Zur Geschichte des Perfects im Indogermanischen: Mit besonderer Rücksicht auf Griechisch und Lateinisch 9783111497259, 9783111131078

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Zur Geschichte des Perfects im Indogermanischen: Mit besonderer Rücksicht auf Griechisch und Lateinisch
 9783111497259, 9783111131078

Table of contents :
I. SĒDIMÁ, SĒDIMUS, SĒTUM
II. PERFECTBILDUNG VON ED-, ES-, EI-; NEM-.
III. LATEINISCHE Ē-PERFECTA VON Ā̆-WURZELN
IV. ZUR ALTITALISCHEN PERFECTFLEXION
V. ZUM VOCALISMUS DER PERFECTREDUPLICATION
VI. DAS GRIECHISCHE ASPIRIERTE PERFECT
VII. DAS GRIECHISCHE Κ-PERFECTUM
VIII. ANKNÜPFUNG DER PERSONALENDUNGEN UND VERWANDTES
EXCURS I
EXCURS II
EXCURS III
EXCURS IV
EXCURS V
EXCURS VI
EXCURS VII
EXCURS VIII
EXCURS IX
EXCURS X
NACHTRÄGE UND BERICHTIGUNGEN
WORTREGISTER

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ZUR

GESCHICHTE DES PERFECTS IM

INDOGERMANISCHEN MIT BESONDERER RÜCKSICHT

AUF

GRIECHISCH

UND

LATEINISCH

YON

HEßMANN OSTHOFF.

STRASSBURG. KARL

J.

TRÜBNER.

LONDON. T R Ü B N E R ). Dass lit. wag-à lett. wag-a f. 'furche' genau = griech. άγ-ή f. 'bruch, gebrochene stelle' sein k a n n , ist klar. Doch würden sich jetzt auch jenes lit. wag-\-s m. dieb', gen. wag-ës, und lit. wag-ì-s lett. wadf-i-s m. 'keil, pflock', im litauischen auch 'krahn, zapfen an einer tonne, hölzerner nagel oder knaggen zum aufhängen von sachen, gabelnagel am pflüge', gen. lit. wäg-io lett. toadfcha, zu ursprünglich éinem η omen im sinne



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von 'einbrecher, eindringling' zusammenschliessen, da das variieren des masculins zwischen älterer -i- und jüngerer -jadeclination (Schleicher lit. gramm. § 42 s. 104. § 49 s. 115 f. § 51 s. 120. § 85 s. 188, Kurschat gramm. d. litt. epr. § 655 s. 193, Bielenstein lett. spr. I 273. 278. 279) bekanntlich keine instanz gegen solche annahme ist. Àlso ergäbe sich auch, dass lit. wog-iaû, genauer aber dessen Vorgänger ohne das herübergenommene praesens-jod *u>ög-a-u die exacte litauische entsprechung des griechischen perfects * Fi-Fay-a = lesb. att. έ-αγ-α ion. ε-ηγ-α wäre. Zur erzeugung des jungen baltischen vocalwechsels zwischen ? und i, ü und ù in ir-iù : yr-iau, bur-iù : búr-iau mochten die fälle urbalt. kar-iù : *kár-iau, *wag-4ù : *tpäg-iaü neben kel-iù : kel-iau und genossen zwar mit benutzbar sein, brauchten es aber nicht und hätten vielleicht kaum für sich allein bei ihrer sehr geringen zahl die ausreichende analogiewirkende kraft gehabt, um den yr-iau, búr-iau und etwa gar den kel-iau, bér-iaü u. s. w. selbst zum dasein zu verhelfen. Freilich kommen noch, um die zahl etwas zu vermehren, diese ablautsreihen mit lit. ö — indog. urbalt. à im perfectum hinzu : dzáu-ju, dzów-iau, dzáu-siu, dzáu-ti 'trocknen lassen' ; griáu-ju, griów-iau, griáu-siu, griáu-ti 'zertrümmern'; kráu-ju, krów-iau, kráu-siu, kráu-ti 'auf einander legen, häufen'; liáttrju, liów-iau, liáu-siu, liáu-ti aufhören'; máurju, mów-iau, máursiu, máu-ti 'aufstreifen' ; ráu-ju, rów-iau, ráu-siu, ráu-ti 'mit dec wurzel herausreissen'; spiáu-ju, spióte-iau, spiáu-siu, spiáu-ti 'speien' ; száu-ju, szów-iau, száu-siu, száu-ti 'schiessen'. Es ist zwar auch in ihnen, wie ich jetzt glaube, im futur und indicativ au aus *äu verkürzt, wie in kár-siu, kár-ti entsprechend ar aus *är. Doch scheint grosse voreicht hier geboten, um nicht vorschnell bei allen auf zu gründe liegende ä-wurzeln zu schliessen. Da bait, au auch aus indog. entspringt (vergi, oben s. 69), können einige wenige mueterbildungen unter diesen auf -áu-ju gewesen sein, welche andere, nemlich ableitungen aus indog. e^t-wurzeln, bei gleichlautend gewordener praesensform in die analogie ihres ablauts hinüberzogen. So mag bei liáu-ju : liów-iau die wurzelform als mittelstufig indog. l ä ^ - abschneiden, lösen' allerdings wol



