Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie 9783111508856, 9783111141589

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Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie
 9783111508856, 9783111141589

Table of contents :
Aus den Vorworten zur 21. bis 29. Auflage
Inhalt
Einleitung
Nichtmetallverbindungen, erster Teil
Metallverbindungen, erster Teil
Nichtmetallverbindungen, zweiter Teil
Metallverbindungen, zweiter Teil
Anhang Verzeichnis der Reagentien
Namen- und Sachregister

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Biltz — Klemm — Fischer Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie

Heinrich Biltz

Experimentelle Einführung in die anorganische Chemie völlig neu bearbeitet von

Wilhelm Klemm und Werner Fischer

Mit 24 Abbildungen und 1 Tafel 45.—47. Auflage

19 5 3 WALTER DE

GRUYTER

& CO.

vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung; Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp.

B E R LI N W 35

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung vorbehalten. Copyright 1953 by W a l t e r d e G r u y t e r & Co. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp. Berlin W 35, Genthiner Str. 13 Archiv-Nr. 52 07 53 Printed in Germany Satz: Valter de Gruyter 1 > wobei kR in der Regel von kH verschieden sein wird. Gleichgewicht ist erreicht, wenn vs gleich vR geworden ist. Es gilt dann also: k [C] • [Z)] H kR • [C] • [2>] = hB • [A] • [.B] bzw. p p f ä ] = ^ = KDie Gleichgewichtskonstante K ist somit der Quotient aus den Proportionalitätskonstanten der Geschwindigkeiten der Hin- und Rückreaktion.

C. Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen in wäßriger Lösung I. Alle Dissoziationsreaktionen von in Wasser gelösten Elektrolyten führen zu Gleichgewichten, die allerdings bei den meisten Salzen und den starken Säuren und Basen weitgehend zugunsten der Dissoziationsprodukte liegen. Bei diesen „ s t a r k e n "Elektrolyten ist das MassenWirkungsgesetz nur in äußerst verdünnten Lösungen streng gültig, weil in konzentrierteren die Ladungen der Ionen Störungen

Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes und homogene Reaktionen usw.

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verursachen. Für die nicht so weitgehend dissoziierenden „ s c h w a c h e n " Elektrolyte gilt dagegen das Massenwirkungsgesetz auch noch f ü r Lösungen mittlerer Konzentration. II. Einfluß der Verdünnung auf den Dissoziationsgrad. Für die elektrolytische Dissoziation folgt aus dem Massenwirkungsgesetz, wie im einzelnen in den Lehrbüchern gezeigt wird, daß der D i s s o z i a t i o n s g r a d m i t d e r V e r d ü n n u n g z u n i m m t . So beruht z. B. der S.23f. und 35 f. beschriebene Unterschied zwischen konzentriertem und verdünntem Zustand bei Schwefel- und Salpetersäure darauf, daß im ersten Falle im wesentlichen Molekeln, im zweiten hauptsächlich Ionen vorliegen. Sehr deutlich läßt sich die Zunahme der Dissoziation mit der Verdünnung an folgendem Versuch erkennen, zu dem ein Salz benutzt wird, das •m dissoziierten Zustand eine andere Farbe besitzt als im nicht dissoziierten.

2. Man stelle ein wenig einer annähernd gesättigten Lösung von Kupfer (II)-chlorid her. Da die in Wasser gelösten Cu 2+ -Ionen blau, die CuCl2-Molekeln aber gelbbraun gefärbt sind1), und da ferner in einer konzentrierten Kupfer(II)-chlorid-Lösung das Salz nur zum Teil dissoziiert ist, so besitzt die Lösung eine Mischfarbe von blau und gelb, also grün. Wird diese Lösung nun allmählich mit Wasser verdünnt, so wird sie blaustichiger. Bei starker Verdünnung geht der Farbton schließlich — einer vollständigen Dissoziation des gelösten Kupfer(II)-chlorids entsprechend — in reines Blau über. Noch auffälliger ist der Farbumschlag bei Verwendung des schwarzbraunen Kupfer (II )-bromids. III. Wirkung gleichioniger Zusätze. Für das Dissoziationsgleichgewicht des Kupfer(II)-chlorids: CuCl2 Cu 2+ + 2 Cl~ ergibt das Massenwirkungsgesetz: [Cu 2 +] • [ C 1 _ ] 2 / [ C U C 1 2 ] = const. Daraus ersieht man, daß eine Erhöhung der Chlorionenkonzentration den Anteil der Cu2+Ionen zugunsten der undissoziierten CuCl2-Molekeln zurückdrängen muß.

3. Man setze zu konzentrierter grüner Kupfer (II)-chlorid-Lösung etwas konzentrierte Salzsäure hinzu; dabei wird das Grün gelbstichiger. Bei starkem Salzsäurezusatz geht es in das reine Gelbbraun des undissoziierten Kupfer(II)-chlorids über. Diese Verminderung der Dissoziation durch gleichionigen Zusatz ist bei dem eben angeführten Versuch wegen der Farbänderung besonders augenfällig. Nicht so leicht erkennbar, aber wichtiger ist die gleiche Erscheinung bei schwachen Basen und Säuren.

4. Man gebe in zwei Reagensgläser je 1 / 2 ccm verdünnter AmmoniakLösung (nicht mehr!) und versetze die eine Probe mit viel Ammoniumchlorid-Lösxmg, die andere mit der gleichen Menge Wasser. Gibt man dann zu beiden Lösungen 1—2 Tropfen Phenolphthalein-Lösung, so zeigt nur die ammoniumchloridfreie Probe die rote Farbe, die Phenolphthalein in alkalischem Medium annimmt; die andere bleibt praktisch farblos. Statt Ammoniumchlorid kann man dabei auch Ammoniumsulfat oder -nitrat benutzen. l ) Streng genommen spielt bei der Farbe der konzentrierten bzw. HCl-haltigen Lösungen (vgl. später) die Bildung von Komplexionen (vgl. dazu S. 95ff.) eine wichtige Bolle; das ist aber f ü r das Wesentliche des Vorganges ohne Bedeutung.

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Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw.

In der ammoniumsalzhaltigen Probe muß also die OH - -Ionenkonzentration so gering sein, daß sie von dem Phenolphthalein nicht mehr angezeigt wird. Das Massenwirkungsgesetz gestattet, diese Erscheinung zu erklären. Das Gleichgewicht in einer wäßrigen A m m o n i a k - L ö s u n g gehorcht der Gleichung: [NH 4 +] • [OH"] [NH 3 ] • [H 2 0] Da sich, wie wir S. 58 sahen, Ammoniak-Lösung wie eine schwache Base verhält, ist der Zahlenwert der Gleichgewichtskonstanten K klein; d. h. nur ein kleiner Bruchteil der NH 3 -Molekeln setzt sich mit Wasser unter Bildung von NH 4 +und OH - -Ionen um. A m m o n i u m c h l o r i d ist dagegen als Salz fast vollständig in seine Ionen NH 4 + und C l - dissoziiert. Die Zugabe von Ammoniumchlorid zu der Ammoniak-Lösung erhöht deshalb die NH 4 +-Ionenkonzentration stark. Damit der obige Ausdruck f ü r das Gleichgewicht der Ammoniak-Lösung seinen Wert K behält, muß also — wie wir es beobachtet haben — die an sioh schon geringe OH _ -Ionenkonzentration sinken, wodurch gleichzeitig die Konzentration der NH 3 -Molekeln etwas ansteigt. Hiermit hängt unter anderem die Löslichkeit von Magnesiumhydroxyd in Ammoniumchlorid-Lösung (vgl. S. 66) zusammen, auf die wir S. 82/83 noch einmal zurückkommen werden. Ganz entsprechend erhält man stets eine Zurückdrängung der Dissoziation, d. h. eine Verminderung der H+ bzw. OH - -Ionenkonzentration, wenn man zu der Lösung einer schwachen Säure oder Base ein Salz derselben Säure oder Base zusetzt. Die eben genannten Systeme aus einer schwachen Base (Säure) und einem Salz dieser Base (Säure) mit einer starken Säure (Base) haben aber noch eine weitere Bedeutung. Es werden nämlich von derartigen Kombinationen H+- bzw. OH~Ionen, die durch eine Umsetzung entstehen, bis zu einem gewissen Grade weggefangen, so daß die Konzentration der H+- bzw. OH _ -Ionen fast konstant bleibt. So gilt z. B. f ü r die Dissoziation der Essigsäure (CH 3 C0 2 H) die Gleichung [H.+] • [CH3C02~~]/[CH3C02H] = K. Setzt man viel eines essigsauren Salzes, z. B. Natriumacetat, zu, so wird, weil Essigsäure eine schwache Säure ist, [H+] um mehrere Zehnerpotenzen kleiner sein als [CH 3 C0 2 H] und [CH 3 C0 2 - ]. Entstehen jetzt in der Lösung durch irgendeine Reaktion H+-Ionen, so vereinigen sie sich mit den CH 3 C0 2 _ -Ionen zu undissoziierter Essigsäure. Ist die aufzufangende H+Ionenmenge klein gegen die vorhandene CH 3 C0 2 - -Ionenmenge, so wird die Konz entration an CH 3 C0 2 ~-Ionen und CH 3 C0 2 H-Molekeln nur verhältnismäßig wenig geändert. Damit muß sich auch fast die gleiche H+-Ionenkonzentration einstellen wie vorher. Gemische von der Art wie das eben besprochene aus Essigsäure und Natriumacetat bezeichnet man daher als Puffer-Lösungen. Es sei nochmals betont, daß ein solcher Puffer nur dann voll wirksam bleiben kann, wenn die Anzahl der hinzukommenden H+-Ionen klein gegenüber der Zahl der vorhandenen Acetationen bleibt. Eine Zugabe etwa von viel Salzsäure würde auch hier zu einer starken Erhöhung der H+-Ionenkonzentration führen. Diese Betrachtungen haben auch Bedeutung f ü r den Fall, daß man stark saure bzw. stark basische Lösungen „ a b s t u m p f e n " , d. h. schwach sauer bzw. schwach basisch machen will. So kann man die H+-Ionenkonzentration einer salzsauren Lösung bis auf etwa den in der Essigsäure vorhandenen Wert vermindern, wenn man v i e l Natriumacetat, d. h. das Salz einer s c h w a c h e n S ä u r e , zugibt. Die obigen Betrachtungen zeigen, daß man dabei — vorausgesetzt, daß von vornherein nicht zu viel H+-Ionen vorhanden waren — sogar unter die H+-Ionenkonzentration der Essigsäure kommt. Ganz entsprechend vermindert man die OH - -Ionenkonzentration einer starken L a u g e , wie Natronlauge, durch die Zugabe von Ammoniumchlorid, dem Salz einer s c h w a c h e n B a s e . Dieses Verfahren des Abstumpfens hat den Vorteil, daß mit Sicherheit vermieden wird, daß die saure bzw. alkalische Reaktion der Ausgangslösung durch das zufällige Hinzufügen eines Überschusses des Abstumpfungsmittels in das Gegenteil umschlägt. Diese Gefahr bestünde z. B., wenn man eine starke Säure wie Salzsäure durch Zugabe einer starken Base wie Natronlauge abstumpfen wollte.

Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw.

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5. Man überzeuge sich, daß die S. 65 erwähnte Fällung v o n B a r i u m c h r o m a t auch dann eintritt, wenn m a n zu einer schwach salzsauren Lösung viel Natriumacetat-Losung zugibt. Als Beispiel für die abstumpfende Wirkung v o n Ammoniumchlorid auf Natronlauge vgl. m a n die auf S. 86/87 beschriebene fällende Wirkung v o n Ammoniumchlorid auf eine Aluminat-Lösung. IV. Hydrolyse. Salze wie Natriumchlorid (NaCl), Natriumcyanid (NaCN) und Aluminiumchlorid (A1C13) hatten wir früher, vgl. S. 15, als „neutrale Salze" bezeichnet im Gegensatz zu den „sauren Salzen", die noch durch Metall ersetzbaren Wasserstoff enthalten, und den „basischen Salzen", die noch durch Säurereste ersetzbare Hydroxylgruppen besitzen. Diese Bezeichnungsweise bezieht sich lediglich auf die f o r m e l m ä ß i g e Z u s a m m e n s e t z u n g der festen Salze; in w ä ß r i g e r L ö s u n g können scheinbar widersprechende Erscheinungen auftreten, es können z. B. Lösungen „neutraler" Salze gegen Lackmus basisch oder sauer reagieren, wie der folgende Versuch zeigt: 6. Man prüfe Lösungen v o n Natriumchlorid, Natriumcyanid u n d Aluminiurnchlorid mit Lackmuspapier. E s zeigt sich, daß zwar die Natriumchlorid-Lösung neutral reagiert, die Natriumcyanid-Lösung aber alkalisch und die Aluminiumchlorid-Lösung sauer. Beim Auflösen des Natriumcyanids muß also freie Lauge, beim Aluminiumchlorid freie Säure entstanden sein. Das ist nur unter Mitwirkung des Wassers möglich; beim N a t r i u m c y a n i d z. B. nach der Gleichung: NaCN + H 2 0 ^

NaOH + HCN.

(1)

Diese Umsetzung verläuft allerdings nicht vollständig nach rechts, sondern sie f ü h r t zu einem Gleichgewicht, was in der Gleichung durch den Doppelpfeil angedeutet ist. Beim Auflösen des Natriumcyanids entsteht demnach g l e i c h z e i t i g B a s e u n d S ä u r e ; daß die Natriumcyanid-Lösung trotzdem b a s i s c h reagiert, wird verständlich, wenn man bedenkt, daß die gebildete Natronlauge eine s t a r k e Base, die Blausäure (HCN) jedoch eine s c h w a c h e Säure ist. Beim A l u m i n i u m c h l o r i d hingegen entstehen eine schwache Base (Aluminiumhydroxyd) und eine starke Säure (Salzsäure), deshalb reagiert die Aluminiumchlorid-Lösung sauer. Diese Erscheinung der Spaltung eines Salzes durch Wasser bezeichnet man als Hydrolyse; sie ist, wie die obige Gleichung erkennen läßt, die Umkehrung der Neutralisation. Wie wir weiter unten noch ausführlicher zeigen werden, tritt die Hydrolyse immer bei solchen Salzen auf, bei denen entweder die Base oder die Säure oder beide schwach sind. Wenden wir auf das Hydrolysengleichgewicht das M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z an, so gilt z. B. f ü r das Natriumcyanid [vgl. die obige Umsetzungsgleichung (1)]: [NaOH] • [HCN] [NaCN] • [H a O]

Hydrolyse •

W

Diese Gleichung läßt die Erscheinungen des folgenden Versuchs verstehen: 7. Eine Natriumcyanid-Lösung riecht nach Blausäure (giftig!), weil sie ja infolge der Hydrolyse freie Blausäure enthält. Man setze zu der Lösung reichlich starke Natronlauge: der Geruch verschwindet, weil nach Gleichung (2) eine Erhöhung der NaOH-Konzentration eine Verkleinerung der HCN-Konzentration (sowie eine Vergrößerung der NaCN-Konzentration) zur Folge haben m u ß : Die Hydrolyse wird durch Zusatz eines Überschusses des einen Hydrolysenproduktes zurückgedrängt.

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Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw.

Zu einem tieferen Verständnis des Hydrolysengleichgewichts gelangen wir, wenn wir beachten, daß die einzelnen Partner in der wäßrigen Lösung elektrolytisch dissoziieren: N a O H ^—" N a + + O H - u s w . Dabei müssen wir ferner berücksichtigen, daß auch das Wasser zu einem sehr geringen Betrag nach der Gleichung : H 2 0 ^ — H + + O H ~ dissoziiert; den Beweis hierfür liefert u. a. die Beobachtung, daß auch reinstes Wasser eine, allerdings außerordentlich geringe elektrolytische Leitfähigkeit aufweist; Näheres siehe im Abschnitt V . Das Massenwirkungsgesetz liefert dann für die 4 Partner des Hydrolysengleichgewichts folgende 4 Gleichungen: [Na+] • [ O H - ] [NaOH]

[ N a + ] • [CN~] [NaCN]

Base

[H+]-[CN~] [HCN]

Salz

[H+]-[OH~] [H20]

s&ure

Wasser

Formt man diese Gleichungen um in: [NaOH] =

[Na^JOH-] Base

usw. und setzt man die so erhaltenen Ausdrücke in die Hydrolysengleichung (2) ein, so erhält man, da sich alle Ionenkonzentrationen fortheben, die Gleichung: •^Salz ' -^Wasser V .^jr A Säure A Base



-"-Hydrolyse. -^Hydrolyse.

Da fast alle Salze sehr weitgehend in Ionen dissoziieren 1 ), ist der Zähler dieses Ausdruckes, i f S a l z • K W a 8 8 e r , bei fast allen Salzen von nahezu gleicher Größe. Säuren und Basen aber können stark oder schwach, ^ s ä u r e und Ä B a g e a l s o groß oder klein sein. Demnach wird laut Gleichung (3) ^ H y ( j r 0 ] y B e groß, wenn eine s c h w a c h e Säure oder eine s c h w a c h e Base vorliegen; ein großer Zahlen wert f ü r -^Hydiolyse bedeutet nach Gleichung (3) aber weitgehende Umsetzung des Salzes in Säure und Base, d. h. s t a r k e H y d r o l y s e . Besonders stark wird die Hydrolyse eines Salzes sein, das aus einer schwachen Base und einer schwachen Säure aufgebaut ist, d. h. wenn -^ B a a e und -K S ä u r e gleichzeitig klein sind. Umgekehrt wird die Hydrolyse verschwindend gering bei Salzen aus starken Basen mit starken Säuren; deshalb reagiert die Natriumchlorid-Lösung neutral. Vergleicht man Salze derselben Base mit verschiedenen Säuren, so muß die Hydrolyse um so stärker sein, je schwächer die entsprechende Säure ist; so reagiert z. B. Natriumchlorid neutral, Natriumacetat schwach, Natriumcarbonat deutlich basisch 2 ). Gleichgewichtszustände sind ja dadurch ausgezeichnet, daß sie von beiden Seiten erreicht werden können. Das bedeutet in unserem Falle, daß man bei den Beispielen, in denen beim A u f l ö s e n e i n e s S a l z e s in W a s s e r Hydrolyse eintritt, auch umgekehrt durch Zusammenbringen von Säure- und Basen-Lösung *) Einige w e n i g e S a l z e sind nur s c h w a c h d i s s o z i i e r t , z. B. einige H g ( I I ) Salze. I n diesem Falle tritt nach Gleichung (3) auch dann keine wesentliche Hydrolyse ein, wenn das Anion einer schwachen Säure zugehört, z. B . bei Hg(CN) 2 . 2 ) Die Gleichung (3) läßt ferner den T e m p e r a t u r e i n f l u ß auf die Hydrolyse erkennen, der z. B. bei der S. 85 und 87 zu besprechenden Acetatmethode eine wichtige Rolle spielt. Alle Dissoziationskonstanten wie i ? B a ä e , ^ W a s B e r usw. werden mit steigender Temperatur größer. Da aber K W a 8 8 e r mit der Temperatur sehr viel stärker ansteigt als alle anderen K-Werte, so folgt daraus, daß mit steigender Temperatur -^Hydrolyse größer, die Hydrolyse also verstärkt wird.

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keine vollständige Vereinigung zum Salz erhält; d. h. starke Basen werden durch schwache Säuren und starke Säuren werden durch schwache Basen n i c h t v o l l ständig neutralisiert. I m folgenden seien die Verhältnisse bei der Hydrolyse noch an einigen Beispielen von einem etwas anderen Standpunkt aus erläutert. Als Salz einerstarken Base mit einer schwachen Säure betrachten wir wiederum N a t r i u m c y a n i d . Beim Auflösen dissoziiert dieses praktisch vollständig in Na+- und CN~-Ionen. Diese Ionen sind also in sehr großer Zahl vorhanden. Nun sind außerdem infolge der Dissoziation des Wassers einige wenige H+- und OH~-Ionen in zunächst gleicher Anzahl in der Lösung. Da die CN~-Ionen als Anionen der s c h w a c h e n Blausäure (HCN) ein großes Bestreben haben, sich mit H+-Ionen zu vereinigen, bilden sie mit den H+-Ionen u n d i s s o z i i e r t e HCN-Molekeln. Dadurch wird aber das Gleichgewicht [H + ] • [ 0 H _ ] / [ H 2 0 ] = Ä H 0 gestört; es müssen sich also neue H+- und OH~-Ionen bilden. Die ersteren vereinigen sich wieder mit den. CN _ -Ionen zu undissoziierten HCN-Molekeln. Die OH _ -Ionen dagegen bleiben unverändert in der Lösung; denn Natriumhydroxyd ist ja eine starke Base, die in der Lösung praktisch vollkommen dissoziiert ist. Diese OH - Ionen sind es, die die alkalische Reaktion verursachen. Demnach kann man die Hydrolyse außer in der S. 77 gewählten Form auch als I o n e n g l e j c h u n g formulieren; sie lautet dann f ü r diesen Fall: CN~ + H 2 0 ^

HCN + OH".'

