Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie [33.–35. Aufl. Reprint 2019] 9783111508863, 9783111141596

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Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie [33.–35. Aufl. Reprint 2019]
 9783111508863, 9783111141596

Table of contents :
Aus den Vorworten zur 21. bis 29. Auflage
Vorwort zur 30. bis 32. Auflage
Inhalt
Einleitung
Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium
Das Umfüllen von Reagentien
Filter und Filtrieren
Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr
Die Bearbeitung des Glases
Kork bohren
Nichtmetallverbindungen, erster Teil
Nichtmetallverbindungen, zweiter Teil
Namen- und Sachregister

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HEINRICH BILTZ

Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie 33.-35.

Auflage

herausgegeben von

W I L H E L M K L E M M und W E R N E R F I S C H E R

Mit 24 Figuren und l T a H

B E R L I N

WALTER

DE

1 9 4 4

GRUYTER

& CO.

vormals G. 1. Göflchen'sche Verlagshandlung / J. Gullen tag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J. Trübner / Veit & Comp.

Alle Rechte, lnsb«ondcR dm der Übersetzung, vorbehalten Copyright 144« by W a l t e r d< G r u y t e r & Co. vormals GJ.GiUiheu'scheVerlagshandlunK—J.GuttentaftVerlagabuchhandlung — Georg Reimer — Karl J.Trdbner — Veit & Comp. Berlin W 35, Woyrschslrafle 13 Printed In Germany / Druck von Metzger & Wittig In Leipzig An-hiv-Nr. 52074*

Aus den Vorworten zur 21. bis 29. Auflage Die erste Auflage dieses Buches wurde von H. Biltz im Jahre 1898 für den Gebrauch im Kieler chemischen Universitätslaboratorium verfaßt. Seit dieser Zeit ist es in fast 20000 Exemplaren verbreitet worden und hat eine sehr große Zahl von Chemikern darin unterstützt, sich die ersten Kenntnisse in der Chemie zu erwerben. 40 Jahre sind für ein sich so rasch fortentwickelndes Gebiet wie die anorganische Chemie eine lange Zeit; es haben sich in dieser Zeit nicht nur die Kenntnisse vermehrt, sondern auch die theoretischen Anschauungen vertieft. Auch haben sich die Ansichten darüber, wie man den Studenten mit dem bestmöglichen Wirkungsgrade die Grundzüge der Chemie lehrt, in manchem geändert. Als daher Herr Prof. Biltz uns im Einvernehmen mit dem Verleger aufforderte, einmal zu überprüfen, ob das Buch nicht an manchen Stellen den Anforderungen der Jetztzeit noch besser angepaßt werden könnte, haben wir diese Aufgabe sehr gern übernommen; denn wir haben beide als Lernende (W. Klemm als Schüler von H. B i l t z , W. F i s c h e r als Schüler vpn W. Biltz) wie als Lehrende das Buch gründlich kennen und schätzen gelernt. Bei dieser Neubearbeitung lag kein Grund dafür vor, an dem Gesamtcharakter des Buches etwas zu ändern. Insbesondere haben wir davon abgesehen, Versuche und theoretische Abschnitte aufzunehmen, durch die sich der Student den Molekularbegriff und dac Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen selbst erarbeitet Denn einmal halten wir nicht viel davon, wenn der Anfänger sich mit halbquantitativen Versuchen herumquält, bei denen er einerseits die Waagen mißhandelt und zum anderen einen ganz falschen Begriff von der Leistungsfähigkeit quantitativer Messungen und seiner eigenen Meßkunst erhält. Zum anderen soll das Buch kein Ersatz für Vorlesung und Lehrbuch sein. Es soll vielmehr neben diesen benutzt werden und dem Anfanger die Kenntnis des stofflichen Verhaltens und einen Einblick in die theoretischen Fragen vermitteln, die ihm das Verständnis und die Ordnung der Fülle der Einzelerscheinungen erleichtern. Unsere Überarbeitung beschränkte sich vielmehr auf folgendes: Einmal wurde das P e r i o d e n - S y s t e m der Elemente, das leitende Prinzip alles Lernens und Forschens, zur Grundlage der Einteilung gemacht. Auf diese Weise hoffen wir, schon dem Anfänger das Ver-

IV

Ans den Vorworten zur 21. bis 29. Anfinge

st&ndnis größerer Zusammenhänge zu erleichtern. Die bisherige Einteilung des Stoffes nach vorwiegend a n a l y t i s c h e n Gesichtspunkten, bringt, wie wir des öfteren feststellen konnten, leicht Mißverständnisse mit1 sich. Überhaupt haben wir den Charakter des Buches als Einführung in das analytische Arbeiten eine Kleinigkeit zurücktreten lassen. 'Pagegen haben wir den Stoff dadurch vermehrt, daß wir außer den in Anfangerbüchern in der Regel allein behandelten Elementen auch einige Angaben über die meist zu Unrecht als „selten" bezeichneten' Elemente angeführt haben, da diese in Wissenschaft und Technik eine von Tag zu Tag steigende Bedeutung gewinnen. Es wird sich jedoch empfehlen, diesen Teil erst durchzuarbeiten, nachdem einige Erfahrungen in der qualitativen Analvse der anderen Elemente gesammelt worden sind. — Auf den Wunsch aus Benutzerkreisen wurden einige Reaktionen mit organischen Reagentien aufgenommen. Berücksichtigt sind dabei nur solche Fälle, die für die qualitative Analyse von Bedeutung sind. Reagentien, die nur für die quantitative Analyse in Frage kommen (z. B. Oxychinolin, Oupferron) sind nicht aufgeführt. Zum anderen sind die t h e o r e t i s c h e n Abschnitte neubearbeitet und zum Teil wesentlich erweitert worden. Es handelt sich dabei meist um Fragen, die in der Experimentalvorlesung nicht in dieser Ausführlichkeit besprochen werden, ohne deren Kenntnis aber ein erfolgreiches analytisches Arbeiten nicht möglich ist. Der Studierende wird am Anfang mit diesen Abschnitten manchmal eine gewisse Mühe haben. Er begnüge sich aber in keinem Falle mit einem oberflächlichen Lesen und einem halben Verständnis. Vielmehr mache er es sich zur Regel, diese Abschnitte immer wieder durchzuarbeiten. Besonders fruchtbar wird es sein, wenn er sich nach dem Durcharbeiten eines Teiles des Buches die an früherer Stelle stehenden Abschnitte erneut vornimmt; es wird dann manches klar werden, was beim ersten Lesen vielleicht unverständlich blieb. Einzelne Sätze, die grundlegende Definitionen enthalten und daher am besten auswendig zu lernen sind, sind fett gedruckt worden. Die neue Nomenklatur ist überall durchgeführt; in vielen Fällen sind jedoch die bisherigen Bezeichnungen in Klammern beigefügt, damit beim Studium von Lehrbüchern und älterer Originalliteratur keine Schwierigkeiten entstehen. Es dürfte zweckmäßig sein, die qualitativ-analytische Ausbil? dung mit der Durcharbeitung der „Experimentellen Einführung" etwa in folgender Reihenfolge zu verbinden: 1. Experimentelle Einführung: Nichtmetallverbindungen I.Teil. Metallverbindungen I. Teil. 2. Qual.-anal. Ausbildung: Einfacher Kationengang; „Schuld analyse".

Vorwort zur 30. bia 32. Auflage

y

3. Experimentelle Einführung: Nichtmetallverbindungen II. Teil. ,4. Qual.-anal. Ausbildung: Säuren; Säuren kombiniert mit der» Kationen der Schulanalyse. 5. Experimentelle Einführung: Metallverbindungen II. Teil. 6. Qual,-anal. Ausbildung: Analysen über alle Elemente; insbesondere Mineralien, technische Produkte usw. Man kann auch schon nach S. 69 Beispiele aus der Ammonium carbonat- und der Magnesium-Alkalimetall-Gruppe, nach S. 136 die Ammoniak- und Ammoniumaulfid- Gruppe und nach S. 159 die Salzsäure- und Schwefelwasserstoff-Gruppe bearbeiten lassen. Nach Punkt 1 und 6 wird zweckmäßigerweise ein kurzes Kolloquium mit dem- Institutsleiter eingeschaltet. In Erwägung zu ziehen ist weiterhin, ob nicht nach 2. bereits einige einfache quantitative Bestimmungen ausgeführt werden, deren erzieherischer Wert sowohl für das chemische Denken wie für das experimentelle Arbeiten an dieser Stelle besonders groß ist. Den neuen Bestimmungen für das Chemiestudium (1939) entspricht diese Einführung ebenso wie den früheren. Die Verkürzung der Studienzeit verlangt eine ganz besonders solide Grundlage; der Student sollte daher auf das Erlernen der in dieser Einführung behandelten Grundbegriffe ganz besondere Sorgfalt verwenden. Sehr erfreut hat uns die von befreundeter Seite ausgesprochene Anerkennung, daß sich das Buch unter den Kriegsverhältnissen, d. h. bei einem starken Andrang von* Studierenden und einem Mkngel an Assistenten, besonders bewährt hat.

Vorwort zur 30. bis 32. Auflage Da die 27.—29. Auflage bereits nach weniger als einem Jahr zur Neige geht, haben wir uns zur Beschleunigung der z. Z. erschwerten Drucklegung auf einige kleinere Änderungen beschränkt. Juli 1942

W. Klemm

W. Fischer

Inhalt Theoretische Abschnitte sind kursiv gedruckt Einleitung Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium . . . . Das Umfüllen von Reagentien Filter und Filtrieren Der Bunsenbrenner, das Gebl&se und das Lötrohr Die Bearbeitung des Glases Kork bohren

Seih-

1 4 5 6 8 10 13

N i c h t m e t a l l v e r b i n d u n g e n , erster Teil Säuren, Baten, Sake Salzsäure and Chlor Chemische Umsetzungen Konzentration der Läsungen; Normallösungen Schwefelsäure Elektrolytische. Dissoziation; loneidehre Chemische Bindungskräfte Oxydation und Reduktion Schweflige Saure Salpeters&ure -und Stickstoffoxyde Kohlendioxyd und Kohlensäure Schwefelwasserstoff Fhosphorsäure, Saure Salze Namen anorganischer Stoffe

15 15 16 20 21 22 25 29 32 34 35 40 42 45 50

M e t a l l v e r b i n d u n g e n , e r s t e r Teil Alkalimetalle Natrium Kalium Ammonium Erdalkalimetalle -und Magnesium Erdalkalimetalle Calcium Strontium und Barium Magnesium Chemisches Oleichgewicht A. Das Wesen der chemischen Gleichgewichte B. Das Massenwirbingsgesetz C. Anwendungen des Mctssenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen in wäßriger Losung D. Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heierogene Reaktionen E. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen Aluminium Säuren- und basenbildende Oxyde

52 52 52 57 56 62 62 62 66 67 69 69 73 76 83 85 87 91

Inhalt Elemente der Gruppe I b Silber Komplexverbindungen und Dojrpdaalze Kupfer EUktroaffinität Elemente der Gruppe I I b Zink Cadmium Quecksilber : Ü bergangselemente Eisengrappe Eisen Kobalt Nickel Chrom Mangan Aufsehließen Weitere Elemente der b-Gruppen Zinngruppe Zinn Kolloide Lösungen Blei Sulfide Arsengrnppe Araen Antimon Wismut

VII Seite

.

95 96 98 103 107 108 108 111 111 118 117 117 124 126 127 133 138 138 139 139 142 144 147 148 148 166 168

N i c h t m e t a l l v e r b i n d u n g e n , z w e i t e r Teil . . VII. Gruppe Halogene Halogen Wasserstoffe Halogensaueratoffverbindungen VI. Gruppe Wasserstoffperoxid Staren des Schwefels Selen und Tellur V. Gruppe Hydrazin, Hydroxylamin Salpetrige Säure und Nitrite Phoephorige Säure IV. Grippe Silicium III. Gruppe Borsäuren

100 160 160 160 162 166 166 167 169 171 171 171 173 174 174 176 176

M e t a l l v e r b i n d u n g e n , z w e i t e r Teil Lithium, Beryllium Seltene Erden ' Titan, Zirkonium, Thorium Vanadin, Niob, Tantal Molybdän, Wolfram, Uran Thallium Namen- und Sachregister

178 178 179 180 181 183 186 187

1

Einleitung Zum flotten Arbeiten im chemischen Laboratorium sind einige Hilfsmittel nötig, die der Praktikant sich auf seinem Arbeitsplatze zu halten hat, nämlich: eine Schere, ein Glasmesser zum Glasschneiden, eine an ihrer stärksten Stelle noch nicht ganz bleistiftdicke Rundfeile zum Glätten und Erweitern von Löchern in Korken, ferner Pinzette, Lötrohr und einige einseitig geschlossene Glasröhrchen, deren Anfertigung auf S. 11 bis 12 beschrieben ist. Dazu kommen: eine ausreichende Anzahl von Probiergläsern verschiedener Größe1) mit Gestell, Trichter, Kölbchen, einige dünne Glasstäbe mit rund geschmolzenen Enden, kleine Bechergläschen, eine Spritzflasche, Porzellantiegel und Abdampfschalen, schließlich ein Filtriergestell, ein eiserner Dreifuß (oder ein Stativ mit verschiebbarem Ring) nebst Drahtnetz als Kochgestell und ein Gasbrenner2). Der für manche Zwecke benötigte Spatel kann aus Glas, Porzellan, Horn oder Reinnickel bestehen; vernickelte oder verchromte Instrumente sind im chemischen Laboratorium nicht brauchbar. Erforderlich ist ferner ein Platindraht von etwa 5 cm Länge und etwa 0,4 mm Durchmesser, der an einem Ende in einen dünnen Glasstab eingeschmolzen ist; er wird — mit dem Glasstabe in einem Kork befestigt — in einem mit Salzsäure halbgefüllten Probierglase aufbewahrt. Als Ersatz können in manchen Fällen — z. B. zur Herstellung von Phosphorsalz- oder Boraxperlen — Magnesiastäbchen und -Rinnen verwendet werden. Für die seltenen Fälle, in denen ein Platintiegelchen (es empfehlen sich die in der Lötrohranalyse gebräuchlichen „Plattner-Schälchen") unentbehrlich ist, leiht man ein solches vom Assistenten. Ferner sollte jeder im Besitz einer einfachen Schutzbrille mit splittersicherem Glase sein s ). Schließlich sind ein Wischtuch und ein Handtuch unentbehrlich; empfehlenswert ist eine Hasenpfote zum Reinigen des Arbeitsplatzes. i) Für die meisten Versuche sind Probiergläser der normalen Größe von etwa 16 min Durchmesser und 160 nun Länge zweckmäßig; daneben benötigt man einige größere (etwa 20x 200 mm), vor allem aber auch kleinere von verschiedenen Abmessungen. a ) Früher benutzte man zum Halten heißer Probiergläser oft Probierglasklemmen. Dafür verwendet man besser ein Stück Papier von etwa Oktavgröße, das durch einige L&ngskniffe zu einem Streifen zusammengefaltet ist. *) Z. B. zu beziehen von Robert Kirsten, Düsseldorf. Bllt», Klemm, Fischer, Einfühlung. 80.—82. Aufl. 1

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Einleitung

Alle Glassachen seien s t e t s sauber. Bechergläser werden gereinigt, mit destilliertem Wasser ausgespült und nach dem Abtropfen mit nach unten gestellter Öffnung auf Filtrierpapier, mit dem der Schrank zum Teile ausgelegt ist, aufbewahrt. Die gereinigten und getrockneten Kölbchen bewahrt man nach Verschluß mit etwas Filtrierpapier, das über den Band geknifft wird, gegen Staub gesichert auf. Die Probiergläser werden s t e t s bald nach den Versuchen gereinigt. Dazu reicht meist Wasser und eine Gänsefeder oder eine Probierglasbürste aus; zur Entfernung fest haftender Niederschläge nimmt man eventuell einige Tropfen roher, konzentrierter Salzsäure zu Hilfe1). Diese Reinigung gelingt fast immer leicht und schnell, wenn Bie bald vorgenommen wird, ist aber oft recht mühsam und zeitraubend, wenn sie bis zum nächsten Tage verschoben wird. Man spült auch hier stets mit destilliertem Wasser nach. Zum Abtropfen stellt man die Probiergläser mit der Mündung nach unten auf die Zapfen, die zu diesem Zwecke an der Hinterseite des Gestells angebracht sind, oder auch in die Öffnungen des Probierglasgestells. Man halte sich stets einige trockene Probiergläser vorrätig, weil solche zu manchen Versuchen nötig sind. Durch Befolgen dieser Vorschriften kann man sich Zeitverlust und Mißerfolge ersparen. Überhaupt muß mit größtem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß man sich bei chemischen Arbeiten von vornherein an die größte Sauberkeit gewöhnen muß. Auch das Innere der Schubladen und Schränke sei stets vorbildlich sauber und ordentlich gehalten sowie mit Verständnis geordnet. Eisensachen, Filter, Glas- und Porzellansachen dürfen kein malerisches Durcheinander bilden, sondern müssen getrennt aufbewahrt werden. Die meisten Versuche dieses Leitfadens werden in Probier* gläsern ausgeführt. Es ist zweckmäßig, zu jeder Umsetzung nur wenig S u b s t a n z zu nehmen und mit stark verdünnten Lösungen zu arbeiten; denn die meisten Erscheinungen sind bei verdünnten Lösungen viel klarer zu erkennen als bei konzentrierten. Ferner beachte man, daß man, von einigen Ausnahmen abgesehen, mit 1 j i — 1 ccm der Lösungen vollständig auskommt. Man halte sich an diese Vorschrift nicht nur zu dem Zwecke, keine Chemikalien zu vergeuden, sondern vor allem, um Zeit zu sparen. Wichtig ist es auch, daß man sich von vornherein darin übt, Gewichte und B a u m m a ß e abzuschätzen. Es empfiehlt sich, ein Probierglas zunächst leer, dann zum Fünftel, zur Hälfte, schließlich ganz mit Wasser gefüllt zu wägen, um dadurch eine Vorstellung i) Zum Reinigen von Glaaoberflächen, die mit Fett oder ähnlichen Stoffen verschmutzt sind, benutzt man eine Auflösung von Alkalipyrochromat (vgl. S. 132) in konzentrierter Schwefelsäure („Chrom-Schwefelsäure") oder eine alkalische Lösung von Alkalipermanganat (vgL S. 133/34).

Einleitung

3

vom Inhalte eines Probierglases und seiner Teile zu erhalten. Auch ist anzuraten, ein Probierglas durch Einwägen von 1, 2, 3 g usw. Wasser zu kalibrieren und die betreffenden Höhen an einem aufgeklebten Papierstreifen zu verzeichnen. Ein solcher einfacher Meßzylinder ist oft nützlich. Es ist unbedingt erforderlich, daß über die Arbeiten im Laboratorium sorgfältig und ausführlich Protokoll geführt wird, und zwar nicht auf losen Zetteln, Zigarettenschachteln und ähnlichem, sondern in einem Heft. Der Studierende gewöhne sich vom ersten Tage daran, j e d e Beobachtung, und sei sie noch so geringfügig, so aufzuschreiben, als ob sie von ihm erstmalig gemacht sei. Man verlasse sich nicht darauf, daß ja alles „im Buche" stehe, sondern protokolliere sofort nach Ausführung des Versuches die Beobachtungen, ohne das Buch zur Hilfe zu nehmen, weil man sonst leicht in den Fehler verfällt, das Buch abzuschreiben. Durch diese Art der Niederschrift lernt der Anfanger, die chemischen Ausdrücke zu verwenden. Wenn er es sich ferner zum Grundsatze macht, jede im Probierglase beobachtete Umsetzung auch formelmäßig auszudrücken, übt er sich, chemische Gleichungen aufzustellen. Schließlich ist diese Erziehung zum sorgfaltigen Protokollieren auch als Vorbereitung für das spätere selbständige Arbeiten unentbehrlich, bei dem mangelhafte Protokollführung zu schweren Irrtümern und erheblichem Zeitverlust führen kann. Das LaboratoriumBtagebuch braucht keine schön geschriebene Reinschrift zu sein, aber es sei übersichtlich und auch für einen anderen lesbar. Das allerwichtigste Erfordernis für ein erfolgreiches und flottes Durcharbeiten dieses Leitfadens ist das häusliche Studium. Kein Abschnitt soll im Laboratorium vorgenommen werden, bevor er sorgfältig unter Hinzuziehung eines L e h r b u c h s d e r Chemie zu Hause theoretisch durchgearbeitet und aufgeklärt ist. Unklarheiten und Zweifel lasse man nicht auf sich beruhen, sondern frage den Assistenten um Rat. Zwar sind in den experimentellen Teil zahlreiche theoretische Abschnitte eingestreut, deren Studium vielfach Aufklärung geben wird; selbstverständlich sind diese theoretischen Abschnitte nicht imstande, das Hören einer Vorlesung über analytische Chemie, die eich auf der Theorie der wäßrigen Lösungen und dem Massenwirküngsgesetze aufbaut, zu ersetzen. Zu einem näheren Studium der theoretischen Verhältnisse sei namentlich auf „Die wissenschaftlichen Grundlagen der analytischen Chemie" von W. O s t w a l d (Verlag Steinkopff, Dresden und Leipzig) und auf die „Qualitative Analyse" von W. B ö t t g e r (Verlag von W. Engelmann, Leipzig) verwiesen.

