zusammengearbeitet hatte, solange ich früher das Werksarchiv mit seiner Hilfe selbst geleitet und dann vom Zeitpunkt meiner Pensionierung (d. h. vom 1. Januar 1954) weitere Jahre hindurch so lange fortlaufend von Rudolstadt aus für meine Arbeiten zum Teilband III der „Briefe und Dokumente“ in Anspruch genommen hatte, bis der Werkleiter Nordwig mir (im Oktober 1959) die weitere Inanspruchnahme des Archivs untersagt und mich um die Rückgabe der bis dahin noch leihweise von mir benutzten Archivalien ersucht hatte, zeigte er sich über meinen Besuch sichtlich erfreut und war nicht wenig überrascht, als ich ihm mitteilte, daß mir Herr Nordwig nach meinem Besuch bei ihm vom 27. März 1962 eine neue Ausweiskarte für den Besuch des Werksarchivs hatte ausstellen lassen, nachdem ich ihm erklärt hatte, daß ich für die Ausarbeitung des damals vereinbarten neuen Vorworts zu meinem Band III das Archiv voraussichtlich doch wieder hie und da würde in Anspruch nehmen müssen. Diese veränderte Haltung von Herrn Nordwig in der Frage meiner weiteren Inanspruchnahme des Werksarchivs über-

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rasche ihn [Gustav Heinrich], wie er mir erklärte, umso mehr, als Nordwig zur Zeit der Übergabe der Werkleitungsgeschäfte an Herrn [Werner] Schubert mit diesem gemeinsam auch einmal das Werksarchiv besichtigt, und, als dabei die Rede auf das zur Zeit von mir bearbeitete neue Vorwort gekommen sei, zu ihm (Gustav Heinrich) wörtlich gesagt habe: „Das Buch von Dr. Kühnert darf nicht gedruckt werden. Merken Sie sich das!“ Natürlich habe er [Gustav Heinrich] Herrn Nordwig darauf geantwortet, ihm sei diese Bemerkung insofern unverständlich, als er, Gustav [Heinrich], ja mit der Frage, ob mein Buch gedruckt oder nicht gedruckt werden solle, nicht das Geringste zu tun habe. Als ich Gustav Heinrich nun daraufhin erzählte, was ich seit unserem letzten Zusammentreffen in Rudolstadt (29. Oktober 1959) mit meinem Manuskript alles erlebt habe (also: wiederholtes Hin- und Herschicken meiner Arbeit zwischen Jena und Dresden, das unaufgeklärt gebliebene Verschwinden eines Teils meines Vorworts im Glaswerk, die schließliche Bereitschaft des Glaswerks, mich mit der Abfassung eines neuen, wesentlich kürzeren Vorworts gegen ein Honorar von 1 000 Mark zu beauftragen, die Übersendung des neuen Vorworts durch Schubert nach Dresden, das Ausbleiben der Stellungnahme Dresdens zu dem neuen Vorwort usw.), äußerte er sich (sinngemäß) hierzu wie folgt: Wie Sie bemerkt haben werden, hat Nordwig Ihre wissenschaftliche Arbeitsweise immer hoch eingeschätzt und hat von ihr auch bis zu seinem Rücktritt von der Leitung des Glaswerks immer nur mit Achtung gesprochen. Ich zweifle auch nicht, daß er die nach Ablieferung Ihres Manuskriptes (im Frühjahr 1959) abgegebene Erklärung, daß das Glaswerk auch diesen Teilband III wieder ebenso wie die vorangegangenen subventionieren und bei G.[ustav] Fischer erscheinen lassen würde, eingehalten hätte, wenn nicht der Wortführer der drei damals auf Ihr Manuskript „losgelassenen“ Doktoranden, Herr [Friedrich] Zickler, hierin unterstützt durch maßgebende Funktionäre der SED-Partei, ihn davon überzeugt hätte, daß solche Förderung Ihrer Arbeit durch ihn und das Glaswerk die schärfste Mißbilligung der obersten Parteileitung finden würde. Da ihm das zur objektiven Würdigung Ihrer Arbeit erforderliche Sachverständnis abgeht und er somit fürchten muß, er könnte sich durch Ihre Förderung eine Disqualifizierung als nicht nur geschäftlich, sondern auch parteipolitisch verantwortlicher Leiter aussetzen, so trägt er keine Bedenken, lieber Ihnen gegenüber einen Wort- und Vertrauensbruch zu begehen, als sich dem Risiko einer politischen Disqualifizierung auszusetzen. Seine Angst vor einer solchen dürfte umso größer sein, als er fürchten muß, es könnte bei den Parteiinstanzen und den Betriebsangehörigen endlich auch einmal publik werden, daß er während des Hitlerkrieges längere Zeit hin durch in Belgien (und Holland?) die Funktion eines so genannten Wehrwirtschaftsführers ausgeübt hat. Da er weiß, daß auch mir zufällig diese Tatsache aus seiner politischen Vergangenheit bekannt geworden ist (ohne daß ich davon bisher den von ihm befürchteten Gebrauch gemacht habe), ist es umso verständlicher, daß ihm hier bei uns der Boden zu heiß geworden ist und daß er sich schließlich dazu entschlossen hat, den hoch bezahlten, aber auch aufreibenden Posten eines Werkleiters bei uns im Glaswerk mit dem eines bescheidenen Sekretärs in Dr. H.[ans] Knölls Akademie-Institut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie zu vertauschen. Aus der Tatsache, daß sich Nordwig Ende März 1962 entschlossen hat, Sie mit der Ausarbeitung eines neuen Vorworts zu Ihrer Arbeit zu beauftragen, dürfen Sie natürlich nicht schließen, daß er damals zu der Überzeugung gekommen wäre, das Glaswerk müsse sich nun doch endlich dazu entschließen, die Ihnen ursprünglich hinsichtlich der Finanzierung

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und Drucklegung Ihrer Arbeit gegebene Zusage einzuhalten. Wie er in Wirklichkeit hierüber gedacht hat, zeigt Ihnen ja die von mir vorhin erwähnte Äußerung, die er mir gegenüber in Gegenwart seines Nachfolgers getan hat. Daß er sie gerade mir und Herrn Schubert gegen über in so kategorischer Form getan hat, erkläre ich mir so, daß er sich dadurch für alle Fälle gegen einen etwaigen späteren Vorwurf, er sei jemals von der ihm durch die Partei auferlegten Haltung abgewichen, sichern wollte. Damit stimmt es ja auch ganz überein, daß er Ihnen, wie sie mir erzählt haben, am 7. März 1962, also kurz vor Ihrer Beauftragung mit der Ausarbeitung des neuen Vorworts, nochmals ausdrücklich erklärt hat, daß mit Ihrer etwaigen Beauftragung zur Ausarbeitung des neuen Vorwortes der Frage einer Veröffentlichung Ihrer Arbeit durch den Verlag G.[ustav] Fischer noch immer in keiner Weise vorgegriffen werden sollte, und das heißt natürlich, daß diese Frage allenfalls erst positiv entschieden werden sollte, wenn die Überprüfung des neuen Vorworts zu irgendwelcher kritischen Beanstandung im Sinne der „marxistischleninistischen“ Ideologie keine Veranlassung gegeben haben würde. Daß Ihnen aus Dresden bzw. Jena noch bis heute das Ergebnis dieser Ihnen s. Zt. doch kurzfristig zugesagten Überprüfung noch nicht mitgeteilt worden ist, scheint mir darauf hinzudeuten, daß auch dieses neue Vorwort vor den Augen der maßgebenden ideologischen Kritik keine Gnade gefunden hat. Denn wenn Sie, wie Sie sagen, in dem neuen Vorwort noch so eindeutig der ja in der Tat irrigen Auffassung entgegengetreten sind, als ob man das Jenaer Glaswerk mit Rücksicht auf seinen historischen Zusammenhang mit der Carl Zeiss-Stiftung als eine historische Vorausnahme dessen, was man heute bei uns unter einem „sozialistischen Betrieb“ versteht, in Anspruch nehmen könnte, so werden Sie in ihrer historischen Überschau auf die zwischen den Jahren 1886 und 1914 liegende Betriebsperiode doch unmöglich an diesem Zusammenhang und somit auch an der schon damals in die Millionen gehenden, unter die Bestimmungen des Statuts der Stiftung fallenden Leistungen unseres Betriebes für soziale und kulturelle Zwecke haben vorbeigehen können, und über dieses Thema darf nun einmal nach den heute bei uns herrschenden parteipolitischer Auffassung nichts Sachliches geschrieben werden, weil befürchtet wird, es könnten aus dieser Lektüre politisch unerwünschte Vergleiche zwischen ehemals und heute gezogen werden. Daß Sie von Nordwig dennoch im Frühjahr 1962 noch einmal damit beauftragt worden sind, für ihr Werk ein neues Vorwort zu schreiben, erkläre ich mir also nicht etwa daraus, daß er sich nach langem Zögern doch entschlossen hätte, der Drucklegung Ihres Buches in der ursprünglich von ihm selbst schriftlich zugesagten Form näher zu treten, sondern einfach daraus, daß er eingesehen hatte, er sei es sowohl dem Dresdner Institut wie Ihnen schuldig, den Schaden, der Ihrer Arbeit innerhalb des Glaswerks, also auch innerhalb seiner eigenen Verantwortung als Werkleiter, durch die von Ihnen beschriebene Plünderung Ihres ersten Vorworts zugefügt worden war, wenigstens so weit, wie dies eben noch möglich war, wieder auszugleichen. Denn natürlich konnte es im Grunde auch ihm nicht zweifelhaft sein, daß das Verschwinden eines so großen Teils Ihrer nur in einer einzigen Niederschrift im Glaswerk vorliegenden Einleitung nur im Zusammenhang stehen konnte mit der Tatsache, daß er Ihr Manuskript den drei dem Glaswerk (wahrscheinlich) von der SED zugewiesenen Doktoranden nicht nur zur Begutachtung, sondern auch dann noch einmal fast ein halbes Jahr lang zu bequemer Ausschlachtung und Aneignung Ihrer Forschungsergebnisse für eigene literarische Zwecke überlassen

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und damit natürlich auch selbst Ihnen gegenüber einen ausgesprochenen Vertrauensbruch begangen hatte. Er hat Sie ja, wie Sie mir nun erzählt haben, wiederholt versichert, wie peinlich ihm die Angelegenheit mit dem verschwundenen Manuskriptteil gewesen sei und welche Scherereien ihm die Doktoranden auch außerdem bereitet hätten, bis er sie endlich (am 1. April 1962) veranlaßt habe, das ihnen vom Glaswerk (seit Anfang 1959) überlassene, über seinem eigenen Dienstzimmer gelegene Arbeitszimmer zu räumen und eine ganze Wagenladung von Akten, die sie ohne Leihschein willkürlich dem Werksarchiv entnommen hatten, wieder dahin zurückzugeben. Welche fortlaufenden Unannehmlichkeiten diese drei „Doktoranden“ nebst dem ihnen als „Sekretärin“ zur Verfügung stehenden Schreibmaschinen-Mädchen mir im Verlauf ihrer dreijährigen Archivbenutzung bereitet haben, kann ich Ihnen nicht sagen. Sehen Sie sich bitte einmal die auf diesem langen Tisch und Aktenregal aufgestapelten Akten an. Da sich die Herrschaften stets geweigert haben, sich für jedes entliehene Aktenstück einen Leihschein ausstellen zu lassen, und da die umfangreicheren Aktenbündel im Zusammenhang mit der Abschreibearbeit durch die Sekretärin vielfach in Einzelteile aufgelöst und nicht wieder richtig zusammengelegt, sondern willkürlich durcheinander gebracht worden sind, sodaß man nicht weiß, welcher Signatur sie zugehören, werde ich mindestens zwei Jahre lang zu tun haben, bis ich alles wieder richtig zusammengelegt und an den normalen Standort zurückgebracht haben werde. Das Schlimmste dabei aber ist, daß mir nun überhaupt ganze Reihen von Dokumenten und Akten, die man fortgeschleppt hatte, fehlen und daß sich unter diesen z. B. eine Serie von Patentakten und eine Serie über die Dr. Schott verliehenen Ehren-Urkunden und Anerkennungsschreiben befinden. Natürlich habe ich, wie sie von früher her wissen, der staatlichen Aufsichtsbehörde [Staatliche Archivverwaltung im Ministerium des Innern der DDR], regelmäßig Jahresberichte einreichen müssen, die normaler Weise von mir zu unterzeichnen und vom Werkleiter gegenzuzeichnen waren. Da ich mich mit Herrn Nordwig über die Formulierung der beiden letzten Jahresberichte nicht habe einigen können, weil er der Meinung war, manches, was ich an der Tätigkeit der Doktoranden bemängelt hatte, sei zu unerheblich, um in den Bericht mit aufgenommen zu werden, war die unausbleibliche Folge, daß bei der Oberbehörde nun zwei Jahresberichte vorliegen, die nur von mir, und zwei andere, die nur von Herrn Nordwig unterzeichnet sind. Und was die nun überhaupt verschwundenen bzw. nicht wieder zurückgegebenen Akten betrifft, so habe ich nicht umhin gekonnt, hierfür vor etwa acht Wochen eine Meldung an den zuständigen Staatsanwalt zu machen. Aber obwohl nach dem geltenden Recht auf die hier in Frage kommenden Delikte Zuchthausstrafe bis zu zwei Jahren ausgesprochen werden kann, habe ich bisher von der Staatsanwaltschaft auf meine Anzeige noch keine Antwort erhalten. Da sich die Unterlagen, die ich mit Herrn Nordwig bis in der Zeit vor seinem Ausscheiden aus der Werkleitung gelegentlich auch über solche Vorkommnisse und Zustände geführt habe, nicht immer in den sonst üblichen Geleisen sachlicher Höflichkeit bewegt haben, werden Sie ohne weiteres verständlich finden. Denn wenn ich mich nicht sichere, muß ich befürchten, daß ich eines Tages auch noch für Zustände in unserem Werksarchiv verantwortlich gemacht werde, für die nicht ich, sondern Nordwig und seine „Doktoranden“ verantwortlich zu machen sind. Übrigens sollte es mich wundern, wenn nicht auch unsere Unstimmigkeiten hinsichtlich des Archivs dazu beigetragen haben sollten, Herrn Nordwig zu veranlassen, dem Glaswerk adieu zu sagen und sich auf einen weniger exponierten Posten zurückzuziehen.

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Auf meine Frage, ob im darüber etwas bekannt sei, inwieweit die drei Doktoranden im Zug ihrer demnach dreijährigen Inanspruchnahme des Werksarchivs mit den Arbeiten, die sie sich vorgesetzt hatten, wirklich zum Ziel gekommen seien, erwiderte Gustav [Heinrich], er könne darüber nichts Bestimmtes sagen. Vielleicht sei ihnen die Aufforderung, ihr Arbeitslokal am 1. April 1962 wieder zu räumen, da das Zimmer zu Geschäftszwecken andersseitig dringend benötigt würde, selbst so überraschend gekommen, daß sie nicht einmal Zeit gefunden hätten, die von dem Schreibmaschinen-Mädchen (z. T. erst begonnenen) Aktenauszüge mitzunehmen, geschweige denn, die Berge von Akten, die sie im Lauf der Zeit aus dem Werksarchiv fortgeschleppt hatten, selbst wieder dahin zurückbringen. Herr Schichlein, d. h. der junge Mann, der die meinem Manuskript zu Grunde liegende Betriebsperiode (1886 bis 1914) in seiner Arbeit hätte mit behandeln sollen, hätte ihm einen bescheidenen und gutmütigen, aber auch sehr unsicheren Eindruck gemacht. Von dem Zweiten, dem, wie man mir seinerzeit gesagt hatte, die Betriebsperiode von 1918 bis 1948, d. h. bis zur Überführung des Glaswerk in einen volkseigenen Betrieb zugewiesen war, hätte er nie etwas zu sehen bekommen. Der Dritte dagegen, Herr Zickler, der mir bei unseren persönlichen Begegnungen (am 29. Oktober 1959 und am 29. September 1960) erklärt hatte, er habe sich selbst die Oberleitung der gesamten Kollektivarbeit und insbesondere der Betriebsperiode vom 1. Juli 1948 bis zur Gegenwart vorbehalten, habe ihn (Gustav Heinrich) gegenüber immer so getan, als ob er schließlich doch alles oder wenigstens das meiste würde selbst machen müssen. Falls ich nun etwa gesonnen sei, mich bei der Jenaer Universität selbst davon zu überzeugen, inwieweit die Doktoranden in ihren Arbeiten von den in meiner Arbeit vorgefundenen Forschungsergebnissen etwa unlauteren Gebrauch gemacht hatten, würde mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als mich entweder mit dem derzeitigen Rektor der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität, dem Chemiker und Nationalpreisträger Prof. Dr. Günther Drefahl, oder doch wenigstens mit dem derzeitigen Dekan der Philosophischen Fakultät, dem (Anglisten) Prof. Dr. Karl-Heinz Schönfelder, in Verbindung zu setzen, da doch zweifellos dem Letzteren die von den Doktoranden einzureichenden Dissertationen zur Genehmigung vorgelegt werden müßten. Obwohl ich nun nicht sicher bin, ob mir als einem Nichtangehörigen des Lehrkörpers der Universität eine solche Einsichtnahme in eine noch nicht genehmigte bzw. gedruckte Dissertation gestattet werden könnte, werde ich mich vielleicht doch dazu entschließen, bei sich bietender Gelegenheit mit Prof. Schönfelder einmal über die Angelegenheit meines Manuskriptes zu sprechen, zumal dieser mir noch vor nicht weit zurückliegender Zeit, nämlich anläßlich meines goldenen Doktor-Jubiläums (am 22. Februar 1960), im Auftrag der Jenaer Universität bzw. der Philosophischen Fakultät mein Jenaer Doktordiplom mit Worten ehrenvoller Anerkennung meiner wissenschaftlichen Lebensarbeit erneuert und in dieser Anerkennung besonders auch meine Arbeiten zur Geschichte des Jenaer Glaswerks eingeschlossen hat. Rudolstadt, den 28. April 1963. Quelle: Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert Nr. 183 (Schreibmaschinenmanuskript, S. 1-58).

5. Dokumentation

Die hier vorgelegte Dokumentation enthält archivalische und literarische Quellen zur Editionsgeschichte sowie zum Leben und Werk Herbert Kühnerts, mit denen die Haupttexte dieses Bandes ergänzt und teilweise kommentiert werden. Sie sind hauptsächlich den Akten der Thüringischen Historischen Kommission und des Gustav Fischer Verlages im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar sowie dem SCHOTT Archiv, dem Thüringischen Staatsarchiv Rudolstadt und dem Universitätsarchiv in Jena entnommen. Bei der Edition werden die Texte in der seinerzeit gültigen Rechtschreibung wiedergegeben, Abweichungen davon entsprechen individuellen Schreibgewohnheiten. Als einheitliche Schreibform wird die heute übliche Schreibweise Carl Zeiss bzw. Carl Zeiss-Stiftung verwendet. Vereinheitlich wurde die Wiedergabe der zeitlichen Daten mit Monatsnamen anstelle von römischen bzw. arabischen Zahlen. Abkürzungen werden ergänzt oder aufgelöst, falls sie nicht allgemein verständlich sind. Bei den Korrespondenzen werden generell die Anreden und Grußformeln weggelassen. Sonstige Auslassungen und Hinzufügungen werden durch eckige Klammern gekennzeichnet. Die Überlieferungsform der edierten Schriftstücke ist bei den Quellennachweisen am Schluß angegeben. Notwendige Erläuterungen sind in Form von Fußnoten angefügt worden. Aufschlüsse zum Inhalt und zu den handelnden Personen ergeben sich auch durch die zusammenfassende Darstellung der Editionsgeschichte im Nachwort des Herausgebers in dieser Edition.

5.1 Dokumente zur Editionsgeschichte Dokumente zur Edition „Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881“ [1] Geleitwort des Herausgebers Prof. Dr. Willy Flach zum Band „Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881“ vom August 1946 Wenn mit dem vorliegenden Werk der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas als zweiter Band der Veröffentlichungen der Thüringischen

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Historischen Kommission1 erscheinen kann, so ist diese Tatsache dem günstigen Zusammentreffen wissenschaftlicher Interessen zu verdanken, die, zunächst getrennt von verschiedenen Überlegungen ausgehend, sich schließlich zu gemeinsamer Arbeit zusammenfanden. Über die im Einvernehmen mit der Geschäftsleitung des Jenaer Glaswerkes Schott und Genossen begonnene Beschäftigung des Bearbeiters, Regierungs- und Studienrat Dr. Herbert Kühnert, mit dem Stoff, deren Anfänge fast anderthalb Jahrzehnte zurückreichen, und über den Fortgang und die mannigfachen Unterbrechungen der Arbeit hat der Bearbeiter in seinem Vorwort selbst berichtet. Die Mitwirkung der Thüringischen Historischen Kommission an diesem Unternehmen läßt sich auf den Tag genau festlegen. Sie beginnt mit einem Besuche des unterzeichneten Vorsitzers, den dieser als Direktor der Thüringischen Staatsarchive auf Einladung der Geschäftsleitung des Glaswerks am 27. Januar 1941 dessen Werkarchiv abstattete, um Kenntnis von seinen Einrichtungen zu nehmen und Anregungen zu seinem weiteren fachgemäßen Ausbau zu geben. Bei dieser Gelegenheit legte ihm der Leiter des Werkarchivs, Dr. Kühnert, den Original-Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe vor, der auch bei dem ständig mit wertvollstem Quellenstoff arbeitenden Archivar einen erlebnishaften Eindruck erweckte. Der Einblick in die stattliche Sammlung lehrte überzeugend, daß in diesen Dokumenten der schriftliche Niederschlag einer Entwicklung gegeben war, die, beginnend mit dem ersten Satz in Schotts erstem Brief an Abbe vom 27. Mai 1879, daß er ein Lithiumglas erschmolzen habe, von dem er hervorragende optische Eigenschaften vermute und um dessen Prüfung er Abbe bäte, über eine planvolle wissenschaftlichexperimentelle Gemeinschaftsarbeit und eine dabei sich bildende, auf gegenseitiger Achtung beruhende Freundschaft zweier bedeutender Männer ihres Faches hinführte zur Gründung eines Wirtschaftsunternehmens, das auf seinem Gebiete zu Weltruhm gelangte. Es war also von vorn herein klar, daß dieser Briefwechsel eine historische Quelle wissenschaftsgeschichtlicher, personengeschichtlicher und wirtschaftsgeschichtlicher Art ersten Ranges war, und daher schlug der Vorsitzer der Kommission sogleich bei diesem ersten Besuch im Schottschen Werkarchiv vor, diesen Briefwechsel im Rahmen der Kommissions-Veröffentlichungen herauszugeben. Es ergab sich dabei, daß Dr. Kühnert diesen Plan schon seit Jahren selbst gehegt und weit gefördert hatte, und so verdichtete sich der Vorschlag noch an diesem Tage nach eingehender Aussprache mit dem damaligen Geschäftsleiter Dr. Erich Schott, dem Sohne Otto Schotts, der das lebhafte Interesse der Geschäftsleitung an dieser Arbeit und ihre volle Unterstützung zusagte, zu der festen Absicht der wissenschaftlichen Bearbeitung des Briefwechsels durch Dr. Kühnert und die Herausgabe durch die Kommission. Diese Arbeit ist seit diesem Zeitpunkt, nachdem die Grundsätze der Edition durch Bearbeiter und Herausgeber in eingehenden Erörterungen festgelegt waren, unter Mitwirkung von sachverständigen Fachleuten des Schott- und des Zeißwerkes stetig, wenn auch mit mannigfachen, durch die Ereignisse der letzten Jahre verursachten Hemmun1

Die Schriftenreihe der 1937 gegründeten Thüringischen Historischen Kommission erschien unter der Bezeichnung „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ von 1944 bis 1957 in insgesamt sechs Bänden, zunächst im Privatverlag von Gustav Fischer, dem nach der Enteignung von 1953 staatlichen VEB Gustav Fischer Verlag Jena. Herausgeber war der 1937 als Kommissionsvorsitzender berufene Direktor der Thüringischen Staatsarchive (seit 1950 Thüringisches Landeshauptarchiv) in Weimar Prof. Dr. Willy Flach.

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gen, gefördert worden. Wenn heute das fertige Werk vorliegt, so hat die Kommission allen Anlaß, denen zu danken, die an seinem Zustandekommen mitgewirkt haben. Dieser Dank gilt in erster Linie dem Bearbeiter Dr. Kühnert, der aus seinen hervorragenden Kenntnissen auf dem Gebiete der Geschichte des Glases heraus den Briefwechsel bearbeitet und durch Erläuterungen und Anmerkungen auch dem Nichtfachmann erschlossen und verständlich gemacht hat. Herzlichen Dank haben sich ferner verdient Dr. August Klemm, Mitglied der Geschäftsleitung des Schottwerkes und Leiter von dessen optischer Abteilung, und Dr. Friedrich Schomerus, Mitglied der Geschäftsleitung des Zeisswerkes und Bevollmächtigter der Carl Zeiss-Stiftung, die beide die Druckfahnen der Arbeit überprüften und, jeder für sein besonderes Gebiet, Ergänzungen und Berichtigungen beisteuerten. Endlich aber haben wir der Geschäftsleitung des Glaswerkes aufrichtig zu danken dafür, daß sie die finanzielle Sicherstellung der Bearbeitung und Drucklegung des Briefwechsels in großzügiger Weise gewährleistet hat. Quelle: Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881. Bearbeitet von Herbert Kühnert. Jena 1946, S. IX-X (Druck).

[2] Schreiben von Dr. Herbert Kühnert an den Vorsitzenden der Thüringischen Historischen Kommission Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Rudolstadt 6. September 1942 (Auszug) Am 3. d[iese]s. [Monats = September 1942] konnte ich endlich, wie besprochen, mit Herrn Dr. Erich Schott wegen der Angelegenheit Briefwechsel Abbe – Schott sprechen. Herr Dr. Schott ist nach wie vor ganz damit einverstanden, wenn die Herausgabe des Briefwechsels durch die Thüringische Historische Kommission erfolgt. Zu meinen Vorschlägen wegen eines Editions-Komitees meinte er folgendes: Die Zuziehung von Herrn Dr. F.[riedrich] Schomerus hält er für gut und praktisch. Wegen Prof. [Hermann] Pistor hatte er Bedenken. Er schätze Herrn P.[istor] persönlich sehr hoch, doch glaube er, daß er für die hier in Frage kommende Aufgabe nicht eigentlich speziell qualifiziert sei, da er nicht hinlänglich Fachmann besonders auf dem Gebiet der Chemie und Technik des optischen Glases sei. Richtiger sei es nach seiner Meinung, einen solchen Fachmann zuzuziehen. An sich hielte er für am geeignetsten Prof. Dr. Gustav Keppeler von der T.[echnischen]H.[ochschule] Hannover. Dies ist auch meine Meinung. Doch habe ich bereits im Sommer 1939 einmal in Hannover mit K.[eppeler] darüber gesprochen, ob er sich eventuell an derartiger Arbeit mitbeteiligen würde, und er sagte mir damals, er habe zwar sachlich das größte Interesse für den Gegenstand, werde aber in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein, zu seinen bereits übernommenen literarisch-wissenschaftlichen Verpflichtungen weitere dieser Art auf sich zu nehmen. Auch wäre es nach meiner Meinung ja im Interesse der besseren Arbeitsfähigkeit des Ausschusses gerade unter den jetzigen Kriegsverhältnissen mit den erschwerten Reise- und Postverbindungen wünschenswert, daß die betreffende Kraft möglichst in Jena oder in größerer Nähe von Jena wohnt. Herr Dr. Schott telefonierte dann in meiner Gegenwart mit Herrn Dr. Edwin Berger, der in jeder Weise die wünschenswerte Qualifikation besitzt, ja auch vielfach literarisch

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und wissenschaftlich sich auf dem Gebiet des optischen Glases und seiner Geschichte betätigt hat. Nur ist auch dieser zur Zeit in seiner Arbeitskraft bis zur äußersten Grenze belastet, da er nicht nur die optische Abteilung des Jenaer Glaswerks, sondern auch ein Berliner Zweig-Unternehmen des Jenaer Glaswerks leitet und auf diese Weise in jedem Monat abwechselnd immer nur 2 Wochen in Jena, die folgenden 2 Wochen aber in Berlin arbeitet. […] Herr Dr. Berger wollte sich für seine Person noch nicht endgültig binden, solange er noch nicht genauer überblicken könne, in welchem Umfang er mitarbeitend würde tätig sein müssen. Wenn es sich nur um kritische Durchsicht der Briefdokumente, um sachliche Erläuterung einzelner Briefstellen, technische Ausdrücke u.[nd] d.[ergleichen] handeln würde, so würde er dieses wohl mit übernehmen können. Würde aber z. B. etwas, was Dr. Erich Schott für wünschenswert hielt, von ihm etwa eine zusammenfassende Einleitung des Briefwechsels mit historisch-kritischer Würdigung der Schott-Abbeschen Gemeinschaftsarbeit zum optischen Glas erwartet, so werde er hierzu kaum in absehbarer Zeit die erforderliche Muße finden, da dies doch erst wieder eine erhebliche Versenkung in den Stoff mit entsprechendem Zeitaufwand bedeuten würde. Immerhin werde er, so meinte er, mit Hilfe des ihm im Glaswerk zur Verfügung stehenden Stabes von wissenschaftlichen, glastechnisch bewanderten Chemikern und Physikern sicherlich die Möglichkeit haben, die Arbeit doch wesentlich zu fördern, zumal ihm der genaue Plan doch sehr sympathisch sei und ihn auch innerlich sehr interessiere. Ich habe dann am folgenden Tag auch nochmals mit Dr. Berger von hier telefoniert, und er meinte, es würde sich vielleicht empfehlen, wenn Sie einmal etwa am Montag, d. 28. September herüber ins Glaswerk kommen würden, so daß wir mit ihm (Dr. Berger) dann [mit] Dr. Erich Schott und Dr. Schomerus die ganze Angelegenheit einmal in einer bereits etwas konkreteren Form besprechen könnten, am besten im Raum des Otto Schott-Zimmers im Glaswerk. Ich möchte mich diesem Vorschlag umso mehr anschließen, als ich diese Gelegenheit gerne benützen möchte, um Ihnen zu zeigen, wie wir inzwischen im Otto Schott-Archiv weitergekommen sind. Sie könnten dann vielleicht, wenn Ihnen der Tag bzw. Nachmittag sonst liegt, wieder, wie das letzte Mal, gegen 14 Uhr nach Jena kommen, und wir könnten dann etwa gegen 16 bis 18 Uhr die Sache so durchsprechen (mit den genannten Herren), daß die Arbeit ins Rutschen kommt und wir in der Sache selbst weiterkommen. Vielleicht kommen Sie auch inzwischen noch einmal nach Rudolstadt, so daß wir auch hier noch durch gemeinsame Besprechung den Plan in eine etwas konkretere Form bringen und uns über den modus procedendi in der Arbeit selbst vorbereitend verständigen könnten. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 4 (Ausfertigung).

[3] Bericht von Dr. Herbert Kühnert über die Besprechung am 2. Oktober 1942 zwecks Edition des Briefwechsels von Abbe und Schott (Auszug) Bericht. Betrifft. Herausgabe des Briefwechsels E. Abbe / O. Schott durch die Thüringische Historische Kommission.

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Am Nachmittag des 2. Oktober 1942 fand im Jenaer Otto Schott-Archiv in Weiterverfolgung früherer Einzelbesprechungen eine Besprechung statt, die der Frage der Herausgabe des im Besitz des Jenaer Glaswerks Schott & Gen.[ossen] befindlichen Briefwechsels zwischen Ernst Abbe und Otto Schott über das optische Glas durch die Thüringische Historische Kommission gewidmet war. An der Besprechung nahmen teil; ab 14.45 [Uhr]: Dr. [Willy] Flach, Dr. [Herbert] Kühnert; ab 16.30 [Uhr]: Dr. [Friedrich] Schomerus; ab 17.15 [Uhr] Dr. E.[rich] Schott, Dr. [Edwin] Berger. Schluß der Besprechung: 17.55 [Uhr]. Es wurde folgendes beschlossen: 1.) Es sollen sämtliche im Otto Schott-Archiv befindlichen Briefe, die zwischen Otto Schott und Ernst Abee in der Zeit zwischen Schotts erstem Brief an Abbe (27. Mai 1879) bis zu Schotts Übersiedlung nach Jena (ca. 17. Januar 1882) gewechselt worden sind und die sich ausschließlich mit den gemeinschaftlichen Arbeiten zum optischen Glas beschäftigen. In den geplanten Band aufgenommen werden. Den Abschluß des Bandes soll, soweit sein dokumentarischer Inhalt in Frage kommt, der gemeinschaftliche Bericht bilden, den Abbe und Schott unter dem 30. März 1882 an Prof. W. Foerster nach Berlin gerichtet haben und in dem sie ihre bis dahin erzielten wissenschaftlichen und praktischen Arbeitsresultate zusammenfassen und ihre weiteren praktischen Ziele darlegen. Der Umstand, daß dieser Bericht 1928 bereits in dem von Prof. [Moritz] v. Rohr herausgegebenen Bd. IV, 1. Hälfte von Abbes Ges.[ammelten] Abhandlungen2 veröffentlicht worden ist, wurde als nicht gewichtig genug betrachtet, um ihn nicht auch in dem jetzt geplanten Band nochmals zu veröffentlichen, da er in autoritativer Form, d. h. in einem von Abbe und Schott gemeinsam ausgearbeiteten Schriftsatz gewissermaßen das Fazit der bis dahin geleisteten Gemeinschaftsarbeit zum optischen Glas zieht und in programmatischer Form gleichzeitig die weiteren Aufgaben darlegt, die sich Abbe und Schott für die dann folgende Zeit der Zusammenarbeit in unmittelbarer räumlicher Nähe vorgenommen hatten. 2.) Die von Dr. Kühnert abgeschriebenen Originalbriefe sind von diesem zunächst nochmals genau zu kollationieren und nach den zwischen ihm und Dr. Flach festzulegenden Grundsätzen in die zu druckende Form zu bringen. […] 3.) Die Gesamtheit der in dem Band veröffentlichten Dokumente soll chronologisch geordnet und in mehrere Kapitel gegliedert werden. Jedem Einzelkapitel soll ein Textabschnitt vorangestellt werden, der den Leser in Form einer Vorschau über den wesentlichen Inhalt des betr. Kapitels orientiert und auch die sonst sachlich unumgänglichen biographischen Ergänzungen bietet. 4.) Eine möglichst nicht zu lang zu haltende Einleitung soll den Leser über die historische Bedeutung des Briefwechsels orientieren, den in ihm behandelten Gegenstand zu den historischen Vorgänger-Versuchen und zu dem übrigen Schaffen Schotts und Abbes in Beziehung setzen und damit gleichzeitig die umfassendere historische Leitung würdigen, zu der die Gemeinschaftsarbeit der Jahre 1879 – [18]81 nur die – allerdings grundlegend wichtige – Einleitung gebildet hat. Die Frage, inwieweit die Erledigung dieser Aufgabe nicht etwa besser in ein einleitend-einführendes und ein abschließend-würdigendes 2

Ernst Abbe. Gesammelte Abhandlungen. Band IV: Unveröffentlichte Schriften wissenschaftlichtechnischen Inhalts. 1. Hälfte: Arbeiten zum Glaswerk zwischen 1882 und 1885. Die Entstehung des Glaswerks Schott & Gen. Herausgegeben von Moritz von Rohr. Jena 1928.

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Kapitel aufzuteilen wäre, soll vorläufig solange offengelassen werden, bis der Haupttext selbst vorliegt. 5) Der beabsichtigte Band wird auf der ersten Seite als Veröffentlichung der Thüringischen Historischen Kommission gekennzeichnet werden und wird demnach in ähnlich repräsentativer Druck- und Buchausstattung (Lexikon-Format) ausgeführt werden, in der die zur Zeit bereits im Erscheinen begriffenen Bände der Kommission, nämlich die Matrikel der Universität Jena, das Urkundenbuch der Universität Jena, die Schöppenspruchsammlung der Stadt Pößneck u. a. m. ausgeführt werden.3 […] 6.) Verlag der Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission ist die F[irm]a. Gustav Fischer – Jena. Die Druckkosten werden nach unvorgreiflicher Schätzung durch Dr. Flach 8 – 10 000 R[eichs]M[ark] betragen. Dr. Erich Schott bezeichnet es im Namen der Firma Jenaer Glaswerk Schott & Genossen als Ehrensache seiner Firma, das literarische Denkmal, das mit dem Band Otto Schott und Ernst Abbe gesetzt werden soll, von der finanziellen Seite her ebenfalls weitestgehend zu fördern. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 7 (Ausfertigung).

[4] Niederschrift von Prof. Dr. Willy Flach vom 5. Oktober 1942 über die Vorgeschichte der Edition Niederschrift Über die Vorstadien, die zu der Besprechung am 2. Oktober 1942 im Otto Schott-Archiv in Jena über die Herausgabe des Briefwechsels Schott/Abbe geführt haben und über deren Ergebnisse der Bericht von Dr. Kühnert das wesentliche enthält, habe ich folgendes zu bemerken: Anläßlich meines Besuches im Otto Schott-Werk am 27. Januar 1941, der den Fragen der Errichtung eines Werks-Archivs gewidmet war, zeigte mir Dr. Kühnert unter anderem den Original-Briefwechsel zwischen Schott und Abbe. Schon eine flüchtige Einsichtnahme in diesen Briefwechsel lehrte mich, daß er von größter Bedeutung nicht nur für die Geschichte des optischen Glases, sondern auch für die Geschichte der beiden Jenaer Welt-Firmen Otto Schott und Carl Zeiss ist. Ich machte deswegen Dr. Kühnert schon damals den Vorschlag, diesen Briefwechsel im Druck durch die Thüringische Historische Kommission herauszugeben, und diesen Plan begrüßte Dr. Kühnert sehr lebhaft. Auch Herr Dr. Erich Schott, mit dem ich an dem genannten Tage noch über diese Frage sprach, ging bereitwilligst auf meinen Vorschlag ein. Dr. Kühnert und ich haben dann wiederholt über den Gegenstand gesprochen, zuletzt sehr eingehend in einer Beratung am 12. August 1942 in Rudolstadt. Dr. Kühnert war damals der Meinung, der Briefwechsel Abbe/Schott noch durch weitere Briefwechsel Schotts mit [Gottfried] Brügelmann und [Hermann Friedrich] Wiebe zu ergänzen, 3

Erschienen ist in der Schriftenreihe lediglich der erste Band der Matrikeledition der Universität Jena im Jahre 1944 als Band I der Kommissionsveröffentlichungen. Ihm folgte 1946 (im Druck vorliegend 1948) als Band II die Edition des Briefwechsels Schott – Abbe.

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wobei ihm im Mittelpunkt immer Otto Schott stand. Ich hielt dem gegenüber an meinem Standpunkt fest, nur den Briefwechsel zwischen Schott und Abbe zu veröffentlichen als das literarische Denkmal zweier ganz großer Persönlichkeiten, aus deren Schaffen weltbedeutende Werke erwachsen sind. Dr. Kühnert hat sich dann auch zu diesem Standpunkt bekannt und ihn als den einzig richtigen angesehen. Auf diesen Vorverhandlungen beruhen dann die Besprechungen im Otto Schott-Archiv in Jena am 2. Oktober 1942, deren Ergebnisse der Bericht von Dr. Kühnert festhält. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 8 (Ausfertigung).

[5] Aus den Tätigkeitsberichten der Thüringischen Historischen Kommission 1942 bis 1944 1 Auszug aus dem Bericht über die Tätigkeit der Thüringischen Historischen Kommission im Geschäftsjahr 1942 (1. April 1942 – 31. März 1943) […] 14. Neu aufgenommen wurde in die Reihe der Kommissionsunternehmungen ein für die neuere Wirtschaftsgeschichte und die Wissenschaftsgeschichte sehr bedeutendes Werk, das den Briefwechsel zwischen Ernst Abbe und Otto Schott, und zwar die in den Jahren 1879 bis 1881 zwischen beiden gewechselten Briefe über das optische Glas enthalten soll. Die mit dem Plan zusammenhängenden Fragen, insbesondere die Frage der Auswahl des im Otto Schott-Archiv des Jenaer Glaswerks Schott u. Genossen befindlichen Briefmaterials sowie die Form seiner Bearbeitung, wurden vom Vorsitzer Prof. Dr. [Willy] Flach am 2. Oktober 1942 im Jenaer Glaswerk mit Herrn Dr. Erich Schott (als Vertreter der Geschäftsleitung des Glaswerks) sowie mit einem aus den Herren Dr. [Herbert] Kühnert, Dr. [Edwin] Berger und Dr. [Friedrich] Schomerus zusammengesetzten Bearbeitungsausschuß besprochen. Die von der Kommission mit dem Band verfolgte Absicht geht dahin, innerhalb ihres Arbeitsprogramms auch der neuzeitlichen Entwicklung eines wichtigen Zweiges der thüringischen Qualitätsindustrie und gleichzeitig zweien ihrer bedeutendsten Pioniere einen angemessenen Platz einzuräumen. Die in den Band aufzunehmenden Briefe, die gleichzeitig als klassische Dokumente für die Begründung der modernen Wissenschaft vom optischen Glas in Anspruch zu nehmen sind, werden zur Zeit zunächst von Dr. Kühnert nach den mit dem Vorsitzer Prof. Dr. Flach vereinbarten Richtlinien gesichtet und mit Kopfregesten, Anmerkungen und Registern versehen. Es kann damit gerechnet werden, daß noch im Verlauf des Kalenderjahres 1943 der geplante Band bis zur Drucklegung gefördert werden wird. […] Quelle: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde. Neue Folge Band 37 (1943), S. 445-446 (Druck).

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2 Auszug aus dem Bericht über die Tätigkeit der Thüringischen Historischen Kommission im Geschäftsjahr 1943 (1. April 1943 – 31. März 1944) […] 12. Der im vorigen Berichtsjahr in die Reihe der Kommissionsunternehmungen aufgenommene Briefwechsel zwischen Ernst Abbe und Otto Schott über das optische Glas ist von Dr. [Herbert] Kühnert nach den mit dem Vorsitzer Prof. Dr. [Willy] Flach vereinbarten Richtlinien bis zum Anfang des Oktober 1943 soweit vorbereitet worden, daß mit der Absetzung des Manuskriptes begonnen werden kann, wenn die beiden anderen Herren des Bearbeitungsausschusses (Dr. [Edwin] Berger und Dr. [Friedrich] Schomerus) ihre redaktionelle Mitarbeit am Haupt-Text bearbeitet haben werden. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Bestand Thüringische Historische Kommission, Akte Tätigkeitsberichte (masch. Ausfertigung).

[6] Schreiben von Dr. Herbert Kühnert an die Sowjetische MilitärAdministration des Landes Thüringen, Rudolstadt 26. November 1945 Betrifft: Gesuch um Erlaubnis zum Druck eines wissenschaftlichen Werkes4 Hierdurch bitte ich um die Genehmigung zum Druck des beifolgenden Manuskriptes, das ich in Ausführung eines mir im Herbst 1942 von der Thüringischen Historischen Kommission erteilten Auftrages zusammengestellt habe und das als Band II der Veröffentlichungen dieser Kommission im Verlag von Gustav Fischer zu Jena möglichst bis zum 19. November 1946 derart erscheinen soll, daß es der Jenaer Firma Carl Zeiss, die dann auf ihr 100jähriges Bestehen zurückblicken kann, gleichzeitig als wissenschaftliche Festgabe dargebracht werden kann. Die in dem Werk erstmalig veröffentlichte Korrespondenz, die sich zur Zeit im Archiv des Jenaer Glaswerkes Schott & Genossen befindet, bezieht sich auf die berühmten, von Prof. Dr. Ernst Abbe und Dr. Otto Schott zwischen 1879 und 1881 über das optische Glas angestellten Versuche, durch die einerseits der Grund gelegt worden ist zur modernen Chemie und Technik des Glases und andererseits zur Gründung des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen und zu der großartigen neueren Entwicklung der Jenaer Optischen Werkstätte Carl Zeiss. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß das Werk bei seinem Erscheinen weit über Thüringen hinaus in der Welt der internationalen Wissenschaft und Technik Aufsehen erregen wird und daß folglich auch die Förderung, die seine Publikation durch die Sowjetrussische Militär-Administration finden würde, als eine kulturelle Tat von besonderem Gewicht allgemein mit Achtung und Dankbarkeit gegrüßt werden würde. 4

Das vorliegende Gesuch und das dazugehörige Exposé sind als Entwurf zu betrachten und in dieser Form nicht an die Sowjetische Militär-Administration des Landes Thüringen gegangen. Siehe dazu das Schreiben von Flach an Kühnert vom 13. Dezember 1945, Dokument Nr. 8, S. 397.

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Da die Finanzierung des Druckes durch eine Zusage des Jenaer Glaswerkes Schott & Genossen gesichert ist und da auch der Verlag mit dem Druck sofort beginnen könnte, hängt es nur von der Entscheidung der Sowjetrussischen Militär-Administration ab, ob das Buch zu dem oben bezeichneten Zeitpunkt erscheinen kann. Näheres ergibt sich aus dem beifolgenden Exposé. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 28 (Entwurf).

[7] Exposé von Dr. Herbert Kühnert vom 26. November 1945 für die Sowjetische Militär-Administration des Landes Thüringen zur Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881 Exposé Am 19. November 1946 wird die nach ihrem Gründer – Dr. Carl Zeiss (1816-1888) benannte Optische Werkstätte in Jena auf ein 100jähriges Bestehen zurückblicken können. Sie genießt ihren Weltruf nicht nur durch die Originalität ihrer optischen Erzeugnisse, sondern auch deswegen, weil sie – zusammen mit dem seit 1884 ebenfalls zu Jena bestehenden Jenaer Glaswerk Schott & Genossen – seit 1891 eine großartige Stiftung ist, in der schon seit verhältnismäßig früher Zeit grundlegende soziale Reformen durchgeführt worden sind und der die arbeitende Bevölkerung von Jena und Umgebung sowie die Universität reiche Förderung verdankt. Die Idee dieser Stiftung und die Initiative zu ihrer Verwirklichung geht zurück auf Carl Zeissens jüngeren Freund und Mitarbeiter, den Jenaer Physiker Prof. Dr. Ernst Abbe (1840-1905), der mit Hilfe eines am 19. Mai 1889 begründeten Stiftungsfonds im Jahre 1891 die Optische Werkstätte und zunächst eine Hälfte des Glaswerks der Carl ZeissStiftung zuführte, während die andere Hälfte des Glaswerks im Jahre 1919 durch Abbes jüngeren Freund, den Chemiker Dr. Otto Schott (1851-1935). Ebenfalls dieser Stiftung übergeben wurde. In finanzieller Hinsicht war die Verwirklichung des Abbeschen Stiftungsgedankens im wesentlichen dadurch ermöglicht worden, daß durch die Initiative von Dr. Otto Schott im Jahre 1884 zu Jena gemeinsam von Schott, Abbe und Zeiss (Vater und Sohn) eine Glashütte zur Herstellung neuartiger optischer und anderer für wissenschaftliche Zwecke bestimmter Gläser begründet worden war. Diese letztere Gründung wiederum war nur dadurch möglich geworden, daß sich der damals noch in seiner Heimatstadt Witten an der Ruhr (in Westfalen) lebende Dr. Otto Schott seit 1879 bzw. Ende 1880 mit Abbe zu dem Zweck vereinigt hatte, durch Probeschmelzungen im Kleinen und spektrometrische Untersuchungen dieser Schmelzproben das ganze Gebiet der Chemie und Technik des optischen Glases planmäßig zu durchforschen und dabei zu neuartigen Glassorten zu gelangen, wie sie von der praktischen Optik für verbesserte Mikroskope, Fernrohre u.[nd] d.[ergleichen] dringend benötigt wurden. Infolge der damals noch bestehenden räumlichen Trennung der beiden Gelehrten hat der Inhalt, Fortgang und epochenmachende Erfolg dieser Gemeinschaftsarbeit, deren

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chemischer Teil von Schott in Witten geleistet wurde, während die physikalische Untersuchung durch Abbe in Jena unter Benutzung der bei Carl Zeiss vorhandenen Einrichtungen erfolgte, seinen Niederschlag in einer großen Anzahl von Briefen gefunden, die bis heute noch unveröffentlicht geblieben sind, obwohl sie zu den klassischen Dokumenten der modernen Wissenschaftsgeschichte gehören. Inhaltlich bilden sie gewissermaßen die Grundlegung der modernen Chemie und Technologie des Glases. Mit ihrem Wechsel von vorübergehenden Enttäuschungen und schließlichem Entdecker-Erfolg lesen sie sich wie eine Art von technischem Roman, und gleichzeitig bilden sie ein wundervolles Bild von der Zusammenarbeit immer enger werdenden menschlichen Beziehungen zweier großen Gelehrten und Wohltäter der Menschheit. Schon im Herbst 1942 hat sich daher der Vorsitzende der Thüringischen Historischen Kommission, Prof. Dr. Willy Flach, der die Thüringischen Staatsarchive leitet und gleichzeitig an der Universität Jena einen Lehrstuhl für Historische Hilfswissenschaften innehat5, mit der Leitung des Jenaer Glaswerks zu dem Zweck in Verbindung gesetzt, die Veröffentlichung dieses Briefwechsels von Dr. Schott mit Prof. Abbe über das optische Glas in den Jahren 1879 bis 1881, d. h. bis zur Übersiedlung Schotts von Witten nach Jena, vorzubereiten. Es wurde vereinbart, daß der zu erwartende Band als Band II der „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“, deren I. Band (Die Matrikel der Universität Jena, 1548 – 1652) 1944 bei Gustav Fischer in Jena erschienen ist, erscheinen sollte. Die Bearbeitung des Manuskriptes wurde von dem Leiter des Otto Schott-Archivs in Jena, Dr. Herbert Kühnert, übernommen, dem als Vertreter des Glaswerks Schott & Genossen Herr Dr. [August] Klemm und als Vertreter der Firma Carl Zeiss Herr Dr. F.[riedrich] Schomerus zur Seite stehen. Die Drucklegung soll auf Kosten des Glaswerks erfolgen. Sie kann nunmehr, da das Manuskript (bis auf das Vorwort6) druckfertig vorliegt, im Verlag G. Fischer zu Jena sofort erfolgen, wenn die Sowjetrussische Militärverwaltung für Thüringen die Genehmigung dazu erteilt haben wird. Selbstverständlich wird auch das im Augenblick noch nicht vollendete Vorwort noch zur Genehmigung eingereicht werden. Es ist aber wünschenswert, daß mit dem Absetzen des Textes der Briefe in Korrekturfahnen schon jetzt begonnen wird, wenn es möglich gemacht werden soll, das Erscheinen des Buches bis zum 100jährigen Jubiläum der Firma Carl Zeiss zu bewerkstelligen und damit dem Werk sowohl als der gesamten modernen wissenschaftlichen Welt eine würdige, repräsentative Festgabe darzubringen. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 29 (Entwurf).

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Die Aussage ist zu korrigieren. Flach folgte nur bis Kriegsende 1945 seinem 1940 erteilten Lehrauftrag für Historische Hilfswissenschaften und Archivkunde, seit 1942 als Honorarprofessor, in den letzten Semestern vor dem Zusammenbruch als einziger noch lehrender Historiker für mittelalterliche Geschichte. Die Lehrbefugnis an der Friedrich-Schiller-Universität wurde mit Wirkung vom 15. Dezember 1945 auf Grund der Entnazifizierungsanforderungen der SMATh an den Lehrkörper entzogen. Flach lehrte nach 1945 als Dozent für historische Hilfswissenschaften am neu gegründeten Institut für Archivwissenschaft in Potsdam (ab Juni 1950) und ab März 1953 als Professor mit vollem Lehrauftrag für historische Hilfswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. 6 Das Vorwort wurde vom Herausgeber im August 1946 verfaßt, siehe Dokument Nr. 1, S. 381.

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[8] Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Weimar 13. Dezember 1945 (Auszug) Endlich am vergangenen Dienstag [11. Dezember] ist es mir möglich gewesen, mit Herrn Dr. [Joseph Caspar] Witsch von der Landesstelle für Buch- und Bibliothekswesen zu sprechen. Da ich ihn in Weimar nie erreichen konnte, habe ich ihn in Jena aufgesucht. Herr Dr. Witsch ist gern bereit, Ihren Antrag mit Manuskript bei der russ.[ischen] Militäradministration in Weimar vorzulegen. Es hält es jedoch auch für besser, wenn zunächst die Historische Kommission bei dieser Angelegenheit nicht genannt wird. Allerdings ist Herr Dr. Witsch überhaupt zweifelhaft, ob gegenwärtig eine Genehmigung erteilt werden wird, solange die Verlagsfrage und insbesondere die Frage eines Staatsverlags nicht geregelt ist. Der Verlag Fischer, der für uns ja in Frage käme, ist als erster Verlag zur Genehmigung eingereicht worden, und es steht zu hoffen, daß er bald genehmigt wird. Das würde die Situation für uns natürlich stark erleichtern. Bei dieser Sachlage mache ich Ihnen folgenden Vorschlag: Sie stellen Ihren Antrag und Ihr Exposé ein klein wenig um, d. h. Sie lassen am besten die Historische Kommission daraus weg. Dann sollte es zweckmäßig sein, Ihren Antrag und das Exposé zusammen mit dem Manuskript Herrn Dr. Witsch in Jena vorzulegen, damit er das Weitere veranlaßt. Recht zweckmäßig würde ich es auch finden, wenn Sie mit Herrn Dr. Witsch einmal sprächen. Das wird sich bei Ihren Aufenthalten in Jena doch sicher einigermaßen einrichten lassen. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 32 (Durchschrift).

[9] Antrag des Gustav Fischer Verlages in Jena an das Referat Verlagswesen in der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung in Berlin zwecks Druckgenehmigung, Jena 2. Juni 1947 Das Werk ist Anfang 1946 von der S[owjetischen]M[ilitär]A[dministration] in Weimar zum Satz freigegeben worden und dieser seit Frühjahr vorigen Jahres fertiggestellt. Er soll jetzt freigemacht werden, weil die Druckerei das Schriftmaterial anderweitig dringend benötigt. Ich füge ein auf der Handpresse abgezogenes Exemplar der Textbogen hier bei. Es ist für den Schriftwechsel ein sehr großes Interesse vorhanden, was durch die starke Nachfrage nach dem Erscheinen bestätigt wird. Ich richte daher auf Veranlassung der Thüringischen Historischen Kommission in Weimar die Anfrage an Sie, ob eine Aussicht auf Druckgenehmigung besteht. Soll ich den üblichen Antrag mit den erforderlichen Unterlagen einreichen oder ist es nach Ihrer Beurteilung besser, noch einige Zeit zu warten? Für eine recht baldige Prüfung und Rückäußerung wäre ich Ihnen sehr dankbar. Ich füge hinzu, daß die für den Auflagedruck benötigte Papiermenge von der genannten Kommission zur Verfügung gestellt werden kann. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 61 (Durchschrift).

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[10] Schreiben des Kulturellen Beirats für das Verlagswesen in Berlin an den Verlag Gustav Fischer in Jena, Berlin 28. Juni 19477 Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, daß das Werk „Kühnert, Briefwechsel zwischen Schott und Abbe“ von der Wissenschaftlichen Kommission des Kulturellen Beirats vorläufig zurückgestellt worden ist. Da kein aktuelles, wissenschaftliches und historisches Interesse für dieses Buch vorliegt, kann es zurzeit nicht als vordringlich bezeichnet werden. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 63 (Abschrift).