Bei der Betrachtung dieser Gleichung kann leicht ein Bedenken kommen: Blausäure sei zwar eine schwache Säure, sie sei aber immerhin merklich in Ionen dissoziiert; Wasser dagegen dissoziiere doch noch wesentlich weniger. Eserscheine demnach schwer verständlich, wieso die CN _ -Ionen den H 2 0-Molekeln H+-Ionen entreißen können. Die Erklärung ergibt sich aus dem Massenwirkungsgesetz. Beim Beginn des Hydrolysenvorgangs sind die CN _ -Ionen in großer Konzentration vorhanden, die OH _ -Ionen dagegen nur in äußerst geringer; HCN-Molekeln gibt es zunächst gar nicht. Diese wenigen OH - -Ionen können dem Bestreben der CN~-Ionen, sich mit H+-Ionen zu vereinigen, wenig Widerstand entgegensetzen. Mit der Bildung von HCN-Molekeln ist nun aber zwangsläufig eine Verminderung der H + -Ionen und damit eine Erhöhung der OH~Ionen-Konzentration verbunden. Infolgedessen wird der Widerstand der O H - Ionen gegen die weitere Vereinigung von H+- und CN _ -Ionen um so größer, je weiter die Hydrolyse fortschreitet. Dazu kommt noch, daß auch die gebildeten HCN-Molekeln der Bildung von neuen HCN-Molekeln entgegenwirken. Die Hydrolyse kommt daher bei dem „ H y d r o l y s e n g l e i c h g e w i c h t " zum Stillstand, das man bei der Darstellung als Ionengleichung f ü r diesen Fall zu formulieren hätte: [HCN] • [OH-] [CN-] • [H 2 0] Um ganz entsprechende Vorgänge handelt es sich, wenn das Salz einer schwachen base mit einer starken Säure, wie z. B. A l u m i n i u m c h l o r i d vorliegt. Hier fangen die Al 3+ -Ionen die OH _ -Ionen des Wassers ein, und es bilden sich undissoziierte A1(OH)3-Molekeln. Dadurch bekommt die Lösung einen Überschuß an H+-Ionen und reagiert sauer. Man könnte den Einwand erheben, daß die Bildung des Aluminiumhydroxyds sich durch das Auftreten eines Niederschlages bemerkbar machen müßte, weil diese Verbindung ja sehr schwer löslich sei; tatsächlich bleibe die Lösung aber klar. Dies liegt unter anderem daran, daß die Bildung der Base A1(0H) 3 in mehreren Stufen verläuft: 1. Al3+ + OH" = A1(0H) 2 + 2 2. A1(0H) ++ OH" = A1(0H)+ 3. A1(0H)+ + OH" = A1(0H) 3 .

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Von diesen tritt bei der Hydrolyse des Aluminiumchlorids nur die erste in nennenswertem Umfang ein. Unlöslich ist aber nur das nach 3. gebildete Al(OH) 3 . Außerdem spielen noch kolloidchemische (vgl. S. 136ff.) Erscheinungen eine wichtige Rolle; ferner haben komplexchemische (vgl. S. 95ff.) sowie Alterungsvorgänge (vgl. z. B. S. 138), auf die hier nicht eingegangen werden kann, einen gewissen Einfluß. Eine „ s t u f e n w e i s e " H y d r o l y s e , wie wir sie soeben kennenlernten, tritt stets auf, wenn eine mehrsäurige Base oder eine mehrbasische Säure beteiligt ist, weil diese stufenweise dissoziieren (vgl. S. 45); z. B. spielt bei der Hydrolyse der Soda, praktisch nur die e.-ste Stufe CO/- + H20 HC0 3 - + O H eine Rolle. Ganz ähnlich wie Aluminiumchlorid verhält sich E i s e n (III)- c h l o r i d , bei dem man diese Hydrolysenerscheinungen noch besonders schön an den Änderungen der Farbe erkennen kann. Während nämlich Fe 3+ -Ionen eine wäßrige Lösung gelb färben, besitzen die beschriebenen Produkte der teilweisen Hydrolyse eine dunklere, orangerote Farbe.

8. Man versetze eine wäßrige Eisen(III)-cMorid-Lösung mit verdünnter Salpetersäure und beachte die Aufhellung der Farbe, die als Folge der Zurückdrängung der Hydrolyse durch die H + -Ionen erfolgt. Bringt man schließlich das Salz einer schwachen Säure und einer schwachen Base mit Wasser zusammen, so treten die beiden oben geschilderten Vorgänge gleichzeitig ein: Die Anionen des Salzes fangen die H+-Ionen, die Kationen des Salzes die OH - -Ionen des Wassers fort. Daher führt in derartigen Fällen die Hydrolyse oft zu v o l l s t ä n d i g e r Z e r s e t z u n g des Salzes. So zerfällt z. B. Aluminiumsulfid mit Wasser praktisch vollständig nach der Gleichung: A12S3 + 6 H 2 0 = 2 Al(OH)3 + 3H 2 S . In diesem Falle wird das Fortschreiten der Hydrolyse noch besonders dadurch unterstützt, daß beide Reaktionsprodukte aus der Lösung entfernt werden, das Aluminiumhydroxyd, weil es ausfällt, der Schwefelwasserstoff, weil er als Gas entweicht. Y. Die Dissoziation des Wassers; der Wasserstoffionenexponent. Wie wir auf S. 78 gesehen haben, ist auch reines Wasser in sehr geringem Umfang in Ionen dissoziiert. Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt: [H+] • [ O H ] / [H 2 0] = Da in einem Liter Wasser von 1000 g Gewicht 1000/18 = 55,6 Mole 0. Wasser enthalten sind, beträgt in reinem Wasser die Konzentration der undissoziierten H 2 0-Molekeln 55,6 Mole/Litar. Da sich diese Konzentration nur unwesentlich ändert, wenn man statt reinen Wassers verdünnte wäßrige Lösungen betrachtet, so kann man sie für die meisten Betrachtungen als konstant annehmen. Also gilt: [H+] • [OH - ] = i f H 0 • [H 2 0] = Ka, wobei Ka als Produkt zweier konstanter Größen ebenfalls eine Konstante ist. Dieses I o n e n p r o d u k t des W a s s e r s [H+] • [OH - ] hat bei Zimmertemperatur einen Zahlenwert von etwa 10 -14 , wenn man die Konzentrationen wie üblich in Mol/Liter (bzw. GrammIon/Liter) mißt. Infolgedessen beträgt in reinem Wasser, in dem ja die Menge •der H+-Ionen gleich der der OH~-Ionen sein muß, die Konzentration dieser beiden Ionen je 10 -7 Gramm-Ionen/Liter; oder anders ausgedrückt: 1 g H+Ionen und 17 g OH - -Ionen sind in 107 Litern, das sind 10000 t Wasser enthalten. Diese Tatsache führt zu folgenden Überlegungen: Selbst bei der Neutralisation einer starken Säura mit einer starken Base werden die H+ und OH - -Ionen nicht r e s t l o s zu H 2 0-Molekeln vereinigt, sondern es bleibt stets ein kleiner Bruchteil übrig, nämlich so viel, daß [H+] • [OH - ] = 10 - 1 4 ist. Es sind also selbst in alkalischer Lösung neben sehr viel OH - -Ionen auch einige wenige H+Ionen und in saurer Lösung rnben dan H+-Ionen auch ganz wenige OH - -Ionen

Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen

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vorhanden. So ist in einer 1 normalen Lösung einer starken Säure, in der ja [H+] annähernd gleich 1 ist, [OH - ] = 10~14 und umgekehrt in einer 1 normalen starkenLauge [ H + ] = 10" 14 . Wegen dieser eindeutigen Verknüpfung der H+-Ionenund der OH - -Ionenkonzentration kann man sowohl alkalische als auch saure Lösungen durch eine dieser Größen allein charakterisieren. Man pflegt dazu die H+-Ionenkonzentration zu benutzen, und zwar nicht ihren Zahlenwert selbst, sondern dessen negativen dekadischen Logarithmus. Diese Größe p H = —log [H+] nennt man den Wasserstoffionenexponenten. Sein Wert beträgt also in neutraler Lösung 7, in 1 normaler Säure 0, in 1 normaler Lauge 14.

D. Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen I. Das Löslichkeitsprodukt. Für die Dissoziation eines Elektrolyten AB in seine Ionen gilt: [A+] • [R~]/[AB] = K oder [A+] • [ ¿ T ] = K • [. AB ]. Diese Gleichung haben wir bisher nur auf u n g e s ä t t i g t e Lösungen angewandt, bei denen also weniger von den betreffenden Stoffen gelöst ist, als der Löslichkeit entspricht. Die Gleichung muß aber auch dann noch ihre Gültigkeit behalten, wenn S ä t t i g u n g an dem festen Salz vorhanden ist. Auch in diesem Falle bedeutet [AB~\ die Konzentration der g e l ö s t e n undissoziierten Molekeln. Diese Konzentration hat nun aber in der gesättigten Lösung, in der nach S. 69 Gleichgewicht mit dem festen Bodenkörper vorhanden ist, für eine gegebene Temperatur einen ganz bestimmten Wert. Für g e s ä t t i g t e Lösungen gilt also: \AB~\ — const; darausfolgt: [A +] • — K • const = £ A B . Diese Gleichung, die nach dem eben Dargelegten nur für die g e s ä t t i g t e L ö s u n g gilt, besagt, daß das Ionenkonzentrationsprodukt eines Elektrolyten in seiner gesättigten Lösung einen konstanten Wert £ A B besitzt. Man bezeichnet Löslichkeitsprodukt ZrAB als das L ö s l i c h k e i t s p r o d u k t des Salzes AB. Das gibt demnach das Produkt der Ionenkonzentrationen in gesättigter Lösung an. Die Einzelwerte der Ionenkonzentrationen können dabei beliebige Werte annehmen; je größer aber die Konzentration einer Ionensorte ist, desto kleiner muß die der anderen sein. Das Löslichkeitsprodukt stellt demnach ein allgemeiner gültiges Maß für die Löslichkeit eines Salzes dar als der Wert seiner Löslichkeit in reinem Wasser. So gilt z. B. eine Angabe über die Menge Silberchlorid, die sich in Wasser löst, nur unter der Voraussetzung, daß die gesättigte Lösung gleich viel Ag+- und Cl _ -Ionen enthält. Beim analytischen Arbeiten wird dies aber kaum jemals der Fall sein, da man die Mengenverhältnisse nicht so genau einhalten kann und — wie das folgende zeigt — auch nicht einhalten will. Man wird vielmehr in der Regel mit einem geringen Ü b e r s c h u ß von Ag+- oder Cl _ -Ionen zu rechnen haben. Auch für diesen Fall macht das Löslichkeitsprodukt Aussagen. II. Löslichkeitsvertninderung durch gleichionige Zusätze. E s kommt oft darauf an, ein I o n a u s einer L ö s u n g m ö g l i c h s t w e i t g e h e n d zu e n t f e r n e n . Aus der eben angestellten Überlegung folgt, daß dieses Ziel am besten erreicht wird, wenn man d a s zur F ä l l u n g z u g e s e t z t e I o n im Ü b e r s c h u ß anw e n d e t . So werden z. B. Ba 2 +-Ionen bei der Fällung mit S0 4 2 ~-Ionen durch einen Überschuß der letzteren noch weitergehend entfernt, als sie durch den Zusatz der nur gerade äquivalenten Menge S0 4 2 _ -Ionen gefällt würden, wie man ohne weiteres dem Löslichkeitsprodukt des Bariumsulfats: [Ba^+J • [ S 0 4 2 ~ ] = L B a S 0 entnimmt. Allerdings wurde schon davor gewarnt, den Überschuß zu groß zu nehmen, weil dann andere Erscheinungen (Komplexbildung, vgl. S. 95f.) wieder erhöhend auf die Lösliehkeit einwirken können. Das O p t i m u m des Überschusses schwankt von Stoff zu Stoff in weiten Grenzen.

9. Die Herabsetzung der Löslichkeit von Kaliumchlorat auf Zusatz gleichioniger Stoffe zeigt folgender Versuch: B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 45.—47. Aufl.

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Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen

Man bereite eine bei Zimmertemperatur gesättigte KaliumchloratLösung, indem m a n eine Probe Kaliumchlorat in heißem Wasser löst u n d die Lösung unter U m s c h w e n k e n in dem Strahl der Wasserleitung auf etwa Zimmertemperatur abkühlen läßt; hierbei soll ein Teil des gelösten Kaliumchlorats auskristallisieren. N a c h einer Stunde filtriere m a n ab u n d versetze je eine Probe der Lösung mit einigen Tropfen Kaliumchlorid-, Kaliumnitrat-, Natriumchloratu n d Natriumchlorid-ljösimg. Die ersten drei Gemische trüben sich in etwa einer Minute, schneller beim U m schütteln u n d lassen Kaliumchlorat auskristallisieren. Die vierte Probe, zu der kein gleichioniger Zusatz gekommen ist, bleibt klar. Ganz ähnliche Überlegungen, wie wir sie soeben f ü r die Löslichkeit fester Stoffe, die in Lösung Ionen bilden, anstellten, gelten f ü r Lösungen von Gasen, die sich in Wasser unter Ionenbildung lösen. Säuert man z. B. eine N a t r i u m c a r b o n a t - L ö s u n g , die Na+- und CO s 2_ -Ionen und wegen der Hydrolyse auch etwas HC0 3 ~- und OH _ -Ionen enthält, mit einer starken S ä u r e an, d. h. geben wir reichlich H+-Ionen hinzu, so werden diese zum Teil von den C0 3 2 - - und HC0 3 ~-Ionen abgefangen unter Bildung von undissoziierter Kohlensäure H 2 C0 3 . Diese zerfällt sofort fast vollständig in Wasser und Kohlendioxyd, welch letzteres aber in Wasser nur mäßig löslich ist. War die benutzte Natriumcarbonat-Lösung nicht zu verdünnt, so entsteht beim Ansäuern Kohlendioxyd in höherer Konzentration, als der Löslichkeit bei Zimmertemperatur und Atmosphärendruck entspricht. Deshalb e n t w e i c h t K o h l e n d i o x y d aus der Lösung unter Aufbrausen. Ähnlich ist das Auflösen von manchen in Wasser schwer löslichen Stoffen, wie z. B. C a l c i u m c a r b o n a t , in Säuren zu verstehen. Wasser nimmt bei der Berührung mit dem Salz entsprechend dem Löslichkeitsprodukt [Ca 2 +]- [ C 0 3 2 - ] = _LCaC0 eine sehr geringe Menge Ca2+- und C 0 3 2 - -Ionen auf. Gibt man eine starke Säure, d. h. viel H+-Ionen, hinzu, so werden zunächst HC0 3 _ -Ionen gebildet und die C0 3 2 ~-Ionen-Konzentration wiid dadurch vermindert. Dadurch kann neues Calciumcarbonat in Lösung gehen, die neu gelösten C0 3 2 ~-Ionen vereinigen sich wieder mit H+-Ionen unter Bildung von HC0 3 ~-Ionen und weiterhin von H 2 0 und C0 2 , und so geht der Prozeß weiter, bis die Lösung an K o h l e n d i o x y d g a s übersättigt ist und dieses e n t w e i c h t . Infolgedessen löst sich Calciumcarbonat bei Säureüberschuß vollständig. Ist nicht genügend Säure vorhanden, so geht die Auflösung nur so lange weiter, bis die H+-Ionenkonzentration auf einen Wert abgesunken ist, der durch die erwähnten Gleichgewichte festgelegt ist. Man hat so übrigens eine weitere Möglichkeit, die H+-Ionenkonzentration einer sauren Lösung bis auf einen bestimmten Wert abzusenken, zu „puffern". Die entsprechende Pufferung mit Bariumcarbonat verwendet man in der analytischen Chemie, weil die dabei entstehende OH~-Ionenkonzentration gerade ausreicht zur Fällung der Hydroxyde der dreiwertigen Elemente Eisen, Aluminium und Chrom, deren Löslichkeitsprodukte äußerst klein sind, während die etwas leichter löslichen Hydroxyde der zweiwertigen Elemente Zink, Kobalt, Nickel, Mangan, Calcium, Magnesium usw. nicht gefällt werden ( „ B a r i u m c a r b o n a t m e t h o d e " , vgl. S. 87). Fällungen mit Ammoniak. Ein im vorigen Kapitel beschriebenes Gleichgewicht in homogener wäßriger Lösung hat indirekt auch große Bedeutung f ü r gewisse Fällungen. Es war S. 75/76 gezeigt worden, daß die Gegenwart von A m m o n i u m s a l z e n s t a r k e r S ä u r e n das Gleichgewicht einer A m m o n i a k - L ö s u n g beeinflußt und die O H - - I o n e n k o n z e n t r a t i o n e r n i e d r i g t . Die OH~-Ionenkonzentration von ammoniumsalzfreier Ammoniak-Lösung reicht aus, um z. B. mit Mg 2 +-Ionen das Löslichkeitsprodukt des M a g n e s i u m h y d r o x y d s zu überschreiten, diejenige von ammoniumsalzhaltiger Ammoniak-Lösung aber erzeugt

Ursachen für den Eintritt von Reaktionen

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keine Fällung mehr. Aber auch aus Magnesiumsalz-Lösungen, die ursprünglich frei von Ammonium-Salzen waren, ist die Fällung von Magnesiumhydroxyd unvollständig. Denn bei der Umsetzung etwa von Magnesiumchlorid mit Ammoniak bildet sich ja nach MgCl2 + 2 N H 3 + 2 H 2 0 = Mg(OH)2 + 2NH 4 C1 Ammoniumchlorid, das in der geschilderten Weise die OH~-Ionenkonzentration herabsetzt. — Ebenso wie das Mg 2 +-Ion verhalten sich eine Reihe anderer z w e i wertiger Ionen, z. B. Mn 2 + . Die Hydroxyde dreiwertiger Elemente haben dagegen durchweg ein so kleines Löslichkeitsprodukt (vgl. den vorigen Absatz), daß auch die sehr geringe OH _ -Ionenkonzentration ammoniumsalzhaltiger Ammoniak-Lösungen genügt, um sie aus ihren Salz-Lösungen auszufällen. 10. Man versetze Proben v o n Magnesiumchlorid-, Mangansulfat Zinkchlorid-, Eisen(III)-chloridu n d Aluminiumchlorid-hösungen tropfenweise mit verdünnter Ammoniak-Lösung. I n allen Fällen tritt eine F ä l l u n g auf 1 ). Versetzt m a n die gleichen Salz-Lösungen mit AmmoniakLösung, die m a n reichlich mit Ammoniumchlorid versetzt hat, so bleibt die Fällung bei den z w e i w e r t i g e n Metallen aus, während sie bei den d r e i w e r t i g e n nicht verhindert wird. E. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen Die Frage, warum gewisse Stoffe beim Zusammenbringen miteinander reagieren, andere wiederum nicht, mit anderen Worten die Frage nach der Verwandtschaft oder Affinität der Stoffe zueinander, können wir hier nicht allgemein beantworten. Aber einige Beobachtungen, die wir in dieser Hinsicht in den voraufgehenden Versuchen bereits gelegentlich gemacht haben, seien hier kurz zusammengestellt. I. Bringen wir zwei wäßrige Elektrolyt-Lösungen zusammen, so wird vielfach gar nichts geschehen, z. B. bei der Vereinigung der Lösungen von Natriumchlorid und Kaliumjodid, von Magnesiumsulfat und Kaliumchlorid, von Natriumchlorid und verdünnter Schwefelsäure usw. Reaktion tritt ein, wenn zwei oder mehrere der zusammengebrachten gelösten Ionen a) einen w e n i g d i s s o z i i e r t e n Stoff bilden; z . B . : H+ + N 0 3 - + Na+ + OH" = H 2 0 + Na+ + N ( V H+ + C r + Na+ + CH 3 C0 2 - = CH 3 C0 2 H + Na+ + Cl". Als Sonderfall kann der wenig dissoziierte Stoff — entweder selbst oder seine Zerfallsprodukte — als Gas aus der Lösung entweichen, z. B.: 2NH 4 + + S 2 ~ + 2H+ + 2 Cl" = 2NH 4 + + 2C1 - + H 2 S-Gas 2Na+ + C 0 3 2 - + 2H+ + 2 C T = 2Na+ + 2C1 - + H 2 C0 3 H 2 C0 3 = H 2 0 + C0 2 -Gas b) einen Stoff mit einem k l e i n e n L ö s l i c h k e i t s p r o d u k t ergeben z. B.: Ag+ + N 0 3 - + Na+ + C r = AgCl + Na+ + NO s ". Kommenmehrere Vorgängenach a)oder b) in Frage, so b i l d e t s i c h d e r a m w e n i g s t e n d i s s o z i i e r t e bzw. d e r a m s c h w e r s t e n l ö s l i c h e S t o f f . Der Zinkhydroxyd-Niederschlag löst sich bei Zugabe eines Ü b e r s c h u s s e s von Ammoniak-Lösung wieder auf; auf die Ursache dieser Erscheinung, die mit der vorliegenden Betrachtung nichts zu tun hat, kommen wir später zurück (vgl. S. 106). 6*

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Aluminium

II. Bei Abwesenheit von Wasser spielen andere Dinge eine Rolle. E s können dann auch Reaktionen eintreten, die bei Gegenwart von Wasser nicht erfolgen und umgekehrt. Aus der großen Fülle verschiedener Erscheinungen sei nur eine herausgegriffen. Während verdünnte wäßrige Lösungen von Natriumchlorid und Schwefelsäure nicht miteinander reagieren, wirkt k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure auf f e s t e s Kochsalz bereits in der Kälte ein nach: NaCl + H 2 S 0 4 = N a H S 0 4 + H C l . Diese Reaktion tritt ein, weil sich im Gleichgewicht mehr Chlorwasserstoff bildet, als der geringen Löslichkeit dieses l e i c h t f l ü c h t i g e n Stoffes in konz. Schwefelsäure entspricht. Infolgedessen entweicht das Chlorwasserstoffgas, und durch diese Störung des Gleichgewichts tritt weiterer Umsatz ein, bis die Reaktion praktisch vollständig im Sinne der obigen Gleichung abgelaufen ist. Erhöht man die Temperatur, so nimmt die Löslichkeit des Chlorwasserstoffs noch weiter ab; es ist dann sogar die nach der Gleichung N a H S 0 4 + NaCl = N a 2 S 0 4 + HCl im Gleichgewicht gebildete sehr geringe Menge Chlorwasserstoff größer, als der Löslichkeit entspricht. Auch hier tritt durch das Entweichen des HCl-Gases eine dauernde Störung des Gleichgewichts ein; die Reaktion verläuft praktisch vollständig von links nach rechts. Es wäre ganz verfehlt, aus diesem Versuch etwa ableiten zu wollen, daß Schwefelsäure eine stärkere Säure sei als Salzsäure; denn der Begriff „stark" bezieht sich ja auf die Dissoziation in w ä ß r i g e r L ö s u n g . Tatsächlich ist die Dissoziation der Schwefelsäure nach H 2 S 0 4 = H+ + H S 0 4 ~ sogar eine Kleinigkeit geringer, die nach H S 0 4 ~ = H+ + S 0 4 2 - sogar erheblich kleiner als die der Salzsäure. Das Entscheidende ist vielmehr die geringe Löslichkeit des leichtflüchtigen Chlorwasserstoffs in dem wasserfreien System. J e d e s c h w a c h e S ä u r e (bzw. ihr Anhydrid) k a n n b e i m E r h i t z e n eine s t a r k e S ä u r e (bzw. ihr Anhydrid) a u s i h r e n S a l z e n a u s t r e i b e n , wenn nur die l e t z t e r e in a u s r e i c h e n d e m Maß l e i c h t e r f l ü c h t i g ist. Z. B. reagiert bei hohen Temperaturen das Anhydrid der sehr schwachen Kieselsäure mit Gips unter Austreiben von S 0 3 , das bei diesen Temperaturen allerdings sofort in S 0 2 und 0 2 dissoziiert: 2 Si0 2 + 2 CaS0 4 = 2CaSi0 3 + 2 S 0 2 + 0 2 . III. Bei den Fällen I und I I behielten die einzelnen Atome ihre Elektrovalenzzahlen; das ist aber, wie wir S. 31 ff. gesehen haben, sehr oft nicht der Fall. Kommen Stoffe zusammen, die verschieden große Verwandtschaft zur (positiven oder negativen) elektrischen Ladung haben, so kann ein Ladungsaustausch, d. h. eine Oxydations-Reduktions-Reaktion eintreten, z. B. 2 J _ + Cl2 = 2C1- + J 2 (vgl. dazu den Abschnitt „Elektroaffinität"). Auch in diesem Falle kann der Ablauf der Reaktionen stark dadurch beeinflußt werden, daß durch Ausscheidung eines Stoffes das Gleichgewicht gestört wird.