1*

4

Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium Schon an dieser Stelle sei auf einige Vorsichtsmaßregeln hingewiesen, die beim Arbeiten im Laboratorium unbedingt beachtet werden müssen: 1. Beim Erhitzen von Flüssigkeiten im Probierglase, besonders von solchen, in denen feste Teilchen ausgeschieden sind, ist das Probierglas leicht und andauernd zu bewegen. Durch diese leichten Schüttelbewegungen wird einem Siedeverzuge und dem damit verbundenen Herauskochen dqr Flüssigkeit aus dem Rohre vorgebeugt. Außerdem werden dadurch die Wände des Rohrs innen, soweit sie erhitzt werden, andauernd mit Flüssigkeit befeuchtet, wodurch eine Überhitzung der Glaswände vermieden wird. Beim K o c h e n im P r p b i e r g l a s e h a l t e m a n s t e t s die M ü n d u n g v o n sich u n d a n d e r e n P e r s o n e n a b , damit niemand verbrüht werde, falls doch einmal ein Herauskochen stattfinden sollte. 2. Versuche, bei denen übelriechende oder giftige Gase entstehen, müssen unter allen Umständen unter dem Abzüge ausgeführt werden. Der Chemiker ist sowieso genötigt, bei seinen Arbeiteil oft genug schlechte Luft in Kauf zu nehmen. Es ist eine selbstverständliche Pflicht gegenüber den Arbeitskameraden, alles zu Ver. meiden, was die Laboratoriumsluft in unnötiger Weise verschlechtert. Die Fenster unbenutzter Abzüge sind geschlossen zu halten, weil die Entlüftungswirkung in den anderen sonst geschwächt wird. 3. Bei manchen Versuchen muß man mit gißigen Substanzen (z. B. Natriumcyanid) arbeiten. In diesen Fällen ist besonders auf peinlichste Sauberkeit zu achten (nichts verschütten, sofortiges Säubern der Geräte und der Hände). Man bringt sonst sich selbst in Lebensgefahr und gefährdet unter Umständen andere. Überhaupt ist es selbstverständlich, daß man sich nach j e d e m Arbeiten sorgfältig die Hände wäscht. Man weiß nie, ob nicht Spuren schädlicher Stoffe an ihn^n haften. 4. Gelegentlich hat man es mit Umsetzungen zu tun, die zu Explosionen führen können. Kennt man die Gefahr, so kann man durchaus solche Versuche ausführen; denn durch zweckmäßige Anordnung des Versuches kann man sich schützen. Auf keinen Fall versäume man in den Fällen, in denen auch nur die entfernte Möglichkeit einer Explosion oder des Verspritzens von Alkalien und Säuren besteht, die Augen durch eine Schutzbrille zu schützen (vgl. S. 1).

Das Umfallen von Reagentien

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Das Umfüllen von Reagentien Das Eingießen von flüssigen Reagentien aus einer Flasche in ein Probierglas ist eine der kleinen Handhabungen, die der Chemiker besonders häufig auszuführen hat. Da bei unsachgemäßer Durchführung mancherlei Übelstände auftreten, gewöhne man sich von vornherein an -folgende Art der Ausführung. Die Flasche ist mit vollem Griff zu fassen, und zwar so, daß die Beschriftung bei waagerechter Lage der Flasche nach oben kommt. Macht man es anders, so könnte ein herunterlaufender Tropfen die Beschriftung beschädigen. Das Probierglas wird mit dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger der linken Hand gehalten. Mit den beiden noch freien Fingern und dem Handballen nimmt man den Stopfen von der Flasche (Fig. la) und gießt die Flüssigkeit ein, ohne dabei den Rand der Flasche auf den des Probierglases aufzusetzen (Fig. lb). Berührt man das Probierglas, so kann der Rand und damit der Inhalt der Flasche verunreinigt werden — besonders, wenn man es gewohnheitsmäßig macht I —, was bei späterem Gebrauch der Reagensflüssigkeit Anlaß zu Irrtümern gibt. Nach dem Ausgießen der Flüssigkeit hängt am Rande der Flasche in der Regel ein dicker Tropfen. Diesen streicht man nicht am Probierglase ab noch läßt man ihn außen an der Figur 1. Ausgießen von Flasche herunterlaufen, sondern man Flüssigkeiten führt den Flaschenrand, ohne dabei die Flasche aus ihrer schrägen Lage wesentlich aufzurichten, an den Hals des Stopfens, streicht hier den Tropfen ab (Fig. lc), setzt den Stopfen auf und stellt die Flasche an ihren Platz. Gewöhnt man sich an diese Art der Ausführung, so bleiben die Reagentien stets sauber, die Flaschen und ihre Beschriftung sowie die Reagentienregale werden nicht beschmutzt, und es kann niemals vorkommen, daß man einen Stopfen auf eine falsche Flasche setzt.

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Filter und -Filtrieren

Führt man Reaktionen durch, bei denen sich beim Zugeben einer Reagensflüssigkeit Gase entwickeln (vgl. z. B . . S. 17), so gießt man die,Lösung nicht aus der Reagentienflasche zu; denn in diesem Falle besteht die Gefahr, daß die sich entwickelnden Gase den ganzen Inhalt der Flasche verunreinigen. Vielmehr füllt man in diesem Falle erst die erforderliche Menge der Flüssigkeit in eiii sauberes Probierglas und gießt sie von dort in das Probierglas mit der zu untersuchenden Substanz. Das Ausschütten von festen Reagentien aus Flaschen ist nach Möglichkeit zu vermeiden, da man dabei schlecht dosieren kann. Man entnimmt die benötigte Menge vielmehr mit einem s a u b e r e n Spatel oder Löffel. Hat man dabei einmal etwas mehr genommen, als benötigt wird, so gibt man den Rest — wenn es sich nicht um besonders kostbare Substanzen handelt — nicht in die Flasche zurück, sondern in den Schmutzbehälter. Dies gilt unter allen Umständen von Anteilen, die auf den Arbeitstisch gefallen Bind. Filter und Filtrieren Zur Herstellung von „glatten Filtern" benutzt man in der Regel fertig geschnittene runde Scheiben aus Filtrierpapier. Für die vorliegenden Versuche genügen die billigen „qualitativen" Filter; die besonders aschearmen, teureren „quantitativen" Filter sind nicht erforderlich. Man halte sich einen größeren Vorrat von Filtern verschiedener Größe (etwa 7 und 9 cm Durchmesser) stets vorrätig, und zwar nicht lose im Schubfach herumliegend, sondern in einer geeigneten Pappschachtel. Zum Gebrauch faltet man das Filter zweimal im rechten Winkel (vgl. Fig. 2a), so daß es das Aussehen von Fig. 2b erhält. Diese Papiertüte wird geöffnet (Fig. 2c) und in einen Trichter gesteckt, dessen konischer Teil wenigstens um 1 cm höher ist als das Filter; a u f k e i n e n F a l l d a r f d a s F i l t e r ü b e r d e n R a n d des T r i c h t e r s h i n a u s r a g e n . Jetzt gießt man mit der Spritzflasche Wasser in das Filter und drückt es mit einem Finger an die Trichterwand fest an (Fig. 2d). Das Fjltrat läuft nur dann gut ab, wenn das Papier oben überall gut an der Glaswand anliegt, so daß keine Luftblasen auftreten 1 ); denn nur dann wirkt die Flüssigkeitssäule im Trichterrohr saugend auf die Flüssigkeit im Filter. Hat der Trichter nicht genau den Winkel von 60°, so muß man das beim 1 ) Ea ist praktisch, die in Fig. 2 c gestrichelt gezeichnete Ecke abzureißen oder auch nur einzureißen und um die Knickstelle nach rechts umzuschlagen; denn das Filter liegt dann meist noch besser an.

Filter und Filtrieren

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Kniffen des Filters berücksichtigen. Man lernt dies wie überhaupt die Anfertigung eines gut arbeitenden Filters am besten von Geübteren. Für präparative Arbeiten sind oft die „Falten/Itter" vorzuziehen, da sie ein schnelleres Filtrieren ermöglichen. Man ver-

wendet sie aber nur dann, wenn es nicht darauf ankommt, den auf dem Filter gesammelten Niederschlag gut auszuwaschen. Faltenfilter kann man bereits fertig geknifft beziehen. Will man selbst eines herstellen, so geht man am besten von einem kreisförmigen

Figur 3. Faltenfilter

Stück Filtrierpapier aus und beginnt dann in genau der gleichen Weise wie in den Fig. 2 a und 2 b, nur wird der Viertelkreis (Fig. 2 b) noch zweimal im Winkel gefaltet bis zum Sechzehntel-Kreisausschnitte. Dann öffnet man zum Halbkreise (Fig. 3 a) und knifft von einer Seite beginnend, jedes Achtel des Halbkreises aus freier Hand nochmals mit den Daumen, Zeige- und Mittelfingern beider Hände; dabei dienen die mit den Spitzen aneinander gelegten Mittelfinger als Unterlage. In Fig. 3 b ist die linke Hälfte des Filters so behandelt, die rechte noch nicht. Nun wird das Filter zur Tüte geöffnet und in den Trichter eingesetzt (Fig. 3 c).

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Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

Beim Filtrieren gießt map das Filter Die ganz voll, damit nichts über den Band des Filters steige. Mit dem Auswaschen, zu dem die Spritzflasche verwendet wird, beginnt man erst, wenn alle Flüssigkeit aus dem Filter abgelaufen ist, und nachdem man sich durch Zugabe eines Tropfens des Fällungsmittels züm Filtrat davon überzeugt hat, daß die Fällung vollständig war. Beim Auswaschen läßt man das Filter jedesmal erst ganz abtropfen, ehe man weiteres Waschwasser aufspritzt 1 ). Die Hauptregel für das Auswaschen ist: o f t m a l s m i t wenig W a s s e r a u s w a s c h e n u n d j e d e s m a l möglichst vollständig a b l a u f e n lassen! Da der Filtrationsprozeß bei feinflockigen Niederschlägen sehr langsam verläuft, ist es zuweilen empfehlenswert, die Fällung im Glase absitzen zu lassen, darauf zunächst die über dem Niederschlage stehende klare Flüssigkeit, ohne diesen aufzuwirbeln, durch das Filter abzugießen und erst dann den Niederschlag mit etwas Wasser aufs Filter zu spülen. Man bezeichnet dieses Abgießen einer Flüssigkeit von einem Niederschlage als „Dekantieren"/ es gelingt bei schweren Niederschlägen leicht. Der Bunsenbrenner, das Gebläse and das L5trohr Der Bunsenbrenner. Zur Erzeugung höherer Temperaturen benutzt man im chemischen Laboratorium heute sehr oft den von R o b e r t B u n s e n erfundenen und nach ib™ benannten Gasbrenner. Dieser besitzt an dem unteren Teile des eigentlichen Brennerrohres ein mit Öffnungen versehenes Rohrstück, das so verstellt werden kann, daß der Gasstrom mehr oder weniger große Mengen Luft ansaugt. Stellt man es so ein, daß keine Luft eintritt, so erhält man eine gelbe, „ l e u c h t e n d e " Flämme. Dieses Leuchten rührt daher, daß infolge der ungenügenden Luftzufuhr eine unvollständige Verbrennung stattfindet. Von den Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, aus denen das Leuchtgas besteht, vereinigt sich dabei der Wasserstoff leichter mit dem Luftsauerstoff, während der Kohlenstoff im wesentlichen nur am Flammenrand verbrennt. Bei der Flammentemperatur leuchten die vorübergehend gebildeten festen Kohlenstoff-(Ruß-)-Teilchen. Infolge dieses Gehaltes an unverbrannten brennbaren Stoffen kann diese Flamme solchen Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben, den Sauerstoff entziehen: sie wirkt schwach „ r e d u z i e r e n d " 2 ) . Stärkere Reduktionswirkungen erzielt man mit dem Lötrohr (s. S. 10). 1 ) Bei schleimigen Niederschlägen, wie z. B. Aluminiumhydroxyd (vgl. S. 89), darf man das Ablaufen der Filterflüssigkeit nur so weit fortschreiten lassen, daß der Niederschlag noch feucht bleibt. Denn beim Trockenwerden springt die Masse in kleine Schollen entzwei, zwischen denen das Wpschwasser wirkungslos •rorbeilaufen würde. ') Näheres über die Begriffe „Reduktion" und „Oxydation" siehe S. 17 u. S. 32.

Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

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Läßt man dagegen durch die Öffnung Luft zutreten, BO verbrennt auch der Kohlenstoff rascher. Da die Flamme infolgedessen glühende feste Teilchen nicht enthält, leuchtet sie nicht ( „ e n t l e u c h t e t e " Flamme). In diesem Falle unterscheidet man einen inneren, blauen Kegel und einen äußeren, bei reinem Brenner und staubfreier Luft nahezu farblosen Mantel. Der i n n e r e Kegel ist verhältnismäßig kalt. Hält man ein Stückchen Holz (Streichholz ohne Kuppe) einen Augenblick .quer in die Flamme, so verkohlt es nur an den Stellen, mit denen es sich in dem äußeren Mantel befindet. Da der innere Kegel unverbranntes Gas im Überschuß enthält, wirkt er reduzierend. Besonders geeignet für Reduktionswirkungen ist seine oberste Spitze, weil er an dieser am heißesten ist. Am äußeren Rande des ä u ß e r e n Kegels findet sich ein geringer Sauerstoffüberschuß; dieser Teil wirkt daher schwach o x y d i e r e n d , er kann hineingebrachten Substanzen Sauerstoff zuführen. Bessere OxydationsWirkungen erzielt man jedoch mit dem Gebläse (s. unten) oder dem Lötrohr (s. S. 10). Ist die Luftzufuhr zu groß oder der Gasdruck zu klein, so „schlägt" der Brenner „zurück", d. h. die Verbrennung erfolgt im Inneren des Brennerrohres an der Gaseintrittsdüse. In solchen Fällen muß die Gaszufuhr sofort abgestellt werden1), da sonst der Brenner beschädigt wird. Nach dem Erkalten des Brenners stellt man dann die Luftzufuhr etwas kleiner oder die Gaszufuhr größer. Den I n s t i t u t e n e r w a c h s e n d u r c h den G a s v e r b r a u c h g r o ß e U n k o s t e n . E s ist d e s h a l b eine s e l b s t v e r s t ä n d l i c h e P f l i c h t eines j e d e n S t u d i e r e n d e n , G a s v e r s c h w e n d u n g zu vermeiden. Bei Nichtbenutzung des Brenners lasse man daher nur iie Sparflamme brennen. Ist eine entsprechende Einrichtung an dem Brenner nicht vorhanden, so stellt man die Luftzufuhr ab und drosselt dann die Gaszuführung so stark, daß nur noch eine kleine Flamme brennt. Gebläse. Braucht man h ö h e r e T e m p e r a t u r e n , so benutzt man einen G e b l ä s e b r e n n e r . bei dem dem Gase vor der Verbrennung komprimierte Luft zugeführt wird. Das Einblasen der Luft erfolgt meist durch ein maschinell betriebenes Gebläse oder ein Wasserstrahlgebläse. Benutzt man ein Tretgebläse, so trete man nur so schnell, als es zur Erreichung des Zweckes unbedingt erforderlich ist. Ein Überschuß ist Kraftvergeudung und schädigt die Einrichtung. Noch höhere Temperaturen erzielt man durch ein S a u e r s t o f f - L e u c h t g a s g e b l ä s e , bei dem an Stelle von Luft komprimierter Sauerstoff zugeführt wird, den man einer Stahlflasche entnimmt. Die Flamme wirkt in diesem Falle stark oxydierend. Für die üblichen Laboratoriumsarbeiten des Studierenden ist jedoch dieses Gebläse ebensowenig erforderlich wie das noch heißere Wasserstoff-Sauerstoff- („Knallgas ') - Gebläse. In leichteren Fällen hilft oft ein kurzer Schlag auf den Gasschlauch!

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Die Bearbeitung des Glases

Gebrauch des Lötrohres. Die Verwendung des früher allgemein benutzten Lötrohres ist heute in vielen Laboratorien zu Unrecht in den Hintergrund getreten; in Hüttenlaboratorien usw. wird es auch jetzt noch mit bestem Erfolge vielfach benutzt. Das Lötrohr dient dazu, eine kräftige Stichflamme horizontal zu treiben, damit Stoffe, die auf einer die Wärme schlecht leitenden Unterlage, gewöhnlich einem Stücke Holzkohle, liegen, hoch erhitzt werden können. Durch Regelung der Luftzufuhr gelingt es dem Geübten leicht, in der Flamme einen Uberschuß an unverbranntem Gase oder an sauerstoffhaltiger Lufb vorherrschen zu lassen; man unterscheidet demnaoh die „Reduktionsflamme" und die „Oxydationsflamme". Die beiden Flammen sicher und rein zu erzeugen, ist nicht leicht und erfordert viel Übung. Ebenso ist es nicht ganz einfach, längere Zeit ununterbrochen zu blasen. Man muß dabei durch die Nase atmen, ohne daß der mit dem Munde erzeugte Luftstrom unterbrochen wird. Das Atmen erfolgt dabei ganz normal, die Brust darf nicht aufgeblasen sein. Die Hauptsache ist, mit dem Gaumensegel den Mundraum abzuschließen und nur mit dem Druck der Backenmuskeln und keinesfalla mit der Lunge zu blasen. Von Zeit zu Zeit werden die Backen neu aufgeblasen. Am besten erlernt man dies von einem Geübten. Als F l a m m e benutzt man am besten eine Öllampe mit flachem Dochte; für viele Zwecke genügt die l e u c h t e n d e Flamme des Bunsenbrenners1). Um eine Oxydationsflamme zu erhalten, führt man die Spitze des Lötrohres 1—2 cm über der Mündung des Brenners mitten in die Flamme ein und bläst kräftig, so daß aus der Brennerflamme ein Flammenspitzchen seitlich herausgeblasen wird; in ihm erkennt man deutlich einen kurzen, inneren Kegel und den ihn zum Teile umhüllenden, zum Teile fortsetzenden Flammenmantel, den eigentlichen Oxydationsraum. Zur Erzeugung einer Reduktionsflamme taucht man die Spitze des Lötrohres nicht in die Flamme des Bunsenbrenners ein, sondern führt sie nur an die — natürlich nicht entleuchtete — Flamme heran und bläst nur schwach, so daß ein großer Teil der Flamme, in dem sich weder ein innerer Kern noch ein äußerer Mantel erkennen lassen, zur Seite schlägt. Die Bearbeitung des Glases Der Chemiker kommt beim Zusammenstellen von Apparaten und bei anderen Gelegenheiten oft in die Lage, Glasröhren biegen zu müssen, sie abzuschmelzen, Bruchstellen abzurunden usw. Es ist sehr erwünscht, wenn er sich darin bald eine gewisse Fertigkeit; ') Leuchtgas ist aber meist nicht ganz frei von Schwefelverbindungen!