[11] Schreiben von Dr. Herbert Kühnert als Mitglied des Landesvorstandes Thüringen des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands an den Kulturellen Beirat für das Verlagswesen in Berlin, Weimar 17. Juli 1947 Hierdurch bitte ich den Kulturellen Beirat für das Verlagswesen, den Fall der Drucklegung des kürzlich zur Genehmigung eingereichten Werkes „Briefwechsel zwischen Schott und Abbe über das optische Glas“ nochmals zu überprüfen und wenn möglich doch eine Genehmigung der baldigen Drucklegung herbeizuführen. Es dürfte dort bekannt sein, daß das Jenaer Glaswerk, ebenso wie die Optische Werkstätte Carl Zeiss in Jena, vor kurzem nach beendigter Demontage seine Produktion wieder aufgenommen hat und daß beide Werke auf dem Weg über das Land Thüringen wieder an die Carl-Zeiss-Stiftung zurückgegeben worden sind. Die Bedeutung der Produktion dieser Werke für die Thüringische und darüber hinaus auch für die Gesamtsowjetische Zone steht außer allem Zweifel. In der Öffentlichkeit ist vielfach die Meinung verbreitet, als seien diese beiden wichtigen Werke vollkommen demontiert worden. Sie haben daher das größte Interesse daran, daß in der Öffentlichkeit dieser irrigen Meinung entgegengearbeitet wird. Und auch in der internationalen wissenschaftlichen Welt, zu der die beiden Werke durch ihre Produktion an wissenschaftlich hochwertigen Gläsern und Instrumenten in Beziehung stehen, muß aus vielen Gründen das Bestehen der Werke wieder in Erinnerung gebracht werden. So dient das infrage kommende Werk gleichzeitig einem eminent aktuellen wirtschaftlichen Zweck, der gerade auch beispielsweise im Interesse der sowjetrussischen Militäradministration liegt. Die wissenschaftliche Aktualität aber liegt darin begründet, daß in dem Werk zum ersten Male der Fachwelt auf dem Gebiet der Chemie und Technologie des optischen Glases Einblicke gewährt werden, die noch bis vor kurze Zeit aus geschäftlichen Gründen geheim gehalten werden mußten. Sollte etwa der Umstand der Genehmigung des Werkes hinderlich gewesen sein, daß es eigentlich gedacht war als eine wissenschaftliche Festgabe zum 100jährigen Bestehen 7

Das Schreiben ist von dem damaligen Geschäftsführer des Kulturellen Beirats und Referenten für Verlagswesen in der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung Lothar von Balluseck unterschrieben.

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der Firma Carl Zeiss, so kann die Widmung, die dem Manuskript hinter der Titelseite beigefügt ist und die auf dieses Jubiläum Bezug nimmt, mit leichter Mühe auf Wunsch weggelassen werden. Ich brauche nicht zu betonen, daß sich dem obigen Gesichtspunkten sowohl die Geschäftsleitung der beiden genannten Firmen, die ja gleichzeitig Stiftungsbetriebe der CarlZeiss-Stiftung sind, anschließen, wie auch die gesamte wissenschaftliche Welt der Universität Jena ohne jeden Zweifel die gleiche Meinung, wie die oben dargelegte, haben wird. Ich habe daher den Landessekretär des Kulturbundes, Herrn Paul Dornberger, gebeten, einen Besuch in Berlin dazu zu benutzen, auf der Geschäftsstelle des Kulturellen Beirates in Berlin in der Angelegenheit noch einmal befürwortend vorstellig zu werden. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 65 (Durchschrift).

[12] Schreiben des Direktors der Thüringischen Staatsarchive, Prof. Dr. Willy Flach, an den Landessekretär des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, Paul Dornberger, in Weimar, Weimar 17. Juli 1947 Herr Regierungs- und Studienrat Dr. Herbert Kühnert hat mir mitgeteilt, daß Sie sich freundlicherweise beim Kulturellen Beirat für das Verlagswesen in Berlin für die Drucklegung des von Herrn Dr. Kühnert bearbeiteten Briefwechsels zwischen Schott und Abbe verwenden wollen. Er hat mich gleichzeitig gebeten, Ihnen meine Ansicht über die bisherige Anlehnung der Drucklegung zu sagen und Ihnen eine Begründung für die Notwendigkeit der Drucklegung gerade jetzt zu geben. Wenn der Beirat für das kulturelle Verlagswesen [richtig: Kulturelle Beirat für das Verlagswesen] der Ansicht ist, daß der Briefwechsel zwischen Schott und Abbe kein aktuelles wissenschaftliches und historisches Interesse hat, so kann ich dieser Ansicht aus meiner amtsbegründeten Übersicht über die wissenschaftlich-historischen Arbeiten und Bedürfnisse in Thüringen nicht beitreten. Ein aktuelles Interesse hat dieses Werk jetzt zweifellos insofern, als die beiden Jenaer Werke Schott und Zeiss nach der Teildemontage ihren Betrieb wieder aufgenommen haben und sicher gerade mit dem wissenschaftlichen Werk Dr. Kühnerts ihre Lebensfähigkeit und ihren Arbeitswillen im Sinne ihrer Gründer nach außen hin kund tun könnten. Ein technisch-wissenschaftliches Interesse hat das Werk insofern, als die ganzen Versuche, die zur Erfindung des optischen Glases geführt haben und die bisher der Wissenschaft nicht zugängig waren, in dieser Form zum ersten Male hier veröffentlicht werden. Das historische Interesse des Buches aber ist einmal nach der wirtschaftsgeschichtlichen Seite hin gegeben, da hier die Anfänge aufgezeichnet werden, aus denen zwei Werke von Weltruf der deutschen Industrie erwuchsen, zum anderen nach der wissenschaftsgeschichtlichen Seite , indem hier Entwicklungsreihen aus der Physik und Chemie des Glases vorgeführt werden, und endlich auch nach der biographischen Seite, da hier zwei hervorragende Männer der Wissenschaft und Technik in ihren persönlichen Beziehungen lebendig heraustreten. Endlich aber hat dieses Werk auch nach der sozialgeschichtlichen Seite hin Bedeutung, da bekanntlich aus

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den Werken Abbes und Schotts die großen sozialen Einrichtungen des Zeißwerkes und des Schottwerkes erwuchsen. Auch ich wäre Ihnen daher im Interesse der thüringischen Wissenschaft sehr verbunden, wenn Sie sich beim Kulturellen Beirat für das Verlagswesen für die Erlangung der Druckgenehmigung einsetzen könnten. Sie müßte meines Erachtens umso leichter zu erreichen sein, da das Werk mit Genehmigung der S[owjetischen] M[ilitär] A[dministration] Thüringen vom Januar 1946 je bereits völlig ausgesetzt und umbrochen ist, der Satz also vollkommen steht. Für Ihre Bemühungen in dieser Angelegenheit danke ich Ihnen verbindlichst. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 66 (Durchschrift).

[13] Schreiben des Gustav Fischer Verlages in Jena an Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Jena 1. Dezember 1947 Die Druckgenehmigung für Kühnert, Briefwechsel Abbe – Schott erhielt ich heute vom Kulturellen Beirat für die in Aussicht genommene Auflage von 550 Exemplaren. Ich habe mit der Wissenschaftlichen Druckerei in Jena wegen der Auflagendrucke sofort gesprochen und es wurde mir von dieser die baldige Ausführung zugesagt. Da die Papierangelegenheit bei Ihrem letzten Besuch geregelt werden konnte, steht der Fertigstellung des Kühnertschen Buches nichts mehr im Wege. Ich bitte Sie nur noch um Nachricht, ob auf der Titelseite die Jahreszahl 1946 stehen bleiben soll oder in 1948 geändert werden muß. Ich freue mich, daß die wiederholten Bemühungen um Freigabe den gewünschten Erfolg brachten […]. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 67 (Ausfertigung).

[14] Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Weimar 2. Dezember 1947 (Auszug) Als wir uns vergangenen Donnerstagabend [27. November] in Ihrer Wohnung sprachen, hätte ich nicht geglaubt, schon heute in der Lage zu sein, Ihnen die Abschrift des sehr erfreulichen Schreibens des Verlages Gustav Fischer in Jena anbei überschicken zu können. Der Kulturelle Beirat hat unserem mehrfachen Drängen also doch nachgegeben, und ich beglückwünsche Sie aufrichtig, daß Ihr Werk nun endlich der Öffentlichkeit vorgelegt werden kann. Wollen Sie mir umgehend mitteilen, ob Sie am Satz noch irgendetwas geändert haben wollen. Fischer fragt an, ob als Erscheinungsjahr 1946 oder 1948 stehen soll. Was meinen Sie dazu? Und wie soll es mit der Widmung zum 100jährigen Bestehen des Zeiss-

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Werkes gehalten werden? M.[eines] E.[rachtens] sollten wir alles lassen, wie es für die damalige Ausgabe geplant war. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 68 (Durchschrift).

[15] Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Weimar 4. März 1948 (Auszug) Nachdem nun trotz aller Schwierigkeiten, die sich uns in den Weg gestellt haben, Ihr Werk mit dem Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe im Druck fertiggestellt und dem Buchhandel übergeben werden konnte, drängt es mich, Ihnen zunächst die herzlichsten Glückwünsche zur Vollendung dieser wissenschaftlich sehr bedeutsamen Arbeit auszusprechen und Ihnen im Namen der Kommission herzlich zu danken für alle Mühe und Sorgfalt, die Sie diesem Werke angedeihen ließen. Hoffentlich können wir bald weitere Planungen unternehmen. Gestern war ich in Jena und habe sowohl mit dem Verlag Fischer wie mit den Herren der Geschäftsleitung des Glaswerkes gesprochen. Den letzteren habe ich insbesondere noch einmal den Dank der Kommission für die großzügige Unterstützung unserer Arbeit ausgesprochen. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 83 (Durchschrift).

[16] Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach an die Geschäftsleitung des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen, Weimar 3. März 1948 Im Anschluß an unsere gestrige mündliche Besprechung gestatte ich mir, Ihnen, nachdem der von Herrn Dr. Kühnert herausgegebene Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe nunmehr im Druck vorliegt, nochmals den aufrichtigen und herzlichen Dank der Thüringischen Historischen Kommission für die Unterstützung und die hochherzige finanzielle Förderung dieses Unternehmens auszusprechen. Von den fertigen Werken sind Ihnen durch den Verlag Fischer inzwischen 300 Exemplare zugestellt worden, die ich als wissenschaftliche Gegengabe der Kommission an Ihr Werk anzunehmen bitte. In der Hoffnung, daß es bald möglich sein wird, weitere Arbeiten zur Geschichte des Jenaer Glaswerks innerhalb der wissenschaftlichen Unternehmungen der Thüringischen Historischen Kommission aufzunehmen und durchzuführen und mit der ergebenen Bitte, der Kommission auch für diese Planungen ihr wohlwollendes und förderndes Interesse zu erhalten, empfehle ich mich Ihnen. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 81 (Durchschrift).

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[17] Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach an Dr. August Klemm als Mitglied der Geschäftsleitung des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen, Weimar 3. März 1948 Was ich Ihnen bereits mündlich sagte, darf ich Ihnen schriftlich noch einmal wiederholen. Bei der Vollendung der von Herrn Dr. Herbert Kühnert besorgten Herausgabe des Briefwechsels zwischen Otto Schott und Ernst Abbe danke ich Ihnen namens der Thüringischen Historischen Kommission aufrichtig und herzlich für die sachliche und fördernde Mitarbeit, die Sie diesem Werke aus Ihren umfassenden Spezialkenntnissen des Stoffes heraus angedeihen ließen. Es war Herrn Dr. Kühnert und mir äußerst angenehm und beruhigend, daß auf diese Weise neben dem Historiker vor allem auch der bei dieser Materie unentbehrliche glastechnische Fachmann die Arbeit überwachte und betreute. Dafür werden wir Ihnen immer verpflichtet bleiben. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 84 (Durchschrift).

Dokumente zur Edition „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, I. Teil“ [18] Geleitwort des Herausgebers Prof. Dr. Willy Flach zum Band „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, I. Teil: Die Wissenschaftliche Grundlegung (Glastechnisches Laboratorium und Versuchsglashütte) 1882 – 1884“ vom Mai 1950 Mit dem Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881, der als Band II dieser Veröffentlichungsreihe vorgelegt werden konnte, ist die Quelle erschlossen worden, die klar und eindeutig aufzeigt, wie aus dem wissenschaftlichen Bemühen der beiden bedeutenden Männer die Grundlagen für die fortschrittliche Entwicklung der Wissenschaft und Praxis auf dem Gebiete der Optik gewonnen wurden. Es lag von daher gesehen sehr nahe, nun auch die weiteren Bestrebungen um die Ausgestaltung der in jener ersten Zeit gesicherten Ergebnisse und ihre Auswertung in industriellen Formen quellenmäßig zu verfolgen. Es handelt sich also, praktisch gesprochen, darum, nunmehr im Anschluß an jenen ersten Band die Entstehung und die Entwicklung des Jenaer Glaswerkes Schott &. Genossen aufzuzeigen. Wiederum fand dieser aus wissenschaftlichen Erwägungen kommende Gedanke außerordentlich verständnisvolle Aufnahme und damit das Unternehmen selbst weitestgehende Unterstützung bei den Männern der Praxis, das heißt bei der Werksleitung des volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen. Aus eingehenden Überlegungen und Beratungen entstand so der Plan, Materialien zur Geschichte des Werkes in drei Teilen bereitzustellen und zunächst die wissenschaftliche Grundlegung (Glastechnisches

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Laboratorium und Versuchsglashütte 1882 – 1884), dann den Übergang zur industriellen Produktion (Von der Versuchsglashütte zum ersten Produktionsverzeichnis 1884 – 1886), endlich die Vereinigung von Wissenschaft und Produktion im modernen Großbetrieb (Vom Stiftungsbetrieb zum volkseigenen Betrieb 1886 bis zur Gegenwart) quellenmäßig zu untermauern. Ohne Zweifel wird auf diese Weise wiederum wertvollster Quellenstoff für die Erkenntnis wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Fortschritte, besonders aber für die Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Technik im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte erschlossen. Was diesem Unternehmen über den besonderen Fall der Geschichte .des Jenaer Glaswerkes hinaus aber noch seine besondere Bedeutung gibt, ist die Tatsache, daß infolge der verhältnismäßig sehr günstigen Quellenlage diese Entwicklungen hier beispielhaft aufgezeigt werden können. Das ist nur möglich, weil im Glaswerk selbst, beginnend mit seinem Begründer und fortgesetzt unter seinen verantwortlichen Leitern, der Gedanke der Bewahrung und Sicherung von Schriftstücken und Dokumenten, die der Aufhellung der Geschichte des Werkes dienen, frühzeitig Platz gegriffen hat. Das im Jenaer Glaswerk eingerichtete Werksarchiv ist damit ein kostbarer Besitz des Werkes selbst geworden, und dieses Archiv erst konnte der Ausgangspunkt der nunmehr vorliegenden weitgehenden Publikationen werden. Wenn diese Veröffentlichung nicht nur rückschauend eine abgeschlossene Epoche erkennen läßt, sondern wenn sie zugleich die fortschrittliche Entwicklung in die Zukunft hinein andeutet, so zeigt sie damit auf, daß das Werksarchiv nicht nur Besitz, sondern lebendiger Bestandteil des Werkes selbst ist. Damit aber gibt dieses Unternehmen ein leuchtendes Vorbild für die so notwendigen und mit allen Mitteln zu unterstützenden Bestrebungen, auf archivalischem Gebiet den Wirtschaftsarchiven in Zukunft endlich die Beachtung zu schenken, die ihnen im Rahmen aller historischen und gesellschaftlichen Fragestellungen zukommt. Das Jenaer Glaswerk Schott & Genossen steht auch auf diesem Gebiet unter den Großbetrieben Thüringens an führender Stelle. Es ist daher eine angenehm empfundene Pflicht, den Herren der Werksleitung des volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen aufrichtig dafür zu danken, daß sie auch dieses wissenschaftliche Unternehmen, wie seinerzeit schon den Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe, unter ihre fürsorgende Obhut genommen haben. Nur das tiefe Verständnis und die tatkräftige Unterstützung, die sie diesem Beginnen angedeihen ließen, haben Inangriffnahme und Durchführung dieses weitgespannten wissenschaftlichen Unternehmens ermöglicht. Wiederum aber gilt unser Dank auch diesmal dem Bearbeiter der Veröffentlichung, Herrn Dr. Herbert Kühnert, der als Leiter des Jenaer Glaswerk-Archivs und als seit Jahrzehnten bewährter Forscher auf dem Gebiete der Glasgeschichte aus seinen einmaligen und umfassenden Kenntnissen heraus diese Quellenveröffentlichung gestaltet und das Quellenmaterial durch sachkundige Darstellung und Aufklärung erschlossen hat. Quelle: Briefe und Dokumente zur Geschichte des Volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen I. Teil: Die Wissenschaftliche Grundlegung (Glastechnisches Laboratorium und Versuchsglashütte) 1882 – 1884. Bearbeitet von Herbert Kühnert. Jena 1952, S. VII-VIII.

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[19] Niederschrift von Herbert Kühnert über die Besprechung am 10. April 1948 im Jenaer Glaswerk Schott & Genossen über die Fortsetzung der Editionsarbeiten zur Geschichte des Glaswerks Niederschrift. Betrifft: Herausgabe der Fortsetzung des „Briefwechsels zwischen Otto Schott und Ernst Abee über das optische Glas, 1879 – 1881“ durch die Thüringische Historische Kommission Am Vormittag des 10. April 1948 fand im Zimmer der Geschäftsleitung des Jenaer Glaswerks eine Besprechung statt, die den Zweck hatte, festzulegen, in welcher Weise die Fortsetzung der mit Bd. II der „Veröffentlichungen der Thür.[ingischen] Hist.[orischen] Kommission“ begonnenen Bearbeitung der Briefe Schotts sowie weiterer, auf die Entstehungsgeschichte des Jenaer Glaswerks bezüglicher Briefe und Dokumente erfolgen soll. An der Besprechung nahmen teil: 1. Herr Dr. A.[ugust] Klemm als Vertreter der Geschäftsleitung des Glaswerks 2. Herr Prof. Dr. [Willy] Flach als Leiter der Thür.[ingischen] Historischen Kommission 3. Herr Dr. H.[erbert] Kühnert als Betreuer des Otto Schott-Archivs und präsumptiver Hauptbearbeiter des in Frage kommenden Bandes. Beginn der Sitzung: 11.45 [Uhr]. Es wurde folgendes abgemacht: 1.) Der Anschluß-Band soll, nach den gleichen Grundsätzen bearbeitet wie der jetzt herausgekommene Band II [der „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“], die Briefe und Dokumente aus der Zeit von der Übersiedlung Schotts nach Jena (Anfang 1882) bis zum Erscheinen des ersten Produktionsverzeichnisses des Glaswerks (Sommer 1886) umfassen. Sofern es die innere Geschlossenheit und erschöpfende Berücksichtigung des in Frage kommenden Materials erfordert, bestehen keine Bedenken dagegen, daß der Umfang sich gegenüber dem Band II (21 ½ Bogen) auf den Umfang des Bandes I (Matrikel der Univ. Jena), d. h. auf etwa 40 Bogen erweitert. Herr Rothenberger würde zu beauftragen sein, schon jetzt für die Bereitstellung des erforderlichen Papiers in dieser letzteren Menge Vorsorge zu treffen. Als Titel wurden zur Wahl gestellt der Vorschlag Kühnert – Flach: „Briefe und Dokumente zur Entstehung des Jenaer Glaswerks Schott u. Gen.[ossen], 1882-[18]86“ und der kürzlich (3. März) im Gespräch mit Dr. Kühnert von Herrn Dr. [Friedrich] Schomerus angeregte Titel „Der Briefwechsel Otto Schotts bis zur Entstehung des Jenaer Glaswerks, 1882-1886“. Man einigte sich vorläufig auf den ersteren Titel. Der Inhalt würde analog dem des Bandes II – wiederum aus einem Geleitwort des Herausgebers (Dr. Flach), einem Vorwort des Bearbeiters (Dr. Kühnert), dann den wieder in mehrere Abteilungen zu gliedernden Briefen und Dokumenten, den Anmerkungen und einem Orts- und Personen-Register bestehen. Auch das bei der Bearbeitung einzuschlagende Verfahren soll sinngemäß wieder dem des Bandes II entsprechen. Das heißt, Dr. Kühnert wird die Quellenstücke wieder nach den gleichen Grundsätzen wie im Band II bearbeiten. Prof. Flach wird die Bearbeitung überprüfen und portionenweise in den Satz geben, die Fahnen werden sodann Herrn Dr. Klemm oder einem von ihm zu kooptierenden Mitarbeiter zur Durchsicht und Korrektur zugestellt. Auch Herr Dr. Schomerus soll wieder gebeten werden, in gleicher Weise wie bei Band II, entweder selbst oder

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durch einen von ihm zu bestimmenden Mitarbeiter im Zeiss-Werk an der Bearbeitung mitzuwirken. Herr Dr. Klemm hat es übernommen, bei nächster Gelegenheit Herrn Dr. Schomerus diese letztere Anregung zu übermitteln und ihm um Zusage zu bitten. Es besteht Einverständnis darüber, daß mit der Kollationierung der bereits als Kopie im Manuskript vorliegenden Stücke gegenüber den im Thür.[ingischen] Staatsarchiv zu Rudolstadt vorübergehend zu deponierenden Originalbriefen und -dokumenten Herr Rudolf Ruhe im Thür.[ingischen] Staatsarchiv Rudolstadt beauftragt werden soll. Derselbe hat sich bereits einverstanden erklärt, diese Arbeit wie auch die gleichzeitig damit vorzunehmende Herstellung des Orts- und Personen-Registers nebenamtlich gegen entsprechende Vergütung zu übernehmen, und Herr Prof. Flach hat in seiner Eigenschaft als Direktor der Thüringischen Staatsarchive gegenüber dieser Mitheranziehung von Herrn Ruhe keine Bedenken. Man war sich darüber einig, daß – ebenso wie bereits im Band II geschehen – auch die weiteren gemeinschaftlichen Berichte Schotts und Abbes nach Berlin sowie einige weitere Quellenstücke, die bereits von Prof. [Moritz] v. Rohr in dem auf die Entstehung des Glaswerkes bezüglichen Band von Abbes Gesammelten Schriften (IV, I, 1928, G.[ustav] Fischer [Verlag]) abgedruckt worden sind, in den neuen Band mit aufgenommen werden müssen. Desgleichen sollen auch die von Dr. Kühnert vor Jahren im Archiv der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt zu Berlin-Charlottenburg wieder aufgefundenen Quellenstücke, soweit sie unmittelbaren Bezug auf das Thema haben, dem band einverleibt werden. Auch das erste Produktionsverzeichnis soll noch einmal in vollem Wortlaut abgedruckt werden, da es aus gemeinschaftlicher Arbeit von Schott und Abbe hervorgegangen ist. 2.) Dr. Kühnert hofft den auf ihn entfallenden Anteil an der Bearbeitung bis in den Herbst 1949 beenden zu können, doch wird er bemüht sein, schon früher zum Abschluß der Arbeit zu kommen. Falls sich erweisen sollte, daß die 50prozentige Entlastung von seinen schuldienstlichen Verpflichtungen, die er schon bisher zur Erledigung der vorbereitenden Arbeiten mit Hilfe des Glaswerks Schott u. Genossen erlangt hat, nicht ausreichen sollten, um ihm die nötige Bewegungs- und Arbeitsfreiheit zu sichern, wird die Firma Schott – wie Herr Dr. Klemm erklärte – ihm dabei behilflich sein, mit dem Beginn des Schuljahres 1948/49, d. h. vom 1. September [19]48 ab bei dem Thüringischen Ministerium für Volksbildung vorübergehend eine 100prozentige Entlastung vom Schuldienst zu erlangen. Dr. Kühnert behält sich vor, im Laufe des Sommers auf diese Frage noch zurückzukommen, die dann auch der Neueinrichtung des Archivs zu Gute käme. 3.) Der Band soll genau wie der erste wieder als Veröffentlichung der Thür.[ingischen] Historischen Kommission, und zwar im Verlag Gustav Fischer, erscheinen. Die Auflage soll unvorgreiflich wieder 550 Stück betragen. An den Herstellungskosten wird sich die Firma Jenaer Glaswerk Schott u. Genossen wider im gleichen Umfang und in sinngemäß gleicher Form wie an dem bereits veröffentlichten Band beteiligen, für welche großzügige Zusage sowohl Herr Prof. Flach im Namen der Thür.[ingischen] Histor.[ischen] Kommission als auch Dr. Kühnert für seine Person Herrn Dr. Klemm als dem Vertreter des Glaswerks schon im Voraus ihren Dank aussprechen, indem sie bei dieser Gelegenheit erneut ihren Dank und ihre Genugtuung für die bisherige Förderung des ganzen Unternehmens ausdrückten.

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4.) Nachdem noch einige Fragen besprochen worden waren, die mit der Zustellung weiterer Exemplare des Briefwechsels Schott – Abbe an repräsentative Persönlichkeiten der Universität Jena, ferner mit der Einladung bestimmter Stellen der Berliner Besatzungsbehörden zu dem für den 11. Mai ds. Js. angesetzten Vortrag von Dr. Kühnert in Berlin zusammenhingen, wurde die Besprechung um 13 Uhr beschlossen. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 98-99 (Ausfertigung).

[20] Niederschrift von Prof. Dr. Willy Flach vom 11. Juli 1949 über den Fortgang und die Neuplanung der Editionsarbeiten Am 5. Juli 1949 besuchte mich Herr Dr. Kühnert, um mit mir über das Ergebnis seiner bisherigen Arbeit an dem Band „Briefe und Dokumente zur Entstehung des Jenaer Glaswerkes Schott & Gen.[ossen] 1882 – 1886“ zu sprechen. Er legte dar, daß das gesamte Material in einem Veröffentlichungsband nicht unterzubringen sei, daß dafür vielmehr 2 Bände, der 1. von 1882 bis 1884, der 2. Band von 1884 bis 1886 reichend, notwendig seien. Von der Richtigkeit dieser Ausführungen konnte ich mich leicht überzeugen, schlug aber andererseits Herrn Dr. Kühnert vor, nunmehr eine endgültige Planung für ein Gesamtwerk aufzustellen, um auch für die weitergehende Arbeit jetzt volle Klarheit zu haben. Das Ergebnis dieser Beratung war der dieser Niederschrift beiliegende Überblick „Vorschlag für Thema und Einteilung eines wissenschaftlichen Quellenwerkes zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes Schott & Gen.[ossen]“ Im Anschluß an diese Besprechung in meinem Dienstzimmer in Weimar fuhren wir mit dem Auto in das Glaswerk Schott nach Jena und hatten dort eine Unterredung mit den beiden Herren [Albert] Heintz und Dr. [August] Klemm von der Geschäftsleitung des Glaswerkes. Dort trug ich diesen Plan vor, erörterte die näheren Einzelheiten des Planes und die bisher geleistete Arbeit. Beide Herren waren von der Richtigkeit und Zweckmäßigkeit unseres Planes überzeugt und stimmten ihm vollständig zu. Außerdem nahmen sie mit großem Interesse von der bisher geleisteten Arbeit Kenntnis, billigten alle Maßnahmen und sagten die weitere Unterstützung des Glaswerkes für diese wissenschaftliche Publikation, an der das Glaswerk nach wie vor lebhaft interessiert ist, zu. Vorschlag für Thema und Einteilung eines wissenschaftlichen Quellenwerkes zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes Schott & Genossen, VEB Optik (5. Juli 1949). Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes Schott & Genossen, VEB Optik. Bd. I: Die wissenschaftliche Grundlegung. Glastechnisches Laboratorium und Versuchsglashütte 1882 – 1884. Bd. II: Der Übergang zur industriellen Produktion. Von der Versuchsglashütte zum ersten Produktionsverzeichnis des Glaswerkes 1884 – 1886.

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Bd. III: Wissenschaft und Produktion im modernen Großbetrieb. Vom Stiftungsbetrieb zum volkseigenen Betrieb 1886 – 1950. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 131 und 133 (Ausfertigung).

[21] Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Weimar 12. Juli 1949 (Auszug) Im Anschluß an unsere Unterredung am Dienstag d. 5. Juli und im Anschluß an die Besprechung, die wir danach mit den Herren der Geschäftsleitung des Glaswerkes hatten, übersende ich Ihnen beifolgend Abschrift des Planes für das Gesamtwerk „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes Schott & Gen.[ossen]“, der von den Herren der Geschäftsleitung gebilligt worden ist.8 Ich glaube, daß wir mit diesem Plan wirklich das Richtige getroffen haben und daß damit für die ungestörte und erfolgreiche Weiterarbeit an diesem Unternehmen eine sichere Grundlage geschaffen ist. Daß Ihnen die fernere Arbeit an diesem Werke Freude bereite wie bisher, daß Ihnen zur Durchführung des Ganzen Kraft und Ausdauer beschieden sein möge, und daß auch die Entwicklung der äußeren Verhältnisse dem Unternehmen günstig bleiben und sich noch günstiger entwickeln möchten, das ist der herzliche Wunsch, den ich Ihnen mit Übersendung des Planes zugleich zu Ihrem Geburtstag ausspreche. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 132 (Durchschrift).

[22] Protokoll der Besprechung am 28. Juli 1950 im Jenaer Glaswerk Schott & Genossen (Auszug) […] Die Besprechung9 galt einerseits der Stellungnahme zu den am 27. April [19]50 von den Ministerien des Innern und der Industrie der Deutschen Demokratischen Republik angeordneten Maßnahmen zur Einrichtung und Verwaltung von Werksarchiven in den volkseigenen Betrieben, andererseits der Stellungnahme zur Fortsetzung der Schriftenreihe über die Geschichte des Volkseigenen Betriebs Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, die durch den von Dr. [Herbert] Kühnert bearbeiteten und als wissenschaftliche Festgabe zum 100jährigen Bestehen der Carl Zeiss-Werke im Jahre 1946 bereits ver8

Siehe Dokument Nr. 20. Teilnehmer der Besprechung waren Werkleiter Albert Heintz, kaufmännischer Leiter Fritz Dunger, der Vertreter der VVB Optik und der Betriebsgewerkschaftsleitung des Glaswerks Friedrich Auer, der Vertreter der Betriebsgruppe der SED des Glaswerks Paul Gerhard Esche, der Vertreter der Registratur des Glaswerks und gleichzeitig als Vertreter der IG Chemie Rudolf Matthes, Werksarchivar Dr. Herbert Kühnert und Prof. Dr. Willy Flach als Direktor des Thüringischen Landeshauptarchivs Weimar und „hinzu erbetener Sachverständiger“. 9

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öffentlichten Band „Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas, 1879 – 1881“ eröffnet worden ist. Bezüglich des ersten Punktes wurde durch den Sachverständigen, Herrn Prof. Dr. [Willy] Flach, darauf hingewiesen, daß die vorausschauenden Maßnahmen , die im Jenaer Glaswerk schon seit Jahren bezüglich der Einrichtung eines Werksarchivs getroffen worden seien, dem Glaswerk auch auf diesem Gebiet einen großen Vorsprung gesichert hätten und für die meisten volkseigenen Betriebe Thüringens, wenn nicht der Deutschen Demokratischen Republik als beispielgebend bezeichnet werden könnten. […] Bezüglich des zweiten Punktes wurde sowohl durch Herrn Prof. Dr. Flach als auch durch Herrn Dr. Kühnert hervorgehoben, daß die neuen oberbehördlichen Richtlinien mit Recht von den Archiven der volkseigenen Betriebe verlangten, daß sie die im Laufe der Jahre in den betr. Betrieben gesammelten wissenschaftlichen und technischen Fortschritte und Erfahrungen in geeigneter Form sämtlichen Betriebsangehörigen zugänglich machen. Aus diesem Grunde habe man sich in wiederholten Besprechungen dazu entschlossen, die von Dr. Kühnert bearbeitete Sammlung der für das Glaswerk grundlegenden Dokumente nicht auf die Gründungsjahre zu beschränken, sondern derart zu erweitern, daß aus ihr die gesamte Werksgeschichte von 1882 ab bis zur Gegenwart klar ersichtlich wird. Wenn dabei auch das Schwergewicht auf die grundlegenden systematischen, die gesamte Chemie und Technologie des Glases umfassenden Versuche und die damit zusammenhängende wissenschaftliche Korrespondenz zu legen sein wird, so soll die Auswahl der Dokumente doch derart vorgenommen werden, daß sie der heute am Werk beteiligten wissenschaftlichen, technischen und kaufmännischen Intelligenz für ihre weiterführende Arbeit eine sichere und unmittelbare Grundlage werden kann. Besonders wurde von Herrn [Friedrich] Auer hervorgehoben, daß der Anschluß an die Gegenwart mit möglichster Beschleunigung erreicht werden sollte. Da die Erweiterung des ursprünglichen Planes aus buchtechnischen Gründen eine Aufteilung des Gesamtwerkes in 3 Teilbände nötig gemacht hat, von denen der erste, besonders das Thermometer- und Laboratoriumsglas betreffende Teilband nunmehr im Manuskript druckfertig vorliegt, wurde beschlossen, zunächst die Drucklegung dieses Bandes bei den zuständigen Stellen mit möglichster Beschleunigung zu betreiben. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 152 (Entwurf).

[23] Schreiben des Werkleiters des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen Albert Heintz an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Jena 2. August 1950 (Auszug) Im Anschluß an unsere kürzliche Besprechung [am 28. Juli 1950]10 mit den Herren unserer Geschäftsleitung, Vertretern der B[etriebs]G[ewerkschafts]L[eitung] sowie Herrn Professor Dr. [Willy] Flach teilen wir Ihnen mit, daß wir mit Ihnen übereinstimmen, daß die Aufgaben, die Sie seit Ihrer Beurlaubung aus dem Schuldienst im Betrieb übernom10

Siehe Dokument Nr. 22.

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men haben, in zweifacher Hinsicht eine wesentliche Erweiterung erfahren haben. Es hat sich im Laufe Ihrer wissenschaftlichen Arbeit herausgestellt, daß es zweckmäßig ist, Ihre Arbeit über die Geschichte unseres Werkes nicht nur auf die Jahre seiner Entstehung, sondern, im Anschluß auf den von Ihnen bereits 1946 veröffentlichten Band über den Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbee über das optische Glas 1879 – 1882, auf die gesamte Geschichte unseres Werkes von 1882 – 1952 zu erstrecken. Da sich das hierfür in Frage kommende Material, wie sich aus dem Umfang des nunmehr im Manuskript druckfertig vorliegenden Band[es] ergibt, zweckmäßigerweise nicht in einem einzigen Band, sondern in drei Bänden veröffentlichen läßt, so haben wir vereinbart, daß dem vorliegenden Band, der die Jahre 1882 – 1884, also die Zeit des Übergangs vom Laboratorium zur Versuchsglashütte, ein weiterer, in der Bearbeitung bereits weit vorangeschrittener Band folgen soll, der an ausgewählten Briefen und Dokumenten die weitere Entwicklung unseres Werkes von einer Versuchsglashütte zu einem volkswirtschaftlich wichtigen industriellen Betrieb, also die Periode von 1884 bis 1886 darstellen soll. Ein dritter Band soll dann zeigen, wie das Werk vom privatkapitalistischen Unternehmen zur unpersönlichen Stiftung un darüber hinaus endlich zum volkseigenen Betrieb geworden ist. Gleichzeitig mit dieser Erweiterung der von Ihnen ursprünglich übernommenen wissenschaftlichen Aufgabe hat sich aber neuedings auch eine erweiterte praktische Aufgabe ergeben. Obwohl wir in unserem Werk mit Genugtuung feststellen dürfen, daß wir als eines der ersten in Deutschland zur Einrichtung eines Werksarchivs übergegangen sind, und daß das von Ihnen bereits 1934 bei uns eingerichtete und seitdem betreute Werksarchiv den meisten volkseigenen Betrieben, die erst heute zu einer solchen Einrichtung übergehen, zum Vorbild dienen kann, sind doch auch unserem Werksarchiv durch die Richtlinien, die vom Ministerium des Innern und vom Ministerium der Industrie der Deutschen Demokratischen Republik unter dem 27. April d[iese]s. J[ahre]s. den volkseigenen Betrieben über die Organisation von Werksarchiven und ihre hauptamtliche Verwaltung durch entsprechend qualifizierte Kräfte gegeben worden sind, zusätzliche Aufgaben erwachsen, die es uns als wünschenswert erscheinen lassen, daß Sie das Ministerium für Volksbildung [des Landes Thüringen] bitten, Sie für ein weiteres Jahr, d. h. bis zum 31. August 1951 aus dem Schuldienst beurlauben. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Land Thüringen, Personalakten Volksbildung Nr. 17567 (Herbert Kühnert), Bl. 374-375 (Ausfertigung).

[24] Schreiben von Dr. Herbert Kühnert an Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Rudolstadt, 14. Dezember 1950 (Auszug) […] teilte mir Dr. A.[ugust] Klemm, der Leiter der Wissenschaftlichen Hauptabteilung im Glaswerk Schott & Genossen, der ja neuerdings ebenfalls Nationalpreisträger geworden ist, […] mit, er habe kürzlich, als er zusammen mit Prof. [Erich] Thilo [Direktor des Chemischen Instituts der Humboldt-Universität Berlin], Dr. [Hugo] Schrade (vom ZeissWerk) und Prof. [Robert] Rompe (dem „kommissarischen Kommissar“ der Carl ZeissStiftung) an einem Empfang in Berlin beim General [Wassili Iwanowitsch] Tschuikow

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teilgenommen habe, mit diesen Herren über meine Manuskriptangelegenheit gesprochen, und obwohl er das Interesse des Glaswerks an der Veröffentlichung und auch ihren aktuellen Wert betont habe, sei man schließlich doch zu dem Ergebnis gekommen, dass es ratsam sei, mit der Beantragung der Druckgenehmigung noch einige Zeit abzuwarten, weil erstens demnächst die für die Beurteilung der beim Kulturellen Beirat eingehenden Manuskripte zuständige Kommission neu zusammengesetzt werden würde und weil zweitens im Augenblick mit Rücksicht auf den bestehenden Papiermangel nur solche wissenschaftlichen Werke genehmigt werden würden, die durch eine wirklich drastische Vordringlichkeit (also z. B. Lehrbücher u. d.) gekennzeichnet wären Ich lasse es dahingestellt sein, inwieweit bei dieser Stellungnahme nicht doch auch eine gewisse Ängstlichkeit, daß irgendwelche zur Zeit herauskommende Publikationen über das Jenaer Glaswerk den politisch maßgebenden Kreisen in Berlin als mindestens zur Zeit noch unopportun erscheinen könnte, mit im Spiel gewesen ist, wollte jedenfalls nicht versäumen, sowohl Ihnen als auch dem Verlag von diesem Stand der Dinge einen Bericht zu geben, der Ihnen vielleicht bei Ihrer bevorstehenden Reise nach Berlin sachdienlich sein könnte. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 157 (Ausfertigung).

[25] Schreiben des Landessekretärs Karl Tümmler von der Landesleitung des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Weimar 29. März 1951 Betr.: Publikationen über das Jenaer Glas und populärwissenschaftliche Vorträge über die Erfindung desselben. Unser Freund [Johannes] Bolten hat dem Sekretariat der Landesleitung Ihr Exposé übergeben mit der Bitte, dazu Stellung zu nehmen und es eventuell der Landesleitung vorzulegen. Sie werden verstehen, daß die Landesleitung des Kulturbundes, und zwar die engere, im Augenblick vor entscheidenden Aufgaben und Beschlüssen steht, daß es kaum möglich sein wird, die ohnehin knappe Zeit unserer Freunde für eine längere Diskussion über Ihre Arbeit in Anspruch zu nehmen. Wir halten es für zweckmäßig, wenn diese Angelegenheit zunächst im kleineren Kreise vorbesprochen wird. Wir bitten Sie aber dazu um einige zusätzliche Angaben: 1. Worin bestehen die Schwierigkeiten, die Ihnen als Schriftsteller und als Referent über den im Exposé bezeichneten Gegenstand gemacht werden? 2. Wer bereitet Ihnen solche Schwierigkeiten? 3. Womit werden solche Schwierigkeiten begründet? Leider führen Sie in Ihrem Exposé nicht konkret die Stellen auf, aus denen Ihre Stellung zu den Gründern der Zeisswerke hervorgeht. Eine diesbezügliche Erläuterung wäre deshalb noch notwendig. Wenn wir Sie recht verstehen, handelt es sich um die Darstellung der Rolle, die Zeiss, Schott und Abbe gespielt haben. Unseres Erachtens nach wäre es falsch, Sie nur als fortschrittliche Menschen zu bezeichnen, genauso falsch aber ist es, sie nur als rückschrittli-

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che Menschen zu bezeichnen. Man muß wohl bei der Betrachtung dieses Wissenschaftler und Unternehmer ihre zwiespältige Rolle sehen, die sie bei der Entwicklung ihres Werkes ausübten. Als Wissenschaftler haben sie zweifellos eine große Arbeit geleistet und zum menschlichen Fortschritt beigetragen. Darin liegt unbedingt etwas Positives. Als typische Angehörige der Intelligenz in der kapitalistischen Gesellschaft haben sie aber nicht danach gefragt, wozu ihre Erfindungen, ihre wissenschaftlichen Arbeiten benutzt wurden. Ja, sie haben sogar bei der Durchführung des ersten Weltkrieges durch das imperialistische Deutschland eine Funktion nicht nur als Wissenschaftler, sondern auch als Unternehmer ausgeübt. Was ist daran fortschrittlich? Nichts! Die Beurteilung eines Menschen hängt davon ab, welche Rolle er objektiv in der Entwicklung der Gesellschaft gespielt hat. Haben Zeiss, Schott und Abbe auf der Seite der fortschrittlichen Kräfte gestanden? Nein, sie haben ohne Zweifel auf der Seite der kapitalistischen Kräfte, der imperialistischen Kräfte und des Krieges gestanden. Was ihre sozialpolitischen Leistungen anbelangt, so kann man diese nicht als fortschrittlich im Sinne der Arbeiterklasse betrachten. Haben sie nicht etwas ähnliches getan, wie es Bismarck tat, als er die Sozialversicherung in Deutschland einführte, um die Arbeiterklasse vom konsequenten Klassenkampf, vom Kampf um ihre Freiheit, anzuhalten? Es kann hier keinen Standpunkt geben, der zwischen der kapitalistischen Klasse und der Arbeiterklasse sich befindet. Da wir heute in der Deutschen Demokratischen Republik aber nicht den Standpunkt der Kapitalisten vertreten, sondern unseren Standpunkt, den Standpunkt der Arbeiterklasse, deshalb können wir zu solchen Fragen auch nur vom Standpunkt der Parteilichkeit für die Arbeiterklasse Stellung nehmen. Sie werden auch verstehen, daß wir heute unserer lernenden, strebenden und arbeitenden Jugend nicht in erster Linie die Menschen als Vorbild hinstellen, die eine zwiespältige Rolle in der Geschichte spielten, sondern in erster Linie die Menschen, die eindeutig und klar für den Fortschritt der Menschheit kämpften. Das sind vor allem die großen Führer der deutschen Arbeiterbewegung und der internationalen Arbeiterbewegung. Es wird allerdings Aufgabe einer sehr eingehenden Forschung sein müssen, auch die Funktion zu analysieren, die solche Menschen wie Zeiss, Schott und Abbe ausübten. Es handelt sich auf keinen Fall darum, ihr Andenken, ihren Charakter usw. bei der jungen Generation herabzusetzen, sondern ein historisch wahres Bild von ihnen zu geben. Ebenso haben wir doch Johann Sebastian Bach, Johann Wolfgang Goethe unseren Menschen dargestellt und begreiflich gemacht. Allerdings besteht wohl zwischen Bach, Goethe einerseits und Zeiss, Abbe und Schott andererseits ein gewaltiger Unterschied. Unsere großen Klassiker waren Revolutionäre des Geistes und haben zur Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft damals, als diese noch fortschrittlich war, beigetragen. Zeiss, Schott und Abbe haben der bürgerlichen Gesellschaft noch gedient, als diese schon einen reaktionären Charakter angenommen hatte und die Rolle der fortschrittlichen Klasse auf die revolutionäre Arbeiterklasse übergegangen war. Soweit unsere vorläufige Stellungnahme zu diesem Problem. Sie soll aber keineswegs den Abschluss der Diskussion bilden. Quelle: SCHOTT Archiv Jena, Nachlaß Erich Schott N 24/11 (Kopie).

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[26] Schreiben von Dr. Herbert Kühnert an Archivdirektor Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Rudolstadt 22. September 1951 Ich füge meinem Brief von vorgestern hiermit noch einige weitere Zeilen bei, die sich auf das Gespräch beziehen, das ich gestern mit den Herren Albert Heintz, Dr. [August] Klemm und Kulturdirektor [Hans] Jungnickel (Herr [Fritz] Dunger kommt erst übermorgen wieder vom Urlaub zurück) u. a. auch über die Frage geführt habe, in welcher Weise in Jena, d. h. vom Glaswerk, der Stadt Jena und der Universität ebenfalls – wie in Witten – des 100jährigen Geburtstages von Otto Schott, also am 17. Dezember 1951, gedacht werden sollte, und ich wurde gebeten, hierzu noch einige Vorschläge zu machen. Bei diesem Gespräch wurde sowohl von den Herrn der Betriebsleitung als auch von Herrn Jungnickel betont, daß es sich bei einer etwaigen Feierstunde mit Rücksicht auf die zur Zeit mehr denn je politisch umstrittenen Fragen (bezüglich des durch Abbe und Schott und die Carl Zeiss-Stiftung repräsentierten kapitalistischen Unternehmertums) in erster Linie darum handeln müßte, die wissenschaftliche und technologische Bedeutung Schotts in den Vordergrund zu stellen. (In Witten ist die Sache so gedacht, daß die Feierstunde im Märkischen Museum der Stadt stattfinden soll, daß daselbst eine Büste Schotts enthüllt werden soll und daß Prof. Dr. Dr. Hans Schimank, ein Physiker, der an der Universität Hamburg das Gebiet Geschichte der Naturwissenschaften und Technik vertritt, die Gedächtnisrede auf Schott halten soll.) Dabei kam u. a. auch zur Sprache, daß es doch sehr zu begrüßen sein würde, wenn der Druck unseres Teilbandes so beschleunigt werden könnte, daß er dann gewissermaßen als wissenschaftliche Festgabe der Historischen Kommission und des Glaswerks vorgelegt werden könnte, und ich muß sagen, daß mir dieser Gedanke sehr sympathisch sein würde. Was halten Sie davon? Wenn Sie hierin der gleichen Meinung wie ich sein sollten: Glauben Sie, daß wir den Druck derart forcieren könnten, daß der Band wenigstens – wie damals bei der ins Wasser gefallenen 100-Jahr-Feier von Zeiss – in einem repräsentablen Stück zu der besagten Gedenkfeier präsentiert werden könnte? Ich werde mir erlauben, Sie einmal am Dienstag Vormittag (also am 24. d[iese]s. [Monats]) anzurufen, in der Voraussetzung, daß Sie bis dahin von Ihrer Reise nach Meiningen zurückgekehrt sein werden, damit wir zur obigen Frage gemeinsam Stellung nehmen, sie eventuelle auch am Mittwoch d. 25. [September] persönlich in Weimar besprechen könnten. Auch über den bei der Korrektur einzuhaltenden Modus – Dr. Klemm will es wieder übernehmen, die Korrektur mit Rücksicht auf den chemisch-technologischen sowie geschäftlichen Inhalt des Bandes zu erledigen oder auch seinen engeren Mitarbeiter damit zu beauftragen – könnten wir uns dann verständigen. Das Geld für die Druckkosten könnte (nun auf einmal) auch noch in diesem Jahr vorgriffsweise flüssig gemacht werden, so daß in dieser Hinsicht einem Erscheinen des Bandes noch in diesem Kalenderjahr von Seiten des Glaswerks kein Hindernis entgegenstehen würde. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 179 (Ausfertigung).

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Dokumente zur Edition „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, II. Teil“ [27] Geleitwort des Herausgebers zum Band „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, II. Teil: Der Übergang zur industriellen Produktion (Von der Versuchsglashütte zum 1. Produktionsverzeichnis) 1884 – 1886“ vom Februar 1957 Im Rahmen des wissenschaftlichen Unternehmens, für die Geschichte des Jenaer Glaswerkes Schott &: Genossen die historischen Quellen zu erforschen, zu edieren und zu erläutern, bringt der hier vorgelegte zweite Teil das Material für die Entwicklung in den Jahren 1884 – 1886. Er behandelt damit im Anschluß an die im ersten Teil aufgezeigte Entfaltung der Versuchsarbeiten in den Jahren 1882 – 1884 den Übergang von diesem Stadium der Versuche zur fabrikmäßigen Produktion bis hin zu jenem Zeitpunkt im Herbst 1886, in dem die Existenz des Werkes auch materiell als gesichert angesehen werden konnte. Die ganze erregende Atmosphäre jener Jahre mit ihrem Suchen und Finden, ihrem Tasten und Ergreifen, ihren Spannungen und Lösungen spricht aus den Quellen in einer vernehmlichen Sprache zu uns. Nicht nur die Geschichte des Jenaer Glaswerkes, sondern die Geschichte der Zeit überhaupt und ihrer Gesellschaft, besonders die Geschichte der Wissenschaft, der Forschung und ihrer Vertreter, vor allem aber die Geschichte der Wirtschaft in weitem Sinn erfahren aus dem neuen und bisher unbekannten Material dieses Quellenwerkes neue Beleuchtung, und wieder zeigt sich wie im vorhergehenden Band der unschätzbare Wert des Wirtschaftsarchivs im Jenaer Glaswerk für die historische Arbeit schlechthin. Die Berechtigung des Vorhabens, die Quellenarbeit zur Erforschung der Geschichte des Glaswerkes fortzusetzen, wird, so hoffen wir, auch mit dem jetzt vorgelegten Band überzeugend dargetan. Jedenfalls sind alle Vorbereitungen zur Fortführung des Unternehmens getroffen, und die Arbeiten am nächsten Band sind im Gange. Wenn ursprünglich beabsichtigt war, die Entwicklung des Werkes seit seiner Festigung bis zur Gegenwart in großen Zügen in einem einzigen Band zu bewältigen, so hat die inzwischen vertiefte Kenntnis der Quellenlage die Unzweckmäßigkeit eines solchen Vorhabens erwiesen und zu der Überzeugung geführt, daß auf die beiden nun vorliegenden Teile zwei weitere folgen müssen. So wird der in Bearbeitung befindliche dritte Teil die historische Entwicklung bis 1914 vorführen, also bis zum Beginn des ersten Weltkrieges, der auch in der inneren Geschichte des nun plötzlich von seinen Weltverbindungen abgeschnittenen Glaswerkes einen Umbruch bedeutete, und ein dann folgender vierter Teil soll die letzte Periode der Werksgeschichte behandeln. Um das Zustandekommen des vorliegenden Bandes haben sich in gemeinsamem Streben wieder viele Kräfte bemüht. Für das Jenaer Glaswerk, dessen Geschichte hier aufgehellt und der Gegenwart fruchtbar gemacht wird, hat sein Werkleiter, Herr Hans Nordwig, in Fortführung guter Jenaer Traditionen echter Wissenschaftspflege das tragfähige Fundament gelegt, auf dem Bearbeitung, Druck und Herausgabe erfolgen konnten. Aus dem Glaswerk ist auch wieder wesentliche fachwissenschaftliche Hilfe gewährt worden durch den Leiter der wissenschaftlichen Hauptabteilung, Herrn Nationalpreisträger Dr. August Klemm, und seinen Mitarbeiter, Herrn Dr. Herbert Schönborn. Auf sol-

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cher Grundlage und mit solcher Unterstützung aber hat wiederum die Hauptleistung der Bearbeiter des Bandes vollbracht, Herr Dr. Herbert Kühnert, der den Stoff zusammentrug, durch Anmerkungen erläuterte und durch eine einführende Darstellung durchdrang. Ihm vor allem, aber auch den anderen genannten Helfern am Werk, aufrichtig zu danken, ist ein echtes Anliegen des Herausgebers beim Erscheinen dieses Bandes. Quelle: Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, II. Teil. Bearbeitet von Herbert Kühnert. Jena 1957, S. IX-X (Druck).

[28] Niederschrift über die Sitzung am 30. April 1953 im Jenaer Glaswerk Schott& Genossen über die Fortsetzung der Editionsarbeiten zur Geschichte des Jenaer Glaswerks (Auszug) Die Sitzung11 wurde dadurch eingeleitet, daß Prof. [Dr. Willy] Flach im Namen der Thür.[ingischen] Historischen Kommission dem Werkleiter [Hans] Nordwig das von ihm herausgegebene und von Dr. [Herbert] Kühnert bearbeitete erste Stück des Werkes „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Optik Jenaer Glaswerk Schott & Gen.[ossen] I. Teil)“ überreichte und der Werkleitung gleichzeitig den Dank der Thür.[ingischen] Historischen Kommission für die großzügige Art, mit der das Glaswerk das Zustandekommen dieses Werkes in gleicher Weise gefördert hatte wie den ihm vorausgegangenen Band „Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas“. Dr. Kühnert schloß sich diesem Dank auch für seine Person an und hob dabei auch besonders die Unterstützung hervor, die er außer durch Prof. Flach auch durch Nationalpreisträger Dr. [August] Klemm bei der fortlaufenden Durchsicht und Überprüfung der Druckbogen erfahren hatte. Werkleiter Nordwig erwiderte den Dank sowohl an Prof. Flach als auch an Dr. Kühnert und schlug vor, im Anschluß an die erfolgte Übergabe des Werks sogleich in eine Aussprache über die Möglichkeit seiner Fortsetzung durch die am 28. Juli 1950 zwischen der Thür.[ingischen] Hist.[orischen] Kommission und dem Glaswerk vereinbarten weiteren beiden Teilbände einzutreten. Und zwar sei dies notwendig durch die neuerdings dem Glaswerk auferlegten Sparmaßnahmen auf administrativem und personellem Gebiet in Verbindung mit den Grundsätzen über die Betriebsstruktur, die eine weitere Fortsetzung des bisherigen Anstellungsverhältnisses von Dr. Kühnert zum Betrieb, d. h. die Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Arbeit für den Betrieb aus einer nicht im Betrieb selbst befindlichen Arbeitsstätte nur noch in der Form zuließen, daß die wissenschaftliche Leitung des Betriebsarchivs von einer ständig im Betrieb selbst tätigen qualifizierten Kraft ausgeübt, die weitere wissenschaftliche Arbeit Dr. Kühnerts in einer für den Betrieb finanziell tragbaren Form aber nur unter der Voraussetzung geleistet werden könne, daß Dr. Kühnert in Pension ginge und seine weitere wissenschaftliche Arbeitsleistung

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Teilnehmer der Sitzung waren Werkleiter Hans Nordwig, Abteilungsleiter Dr. August Klemm, der Sekretär der Betriebsparteiorganisation der SED Paul Gerhard Esche, der Vertreter der Betriebsgewerkschaftsleitung Hans Mayerböck, Dr. Herbert Kühnert und Prof. Dr. Willy Flach.

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entweder durch den Betrieb oder durch einen für ihn etwa beim Volksbildungsministerium zu erwirkenden Forschungsauftrag honoriert würde. Sowohl von Prof. Flach als auch von Dr. Kühnert wurde darauf hingewiesen, daß die Personalfrage Dr. Kühnert nicht lediglich vom Standpunkt der Einsparung gesehen werden sollte, da einerseits die Art der ihm übertragenen wissenschaftlichen Arbeit eine ständige leitende Verbindung mit dem Werksarchiv zur Voraussetzung habe, andererseits die in Frage kommenden Veröffentlichungen nicht nur für das Glaswerk selbst von einem nicht zu unterschätzenden Wert seien, sondern darüber hinaus auch die allgemeine Wissenschaftsgeschichte, die Geschichte der neuzeitlichen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Technik im Wandel der jüngsten gesellschaftlichen Entwicklungen und nicht zuletzt auch die jüngsten amtlichen Bestrebungen auf dem Gebiet der Wirtschaftsarchive eine wichtige Bereicherung erführen. Prof. Flach verwies dabei u. a. auf sein erst vor einigen Tagen der Personalleitung des Glaswerks erstattetes Gutachten und ferner auf die im Geleitwort zu dem nun vorliegenden neuen Teilband dargelegten Gesichtspunkte, während sich Dr. Kühnert vorwiegend bezog auf ein dem Glaswerk unter dem 5. Juni 1952 vom Ministerium des Innern der DDR, Abteilung für Archivwesen und ein ihm selbst unter dem 15. Dezember 1950 zugegangenes und durch Nationalpreisträger Prof. Dr. [Erich] Thilo – Berlin herbeigeführtes Gutachten der Akademie der Wissenschaften (Klasse für Mathematik und allgemeine Naturwissenschaften). Auch von Dr. Klemm wurde in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der in Frage kommenden Veröffentlichungen für die Welt der Wissenschaft hingewiesen. Werkleiter Nordwig betonte demgegenüber, daß es Dr. Kühnert auch künftig, d. h. bei Abgabe seiner bisherigen Funktion als wissenschaftlicher Leiter des Werksarchivs frei stehen würde, den Bestand des Archivs ebenso wie bisher in der für seine wissenschaftliche Arbeit als notwendig erachteten Weise zu benutzen und auszuwerten. Die für die Werbung vorgesehenen Mittel des Betriebes seien im Augenblick so eng begrenzt, daß sie selbst für die elementarsten Werbezwecke (Beispiel die Technische Messe) nur schwer aufzubringen seien. Aber gerade mit Rücksicht auf die allgemeinere, über den Rahmen des Werksinteresses hinausgehende Bedeutung der hier zur Erörterung stehenden Veröffentlichungen halte er es für zweckentsprechend, alsbald der dem Glaswerk vorgesetzten Dienststelle – Ministerium für Maschinenbau – mit der Bitte um Weiterleitung an den Minister für Volksbildung einen Antrag zugehen zu lassen, durch welchen die letztere Instanz ersucht werden sollte, die Weiterführung des vorliegenden Werkes durch Erteilung eines Forschungsauftrages an Dr. Kühnert – etwa durch die Akademie der Wissenschaften – zu ermöglichen. Da dieser Vorschlag allgemeine Zustimmung fand, wurde vereinbart, daß zunächst Prof. Dr. Flach und Dr. Kühnert Schriftsätze ausarbeiten sollten, die der Werkleitung die Möglichkeit geben würden, einen entsprechenden Antrag, der zudem auch von einer gutachtlichen Äußerung durch Nationalpreisträger Dr. Klemm ergänzt werden würde, an das Ministerium zu stellen. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 36 (Durchschrift).