Aluminium Von den Elementen der dritten Gruppe des Perioden-Systems gehört B o r zu den Nichtmetallen; sein Oxvd bildet mit Wasser Säuren. Wir besprechen diese an späterer Stelle (S. 169/170). Von den übrigen Elementen dieser Gruppe ist A l u m i n i u m das bei weitem wichtigste. Es ist ein silberweißes Metall, das bei 660° schmilzt. Es ist sehr unedel, setzt sich aber doch mit Wasser nicht in nennenswertem Umfang um, da es sich oberflächlich mit einer Oxydschicht bedeckt, die man heute bei Gebrauchsgegenständen oft noch künstlich verstärkt.

Aluminium

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Da das Oxyd eine festhaftende, nahezu porenfreie Haut bildet und außerdem in Wasser unlöslich ist, schützt es das Metall vor weiteren Einwirkungen. Gegen Reagentien, die Aluminiumoxyd 1 ) lösen, wie Säuren und Basen (vgl. dazu unten), schützt die Haut natürlich nicht mehr. Aluminiummetall löst sich daher unter Wasserstoffentwicklung sowohl in Säuren als auch in Basen, ja sogar in Sodalösung, die ja infolge von Hydrolyse alkalisch reagiert. Alumtniumhydroxyd hat weder ausgesprochen sauren noch basischen Charakter. S c h w a c h e n Basen und Säuren gegenüber ist es völlig i n d i f f e r e n t . S t a r k e n S ä u r e n gegenüber reagiert es so, als ob es eine schwache B a s e wäre; es löst sich z. B. in Salzsäure nach der Gleichung: Al(OH) 3 + 3 HCl = AICI3 + 3H a O . Aber auch in s t a r k e n L a u g e n löst es sich unter Bildung von Salzen, die man Aluminate nennt („Hydroxo"-Verbindungen, näheres s. S. 89/90): bzw.

Al(OH) 3 + NaOH = Na[Al(OH) 4 ]

Al(OH) 3 + 3 NaOH = Na 3 [Al(OH)„] . Wenn auch diese Reaktion mit Lauge äußerlich nicht ganz den normalen Neutralisationsreaktionen entspricht, so ist sie ihnen doch ihrem inneren Wesen nach analog; man kann daher sagen, daß Al(OH) 3 starken Basen gegenüber als Säure reagiert. Hydroxyde wie Al(OH) 3 bezeichnet man als ,,amphoter"( = zweiseitig), weil sie je nach dem Charakter des Gegenpartners als Base o d e r Säure reagieren können; vgl. S. 89/90. Dem äußerst schwachen Basencharakter des Aluminiumhydroxyds entspricht es, daß Salze wie Aluminiumchlorid A1C13, Aluminiumsulfat A12(S04)3 usw. in Lösung s t a r k h y d r o l y s i e r t sind und sauer reagieren. Aluminiumsalze schwacher Säuren hydrolysieren noch stärker. Kocht man z. B. eine A l u m i n i u m a c e t a t Lösung, so fällt das gesamte Aluminium als Hydroxyd und als ebenfalls schwer lösliches basisches Acetat (als Produkt der stufenweisen Hydrolyse, vgl. S. 79/80) aus. Beim Abkühlen löst sich durch Rückgang der Hydrolyse ein Teil des Niederschlags wieder auf. Nach S. 78, Anm. 2 rührt dies daher, daß die Dissoziation des Wassers H 2 0 = H+ + O H - mit fallender Temperatur sehr stark abnimmt; so kommt es, daß nur nahe der Siedetemperatur des Wassers die OH - -Ionenkonzentration| zur vollständigen Hydrolyse des Aluminiumacetats ausreicht. Auch Lösungen beliebiger Salze des Aluminiums lassen sich so fällen, wenn man sie reichlich mit N a t r i u m a c e t a t versetzt. Enthielt die Lösung freie Säure, so reicht das Pufferungsvermögen der Acetationen (vgl. S. 76) allerdings nicht zu einer genügenden Erniedrigung der H+-Ionenkonzentration aus; man muß dann die Lösung vor dem Natriumacetat-Zusatz neutralisieren, z. B. mit Soda. I n gleicher Weise läßt sich auch dreiwertiges Eisen ausfällen, während die Acetate der stärker basischen zweiwertigen Elemente Mangan, Kobalt, Nickel, Zink usw. nicht bis zur Fällung des Hydroxyds hydrolysiert werden. Man benutzt dieses Verfahren bei der Analyse zur Trennung von zwei- und dreiwertigen Elementen (Acetatmethode). Die Aluminiumsalze, die das Aluminium als Kation enthalten, stellen ein schönes Beispiel f ü r die Tatsache dar, daß die Hydrolyse mit zunehmender Schwäche der Säure zunimmt. So reagiert eine Aluminiumchlorid-Lösung zwar stark sauer, ist aber selbst durch Kochen nicht fällbar; Aluminiumacetat-Lösung wird beim Kochen vollständig hydrolysiert. Das nur auf trocknem Wege darstellbare Aluminiumsulfid A12S3 wird durch Wasser schon bei Raumtemperatur *) Bei diesem Oberflächenoxyd handelt es sich nicht um das stabile, sehr reaktionsträge a-Oxyd (Korund), sondern um ein instabiles, reaktionsfähigeres Oxyd, das sogenannte y-Oxyd. Seine Umsetzungen entsprechen weitgehend denen des Hydroxyds Al(OH) 3 , von dem auch mehrere Modifikationen (Hydrargilüt und Bayerit) bekannt sind. Außerdem existieren Formen der Zusammensetzung AIO(OH) (Böhmit und Diaspor).

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Aluminium

völlig hydrolytisch gespalten (vgl. auch S. 80), während schließlich ein Aluminiumsalz der noch schwächeren Kohlensäure überhaupt nicht mehr darstell barist. Da A1(0H)3 auch als Säure nur schwach ist, sind die Lösungen der Aluminate ebenfalls stark hydrolysiert und reagieren stark basisch. Setzt man einer solchen Lösung A m m o n i u m c h l o r i d zu, so werden unter Abstumpfung der basischen Reaktion (vgl. S. 76) die durch die Hydrolyse entstehenden OHT-Ionen immer wieder abgefangen, bis die Hydrolyse vollständig und das Aluminium quantitativ als Hydroxyd ausgefällt ist. Das gleiche Ziel erreicht man auch durch Herabsetzung der OH~-Ionenkonzentration mittels Zugabe einer sehr schwachen Säure, die noch nicht imstande ist, durch ihre Säureeigenschaften das Al(OH)3 als Base wieder aufzulösen, wie z. B. Kohlensäure: Na3[Al(OH)„] + 3CO a = 3 N a H C 0 3 + Al(OH) 3 . Durch Erhitzen von Aluminiumhydroxyd bzw. durch Oxydation von Aluminiummetall entsteht Aluminiumoxyd. Beim Erhitzen auf hohe Temperaturen ( > 1000°) bildet sich die S. 85, Anm. 1 schon erwähnte stabile a-Form des A1 2 0 3 , der Korund, der weder in Säuren noch in Basen löslich ist; er muß vielmehr durch Schmelzen mit Kaliumpyrosulfat oder alkalischen Stoffen a u f g e s c h l o s s e n werden (vgl. dazu S. 131). 1. Ein Stückchen Aluminiummetall werde mit Natronlauge erwärmt; es löst sich unter Wasserstoffentwicklung, wobei sich A l u m i n a t bildet. 2 AI + 2NaOH + 6 H 2 0 = 2Na[Al(OH) 4 ] + 3 H 2 . Ganz ähnlich verhält sich Aluminium gegen Hg ± 0 + Hg 2 + , vgl. S. 36), z. B. unter der Einwirkung von Ammoniak. Dieses bildet z . B . mit Quecksilber (I)-cMorid zunächst Q u e c k s i l b e r (I)a m i d o c h l o r i d (etwa Hg2NH2Cl), das dann bei längerer Einwirkung von Ammoniak in Q u e c k s i l b e r und Q u e c k s i l b e r ( I I ) - a m i d o chlorid zerfällt. Die Gesamtgleichung lautet demnach Hg2Cl2 + 2 NH 3 = Hg + Hg(NH 2 )Cl + NH 4 C1.

Man führe den Versuch aus. Der Niederschlag sieht schwarz aus, da das fein verteilte Quecksilber den Präzipitatniederschlag dunkel färbt. Nach dieser Reaktion bezeichnet man das Quecksilber(I)-chlorid auch als „ K a l o m e l " (schön schwarz). 21. Natriumjoelid: Wird wenig Natriumjodid-Lösung zu Quecksilber(I)nitrat-Lösung gesetzt, so fällt ein dunkelgrüngelber Niederschlag von Q u e c k s i l b e r ( I ) - j o d i d . Beim Erwärmen der Mischung geht das Queck,silber(I)-jodid in ein Gemisch von rotem Quecksilber(II)-jodid und feinst verteiltem grauem Quecksilber über. Auf Zusatz eines Natriumjodidüberschusses löst sich das Quecksilber(II)-jodid, so daß die Fällung rein grau erscheint. Hg 2 (N0 3 ) 2 + 2 N a J = Hg 2 J 2 + 2NaNO,'3 Hg 2 J 2 = Hg J 2 + H g .

22. Natronlauge und Schwefelwasserstoff geben dunkel gefärbte Niederschläge, die aus Quecksilbermetall und Quecksilber(II)-oxyd bzw. -sulfid bestehen.

Von den Elementen der g r o ß e n Perioden des'Perioden-Systems (vgl. Tafel I .am Ende des Buches) schließen sich sowohl die ersten (d. h. die Gruppen I a , I I a usw.) als auch die letzten (d. h. die Gruppen V l l b , V I b usw.) in ihrem chemischen Verhalten eng an die Elemente der entsprechenden Gruppen in den beiden ersten k l e i n e n Perioden an. Die mittleren Elemente der großen Perioden hingegen nehmen eine gewisse Sonderstellung ein; man nennt sie Übergangselemente. Von •diesen behandeln wir an dieser Stelle ausführlicher von der ersten jener Reihen die Eisengruppe (Eisen, Kobalt, Nickel) sowie Chrom und Mangan. Die Gruppen I b und I I b haben wir bereits besprochen. Über weitere wichtige Übergangselemente findet man einige Angaben auf S. 173 ff. Die Elemente dieser Reihen sind •dadurch ausgezeichnet, daß sie fast durchweg Verbindungen mehrerer Wertigkeitsstufen bilden; in vielen Fällen ist dabei die Maximalwertigkeit kleiner, als es der Gruppenzahl entspricht. Infolge dieses Auftretens mehrerer Wertigkeitsstufen ist die Chemie dieser Elemente oft verwickelt. Für eine erste Übersicht ist •die Regel nützlich, daß das chemische Verhalten (Basen- bzw. Säurecharakter, Löslichkeit usw.; vgl. auch S. 83f. u. 91) in erster Linie von der Wertigkeit bestimmt wird. So zeigen alle zweiwertigen Verbindungen dieser Elemente Ähnlichkeit mit den Verbindungen des Magnesiums und noch mehr mit denen des zweiwertigen Kupfers. Die dreiwertigen ähneln vielfach den Aluminium Verbindungen. Die Chromate mit sechswertigem Chrom sind den Sulfaten ähnlich usw. Dadurch ist es verhältnismäßig leicht, ein übersichtliches Bild über die Eigenschaft e n der verschiedenen Verbindungen zu erhalten. Für das chemische Verhalten

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Eisengruppe — Eisen

dieser Elemente ist ferner charakteristisch, daß der Übergang von einer Wertigkeitsstufe in eine andere oft sehr leicht erfolgt; infolgedessen ist mit der Möglichkeit von Disproportionierungen (vgl. S. 36) bzw. Oxydations-Reduktions-Reaktionen zu rechnen. Einzelne Verbindungen, z. B. die Chromate und Permanganate, sind starke, viel benutzte Oxydationsmittel. Schließlich ist darauf hinzuweisen, d a ß die Mehrzahl der in diesem Abschnitt zu behandelnden Verbindungen im Gegensatz zu den meisten der bisher besprochenen/arfet^ ist. Dabei tritt die schon S. 30 hervorgehobene Erscheinung sehr deutlich auf, daß die w a s s e r f r e i e n Salze oft eine andere Farbe besitzen als die Hydrate bzw. die wäßrigen Lösungen: | FeCl 2 FeBr 2 wasserfrei Hydrat bzw. wäßrige Lösung

farblos

F e J 2 | CoCl2 CoBr2

gelbschwarz blau lich

CoJ a

NiCl 2 1 NiBr 2

grün schwarz gelb

bläulich bis grünlich

rosa

NiJ 2

gelb schwarz

apfelgrün

Eisengruppe Die Elemente Eisen, Kobalt und Nickel widersprechen den Regelmäßigkeiten des Perioden-Systems insofern, als das Atomgewicht des Kobalts größer ist als das des Nickels (vgl. die Tafel I am Ende des Buches). Über die Wertigkeitsverhältnisse unterrichtet die nachstehende Tabelle, in der die unbeständigen Verbindungen des sechswertigen Eisens, wie z. B. B a F e 0 4 , sowie einige andere Wertigkeitsstufen, die in Komplexverbindungen bzw. in fe3ten wasserfreien Verbindungen gelegentlich, auftreten, nicht berücksichtigt sind:

Eisen Kobalt Nickel

Wichtigste Wertigkeitsstufen

Beständigste Stufe in einfachen Verbindungen

Beständigste Stufe in Komplexverbindungen

zwei und drei zwei und drei zwei1)

drei zwei zwei

zwei drei zwei

Eisen Das Eisen ist ein grauweißes Metall. Technisch unterscheidet man einerseits kohlenstoffreiches Eisen (mehr als 1,7% Kohlenstoff): „ R o h e i s e n " , „ G u ß e i s e n " und andererseits kohlenstoffarmes Eisen (weniger als 1,7% Kohlenstoff): „ S t a h l " , bei ganz geringen Kohlenstoffgehalten „ S c h m i e d e e i s e n " . Außerdem enthält das Roheisen nicht unerhebliche Mengen von Si und Mn sowie meist von S und P ; beim Stahl sind Si, S und P nur in Spuren vorhanden. Roheisen schmilzt bei 1100 bis 1200°, Stahl und Schmiedeeisen — je nach Kohlenstoffgehalt — höher. Der Schmelzpunkt des reinen Eisens liegt bei 1530°. An trockner Luft hält sich das Eisen bei Raumtemperatur beliebig lange; in Gegenwart von Feuchtigkeit wird es durch Luft allmählich zu wasserhaltigem Eisen(III)-oxyd Fe 2 0 3 („Rost") oxydiert. Da diese Rostschichten porös sind, können sie — im Gegensatz zum Aluminium — das Eisen vor weiteren Angriffen nicht schützen. Man muß daher das Metall mit Anstrichen von Ölfarben usw. J

) Dazu noch höhere Wertigkeitsstufen in wasserhaltigen Oxyden.

B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 45.—47. Aufl.

8

114

Eisen

versehen. Auch kann man es durch Glühen und geeignete Behandlung („Brünieren", z. B. bei Gewehrläufen) mit einer dichten glatten schwarzen Schicht von Oxyden überziehen, die es vor weiterer Oxydation schützt. Mit reinem Sauerstoff setzt sich Eisen nach Einleitung der Reaktion durch Erhitzen energisch um („autogenes Schneiden"); desgl. mit Schwefel. Die Verbindungen der zweiwertigen Stufe (früher als Ferroverbindungen bezeichnet) sind in wäßriger Lösung bläulich-grünlich, die der dreiwertigen Stufe (Fernverbindungen) infolge teilweiser Hydrolyse (vgl. S. 80, 133) meist gelbbraun. Das Verhalten der letzteren unterscheidet- sich von dem der AluminiumVerbindungen vor allem dadurch, daß Eisen(III)-hydroxyd sich nicht in Natronlauge löst. Verbindungen, die zwei- u n d d r e i w e r t i g e s E i s e n , d. h. also zwei verschiedene Wertigkeitsstufen, g l e i c h z e i t i g enthalten (Magnetit FeO • F e 2 0 3 und das S. 118 zu besprechende Berliner Blau), zeichnen sich durch i n t e n s i v e F a r b e n aus; es entspricht dies einer allgemeinen Gesetzmäßigkeit.

1. Etwas Eisensalz färbt die Phosphorsalzperle in der Oxydationsflamme gelb. Beim Abkühlen blaßt die Farbe ab; falls nur wenig Eisensalz genommen wurde, verschwindet sie ganz. 2. Etwa 1 g Eisenspäne werde in nicht zuviel verdünnter Salzsäure, der etwas konzentrierte Salzsäure zugesetzt ist, gelöst (Abzug). E s entweicht Wasserstoffgas, das durch eine kleine Beimengung übelriechender anderer Gase verunreinigt ist. Im Kölbchen bleibt eine grüne Lösung von E i s e n ( I I ) - c h l o r i d FeCl 2 , die vom Ungelösten abfiltriert werde. Fe + 2 HCl = H 2 + FeCl,.

Eisen(II)-salxe. Ein Teil dieser Lösung werde zu den folgenden Umsetzungen der Eisen(II)-verbindungen benutzt, die sofort auszuführen sind, da sich die Eisen(II)-chlorid-Lösung an der Luft schnell oxydiert. Der Rest der Lösung werde für spätere Versuche zurückgestellt. 3. Natronlauge fällt grünlich-weißes flockiges E i s e n ( I I ) - h y d r o x y d . FeCl 2 + 2NaOH = Fe(OH) 2 + 2NaCl.

Der Niederschlag wird beim Umschütteln dunkelgrün, dann dunkelgrau und schließlich von oben her rotbraun: er wird durch den Luftsauerstoff zu E i s e n ( I I I ) - h y d r o x y d oxydiert. Ganz reines Eisen(II)-hydroxyd sieht weiß aus. 4Fe(OH) 2 + 0 2 + 2 H 2 0 = 4Fe(OH) 3 .

4. Ammoniak fällt ebenfalls E i s e n ( I I ) - h y d r o x y d . Die Fällung ist unvollständig. Sind in der Lösung reichlich Ammoniumsalze vorhanden, so unterbleibt die Fällung (vgl. S. 83). 5. Natriumperoxyd: Setzt man zu einer Eisen(II)-salz-Lösung eine frisch und ohne Erwärmung bereitete Lösung von Natriumperoxyd, so fällt sofort ein dichter flockiger Niederschlag von rotbraunem E i s e n ( I I I ) h y d r o x y d aus. 6. Natriumkarbonat fällt weißes E i s e n ( I I ) - c a r b o n a t . FeCl 2 + Na 2 C0 3 = FeC0 3 + 2NaCl.