Die Bearbeitung des Glases

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aneignet. Im folgenden seien einige Fingerzeige über die allereinfachsten Glasarbeiten gegeben; besser als aus ihnen wird map die Sache durch Z u s e h e n bei e i n e m G e ü b t e n lernen. Sehr empfehlenswert ist es, während des Studiums, möglichst frühzeitig an einem G l a s b l a s e k u r s u s teilzunehmen. Glaarohr achneiden. Glasröhren bis zu 1 cm Durchmesser zerschneidet man in folgender Weise. Mit einem scharfen Glasmesser wird das Glasrohr zum Fünftel bis Viertel seines Umfanges mit einem Einschnitte versehen. Dann faßt man das Bohr gemäß Fig. 4 voll mit beiden Händen und bricht es unter schwachem Ziehen auseinander. Bricht das Rohr nicht bei leisem Drucke, so muß man die Einschnittstelle vertiefen. Handelt es sich drrum, weitere Glasröhren zu zerlegen oder engere dicht an einem Ende abzuschneiden, so empfiehlt es sich, die Röhren a b z u s p r e n g e n . Zu diesem Zwecke Figur 4. Glasrohr brechen. ritzt man eben fall a und berührt Die durch den Strich zwischen den dann das eine Ende des Ritzes Daumen angedeutete Ritzstelle bemit der auf Rotglut erhitzten findet sich auf der vom Besohauer Spitze eines dünnen Glasstabes. abgewendeten Seite des Glasrohres Enden abrunden. Bei jedem Glasrohre, das verwendet werden soll, müssen die scharfkantigen Bruchstellen des Glases abgerundet werden. Dies macht man einfach dadurch, daß man das Ende des Rohres in der leuchtenden Flamme des Gebläses (d. h. ohne Lftftzufuhr) 2—3 cm weit unter Drehen anwärmt und dann das äußerste Ende des Rohres in der entleuchteten Gebläseflamme (d.h. mit Luftzufuhr) unter beständigem Drehen erweicht; dabei schmilzt der Rand glatt. Man hüte sich, ein zu großes Stüok des Glasrohres zu erweichen, weil sonst leicht der Durchmesser des Rohres durch Einfallen des erhitzten Teiles am Ende enger wird. Bei sehr weiten Röhren muß sehr sorgfältig angewärmt werden, da sonst leicht Sprünge entstehen. Herstellung einseitig geschlossener Glasröhrchen. Zu Glühund Sublimationsversuchen verwendet man vielfach einseitig geschlossene Röhrchen. Zu ihrer Herstellung schneidet man ein Glasrohr von etwa 0,6 cm äußerem Durchmesser in etwa 12 cm lange Stücke. Ein solches Stück erweicht man in der Mitte unter fortwährendem Drehen der Gebläseflamme; wenn das Glas ganz weich geworden ist, nimmt man es aus der Flamme und zieht es sofort so aus, daß ein etwa 10—15 cm langes, enges Glasröhr* chen die beiden weiteren Stücke verbindet. Die Mitte dieses engen

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Die Bearbeitung des Glases

Teiles hält man nun noch einen Augenblick in die Flamme, bis das Glas weich wird (Fig. 5 a), und zieht dann auseinander. Nun nimmt man die eine Hälfte, erweicht unter beständigem Drehen die Verjüngungsstelle und zieht den Glasfaden ab, so daß das etwa 6 cm lange Röhrchen jetzt vollkommen geschlossen ist (Fig. 5b)H Um den zunächst zugespitzten und ungleichmäßigen Verschluß abzurunden, erhitzt man da« Ende nochmals unter beständigem Drehen und bläst nach ^ . H dem Herausnehmen aus ""o (i|j der Flamme mit dem 4 Munde vorsichtig auf; > 6 dies wird, wenn nötig, wiederholt, bis das Glase röhrchen durch eine Figur 5. Herstellung einseitig geschlossener Rundung von gleichGlasröhrchen m&ßigerWandstärke geschlossen ist (Fig. 5 c). Bleibt an einer Stelle eine Verdickung, so springt das Glas beim Erhitzen leicht. In gleicher Weise können P r o b i e r g l ä s e r , deren Boden zerbrochen ist, wiederhergestellt werden. Glasrohr biegen. Zum Biegen enger Glasröhren kann man zur Not die leuchtende Flamme eines sogenannten Schnittbrenners verwenden, die es gestattet, eine längere Strecke gleichmäßig zu erhitzen. Besser ist es, wenn sich schon der Anfanger daran gewöhnt, das Biegen von Glasröhren unter Benutzung der Gebläseflamme vorzunehmen, da man so auch weitere Röhren verarbeiten kann. Ein richtig gebogenes Rohr 0 soll überall gleichen Durchmesser und annähernd gleiohe Wandstärke besitzen (Fig. 6a), nicht einen Knick, wie in Fig. 6 b. Das Schwierigste beim Biegen ist das gleichmäßige Erhitzen des Glasrohres auf eine genügende Länge. Da die Gebläseflamme nur eine geringe Breite m a n 80 vor e en zu " ^ Glasrohr 8 ^ ' ^aß m a l 1 biegen biegende Glasrohr unter fortwährendem Drehen so lange in der Gebläseflamme erhitzt, bis es an der erhitzten Stelle dickwandig geworden ist (Fig. 7a). Dabei faßt die linke Hand von oben (Fig. 8); sie trägt das Rohr und bestimmt die Geschwindigkeit des Drehens. Die Rechte, die das Rohr von unten hält, sorgt dafür, daß sich die rechte Seite des Rohreä mit der gleichen Geschwindigkeit dreht wie die linke. Dieses Drehen einer weichgewordenen Glasmasse ist nicht ganz einfach; da es aber das A und 0 aller Glasarbeiten ist, muß man es unbedingt beherrschen.

fr.

Kork bohren

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Sobald der in Fig. 7a dargestellte Zustand erreicht ist, nimmt man das Rohr aus der Flamme, stellt es senkrecht und biegt es u n t e r g l e i c h z e i t i g e m Ziehen. Dabei nimmt der Durchmesser an der Biegungsstelle etwas ab. Durch vorsichtiges A u f b l a s e n wird dieses ausgeglichen. Zu diesem Zwecke darf das Rohr nur an einer Seite offen sein, an der anderen ist es vorher (etwa durch einen Korkstopfen) zu verschließen. Nach dieser Vorschrift stelle tnan sich ein rechtwinkelig gebogenes Glasrohr her, von dem der eine Schenkel etwa 4 cm, der andere etwa 12 cm lang ist; dies Rohr wird zum Einleiten Figur 7. Spitze ausziehen von Gasen in Flüssigkeiten benutzt. Spitze ausziehen. Um eine Spitze, etwa für eine Spritzflasche, zu machen, darf man nicht so verfahren, wie es bei der Herstellung der einseitig geschlossenen Röhrchen beschrieben wurde, weil der zugespitzte Teil des Rohres dabei zu dünnwanFigur 8. Glasrohr drehen dig wird. Man muß vielmehr in diesem Falle ganz ähnlich vorgehen, wie es soeben für das Biegen von Glasröhren beschrieben ist. Nachdem man den in Fig- 7a dargestellten Zustand hergestellt hat, nimmt man das Glasrohr aus der Flamme und zieht langsam aus, bis die gewünschte Verjüngung erreicht ist. Nach dem Erkalten schneidet man an geeigneter Stelle ab und schmilzt die Ränder rund (vgl. Fig. 7 b). Kork bohren Um in einen Kork ein Loch zu bohren, wählt man einen Korkbohrer, der eine Kleinigkeit enger ist, als es das gewünschte Loch sein soll, wärmt seine Schneide in der Flamme eines Bunsenbrenners etwas an (auf keinen Fall bis zum Glühen I) und setzt ihn auf die zu bohrende Stelle auf. Dabei hält man den Korkbohrer in der vollen rechten Hand, ihn gegen die Handfläche stemmend, und den Kork mit der linken Hand so, wie es die Fig. 9 zeigt. Nun flrird gebohrt, indem der Korkbohrer stets nach derselben Richtung gedreht und dabei leicht gegen den Kork gedrückt wird. Macht

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Kork bohren

es Schwierigkeiten, das Loch auf einmal durchzubohren, so zieht man den Bohrer heraus, entfernt aus ihm das etwa mitgenommene Korkstöpselchen, erwärmt ihn nochmals und bohrt jetzt völlig durch. Auf jeden Fall muß das Bohren aus freier Hand geschehen; es darf nicht etwa der Tisch als Unterlage benutzt werden, weil dabei sowohl der Tisch als auch der Korkbohrer leiden würde. Etwaige Beschädigungen des Korkbohrers, die kaum vorkommen, wenn in der angegebenen Weise verfahren wird, bessert man mit einem KorkbohrerSchärfer oder von innen mit der Bund- und von außen mit einer dreikantigen Feile aus. Korke, die ein Kölbchen verschließen sollen, wählt man stets etwas größer, als zunächst nötig erscheint. Durch vorsichtiges, allmählich verFigur 9. stärktes Pressen in einer K o r k p r e s s e unter Korke bohren öfterem Drehen des Korkes macht man den Kork weich, so daß er sich jetzt in den Hals des Kölbchens eindrehen läßt und einen festen Verschluß abgibt. Soll durch einen solchen Kork ein Loch gebohrt sein, so drückt man zunächst den Kork weich, bohrt dann das Loch und drückt schließlich den durch das Bohren erweiterten Kork nochmals leicht in der Korkpresse, wobei das Loch entweder durch die Bundfeile oder den entsprechenden Korkbohrer ausgefüllt ist. In Oummistopfen können Löcher in der gleichen Weise gebohrt werden, trenn der Korkbohrer gut geschärft und mit etwas Natronlauge oder Glyzerin befeuchtet, aber nicht erwärmt ist. Besser benutzt man in diesem Falle allerdings eine kleine Bohrmaschine.

Größte Vorsicht ist beim Einfuhren von Glasröhren in durchbohrte Stopfen erforderlich, da bei falscher Ausführung schwere Verletzungen eintreten können. Man faßt den Stopfen mit der linken Hand so, daß die Bohrung nicht auf die Innenfläche der Hand zeigt, sondern nach beiden Seiten frei ist, ähnlich wie dies für die linke Hand in der Fig. 9 dargestellt ist. Die rechte Hand faßt das einzusetzende Glasrohr, das vorher rund zu schmelzen und gegebenenfalls anzufeuchten ist, g a n z k u r z vor dem einzuführenden Ende. Nun schiebt man das Rohr u n t e r d a u e r n d e m D r e h e n mit s c h w a c h e m Druck in die Öffnung. Faßt man das Rohr weit vom Korken entfernt und drückt stark, so bricht es leicht ab, und die scharfen Bruchstellen führen zu schweren Verletzungen (schmerzhafte, langsam heilende Fleischwunden, Sehnendurchschneidungen u. ä.).

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Nichtmetallverbindungen, erster Teil Säuren, Basen and Salze Säuren sindwasserstoffhaltige Verbindungen, deren Wasserstoff ganz oder teilweise durch Metall ersetzt werden kann, Man erkennt das Vorliegen einer Säure an dem Verhalten ihrer wäßrigen Lösung gegen sogenannte „ I n d i k a t o r e n " ; so wird z. B. blaue Lackmuslöflung rot gefärbt.

1. Man stelle das Verhalten verschiedener Indikatoren selbst fest, indem man in Probiergläser etwas verdünnte Salz-, Schwefeloder Salpetersäure gibt und sie mit wenigen Tropfen der Lösungen folgender Indikatoren versetzt: Lackmus, Phenolphthalein, Methylorange, Methylrot, Kongorot. Man notiere, welche Farben die Lösungen annehmen.

E i n b a s i s c h e Säuren enthalten nur ein durch Metall ersetzbares Wasserstoffatom (Salzsäure HCl; Salpetersäure HNO,; Überchlorsäure HC104). In zwei-, d r e i - , yierbasischen Säuren sind zwei, drei, vier solcher Wasserstoffatome vorhanden (Schwefelsäure H,S0 4 ; Orthophosphorsäure H S P0 4 : Pyrophosphorsäure H4PsO,). Entzieht man einer sauerstoffhaltigen Säure Wasser, so erhält man die Säure-Anhydride: H,SO t — H , 0 = S0 3 ; 2 HNO, — H s O = N.O s ; 2 HJP0 4 - 3 H a O = P,0 6 ; 2 HC104 — H , 0 = C1,0,. Wie die Beispiele zeigen, sind die Säure-Anhydride O x y d e v o n N i c h t m e t a l l e n . Durch Wasseranlagerung an die Anhydride entstehen wieder die Säuren. Beim Ersätze der Säurewasserstoffatome durch Metallatome entstehen aus den Säuren die Salze. N e u t r a l e Salze entstehen aus den Säuren dadurch, dafi aller überhaupt durch Metall vertretbare Wasserstoff durch Metall ersetzt wird (z. B. Kaliumchlorid KCl; Natriumsulfat Na,SO ( ; Natriumphosphat NajPOj). In s a u r e n Salzen ist nicht aller ersetzbare Wasserstoff durch Metall ersetzt (z. B. NaHSO*; Na,HP0 4 . Über die nähere Benennung solcher saurer Salze vgL S. 40/47). Den Gegensatz zu den Säuren bilden die Basen, das sind Verbindungen von Metallen mit einer oder mehreren OH-(Hydroxyl-) Gruppen. Wir nennen: NaOH Natriujahydroxyd, seine Lösung: Natronlauge; KOH Kaliumhydroxyd, seine Lösung: Kalilauge; Ca(OH), CalciumÜydroxyd, seine Lösung: Kalkwasser. Je nach der Zahl der Hydroxylgruppen spricht man von ein-, zwei-, dreisäurigen Basen, (weil sie 1, 2 oder 3 Säurewasserstoffe zu neutralisieren vermögen; vgl. folgende Seite oben). Auch die Basen bilden A n h y d r i d e , z. B.: Ca(OH),—H,0=Ca0. Diese BasenAnhydride sind Metalloxyde. Man kann daher auch definieren: Basen sind Stoffe, die durch Wasseranlagerung an Metalloxyde entstehen. Entsprechend den sauren gibt es auch basische Salze, in denen nur ein Teil der OH-Gruppen durch den Säurerest ersetzt ist. Genannt seien: Pb(0H)C10,, und SbOCl; das letztere kann man a b Anhydrid des eigentlichen basischen Salzes Sb(OH),Cl auffassen.

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SalzsAure und Chlor

2 . Man stelle das Verhalten von Lackmuslösung und den übrigen Indikatoren gegen Basen durch den Versuch fest. Läßt man die Lösung einer Säure mit der einer Base reagieren, so bildet sich Wasser und ein Salz. Diesen Neutralisationsvorgang erl&utert der folgende Versuch: 3 . Zu einer mit Lackmuslösung versetzten, also rot gefärbten (SWziditrelösung gebe man tropfenweise verdünnte Natronlauge. Dabei bleibt die Farbe zunächst unverändert; bei weiterer Zugabe von Lauge schlägt sie p l ö t z l i c h in Blau um. Im Augenblick der Farbänderung ist gerade alle vorhandene Salzsäure gemäß der Gleichung HCl + NaOH = NaCl + H a O. umgesetzt. Es ist das n e u t r a l reagierende S a l z (NaCl) u n d W a s s e r entstanden. Bei weiterer Zugabe von Natronlauge erfolgt keine weitere Umsetzung mehr und der Lackmusfarbstoff wird blau, weil nunmehr überschüssige Natronlauge vorhanden ist. Entsprechend können sich Salze auch aus Säure- bzw. Base-Anhydriden bilden: CaO + 2 HCl = CaClj -f H,0 2Na(OH) + CO, = Na,C0 3 + H,0 CaO + S0 3 = CaSO«. Salzsäure und Chlor Chlorwasserstoff HCl ist ein farbloses, stechend riechendes, an der Luft unter Wasseranziehung nebelbildendes Gas, das sich in Wasser sehr reichlich löst; die Lösung ist die Chlorwasserstoffsäure oder „ S a l z s ä u r e D i e „konzentrierte" Salzsäure des Laboratoriums ist eine 35- bis 40-proz., die „verdünnte" eine etwa 10-proz., die .^normale" 1 ) eine 7,05-proz. wäßrige Lösung des Gases. Hohe Salzsäure enthält oft etwas Eisenchlorid und ist dadurch gelb gef&rbt. In warmem Wasser, ferner in Lösungen seiner Salze und in anderen Säuren ist Chlorwasserstoff weniger löslich als in reinem, kaltem Wasser. Kleinere Mengen Chlorwasserstoffgas kann man deshalb durch Zutropfen von konzentrierter Schwefelsäure zu starker Salzsäure herstellen. Größere Mengen stellt man durch Erhitzen von Natriumchlorid mit Schwefelsäure her; dieses Verfahren wird auch in der Technik verwendet. — Salzsäure löst viele Metalle unter Abgabe von Wasserstoff auf, z. B. Eisen, Zink, Aluminium. Ein Anhydrid kann die Salzsäure nicht bilden, weü sie- keinen Sauerstoff enthält. Das in der Salzsäure enthaltene Chlor kann man durch Erwärmen mit Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben (z. B. Bleidioxyd PbO„ Mangandioxyd, „Braunstein" MnO,), frei machen. Diesen Vorgang kann man sich schematisch in verschiedenerWeise in Einzelstufen zerlegt denken, so z. B. in die folgenden'): 2Hcf-fO = h ' o ' + ' c I } Oiydations-Beduktions-Vorgang MnO + 2 HCl = MnCl, + H , 0 Neutralisation MnO, + 4HC1 = MnCl, + 2 H , 0 + (3, Gleichung der Gesamtumsetzung. Über den Begriff „normal" vgl. S. 22. *) Eine. bessere, an dieser Stelle aber noch nicht verständliche Zerlegung lernen wir S. 33 kennen.

Salzsäure und Chlor

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Stoffe wie Bleidioxyd und Mangandioxyd bezeichnet man als Oxydationsmittel. Man versteht darunter Stoffe, die an andere Stoffe Sauerstoff abgeben (1. Definition) oder — wie in unserem Falle — ihnen Wasserstoff entziehen können (2. Definition). Das Gegenteil von Oxydation, also die Wegnahme von Sauerstoff oder die filhrung von Wasserstoff, nennen wir Beduktion, Aus der Definition geht hervor, daß Oxydation und Beduktion stets miteinander gekoppelt auftreten müssen: der Stoff, der oxydierend wirkt (z. B. Sauerstofl abgibt), wird selber reduziert (ihm wird Sauerstoff weggenommen). Eine umfassendere Definition werden wir S. 32 kennenlernen. Chlor zersetzt viele Farbstoffe und wird daher zum Bleiohen benutzt. Aus Jodiden und Bromiden verdrängt es die Halogene und setzt sie in Freiheit. Zum Nachweis von Salzsäure und ihren Salzen di?nt der weiße Niederschlag von Silberohlorid, den man in wäßriger Lösung mit Silbernitrat erhält. Silberchlorid löst sich in Ammoniaklösung, nicht aber in Salpetersäure. 1. Man erhitze in einem Probierglase 1—2 ccm (10—20 Tropfen) konzentrierte Salzsäure unter dem Abzüge; es entweicht feuchtes Chlorwasserstoffgas. 2. Zu 1—2 ccm konzentrierter Salzsäure, die sicih in einem Probierglase befinden, gieße man, ebenfalls unter dem Abzüge, aus einem zweiten Probierglase (vgl. S. 6) t r o p f e n w e i s e vorsichtig etwa die doppelte Baummenge konzentrierter Schwefelsäure. Es entwickelt sich unter starkem Aufschäumen ein kräftiger Strom von C h l o r w a s s e r Btoffgas. 3. Eine Spatelspitze Natriumchlorid übergieße man im Probierglase unter dem Abzüge mit etwa 1 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Es entweicht C h l o r w a s s e r s t o f f g a s , das man bei dieser Darstellungsmethode wasserfrei erhält. NaCl + H 2 S0 4 = HCl + N a H S 0 4 . 4. In ein etwa 50 ccm fassendes Kölbchen bringe man etwa 4 g granuliertes Zink, befeuchte es mit einigen Tropfen Wasser und übergieße es mit so viel konzentrierter Salzsäure, daß die Metallstücke eben bedeckt sind. Sofort decke man auf den Hals des Figur 10. Kölbchens einen Trichter — die Öffnung nach unten — Wasserund halte über das nach oben gerichtete Abflußrohr des Trichters ein Probierglas, ohne es auf den Trichter stoff-Entwicklung selbst aufzusetzen. Nach 1 J t —1 Minute hebe man das Probierglas hoch, schließe die Mündung sofort mit dem Daumen, drehe es verschlossen um und öffne es dicht an .einer Flamme. Das aus dem Metall und der Säure nach der Gleichung Zn -¡- 2HC1 = ZnCl2 + H 2 Blitz, K l e m m , I lscher

Einführung.