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[29] Gutachten von Prof. Dr. Willy Flach vom 11. Mai 1953 über die Fortführung der wissenschaftlichen Arbeiten zur Geschichte des Volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen. Die der Geschichtswissenschaft heute gestellten Aufgaben verlangen insbesondere, daß in ausgedehntem Maße die Entwicklung der Wirtschaft ins Auge gefaßt und in ihren gesellschaftlichen Zusammenhängen eingehend erforscht wird. Dabei muß ganz besonders die Geschichte der Wirtschaft an den Stätten der Produktion aufgedeckt werden. Diesem Ziel gelten auch die von Seiten des Archivwesens getroffenen Einrichtungen, die für die Wirtschaft ihren Niederschlag in der Anweisung zur Errichtung von Betriebsarchiven vom 27. April 1950 gefunden haben. Die Errichtung von Wirtschafts- und Betriebsarchiven dient dem Zwecke, das an den Stätten der Produktion entstehende Archivgut aufzubewahren und zu ordnen, damit es der Wissenschaft zur Auswertung neuer und fortschrittlicher Erkenntnisse zur Verfügung steht. Die Notwendigkeit archivalischer Sammlung und wissenschaftlicher Auswertung ist im Jenaer Glaswerk Schott und Genossen längst vor der Anordnung zur Errichtung von Betriebsarchiven erkannt worden. Davon gibt Zeugnis die Tatsache, daß es möglich war, aus dem in den dreißiger Jahren eingerichteten Werksarchiv den Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe, bearbeitet von Dr. Herbert Kühnert, im Jahre 1946 durch die Thüringische Historische Kommission herauszugeben. Nach dem Erscheinen dieses Buches war es die übereinstimmende Meinung der interessierten wissenschaftlichen Kreise, der Leitung des Glaswerkes und der Thüringischen Historischen Kommission, daß diese Arbeiten der wissenschaftlichen Veröffentlichung fortgesetzt werden sollten. Bereits am 5. Juli 1949 und endgültig am 28. Juli 1950, also nach dem Erscheinen der Anweisung zur Errichtung von Betriebsarchiven und der Überführung des ehemaligen Stiftungsbetriebes in Volkseigentum, wurde in einer Sitzung, an der die Geschäftsleitung, die Betriebsgewerkschaftsleitung, die Betriebsparteiorganisation [der SED] und der Bearbeiter und der Herausgeber der Veröffentlichung teilnahmen, beschlossen, diese wissenschaftlichen Arbeiten fortzuführen. Dabei fand der von Dr. Kühnert zusammen mit dem Unterzeichneten aufgestellt Arbeitsplan einstimmige Billigung. Dieser Plan sieht eine dreibändige Veröffentlichung der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen“ vor in folgender Gliederung: 1. Die wissenschaftliche Grundlegung. Glastechnisches Laboratorium und Versuchsglashütte 1882 – [18]84. 2. Der Übergang zur industriellen Produktion. Von der Versuchsglashütte zum ersten Produktionsverzeichnis des Glaswerks 1884 – 1886. 3. Wissenschaft und Produktion im modernen Großbetrieb. Vom Stiftungsbetrieb zum Volkseigenen Betrieb 1886 bis zur Gegenwart. Auf den am 28. Juli 1950 vereinbarten Grundlagen hat Dr. Kühnert in ständiger Zusammenarbeit mit der Thüringischen Historischen Kommission seitdem seine wissenschaftlichen Arbeiten durchgeführt. Es war ihm möglich, bereits Ende 1951 den ersten Band dieser vereinbarten Reihe im Manuskript vorzulegen, dessen Druck sich infolge technischer Schwierigkeiten bis jetzt verzögert hat. Dieser Band ist soeben im Buchhan-

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del erschienen und gibt Zeugnis von dem wertvollen Ertrag wissenschaftlicher Arbeit in dem eingangs gekennzeichneten Sinne. Dieser Band deutet schon an, was die ganze Veröffentlichungsreihe zeigen soll, nämlich darzulegen, wie auf der Grundlage planmäßiger, wissenschaftlich-technischer Forschung in enger Verbindung mit den die Produktion tragenden Werktätigen der moderne wirtschaftliche Großbetrieb von Weltgeltung entstehen konnte und entstanden ist. Damit reicht die Bedeutung dieser Arbeit weit über das spezielle Interesse des Glaswerkes und die eigene Werksgeschichte hinaus in die umfassende Geschichte der modernen Wissenschaft und Technik und der neuzeitlichen Wirtschaft hinein. Es ist die Auffassung des Unterzeichneten, daß bei der Bedeutung dieses wissenschaftlichen Forschungsunternehmens auf Grund der im Jahre 1950 getroffenen Vereinbarungen die damals geplanten Arbeiten weiter und zu Ende geführt werden sollten, zumal Dr. Kühnert für den zweiten und dritten Band dieser Veröffentlichungsreihe bereits sehr umfassende Vorarbeiten geleistet hat. Nachdem beim Jenaer Glaswerk nunmehr strukturelle Veränderungen eingetreten sind, die eine Fortführung des Werkes in der bisherigen Form offenbar nicht mehr ermöglichen, hält er es für angebracht, daß seitens des Glaswerkes in dessen eigenem Interesse bei den nun mehr zuständigen Stellen geeignete Schritte unternommen werden, um die Fortführung und Beendigung dieser wissenschaftlichen Arbeit durch Herrn Dr. Kühnert und die Veröffentlichung der Ergebnisse sicherzustellen. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 40-41 (Durchschrift).

[30] Aus dem Schriftwechsel über die Finanzierung des Druckes und die Verwendung des Erlöses der Edition „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen“ Juni/Juli 1953 1 Schreiben des Werkleiters des Jenaer Glaswerks Hans Nordwig an Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Jena 12. Juni 1953 Zu dem soeben erschienenen Neudruck aus dem Briefwechsel Schott – Abbe ergibt sich unter Zugrundelegung der jetzigen scharfen Bestimmungen über die Verwendung volkseigener Mittel eine Frage, die der Ordnung halber gestellt werden muß. Diese Frage ist auch niemals in den Protokollen und Schriftstücken seit der ersten Beschlußfassung über die Herausgabe des jetzt vorliegenden Bandes erörtert [worden]. Die 300 Exemplare, die über den Buchhandel abgesetzt werden sollen, bringen einen Erlös, von dem der Buchhandel eine ihm preisrechtlich zustehende Spanne erhält. Der restliche Teil des Erlöses soll dem Landeshauptarchiv bezw. der kulturhistorischen [richtig: Thüringischen Historischen] Kommission zufließen. Hierzu erhebt sich nun die Frage, ob unser Betrieb berechtigt ist, auf diesen Teil des Erlöses zu verzichten bezw. die

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kulturhistorische Kommission berechtigt ist, den Erlösanteil, der dem Kostenplan eines V[olkseigenen]E[igenen] Betriebes entspringt, zu fordern und zu vereinnahmen, d. h. im Umfang der abgesetzten Bücher. Ich darf Sie bitten, unserem Betrieb hierüber baldmöglichst Bescheid zu geben. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 86 (Ausfertigung).

2 Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach als Vorsitzender der Thüringischen Historischen Kommission an den Leiter des Jenaer Glaswerks Hans Nordwig, Weimar 17. Juni 1953 Auf Ihr Schreiben vom 12. d.[ieses] M.[onats], das gestern bei mir einging, gestatte ich mir folgendes zu antworten: Seit den ersten Verhandlungen, die über die Herausgabe von Quellen zur Geschichte des Glaswerkes Schott und Genossen in Jena zwischen diesem und der Thüringischen Historischen Kommission geführt worden sind, hat das Glaswerk weitestgehende finanzielle Förderung dieses Unternehmens zugesagt. Dies ist bereits in dem Protokoll über eine Besprechung festgelegt, die am 2. Oktober 1942 im Jenaer Glaswerk stattgefunden hat. Der Sinn dieser Vereinbarung war, daß die Thüringische Historische Kommission die wissenschaftliche Betreuung und Förderung der Publikationen übernahm und daß das Glaswerk durch seine finanzielle Beteiligung die Herausgabe überhaupt erst ermöglichte, die der Kommission aus eigenen Mitteln nicht möglich gewesen wäre. Auf dieser Vereinbarungsgrundlage hat sich das Glaswerk für den 1948 herausgebrachten Band des „Briefwechsels zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881“ bereit erklärt, die gesamten Druckkosten zu übernehmen. Dieser Band erschien in der Reihe der Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission beim Verlag Gustav Fischer in Jena. Zwischen diesem Verlag und der Thüringischen Historischen Kommission besteht ein Verlagsvertrag, nach dessen § 3 die Herstellungskosten durch die Kommission getragen werden, der dafür nach § 6 dieses Vertrages für jedes verkaufte Exemplar 60 % des Ladenpreises vom Verlag zurückvergütet werden. Da für den genannten Band des Briefwechsels zwischen Otto Schott und Ernst Abbe nicht die Kommission, sondern das Glaswerk die Herstellungskosten getragen hatte, entstand für mich damals die Frage, wie es mit der Rückvergütung seitens des Verlages in diesem Falle gehalten werden sollte. Ich habe über diese Frage mit der Geschäftsleitung des Glaswerkes in einer Besprechung vom 2. März 1948 verhandelt und dabei das Entgegenkommen gefunden, daß die Übernahme der Druckkosten durch das Glaswerk an dem Verlagsvertrag der Kommission nichts ändern sollte, daß also auch hier die Rückvergütung aus den durch den Verlag verkauften Exemplaren der Kommission für ihre weiteren Arbeiten zu gute kommen sollte. Das Glaswerk sah die ihm überlassenen mehreren hundert Exemplare des Werkes als entsprechendes Äquivalent für seine finanzielle Beteiligung an dem Unternehmen an. Diese Vereinbarung ist belegt durch die in meinen

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Akten befindlichen Schreiben an das Glaswerk und den Verlag Gustav Fischer vom 3. März 1948. Bei den Besprechungen über die weiteren Arbeiten zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes zwischen der Geschäftsleitung und der Thüringischen Historischen Kommission, insbesondere bei der Besprechung über die Drucklegung des soeben erschienenen Bandes „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen I. Teil“ wurde am 10. April 1948, wie sich aus dem Protokoll vom 11. April 1948 ergibt, folgendes vereinbart: „An den Herstellungskosten wird sich die Firma Jenaer Glaswerk Schott und Genossen wieder im gleichen Umfang und in sinngemäß gleicher Form wie an dem bereits veröffentlichten Band beteiligen.“ Das bedeutete, daß also auch hier wieder das Glaswerk die ihm überlassenen Exemplare als Ausgleich für seine großzügige finanzielle Unterstützung ansah, die Rückvergütung aus den verkauften Exemplaren aber wiederum der Thüringischen Historischen Kommission überließ. Bei dieser Sachlage kann ich zu der von Ihnen gestellten Frage seitens der Thüringischen Historischen Kommission nur bemerken, daß diese an das Glaswerk Schott und Genossen nie eine Forderung gestellt hat, daß sie aber die durch das Glaswerk erfahrene finanzielle Unterstützung ihrer Arbeiten stets dankbar entgegen genommen hat. Wenn das Glaswerk jetzt der Auffassung ist, daß es auf den bisher der Kommission zugeflossenen Erlös aus dem Verkauf der Exemplare nicht verzichten kann, so wird die Thüringische Historische Kommission zwar diese veränderte Haltung des Glaswerks mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, selbstverständlich aber dem Glaswerk das wieder zufließen zu lassen, worauf es nach seiner jetzigen Auffassung Anspruch zu haben glaubt. Ich bitte Sie um Ihre endgültige Entscheidung, damit ich gegebenenfalls dem Verlag Fischer Anweisung geben kann, die Rückvergütung aus den verkauften Exemplaren des soeben erschienenen Bandes nicht mehr an die Kommission, sondern an das Glaswerk zu zahlen. Im übrigen darf ich bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, daß wie mir die Druckerei Keipert [in Weimar] in den letzten Tagen immer wieder mitgeteilt hat, deren Rechnung über die Druckkosten des Bandes durch das Glaswerk bis heute noch nicht beglichen ist. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 87 (Durchschrift).

3 Schreiben des Werkleiters des Jenaer Glaswerks Hans Nordwig an Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Jena 1. Juli 1953 Wir danken Ihnen verbindlichst für Ihre Ausführungen, die am 20. Juni 1953 hier eingingen und die Druckkostenfrage behandeln. In der Zwischenzeit ist bei der Hauptabteilung unseres Ministeriums Rücksprache gehalten worden und es hat sich ergeben, daß die Abführung des Erlöses aus dem Buchverkauf an die Thüringische Historische Kommission unter dem Begriff der Zuwendungen an 3. Stellen bezw. Organisationen fällt und derartige Zuwendungen sind volkseigenen Betrieben ausdrücklich verboten. Wir müssen Sie daher bitten, dieser Sachlage Rechnung zu tragen und dem Verlag Fischer Anweisung zu geben, die Abführung der Erlöse an unseren Betrieb vorzunehmen.

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Wir setzen hierbei voraus, daß die Festlegung des Buchpreises sowie der Handelsspanne den preisrechtlichen Bestimmungen uneingeschränkt entsprechen und die diesbezüglichen Fragen somit außerhalb unserer Verantwortung liegen. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 92 (Ausfertigung).

4 Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Weimar 16. Juli 1953 In der Anlage übersende ich Ihnen im Anschluß an die Ihnen bereits bekannte Korrespondenz mit dem Jenaer Glaswerk in Abschrift die endgültige Stellungnahme des Glaswerkes, meine Antwort an das Glaswerk und mein Schreiben an den Verlag Gustav Fischer in Jena mit der Bitte, alles weitere daraus entnehmen zu wollen. Tatsache ist also, daß das Glaswerk auf dem Rückfluß des Erlöses in die Kasse des Werkes besteht. Für die Kommission ist das ein nicht unerheblicher Verlust, aber er betrifft nicht die entscheidende Frage. Diese sehe ich vielmehr in der Tatsache, daß sich in die bisherigen Beziehungen zwischen dem Glaswerk und der Kommission ein Ton einschleicht, der mich verstimmt und der mir die Frage sehr akut erscheinen läßt, ob unter diesen Voraussetzungen eine Zusammenarbeit zwischen Glaswerk und Kommission überhaupt noch möglich ist. Ich verspüre wenig Neigung, meine Bestrebungen zur Förderung der historischen Forschung auf ein bürokratisches Gleis verschieben zu lassen. Ich bitte Sie, die Ihnen übersandten Unterlagen und meine Äußerungen als vertraulich zu behandeln. Wir müssen uns über die ganze Angelegenheit demnächst einmal mündlich aussprechen. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 93 (Durchschrift).

[31] Aus dem Schriftwechsel über die Weiterführung der Edition „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen“ MärzDezember 1954 1 Schreiben von Dr. Herbert Kühnert an Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Rudolstadt 16. März 1954 (Auszug) […] So angenehm uns die durchweg anerkennenden Beurteilungen unseres Buches sein können, so mies sieht es mit der bisherigen Anteilnahme an seiner Weiterführung durch das Ministerium für Wissenschaft [richtig: Staatssekretariat für Hochschulwesen] und die

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derzeitige Werksleitung des Glaswerks selbst aus. Die erstere hat bis heute noch nichts zu dem Ihnen bekannten, bereits am 22. Mai v.[origen] J.[ahres] mit Ihrem und anderen Gutachten nach Berlin geschickten Antrag betr. Finanzierung der weiteren Bände von sich hören lassen. Die letztere wollte ja mit mir einen „vorläufigen“ Vertrag über die Fortführung meiner Arbeit schließen, der so lange gültig sein sollte, bis er durch einen ministeriellen Forschungsauftrag abgelöst werden könnte. Doch ist dieser Vertrag bis heute noch nicht perfekt geworden, weil der Betriebsjurist, der sich dabei eingeschaltet hat, gegen die ins Auge gefaßte, verhältnismäßig einfache Angelegenheit immer neue Spitzfindigkeiten ausgeklügelt hat. Immerhin sind mir bisher monatlich, d. h. für die Zeit vom 1. Januar [19]54 ab die 600 D[eutsche] M[ark] (incl. 100 DM Spesen und 14 % Steuern) durch vorläufige Anweisungen an die Betriebskasse ausgezahlt worden. Hoffentlich wird man sie nicht auch noch eines Tages wieder von mir zurückverlangen! Ich arbeite also programmgemäß zunächst weiter, habe mich auf Wunsch auch bereit erklärt, Dr. [August] Klemm jeweils zum Beginn jedes Quartals unter Vorlage meiner Arbeit darüber Bericht zu erstatten, richte es also so ein, daß ich das Manuskript Ende dieses Jahres dem Betrieb übergeben kann. Was er dann etwa damit zu tun gedenkt, wissen die Götter! Dafür, welchen großen Wert es auch für den Betrieb selbst haben müßte, die Bände in die Veröffentlichungen der Hist.[orischen] Kommission eingereiht zu sehen (oder eventuell eine andere Schriftenreihe, die von einer nicht mit dem Betrieb selbst zusammenhängenden Stelle herausgeben wird) besteht nach wie vor nicht das geringste Interesse innerhalb der Werksleitung (von der übrigens Herr [Fritz] Dunger bereits ausgeschieden ist und Herr Albert Heintz im Laufe dieses Monats ausscheiden wird, auch Herr [Walter] Köcher ist heute schon praktisch so gut wie kalt gestellt, und die Tendenz zur Abwanderung nach dem Westen ist nach wie vor die gleiche wie bisher). Dies zu Ihrer vertraulichen Orientierung. Sollten Sie einen Erfolg versprechenden Weg sehen, wie man diese Angelegenheit wenigstens von Berlin aus einmal in verständige Bahnen bringen könnte, bitte ich Sie, mir Ihren Rat nicht vorzuenthalten. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 119 (Ausfertigung).

2 Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Weimar 29. März 1954 (Auszug) […] Betrüblich ist, was Sie über die Arbeiten im Glaswerk sagen. Leider vermag ich Ihnen von Berlin aus keinen erfolgversprechenden Weg aufzuzeigen. Es geht allen Ernstes jetzt darum, ob die landesgeschichtliche Forschung überhaupt noch einen Platz an der Sonne haben soll. Darüber werden wir nächstens sehr ernsthafte Auseinandersetzungen in Berlin haben. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 122 (Durchschrift).

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3 Schreiben von Dr. Herbert Kühnert an Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Rudolstadt 21. Dezember 1954 (Auszug) […] Weiteren Anlaß dazu gibt mir eine Unterredung, die ich gestern in Jena mit Herrn [Hans] Nordwig und Herrn Dr. [August] Klemm hatte und über die ich Ihnen, da sie die eventuelle Fortführung unserer Zusammenarbeit an dem Werk „Briefe und Dokumente“ mitbetrifft, zur vorläufigen Orientierung einige vertrauliche Mitteilungen machen möchte. Anlaß zur Besprechung war der Wunsch der B.[etriebs] L.[eitung], mich einmal dringend zu sprechen, weil sie von irgendwoher den Befehl bekommen hatte, für die Werkszeitung einen Gedenkaufsatz zu Abbes bevorstehenden 50. Todestag zu schreiben, und offenbar nicht aus und ein wußte, wie dies – rebus sic standibus [nach dem Stand der Dinge] – in der nicht nur historisch richtigen sondern auch politisch einwandfreien Weise zu machen sei. So atmete man sichtlich erleichtert auf, als ich vorschlug, von dem von mir für das Januarhaft der „Urania“ geschriebenen Gedenkaufsatz12 – der die übliche politische Zensur passiert hatte, also kein Risiko in sich schloß – einige Tausend Sonderdrucke zu bestellen und diesen dem „Glasmacher“ mit einem redaktionellen Hinweis beizulegen. Die Sache war mir umso angenehmer, als auf diese Weise die Ihnen bekannten Auffassungen, wie ich sie auch in meinen Abbe und Schott betreffenden Schriften vertreten habe, endlich einmal wenigstens in konzentrierter Form an alle Werksangehörigen herangetragen werden. Denn nachdem allmählich alle älteren Mitarbeiter verstorben oder in Pensionszustand versetzt worden sind, ist diese Aufklärung doppelt wünschenswert. Ich benutzte die Gelegenheit, um den beiden Herren mein Manuskript zum Teilband II, das ja vereinbarungsgemäß bis zum Ende dieses Jahres fertiggestellt werden sollte und das auch bis auf den letzten Teil der Einleitung so weit vorliegt, vorzulegen und ihnen anheimzustellen, mir mit der Ablieferung und Übergabe noch bis gegen Ende Januar Zeit zu lassen, da ich erst in den letzten Tagen Kenntnis von dem Vorhandensein einiger, für das Glaswerk und den Band wichtiger Briefe erlangt habe, die ich natürlich gern noch in den Band mit aufnehmen und in die Anmerkungen einarbeiten möchte. Dies wurde von Herrn N.[ordwig] unter auffallend betonter Gratulation als Selbstverständlichkeit bewilligt und aus der Art, wie er sich dabei über das Werk überhaupt äußerte, ersah ich, daß die Fülle der bei ihm seit dem Mai v.[origen] J[ahre]s. eingegangenen Beurteilungen durch Prominente und Fachzeitschriften aller Art auf ihn doch nicht ohne Einfluß geblieben ist und daß er dem Sinn des Ganzen nun doch aufgeschlossener gegenüberstand wie damals. Zwar, meinte er, müsse man nun eben zusehen, wie man die für die Drucklegung erforderlichen Mittel aus dem Werk selbst flüssig machen könne, doch deutete er an, daß sich nach seiner Meinung schon ein Weg dafür finden lassen würde. Auch sah er nun ohne weiteres ein, daß die Einreihung auch dieses Bandes in die Schriftenreihe der 12

Herbert Kühnert, Ernst Abbe – Zum Gedenken an die 50. Wiederkehr seines Todestages am 14. Januar 1955. In: Urania 1955/1. Siehe die Bibliografie Herbert Kühnert.

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Thür.[ingischen] Hist.[orischen] Kommission wünschenswert sei, vorausgesetzt, daß Sie sich bereit erklären würden, auch diesmal wieder die Herausgeberschaft zu übernehmen bezw. daß es Ihnen möglich sein würde, auch für diesen Band noch die Zustimmung des Staatssekretariats für Wissenschaft [richtig: Hochschulwesen] zu solcher Einreihung durch Hinweise auf den „Abwicklungscharakter“ des Bandes zu erwirken. Ebenso schien ihm der Gedanke sehr einzuleuchten, daß man den Band in dieser Form eventuell als Festgabe des Glaswerks und „Scheidegruß“ der Th.[üringischen] Hist.[orischen] Kommission zum bevorstehenden Universitätsjubiläum aufziehen könnte. Ich hielt nun, wie Sie sich denken können, freilich mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg, daß man es, nach allem, was im Sommer 1953 vor sich gegangen, leider geradezu als eine Zumutung gegen Sie betrachten müsse, wenn man von Ihnen die gleiche Bereitschaft zur Mitwirkung erwarten wollte wie früher, fügte aber doch hinzu, daß ich glaubte und hoffte, Sie würden sich dazu im Interesse der Sache doch noch entschließen, vorausgesetzt, daß von Seiten der Betriebsleitung in einem entsprechenden Schreiben an Sie wieder herangetreten werden würde. Auch dazu erklärte sich Herr N.[ordwig] nun einverstanden, bat mich sogar, ihm gegen Ende Januar [19]55 den Entwurf zu einem solchen Schreiben vorzulegen (womit er seine ganze Unsicherheit in solchen Dingen so deutlich wie möglich zu erkennen gab). Er hielt es sogar für ganz in Ordnung, als ich ihm sagte, man würde Ihnen anständigerweise kaum zumuten können, die hier wiederum für Sie in Frage kommende beträchtliche Zusatzarbeit ohne jede persönliche „Remuneration“ zu leisten (obwohl Sie bisher niemals etwa eine solche beansprucht hätten), und daß ich es daher für richtig ansehen würde, bei dem Anschlag der Herstellungskosten auch eine solche von vorneherein mit einzuplanen. Nur glaube er, daß dies am besten zu besprechen sei, wenn Sie sich auf Grund des oben erwähnten Schreibens an Sie zu weiterer Mitarbeit bereitfinden würden. Sie müßten, so drückte er sich als echter Koofmich aus, dann eben eine entsprechende Forderung stellen, damit die Sache „geschäftlich“ in Ordnung ginge. Womit er – das sei zu seinen Gunsten immerhin betont – offenbar zum Ausdruck bringen wollte, daß die derzeitigen für die VEB-Betriebe geltenden Bestimmungen keinen Spielraum mehr übrig ließen für die in derartigen Fällen früher noch möglichen „Gratifikationen“. Ich schreibe Ihnen dieses alles, einmal weil es doch ganz interessant für Sie sein und auch Ihnen eine gewisse Genugtuung bereiten mag, wie sich gegen 1953 die hier maßgebenden Anschauungen verändert haben, dann aber auch deswegen, damit Sie – falls Ihnen das obige eine Möglichkeit zur Wiederübernahme der Herausgeberschaft zu bieten scheint – rechtzeitig beim Staatssekretariat auch für diesen Band noch die erforderliche Genehmigung herausquetschen können (was ja sonst immer schwieriger werden dürfte, je weiter die Existenz des Landes Thüringen und damit der Thür.[ingischen] Hist.[orischen] Kommission in die Vergangenheit rückt). Natürlich stelle ich mir vor, daß wir, sobald der Zeitpunkt für den oben erwähnten Brief heranrückt, auch noch einmal persönlich alles in Frage kommende durchsprechen, und ich würde Sie dann wohl um die Mitte des Januar zu diesem Zweck einmal wieder besuchen, wenn Ihnen dieses recht ist. Man macht sich ja über die Unorientiertheit dieser Leute in den alltäglichsten Dingen des öffentlichen Lebens kaum eine Vorstellung. Charakteristisch ist es z. B., daß ich N.[ordwig] gestern überhaupt erst über Ihre vielfältigen Funktionen in Verwaltung und Universitätsbetrieb, Ihre wissenschaftlichen Leistungen

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und Beziehungen usw. aufklären mußte, daß er noch kaum wußte, welche Rolle Abbe bei der Gründung des Glaswerks sowie im öffentlichen Leben des ausgehenden 19. Jahrhunderts gespielt hat. Er nahm jedoch meine diesbezüglichen Aufklärungen wie ein Junge entgegen, und das ist wohl auch die richtige Art, wie er überhaupt behandelt werden muß. Ich hoffe, daß Sie die heitere Stimmung, in die mich die obigen Erlebnisse von gestern versetzt haben, teilen werden […]. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 122 (Ausfertigung).

[32] Schreiben von Dr. Herbert Kühnert an Prof. Dr. Friedrich Schneider als Vorsitzender der Historischen Kommission der Friedrich Schiller-Universität Jena, Rudolstadt 2. November 1954 (Auszug) Aus Ihrem freundlichen Gruß-Billett vom 22. v.[origen] M[ona]ts. ersah ich, daß Ihnen Ihr Schüler, Herr [Rudolf] Ludloff, der mir ein tüchtiger junger Mann zu sein scheint, die Grüße, die ich ihm an Sie aufgetragen hatte, ausgerichtet hat. Aus Ihrer Bemerkung, daß Sie einem Aufsatz von mir über Abbe gern entgegensehen würden, scheint es mir jedoch, als ob er mich zunächst etwas mißverstanden hat. Ich erzählte ihm nämlich, daß ich z. Zt. damit beschäftigt sei, für die Monatsschrift „Urania“ einen Aufsatz zu schreiben, der im Januarheft aus dem Anlaß von Abbes 50. Todestag (14. Januar [19]55) erscheinen soll und daß dies eine zwar reizvolle, unter den heutigen Umständen aber auch nicht gerade einfache Sache sei, soweit es sich nämlich darum handle, Abbes Lebenswerk nicht nur in wissenschaftlicher und technischer, sondern auch sozialpolitischer Hinsicht gebührend zu würdigen. Inzwischen habe ich mich nun zwar dieser Arbeit entledigt (hoffentlich zur Zufriedenheit Ihres Namensvetters von der anderen Fakultät13), aber dabei ist mir der Gedanke gekommen, ob nicht auch die Universität Jena den gleichen Anlaß benutzen könnte, in ihrer wissenschaftlichen Zeitschrift ihrem großen Sohn und Förderer einen angemessenen Beitrag zu widmen, wobei mir vorschwebt, daß er doch wohl auf einem etwas höheren Niveau stehen müßte als die Glossen, die kürzlich ebendort von einem Herrn W.[olfgang] Schumann zu dem vorher von Frau Dr. I.[rmgard] Höß veröffentlichten Aufsatz über die Universität Jena und ihr nationales Erbe produziert worden sind.14 Nun weiß ich zwar nicht, ob es nach den Grundsätzen der Zeitschrift überhaupt möglich ist, daß jemand, der nicht dem Lehrkörper der Universität selbst angehört, einen solchen Beitrag leisten kann. Sollte es aber dennoch der Fall sein, so wäre ich für meine 13

Gemeint ist der Biologe Prof. Dr. Georg Schneider, Direktor des Haeckel-Hauses in Jena und Leiter des wissenschaftlichen Herausgebergremiums der Zeitschrift „Urania“, der als doktrinärer KPD/SEDFunktionär bekannt war. 14 Gemeint sind die Aufsätze von Irmgard Höß „Die Universität Jena und ihr nationales Ebe“, in: Wissenschaftliche Zeitschrift Jena 2 (1952/53) GSR Heft 2, S. 1-16, und die Entgegenung von Wolfgang Schumann „Zu zwei Fragen der Geschichte der Universität, in: Ebd., Heft 3, S. 85-91. Weiteres dazu im Nachwort des Herausgebers.

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Person bereit, einen solchen anzubieten. Wie Sie wissen, bin ich z. Zt. mit dem Abschluß des II. Teilbandes meiner „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott u. Gen.“ beschäftigt, der die Jahre 1884 – 1886 umfassen und ebenso wie die beiden vorhergehenden Bände, wieder eine größere Anzahl von Briefen Abbes aus jenen Jahren (z. T. erstmalig) veröffentlichen wird. Bei den archivalischen Studien dazu habe ich kürzlich im Deutschen Zentralarchiv Zweigstelle Merseburg15 einen sehr schönen (längeren) Brief Abbes wieder aufgefunden, den dieser am 9. November 1885, also zu einer Zeit, als das im Jahr vorher in Betrieb genommene Glaswerk Schott noch mit einem Defizit arbeitete, an einen seiner einflußreichen Berliner Kollegen (entweder Prof. Dr. Wilh.[elm] Foerster, den Astronomen, oder Prof. Dr. Hermann Helmholtz) gerichtet hat und der für Abbes weitblickende und gleichzeitig kameradschaftliche Art (gegen Schott) so überaus charakteristisch ist, daß man ihn, mit entsprechendem Kommentar versehen, sehr gut aus dem fraglichen Anlaß erstmalig veröffentlichen könnte (also gewissermaßen als Vorausdruck meines Buches, das ja doch wohl bestenfalls erst im Laufe von 1955 in Druck gehen wird). Ich würde also grundsätzlich sehr gern die Hand zu einem solchen Beitrag bieten, der u. a. auch deswegen interessant ist, weil er erstmalig Angaben macht über die von Abbe aus dem neuen Schottschen Gläsern berechneten, bei Zeiss hergestellten und dann als erste Muster an Rud.[olf] Virchow und Robert Koch zur Erprobung zugeschickten Mikroskop-Achromate, denen ja Zeiss bekanntlich den dann folgenden ersten großen geschäftlichen Aufschwung verdankt. Auch in anderer Hinsicht hätte der Brief den Vorzug, daß er zu einer Zeit geschrieben ist, zu der Abbe sich politisch durch die Gründung der Carl Zeiss-Stiftung noch nicht „belastet“ hatte, sodaß sich also der oben erwähnte Kommentar auch nicht notwendig auf dieses letztere Gebiet mit zu erstrecken brauchte und sich auf den bedeutenden menschlich-charakterlichen und wissenschaftlich-technischen Gehalt konzentrieren könnte. Wenn Sie glauben, daß diese Anregung – man könnte den Aufsatz natürlich durch ein Facsimile des erwähnten Briefes oder eines Teils davon, auch wohl durch ein weniger bekanntes Bild Abbes aus jenem Jahr illustrieren – es verdiente, aufgenommen und der maßgebenden Redaktionsstelle der Wissenschaftlichen Zeitschrift vorgelegt zu werden, so würde ich Ihnen vorschlagen, daß wir den Fall einmal besprechen […]. Wenn Sie selbst in der Angelegenheit nicht unmittelbar zuständig sein sollten, würden Sie vielleicht die Liebenswürdigkeit haben, mein Angebot an die unmittelbar zuständige Stelle mit gutachtlicher Bemerkung weiterzureichen.16. […] Quelle: Universitätsarchiv Jena, Bestand UAJ Nr. 27 (Ausfertigung). 15

Die in Merseburg eingerichtete Zweigstelle des Deutschen Zentralarchivs in Potsdam verwahrte die kriegsbedingt ausgelagerten und nicht zurückgegebenen Bestände des Preußischen Geheimen Staatsarchivs in Berlin-Dahlem. 16 Friedrich Schneider antwortete am 2. Dezember 1954 zustimmend: „Ich bitte Sie, in jedem Falle Ihre Absicht einer Arbeit über den Brief Abbes durchzuführen. Ich kann nicht zusagen, ob er in der Wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht werden kann. Die Hauptsache ist, daß die Arbeit vorliegt.“ Der betreffende Aufsatz erschien dann unter dem Titel „Ein unbekannter Brief Ernst Abbes aus der Gründungszeit des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen (9. November 1885)“ in der Wissenschaftlichen Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena 4 (1954/55), GSR Heft 3-4, S. 262-265.

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[33] Schreiben des Werkleiters des Jenaer Glaswerks Hans Nordwig an den Direktor des Thüringischen Landeshauptarchivs in Weimar Prof. Dr. Willy Flach, Jena 29. Januar 1955 Herr Dr. Kühnert hat Ihnen zweifellos bereits mitgeteilt, daß er seine Bearbeitung des 2. Teilbandes der Briefe und Dokumente im Manuskript abschließen konnte. Damit wird die Frage der Drucklegung spruchreif und ebenso die Frage, ob Sie sich wiederum der Angelegenheit annehmen würden, einerseits in Bezug auf Ihre persönliche Mitwirkung mit entsprechender Honorierung, andererseits hinsichtlich der nochmaligen Funktion der Thüringischen Historischen Kommission. Es wäre zweifellos richtig und zweckmäßig, den 2. Teilband in jeder Beziehung als Fortsetzung des 1. erscheinen zu lassen, vielleicht im Rahmen etwa noch möglicher Abwicklungsarbeiten der Kommission, ganz abgesehen von Ihrer persönlichen Mitwirkung. Herr Dr. Kühnert wirft daneben auch die Frage auf, ob der Band vielleicht mit der bevorstehenden 400-Jahrfeier der Universität Jena in Verbindung gebracht werden sollte. Das wird jedoch erst 1958 sein, und wir sind der Meinung, nicht so lange zu warten. Druck und Verlag können unseres Erachtens in der zuletzt behandelten Form geregelt werden. Wir dürfen Sie bitten, uns zu der ganzen Angelegenheit Ihre Meinung zu sagen und sind im übrigen auch zu einer persönlichen Aussprache gern bereit. Sagen Sie uns doch bitte diesbezüglich Ihre Wünsche. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 124 (Ausfertigung).

[34] Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach als Vorsitzender der Thüringischen Historischen Kommission an den Leiter des Jenaer Glaswerks Hans Nordwig, Weimar 4. März 1955 Entschuldigen Sie bitte, daß ich Ihnen auf Ihr freundliches Schreiben vom 29. Januar bisher nicht geantwortet habe. Ich hatte gehofft, daß in der Zwischenzeit die Frage einer künftigen Gestaltung der Landesgeschichtlichen Kommissionen, die seit längerer Zeit schwebt, zu einer Lösung kommen würde. Das ist leider nicht geschehen, so daß ich meine Antwort nun nicht länger aufhalten möchte. Bei der eben angedeuteten Sachlage, die wohl in absehbarer Zeit zu einer Umgestaltung der Arbeit der landesgeschichtlichen Kommissionen führen wird, kann ich Ihnen über eine Mitwirkung der Thür.[ingischen] Historischen Kommission bei der Herausgabe des 2. Bandes der Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes gegenwärtig noch nichts Endgültiges sagen. Aber soviel steht fest, daß diesem Unternehmen auch weiterhin mein Interesse und das der Thür.[ingischen] Historischen Kommission gilt und daß ich daher gern helfen werde, auch diese Quellenpublikation aus Ihrem Werke so gut herauszubringen, wie die früheren Veröffentlichungen.

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Sobald weitere Klärungen auf dem Gebiete der landesgeschichtlichen Kommissionsarbeit eingetreten sind, werde ich Ihnen Nachricht geben. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 129 (Durchschrift).

[35] Schreiben von Dr. Herbert Kühnert an Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Rudolstadt 19. März 1955 Am Donnerstag, d. 17. d.[ieses] M[ona]ts. hatte ich Gelegenheit, mit Herrn Werkleiter Nordwig über den Brief zu sprechen, den Sie unter dem 4. d[iese]s. [Monats] in der Frage der Herausgabe des 2. Bandes der „Briefe und Dokumente“ [an ihn] gerichtet haben. Er hat mich beauftragt, Ihnen in seinem Namen herzlich dafür zu danken, daß Sie sich bereit erklärt haben, auch an diesem Bande wieder als Herausgeber mitzuwirken, und ich brauche nicht zu betonen, daß ich mich diesem Dank nur von ganzem Herzen anschließen kann. Ich glaube, in Ihrem Sinne gehandelt zu haben, wenn ich Ihre bedingte Zusage Herrn Nordwig dahin erläutert habe, daß die von Ihnen erwähnte Entscheidung über die künftige Gestaltung der landesgeschichtlichen Kommissionen nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen kann und daß es sich, wenn sie gefällt wird, doch eigentlich nur darum handeln kann, ob der Band noch als V. oder VI. Band der Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission oder bereits als Veröffentlichung der neu zu bildenden Kommission erscheinen kann. Da aber nun andererseits feststeht, daß der Band auf jeden Fall wieder aus Mitteln des VEB Glaswerk gedruckt und, ebenso wie der I. Teilband, wieder im Kommissionsverlag von G.[ustav] Fischer VEB Jena erscheinen soll, da ferner mit Ihrer grundsätzlichen Bereitschaft als Herausgeber bestimmt gerechnet werden kann, und da endlich dem Glaswerk selbst daran gelegen ist, die Drucklegung nach Möglichkeit zu fördern, so hat mich Herr Nordwig ersucht, bei Ihnen anzufragen, ob Sie bereit sein würden, schon demnächst an einer Besprechung zwischen Ihnen, einem bevollmächtigten Vertreter des Glaswerks, einem Vertreter des Fischer-Verlags und mir teilzunehmen, in der neben den einschlägigen geschäftlichen Fragen auch diejenigen Schritte besprochen werden sollten, die zur Förderung der Drucklegung etwa schon jetzt unternommen werden könnten. Herr Nordwig läßt Sie bitten, gegebenen Falles einen Ihnen angenehmen Termin ihm mitzuteilen. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 130 (Ausfertigung).

[36] Schreiben des Gustav Fischer Verlages in Jena an Prof. Dr. Willy Flach, Jena 13. Oktober 1955 (Auszug) Für Ihren Besuch in unserem Verlagshaus vom 10. Oktober danken wir Ihnen bestens. Im Beisein des Herrn Dr. Kühnert hatten wir dabei die Gelegenheit, alle die Herausgabe

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des II. Teiles der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB [Jenaer Glaswerk] Schott & Gen.“ betreffenden Fragen zu besprechen. Ihre Begründung, diesen und einen etwaigen III. Teil der „Briefe und Dokumente“ noch im Rahmen der „Veröffentlichungen der Thür. Historischen Kommission“ erscheinen zu lassen, wird von uns selbstverständlich anerkannt. Der II. Teil des Kühnert’schen Werkes erscheint also als Bd. IV der „Veröff.[entlichungen] der Thür.[ingischen] Hist.[orischen] Kommission“ in unserem Verlag. […] Sie erklärten sich freundlicherweise bereit, ein Gutachten zu schreiben, wozu wir Ihnen das gesamte Manuskript aushändigten. Der Rückgabe des Manuskriptes mit Ihrer Begutachtung sehen wir, im voraus für Ihre Mühewaltung dankend, gern entgegen. […] Wir konnten Ihnen in unserer Besprechung mitteilen, daß die Kosten- und Absatzfrage mit dem VEB Schott geregelt wurde und der Herstellung des Bandes vorbehaltlich der noch einzuholenden Druckgenehmigung nichts mehr im Wege steht. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 139 (Ausfertigung).

[37] Gutachten von Prof. Dr. Willy Flach als Vorsitzender der Thüringischen Historischen Kommission vom 24. Oktober 1955 über den Teilband II der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks“ Von dem in 3 Bänden geplanten Quellenwerk zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes Schott & Gen., von dem der 1. [Teil-]Band, der die wissenschaftliche Grundlegung, d. h. die Arbeiten im glastechnischen Laboratorium und in der Versuchsglashütte darstellt, bereits erschienen ist, legt Dr. Herbert Kühnert jetzt den 2. [Teil-]Band vor, der den Übergang von der Zeit der Versuche zur laufenden Produktion (1884 – 1886) behandelt, also gewissermaßen die Grundlegung für die wirtschaftliche Weltgeltung des [Jenaer] Glaswerkes. Die gleichen Vorzüge, die den ersten Band des Unternehmens und dazu den ebenfalls von Dr. Kühnert bearbeiteten Briefwechsel zwischen Ernst Abbe und Otto Schott auszeichnen, weist auch der jetzt vorliegende Band auf. Die Quellenstücke sind aus bester Kenntnis und voller Beherrschung der Materie zusammengetragen und für die Edition bereitet. Der Inhalt wird durch knappe Regesten am Anfang jedes Stückes, vor allem aber durch ausführliche und tiefdringende Erläuterungen erschlossen. Hier zeigt sich die Stoffbeherrschung Dr. Kühnerts in vollem Umfang und hier macht sich sein ausgezeichnetes Geschick wohltuend geltend. Mit dem er technische Vorgänge aus der Glasschmelzerei, aus der Optik und der Meßtechnik allgemein verständlich zu erläuternd versteht. Endlich ist wieder in einer umfassenden Einleitung der Ertrag aus dem Quellenteil in klarer, übersichtlicher und die Entwicklung deutlich aufzeigender Weise dargestellt. Das vorgelegte Werk von Dr. Kühnert ist nicht nur ein unentbehrlicher Baustein zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes und damit zugleich zur Geschichte des Zeißwerkes in Jena. Es ist vielmehr in gleichem Maße ein hervorragender Beitrag zur Geschichte der Wissenschaft und Wirtschaft im Ausgang des 19. Jahrhunderts.

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Es ist dringend zu wünschen, daß dieses Werk recht bald veröffentlicht wird, damit dieser wertvolle Stoff der Forschung zur Verfügung steht. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 142 (Durchschrift).

[38] Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach als Vorsitzender der Thüringischen Historischen Kommission an den Gustav Fischer Verlag in Jena, Weimar 9. Februar 1957 Mit verbindlichen Dank bestätige ich den Eingang Ihres Schreibens vom 6.2. (14/Ma.L) und die Sendung der Reindruckbogen 1 – 4 von Dr. [Herbert] Kühnerts „Briefen und Dokumenten“. Druck und Papier gefallen mir ausgezeichnet. Das gibt wieder einen sehr schönen und ordentlichen Band, nicht nur dem Inhalt nach, sondern auch nach der äußeren Aufmachung hin. Was die Abrechnung 1955 und 1956 für die Bände 1 und 2 der Veröffentlichung[en] der Thür. Historischen Kommission17 betrifft, so bitte ich Sie, diese weiter in der üblichen Weise mit mir vornehmen zu wollen, da die Historische Kommission durchaus noch nicht tot ist, sondern noch ein Konto hat und wahrscheinlich in aller Kürze die Arbeit im Rahmen der Kommission für deutsche Landesgeschichte bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin wieder aufnehmen wird. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 157 (Durchschrift).

[39] Schreiben von Prof. Dr. Willy Flach als Vorsitzender der Thüringischen Historischen Kommission an den Leiter des Jenaer Glaswerks Hans Nordwig, Weimar 17. April 1957 (Auszug) Nachdem die Drucklegung des von Herrn Dr. Herbert Kühnert bearbeiteten 2. Teiles der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen.“ abgeschlossen und das Werk im Druck erschienen ist, drängt es mich, Ihnen aufrichtig zu danken für die großzügige Unterstützung, die Sie dem Werke haben zuteil werden lassen. Dank Ihres Verständnisses und der Hilfe des Glaswerkes ist die Bearbeitung und Veröffentlichung dieses wertvollen historischen Quellenstoffes ermöglicht worden, die Ihrem Glaswerk zur Ehre und der Wissenschaft zum Nutzen gereicht. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 134 (Durchschrift).

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Gemeint sind die 1944 und 1948 erschienenen ersten beiden Bände der Kommissionsschriftenreihe.

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[40] Schreiben des Leiters des Jenaer Glaswerks Hans Nordwig an Prof. Dr. Willy Flach in Weimar, Jena 24. April 1957(Auszug) Wir freuen uns außerordentlich, Ihnen nunmehr den Teilband II der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen“, sowie den Sonderdruck der Einleitung, überreichen zu können. Wir verbinden damit gleichzeitig unseren Dank für die Arbeit und Mühe, die Sie der Herausgabe des Teilbandes widmeten, und möchten gleichzeitig der Hoffnung Ausdruck geben, Ihre geschätzte Mitarbeit auch für die beiden Anschlußbände III/IV in Anspruch nehmen zu dürfen. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band II, Bl. 136 (Ausfertigung).

Dokumente zur geplanten Edition „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, III. Teil“ [41] Schreiben des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Jena 23. Januar 1959 Auf Grund des uns vorgelegten Schreibens des Instituts für Geschichte der Technik [der Technischen Hochschule] in Dresden vom 20. Januar [1959] bestätigen wir Ihnen, daß wir sobald Sie uns am 15. Februar [1959] termingemäß das druckfertige Manuskript des Teilbandes III der „Briefe und Dokumente“ vorgelegt haben werden, uns alsbald wegen der Drucklegung mit dem VEB Gustav Fischer Verlag in Jena in Verbindung setzen werden, so daß wir glauben garantieren zu können, daß mit dem Druck in absehbarer Zeit begonnen werden kann. Im Interesse der Beschleunigung der Angelegenheit, an der uns selbst gelegen ist, bitten wir in diesem Fall auf die Einreichung der Pflichtexemplare des Manuskriptes zu verzichten. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Bestand Gustav Fischer Verlag, Allgemeine Verlagskorrespondenz 1959-1961, Akte Ko-Kz (Durchschrift).

[42] Schreiben des Verlages Gustav Fischer in Jena an Dr. Herbert Kühnert in Rudolstadt, Jena 29. Januar 1959 Durch den VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen., Jena, erfahren wir, daß Ihre Arbeiten an dem Manuskript zum Teilband III der „Briefe und Dokumente“ unmittelbar vor dem Abschluß stehen. Wir nehmen an, daß wir bezüglich dieses Bandes zu den gleichen Vereinbarungen mit Schott wie bei dem zweiten Band kommen, worauf dem Erscheinen in

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unserem Verlag nichts mehr im Wege stehen dürfte. Sobald das Manuskript bei uns eintrifft, werden wir das Weitere, insbesondere den möglichst baldigen Satzbeginn, veranlassen. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Bestand Gustav Fischer Verlag, Allgemeine Verlagskorrespondenz 1959-1961, Akte Ko-Kz (Durchschrift).

[43] Niederschrift des Gustav Fischer Verlages in Jena über die Verlagsbesprechung am 22. Mai 1959 Niederschrift über die Besprechung mit Herrn Dr. [Herbert] Kühnert, Rudolstadt, Dr. [Hans] Eberhardt, Thüringisches Landes[haupt]archiv Weimar, und Herrn [Alfred] Weber, Werbeleiter im VEB Schott, am 22. Mai 1949 im Verlagshaus Dr. Kühnert überbrachte uns das Manuskript „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott und Genossen, III. Teil: Der Übergang zum großindustriellen Betrieb (vom Privatunternehmen zur Stiftung) 1886 – 1914“. Im Anfang befinden sich einige Ergänzungen zu den bereits erschienenen ersten beiden Teilen. Im Text befinden sich einige Skizzen, deren Umzeichnung durch den Verlag zu veranlassen ist. Eine Bildvorlage (die Glashütte um 1900) wurde Herrn Weber zum Umtausch gegen eine bessere mitgegeben. Engzeilig geschriebene Manuskriptteile sollen in Petit gedruckt werden. Dr. Kühnert bat darum, Satz und Druck wieder bei [der Druckerei] Mitzlaff, Rudolstadt, ausführen zu lassen, da das die Zusammenarbeit mit ihm erleichtere. Da er im Februar 1960 sein 50jähriges Dr.-Jubiläum feiert, wäre ihm sehr daran gelegen, wenn der III. Teil, mit dem das Werk zu einem gewissen Abschluß gebracht ist (nach 1914 begann die Entwicklung zum Großbetrieb), bis dahin erscheinen könnte. Alle übrigen Einzelheiten sind im Vertrag mit Schott festgelegt. Eine längere Diskussion ergab sich über die Form der Herausgabe. Die bisherigen Teile sind im Rahmen der Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission erschienen. Besonders die Herren Dr. Kühnert und Dr. Eberhardt sind der Meinung, daß auch der abschließende Teil unter diesem Reihentitel herausgebracht werden sollte und führten dafür eine ganze Reihe von Gründen an. Dem Argument, daß die Kommission nicht mehr bestehe, wurde entgegengehalten, daß es sie juristisch gesehen schon seit 1946 nicht mehr gäbe, trotzdem seien mehrere Bände unter der Bezeichnung „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ in den letzten Jahren erschienen. Außerdem sei das Kühnert’sche Werk von Anfang an von der Thüringischen Historischen Kommission in 3 Teilen projektiert worden. Der vorliegende III. Teil bilde also nur den Abschluß der von der Kommission eingeleiteten Arbeit. Die ehemalige Thüringische Historische Kommission habe, so wollte man ohne Zweifel damit sagen, gewisse Rechte an dem Werk. Es gäbe ja auch Autoren, deren Arbeiten nach dem Tode unter ihrem Namen veröffentlicht würden. Ich wies jedoch darauf hin, daß dieser Vergleich hinkt. Dr. Eberhardt machte den Vorschlag, ja er bat sogar darum, als Obertitel nur zu bringen: „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission. Band VII“, die im Manuskript vorgesehene Ergänzung „im Auftrage der Kommission heraus-

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gegeben von Dr. Hans Eberhardt“ jedoch wegzulassen. Die näheren Umstände können ja dann in dem von Herrn Dr. Eberhardt beabsichtigten Geleitwort erläutert werden. Keinesfalls sei man damit einverstanden, wenn die Veröffentlichung unter der Herausgeberschaft des Historischen Instituts der Universität Jena erfolgen sollte. Das Historische Institut habe keinerlei Anteil an dem Werk, während Dr. Eberhardt sich schon einige Verdienste darum erworben hätte. Dr. Kühnert ist entschlossen, falls diesbezüglich irgendwelche Schwierigkeiten auftauchen sollten, unmittelbar mit dem Staatssekretär [Wilhelm] Girnus – mit dem er persönlich gut bekannt ist – zu verhandeln. Herr Weber schloß sich den Meinungen von Dr. Kühnert und Dr. Eberhardt an. Ich sagte zu, die Angelegenheit im Rahmen des Leitungskollektives des Verlages zu besprechen. […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Bestand Gustav Fischer Verlag, Allgemeine Verlagskorrespondenz 1959-1961, Akte Ko-Kz (Ausfertigung).

[44] Niederschrift des Gustav Fischer Verlages in Jena vom 28. Juli 1959 Betr.: Kühnert, Briefe und Dokumente, III. Teil Am 27. Juli [1959] rief mich Herr [Günther] Steiger vom Historischen Institut [der Friedrich-Schiller-Universität Jena] an und teilte mit, daß er sich in dieser Angelegenheit eingehend mit Herrn Professor [Max] Steinmetz unterhalten hat. Das Historische Institut hat sich entschlossen, sich aus dieser Angelegenheit herauszuhalten und dafür keine Verantwortung zu übernehmen. Der Verlag habe also freie Hand, ob der Band noch unter dem Begriff „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ erscheinen soll. Sollte er sich dazu entschließen, so wird geraten, dazu die Genehmigung einer staatlichen Stelle einzuholen, da die Kommission eben nicht mehr besteht (Koll. Dr. Schmerbach bitte evtl. mit Druckgenehmigungsantrag klären). […] Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Bestand Gustav Fischer Verlag, Allgemeine Verlagskorrespondenz 1959-1961, Akte Ko-Kz (Ausfertigung).

[45] Verlagsgutachten des VEB Gustav Fischer Verlag Jena von Lektor Dr. Günther Schmerbach zum Manuskript von Herbert Kühnert vom 22. August 1959 Bemerkungen zum Manuskript „Briefe und Dokumente des VEB Jenaer Glaswerkes Schott & Gen.“, 3. Teil bearbeitet von Dr. Herbert Kühnert Das vorliegende Manuskript gibt Zeugnis von der überaus fleißigen und gründlichen Arbeit des Verfassers. Die „Dokumente und Briefe“ sind zweifellos von großem Wert für alle, die sich ernsthaft mit der Geschichte des Jenaer Glaswerkes und der Carl-ZeissStiftung“ beschäftigen wollen. Bevor das Buch jedoch gedruckt werden kann, müssen sehr ernste Mängel, die in der umfangreichen Einleitung enthalten sind, beseitigt werden.