Eisen

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Unter dem Einfluß des Luftsauerstoffs wird der Niederschlag bald oxydiert, er geht schließlich in Eisen(III)-hydroxyd über, weil Eisen(III)carbonat als Salz einer schwachen Base und einer schwachen Säure hydrolytisch vollständig zerfällt. 7. Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung nichts. Auch aus neutraler Lösung scheidet sich nur ein sehr geringer Niederschlag des s c h w a r z e n E i s e n ( I I ) - s u l f i d e s FeS ab, da die bei der Ausfällung des Sulfides frei werdende Säure die weitere Ausfällung hindert. FeCl2 + H 2 S = FeS + 2 HCl.

Wesentlich weiter geht die Abscheidung des Sulfides bei Anwesenheit von viel Natriumacetat. Vollständig ist die Fällung jedoch nur in alkalischer Lösung. 8. Ammoniumsulfid fällt schwarzes E i s e n ( I I ) - s u l f i d . H a t man g e l b e s Ammoniumpolysulfid im Überschuß zugesetzt, so nimmt die Lösung meist eine grüne Farbe an. Diese rührt davon her, daß ein Teil des Eisen(II)-sulfids zunächst in kolloider Form (vgl. S. 136f.) gelöst bleibt. Beim Filtrieren erhält man ein klares grünes Filtrat; läßt man es stehen, so fällt nach einiger Zeit weiteres Eisen(II)-sulfid in schwarzen Flocken aus. Feuchtes Eisen(II)-sulfid oxydiert sich an der Luft leicht zu basischem Eisen(III)-sulfat und verhält sich dann beim Auswaschen entsprechend, wie es beim Kupfersulfid beschrieben ist (vgl. S. 101, Nr. 5). 9. Natriumphosphat: Zu einer Probe Eisen(II)-chlorid-Lösung setze man reichlich Ammoniumchlorid-Lösung, mache ammoniahalisch und füge Natriumphosphat-Lösimg hinzu; es fällt E i s e n ( I I ) - a m m o n i u m p h o s p h a t aus. FeCl2 + Na„HP0 4 + N H 3 = Fe(NH 4 )P0 4 + 2NaCl.

Eisen(III)-salze. 10. Um zum Eisen(III)-salz zu oxydieren, setze man zu der Eisen(II)-chlorid-Lösung etwas konzentrierte Salpetersäure und erwärme. Die Lösung wird erst dunkel und hellt sich dann plötzlich zu einer gelben Flüssigkeit auf. Dies ist so zu erklären, daß die Salpetersäure durch das Eisen(II)-Salz zu Stickstoffoxyd reduziert wird: 3 FeCl2 + H N 0 3 + 3 HCl = 3FeCI3 + NO + 2 H 2 0 . Dieses Stickstoffoxyd gibt zunächst mit noch vorhandenem Eisen(II)-chlorid eine der schon S. 38 besprochenen analoge dunkle Anlagerungsverbindung. Sobald alles Eisen(II)-chlorid zum Eisen(III)-chlorid oxydiert ist, verschwindet auch die dunkle Farbe. Die Oxydation einer Eisen(II)-salz- zur Eisen(III)-salz-Lösung kann man auch mit anderen Oxydationsmitteln durchführen, so z. B. mit Chlor- oder Bromwasser oder auch mit Wasserstoffperoxyd.

Mit der erhaltenen Eisen ( I I I ) -sofe-Lösung führe man die nachstehenden Umsetzungen aus: 8*

116

Eisen

11. Natronlauge oder Ammoniak fällen flockiges braunrotes Eisen(III)hydroxyd. FeCls + 3NaOH = Fe(OH)3 + 3NaCl. Die Fällung ist in beiden Fällen q u a n t i t a t i v und c h a r a k t e r i s t i s c h . Durch Ammoniumsalze starker Säuren wird sie n i c h t verhindert. 12. Natriumcarbonat: Es entsteht ein Niederschlag von E i s e n ( I I I ) hydroxyd. 2FeCl3 + 3Na2C03 + 3H 2 0 = 2Fe(OH)3 + 3C0 a + 6NaCl. 13. Eine i?an?mcar£>owai-Aufschlämmung fällt, wie S. 82 besprochen, aus Eisen(III)-salz-Lösungen das Eisen als E i s e n ( I I I ) - h y d r o x y d . 14. Natriumacetat: Schon S. 85 wurde erwähnt, daß man — ebenso wie bei Aluminium — auch das Eisen durch Kochen einer reichlich mit Natriumacetat versetzten Eisen(III)-salz-Lösung quantitativ als Eisen(III)-hydroxyd bzw. basisches Eisenacetat abscheiden kann. Man führe den Versuch durch, indem man die Eisen(III)-chlorid-Lösung zunächst mit $oda-Lösung annähernd neutralisiert, reichlich Natriumacetat zugibt (die dabei auftretende Rotfärbung rührt von kompliziert zusammengesetzten Komplexen her), stark verdünnt und kocht. 15. Natriumphosphat gibt einen gelblich-weißen Niederschlag von E i s e n ( I I I ) - p h o s p h a t F e P 0 4 , der in Mineralsäuren löslich (vgl. dazu aber S. 119), in Essigsäure unlöslich ist. Man gebe daher vor der Fällung etwas Natriumacetat zur Lösung, um die Mineralsäure abzustumpfen. Sind bei der vorher beschriebenen Natriumacetatfällung PhosphatIonen in der Lösung vorhanden, so gehen sie als Eisen(III)-phosphat in den Niederschlag, und zwar vollständig, wenn die Menge der EisenIonen die der Phosphat-Ionen überwiegt. Entsprechendes gilt für die Ammoniakfällung, weil Eisen(III)-phosphat auch in Ammoniak-Lösung unlöslich ist. 16. Schwefelwasserstoff macht unter Reduktion des Eisen(III)-salzes zum Eisen(II)-salz S c h w e f e l frei, der in der Lösung zunächst als weiße Trübung schweben bleibt, ohne sich abzusetzen. 2 FeCl3 + H2S = 2 FeCl2 + S + 2 HCl. (Man formuliere die entsprechende Ionengleichung!) 17. Ammoniumsulfid erzeugt einen schwarzen Niederschlag von E i s e n ( I I ) - s u l f i d und Schwefel, der je nach den Fällungsbedingungen mehr oder weniger große Mengen des instabilen Eisen(III)-sulfids Fe 2 S 3 enthält. 2 FeCl3 + 3(NH4)2S = 2FeS + S + 6NH4C1. 18. Kaliumrhodanid färbt die saure Eisen(III)-salz-Lösung unter Bildung von wenig dissoziiertem, wahrscheinlich dimolekularem E i s e n ( I l l ) - r h o d a n i d intensiv rot. 2 FeCl3 + 6KSCN = [Fe(SCN)3]2 + 6KC1. Beim Schütteln mit Äther geht das Rhodanid mit roter Farbe in den Äther über.

Eisen

117

19. Dies ist die empfindlichste Probe auf Eisen(III)-verbindungen. Man gebe einen Tropfen Eisen(III)-salz-Lösung in ein Becherglas voll angesäuerten Wassers, gieße den Inhalt fast ganz aus, fülle wieder mit Wasser auf und setze Kaliumrhodanid-Lösung hinzu. Es tritt in dieser enormen Verdünnung noch deutlich Rotfärbung auf. 20. Eisen(II)-salz-Lösungen zeigen diese Reaktion gewöhnlich auch, weil sie Spuren Eisen(III)-salz enthalten. Man löse etwas „Eisenvitriol" (kristallwasserhaltiges Eisen(II)-sulfat FeS0 4 • 7 H 2 0) in viel Wasser auf und prüfe einige Tropfen der Lösung mit Kaliumrhodanid. Dabei wird eine deutliche Rotfärbung auftreten. Den Rest säure man mit Schwefelsäure schwach an und gebe etwas Eisenpulver hinzu, wodurch die wenigen vorhandenen Eisen(III)- zu Eisen(II)-Ionen reduziert werden. Nach einigen Minuten gieße man einige Tropfen der Lösung ab und prüfe mit Kaliumrhodanid. Die Lösung wird jetzt farblos bleiben oder sich nur noch ganz schwach färben. Nach weiterem Stehen über Eisenpulver oder Erwärmen der Mischung wird eine dritte Probe keine Färbung mehr zeigen. Zur Feststellung, ob ein Eisensalz der Eisen(II)oder der Eisen(III)-reihe angehört, ist die Kaliumrhodanidprobe nicht empfehlenswert, da sie zu empfindlich ist. Geeigneter sind hierzu die Versuche 22 und 23! Eisencyanverbindungen. 21. Etwas Eisen(II)-safa-Lösung versetze man tropfenweise mit Natronlauge, bis eben eine Trübung von Eisen(II)hydroxyd auftritt. Dann gebe man ein wenig Natriumcyanid-Lösung hinzu: es fällt ein rotbrauner Niederschlag flockig aus, der verwickelt zusammengesetzt ist und nur in erster Näherung als E i s e n ( I I ) - C y a n i d Fe(CN) 2 beschrieben werden kann. Ein nicht zu geringer Überschuß von Natriumcyanid löst bei schwachem Erwärmen den Niederschlag zu einer hellgelben Lösung, die filtriert werden kann. FeCl2 + 2NaCN = Fe(CN)a + 2NaCl Fe(CN)2 + 4NaCN = Na4[Fe(CN)„]. Die Lösung enthält das N a t r i u m s a l z der H e x a c y a n o e i s e n ( I I ) S ä u r e H 4 [Fe(CN) 6 ] (abgekürzt Cyanoeisen(II)-säure, früher Ferrocyanwasserstoffsäure). Das entsprechende Kaliumsalz ist das „gelbe Blutlaugensalz". Der [Fe(CN) 6 ] 4 ~-Komplex ist, wie bereits S. 98 besprochen wurde, einer der festesten Komplexe, die wir kennen. 22. Eine Probe der Natriumcyanojerrat(II)-hös\mg säure man mit verdünnter Salzsäure an ( A b z u g ! Aus dem überschüssigen Natriumcyanid entwickelt sich Blausäure!) und gebe einen Tropfen f r i s c h b e r e i t e t e r Eisen(IIj-sulfat-hösung hinzu. Es entsteht ein hellbläulichweißer Niederschlag, vielleicht — aber nicht sicher — das Eisen(II)-salz der C y a n o e i s e n ( I I ) - s ä u r e . Na4[Fe(CN),] + 2FeS0 4 = Fe2[Fe(CN)6] + 2Na 2 S0 4 . Beim Stehenlassen, schneller beim Durchschütteln der Masse mit Luft, wird der Niederschlag tiefblau: er oxydiert sich dabei zum Eisen(III)salz der Cyanoeisen(II)-säure (vgl. unten).

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Eisen

23. Eine zweite Probe der NatriumcyanoferratfII)-Lösung säure man ebenfalls an (Abzug!) und setze einen Tropfen Eisen(III)-chloridLösung hinzu; es entsteht ein tiefblauer Niederschlag von komplizierter Zusammensetzung, den man in grober Näherung als E i s e n ( I I I ) - s a l z d e r C y a n o e i s e n ( I I ) - s ä u r e auffassen kann. 3Na 4 [Fe(CN) 8 ] + 4FeCl 3 = Fe^FefCN),], + 12NaCl.

Der Niederschlag findet unter dem Namen „ B e r l i n e r B l a u " Verwendung als Farbstoff. Wichtige Erkennungsprobe zum Nachweis von Eisen! Wie diese letzten beiden Versuche zeigen, kann Alkalimetallcyanoferrat(II) außerdem zur Entscheidung der Frage benutzt werden, ob ein gegebenes Eisensalz der Eisen(II)- oder der E i s e n ( I i l ) - r e i h e angehört. Handelt es sich um den Nachweis sehr geringer Mengen von Eisen(III)-ionen, so ist die Cyanoferrat(II)-Lösung unmittelbar vor der Verwendung herzustellen, da eine ältere Lösung stets, wenn auch nur spurenweise, zersetzt ist und sich daher beim Ansäuern durch Bildung sehr geringer Mengen Berliner Blau grünlich färbt und bei längerem Stehen einige Flöckchen Berliner Blau absetzt. Man überzeuge sich davon durch einen Versuch mit derstark zu verdünnenden Kaliumcyanoferrat(II)Lösung des Laboratoriums.

24. Etwas Kaliumcyanoferratfllj-Lösung aus der Standflasche des Laboratoriums werde mit etwa dem doppelten Raumteil Bromwasser versetzt und aufgekocht, bis der Überschuß des Broms weggekocht ist und nur farblose Wasserdämpfe aus dem Probierglas aufsteigen. Die bräunliche Lösung enthält jetzt K a l i u m h e x a c y a n o f e r r a t ( I I I ) K 8 [Fe(CN) 6 ] (abgekürzt Kaliumcyanoferrat(III), früher Kaliumferricyanid, Trivialname: „rotes Blutlaugensalz"). 2K 4 [Fe(CN)„] + Br 2 = 2 K 3 [Fe(CN) 6 ] + 2 K B r .

25. Mit dieser Lösung werden dieselben Versuche wie mit der Natriumcyanoferrat(II)-Lösung angestellt. Man erhält mit Natronlauge k e i n e n Niederschlag und mit Ammoniumsulfid nur eine Abscheidung von S c h w e f e l . Eisenflllj-chlorid gibt keine Fällung, sondern nur Dunkelfärbung der Lösung. Dagegen erhält man mit einem Eisen(II)-salz einen tiefblauen Niederschlag von B e r l i n e r B l a u . Die auffällige Bildung von Berliner Blau erklärt sich daraus, daß Kaliumcyanoferrat(III) das Eisen(II)-salz zunächst zum Eisen(III)-salz oxydiert, wobei es selbst in Kaliumcyanoferrat(II) übergeht; gleichzeitig setzen sich Eisen(III)-salz und Kaliumcyanoferrat(II) unter Abscheidung von Berliner Blau um.

26. Während der Cyanoferrat(II)-komplex, wie S. 98, Nr. 5 gezeigt wurde, gegen k a l t e Säuren beständig ist, wird er durch h e i ß e v e r d ü n n t e S ä u r e n zersetzt. Ein erbsengroßes Stück Kaliumcyanoferratfll) werde unter dem Abzug im Probierglas mit 1—2 ccm verdünnter Schwefelsäure bis zum Kochen der Lösung erhitzt. Es entweicht B l a u s ä u r e , die an ihrem Geruch ( V o r s i c h t ! ) leicht zu erkennen ist. 27. Durch h e i ß e k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure wird auch die Blausäure zerlegt, und zwar in Kohlenoxyd und Ammoniak: HCN -j- H 2 0 = CO + N H 3 . Ein bohnengroßes Stück Kaliumcyanoferratfll) werde im Probierglas mit 2 ccm konzentrierter Schwefelsäure erhitzt, bis Auf-

Kobalt

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schäumen auftritt. Die von der Flamme entfernte Masse kocht lebhaft weiter, wobei farbloses K o h l e n o x y d entweicht, das mit blauer Flamme brennt. Der Umsetzungsverlauf entspricht etwa folgender Gleichung: K 4 [Fe(CN) 6 ] + 6 H 3 0 + 6 H 2 S 0 4 = 6 CO + FeS0 4 + 2 K 2 S 0 4 + 3(NH 4 ) 2 S0 4 . Zu den komplexen Eisencyaniden gehört auch das S. 44 erwähnte N a t r i u m n i t r o p r u s s i d ; es besitzt die Formel Na ä [Fe(CN) 6 NO] • 2H a O. Ferner bilden die Fe 3+ -Ionen mit vielen anderen Anionen mehr oder weniger feste Komplexe, so z. B. auch mit C l _ - I o n e n [FeCl 6 ] 3 ~-Komplexe. Daher sind salzsaure Eisen(III)-salz-Lösungen stärker gelb gefärbt als schwefelsaure. Besonders fest sind die Komplexe mit P h o s p h a t - I o n e n , die farblos sind. Man erkenntjdieses Verhalten an folgendem Versuch:

28. Man oxydiere nach S. 115 Nr. 10 Eisen(II)-sulfat mit Salpetersäure zur Eisen(III)-salz-Lösung. Die fast farblose Lösung versetze man mit etwas konzentrierter Salzsäure: die Lösung wird gelbbraun. Dann gebe man reichlich Phosphorsäure-Lösung hinzu: die Lösung wird fast vollständig entfärbt. Kobalt Das grausilberweiße, bei 1490° schmelzende Metall löst sich in verdünnten starken Säuren. Dabei entstehen Salze des zweiwertigen Kobalts. Von einfachen Salzen des dreiwertigen Kobalts kennt man nur das Fluorid COF3 , sowie das außerdem zweiwertiges Kobalt enthaltende Oxyd (Co 3 0 4 vgl. S. 92). Dagegen leiten sich vom dreiwertigen Kobalt zahlreiche beständige Komplexverbindungen ab, z. B. mit Cyanwasserstoff, Ammoniak, salpetriger Säure usw.

1. Eine Probe einer Kobalt-Verbindung färbt die Phosphorsalzperle t i e f b l a u . Die gleiche Farbe zeigt kobalthaltiges Glas, was man in der Glasindustrie und in der Keramik verwendet. Einfache Kobaltsalze.

2. Natronlauge:

E t w a s Kobaltsalz-Lösung

werde

mit etwas Natronlauge versetzt; es fällt zunächst ein blauer Niederschlag aus, der beim Erwärmen der Mischung mit mehr Natronlauge in schön rosenrotes K o b a l t ( I I ) - h y d r o x y d übergeht. CoCl2 + 2NaOH = Co(OH) 2 + 2NaCl.

3. Bei Zusatz von Bromwasser erhält man schwarzes wasserhaltiges K o b a l t (III)-hydroxyd. 2Co(OH) a + Br 2 + 2NaOH = 2Co(OH) 3 + 2 N a B r .

Über das Verhalten gegen Ammoniak vgl. S. 120, Nr. 7. 4. Schwefelwasserstoff verhält sich ganz ähnlich wie gegen Eisen(II)salz-Lösungen. 5. Ammoniumsulfid fällt das schwarze K o b a l t ( I I ) - s u l f i d quantitativ aus. Sehr merkwürdig ist es, daß sich der einmal gebildete Niederschlag nicht nennenswert in 1 normaler Salzsäure wieder auflöst, obwohl er

120

Kobalt

aus einer Lösung dieses Säuregrades nicht ausfällt. Man überzeuge sieh davon, indem man den Niederschlag abfiltriert, mit Wasser auswäscht, etwas davon in ein Probierglas bringt, mit 5-proz. Salzsäure versetzt und durchschüttelt. Dabei löst sich fast nichts auf. Diese verminderte Lösbarkeit ist darauf zurückzuführen, daß sich oberflächlich auch in Säure unlösliches CoS2 bildet. Der dazu erforderliche Schwefel entsteht aus (NH 4 ) 2 S unter Einwirkung des Luftsauerstoffes (vgl. S. 42). 6. Ammoniumrhodanid: Eine kleine Probe äußerst verdünnter Kobaltsalz-Lösung werde b i s z u r S ä t t i g u n g mit festem Ammonium(nicht Kalium-)-rhodanid versetzt und dann etwa mit dem halben oder viertel Raumteil Äther, dem einige Tropfen Amylalkohol zugesetzt sind, durchgeschüttelt. Es bildet sich A m m o n i u m - r h o d a n a t o c o b a l t a t , das sich in der Äther-Amylalkohol-Schicht mit tiefblauer Farbe löst. CO(N03)2 + 4NH t SCN = 2 N H 4 N 0 3 + (NH 4 ) 2 Co(SCN) 4 . Dies ist eine der empfindlichsten Prüfungsmethoden auf Kobalt, mit deren Hilfe sehr kleine Mengen Kobalt auch neben viel Nickel nachgewiesen werden können. Ist gleichzeitig Eisen zugegen, so verhindert man die Bildung des Eisen(III)-rhodanids — das durch seine tiefrote Farbe die Blaufärbung auch größerer Kobaltmengen verdecken könnte, da es sich ebenfalls im Äther löst und diesen intensiver färbt — durch Zusatz von etwas festem Natriumfluorid, das die Eisen(III)-ionen in farblose, in Äther nicht lösliche fluorhaltige Komplexe, z. B. [FeF 6 ] 3 - , überführt. — Freie Salpetersäure in erheblicher Konzentration stört die Reaktion, weil sie das Rhodanid durch Oxydation unter Bildung roter Zersetzungsprodukte zerstört.

Komplexverbindungen. Die Komplexverbindungen des zweiwertigen Kobalts sind unbeständig und werden leicht zu solchen der d r e i w e r tigen Stufe oxydiert. 7. Gibt man z. B. zu einer Kobalt(II)-salz-Lösung r e i c h l i c h Ammojna&-Lösung, so löst sich das zunächst gebildete blaue basische Salz zu einer gelblich-braunen Lösung auf, die komplexe A m m i n e der z w e i wertigen Stufe enthält. Bald aber ändert sich die Farbe der Lösimg; sie wird rötlich, weil unter der Einwirkung des Luftsauerstoffs ein Übergang in die dreiwertige Stufe erfolgt. 8. Versetzt man Kobaltsalz-Lösung mit sehr wenig frisch bereiteter Natriumcyanid-Lösung, so fällt schmutzigbraunes K o b a l t ( I I ) - C y a n i d aus. Ein Überschuß von Natriumcyanid löst den Niederschlag zu einer hellbraunen Lösung des sehr unbeständigen komplexen N a t r i u m (hexa) c y a n o co b a i t a t s (II). Co(N0 3 ) 2 + 2NaCN = Co(CN)2 + 2 N a N 0 3 CO(CN)2 + 4NaCN = Na 4 [Co(CN) 6 ].