30 —32. Aufl.

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Salzsäure und Chlor

entwickelte W a s s e r s t o f f g a s entzündet sich und brennt mit farbloser, kaum sichtbarer Flamme im Probierglase herab. 2H 2 + 0 2 = 2H 2 0 . Nachdem die Flamme v o l l k o m m e n erloaohen. ist, halte man das Probierglas noch einmal, aber kürzere Zeit über den Trichter, so daß die Luft aus ihm nur zum Teile verdrängt werde. Beim Entzünden explodiert nun der Inhalt des Probierrohres — je nach dem Mengenverhältnisse der Mischung — mehr oder weniger lebhaft („Knallgas"). S. Man erwärme eine Spatelspitze Bleidioxyd mit etwa 1 ccm konzentrierter Salzsäure im Probierglase unter dem Abzüge. Es entweicht Chlor, ein gelblichgrünes Gas von charakteristischem, unangenehmem Gerüche. Chlor greift die Schleimhäute stark an; man hüte sich also davor, viel davon einzuatmen. Im Probierglase bleiben neben überschüssiger Salzsäure weiße Kristalle von Bleichlorid zurück. Pb0 2 + 4 HCl = PbClj + Clj + 2 H 2 0. 6. Zur Darstellung von Chlor kann man statt des teueren Bleidioxyds auch das billige rohe Mangandioxyd („Braunstein") verwenden. Man stelle sich einen kleinen Gasentwicklungsapparat nach Fig. 11 her. Das Kölbchen fasse 50 ccm; das Glasrohr sei so zum Winkel von 65—75° gebogen, daß der eine Schenkel etwa 6 cm, der andere etwa 16 cm lang ist; die Glasrohrenden seien rund geschmolzen. Wenn der Apparat zusammengestellt, aber noch nicht gefüllt ist, prüfe man, ob er dicht schließt, indem man am Glasrohre saugt und feststellt, ob die Zunge einige Zeit haften bleibt. In diesen' Apparat bringe man etwa 2 g Braunstein und 5—7 ccm konzentrierte Salzsäure, verschließe ihn und befestige unter dem Abzüge den Kolbenhals mit einer Klammer an einem Stativ in solcher Höhe, daß der Kolbenboden etwa 5 cm über einen darunter gestellten, noch nicht angezündeten Bunsenbrenner zu stehen kommt. Dann schiebe man ein zum Drittel mit Wasser gefülltes Probierglas, das man mit der Hand hält, über das Gasableitungsrohr und erwärme den Kolben

Salzsäure and Chlor

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gelinde mit kleiner, fächelnder Flamme. Zuerst entweicht durch das vorgelegte Waaser Luft; dann kommt Ghlorgas, das zum Teile vom Wasser gelöst wird und dieses gelblich färbt. Es bildet sich „Chlorwasser", das bis zu 0,8 Gewichtsprozent elementares Chlor enthalten kann. Nach einigen Minuten nimmt man das vorgelegte Probierglas fort und entfernt erst dann die flamme. Würde man die Hamme zuerst entfernen, so würde das Chlorwasser in den schnell erkaltenden Apparat zurücksteigen. 7 . In das den oberen Teil des Probierglases erfüllende Chlorgas halte man etwas rotes und etwas blaues angefeuchtetes Lackmuspapier; es tritt Entfärbung des Lackmusfarbstoffes ein. Zu 1 ccm Indigo-Lösung gebe man etwas Chlorwasser; sofort verschwindet die tiefblaue Farbe des Indigos, und eine schmutzig gelbe von Oxydationsprodukten des Indigos tritt auf. 8. Man gebe zu einigen Tropfen Kaliumjodid - Löeung und zu einigen Tropfen Kaliumbromid- Lösung je einen Tropfen Chlorwasser; es tritt Braun- bzw. Gelbfärbung von frei gewordenem J o d bzw. S r o m auf. 2 K J + Cla = 2KC1 + J 2 2KBr + Cla = 2 KCl + Br 2 . Man verteile die so erhaltenen brom- bzw. jodhaltigen Lösungen auf je zwei Probiergläser und schüttele das eine mit 1 ccm Schwefelkohlenstoff, das andere mit 1 ccm Chloroform kräftig durch. Nachdem sich die Flüssigkeit wieder in zwei Schichten getrennt hat, erkennt man, daß das Brom und das Jod in die nichtwäßrige Schicht übergegangen sind („Ausschütteln"). Man notiere die Farben, die dabei auftreten. 9. Man vermische einen Tropfen verdünnter Salzsäure mit einigen Kubikzentimetern destillierten Wassers und füge etwas verdünnte Silbernitrat - Lösung hinzu; es entsteht ein weißer Niederschlag von Silberchlorid, der sich beim Umschütteln oder Erwärmen flockig zusammenballt. HQ + AgNOs = A g a + HNO,. Auf Zusatz einer ausreichenden Menge Ammoniak-Lösung löst sich der Niederschlag wieder auf. 10. Löst man ein Körnchen Natriumchlorid in destilliertem Wasser auf und fügt einige Tropfen Salpetersäure und alsdann etwas Silbernitrat-Lösung hinzu, so fällt ebenfalls Silberchlorid aus. N a a + AgNOj = Aga + NaNO,. Auch andere Salze der Salzsäure geben die gleiche Reaktion. Diese Tatsache ist nicht selbstverständlich; denn andere Chlorverbindungen, wie z. B. Überchlorsäure HC10« oder Chloroform CHC1,, geben keine Fällung mit Silber2*

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Chemische Umsetzungen

nitrat-Lösung. Eine Erklärung für dieses verschiedenartige Verhalten werden wir S. 28 kennenlernen. Silberchlorid ist in Salpetersäure unlöslich, wird aber, wie soeben gezeigt wurde, durch Zusatz von Ammoniak-Lösung gelöst. Die Löslichkeit in Ammoniak unterscheidet das Silberchlorid vom Silberjodid, dai sich nicht in Ammoniak-Lösung auflöst. Näheres vgl. S. 100 ff. Die Unlöslichkeit des Silberchlorids in Salpetersäure zu kennen, ist deshalb wichtig> weil das Auftreten eines schwer löslichen Niederschlages allein die Anwesenheit von Salzsäure oder Chloriden nicht mit Sicherheit verbürgt. Aus neutralen, d. h. nicht salpetersauren Lösungen fallen auch schwer lösliche Silbersalze anderer Säuren aus.

11. Man stell© dies mit einem Tropfen Natriumcarbonat- Lösung fest, den man mit etwas Wasser und einigen Tropfen SilbernitratLösung versetzt. Es entsteht ein dicker Niederschlag von S i l b e r c a r b o n a t ; dieser löst sich aber auf Zusatz von Salpetersäure auf. Ist diese Lösung jetzt völlig klar, so war das Natriumcarbonat völlig frei von Natriumchlorid; bleibt eine Trübung, so enthielt es etwas davon. Ähnliches Verhalten beobachtet man z. B. mit Kaliumnitrit- und Natriumphosphat-Lösung. Infolgedessen gibt man zur Prüfung auf Chloride stets so viel Salpetersäure hinzu, daß die Lösung deutlich sauer reagiert. 12. Von Salpetersäure nur wenig gelöst wird auch das Silbersulf at. Versetzt man ziemlich konzentrierte Silbernitrat - Lösung mit Schwefelsäure, so fällt ein weißer Niederschlag, der bei Zugabe von Salpetersäure-Lösung nicht verschwindet. Verdünnt man jedoch mit destilliertem Wasser stärker, so geht er — im Gegensatz zum Silberchlorid — in Lösung. Unter den Bedingungen des analytischen Arbeitens ist daher eine Verwechslung nicht zu befürchten. 13. Zum Nachweise von Chloriden im Leitungswasser fülle man dieses in ein Probierglas und gebe einige Tropfen Salpetersäure und etwas Silbernitrat-Lösung hinzu. Eine Trübung zeigt einen geringen, ein Niederschlag einen größeren Gehalt an Chloriden an. Durch Zugabe von Ammoniak überzeuge man sich, daß wirklich Chloride vorhegen. Zur Anstellung aller dieser Versuche Bind natürlich — wie stets! — Probiergläser zu verwenden, die sorgfältig mit destilliertem Wasser ausgespült sind. Der Salzsäure stehen die Bromwasserstoffsäure HBr, die Jodwasserstoffsäure HJ, die Cyanwasserstoffsäure HCN, die Cyansäure HOCN, die Rhodanwasserstoffs&ure HSCN und die Stickstoffwasserstoffsäure HN S sehr nahe; sie verhalten sich in den meisten Umsetzungen ganz ähnlich. Diese Säuren werden zum Teil später besprochen werden.

Chemische Umsetzungen Unter einer chemischen Umsetzung oder Reaktion versteht man einen' Vorgang, bei dem'sich aus vorhandenen Stoffen neue Stoffe bilden. Bei der Umsetzung zwischen Salzsäure und Silbernitrat z. B. bilden sich Silberchlorid und Salpetersäure.

Konzentration der Lösungen; Normallösungen

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Die meisten der in dieser Anleitung beschriebenen Umsetzungen werden in wäßriger Lösung durchgeführt, weil man für die Reaktionen der analytischen Chemie meist dieses Lösungsmittel benutzt. Es sei jedoch schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Anwesenheit von Wasser keineswegs Voraussetzung für chemisohe Umsetzungen ist. Es gibt auch Reaktionen in anderen Lösungsmitteln, in Gasen, Schmelzen, ja bei höheren Temperaturen auch zwischen festen Stoffen. Schließlich können auch Gase mit flüssigen und festen Stoffen reagieren usw. Beispiele für Umsetzungen bei Abwesenheit von Wasser, die in der präparativen Chemie heute sehr häufig durchgeführt werden, werden wir auch in dieser Einführung gelegentlich kennenlernen. Zum Erkennen von Stoffen durch chemische Umsetzungen (Nachweisoder Erkenn ungB-Reaktionen) benutzt man solche Umsetzungen, bei denen Stoffe von recht augenfälligen Eigenschaften — insbesondere farbige oder unlösliche Stoffe — entstehen. Eine Reaktion ist „ s p e z i f i s c h " oder „eindeutig", wenn sie nur bei Gegenwart eines bestimmten Stoffes eintritt. Allerdinga wird dieser Idealfall nur selten erreicht; die meisten Umsetzungen sind nicht für einen Stoff, sondern jeweils für eine ganze G r u p p e von Stoffen charakteristisch; solohe Reaktionen nennt man „ s e l e k t i v " . Wenn man z. B. eine zu untersuchende Lösung mit Silbernitrat-Lösung versetzt, so beweist, wie wir oben sahen, das Auftreten eines weißen flockigen Niederschlages, der in Salpetersäure unlöslich, in Ammoniak-Lösung leicht löslich ist, die Gegenwart von Salzsäure oder von einem ihrer Salze. Diese Reaktion ist also charakteristisch für die Salzsäure und ihre Salze. — Eine Reaktion ist „empfindlich", wenn sie schon unter Anwendung einer sehr geringen Stoffmenge ausführbar ist. So ist Silbernitrat ein empfindliches Reagens auf Salzsäure oder Chloride, weil sohon äußerst kleine Mengen dieser Stoffe auf Zugabe von Silbernitrat einen Niederschlag liefern. F ü r den a n a l y t i s c h e n C h e m i k e r ist es wichtig, die ohemiaohen Umsetzungen, die z u m N a o h w e i s eines S t o f f e s brauchbar sind, zu kennen. E r muß dabei die Bedingungen, u n t e r denen diese Rea k t i o n e n e i n t r e t e n , u n d ihre Zuverlässigkeit, d . h . ihre S p e z i f i t ä t und E m p f i n d l i c h k e i t , s o r g f ä l t i g beachten.

Konzentration der Lösungen; Normallösungen Es ist zweckmäßig, bei Umsetzungen die richtigen Mengen der Bich umsetzenden Stoffe zu verwenden; ein größerer Uberschuß eines der Stoffe würde - von besonderen Ausnahmefallen abgesehen — zweckloser Ballast, d. h. also Materialverschwendung sein und oft Veranlassung zu Störungen geben. Deshalb verwendet man in den Laboratorien Lösungen von bestimmtem Gehalte. Den Gehalt einer Lösung an gelöstem Stoffe kann man in zweierlei Weise bezeichnen: entweder gibt man den Prozentgehalt oder die Konzentration an. Unter Prozentgehalt versteht man die Angabe der Gramme gelösten Stoffes, die in 100 Gramm (also einer bestimmten GewichtsmengeI) der Lösung enthalten sind; unter Konzentration die Angabe der Menge gelösten Stoffes, die in einem bestimmten Volumen der fertigen Lösung enthalten ist. Da das Volumen der Lösung sich — im Gegensatz zum Gewicht! — in der Regel nioht genau additiv aus den Bestandteilen zusammensetzt, ist stets eine Dichtebestimmung der Lösung erforderlich, wenn man beide Größen miteinander in Beziehung setzen will. Früher — und gelegentlich auch jetzt noch — verwendete man Lösungen von festgesetztem P r o z e n t g e h a l t e , meist 10-proz. Lösungen. Das ließ sich leicht merken, und man konnte beim Gebrauch» sich durch eine Überschlagsrechnung schnell ausrechnen, wieviel man von jeder Lösung brauchte, um eine glatte Umsetzung zu erzielen. Auch entsprechen einige der wichtigsten

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Schwefelsaure

gleichprozentigen Beagens-Lösungen einander annähernd; so die Salzsäureund die Natriumhydroxyd-Lösung und, wenn auch weniger gut, Schwefelsäure- und Salpetersäure-Lösungen. In einer Ammoniak-Lösung ist aber zweibis dreimal so viel Ammoniak enthalten, als zur Neutralisation des gleichen Baumteiles der genannten gleichprozentigen Säurelösungen erforderlich ist, Heute stellt man deshalb —' viel sachgemäßer — die Lösungen meist nach einem anderen Gesichtspunkte her. Man löst nicht, wie eben geschildert, von jedem Stoffe das gleiche Gewicht, etwa 10 g, für 100 g Lösung auf, sondern man berechnet ein für alle Male, wieviel von jedem Stoffe zu einein Liter Lösung gelöst werden muß, damit alle Lösungen für gleiche Baumteile gleichwertig („äquivalent") werden, und stellt die Lösungen nach diesem Ansätze her. So kann man von den einwertigen Säuren und Basen, d. h. einbasischen Säuren und einsäurigen Basen ein Gramm-Molekelgewicht (ein „ Mol") zu je einem Liter Lösung mit Wasser lösen, also 36,46 g Chlorwasserstoff HCl; 63,02g Salpetersäure HNOs; 40,00 g Natriumhydroxyd NaOH; 56,10 g Kaliumhydroxyd KOH; 17,03 g Ammoniak NH a . Gleiche Baumteile dieser Lösungen entsprechen dann einander vollkommen; je ein Kubikzentimeter jeder dieser Säure-Lösungen wird genau durch einen Kubikzentimeter jeder dieser BaseLösungen neutralisiert. Von zweibasischen Säuren und zweisäurigen Basen wird . fein halbes Mol, von dreiwertigen ein drittel Mol gelöst; also V« X 98,08 = 49,04 g Schwefelsäure H,S0 4 ; Vi X 171,38 = 85,69 g Bariumhydroxyd Ba(OH)j. Von Salzen verwendet man entsprechende Mengen, z. B. 169,89 g Silbernitrat AgN03; 1/« X 208,27 = 104,13sg Bariumchlorid BaCla; Vs X 162,21 = 54,07 g Ferrichlorid FeCl,. Die Größe: „Molekelgewioht dividiert durch Wertigkeit" nennt .man ein „Äquivalent". Man verwendet also im Laboratorium nach Möglichkeit Lösungen gleicher Konzentration, gemessen in Äquivalenten je Liter. nennt Lösungen, die 1 Äquivalent im Liter gelöst enthalten, man frNormaUö8ungenu, z. B. „norm. Natriumhydroxyd-Lösung" oder „n-Natriumhydroxyd-Lösung". Lösungen von doppelter Konzentration heißen „Doppeltnormal-Lösungen"; Lösungen, die ein Zehntel so stark sind, „Zehntelnormal-Lösungen" usw.; z.B. „2n-Salzsäure-Löaung", „n/10-SchwefelsäureLösung". Von Doppeltnormal-Lösungen braucht man selbstverständlich das halbe Baummaß, von Zehntejnormal-Lösungen das Zehnfache, um gleichviel des gelösten11Stoffes zu haben, wie von Normal-Lösungen. Die v e r d ü n n t e n 6- bis 10%ig® Lösungen des L a b o r a t o r i u m s sind meist etwa doppelt normal. Von den Normal-Lösungen sind die molaren Lösungen zu unterscheiden. Sie sind dadurch definiert, daß ein Liter von ihnen ein GrammMolekelgeivicht de» gelösten Stoffe» enthält. Manchmal sind normale und molare Lösungen gleich, so bei Salzsäure und Natronlauge. Bei Schwefelsäure enthält jedoch die molare Lösung doppelt soviel wie die normale.

Schwefelsäure Die Schwefelsäure ist eine farblose, geruchlose Flüssigkeit. Die dickölige „konzentrierte" Schwefelsäure des Laboratoriums enthält etwa 97 bis 98V»?/o H,SO», die „verdünnte" 10%, die „2 norm." 9,25%. Konzentrierte Schwefelsäure vereinigt sich begierig mit Waaser; beim Mischen mit Wasser erwärmt sie sich stark. Infolge dieser wasserentziehenden Wirkung zerstört Bie viele organische Stoffe, oftmals unter Verkohlung. Beim Arbeiten mit Sohwefelsfture ist also besonders große Vorsioht und Sauberkeit nötig 1 ). Andererseits kann man diese wasserentziehende Wirkung benutzen, i) In Kleider frißt konzentrierte Schwefelsäure gewöhnlich Löcher; verdünnte erzeugt rote Flecke, die durch Betupfen mit Ammoniak-Lösung — auch nach einiger Zeit noch — zu entfernen sind.

Schwefelsäure

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um chemische Reaktionen zu erzwingen. So entsteht z. B. aus Aroeisensäure (HCOaH) und Konzentrierter Schwefelsäure Kohlenmonoxyd CO (auch kurz „Kohlenoxyd" genannt), ein brennbares, giftiges Gas. Das Anhydrid der Schwefelsäure, SOa, „Schwefelsäureanhydrid" oder „Schwefeltrioxyd", kommt in zwei Formen vor, als farbloses öl oder als farbloser, in langen Nadeln („asbestartig") kristallisierender fester Stoff. Beide rauchen an der Luft unter Wasseranziehung Btark. Durch Auflösen von Schwefeltrioxyd in konzentrierter Schwefelsäure erhält man die „rauchende Schwefelsäure" („Oleum"). In ihr ist eine neue Verbindung ,,Pyroachwefel&ilure" HaSa07 vorhanden, die durch Vereinigung einer Molekel Schwefelsäure und einer Molekel Schwefeltrioxyd entsteht: HjSCf« + SO„ = HjS s 0 7 . Die „rauchende Schwefelsäure" des Handels ist ein Gemisch dieser Pyroschwefelsäure mit konzentrierter Schwefelsäure oder mit Schwefeltrioxyd. Sie gibt beim Erwärmen Dämpfe von Schwefeltrioxyd ab.