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Das Manuskript behandelt die Zeit von 1886 – 1914 (warum eigentlich nicht 1918 – das entspricht der allgemeinen Periodisierung der deutschen Geschichte und würde einen viel besseren Einblick in die Entwicklung des Werkes geben). Es handelt sich also um die Jahre, in denen sich der Imperialismus voll entfaltete und zum ersten Weltkrieg trieb. Charakteristisch für diese Periode ist die Entwicklung zum monopolistischen Großbetrieb. Nur in diesem Zusammenhang ist auch für Schott „der Übergang zum großindustriellen Betrieb“ (Untertitel) zu erklären. Zwar wird im Zusammenhang mit der englischen und französischen Glasindustrie von Monopolbetrieben gesprochen (S. 42 [im vorliegenden Band S. 60]), Schott wird aber nie als imperialistischer Großbetrieb gekennzeichnet. Die Betriebe der C.[arl] Z.[eiss]-Stiftung waren aber doch gerade „klassische“ Monopolbetriebe. Da der Verfasser diesen Charakter des Schottwerkes nicht einmal erwähnt, wird die geschichtliche Wahrheit verzerrt und entstellt. Ja es gibt sogar eine ganze Reihe von Sätzen, in denen der monopolistische Charakter des Werkes – so wie wir es von [Friedrich] Schomerus und anderen Apologeten des „Zeiss-Sozialismus“ kennen – verschleiert wird. Auf S. 4 [im vorliegenden Band S. 36] z. B. spricht der Verfasser von einer „betriebs- und gemeinnützigen Zwecken dienenden Stiftung“. Ähnliche Worte, die völlig unklare Vorstellungen über die Stiftungsbetriebe wecken, finden sich immer wieder. In dieser Richtung müßte das Manuskript also noch einmal vor dem Druck gründlich überarbeitet werden. Daneben sind eine ganze Reihe Formulierungen zu ändern, die in der jetzigen Fassung geeignet sind, irrige Meinungen beim Leser hervorzurufen. So wird auf S. 4 [im vorliegenden Band S. 36] vom Zusammenbruch des Jahres 1918 gesprochen. Wäre es nicht besser, vom Zusammenbruch der Monarchie zu sprechen? Im gleichen Zusammenhang sagt der Verfasser, daß das Werk durch die Einordnung in die Kriegswirtschaft „seiner eigentlichen Bestimmung weitgehend entfremdet wurde“. Ist es nicht die „eigentliche Bestimmung“ des kapitalistischen Betriebes, Profite abzuwerfen? Das Beste für den Monopolbetrieb – auch für die Werke, die zur C.[arl] Z.[eiss]-Stiftung gehörten – ist aber der imperialistische Krieg. Eine kleine Statistik mit den Beschäftigtenzahlen und dem Anwachsen des Vermögens von 1910 – 1917/18 würde beweisen, daß der Krieg dem Schottbetrieb ganz gut bekommen ist. Eine andere irreführende Formulierung findet sich auf S. 23 [im vorliegenden Band S. 48]: hier werden Preise für Bier, Bratwurst und Kartoffelsalat angegeben. Um beim Leser nicht Illusionen über „die gute alte Zeit“ auszulösen, müßten diese Preisangaben in geeigneter Form den damaligen Verdienstmöglichkeiten gegenübergestellt werden. Auf S. 185 [im vorliegenden Band S. 180] wird von der Krisenfestigkeit des Glaswerkes gesprochen. Worauf beruht diese Krisenfestigkeit? Es ist aus der ganzen Geschichte noch nicht ein Beispiel eines „krisenfesten“ kapitalistischen Betriebes bekannt. Der angeblichen Krisenfestigkeit des Glaswerkes steht der auf der nächsten Seite zitierte Geschäftsbericht des Stiftungs-Kommissars der C.[arl] Z.[eiss]-Stiftung entgegen, in dem von einem „flauen Geschäftsgang“ und von einem „ganz merklichen Rückgang“ des Absatzes von optischem Glas gesprochen wird. Was eingangs von der Darstellung des Gesamtwerkes gesagt wurde, gilt auch von der Behandlung einzelner Personen. Die Menschen werden völlig losgelöst von der politischen Situation und den Klassenkämpfen ihrer Zeit dargestellt. Gab es im Werk keine politischen und sozialen Auseinandersetzungen? Existierten keine Gewerkschaft und keine SPD – bei einer so umfassenden Einleitung müßten diese Fragen zumindest ge-

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streift werden. Nicht uninteressant wäre einmal zu erfahren, in welchem Grade der Schottarbeiter der kapitalistischen Ausbeutung unterworfen war. Anhand von Vergleichen der Arbeitsproduktivität sowie der sozialen und der Lohn-Verhältnisse bei Schott mit anderen Betrieben der Glasindustrie ließe sich da sehr viel darstellen. Neben den genannten inhaltlichen Mängeln, die sich noch um viele Beispiele erweitern lassen, müßte das gesamte Manuskript noch einmal eine gründliche stilistische Überarbeitung erfahren. Es käme ganz besonders darauf an, den Satzbau wesentlich zu vereinfachen. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Bestand Gustav Fischer Verlag, Allgemeine Verlagskorrespondenz 1959-1961, Akte Ko-Kz (masch. Ausfertigung).

[46] Auskunft des Glaswerks an die VVB Optik in Berlin über Untersuchungen zur Betriebsgeschichte und deren Veröffentlichung, Jena 30. April 1960 Aus der Zeit nach 1945 liegen zwei Bände Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen., Jena, bearbeitet von Dr. Herbert Kühnert vor, erschienen 1953 und 1957. Belegexemplare wurden seinerzeit der H[aupt]V[erwaltung] übermittelt und müssen sich jetzt bei der VVB befinden. Ein dritter Band, im wesentlichen finanziert durch die Technische Hochschule Dresden, Institut für Geschichte der Technik und Naturwissenschaften, liegt im Manuskript vor. Die Drucklegung wurde von uns verweigert und auch das Lektorat des VEB Gustav Fischer Verlages äußerte Bedenken. Die Gründe liegen darin, daß der Inhalt nicht unseren jetzigen gesellschaftswissenschaftlichen Anforderungen entspricht. Es soll hierzu noch demnächst eine Aussprache zwischen dem erwähnten Institut der T[echnischen] H[ochschule] und den nunmehr für unser Werk tätigen Gesellschaftswissenschaftlern stattfinden. Diese drei Gesellschaftswissenschaftler, Dozenten an der gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät [richtig: Institut für Gesellschaftswissenschaften] der Friedrich-SchillerUniversität18, arbeiten seit nunmehr etwa einem Jahr das Archivmaterial des Werkes gründlich durch, mit dem Ziel einer gesellschaftswissenschaftlich einwandfreien historischen Darstellung. Ob es sich hierbei um eine Folge kleinerer Arbeiten oder um ein zusammenfassendes Dokument handeln wird, ist noch offen. Quelle: SCHOTTT Archiv Jena, II/1.103 (Durchschrift).

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Es handelt sich um die damaligen Assistenten Werner Schichlein, Friedrich Zickler und Günther Fritzsche vom Institut für Gesellschaftswissenschaften, ab Studienjahr 1959/60 Institut für MarxismusLeninismus, dem die Ausbildung im obligatorischen gesellschaftswissenschaftlichen Grundstudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena oblag. Die genannten Lehrkräfte gehörten der Abteilung Grundlagen der Politischen Ökonomie an. Weitere Angaben zu ihrem Einsatz im Jenaer Glaswerk im Nachwort des Herausgebers.

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[47] Schreiben des Kollektivs der Gesellschaftswissenschaftler an den Leiter des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, Jena 15. Dezember 1961 Bezugnehmend auf das Schreiben vom 6. Dezember [19]61 an die T[echnische] U[niversität] Dresden muß nochmals ausdrücklich auf folgendes hingewiesen werden: Der Entwurf des Diktates vom 20. November [19]61 ist unsere Meinung und kann auf weitere Entscheidungen des Betriebes nur insofern Einfluß nehmen, als hier die Meinung des Kollektivs zur Erarbeitung der Werksgeschichte von ihrem Blickpunkt dargestellt ist. Welche Vereinbarungen zwischen Dr. [Herbert] Kühnert und dem Betrieb bzw. TU Dresden und VEB Schott bestehen, ist für unsere Bearbeitung des Archivgutes von wenig Interesse, da wir bei der Herausgabe der Werksgeschichte von vornherein uns auf die Geschichte der Produzenten und die Rolle der Stiftungslegende in ihrer weiteren Entwicklung beziehen. Es geht uns darum, gerade die Stiftungslegende mit ihrem ideologischen und auch ökonomischen Folgen zu zerschlagen. Insofern wird es zu keiner Überschneidung mit der von Dr. Kühnert behandelten Thematik, nämlich der Familiengeschichte und Persönlichkeitsgeschichte von Otto Schott kommen können. Wir haben bereits in der Aussprache mit Dr. Kühnert festgestellt, daß es uns in unserer Arbeit um diese Probleme geht, nicht aber darum, die Rolle Otto Schotts nur einseitig progressiv zu sehen und dabei völlig seine Rolle als kapitalistischer Fabrikbesitzer zu ignorieren. Wir werden zweifellos die wissenschaftlichen Ergebnisse und Arbeiten von Otto Schott würdigen, können jedoch nicht umhin, bestimmte Methoden seiner patriarchalischen Geschäftsführung so zu kritisieren und mit Archivgut zu belegen, daß die Legende, die von vielen Werksangehörigen noch heute um Otto Schott gewoben wird, auf reale ökonomische und gesellschaftliche Grundlagen gestellt wird. Dr. Kühnert weiß, daß bei Vorliegen der Publikation seines Werkes wir anderes Archivgut benutzen werden, um wesentliche Aussagen, die er getroffen hat, zu widerlegen und zu entkräften. Für unsere Darstellung der Geschichte schadet die Veröffentlichung der Kühnertschen Briefe gar nichts. Sie bieten uns Ansatzpunkte einer kritischen Auseinandersetzung mit bürgerlicher Geschichtswissenschaft. Eine ganz andere Frage ist die, ob es unter unseren politischen Verhältnissen, bezogen auf die noch immer wirksame Rolle der Stiftungslegende im Betrieb, vertretbar ist, die Dokumentensammlung, wie sie uns vorlag, herauszugeben. Wir betonen nochmals, daß es nicht unserer Entscheidung unterliegt, ob der Betrieb an die Herausgabe dieser Dokumentation denkt oder nicht. Für unsere Arbeiten nützt uns das Kühnert’sche Material nichts. Wem es etwas nützt, sei dahingestellt. Nochmals meinen wir, daß die Zusammenfassung auf wenige Textseiten Einleitung [zum Band „Briefe und Dokumente des VEB Jenaer Glaswerkes Schott & Genossen“ Teil III von Dr. Herbert Kühnert] noch die glücklichste Lösung der Angelegenheit im Interesse aller beteiligten Stellen ist. Vom augenblicklichen Stand der Bearbeitung der Dokumente des Betriebsarchivs her können wir dem Betrieb verantwortlich folgende Gesichtspunkte unserer Arbeit nochmals mitteilen: Das Kollektiv hat sich verpflichtet, die Gesamtgeschichte des Betriebes in einer Werksgeschichte zu erarbeiten. Dazu sind folgende Etappen und Maßnahmen festgelegt:

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1. Der Genosse [Werner] Schichlein ist voll verantwortlich für a) Promotion zur Erarbeitung der Probleme der Geschichte des Werkes 1929 – 1933. Abschluß der Arbeit Sommer 1963. b) Bis Ende 1963 wird diese Promotion und darüber hinaus der Zeitabschnitt 1921 – 1929 vom Genossen Schichlein eigenverantwortlich erarbeitet und vorgelegt. c) Der Zeitabschnitt 1905 – 1921 wird in 4 Diplomarbeiten aufgegliedert und an 4 Diplomanden ausgegeben. Die verantwortliche Betreuung der Diplomanden übernimmt Genosse [Friedrich] Zickler. Die literarische Erarbeitung der Arbeitsergebnisse dieser Diplomanden hat Genosse Schichlein in Rahmen seines Zeitabschnittes (1902 – [19]33) bis zum 1. Quartal 1964 vorzulegen. 2. Genosse [Friedrich] Zickler legt den Abschnitt Schott-Geschichte 1933 – 1945 bis Ende 1962 als Promotion vor. Zur Erarbeitung der Schott-Geschichte 1945 – [19]48 hat Genosse Zickler bereits 3 Diplomarbeiten vergeben, die im August 1962 zum Abschluß kommen. Genosse Zickler ist verantwortlicher Betreuer dieser Diplomanden und stellt diesen das von ihm erarbeitete Archivgut zur Verfügung. Bis Mitte 1963 wird also der redaktionell überarbeitete Teil des Buches 1933 – 1948 im wesentlichen vorliegen. Zur Erarbeitung der Gründungsgeschichte bis 1905 wird Genosse Zickler weitere 4 Diplomarbeiten ausgeben, die bis Mitte 1963 die bereits in der Auswertung vorliegenden Archivalien dieses Zeitabschnittes wissenschaftlich aufarbeiten. Für die Gesamtgeschichte ist Genosse Zickler verantwortlich, also auch für den Abschnitt der Schott-Geschichte von der Gründung bis 1905. Damit wird garantiert, daß in der ersten Hälfte 1964 die Geschichte des Werkes von seiner Gründung bis 1948 bereits vorliegt. 3. Der Genosse [Günther] Fritzsche – Mitglied des Kollektivs – befindet sich seit 1 ½ Jahren im sozialistischen Ausland und ist vom Staatssekretariat für studentische Betreuung eingesetzt. Nach letzten Mitteilungen wird er bis Mitte 1962 zurückkommen, so daß bis Mitte 1963 bzw. Ende 1963 garantiert sein muß, daß auch sein Abschnitt der Werksgeschichte 1948 – 1955 wissenschaftlich erarbeitet und im I. Quartal 1964 redaktionell für die Geschichte des Werkes überarbeitet vorliegt. 4. Den Abschnitt nach 1955 und die Perspektive des Werkes soll als Promotion der Genosse Winter, Wirtschaftssekretär der Kreisleitung, übernehmen. Auf Grund der augenblicklichen Belastung und der Tatsache, daß ein Zusammenkommen in der letzten Zeit beiderseits fast unmöglich war, ist mir der Stand seiner Arbeiten nicht näher bekannt. Wichtig ist es, daß die Quartalsberichte der einzelnen Abteilungen für den Zeitabschnitt ab 1955 sorgfältig erarbeitet werden, damit dieser Zeitabschnitt in relativ kurzer Zeit als Endteil der Geschichte des Betriebes in das gesamte Buch aufgenommen werden kann. Quelle: SCHOTT Archiv Jena, II/1.103 (Ausfertigung19).

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Das Schreiben trägt die Diktatzeichen Z[ickler]/Stud[zinski] und ist handschriftlich unterschrieben: „Jena, den 1.2.1962 Werner Schichlein“.

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[48] Memorandum von Dr. Herbert Kühnert vom 31. Dezember 1961 Grundsätzliches zur Beurteilung meines Manuskriptes „Briefe und Dokumente, Teilband III, 1886-1914“ Der Werkleitung, der B.[etriebs] G.[ewerkschafts] L.[eitung] und der B.[etriebs] P.[artei] O.[rganisation] des VEB Jenaer Glaswerk Schott und Genossen vorgelegt am 31. Dezember 1961 von Dr. Herbert Kühnert. I. Koordination von betriebsgeschichtlicher Quellenforschung und gesellschaftswissenschaftlicher Betriebsgeschichte. Über die notwendige Zusammenarbeit zwischen archivwissenschaftlich geschulten Historikern und gesellschaftswissenschaftlich geschulten Marxisten im Dienste betriebsgeschichtlicher Arbeit hat sich ein hervorragender Vertreter der sowjetrussischen Wissenschaft, Prof. Dr. I. K. Dodonow von der Lomonossow-Universität Moskau, der im Jahre 1954 auch als Gastprofessor an der Universität Halle tätig gewesen ist und dabei auch wichtige kritische Einblicke in führende Betriebsarchive der DDR getan hat, in einem in der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ (Berlin, II. Jg. 1954, Heft 3, S. 457 ff.) veröffentlichten Aufsatz „Einige Bemerkungen zur Archivforschung in der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik“ u. a. wie folgt geäußert: „Außer jungen, angehenden Historikern sollten bei der Erschließung der Archivmaterialien noch kühner, als dies bereits der Fall ist, ältere Archivare und Historiker, Fachleute auf dem Gebiet der Archivforschung herangezogen werden. Unter den älteren Historikern gibt es natürlich wenige Marxisten. Aber sie kennen die Archive gut, sie sind Kenner dieses Fachs. Bei entsprechender Anleitung können sie der Archivforschung großen Nutzen bringen. Es ist zu wünschen, daß die Zusammenarbeit der neuen, jungen marxistischen Kader mit den älteren Historikern noch verbessert wird. Der Vorzug der jungen Kader ist ihre marxistisch-leninistische methodologische Schulung, der Vorzug der alten Kader liegt in der Beherrschung des Stoffes und der handwerklichen Forschungsmethoden; aus beiden gilt es eine fruchtbare Synthese zu schaffen …“ Ich kann diese grundsätzliche Forderung in jeder Hinsicht unterschreiben, obwohl ich für meine Person in Anspruch nehmen zu dürfen glaube, daß mir das Wesen des Marxismus nicht weniger gründlich bekannt ist als seinen jüngeren und jüngsten Vertretern, von denen nur noch wenigen bekannt sein dürfte, welchen Haß mir meine marxistische Gesinnung und Haltung von der bürgerlichen Reaktion schon während meiner kulturpolitischen Wirksamkeit in der sozialistisch-kommunistischen Regierung von Thüringen (1922-[19]24) und in der Folgezeit, als meine Veröffentlichungen über die thüringische Wirtschaftsgeschichte (1933) der Unterdrückung und Vernichtung als „marxistische Literatur“ verfielen, eingetragen hat. II. Betriebsgeschichtliche Quellenforschung und marxistische Betriebsgeschichte Um zu den von mir bearbeiteten drei Teilen der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott und Genossen“, von denen der auf die Betriebsperiode 1886-1914 bezügliche Teil III, den ich in den Jahren 1955-[19]58 als Forschungsauftrag des Dresdener Instituts für Geschichte der Technik und Naturwissenschaften bzw. des Staatssekretariats für Hoch- und Fachschulwesen bereitgestellt habe, z. Zt. noch unge-

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druckt vorliegt, die richtige grundsätzliche Einstellung nicht nur vom Standpunkt der wirtschaftsgeschichtlichen Quellenforschung, sondern auch vom Standpunkt der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaft zu gewinnen, muß man davon ausgehen, daß die Bereitstellung charakteristischer betriebsgeschichtlicher Quellen wissenschaftlicher, technischer und geschäftlicher Art eine grundlegend andere Aufgabe ist als die gesellschaftskritische Auswertung dieser und auch weiterer zusätzlicher Quellen für eine im Sinne des Marxismus-Leninismus erarbeitete geschichtliche (hier also: betriebsgeschichtliche) Darstellung. Für dieses letztere Ziel bildet die erste Arbeit die unumgängliche sachliche Voraussetzung. Denn bevor man zu den Quellen im Sinne des Marxismus-Leninismus kritisch Stellung nehmen und sie zu einer gesellschaftskritischen Betriebsgeschichte verarbeiten kann, muß man sie erst einmal kennen und bis zu einem gewissen Grade auch in bezug auf ihre Herkunft aus diesem und jenem Archiv charakterisieren, u. U. auch wörtlich zitieren, weil anderen Falles eine wissenschaftliche Überprüfung der aus ihnen abgeleiteten gesellschaftswissenschaftlichen Ergebnisse unmöglich sein würde. Ein umgekehrtes Verfahren aber hieße geradezu das Pferd am Schwanz aufzäumen zu wollen. Wollte man nun, wie es im Falle des vorliegenden Manuskriptes beabsichtigt oder (bedauerlicher Weise) bereits geschehen ist, einem in gesellschaftskritischer Hinsicht an dem von mir gesammelten Quellenmaterial interessierten zweiten Bearbeiter gestatten, von diesem Material Gebrauch zu machen, bevor es noch im Druck erschienen und so seinem dem Forschungsauftrag entsprechenden Zweck zugeführt ist, so würde dies gleichbedeutend sein mit einem im wissenschaftlichen Leben nicht nur unüblich, sondern geradezu als unanständig betrachteten Verfahren. Denn praktisch würde es doch darauf hinauslaufen, daß auf diese Weise der fragliche Bearbeiter für seine sozialkritische Arbeit mindestens einen Teil desjenigen Quellenmaterials benutzen und auswerten könnte, das von mir keineswegs im Hinblick auf einen solchen allzu bequemen Verwendungszweck in jahrelanger Arbeit aus den verschiedensten Archiven der DDR und der Deutschen Bundesrepublik zusammengetragen worden ist. Natürlich darf dabei auch der Umstand nicht außer Acht gelassen werden, daß meine Arbeit nicht aus Betriebsmitteln, sondern aus anderweitigen und zwar durchaus zweckgebundenen öffentlichen Mitteln hervorgegangen ist und daß somit aus der Tatsache, daß ich für sie auch betriebsarchivalisches Quellenmaterial mitbenutzt habe, dennoch keinerlei materielle oder geistige Eigentumsansprüche vonseiten des Glaswerks an sie hergeleitet werden können. Für die Frage, ob sich das Jenaer Glaswerk, wenn es sich auch jetzt noch entschlösse, der Veröffentlichung meines Manuskriptes mit Hilfe betriebseigener Mittel in der ursprünglich beabsichtigten und vereinbarten Form näher zu treten, einer nur schwer oder überhaupt nicht tragbaren öffentlichen Kritik ausgesetzt sehen könnte, scheint mir der Umstand von Wichtigkeit zu sein, daß die bisher erschienenen Bände in der wissenschaftlichen Welt und in den einschlägigen Fachzeitschriften aller, auch gesellschaftswissenschaftlicher Art durchaus eine geradezu erstklassige positive Beurteilung erfahren haben und daß dabei mehrfach auch von wissenschaftlich besonders prominenter Seite aus die Erwartung ausgesprochen worden ist, daß den bisherigen Bänden nunmehr auch der III. Teilband der Briefe und Dokumente bald folgen möchte. Daß ich damit keine eitle Phrase ausspreche, könnte ich Ihnen erforderlichen Falles durch eine ganze Reihe mir in letzter Zeit spontan zugegangener Zuschriften aus der Welt der Wissenschaft belegen. Ist

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mir doch schon vor Jahren, als im Staatssekretariat für Hochschulwesen die Frage meines Forschungsauftrages für den III. Teilband meiner „Briefe und Dokumente“ zur Erörterung stand, von maßgebender Seite vorgehalten worden, es sei nicht einzusehen, warum das Jenaer Glaswerk für Veröffentlichungen, die ihm nur zur Ehre und zum Ruhme gereichen würden, statt eigener Betriebsmittel nunmehr staatliche Mittel in Anspruch zu nehmen wünschte. Und auch hinsichtlich der Frage, ob ich nicht in der Auswahl meiner Dokumente für den III. Teilband der Person von Dr. Otto Schott ungebührlich breiten Raum eingeräumt habe, kann ich nur nochmals, wie schon in meinem Schreiben an Sie vom 9. d[iese]s. [Monats], auf die hohe Würdigung verweisen, die der Vorsitzende des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik [Walter Ulbricht] in seiner Jenaer Universitätsrede vom 20. Oktober 1960 den noch immer nicht hinreichend herausgestellten wissenschaftlichen und technischen Verdiensten Schotts gewidmet hat. III. Zum Problem der Einleitung Aus verschiedenen kritischen Äußerungen zu meinem der Werkleitung des Glaswerks am 15. Februar 1959 im Vertrauen auf deren schriftliche Zusage (betr. Übernahme der Drucklegung) übergebenen Manuskript habe ich ersehen, daß man mir unterstellt hat, als hätte ich mit der dem dokumentarischen Teil des Werkes vorangestellten Einleitung von 288 Seiten eine zusammenfassende Darstellung der Geschichte des Glaswerks während seiner Betriebsperiode von 1886 bis 1914 geben wollen, während meine Absicht auch hier, ebenso wie bei den beiden vorausgegangenen Bänden, nur dahin gegangen ist, dem Leser den inneren Zusammenhang der zeitlich z. T. weit auseinander liegenden und im Hauptteil des Buches dargebotenen Briefe und Dokumente möglichst anschaulich vor Augen zu führen, also überhaupt erst die Grundlage und Voraussetzung für eine gesellschaftskritische, also marxistisch-leninistische Auswertung des dargebotenen Stoffes zu schaffen. Ich habe mich also hierin genau in den Grenzen zwischen betriebsgeschichtlicher Quellenforschung und marxistischer Betriebsgeschichte gehalten, wie ich sie im Abschnitt II dieser Bemerkungen dargelegt und begründet habe. Soweit in meiner Einleitung, wie es sich aus der behandelten Betriebsperiode zwangsläufig ergab, auch auf den Gedankenkreis und die Institution der Carl Zeiss-Stiftung einzugehen war, mußte es hiernach als völlig außerhalb des meiner Arbeit gezogenen Rahmens betrachtet werden, diese dem Gedankenkreis des kapitalistischen Sozial-Liberalismus entstammende Institution einer soziologischen Kritik im Sinne des Marxismus-Leninismus zu unterziehen, wie auch mit keinem Wort davon die Rede sein durfte, daß man diese Institution etwa als dem Marxismus-Leninismus wesensverwandt aufzufassen habe. Ich muß zugeben, daß diese meine vorsätzliche Enthaltung von einer Hereinnahme marxistischer Wertmaßstäbe in den vorliegenden Stoff der, wenn auch irrigen Annahme Vorschub leisten könnte, als ob ich die Bedeutung und Notwendigkeit der Anwendung solcher Wertmaßstäbe auf einen wirtschaftsgeschichtlichen Komplex wie den vorliegenden unterschätzte. Hält man sich aber vor Augen, daß die Schriftenreihe „Briefe und Dokumente“ immer nur als eine, wenn auch notwendige Grundlage und Voraussetzung für weiterführende sozialkritische Arbeiten gedacht war, wird man diese scheinbare ideologische Standpunktlosigkeit dennoch als wohl begründet und berechtigt ansehen müssen.

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Natürlich gewinnt in diesem Zusammenhang auch die Frage nochmals aktuelle Bedeutung, wie es kommen konnte, daß aus meinem Manuskript, nachdem es – ohne mein Wissen – von dem Dresdener Institut dem Glaswerk bzw. dem von diesem in Anspruch genommenen Arbeitskollektiv ein zweites Mal für längere Zeit zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt worden war, die Seiten 175 bis 288 einfach – auf bisher unerklärte Weise – spurlos verschwinden konnten. Denn da – ohne mein Verschulden – zu jener Zeit eine Abschrift auch dieses Teiles meiner Arbeit in Dresden noch nicht vorlag, sehen wir – d. h. ich als Verfasser und das Dresdener Forschungs-Institut als mein direkter Auftraggeber – uns bis heute ja nicht in der Lage, dem Staatssekretariat für Hochschulwesen in Berlin den Nachweis zu erbringen, daß der mir von diesem erteilte Forschungsauftrag pflicht- und termingemäß ausgeführt worden ist. Außerdem würde es dieser Behörde oder einem von ihr dazu beauftragten Sachverständigen in Anbetracht des nunmehrigen Manuskript-Torsos ja gar nicht möglich sein, den wissenschaftlichen Wert der von mir geleisteten Forschungsarbeit zu beurteilen. Da ich weiß, als wie fatal sowohl von Ihnen als auch von dem Dresdener Forschungs-Institut die durch das Verschwinden meines Manuskriptteiles entstandene Lage und die dadurch für mich entstandene Schädigung meines Rufes als wissenschaftlicher Arbeiter empfunden wird, möchte ich nicht, ohne wirklich dazu genötigt zu sein, die Frage aufwerfen oder von unparteiischer Seite prüfen lassen, wem die direkte oder auch nur indirekte Verantwortung dafür zuzumessen ist. Aber da sich nun einmal im vorliegenden Fall von selbst die Frage aufdrängt, wer an diesem Manuskriptteil ein unmittelbares Interesse gehabt haben könnte, werden Sie [d. i. Werkleiter Hans Nordwig] es begreiflich finden, wenn ich Sie bitte, Herrn Schichlein, dem die Bearbeitung der fraglichen Betriebsperiode des Glaswerks u. a. zugewiesen ist, ernstlich nahe zu legen, daß er mir, bevor er seine Arbeit etwa zur Erlangung der Doktorwürde einem akademischen Institut in Jena oder anderwärts vorlegt, Einblick in dasselbe verschaffen möge, damit ich mir ein Bild davon machen kann, inwieweit er in seiner Arbeit auch von meinen Unterlagen Gebrauch gemacht hat, wie er mir dies auch bei unserer Jenaer Besprechung vom 29. November 1960 in aller Form zugesichert und durch Handschlag bekräftigt hat. Übrigens erwähne ich dies hier vorwiegend nur deswegen, weil ich seit jener Besprechung noch nie wieder etwas gehört habe, hoffe aber, daß er es mit Rücksicht auf das mir ihm gegenüber geübte Entgegenkommen von selbst als eine elementare Anstandspflicht betrachten wird, mir auf diese Weise einen entsprechenden Schritt bei den in Frage kommenden akademischen Instanzen zu ersparen. Dies also nur nebenbei. Da ich nun glaube, mit meinem Ihnen bereits bekannten Vorschlag betr. die Erstellung eines neu zu schreibenden Vorworts, das keinerlei politisch-ideologische Angriffspunkte in sich schließen kann, Ihre Bedenken, auf unseren ursprünglichen Plan wieder zurückzukommen, beseitigt zu haben, sehe ich Ihrer angekündigten Stellungnahme hierzu mit Spannung entgegen. Quelle: Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert Nr. 187 (Durchschrift).

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[49] Niederschrift des Gustav Fischer Verlages Jena zu einer Beratung am 27. März 1962 Am 27. März 1962 fand im VEB [Jenaer Glaswerk] Schott[& Genossen] eine Besprechung mit Herrn Dr. [Herbert] Kühnert, Rudolstadt, und dem Leiter des Werkes, Gen.[ossen Hans] Nordwig statt. Es ging dabei um den III. Teil der „Briefe und Dokumente“. Ausgangspunkt war die Tatsache, daß entweder im Glaswerk oder bei dem Institut in Dresden, von dem an Dr. Kühnert der Forschungsauftrag erteilt wurde, die von Letzterem abgefaßte Einleitung im Manuskript verlorengegangen ist. Gen. Nordwig und Dr. Kühnert verständigten sich über eine Neufassung der Einleitung. Bei ihrem Vorliegen ist der Forschungsauftrag als abgeschlossen zu betrachten. Eine längere Diskussion entspann sich um die Kosten der Drucklegung des III. Teiles. Dr. Kühnert sind sehr genau die Gründe gesagt worden, warum seinerzeit der Verlag eine ablehnende Haltung bezog. Es konnten auch keine Zusagen gemacht werden, wenn jetzt die Einleitung anders gefaßt wird und im stärkeren Maße gesellschaftspolitische Momente berücksichtigt. Allerdings wird der Verlag nach Vorliegen des Gesamtmanuskriptes noch einmal in eine Prüfung eintreten und sich auch mit dem Institut in Dresden in Verbindung setzen. Von unserer Seite aus ist vorläufig nichts zu veranlassen. Sollte es wider Erwarten bei einer Finanzierung durch das Glaswerk zu einer Drucklegung des III. Teiles kommen, dann würde dieses Buch aber nicht in der Reihe „Veröffentlichungen der Thür.[ingischen] Historischen Kommission“ herauskommen. Es wäre dann ein neuer Herausgeber zu suchen, der eine Einzelpersönlichkeit oder ein Institut sein könnte. Das Historische Institut in Jena käme dafür allerdings wohl kaum in Frage. Quelle: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Bestand Gustav Fischer Verlag, Allgemeine Verlagskorrespondenz 1959-1961, Akte Ko-Kz (masch. Ausfertigung).

5.2 Dokumente zur Person und zum Werk von Herbert Kühnert [50] Lebenslauf von Dr. Herbert Kühnert, verfaßt am 20. Mai 1948, für den Greifenverlag zu Rudostadt Geboren: 11. Juli 1887, Steinach (Thür.), Sohn des Kaufmanns E. Kühnert das.[elbst] Schulbesuch: 1893-[18]98 Volksschule Steinach, 1896-1906 Gymnasium Coburg (Reifeprüfung) Universitätsstudium: (Philosophie, Soziologie, Germanistik, Romanistik, Pädagogik) an den Universitäten Heidelberg (Sommer [19]06, Berlin (Winter [19]06/07 und [19]07/08), Paris (Sommer [19]07), Jena (Sommer [19]08 und Winter [19]09/10) Dr. phil. in Jena: 22. Februar 1910. Staatsexamen für das Lehramt an höheren Schulen Thüringens daselbst am 3. März 1911 in den Fächern Philosophie, Deutsch und Französisch.

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November 1910 – Juni 1911 Austauschassistent am staatlichen Lyzeum Lamartine in Mâcon (Frankreich [Departement] S.[aone]-et-L.[oire]); dann Weiterstudium in München (bis Herbst 1912, teils an der Universität, teils als Assistent des Soziologen Dr. C.[arl] F.[ranz] Müller-Lyer). Herbst 1912 bis Frühjahr 1914 Studienaufenthalte in England, und zwar an der Universität Birmingham, dann an der Universität London, Abt. School of Economics, hier gleichzeitig Resident in Oxford Settlement Toynbee Hall, LondonEast,; dann längere Studienreisedurch die USA. In New York am 1. Oktober 1913 Examen zur Befähigung für den Unterricht an den High Schools des Staates New York: als Lehrer tätig (bis Febr. 1914) an der High School in George‘s Junior Republic, Freeville, New York. Zurück nach München (wiederum als Assistent von Dr. C. F. Müller-Lyer und Mitarbeiter seines mehrbändigen Werkes „Die Entwicklungsstufen der Menschheit“). Aufnahme einer Habilitationsschrift für die Universität Jena (Vergleichendsoziologische Studie über die Idee und gesetzgeberische Durchführung der allgemeinen Schulpflicht). Unterbrechung dieser Arbeit durch Einberufung zum Heeresdienst (August 1914); Entlassung aus demselben im August 1916 (als Feldwebel). Eintritt in den höheren Schuldienst Thüringens, zunächst als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Reformschule Freie Schulgemeinde Wickersdorf b. Saalfeld, dann an der Oberrealschule Sonneberg i. Thür., dann (bis Ende 1921) als Studienrat an der Oberrealschule Jena. In Jena gleichzeitig Lehrer an der Volksschule für Lebenskunde, an der Staatlichen Optikerschule (für Englisch u. Französisch), auch Mitgründer der Volkshochschule Jena bzw. Thüringen und Dozent an derselben und der dazu gehörigen Jenaer Schule für Betriebsräte in den Fächern für Wirtschaftsgeschichte, Gegenwartskunde und Englisch. Anfang 1922 bis Mai 1924 Referent am sozialistisch-kommunistischen [Thüringischen] Volksbildungsministerium [Max] Greil ([Landesregierung] unter dem jetzigen Landtagspräsidenten A.[ugust] Frölich), als Regierungsrat und in den Abteilungen Universität und höheres Schulwesen. Verfasser von Lehrplänen für die damalige Einheitsschule, Organisator der Volksschullehrerbildung an der neu gegründeten Pädagogischen Fakultät [richtig: Pädagogisches Institut] der Universität Jena, Herausgeber der für die Jugend der höheren Schulen bestimmten Zeitschrift „Republik und Jugend“. Von der damals einsetzenden politisch-nationalistischen Reaktion in Thüringen wurde ich wegen meiner sozialistischen und demokratischen Überzeugung und Betätigung aus dem Ministerium entfernt und als Studienrat an das Gymnasium mit Oberrealschule in Rudolstadt – die jetzige Oberschule für Jungen – versetzt, an der ich seitdem als Fachlehrer für English und Deutsch tätig bin. Nebenher habe ich mich eine Zeitlang noch betätigt als Dozent am Pädagogischen Institut der Universität Jena, als Mitherausgeber der Sozialistischen Monatshefte“, bis mir 1933 durch die nationalsozialistische Regierung auch diese kulturpolitische Betätigung unterbunden wurde. Seit 1927 habe ich mich neben meiner schulischen Tätigkeit in zunehmenden Maße auch wirtschaftlichen (insbesondere wirtschaftsgeschichtlichen) Studien gewidmet und u. a. ein Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte, eine Biographie des Erfinders des Jenaer Glases Otto Schott (1940) und eine Bearbeitung des Briefwechsels zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas, 1879-[18]81, Jena, 1946, veröffentlicht. Näheres hierüber im beifolgenden Verzeichnis meiner wesentlichen Schriften.

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Nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischem Systems begründete ich in Rudolstadt die Volkshochschule, der ich seitdem eine Reihe von Zweigstellen hinzugefügt habe und die ich zur Zeit neben meiner schuldienstlichen Tätigkeit noch leite und an der ich auch als Dozent für Wirtschaftsgeschichte und politische Ökonomie tätig bin. Im Zusammenhang damit steht auch meine Tätigkeit als Referent und Dozent in den industriellen Betrieben, in den Gewerkschaften, bei den Betriebsräten und Neulehrern. Desgleichen gründete ich Ende 1945 in Rudolstadt eine Ortsgruppe des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, die ich zur Zeit noch leite. Der Landesleitung Thüringen des Kulturbundes gehöre ich als Mitglied an. Auch im Landkreis Rudolstadt sind einige weitere Ortsgruppen des Kulturbundes seitdem von mir gegründet worden. Nachdem ich im Rudolstädter Kulturbund auch eine Sektion für die Pflege der deutsch-sowjetrussischen Kulturbeziehungen gegründet und derselben eine Reihe von Vorträgen selbst gehalten oder veranlaßt hatte, überführte ich diese Sektion im Sommer 1947 in eine selbständige Ortsgruppe der Gesellschaft zum Studium der Kultur der Sowjetunion, der ich auch zur Zeit noch als Vorstandsmitglied angehöre. Seit dem Bestehen der hiesigen Gemeindevertretung gehöre ich als Vertreter des Kulturbundes auch dieser Körperschaft an. Desgleichen habe ich als Delegierter des Kulturbundes an dem 2. Volkskongreß in Berlin teilgenommen. Der Vortrag über die kulturelle Bedeutung der Jenaer Glasindustrie, den ich jetzt im Greifenverlag zu Rudolstadt als Broschüre erscheinen lassen möchte20, ist von mir bereits im Sommer 1947 mit Genehmigung der S[owjetischen]M[ilitär]A[dministration] in Weimar zwei Mal an der Universität Jena (einmal vor Studenten und Schülern, einmal vor der Jenaer Arbeiterschaft) gehalten worden. Ebenso habe ich ihn am 12. Mai 1948 noch einmal in der Sektion Wissenschaft des Berliner Kulturbundes im Klub der Geistesschaffenden auf Einladung durch Prof. Stroux, den Präsidenten der Deutschen Akademie der Wissenschaften, wiederholt. Verzeichnis der Schriften Dr. Herbert Kühnerts 1.) August Comtes Verhältnis zur Kunst, Phil. Dissertation, Jena, Druck v. A. Kämpfe, Jena, 1910. Als Buch erschienen bei Fritz Eckardt, Leipzig, 1910. 2.) Wege zur Universitätsreform (gemeinsam mit H. Kranold), Verlag Ernst Reinhardt, München, 1913. 3.) (Deutsche Übersetzung von:) Sidney Webb, Die Schwächen des ökonomischen Individualismus. Mit einer Einleitung über die Gesellschaft der Fabier. Daselbst, 1913. 4.) Neue Beiträge zur Hochschulreform (gemeinsam mit H. Kranold). Das.[elbst] 1913. 5.) Quellenhefte zur Wirtschaftsgeschichte von Großthüringen, Jena, Verlag der Jenaer Volksbuchhandlung, 1921. 6.) Entwicklungsgeschichte der Wirtschaft in Thüringen, ein volkstümlich-soziologischer Überblick, I. Teil. Daselbst, 1921.

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Erschienen 1949, siehe den Nachdruck im vorliegenden Band, S. 11-31.

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7.) (Neuausgabe von) J. G. Göbel, Beschreibung des Amtes Gräfenthal vom Jahre 1790 (= Schriften zur Siedlungs- und Kulturgeschichte des Thüringer Waldes, Heft I), Gräfenthal, Thür., Verlag Ad. Schaar, 1928. 8.) Geschichte der Glashüttensiedlung Piesau im 17. und 18. Jahrhundert (= Bd. I der Sammlung „Quellen und Schriften zur Geschichte der Glashütten auf dem Thüringer Wald“), Coburg, Verlag Müller u. Schmidt, 1928. 9.) Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte (= Bd. 2 der Beiträge zur Thüringischen Geschichte, herausgeg.[eben] von Prof. Dr. W. Engel und Prof. Dr. W. Flach), Verlag der Frommannschen Buchhandlung, Walter Biedermann, Jena 1934. 10.) Otto Schott, Eine Studie über seine Wittener Zeit bis zur Gründung des Jenaer Glaswerkes. (= Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatgeschichte der Grafschaft Mark usw. Jahrg. LVI), Witten, Verlag A. Pott, 1940. 11.) Tour of Rudolstadt. A little Guide Book, Greifenverlag, Rudolstadt, 1945. 12.) Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881 (= Bd. II der von Archivdirektor Prof. Dr. Flach in Weimar herausgegebenen „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“), Verlag Gustav Fischer, Jena, 1946 (Lizenz Nr. 114-1017/47-2201/47). Außerdem verfaßte Dr. Kühnert von 1912 bis 1948 etwa 450 meist in sozialistischen, kulturpolitisch progressiven und fachwissenschaftlichen Zeitungen und Zeitschriften erschienene Aufsätze und Abhandlungen soziologischen, kulturwissenschaftlichen, pädagogischen und wirtschafts-, insbesondere Eisen-, Glas- und Porzellangeschichtlichen Inhalts. Wegen der Herausgabe der für die Jugend der höheren Schulen Thüringens bestimmten Zeitschrift „Republik und Jugend“ wurde er 1924 von der reaktionären Regierung Thüringens politisch gemaßregelt. Desgleichen wurde ihm 1933 die Fortsetzung seiner Tätigkeit als Bearbeiter der Rundschau „Geistige Bewegung“ in den „Sozialistischen Monatsheften“ untersagt. Näheres hierüber siehe in seinem Lebenslauf. […] Quelle: Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Bestand Greifenverlag zu Rudolstadt Nr. 657.

[51] Würdigung von Prof. Dr. Willy Flach zum 70. Geburtstag von Dr. Herbert Kühnert am 11. Juli 1957 Dr. Herbert Kühnert zum siebzigsten Geburtstag Dr. Herbert Kühnert hat in der wissenschaftlichen Welt seit langem seinen festen Platz als Geschichtsforscher, und daher ist es vor allem auch die Geschichtswissenschaft in ihren mannigfachen Zweigen, die seiner an seinem 70. Geburtstag in Dankbarkeit, Verehrung und mit guten Wünschen gedenkt. Die Stellung, die er sich als Historiker geschaffen hat, ist so fest begründet, daß man meint, er habe von Anfang an sein Leben auf diese Betätigung angelegt. Und doch ist es anders, denn Herbert Kühnert war nicht von Haus aus Historiker, er ist es vielmehr erst allmählich geworden. Aber er ist es in gründlichem und umfassendem Sinne geworden, weil Veranlagung, Neigung und Umstände ihn auf dieses Gebiet geführt haben, das dann sein eigentliches Arbeitsfeld geworden ist.

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Als der am 11. Juli 1887 in Steinach im Thüringer Wald geborene Herbert Kühnert, nachdem er fünf Jahre lang die Volksschule seines Heimatortes und von 1898 bis 1906 das alte und angesehene Gymnasium Casimirianum in Coburg besucht und dort Ostern 1906 sein Abitur abgelegt hatte, die Universität bezog, widmete er sich .einem sehr weit gespannten philosophischen und philologischen Studium in Heidelberg, Berlin, Paris und Jena. Hier erwarb er anfangs 1910 bei dem Philosophen Rudolf Eucken mit einer Arbeit über das Verhältnis des französischen Soziologen Auguste Comte zur Kunst den Doktortitel, und hier legte er auch im Februar 1911 das Staatsexamen für die Fächer philosophische Propädeutik, Deutsch und Französisch ab. Die solide Grundlage, die er sich damit für einen künftigen Beruf als Lehrer an höheren Schulen geschaffen hatte, genügte ihm aber noch nicht. Sein Streben ging auf Erweiterung des Blickfeldes und der Kenntnisse in Welt und Wissenschaft. Daher verbrachte er von Oktober 1910 bis zum Juli 1911 neun Monate als Austauschassistent am Lyceum in Mâcon in Frankreich; daher widmete er sich von Oktober 1911 ab für ein weiteres Jahr dem Studium in München, wo er seinen bisherigen Fächern vor allem noch Englisch, Pädagogik, Volkswirtschaft und Kulturgeschichte zugesellte; daher ging er im September 1912 nach England, um sich in Birmingham und London erneuten, hier auch auf Wirtschaftsgeschichte erstreckten Studien hinzugeben und in London an der Toynbee Hall auch als Lehrer zu wirken. Endlich aber trat Herbert Kühnert deswegen im Juli 1913 eine lange Studienreise nach Amerika an, die er zugleich mit einer Tätigkeit als Lehrer an der Junior Republic, Freeville (N.[ew] Y.[ork]), einer Schule für verwahrloste Großstadtjugend, verband und auf der er sich auf Grund einer in New York abgelegten Staatsprüfung zu seinen Lehrbefähigungen auch noch die für Englisch erwarb. Mit sehr ausgeweitetem Gesichtsfeld, mit vertieften Kenntnissen und mit der daraus entspringenden Absicht, sich bei dem Philosophen Rudolf Eucken unter Mitwirkung des Pädagogen Wilhelm Rein für Pädagogik zu habilitieren, kehrte er im Februar 1914 nach Jena zurück. Wie es dieser großangelegte Ausbildungsgang vermuten läßt, galten die besonderen Neigungen Herbert Kühnerts zunächst ganz der Betätigung in der Pädagogik, und zwar sowohl nach der praktischen wie nach der wissenschaftlichen Seite hin. Dafür sprechen vor allem seine damals, d. h. 1913, erschienenen beiden Arbeiten über „Wege zur Universitätsreform“ und „Neue .Beiträge zur Hochschulreform“ und seine Habilitationsabsichten. Aber damals schon gibt es bei ihm auch Hinweise auf die spätere historische Betätigung. Schon sein Dissertationsthema führte ihn auf geschichtliche Fragen; er vertiefte seine Einsichten durch kulturgeschichtliche und besonders wirtschaftsgeschichtliche Studien, die er auch durch eine Übersetzung der Arbeit des Engländers Sidney Webb über „Die Schwächen des ökonomischen Individualismus“ 1913 betätigte, und es ist kennzeichnend, daß seine Habilitationsschrift dem Thema „Geschichte der Schulpflicht“, also einem pädagogisch-historischen Gegenstand, gewidmet sein sollte. So hat also Herbert Kühnert doch sehr frühzeitig seine strenge philologische Erziehung und Methode auch auf historischem Gebiet betätigt und damit schon damals die Grundlagen zu seiner späteren historischen Arbeit geschaffen. Die wissenschaftlichen Pläne und Absichten Herbert Kühnerts sind auch ihm, wie so vielen anderen, durch den ersten Weltkrieg gestört und zum Teil zerschlagen worden. Er hat an ihm teilgenommen und dabei seine Gesundheit geopfert. Nach seiner daher im August 1916 erfolgten Entlassung vom Militär nahm er die praktische Schultätigkeit auf.

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Zunächst war er an der Oberrealschule von Sonneberg tätig, und im April 1917 siedelte er an die gleiche Schule nach Jena über, hier seit 1919 seine Interessen für die Volksbildung in weitestem Sinne auch durch Zusatzunterricht an der Volksschule, an der Optikerschule und vor allem an der Volkshochschule betätigend. In diesem Rahmen treten die historischen Neigungen und Bestrebungen Herbert Kühnerts mit eigentlichen historischen Themen zum ersten Male deutlich formuliert ans Licht, und in diesem Zusammenhang sind von ihm 1921 zwei Veröffentlichungen herausgehracht worden, die seiner ganzen künftigen historischen Arbeit Richtung und Gepräge gegeben haben, ein „Quellenheft zur Wirtschaftsgeschichte von Großthüringen“ und ein volkstümlichsoziologischer Überblick über die „Entwicklungsgeschichte der Wirtschaft in Großthüringen“. Aber noch war die Zeit nicht gekommen, daß sich Herbert Kühnert ganz den historischen Arbeiten hätte widmen können. Seine umfassenden Kenntnisse auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und. praktischen Pädagogik und der Kultur- und Schulpolitik, seine Aufgeschlossenheit für wissenschaftliche Fragen überhaupt, für soziale, religiöse und geistige Bewegungen – er hat diese Neigungen und Bestrebungen auch als ein ungemein fruchtbarer Schriftsteller und Publizist schon seit seinen Studienjahren betätigt, insbesondere in den „Sozialistischen Monatsheften“, bis ihm diese Tätigkeit 1933 untersagt wurde – hatten ihn in Fachkreisen und weit darüber hinaus bekannt gemacht, und daraus erwuchs ihm ein neues Betätigungsfeld, als er zu Beginn des Jahres 1922 als Vortragender Rat in das Ministerium für Volksbildung nach Weimar berufen wurde, wo man seine Kenntnisse und Fähigkeiten für schulreformerische Absichten und Maßnahmen brauchte. 2 ½ Jahre lang hat Herbert Kühnert an dieser Stelle gewirkt, erzieherischschriftstellerisch vor allem auch durch die von ihm geleitete und weitgehend getragene Zeitschrift „Republik und Jugend“, in der er der Jugend die bitteren Erfahrungen des ersten Weltkrieges für eine bessere Gestaltung der Zukunft zu vermitteln suchte. Die Änderung der politischen Verhältnisse zu Beginn des Jahres 1924 haben Herbert Kühnert zwar diesen weiten, auf die gesamte höhere Schule Thüringens und auch die Landesuniversität sich erstreckenden Arbeitsbereich genommen, aber sie haben ihn, wie man aus der Rückschau feststellen darf, zu seinem Glücke freigemacht für die Erfüllung der eigentlichen Aufgaben, die ihm nach seinen Kräften und Fähigkeiten gestellt waren. Der Übergang von Weimar nach Rudolstadt und die Versetzung an das dortige Gymnasium im Mai 1924 gaben Dr. Kühnert die Gelegenheit, neben seiner. schulischen Arbeit und neben der Fortführung seiner allgemeinen schriftstellerischen Betätigung nunmehr besondere historische Studien zu betreiben. Von jetzt ab taucht sein Name, immer mit heimatgeschichtlichen Arbeiten verbunden, oft in den Zeitungen auf, vor allem im „Schwarzburg-Boten“. Diese heimat- und landesgeschichtliche Arbeit war zunächst sehr weit orientiert. Sie erstreckte sich auf die Geschichte der Heimat in weitestem Sinn, und sie brachte an größeren Leistungen in Buchform etwa die Herausgabe der „Beschreibung des Amtes Gräfenthal vom Jahre 1790“, die 1928 erschien, hervor. Aber diese geschichtliche Arbeit erhielt sehr bald ein ganz besonderes Gesicht. In dem eben genannten Jahr 1928 gab Herbert Kühnert eine „Geschichte der Glashüttensiedlung Piesau im 17. und 18. Jahrhundert“ heraus, die er als Band 1 einer Sammlung „Quellen und Schriften zur Geschichte der Glashütten auf dem Thüringer Wald“ erscheinen ließ. Diese Arbeit wurde von der wissenschaftlichen Kritik mit großer Zustim-

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mung aufgenommen. Sie zeigte, daß damit Herbert Kühnert das Arbeitsfeld gefunden hatte, das ihm wie keinem anderen bestimmt war, und diesen Forschungsbereich hat er von da ab beibehalten und bis heute in ununterbrochenem Schaffen fruchtbar und segensreich ausgefüllt. Fragt man sich, wie Herbert Kühnert zur Beschäftigung mit der Glashüttengeschichte gekommen ist, so ist die erste Antwort darauf nicht schwer. Er entstammt einer Familie, die seit etwa 1600 mit der Glasmacherei und der Glasindustrie bis in unsere Gegenwart hinein auf das engste verknüpft war. Er selbst ist, so kann man sagen, bei der Glasmacherei groß geworden. Daß er sich von diesem Industriezweig aber gerade die. Geschichte zur Bearbeitung auswählte, dafür war doch wohl Voraussetzung die Tatsache, daß er auf diesem Gebiet seine historischen und soziologisch-genealogischen. Interessen betätigen, daß er so vor allem aber die Wirtschaftsgeschichte, der er sich früh zugewandt hatte, in einem besonderen Zweige aufhellen konnte. Alle diese Voraussetzungen waren also bei Herbert Kühnert glücklich miteinander verbunden, und so konnte er zum Geschichtsforscher und Geschichtsschreiber der Glasindustrie werden. Nach 1933, als ihm für seine sonstige ausgedehnte publizistische Schriftstellerei die Betätigungsmöglichkeiten und außerdem seine bis dahin betriebene akademische Wirksamkeit an der Pädagogischen. Fakultät bzw. dem. Pädagogischen Institut an .der Universität Jena genommen wurden, hat sich Herbert Kühnert noch mehr auf das ihm eigene Forschungsgebiet zurückgezogen, eine Tatsache, die ihm und seinen Arbeiten sehr gut bekommen ist. Seine Bemühungen um die Aufhellung der Geschichte des Glases führten eine enge Verbindung zwischen ihm und dem Glaswerk Otto Schott & Gen. in Jena herbei, dessen Werksarchivar er damals wurde, schon in einer Zeit, als sich andere Betriebe noch nicht um ihre Archive und ihre Geschichte bemühten. Diese Verbindung ermöglichte es Herbert Kühnert, für wissenschaftliche Forschungen wenigstens teilweise von seinen sonstigen dienstlichen Verpflichtungen befreit zu werden, und mit Unterstützung des Glaswerkes, zeitweise auch der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, konnte er seine wirtschaftsgeschichtlichen Studien in großem Umfang durchführen. In rascher Folge erschienen nun neben außerordentlich vielen und ertragreichen Einzelveröffentlichungen zur Glasgeschichte, besonders in den „Glastechnischen Berichten“, seine großen Arbeiten. 1934 kam das „Urkundenbuch zur thüringischen Glashüttengeschichte“ heraus, 1940 veröffentlichte er sein Buch über „Otto Schott, eine Studie über seine Wittener Zeit bis zur Gründung des Jenaer Glaswerks“. Diese Arbeit war der Auftakt zu den dann im Zusammenwirken mit der Thüringischen Historischen Kommission, deren Mitglied Herbert Kühnert .seit ihrer Gründung 1937 war, in Angriff genommenen großen Quellenveröffentlichungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerkes, über die noch zu sprechen sein wird. Die bei solchen umfassenden Forschungen auf dem Gebiete der Glasgeschichte gesammelten Erfahrungen hat Herbert Kühnert auch auf die historische Untersuchung anderer wirtschaftlicher Gebiete ausgedehnt, vor allem auch auf montangeschichtliche Fragen. Wie fruchtbar auch für diese anderen Zweige der Wirtschaft seine Forschungsergebnisse waren, das lassen etwa die beiden großen und grundlegenden Studien „Zur älteren Geschichte der Eisenhütten in der ehemaligen Pflege Coburg“ und „Die thüringischen Fayence-, Porzellan- und Steingutfabriken des 18. Jahrhunderts“, die 1942 und 1943 in der Zeitschrift für thüringische Geschichte erschienen, erkennen.

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Wenn man die besondere Eigenart und den Wert dieser wirtschaftsgeschichtlichen, vor allem glasgeschichtlichen Studien Herbert Kühnerts kennzeichnen soll, so ist zuerst auf die ungemeine Stoffülle hinzuweisen, die in ihnen ausgebreitet und die durch den Bearbeiter voll beherrscht und gestaltet ist. Aus allen erreichbaren archivalischen und literarischen Quellen, besonders aber durch eingehende Archivstudien, trägt Herbert Kühnert immer wieder mit Scharfblick und Spürsinn den Stoff zusammen und formt ihn zu einem wirklich anschaulichen Bild des Gegenstandes, den er darstellt. Die Verarbeitung dieses Stoffes aber erfolgt in exakter und kritisch-methodischer Art, so daß das, was dargestellt wird, auf fester Grundlage beruht. Dabei kommen ihm die besonderen Fachkenntnisse, die er für die behandelten Gegenstände besitzt, zustatten, und dabei hilft ihm auch stets der Weitblick, den er sich seit seiner Jugend auf allen Gebieten des Lebens verschafft hat, zur Durchformung seiner wissenschaftlichen Materie. Das alles verbindet sich mit einer glücklichen Gabe sprachlicher Darstellung, die die Lektüre seiner wissenschaftlichen Arbeiten über den hohen wissenschaftlichen Ertrag hinaus zu einer angenehmen Beschäftigung macht. Dies gilt für die historischen Arbeiten Herbert Kühnerts von Anfang an und. durch alle Zeiten hindurch, und dies gilt neben den wirtschaftsgeschichtlichen Studien besonders auch von seinen· zahlreichen sonstigen heimatgeschichtlichen Arbeiten, die er neben seinen großen Unternehmungen nie hat ruhen lassen und die er auch gegenwärtig noch in großem Umfang betreibt. Die Zeit nach 1945 hat Herbert Kühnert zunächst noch einmal voll in Anspruch genommen für weitgespannte öffentliche Tätigkeit entsprechend den weitgehenden Interessen seines Geistes. Für die Aufgaben der Volkshochschule und für die Aufgaben des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands hat er sich sofort zur Verfügung gestellt, und auch als Stadtratsmitglied in Rudolstadt hat er sich im allgemeinen Interesse betätigt. Auch die Schule nahm ihn nach wie vor weit in Anspruch. Aber auch jetzt konnten ihm für die Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Arbeiten gewisse Erleichterungen verschafft werden, bis er sich endlich nach seinem Ausscheiden aus dem Schuldienst Ende 1950 und durch seinen vollständigen Übertritt in das Glaswerk Otto Schott & Genossen in Jena als Leiter des Archivs und wissenschaftlicher Mitarbeiter ganz und ungestört der wissenschaftlichen Forschung widmen konnte. Die achtunggebietenden und von der wissenschaftlichen Welt mit uneingeschränkter Anerkennung aufgenommenen Arbeiten sind das beredte Zeugnis des Erfolges dieser Bemühungen. Sie liegen bis jetzt vor in dem „Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881“, der 1946 gedruckt und 1948 ausgegeben wurde, und in den beiden Bänden „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott und Genossen“, die 1953 und 1957 vorgelegt wurden. Diese Quellenveröffentlichungen tragen alle Vorzüge der Forschungs- und Arbeitsweise Herbert Kühnerts an sich; umfassende Feststellung des Materials, tiefe gedankliche und sachliche Durchdringung des Quellenstoffes, vorzügliche sachliche und historische Erläuterung der Überlieferung und sprachlich und inhaltlich glückliche Darstellung der Sachverhalte und der historischen Abläufe. Diese Veröffentlichungen sind nicht nur ein Ruhmesblatt für das Jenaer Glaswerk Schott & Gen., das die besondere Befähigung Herbert Kühnerts für solche Forschungen erkannt und unterstützt und damit seiner eigenen Geschichte den besten Dienst erwiesen hat, sondern auch beispielhafte Zeugnisse des Erfolges systematisch betriebener landesgeschichtlicher Forschung und wertvolle Beiträge

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zur deutschen Wirtschaftsgeschichte ganz allgemein. Diese Werke Herbert Kühnerts sind das Ergebnis der konsequenten Entwicklung einer wissenschaftlichen Persönlichkeit und der planmäßigen Durchführung wissenschaftlicher Forschungsarbeit. Diese Arbeiten setzt Herbert Kühnert fort, und schon ist der dritte Teil des zuletzt genannten Quellenwerkes in Arbeit, das dann durch einen vierten endgültig abgerundet werden soll. Wenn Herbert Kühnert an seinem 70. Geburtstag auf seine bisherige Lebensarbeit zurückblickt – und wir tun es mit ihm – , so darf er dies mit voller Befriedigung und Genugtuung tun. Sicher wird ihm mancher Wunsch, den er im Stillen hegte, unerfüllt geblieben sein. Aber was er aus seinem Leben gestaltet hat, liegt in so überzeugender wissenschaftlicher Leistung zutage, daß er damit seinen Namen in die Geschichtsforschung unseres. Landes tief eingeprägt hat. Das soll ihm Anlaß zur Freude, uns aber zur Dankbarkeit für all das sein, was er uns und der Wissenschaft geschenkt hat. Beides aber, Freude und Dankbarkeit, vereinigt sich in dem Wunsche, daß Herbert Kühnert noch viele Jahre fruchtbaren Schaffens und reichen wissenschaftlichen Erfolges gegönnt sein mögen. Quelle: Rudolstädter Heimathefte 3 (1957), Heft 7/8, S. 169-173 (Druck).