Ein kleiner Teil der Lösung werde sofort angesäuert (Abzug! aus dem überschüssigen NaCN bildet sich Blausäure!): es fällt wieder K o b a l t ( I I ) c y a n i d aus. Der Versuch gelingt am besten, wenn die Kobaltsalz- und die Natriumcyanid-Lösung jede für sich aufgekocht und dadurch von gelöster Luft befreit, vor dem Mischen aber wieder abgekühlt worden waren.

Nickel

121

9. Die übrige Lösung schüttle man im Probierglas tüchtig mit Luft durch oder koche sie besser einige Minuten lang; sie wird zu N a t r i u m ( h e x a ) c y a n o c o b a l t a t ( III) -Lösung oxydiert; während dieser Oxydation färbt sie sich vorübergehend dunkelbraun. 4Na 4 [Co(CN),] + 2H a O + 0 2 = 4Na 3 [Co(CN) 6 ] + 4NaOH .

Der [Co(CN)6]3~-Komplex ist äußerst wenig dissoziiert. Weder Ammoniumsulfid noch Natronlauge noch Bromwasser und Natronlauge (Unterschied von Nickel, vgl. S. 122, Nr. 5) geben einen Niederschlag. Durch Salzsäure (Abzug!) wird er ebensowenig angegriffen wie der [Fe(CN) 6 ] 4 --Komplex. 10. Schließlich sei noch ein Komplex beschrieben, der sich überhaupt nur mit dreiwertigem Kobalt bildet. Gibt man zu einer neutralen Kobalt(II)-salz-Lösung einen reichlichen Überschuß einer konzentrierten Lösung von Kaliumnitrit (KN0 2 ), so bildet sich kein Niederschlag. Setzt man jedoch jetzt Essigsäure zu, so oxydiert die dadurch in Freiheit gesetzte salpetrige Säure (vgl. S. 165) — von der die Hauptmenge in Wasser und Stickstoffoxyde zerfällt, die entweichen — das Kobalt zur dreiwertigen Form, und es bildet sich ein gelber Niederschlag von K a l i u m h e x a n i t r o c o b a l t a t ( I I I ) (K 3 [Co(N0 2 ) 6 ]). Da das entsprechende Natriumsalz leicht löslich ist, kann man diese Reaktion bei entsprechender Umänderung zu einem empfindlichen Nachweis für Kalium benutzen. Nickel Nickel (Schmelzpunkt 1453°) ist als Metall dem Kobalt sehr ähnlich. Es bildet — wenn man von den wasserhaltigen höheren Oxyden und einigen hier nicht zu behandelnden Komplexsalzen mit 4-, 3- und 1-wertigem Nickel absieht — im wesentlichen nur Verbindungen der zweiwertigen Stufe. Auch die Komplexverbindungen leiten sich im Gegensatz zum Kobalt ganz überwiegend von der zweiwertigen Stufe ab. Die Umsetzungen der Nickelsalze sind sonst denen der Kobaltsake sehr ähnlich.

1. Die Phosphorsalzperle der Nickelverbindungen ist in der Hitze b r ä u n l i c h g e l b , nach dem Erkalten heller. Einfache Nickelsalze. 2. Natronlauge fällt hellgrünes N i c k e l h y d r o x y d — also kein basisches Salz wie beim Kobalt. Auf Zusatz von Bromwasser entsteht ein schwarzes, wasserhaltiges h ö h e r e s O x y d . B. Schwefelwasserstoff und Ammoniumsulfid geben dieselben E r scheinungen wie beim Kobalt. Führt man die Fällung mit gelbem Ammoniumsulfid aus, so erhält man Nickelsulfid zum Teil in kolloidem Zustand (vgl. S. 136f.), das beim Filtrieren als braune Lösung durch das Filter läuft. Aus dieser Lösung läßt sich das Nickelsulfid nur schwierig abscheiden. Beim analytischen Arbeiten verwende man deshalb z u r Fällung von Nickelsulfid nur f r i s c h e , f a r b l o s e AmmoniumsulfidLösung, die jene Erscheinung nicht zeigt. Nickelsulfid verhält sich hinsichtlich seiner Lösbarkeit ähnlich wie Kobaltsulf id.

122

Chrom

Komplexsalze. 4. Ammoniak fällt, wenn es tropfenweise zugesetzt wird, zunächst hellgrünes N i c k e l h y d r o x y d . Der geringste Uberschuß an Ammoniak löst den Niederschlag wieder, weil sich die komplexen H e x a m m i n n i c k e l i o n e n [Ni(NH 3 ) 6 ] 2+ bilden; ihre Lösung sieht tiefblau aus mit schwachem Stich ins Rötliche. 5. Natriumcyanid fällt, wenn in geringer Menge zugesetzt, weißgrünliches N i c k e l c y a n i d . Ni(N0 3 ) a + 2NaCN = Ni(CN)2 + 2 N a N 0 3 .

Ein Überschuß an Natriumcyanid löst zu einer gelben Lösung des komplexen N a t r i u m ( t e t r a ) c y a n o n i c k e l a t s Na 2 [Ni(CN] 4 ). Dieser Komplex ist nur mittelstark. Zwar fallen mit Natronlauge und Ammoniumsulfid keine Niederschläge. Säuert man jedoch an (Abzug!), so fällt Nickelcyanid wieder aus und Blausäure entweicht. Gibt man schließlich reichlich Bromwasser und Natronlauge zu, so wird der Komplex ebenfalls zerstört (Unterschied von Kobalt!) und schwarzes höheres Nickeloxyd fällt aus. Zum Nachweis der Elemente Kobalt undNickel nebeneinander und zu ihrer Trennung sind bei der Ähnlichkeit ihrer Reaktionen nur wenige Umsetzungen geeignet. Zum N a c h w e i s von K o b a l t neben Nickel kann die Ammoniumrhodanidreaktion dienen. Zur T r e n n u n g läßt sich der K 3 [Co(N0 2 ) 6 ]-Komplex verwenden. Auch kann man die verschiedene Beständigkeit der Cyanokomplexe (Verhalten gegen Brom und Natronlauge) heranziehen. Die beste N a c h w e i s reaktion f ü r N i c k e l und gleichzeitig die beste T r e n n u n g s m e t h o d e ist die nachstehende D i a c e t y l d i o x i m r e a k t i o n . Diacetyldioxim 1 ) bildet nämlich in essigsaurer oder ammoniakalischer Lösung mit Nickel ein sehr schwer lösliches Salz, das zur Klasse der innerkomplexen Salze (vgl. S. 99) gehört. Das Nickeldiacetyldioxim ist gleichzeitig ein besonders charakteristisches Beispiel f ü r die Verwendung organischer Spezialreagentien in der analytischen Chemie, die steigend an Bedeutung gewinnen (vgl. z. B. auch S. 88, 107, 127, 166, 172, 174, 177).

6. Ein Tropfen Nickelsalz-Lösung werde mit Wasser auf etwa einen Kubikzentimeter verdünnt. Nach Zugabe von etwa 1 / 2 ccm einer 1-proz. alkoholischen Lösung von Diacetyldioxim färbt sich die Lösung rot, und alsbald scheidet sich ein voluminöser hochroter Niederschlag ab, der aus feinen Nädelchen (Mikroskop!) besteht. Aus mineralsaurer Lösung fällt der Niederschlag erst beim Neutralisieren mit Ammoniak oder nach dem Abstumpfen mit Natriumacetat aus. Chrom Während beim Eisen die der Gruppenzahl entsprechende (vgl. S. 31) positive Höchstwertigkeit 8 bei keiner Verbindung erreicht wird, kennt man bei dem in der 7. Gruppe stehenden Element Mangan Salze der Übermangansaure mit siebenwertigem Mangan und bei dem in der 6. Gruppe stehenden Chrom eine Reihe von Verbindungen mit sechswertigem Chrom. Diese Verbindungen gehen leicht in niederwertige Verbindungen über und stellen daher besonders starke O x y d a t i o n s m i t t e l dar, die viel verwendet werden. Die meist gelb gefärbten J

) H3C-C-C-CH3 || || , auch als Dimethylglyoxim bezeichnet. HON NOH

Chrom

123

C h r o m a t e , Salze der im freien Zustand nicht darstellbaren Chromsäure H 2 Cr0 4 , stehen in ihren Löslichkeitsverhältnissen den entsprechenden Sulfaten nahe. Die gelben [Cr0 4 ] 2 - -Ionen sind nur in alkalischen oder neutralen Lösungen vorhanden; bei Zuführung von H + -Ionen bilden sich nicht den Hydrogensulfationen analoge [HCr0 4 ]~-Ionen, sondern unter Wasserabspaltung rote [Cr 2 0 7 ] 2 ~Ionen: 2 [ C r 0 4 p - + 2H+ = [Cr 2 0 7 ] 2 - + H 2 0 . Die ebenfalls roten Salze, z. B. K 2 Cr 2 0 7 , bezeichnet man als „ P y r o c h r o m a t e " oder besser als „ D i c h r o m a t e " (die früher gelegentlich benutzte Bezeichnung „Bichromate" sollte vermieden werden). Beim stärkeren Ansäuern bilden sich T r i - und T e t r a c h r o m a t i o n e n ([Cr 3 O 10 ] 2_ bzw. [Cr 4 0 13 ] 2- ). Versetzt man schließlich eine konzentrierte Dichromatlösung mit konzentrierter Schwefelsäure, so scheidet sich nicht die Chrom- oder die Dichromsäure, sondern das Anhydrid Cr0 3 , C h r o m t r i o x y d , in tiefroten Nadeln ab. Ferner kennt man noch ein „ P e r o x y d " C r 0 5 . In diesem sind zwei O-Teilchen des Cr0 3 durch doppelt negativ geladene 0,-Gruppen ersetzt, wie sie auch im Na 2 0 2 und H 2 0 2 vorhanden sind (vgl. S. 55 u. 160/161). Cr0 5 enthält also ebenfalls nur sechswertiges Chrom: 0Cr(0 2 ) 2 . Dreiwertiges Chrom. Die Chrom(III)-verbindungen (früher als Chromiverbindungen bezeichnet) sind den Aluminium- und Eisen(III)-verbindungen ähnlich. Chrom(III)-hydroxyd Cr(OH)3 ist im Gegensatz zu Fe(OH) 3 amphoter wie Aluminiumhydroxyd. Die K o m p l e x v e r b i n d u n g e n des dreiwertigen Chroms schließen sich mehr denen des dreiwertigen Kobalts als denen des dreiwertigen Eisens an. Die große Beständigkeit und Vielgestaltigkeit der komplexen Chrom(III)-verbindungen (einschließlich der Hydrate) bedingen ihr verwickeltes Verhalten. So sehen w a s s e r h a l t i g e C h r o m ( I I I ) - s a l z e in manchen Fällen violett, in anderen grün aus. Das ist auf Unterschiede im Bau ihrer Komplexe zurückzuführen ; so entspricht z. B. das kristallisierte b l a u v i o l e t t e Chrom(III)-chloridhydrat der Formel [Cr(H 2 0) 6 ]Cl 3 , das g r ü n e der Formel [Cr(H 2 0) 4 Cl 2 ]Cl • 2 H 2 0 . Schließlich ist noch zu erwähnen, daß man auch Salze der zweiwertigen Stufe (früher als Chromosalze bezeichnet) kennt; diese sind jedoch wenig beständig. Die Verbindungen des 5- und 4-wertigen Chroms brauchen hier ebenfalls nicht besprochen zu werden. Oxydationsvoirkungen des sechswertigen Chroms. Bringt man Chromate oder Dichromate mit oxydierbaren Substanzen zusammen, so gehen sie in die dreiwertige Stufe über; je Chromatom werden also 3 positive Ladungen abgegeben. So verläuft z. B. die Einwirkung zwischen Kaliumdichromat und k o n z e n t r i e r t e r S a l z s ä u r e (verdünnte Salzsäure wird nicht nennenswert oxydiert!) nach der Gleichung1) K 2 Cr 2 0 7 + 14 HCl = 3C12 + 2CrCl 3 + 2 KCl + 7 H 2 0 . Besser noch ersieht man aus der Ionengleichung: [Cr 2 0 7 ] 2 ~ + 6 Ol" + 14 H+ = 3C1°2 + 2Cr 3 + + 7 H 2 0 , daß je 3 positive Ladungen von den beiden sechsfach positiv geladenen Chromatomen abgegeben und zur Oxydation von 6 Cl~-Ionen benutzt worden sind. Gleichzeitig werden aber dabei sehr viel H + -Ionen verbraucht. So kann z. B. bei der Einwirkung von Dichromat auf S c h w e f e l w a s s e r s t o f f bei u n g e n ü g e n d e r S ä u r e m e n g e die Reaktion der Lösung a l k a l i s c h werden, so daß am Anfang die Umsetzung nach der Gleichung ?xe+ ±o [CrjO,] 2 - + 3H 2 S + 8H+ = 3 S + 2Cr 3 + + 7 H 2 0 *) Geht man von C h r o m a t aus, so gilt die gleiche Umsetzungsgleichung, da j a Cr0 4 2 _ -Ionen in saurer Lösung in Cr 2 0 7 2_ -Ionen übergehen.

Chrom

124

erfolgt, am Ende jedoch nach der Gleichung 8+

±0

3+

2 [Cr0 4 ] 2 ~ + 3 S 2 _ + 8 H 2 0 = 3 S + 2 Cr(OH)3 + 10 OHT. Führt man die eben besprochene Einwirkung zwischen Dichromat und Salzsäure bei Abwesenheit von Wasser in Anwesenheit eines wasserbindenden Mittels durch, z. B. durch Erhitzen eines Gemisches von Kaliumdichromat, Kochsalz und konzentrierter Schwefelsäure, so bildet sich neben etwas Chlor eine leicht flüchtige Verbindung der Zusammensetzung Cr0 2 Cl 2 . Dieses „Chromylchlorid"1) ist das „Säurechlorid" der hypothetischen Chromsäure, in der die beiden Hydroxylgruppen durch Chlor ersetzt sind: O

Cr

OH

+

Hi 01

= 2 H 2 0 + 0 2 CrCl 2 . O |OIi HCl Die Chromsäure wirkt hier gleichsam als Base. Da sie natürlich eine äußerst schwache Base ist, entsteht Chromylchlorid nur unter der wasserbindenden Wirkung von Schwefelsäure. Kommt Chromylchlorid mit Wasser zusammen, so tritt H y d r o l y s e ein, es bilden sich die freie „Base" (Chromsäure, die sofort in Dichromsäure übergeht) und die freie Säure (Salzsäure). Mit Lauge erfolgt die entsprechende Umsetzung: Cr0 2 Cl 2 + 4NaOH = Na,Cr0 4 + 2NaCl + 2 H 2 0 . Chrommetall ist dem Eisen ähnlich; es besitzt eine hellgraue Farbe mit einem Stich ins Blaue und schmilzt oberhalb 1700°. In verdünnter Salz- oder Schwefelsäure löst es sich unter Wasserstoffentwicklung. In Salpetersäure dagegen löst es sich kaum ( „ P a s s i v i e r u n g " ) . Da sich Chrom — wie Aluminium — an der Luft mit einer f e s t h a f t e n d e n Oxydschicht bedeckt, halten sich verchromte Gegenstände sehr gut, vorausgesetzt, daß sie nicht Sauredämpfen ausgesetzt werden. I m L a b o r a t o r i u m s i n d sie e b e n s o u n b r a u c h b a r wie v e r n i c k e l t e (vgl. S. 1). 1. Chromverbindungen färben die Phosphorsalzperle sowohl in der Oxydations- als auch in der Reduktionsflamme g r ü n . 2. Man löse etwas fein gepulvertes violettes Chrom(III )-sulfat oder „Chromalaun" (vgl. S. 97/98, III) in kaltem Wasser, wobei eine violette, bald mehr ins Blaue, bald mehr ins Rote schillernde Lösung entsteht. Man koche eine Probe dieser Lösung auf; sie färbt sich tief grün. Beim Stehen in verdünnter Lösung bei Zimmertemperatur wird die grüne Lösung langsam wieder violett. Reaktionen der Chrom(III)-salze. Zu den folgenden Umsetzungen werde die violette Lösung benutzt. 3. Natronlauge, in geringer Menge zugesetzt, fallt graugrünes Chrom(III)-hydroxyd. Cr 2 (S0 4 ) 3 + 6NaOH = 2Cr(0H) 3 + 3Na 2 S0 4 . 1

) Die Endung „yl" bezeichnet ganz allgemein geladene Gruppen aus einem Metall oder Nichtmetall und Sauerstoff, die gleichsam als einheitlicher Bestandteil in Verbindungen eintreten. Z. B.: [SbO] + Antimonyl, SbOCl Antimonylt>+

chlorid; [U0 2 ] 2 + Uranyl, U0 2 (N0 s ) 2 Uranylnitrat. Man kann diese Verbindungen auch als Anhydride von — z. T. hypothetischen — basischen Salzen auffassen: Sb(0H) 2 Cl - H 2 0 = SbOCl.

Chrom

125

Ein Uberschuß von Natronlauge löst das Chrom(III)-hydroxyd zu einer prächtig smaragdgrünen Lösung von N a t r i u m - ( h y d r o x o ) - c h r o m i t . 3NaOH + Cr(OH)3 = Na3[Cr(OH)e].

Verdünnt m a n diese Lösung u n d kocht einige Minuten, so fällt das Chromhydroxyd infolge von Hydrolyse wieder aus. 4. Ammoniak fällt graugrünes C h r o m ( I I I ) - h y d r o x y d , von dem meist ein wenig in der ammoniakalischen Lösung komplex gelöst bleibt und sie rötlich färbt. Man filtriere und koche das rosafarbige Filtrat einige Minuten: es entfärbt sich, u n d der Rest Chrom(III)-hydroxyd fällt aus. 5. Natriumkarbonat fällt unter Kohlendioxydentwicklung graugrünes C h r o m (III) - h y d r o x y d . Cr2(S04)3 + 3Na 2 C0 3 + 3H 2 Ö = 2Cr(OH)3 + 3C0 2 + 3Na 2 S0 4 .

6. Schwefelwasserstoff fällt nichts. 7. Ammoniumsulf id fällt C h r o m ( I I I ) - h y d r o x y d . Cr2(S04)3 + 6(NH 4 ) 2 S + 6 H 2 0 = 2Cr(OH)3 + 6(NH 4 )HS + 3(NH 4 ) 2 S0 4 . Chrom (III) - s u l f i d Cr2S3 ist nur auf trockenem Wege darstellbar; mit Wasser erleidet es Hydrolyse. Den Übergang von der dreiwertigen in die sechswertige Stufe kann man sowohl auf nassem als auch auf trockenem Wege bewirken; er erfolgt am leichtesten im alkalischen Medium.

8. Man erwärme eine Alkalichromit-Lösung mit einem Oxydationsmittel, z. B. Bromwasser oder Wasserstoffperoxyd; sie f ä r b t sich g e l b . 2Na3[Cr(OH)„] + 3Br 2 + 4NaOH = 2Na 2 Cr0 4 + 6NaBr + 8 H 2 0 . In saurer Lösung können umgekehrt Halogenwasserstoffe durch Chromat zu Halogen oxydiert werden, vgl. dazu S. 127, Nr. 17. Die O x y d a t i o n auf t r o c k e n e m Wege erfolgt im Laboratorium durch die Soda-Salpeter-Schmelze. Das Alkalimetallnitrat dient dabei als Oxydations. mittel, weil es sich bei höheren Temperaturen in Nitrit und Sauerstoff zersetzt (vgl. S. 36). Die Soda liefert das erforderliche Alkali. Die Oxydation von Chrom(III)oxyd zum Chromat kann man demnach folgendermaßen formulieren: 2KN03 = 2KN02 + 0 2 2 Cr203 + 3 0 2 = 4Cr0 3 Cr03 + Na 2 C0 3 = Na,Cr0 4 + C0 2 .

9. Etwas Chrom(III)-hydroxyd werde auf eine mehrfache Schicht Filtrierpapier gestrichen, die das Wasser aufsaugt und den Niederschlag somit einigermaßen trocknet. Der nur noch schwach feuchte Rückstand werde mit etwa der doppelten bis dreifachen Menge eines Gemisches von etwa gleich viel Kaliumnitrat und wasserfreiem Natriumcarbonat auf einer Magnesiarinne geschmolzen. Die entstehende gelbe Schmelze liefert mit Wasser gelbe C h r o m a t - L ö s u n g . Sechswertiges Chrom. Zu den folgenden Umsetzungen werde etwas K a l i u m c h r o m a t - L ö s u n g des Laboratoriums verwendet.

126

Chrom

10. Gibt man zu der gelben Lösung verdünnte Schwefel- oder Salzsäure, so wird sie rot, weil Dichromationen entstehen. 2 [Cr0 4 ] 2 - + 2H+ = [Cr 2 0 7 ] 2- + H 2 0 .

Gibt man zu der roten Dichromat-Lösung Natronlauge oder Ammoniak-Lösung, so wird sie wieder g e l b . [Cr 2 0 7 ] 2- + 2 OH- = 2 [Cr04]>- + H 2 0 .