1. Man übergieße ein Stück Filtrierpapier, das in einer Abdampfschale liegt, mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure; es löst sich langsam unter Bildung einer hellgelben Lösung auf. Man werfe ein Stückchen Streichholz (ohne Kuppe) in ein Probierglas zu ein wenig konzentrierter Schwefelsäure; unter Schwarzfarbung tritt Zerstörung der organischen Substanz ein. 2 . Zu 3 ccm Wasser gieße man aus einem zweiten Probierglase etwa den gleichen Raumteil honzentrierter Schwefelsäure. Die Mischung erwärmt sich stark. Man merke sich als Regel, daß bei Herstellung größerer Mengen verdünnter Schwefelsäure stets die konzentrierte Säure langsam und unter guter Durchmischung zum Wasser gegossen werden muß, nicht umgekehrt das Wasser zur Säure. Heiße k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure darf keinesfalls v e r d ü n n t oder in d e n A u s g u ß gegossen w e r d e n ! 3. Man versetze unter dem Abzüge 2—3 ccm konzentrierte Ameisensäure mit etwa 1 com konzentrierter Schwefelsäure. Das sich entweder sofort oder bei geringem Erwärmen 'bildende Kohlenoxydgas (Kohlenoxyd ist g i f t i g I) brennt, wenn man die Mündung des Probierglases an die Flamme bringt, mit intensiv blauer Flttmme

-

H C 0 2 H — H 2 0 = CO 2C0 + 0 , = 2 C 0 2 . 4. Man erhitze unter dem Abzüge etwa 1 ccm rauchende. Schwefelsäure in einem trockenen Probierglase; es entweicht Schwefeltrioxyd S0 3 , das mit der Feuchtigkeit der Luft dicke, weiße Nebel bildet. Verdünnte Schwefelsäure löat viele Metalle (z. B. Eisen, Aluminium, Zink) unter Wasserstoff-Entwicklung zu ihren schwefelsauren Salzen (Sulfaten) auf; sie reagiert also entsprechend wie Salzsäure. Fe + H,SO« = FeS04 + H , . Konzentrierte Schwefelsäure dagegen verhält sich ganz anders; de löst die genannten Metalle bei Zimmertemperatur nioht au£ Bei höherer

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Schwefelsäure

Temperatur bilden sich zwar ebenfalls Sulfate, aber es wird kein Wasserstoff frei, sondern es entwickelt sich Schwefeldioxyd SO,. Für Eisen z. B. kann man diesen Vorgang folgendermaßen formulieren: Fe + 2H 2 S0 4 = FeS0 4 + 2H,0 + SO, . Zum Verständnis dieser Umsetzung ist es wesentlich, daß die Schwefelsäure dabei als O x y d a t i o n s m i t t e l wirkt, wobei sie selbst zu Schwefeldioxyd reduziert wird. Bas durch Oxydation entstandene Eisenoxyd bildet sofort mit weiterer Schwefelsäure Ferrosulfat. Die voranstehende Gleichung kann somit zerlegt werden in zwei Gleichungen: Fe + H,S0 4 = FeO + SO, + H , 0 Oxydation-Reduktion FeO + H,S0 4 = FeS0 4 + HaO Neutralisation. (Besser werden diese Vorgänge auf S. 33/34 klar werden.) Schwefelsäure i s t also in v e r d ü n n t e m Zustande n u r eine Säure, in k o n z e n t r i e r t e m Z u s t a n d e in der Wärme aber a u c h ein O x y d a t i o n s m i t t e l ; als solches hat sie große Bedeutung. Bei Umsetzung mitZink erleidet heiße konzentrierte Schwefelsäure sogar Reduktion zu elementarem Schwefel und in geringem Umfange sogar zu Schwefelwasserstoff H,S; Zink ist also ein stärkeres Reduktionsmittel als Eisen. Man entwickele die Umsetzungs-Gleichungen in entsprechender Weise.

5 . Man übergieße in einem Probierglase Granalien von t e c h n i s c h e m (d.h. verunreinigtem, vgl. S. 109) Zink mit verdünnter Schwefelsäure, der man zweckmäßig einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure beimischt. Das Zink löst sich lebhaft zu Z i n k s u l f a t , und W a s s e r s t o f f entweicht reichlich. 6. In einem trockenen Probierglase erhitze man u n t e r d e m A b zuge ein Stückchen Stangenzink von etwa 1 cm Länge mit wenig konzentrierter Schwefelsäure so stark, daß eine Umsetzung unter schwachem Aufschäumen beginnt. 'Die Umsetzung geht dann meist ohne weitere Wärmezufuhr fort; sollte sie nachlassen, so werde sie durch erneutes Erwärmen wieder in Gang gebracht. Im oberen Teile des Probierglases bildet sich ein gelber Beschlag von festem Schwefel, und gelbe Schwefeltröpfchen scheiden sich ab — ein eleganter Beweis für das Vorhandensein von Schwefel in der Schwefelsäure. Entweichendes S c h w e f e l d i o x y d — und manchmal auch Schwefelw a s s e r s t o f f g a s — sind am Gerüche au erkennen. Granuliertes Zink oder Zinkspäne dürfen bei diesem Versuche nicht verwendet werden, da sie zu heftig einwirken. Zum Nachweis von Schwefelsäure und ihren Salzen werden lösliche Bariumsalze benutzt, mit denen sich das auch in Salz- und Salpetersäure praktisch unlösliche B a r i u m s u l f a t bildet: BaCl, + H,S0 4 - BaSO| + 2 HCl Ba(NOg), +' Na,S0 4 = BaS0 4 + 2NaNO, .

7 . Man verdünne einen Tropfen verdünnter Schwefelsäure mit einigen Kubikzentimetern Wasser und setze einige Tropfen BariumcAZorod-Lösung hinzu: es fällt weißes B a r i u m s u l f a t aus. Der Niederschlag ist feinkristallin und seinem ganzen Aussehen nach von dem S. 19 besprochenen Silberchlorid deutlich verschieden. Beim Zusatz von Salz- oder Salpetersäure löst sich der Niederschlag nicht auf. (Wichtige Erkennungsprobö.)

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Auch alle wasserlöslichen Sulfate geben diese Reaktion. Zweckmäßig fügt man stets wenig Salz- oder Salpetersäure hinzu, weil auch Salze anderer Säuren (Carbonate, Phosphate) mit Bariumchlorid Niederschläge geben, die aber nur aus neutralen oder alkalischen Lösungen ausfallen. Bariumsulfat ist (neben dem S. 174/76 zu besprechenden Bariumsilicofluorid) der einzige Bariumsalz-Niederschlag, der auch aus saurer Lösung ausfällt.

8 . Man weise Schwefelsäure im Kupfersulfat und im Natriumsulfat nach, verwende von beiden Salzen aber nur sehr kleine Proben. 9. Wird zu Bariumchlorid - Lösung konzentrierte Salzsäure oder konzentrierte Salpetersäure gesetzt, so fallt nach kurzer Zeit ebenfalls ziemlich schwer lösliches B a r i u m c h l o r i d bzw. B a r i u m n i t r a t in derben Kristallen aus; beim Versetzen der Mischungen mit Wasser lösen sich diese Niederschläge aber wieder auf. Man hüte sich bei der Prüfung auf Schwefelsäure vor einem aus diesem Verhalten entspringenden Irrtume. Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre Elektrolyte; Leiter 2. Klasse. In den beiden Klemmen eines Elektrolysenstativs (vgl. Fig. 12) befestige man zwei dünne Bogenlampenkohlen in etwa 1—2 cm Abstand in solcher Höhe, daß sie fast bis auf den Boden eines 100 ccm fassenden Becherglases reichen, das auf einem Dreifuß oder Holzklotz steht. Die beiden Kohlen verbinde man mittels isolierter Zuleitungen (Klingeldraht) mit den Klemmen von 3 hintereinandergeschalteten Akkumu latoren (d. h. einer Spannungsquelle von 3 x 2 , 1 = 6,3 Volt) und schalte ein Amperemeter in Figur 12. Leitf&higkeits-Versuch den Stromkreis, das bis zu 5 Amp. abzulesen gestattet. 1. Nun gieße man so viel Chloroform in das Becherglas, daß die Kohlen eben hineintauchen; das Amperemeter zeigt keinen Ausschlag. Chloroform ist also ein I s o l a t o r . Destilliertes Wasser und Alkohol, die man in gleicher Weise prüfe, sind ebenfalls Nichtleiter.

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E b e n s o zeigen L ö s u n g e n v o n Z u c k e r oder Alkohol in destilliertem W a s s e r m i t unserer A n o r d n u n g keine m e ß b a r e L e i t f ä h i g k e i t . 2. A n d e r s ist es, w e n n m a n L ö s u n g e n folgender S t o f f e p r ü f t : Schwefel-, Salz- u n d Salpetersäure, N a t r o n l a u g e , Kochsalz, N a t r i u m c a r b o n a t , Magnesiumchlorid, K u p f e r s u l f a t . (Man b e n u t z e die e t w a 2 n - L ö s u n g e n des Arbeitsplatzes.) B r i n g t m a n diese Stoffe n a c h e i n a n d e r in d a s Becherglas (das s e l b s t v e r s t ä n d l i c h j e d e s m a l g u t m i t destilliertem W a s s e r a u s z u s p ü l e n ist!), so zeigt d a s A m p e r e m e t e r einen erheblichen Ausschlag, dessen Größe m a n in d a s A r b e i t s h e f t eintrage. M a n überzeuge sich ferner, d a ß a u c h d a s Leitungswasser infolge der in i h m gelösten Salze im Gegensatz z u m destillierten W a s s e r eine deutlich n a c h w e i s b a r e L e i t f ä h i g k e i t zeigt. Die eben genannten Lösungen leiten also- den elektrischen Strom. Man bezeichnet daher Stoffe wie Salz-, Salpeter- und Schwefelsäure, Natronlauge, Natriümchlorid und -carbonat, Magnesiumchlorid, Kupfersulfat — oder allgemeiner gesagt, Säuren, Basen und Salze — als Elektrolyte. Die Leitfähigkeit der Elektrolytlösungen ist allerdings längst nicht so groß wie die von Metallen. Außerdem unterscheiden sich diese Stoffe von den Metallen auch dadurch, daß bei ihnen mit dem Stromdurchgang stets eine chemische Umsetzung verbunden ist. Während ein Metalldraht bekanntlich durch den Stromdurchgang stofflich in keiner Weise verändert wird, beobachtet man bei den wäßrigen Lösungen bei unseren Versuchen an den Kohlestäben, den „Elektroden", entweder Gasentwicklung (Wasserstoff, Chlor, Sauerstoff) oder Metallabscheidung (Kupfer beim Kupfersulfat). Daher unterscheidet man diese Lösungen als L e i t e r 2. K l a s s e von den Metallen, den Leitern 1. Klasse. Den durch das Anlegen einer Spannung erzwungenen Stromdurchgang unter Stoffabsch'idung an den Elektroden bezeichnet man als „ E l e k t r o l y s e " . Molekelgewichte in Lösungen. In der Experimental-Vorlesung werden die Methoden besprochen, mit denen man die Molekelgewichte gelöster Stoffe bestimmen kann (z. B. durch Messung der Gefrierpunkts-Erniedrigung bzw. der Siedepunkts-Erhöhung). Untersucht man nach diesen Methoden die Molekelgewichte von solchen Lösungen, die den elektrischen Strom nicht leiten, so findet man die erwarteten Werte. Prüft man dagegen gut leitende Lösungen, so findet man z. B. für Natriumchlorid statt 58,5 (23 -f- 35,5) nur wenig mehr als 29 ( J / a x 58,5), für Magnesiumchlorid nur wenig mehr als 31 (7a X 94,3), oder ganz allgemein Werte, die nur 1 j 3 bis 1 / 3 so groß sind, wie man es nach der formelmäßigen Zusammensetzung der Molekeln erwarten würde. Dies ist ein zweites Kennzeichen der „Elektrolyte". Ionenlehre. Die geschilderten Erscheinungen bei den Elektrolytlösungen führten den Schweden S v a n t e A r r l i e n i u s 1887 zu der Erkenntnis, daß die in ihnen gelösten Molekeln in kleinere Spaltstücke zerfallen sind, die elektrisch geladen sind. Für diese geladenen Spaltstücke benutzte er die schon von E a r a d a y stammende Bezeichnung Ionen. So zerfällt z. B. Chlorwasserstoffgas beim Auflösen in Wasser in positiv geladene Wasserstoffionen und negativ geladene Chlorionen. Natriumchlorid bildet neben positiv geladenen Natriumionen ebenfalls Chlorionen. Aus Natriumsulfat Na 2 S0 4 entstehen positiv geladene Natriumionen und negativ geladene Sulfationen, von den ersten doppelt soviel wie von den zweiten usw. Diese Ionen sind wegen ihrer Ladung grundsätzlich verschieden von den elektrisch ungeladenen freien Elementen. So zeigt eine Kochsalz-Lösung, die ja positiv geladene Natrium- und negativ geladerfe Chlor-Ionen enthält, nichts von den Eigenschaften des Natriummetalls oder des freien Chlors. Letzteres löst sich zwar auch in Wasser, aber

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Chlorwasser sieht gelbgrün aus, ätzt und riecht nach freiem Chlor, während eine Kochsalz-Lösung färb- und geruchlos ist. Betrachten wir nun die Eigenschaften der Ionen im einzelnen. Man erkennt das Vorzeichen der L a d u n g eines Ions daran, daß das Ion bei der Elektrolyse an die Elektrode entgegengesetzten Vorzeichens wandert, dort Beine Ladung ausgleicht und in elektrisch nicht geladener Form in Erscheinung tritt. So wandern alle p o s i t i v geladenen Ionen (die Kationen) zur n e g a t i v e n Elektrode (der Kathode), die n e g a t i v geladenen Anionen dementsprechend zur p o s i t i v e n E l e k t r o d e (der Anode). An der Kathode werden z. B. die positiv geladenen Waaserstoffionen unter Aufnahme negativer Ladung zu ungeladenen Wasserstoffatomen entladen, die sich paarweise zu ebenfalls ungeladenen Wasserstoffmolekeln vereinigen. Entsprechend werden die negativ geladenen Chlorionen an der Anode entladen; es entstehen ungeladene Chlormolekeln. Die Metallatome und der Wasserstoff bilden positiv geladene Ionen; viele Nichtmetallatome, die Hydroxyl-Gruppe und die Säurereste treten als negative Ionen auf. tJber die Größe der L a d u n g e n haben Versuche, die hier nicht im einzelnen besprochen werden können, folgendes ergeben: Mißt man die Ladung der einzelnen Ionen in der Einheit der sogenannten Elementarladung, so findet man, daß nur ganzzahlige Vielfachev dieser Elementarladung vorkommen. Die Zahl dieser Ladungen ist gleich der Wertigkeit des betreffenden Atoms bzw. der Atomgruppe und wird deshalb auch „ E l e k t r o v a l e n z z a h l " genannt. Bezeichnet man eine positive Elementar-Ladung mit einem hochgestellten Plus-, eine negative mit einem Minus-Zeichen, so kommen demnach z. B. folgende Ionen vor: H+, Na+, Mg2+ (bzw. Mg++), Al»+; Cl", OH", NO,-, S 2 _ , S0 4 s _ , PO«»- *). Dabei ist natürlich der Absolutwert der positiven Elementarladung gleich dem der negativen; denn die Ladungen der entgegengesetzt geladenen Ionen einer Elektrolytlösung heben sich ja gegenseitig auf, die Lösung erscheint nach außen „elektroneutral". Manche Elemente können Ionen verschiedener Ladung bilden. So gibt es z. B. Cu2+- und Cu+-Ionen sowie F e ^ - und Fe ! +-Ionen. Säuren, Basen, Salze. Die Ionenlehre gestattet, eine neue D e f i n i t i o n von SÄuren, B a s e n u n d Salzen zu geben: Säuren bilden in wäßriger LOsung Wasserstoffionen und negativ geladene Säurerestionen. Z. B.: H a = H + + C1-; H.S0 4 = H+ + H S 0 4 " bzw. HS0 4 ~ = H+ + S04»~ oder H,S0 4 = 2H+ + S O , ' - . Basen zerfallen in negativ geladene Hydroxylionen und positiv geladene Baserestionen; bei den letzteren handelt es sich vorwiegend um Metallionen. Beispiele: NaOH = Na+ 2 + O H ; Ca(OH), = Ca + + 2 0 H ~ ; NH 4 OH = NHstark sauer, ist aber selbst durch Kochen nicht fällbar; Aluminiumacetat-Lösung wird beim Kochen vollständig hydrolysiert. Das nur auf trockenem Wege darstellbare AlnmininTnmilfirl Al,Ss wird schon bei Raumtemperatur völlig hydrolytisch gespalten (vgl. auch S. 82), während schließlich ein Aluminiumsalz der noch schwächeren Kohlensäure überhaupt nicht mehr darstellbar ist. Da Al(OH)a auch als Säure nur schwach ist, sind die Lösungen der Alumlnate ebenfalls stark hydrolysiert und reagieren stark basisch. Setzt man einer Bolchen Lösung Ammoniumchlorid zu, so werden unter Abstumpfung der basischen Reaktion (vgl. S. 78) die durch die Hydrolyse entstehenden OH~-Ionen immer wieder abgefangen, bis die Hydrolyse vollständig und das Aluminium quantitativ als Hydroxyd ausgefallt ist. Das gleiche Ziel erreicht man auch durch Herabsetzung der OH~-Ionenkonzentration mittels Zugabe einer sehr schwachen Säure, die noch nicht imstande ist, durch ihre Säureeigenschaften das Al(OH)3 als Base wieder aufzulösen, wie z. B. Kohlensäure: 2Na3A10, + 6 HjO + 6 CO, = 6NaHCO, + 2H.A10, . Durch Erhitzen von Aluminiumhydroxyd bzw. durch Oxydation von Aluminiulumetall entsteht Aluminiumoxyd. Beim Erhitzen auf hohe Temperaturen (> 1000°) bildet sich die S. 87, Anm. 1 schon erwähnte stabile a-Form des AlaOa, der Korund, der weder in Säuren noch in Basen löslich ist; er muß vielmehr durch Schmelzen mit Kaliumpyrosulfat oder alkalischen Stoffen aufgeschlossen werden (vgL dazu S. 136). 1. Ein Stückchen Aluminiummetall werde mit Natronlauge erwärmt; es löst sich unter Wasserstoffentwicklung, wobei sich A l u m i n a t bildet. 2 AI + 2NaOH + 4H a O = 2NaH 2 A10 8 + 3 H 2 . Ganz ähnlich verhält sich Aluminium gegen

Soda-Lösung.

2 . Durch Auflösen von Aluminium in verdünnter Salzsäure stelle man sich eine A l u m i n i u m c h l o r i d - L ö s u n g her: 2A1 + 6HCl = 2A1C1, + 3 E b .

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Durch Eindampfen dieser Lösung läßt sich wasserfreies Aluminiumchlorid nicht darstellen, da das Chlorid dabei unter Hydrolyse in basisches Aluminiumchlorid übergeht. Einen solchen Prozeß haben wir schon beim Calciumchlorid kennengelernt; beim Aluminiumchlorid tritt er aber viel eher ein und geht viel weiter. Wasserfreies Aluminiumchlörid wird im Laboratorium durch Überleiten von trockenem Chlor- oder Chlorwasserstoffgas über erhitztes Aluminium dargestellt.

Die salzsaure Ahiminiumchlorid-Lösuiig werde filtriert und zu folgenden Umsetzungen der Aluminiumsalze benutzt: 3. Natriumhydroxyd: Man gebe zu der Lösung einige Tropfen, Natronlauge; es fällt A l u m i n i u m h y d r o x y d als gelatinös flockige Masse aus. Durch Zusatz von Salzsäure kann dieses wieder gelöst werden. A l c l s + 3 N a 0 H = Al(OH) a + 3NaCl. Die Auffassung der Niederschläge, die man aus den Lösungen dreiwertiger Ionen mit OH~-Ionen enthält, als H y d r o x y d e ist eine Zeitlang angezweifelt worden. Man hat vielmehr angenommen, daß es sich bei diesen stark wasserhaltigen, sehr voluminösen Niederschlägen um die Anlagerungsprodukte von Wasser an die Oxyde — „ O x y d h y d r a t e " — handelt. Die neuere Forschung hat gezeigt, daß diese Produkte sehr verschiedenartig sein können und in ihrer Zusammensetzung von Fall zu Fall wechseln. Es ist daher überhaupt nicht möglich, eine allgemein gültige Formel anzugeben. Es liegt aber andererseits heute kein Grund mehr gegen die Annahme vor, daß es Bich in der Mehrzahl der Fälle um stark wasserhaltige H y d r o x y d e handelt. Man darf daher Formeln wie Al(OH), durchaus benutzen, muß sich aber darüber klar sein, daß Sie eine sehr schematisierende Vereinfachung bedeuten.