[52] Glückwunschschreiben des Dekans der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Prof. Dr. Dieter Fricke, zum 80. Geburtstag von Dr. Herbert Kühnert am 11. Juli 1967 Sehr geehrter Herr Dr. Kühnert ! Anläßlich Ihres 80. Geburtstages möchte ich Ihnen im Namen aller Mitarbeiter des Historischen Instituts der Friedrich-Schiller-Universität Jena die herzlichsten Glückwünsche übermitteln. Ihre zahlreichen Publikationen und Quelleneditionen zur Geschichte Thüringens sind von grundlegender Bedeutung. Schon im Jahre 1921 haben Sie sich mit einem „Quellenheft zur Wirtschaftsgeschichte von Großthüringen“ und der „Entwicklungsgeschichte der Wirtschaft in Großthüringen“ der bisher vernachlässigten regionalen Wirtschaftsgeschichte zugewandt. Mit diesen und anderen Veröffentlichungen haben Sie die Erforschung und Darstellung der Geschichte Thüringens nicht nur schlechthin gefördert, sondern nachdrücklich auf die ökonomischen Grundlagen aller gesellschaftlichen Entwicklungen hingewiesen und einen beachtlichen eigenen Beitrag zu deren Erforschung geleistet. Seitdem konzentrierte sich Ihre regionalgeschichtliche Arbeit auf wirtschaftsgeschichtliche Fragen und spannte sich in weitem Bogen von der Geschichte des Bergbaus und des Hüttenwesens bis zur Glasgeschichte. Mit Ihrem „Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte“ und vor allem durch die von Ihnen herausgegebenen „Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen.“ schufen Sie wichtige Voraussetzungen für die weitere Forschung. Darüber hinaus gaben Ihre Arbeiten über Standorte und Rohstoffquellen der wissenschaftlichen Planung wertvolle Hinweise.

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Wir betrachten Ihr regionalgeschichtliches Lebenswerk in seiner Gesamtheit als einen wertvollen Baustein zum Aufbau einer humanistischen, demokratischen und sozialistischen deutschen Geschichtswissenschaft, wie sie sich seit dem Jahre 1945 in der Deutschen Demokratischen Republik entwickelte. Während Ihrer Tätigkeit im Thüringischen Volksbildungsministerium von 1921 bis 1924 haben Sie gemeinsam mit Max Greil, Julius Schaxel, Hugo Jacobi und anderen Vertretern der Arbeiterklasse einen guten Teil der Geschichte Thüringens in neuester Zeit selbst mitgestaltet. Wir schätzen Ihre Bemühungen um die Gestaltung eines fortschrittlichen Schulwesens hoch ein. Ebenso ist Ihnen zu danken, daß Sie nach der Zerschlagung des Faschismus Ihre reichen Erfahrungen als Pädagoge und Schulpolitiker, Regionalhistoriker und Publizist ganz in den Dienst des antifaschistisch- demokratischen Neuaufbaus im Osten Deutschlands. und in der DDR stellten. Als Stadtrat in Rudolstadt, im Rahmen der Volkshochschule, des Deutschen Kulturbundes und in der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft haben Sie demokratisches, humanistisches und sozialistisches Denken und Handeln entwickelt und gefördert. So wie Sie sich seit Ihrem Studium und Ihrer Promotion in Jena vor nunmehr fast sechs Jahrzehnten mit der Friedrich-Schiller-Universität verbunden fühlen und als nebenamtlicher Dozent am Pädagogischen Institut die progressiven Bestrebungen an der Alma mater Jenensis unter schwierigen politischen Bedingungen unterstützten, so sind gerade die Jenaer Historiker Ihnen für Ihre wissenschaftlichen Leistungen und Ihre aufrechte demokratische Gesinnung zu großem Dank verpflichtet. Wir gratulieren Ihnen, sehr verehrter Herr Dr. Kühnert, zu Ihrem 80. Geburtstag recht herzlich. Wir wünschen Ihnen weiterhin Gesundheit, Schaffenskraft und persönliches Wohlergehen. Quelle: Rudolstädter Heimathefte 13 (1967), Heft 11/12, S. 241-242 (Druck).

[53] Bibliografie der Schriften und Aufsätze Dr. Herbert Kühnerts zur thüringischen Landes- und Wirtschaftsgeschichte Das nachfolgende Verzeichnis der Veröffentlichungen Herbert Kühnerts wurde aus den beiden Bibliografien zusammengestellt, die der Archivar Rudolf Ruhe 1957 (zum 70. Geburtstag) und 1967 (zum 80. Geburtstag) erarbeitet und in den „Rudolstädter Heimatheften“ 3 (1957), Beilage zu Heft 11, S. 1-7 und 13 (1967), Heft 1/2, S. 122-124 veröffentlich hat. Hinzugezogen wurde auch ein als Typoskript hergestelltes „Verzeichnis der von Dr. Herbert Kühnert, Rudolstadt (Thüringen) von 1921 bis zum 1.1.1968 verfaßten Bücher, Aufsätze und Referate zur deutschen, insbesondere Thüringischen Glas-, Fayencen- und Porzellangeschichte“ (vorhanden im Thüringischen Staatsarchiv Rudolstadt, Bibliothek Ma 3). Eine allgemeine Übersieht über Dr. Herbert Kühnert und seine Veröffentlichungen von 1910 bis 1966 ist in dessen Personenartikel in Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 1966, hrsg. von W. Schuder, 10. Ausgabe. Berlin 1966, Bd. I (A-M), S. 1323 abgedruckt. Dieser Artikel mit Schriftenverzeichnis ist auch in der 11. Ausgabe von 1970, S. 1631 enthalten.

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Bibliografie A. Selbständige Schriften Quellenheft zur Wirtschaftsgeschichte von Großthüringen. Jena 1921. Entwicklungsgeschichte der Wirtschaft in Thüringen. Ein volkstümlich-soziologischer Überblick. Jena 1921. J. G. Göbel, Beschreibung des Amtes Gräfenthal vom Jahre 1790. Hrsg. von Dr. Herbert Kühnert. (= Schriften zur Siedlungs- und Kulturgeschichte des Thüringer Waldes, Heft 1) Gräfenthal 1928. Geschichte der Glashüttensiedlung Piesau im 17. und 18. Jahrhundert. (= Quellen und Schriften zur Geschichte der Glashütten auf dem Thüringer Wald, Band 1) Coburg 1928. Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Beiträge zur Thüringischen Geschichte, hrsg. von Wilhelm Engel und Willy Flach, 2. Band) Jena 1934. Erneut erschienen als Reprint innerhalb der Veröffentlichung: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973. Otto Schott. Eine Studie über seine Wittener Zeit bis zur Gründung des Jenaer Glaswerks. (= Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark) Witten a. d. Ruhr 54 (1940). Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881. (= Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission, Band II, hrsg. von Willy Flach) Jena 1946. Die kulturelle Bedeutung der Jenaer Glasindustrie. Rudolstadt 1949. Briefe und Dokumente zur Geschichte .des VEB Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen. I. Teil: Die wissenschaftliche Grundlegung (Glastechnisches Laboratorium und Versuchsglashütte) 1882 – 1884. (= Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission, Band III, hrsg. von Willy Flach) Jena 1953. Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen. II. Teil: Der Übergang zur industriellen Produktion (Von der Versuchsglashütte zum 1. Produktionsverzeichnis) 1884 – 1886. (= Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission, Band VI, hrsg. von Willy Flach) Jena 1957. Alexander von Humboldt. Über den Zustand des Bergbaus und Hüttenwesens in den Fürstentümern Bayreuth und Ansbach im Jahre 1792. Eingeleitet und bearbeitet in Verbindung mit Prof. Dr. O. Oelsner. Freiberger Forschungshefte. Kultur und Technik D 23. Berlin 1959.

B. Zeitschriftenaufsätze I. Grundsätzliches zur thüringischen und schwarzburgischen Geschichte Über die Aufgaben Thüringischer Geschichtsschreibung. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1926/2; Thüringer Heimatkundliche Blätter Weimar 1926/8; Südthüringer Heimatblätter (Sonneberg), 5. Febr. 1927.

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Über das Studium der Thüringischen Geschichte. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1926/6; Thüringer Heimatkundliche Blätter Weimar 1926/12; Südthüringer Heimatblätter (Sonneberg), 5. März 1927. Drei Jahrzehnte Quellenforschung zur Wirtschaftsgeschichte des Thüringer Waldes. In: Bergakademie. Zeitschrift für Bergbau, Hüttenwesen und verwandte Wissenschaften, hrsg. von der Bergakademie Freiberg 7 (1955), S. 429-434. Grundsätzliches zur geschichtlichen Heimatkunde im Kreis Rudolstadt. In: Rudolstädter Heimathefte 1 (1955), S. 2-4.

II. Ortsgeschichte a) Allgemeines

Die älteste urkundliche Erwähnung der Orte des Landkreises Rudolstadt, bearbeitet von Herbert Kühnert/Rudolf Ruhe/Gotthold Sobe. In: Rudolstädter Heimathefte 1 (1955), S. 200-211, 228-246. Die geschichtliche Entwicklung der Landkreise Rudolstadt und Neuhaus a. R., von H. Kühnert und R. Ruhe. In: Rudolstädter Heimathefte 2 (1956), S. 90-101.

b) Einzelne Orte

Aus der Entstehungszeit von Ernstthal a. R.. In: Lauschaer Zeitung, 28. Aug. 1926. Ernstthal, die Obere Mühle und das Henriettenthal am Ausgang des 18. Jahrhunderts, in Lauschaer Zeitung, 11. Dez. 1926. Aus der Geschichte der Laubeshütte bei Ernstthal. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1928/27, 1929/1. Zwei urkundliche Nachrichten aus dem 14.. Jahrhundert über Frauenwald. In: Ilmenauer Blätter für Kultur und Geschichte des Kreises Ilmenau, 1957 Febr., S. 2-11 u. März, S. 415. Aus der Geschichte der herrschaftlichen Schenkstatt Frauenwald. in: Ilmenauer Blätter für Kultur und Geschichte des Kreises Ilmenau, Juni 1957. Kulturgeschichtliches über das ehemalige Amt Gräfenthal im Zeitalter des 30jährigen Krieges. In: Thüringer Bote Gräfenthal, 9. u. 14. Okt. 1926; Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1926/24. Wie es in Gräfenthal um das Jahr 1790 aussah. In: Thüringer Bote Gräfenthal, 4., 11., 18. u. 25. Dez. 1926. Das Lehnsbuch der pappenheimischen Herrschaft Gräfenthal vom Jahre 1550. In: Saalfische (Saalfeld) 1927/52, 1928/2-4. Über die Standorte älterer Ilmenauer Gewerbe- und Industriebetriebe. In: Ilmenauer Blätter für Kultur und Geschichte des Kreises Ilmenau 1959, S. 136-143, 165-170, 201-206, 248253, 278-282, 317-322 und 1960 Heft 1. Dasselbe gesammelt als Festgabe des Deutschen Kulturbundes Ortsgruppe Ilmenau zum 50jährigen Doktor-Jubiläum von Herbert Kühnert (22. Febr. 1960) mit einem Anhang von Fritz Barth: Skizze der industriellen Entwicklung des Kreises Ilmenau im Kapitalismus und auf dem Wege zum Sozialismus. Ilmenau 1960. Altes und Neues über die Anfänge von Lauscha. In: Lauschaer Zeitung, 7. Aug. 1926. Die „Fabel“ von der ersten Lauschaer Glashütte im Marktiegel. In: Lauschaer Zeitung, 14. Aug. 1926.

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Die Anfänge von Lauscha im Licht urkundlicher Zeugnisse. In: Lauschaer Zeitung, 21. Aug. 1926. Wie es um das Jahr 1600 in der Umgegend von Lauscha aussah. In: Lauschaer Zeitung, 11. Sept. 1926. Von Lauscha nach Schmalenbuche. In: Lauschaer Zeitung, 25. Sept. 1926. Die Entwicklung von Lauscha in den ersten drei Jahrzehnten seines Bestehens (1595-1625). In: Lauschaer Zeitung, 23. Okt. 1926. Von Lauscha nach Glücksthal . In: Lauschaer Zeitung, 12. Febr. 1927. Von Lauscha nach Grumbach (im Reußischen Oberland). In: Lauschaer Zeitung, 25. Juni 1927. Lauscha und seine Umgebung nach dem 30jährigen Kriege (6 Teile): I. Politische Verhältnisse; II. Die Familie Müller; III. Die Familie Greiner; IV. Zuzug auswärtiger Familien; V. Von Kirche und Schule; VI. Von der Dorf- und Wiesleinsmühle. In: Lauschaer Zeitung, 28. Jan., 25. Febr., 23. März, 28. April, 12. Mai, 9. Juni 1928. Grenzbereitungen in der Umgegend von Lauscha um die Mitte des 16. Jahrhunderts. In: Lauschaer Zeitung, 14. Febr., 28. März 1930. Über alte Flurnamen in und um Lauscha. In: Lauschaer Zeitung, 3. Okt. 1930; Der Rennsteigbote (Neuhaus a. Rennweg), Aug. u. Okt. 1956. Lauschaer Industrie und Kunst im Rundfunk. In: Lauschaer Zeitung, Dez. 1935. Ein neuer urkundlicher Beweis für die älteste, im Marktiegel bei Lauscha errichtete Glashütte. In: Tagespost (Lauscha), 16. April 1938. Eine Erbteilung auf der Glashütte Glücksthal bei Lauscha im Jahre 1808. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 20 (1942), S. 204-209. Das Gräflich-Schwarzburgische Jagdhaus („Herrenhaus“) zu Neuhaus a. R.. In: Lauschaer Zeitung, 20. Dez. 1929. Die Anfänge von Neuhaus a. R. (1571/72). In: Rudolstädter Heimathefte 12 (1966), S. 254258. Aus der Geschichte von Oberweißbach und Umgegend. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt), 1928/7, 9, 11, 13. Reichmannsdorf am Ende des 18. Jahrhunderts (1790). In: Saalfische (Saalfeld), 1927/19. Die Reichsmannsdorfer Dorfordnung vorn Jahre 1786. In: Saalfische (Saalfeld) 1927/20. Von der Entwicklung Reichmannsdorfs im 17. und 18. Jahrhundert. In: Saalfische (Saalfeld) 1927/21, 22. Tour of Rudolstadt in Germany. A little Guide-Book. Rudolstadt 1945. Alt-Rudolstadt im Licht urkundlicher Forschung. In: Rudolstädter Heimathefte 1 (1955), S. 37-38. Das älteste Rudolstadt im Lichte urkundlicher Forschung. In: Rudolstadt – lebendige Tradition – zukunftsfrohe Gegenwart. Rudolstadt 1954, 2. Aufl. 1955, 3. Aufl. 1956. Übersicht über die Rudolstädter Burgengeschichte bis zum Brande der Heidecksburg im Jahre 1735 (in Verbindung mit Heinz Deubler). In: Rudolstädter Heimathefte 9 (1963), S. 1527, 75-81, 102-112, 165-175. Werden und Wachsen unserer Stadt. I. Ursprung und Name. II. Rudolstadt unter den Grafen von Orlamünde (bis 1334). III. Rudolstadt unter den Grafen von SchwarzburgBlankenburg (1334-1552). IV. Rudolstadt als Schwarzburg- Rudolstädtische Residenzstadt. In: Rudolstadt, gestern – heute – morgen. Hrsg. vom Rat der Stadt Rudolstadt 1962, S. 9-21. Flurnamen des oberen Schwarzagebietes im Jahre 1366. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1930/2.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Das Gräflich-Schwarzburgische Amt Schwarzburg zu Beginn des 30jährigen Krieges. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1929/23. Das Gräflich-Schwarzburgische Amt Schwarzburg im Jahre 1565. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1929/24. Steinach im Anfang des 17. Jahrhunderts. In: Südthüringer Heimatblätter (Sonneberg) 1927/10-12. Aus der Entstehungsgeschichte der Stadt Steinach i. Thür.. In: Thüringer Waldbote (Steinach), 1. Mai 1934. Von alten Mühlen in Steinach. In: Thüringer Waldbote (Steinach), 28. Mai, 4. u. 26. Juni, 7., 11. u. 27. Aug., 18. Sept. 1937. Altes und Neues zur Geschichte von Steinach in Thüringen. In: Das Thüringer Fähnlein 8 (1939), 414-422, 446-448, 476-481. Mein erster Besuch in der Freien Schulgemeinde Wickersdorf (Sommer/Herbst 1908). In: Erinnerungen an Gustav Wyneken, hrsg. im Auftrag der Wyneken-Gesellschaft von P. Nagel, Göttingen (Privatdruck).

III. Wirtschaftsgeschichte Thüringens a) Glashütten und Porzellanfabriken 1. Allgemeines Aus der Glashüttengeschichte auf dem Thüringer Walde. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) Nr. 20/1926 vom 13. Juni 1926. Das älteste Glashütten-Syndikat auf dem Thüringer Wald (1735). In: Lauschaer Zeitung Nr. 34/1927 vom 19. März 1927; Südthüringer Heimatblätter (Sonneberg), Dez. 1930. Urkundliche Nachricht über ein Thüringisches Glashüten-Syndikat vom Jahre 1736. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 21 (1943), S. 42-45. Erneut erschienen in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S. 419-425. Über alte Beziehungen der Glashüttensiedlungen des Thüringer Waldes zu denjenigen des Fichtelgebirges und des böhmisch-sächsischen Erzgebirges. In: Sprechsaal für Keramik, Glas und verwandte Industrien (Coburg) 61 (1928), S. 450-452. Thüringer Glasmaler und Glasschneider des 16. – 18. Jahrhunderts. In: Glas und Apparat (Weimar) 12 (1932), Nr. 26, S. 207-209; 13 (1933), Nr. 1, S. 3-5, Nr. 3, S. 20-21, Nr. 5, S. 36. Erneut erschienen in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S. 368-384. Die Entstehung der Thüringischen Porzellanfabrikation auf der Grundlage der Glashüttenindustrie. In: Forschungen und Fortschritte (Berlin) 7 (1931), S. 204-205; Lauschaer Zeitung, 5. Juni 1931. Die Entstehung der Sächsisch-Thüringischen Porzellanfabrikation auf der Grundlage der Glashüttenindustrie. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für SchwarzburgRudolstadt) 1931/13 u. 14. Einige ältere Glashütten des oberpfälzischen Böhmerwaldes und Fichtelgebirges. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 1933/10.

DOKUMENTATION

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Quellenforschung zur Geschichte der Thüringischen Glasindustrie. In: Forschungen und Fortschritte (Berlin) 11 (1935), S. 38-39. Geschichte der Thüringischen Glasindustrie. In: Reichszentrale für Wissenschaft, Berichterstattung. Berlin, 18. Jan. 1935. Neuere Forschungen aus der reichs- und grenzdeutschen Glashüttengeschichte. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 16 (1938), S. 61-66, 91-100. Die thüringischen Fayence-, Porzellan- und Steingutfabriken des 18. Jahrhunderts. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 45 NF. Bd. 37 (1943), S. 225-284. Das Gold-Rubin-Glas im Lichte der „Alchemia“ des Andreas Libavius. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1968, S. 197-220.

2. Einzelne Glashütten Die Glashüttensiedlung Alsbach bei Scheibe. – Die Gründung der Glashütte Alsbach bei Scheibe 1711. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für SchwarzburgRudolstadt), 1. Jan. 1927. Aus der Geschichte der Glashüttensiedlung Alsbach bei Scheibe. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) Nr. 7/1931 vom 10. April 1931. Die Gründungsurkunde der Glashütte Ernstthal bei Lauscha. In: Lauschaer Zeitung, 27. Nov. 1926. Aus der Geschichte des Jenaer Glases. In: Forum. Zeitschrift für das geistige Leben an den deutschen Hochschulen (Berlin) 2 (1948), S. 393-394. Eine urkundliche Nachricht über die Glashütte Judenbach bei Sonneberg in Thüringen vom Jahre 1418. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 9 (1931), S. 549 ff. Zur Geschichte der Lauschaer Glasindustrie. In: Glas und Apparat (Weimar) 8 (1927), Nr. 13. Die Anfänge der Glashüttensiedlung Lauscha im Lichte neuerer Forschung. In: Sprech-saal für Keramik, Glas und verwandte Industrien (Coburg) 61 (1928) Nr. 5. Aus der Geschichte der Lauschaer Glasindustrie (3 Teile). I. Der geschickte Lauschaer Glasschneider aus Böhmen; II. Die älteren Erzeugnisse der Glasindustrie von Lauscha und Umgebung; III. Die ältesten Lauschaer Glasmaler und Glasschneider. In: Lauschaer Zeitung, 13. Juli, 7. Sept., 1. Nov. 1929. Aus der Geschichte der Glashütte Henriettenthal–Obere Mühle bei Lauscha (1590 – 1932). In: Lauschaer Zeitung, 5. Febr., 4. März 1932. Aus der älteren Geschichte der Lauschaer Glasindustrie. In: Das Thüringer Fähnlein 3 (1934), S. 30-38. Ein neuer urkundlicher Beweis für die älteste, im Marktiegel bei Lauscha errichtete Glashütte. In: Tagespost (Lauscha), 16. Juli 1938. Urkundliche Nachrichten über eine hennebergisch-sächsische Glashütte zu Mehlis im Thüringer Wald (1498-1534). In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 36 (1963), S. 491492. The Mehlis Glasshouse in the Thüringer Wald. In: Journal of Glass Studies [Corning Glass Center, Corning, New York] Vol. IX. (1967), S. 113-117. Aus der Geschichte der Glashüttensiedlung Piesau. In: Lauschaer Zeitung, 23. April 1927; Saalfische (Saalfeld), 13. März 1927.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

300 Jahre Piesauer Glasindustrie (1627-1927). In: Glas und Apparat (Weimar) 8 (1927) Nr. 14, S. 111 ff. Zum 300jährigen Jubiläum der Glashüttensiedlung Piesau. In: Sprechsaal für Keramik, Glas und verwandte Industrien (Coburg) 60 (1927) Nr. 25, S. 442 ff. Eine urkundliche Nachricht über die Schottsche Glashütte Rabenäußig bei Sonneberg in Thüringen vom Jahre 1445. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 10 (1932), S. 335 ff. Die Glashüttensiedlung Schmalenbuche a. R.. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) Nr. 41/1926 vom 28. Nov. 1926. Die Glashütte Schmalenbuche als Ausgangspunkt für die Entwicklung der Glasindustrie von Neuhaus a. Rennweg. In: Rudolstädter Heimathefte 3 (1957), S. 185-192.

3. Thüringer Gläser Der Prager Humpen der Glasmeisterfamilie Müller vom Jahre 1654. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 9 (1931), S. 601-603; Das Thüringer Fähnlein 2 (1933), S. 38-40. Erneut erschienen in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S. 365-367. Identifikation einiger Thüringischer Gläser des 17. Jahrhunderts. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 10 (1932), Heft 9, S. 493-497. Erneut erschienen in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S. 385-390. Der Prager Müllerhumpen vom Jahre 1654. In: Thüringer Staatszeitung (Weimar), 6. März 1934. Der Würzburger Müller-Krug vom Jahre 1684. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 16 (1938), Heft 10, S. 322-324. Erneut erschienen in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S. 415-418. Ursprungsnachweise einiger thüringischer Gläser des 17. Jahrhunderts. In: Das Thüringer Fähnlein 2 (1933), S. 160-168. Ursprungsnachweis einiger thüringischer Emailgläser aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. In: Jahrbuch der Staatlichen Museen Heidecksburg Rudolstadt. 1961, S. 30-45. Ursprungsnachweis einiger thüringischer Emailgläser in den Kunstsammlungen der Veste Coburg. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1963, S. 173-184. Erneut erschienen in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S. 434-442.

4. Abbe und Schott Otto Schott †. In: Zeitschrift für technische Physik (Leipzig) 17 (1936) Nr. 1, S. 1-6. Otto Schott und die Carl Zeiss-Stiftung in Jena. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt am Main) 17 (1939), S. 306-309.

DOKUMENTATION

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Neues Schrifttum um Ernst Abbe. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 42, NF. Bd. 34 (1940), S. 415-432. Ernst Abbe. Zum Gedenken an die 50. Wiederkehr seines Todestages am 14. Januar 1955. In: Urania 18 (1955), S. 5-11; Ernst Abbe. Zum Gedenken an die 50. Wiederkehr seines Todestages am 14. Januar 1955. Sonderbeilage der Betriebszeitung „Der Glasmacher“ Nr. 1/1955 des VEB Jenaer Glaswerk schott & Genossen Jena. Ernst Abbe über das Jenaer Glaswerk und Otto Schott. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 28 (1955), S. 156-160. Erneut erschienen in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S. 426-433. Otto Schott. Zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages. In: Silikattechnik (Berlin) 2 (1951), S. 356-370. Ein unbekannter Brief Ernst Abbes aus der Gründungszeit des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen (9. November 1885). In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-SchillerUniversität Jena 4 (1954/55), Gesellschafts- u. Sprachwissenschaftliche Reihe, Heft 3-4, S. 261-265. Meine erste Begegnung mit Dr. Otto Schott im Sommer 1927. In: „Tradition“. Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmerbiographie 6 (1961), S. 116-127. Ein unbekannter Brief Abbes an Helmholtz aus der Gründungszeit des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen (15. V. 1883). In: Wissenschaftliche Annalen (Berlin) VI (1957), Heft 6. Ein unbekannter Brief von Ernst Abbe an Hermann von Helmholtz. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des Jenaer Glaswerks Schott u. Gen. In: Sprechsaal für Keramik, Glas und verwandte Industrien (Coburg) 94 (1961), S. 213-216.

b) Bergbau- und Hüttengeschichte 1. Allgemeines Urkundliches zum ehemaligen Goldbergbau und zu den Goldwäschereien im Flußgebiet der Schwarza. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1933/10. Einige urkundliche Feststellungen über den ehemaligen Goldberghau und die Goldwäscherei im Flußgebiet der Schwarza. In: Das Thüringer Fähnlein 2 (1933), S. 650-654. Über alte schwarzburgische Eisenhämmer und Hammermeisterfamilien. In: Das Thüringer Fähnlein 2 (1933), S. 713-726. Zur älteren Geschichte der Eisenhämmer in der ehemaligen Pflege Coburg. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 44, NF. Bd. 36 (1942), S. 112-145. Ein Streifzug durch die ältere Geschichte des Schwarzburgischen Bergbaus. In: Rudolstädter Heimathefte 2 (1956), S. 283-292; 3 (1957), S. 35-41. Alexander von Humboldts Wirksamkeit im Bergbau und Hüttenwesen der Fürstentümer Bayreuth und Ansbach (1792-1797). In: Rudolstädter Heimathefte 6 (1960), S. 90-98, 132136.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Ein Streifzug durch die ältere Geschichte des Bergbau- und Hüttenwesens in der ehemaligen Pflege Coburg. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1965, S. 211-264. Über alte schwarzburgische Eisenhämmer und Hammermeisterfamilien. In: Rudolstädter Heimathefte 4 (1958), S. 122-135. Urkundliche Nachrichten über einige alte Schmelzhütten im Bergbaugebiet der Schwarzburgischen Oberherrschaft. In: Rudolstädter Heimathefte 10 (1964), S. 160-162 (Blankenburg), S. 162-166 (Königsee); 11 (1965), S. 17-19 (Böhlen),. S. 19-26 (Lichta: Weiße Schwarza und Sitzendorf), S. 254-259 (Katzhütte); 12 (1966), S. 25-31, 64-72 und 158-165 (Katzhütte). Die angekündigte Fortsetzung ist nicht mehr erschienen.

2. Einzelne Bergwerke und Hütten Über ein in Vergessenheit geratenes Goldbergwerk im Ascherbach. In: Lauschaer Zeitung, 11. Nov., 23. Dez. 1932. Vom Großhans zum Hammermeister „obisfelder“. Aus der Geschichte von Blechhammer bei Schwarzburg. In: Die Heimat (Rudolstadt), 16. Nov. 1935. Von der alten Seigerhütte bei Gräfenthal . In: Wallendorfer Anzeiger, 5. u. 20. Febr. 1927; Thüringer Bote (Gräfenthal), 29. Jan., 12. u. 20. Febr. 1927. Zwei urkundliche Nachrichten aus dem 14. und 15. Jahrhundert über Ilmenau und den Eisenhammer zu Manebach. In: Ilmenauer Blätter für Kultur und Geschichte des Kreises Ilmenau, Nov. 1956. Aus der Geschichte des alten Hochofens zu Unterlauscha . In: Lauschaer Zeitung, 25. Aug., 29. Sept. 1928. Über die Rußhütte zur Schmalenbuche. In: Rudolstädter Heimathefte 12 (1966), S. 203-206. Die Gründung des ältesten Eisenhammers zu Steinach (1519). In: Thüringer Waldbote (Steinach), 6. Juli 1935. Vom alten Eisenhammer „Deiermann“ in Steinach. In: Südthüringer Heimatblätter (Sonneberg) 1927/12. Vom ehemaligen Eisenwerk des Thomas Paulus im oberen Steinachgrund. In: Südthüringer Heimatblätter (Sonneberg) 1927/13. Altes und Neues zur Geschichte des Goldbergbaus bei Steinheid im Thüringer Wald. In: Das Thüringer Fähnlein 5 (1936), S. 513-528. Die Gewerken der kursächsischen Goldzechen auf „Unser Lieben Frau Berg“ (Steinheid im Thüringer Wald) nach dem Stand von Pfingsten 1507. In: Die Thüringer Sippe - Jahresgabe 1937, August 1937. Aus der Geschichte der Eisenhammerwerke zu Wallendorf. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1927/25.

c) Sonstige Wirtschaftszweige Ein trübes Kapitel aus der Geschichte der hennebergischen Rüstungsindustrie im 16. Jahrhundert. In: Das Das Thüringer Fähnlein 6 (1937), S. 81-98. Das Eindringen der Hennebergischen Handelsjuden in die Suhler Waffenindustrie (= Thüringer Untersuchungen zur Judenfrage, Band 3, hrsg. v. Erich Buchmann). Erfurt 1944. Über einige alte Gaststätten auf dem Thüringer Wald In: Das Thüringer Fähnlein 6 (1937), S. 581-587.

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Aus der älteren Forstgeschichte des Landkreises Sonneberg (Thür.). In: Archiv für Forstwesen 3 (1954), Heft 7/8, S. 675-693. Zur Geschichte der Heilmittelindustrie und des Apothekenwesens in Thüringen. In: Die Pharmazie, Beiheft 2/1955; Rudolstädter Heimathefte 1 (1955), S. 155-160, 173-190. Über eine im Jahre 1451 bei der Stadt Coburg gegründete Papiermühle. In: Papiergeschichte, Beilage zur Zeitschrift Das Papier (Darmstadt) 6 (1956), Heft 3. Einteilung und Verwaltung der Forst- und Jagdreviere des Amtes Coburg zu Anfang des 16. Jahrhunderts. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1967, S. 175-216.

IV. Sippen- und Familiengeschichte insbesondere zur Wirtschaftsgeschichte 1. Allgemeines Die Sippenforschung in der deutschen Glasindustrie. Schwierigkeiten der Geschlechterforschung in der Glasindustrie. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 11 (1933), Heft 11, S. 408-414. Erneut erschienen (Text gekürzt) in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S. 391-399. Wirtschaftsgeschichte des Thüringer Waldes auf der Grundlage der Familien- und Sippenforschung. In: Führer für Industrie und Handel. Weimar 1935/3. Neuere Forschungen über Aus- und Rückwanderung alter deutscher Glasmachergeschlechter. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 14 (1936), Heft 1, S. 1-9. Erneut erschienen (Text leicht gekürzt) in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S.400414. Aus der industriellen Sippenkunde des .Thüringer Waldes. In: Die Thüringer Sippe 2 (1936), S. 1-3. Thüringer Land. Landeszeitung Rudolstadt, 7. Okt. 1936. Die Jahreshauptversammlung der T.[hüringischen] G.[esellschaft für] S.[ippenkunde] in Saalfeld. In: Die Thüringer Sippe 5 (1939), S. 10-13.

2. Glasmacher, Glasschneider, Förster Die ältesten Lauschaer Glasmaler und Glasschneider. In: Lauschaer Zeitung, 1. Nov. 1929. Herkunft, Geschichte und Ausbreitung alter thüringischer Glashüttengeschlechter. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 9 (1931), Heft 6, S. 325-334. Erneut abgedruckt in: Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte und Aufsätze zur Thüringischen Glashüttengeschichte. (= Veröffentlichungen zur Geschichte des Glases und der Glashütten in Deutschland, Band 3) Wiesbaden 1973, S. 353-364. Thüringer Glasmaler und Glasschneider des 16. – 18. Jahrhunderts. In: Glas und Apparat. (Weimar) 12 (1931), Nr. 26; 13 (1932), Nr. 1, 3, 5. Die Sippenforschung in der deutschen Glasindustrie. In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 1933/11. Über die Verbreitung und Herkunft alter thüringischer Glasmachergeschlechter. In: Das Thüringer Fähnlein 2 (1933), S. 476-482; Blätter für Bevölkerungspolitik (Beilage zur Zeitschrift für Standesamtswesen) Nr. 1/1933, S. 1-4.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Alte thüringische Glasmachergeschlechter. In: Thüringer Staatszeitung (Weimar), 8. Juli 1933. Neuere Forschungen zur Geschichte von thüringischen Glasmachergeschlechtern. In: Die Thüringer Sippe 6 (1940), S. 36-51; (7) 1941, S. 106-114, 175-184. Alte Förster-Sippen auf dem Thüringer Wald. In: Die Thüringer Sippe 8 (1942), S. 16-28, 9198.

3. Amt Schwarzburg-Königsee und Rudolstadt Die Landbewohner des Gräflich-Schwarzburgischen Amtes Schwarzburg-Königsee in der Zeit nach dem 30jährigen Kriege (1663). In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1931/1-4. Alteingesessene Geschlechter im Amt Schwarzburg-Königsee. In: Festschrift für Berthold Rein, hrsg. von W. Flach. Jena 1935, S. 79-98. Alte Rudolstädter Familien. In: Rudolstädter Zeitung, 3. Sept. 1935. Familien, die seit Jahrhunderten in Rudolstadt ansässig sind. In: Thüringer Staatszeitung (Weimar), 3. Sept. 1935. Seit wann? - Pörze und Familien Krebehenne und Oberländer. In: Rudolstädter Zeitung, 3. April 1935.

4. Einzelne Familien Ein hessischer Bach-Stamm. In: Die Die Thüringer Sippe 4 (1938), S. 43-44. Über die Herkunft der Familien Böhm in Lauscha und Ernstthal. In: Lauschaer Zeitung, 10. Nov. 1928. Eine Episode aus der Geschichte der Familie Geißler zu Igelshieb im Jahre 1824. In: Lauschaer Zeitung, 5. Sept. 1930. Aus der älteren Geschichte der Familie Greiner in Schwaben, in Lauschaer Zeitung, 15. Mai 1931. Aus der älteren Geschichte der Glashüttenfamilie Greiner in Schwaben (= Miszellen zur Geschichte der Glasindustrie, III). In: Glastechnische Berichte (Frankfurt/Main) 1943/10. Aus der Geschichte der Familie Kühnert im 16. und 17 . Jahrhundert. – Bilder aus der Geschichte oberländischer Familien hennebergischer Herkunft. In: Sonntagsblatt der Dorfzeitung Hildburghausen 1928/32 u. 34. Franz Ferdinand Greiner, Glasindustrieller [zu Stützerbach] 1808-1855. In: Neue Deutsche Biographie [NDB]. Hrsg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerschen Akademie der Wissenschaften München 7 (1966), S. 35-36. Johann Gotthelf Greiner, Glas- und Porzellanfabrikant [zu Limbach a. Rwg.] (1731 bis 1797). In: ebenda, S. 38-39. Ludwig Müller-Uri, Glasaugenfabrikant [zu Lauscha] (1811-1888). In: ebenda 18 (1997), S. 511-512.

V. Zur schwarzburgischen Geschichte Eine Grenzbesichtigung in schwarzburg-rudolstädtischen, sachsen-coburgischen und sachsen-altenburgischen Rennsteiggebieten im Jahre 1621. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1927/53, 1928/3.

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Zwei schwarzburgische Grenzbereitungen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. In: Rudolstädter Heimathefte 8 (1962), S. 123-133, 201-204. Zwei schwarzburgisch-pappenheimische und schwarzburgisch-sächsische Grenzbereitungen im Jahre 1548. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1971, S. 129-162. Ein Gräflich-Schwarzburgisches Halsgericht im Jahre 1547. In: Schwarzburgbote (Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt) 1930/4 u. 5. Zu Schillers Anekdote „Herzog von Alba bei einem Frühstück auf dem Schlosse zu Rudolstadt im Jahre 1547“. In: Rudolstädter Heimathefte 1 (1955), S. 71-79. Geleitwort zu: Dr. Berthold Rein, Schiller in Rudolstadt. In: Rudolstädter Heimathefte 1 (1955), S. 93-97. Zwei Goethe-Gedenkstätten im Thüringer Landkreis Rudolstadt. In: Schöpferische Gegenwart (Weimar) 1949, S. 555-558.

Die Ergänzung zur Bibliografie von 1967 nennt auch folgende ungedruckte Manuskripte: Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott u. Gen. in Jena. III. Teil: Übergang zum großindustriellen Stiftungsbetrieb 1886 bis 1913/14. (Manuskript, abgeschlossen Februar 1959.) Aus der Geschichte des Suhler Eisen- und Stahlhüttenwesens. (Manuskript, abgeschlossen 1964.) Aus der 400jährigen Geschichte des Eisenhammers im Tal zu Schwarzburg. (Manuskript, abgeschlossen 1964.)

6. Nachwort des Herausgebers Zu Herbert Kühnerts Forschungen zur Jenaer Glasindustrie Herbert Kühnert war in der Jenaer Gedenk- und Erinnerungskultur fest verwurzelt. Den genialen Glaschemiker Otto Schott hatte er im Sommer 1927 noch persönlich kennengelernt1, mit dessen Sohn Erich Schott (1891–1989), der als Nachfolger des Vaters 1927 in die Geschäftsleitung des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen eingetreten war, blieb er lebenslang freundschaftlich verbunden, auch als dieser nach Kriegsende 1945 nicht mehr in Jena tätig war und in Mainz ein modernes Glaswerk für Schott-Gläser aufbaute. Er regte nach Kühnerts Tod die Neuauflage von dessen „Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte“ von 1934 an. Damit machte er das Hauptwerk von dem „Altmeister der Archivforschung zur deutschen Glashüttengeschichte“ mit weiteren grundlegenden Aufsätzen zur Erforschung der Glashütten in Thüringen erneut zugänglich.2 Das besondere Interesse Herbert Kühnerts auf dem Gebiet der Glasforschung gehörte allerdings seit den 1930er Jahren der Entwicklungsgeschichte der Jenaer Glasindustrie. Die Jubiläen der Stiftungsbetriebe der Carl Zeiss-Stiftung waren ihm wiederholt Anlass für Zäsuren in seinem wissenschaftlichen Lebenswerk. Als 1934 das 50jährige Bestehen des Jenaer Glaswerks begangen wurde, widmete ihm der Erforscher der thüringischen Glashüttengeschichte das von ihm erarbeitete Urkundenbuch. Eine bereits damals als wissenschaftliche Festgabe für dieses Jubiläum ins Auge gefasste Edition des Briefwechsels zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas kam allerdings erst Anfang der 1940er Jahre in Gang, nachdem die 1937 gegründete Thüringische Historische Kommission sie in ihr Arbeitsprogramm aufgenommen hatte. Sie wurde dann dem „Carl-Zeiss-Werk zum hundertjährigen Bestehen“ zugeeignet (bezogen auf die Gründung der mechanischen Werkstatt von Carl Zeiss im Jahre 1846), lag im Druck aber erst 1948 vor. Den Auftaktband für die ihr nachfolgende Edition „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen“ dem 100jährigen Geburtstag Otto Schotts am 17. Dezember 1951 zu widmen, ließ sich ebenfalls nicht realisieren. Zu dieser Zeit begann sich die Einstellung zu den Pionieren der Jenaer Industriekultur – Carl Zeiss – Ernst Abbe – Otto Schott – unter dem Einfluss der politischen Entwicklung im Osten Deutschlands zu wandeln. 1948 waren die Stiftungsbetriebe der Carl Zeiss-Stiftung enteignet und in „Volkseigentum“ – bis zum Ende der DDR ein verhüllendes Wort für Staatseigentum – überführt worden und firmierten nun als Volkseigene Betriebe (VEB). Der von Herbert Kühnert zur 50. Wiederkehr von Ernst Abbes Todestages 1955 verfasste Gedenkartikel wurde zwar noch in einer besonderen Beilage der 1

Vgl. Meine erste Begegnung mit Dr. Otto Schott im Sommer 1927. In: „Tradition“. Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmerbiographie 6 (1961), S. 116-127. 2 Es erschien 1973 mit dem Nachdruck von weiteren Aufsätzen Herbert Kühnerts zur Glas- und Glashüttengeschichte im Franz Steiner Verlag in Wiesbaden. Das Zitat entstammt dem Vorwort des Herausgebers Axel von Saldern.

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Betriebszeitung des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen. „Der Glasmacher“ beigelegt3, aber als 1959 das 75jährige Bestehen des Glaswerks gefeiert wurde, musste die vorbereitete Festschrift, für die auch Kühnert eine Chronik der Firmenentwicklung beigesteuert hatte, wegen ideologischer Vorbehalte übergeordneter SED-Organe gegen die darin enthaltene historische Darstellung und Bewertung eingestampft werden. Die Festrede des seinerzeitigen Werkleiters Hans Nordwig bot lediglich einen verengten Blick auf das Geschehen seit der 1948 erfolgten Verstaatlichung des Werkes und war mit den üblichen Angriffen gegen das kapitalistische und imperialistische Unternehmertum in der Zeit davor versehen.4 Herbert Kühnert hat diese Festrede mit Unbehagen aufgenommen5, und er war nicht der einzige unter den Zuhörern, wie ein Bericht der SED-Kreisleitung Jena-Stadt an die Bezirksleitung Gera vom 2. September 1959 zeigt: „Nach Beendigung der Feierstunde diskutierten kleinere Gruppen von alten Angehörigen des VEB Schott und versuchten die Festrede als nicht den Tatsachen entsprechend hinzustellen. Die Menschen, die die Rede ausgearbeitet hätten, wären nicht mit der seinerzeitigen Situation vertraut, man hätte vergessen, dass seinerzeit eine andere Zeit war und Schott und Abbe anders handeln mussten.“6 Damals kulminierte die Auseinandersetzung mit Herbert Kühnerts Forschungs- und Editionsleistungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks, die er nach mehr als einem Vierteljahrhundert zu Beginn des Jahres 1959 mit dem Manuskript zum Teil III der Edition „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen“ abgeschlossen hatte. In besseren Zeiten wäre er selbst ein glänzender Festredner zum Jubiläum gewesen. Nunmehr wurde ihm sogar die Veröffentlichung dieses abschließenden Bandes seiner „Tetralogie“ zur Entstehungsgeschichte der Jenaer Glasindustrie verwehrt. Sie geriet in den Propagandafeldzug, den die SED gegen die vermeintliche „ZeissLegende“ – das Wirken der Carl Zeiss-Stiftung mit ihren Stiftungsbetrieben in Jena vor deren Enteignung – inszeniert hatte, und damit in den Kampf um die Deutungshoheit historischer Entwicklungen in der Universitätsstadt, die von der marxistischleninistischen Geschichtsschreibung und ihren Jenaer Protagonisten immer mehr beansprucht wurde. Der in Rudolstadt lebende Herbert Kühnert stand zu dieser Zeit bereits im siebten Lebensjahrzehnt und hatte ein halbes Jahrhundert Forscherleben im Spannungsfeld sei-

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Die ein Doppelblatt umfassende Sonderbeilage im Zeitungsformat enthielt Kühnerts Beitrag „Ernst Abbe. Zum Gedenken an die 50. Wiederkehr seines Todestages am 14. Januar 1955“, wobei der Verfasser als „freiberuflich literarisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter unseres Betriebes“ bezeichnet wurde. 4 Seine „ghostwriter“ waren übrigens der damalige Parteisekretär im Jenaer Glaswerk Paul Gerhard Esche, der wenig später als Archivar in das Zeiss-Werk überwechselte und dort dem von Wolfgang Schumann geleiteten „wissenschaftlichen Kollektiv zur Ausarbeitung der Zeissgeschichte“ angehörte, und der Historiker Friedrich Zickler von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der als „Gesellschaftswissenschaftler“ im Glaswerk für die Erarbeitung einer Betriebsgeschichte eingesetzt war. Näheres zu dessen Einsatz siehe dazu weiter unten. Am 10. September 1959 erhielten sie für ihre Mitarbeit bei der Neufassung der Festansprache als Zeichen der materiellen Anerkennung eine gemeinsame Prämie vom Werkleiter des Jenaer Glaswerks überreicht. SCHOTT Archiv Jena, II/1.103. 5 Siehe seine Schilderung in „Habent sua fata libelli“, in diesem Band S. 350-351. 6 Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, SED-Kreisleitung Jena-Stadt Nr. 178.

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ner Zeit hinter sich.7 Geboren wurde er am 11. März 1887 in Steinach im Thüringer Wald als Sohn eines Kaufmanns, dessen Vorfahren sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Gastwirten zu Glasmachern entwickelt hatten. Dem Volksschulbesuch schloss sich ab 1896 in Coburg die gymnasiale Ausbildung an. Zu Ostern 1906 legte er an dem angesehenen Gymnasium Casimirianum die Reifeprüfung ab. Der dort gebotene humanistische Unterricht regte ihn zu universitären Studien in Philosophie, Germanistik, neueren Sprachen und Pädagogik an, die er zwischen 1906 und 1910 in Heidelberg, Berlin, Paris und Jena absolvierte. An der damals noch Großherzoglich und Herzoglich Sächsischen Gesamt-Universität Jena gab er ihnen mit der philosophischen Doktorpromotion am 22. Februar 1910 bei dem Philosophen Rudolf Eucken einen akademischen Abschluss. Für die berufliche Laufbahn unterzog er sich am 3. März 1911 dem Staatsexamen für das Lehramt an höheren Schulen in den thüringischen Staaten, wobei er die Fächer Philosophie, Deutsch und Französisch wählte. Noch sah er seinen Bildungshorizont nicht erreicht. „Sein Streben ging auf Erweiterung des Blickfeldes und der Kenntnisse in Welt und Wissenschaft“, wie es Willy Flach zu seinem 70. Geburtstag ausgedrückt hat.8 In München fügte er deshalb 1911/12 seinen bisherigen Studienfächern noch Englisch, Pädagogik, Volkswirtschaft und Kulturgeschichte hinzu. Danach führten ihn Studienaufenthalte nach Frankreich, England und den USA, wobei er jeweils auch als Lehrkraft in Bildungseinrichtungen tätig wurde. Er dachte damals an eine Laufbahn als Hochschullehrer und kehrte im Frühjahr 1914 mit dem Ziel der Habilitation für Pädagogik nach Jena zurück. Der Erste Weltkrieg, der ihm von 1914 bis 1916 zwei Jahre Heeresdienst an der Front abforderte, zerstörte allerdings diese Pläne. Herbert Kühnert trat nach seiner zum 28. August 1916 verfügten militärischen Entlassung als Lehrer in den höheren Schuldienst ein, zunächst als wissenschaftlicher Hilfslehrer an der Oberrealschule in Sonneberg, ab April 1917 wurde er vertretungsweise an der Oberrealschule in der Universitätsstadt Jena eingesetzt, wo er 1919 eine dauerhafte Anstellung erhielt. Im neuen Land Thüringen berief ihn der sozialdemokratische Thüringische Minister für Volksbildung Max Greil am 1. April 1922 als Referent in das im Marstall in Weimar arbeitende Ministerium, wo er als Vortragender Rat mit der Dienstbezeichnung Regierungsrat in den für das höhere Schulwesen und für die Landesuniversität zuständigen Abteilungen tätig wurde, da man seine Kenntnisse und Fähigkeiten für schulreformerische Absichten und Maßnahmen schätzte. Die zu Beginn des Jahres 1924 an die Regierung gekommenen rechtsgerichteten Parteien des „Thüringer Ordnungsbundes“ veränderten das politische Erscheinungsbild des Landes. Herbert Kühnert wurde aus dem Regierungsdienst entlassen, obwohl er keiner politischen Partei angehörte. Mit Wirkung vom 1. Mai 1924 musste er wieder in den Schuldienst überwechseln, wobei er auf eigenen Wunsch an das Gymnasium Fridericianum mit Oberrealschule in Rudolstadt versetzt wurde. An dieser Oberschule schied er nach einem Vierteljahrhundert 7

Zu seiner persönlichen Entwicklung siehe die neueren biografischen Untersuchungen von Karl Eichhorn: Dr. Herbert Kühnert (1887-1970). In: Jahrbuch Landkreis Sonneberg 9 (2004), S. 24-37. – Dr. Herbert Kühnert (1887-1970). In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 50 (2005), S. 185-210. – Dr. Herbert Kühnert (1887-1970). Lernen – Lehren – Forschen. In: Jahrbuch 2007 des HennebergischFränkischen Geschichtsvereins, S. 9-32. – Dr. Herbert Kühnert (geb. 1887, gest. 1970). In: Rudolstädter Heimathefte 53 (2007), S. 137-142, 172-178. 8 Rudolstädter Heimathefte 3 (1957), S. 169. Erneut abgedruckt im vorliegenden Band, S. 447.

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Ende 1950 endgültig aus dem thüringischen Schuldienst aus, in dem er sich von Anfang an neben der schulischen Lehrtätigkeit auch historischen Studien und schriftstellerischer Betätigung zugewandt hatte. Dabei wurden ihm zeitweise Freistellungen und längere Urlaube gewährt, für deren finanziellen Ausgleich zumeist die Carl Zeiss-Stiftung sorgte. Im nationalsozialistischen Dritten Reich musste Herbert Kühnert die veränderten politischen Machtverhältnisse in einer Diktatur berücksichtigen. Er passte sich den Gegebenheiten an, um in seinem Beruf und mit seinen wissenschaftlichen Interessen wie bisher arbeiten zu können. So behielt er seine im Landesdienst erworbene Stellung als Regierungsrat und Studienrat, trat jedoch nicht der NSDAP bei, wie er überhaupt zu keiner Zeit einer politischen Partei angehörte. Seine sich außerhalb der Schule entwickelnden historischen Forschungsaktivitäten wurden anerkannt und finanziell gefördert. Bereits im Vorwort zum „Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte“ erwähnt er im Sommer 1934, „daß ich dieses Buch niemals hätte vollenden können, wenn ich nicht mehrfach durch den Herrn Reichsstatthalter in Thüringen, die Thüringische Staatsregierung, die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft und eine Anzahl privater Gönner wirksame materielle und ideelle Unterstützung erfahren hätte“.9 Mit seinen wirtschaftshistorischen, insbesondere archivalischen Forschungen zur Geschichte der thüringischen Montanindustrie, vor allem auch mit seinen genealogischen Untersuchungen, hatte er sich bei den neuen Machthabern einen Namen gemacht.10 Dass eine solche Anerkennung und Unterstützung auch ihren Preis forderte, wird durch seine erst 1944 im Druck erschienene Studie über „Das Eindringen der Hennebergischen Handelsjuden in die Suhler Waffen-Industrie“ als Heft 3 der Reihe „Thüringer Untersuchungen zur Judenfrage“ belegt, als er tendenziöse Eingriffe in sein Manuskript – u. a. auch bei der Wortwahl „Handelsjuden“ im Titel – durch den Herausgeber nicht verhindern konnte.11 Eine verdiente Würdigung von Herbert Kühnert für dessen landesgeschichtliche und insbesondere wirtschaftshistorische Forschungsarbeit war seine Berufung als Ordentliches Mitglied in die 1937 geschaffene Thüringische Historische Kommission unter dem Vorsitz von Willy Flach, dem Direktor der Thüringischen Staatsarchive, nachdem es 9

Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte. Jena 1934, S. XVII. Siehe auch den von Kühnert erstatteten „Bericht über archivalische Forschungen zur Geschichte der Thüringischen Montanindustrie“ vom 28. Oktober 1937. Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringisches Volksbildungsministerium C Nr. 763, Bl. 167-170. 10 In einem Schreiben des Reichsstatthalters Fritz Sauckel an den Ministerpräsidenten Willy Marschler vom 26. März 1936 heißt es: „Seit langem ist mir die Forschungstätigkeit des Regierungs- und Studienrates Dr. H. Kühnert in Rudolstadt zur industrielen Sippenkunde bekannt, die er mit Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft besonders für die Glas- und Montan-Industrie des Thüringer Waldes zu seinem Sondergebiet ausgebaut hat. Ich halte sie nicht nur für die Heimat- und Wirtschaftsgeschichte, sondern auch in Gemeinschaft mit Fachgeologen für die Wiederbelebung früher verlassener Erzbergwerke nach neuen technischen Gesichtspunkten für sehr wertvoll.“ Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Land Thüringen, Personalakten Volksbildung Nr. 17567 (Herbert Kühnert), Bl. 212. 11 Das Vorwort stammt vom Herbst 1938, erschienen ist das Heft aber erst im Herbst 1944 nach dem Tod des Herausgebers Erich Buchmann, der als Büroleiter des Reichsstatthalters Kühnert in seinen Forschungsbemühungen besonders unterstützt und ihm die Archivreisen nach Meiningen und Magdeburg für diese Untersuchung ermöglicht hatte. Vgl. zu dieser Veröffentlichung: Karl Eichhorn, Herbert Kühnerts Schrift „Das Eindringen der Hennebergischen Handelsjuden in die Suhler Waffen-Industrie“ – ein Beitrag zur deutsch-jüdischen Geschichte. In: Rudolstädter Heimathefte 54 (2008), S. 11-14.