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durch griech. dor. aeol. lè(F)-m-v aaatfeld, sicViel', Xâ(F)-iû 'beute' gewährleistet sein; vergi, morphol. unters. IV 20 anm. 1. Aber darnach kann sich dann ?.. b. räu-ju : röw-iau gerichtet haben, bei welchem die nominale -men- bildung des germanischen, ags. reo-ma alts. abd. rio-mo m. 'riemen', auf ein reu'reissen' als mittelstufige wurzelform zurückführt. Dach verf. morphol. unters. I V 142. Im sanskrit lautete zu IÛ-, lu-nä-ti 'schneidet ab' freilich wol die 1. sing. perf. act. in vedischer spräche *lu-láv-a, denn die belegte und nach ihr formierte 2. sing, lu-lav-iiha (Petersb. wörterb. V I 567) lässt etwa darauf schliessen. Aber es zeugt solches *lu-lâv-a darum nicht gegen eine Λ-wurzel lä u -, weil es zu der 3. sing, hi-lâv-a nach dem schema des bei e : o-wurzeln herrschenden perfectvocalismus, nach sa-sdd-a : sa-säd-a u. dergl.. hinzugebildet sein k a n n , wie solche neuschöpfungen für andere indogermanische ä - wurzeln Joh. Schmidt Kuhns zeit.schr. X X V 10 ff. abgesehen von dem verkennen des α = indog. o der 3. sing. perf. bei e-wurzeln im übrigen richtig gelehrt hat. Anhangsweise erörtere ich noch die f r a g e : nach welchem princip wurde wol die jotierte praeteritalbildung auf -iau, wenn dieselbe, wie wir j a annehmen, ur- und gemeinbaltisch war, von der spräche neben einem nicht-jodpraesens bald in anwendung gebracht und bald nicht? Und im zusammenhange damit versuche ich den allgemeinen gang der formalen Wechselwirkungen zu skizzieren, welche zwischen partie, perf. act. und seinem verbum finitum im verlaufe des früheren und des späteren oder einzeldialektischen baltischen eprachlebens sich wirksam gezeigt haben. Man betrachte den gegensatz der zugehörigen praesensbildungen bei den praeteriten lit. ged-aü, jek-aü, sek-aü, skret-aü, sznek-aü, tek-aü sowie ges-av, lep an, tresz-aw, sen-aü, tern-aü, brénd-au, skend-aü, sweik-aü, saus-aü einerseits und deg-iaü, kep-iaü, les-iaü, mezg-iem, nesz-iem, pesz-iaü, seg-iaü, sek-iaü, tep-iaü, wedz-iaü, wez-iaù andererseits: dort gendù, jenkù, senkù, skrentù, sznenkù, tenkù und gçs-tù, lep-stù, trçsz-tù, sé-stu, têm-stu, brçs-tu, skçs-tù, sweik-stù, saus-tù ;



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hier aber dey-ù, kep-ù, les-à u. s. w. Also das indogermanische perfect beibehalten und die praeteritale jodbildung vermieden, da wo der praesensstamm eine anderweitige Unterscheidung vom perfectischen stamme, durch nasalinfix oder sonstwie, besass; aber zur jodbildung geschritten, wo ohne dieselbe perfectum und praesens bei der bildung des letzteren nach erster sanskritclasse in dor themaform zusammengefallen wären. Das scheint in der tat die tendenz der baltischen spräche gewesen zu sein, wenn sie so ausgiebig ein im letzten gründe ja auch praesentisches stammbildungsmittel, das jod, zur perfectischen Stammbildung benutzte. Die flexion des perfects auf -au selbst hatte ja nachgerade nichts specifisch perfectisches mehr an sich, nachdem sie frühzeitig von der 1. sing, aus ganz den bahnen einer bestimmten praesensconjugation gefolgt war. Da griff man, wo man sie nicht schon hatte, zu neuen mittein der tempusdistinetion durch die s t a m m b i l d u n g und fand ein solches für das perfectum, unter wesentlicher beihilfe des perfectpartieips, wie wir sahen, an dem alten praesentiachen jodsuffixe. Es scheint nicht undenkbar, dass zu der frühen zeit, als die urheber der ganzen entwickelung, die praesentia auf ,-iu, ihrerseits das -¿aw-praeteritum bewirkten, dass damals wol noch die alte perfectische conjugation mit den personalausgängen indog. -tha in der 2. sing., -e in der 3. sing. u. s. w. dem baltischen praeteritum anhaftete ; daher der Widerspruch der alten musterverhältnisse wie lit. brauk-iù : brauk-iaù, wercz-iù : werce-iaü, zeny-iù : zeny-iaü gegen das später erstrebte prineip der formalen differenzierung von praesens- und perfectstamm. Dass aber wirklich dies letztere betreffs des gebrauches oder nichtgebrauches der -taw-form bei den nicht-jodpraesentien auch in zahlreichen anderen fällen als den erwähnten bei e- sowol wie nicht-e-wurzeln, wenngleich nicht ausnahmslos, hervortritt, kann eine durchsieht der reichhaltigen litauischen ablautstabellen bei Kurschat gramm. d. litt. spr. §§ 1225—1232 s. 314 ff. lehren. Wenn man vollends abgeleitete verba auf -au im praesens das perfectum der starken oder wurzelverba nachahmen lassen wollte, so ist es von selbst klar, wie man da z. b. für lit. mat-aü O f l t h o f f , z u r B e s c h i c h t e d , p e r f e c t a i. i n d o g e r m a n i s c h e n .