4. Zu einer zweiten Probe der AIuminiumchlorid-Lösung gebe man viel Natronlauge; der zuerst busfallende Niederschlag geht in diesem Falle als A l u m i n a t wieder in Lösung. 5 . Zu einem Teil der so erhaltenen Aluminat-Lösung gebe man reichlich festes Ammoniumchlorid; A l u m i n i u m h y d r o x y d fallt wieder aus. Das gleiche erreicht man, wenn man die Lösung erst mit Salzsäure ansäuert und dann mit Ammoniak-Lösung versetzt. 6. In eine andere Probe der Aluminat-Lösung leitet man Kohlendioxyd ein; A l u m i n i u m h y d r o x y d scheidet sich ebenfalls ab. 7. Ammoniak: Daß aus Aluminiumsalz-Lösungen durch Ammoniak-Lösung das H y d r o x y d gefallt wird, ergibt sich bereits aus dem Vorhergehenden. Ebenso wurde S. 85 gezeigt, daß die Fällung des Aluminiumhydroxydes — im Gegensatz zu der der Hydroxyde des Magnesiums und der meisten 2 wertigen Metalle — durch Ammoniumsalze starker Säuren n i c h t verhindert wird. 8. Dagegen ist darauf hinzuweisen, daß sowohl mit Ammoniak als auch mit Natronlauge ein Niederschlag a u s b l e i b t , w e n n h y d r o x y l h a l t i g e o r g a n i s c h e V e r b i n d u n g e n , wie z. B. Weinsäure, in der Lösung vorhanden sind (vgl. S. 102). Man überzeuge sich hiervon.

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Aluminium

9. Natriumcarbonat: Eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung werde mit sehr wenig 1 ) Soda-Lösung versetzt; unter Kohlendioxydentwicklung fallt A l u m i n i u m h y d r o x y d aus (Hydrolyse!). 2AlCa3 + 3Na 2 C0 3 + 3H s O = 2A1(0H)3 + 3C0 2 + 6NaCl. 10. Bariumcarbonat: Eine Probe der Aluminiurachlorid-Lösung werde mit überschüssigem Bariumcarbonatbrei geschüttelt. Dabei fällt alles Aluminium als H y d r o x y d aus (Hydrolyse; vgl. S. 84/85). Man filtriere; aus dem Filtrat darf, nach vorhergehendem Ansäuern •mit einigen Tropfen Salzsäure (Prüfen mit Lackmuspapier!) und Aufkochen, auf Zugabe von Ammoniak kein Aluminiumhydroxyd mehr fallen. 11. Natriumacelat: Man neutralisiere in einem Becherglase eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung annähernd mit Natriumcarbonat. Sollte dabei etwas Hydroxyd ausfallen, so bringe man es durch Zusatz von einigen Tropfen verdünnter Salzsäure wieder in Lösung. Man füge etwa den gleichen Raumteil Natriumacetat-Lösung hinzu, verdünne stark mit Wasser und erhitze die Mischung zum Kochen. Es fallt Aluminiumhydroxyd bzw. basisches A c e t a t aus. Wenn der Niederschlag heiß abfiltriert wird, ist die Fällung quantitativ. 12. Ammoniumsulfid: Eine Probe der saueren AluminiumchloridLösung werde mit Ammoniak annähernd neutralisiert und mit Ammoniumsulfid versetzt; es fällt quantitativ A l u m i n i u m h y d r oxyd aus. 2A1C1S + 6 (NH4)2S + 6H 2 0 = 2A1(0H)3 + 6(NH 4 )HS + 6NH4C1. 13. Natriumphosphat: Zu ebenfalls fast neutralisierter Aluminiumchlorid-Lösung gebe man Natriumphosphat-Lösung. Es fällt ein voluminöser Niederschlag von A l u m i n i u m p h o s p h a t . AICI3 + 2Na 2 HP0 4 = A1P04 + 3NaCl + NaH 2 P0 4 . Durch starke Säuren und Laugen wird der Niederschlag wieder gelöst. 14. T h ä n a r d s Blau: Man stelle sich durch Fällung aus heißer Lösung Aluminiumhydroxyd. her, filtriere, wasche mit Wasser aus und trockne einigermaßen durch Aufstreichen auf eine mehrfache Schicht Filtrierpapier. Dann glühe man das Präparat auf der Magnesiarinne oder einem Stück Holzkohle. Der weiße Glührückstand werde mit einem T r o p f e n sehr verdünnter KobaltsalzLösung befeuchtet und nochmals geglüht. Er ist dann blau gefärbt. Vgl. dazu S. 94. Aluminiumhydroxyd und ähnliche Hydroxyde (z. B. von Zinn, Chrom) bilden mit gewissen organischen Farbstoffen Adsorptionsverbindungen („Farb') Benutzt man viel Sodalösung, so entwickelt eich natürlich kein Kohlendioxyd, weil sich dann Natriumhydrogencarbonat bildet!

Säuren- und basenbildende Oxyde

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laoke"), die man u. a. technisch benutzt, um diese Farbstoffe an die Faser zu binden. Auf der Bildung eines solchen Farblackes beruht auch eine sehr empfindliche Nachweisreaktion für Aluminium.

15. Man gebe zu sehr verdünnter, nur ganz schwach saarer Aluminiumsalz-LöBung etwa 1 ccm einer 0,l°/0igen Lösung von alizarinaulfonsaurem Natrium und dann so viel Ammoniak, daß die Mischung dunkelrot wird. Säuert man jetzt mit verdünnter Essigsäure an (Prüfung mit Lackmus-Papier!), so scheidet sich der rote Farblack flockig aus.

Säuren- and basenbildende Oxyde Löst man das Oxyd eines Metalles in Wasser, so erhält man eine Base, z. B.: N a j 0 + H j 0 = 2NaOH = 2Na+ + 2OH" . Löst man das Oxyd eines Nichtmetalles in Wasser, so erhält man «ine Säure, z. B.: g0> + H j Q = ^ ^ = 2 H + + gQ^Diese eben genannten Sätze geben aber nur die groben Unterschiede wieder. Um die feineren Abstufungen zwischen jenen Extremen genauer zu betrachten, wollen wir an Hand des Perioden-Systems vorgehen. I. Die Horizontalreihen. Wir behandeln die Elemente Natrium bis Chlor. Die Verbindungen, die man durch Wasseranlagerung an die Oxyde dieser Elemente in ihrer höchsten positiven Wertigkeitsstufe erh<, sind: NaOH, Mg(OH),, Al(OH)„ Si(OH)4, OP(OH),, 0,S(0H)„ 0,C1(0H). In dieser Formelreihe haben wir die letzten drei Verbindungen nicht durch die üblichen Formeln H,S0 4 usw. gekennzeichnet; denn diese geben nur die Bruttozusammensetzung der Verbindung an. Durch die oben gewählte Schreibweise soll aber außerdem die räumliche Lagerung der Atome in der Molekel ausgedrückt werden. Wir wissen pbmlich, daß z. B. in der Schwefelsäuremolekel die 4 Sauerstoffteilchen tetraedrisch dicht um das Schwefelteilohen gepackt sind, während die 2 Wasserstoffteilchen außen an je ein Saiierstoifteilchen gebunden sind, also das Schwefelteilchen nicht berühren. In der obigen Reihe steht nun links die s t ä r k s t e Base, Natriumhydroxyd, r e c h t s die s t ä r k s t e Säure, Uberchlorsäure. Der Basencharakter nimmt nach rechts ab (Mg(OH), ist eine schwächere Base als NaOH), der Säurecharakter nach links ( H,SO« ist schwächer als HC10(, H,P0 4 schwächer als HAS04 USW.). SO nimmt es nicht wunder, daß wir in der Mitte auf Glieder stoßen, die zugleich Basen- und Säurenatur besitzen, „ a m p h o t e r " sind, wie wir es beim Aluminiumhydroxyd soeben kennengelernt haben. Das Verhalten der obigen Verbindungsreihe von NaOH bis 0,C1(0H) ist leicht zu verstehen auf Grund der S. 30 geschilderten Vorstellungen von Kossei. Danach darf man sich einen großen Teil der anorganischen Verbindungen in erster Annäherung aus kugelförmigen, elektrisch geladenen Atomen aufgebaut denken. Die „Bindung" wird durch die anziehenden Kräfte zwischen den verschieden geladenen Atomen bewirkt. Augenscheinlich wird dabei nach den aus der Physik bekannten Gesetzen der Elektrostatik die Anziehung zwischen zwei Teilchen um so größer sein, je größer ihre Ladung und je kleiner ihre Entfernung voneinander, d. h. bei Berührung der Teilchen: je kleiner ihr Radius ist. Nun steigt in unserer Reihe die Ladimg vom Na zum ¿ t während gleichzeitig die Radien dieser Teilchen in derselben

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Säuren- und basenbüdende Oxyde

Richtung abnehmen. Beides bewirkt eine Festigung der Bindung zwischen der negativ geladenen Hydroxylgruppe und dem positiv geladenen Metallb»w. Nichtmetallteilchen. Die Trennung von NaOH in Na+ und O H - erfolgt beim Auflösen in Wasser verhältnismäßig leicht; die Abspaltung der 0H~ Hg ± 0 + Hga + , vgl. S. 37), z. B. unter der Einwirkung von Ammoniak. Dieses bildet z. B. mit Quecksilber (I)-chlorid zunächst Quecksilber(I)-aminochlorid (etwa HgjNHjCl), das dann bei längerer Einwirkung von Ammoniak in Quecksilber und Queckeilber(Ilj-aminochlorid zerfällt. Die Gesamtgleichung lautet demnach HgaCla + 2NHS = Hg + Hg(NH2)Cl + NH4C1. Man führe den Versuch aus. Der Niederschlag sieht schwarz aus, da das fein verteilte Quecksilber den Präzipitatniederschlag dunkel färbt. Nach dieser Reaktion bezeichnet man das Quecksilber(I)chlorid auch als „Kalomel" (schön schwarz). 21. Kaliumjodid: Wird wenig Kaliumj odid-Lösung zu Queckßilber(I)-nitrat-Lösung gesetzt, so fällt ein dunkelgrüngelber Niederschlag von Quecksilber(I)-jodid. Bei Erwärmen der Mischung geht das Quecksilber(I)-jodid in ein Gemisch von rotem Quecksilber(II)-jodid und feinst verteiltem grauen Quecksilber über. Auf Zusatz eines Kaliumjodidüberschusses löst sich das Quecksilber(II)jodid, so daß die Fällung dann rein grau erscheint. Hg2(N03)2 + 2 K J = Hg 2 J, + 2KN0, HgaJ2 = HgJ 2 + Hg . 22. Natronlauge und Schwefelwasserstoff geben dunkel gefärbte Niederschläge, die aus Quecksilbermetall und Quecksilber(II)oxyd bzw. -sulfid bestehen.

Übergangselemente Von den Elementen der großen Perioden des Perioden-Systems (vgl. Tafel I am Ende des Buches) schließen sich sowohl die ersten (d. h. die Gruppen Ia, I I a usw.) als auch die letzten (d. h. die Gruppen Vllb, VIb usw.) in ihrem chemischen Verhalten eng an die Elemente der entsprechenden Gruppen in den beiden ersten, kleinen Perioden an. Die mittleren Elemente der großen Perioden hingegen nehmen eine gewisse Sonderstellung ein; man nennt Bie Übergangselemente• Von diesen behandeln wir an dieser Stelle ausführlicher von der ersten jener Reihen die Eisengruppe (Eisen, Kobalt, Nickel) sowie Chrom und Mangan. Uber die wichtigsten übrigen Übergangselemente findet man einige Angaben auf S. 180ff. Die Elemente dieser ReUien sind dadurch ausgezeichnet, daß Bie fast durchweg Verbindungen mehrerer Wertigheitsstufen bilden; in vielen Fällen ist dabei die Maximalwertigkeit kleiner als es der Gruppenzahl entspricht. Infolge dieses Auftretens mehrerer Wertigkeitsstufen ist die Chemie dieser Elemente oft verwickelt. Für eine erate Übersicht ist die Begel nützlich, daß das chemische Verhalten (Basen- bzw. S&urecharakter, Löslichkeit usw.; vgl. auch S. 85 u. 04) in erster Linie von der Wertigkeit bestimmt wird. So zeigen alle zweiwertigen Verbindungen dieser Gruppe Ähnlichkeit mit den Verbindungen des Magnesiums und noch mehr mit denen des zwei-

Eißengnrppe — Eisen

117

wertigen Kupfers. Die dreiwertigen ähneln vielfach den Aluminiumverhinduligen. Die Chromate mit sechs wertigem Chrom sind den Sulfaten ähnlich usw. Dadurch ist es verhältnismäßig leioht, ein übersichtliches Bild über die Eigenschaften der verschiedenen Verbindungen zu erhalten. Für das chemische Verhalten dieser Elemente ist femer charakteristisch, daß der "Übergang von einer Wertigkeitsstufe in eine andere oft sehr leicht erfolgt; infolgedessen ist mit der Möglichkeit von Disproportionierungen (vgl. S. 37) bzw. Oxydationfl-Reduktions-Reaktionen zu rechnen. Einzelne Verbindungen, z. B. die Chromate und Permanganate, sind starke, viel benutzte Oxydationsmittel. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Mehrzahl der in diesem Abschnitt zu behandelnden Verbindungen im Gegensatz zu den meisten der bisher besprochenen farbig ist. Dabei tritt die schon S. 30 hervorgehobene Erscheinung sehr deutlich auf, daß die wasserfreien Salze oft eine andere Farbe besitzen als die Hydrate bzrve. die wäßrigen Lösungen: FeCl, FeBr,

FeJ,

CoCl, CoBr,

wasserfrei farb- gelb- schwarz blau los lich Hydrat bzw. wäßrige Lösung

bläulich bis grünlich

CoJ,

NiCl, NiBr,

grün schwarz gelb

rosa

NiJ,

gelb schwarz

apfelgrün

Eisengroppe Die Elemente Eisen, Kobalt und Nickel widersprechen den Regelmäßigkeiten des Perioden-Systems insofern, als das Atomgewicht des Kobalts größer ist als das des Nickels (vgl. die Tafel I am Ende des Buches). Über die Wertigkeitsverhältnisse unterrichtet die nachstehende Tabelle, in der die unbeständigen Verbindungen des sechswertigen Eisens, wie z. B. BaFeO«, sowie die ebenfalls äußerst instabilen Komplexverbindungen der einwertigen Stufe nicht berücksichtigt sind:

Eisen Kobalt Nickel

Überhaupt vorkommende Wertigkeiten

Beständigste Stufe in einfachen Verbindungen

zwei und drei zwei und1 drei zwei )

diel zwei zwei

Beständigste Stufe in Komplexverbindungen zwei drei zwei

Eisen Das Eisen ist ein grauweißes Metall. Technisch unterscheidet man einerseits kohlenstof&eichesEisen,(mehrals 1,7%Kohlenstoff): „ R o h e i s e n " , „ G u ß e i s e n " und 'andererseits kohlenstoffarmes Eisen (weniger als 1,7°/« Kohlenstoff): „schmiedbares E i s e n " , „ S t a h l " . Außerdem enthält 1 ) Dazu noch eine unbekannte höhere Wertigkeitsstufe in wasserhaltigen Oxyden.

118

Eisen

das Roheisen nicht unerhebliche Mengen von Si und Mn sowie meist von S und P; beim Stahl sind Si, S und P nur in Spuren vorhanden. Roheisen schmilzt bei 1000—1100°, schmiedbares Eisen — je nach seinem Kohlenstoffgehalte — höher. Der Schmelzpunkt des reinen Eisens liegt bei 1530°. An trockener Luft hält sich das Eisen bei Raumtemperatur beliebig lange; in Gegenwart von Feuchtigkeit wird es durch Luft allmählich zu wasserhaltigem Eisen(III)-oxyd Fe,0 3 („Rost") oxydiert. Da diese Rostschichten porös sind, können sie — im Gegensatz zum Aluminium — das Eisen vor weiteren Angriffen nicht schützen. Man muß daher das Metall mit Anstrichen von Ölfarben usw. versehen. Auch kann man es durch Glühen und geeignete Behandlung („Brünieren", z. B. bei Gewehrläufen) mit einer dichten glatten schwarzen Schicht von Oxyden überziehen, die es vor weiterer Oxydation schützt. Mit reinem Sauerstoff setzt sich Eisen nach Einleitung der Reaktion durch Erhitzen energisch um („autogenes Schneiden"); desgl. mit Schwefel. Die Verbindungen der zweiwertigen Stufe (früher als Ferroverbindungen bezeichnet) sind in wäßriger Lösung bläulich-grünlich, die der dreiwertigen Stufe (früher Fernverbindungen) gelbbraun. Das Verhalten der letzteren unterscheidet sich von dem der Aluminiumverbindungen vor allem dadurch, daß Eisen(lII)-hydroxyd sich nicht in Katronlauge löst. Verbindungen, die zwei- und dreiwertiges EiseD, d. h. also zwei verschiedene Wertigkeitsstufen, gleichzeitig enthalten (Magnetit FeO• FeaOa und das S. 122 zu besprechende Berliner Blau), zeichnen sich durch intensive Farben aus; es entspricht dies einer allgemeinen Gesetzmäßigkeit. 1. Etwas Eisensalz färbt die Phosphorsalzperle in der Oxydationsflamme gelb. Beim Abkühlen blaßt die Farbe ab; falls nur wenig Eisensalz genommen war, verschwindet sie ganz. 2 . Etwa 1 g Eisenspäne werde in nicht zuviel verdünnter Salzsäure, der etwas konzentrierte Salzsäure zugesetzt ist, gelöst (Abzug). Es entweicht Wasserstoffgas, das durch eine kleine Beimengung übelriechender anderer Gase verunreinigt ist. Im Kölbchen bleibt eine grüne Lösung von E i s e n ( I I ) - c h l o r i d FeCI2, die vom Ungelösten abfiltriert werde. Fe + 2 HCl = H 2 + FeCl 2 . Eisen(ll)-aalze. Ein Teil dieser Lösung werde zu den folgenden Umsetzungen der Eisen(II)-verbindungen benutzt, die sofort auszuführen Bind, da sich die Eisen(II)-chlorid-Lösung an der Luft schnell oxydiert. Der Rest der Lösung werde für spätere Versuche zurückgestellt. 3 . Natronlauge fällt grünlich-weißes flockiges hydroxyd. FeCla + 2NaOH = Fe(OH) 2 + 2NaCl.

E i s e n (II)-

Der Niederschlag wird beim Umschütteln dunkelgrün, dann dunkelgrau und schließlich von oben her rotbraun: er wird durch den. Luftsauerstoff zu E i s e n ( I I I ) - h y d r o x y d oxydiert. Ganz reines Eisen(II)-hydroxyd sieht weiß aus. 4Fe(OH) 2 + 0 2 + 2H s O = 4Fe(OH) 3 .

Eisen

119

4. Ammoniak fällt ebenfalls E i s e n (II)- h y d r o x y d . Die Fällung ist unvollständig. Sind in der Lösung reichlich Ammoniumsalze vorhanden, so unterbleibt die Fällung (vgl. S. 85). 5 . Natriumperoxyd: Setzt man zu einer Eisep(II)-salz-Lösung eine frisch und ohne Erwärmung bereitete Lösung von Natriumperoxyd, so fallt sofort ein dichter flockiger Niederschlag von rotbraunem E i s e n ( I I I ) - h y d r o x y d aus. 6. Natriumcarbonat fällt weißes E i s e n ( I I ) - c a r b o n a t . FeCl2 + Na 2 C0 3 = FeCOa + 2NaCl. Unter dem Einflüsse des Luftsauerstoffs wird der Niederschlag bald oxydiert; er geht schließlich in Eisen(III)-hydroxyd über, weil Eisen(III)-carbonat als Salz einer schwachen Base und einer schwachen Säure hydrolytisch vollständig zerfallt. 7' Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung nichts. Auch aus neutraler Lösung scheidet sich nur ein sehr geringer Niederschlag des s c h w a r z e n E i s e n ( I I ) - s u l f i d e s FeS ab, da die bei der Ausfällung des Sulfides frei werdende Säure die weitere Ausfallung hindert. _ „, _ _ _ _ „„ FeCl2 + H 2 S = FeS + 2 HCl. Wesentlich weiter geht die Abscheidung des Sulfides bei Anwesenheit von viel Natriumacetat. Vollständig ist die Fällung jedoch nur in alkalischer Lösung. 8 . Ammoniumsulfid iäüt schwarzes E i s e n (II)-sulfid. Hat man g e l b e s Schwefelammonium im Überschuß zugesetzt, so nimmt die Lösung meist eine grüne Farbe an. Diese rührt davon her, daß ein Teil des Eisen(II)-sulfids zunächst in kolloider Form (vgl. S. 142f.) gelöst bleibt. Beim Filtrieren erhält man ein klares grünes Filtrat; läßt man es stehen, so fallt nach einiger Zeit weiteres Eisen (II)sulfid in schwarzen Flocken aus. Feuchtes Eisen(II)-sulfid oxydiert sich an der Luft leicht zu basischem Eisen(III)-sulfat und verhält Mch dann beim Auswaschen entsprechend, wie es beim Kupfersulfid beschrieben ist (vgl. S. 104, "Nr. 5). 9 . Nolriumphosphat: Zu einer Probe Eisen(II)-chlorid-Lösung s-etze man reichlich Ammoniumchlorid-höavmg, mache ammoniakalisch und füge Natriumphosphat-Lösung hinzu; es fallt E i s e n (II) r a m m o n i u m p h o s p h a t aus. FeCl2 + Na 2 HP0 4 + NH 3 = Fe(NH 4 )P0 4 + 2NaCl. FAsen(llI)-salze. 10. Um zum Eisen(III)-salz zu oxydieren, Satze man zu der Eisen(II)-chlorid-Jjöa\mg etwas leonzentrierte Salpetersäure und erwärme. Die Lösung wird erst dunkel und hellt sich dann plötzlich zu einer gelben Flüssigkeit auf.