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noch 1933 Vorbehalte gegen ihn wegen seiner ministeriellen Tätigkeit unter Max Greil (SPD) und seine politische Publizistik in der Weimarer Republik gegeben hatte.12 In dieser modernen landesgeschichtlichen Kommission, die zwar mit der Protektion des damaligen nationalsozialistischen Staates gegründet wurde, aber in ihrem Arbeitsprogramm und mit den vorgelegten Veröffentlichungen und sonstigen Forschungsergebnissen weitgehend autonom blieb und keine Konzessionen an die NS-Geschichtsdoktrin aufzuweisen hat13, fanden Herbert Kühnert und dessen Forschungen zur Jenaer Glasindustrie ihre eigentliche wissenschaftliche Heimat. Die Erforschung der Landes- und Wirtschaftsgeschichte des Thüringer Waldes war in den 1920er Jahren bestimmend für Herbert Kühnerts wissenschaftliche Tätigkeit außerhalb des Schuldienstes geworden. Nachdem er sich seit dem Ausscheiden aus dem Ministerium neben seinem beruflichen Einsatz als Lehrer auch weiterhin der politischen Publizistik gewidmet und in der Zeit bis 1933 zahlreiche Aufsätze über pädagogische und kulturpolitische Tagesfragen veröffentlicht hatte, konzentrierte sich seine publizistische Tätigkeit in der NS-Zeit nunmehr ausschließlich auf historische Themen. Nach Kriegsende 1945 erklärte er dazu: „Infolge der politischen Bindungen, die das nationalsozialistische System von 1933 ab den Staatsbeamten auferlegte, beschränkte ich mich von da ab auf Bücher, Aufsätze und Vorträge rein wissenschaftlichen, insbesondere wirtschaftsgeschichtlichen Inhalts. Diese Tätigkeit geschah vorwiegend im Zusammenhang mit meiner Eigenschaft als ordentliches Mitglied der Thüringischen Historischen Kommission.“14 Aus deren Arbeitsprogramm nahm er das Editionsunternehmen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks mit in die neue Zeit, die ihn in den Nachkriegsjahren auch verstärkt wieder in kulturpolitischer Verantwortung und Betätigung – im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (auch auf Landesebene), in der KreisVolkshochschule und als Gemeindevertreter in Rudolstadt – sah. Um seine historischen Forschungsarbeiten fortsetzen zu können, war Herbert Kühnert bereits ab 1. September 1948 ganz vom Schuldienst freigestellt worden. Mit 63 Jahren trat er sodann 1950 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Jenaer Glaswerk Schott & Genossen ein, in dem er schon seit 1934 nebenamtlich wissenschaftlich gearbeitet, nach dem Tod von Otto Schott 1935 dessen Nachlass geordnet und das Werksarchiv aufgebaut hatte, das er nun hauptamtlich leiten konnte. Mit der DDR-Verordnung zur Bildung von Betriebsarchiven vom 27. April 1950 war der Stellenwert dieser Tätigkeit allgemein anerkannt worden. Auch nach seinem altersbedingten Ausscheiden mit 66 Jahren zum Ende des Jahres 1953 war Herbert Kühnert noch ein Jahrzehnt für das Jenaer Glaswerk als Wissenschaftshistoriker tätig, um die von ihm in den 1930er Jahren begon12

Bei einem ersten Gründungsversuch für eine neue historische Landeskommission 1933, der stark politisch motiviert war, wollte man Kühnert diese Berufung noch nicht zubilligen. Vgl. Volker Wahl, Die Neugründung einer Historischen Kommission für Thüringen als „staatspolitische Notwendigkeit“. Ein gescheitertes Projekt von 1933. In: Im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik. 150 Jahre Landesgeschichtsforschung in Thüringen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe Band 13). Köln/Weimar/Wien 2005, S. 121-161, insbesondere S. 133 und 146-147. 13 Vgl. Zur Geschichte der Historischen Kommissionen in Thüringen. In: 20 Jahre Historische Kommission für Thüringen. Eine Dokumentation. Herausgegeben von Werner Greiling. Jena 2011, S. 53. 14 Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Personalakte Herbert Kühnert (wie Anm. 10), Bl. 276.

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nenen Forschungen zur Geschichte des optischen Glases und der von Otto Schott und Ernst Abbe entwickelten Glasindustrie in Jena abzuschließen. Doch der Ausgang dieser wissenschaftlichen Tätigkeit war eher ein dauerhaftes Missvergnügen als der verdiente Lohn für drei Jahrzehnte engagierten Einsatzes im Dienste der historischen Forschung. Schon 1951 war ihm der Gegenwind aus dem neuen Führungskollektiv des volkseigenen Glaswerks entgegengeschlagen, als ihm die Vernachlässigung der „politisch umstrittenen Fragen (bezüglich des durch Abbe und Schott und die Carl Zeiss-Stiftung repräsentierten kapitalistischen Unternehmertums)“ vorgehalten wurde.15 Überblickt man das Schriftenverzeichnis Herbert Kühnerts zur thüringischen Wirtschaftsgeschichte, kann man erkennen, dass die Erforschung der Glas- und Porzellanfabrikation neben den montangeschichtlichen Untersuchungen den breitesten Raum eingenommen hat. Dabei sind die Veröffentlichungen zur Geschichte der Jenaer Glasindustrie und die dem Wirken von Ernst Abbe und Otto Schott gewidmeten publizistischen Beiträge aus den Quellen heraus entstanden und damit grundlegend für die Beschäftigung mit der sich im 19. Jahrhundert entwickelnden Jenaer Industriekultur insgesamt geworden. Unter ihnen ragen die gewichtigen Editionen zur Erforschung des optischen Glases seit 1879 und der Gründungs- und Entwicklungsgeschichte des Glaswerkes von 1882 bis 1886 heraus, die in der Schriftenreihe der Thüringischen Historischen Kommission im Gustav Fischer Verlag Jena zwischen 1946/48 und 1957 in drei Bänden erschienen sind und Kühnerts Forschungsleistung auf diesem Gebiet seit den 1930er Jahren krönen. Dass ihm die Drucklegung des abschließenden vierten Bandes – des Teilbandes III der Geschichte des Glaswerks von 1886 bis 1914 – verwehrt wurde, ist auch insofern zu bedauern, weil für diesen Zeitraum bisher kein Äquivalent für eine im Anspruch als angemessen zu betrachtende Firmengeschichte vorgelegt worden ist. Die seinerzeit erfolgte großsprecherische Ankündigung eines „Kollektivs von Gesellschaftswissenschaftlern“ der Friedrich-Schiller-Universität, „daß in der ersten Hälfte 1964 die Geschichte des Werkes von seiner Gründung bis 1948 bereits vorliegt“16, war von vornherein ein propagandistisches Wunschdenken und mit dem Indiz des Scheiterns behaftet, hat allerdings Herbert Kühnerts „Leidensgeschichte“17 in diesen Jahren nur noch vertieft. Auch wenn seiner Forschungsarbeit von den Leitungen des „volkseigenen“ Jenaer Glaswerkes Schott & Genossen und dem inzwischen auch enteigneten und in Volkseigentum überführten Wissenschaftsverlag Gustav Fischer in Jena zuletzt nur noch mit Ignoranz und Intoleranz begegnet wurde, konnte er nicht ohne weiteres ins wissenschaftliche Abseits gestellt werden, wie die zum Goldenen Doktorjubiläum am 22. Februar 1960 mit dem Erneuerungsdiplom der Philosophischen Fakultät verbundene Ehrung und das Glückwunschschreiben des Dekans der Philosophischen Fakultät zu seinem 80. Geburtstag 1967 zeigen.18 Zu dieser Zeit hat auch der vom Historischen Institut der Friedrich-SchillerUniversität ausgegangene Literaturbericht zur „Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. 15

Siehe Dokument Nr. 26, S. 414. Siehe Dokument Nr. 47, S. 438. 17 Kühnert prägte diesen Ausdruck im Zusammenhang mit den Manövern des Jenaer Glaswerkes und des Gustav Fischer Verlages zwecks Verhinderung der Drucklegung des 1959 abgeschlossenen Manuskriptes. Er wird auch als eine Variante des Untertitels seines 1962/63 verfassten Manuskripts „Habent sua fata libelli“ (abgedruckt im vorliegenden Band, S. 343-388) benutzt. Siehe dazu auch Anm. 77. 18 Siehe im vorliegenden Band S. 388 sowie Dokument Nr. 52, S. 451-452. 16

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und 20. Jahrhunderts“ seine Leistungen auf diesem Forschungsgebiet in objektiver Weise gewürdigt: „Herbert Kühnert hat sich um die Erforschung der Wirtschaftsgeschichte Thüringens große Verdienste erworben, wovon mehrere in diesem Berichtsteil besprochene Arbeiten des Wirtschaftshistorikers zeugen.“19 Wenn wir uns aus heutiger Sicht Leben und Werk des Landes- und Wirtschaftshistorikers Herbert Kühnert nähern, müssen wir auch die Umstände politischer und ideologischer Einflussnahme der mitbeteiligten Personen und Institutionen im Auge haben, um die Editionsgeschichte des Briefwechsels und der Berichte und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks objektiv darzustellen. Das gilt besonders für die Zeit nach 1945, als die „soziale Lage der Volksmassen und der Arbeiterklasse“ verstärkt Gegenstand historischer Untersuchung wurde, während Herbert Kühnerts Arbeiten den Charakter von Quellenpublikationen hatten, die einen authentischen Einblick in die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Glasindustrie in Jena boten und sich eher als Vorarbeiten zu einer noch zu schreibenden Gesamtgeschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen darstellten, was aber von den Funktionären des Staates und der SED nicht begriffen wurde oder so verstanden werden wollte. Das Aufzeigen dieser Imponderabilien in einer Zeit größter ideologischer Gegensätze zwischen vermeintlich überholter bürgerlicher Geschichtsinterpretation und marxistisch-leninistischer Analyse historischer Prozesse kann nicht übergangen werden, wenn nunmehr ein halbes Jahrhundert später die seinerzeit unterdrückten und dann vergessenen Überblicksdarstellungen zur Entwicklung des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen in den aufstrebenden ersten beiden Jahrzehnten seit der Gründung dieser neuartigen Produktionsstätte in der Universitätsstadt aus der Feder des Wirtschaftshistorikers Herbert Kühnert von der Historischen Kommission für Thüringen in ihrer Schriftenreihe im Druck vorgelegt werden.20 Der Nachruf auf den am 27. August 1935 im Alter von nahezu 84 Jahren in Jena verstorbenen Glaschemiker Otto Schott war 1936 der erste publizistische Beitrag von Herbert Kühnert, der sich mit dessen Person und der Geschichte des Jenaer Glaswerks näher befasst hat.21 Bereits sein 1934 erschienenes „Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte“ schloss mit einem Schreiben des Preußischen Kultusministers Gustav von Goßler vom 9. April 1884 an Ernst Abbe und Otto Schott zwecks Bewilligung eines einmaligen staatlichen Zuschusses an der glastechnischen Versuchsanstalt in Jena.22 Damit hatte er die Edition der historischen Quellenüberlieferung zur thüringischen Glashüttengeschichte „aus dem Zeitalter des Waldhüttenwesens“ bis an den Beginn der „auf der modernen Technik und Wissenschaft beruhenden Glaswerke“ herangeführt.23 Der nunmehr verfolgte Plan, den 1879 einsetzenden Briefwechsel zwischen 19

Jürgen John, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. In: WZ Jena GSR 16 (1967), S. 247. 20 Diese Funktion einer Überblicksdarstellung, die den Benutzer zu den edierten Quellen hinführen und sie in die Zusammenhänge der wissenschaftlich-technischen und institutionellen Entwicklung einordnen sollte, erfüllen die beiden in diesem Band veröffentlichten Einleitungen von 1959 (S. 33-273) und 1962 (S. 275-321). 21 In der Zeitschrift für technische Physik (Leipzig) Nr. 1/1936. Siehe die Bibliografie Herbert Kühnert in diesem Band, S. 459. 22 Urkundenbuch zur Thüringischen Glashüttengeschichte. Jena 1934, S. 271-272. 23 Ebd., S. XII.

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Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas zu edieren, war noch zu Lebzeiten von Schott entstanden und sollte ursprünglich schon zum 50jährigen Jubiläum des Glaswerks zum 1. Oktober 1934 realisiert werden. Er ging auf eine Besprechung zwischen Kühnert und Dr. Erich Schott, dem Sohn des Gründers und Nachfolgers in der Geschäftsleitung zurück, die am 13. Dezember 1933 stattgefunden hatte, wie Kühnert im Vorwort zu dem erst 1946/48 erschienenen Band mitgeteilt hat.24 Bereits seit 1927 war Herbert Kühnert bei seinen Forschungen zur thüringischen Glashüttengeschichte für die erforderlichen Archivreisen und Forschungsaufenthalte durch Otto Schott selbst und durch die Geschäftsleitung des Glaswerkes finanziell unterstützt worden. Das Ableben Otto Schotts veränderte dann die Editionspläne, indem sich vor die Arbeit an der Herausgabe des Briefwechsels die Ordnung und Erschließung von dessen schriftlichem Nachlass und die Formierung der überlieferten Quellen zu einem Werksarchiv schoben. Daraus entstand zunächst ein umfangreiches abgeschlossenes Manuskript „Otto Schott und die Gründung des Jenaer Glaswerks“, das 1939 als Band 1 einer geplanten Schriftenreihe „Veröffentlichungen aus dem Jenaer Otto Schott Archiv“ erscheinen sollte und als Festgabe zum 50jährigen Bestehen der Carl Zeiss-Stiftung gedacht war. Zum Druck gekommen ist es aber damals nicht; das Manuskript ist in seinem Nachlass überliefert.25 Wesentliche Teile, die Otto Schotts Herkunft und seinen Bildungsgang umfassten, gingen in die 1940 veröffentlichte Studie über dessen Wittener Zeit bis zur Gründung des Jenaer Glaswerks ein.26 In diese Phase von Herbert Kühnerts wissenschaftlicher Betätigung für das Jenaer Glaswerk fiel die Gründung der Thüringischen Historischen Kommission 1937 und die dadurch intensivierte Fühlungnahme und der Austausch mit ihrem Vorsitzenden Willy Flach, der als Direktor der Thüringischen Staatsarchive auch für den jährlich ausgerichteten „Thüringischen Archivtag“ zuständig war. Dessen Besuch im Otto Schott-Archiv am 27. Januar 1941 veranlasste ihn, Herbert Kühnert den Hauptvortrag auf dem „Thüringischen Archivtag“ am 24. Mai 1941 in Weimar über das Archiv des Glaswerks und die dort aufbewahrten Quellen zur thüringischen Wirtschaftsgeschichte zu übertragen. In der zuvor stattgefundenen Gesamtsitzung der Thüringischen Historischen Kommission hatte er den Kommissionsmitgliedern die Teilnahme daran empfohlen, „da es durchaus möglich ist, daß sich die Kommission künftig einmal mit der Frage beschäftigen muß, eine wissenschaftliche Ausgabe der Briefe Schotts und Abbes zu veranstalten“.27 Bereits im Jahr darauf wurde das Editionsvorhaben im Jenaer Glaswerk aus der Taufe gehoben. Es zeigt zugleich den Weitblick von Willy Flach, nicht nur mittelalterliche Quellenwerke bearbeiten zu lassen, sondern sich im gewählten Aufgabenspektrum der Thüringischen Historischen Kommission auch historischen Quellen der Neuzeit zuzuwenden. „Die von der Kommission mit dem Band verfolgte Absicht geht dahin, innerhalb ihres Arbeitsprogramms auch der neuzeitlichen Entwicklung eines wichtigen Zweiges der thüringi24

Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879-1881. Jena 1946, S. XXV-XXVI. 25 Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert Nr. 170. 26 Herbert Kühnert, Otto Schott. Eine Studie über seine Wittener Zeit bis zur Gründung des Jenaer Glaswerks. Witten an der Ruhr 1940. 27 Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Thüringische Historische Kommission, IV 26: Briefwechsel Schott – Abbe, Band I, Bl. 2.

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schen Qualitätsindustrie und gleichzeitig zweien ihrer bedeutendsten Pioniere einen angemessenen Platz einzuräumen“, lesen wir im Tätigkeitsbericht der Thüringischen Historischen Kommission für 1942.28 Willy Flach bekannte später, dass die Einsicht in den Original-Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe „bei dem ständig mit wertvollstem Quellenstoff arbeitenden Archivar einen erlebnishaften Eindruck erweckte“ und ihn zu der Überzeugung kommen ließ, dass „dieser Briefwechsel eine historische Quelle wissenschaftsgeschichtlicher, personengeschichtlicher und wirtschaftsgeschichtlicher Art ersten Ranges“ darstelle, deren Edition notwendig sei.29 Die Weichen dazu wurden im Hinblick auf die Aufnahme des Editionsunternehmens in das Arbeitsprogramm der Thüringischen Historischen Kommission im September/Oktober 1942 gestellt. Für die Geschäftsleitung des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen erklärte Dr. Erich Schott in einer Besprechung am 2. Oktober 1942 die umfassende Unterstützung des Glaswerks zu diesem Arbeitsvorhaben der Thüringischen Historischen Kommission und bezeichnete es „als Ehrensache seiner Firma, das literarische Denkmal, das mit dem Band Otto Schott und Ernst Abbe gesetzt werden soll, von der finanziellen Seite her ebenfalls weitestgehend zu fördern“.30 An diese Aussage haben sich auch später die jeweiligen Vertreter der Werkleitung weitgehend gehalten, auch als die ideologisch begründeten Vorbehalte gegen Herbert Kühnerts Forschungsleistungen und seine faktische Darstellung der Entwicklung des Glaswerkes zu verspüren waren. Willy Flach klärte den späteren Werkleiter Hans Nordwig am 17. Juni 1953 über den Sinn der Vereinbarung vom 2. Oktober 1942 auf, „daß die Thüringische Historische Kommission die wissenschaftliche Betreuung und Förderung der Publikationen übernahm und daß das Glaswerk durch seine finanzielle Beteiligung die Herausgabe überhaupt erst ermöglichte, die der Kommission aus eigenen Mitteln nicht möglich gewesen wäre.“31 Als Verlag der Thüringischen Historischen Kommission wurde der traditionsreiche Jenaer Wissenschaftsverlag Gustav Fischer gewählt, bei dem auch die Publikationen des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde erschienen. In ihm kam 1944 als Auftaktband der Kommissionsschriftenreihe „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ der erste Band der Jenaer Universitätsmatrikeledition heraus. Der zweite Band – der von Herbert Kühnert edierte „Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas“ – konnte erst nach Kriegsende 1945 veröffentlicht werden und hatte nunmehr den Bedingungen zu folgen, denen die Verlagstätigkeit in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands unterworfen war. Nur eine untergeordnete Rolle spielte dabei die Tatsache, dass die Thüringische Historische Kommission, die 1937 durch einen Erlass von Reichsstatthalter Fritz Sauckel als eine dem Ministerium für Volksbildung nachgeordnete staatliche Einrichtung eingesetzt worden war, nach dem Ende des Dritten Reiches in ihrer Kommissionstätigkeit auf die Fortführung der Schriftenreihe unter der Herausgeberschaft des bisherigen Kommissionsvorsitzenden beschränkt blieb. Die Mitgliedschaften waren zum 1. April 1945 regulär ausgelaufen und nicht verlängert, die Kommission war danach allerdings zu keiner 28

Dokument Nr. 5.1, S. 395. Geleitwort vom August 1946 zum Briefwechselband, Dokument Nr. 1, S. 390. 30 Dokument Nr. 3, S. 394. 31 Dokument Nr. 30.2, S. 420. 29

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Zeit förmlich aufgelöst worden. Sie bestand bis 1957 in der Person ihres weiterhin amtierenden Vorsitzenden fort und trat nach außen durch die Weiterführung der von ihm herausgegebenen „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ im Verlag Gustav Fischer in Jena sichtbar in Erscheinung.32 Und so avancierte die als Band II erschienene Briefedition Herbert Kühnerts mit dem Erscheinungsjahr 1946 auf dem Titelblatt, tatsächlich aber erst 1948 ausgedruckt, zur ersten wissenschaftlichen landesgeschichtlichen Publikation im Land Thüringen nach Kriegsende. Der Direktor der Thüringischen Staatsarchive (seit 1950 Thüringisches Landeshauptarchiv mit angeschlossenen Landesarchiven), Prof. Dr. Willy Flach, der von der neuen Landesverwaltung trotz seiner vorherigen Zugehörigkeit zur NSDAP im Amt belassen worden war, sah sich auch jetzt in die Verantwortung für die Fortdauer der Kommissionsaufgaben gestellt und handelte dementsprechend, wobei ihm die Unterstützung des neuen Ministeriums für Volksbildung für solche wissenschaftlichen Aktivitäten gewiss war. Auf diese Weise konnte unter veränderten politischen Rahmenbedingungen das von Herbert Kühnert begonnene Editionswerk zur Geschichte der Jenaer Glasindustrie fortgeführt werden. Die unter Besatzungsverwaltung erlassenen einschränkenden Bedingungen für das Verlagswesen in der Sowjetischen Besatzungszone wirkten sich natürlich nun erschwerend auf dieses Vorhaben aus. Die Lizenzierung der Verlage kam erst 1946 in Gang. Die Herausgabe von Druckwerken bedurfte in jedem Einzelfall der Genehmigung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland bzw. im Land Thüringen. Dazwischengeschaltet war in Thüringen die Landesstelle für Buch- und Bibliothekswesen in Jena, die in den ersten Nachkriegsjahren alle beabsichtigten Verlagsveröffentlichungen befürworten musste. Außerdem existierte mit dem bei der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung geschaffenen Kulturellen Beirat eine besondere Zensurbehörde, ohne deren Zustimmung kein Verlagswerk erscheinen konnte. Hinzu kam die Kontingentierung des Papiers für die Druckindustrie. Das alles hatte die zeitliche Verzögerung der Drucklegung des bereits vor Kriegsende abgeschlossenen Manuskriptes für die Briefedition Schott –Abbe zur Folge. Das Bestreben, mit diesem Band eine wissenschaftliche Festgabe zum 100jährigen Bestehen des Zeiss-Werkes – bezogen auf die Gründung der mechanischen Werkstatt von Carl Zeiss im Jahre 1846 in Jena – vorzulegen, war gut gedacht, ließ sich aber nicht zum Jubiläumstermin verwirklichen. Das Manuskript wurde zwar Anfang 1946 von der Sowjetischen Militär-Administration für das Land Thüringen in Weimar zur Satzherstellung freigegeben, aber die Druckgenehmigung dafür noch nicht erteilt. Erst am 2. Juni 1947 wurde sie durch den Gustav Fischer Verlag bei der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung in Berlin beantragt33, deren Kultureller Beirat am 28. Juni 1947 dem Werk allerdings „kein aktuelles, wissenschaftliches und historisches Interesse“ bescheinigte.34 Erst unter Einschaltung der Thüringer Landesleitung des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, der Herbert Kühnert seinerzeit angehörte, wurde erreicht, dass die Zensurbehörde in Berlin im November 1947 die Druckgeneh32

Vgl. Volker Wahl, Die Thüringische Historische Kommission von 1945 bis 1957 als „One-ManShow“. In: Monika Gibas, Rüdiger Stutz, Justus H. Ulbricht (Hg.), Couragierte Wissenschaft. Eine Festschrift für Jürgen John zum 65. Geburtstag. Jena 2007, S. 216-230. 33 Dokument Nr. 9, S. 399. 34 Dokument Nr. 10, S. 400.

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migung erteilte. Herausgeber und Bearbeiter entschlossen sich trotzdem, auf dem Titelblatt 1946 als Erscheinungsjahr und auch die Widmung „Dem Carl-Zeiss-Werk zum hundertjährigen Bestehen 17. November 1946“ beizubehalten. Und auch Willy Flach als Herausgeber der Schriftenreihe der Thüringischen Historischen Kommission beließ es bei der Datierung seines Geleitwortes auf August 1946. Erst Anfang März 1948 lag der Band „Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879 – 1881“ dann im Druck vor. Zu dieser Zeit bahnten sich grundlegende Veränderungen in der Carl Zeiss-Stiftung und ihren Stiftungsbetrieben in Jena an. Die im Oktober 1945 nach den Befehlen 124/126 der SMAD sequestrierten Betriebe, der optische Betrieb von Zeiss und das Glaswerk Schott & Genossen, wurden mit dem Befehl 64 der SMAD vom 17. April 1948 verstaatlicht und am 1. Juli 1948 an die neu gegründete Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) „Optik“ angegliedert. Als VEB Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen unterstand dieser nunmehr volkseigene Betrieb seitdem der für feinmechanische und optische Geräte geschaffenen Industrievereinigung, bevor er ab 1951 direkt dem neu gegründeten DDR-Ministerium für Maschinenbau unterstellt wurde. Unabhängig von diesen veränderten eigentumsrechtlichen und organisatorischen Existenzbedingungen des Glaswerks stellte sich nach dem Erscheinen des Briefwechselbandes die Frage nach einer Fortsetzung der Edition historischer Quellen zur Gründungsgeschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen. Am 10. April 1948 berieten deshalb Willy Flach als Herausgeber und Herbert Kühnert als Bearbeiter mit dem Vertreter der Geschäftsleitung des Glaswerkes, Dr. August Klemm, der dort die optische Abteilung leitete, über die Fortsetzung der begonnenen Edition. Ins Auge gefasst wurde ein weiterer Band „Briefe und Dokumente zur Entstehung des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen 1882 – 1886“, der erneut in die Schriftenreihe „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ im Verlag Gustav Fischer in Jena übernommen werden sollte.35 Die Sichtung und Auswahl des zu edierenden Quellenmaterials für die Zeit nach 1882 veranlassten später den Herausgeber und den Bearbeiter, wegen der Fülle der zu berücksichtigenden Dokumente zwei Teilbände vorzusehen: einen für die Zeit von 1882 bis 1884 mit der Entstehung des Glastechnischen Laboratoriums und der Versuchsglashütte, und einen weiteren von 1884 bis 1886 mit der Aufnahme der industriellen Produktion in der bisherigen Versuchsglashütte. Eingehende Gespräche darüber, die am 11. Juli 1949 auch mit Vertretern der Geschäftsleitung des Glaswerkes in Jena geführt wurden, hatten einen Einteilungsplan für das Gesamtwerk „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen“ zur Folge, der den Gesamtzeitraum der Quellenedition bis 1950 ausdehnte und für die Zeit ab 1886 einen dritten Teilband vorsah.36 Dass sich Herausgeber und Bearbeiter später nochmals korrigierten und diesen dritten Teilband auf die Zeit bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges begrenzten, lag wiederum an der bei der Quellenerfassung festgestellten Materialfülle. Noch bei Abfassung des Geleitwortes zum ersten Teilband dieser Edition „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen“ im Mai 1950 – er erschien im Druck allerdings erst 1953 – ging der Herausgeber Willy Flach von einem abschließenden Teilband 35 36

Dokument Nr. 19, S. 406-408. Dokument Nr. 20, S. 408-409.

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aus, der die Quellen von 1886 bis zur Gegenwart aufnehmen sollte. Im Geleitwort des zweiten Teilbandes vom Februar 1957 wurde dann allerdings offenbart, dass der in Bearbeitung befindliche dritte Teil die historische Entwicklung lediglich bis 1914 verfolgen würde und ein danach folgender vierter Teil die letzte Periode der Werksgeschichte behandeln sollte. Die sich an den Briefband von 1946/48 anschließende Quellenedition ist in mehrfacher Hinsicht unvollständig geblieben, was die Feststellungen und Ankündigungen zur Veröffentlichung des Werkes aus den 1950er Jahren betrifft. Der erste Teilband erschien 1953 als Band III der Kommissionsveröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission im Gustav Fischer Verlag Jena mit Geleitwort vom Mai 1950.37 Am 30. April 1953 überreichte der Herausgeber als Vorsitzender der Kommission dem neuen Leiter des Jenaer Glaswerkes, Hans Nordwig, das erste Stück dieses Werkes.38 Ein Sonderdruck der Einleitung von Herbert Kühnert war bereits im Mai 1952 hergestellt und den Teilnehmern des Kongresses der Archivare der Deutschen Demokratischen Republik (28. bis 30. Mai 1952 in Weimar) als Gastgeschenk der Thüringischen Historischen Kommission dediziert worden.39 Der zweite Teilband erschien 1957 als Band VI der Kommissionsveröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission im Gustav Fischer Verlag Jena mit Geleitwort vom Februar 1957.40 Er lag im April 1957 im Druck vor.41 Zu dieser Zeit war Herbert Kühnert bereits mit der Editionsarbeit am dritten Teilband beschäftigt, dessen Manuskript er schließlich im Februar 1959 abschloss. Aber die äußeren Umstände und Bedingungen hatten sich in den zurückliegenden Jahren in jeglicher Hinsicht verändert. Für ihn persönlich bedeutete die seit dem Schuljahr 1948 erwirkte Beurlaubung vom Schuldienst – mit finanziellem Ausgleich durch das Jenaer Glaswerk – eine deutliche Verbesserung seiner Arbeitssituation. Als er dann sogar – begünstigt durch die zentrale Anweisung zur Errichtung von Betriebsarchiven in den volkseigenen Betrieben vom 27. April 1950 – zum Ende des Jahres 1950 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Glaswerk übernommen und mit der Leitung des von ihm aufgebauten Werksarchivs hauptamtlich betraut wurde, verbesserten sich die Voraussetzungen weiter. Sie änderten sich, als er Ende 1953 altersbedingt aus dieser Dienststellung ausscheiden musste und die Leitung des Archivs ab 1. Januar 1954 mit seinem bisherigen Mitarbeiter Gustav Heinrich neu besetzt wurde, auch wenn er weiterhin ungehinderten Zugang zu den hier verwahrten Quellen hatte. Die Bemühungen, ihm die Arbeitsleistung bei der Manuskripterarbeitung durch Forschungsförderung zentraler Stellen (Staatssekretariat für Hochschulwesen) zu vergüten, hatten zunächst keinen Erfolg. Erst ab 1. Januar 1956 erhielt er durch die Technische Hochschule (1961 umbenannt in Technische Universität) Dresden einen Forschungsauftrag des Instituts für Geschichte und Technik der Naturwissenschaften, 37

Dokument Nr. 18, S. 404-405. Dokument Nr. 28, S. 416. 39 Volker Wahl, Der Kongreß der Archivare der Deutschen Demokratischen Republik 1952 in Weimar. In: Archiv und Geschichte. Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg. Herausgegeben von Klaus Oldenhage, Hermann Schreyer und Wolfram Werner (Schriften des Bundesarchivs 57). Düsseldorf 2000, S. 115-141. 40 Dokument Nr. 27, S. 415-416. 41 Dokumente Nr. 39 und 40, S. 431-432. 38

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der sich auf insgesamt drei Jahre erstreckte und seine Editionsarbeiten am dritten Teilband finanziell absicherte.42 Für die Druckkosten stand noch immer das Jenaer Glaswerk ein, obwohl es hier zunehmend Widerstände gab43, die ihre Ursachen in der veränderten politischen Betrachtung des Gesamtvorhabens der Thüringischen Historischen Kommission hatten. Und auch in dem inzwischen enteigneten und in einen Volkseigenen Betrieb überführten Gustav Fischer Verlag änderte sich die Einstellung dazu, nachdem der als Vorsitzender der Thüringischen Historischen Kommission fungierende Weimarer Staatsarchivdirektor Willy Flach, der bisher als Herausgeber aufgetreten war, im Januar 1958 illegal die DDR verlassen hatte. Mit seinem Weggang hatten auch diese landesgeschichtliche Kommission für Thüringen und ihre Schriftenreihe praktisch ihr Ende gefunden, nachdem die Auflösung der Länder in der DDR Ende Juli 1952 der Landesgeschichtsforschung in ihren bisherigen Zuständigkeiten und Organisationsformen bereits mehr oder weniger den Todesstoß versetzt hatte. Die seinerzeit erfolgten Bemühungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften, die landesgeschichtliche Forschungsarbeit in der DDR neu zu strukturieren, blieben ohne direkte Auswirkung auf das Jenaer Editionsunternehmen. Herbert Kühnert aber verlor den personellen Rückhalt durch den nicht mehr zur Verfügung stehenden Herausgeber, zumal Willy Flach bereits kurz nach seinem Weggang im März 1958 unter tragischen Umständen aus dem Leben schied. Als Willy Flach am 9. Februar 1957 dem Gustav Fischer Verlag in Jena schrieb, dass „die [Thüringische] Historische Kommission durchaus noch nicht tot ist“, verband er das mit der Hoffnung zur gedeihlichen Weiterarbeit „im Rahmen der Kommission für deutsche Landesgeschichte bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin“.44 Auch wenn es dazu nicht wirklich gekommen war, erklärte sich sein Nachfolger im Amt des Archivdirektors in Weimar, Dr. Hans Eberhardt, zwei Jahre später bereit, an Flachs Stelle die Herausgeberschaft für den im Februar 1959 im Manuskript vorliegenden dritten Teilband mit dem bisherigen Reihentitel „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks“ zu übernehmen und damit auch die Kommissionsschriftenreihe insgesamt mit dem nunmehrigen Band VII fortzuführen. In der Verlagsbesprechung am 22. Mai 1959 mit Herbert Kühnert als Bearbeiter und Hans Eberhardt als potentiellem Herausgeber wurde von Seiten des Verlages allerdings die bisherige Form der Veröffentlichung in Zweifel gezogen und das Historische Institut der Friedrich-Schiller-Universität in Stellung gebracht, von dem im Jahr zuvor zum 400jährigen Universitätsjubiläum unter der Herausgeberschaft von Prof. Dr. Max Steinmetz der erste Band der „Geschichte der Universität Jena 1548/58 – 1958“ im Gustav Fischer Verlag erschienen war. Nicht nur Kühnert und Eberhardt verdeutlichten ihre Ablehnung zur „Veröffentlichung unter der Herausgeberschaft des Historischen Instituts der Universität Jena“, da dieses „keinerlei Anteil an dem Werk“ habe45, auch das Universitätsinstitut selbst erklärte schließlich am 28. Juli 1959: „Das Historische Institut hat sich entschlossen, sich aus dieser Angelegen42

Vgl. Kühnerts Forschungsbericht „Habent sua fata libelli“, im vorliegenden Band S. 344. Siehe den Schriftwechsel zwischen Willy Flach und Werkleiter Hans Nordwig vom Juni/Juli 1953, Dokumente Nr. 30.1-4, S. 419-422. 44 Dokument Nr. 38, S. 431. 45 Dokument Nr. 43, S. 434. 43

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heit herauszuhalten und dafür keine Verantwortung zu übernehmen. Der Verlag habe also freie Hand, ob der Band noch unter dem Begriff ‚Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission‘ erscheinen soll. Sollte er sich dazu entschließen, so wird geraten, dazu die Genehmigung einer staatlichen Stelle einzuholen, da die Kommission eben nicht mehr besteht.“46 Nicht lange danach – am 22. August 1959 – verband sich ein ideologisch motiviertes Verlagsgutachten von Dr. Günther Schmerbach, der als Historiker von der Universität zum Gustav Fischer Verlag als Lektor übergewechselt war47, mit der inzwischen manifest gewordenen Verweigerungshaltung des Jenaer Glaswerks, den abschließenden Teilband von Herbert Kühnert überhaupt zur Veröffentlichung zu befördern und dessen Drucklegung zu finanzieren. Das keineswegs tiefgründige und wenig überzeugende, aber doch insgesamt ablehnende Verlagsgutachten stand allerdings nicht am Ende einer mit zahlreichen feinen Nadelstichen geführten ideologischen Deutungsoffensive gegen Kühnerts Ansatz einer in der Tradition bisheriger historischer Betrachtung stehenden positiven Bewertung des Gründungs- und Aufstiegsprozesses des Jenaer Glaswerks von Otto Schott und die sich durch die Verbindung mit Ernst Abbe und dessen Stiftungsidee auch hier zeigenden positiven Seiten eines verantwortungsvollen Unternehmertums mit seiner sozialen Komponente, die im Wirken der Carl Zeiss-Stiftung verkörpert war. Kühnert hat in seinem Forschungsbericht „Habent sua fata libelli“ von 1963 das mit seiner Editionsarbeit verbundene wissenschaftliche Bestreben klar benannt: „eine entsprechende Auswahl wissenschaftlicher, technischer und geschäftlicher Briefe und Dokumente der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und damit zugleich vielfache Unklarheiten und Irrtümer in der über den Gegenstand bereits vorhandenen (insbesondere sozialwissenschaftlichen) Literatur auf Grund des weitgehend noch unerschlossenen gebliebenen Quellenmaterials richtig zu stellen“.48 Wie grobschlächtig „vom Standpunkt der Parteilichkeit für die Arbeiterklasse“49 bereits Anfang der 1950er Jahre diskutiert wurde, zeigen auch die Vorgänge um die 1949 publizierte Studie „Die kulturelle Bedeutung der Jenaer Glasindustrie“ sowie die Reaktion auf Herbert Kühnerts Anregung zu Vorträgen und Publikationen über das Jenaer Glas und dessen Erfindung im Rahmen des Kulturbundes. Politisch-ideologisch motivierte Einwendungen gegen Herbert Kühnerts Darstellungen zur Entwicklung der Jenaer Industriekultur im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert wurden bereits sichtbar, als dieser dem Greifenverlag zu Rudolstadt die Veröffentlichung seines Manuskriptes zur kulturellen Bedeutung der Glasindustrie in Jena anbot, das sei46

Dokument Nr. 44, S. 434. Günther Schmerbach hatte 1946 mit dem Studium an der Hochschule für Architektur und Bauwesen begonnen, war von 1949 bis 1950 Hochschulinstrukteur der Landesleitung Thüringen der SED und hatte danach ein Geschichtsstudium in Jena aufgenommen, das er 1953 beendete. Nach zwei Jahren als Assistent am Historischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität wurde er am 8. August 1957 zum Dr. phil. promoviert. Zu seinem Einsatz in der Kulturabteilung der SED-Landesleitung siehe „Geschichte der Universität Jena“, Band 1. Jena 1958, S. 699; Personalangaben im Band 2. Jena 1962, S. 807. Siehe auch den von ihm veröffentlichten Diskussionsbeitrag zu der Aussprache im Historischen Seminar am 16. Januar 1951 zu methodischen Fragen der Geschichtsdarstellung. In: Universitätszeitung Jena 3 (1951), Nr. 2/3, S. 7. Zu ihm siehe auch Tobias Kaiser, Karl Griewank (1900–1953). Ein deutscher Historiker im „Zeitalter der Extreme“. Stuttgart 2007, S. 270ff. 48 Im vorliegenden Band S. 343. 49 Dokument Nr. 25, S. 413. 47

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nen Ausgang in Vorträgen zu dieser Thematik in den Jahren 1947/48 in Jena und Berlin hatte.50 Ursprünglich sollte dieser Text schon 1948 unter dem Titel „Dr. Otto Schott und die kulturelle Bedeutung der Jenaer Glasindustrie“ erscheinen.51 Schließlich wurde die Broschüre 1949 nach der älteren Vortragsfassung veröffentlicht, wobei in einem „Nachwort“ noch auf die jüngste Entwicklung bis Mai 1949 eingegangen wurde. Dazu gehörte auch der im Wortlaut abgedruckte Beschluss der Deutschen Wirtschaftskommission vom 16. Juni 194852 mit der Ankündigung zur Neufassung des Statuts der Carl ZeissStiftung, was in Jena als ein hoffnungsvolles Zeichen aufgefasst worden war. Bei Verhandlungen im neuen DDR-Ministerium für Volksbildung über eine für Jena gewünschte Auflagenerhöhung dieser Publikation im Dezember 1949 wurde diese Absicht jedoch durchkreuzt und deutlich gemacht, dass das Berliner Ministerium mit dem Inhalt der Broschüre nicht einverstanden sein könne, weil „dem Arbeiter ein falsches Bild von der Wirklichkeit vermittelt wird“.53 In der Aktennotiz über die Besprechung mit dem Ministeriumsvertreter heißt es u. a., „daß Dr. Kühnert den Sinn unserer heutigen volkseigenen Wirtschaft nicht erkannt hat“. Die Broschüre sei „nicht politisch genügend durchgearbeitet“ und „in einer ausgesprochenen bürgerlichen Tendenz verfaßt“. Dementsprechend war dann auch die der Werkleitung unterbreitete Schlussfolgerung des Vertreters der SED-Betriebsgruppe, dass die „Verteilung an unsere Arbeiterschaft unerwünscht“ ist.54 Von einem bemerkenswert niedrigen Niveau sind auch die Äußerungen des damaligen Thüringer Kulturbund-Landessekretärs55 zu den von Kühnert angeregten Vorträgen und Publikationen über das Jenaer Glas im Rahmen des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. In einem Schreiben an diesen vom 29. März 1951 wurde von ihm die Frage aufgeworfen: „Haben Zeiss, Schott und Abbe auf der Seite der fortschrittlichen Kräfte gestanden?“ Seine Antwort als Partei- und Staatsfunktionär konnte natürlich nur lauten: „Nein, Sie haben ohne Zweifel auf der Seite der kapitalistischen Kräfte, der imperialistischen Kräfte und des Krieges gestanden.“56 Allein darin sah der Kulturbundsekretär den Sinn der Beschäftigung mit ihnen. „Es wird allerdings Aufgabe einer sehr eingehenden Forschung sein müssen, auch die Funktion zu analysieren, die solche Menschen wie Zeiss, Schott und Abbe ausübten.“ Und so meinte er Herbert Kühnert belehren zu müssen, „daß wir heute unserer lernenden, strebenden und arbei50

In Jena hatte Kühnert am 14. Juli 1947 diesen Vortrag zweimal gehalten, wobei in der Abendveranstaltung Mitarbeiter des Glaswerks in großer Zahl erschienen waren. In Berlin hielt er den Vortrag am 11. Mai 1948 in einer Veranstaltung des Kulturbundes. Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert Nr. 174. 51 Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert Nr. 174. 52 Im vorliegenden Band S. 30. 53 Aktennotiz des Vertreters der SED-Betriebsgruppe des Jenaer Glaswerks vom 13. Dezember 1949. Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert Nr. 174. 54 Ebd. 55 Das war 1951 Karl Tümmler, der als Mitglied der SED in der Fraktion des Kulturbundes im Thüringer Landtag (Wahlperiode 1950 bis 1952) saß und dort den Ausschuss für Volksbildung und Kultur leitete. Er hatte Paul Dornberger als Landessekretär des Kulturbundes abgelöst, der sich in den Jahren zuvor noch sehr engagiert für die Druckgenehmigung der Briefedition Abbe – Schott beim Kulturellen Beirat in Berlin eingesetzt hatte. Siehe Dokumente Nr. 11 und 12, S. 400-402. 56 Dokument Nr. 25, S. 413.

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tenden Jugend nicht in erster Linie die Menschen als Vorbild hinstellen, die eine zwiespältige Rolle in der Geschichte spielten“, wozu er auch die Jenaer Industriepioniere Ernst Abbe und Otto Schott zählte.57 Die „zwiespältige Rolle in der Geschichte“ wurde zu Beginn der 1950er Jahre zum großen Thema in der Auseinandersetzung zwischen der traditionellen Betrachtung des historischen Erbes in der Universitäts- und Industriestadt Jena und den „marxistischen Kräften“, die dieses Feld zunächst im Hinblick auf die Jenaer Universitätsgeschichte in ihrer nationalen Dimension zu beackern trachteten. Nicht unmittelbar mit Herbert Kühnerts Forschungs- und Editionsarbeit im Glaswerk hat der Konflikt zu tun, der sich 1952/53 durch die Veröffentlichung des Aufsatzes der Historikerin Irmgard Höß „Die Universität Jena und ihr nationales Erbe“ an der Friedrich-Schiller-Universität entwickelte.58 In der Einleitung des Herausgebers zu der zum 450jährigen Universitätsjubiläum erschienenen „Geschichte der Universität Jena 1548/58 – 1958“, des Historikers Prof. Dr. Max Steinmetz, ist zu dieser Kontroverse von ihm zu lesen: „Neben einer völlig unwissenschaftlichen Darstellung der Gründungsgeschichte [der Universität], die sich ausschließlich auf Jubiläumsliteratur aus dem Jahre 1858 stützt, enthält der Beitrag [von Irmgard Höß] Ausführungen über Ernst Abbe und die Carl-Zeiss-Stiftung, die in ihrer naiven Kritiklosigkeit kaum mehr zu überbieten sind.“59 Von „marxistischer Seite“ sei diese Darstellung nicht unwidersprochen geblieben. Der Historiker Wolfgang Schumann habe in einer Entgegnung darauf60 wesentliche Irrtümer und Verfälschungen aufgedeckt und mit gebührender Schärfe zurückgewiesen.61 Erst in späteren Jahren wird Wolfgang Schumann vom Historischen Institut aus den Feldzug gegen die „Zeiss-Legende“ anführen und mit den von ihm organisierten und betreuten Forschungen zur Betriebsgeschichte des Zeiss-Werkes den Kampf gegen die „Apologeten der Zeissideologie“ aufnehmen, wobei er in seiner Kritik von 1953 zunächst speziell Friedrich Schomerus und dessen Veröffentlichungen zur Geschichte der Carl Zeiss-Stiftung bedachte.62 Mit Herbert Kühnert hat das zunächst nur indirekt etwas zu tun, obwohl er ebenfalls ein exzellenter Kenner der Geschichte der Stiftung und ihrer Gründerpersönlichkeiten war. Es verwundert aber, wenn dieser 1958 in der schon genannten Einleitung von Max Steinmetz zur Universitätsgeschichte im Zusammenhang mit Schumanns Entgegnung auf Irmgard Höß nun von dem Direktor des Historischen Instituts angegriffen wurde: 57

Ebd. WZ Jena 2 (1952/53) GSR Nr. 2, S. 1-16. 59 Max Steinmetz (Hrsg.), Geschichte der Universität Jena 1548/58 – 1958, Bd. 1. Jena 1958, S. XXX. 60 Wolfgang Schumann, Zu zwei Fragen der Geschichte der Universität. In: WZ Jena 2 (1952/53) GSR Nr. 3, S. 85-91. 61 Geschichte der Universität Jena 1548/58 – 1958, Bd. 1 (wie Anm. 59), S. XXX. 62 Wolfgang Schumann, Zu zwei Fragen der Geschichte der Universität. In: WZ Jena 2 (1952/53) GSR Nr. 3, S. 88. Friedrich Schomerus hatte nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik gerade im Piscator-Verlag Stuttgart sein bereits in Jena fertiggestelltes Manuskript „Geschichte des Jenaer Zeisswerkes 1846 bis 1946 (Stuttgart 1952) veröffentlicht, dessen Drucklegung in Jena nicht mehr gelungen war. Dazu muss man wissen, dass aus dem 1948 in Stuttgart gegründeten Piscator-Verlag nach der Jenaer Enteignung von 1953 der Gustav Fischer Verlag in Stuttgart hervorging. Die 2. Auflage seines Buches „Werden und Wesen der Carl-Zeiss-Stiftung an Hand von Briefen und Dokumenten aus der Gründungszeit (1886 – 1896)“ erschien 1955 im Gustav Fischer Verlag Stuttgart. 58

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„Es war zu erwarten und wünschenswert, daß diesem Beitrag eine wissenschaftliche Diskussion folgte. Leider wurde der Weg eines offenen Meinungsstreites vermieden und lediglich im Verborgenen und in unsachlicher Weise dagegen polemisiert.“63 Das bezog sich an dieser Stelle auf einen Brief von Herbert Kühnert an den Jenaer Historiker Prof. Dr. Friedrich Schneider vom 2. November 1954, den Max Steinmetz nach Übernahme der Leitung der Forschungsarbeiten zur Geschichte der Universität (die bisher Schneider als Vorsitzendem der 1929 an der Universität eingerichteten Historischen Kommission oblag) in den Korrespondenzen seines Vorgängers aufgefunden hatte und nun als Beleg für „verborgene Polemik“ gegen die marxistischen Kräfte an der Universität ins Feld führte. Dabei hatte Kühnert lediglich einen historischen Beitrag zu Ernst Abbes 50. Todestag angeboten und Schneider um Vermittlung bei der Redaktion der „Wissenschaftlichen Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität“ gebeten, wobei er nur am Rande auf den Jenaer „Historikerstreit“ von 1952/5364 Bezug nahm, als er Schneider fragte, „ob nicht auch die Universität Jena den gleichen Anlaß benutzen könnte, in ihrer wissenschaftlichen Zeitschrift ihrem großen Sohn und Förderer einen angemessenen Beitrag zu widmen, wobei mir [Herbert Kühnert] vorschwebt, daß er doch wohl auf einem etwas höheren Niveau stehen müßte als die Glossen, die kürzlich ebendort von einem Herrn W.[olfgang] Schumann zu dem vorher von Frau Dr. I.[rmgard] Höß veröffentlichten Aufsatz über die Universität Jena und ihr nationales Erbe produziert worden sind.“65 Schumanns „Glossen“ zur Überwindung der „reaktionären Zeissideologie“66 – im Kern ist damit das Werden und Wirken der von Ernst Abbe ins Leben gerufenen Industriestiftung gemeint, die nach Schumanns Auffassung „die kapitalistische Ausbeutung mit einem fadenscheinigen Mäntelchen zu verdecken“67 suchte – wuchsen sich in den folgenden Jahren zu einem Propagandafeldzug aus, der zwar auch mit historischer Forschung verbunden war, allerdings vordergründig in den Dienst ideologischer Klassenauseinandersetzung gestellt wurde.68 Dazu gehörten auch interne Machtkämpfe in Jena und die Abwehr vermeintlicher feindlicher Einflüsse des nach 1945 entstandenen ZeissKonkurrenzunternehmens in der Bundesrepublik Deutschland. Im Hinblick auf diese auch nach außen getragene Entwicklung mutet der interne Konflikt, der sich mit der verhinderten Veröffentlichung von Herbert Kühnerts 1959 abgeschlossenem Manuskript für den Teilband III der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks“ verbindet, als weniger bedeutsam an. Es ist allerdings keineswegs so, dass hier nur ein privater Konflikt ausgetragen wurde. Der bissige Seitenhieb von Max Steinmetz auf Her63

Geschichte der Universität Jena 1548/58 – 1958, Bd. 1 (wie Anm. 59), S. XXX. Siehe dazu Joachim Bauer, Jubelschrift und Selbstvergewisserung. Traditionssuche an der FriedrichSchiller-Universität nach 1945. In: Tradition und Umbruch. Hrsg. v. Werner Greiling und Hans-Werner Hahn. Jena 2001, S. 235-249, insbesondere S. 244-247 zu Ernst Abbe und die Carl Zeiss-Stiftung. 65 Dokumente Nr. 32, S. 426. 66 Wolfgang Schumann, Zu zwei Fragen der Geschichte der Universität. In: WZ Jena 2 (1952/53) GSR Nr. 3, S. 88. 67 Ebd. 68 Der 1967 publizierte Literaturbericht von Jürgen John in der Wissenschaftlichen Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität „Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“ nennt bereits die in diesem Zusammenhang bis 1965 entstandenen gedruckten und ungedruckten Publikationen zur Geschichte des Zeiss-Werkes. In: WZ Jena GSR 16 (1967), S. 251-252. 64

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bert Kühnerts in einem Privatbrief enthaltene ironische Bemerkung zu Wolfgang Schumanns „Glossen“69 vier Jahre später in der Einleitung der Universitätsgeschichte im Jahr 1958 zeigt, wie gereizt man solchen Wahrheiten begegnete. In der von den zentralen SED-Organen in Berlin und Gera vorangetriebenen marxistischen Deutungsoffensive zur historischen Rolle der Carl Zeiss-Stiftung70 war das Glaswerk von Otto Schott nicht ausgenommen, es hatte nur andere Konfliktpotentiale und Handlungsträger. Der Historiker Wolfgang Schumann und sein Gefolge konzentrierten sich seinerzeit auf den VEB Carl Zeiss, für den sogar 1962 eine umfangreiche Betriebsgeschichte aus marxistischer Sicht publiziert wurde.71 Dass in diesen Jahren parallel dazu auch eine auf dieser Grundlage zu schreibende Geschichte des Jenaer Glaswerks entstehen sollte, wird erst jetzt durch die Dokumentationen zur Editionsgeschichte von Herbert Kühnerts Forschungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks wieder ins Bewusstsein gerückt.72 Als im Februar 1959 eine „Zentrale Kommission zur Erforschung der Geschichte des Zeiss-Werkes“ gegründet wurde73, beendete Herbert Kühnert gerade das in drei Jahren im Rahmen eines Forschungsauftrages der Technischen Hochschule Dresden entstandene Manuskript des dritten Teilbandes seiner Edition „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen 1886 – 1914“. Die Chancen, dieses Manuskript wie bisher in der im Gustav Fischer Verlag in Jena verankerten Schriftenreihe „Veröffentlichungen der Thüringischen Historischen Kommission“ zu publizieren, hatten sich aber nunmehr deutlich verschlechtert, weil der bisherige Herausgeber, Prof. Dr. Willy Flach, nicht mehr zur Verfügung stand. Aber es gab nun auch von Seiten des Jenaer Glaswerks, das für die vorhergehenden Bände bisher die Druckkosten getragen hatte, andere Präferenzen, die wiederum politisch motiviert waren. Aus der zum V. Parteitag der SED (10. bis 14. Juli 1958) gestarteten Propagandaoffensive zur Überwindung der „Zeiss-Ideologie“ heraus war der Plan zur Erarbeitung der Werksgeschichte des VEB Carl Zeiss entwickelt worden, der zugleich „eine wissenschaftliche Qualifizierung einer nicht geringen Zahl von Parteikadern, die im Bereich der Universität und des ZeissWerkes tätig sind“, als Zielstellung verfolgte.74 Dass es seinerzeit auch ein solches Vorhaben für das Jenaer Glaswerk gegeben hat, lässt sich durch die Geschehnisse belegen, mit denen Herbert Kühnert seit Mitte 1959 im Hinblick auf den Umgang mit seinem Manuskript konfrontiert wurde. So berichtet er über eine Mitteilung von Werkleiter Hans Nordwig am 22. Juni 1959, „daß sich demnächst wahrscheinlich drei junge Jenaer Aka69

Dokument Nr. 32, S. 426. Vgl. Mit klarer Sicht. Das Ende der Zeiss-Legende. Hrsg. vom ZK der SED, Abt. Propaganda und Agitation / Bezirksleitung Gera der SED, Abt. Propaganda und Agitation. 1958. 71 Carl Zeiss Jena. Einst und jetzt. Von einem Autorenkollektiv unter Leitung von W. Schumann. Berlin 1962. 72 Erstaunlich ist allerdings dabei, dass die in den letzten Jahren äußerst rege Forschung zur Jenaer Erinnerungskultur an dieser Stelle bisher nichts beizutragen wusste. Siehe z. B. Monika Gibas, Das AbbeBild in der DDR. Deutungskonkurrenzen und Deutungsvarianten in einer reglementierten Geschichtskultur. In: Jena. Ein nationaler Erinnerungsort?. Hrsg. von Jürgen John und Justus H. Ulbricht. Köln, Weimar, Wien 2007, S. 517-549. 73 Vgl. ebd., S. 540. Dort ist allerdings die Quellenangabe zu berichtigen. Die verwendeten Unterlagen über den Werdegang des Buches „Carl Zeiss- einst und jetzt“ entstammen dem Carl Zeiss Archiv Jena, Akte VA 03731. 74 Carl Zeiss Archiv Jena, Akte VA 03731. 70