Diese Überführung von [Cr0 4 ] 2 _ -Ionen in [Cr 2 0 7 ] 2 _ -Ionen und umgekehrt kann man mit der gleichen Probe beliebig oft durchführen. Nach dem MassenWirkungsgesetz gilt: [[Cr0412~ P • [H + ] 2 [[Cr 2 0 7 ] 2- ] Diese Gleichung erklärt ohne weiteres, warum nach S. 64/65 B a r i u m c h r o m a t nur aus essigsaurer, nicht aber aus mineralsaurer Lösung ausfällt. Im letzten Falle ist nämlich infolge der großen H+-Io'nenkonzentration die Konzentration an [Cr0 4 ] 2_ -Ionen so klein, daß das an sich sehr kleine Löslichkeitsprodukt des Bariumchromats nicht überschritten wird. In essigsaurer Lösung ist [H + ] wesentlich kleiner; die Konzentration an [Cr0 4 ] 2- -Ionen ist zwar gegenüber der der [Cr 2 0 7 ] 2_ -Ionen immer noch klein, sie reicht aber jetzt zur Fällung von Bariumchromat aus.

11. Bleiacetat fällt einen sattgelben Niederschlag von B l e i c h r o m a t („Chromgelb"), der in Essigsäure unlöslich, in Salpetersäure oder Natronlauge löslich ist. K,Cr0 4 + Pb(CH 3 C0 2 ) 2 = PbCr0 4 + 2K(CH 3 C0 2 ) PbCr0 4 + 4NaOH = Na 2 [Pb(OH) 4 ] + Na 2 Cr0 4 .

Beim Übergießen mit Ammoniaklösung geht der Bleichromatniederschlag in bräunlich-rotes basisches Bleichromat über. 12. Silbernitrat erzeugt einen dunkelbraunroten Niederschlag von S i l b e r c h r o m a t . Auf Zusatz von Salzsäure oder Chloriden wird der Niederschlag weiß, weil er sich zu Silberchlorid umsetzt. K 2 Cr0 4 + 2AgN0 3 = Ag2Cr04 + 2 K N 0 3 2Ag 2 Cr0 4 + 4 HCl = 4AgCl + H 2 0 + H 2 Cr 2 0 7 .

Silberchlorid hat also ein geringeres Löslichkeitsprodukt als Silberchromat. 13. Quecksilber(I)-nitrat gibt einen tief orangeroten Niederschlag von amorphem Q u e c k s i l b e r ( I ) - c h r o m a t Hg 2 Cr0 4 . Beim Aufkochen der mit etwas Salpetersäure versetzten Masse entstehen daraus Kristalle von prachtvoll roter Farbe. 14. Wasserstoffperoxyd: Ein Tropfen Kaliumchromat-Lösung werde mit wenigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure und wenig Wasserstoffperoxyd-Lösung versetzt. Es entsteht eine tiefblaue Lösung von C h r o m p e r o x y d Cr0 5 . Schüttelt man diese sofort mit 1—2 ccm Äther, so geht das blaue Oxyd in den Äther über. Später verblaßt die Farbe, weil nach folgender Gleichung Zersetzung erfolgt: 4CrOs + 6H 2 S0 4 = 2Cr 2 (S0 4 ) 3 + 6 H 2 0 + 7 0 2 .

15. Man verdünne einen Tropfenverdünnter Alkalimetallchromat-Lösung im Probierglas mit etwa 20—30 ccm Wasser, mische gut durch, gieße die

Chrom

127

gesamte Lösung bis auf den am Glas haftenden Rest aus und gebe zu diesem einige Kubikzentimeter verdünnter Schwefelsäure und ein wenig festes Diphenylcarbazid (C6H5 • N H • NH) 2 : CO: Beim Umschütteln färbt sich die Lösung r o t v i o l e t t . Sehr empfindlicher Nachweis. 16. C h r o m y l c h l o r i d : Man pulvere und mische so viel Kaliumdichromat, wie eine Erbse ausmacht, mit ebensoviel Kaliumchlorid und erwärme die Mischung in einem Probierglas mit Gasableitungsrohr (vgl. auch Fig. 11, S. 18) mit 1—2 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Den entstehenden braunen Dampf von Cr0 2 Cl 2 leite man so in ein vorgelegtes Probierglas über 2—3 ccm verdünnte Natronlauge, daß das Ableitungsrohr nicht in die Natronlauge eintaucht. In der Natronlauge läßt sich dann das durch Hydrolyse gebildete Chromat mit Schwefelsäure und Wasserstoffperoxyd leicht nachweisen. Als Chromsäurechlorid kann also das Chrom leicht destilliert werden. Ein entsprechendes Chromyl-Bromid oder - Jodid existiert nicht. Infolgedessen kann das Auftreten einer flüchtigen Chromverbindung, das an dem Chromgehalt der vorgelegten Natronlauge zu erkennen ist, zum N a c h w e i s v o n C h l o r i d e n neben Bromiden und Jodiden dienen. Überdestillierendes Brom sieht zwar ganz ähnlich aus wie Chromylchlorid; es würde jedoch mit der Natronlauge eine fast farblose, chromfreie Lösung geben. Die Bildung von Cr02Cl2 kann durch Nitrate, Silbersalze u. a. verhindert werden. Andererseits ist auch Cr0 2 F 2 flüchtig. Der analytische Wert der Reaktion ist also beschränkt. Oxydationen

mit

Chromat

und

Dichromat.

17. M a n k o c h e

etwas

Kaliumdichromat mit starker Salzsäure. Es entweicht Chlor, während sich die Lösung unter Reduktion des Chromats zu Chrom(III)-salz grün färbt (vgl. S. 123). 18. Zu einer mit verdünnter Schwefelsäure angesäuerten DichromatLösung gebe man Schwefelwasserstoffwasser. Die Lösung färbt sich grün, und es scheidet sich S c h w e f e l aus. 19. Man wiederhole den Versuch mit einer Chromat-Lösung ohne Säurezusatz. Es fällt ein Gemisch von S c h w e f e l und graugrünem C h r o m ( I I I ) - h y d r o x y d . Lackmuspapier zeigt alkalische Reaktion der Lösung an. Über die Umsetzungsgleichungen vgl. S. 123/124. 20. Man versetze ein wenig Kaliumdichromat-Lösung reichlich mit Schwefligsäure-Lösung-, das Chromat wird zu Chrom(III)-sulfat reduziert, wobei eine entsprechende Menge Schwefel aus der vierfach in die sechsfach positive Stufe übergeht. K 2 Cr 2 0 7 + 4 H s S 0 3 = CV2(S04)3 + K 2 S0 3 + 4 H 2 0 .

21. Man erwärme etwas Kaliumdichromat-Lösung mit ebensoviel Alkohol und etwas verdünnter Schwefelsäure und achte auf den dabei auftretenden eigentümlichen Geruch von A l d e h y d , einem Oxydationsprodukt des Alkohols. 2 K 2 Cr 2 0 7 + 8H 2 S0 4 = 2Cr 2 (S0 4 ) 3 + 3 0 2 + 8 H 2 0 + 2 K 2 S 0 4 2CH3CH2OH + 0 2 = 2 H 2 0 + 2CH3CHO . Alkohol

Aldehyd

128

Mangan

22. Der vorletzten Gleichung entsprechend kann man durch Erwärmen von gepulvertem Kaliumdichromat

mit konzentrierter

Schwefelsäure

auch S a u e r s t o f f g a s darstellen. Man stelle dies durch einen Probierglasversuch fest, wobei man den entstehenden Sauerstoff durch das Aufflammen eines glimmenden Spanes nachweise.

Mangan Mangan kommt in ungewöhnlich zahlreichen Wertigkeitsstufen vor. Die schwach rosa gefärbten Mangan(II)-salze (früher Manganosalze) stehen den Eisen(II)- und besonders den Magnesiumsalzen nahe. Die Mangan(III)-salze ^früher Manganisalze) sind unbeständig. Vom vierwertigen Mangan leitet sich das Mangandioxyd Mn0 2 ab, der Hauptbestandteil des „Braunsteins". Bei der Soda-Salpeterschmelze entstehen je nach den Bedingungen entweder blaue Verbindungen des fünfivertigen Mangans oder die grünen Manganate (z. B. K 2 Mn0 4 ), die sechswertiges Mangan enthalten. Mit Wasser disproportionieren •diese letzteren gemäß 3K 2 Mn0 4 + 2 H 2 0 = 2KMn0 4 + Mn0 2 + 4 K 0 H , wobei neben Braunstein mit vierwertigem Mangan Permanganat mit siebenivertigem Mangan entsteht. Festes Kaliumpermanganat KMn0 4 bildet tiefrote, fast schwarze Kristallnadeln, die sich in Wasser mit tiefvioletter Farbe lösen. Permanganate sind starke Oxydationsmittel. Durch oxydierbare Stoffe werden sie in a l k a l i s c h e r Lösung in B r a u n s t e i n überführt. J e Mangan-Atom werden dabei d r e i positive Ladungen abgegeben, z. B. 2KMn0 4 + 3(NH 4 ) 2 S = 3 S + 2Mn0 2 + 2 K 0 H + 6NH 3 + 2 H 2 0 bzw. 2 [ M n O y ^ + 3 Sa~ + 4 H 2 0 = 3S° + 2MnO a + 8 OH". Als Zwischenstufe bildet sich dabei M a n g a n a t : 2 [Mn0 4 ] 1 - + S J - = S° + 2 [MnO,] 2 ". In s a u r e r Lösung geht die Reduktion bis zum M a n g a n (II) -salz; jedes Manganatom gibt in diesem Falle f ü n f positive Ladungen ab: [Mn0 4 ] 1 - + 5Fe 2 + + 8H+ = Mn2+ + 5Fe 3 + + 4 H 2 0 . Aus diesen Umsetzungen folgt, daß die beständigste Stufe des Mangans in s a u r e r Lösung die z w e i w e r t i g e ist, während in a l k a l i s c h e r die v i e r w e r t i g e bevorzugt ist. Die Unbeständigkeit des vierwertigen Mangans in s a u r e r Lösung folgt auch aus dem Versuch auf S. 18, bei dem sich bei der Einwirkung von Salzsäure auf Braunstein Chlor bildete. Hier entsteht als Zwischenprodukt vermutlich Mangantetrachlorid MnC]4 (vgl. S. 33); dieses ist jedoch als Derivat des vierwertigen Mangans in saurer Lösung nicht beständig und zerfällt daher in Mangan(II)-chlorid und Chlor. Andererseits erkennt man die Unbeständigkeit des zweiwertigen Mangans in a l k a l i s c h e r Lösung auch daran, daß eine Fällung von Mangan(II)-hydroxyd Mn(OH) 2 , die man durch Einwirkung von Natronlauge auf Mangan(II)-salz-Lösungen erhält, an der Luft dunkel wird, weil sie schon durch den Luftsauerstoff oxydiert wird. Allerdings wird dabei die vierwertige Stufe nicht erreicht, man erhält vielmehr Mangan(III)-hydroxyd Mn(OH)3. Das Anhydrid der Übermangansaure, Mn 2 0 7 , das aus festen Permanganaten und konz. H 2 S0 4 entsteht, ist ein gefährlicher Explosivstoff; man hüte sich, die genannten Stoffe zusammenzubringen.

Mangan

129

ManganfllJ'verbindungen, Diese entsprechen so weitgehend den Magnesiumverbindungen, daß die S. 66/67 für diese angegebenen Vorschriften auch für die Mangan(II)-verbindungen gelten. Man führe unter Benutzung einer Mangan(II)-salz-Lösung des Laboratoriums Versuche mit folgenden Reagentien durch: 1. Natronlauge: Weiße Fällung von H y d r o x y d , das sich im Überschuß nicht auflöst. 2. Ammoniak: Ebenfalls H y d r o x y d f ä l l u n g , nicht löslich in viel Ammoniak-Lösung, aber löslich durch Ammoniumchlorid-Zusatz. Man hebe die Probiergläser mit den Versuchen mit Natronlauge und Ammoniak für später (Nr. 6) auf. 3. Natriumcarbonat: Weißer Niederschlag, der hier allerdings aus n e u t r a l e m C a r b o n a t besteht. 4. Natriumphosphat- plus Ammoniak-'Lösxmg: Fällung von A m m o n i u m m a n g a n (II)-phosphat. 5. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Mangan(II)- und Magnesiumverbindungen besteht jedoch darin, daß aus Mangan(II)-salzen mit Ammoniumsulfid ein je nach den im Einzelfalle gewählten Bedingungen fleischfarbenes oder grünes S u l f i d fällt. I n Essigsäure sowie in Mineralsäuren löst sich dieses auf. Schwefelwasserstoff gibt selbst aus schwach essigsaurer Lösung unter Abstumpfung mit viel Natriumacetat keine Fällung. Übergang in die dreiwertige Stufe. 6. Betrachtet man die mit Natronlauge erhaltene Fällung von Mangan(II)-hydroxyd nach einiger Zeit wieder, so sieht man, daß sie sieh von oben her dunkel färbt. Der Luftsauerstoff oxydiert bis zum M a n g a n ( I I I ) - h y d r o x y d M n ( O H ) a . Ebenso fällt aus einer mit Ammoniumchlorid- und Ammoniak-Lösung versetzten klaren Mangan(II)-salz-Lösung nach einiger Zeit schwarzbraunes Hydroxyd der dreiwertigen Stufe aus, das also im Gegensatz zu dem Hydroxyd der zweiwertigen Stufe auch bei Gegenwart von Ammoniumchlorid nicht löslich ist. AlhalimetaUmanganat. 7. Man schmelze auf einer Magnesiariane ein wenig Braunstein mit dem Drei- bis Vierfachen eines Gemisches von etwa gleich viel wasserfreiem Natriumcarbonat und Kaliumnitrat (vgl. S. 125). Es •entsteht eine tiefdunkelgrüne 1 ) Schmelze, deren Auftreten für das Vorhandensein auch sehr geringer Mengen von Mangan charakteristisch ist. Diese Schmelze wird deshalb in der Analyse zum Nachweis von Mangan benutzt. 2MnO a + 2Na 2 C0 3 + 0 2 = 2Na 2 Mn0 4 + 2 C 0 3 .

I n kaltem Wasser löst sich die Schmelze mit der grünen Farbe der M a n g a n a t i o n e n . Nach kurzem Stehen tritt jedoch infolge Disproportionierung die violette Farbe des P e r m a n g a n a t i o n s auf, und Braun1 ) Unter Umständen enthält die Schmelze f ü n f w e r t i g e s Mangan und ist dann blau bzw. blaugrün.

B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung.

45.—47.Aufl.

9

Mangan

130

stein fällt aus. Später verschwindet auch die violette Farbe wieder infolge der reduzierenden Wirkung des in der Schmelze entstandenen Nitrits (vgl. S. 125 und 166). Übermangansäure. 8. Man kann Übermangansaure auch unmittelbar durch Oxydation von Mangan(II)-salz mit Bleidioxyd, erhalten. Zu diesem Zweck koche man eine Mischung von etwa 5 ccm verdünnter und 1 ccm konzentrierter Salpetersäure mit einer Spatelspitze Bleidioxyd und zwei Tropfen Mangan(II)-sulfat-Lösung wenige Minuten und lasse dann das Ungelöste sich absetzen. Die überstehende klare Lösung zeigt dann die rotviolette Farbe der Übermangansaure 1 ). Bei dieser Umsetzung würde die Gegenwart von Chloriden stören. Oxydationen

mit Permanganat

in alkalischer

Lösung.

9. M a n v e r s e t z e

5 ccm verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung mit einigen Tropfen verdünnter Natronlauge und setze mit einem Glasstab einen Tropfen verdünnter Ammoniumsulfid-~L'6sung hinzu. Sofort geht das Rotviolett in das tiefe Grün des K a l i u m m a n g a n a t s über. Auf Zusatz von etwas mehr Ammoniumsulfid wird die Lösimg farblos und ein dicker brauner Schlamm von wasserhaltigem M a n g a n d i o x y d setzt sich zu Boden. 10. Man versetze 5 ccm verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung mit einigen Tropfen Natronlauge und setze einige Tropfen Alkohol hinzu. Auch hier tritt zunächst Grünfärbung auf. Erhitzt man die Masse, so geht die Umsetzung weiter: Die Lösung entfärbt sich, und M a n g a n d i o x y d fällt aus. Dabei wird der Alkohol zu A l d e h y d (vgl. S. 127) oxydiert, dessen charakteristischer Geruch wahrzunehmen ist. 11. Die Reduktion des Permanganats kann in alkalischer Lösung auch mit Mangan(II)-salz erfolgen, wobei auch dieses in B r a u n s t e i n übergeht: 3MnCl 2 + 2 K M n 0 4 + 4 K O H = 53M£I02 + 6KC1 + 2 H ä O .

Man entfärbe eine alkalische Permanganat-Lösung durch Zutropfen von Mangan(II)-salz-Lösung. Dieser Versuch zeigt besonders deutlich, daß die vierwertige Stufe des Mangans in alkalischer Lösung bevorzugt ist. Oxydation in saurer Lösung. 12. Zu einer verdünnten PermanganatLösung gebe man verdünnte Schwefelsäure und Eisen(II)-sulfai-Lösung; die violette Farbe verschwindet und es tritt die schwach gelbe Farbe von Eisen(III)-salz-Lösungen auf (vgl. S. 128). 18. Zu einer verdünnten Permanganat-Lösung gebe man Schwefligsäwe-Lösung; es tritt Entfärbung ein. Die Umsetzung verläuft im wesentlichen nach der Gleichung: 2 [Mn0 4 ] 1 - + 5 [S0 3 ] 2 - + 6H+ = 2Mn 2 + + 5 [S0 4 ] 2 " + 3 H a O . Daneben treten jedoch noch andere Reaktionen (Bildung komplizierterer Schwefelsäuren, vgl. S. 161 f.) auf, so daß diese Umsetzung f ü r quantitative Zwecke nicht brauchbar ist. Eine Abtrennung des überschüssigen Bleidioxyds durch Filtration ist nicht empfehlenswert, weil das Kltrierpapier die Übermangansaure reduzieren kann.

Aufschließen

131

14. Man gebe zu 5 ccm verdünnter Kaliumpermanganat-Lösung einige Tropfen Oxalsäure-Lösung und 1 / 2 —1 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Die Lösung entfärbt sich. Dabei wird die Oxalsäure zu W a s s e r und K o h l e n d i o x y d oxydiert. Am besten macht man sich das so klar, daß das Oxalat-ion [0 2 C —COJ 2 - zu zweimal C0 2 entladen wird. Für eine Molekel Oxalsäure braucht man also zwei positive Ladungen. Demnach sind Permanganat, das in saurer Lösung fünf Ladungen abgibt, und Oxalsäure im Molverhältnis 2 : 5 anzusetzen und man erhält: 2 KMn0 4 + 5HOjC • C0 2 H + 3 H 2 S 0 4 = 10C0 2 + 2MnS0 4 + K 2 S 0 4 + 8 H a O . bzw. 2 [Mn0 4 ] 1 - + 5 [0 2 C • C0 2 ] 2 " + 16 H+ = 10 C0 2 + 2 Mna+ + H 2 0 . Über die Umsetzung des Permanganats mit Wasserstoffperoxyd vgl. S. 161, Nr. 2, über die mit salpetriger Säure S. 166, Nr. 3.

Aufschließen Viele feste Stoffe, z. B. hochgeglühte Oxyde von Aluminium, Eisen und Chrom, Bariumsulfat, Edelstahle usw. sind weder durch die Einwirkung von wäßrigen Lösungen noch durch konzentrierte Säuren oder Laugen in Lösung zu bringen; sie müssen vielmehr „aufgeschlossen" werden. Dieser Prozeß besteht meist im Zusammenschmelzen mit derart ausgewählten anderen Stoffen, daß neue, leichter in Lösung zu bringende Verbindungen entstehen. So gehen Oxyde basischen Charakters, z. B. Eisen(III)-oxyd, beim Schmelzen mit dem s a u r e n Aufschlußmittel K a l i u m p y r o s u l f a t in die wasserlöslichen Sulfate über: Fe 2 0 3 + 3K 2 S 2 0 7 = Fe 2 (S0 4 ) 3 + 3 K 2 S 0 4 . Da das Pyrosulfat über die Formel K 2 S 0 4 hinaus S 0 3 enthält, das bei höherer Temperatur abgegeben wird (vgl. auch S. 132, Nr. 1), so liegt hier eine Einwirkung von Schwefelsäure-Anhydrid bei Temperaturen weit über dem Siedepunkt der Schwefelsäure vor. Oxyde sauren Charakters schmilzt man entsprechend mit b a s i s c h e n Stoffen wie S o d a (seltener Borax) oder dem stärker wirksamen Ä t z n a t r o n . Dabei geht z. B. Siliciumdioxyd in Natriumsilicat über. Si0 2 + Na 4 C0 3 = Na 2 Si0 3 + C 0 2 . Entsprechend behandelt man Verbindungen von Elementen, die lösliche Thiosalze bilden (Arsen, Antimon, Zinn; näheres s. S. 133 u. ff.), mit N a t r i u m p o l y s u l f i d , das beim Zusammenschmelzen von Soda und Schwefel entsteht („Freiberger Aufschluß"). Z. B. 2 S n 0 2 + 5Na 2 C0 3 + 9 S = 2Na 2 SnS 3 + 3 N a a S 0 3 + 5 C 0 2 . Amphotere Oxyde, wie Aluminiumoxyd, lassen sich sowohl s a u e r als auch b a s i s c h aufschließen. Oxyde von Elementen, die in höherer Wertigkeitsstufe sauren Charakter zeigen, behandelt man am besten mit b a s i s c h e n Aufschlußmitteln unter gleichzeitiger O x y d a t i o n . So erhält man mit der S o d a - S a l p e t e r s c h m e l z e , wie wir S. 125, Nr. 9 u. S. 129, Nr. 7 sahen, aus Chrom(III)-oxyd Chromat, aus niederen Manganoxyden Manganat. Für hartnäckigere Stoffe steht uns als am stärksten oxydierendes alkalisches Aufschlußmittel das N a t r i u m p e r o x y d zur Verfügung. Der Aufschluß von unlöslichen Sulfaten und dergleichen beruht auf einer anderen Erscheinung. Erhitzt man z. B. Bariumsulfat mit wasserfreiem Natriumcarbonat bis zum Schmelzen, so scheiden sich beim Abkühlen der Schmelze — wie bei wäßrigen Lösungen — diejenigen Salze zuerst aus, die am schwersten in 9*

132

Weitere Elemente der b-Gruppen

der Schmelze löslich sind. In unserem Falle kristallisiert das Barium als Carbonat, das Sulfat als Natriumsalz aus; es ist also die Umsetuzng eingetreten: B a S 0 4 + Na2COs = BaCO s + N a 2 S 0 4 . Behandelt man die erkaltete Schmelze mit Wasser, so lösen sich das ÜN atriumsulfat und das überschüssige unverbrauchte Natriumearbonat, während das Bariumcarbonat zurückbleibt. Nach dem Filtrieren und Auswaschen läßt sich dann das Bariumcarbonat leicht in verdünnter Salz- oder Salpetersäure lösen. Über den wichtigen Aufschluß von Silicaten vgl. S. 167.