120

Eisen

Dies ist so zu erklären, daß die Salpetersäure durch das Eisen (Il)-salz zu Stickstoffoxyd reduziert wird:

3FeCI, + HNOa + 3HC1 = 3FeCl3 + NO + 2H,0 . Dieses Stickstoffoxyd gibt mit dem nooh vorhandenen Eisen(II)-chlorid eine der schon S. 39 besprochenen analoge dunkle Anlagerungsverbindung. Sobald alles Eisen(II)-ohlorid zum Eisen (III) - Chlorid oxydiert ist, verschwindet auch die dunkle Farbe. Die Oxydation einer Eisen(II)-salz- zur Eisen(IH)-salz-Lösung kann man auch mit anderen Oxydationsmitteln durchfuhren, so z; B. mit Chlor- oder Bromwasser usw. und besonders bequem mit Wasserstoffperoxyd.

Mit der erhaltenen Eisen(III)-8alz>-IjösxiRg führe man die nachstehenden Umsetzungen aus: 11. Natronlauge oder Ammoniak fallen flockiges braunrotes Eisen (Ill)-hydroxyd. FeClj + 3NaOH = Fe(01i)a + 3NaCl. Die Fällung ist in beiden Fällen q u a n t i t a t i v und c h a r a k t e ristisch. Durch Ammoniumbalze starker Säuren wird sie n i c h t verhindert. 12. Natriumkarbonat: Es entsteht ein Niederschlag von Eisen (Ill)-hydroxyd. 2FeCla + 3Na2COs + 3H 2 0 = 2Fe(OH)3 + 3CO, + 6NaCl. 13. Bariumcarbonat fallt, wie S. 84/85 besprochen, aus Eisen(III)salz-Lösungen das Eisen als Eisen (III)-hydroxyd. 14. Natriumacetat: Schon S. 88 wurde erwähnt, daß man — ebenso wie bei Aluminium — auch das Eisen durch Kochen einer mit reichlich Natriumacetat versetzten Eisen(III)-salz-Lösung quantitativ als Eisen(III)-hydroxyd abscheiden kann. Man führe den Versuch durch, indem man die Eisen(III)-chlorid-Lösung zunächst mit SodaLösung annähernd neutralisiert, reichlich Natriumacetat zugibt (die dabei auftretende Rotfarbung rührt von kompliziert zusammengesetzten Komplexen her), stark verdünnt und kocht. 15« Natriumphosphat gibt einen gelblich-weißen Niederschlag von Eisen(III)-phosphat FeP0 4 , der in Mineralsäuren löslich (vgl. dazu aber S. 123), in Essigsäure unlöslich ist. Man gebe daher vor der Fällung etwas Natriumacetat zur Lösung, um die Mineralsäure abzustumpfen. Sind bei der vorher beschriebenen Natriumacetatfallung Phosphat-Ionen in der Lösung vorhanden, so gehen sie als Eisen(III)-phosphat in den Niederschlag, und zwar vollständig, wenn die Menge der Eisen-Ionen die der Phosphat-Ionen überwiegt. Entsprechendes gilt für die Ammoniakfällung, weil Eisen(III)-phosphat auch in Ammoniak-Lösung unlöslich ist.

Eisen

121

16. Schwefelwasserstoff macht unter Reduktion des Eisen(III)salzes zum Eisen(II)-saIz Schwefel frei, der in der Lösung zunächst als weiße Trübung schweben bleibt, ohne sich abzusetzen. 2FeCl3 + HjS = 2FeCla + S + 2HCl. (Man formuliere die entsprechende Ionengleichung!) 17. Ammoniumsulfid erzeugt einen sohwarzen Niederschlag von Ei sen (II) - s u Ifi d und Schwefel, der je nach den Fällungsbedingungen mehr oder weniger große Mengen des instabilenEisen(III)-sulfids Fe2S3 enthält. 2 FeCl 3 + 3(NH4)2S = 2FeS + S + 6NH4C1. 18. Kaliumrhodanid färbt ' die saure Eisen(III)-salz-Lösung unter Bildung von wenig dissoziiertem, wahrscheinlich dimolekularem Eisen(III)-rhodanid intensiv rot. 2FeCl3 + 6KSCN = [FefSCN).,], + 6KCl. Beim Schütteln mit Äther geht das Bhodanid mit roter Farbe in den Äther über. 19. Dies ist die empfindlichste Probe auf Eisen(III)-verbindungen. Man gebe einen Tropfen Eisen(III)-salz7Lösung in ein Becherglas voll angesäuerten Wassers, gieße den Inhalt fast ganz aus, fülle wieder mit Wasser auf und setze Kaliumrhodanid-Lösung hinzu. Es tritt in dieser enormen Verdünnung noch deutlich Rotfarbung auf 20. Eisen(II)-salz-Lösungen zeigen diese Reaktion gewöhnlich auch, weil sie stets Spuren Eisen(III)-salz enthalten. Man löse etwas „Eisenvitriol" (kristallwasserhaltiges Eisen(II)-sulfat FeS0 4 -7H 2 0) in viel Wasser auf und prüfe einige Tropfen der Lösung mit Kaliumrhodanid. Dabei wird eine deutliche Rotfarfaung auftreten. Den Rest säuere man mit Schwefelsäure schwach an und gebe etwas Eisenjmlver hinzu, wodurch die wenigen vorhandenen Eisen(III)zu Eisen(II)-ionen reduziert werden. Nach einigen Minuten gieße man einige Tropfen der Lösung ab und prüfe mit Kaliumrhodanid. Die Lösung wird jetzt farblos bleiben oder sich nur noch ganz schwach färben. Nach weiterem Stehen über Eisenpulver wird eine dritte Probe keine Färbung mehr zeigen. Zur Feststellung, ob ein Eisensalz der Eisen(II)- oder der Eisen(III)-reihe angehört, ist die Kaüumrhodanidprobe nicht empfehlenswert, da sie zu empfindlich ist. Geeigneter sind hierzu die Versuche 22 und 23! Eisencyanverbindungen. 21« Etwas 2?wen(.77)-iafe-Lösung versetze man tropfenweise mit Natronlauge, bis eben eine Trübung von Eisen(II)-hydroxyd auftritt. Dann gebe man ein wenig NatriumCyanid-Lösung hinzu: es fallt rotbraunes Eisen (II) ^Cyanid Fe(CN)2 flOckig aus. Ein nicht zu geringer 'Überschuß von Natrium Cyanid

122

Eisen

löst bei schwachem Erwärmen den Niederschlag zu einer hellgelben Lösung, die filtriert werde. FeCl2 -f 2NaCN = Fe(CN)2 + 2NaCl Fe(CN)2 + 4NaCN = Na 4 [Fe(CN)„]. Die Lösung enthält das N a t r i u m s a l z der H e x a c y a n o e i s e n ( I I ) - s ä u r e H4[Fe(CN)6] (abgekürzt Cyanoeisen(II) - säure, früher Ferrocyanwasserstoffsäure). P a s entsprechende Kaliumsalz ist das „gelbe Blutlaugensalz". Der [Fe(CN) a ] 4_ -Komplex ist, wie bereits S. 101 besprochen wurde, einer der festesten Komplexe, die wir kennen. 22« Eine Probe der Natriwmcyanoferrat(II) -Lösung säuere man mit verdünnter Salzsäure an (Abzug! Aus dem überschüssigen Natriumcyanid entwickelt sich Blausäure!) und gebe einen Tropfen f r i s c h b e r e i t e t e r Eisen(II)-sulfat-Löaung hinzu. Es entsteht ein hell bläulich weißer Niederschlag, vielleicht — aber nicht sicher — das Eisen(II)-salz der C y a n o e i s e n ( I I ) - s ä u r e . Na4[Fe(CN)6] + 2FeS0 4 = Fe2[Fe(CN)6] 4- 2 N a 2 S 0 4 . Beim Stehenlassen, schneller beim Durchschütteln der Masse mit Luft, wird der Niederschlag tiefblau: er oxydiert sich dabei zum Eisen(III)-salz der Cyanoeisen(II)-säure (vgl. unten). 23> Eine zweite Probe der Natriumcyanoferrat(II)-Lösung säuere man ebenfalls an (Abzug!) und setze einen Tropfen Eisen{III)chlorid-hösung hinzu; es entsteht ein tiefblauer Niederschlag von komplizierter Zusammensetzung, den man in grober Näherung als E i s e n ( I I I ) - s a l z d e r C y a n o e i s e n ( I I ) - s ä u r e auffassen kann. 3Na4[Fe(CN)„] + 4FeCl 3 = Fe4[Fe(CN)6]3 + 12NaCl. Der Niederschlag findet unter dem Namen „ B e r l i n e r B l a u " Verwendung als Farbstoff. Wichtige Erkennungsprobe zum Nachweis von Eisen! Wie diese letzten beiden Versuche zeigen, kann Alkalimetallcyanoferrat(II) außerdem zu der Eni* jheidung der Frage benutzt werden, ob ein gegebenes Eisensalz der Eis--n(II)- oder der Eisen(III)-reihe angehört. Handelt es Bich um den Nachweis sehr geringer Mengen von Eisen(III)-ionen, so ist die Cyanoferrat(II)-Lösung unmittelbar vor der Verwendung herzustellen, da eine ältere Lösung stets, wenn auch nur spurenweise, zersetzt ist und sich daher beim Ansäuern durch Bildung sehr geringer Mengen Berliner Blau grünlich färbt und bei längerem Stehen einige Flöckchen Berliner Blau absetzt. Man überzeuge sich davon durch einen Versuch mit der stark zu verdünnenden Kaliumcyanoferrat(II)-Lösung des Laboratoriums.

2 4 t Etwas Kaliumcycmoferrat(II)-Lösung aus der Standflasche des Laboratoriums werde mit etwa dem doppelten Raumteile Bromwasser versetzt und aufgekocht, bis der Überschuß des Broms weggekocht ist und nur farblose Wasserdämpfe aus dem Probierglase aufsteigen. Die bräunliche Lösung enthält jetzt K a l i u m h e x a -

Eigen

123

c y a n o f e r r i t ( I I I ) K3[Fe(CN)6] (abgekürzt Kaliumcyanoferrat(III), früher Kaliumferricyanid, Trivialname: „rotes Blutlaugensalz"). 2 K4[Fe(CN)6] + Br 2 = 2K3[Fe(CN)6] + 2KBr . 25« Mit dieser Lösung werden dieselben Versuche wie mit der Natriumcyanoferrat(II)-Lösungangestellt. Man erhält mit Natronlauge k e i n e n Niederschlag und mit Ammoniumsulfid nur eine Abscheidung von S c h w e f e l . Eisen(III)-chlorid gibt keine Fällung, sondern nur Dunkelförbung der Lösung. Dagegen erhält man mit einem Eisen(II)-salz einen tiefblauen Niederschlag von B e r l i n e r B l a u . Die auffällige Bildung von Berliner Blau erklärt sich daraus, daß Kaliumcyanoferrat(III) das Eisen (Il)-salz zunächst zum Eisen (Ill)-salz oxydiert, wobei es selbst in Kaliümcyanoferrat(II) übergeht; gleichzeitig setzen sich Eisen(Ill)-salz und Kaliumcyanoferrat(II) unter Abscheidung von Berliner Blau um.

26. Während der Cyanoferrat(II)-komplex, wie S. 101, Nr. 5 gezeigt wurde, gegen k a l t e Säuren beständig ist, wird er durch h e i ß e v e r d ü n n t e S ä u r e n zersetzt. Ein erbsengroßes Stück Kaliumcyanoferrat(II) werde unter dem Abzüge im Probierglase mit 1—2 ccrn verdünnter Schwefelsäure bis zum Kochen der Lösung erhitzt. Es entweicht B l a u s ä u r e , die an ihrem Gerüche (Vorsicht!) leicht zu erkennen ist. 27. Durch h e i ß e k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure wird auch die Blausäure zerlegt, und zwar in Kohlenoxyd und Ammoniak: HCN + H 2 0 = CO + NH 3 . Ein bohnengroßes Stück Kaliumcyanoferrat(II) werde im Probierglase mit 2 ccm konzentrierter Schwefelsäure erhitzt, bis Aufschäumen auftritt. Die von der Flamme entfernte Masse kocht lebhaft weiter, wobei farbloses K o h l e n o x y d entweicht, das mit blauer Flamme brennt. Der Umsetzungsverlauf entspricht etwa folgender Gleichung: K4[Fe(CN)8] + 6 H 2 0 + 6H 2 S0 4 = 6 CO + FeS0 4 + 2K 2 S0 4 -f 3(NH 4 ) 2 S0 4 . Zu den komplexen Eisencyaniden gehört auch das S. 45 erwähnte N a t r i u m n i t r o p r u s s i d ; es besitzt die Formel Na2[Fe(CN)6NO]• 2H 2 0. Ferner bilden die Fes+-Ionen mit vielen anderen Anionen mehr oder weniger feste Komplexe, so z. B. auch mit C l - - I o n e n [FeCle]a_-Komplexe. Daher sind salzsaure Eisen(III)-salz-Lf>sungcn Btärker gelb gefärbt als schwefelsaure. Besonders fest sind die Komplexe mit P h o s p h a t - I o n e n , die farblos sind. Man erkennt dieses Verhalten an folgendem Versuch:

2 8 . Man oxydiere nach S. 119, Nr. 10 Eisen(II)-sulfat mit Salpetersäure zur Ei3en(III)-salz-L'ö&uiig. Die fast farblose Lösung, versetze man mit etwas konzentrierter Salzsäure: die Lösung wird gelbbraun. Dann gebe man reichlich Phosphorsäure-Lösung hinzu: die Lösung wird fast vollständig entfärbt.

124

Kobalt

Kobalt Das grausilberweiße, bei 1490° schmelzende Metall löst sich in verdünnten starken Säuren. Dabei entstehen Salze, des zweiwertigen Kobalts. Von einfachen Salzen des dreiwertigen Kobalts kennt man nur das Fluorid CoFa, sowie das außerdem zweiwertiges Kobalt enthaltende Oxyd Co,0 4 (vgl. S. 04/95). Dagegen leiten sich vom dreiwertigen Kobalt zahlreiche beständige Komplexverbindungen ab, z. B. mit Cyanwasserstoff, Ammoniak, salpetriger Säure usw.

1. Eine Probe einer Kobalt- Verbindung f ä r b t die Phosphorsalzperle t i e f b l a u . Die gleiche Farbe zeigt kobalthaltiges Glas, was man in der Glasindustrie und in der Keramik verwendet. Einfache Kobaltsalze. 2 . Natronlauge: Etwas XobaltsalzLösung werde mit etwas Natronlauge versetzt; es fallt blaues basisches Salz aus, das beim Erwärmen der Mischung mit mehr Natronlauge in schön rosenrotes K o b a l t ( I I ) - h y d r o x y d übergeht. CoCl2 + 2NaOH = Co(OH)2 + 2NaCl. 3 . Bei Zusatz von Bromwasser erhält man schwarzes wasserhaltiges K o b a l t ( I I I ) - h y d r o x y d . 2Co(OH), + Br 2 + 2NaOH = 2Co(OH), + 2NaBr . Über das Verhalten gegen Ammoniak vgl. S. 125, Nr. 7. 4 . Schwefelwasserstoff verhält Bich ganz ähnlich wie gegen Eisen(II)-salz-Lösungen. 5. Ammoniumsulfid fallt das schwarze K o b a l t ( I I ) - s u l f i d quantitativ aus. Sehr merkwürdig ist es, daß sich der einmal gebildete Niederschlag nicht nennenswert in 1-normaler Salzsäure wieder auflöst, obwohl er aus einer Lösung dieses Säuregrades nicht ausfallt. Man überzeuge sich davon, indem man den Niederschlag abfiltriert, mit Wasser auswäscht, etwas davon in ein Probierglas »bringt, mit 5-proz. Salzsäure versetzt, und durchschüttelt. Dabei löst sich fast nichts auf. Worauf diese verminderte Lösbarkeit beim „ A l t e r n " des Kobaltsulfides zurückzuführen ist, weiß man noch nicht sicher. 6. Ammoniumrhodanid: Eine kleine Probe äußerst verdünnter Kobaltsalz-Lösung werde bis z u r S ä t t i g u n g mit festem Ammonium(nicht Kalium)-rhodanid versetzt und dann etwa mit dem halben oder viertel Baumteil Äther, dem einige Tropfen Amylalkohol zugesetzt sind, durchgeschüttelt. Es bildet sich K o b a l t r h o d a n i d , das sich in der Äther-Amylalkohol-Schicht mit tiefblauer Farbe löst. CO(N03)2 + 2NH 4 CNS = 2NH 4 N0 3 + Co(CNS),. Dies ist eine der empfindlichsten Prüfungsinethoden auf Kobalt, mit deren Hilfe sehr kleine Mengen Kobalt auch neben viel Nickel nachgewiesen

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werden können. Ist gleichzeitig Eisen zugegen, so verhindert man die Bildung des Eisen (Ill)-rhodanids — das durch seine tiefrote Farbe die Blaufärbung auch größerer Kobaltmengen verdecken könnte, da es Bich ebenfalls im Äther ,löst und diesen intensiver färbt — durch Zusatz von etwas festem Natriumfluorid, das die Eisen (Ill)-ionen in farblose, in Äther nicht lösliche fluorhaltige Komplexe, z. B. [FeFJ*~, überführt. - Freie Salpetersäure in erheblicher Konzentration stört die Reaktion, weil sie das Rhodanid durch Oxydation unter Bildung roter Zersetzungsprodukte zerstört.