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

demiker mit mir in Verbindung setzen würden, um sich mit mir darüber zu verständigen, in welcher Form meine bisherige literarische Beschäftigung mit der Betriebsgeschichte des Glaswerks durch sie in Form von drei Dissertationen fortgesetzt bzw. unter gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten neu dargestellt werden könnte“.75 Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass dieser Vorgang zu der konzertierten SED-Offensive jener Jahre gehört, die sich gegen die von der Staatspartei verteufelte „Zeiss-Ideologie“ wandte und in deren Folge nunmehr Jenas Industriegeschichte aus marxistischer Sicht erforscht und dargestellt werden sollte. Inwieweit aber beide Forschungsinitiativen – die zum Zeiss-Werk und die zum Glaswerk – miteinander verbunden und koordiniert waren, lässt sich noch nicht eindeutig sagen und bedarf weiterer Aufhellung. Tatsache ist, dass die hier angekündigte Erforschung der Geschichte des Jenaer Glaswerks einen ganz anderen Personenkreis beschäftigte als das am 2. März 1959 konstituierte „wissenschaftliche Kollektiv zur Ausarbeitung der Zeissgeschichte“ unter Wolfgang Schumanns wissenschaftlicher Leitung.76 Herbert Kühnert wurde einige Male direkt und indirekt mit dem im Glaswerk eingesetzten „Kollektiv von Gesellschaftswissenschaftlern“ konfrontiert und musste deren Bestrebungen zur Kenntnis nehmen, wobei ihn die Frage der unberechtigten „Ausbeutung“ seines ungedruckten Manuskriptes, von dem ein Teil der zuerst verfassten umfangreichen Einleitung unter bisher ungeklärten Umständen verschwunden war, ernstlich bewegte. In seinem bisher ungedruckt gebliebenen Manuskript „Habent sua fata libelli“, das in diese Edition aufgenommen wurde, hat er die Vorgänge der Jahre 1959 bis 1962/63 aus seiner Sicht dargestellt und mit den dazu ergangenen Korrespondenzen belegt.77 Er charakterisiert darin auch eindringlich das plötzlich im Glaswerk aufgetauchte „Kollektiv von Gesellschaftswissenschaftlern“ aus der Universität, die als „Doktoranden“ mit dem Ziel der „gesellschaftspolitischen Durchleuchtung“ der Werksgeschichte angetreten waren, daran aber grandios gescheitert sind. Bei diesen Gesellschaftswissenschaftlern handelte sich um drei jüngere Angehörige der Friedrich-Schiller-Universität Jena, die im Institut für Gesellschaftswissenschaften (seit 1960 für Marxismus-Leninismus) – und zwar in der Abteilung Grundlagen der politischen Ökonomie – als Lehrkräfte in dem als Pflichtfach für alle Studenten eingeführten gesellschaftswissenschaftlichen Grundstudium eingesetzt waren. Im Einzelnen waren das Friedrich Zickler, Werner Schichlein und Günther Fritzsche, die zu unterschiedlichen Zeiten in das betreffende Institut aufgenommen worden waren.78 Der ehemalige Päda75

Habent sua fata libelli, im vorliegenden Band S. 347. Siehe Monika Gibas, Das Abbe-Bild in der DDR (wie Anm. 72), S. 541. 77 Kühnert nennt diese Ausarbeitung „Ein Forschungsbericht“. Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert Nr. 183. Danach ist der Abdruck in diesem Band, S. 343-388, erfolgt. Es existiert aber auch ein weiteres Titelblatt „Habent sua fata libelli oder: Die Leidensgeschichte meines Manuskriptes zu ‚Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen. III. Teil 1886-1914‘ dargestellt in Briefen und Dokumenten (1959-1962)“, das durch die Angabe „Selbstverlag des Verfassers 1962“ dessen damalige Absicht zur Publizierung verrät. Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, Nachlass Herbert Kühnert Nr. 185. Es ist eine andere Frage, ob ihm das angesichts der Zensurbedingungen in der DDR tatsächlich gestattet worden wäre. 78 Die folgenden Personalangaben nach den gedruckten Personal- und Vorlesungsverzeichnissen der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 76

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gogikstudent Werner Schichlein war nach seinem Staatsexamen dort ab Studienjahr 1943/54 als Assistent (ab Studienjahr 1959/60 als Oberassistent) tätig. Der ebenfalls in Jena ausgebildete Historiker Friedrich Zickler erscheint dort ab Studienjahr 1956/57 als Assistent. Hinzu kam ab Studienjahr 1955/56 der Assistent Günther Fritzsche, der das Trio der 1959 im Glaswerk eingesetzten Gesellschaftswissenschaftler vervollständigte. Er hatte nicht in Jena studiert, sondern war von der Kreisverwaltung in Altenburg an die Friedrich-Schiller-Universität Jena übernommen worden, wo er ebenfalls als Lehrkraft im gesellschaftswissenschaftlichen Grundstudium tätig wurde. Dieser hat offenbar am wenigsten an der Umsetzung des Parteiauftrages für das Kollektiv der Gesellschaftswissenschaftler mitgewirkt, da er bereits 1959 vom Staatssekretariat für das Hochschulwesen mit einem Auslandsauftrag abgezogen worden war. Dass es sich bei deren Einsatz im Glaswerk um einen Parteiauftrag der Jenaer SEDKreisleitung handelte, ist naheliegend, wenn man sich das Programm ansieht, das am 15. Dezember 1961 der Werkleitung des Glaswerks vorgestellt wurde, nachdem ihre Verfasser schon mehr als zwei Jahre im Glaswerk tätig und mit einem Arbeitszimmer und einer Schreibkraft ausgestattet worden waren.79 Darin ist die Rede von dem „Kollektiv […] zur Erarbeitung der Werksgeschichte“, das sich in seiner Zielsetzung „auf die Geschichte der Produzenten und die Rolle der Stiftungslegende“ konzentrieren wolle. „Es geht uns darum, gerade die Stiftungslegende mit ihren ideologischen und auch ökonomischen Folgen zu zerschlagen.“80 Genau das aber war eine wesentliche Stoßrichtung des 1958 von der SED-Kreisparteiorganisation beschlossenen „Kampfprogramms zu Ehren des V. Parteitages“.81 Wie Herbert Kühnert in „Habent sua fata libelli“ überliefert, war seinerzeit in Jena allgemein bekannt, „daß an jenen Kontrollstellen [der SED] vielfach die Meinung bestünde, eine noch so sachliche Darstellung der Geschichte der Carl ZeissStiftung und ihrer für die damalige Zeit enormen finanziellen Leistungen für die Werksangehörigen, die Universität und das allgemeine Wohl dürfe auf keinen Fall auf literarischem Wege der gegenwärtigen Generation in Erinnerung gebracht werden, weil eine solche Darstellung notwendig zu politisch unerwünschten Vergleichen zwischen den gegenwärtigen und den ehemaligen Sozialleistungen würde führen müssen.“82 Entsprechend war das Arbeitsprogramm dieser seit 1959 im Jenaer Glaswerk tätig gewordenen Gesellschaftswissenschaftler, die sich verpflichtet hatten, „die Gesamtgeschichte des Betriebes in einer Werksgeschichte zu erarbeiten“, wobei die Auswertung der Dokumente des Betriebsarchivs in eigene Dissertationen und betreute Diplomarbeiten von Studenten (Diplomanden) einmünden sollte. Auf deren Grundlage wären dann die Entwicklungsabschnitte der Werksgeschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart zu verfassen und zu einer Gesamtgeschichte zusammenzuführen. Den Abschnitt nach 1955 und die Perspektiven des Werkes sollte der Wirtschaftssekretär der Kreisleitung der SED, ebenfalls in Form einer Promotion, übernehmen. Aus der Sicht von Friedrich Zickler und Werner Schichlein, die hauptsächlich zur Umsetzung dieses ehrgeizigen Planes verpflichtet worden waren, würde eine solche Werksgeschichte für die Zeit 79

Dokument Nr. 47, S. 437-438. Ebd., S. 437. 81 Siehe Monika Gibas, Das Abbe-Bild in der DDR (wie Anm. 71), S. 537-538. 82 Habent sua fata libelli, im vorliegenden Band S. 367. 80

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

von 1884 bis 1955 in der ersten Hälfte des Jahres 1964 vorliegen.83 Das Vorhaben endete jedoch mehr als kläglich. Keine der angestrebten Promotionen der Gesellschaftswissenschaftler wurde realisiert, inwieweit tatsächlich Diplomarbeiten von Studenten zur Geschichte des Jenaer Glaswerks an der Friedrich-Schiller-Universität entstanden sind, muss offenbleiben.84 Und natürlich ist auch eine Geschichte des Glaswerkes, in der die Firmengeschichte gesellschaftspolitisch aufgearbeitet werden sollte, keineswegs erschienen. Herbert Kühnert erfuhr später von seinem Nachfolger im Archiv des Jenaer Glaswerks, Gustav Heinrich, dass der Werkleiter Hans Nordwig die drei „Doktoranden“ zum 1. April 1962 zum Verlassen ihres seit drei Jahren benutzten Arbeitszimmers und zur Rückgabe der aus dem Archiv entnommenen Archivalien veranlasst hätte.85 Damit hatte sich dieses unangenehme Kapitel erledigt. In gewissem Sinne erledigt hatte sich aber auch Herbert Kühnerts eigenes Editionsvorhaben, für das er noch eine neue, wesentlich kürzere Einleitung geschrieben hatte, die er am 1. August 1962 dem neuen Werkleiter im Glaswerk, Werner Schubert, übergab.86 Die Veröffentlichung des abschließenden Teilbandes III der „Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen“ war aber längst durch die unheilige Allianz besserwisserischer und politisch-ideologisch aufgeladener Funktionäre im VEB Jenaer Glaswerk und im VEB Gustav Fischer Verlag in Jena zu Fall gebracht worden, so dass es bis zum Ableben Herbert Kühnerts am 9. Januar 1970 im 83. Lebensjahr nicht mehr erschien. Wie dieser aus dem Mund des nunmehrigen Betriebsarchivars Gustav Heinrich erfuhr, hatte Werkleiter Hans Nordwig bei einem Besuch mit seinem Nachfolger im Archiv des Glaswerks im Frühjahr 1962 dem Betriebsarchivar kategorisch erklärt: „Das Buch von Dr. Kühnert darf nicht gedruckt werden. Merken Sie sich das!“87 Der Band wird indessen in dem vom Historischen Institut der Friedrich-SchillerUniversität 1967 zusammengestellten Literaturbericht zur „Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“ in Thüringen, die von 1945 bis 1965 erschienen ist, als im Manuskript vorhanden erwähnt.88 Und auch der auf Herbert Kühnert veröffentlichte Nachruf in den Rudolstädter Heimatheften nimmt darauf Bezug: „Die Krönung seiner Bemühungen findet in dem mehrbändigen Werk ‚Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen‘ (1953, 1957 und ein fertiggestelltes Manuskript) Ausdruck.“89 83

Dokument Nr. 47, S. 438. Der 1967 veröffentlichte Literaturbericht „Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“, der die Literatur bis 1965 erfasst hat, nennt zunächst nur ungedruckte Qualifizierungsschriften (auch Dissertationen) zur Geschichte des Zeisswerkes, aber auch zwei Potsdamer Staatsexamensarbeiten aus dem Jahr 1962, die sich mit Themen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks befassen: L. Rädler, Die Rolle der faschistischen Geschäftsleitung bei der Restaurierung des Schott-Konzerns in Westdeutschland: Vom Schottkonzern zum VEB Jenaer Glaswerk Schott & Gen.; K. Unglaube, Die Rolle der faschistischen Geschäftsleitung bei der Restaurierung des Schott-Konzerns in Westdeutschland: Die hemmende Rolle der „Stiftungsideologie“ und der Beginn ihrer Überwindung. Siehe WZ Jena GSR 16 (1967), S. 257, Anm. 87. 85 Habent sua fata libelli, im vorliegenden Band S. 387. 86 Ebd. S. 383. 87 Ebd. S. 385. 88 In: WZ Jena GSR 16 (1967), S. 257, Anm. 84. 89 Rudolstädter Heimathefte 16 (1970), S. 2. 84

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Herbert Kühnert ist an der „Leidensgeschichte“ seines Manuskriptes nicht zerbrochen. Wie desillusionierend aber die Machenschaften der ideologisch verblendeten und parteidoktrinär handelnden Führungskräfte in Staat, Wirtschaft und Wissenschaft seinerzeit wirkten, kann auch an der Forschungs- und Editionsgeschichte seiner historischen Untersuchungen zur Gründungs- und Entwicklungsgeschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen verfolgt werden. Dafür sind die hier dokumentierten Vorgänge aus den 1950 er und 1960er Jahren in Jena nur ein Fallbeispiel. Der Herausgeber hat diesen Band in großer Hochachtung vor der Lebensgeschichte und den wissenschaftlichen Leistungen Herbert Kühnerts zusammengestellt und editorisch bearbeitet. Zugleich wird damit auch des Wirkens der Archivare Willy Flach (von 1934 bis 1958 Direktor der Thüringischen Staatsarchive bzw. des Thüringischen Landeshauptarchivs Weimar) und Hans Eberhardt (von 1958 bis 1973 Direktor des Thüringischen Landeshauptarchivs bzw. des Staatsarchivs Weimar) für die thüringische Landesgeschichte gedacht, die in der gleichen Zeit mit der Schriftenreihe der Thüringischen Historischen Kommission die besten Traditionen der Landesgeschichtsforschung in Thüringen weiterführten und Herbert Kühnert in seinen wissenschaftlichen Bemühungen unterstützt haben. In deren Tradition sah sich der Herausgeber als Direktor des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar von 1990 bis 2008 gestellt und hat als Gründungsmitglied der Historischen Kommission von Thüringen mit der vorstehenden Edition diesem Dreigestirn der thüringischen landeshistorischen Forschung seine Referenz erwiesen. Dass der verdienstvolle thüringische Landes- und Wirtschaftshistoriker Herbert Kühnert, der Erforscher der Entwicklungsgeschichte der Jenaer Glasindustrie und ihrer durch die Zusammenarbeit von Ernst Abbe und Otto Schott gelegten wissenschaftlichen Grundlagen mit seinem wissenschaftshistorischen Oeuvre nicht vergessen ist, soll mit dieser Edition bisher ungedruckter Arbeiten aus seinem Nachlass dokumentiert werden. Das hier entstandene Buch mit den Ergebnissen seiner Forschungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks schließt außerdem ein bisher als unerledigt anzusehendes Kapitel der Vorgeschichte der heutigen Historischen Kommission für Thüringen ab, indem sie diesen Band in ihre Schriftenreihe aufgenommen hat und zum 125. Geburtstag Herbert Kühnerts der Öffentlichkeit vorlegt. Gefördert wurde das Vorhaben bei der Quellenbereitstellung durch die Zusammenarbeit mit dem SCHOTT Archiv in Jena, dem Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar, dem Thüringischen Staatsarchiv Rudolstadt und dem Archiv der Friedrich-Schiller-Universität Jena, denen der Herausgeber zu Dank verpflichtet ist.

7. Gesamtregister

Die diesem Buch beigegebenen drei Register erstrecken sich auf die gedruckt erschienenen Editionen (als digitale Reprints auf CD-ROM beigefügt) und auf den vorliegenden Band I Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879–1881[erschienen 1946/48] Umfang: S. I-XXXVI; 1-342. [= 378 Seiten] II Briefe und Dokumente zur Geschichte des Volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, I. Teil: Die Wissenschaftliche Grundlegung. Glastechnisches Laboratorium und Versuchsglashütte 1882–1884 [erschienen 1953] Umfang: S. I-LXXXII; 1-404. [= 486 Seiten] III Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, II. Teil: Der Übergang zur industriellen Produktion. Von der Versuchsglashütte zum 1. Produktionsverzeichnis 1884–1886 [erschienen 1957] Umfang: S. I-CVIII; 1-390. [= 498 Seiten] IV Forschungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen. Aus dem Nachlass von Herbert Kühnert [erschienen 2012] Umfang: S. 1-511. [= 511 Seiten] Dementsprechend beziehen sich bei den Registerwörtern enthaltene Seitenzahlen auf die hier angegebene Bandzählung (mit römischen Zahlen), die nur für das Gesamtregister gilt. Lediglich für den Band I lagen Orts- und Personenregister vor und konnten aus der historischen Vorlage übernommen werden. Für alle anderen Bände wurden Orts-, Personen- und Sachregister neu erarbeitet. Mittels der elektronischen Suchfunktion lassen sich auf der CD-ROM weitere Treffer zu hier nicht enthaltenen Begriffen ermitteln. In das Ortsregister wurden in diesen Bänden enthaltene historische Orte aufgenommen, wobei Orte, die heute eingemeindet sind, zumeist separat wiedergegeben werden. Nicht erfasst wurde Jena mit seinen heute eingemeindeten Ortsteilen Lichtenhain und Wenigenjena. In das Personenregister sind nur natürliche Personen aufgenommen worden, jedoch nicht als Bestandteil von Firmennamen. Juristische Personen wie Firmen und sonstige Institutionen sind nicht berücksichtigt worden. Nicht erfasst wurden als häufig handelnde Personen Otto Schott und Ernst Abbe sowie Herbert Kühnert als Autor. Die Vornamen der im Register enthaltenen Personen waren nicht in allen Fällen zu ermitteln. Das Sachregister stellt ein komprimiertes Spezialregister mit Begriffen aus der Glastechnik dar. Es enthält keine Stichwörter, die sehr häufig im Text enthalten sind, z. B. Haupteigenschaften der Gläser, wie Brechzahl und Dispersion; Haupterzeugnisse, wie Mikroskop und Thermometer; Hauptbestandteile, wie Sand, Kalk, Soda und Pottasche bzw. Silizium, Kalzium, Natrium und Kalium. Die Vielzahl der anderen Glasbestandteile und Rohstoffe mit oft veralteten Bezeichnungen werden in den jeweiligen Elementen zusammengefasst. Ebenfalls zu einem Stichwort zusammengefasst werden gleichbedeutende Eigenschaften, wie z. B. Achromasie, Achromatismus und Achromatisierung.

7.1 Ortsregister A Aachen I 106; II 195, 366, 378, 398; III 162, 351; IV 20. Adlershof II 401. Airolo III 165. Albany IV 241, 338. Altenburg IV 483. Altenkirchen I 80. Alton IV 240. Ammerbach IV 43. Amsterdam III 333. Annen I 87, 89, 110f., 120, 125, 127, 132, 134, 192f., 249, 260, 265, 309f., 316, 318; II 196, 266, 360, 390f.; III XXIII, XLVII, LXXXVI, 95, 183, 303, 305, 322, 344; IV 14. Apolda II XXXIV-XXXVI, XLV, LII, LV, LXIII, LXVIf., 119, 146, 149, 158, 202, 233f., 257, 259f., 262, 269, 271, 276f., 311, 316, 361, 366, 369, 372, 391; III 44f.; IV 143-145, 147, 157, 161. Arroyo II 195. Athen IV 48. Attendorn III 322. Augsburg IV 128. B Bachem IV 50. Bad Driburg IV 49. Bad Sulza IV 39, 267, 320. Bamberg I 319; IV 348. Barmen-Rittershausen I 141. Basel III 269f., 272f.; IV 98. Bebra II 27, 29f., 332. Benediktbeuern I 12, 305f.; II 331, 367; IV 14. Berka (Bad Berka) II 345; IV 50, 187, 261, 267, 269, 305. Berlin I XIII, XV-XVII, 19, 64, 87, 197, 199, 203, 209, 235f., 267, 269-272, 274, 276, 308, 314f., 321, 324, 328, 331, 333f., 336; II IX, XIV-XX, XXII, XXIV-XXVI, XXVIII-XXXI, XL, XLIII, XLV-XLIX, LI, LIII, LVIIIf., LXIVf., LXVII, 3-9, 11, 13-15, 17, 20, 32-34, 36f., 41-43, 51f., 56,

58, 60, 64-66, 68, 73-76, 78f., 81-85, 87f., 92f., 96, 98-101, 103, 111, 114, 116-118, 121,128, 133, 155, 165, 173, 199f., 212, 214, 216-219, 222, 224f., 228f., 233, 235, 237f., 240-242, 246f., 252, 260f., 267, 274, 279, 281, 286, 289f., 297, 301f., 307, 309, 311-313, 316, 321-325, 327, 329, 335-337, 339f., 342-345, 347-349, 351, 353-357, 360, 371-375, 379-382, 384, 387, 393, 396-398, 401; III XV, XX, XXVIf., XXXI-XXXIV, XXXVI, XXXIX-XLII, XLIV-XLVI, LIV-LVII, LXIII, LXVf., LXIX, LXXIII-LXXV, LXXVII, LXXX, LXXXIV, XCII, 3, 6, 9, 20, 25, 27, 31-33, 35-37, 39, 49, 53f., 56-59, 61, 64, 81f., 84f., 87, 96, 103, 108, 112, 115, 117, 127, 130f., 138-141, 151f., 154f., 159, 169, 172, 174-176, 187, 191, 200-203, 207, 209f., 213-215, 217f., 223, 225, 229f., 232-236, 238-241, 243, 259, 263-265, 268, 270, 272-276, 278, 304, 306-308, 317-320, 323, 330, 334, 339-341, 344-346, 348f., 352, 354, 357-359, 363, 365, 368f., 371, 376f., 379-381, 383f., 386, 388; IV 15, 18, 22f., 30, 34f., 37, 39, 44f., 52, 61, 65, 68-72, 7582, 86-88, 108, 110f., 114-117, 120, 125f., 128, 133, 137, 140-142, 145, 149, 154f., 161, 165, 214, 231, 235, 243f., 247f., 272, 276-278, 280-282, 285-287, 289, 293, 297, 319, 323-331, 334,338f., 344, 346-348, 356, 366, 371f., 381, 392f., 398-401, 407f., 411f., 417, 423, 427, 431, 436, 439, 442f., 445, 447, 452, 466, 473, 476, 478. Bern III LXXI, LXXIV, 271f., 384f. Bernburg II 29; III 304. Bernsdorf IV 162. Beuel II 380. Bielefeld II 339; IV 128. Birmingham I 12, 14, 16, 50, 70, 85, 303f., 307f., 314, 335; II XXVII, 95, 137, 176, 178, 182, 185, 327; III XVIIIf., XLII, LXXXII, 136, 138, 180; IV 94, 98, 444, 447. Blankenstein II 391.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Bochum II 266; IV 102, 127, 298. Bockenheim III XXXIV, XLII, 321, 350, 375. Boden III LXXI, 272. Boltenhagen IV 331. Bonn I 65, 70, 81, 84, 315; II 31, 76f., 115, 212, 214f., 233, 240, 250, 297, 332, 334, 338, 346, 359, 367, 378, 380, 388f., 391, 394; III XXXVI, LXXXVI, 313, 328, 346, 350; IV 67, 87, 345. Boston IV 81, 85f., 111, 241-243, 336. Braunschweig I 13, 15, 307; II 141, 325, 333, 339, 352, 367; III XXXIV, XXXIX, LXXII, 132, 135, 138, 141, 143, 176, 178, 321, 339, 342, 350, 375, 387; IV 51, 91, 205, 282, 325. Bredow IV 128. Bredowsau I 12, 18. Breslau II 397; III 307; IV 128. Breteuil II 396; III 368. Brienz III 271. Brighton IV 204, 213, 294. Brooklyn IV 242f. Brottewitz IV 115, 288. Brunnen III 169, 271, 352, 384. Brüssel IV 137, 244. Buchau III 303f. Buckau IV 127f. Budapest II 397; III 368; IV 137, 229. C Cacina IV 214. Calbe I 244. Cambridge I 308f.; IV 90, 111. Cambridgeport IV 81, 85, 111, 241, 243. Camburg II 370. Camsdorf III 305; IV 50. Charlottenburg II 220, 381; III 304, 333, 347; IV 68, 280, 324f., 327-331. Charlottesville IV 90. Chemnitz I 33, 36, 78, 91, 97, 313; II LXVIII, 314f., 346, 362, 397, 399; III XIX, XCIII, 3, 301; IV 81, 128, 323. Chicago III LXVI, 380; IV 90, 115, 117, 180, 233, 239-241, 331, 337-338. Choisy-le-Roi I 303, 307; II 137. Chur III 271. Clichy III 310. Clingen II 11.

Coburg II 25f., 29, 330; III 304; IV 64, 163, 294, 443, 466. Coppanz IV 220. Corning IV 232, 238, 336-338. D Darmstadt I 157; IV 128, 137. Deesbach IV 163. Della Rocca IV 214. Dessau II 334f., 371, 394; III 153-155, 339, 347, 350. Detroit IV 239, 337. Deuben IV 128. Deutsch Lissa III 304. Deutz I 74; IV 128. Döbern IV 231. Dorpat II 325; IV 86. Dresden I 100; II XXXVI, LII, LV, LXVI, LXVIII, 81, 149, 153, 158, 192, 213-215, 257, 268, 304, 307, 314, 317, 348, 366, 370, 378, 390, 399; III 9, 16, 70, 285, 304, 343, 368; IV 44, 66, 190f., 231, 309, 320, 344-346, 348f., 351, 353, 355357, 360-363, 367, 369-373, 376-386, 432, 436f., 439, 442f., 475-481. Dublin IV 82, 86, 89, 112, 331. Düsseldorf II 259, 338, 346; IV 98, 128. E Ealing IV 89. Ehrenfeld II LXVI, 21, 23, 25f., 73, 221, 330f., 381; III 304, 340. Eilenberg IV 128. Eisenach I 22; II 113, 354, 359; III 139, 141, 340. Eisenberg I 260, 265, 332. Elberfeld III XXXI, 122f. Elbing IV 204. Elgersburg III 357; IV 68, 197. Erfurt I 312; II 321; III 304; IV 307. Erlangen III 386. Esslingen IV 128. F Fall River IV 117. Fiesch III 271. Florenz II 55, 341, 353. Frankfurt am Main I XXIV, 50, 73-75, 90-92, 94, 98, 101, 112-114, 125, 129, 131f., 134, 138, 140, 143f., 146-150, 152, 158, 160-162, 166f., 169, 171f., 193, 196-

ORTSREGISTER

201, 209, 212f., 219, 221, 227, 316-319, 322-324, 326, 329; II 23, 331, 333, 356, 371; III XXXIV, XLI, LXXV, 321, 350, 352, 375, 382; IV 93, 335. Frauenau II 341. Freden III 91; IV 70, 72. Freeville IV 444, 447. Freiberg I 99f., 103; II 51; III 83. Freiburg (Schweiz) I 304; II 367. Friedenau IV 77, 80, 90, 272, 326. Friedrichshagen II 86. Fulda IV 49. G Gehlberg III LV, 370, 372; IV 293. Geiersthal II L; III 234. Geneva, N. Y. III 381. Genf I 233; II 389. Genua II 67, 342f. Gera IV 205, 212, 309. Geraberg IV 68. Gernsheim III 377; IV 243f. Gerresheim III 305, 340; IV 20, 49, 307. Gießen I 86f., 315, 319. Girgenti II 342. Glasgow III LXIX. Gletsch III 385. Gloucester IV 238, 240. Görlitz I 84, 90, 157, 161, 261, 319; II 321; III 304; IV 163f. Göschenen III 271. Göttingen I 33, 64, 187, 210, 313, 317; II 399; III 307, 352, 369, 383; IV 87. Grafenstaden IV 128. Graz IV 165, 307. Greenwich IV 89. Grindelwald III 270f. Grönitz III 268. Großalmerode I 229, 232f., 259, 261, 263f.; II 58, 73, 331, 344; III 304. Großheringen II 229. Grünenplan III 91. Grunewald IV 330. Grünstadt III 304. Gutendorf IV 50. H Hagen II 39f., 195, 321; IV 20. Hainsberg / Sachsen I 264.

489 Halle / Saale I 309; II 120; III 304; IV 128, 161, 379, 381, 439. Hamburg I 306, 319; II 280, 308, 313, 327, 356f., 396, 398f.; III 102, 110, 163, 233, 265, 268, 274, 311, 352; IV 82, 86, 116, 119, 126, 128, 191, 216, 233, 239, 287, 289, 356, 414. Hanau III 304. Hannover II 111, 358, 360; III 59, 304; IV 49, 128, 191, 307, 335, 391. Harrison IV 242. Heidelberg I 315; II 393; IV 117-119, 137, 288f., 293, 443, 466. Helsinki II 397; III 368. Hettenleidelheim II 21; III 304. Hoboken IV 242f. Hochberg III 201-203. Hochfeld II 24. Hohenbocka III 303f. Hohenheim III 336. Hohenlimburg IV 131. Homburg v. d. H. III XXVIII, 301, 321, 339, 359. Hospenthal III XLI, 165, 269. Hoyerswerda IV 162. I Idar IV 161. Igelshieb II 338; IV 163. Ilmenau I 101, 321, 332; II 113, 354, 359; III XXXVII, XLIII-XLV, LV, LXXVIII, 100-103, 172, 174, 223, 265, 278, 304, 333f., 349, 355f., 369, 375f.; IV 18, 47, 50, 54, 63, 65f. 68, 70, 72, 120f., 127, 137, 161, 167, 187, 189, 204, 245, 307f., 336. Innertkirchen III LXXf., LXXXVIII, 270-272. Innsbruck IV 289. Interlaken III 271f., 384. Jenaprießnitz IV 162. Judenbach IV 162. Karlsruhe II 350, 366; III 309, 336, 368; IV 128, 140, 142f., 166, 199, 330. Kassel I 22. Kiel III 368; IV 126. Klein Tettau IV 162f. Kleinzerlang II 340.

490

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Köln I 74; II 40, 398; III 139, 340; IV 72, 127, 137, 145, 231, 236, 244, 337. Königsberg III LXIX, 37, 277, 312, 386; IV 87, 118, 166. Konstantinopel IV 48, 243. Konstein IV 161, 167, 328. Kopenhagen IV 137. Kristiania (Oslo) II 397; III 368. L Lamspringe IV 64. Lang IV 239f., 244. Las Rozas II 195. Lauscha III 101. Lauterberg a. H. IV 335. Leipzig I XIX, 64, 87, 303; II 30, 48, 66, 92, 332f., 339, 348, 352, 368; III 53; IV 20, 137, 164, 187, 200f., 379. Leitomischl IV 72. Les Brenets I 305; III 387. Ligny III 90. Lilienthal III 385. Lissabon IV 229. Lobeda IV 41, 48. London I XVIII, XXI, 3, 89, 91, 97, 106, 145, 221, 301, 309f.; II XII, 112, 145, 344, 357, 369, 397; III LXIX, LXXX, 274, 281, 368, 387f.; IV 51, 89, 98, 137, 181, 209, 216, 239f., 243f., 331, 444, 447. Lüttich II 214, 372, 378; III 307. Luzern III 271. Lynn IV 241f., 336. M Mâcon IV 444, 447. Madrid IV 137. Magdeburg II 24, 339; III XCIII. Mailand II 67, 342. Mainz IV 464. Meiningen II 336; III 103; IV 414. Meiringen III LXXI, 271. Meißen III 324. Mellenbach III XLIII, 355. Merseburg III XCIII; IV 39, 272, 319, 427. Messina II LXVIII, 334, 341; III 241. Meudon IV 86, 89. Meuselwitz III 304; IV 209f. Milwaukee III LXVI, 380. Minden III 377.

Morez I 306; II 140, 367. Moys IV 163f. Mühlberg/Elbe III XLII, LII, 359f.; IV 115, 182, 288. Mühlhausen IV 131. Mühlheim II 29. München I XV, 13, 64, 306f.; II XXI, 30, 42, 53, 60, 137, 142, 327, 333, 341, 345, 349, 367, 396; III XXXIV, XXXIX, XLIf., XLIX, LII, LXXI, LXXVI, 36, 165f., 178, 265f., 309, 321, 336, 350, 352f., 359f., 368, 375, 383, 386; IV 14, 39, 46, 52, 80-83, 85f., 91, 94, 108-110, 116, 118f., 128, 199, 267, 269, 272f., 281f., 286, 291, 319, 323-325, 330, 332f., 339342, 345, 374, 444f., 447. Münster IV 104. Mylau IV 201, 308. N Neapel II 60, 67, 341f.; IV 48, 189, 338f. Neuchâtel II 396; III 368. Neuenburg IV 289. Neufriedrichsort III 352. Neuhaus I 101, 321; II XLVIII, 392; III XX, 64, 156, 311. Neustadt bei Coburg IV 163. New Haven III 66. New York III LXVI, 381; IV 93, 137, 201, 232f., 238, 240-242, 337f., 444, 447. Newall-Nexcastle IV 86. Niedersynderstedt IV 162. Nizza IV 86, 89f. Nürnberg I 13, 307; II 23, 53, 341; III 90; IV 128, 267. O Oberhof III 141. Oberpörlitz IV 50. Oberrottenbach IV 235. Oberursel I 319; II 73, 142, 335, 344, 356. Obra III 307. Oeslau III 304. Ohrdruf III 141, 333. Oporto IV 229. Oranienburg II 29. Oviedo I 305; II 195; IV 20. P Paderborn IV 49.

ORTSREGISTER

Palermo II 67, 81, 342. Paris I 12-14, 65, 70, 100, 169, 233, 255, 303-307, 315, 320, 335; II XXVII, 88, 95, 98, 103, 124, 136, 138-142, 147, 161, 176, 178, 180, 214, 219, 221, 280, 286, 327, 351-353, 355f., 367, 380f., 397; III XVIIIf., XXXV, LIV, LXXXII, 6, 23, 32, 48f., 57f., 90, 131, 133f., 136, 138, 140, 176, 180, 196, 340f., 347, 361, 368; IV 81f., 86, 88-90, 93-95, 98-100, 108, 115, 137, 145, 163, 209, 229, 241-243, 338, 443, 466. Pasing I 306. Pearsonstown IV 89. Penig IV 164. Penzig IV 231, 244, 339. Peterboro III LXVI, 380. Peterwitz III 304. Philadelphia IV 98, 238f., 241. Pilsen IV 64. Pisa II 131, 364. Pittsburgh IV 241, 243. Podersam III 304. Pölbitz III LII, 360, 381. Poppelsdorf II 217, 380. Pößneck IV 394. Potschappel IV 128. Potsdam I 64; II 52, 337, 340, 353; III XXXIV, LII, LXXII, 348, 352, 383, 388; IV 46, 48, 76, 82-90, 99, 108-119, 162, 282, 287f., 324f., 327, 331-333, 398, 427. Prag III 169. R Radeberg III 3, 5, 302; IV 164, 171, 207. Radebeul II 400. Rathenow I 13, 305-307; II XXXIIIf., XLIIf., 53, 70, 103, 121, 123f., 137, 139142, 180-182, 200, 340, 343f., 350, 356, 361, 365, 367, 374; III XIX, XXIVf., XXVIII, XXXIIIf., XXXIX, XLII, XLIX, LXXIII, 69, 74, 86, 88, 90f., 93, 115, 143, 151f., 178, 263, 321, 324, 327, 329-331, 335, 339, 341f., 346, 348, 352, 359f., 375; IV 51, 96, 98. Regensburg IV 203, 309. Reichenberg IV 64. Reinosa I 305; II 195. Remscheid IV 231.

491 Rochester, N. Y. III LXVI, 380; IV 93, 98f., 230, 233, 238, 269, 294, 337. Roda III LXXVIII, 166. Rom II 67, 341f., 397; III 368; IV 48. Rosdzin I 164-266. Rudolstadt I XXVIII; III XCIV; IV 5, 7f., 343, 353, 357, 359, 377, 379, 384f., 388f., 391f., 394, 396, 399, 402f., 407, 409-412, 414, 422-424, 426, 429, 432f., 442-446, 448, 450, 452, 465-468, 471, 477f., 482, 485. S Saalfeld IV 444. Saarau II 116; III 304. Saint-Denis III XXXII, 349. San Francisco IV 81, 87, 90, 240, 243. San Jose IV 86. Sankt Petersburg II 396; III 368; IV 72, 86f., 114. Santander IV 21. Sázava III 354; IV 64. Schalke III 315. Schede I 317f.; II 145, 158, 321, 368, 372. Schenectady IV 241f., 336. Schildhorst IV 70, 72. Schleusingen III 349; IV 65. Schmalenbuche III 156. Schmiedefeld am Rennsteig III XLIII, LXXVIII, 349, 355, 376. Schwerin II 397. Seattle IV 233. Seelze III 304. Sèvres III 315. Sidney II 67, 339. Siegen III 322. Solothurn I 12, 303; II 137, 367; III 387. Sonneberg III 103; IV 444, 448, 466. St. Louis IV 240. St. Paul IV 233, 337. Stadtilm III 305. Steglitz IV 325. Steinach IV 162f., 443, 466. Stockholm II 397; III 368. Stove IV 204, 294. Straßburg I 99, 101, 103, 138, 141, 144; II 397; III 336, 368; IV 86, 114, 134, 151, 328-330.

492

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Stuttgart III 368. Stützerbach I 136, 141f., 167, 170, 261f., 265, 321f., 331; II XXXIf., XLIII, XLVII, Lf., LXVI, 23f., 111-113, 130f., 146, 160, 181f., 201, 223, 226, 236, 240, 325, 330f., 354, 359, 364f., 370, 372-374, 377, 387f., 392, 394-396; III XVIII, XXI, XXVIIf., XXXII, XXXVI, XLIIIf., LV, LXXXVIII, 34, 36f., 39, 42, 44, 48f., 58, 79, 84, 101, 107, 115, 131, 170, 304-306, 310, 313-319, 322, 328, 333f., 345f., 349, 354f., 369f., 372f., 376; IV 18, 31, 68f., 72, 121, 137, 156, 162-164, 207. Suhl IV 467. Sulza II LXVIf., 315f., 399. Tannroda IV 36, 188, 211-215, 217, 230, 235, 249f., 256, 261f., 266-268, 298. Taubach IV 50, 162. Tegel IV 128. Thale III 350. Theresienthal II 341. Trokalin IV 161. Trotha III 304. Tschernitz I 328; II 325; III 342. U Upsala IV 81. Utrecht IV 137. V Vlissingen I 89, 128. W Wagenitz I 306; II 139, 340. Währing III LXVI, 380. Waldeck (bei Apolda) IV 161. Warrington I 128, 140, 142, 314, 318. Washington II 397; III 368; IV 86, 88, 90, 117, 238. Weimar I X, XXVIII; II VIII, XXXVII, LIIf., LXIII, LXVIf., 29f., 43, 229, 332f., 337f., 345, 377, 399; III X, LXXXVII, XCIV, 3, 28, 40, 55, 102f., 146f., 162, 164, 176; IV 5, 7, 36, 39, 56f., 59, 162, 166, 186f., 203, 211, 214, 230, 233, 257, 268, 308, 320, 326f., 335, 344, 346f., 389, 391f., 394-404, 408-412, 414, 417, 419424, 426, 428-434, 436, 443, 445f., 448, 466-468, 471, 473, 475f., 485. Weißwasser IV 71f., 231. Wetter / Ruhr II 372; IV 128.

Wetzlar I 64, 315, 319; III XLII, LIII, 360, 386. Wickersdorf IV 444. Wien I 64; II LI, 88, 249, 351, 386, 397; III LXVI, LXXII, 169, 352, 368, 380, 386; IV 86, 97f., 137, 237, 289, 307. Wiesbaden I 80, 87, 90, 160-162, 233, 307, 319, 322-324; II 30, 43, 92, 120, 135, 158, 214f., 233, 250f., 321, 325f., 332f., 338, 368, 378, 388; III 328; IV 143. Windisch-Eschenbach IV 197, 309. Winterhude → Hamburg Witten I XI, XIV, XXIIIf., XXVI, 3, 7, 9f., 15, 23, 25, 27, 29f., 33f., 37, 41, 45, 50-52, 56, 61, 65, 67, 70, 73-75, 78f., 89f., 98, 100, 103, 105-107, 109, 114, 116, 124f., 132, 135-138, 141, 143, 145f., 148, 152, 154, 156, 158, 160, 162, 165, 167, 171, 180, 182, 187, 191-193, 195, 197, 205, 207, 209, 212, 215, 217, 223, 229f., 232f., 237, 239, 241, 243, 249, 256, 258, 261-264, 266, 269f., 282, 301f., 305, 307, 309-312, 314, 316, 318, 320, 324, 331, 334; II IX, XI-XIII, XXI, XXV, XXXI, XXXIIIf., XXXVIIf., LII, LXIV, 1, 3-5, 8, 23, 26f., 29, 37, 39, 43, 48, 50, 74, 78, 113, 115, 118, 195, 213f., 250, 265, 279, 321f., 325f., 330-334, 336-338, 340, 342, 347, 350, 352, 354, 357, 359, 361, 366, 368f., 390f., 394, 397; III XIf., XXIII, XXXIV, XXXVIII, XLVII, LXXXVI, LXXXIX, 6, 19, 29, 65-67, 80, 138f., 141, 143, 145f., 182, 219, 246, 301, 303, 305, 322f., 339f., 342-344, 346, 348, 387; IV 5, 11f., 14, 18, 20f., 23, 33, 48, 97, 99, 275f., 397f., 414, 446, 449, 471. Wunsiedel III 303f. Würzburg II 9, 47f., 324; III 336; IV 20, 292. Y York III LXXVI; IV 51, 86, 98, 109. Z Zechlin I 306; II XVIII, LXVI, 51f., 55f., 61, 63, 87, 219-221, 340, 380f. Zielkowa IV 50. Zürich II 67, 342; IV 289. Zwätzen IV 50. Zwickau III 360, 381.

7.2 Personenregister A Abbe, Elisabeth (Elise), geb. Snell I 262, 311, 331; II X, 55, 60f., 67f., 81, 99, 156, 318, 334, 348; III LXXXVIII, 23, 154, 166, 221, 243, 269-271, 307f., 347, 352. Abs II 40. Achenbach, Heinrich von II 143, 361, 367; III 91, 331. Achenbach, Max („Alvary“) II 40, 338; III 162, 351. Ador, Emile II 390. Albrecht, Albert IV 43, 50. Alt, August III 333. Althoff, Friedrich IV 89, 327, 331. Amici, Giovanni Battista II 353. Archenhold, Friedrich Simon IV 110116, 286, 330-332. Argelander, Friedrich Wilhelm August IV 87. Arndtsen, Adam II 397; III 368. Arons, Leo IV 196, 293. Auer, Friedrich IV 348, 409f. Auerbach, Felix I XXII; II 353; III 363, 372; IV 24. Auwers, Artur II LVIII, 289f.; III XLII, 356, 364; IV 87, 89f., 116, 118, 333. B Bach, Johann Sebastian IV 413. Baker IV 51, 98. Balluseck, Lothar von IV 400. Bamberg, Carl II XVI, XXII-XXIV, XXVI-XXIX, XXXI-XXXIII, XL, LXVIf., 33f., 93, 95f., 98f., 101, 105, 113f., 173, 335, 353, 356, 359, 359, 374; III XXXIII, XLf., LIf., LVII, LXXIII-LXXVII, 178, 243, 269-273, 277, 297, 339, 353, 358, 361, 365, 373, 380, 382-387; IV 34, 45f., 48, 51, 75-82, 88-90, 95, 108f., 272, 324326. Bamberg, Emma, geb. Roux III 270. Bamberg, Paul II LXVII. Bardeleben, Karl II 391. Barth, Fritz IV 377. Bätz, Emil III 305, 316f.

Bauersfeld, Walter IV 192, 232. Baumann, J.[…] III 341. Baumann, Theodor II 381. Baur, Karl Wilhelm von II 396; III 368. Bausch, Eduard IV 238, 337. Beerhold, Richard IV 208. Benecke, Arthur II 335. Benoît, René II 85, 396; III 368. Benrath, Hermann E. I 210, 214; II 810, 325; III 176, 357. Berger, Edwin I XXVIIf.; IV 18, 38, 199, 391-393, 395-396. Bergmann, Robert III 164. Besborodow, M.[..] A.[…] IV 371. Bessel, Friedrich Wilhelm III 280, 386. Bezold, Albert von II 391. Bickroth, Carl III 305, 326. Biedermann, Wilhelm IV 337. Bineau, Jean-Martial II 120, 360. Bismarck, Otto von II 368; III LVIIf., XCIIf., 215, 357; IV 413. Blaubach (Jenaer Hauswirtin) II 321. Blumenstein, Fritz IV 51, 205, 309. Bock, Richard III XXXVII, LV, 223f. Bock, Wilhelm II XXXVf., LV, 160, 235, 263, 277, 361f., 369-371, 377. Boegehold, Hans III XCIII, 362; IV 74. Böhme, Fred IV 347, 369, 373, 375. Bolten, Johannes IV 412. Bonsack, A.[…] III 35. Bontemps, George I 16, 187, 220, 270, 303, 307; II 137, 329, 367; III 176, 357. Bor(t)z, Heinrich II LXII, 360, 390, 402; III 305, 326, 367. Bork IV 244. Born, C.[…] III 45. Börnstein, Richard II 297. Borrows IV 242. Bosse, Robert IV 111, 113f., 119. Böttcher, Albrecht IV 65f., 121. Böttcher, Eduard Theodor II 396; III 368. Böttger, Rudolf Christian I 90, 93f., 319, 323.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Bötticher, Karl Heinrich von II LIX, 309, 396, 398; III XXX, LIV, LVIII, 107, 207, 213, 334. Brandts, Kornel IV 206. Brashear, John Alfred IV 112f., 241, 243. Bredichin, Fjodor Alexandrowitsch III LXIX, 277. Bredow, Georg Heinrich Eduard Baron von I 12, 306; II 139, 340. Bredt, Julius II 223, 383. Broch, Ole Jacob II 396; III 368. Brügelmann, Gottfried I 80, 161f., 304, 307, 309, 311, 313, 316-319, 322-324, 326, 328f., 331-335; II XV, XVII, XXII, XXIV, XXVI, XXVIII, XXXI, XXXIIIXXXV, XXXVII, LII, LIV, LXVf., 13f., 27, 30f., 36, 39, 42, 51, 73, 78, 87, 92, 95, 105, 113, 118, 120, 134, 136, 144, 155, 213f., 232, 250f., 264, 279, 296, 321-326, 332-334, 337-339, 341f., 346, 352f., 356, 359f., 366-368, 370-372, 377f., 388-391, 393f., 397; III XXVIIIf., XL, LXXXVI, 38, 80, 94, 116, 309, 313, 328, 336, 350, IV 21, 23, 142, 394. Brühl, Julius Wilhelm I 25. Buchmann, Erich IV 467. Büchner I, Friedrich IV 43, 50. Büchner II, Friedrich IV 43, 50. Bunsen, Robert Wilhelm II 336. Busch, Emil I 305-307; II XXXIIIf., XLII, 105, 121, 137, 143, 180, 182, 340, 343f., 350, 356, 361, 367, 374, 390; III XIX, XXIII-XXV, XXIX, XXXI, 69, 86, 88, 90f., 93, 115f., 324, 327, 331, 335. C Cambell IV 241. Casanave IV 240f. Christoph, Hans IV 206-207. Churchill, William IV 232. Clark, Alvan Graham IV 81, 86, 111, 117f., 240f., 243, 288, 330. Clark, Alvan IV 117. Common IV 89. Comte, August IV 447. Cook, William Fothergill IV 86. Cooper-Hewitt, Peter IV 196, 293. Cornelly II 297.

Crafts, James Mason III 231. Crawford IV 242. Curtius, Ernst IV 87. Czapski, Margarete, geb. Koch III 263, 307, 382, 385. Czapski, Siegfried I XVII, XIX-XXI, 310; II LXIV, 165; III LII, LXIII, LXXIILXXV, LXXVII, LXXXVIIf., XCIII, 21f., 30, 57, 141, 217f., 243, 263f., 269, 272, 277, 279f., 285f., 307-309, 311, 319, 365, 372f., 380-383, 385, 387f.; IV 18, 35, 57, 74-78, 108, 110, 114, 191-194, 269, 277, 285, 300f., 307, 330, 333-335. D Daguet, Théodore I 6, 12f., 303, 306; II 137, 329, 340, 367; III 284, 387. Darwin, Charles II 391. Day IV 238. Delbrück, Max II 225; III 127. Dencker, Ferdinand II 280, 286. Denhardt, Clemens III 36-39, 49-51, 55, 58, 85, 311f., 315, 318. Denhardt, Gustav III 311. Diederichs, Eugen IV 199, 274, 280, 322. Dimmler, Albin IV 161. Dippe, Hermann(?) II 397. Dippel, Leopold III LXIX, 389. Ditscher, Karl IV 166. Dodonow, I.[…] K.[…] IV 439. Doergens, Richard II 337. Dohrn, Anton II 341. Dollond, John I 327; II 95, 329, 352; IV 86f. Dönhoff, Wilhelm, jun. II 30, 279. 333f., 394; III 350. Dönhoff, Wilhelm, sen. II 333. Döpel, Bruno IV 208. Dörffel, Paul II 335; IV 113, 286, 331. Dornberger, Paul IV 401, 478. Drefahl, Günther IV 388. Drummond, Thomas I 228. Du Bois-Reymond, Emil Heinrich IV 87. Dühring, Eugen II 337. Duisberg, Carl IV 192. Duncker, Johann Heinrich August von II 137, 367.

PERSONENREGISTER

Duner, Nils IV 81. Dunger, Fritz IV 206, 409, 414, 423. Dunken, Gerhard IV 366. E Eberhard, Karl August Louis III 333. Eberhardt, Hans IV 7, 273, 321, 346f., 351, 433f., 476, 485. Eberhardt, Paul IV 163, 207. Ebsen, Friedrich IV 222, 236, 257, 269272. Eder, Josef Maria IV 97. Egen, S.[…] III 210. Eichler III 87. Eisenträger III 242. Enke, August IV 43, 50. Eppenstein, Otto IV 263. Erdmann, Paul IV 164. Erlenmeyer, Emil II 371. Esche, Paul Gerhard IV 409, 416, 465. Eucken, Rudolf IV 447. Eucken-Addenhausen, Georg von II XXXV, 310, 361, 365, 368. Euler, Leonhard II 329. Ewell, Marschall Davis III 389. F Falckenberg, Richard II 297, 336, 397; III 347. Faraday, Michael I 185-187, 196f., 199, 203f., 209f., 215, 223, 225, 273, 309, 327f.; II 329. Fasoldt, August II XLIV, LXII, 194, 334, 359, 402; III LXXXVI, 139, 303, 305, 346, 367. Faßhauer, Vera IV 8. Feil, Charles I 303f.; II 138, 367. Feil, Edmond I 255f., 303; II 138. Fellenberg, Edmund von III LXXI, 272, 385. Fischer, Max IV 194, 232. Fizeau, Armand Hippolyte Louis I 292, 335; II XIX, XLVI, 170, 338. Flach, Willy I X, XXVIIf.; II VIII, LXIX; III X, XCIV; IV 5-7, 273, 275, 343-346, 372, 389, 391, 393-396, 398f., 401-404, 406-411, 414, 416-424, 428-432, 446, 466f., 471-474, 476, 481, 485. Fock II 135f. Foerster, Fritz III 328, 389; IV 17, 66,

495 126, 132-136, 191, 327-330, 336, 345, 351, 380. Foerster, Wilhelm I XVII, 269f., 272f., 275f., 292f., 295, 297, 308, 334-336; II X, XIV-XIX, XXII, XXIV-XXVIII, XXX, XXXIX, XLVIII, LI, LVIIIf., LXIVf., LXVII, 4-6, 11, 13-15, 17, 20f., 32-36, 41, 52, 56, 58, 60, 65, 71, 74, 77f., 80f., 88-90, 93, 96-100, 103, 111, 114, 117, 123, 166, 170, 176, 213, 219, 226, 228, 235f., 240, 249, 275, 280f., 288-290, 297-299, 301f., 308-310, 322-324, 326-329, 337-345, 347353, 355f., 376, 380f., 383, 385-387, 392, 395-398; III XXVII, XXXf., XXXVf., XLII, XLVI, LXXV, LXXX, 3, 5f., 32, 36, 38, 40-42, 48, 53, 58f., 66-68, 79, 81, 85, 88, 100, 107, 112, 131, 139f., 144, 151f., 162, 177, 191, 233, 311f., 314f., 320, 329, 331-334, 336f., 341f., 347f., 354356, 358, 364-366, 368; IV 34, 75, 77f., 80f., 87-90, 108, 111f., 276, 323f., 331, 393, 427. Forssman, Lars Arvid II 397; III 368. Fox, Kurt IV 162f. Francotte, P.[…]III 389. Frank, H.[…] II 381. Franke, Otto IV 48, 165, 203, 205f., 311. Frankland, Edward IV 142. Fraunhofer, Joseph I XII, XV, 4, 12, 102, 203, 277, 280, 303, 305f.; II 137, 142, 329, 331, 344, 367; III LII, 92, 281, 284, 289, 296, 373, 387; IV 13f., 52f., 75f., 8689, 118, 267, 288. Fresenius, Carl Remigius I 323; II 30, 332. Fresenius, Remigius Heinrich II 30, 333. Fresnel, Auguste Jean II 344. Frick, Eduard IV 163. Frick, Friedrich III 367; IV, 43, 50. Fricke, Dieter IV 451. Friedrichs, Franz Ferdinand I 321f.; II 148, 161, 223f., 226, 240f., 331, 359, 388; IV 68. Friedrichs, Otto I 322; II 331. Fritsch, Gustav Theodor III 276, 386. Fritsch, Karl III LXII. Fritzsche, Günther IV 436, 438, 482f. Frölich, August IV 444.

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FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Fueß, Paul III 320. Fueß, Rudolf II XVI, XIX, 33f., 42, 64, 66, 69, 76, 83, 116, 243, 270, 295, 335, 337, 340, 343f., 346, 349, 351, 358, 376, 382, 384, 388f., 392, 394f., 397; III XX, XXXII, XXXVI, LVII, 6, 26, 35, 38, 59, 61, 64, 67f., 87f., 96f., 151f., 226, 317, 319, 321, 332, 345, 357; IV 80, 229, 247. G Gaar, Hans IV 203, 309. Galle, Johann Gottfried II 397. Gärtner, August IV 215. Gauß, Karl Friedrich I 289; II 352; III LXXV, 283, 369, 383, 387. Gegenbaur, Karl II 334, 391. Geißler, Heinrich II 213, 338. Geister, Testor II 40. Gerland, Ernst III 209f., 217, 369. Gerland, Heinrich IV 47. Geuther, Johann Georg Anton III 336. Gilbert, Ludwig Wilhelm II 339. Girnus, Wilhelm IV 434. Gladstone, John H. I 25, 30f., 33f., 309. Gleichen-Rußwurm, Freiherr von IV 211. Glinzer , E.[…] IV 114, 126. Gloukhoff, von II 396. Gmelin, Leopold I 33f., 36, 40, 45. Göbert, Karl IV 43, 50. Goessel, von II 337. Goethe, Johann Wolfgang III 332; IV 413. Goldschmidt, Friedrich III XXXIf., 117f., 123. Görlich, Paul IV 379, 381-383. Gosslar IV 48. Goßler, Gustav von I XVII, 269, 276, 333, 336; II X, XV, XXV, XXVIIf., XXX, XXXVIII, LIV, LIX-LXII, 13, 15, 17, 20, 81, 98, 102, 104, 114, 117-119, 121-123, 128, 131, 137, 143, 163, 165, 211, 247, 249, 274, 276, 302, 312, 322, 326, 329, 334f., 344, 354-357, 359, 361, 370, 376, 386, 393; III XXI-XXIII, LVIII, XCIII, 7f., 20, 31, 41, 70, 74, 93, 119, 121, 130, 206f., 213, 215, 217, 305, 324, 331, 333, 336f., 357, 364; IV 77, 8285, 87, 324, 470.

Gottfried von Bouillon II 332. Götze, Ferdinand II 315; III 305, 367. Götze, Max III 305, 367. Graf, Eduard III XXXI, 117, 122f. Gränsel, Gustav IV 163. Grashof, Franz II 396; III 368. Grasser II 396; III 368. Grebe, Carl IV 107, 285. Gregory, David II 329, 357. Greiff, Julius II XVI, XXVII, 98, 329, 334, 352f., 355f., 359; III 131, 337. Greil, Max IV 444, 452, 466, 468. Greiling, Werner IV 8. Greiner III 305, 316f. Greiner, Anton IV 163. Greiner, Emil III 51. Greiner, Ephraim III 37, 49-51, 53f., 57f., 107, 312, 318, 334. Greiner, Wilhelm III 333. Grieshammer, Emil IV 42-43, 49-51, 144, 158, 165, 179, 197, 202-203, 219, 307, 309, 311. Groß, Rudolf Gabriel Freiherr von II 377. Großmann, Max IV 204f., 308. Groth, Paul Heinrich von I 99, 101, 103, 309, 320; III 116, 336. Grubb, Howard III 280, 387; IV 86, 89, 110, 112, 118, 288, 331. Grünewald, Hermann IV 41, 43, 50. Grützmacher, Fr.[…] IV 121. Guinand, Henri I 303; II 137f., 367. Guinand, Pierre Louis I 303, 305f.; II 137f., 329, 331, 367; III 281, 387; IV 14. Guinand, Rosalie I 303; II 137. Gundelach, Max IV 154, 293. Günther IV 96. Gutzmer, August IV 263. H Haag, Septimus (genannt Sepp) IV 42f., 50, 162, 167. Haak, William II XLVIII, 286, 382, 392; III XX, XXVI, XXXV, XLV, LV, LVII, 25f., 30f., 34-38, 43, 52, 62, 64, 69, 87f., 99f., 113, 131, 140, 144f., 152, 212, 217, 223-226, 244, 264, 270, 306, 311, 316-318, 322, 328, 330, 334, 337f., 354, 369, 373; IV 70, 124.