1. Eine kleine Spatelspitze sehr fein gepulverten Eisenoxyds schmelze man einige Zeit im Platinlöffel1) mit der fünf- bis sechsfachen Menge Kalium- oder Natriumpyrosulfat bei einer solchen Temperatur, daß nur wenig Schwefeltrioxyd-Nebel entweichen. Nach dem Erkalten erwärme man das Tiegelchen im Probierglas mit etwas Wasser und verdünnter Schwefelsäure. Wenn der Aufschluß gelungen ist, erhält man eine klare Lösung, aus der Ammoniak-Lösung Eisenhydroxyd fällt. Bei zu hoher Temperatur während des Aufschließens entweicht das aus dem Pyrosulfat entstehende Schwefeltrioxyd rasch und der Aufschluß bleibt unvollständig. — Steht kein Pyrosulfat zur Verfügung, so entwässere man in einem Porzellantiegel zuvor die notwendige Menge Kalium- oder Natriumhydrogensulfat: 2 KHS04 = K2S207 + H , 0

2. Man erhitze im Platintiegelchen etwas gefälltes, d. h. reaktionsfähiges Siliciumdioxyd mit der fünffachen Menge wasserfreier Soda. Nachdem die Gasentwicklung aufgehört und sich alles zu einer klaren Schmelze umgesetzt hat, schrecke man das Ganze dadurch ab, daß man die U n t e r s e i t e des Tiegelchens in kaltes Wasser taucht (Schutzbrille!). Der Schmelzkuchen, der sich auf diese Weise gut von der Tiegelwand abtrennt, ist in Wasser löslich. 3. Man fälle nach S. 65, Nr. 3 Bariumsulfat heiß aus, wasche es gut aus und lasse es trocknen. Dann mische man es mit der zwei- bis dreifachen Menge wasserfreier Soda und schmelze das Gemisch einige Minuten lang im Platintiegelchen. Nach dem „Abschrecken" (vgl. oben) zerdrücke man den Schmelzkuchen, übergieße ihn mit heißem Wasser und koche noch 1 Minute lang. Dann filtriere man vom Ungelösten ab und wasche sorgfältig aus, bis einige der zuletzt durchgeflossenen Tropfen mit Bariumchlorid-Lösung keine Trübung mehr ergeben, also frei von Sulfat sind. Der ausgewaschene Niederschlag löst sich dann glatt in Salzsäure auf.

Weitere Elemente der b-Gruppen Von den Elementen der b- Gruppen sind Kupfer und Silber sowie Zink, Cadmium und Quecksilber schon besprochen worden. Gallium und I n d i u m sind seltene Elemente, die in dieser Einführung nicht behandelt zu werden brauchen. Einige Versuche mit Thalliumsalzen werden später durchgeführt werden. Auch

I

1 ) P l a t i n g e r ä t e dürfen nicht mit reduzierender Flamme oder mit Schwefel, Phosphor oder Schwermetalle abgebenden Stoffen erhitzt werden. Die Reinigung erfolgt durch Ausschmelzen mit Pyrosulfat.

Weitere Elemente der b-Gruppen

133

G e r m a n i u m ist sehr selten. Wichtig sind dagegen Zinn und Blei sowie Arsen, Antimon und Wismut. Diese Elemente stellen Ü b e r g a n g s g l i e d e r v o n d e n M e t a l l e n z u d e n N i c h t m e t a l l e n dar. Namentlich Arsen, aber auch Zinn und Antimon zeigen manche Eigenschaften, die auf nichtmetallischen Charakter hinweisen. I n Verbindungen zeigen alle diese Elemente a u ß e r d e r durch die Gruppenzahl bestimmten M a x i m a l w e r t i g k e i t noch die u m z w e i E i n h e i t e n g e r i n g e r e W e r t i g k e i t . So kommen Zinn und Blei zwei- und vierwertig, Arsen, Antimon und Wismut drei- und fünfwertig vor. Allerdings t r i t t bei Blei und Wismut die Höcbstwertigkeit nur in sehr wenigen, unbeständigen Verbindungen auf. Beim Blei sind Bleidioxyd und einige Komplexsalze zu nennen, beim Wismut das nur unter Wasserausschluß herstellbare BlP 6 und die Metabismutate, z . B . KBiO a . Die überwiegende Mehrzahl der Verbindungen leitet sich vom zweiwertigen Blei und dreiwertigen Wismut ab. Diese Unbeständigkeit der höchsten Stufe findet sich übrigens auch beim Thallium; sie drückt sich ferner in der leichten Zersetzlichkeit der Quecksilber- und Goldverbindungen aus (vgl. die Stellung dieser Elemente im Perioden-System). Die Oxyde bzw. Hydroxyde der h ö c h s t e n Wertigkeitsstufe zeigen im allgemeinen s a u r e n Charakter, insbesondere in der f ü n f t e n Gruppe. Bei den z w e i bzw. dreiwertigen Hydroxyden liegen bei den Elementen Zinn, Arsen und Antimon ausgesprochen a m p h o t e r e Stoffe vor. AuchPb(OH), löst sich in Natronlauge; dies ist bei Bi(OH) 3 zwar — beim Vergleich mit Pb(OH) 2 auffälligerweise! — nur dann der Fall, wenn man höchst konzentrierte Lauge benutzt; doch drückt sich die Schwäche des basischen Charakters hier deutlich durch die starke Neigung der Wismutsalze zur Hydrolyse aus. Alle Sulfide der fünf Elemente sind in verdünnten Säuren unlöslich. Die Sulfide des vierwertigen Zinns (nicht des zweiwertigen!) sowie des drei- u n d f ü n f wertigen Arsens und Antimons sind dadurch ausgezeichnet, daß sie m i t A m m o n i u m s u l f i d - L ö s u n g unter Komplexbildung reagieren und i n L ö s u n g g e h e n . E s entspricht dies weitgehend der Umsetzung zwischen einem Basenund einem Säureanhydrid: CaO + S 0 3 (NH 4 ) 2 S + SnS 2 3 (NH 4 ) 2 S + As 2 S 3 3(NH 4 ) 2 S + Sb 2 S 5

= = = =

Ca[S0 4 ] (NH 4 ) 2 [SnS 3 ] 2 (NH 4 ) 3 [AsS 3 ] 2(NH4)3[SbS4].

Deshalb bezeichnet man diese Sulfide auch als S u l f i d e von s a u r e m Charakter im Gegensatz zu den S u l f i d e n von b a s i s c h e m Charakter, die sich in Ammoniumsulfidlösung nicht auflösen. Die entstehenden Komplexionen stellen die Anionen von Säuren dar, in denen der Sauerstoff durch Schwefel ersetzt ist, sogenannten „Thiosäuren"1): H3As03 arsenige Säure, H 3 AsS 3 thioarsenige Säure. Allerdings sind diese Thiosäuren selbst nicht darstellbar; denn beim Versuch, sie durch Zugabe starker Säuren aus ihren Salzen abzuscheiden, zerfallen die Komplexe, und es bilden sich neben Schwefelwasserstoff wieder die schwer löslichen Sulfide: (NH 4 ) 2 SnS 3 + 2 HCl = 2NH 4 C1 + SnS 2 + H 2 S . Der Grund hierfür liegt, ähnlich wie es S. 97 besprochen wurde, darin, daß die H + -Ionen in ihrem Bestreben, undissoziierten Schwefelwasserstoff zu bilden, d e m Komplex die Sülfidionen entziehen. 1

) Über die Bezeichnung „Thio" vgl. S. 95, A n m . 1.

134

Zinngruppe.

Zinn

Zinngruppe Als „Zinngruppe" seien das Zinn und das Blei zusammengefaßt. Beide Metalle verbinden sich beim Erhitzen mit dem Sauerstoff der L u f t zu Oxyden, die im Gegensatz zum Quecksilber- oder Silberoxyd bei höherer Temperatur nicht wieder in Metall und Sauerstoff zerfallen, wohl aber durch reduzierende Mittel verhältnismäßig leicht zu den Metallen reduzierbar sind. Blei oxydiert sich schon bei Zimmertemperatur oberflächlich und sieht deshalb gewöhnlich mattgrau aus. Zinn schmilzt bei 232°, Blei bei 327°.

Zinn Das silberweiße, sehr dehnbare Metall löst sich in Salzsäure zu Z i n n (II)c h l o r i d (früher Stannochlorid). Durch Oxydationsmittel gewinnt man aus den Zinn(II)-salzen Zinn(I ^-Verbindungen (früher Stanniverbindungen). Diese sind als Verbindungen einer sehr schwachen Base weitgehend hydrolysiert. Durch sehr geringe Laugenzusätze fällt aus Zinn(IV)-salz-Lösungen ein Niederschlag, den man im wesentlichen als das Hydroxyd ansehen kann. Dieses ist amphoter und löst sich in Säuren wie in Basen wieder auf, leicht aber nur in frisch gefälltem Zustand ( „ a - Z i n n s ä u r e " ) . Beim Stehen, rascher beim Erhitzen, geht es in weniger reaktionsfähige, wasserärmere Produkte über ( „ b - Z i n n s ä u r e " ) , die man auch direkt durch Oxydation von Zinn mit Salpetersäure erhält (Zinnmetall kann also mit starker Salpetersäure nicht in Lösung gebracht werden!). Noch weniger reaktionsfähig ist das wasserfreie Z i n n d i o x y d , das nach dem Glühen bei hoher Temperatur selbst von geschmolzener Soda nur schwer angegriffen wird. Wegen der leichten Hydrolysierbarkeit der Zinn(IV)-salze lassen sich w a s s e r f r e i e H a l o g e n i d e des vierwertigen Zinns nicht aus wäßriger Lösung gewinnen. Zinntetrachlorid SnCl 4 kann man durch Überleiten von trockenem Chlor über geschmolzenes Zinn als farblose, dünnflüssige, bei 114° siedende Flüssigkeit darstellen. Durch Zinkmetall werden Zinn(IV)-salze in das Metall übergeführt, Eisenmetall reduziert nur bis zur zweiwertigen Stufe 1 ). Zinn(II)-salze zeigen andererseits ein starkes Bestreben, in den vierwertigen Zustand überzugehen u n d werden daher vielfach als Reduktionsmittel benutzt. Alle festen Zinnverbindungen werden beim Schmelzen mit wasserfreiem N a t r i u m c a r b o n a t und N a t r i u m c y a n i d zum Metall-reduziert, wobei das Cyanid als Reduktionsmittel wirkt und in Cyanat übergeht. S n 0 2 + 2NaCN = Sn + 2NaOCN .

Reaktionen der Zinn(II)-salze. 1. Man löse etwas Zinn in wenig konzentrierter Salzsäure auf, verdünne, filtriere und verwende die so erhaltene Z i n n ( I I ) - c h l o r i d - L ö s u n g zu den folgenden Umsetzungen: 2. Kali- oder Natronlauge fällen, wenn man sie in geringer Menge zusetzt, Z i n n ( I I ) - h y d r o x y d , das sich bei Überschuß der Lauge zum S t a n n i t löst. SnCl 2 + 2 N a O H = Sn(OH) a + 2NaCl Sn(OH) 2 + N a O H = N a [ S n ( O H ) 3 ] .

3. Ammoniak fällt weißes Z i n n ( I I ) - h y d r o x y d . Ein Überschuß löst den Niederschlag nicht auf (Gegensatz zum Zink und Cadmium!). l ) Nach der Spannungsreihe sollten beide nur bis Sn 2 + reduzieren u n d dann H 2 freimachen; die H 2 -Abscheidung ist aber nach S. 105 an reinem Zinkmetall erschwert, so daß die reduzierende Wirkung des Zinks auf das Sn 2 + -Ion zur Geltung kommt. Beim Eisen dagegen ist die Entwicklung von Wasserstoff weniger stark gehemmt, das Sn 2 + wird deshalb nicht weiter reduziert.

Zinn

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4. Schwefelwasserstoff fällt kaffeebraunes Z i n n ( I I ) - s u l f i d . Dieses löst sich in farblosem Ammoniumsulfid nicht auf, da sich der Komplex 2+

[SnS 2 ] 2 ~ nicht bildet. Entsprechend der f ü r Sauerstoffverbindungen geltenden Regel h a t auch bei SchwefelVerbindungen das zweiwertige Zinn schwächer sauren Charakter als das vierwertige. Wohl aber löst sich Zinn(II)-sulfid in gelbem — also polysulfidhaltigem — Ammoniumsulfid beim Stehenlassen, rascher bei Erwärmen auf, da es d a n n zur Zinn(IV)verbindung oxydiert wird: SnS + (NH 4 ) 2 S 2 = (NH 4 ) a [SnS 3 ] .

Durch Ansäuern erhält man aus dieser Lösung natürlich nicht das braune Zinn(II)-sulfid, sondern das gelbe Z i n n ( I V ) - s u l f i d . Reaktionen der Zinn(IV)-salze. 5. Man tropfe zu der salzsauren ZinnfllJ-chlorid-Lösung Bromwasser, bis die gelbe Farbe eben bestehen bleibt, und entferne den Überschuß an freiem Brom durch Zutropfen von verdünnter SnCl 2 -Lösung. Durch die oxydierende Wirkung des Broms werden die Zinn(II)- in Zinn(IV)-ionen überführt: Sn 2+ + Br2 = Sn 4+ + 2Br~. Die so erhaltene Zinn(IV)-salz-Lösung ist stark hydrolytisch, g e s p a l t e n ; das gebildete Zinn(IV)-hydroxyd bleibt jedoch k o l l o i d (vgl. S. 136) gelöst. Durch Zugabe von Salz-Lösungen (es eignen sich besonders Sulfate, auch Schwefelsäure selbst) oder durch Aufkochen läßt sich der kolloide Zustand zerstören, Zinn(IV)-hydroxyd fällt aus.

6. Eine kleine Probe der Zinn (IV) -safe-Lösung werde verdünnt und aufgekocht, eine zweite Probe mit wenig konzentrierter Schwefelsäure oder der starken Lösung eines Alkalimetallsulfats versetzt: Bei beiden Proben t r i t t eine T r ü b u n g von Zinn(IV)-hydroxyd infolge von Zerstörung der kolloiden Lösung auf (vgl. S. 137). Die soeben dargestellte Zinn(IV)-salz-Lösung den Umsetzungen benutzt:

werde ferner zu folgen-

7. Natronlauge fällt, in sehr geringer Menge zugesetzt, Z i n n ( I V ) h y d r o x y d , „ a - Z i n n s ä u r e " . Ein Überschuß löst zum S t a n n a t : Sn(OH)4 + 2NaOH = Na 2 [Sn(OH) a ] .

Man überzeuge sich, daß sich „ b - Z i n n s ä u r e " (vgl. S. 134), die sich durch Behandeln von Zinn mit konzentrierter Salpetersäure oder durch Abrauchen irgendeiner Zinnsalz-Lösung mit konzentrierter Salpetersäure bildet, in Natronlauge oder Salzsäure n i c h t löst. Dagegen läßt sie sich durch Behandeln mit schmelzendem Natriumhydroxyd (vgl. S. 131 u. 134) im Nickeltiegel in Natriumstannat überführen. 8. Schwefelwasserstoff fällt gelbes Z i n n (IV) - s u l f i d , das sich in gelbem wie in farblosem Ammoniumsulfid zu A m m o n i u m t h i o s t a n n a t löst. Aus dieser Lösung wird durch Säuren Zinn(IY)-sulfid wieder gefällt.

136

Kolloide Lösungen

Auch sonst neigen die Zinn(IY)-ionen zu Komplexbildung. So verbindet sich Zinntetrachlorid mit Ammoniumchlorid zum Ammoniums&lz der komplexen (Hexa)chlorozinn(IV)-säure („Pinksalz"). SnCl4 + 2 NH4C1 = (NH4)2[SnCl«] . 9. Man löse eine Probe dieses schön kristallisierten Salzes in Wasser auf: es löst sich klar. Die Hydrolyse ist wegen der Komplexbildung viel schwächer als in einer Lösung von Zinn(IV)-chlorid allein. Durch Schwefelwasserstoff wird aus der Lösung Zinn(IV)-sulfid gefällt; der Komplex ist also nicht sehr stark. Oxydations-Reduktions-Reaktionen. 10. Man schmelze in einem einseitig geschlossenen Glasröhrchen etwas festes Zinn(II)-chlorid mit etwa gleichen Teilen von wasserfreiem Natriumcarbonat und Natriumcyanid. Im geschlossenen Ende des Röhrchens sieht man ein Tröpfchen geschmolzenen Z i n n s , das man nach dem Abkühlen durch Zerschlagen des Rohres leicht von der erstarrten Salzschmelze trennen kann. 11. Man versetze sowohl Zinn(II)- als auch Zinn(IV)-chlor id-\^ösmig mit einigen Stückchen Zink. In beiden Fällen scheidet sich Z i n n m e t a l l langsam feinkristallinisch als schwammige glitzernde Masse ab. 12. Man behandle eine salzsaure ZinnfIV)-safe-Lösung mit Eisenpulver. E s erfolgt keine Abscheidung von Zinnmetall, sondern unter Wasserstoffentwicklung nur Reduktion zu Zinn(II)-ionen, deren Anwesenheit man an ihrer R e d u k t i o n s w i r k u n g , z. B. gegenüber Quecksilber (II)-Verbindungen (vgl. S. 111, Nr. 18), erkennt: Man filtriere die soeben erhaltene Lösung und gebe zu dem Filtrat etwas Quecksilber (II)cAiorod-Lösung; es fällt weißes Q u e c k s i l b e r ( I ) - c h l o r i d bzw. graues Q u e c k s i l b e r m e t a l l aus. Ein Beispiel für die R e d u k t i o n s w i r k u n g v o n Z i n n ( I I ) - v e r b i n d u n g e n in a l k a l i s c h e r Lösung werden wir auf S. 153 kennenlernen.