Komplexverbindungen. Die Komplexverbindungen des zweiwertigen Kobalts sind unbeständig und werden leicht zu solchen der dreiwertigen Stufe oxydiert. 7. Gibt man z. B. zu einer Kobalt(II)-salz-Lösung reichlich so löst sich das zunächst gebildete blaue Ammoniak-Lösung, basische Salz zu einer gelblich-braunen Lösung auf, die komplexe A m m o n i a k a t e der zweiwertigen Stufe enthält. Bald aber ändert sich die Farbe der Lösung; sie wird rötlich, weil unter der Einwirkung des Luftsauerstoffs ein Übergang in die dreiwertige Stufe erfolgt. 8. Versetzt man Kobaltsalz-Lösung mit sehr wenig frisch bereiteter Natriumcyanid-Uosang, so fallt schmutzigbraunes Ko b a l t (II)c y a n i d aus. Ein Überschuß von Natriumcyanid löst den Niederschlag zu einer hellbraunen Lösung des sehr unbeständigen komplexen N a t r i u m ( h e x a ) c y a n o c o b a l t a t s ( I I ) . CO(NO?)2 + 2NaCN = Go(CN)2 + 2NaN0 3 CO(CN)2 + 4NaCN = Na4[Co(CN)e]. Ein kleiner Teil der Lösung werde sofort angesäuert (Abzug! aus dem überschüssigen NaCN bildet sich Blausäure!): es fallt wieder K o b a l t ( I I ) - c y a n i d aus. Der Versuch gelingt am besten, wenn die Kobaltsalz- und die Natriumcyanid-Lösung jede für sich aufgekocht und dadurch von gelöster Luft befreit, vor dem Mischen aber wieder abgekühlt waren. 9. Die übrige Lösung schüttele man im Probierglase tüchtig mit Luft durch oder koche sie besser einige Minuten lang; sie oxydiert sich zu N a t r i u m ( h e x a ) c y a n o c o b a l t a t ( I I I ) - L ö s u n g ; während dieser Oxydation färbt sie sich vorübergehend dunkelbraun. 4Na4[Co(CN)„] + 2 H 4 0 + 0 2 = 4Na3[Co(CN)e] + 4NaOH . Der [Co(CN)„]3--Komplex ist äußerst wenig- dissoziiert. Weder Ammoniumsulfid noch Natronlauge noch Natronlauge und Bromwasser (Unterschied von Nickel, vgl. S. 126, Nr. 5) geben einen Niederschlag. Durch Salzsäure (Abzug!) wird er ebensowenig angegriffen wie der [Fe(CNyen, kolloide Lösungen zu bilden, sind besondere Vorsichtsmaßregeln notwendig, um zu verhindern, daß der abfiltrierte Niederschlag „durchs Filter laufe". Man wäscht deshalb in solchen Fällen nicht mit reinem Wasser, sondern mit Lösungen geeigneter Elektrolyt« aus, die das Entstehen der kolloiden Lösungen verhindern und die ferner beim Glühen des Niederschlages durch Verdampfen entfernt werden können. So wäscht man z. B. a-Zinnsäure mit verdünnter Salpetersäure, Aluminiumhydroxyd mit heißer Ammoniumnitratlösung usw. Namentlich für die quantitative Analyse ist dies von Bedeutung. Blei Das grauglänzende, weiche, dehnbare Metall löst sich in Salpetersäure zu Bleinitrat, das sich ebenso wie die überwiegende Mehrzahl der Bleiverbindungen vom zweiweriijen Blei ableitet. Schwer löslich sind das Oxyd PbO, das Hydroxyd Pb(OH; s , das Sulfat PbSO«, das Chromat PbCr0 4 , das Jodid PbJ,; ziemlich schwer löslich ist das Chlorid PbCl,. Bleioxyd ist von gclbbräunlicher Farbe, Bleijodid ist gelb; die übrigen Blei(II)-Verbindungen mit farblosem Anion sind farblos. Von den Verbindungen der vierwerligen Stufe ist nur das Bleidioxyd PbO, zu nennen. Femer kennt man noch ein rotes Oxyd, die Mennige, die 1+ 4+ zwei- und vierwertiges Blei enthält und gemäß der Formel PbJPbO«] formal so aufgefaßt werden kann, als ob das mehr basische Pb(OH), mit dem mehr sauren H 4 Pb0 4 ein Salz gebildet hätte (vgl. auch S. 94/95). Durch die starke Salpetersäure wird die schwache Bleisäure ausgetrieben; es bildet sich neben dem

Blei

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löslichen Bleinitrat Pb(NOa)s das unlösliche Anhydrid PbO, der Bleisäure. Die Säure selbst ist nicht herstellbar; sie zerfällt ähnlich der Kohlensaure in Bleidioxyd und Wasser. Bleisalze sind g i f t i g ! Bleirohrleitungen, die wegen ihrer leichten Verformbarkeit zu Abfallwasserleitungen benutzt werden, bilden oberflächlich eine Haut von Sulfat oder Carbonat, die verhindert, daß Blei in Lösung geht. Auf diese Weiao ist Blei sogar gegen konzentrierte Schwefelsäure beständig.

Die folgenden Umsetzungen der Blei(II)salze (früher Plumbosalze) führe man mit Bleinitrat-Löaung aus: 1. Natronlauge fallt weißes Blei h y d r o x y d aus, das sich im Überschuß der Lauge, namentlich beim Erwärmen, leicht als N a t r i u m p l u m b i t löst. Pb(N03)2 + 2NaOH = Pb(OH)2 + 2NaN0 3 Pb(OH)2 + 2NaOH = Na-JPbiOHJJ . 2. Ammoniak fallt Bleihydroxyd; ein Überschuß löst es nicht wieder auf. 3. Natriumkarbonat fallt basisches Bleicarbonat von wechselnder Znsammensetzung („Bleiweiß"). 4. Salzsäure fallt weißes Bleichlorid. Beim Aufkochen der gegebenenfalls stark zu verdünnenden Mischung löst sich dieses und kristallisiert beim Erkalten in langen glänzenden Nädelchen wieder aus. 5. Kaliumjodid fallt gelbes Bleijodid, das sich in Wasser noch weniger löst als Bleichlorid. Beim Aufkochen der stark v e r d ü n n t e n Mischung löst es sich und kristallisiert beim Abkühlen in gelben, prächtig glitzernden Blättchen wieder aus. 6. Schwefelsäure fallt das in Wasser sehr wenig lösliche, in Alkohol fast unlösliche Bleisulfat. Dieses ist in verdünnter, namentlich warmer Salpetersäure etwas löslich. Mit Natronlauge löst es sich glatt zu Plumbit. Auf Zusatz von Weinsäure und Ammoniak-Lösung geht es in der Hitze langsam in das Ammoniumsalz der innerkomplexen Bleiweinsäure über, deren Formel mcht sicher ist. Der Schwerlöslichkeit des Bleisulfats entspricht es, daß auch Bleic h r o m a t schwer löslich ist, wie es S. 131, Nr. 11 bereits besprochen wurde.

7. Schwefelwasserstoff oder Ammoniumsulfid fallen schwarzes Bleisulfid. Aus chloridhaltigen Lösungen fallt zunächst — ähnlich wie bei Quecksilber(II)-salzen — ein orangehraunes sulfobasischeä Salz. Bleisulfid löst sich nicht in Ammoniumsulfid-Lösung. Bietdioxyd. 8 . Etwas Bleiacetat - Lösung des Laboratoriums werde mit einer ohne Erwärmen frisch bereiteten starken Natrium-.Ionenkonzentration vom pH-Wert der Lösungen folgendes: Schwefelwasserstoff dissoziiert nach den Gleichungen: H,S

H+ -f H S -

Dies lietert die Beziehungen: [H+] • [HS~] _ ~[H^Sj

und

HS"

H+ + S ' " .

[H+3 •[S*-] [HS-]

m d

Multipliziert man diese Gleichungen, so folgt: [H+]«-[S«-] [H,S]



Ki'



K



Zu jeder H^-Ionenkonxentration gehört also eine ganz bestimmte S*~ Ionenkonzentration. Ist [H+] sehr groß ( s t a r k s a u r e Lösung), so ist [S*~ sehr klein, und es werden nur die Sulfide mit dem allergeringsten Löslichkeitsprodukt ausfallen (HgS, CuS, FbS). Ist [H+] dagegen sehr klein (alkalische Lösung), so ist [S*~] groß und es fällt auch das verhältnismäßig leicht lösliche Mangan(II)-sulfid aus. Unterhalb bestimmter [H + ]-Werte mittlerer Größe fallen entsprechend Sulfide mit mittleren Löslichkeitsprodukten (CdS, ZnS) aus. Diese Abstufung der Löslichkeitsprodukte ist von großer Bedeutung, weil man es durch eine genügend hohe H+-Ionenkonzentration (also Fällung in saurer Lösung) erreichen kann, daß nur ein Teil der schwer löslichen Sulfide ausfällt. Bei Erniedrigung der H+-Ionenkonzentration durch Zugabe von Ammoniak — oder, was die gleiche Wirkung hat, bei Zugabe von AmmoniumSulfid — fallen dann auch die übrigen Sulfide aus. Auf diese Weise kann man bei der Analyse die Elemente in drei Gruppen »eheiden: Solche, die auch in s a u r e r Lösung Sulfide bilden, solche, die als Sulfid nur in a l k a l i s c h e r Lösung ausfallen, und schließlich solche, die mit S*~-Ionen überhaupt k e i n e Niederschläge bilden. 10»

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Arsengruppe — Arsen

Die säureunlöslichen Sulfide lassen sich nun noch dadurch weiterhin trennen, daß einzelne von ihnen sich in Ammoniumsulfld wieder auflösen (vgl. S. 130). Es sind dies Zinn(IV)-suIfid sowie die Sulfide von Arsen und Antimon. Filtriert man die so erhaltenen Losungen der Salze der Thiosäuren ab und säuert an, so scheiden sich die Sulfide dieser drei Elemente wiederum ab, so daß man mit ihnen weitere Reaktionen vornehmen kann. Diese verschiedenen Trennungsmöglichkeiten machen verständlich, warum der Schwefelwasserstoff trotz seiner unangenehmen physiologischen Eigenschaften ein im analytischen Laboratorium so viel benutztes Reagens ist.

Arsengruppe Als „Arsengruppe" seien die Elemente Arsen, Antimon und TPismut zusammengefaßt. Außerdem gehören in diese Gruppe des Perioden-Systems noch die in ihren wichtigsten Verbindungen schon besprochenen Elemente Stickstoff und Phosphor. In dieser Fünfergruppe von Elementen zeigen nich zahlreiche Gesetzmäßigkeiten, wenn man die Elemente nach den Atomgewichten ordnet: Je größer das Atomgewicht ist, desto höher liegen die Siedepunkte. (Die Schmelzpunkte dagegen zeigen ein verwickeltes Verhalten!) Ausgesprochen metallische Eigenschaften hat das Wismut; die übrigen sind um so deutlicher Nichtmetalle, je kleiner das Atomgewicht ist. Das Wismuthydroxyd ist eine Base, die übrigen Hydroxyde haben mit fallendem Atomgewicht steigend immer stärker saure Eigenschaften. Der Siedepunkt der Trichloride, die flüBsig oder leicht schmelzbar sind, steigt mit zunehmendem Molekulargewicht. Alle Elemente dieser Gruppe bilden Verbindungen mit Wasserstoff von der Formel XH 3 , die mit steigendem Atomgewicht des Elements unbeständiger werden.

Arsen Arsen bildet spröde, metallisch glänzende Kristalle oder dunkelgraue Stücke, die an der Luft matt werden, da sie sich oberflächlich zu As,Oa (ArBen(III)-oxyd oder Diarsentrioxyd) oxydieren. Bei Atmosphärendruck läßt sich Arsen nicht schmelzen, da es vorher sublimiert. Sein Dampf riecht knoblauchartig. Von den Verbindungen der dreiwertigen Stufe ist Arsen(III)-oxyd AsaOj („Arsenik") nur wenig in Wasser löslich; die Lösung reagiert schwach sauer, weil sich arsenige Säure H,AsOj bildet. Starken Säuren gegenüber kann diese auch als Base reagieren. So ist z. B. die Löslichkeit von Arsenik nicht nur in Natronlauge, sondern auch in starker Salzsäure wesentlich größer als in Wasser. Das im zweiten Falle gebildete Trichlorid AsCl, erfährt als Salz einer sehr schwachen Base durch Wasser eine weitgehende hydrolytische Spaltung, namentlich in Gegenwart von viel Wasser. Salzsäure drängt die Hydrolyse zurück; deshalb geht beim Kochen einer stark mit Salzsäure versetzten Arsenigsäure-Lösung Arsen als leichtflüchtiges Arsentrichlorid mit den Wasserdämpfen fort. Dagegen läßt sich eine Lösung der Arsensäure, in der das-Arsen f'ttnfwertig ist, auch nach dem Versetzen mit viel Salzsäure ohne Verlust an Arsen eindampfen, weil beim Arsen (im Gegensatz zum Phosphor und Antimon!) ein Pentachlorid AsClj nicht existiert. Eine Lösung von Arsensäure erhält man leicht durch Oxydation von Arsen(III)-oxyd bei Gegenwart von Wasser. Die durch Fällung daraus entstehenden Salze leiten sich meist von der Orthosäure HjAsOt ab, manchmal jedoch auch von der Pyro- bzw. der Metasäure (H4AS20, bzw. HAs03). Man muß daher annehmen, daß in der Lösung verschiedene Hydratationsstufen nebeneinander vorhanden sind, die sich —

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anders als "bei der Phosphors&ure I — sehr leicht ineinander umwandeln. Durch Fällung mit irgendeiner Salzlösung entsteht jeweils die Verbindung, die am schwersten löslich ist. — Durch Einengen einer Arsensäure-Lösung erhält man Kristalle der Zusammensetzung HgAsCWjH.O. Durch Erhitzen entstehen daraus zunächst wasserarmere Verbindungen, deren Zusammensetzung jedoch nicht der Pyro- oder Metaphoaphorsäure entspricht.- Als Endprodukt der Entwässerung bildet sich schließlich AstO, (Arsen(V)-oxyd oder Diarsenpentoxyd). (Gegensatz zu Phosphorsäure, die sich nur bis zur Metasäure entwässern läßt!) — Die Arsenate sind den Phosphaten außerordentlich ähnlich. So ist an dem Paar KH,P0 4 und KHgAs04 von Mitsoherlioh die t,l»omorphie" entdeckt worden, d. h. die Tatsache, daß zwei Stoffe verschiedener Zusammensetzung nahezu die gleiche Kristallgestalt besitzen und Misch- und Überwachsungskristalle bilden können. Dementsprechend sind auch die chemischen Umsetzungen von Arsen- und Phosphoraäure sehr ähnlich, bo daß man sich vor Irrtümern hfiten muß. Eine Abtrennung des Arsens läßt sich jedoch leicht über die sohwer lösliohen Sulfide As2SJ bzw. As2St durchführen. Auch läßt sich Arsensäure im Gegensatz zur Phosphorsäure schon durch schwache Reduktionsmittel bis zur dreiwertigen Stufe, durch starke sogar bis zur nullwertigen Stufe, d. h. zum elementaren Arsen, reduzieren. Arsenverbindungen sind sehr gütig! Namentlich beim Experimentieren mit Arsenwasserstoff und anderen flüchtigen Arsenverbindungen ist g r ö ß t e V o r s i c h t erforderlichI

Argen und Arsenik. 1. Man erhitze ein Stückchen Arsen von der Größe einer Erbse in einem trockenen Probierglase (Abzug!). Zuerst sublimiert etwas Arsen(III)-oxyd und bildet einen weißen Beschlag. Erhitzt man so stark, daß das Glas erweicht, so beginnt das Arsen zu sublimieren und sich in den kälteren Teilen des Rohres als schwarzer spiegelnder Beschlag („Arsenspiegel") niederzuschlagen. Wenn alles Arsen verdampft ist, unterbreche man den Versuch und zerschlage nach dem Abkühlen das Glas. Das aus metallisch glänzenden Kristallen bestehende Sublimat läßt sich von den Glasscherben leicht ablösen. 2. Ein stecknadelkopfgroßes Stück Arsen werde unter dem Abzüge mit der Lötrohrflamme auf Kohleunterlage erhitzt. Es verdampft und wird zum Teile zu Arsen(III)-oxyd oxydiert, das als weißer Bauch entweicht oder sich auf den kälteren Stellen der Kohle als Beschlag niedersetzt. Dabei zeigt sich der eigentümliche Geruch des Arsendampfes deutlich. 3« Arsen(III)-oxyd ist ein weißes kristallinisches Pulver oder — als zweite Modifikation — eine glasartige, amorphe Masse, die beim Aufbewahren langsam in dio kristallinische Modifikation übergeht. Beim Sublimieren setzt Bich Arsen(UI)-oxyd in kleinen, stark lichtbrechenden Oktaedern ab. Man sublimiere im einseitig geschlossenen Röhrchen einige Körnchen Arsen(III)-oxyd und betrachte das Sublimat unter dem Mikroskop. 4> Unter dem Einfluß von R e d u k t i o n s m i t t e l n (NatriumCyanid vgl., S. 140 u. 141, Nr. 10, Kohle, Zinn(Il)-chlorid) geht

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Arsen

Arsenik leioht in A r s e n über. Man erhitze ein kleines Körnchen von Arsen(III)-oxyd oder einer beliebigen Arsenverbindung im . einseitig geschlossenen Glasröhrchen mit ein wenig eines Gemisches von gleich viel trockenem Natriumearbonat und Natriumcyanid. An den kälteren Teilen des Röhrchens bildet sich ein A r s e n s p i e g e l . g 111 88E 5 , Man ziehe ein Stück Glasrohr zu einem etwa 2 mm weiten, Figur 23. Reduktion von Arsenik etwa 2—3 cm langen Röhrchen, aus, wie es Fig. 23 zeigt. In die verschlossene Spitze bringe man ein Körnchen Arsen(Ill)-oxyd und lege ein schon vorher passend zurechtgeschnittenes Splitterchen Holzkohle darüber. Nun halte man das Röhrchen waagerecht in die Flamme, so daß zunächst der Kohlesplitter ins Glühen kommt, und richte es dann, ohne die eben erhitzte Stelle aus der Flamme zu bringen, etwas auf, so daß das Arsen(III)-oxyd zu verdampfen beginnt. Sein Dampf streicht dann über die glühende Kohle, wird durch sie reduziert, und das gebildete Arsen schlägt sich als schwarzer Spiegel an der Übergangsstelle des engen Rohrteiles zum weiten nieder. 6 . In wäßriger Lösung,eignet sich zur Reduktion Zinn(II)-chlorid. Zu einigen KöTnchenArsen(III)-oxyd bringe man etwa ein Gramm festes Zinn(II)-chlorid und 1—2 ccm konzentrierte Salzsäure. Beim Stehenlassen, schneller beim gelinden Erwärmen, bildet sich durch Reduktion elementares Arsen, das in' kolloider Form die Lösung bräunt und später in Flocken ausfallt ( „ B e t t e n d o r fs A r s e n p r o b e " ) . Reaktionen der areenigen Säure. 7 . Man koche eine Spatelspitze Araen(lIl)-oxyd in einem Kölbchen einige Minuten mit etwa. 10 ccm Wasser, filtriere die Lösung ab, so daß das Ungelöste möglichst im Kölbcheil bleibe, und hebe és zur Darstellung von Arsensäure (Vers. Nr. 14) im Kölbchen auf. Das Filtrat, welches a r s e n i g e S ä u r e gelöst enthält, benutze man zu folgenden Versuchen: 8» Schwefelwasserstoff färbt die Lösung gelb, indem sich kolloides A r s e n ( I I I ) - 8 u l f i d (oder Diarsentrisulfid) As s S, bildet. Erst auf ZuBatz von Salzsäure oder von Salzen wird das Arsen(III)sulfid ausgeflockt. In farblosem Ammoniumsulfid löst sich das Ar8en(III)-sulfid zu A m m o n i u m t h i o a r s e n i t , in gelbem Ammoniumpolysulfid zu A m m o n i u m t h i o a r s e n a t . AsjSj + 3(NH«),S = 2(NH4)j[ASS3] AsjS, + 3(NH 4 )JS + 2S = 2 (NH4)J[ASS4] In Ammoniumcarbonat lumung löst sich Arsen(III)-sulfid zu einem Gemisch von Arsenit und Thioórsenit.

Arsen

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9. Silbemitrat fällt zunächst nichts. Wird jedoch zu der Mischung mit einem Glasstabe vorsichtig ein Tröpfchen AmmoniakLösung gebracht, so wird die freiwerdende .Säure neutralisiert und ei fallt gelbes Silberarsenit aus (Unterschiedsprobe gegen Arsenate). Salpetersäure löst den Niederschlag wieder auf. Ebenso löst ein Überschuß von Ammoniak- Lösung. HjAsO, + 3AgN03 + 3NHS = Ag3AsOs + 3NH4NO, AgjAsO, + 3 HNO, = 3AgNOa + H,AsOr Ag3AsOs + 6NH, = [AgiNHjWaAsO,. 10. Kakodylreaktion. Ein Körnchen Arsen(IIl)-oxyd werde mit ein wenig Natriumacetat verrieben und das Gemisch im Glühröhrchen stark erhitzt. Es tritt ein durchdringender, unangenehmer Geruch nach einer organischen Arsenverbindung (Kakodyloxyd) auf. 11. Schließlich ist zu erwähnen, daß Lösungen von arseniger Säwre mit sehr vielen Metallionen in alkalischer Lösung Niederschläge geben, die jedöch meist nicht sehr charakteristisch sind. Man stelle als Beispiel Niederschläge mit Kalkwasser sowie mit (wenig!) Kupfersah - Lösung und Natronlauge her. Amensüure. Zur Überführung von araeniger Sfiure in Anens&ure eignen sich die verschiedensten Oxydationsmittel. Analytisch wichtig ist die Umsetzung init J o d , die nach folgender Gleichung verläuft: [AsO,]»- + J,° + H , 0