PERSONENREGISTER

Haber, Fritz IV 142f. Haecke, H.[…] IV 95. Haeckel, Ernst II 96, 334, 353, 391; III 24, 309, 336; IV 335f. Haën, Eugen de II 24, 111, 358. Hagen, Ernst IV 122. Hagen, […] von der II 397; III 91, 115, 331, 335. Hahn, Konrad IV 204, 211f. Hahne, Arnold III XXIII, LXXXVI, 7, 183, 303, 322, 344. Hahne, Carl II 391; III LXXXVI, 6, 19f., 29, 303, 322, 344. Hahne, Gustav II 391. Haiding IV 243. Hann III 88. Harcourt, William Vernon I 308f.; II 328f.; III 281f., 296, 387. Harkort, Peter II 158, 372. Harkort, Wilhelmine I 318; II 158, 372. Harting, H.[…]IV 119, 288. Hartleb, Margit IV 8. Hartmann, Friedrich II 368. Hartnack, Edmund II 353; III 348. Hartung, Karl IV 68. Hartwig I XXVIII. Hastings, Charles Sheldon III 382. Hatfield, Henry Stafford IV 204f., 216, 244, 294, 308, 335, 338. Haubold IV 186f. Hecker IV 241. Hedemann, Justus IV 190. Heeremann von Zuydwyck, Clemens III 117. Hegner, Friedrich (Fritz) III 305, 326, 367; IV 43, 50. Heidenhain, Arthur III 22. Heinrich, Gustav IV 272, 320, 353, 384f., 388, 475, 484. Heintz, Albert IV 31, 162, 203, 207, 408-410, 414, 423. Heintz, Balduin IV 156,162f. Heintz, Constantin IV 137. Heintz, Eduard IV 164, 207. Heintz, Ferdinand IV 162f. Heintz, Franz IV 156,162f., 207. Heintz, Theodor IV 156, 162f. Heintz, Wilhelm IV 162f., 168.

497 Heinz, Franz III XXXVI, 345. Heinz, Friedrich III XXXVI, 345. Heinz, Hermann III XXXVI, 345. Helmholtz, Hermann von I 308, 336; II XVf., XXIV-XXVI, XXVIII, 32, 34, 36, 74, 78, 81, 103, 275, 335-337, 339, 345, 347, 351, 362f.; III XLVI, 177, 302, 307, 336, 358, 364-366; IV 65, 112f., 134, 280, 286, 317, 320, 339, 373, 427. Hempel, Hermann IV 208. Henning, Fritz II LXVII. Henriveaux, Jules III 176, 357. Hense Friedrich IV 43, 50. Henzold, O.[…] II 380. Heraeus, Wilhelm Carl II 112; III 363. Herold, Alexander IV 164. Herold, Ewald IV 163f., 169, 211. Herold, Kurt IV 164, 169. Herold, Theodor IV 164, 169. Herr, Joseph Philipp II 396. Herschel, John Frederick William I 309, 327; II 329; IV 86. Herschkowitz, Mordko IV 18, 37, 128f., 148, 166, 179, 201, 290f., 293, 307f. Hertwig, Oscar II 391. Heusinger II 390. Heydweiller, Adolf III 328. Hildebrand, Adolf von II 341. Hildebrand, Bruno II 341. Hill IV 242. Hill, David III LXXVI; IV 81, 242, 323. Hirsch, Adolf IV 71f. Hirsch, Adolphe II 396; III 368. Hirsch, Richard IV 49, 198f., 217, 219, 309. Hoegh, Emil von III LXXII. Hoffmann, Albert IV 162. Hoffmann, W.[…] IV 123f. Hoffmeister, Cuno IV 370. Hofmann, August Wilhelm von I XVIII; II 371. Hofmeister, A.[…] IV 163. Hollister, Robert IV 232. Hopf II 396; III 368. Hopfe IV 157. Hopkinson, John I 308; II 329; III 297, 387. Höß, Irmgard IV 426, 479f.

498

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Houghton, A.[…] B.[…] IV 233, 238, 241. Hovestadt, Heinrich I XX, XXII; III LXXVI, LXXX; IV 17, 38, 74, 98, 104, 108, 120, 188, 279, 318. Huhn, Ed.[…] IV 163. Humboldt, Alexander von II 41, 230, 294, 338, 343; IV 347f., 366. Hündorf IV 176. Hunstedt, O[…] III 3. Huxley, Thomas Henry II 391. I Imme, R.[...] IV 95. Immermann, Carl Leberecht II 156, 371. J Jacobi, Friedrich Heinrich II 74, 346. Jacobi, Hugo IV 452. Jacobsen, Alfred IV 206. Jäger, Franz III 333. Jahn, Albert IV 163. Jannasch, Hugo II 29. Jaurú, César Sauvan Baron von II 396; III 368. Jung, Ernst IV 161. Jungnickel, Hans IV 414. K Kahle, August III 319. Kanitz, Hans Graf von IV 86. Karsow II 261, 267. Karsten, Gustav II 396; III 368. Kauffeldt, Alfons IV 320, 355, 366, 369, 377, 379. Kefner(?), […] von II 316. Kemter, Max IV 371. Keppeler, Gustav IV 391. Kersten, Otto IV 164, 206f. Kimble, Evan E. IV 239-241. Kirchberg IV 357. Kirchhoff, Gustav Robert II 397; III 368. Kleinenberg, Nikolaus II XV, XXV, XXVIII, XXXIf., XXXIV, LXVIII, 31, 60, 81, 118, 334, 342, 348; III LI, LXII, LXXXVII, 241, 379f. Klemm, August I X, XXVIII; III X, XCIV; IV 391, 398, 404, 406-408, 411, 414-417, 423f., 474. Klemm, Friedrich IV 273, 319.

Klett, Rudolph IV 41f., 48, 54, 85, 150, 164, 179, 194, 197f., 202f., 205-207, 210f., 213-217, 219, 222f., 225, 227-230, 232236, 238-244, 247, 251, 253, 255, 257f., 272, 294f., 307, 310-312, 337f., 365. Klinkerfues, Wilhelm IV 87. Klügel, Georg Simon I 303. Knabe IV 157. Knoblauch IV 157. Knöll, Hans IV 30, 375, 381, 385. Knop, Adolf III 336. Knop, Wilhelm II 332, 352. Knopf, Otto IV 78, 263. Koch, Herbert III XCIII, 22. Koch, Robert III XLI, 179, 363, 384. Koch, Robert IV 427. Köcher, Walter IV 423. Kögler II 266. Köhler, August IV 201. Kohlrausch, Friedrich III 328, 389; IV 112, 134, 151, 328-330. König, A.[…] II 262, 321; III XIV, LXXXVI, 143f., 207, 323, 326, 343, 352, 367; IV 50. Koob, Hans IV 208. Kopp, Hermann II 279, 353, 390, 393. Körner, Friedrich II 329. Kösters, Wilhelm II LXVII. Kottmann, Gustav II 48, 67, 86, 339; III 275. Kranich, Albert III LXIV, 370, 378. Krause, Hugo IV 164, 206f. Krause, Karl Gottlieb III 201-203. Krauss, E.[…] IV 93, 99, 230, 234, 236. Kraut, Karl Johann I 33, 36, 40, 45. Krebs, Georg I 94. Krehan, August II 134, 366. Kreusler, Ulrich II 217-219, 380. Kreutz IV 148. Kriger, Heinrich II 266. Krüger IV 140, 331. Krüger, Ferdinand IV 41. Krumbügel, Ernst II 301, 398. Krüß, Hugo III LXXV, 383; IV 191. Küchler, Alexander III LV, 223f., 369. Kühnert, Emil IV 443. Kuithan, Erich IV 199, 257, 262, 274. Kummer, Karl III LXIV, 370, 378.

PERSONENREGISTER

Kunkel, Johann II 340. Küper II 266. Küstner, Karl Friedrich IV, 88. L Landolt, Hans Heinrich I 25, 270; II XVI, 33f., 36, 52, 216f., 225, 297, 335337, 340, 371, 378f. Lang, Viktor von II 397. Lange II 11. Lange, Alfred III 329. Laser, Wilhelmine IV 157. Lebaude II 329. Lehman, Hermann IV 208. Lehmann, Otto II 134, 279, 353, 366, 389f. Lemström, Selim II 397; III 368. Lenin, Wladimir Iljitsch IV 200. Lentz, August IV 43, 50, 166. Leonhardt, Hans IV 206. Leonhardt, Ute IV 8. Lepsius, Bernhard I 197, 199, 203. Lerner, Franz IV 371. Leubuscher, Georg II 39, 336, 391. Lewinski III XXX, 100f., 210, 370. Liebig, Justus II 333. Lilienthal, Otto II 260f., 267, 391f. Linck, Gottold IV 166. Lindelöf, Leonard Lorenz II 397. Lipsius III 386. Lissner, Anton III 329. Löber, August III 272, 326, 385. Loewenherz, Leopold I XIII, 270, 272275, 333, 336; II XVI, XXXIII, 20f., 33f., 70, 200, 219, 236, 281, 329-331, 335f., 344, 356, 374, 376, 383, 387, 394, 396; III XXXVI, XLIII, 3, 6, 22, 27, 38, 57, 107, 144f., 151f., 174f., 208f., 226, 233, 263, 278, 308f., 315, 319f., 329, 332-334, 337, 341f., 353, 355f., 381, 383; IV 65, 68, 71, 80, 96, 329. Loher, Rudolf IV 39, 272, 319, 345. Lomb, Charles IV 238. Lorenz, G.[…] II 362f. Löwe, Julius? I 331. Löwe, Wilhelm I 244. Lucanus, Hermann von II 312; IV 113114, 331.

499 Ludloff, Rudolf IV 426. Lummer, Otto III LXXV. Lummer, Richard IV 113. Lütge, Friedrich IV 374. Luthardt, Hermann IV 162. Luthardt, Reinhold IV 163. M Magnus, Heinrich Gustav II 381. Mahler, Franz Joseph I 306. Mahlke, A.[…] IV 121. Mantois, Etienne I 303. Marek, Dieter IV 8. Marignac, Jean Charles Galissard de II 264f., 279, 353, 389f. Marschler, Willy IV 467. Martens, Friedrich Fromhold III 308. Martin IV 348, 377. Mather IV 239-241, 244. Matthes, Rudolf IV 409. Matzialekk, Otto IV 72. Mayer II 266, 391. Mayer, Robert Julius II 39, 144, 337, 368. Mayerböck, Hans IV 416. Mayr, Hermann IV 127. Meineke III 32. Mejer, Ernst IV 206. Merz, Georg I 306; IV 86. Merz, Siegmund von I 306; II 23-26, 329, 331, 333. Meyer, Franz IV 289. Meyer, Lothar I 31. Meyer, Wilhelm IV 78. Meyer-Müller III 269. Miethe, Adolf III LXXII. Mitscherlich, Eilhard II 393. Mittenzwey, Moritz III LII, LXXIII, LXXV, 263, 360, 381f. Möller, Rudolf IV 198. Moltke, Helmuth Karl Bernhard von II 327; III 119, 336. Mommsen, Theodor IV 87. Moritz IV 214. Morrison IV 242. Mosdorf, Gustav IV 157. Moser, Karl II 104, 356f. Mügge, Otto IV 166. Müller, Adolph IV 161.

500

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Müller, Florenz II 381. Müller, Franz II 212, 346. Müller, Heinz IV 348, 357-359, 378, 382f. Müller, Hermann IV 162. Müller, W.[…] IV 211f., 214. Müller-Lyer, Carl Franz IV 444. Mutter, W.[…] IV 239. Mylius, Franz III LXXX, 328, 389; IV 17, 66, 324f., 329. N Nelson, Edward Milles III 389. Newton, Isaac II 329. Nieberding, Rudolf Arnold III XLII, LIII, 174, 191, 200, 208, 265, 278, 347, 355f., 368, 383. Niehls, Wilhelm III 357; IV 125, 333. Nienstädt, Ernst II 66. Nies, Friedrich III 116, 336. Nissen, Walter III XCIII; IV 272. Nöckler, Gustav IV 156. Nordwig, Hans III X, XCIV; IV 344, 346-348, 350f., 353, 357, 361f., 366-373, 375f., 378, 383-387, 415-417, 419-421, 424, 428f., 431f., 442f., 465, 472, 475f., 481, 484. Nußpickel, August IV 41f., 52, 163, 166. O Ortlepp, Fritz III XCIII. Overbeck, Heinrich II 87, 340, 350; III 350; IV 48. P Paalzow, Karl Adolph II 337. Parra, Numa I 303. Partschefeld, Heinrich IV 207. Pauly, Max III LII, 359f.; IV 115, 117f., 182, 288. Péligot, Eugène-Melchior III 340. Pelletan III 389. Pernet, Johannes I 273; II 290, 292, 366, 394, 396; III LVI, LXVI, LXXVII, 99, 112, 152f., 209, 211, 223-225, 232f., 243f., 264, 272f., 341, 347, 368f.; IV 323f. Petermann, Karl IV 162. Petersen, Theodor I 152, 169, 171, 197. Pielke, Else III 347. Pielke, Karl II 371; III 153f., 339, 347. Pielke, W.[…] IV 337.

Pieper, C.[…] IV 133, 326. Pierstorff, Julius IV 160, 174. Pistor, Hermann IV 391. Plagge, Theodorich III 277. Poggendorf, Johann Christian II 339. Pole, Josef IV 242. Polz, Eduard II 313. Porro, Ignazio IV 110. Posadowsky, Arthur von IV 190. Poschinger, Georg Benedict (oder Michael?) von II XXI, 53f., 341. Pötzl, Josef IV 216, 312. Pötzsch II 336, 391. Prager, Karl II LXII, 360, 390, 402; III 305; IV 50f. Prausnitz, Paul IV 203. Prechtl, Johann Joseph Ritter von II 329. Preißer, Gustav IV 48, 144, 155. Preußen, Friedrich Wilhelm, Kronprinz von I 270, 272, 335; II 323, 329. Prokop, Rudolf III 329. Prokosch, Georg IV 161, 328. Przybyl, Franz (genannt Schiebelack) IV 43, 50. Pulfrich, Carl IV 18, 67. Putsch III 344. Q Quintus, […] von II 396. R Ramsden, Jesse II 95, 352. Ratsé, Edmond II 63. Ratzé, Louis de I 306; II 340; III 89. Rau, Heinrich IV 30. Rauter, Oskar II LXVI, 21f., 24f., 72f., 330, 332, 344, 381; III 318; IV 72. Regel, Fritz II 336. Regely, Benno II 397. Regli(?) III 269, 385. Regnault, Henri Victor II 385; III 61, 231, 235, 239f., 376, 379. Reichardt, Eduard II XXXVf., 149, 151, 154, 366, 370. Reichel, Carl II XXX, LI, 65, 67, 69, 80, 84-86, 97, 133, 199, 238f., 249f., 343, 365, 371, 376, 386f.; III XXVII, LXV, 53-55, 82, 84, 141, 143f., 168f., 233, 318, 328, 342, 354f.; IV 80, 328.

PERSONENREGISTER

Rein, Wilhelm IV 447. Reinhard, Ludwig IV 144. Reinitzer, Benjamin III 328, 389. Reinshagen, August IV 97. Reitmeier, Franz IV 171. Repsold, Johann Adolf II 396; IV 118f. Reuleaux, Franz II 337. Richter, Carl III 114, 318, 357. Riedel, Paul I XIV, 44, 46, 58, 73, 77, 81, 105, 118, 139f., 151, 167, 175, 181, 225, 283, 308; II XIIf., XXI, 4, 6, 59-61, 167, 182, 194, 321, 342; III 64, 246; IV 144. Röder, Julius III 305, 367. Rödiger, Paul IV 40, 43, 48-50, 164-166, 203, 205-207, 307, 311. Rohr, Moritz von I 32, 230, 269; II LXIVf., 104, 375; III 337; IV 381, 393, 407. Rohrbeck, Wilhelm II XVIII, LXVI, 52, 55f., 60f., 63, 87f., 340, 351. Rollmann, Carl III 322. Rompe, Robert IV 411. Röntgen, Wilhelm Konrad IV 151, 292. Rosenkaimer, Paul IV 127f., 241. Rosenthal, Eduard IV 189. Rosse IV 89. Rothe IV 235. Rothe, Karl III 374; IV 57, 101, 110, 141, 180, 285, 300. Rothenberger IV 406. Rötschke, Emil Richard Carl II 133f., 266, 273, 278, 356, 366, 391; III 29; IV 47, 155, 157f. Roué III 87. Rübencamp, Robert II 336. Rubens, Heinrich IV 154. Rudberg, Fredrik III 230. Rudolph, Paul III LI, LXII, LXXII, LXXXVII, 365; IV 75, 92f., 282. Rüdorff, Friedrich II 397. Ruhe IV 240, 242. Ruhe, Rudolf IV 407, 452. Rühl IV 370. Rüsch, Adalbert III 305, 367; IV 50. S Sachsen, Johann Friedrich von IV 269.

501 Sachsen-Meiningen, Ernst Prinz zu IV 269. Šafařík, Vojtěch II LI, 249, 329, 386; III 169, 281f., 354f. Salzmann, Hugo IV 162. Sandberger, Fridolin III 336. Sauckel, Fritz IV 467, 472. Schäfer, Hermann IV 162f. Schaller, Robert IV 196, 201-203, 293, 308, 311f. Schasler IV 157. Schatter, Rudolf II 345. Schaxel, Julius IV 452. Scheidemantel, Karl II 40, 338. Schellbach, Karl Heinrich II 327. Schiaparelle, Giovanni IV, 88. Schichlein, Werner IV 354, 357-362, 365, 369, 388, 436, 438, 442, 482f. Schiller, Friedrich III 332. Schimank, Hans IV 414. Schleiden, Matthias Jacob II 391. Schleisken, Max IV 162. Schlicht, Eugen von III 359. Schmerbach, Günther IV 363, 369, 434, 477. Schmid, Ernst Erhard I 70; III 335. Schmidt, Arnold IV 129, 162. Schmidt, Bruno IV 129, 162. Schmidt, Carl II LXII, 360, 390, 402; III LXXXVI, 145f., 305, 326f., 344, 351, 367; IV 42, 49f., 54, 161, 167, 179, 307. Schmidt, Joseph (Josef) II LXII, 360, 402; III LXXXVI, 145f., 305, 326f., 344, 367, 377; IV 42, 49f., 165, 175, 179, 197, 203, 211, 220, 257, 307, 309, 311f. Schmidt, Otto IV 208. Schmidt, Wilibald III 289. Schneider, Friedrich IV 426f., 480. Schneider, Georg IV 426. Schneider, Richard II LII, LXVI, 269, 370, 378, 392; III 10, 151. Schnorr, Hermann IV 207. Scholz, Adolf von II XXVI, LX, 98, 274, 351, 393; III XXIIf., 20, 31, 74, 119, 121, 305, 313, 336. Schomerus, Friedrich I X, XXVIIf.; II LXVIII, 31, 81, 334; III XCIII, 3, 385;

502

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

IV 38, 93, 391-393, 395f., 398, 406f., 435, 479. Schönborn, Herbert III X, XCIV; IV 204, 273, 321, 415. Schönfelder, Karl-Heinz IV 388. Schöning, August IV 162. Schorcht, Oskar IV 162. Schorlemer-Alst, Burghard von I 244, 329. Schorn, Hermann I XXVII. Schott, August I 309; III 303. Schott, Carl IV 161, 167. Schott, Caroline, geb. Hahne I 318, 332; II 4, 29, 96, 114, 265f., 390f.; III XXIII, XLVII, LXXXVI, 7, 144, 183, 303, 322f., 339, 344. Schott, Daniela IV 47. Schott, Erich I X, XXVIf.; IV 5f., 47, 390-392, 394f., 413, 464, 471f. Schott, Eva (verheiratete Gerland) IV 47. Schott, Gerhart IV 47, 203. Schott, Gustav I 310; III 303. Schott, Jacobine I 318, 332; II 4, 29; III 323. Schott, Katharina (Käthe), geb. Pielke II 371, 391, 394; III 144, 153-155, 157, 163, 166, 214, 222, 224, 226, 232, 241, 263, 266, 273f., 330, 347f. Schott, Richard I 311. Schott, Rolf IV 47. Schott, Simon III XXIII, 322, 344. Schrade, Hugo III XCIII; IV 411. Schreiber, Oskar II XXVIII, 103, 337; III 358. Schreiner IV 118. Schröder, Hugo I 90, 160, 306, 319; II 335, 344, 356f.; III LXXII; IV 98. Schröder, Max I 265. Schröder, Th.[…] III 87, 89, 91, 115f., 335. Schröter, Johann Hieronymus III LXXIV, 269, 385. Schrötter von Kristelli, Anton I 210. Schubert, Werner IV 375-381, 383, 385f., 484. Schulte, M.[…] II 251f., 279, 297, 388. Schulze, Adolf III LXIX, 389.

Schulze, Alfred IV 141, 146, 157, 159. Schumann, Wolfgang IV 426, 465, 479482. Schütz, Harald I 73, 160f., 197, 199, 317; II 331; III 352. Schwabe, Kurt IV 320, 344, 371, 382f. Schwirkus, Georg II 335. Seeliger, Hugo von II 53-55, 341. Selbmann, Fritz IV, 30. Selenka, Emil III LXIX, 277, 386. Sherman, Orray Taft III 66, 323. Sieglitz, Alex. II XXXVIf., LIII, 149, 154, 159f., 206, 362, 366, 369, 371f., 377. Siemens, Friedrich II 81, 153, 348; III 10; IV 44, 231. Siemens, Werner von I 336; II 81, 337, 348, 397; III 120, 333, 336, 368. Simon, Hermann Theodor IV 154. Singer, Heinrich III 163. Snell, Karl I 262, 311, 332; II 60, 334, 342; III LXXXVIIf., 23, 272, 307f., 382, 385. Sohncke, Leonhard II 87, 95, 144, 350, 368, 391; III LVII, LXXVIII, 24, 62, 64, 102, 116, 143, 217, 264f., 309, 336, 373. Sonndorfer, Rudolf II 397. Sonnefeld, August III XCIII, 373; IV 370. Spiecker IV 89. Spindler, Rudolf II LVf., 264, 272f., 277f., 361, 370, 372, 391f.; III 46. Spranger, R.[…] II 104, 356; IV 79, 325. Spring, Anton II 157, 372. Stachel, August II 344, 356f.; IV 52. Stahl, Ernst II 156, 371; III 336. Stahl, Otto IV 203, 206, 311. Stanke, Heinrich IV 373, 375. Starkloff IV 211. Stauffer IV 240, 243. Stecher, Emil IV 164, 207. Steiger, Günther IV 434. Steinheil, Carl August I 307; II 341; III 383; IV 80, 110. Steinheil, Eduard I 307; III 383. Steinheil, Hugo Adolph I 307; II XXI, 53-55, 60, 341; III XLII, LXXI, 265f., 383, 389; IV 46, 48, 80-86, 88-90, 92-95, 108-110, 282, 323, 339f.

PERSONENREGISTER

Steinheil, Rudolf III LXXI, 265f.; IV 110-112, 118f., 286, 330, 332, 335. Steinmann, Gustav III 336. Steinmetz, Max IV 434, 476, 479f. Stender, L.[…] IV 64. Stephan, Heinrich von II 338. Sternkopf, Paul IV 163, 207. Stichling, Gottfried Theodor II 371. Stier, Friedrich III XCIII, 335. Stokes, George Gabriel I 308f.; II 328f.; III 282f., 296, 387. Straubel, Rudolf IV 18, 64, 67, 153, 194, 198, 232. Streich, Caspar III LXXI, 272. Stricker, Salomon III LXIX, 277, 386. Stroux, Johannes IV 445. Struve, Otto Wilhelm v. II 397; III 368. Stückrath, P.[…] IV 80. Studzinski, Annemarie IV 357, 359, 361f., 376, 438. Studzinski, Erich IV 369, 371, 373, 376378. Suter, Emil III 269f., 272f. T Taubeneck, Hugo IV 208. Taylor, Harold Dennis III LXXVI; IV 109. Thiene, Hermann IV 125, 203f., 289, 308. Thiesen, Max Ferdinand I 273; II 290, 338, 340, 381, 394, 396; III 315, 323, 368. Thilo, Erich IV 366f., 371, 381, 411, 417. Thompson, Silvanus P.[…] IV 181. Thorkildsen IV 239f., 244. Tiemann, Ferdinand II 371. Tischler, Otto III LXIX, 277, 386. Tonnelot, J.[…] III 341. Trautsch, Christian Wilhelm Eduard II XVVII, 38, 355f. Traval II 96, 353. Treue, Wilhelm IV 373. Tscheuschner, Emil III 176. Tschuikow, Wassili Iwanowitsch IV 411. Tümmler, Karl IV 412, 478. U Uhlitzsch, Carl II LVI, 311, 317, 361, 368; III 44f.

503 Ulbricht, Walter IV 367f., 380. Unrein, Margarete (Grete), geb. Abbe I 262; II 60, 68, 342; III 308, 385. Utzschneider, Josef I 12, 305f.; II 137, 329, 367; III 284. V Veit, August II XXXV, 144, 190f., 375, 389; III 151. Veuhoff, Ludwig III 322. Villiger, Walter IV 289. Virchow, Rudolph I 336; II LIV, 379; III XXXI, XLI, 117, 179, 363, 384; IV 427. Vogel, Hermann Carl II 52, 337; III LXXV, 288, 382, 387; IV 76, 82-84, 8791, 108f., 111, 113-118, 282, 287, 333. Vogelsang, Hermann II 145, 368. Voigtländer, C.[…] III 132. Voigtländer, Friedrich Wilhelm Ritter von III 135, 339. Volkmann, Paul III 328, 389. Vollert, Max III 165; IV 100, 186, 194, 208f., 211-214, 221, 225-227, 230, 232f., 236, 252f., 257f., 260-263, 265f., 268f., 272, 300, 305. Vollmer, August IV 162. Vorberg IV 42f., 50, 161f., 167, 214. Voß IV 216, 312. W Wagner, Albin III LV, 305, 316f., 354, 369. Wagner, Fritz IV 207. Wahl, Volker IV 8. Waldow III 268. Walterhöfer, Max IV 157. Walther, Wilhelm III 333. Warburg, Emil IV 193. Webb, Sidney IV 447. Weber III 147. Weber, Alfred IV 347, 350, 433f. Weber, Hermann IV 50. Weber, Leonhard II 401; III 4. Weber, Rudolph II XX, XLVIII, LVIII, 216-219, 221-223, 225f., 229-232, 245, 281-284, 288-293, 295f., 348, 379-381; III 210, 314, 342, 368; IV 68. Weber, Wilhelm III 210, 369. Wegener, Th.[…] IV 95.

504

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Wehrenpfennig, Wilhelm II XXVIIf., XXXVIIf, LIX, 96-105, 113f., 117f., 121f., 128, 165, 200, 247, 274, 352-356, 361, 366, 373f., 376, 386, 393; III XXII, LXXV, LXXXIV, 20, 42, 117, 121f., 130, 152, 205, 213, 305, 313, 336f., 357f., 364; IV 323. Weidmann, Gustav III LVII. Weinhold, Adolf Ferdinand I 36, 70, 313; II LXVIII, 197, 313-317, 397, 399401; III XIXf., XCIII, 3, 5, 62, 301f., 321; IV 81, 323. Weinhold, Helene, geb. Volkmann II 315. Weinhold, Herbert II LXVIII, 314, 399, 401; III XCIII; IV 371. Weinstein, Max Bernhard III 217. Weintraub IV 242. Weise, Karl IV 157. Weißke, Adalbert IV 43, 50. Welsh, John III 194. Werner, Ernst IV 8. Wette, Paula, geb. Abbe I 262; II 60, 68, 342; III 308, 385. Wiebe (Frau) II 86, 235-239, 308f.; III 69, 153, 155, 157, 163, 177, 209, 224f., 229, 265, 268, 274f., 376. Wiebe, Hermann Friedrich I XVII, 269f., 272f., 275f., 308, 320f., 324, 334, 336; II IXf., XVI-XIX, XXIXf., XLV-LI, LVII-LIX, LXIVf., LXVII, 4, 6, 11-15, 20f., 32-34, 36, 41, 47f., 50f., 56f., 62, 6569, 74, 76f., 79f., 82-86, 88f., 92, 97, 103f., 111, 133, 155, 199, 216-219, 221f., 224f., 228f., 232f., 235-239, 241f., 246, 249, 252f., 255, 261, 270, 279-281, 285-290, 297-302, 307-309, 311, 313, 322-325, 328f., 338-340, 342-344, 346, 348f., 351, 354, 356, 360, 365, 371f., 374, 376, 378, 380-387, 389, 392, 394-399; III XXVII, XXX, XXXV, XLII, XLIV, LIII-LVI, LIX, LXIII-LXVI, LXXVII, LXXIXf., 3, 5f., 21, 25, 27f., 30, 32-34, 36, 38, 44, 51, 53f., 56-59, 61, 64, 67, 82-84, 87, 96, 99, 107, 112f., 152-154, 157, 162, 174-176, 191, 207-210, 212, 214, 217-219, 223-226, 227, 229-233, 236-241, 243, 260, 264f., 268f., 274, 279, 301, 306, 308f., 311-313,

315-324, 328-330, 332-334, 337, 340f., 347, 350f., 356f., 368-370, 372, 374, 376379, 381, 384; IV 15, 17f., 35, 62, 65f., 6971, 121, 124, 134, 276, 278, 289, 324-329, 394. Wiedemann, Gustav H.[…] II 339. Wiegand, Oswald III LXIV, LXXVIII, LXXXVII, 370, 378, 383. Wiegand, Traugott III LXIV, LXXVIII, LXXXVII, 370, 378, 383. Wild, L.[…] III 20. Wilhelm II., Kaiser II 368; IV 80, 113116, 119, 190, 327, 331f., 334. Winkelmann, Adolph II 51; III LXXX, 309; IV 17, 37, 67, 103f., 123, 132, 135, 144, 153, 330. Winkler IV 240. Winkler, Clemens III 83, 328. Winkler, Hanns C. A. III 329. Winter IV 438. Witsch, Joseph Caspar I XXVIII; IV 399. Wolf, Maximilian IV 118f., 288. Yerkes, Charles T.[…] IV 115. Z Zaunick, Rudolph IV 379f., 382-384. Zeiss, Carl I XIII, XV, 4, 10f., 66, 141, 275f., 283, 301, 305, 310, 331, 336; II Xf., XVI, XIX, XXIV, XXVII-XXXI, XXXIV, XL, LXI, LXVI, 11, 34, 36f., 43, 55, 61, 63, 67, 93, 99, 101f., 104f., 108, 117, 119-122, 128, 160f.174f., 202, 239, 248, 275, 297, 303f., 309, 313, 323f., 326, 340f., 348, 350, 353, 355, 357, 365, 390; III XIIf., XXIII, XXXVIIf., XLVII, LXXXIVf., LXXXIXf., 8, 29, 90, 128, 133, 144, 150f., 183, 214, 222f., 243, 248, 277, 279, 308f., 371, 374; IV 12, 21, 24, 36, 52f., 56, 73, 75, 277, 299-302, 316, 397f., 412f., 464, 473, 478. Zeiss, Roderich I XIII, XV, 275f., 283, 305, 310, 331, 336; II Xf., XVI, XIX, XXIV. XXVII-XXXI, XXXIV, XL, XLIV, LXI, LXVI, 11, 14, 23, 30f., 34, 36f., 43, 53, 55, 63, 73, 99, 101f., 104f., 108, 119f., 122, 128, 156, 174f., 239, 248, 265f., 275, 297, 303f., 309, 326, 333, 338, 341, 345, 348, 350, 355, 358, 361, 365,

505

PERSONENREGISTER

371, 390f.; III XIIf., XV, XXIII, XXXVI-XXXVIII, XLVII, LXIXf., LXXIV, LXXXIII-LXXXV, LXXXVIII, XCI-XCI, 8, 66, 90, 128, 133, 144, 150, 152f., 155, 183, 209f., 214, 248, 270, 273, 275, 277, 279, 308f., 345-347, 350, 371, 374, 386; IV 12, 24, 47f., 50-57, 59f., 70, 90, 93, 98f., 103, 184, 192f., 277, 299, 301f., 316, 326f., 397. Zeiss, Therese, geb. Schatter II 265f., 345; III 153, 272, 350. Zerlang, K.[…] W.[…] II 337. Zickler, Friedrich IV 353-355, 357-359, 361, 385, 388, 436, 438, 465, 482f.

Ziegenspeck, Hugo I 335; II XIV, XLIV, LXII, 11, 13, 167, 194, 321, 326, 344, 347, 402; III XIV, 10, 17, 66f., 80f., 303, 305, 323, 327. Zillich III 156. Zirkel, Ferdinand II 145, 368. Zöppritz, Karl III 37, 312. Zschimmer, Eberhard I XXIf.; IV 18, 38, 166, 176, 178, 196, 198-203, 208, 215, 232, 257f., 274, 280, 293, 308, 311f., 318, 322, 336. Zschokke, Paul I 303, 306; IV 9. Zsigmondy, Richard IV 107, 147, 165, 179, 198, 285, 307, 380.

7.3 Sachregister A Abkühlung I 122, 192, 213, 254; II XXXI, LXXIX, 49, 51, 69, 75, 100, 145, 174, 193, 284, 291, 300, 301; III XVI, 46, 131, 257, 323, 363; IV 45, 63, 124, 131, 134f., 142, 283. Achromasie, Achromatismus, Achromatisierung I 87, 198, 201, 232, 245, 251, 271, 286f., 289, 291, 302, 327, 329, 330; II XIV, XXI, XXXVIII, XXXIX, 12, 352; III LII, LX, LXI, LXXIVf., XLI, 247, 250f., 269, 280, 282f., 287, 289, 291-293, 373; IV 76, 81, 86, 90, 114, 116-118, 287f. Aluminium I 55, 96, 104, 106, 109, 113, 115, 126f., 133, 166, 177, 186, 190, 196, 198, 201f., 205-208, 211, 215, 220, 222, 225, 227-229, 231f., 235-239, 243, 250, 255, 258f., 261, 263, 303, 314, 330; II 3, 8, 11, 49, 91, 157, 220, 232, 262, 287, 294, 342, 347, 354, 360, 363f., 370-373, 376, 382, 384, 387, 400; III L, 234, 301f., 314, 317, 327f., 335, 351, 356, 363. Aplanate III LXXII; IV 91, 94, 98, 110, 119, 288. Antimon I 17, 51, 53, 57, 82, 93, 96, 108, 113, 118f., 125, 177, 179, 184, 189, 196, 205, 216, 220, 222, 224, 227, 231, 237f., 244, 318, 330; II 51, 147, 387; III 50, 132, 315.

Apochromate III LI, LXX, LXXXVII, XCf., C, CIV, 276, 305, 362f., 363, 365, 369, 375, 377, 389; IV 34, 73-75, 92, 106, 119, 181, 277, 281f. Arsen I 17, 51, 67f., 78f., 82, 90f., 97, 99-101, 103, 125, 129, 131-133, 136, 138, 141f., 145-148, 314, 330; II 227, 283, 294, 347, 363f., 373, 387; III 79, 132, 155, 234, 301f., 304, 315f., 328, 335, 377. Ausdehnungskoeffizient I 274, 292; II XIX, 41, 47, 51, 76, 131, 170, 194, 232, 246, 385f.; III LXV, 17, 229f., 232, 235, 237-240; IV 63f., 67, 71, 103, 119, 122124, 131, 135, 143f., 151, 153, 203, 283. B Barium I 17, 38, 55, 82, 84, 129, 132f., 145-147, 149, 152, 177f., 196, 204, 208, 211, 213, 215-217, 220, 227, 241-243, 245, 250, 252, 256, 258f., 306, 315, 321, 330; II 3, 8-11, 91, 325, 339f., 342, 347, 371, 376, 382; III XL, XLIX, Lf., LX, LXXIIf., 83, 199, 252-254, 295, 301, 304, 313, 326, 334, 347, 361, 363, 375, 377, 381f. Beleuchtungslinsen II XXXIII, 70; IV 96. Bergkristall I 61, 63, 91f., 181, 185f., 191f., 194f.; III LXXI, 272. Beryllium I 46, 48, 55, 82-84, 93, 96, 99, 109, 126f., 133, 196, 255, 258f., 330; II 3.

506

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Blei I 55f., 72, 77, 79f., 82, 84, 86, 89, 93, 96, 101, 108, 113f., 116, 118f., 125f., 129-131, 133, 141f., 146-149, 157f., 166, 169, 171, 173-176, 178-184, 186, 188f., 191f., 195-197, 199, 201f., 204, 220-223, 226f., 243-245, 277f., 318, 325, 327, 330; II 3, 11, 21, 65, 91, 111, 131 148, 161, 201, 220, 224, 227f., 232, 287, 294, 339, 348, 354, 363f., 371-373, 375f., 382, 400; III XVIII, XXV, LXVI, 5, 18, 72, 79, 155f., 169, 174, 199, 283, 297, 301f., 304, 314, 330, 335, 351, 377, 381. Bor I 59f., 62, 64f., 84,f., 108, 116-118, 127, 129f., 148f., 151-154, 157f., 166-185, 187-191, 193f., 196-207, 210f., 216-218, 220-224, 226f., 229-232, 234, 237f., 238, 241f., 245f., 249f., 255, 259, 261, 301, 309, 325, 327f., 330; II XXXI, 3, 10, 12, 23, 91, 167f., 184, 193, 232, 342, 347, 354, 371-373, 376, 382, 384, 400; III XVII, XXVI, XXXIV, XLV, XLIX-LIII, LXLXIII, LXXII-LXXIV; LXXVIf., 18, 48f., 167, 173, 178f., 192, 199, 252-254, 257, 272f., 282, 290f., 295f., 302, 304, 313, 316f., 325f., 330, 334f., 340, 351f., 357, 362, 365f., 379f., 382. Braunstein II 147, 227; III 50, 304, 315, 356. Brom I 142f., 223. C Cadmium I 17, 20, 51, 53, 57, 82, 84, 117, 155, 157, 166, 173f., 183, 187, 190, 204, 208, 210, 220, 241f., 245, 330; II 3. Cer I 51, 57, 63, 82, 93, 137, 140, 190, 330; II 259, 298, 301, 304. Chrom II LVII, 315, 401; III 4, 301. Chlor (Chlorid) I 144, 149, 154, 156f., 160f., 173, 177-179, 188f., 222-224, 226f., 229f., 262, 325, 330; II 157. D Depression II XX, XLVIIf., XLIX, LXXVIII, LXXXI, 41f., 69, 83, 88f., 212f., 216, 222-224, 229-231, 237-240, 245, 281-285, 287f., 290-294, 296, 308, 314, 348, 379-381, 383, 394, 396; III XXVI, XXVIII, LVI, LXXVIII, CII, CIV, 26, 28, 32, 48, 53-55, 58f., 65, 84, 96,

112, 140, 155, 192-195, 197-199, 224, 307, 312, 318, 322, 324, 329, 347, 368; IV 62f., 66, 68, 70, 122-125, 197, 203, 289f. Didym (Praseodym + Neodym) I 49, 54, 57f., 69, 82, 93, 315f., 330; III XXVIII, 259, 298, 301, 304, 339. Dilatometer I 335; II XXIX, XLVf., 64, 66, 71, 76, 79f., 80, 85, 170, 235, 237, 239, 241, 245; IV 67, 144. E Einschmelzglas II XXXIIf., L, LXVI, 315, 372, 380, 382, 400; III XVIII, XXXVII; IV 72. Eisen I 67, 316, 330; II 22f., 49, 262, 287, 294, 347, 360, 363f., 382, 387; III 4, 48, 79, 132, 155, 196, 234, 301f., 335. Eispunkt(-verschiebung, -bestimmung) II 62, 69, 77, 80, 212f., 218f., 221, 230, 240, 244f., 281f., 284f., 290-293, 308, 313, 394; III XLIII, LVI, LXXVIII, C, 27, 33, 37, 39, 60, 64f., 98f., 172, 192, 198, 201-204, 210f., 217, 224, 231, 259, 267, 312, 322, 324, 332, 347, 355, 369; IV 66, 120, 122f. Erbium I 54, 82, 515, 318. F Feinkühlung III LXXIII, LXXVII, 324, 375; IV 45-47, 77, 79, 82, 84f., 112, 114, 155, 296. Feldspat II 148; III 304. Feldstecher I 306; II 137, 139f., 143; III XCI; IV 75, 105, 110-112, 114, 181f., 262, 285, 288. Fernrohrobjektiv I 203, 225-227, 254, 286f., 289, 292, 306, 329; II XIVf., XXIIXXIV, XXXIXf., LX, 8, 12, 16, 19, 55, 87, 92, 94, 96, 118, 172, 325f., 374; III XIV, XXIX, XXXIII, XLIf., LX-LXIII, LXVII, LXXIII, LXXV, LXXVII, XCIII, C, 87, 94f., 178, 257, 277, 283, 297, 331, 361, 373, 380, 382, 386f.; IV 34, 75f., 80f., 91f., 94, 101, 106, 108, 118f., 195, 277, 283, 285f., 319. Fluor I 166, 179f., 185, 189f., 198, 202, 207f., 212, 215f., 218f., 225, 228, 230, 232, 237, 239-243, 245f., 249, 252, 256261, 263, 329f.; III XXXII, LXX, XCIX, 349, 362f.

SACHREGISTER

Flußspat I 231, 252; III L, LXXf., LXXXVIII, 269-273, 351, 362f., 384f. Fresnelsche Linse II XXXIII, 70, 200, 344; IV 96. Frontlinsen I 198; III 362; IV 74. G Glasmacherpfeife I 303. Glasopal I 63. Graphit I 104f., 264; II XXXI, 23, 112f., 115, 359; III 304. H Hafen (-masse, -ton, -erde) I 110f.; II XXXIII, 21-25, 73, 116; IV 44, 49, 62, 96f., 102, 111, 116f., 132, 140f., 144, 154f., 158, 163, 167-169, 171, 177, 214, 217-220, 274, 297, 310. Härtung I 301; II LXXIX, 51, 196, 330, 339, 348; III 348. homogene Immersion III XLf., LI, LXVIII, 179, 242, 362, 365. Homogenität I 3, 22, 36, 42, 44, 48, 52, 62, 81, 83, 97, 104, 111, 114, 115, 117119, 122, 145f., 151, 159, 165, 168f., 172, 198, 200, 224, 227, 231, 232, 239, 240, 243, 245, 254, 277, 282, 301f., 314, 318, 327; II XIV, 9, 16, 54, 171f., 174, 246, 325; III XVIII, XL, LXXIII, 43, 75, 86, 89, 259, 284, 310, 363; IV 116. Hyalith I 25, 61, 73, 78f., 84, 86, 91, 95. Hygroskopizität I 114, 118, 140, 146, 148, 166, 186, 312; III 75. I Iridium I 49, 315; II 245. J Jod I 142f., 223, 262. K Kobalt I 67; III 304. Kohlenstoff (Karbonat) I 155f., 161, 166, 179, 199, 214, 240-242, 262, 265, 301, 318, 320. Kristallsucher (Strahler) III LXXI, 271, 384. Kryolith I 190, 193, 196-198, 201, 241, 243. Kühlofen II XLV, 100, 129, 194, 242f. 257; III XIV, XVI, XXXIII, L, 16, 65, 86, 143, 152, 257, 381, 360; IV 44f., 113, 136, 142f., 155, 158f., 296.

507 Kupfer I 67, 165, 175; II XXI, 58; III LXXVII. L Lanthan I 54, 315. Leuchtturm II XXXIII, XLIII, 103, 123, 181, 344, 374. Lithium I XVIII, XXI, XXIII, 3-6, 8, 30, 38, 55, 82, 85, 88, 93, 96f., 103, 108, 118, 120, 127, 130f., 137f., 140, 147-149, 151, 165, 173, 174, 177, 179f., 182-184, 186f., 192f., 196, 199, 202, 205-207, 210, 218, 220-224, 230-232, 235-237, 243, 246, 250, 301f., 304, 309-311, 322, 330; II 50, 195, 339, 354, 371, 376; III L, 199, 363, 369. M Magnesium I 67, 82f., 93, 96, 115, 173, 177, 196f., 221, 225, 228f., 233, 241f., 252, 255f., 314, 325, 330; II 3, 220, 262, 287, 294, 347, 363f., 373, 382f., 387; III 48, 79, 132, 155, 196, 234, 301f., 335. Mangan I 46, 48, 82, 93, 330; II 287, 294, 347, 363f., 373, 382, 387; III 48, 79, 132, 155, 167, 173, 234, 302f., 315-317, 328, 325, 337, 351, 356, 377. Mennige II 224, 227; III 139, 304. Milchglas I 146, 221, 243; IV 147-150, 165f., 179, 195, 291f., 297, 307. Molybdän I 78, 84, 99. Mondglas I 303. N Nachwirkung I 274, 334; II XX, XXIXf., XLVI-XLIX, LI, LVIIf., LXVII, LXXXIf., 41, 49f., 68f., 74-77, 80, 82-85, 89-92, 97, 155, 171, 199, 212, 231f., 243-245, 250-253, 280288, 290f. 293, 296, 300, 308f., 311, 328, 338, 342, 344f., 348, 351, 354, 380-382, 384f., 387, 395f., 399; III XI, XVII, XXXXII, XXVII, XXX, XXXIII, XLIIf., LIIIf., LVII, LXV, LXXVIII, CIVf., 3, 21, 39, 43, 50, 54f., 57f., 61f., 64f., 67f., 79, 84f., 87f., 100, 103f., 112, 123, 127, 155, 167, 191-193, 195, 197, 208, 210, 259, 260, 267, 298, 303, 306, 316f., 327, 330, 332-334, 342, 350, 370, 372f.; IV 34f., 65, 73, 119, 121-124, 134, 277f., 282, 308.

508

FORSCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DES JENAER GLASWERKS

Neutraltintenglas I 291. Nickel I 67, 332; II 317, 401; III 3f., 301. Nicol-Prismen II 314, 395; III 222, 375. Niob I 315. Normal-Thermometerglas II XLVI, Lf., LVIII, LXXVIII, 116, 251, 349; III XVIII, XX, XXXV, XLIV, LIV-LVI, LIX, LXIII-LXVII, LXXVIIf., LXXX, XCVII, CII, CVI, 25, 39f., 50, 125, 143, 159, 185, 187-204, 207-212, 223, 225-229, 232f., 235-239, 243f., 259f., 264-268, 274, 278-280, 298, 302f., 305-310, 312-324, 328, 332-338, 341-343, 345-351, 353-357, 369f., 372f., 375f., 379f.; IV 40, 107, 119, 124, 138. O Objektivscheiben II XXI, XLVI; IV 46, 48, 82, 84, 86, 107-112, 115-117, 156, 215f., 281, 287. Oelimmersion III 276f., 361. P Palladium I 315. Phosphor I 3, 7, 17, 34-39, 41f., 46, 48, 51, 53, 55, 60-62, 64-69, 70-72, 77-79, 8389, 91, 93, 96-100, 102-104, 107, 108, 113-121, 124-127, 132-134, 137, 140-142, 146-148, 152, 154, 166, 168, 173f.,176f., 180, 182-190, 193, 198, 201-206, 208, 211, 215f., 218, 222f., 230-234, 236f., 241-243, 245f., 250, 252, 255f., 258f., 263, 304, 309, 313f., 316-321, 330; II XXI, 3, 10f., 59, 68, 167f., 185, 193, 326, 342; III XL, XLV, XLIX, L, LII, LXf., LXIII, LXXIILXXIV, 18, 178f., 252, 257, 259, 272f., 290, 295-298, 301, 304, 347, 360-363, 365f., 377, 380, 382f. Platin I 39-41, 85, 186, 190, 193, 197f. 200, 207, 209, 212f., 215-217, 219, 221, 228-232, 235-244, 246, 313, 327; II XXXI, 104, 106, 111-113, 115, 131, 144f., 147f., 157, 160f., 194, 201, 245, 314, 357359, 386, 400; III XXXVII, 17, 304, 310f., 349, 363. Porzellanrührstäbe I 89, 91, 98, 101, 120f., 131, 134-136, 239, 321; II 325, 331, 359; III XLI. Porzellantiegel I 24, 77, 115, 117, 122,

135-138, 141f., 157, 167, 186, 214, 312, 316, 318; II 194, 325, 331, 359; III 18, 304, 340, 342, 351. Pyknometer II 69, 344. Pyrometer II 296f. Q Quecksilber I 46, 48, 55, 82, 93, 100, 102, 104, 107, 109, 112-117, 125f., 128, 131, 133, 135, 137, 139, 330; II 51, 244, 290, 328; III LXXVII, 61, 98. R Ramollieren (senken) II LVI; III XVI, XLII, LII, 71, 259, 324, 343, 358, 360; IV 47, 84, 94, 96, 102, 117, 155, 297. Refraktometer I 43-45, 51f., 61, 88, 273, 302, 313f. Refraktor II XXII, 93, 142; III 269, 280, 339, 382; IV 77-79, 81, 83-87, 89f., 108112, 114-119, 240, 282, 287-289. Regenerator II XXXVI, LII, 128, 149, 153, 192, 204, 234, 257, 348, 362, 378; III XIIIf., XXXIII, XLII, LX-LXIII, 89, 168, 285. Ruthenium I 315. Rutil I 315. S Salamandertiegel I 104f. Schamotte I 115, 117, 135, 157, 188, 233, 263, 318, 325; II XLV, LVI, 23-27, 130, 194, 242, 307, 331; III XIII, XVI, 18, 71, 259, 304; IV 44, 47, 61, 160, 217. Schmelzhalle II LIIf., LVf. Schwefel I 157, 210, 228, 259; II 150, 196, 333; III 83 sekundäres Spektrum, sekundäre Dispersion, Farbenabweichung I 22, 36, 72, 139, 271, 302; II XXXIX, XL, 139, 172, 183, 188, 352; III LXI, LXVIIf., LXX, LXXII-LXXIII, LXXVI, C, CIV, 247, 250, 257f., 263, 281-283, 288-291, 294296, 361, 365, 380, 382f.; IV 46, 74-77, 94, 106f., 109, 118f., 195, 288. Senkofen II 257; III XIV, 16, 67, 145, 152, 324, 343; IV 44, 296. Silber I 46, 48, 55, 82, 93, 255, 259, 330. Spannung I 122, 254, 301; II XIV, XXIf., XXXIX, XLIX, L, 16, 49f., 58, 74, 90, 94, 104, 174, 231, 244, 246, 280, 286,

SACHREGISTER

325, 356, 395; III LXV, LXXVII, 169, 222, 230, 232, 235, 257, 324, 353, 363, 375; IV 46, 49, 62f., 78f., 88, 94, 106, 113, 121, 139f., 144, 279. Spannungsfrei II XIV, XXIf., XXXIX, 94, 174; III LXXIII; IV 45, 77, 85, 215, 281, 296. sphärische Aberration I 177, 291, 329; II 12f., 94, 172f., 352; III LXX, LXXII, LXXIV, 282f., 365, 383; IV 92, 118. Stöchiometrie I 319. Strontium I 17, 82, 93, 117, 166, 173, 190, 196, 200, 204, 210f., 213, 220, 243, 245f., 317f., 328, 330; II 11. T Tantal I 54, 315. Tellur I 54, 315. Temperaturvariation der Brechungsindices I 293; II 338. Thallium I 5, 20, 49, 54, 58, 63, 69, 72, 77, 80-82, 84, 88, 93, 96, 100, 104, 107, 113, 115, 118f., 125f., 130-132, 133, 154157, 160-162, 165f., 173, 179, 184, 186, 189, 191, 193-195, 197, 199f., 207, 209, 210, 214-216, 218-224, 226f., 231f., 234, 236-242, 245-249, 251, 261-266, 315f., 330; II 3, 325; III 283. Thermo-/Thermometerregulator II 120, 136, 215; III LXXIII, LXXVII, IV 45, 79, 82f., 155. Titan I 17f., 56, 59, 84, 99, 114, 258, 304, 308, 315, 330; III 282, 296f., 387. Tonhafen, -tiegel I 209, 237; II 23, 116, 330.

509 Tonpfeifen, Tabakspfeifen I 88, 303, 316. U Uran I 67; III 259, 301, 304. V Vanadium I 17, 315. W Wismut I 17, 51, 82, 84, 93, 99-102, 152, 154, 157f., 166, 173f., 176, 179, 184, 189, 191, 193, 196, 204, 210, 217f., 220, 222, 224, 226f., 230f., 234, 236-240, 244, 251, 261, 318, 328, 330; II 3, 11, 297. Wolfram I 40, 42, 56, 72, 78, 82, 84, 86, 108, 114, 117-120, 125, 127, 129-133, 136, 146, 182f., 186, 188f., 192f., 195f., 199, 206, 214, 218, 220, 231, 236-238, 250, 258, 262, 318f., 330; II 3. X Y Yttrium I 82, 315, 318. Z Zink I 17, 21, 39, 41, 45f., 49, 53-55, 72, 82, 93, 154f., 157f., 174, 177, 196f., 202, 205, 207, 211, 213, 216-218, 243, 245, 255, 259, 261, 313, 328, 330; II XLVII, 3, 11, 91, 193, 232, 236, 262, 414, 333, 347, 354, 371, 376, 382, 384, 387f., 396, 400; III XVII, XIX, XXI, XXVI, LI, 18, 132, 167, 173, 192, 199, 253, 302, 304, 306f., 313, 316f., 326, 328, 330, 334f., 340, 351, 375. Zinn I 57, 202, 218. Zirkon I 49, 54, 58, 315.

Inhalt der beiliegenden CD-ROM

[I] Der Briefwechsel zwischen Otto Schott und Ernst Abbe über das optische Glas 1879–1881[erschienen 1946/48] Umfang: S. I-XXXVI; 1-342. [= 378 Seiten] [II] Briefe und Dokumente zur Geschichte des Volkseigenen Betriebes Optik Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, I. Teil: Die Wissenschaftliche Grundlegung. Glastechnisches Laboratorium und Versuchsglashütte 1882–1884 [erschienen 1953] Umfang: S. I-LXXXII; 1-404. [= 486 Seiten] [III] Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, II. Teil: Der Übergang zur industriellen Produktion. Von der Versuchsglashütte zum 1. Produktionsverzeichnis 1884–1886 [erschienen 1957] Umfang: S. I-CVIII; 1-390. [= 498 Seiten] [IV] Forschungen zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen. Aus dem Nachlass von Herbert Kühnert [erschienen 2012] Umfang: S. 1-511. [= 511] Seiten [mit Gesamtregister für alle vier Bände]

Abbildungsnachweis S. 10: Porträt Herbert Kühnert, aus Stadtarchiv Rudolstadt. – S. 32: Porträt Otto Schott, aus SCHOTT Archiv Jena. – S. 274 und 322: Abbildungen (Tuschzeichnungen von Erich Kuithan) aus Eberhard Zschimmer, Die Glasindustrie in Jena (1909). Die für den Umschlag verwendete Zeichnung „Glasschmelzerei-Anlage“ des Jenaer Glaswerks von 1886 wurde entnommen aus Briefe und Dokumente zur Geschichte des VEB Jenaer Glaswerk Schott & Genossen, II. Teil (1957), nach S. 246.

Inhalt

1.

Geleitwort der Historischen Kommission für Thüringen ..................................... 5

2.

Herbert Kühnert Die kulturelle Bedeutung der Jenaer Glasindustrie Druckschrift von 1949 ............................................................................................ 11

3.

Herbert Kühnert Einleitung und Übersicht zur Edition Briefe und Dokumente zur Geschichte des Jenaer Glaswerks Schott & Genossen, III. Teil Der Übergang zum großindustriellen Betrieb Vom Privatunternehmen zur Stiftung 1886–1914 3.1 Manuskript der Einleitung von 1959............................................................... 33 3.2 Manuskript der Einleitung von 1962............................................................. 275 3.3 Übersicht zu den ausgewählten Quellen von 1959 ...................................... 323

4.

Herbert Kühnert Habent sua fata libelli – Ein Forschungsbericht Manuskript von 1963 ............................................................................................ 343

5.

Dokumentation ...................................................................................................... 389 5.1 Dokumente zur Editionsgeschichte .............................................................. 389 5.2 Dokumente zur Person und zum Werk von Herbert Kühnert .................. 443

6.

Nachwort des Herausgebers Zu Herbert Kühnerts Forschungen zur Jenaer Glasindustrie........................... 464

7.

Gesamtregister ....................................................................................................... 486 7.1 Ortsregister ...................................................................................................... 487 7.2 Personenregister .............................................................................................. 493 7.3 Sachregister ...................................................................................................... 505

Veröffentlichungen der historischen Kommission für thüringen neue Folge. grosse reiHe Herausgegeben von Werner greiling eine ausWaHl

bd. 17 | Jacob simon ein Jüdisches leben in thüringen

bd. 12 | gabriela signori (Hg. und

LeBenserinnerungen Bis 1930

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bd. 20 | HerberT KüHnerT

Dokumente zur geschichte

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Des instituts 1919–1926

geschichte des Jenaer glasWerKs

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