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keine andere p r e t e r i t a l e formation als mad-iaù zur Verfügung haben konnte. Ein paar male aber griff das partie, perf. aet. in die einmal geschaffenen praeteritalcn zustände, wie es aie hatte mitschaffen helfen, so auch zu verschiedenen Zeiten störend und verändernd ein. Zum guten teile ist dies sicher schon im urbaltischen geschehen. So wol entschieden nach allen dafür zu geböte stellenden indicien bei den formen des ¿-typus. welche wie lit. bi-r-iaù. kH-iau, uhn-iuit = lett. bír-u, zél-H, tcêm-u, lit. krécz-iañ = lett. krét-u in beiden hauptdialekten übereinstimmend das ê vom partieipium schon im verbum finituiii des prueteritums und noch darüber hinaus, d. i. im f u t u r u m und intinitiv, die einen offenkundiger die andere g r u p p e versteckter, aufweisen. Indem aber die nach dem praesens jotiert gebildeten urformen *ber-iuù, *kel-iuù, *wem-iaü,*krecz-iuù von ihren participieu init indogermanischein ¿-typus so frühzeitig das ) beruhend. Die alte 111 ittelstufengestalt der wurzel kann dann indog. nem- gewesen sein und also griech. vt-u-to besitze, habe inne, halte fest', viu-o-uai 'teile mir zu, besitze, babe inne', got. nim-a als imperfectpraesens mit jener vocalisch anlautenden eippe sich vermitteln, ohne dass man mit Kluge etym. wörterb. d. deutsch- spr. 237 b unter nehmen bei dem anlautenden n- an den „rest einer partikel" zu denken brauchte. Von gleichem ablaut aber mit lit. im-u u. s. w. wären im griechischen αμ-η 'sichel, sense, harke, rechen, schaufei, wassereimer', άμ-ά und capisco : capiö und vieles a n d e r e gleichen genres. Ich d e n k e mir, dass erst darnach von lat. con-cuplscö, re-siplscö, apiscor neben cupere, re-sipere, apere und neben cupis cupit cupimus cupitis cuperem, re-sipis u. s. w., apis u. s. \v. der anstoss zur schöpfung der re-vlclscô, con-tremlscô, in-gemtscö, ex-perglscor neben und ans vivere, tremere, gemere, ex-pergere, zur erzeugung des paclscor neben altlat. pacò, pacit, pacunt ( N e u e formenl. d. lat. spr. I I 2 412, Corssen ausspr. vokal. 1 9 - 393) g e k o m m e n ist. Aehnlich übrigens im griechischen nach ύν-ci (aus *óv-ia>) : ύΰ-σχω der u r s p r u n g von με&ν-σχω neben iisfri-oi, ήβά-αχω neben ήβα-ιο, χορέ-σχω neben xoçî-tu fut., ίλα-οχομαι neben ¡Xä-oput und ü b e r h a u p t auf solchen wegen der Übergang der inchoativpraesensbildung auf -axm, lat. -scö an die abgeleiteten verba in diesen beiden Sprachgebieten. Doch kehren wir nach dieser nötig erschienenen abschweifung zu dem perfectum lat. coepï zurück. F ü r coepit hat Lucretius I Y 617 ed. Bernays noch offenes dreisilbiges co-epit, und auf die gleiche aussprache soll nach Neue formenl. d. lat. spr. I I 2 616 bei P l a u t u s Cas. I I I 5, 24. 57 das bacchische versmass hinleiten. Ander-



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wärts ist a b e r a u c h s c h o n in der s p r ä c h e der alten sceniker, wie des P l a u t u s und T e r e n t i u s , ebenso sicher und häufiger ohne „diaeresis" coèpi, coèpiô mit d i p h t h o n g oe zu sprechen, und denselben Vollzug d e r contraction d e u t e t auch die inschriftliche Schreibung mit oi an, coiperit in d e r lex repet. aus d e m j ä h r e 1 2 3 — 1 2 2 v. C h r . (Corssen ausspr. vokal I 2 704, Ritsehl opuse, philo!. I V 168), also aus vorlucretianiseher zeit. Zu dem dreisilbigen co-ëpit stimmt allgemein übliches co-ëg't von *c6-agö c°g>·, und man f r a g t : w a r u m erscheint nicht auch dieses zweisilbig als *coègî oder wie e r k l ä r t sich das schwanken dort zwischen den in denselben zeitläuften der spracho neben einander b e s t e h e n d e n co-ëpl u n d coepi? V e r m u t l i c h haben wechselnde b e t o n u n g s v e r h ä l t n i s s e hier ihr spiel getrieben. Ich d e n k e , dass f o r m e n wie co-