Kolloide Lösungen Schon mehrfach haben wir Beispiele dafür kennengelernt, daß Stoffe, die nach ihrer äußerst geringen Löslichkeit ausfallen sollten, unter gewissen Bedingungen in Lösung bleiben, so z. B. S. 106, Nr. 6 am Zinkhydroxyd, S. 115, Nr. 8 am Eisensulfid, S. 121, Nr. 3 am Nickelsulfid und insbesondere S. 135, Nr. 5 und 6 an a-Zinnsäure. Die nähere Untersuchung zeigt, daß die so erhaltenen Lösungen gegenüber den gewöhnlichen Lösungen wesentliche Unterschiede aufweisen: Molekulargewichtsbestimmungen haben ergeben, daß die gelösten Teilchen in ihnen nicht aus Einzelionen oder -molekeln bestehen, sondern 1000bis 1000000 mal so groß sein müssen. Dementsprechend gehen sie zwar meist noch durch die großen Poren eines Papierfilters hindurch, sie diffundieren aber nicht mehr durch die engen Poren einer Pergamentmembran. Läßt man einen Lichtstrahl seitlich durch die Lösung hindurchtreten, so zeichnet er sich leuchtend ab (Tyndall-Effekt), ähnlich wie Staubteilchen in einem Sonnenstrahl aufleuchten; kolloide Lösungen erscheinen deshalb, obwohl sie im durchfallenden Licht klar auasehen, bei schräger Beleuchtung trüb, opaleszierend. So kann man auch in solchen Lösungen mit Hilfe des sogenannten „Ultramikroskops" die einzelnen Teilchen, die im durchfallenden Licht wegen ihrer Kleinheit un-

Kolloide Lösungen

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sichtbar bleiben, bei seitlicher Beleuchtung an den durch sie hervorgerufenen Beugungserscheinungen wahrnehmen (Einzelmolekeln hingegen sind so klein, daß sie selbst auf diese Weise mit sichtbarem Licht nicht erkennbar werden). Man bezeichnet solche Lösungen nach dem Vorschlag ihres Entdeckers, des Engländers G r a h a m , als kolloide („leimartige") Lösungen. Zeigen die eben genannten Versuche, daß die gelösten Teilchen in kolloiden Lösungen sehr viel größer sind als in den echten Lösungen, so läßt sich andererseits leicht nachweisen, daß sie viel kleiner sind als die in „Suspensionen" (z. B. Lehmwasser) enthaltenen Teilchen. So setzen sie sich z. B. beim Stehen oder Zentrifugieren nicht ab, sie sind mit einem gewöhnlichen Mikroskop nicht zu sehen, sie gehen durch ein Papierfilter hindurch u. a. m. Da es sich bei den kolloiden Lösungen meist um äußerst schwer lösliche Stoffe handelt, die sich eigentlich zu größeren Teilchen vereinigen und ausfallen müßten, so muß es eine Ursache geben, die ihre Vereinigung verhindert. Es ist dies ihre elektrische Ladung. D i e T e i l c h e n e i n e r k o l l o i d e n L ö s u n g s i n d a l l e i m g l e i c h e n S i n n e g e g e n d a s L ö s u n g s m i t t e l a u f g e l a d e n 1 ) . Treffen daher zwei Teilchen infolge der Wärmebewegung aufeinander, so stoßen sie einander elektrostatisch ab und entfernen sich wieder voneinander. Freilich ist diese Aufladung nicht so stark wie bei Ionen, bei denen ja jedes einzelne Atom oder zum mindesten jede Gruppe aus wenigen Atomen eine oder mehrere Ladungen trägt. Bei den Kolloiden kommt im Gegensatz dazu erst auf sehr viele Atome eine Ladung. Diese Ladung der Kolloidteilchen kann verschiedene U r s a c h e n haben. So können z. B. bei einer kolloiden Säure, wie z. B. Zinnsäure, von den an der Oberfläche liegenden Atomgruppen H+-Ionen in die Lösung geschickt werden. Das Kolloid ist in diesem Falle negativ geladen. Gibt das Kolloid OH~Ionen ab, so bleibt es positiv geladen zurück. Kolloidteilchen von Aluminium-, Eisen(III)- und Chrom(III)-hydroxyd sind daher positiv geladen. Die Metallionen an der Oberfläche vieler kolloider Sulfide binden S^-Ionen aus der Lösung; diese Sulfide sind dann negativ geladen. Versetzt man andererseits eine sehr verdünnte Natriumjodid-Lösung mit einem kleinen Überschuß an Silbernitrat-Lösung, so sind die entstehenden Silberjodid-Teilchen positiv geladen, weil an der Oberfläche der Kolloidteilchen Ag + -Ionen adsorbiert werden. — I n den kolloid gelösten Teilchen können die Atome bzw. Molekeln entweder — wie in einem makroskopischen, mit dem Auge unmittelbar sichtbaren Kristall — regelmäßig angeordnet sein (das ist z. B. in den Teilchen einer kolloiden Goldlösung der Fall), sie können aber auch zu einem ungeordneten Haufwerk zusammengeballt, amorph (vgl. S. 63) sein (z. B. bei den meisten kolloiden Lösungen von Hydroxyden). Eine Zerstörung der kolloiden Lösung, ein „ Ausflocken" des Kolloids, kann man auf verschiedenen Wegen erreichen. Oft hilft Erwärmen der Lösung bis zum K o c h e n . Hierdurch wird die Bewegung der Teilchen vergrößert. Sie treffen infolgedessen mit solcher Wucht aufeinander, daß die elektrostatische Abstoßung nicht mehr ausreicht, um eine Vereinigung zu verhindern. Oder aber man neutralisiert die Ladungen in geeigneter Weise. So fällen sich z. B. kolloide Lösungen mit entgegegengesetzt geladenen Teilchen innerhalb gewisser Konzentrationsgrenzen g e g e n s e i t i g aus, wobei eine Zusammenlagerung beider Kolloide zu einer sogenannten ,,Adsorptionsverbindung" stattfindet. So fällt z. B. eine kolloide Eisen(III)-hydroxyd-Lösung eine kolloide Antimonsulfid-Lösung. Meist benutzt man zum Ausflocken kolloider Lösungen E l e k t r o l y t e , von denen die der Ladung der Kolloidteilchen entgegengesetzt geladenen Ionen wirksam sind. Die Wirkung des Elektrolyten steigt mit der Ladung des fallenden Ions; so wirken z. B. auf negativ geladene Kolloide Ca 2+ - und insbesondere Al 3+ -Ionen viel stärker fällend als etwa K+-Ionen. Besonders wirksam ist auch das H+-Ion wegen seiner geringen Größe. Nur in der organischen Chemie kennt man Teilchen, die auch o h n e elektrische Ladung aus anderen Gründen kolloide Lösungen zu bilden vermögen.

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Kolloide Lösungen

1. Man verdünne Kupfersulfat-Lösung sehr stark u n d verteile sie auf zwei Probiergläser. Zu der einen Probe gebe m a n reichlich, konzentrierte Salzsäure u n d fälle dann beide Lösungen mit Schwefelwasserstoffwasser. I n der säurefreien Lösung entsteht nur eine braune Färbung; das gebildete Sulfid f l o c k t äußerst langsam aus. I n der zweiten, salzsäurehaltigen Probe ballt sich der Niederschlag rasch zu schwarzen Flocken zusammen. Erwärmen beschleunigt dies noch. Sollte auch in der säurefreien Lösung sofort eine Fällung auftreten, so sind die Versuche mit stärker verdünnten Lösungen zu wiederholen. 2. E t w a s Eisen(III)-chlorid-Lösung des Laboratoriums werde mit Wasser so stark verdünnt, daß sie fast farblos erscheint. Eine Probe d a v o n reagiert intensiv mit Kaliumrhodanid, ein Zeichen dafür, das E i s e n ( I I I ) i o n e n vorhanden sind. Eine zweite Probe werde n u n aufgekocht, wobei sie sich dunkler, braunstichig färbt; jetzt gibt diese Probe auf Zusatz v o n Kaliumrhodanid keine Rotfärbung mehr; nach einiger Zeit scheiden sich einige Flöckchen v o n Eisen(III)-hydroxyd aus. N a c h d e m Aufkochen waren also k e i n e E i s e n ( I I I ) - i o n e n mehr in der Lösung, sondern alles Eisen(III)-chlorid war unter Hydrolyse in Chlorwasserstoff u n d Eisen(III)-hydroxyd übergegangen, welches letztere kolloid gelöst blieb u n d erst durch Zusatz eines Elektrolyten (Kaliumrhodanid) ausgeflockt wurde. A u c h in gewöhnlichen Eisen(III)-chlorid- u n d Aluminiumchlorid-Lösungen ist diese Hydrolyse teilweise schon vor sich gegangen {vgl. S. 77 u. 79/80). Kolloide Lösungen nennt man auch Sole; ist Wasser das Lösungsmittel, so spricht man von H y d r o s o l e n . Beim Eindampfen hinterlassen die Sole einen festen Rückstand. I n einigen Fällen löst sich dieser ohne weiteres in dem ursprünglichen Lösungsmittel wieder kolloid auf, z. B. Leim, Molybdänblau in Wasser ( r e v e r s i b l e K o l l o i d e ) ; in anderen Fällen nicht, z . B . Gold, Kieselsäure ( i r r e v e r s i b l e K o l l o i d e ) . Die aus Solen durch Eindampfen oder Ausflocken erhaltenen Bückstände können lösungsmittelfrei sein (z. B. Gold aus wäßriger kolloider Goldlösung), oft enthalten sie aber eine große Menge des Lösungsmittels mehr oder weniger fest, aber nicht in stöchiometrischem Verhältnis gebunden und bilden schleimige Flocken, die man sich wie einen Schwamm als von feinsten unregelmäßigen Kanälen durchzogen vorstellen muß. Solche Gebilde bezeichnet man als Gele; sind sie aus Wasser gewonnen, als H y d r o g e l e (Beispiel: Aluminiumhydroxyd). Wegen ihrer eigenartigen Struktur ist die Oberfläche der Gelteilchen sehr groß. Sie besitzen deshalb gewisse charakteristische Eigenschaften, besonders ein großes „ A d s o r p t i o n s v e r m ö g e n " : Fremdstoffe werden an ihrer Oberfläche festgehalten. Gele entstehen nicht nur bei der Zerstörung von Solen; gewisse schwer lösliche Stoffe können, wenn man sie durch Zusammengeben entsprechender Lösungen ausfällt, auch ohne erkennbares Durchlaufen des Solzustandes unmittelbar als Gele entstehen, insbesondere viele Hydroxyde, z. B. von Aluminium, Eisen, Silicium. Frisch ausgefällte Gele sind r e a k t i o n s f ä h i g , lösen sich z. B. rasch in geeigneten Lösungsmitteln. I m Laufe der Zeit, besonders in der Wärme, werden sie reaktionsträger, sie a l t e r n ; dabei spalten sie — selbst bei Aufbewahrung unter überschüssigem Lösungsmittel — in mehr oder weniger großem Umfang die gebundenen Lösungsmittelanteile ab. Beim F i l t r i e r e n und A u s w a s c h e n von Fällungen, die die Neigung haben, kolloide Lösungen zu bilden, muß man besondere Vorsichtsmaßregeln anwenden, um zu verhindern, daß der abfiltrierte Niederschlag „durchs Filter läuft". Man

Blei

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wäscht deshalb in solchen Fällen nicht mit reinem Wasser, sondern mit Lösungen geeigneter Elektrolyte aus, die das Entstehen der kolloiden Lösungen verhindern und die ferner beim Glühen des Niederschlages durch Verdampfen entfernt werden können. So wäscht man z. B. a-Zinnsäure mit verdünnter Salpetersäure, Aluminiumhydroxyd mit heißer Ammoniumnitratlösung usw. Namentlich f ü r die quantitative Analyse ist dies von Bedeutung. Blei Das grauglänzende, weiche, dehnbare Metall löst sich in Salpetersäure zu Bleinitrat, das sich ebenso wie die überwiegende Mehrzahl der Bleiverbindungen vom zweiwertigen Blei ableitet. Schwerlöslich sind das Oxyd P b O , das Hydroxyd Pb(OH),, das Sulfat P b S 0 4 , das Chromat PbCr0 4 , das Jodid P b J 2 ; ziemlich schwer löslich ist das Chlorid PbCl 2 . Bleimonoxyd, „Bleiglätte" PbO ist von gelbbräunlicher Farbe, Bleijodid ist gelb; die übrigen Blei(II)-Verbindungen mit farblosem Anion sind farblos. Von den Verbindungen der vierwertigen Stufe ist hier nur das Bleidioxyd P b 0 2 zu nennen. Ferner kennt man noch ein rotes Oxyd, die Mennige, die zwei2+

4+

und vierwertiges Blei enthält und gemäß der Formel Pb 2 [Pb0 4 ] formal so auf2+ gefaßt werden kann, als ob das mehr basische Pb(OH), mit dem mehr sauren 4+

H 4 P b 0 4 ein Salz gebildet hätte (vgl. auch S. 92). Durch die starke Salpetersäure wird die schwache Bleisäure ausgetrieben; es bildet sich neben dem löslichen Bleinitrat Pb(N0 3 ) 2 das unlösliche Anhydrid P b 0 2 der Bleisäure. Die Säure selbst ist nicht herstellbar; sie zerfällt ähnlich der Kohlensäure in Bleidioxyd und Wasser. B l e i s a l z e s i n d g i f t i g ! Bleirohrleitungen, die wegen ihrer leichten Verformbarkeit zu Abfallwasserleitungen benutzt werden, bilden oberflächlich eine Haut von Sulfat oder Carbonat, die verhindert, daß Blei in Lösung geht. Auf diese Weise ist Blei sogar gegen mäßig konzentrierte Schwefelsäure ziemlich beständig. Die folgenden Umsetzungen der Blei(II)-salze (früher Plumbosalze) führe man mit Bleinitrat-Lösung aus : 1. Natronlauge fällt weißes B l e i h y d r o x y d aus, das sich i m Uberschuß der Lauge, namentlich beim Erwärmen, leicht als N a t r i u m ( b v d r o x o ) p l u m b i t löst. Pb(N0 3 ) 2 + 2NaOH = Pb(OH) 2 + 2 N a N 0 3 Pb(OH) 2 + 2NaOH = Na 2 [Pb(0H) 4 ] . 2. Ammoniak auf.

fällt B l e i h y d r o x y d ; ein Überschuß löst es nicht wieder

3. Natriumkarbonat fällt b a s i s c h e s B l e i c a r b o n a t v o n wechselnder Zusammensetzung ( „ B l e i w e i ß " ) . 4. Salzsäure fällt weißes B l e i c h l o r i d . Beim Auf kochen der gegebenenfalls stark zu verdünnenden Mischung löst sich dieses u n d kristallisiert beim Erkalten in langen glänzenden Nädelchen wieder aus. 5. Natriumjodidfällt gelbes B l e i j o d i d , das sich i n Wasser noch weniger löst als Bleichlorid. B e i m Aufkochen der s t a r k v e r d ü n n t e n Mischung löst es sich u n d kristallisiert beim Abkühlen in gelben, prächtig glitzernden Blättchen wieder aus.

140

Blei

6. Schwefelsäure fällt das in Wasser sehr wenig lösliche, in Alkohol fast unlösliche B l e i s u l f a t . Dieses ist in verdünnter, namentlich warmer Salpetersäure etwas löslich. Mit Natronlauge löst es sich glatt unter Bildung von Plumbit. Auf Zusatz von Weinsäure und AmmoniakLösung geht es in der Hitze langsam in das Ammoniumsalz einer innerkomplexen Bleiweinsäure über, deren Formel nicht sicher ist. Der Schwerlöslichkeit des Bleisulfats entspricht es, daß auch B l e i c h r o m a t schwer löslich ist, wie es S. 126, Nr. 11 bereits besprochen wurde.

7. Schwefelwasserstoff oder Ammoniumsulfid fällen schwarzes B l e i sulf id. Aus chloridhaltigen Lösungen fällt zunächst — ähnlich wie bei Quecksilber(II)-salzen — ein orangebraunes sulfobasisches Salz. Bleisulfid löst sich n i c h t in Ammoniumsulfid-Lösung. Bietdioxyd. 8. Etwas Bleiacetat-Lösung des Laboratoriums werde mit einer ohne Erwärmen frisch bereiteten starken Natriumperoxyd-Löamxg versetzt; es fällt dunkelbraunes B l e i d i o x y d P b 0 2 aus. Pb(CH 3 C0 2 ) 2 + Na 2 0 2 = P b 0 2 + 2Na(CH 3 C0 2 ).

9. Eine zweite Probe Bleiacetat-Lösung werde mit Bromwasser versetzt; es fällt ebenfalls B l e i d i o x y d aus. Pb(CH 3 C0 2 ) 2 + Br 2 + 2 H 2 0 = P b 0 2 + 2 CH 3 C0 2 H + 2 H B r .

10. Etwas Mennige werde mit Salpetersäure Übergossen. Die Masse färbt sich dunkel (Pb0 2 ); im Filtrat läßt sich das gebildete Bleinitrat durch eine der oben beschriebenen Bleireaktionen nachweisen. Reduktion zum Metall. 11. Um aus Bleiverbindungen m e t a l l i s c h e s B l e i zu gewinnen, schmelze man sie mit wasserfreiem Natriumcarbonat und Kohle zusammen. Um diese Umsetzung mit kleinen Mengen sicher ausführen zu können, breche man von einem Streichhölzchen die Kuppe ab, tränke das Holz durch Abstreichen eines Kristalls von wasserhaltiger Soda,; der durch kurzes Einhalten in eine Flamme oberflächlich zum Schmelzen gebracht ist, zu zwei Dritteln mit Soda und glühe den bestrichenen Teil des Hölzchens, bis das Holz verkohlt ist und der nach dem Verjagen des Kristallwassers wieder fest gewordene Natriumcarbonatüberzug eben zu schmelzen beginnt. Dann bringe man an die Spitze ein wenig des auf Blei zu prüfenden Stoffs und glühe die Stelle, an der sich die Probe befindet, im Reduktionsraum der Bunsenbrennerflamme (vgl. S. 8), bis das Natriumcarbonat geschmolzen ist und die Spitze des Kohlestäbchens völlig überzogen hat. Dabei sieht man das entstandene Metallkügelchen in der Schmelze schwimmen. Nach dem Erkalten kann man es mit einiger Vorsicht leicht herauspräparieren und mit dem Messer auf seine Weichheit — es muß sich leicht zu einer Platte drücken lassen — prüfen. Auf Papier gibt es einen „Bleistrich". Ähnliche Metallkügelchen erhält man aus Zinn-, Silber-, Antimon- und Wismutverbindungen.

12^ Mit einiger Vorsicht gelingt es unschwer, das Bleikügelchen auf einem Objektträger in einem Tropfen Salpetersäure und einem Tropfen

Sulfide

141

Wasser zu lösen, die überschüssige Säure wegzudampfen, den Rückstand in zwei Tropfen Wasser zu lösen und in Teilen der Lösung des Blei durch einige M i k r o r e a k t i o n e n (z. B. als P b C r 0 4 , PbJ 2 ) auch chemisch sicher nachzuweisen. Man führe dies durch. 13. Aus seinen L ö s u n g e n wird Blei durch unedlere Metalle in feinen Blättchen als „ B l e i b a u m " ausgefällt. Man stelle den Versuch mit einem halben Probierglas voll Bleinitrat-Lösung an, in der man einen Streifen Zinkblech über Nacht stehen läßt.

Sulfide Die Sulfide zeigen in ihrem Verhalten gegenüber Wasser, Alkalien und Säuren große Unterschiede. Alkalimetallsulfide sind in Wasser leicht und unzersetzt löslich. Die Erdalkalimetallsulfide dagegen sind aus wäßriger Lösung nicht erhältlich; auf trockenem Wege dargestellte Präparate zersetzen sich unter Hydrolyse mit Wasser vollständig. Mangan(II)-sulfid ist zwar wasserbeständig, fällt aber nur aus alkalischen Lösungen. Eisen-, Kobalt- und Nickelsulfid fallen zwar bei Zugabe von Schwefelwasserstoff auch aus neutralen Lösungen, aber unvollständig. Zinksulfid läßt sich schon aus essigsaurer Lösung quantitativ ausscheiden. Cadmiumsulfid fällt auch aus schwach mineralsaurer Lösung, löst sich aber in stärker sauren Lösungen auf. Kupfer-, Blei- und Quecksilbersulfid schließlich lassen sich sogar aus stark salzsauren Lösungen abscheiden. Als besonders unempfindlich gegen hohe Säurekonzentration erweist sich dabei das Quecksilbersulfid. Der Unterschied zwischen dem Verhalten der einzelnen Sulfide liegt darin begründet, daß sich die Löslichheitsprodukte — obwohl sie bei allen Schwermetallsulfiden klein sind — s t a r k v o n e i n a n d e r u n t e r s c h e i d e n . Sie steigen in der Reihenfolge: HgS, CuS, CdS, ZnS, FeS, MnS, CaS. Beim Hg 2 +-Ion genügt also schon eine äußerst geringe S a_ -Ionenkonzentration, um das Löslichkeitsprodukt des Sulfids zu überschreiten. Bei Mn 2+ -Ionen dagegen ist schon eine merkliche S 2_ -Ionenkonzentration zur Ausscheidung des Sulfids erforderlich. Beim Calcium schließlich reicht auch die höchste erreichbare S 2_ -Ionenkonzentration nicht zur Fällung aus. Nun besagt das M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z über die Abhängigkeit der S 2 - Ionenkonzentration von p H -Wert der Lösungen folgendes: Schwefelwasserstoff dissoziiert nach den Gleichungen: H2S ^ H+ + H S " und H S H+ + S 2 -. Dies liefert die Beziehungen: [H+MHS-] [H+]-fSH Kl Und 2[H^] ~[HST~ Multipliziert man diese Gleichungen, so folgt: |-H+]2 • [S 2 -] Kl |H 2 S] Zu jeder H+-Ionenkonzentration gehört also eine ganz bestimmte S 2_ -Ionenkonzentration. Ist [H + ] sehr groß ( s t a r k s a u r e Lösung), so ist [ S 2 - ] sehr klein, und es werden nur die Sulfide mit dem allergeringsten Löslichkeitsprodukt ausfallen (HgS, CuS, PbS). Ist [H + ] dagegen sehr klein ( a l k a l i s c h e Lösung), so ist [S 2 _ ] groß und es fällt auch das verhältnismäßig leicht lösliche Mangan(II)sulfid aus. Unterhalb bestimmter [H+]-Werte mittlerer Größe fallen entsprechend Sulfide mit mittleren Löslichkeitsprodukten (CdS, ZnS) aus.

142

Arsengruppe — Arsen

Diese Abstufung der Löslichkeitsprodukte ist von großer Bedeutung, weil man es durch eine genügend hohe H+-Ionenkonzentration (also Fällung in saurer Lösung) erreichen kann, daß nur ein Teil der schwer löslichen Sulfide ausfällt. Bei Erniedrigung der H+-Ionenkonzentration durch Zugabe von Ammoniak — oder, was die gleiche Wirkung hat, bei Zugabe von Ammoniumsulfid — fallen dann auch die übrigen Sulfide aus. Auf diese Weise kann man bei der Analyse, die Elemente in drei Gruppen scheiden: Solche, die auch in s a u r e r Lösung Sulfide bilden, solche, die als Sulfid nur aus a l k a l i s c h e r Lösung ausfallen, und schließlich solche, die mit S 2_ -Ionen überhaupt k e i n e Niederschläge bilden. Die wasserunlöslichen Sulfide lassen sich nun noch weiterhin in die mit basischem und die mit saurem Charakter (vgl. S. 133) trennen, indem man letztere in die löslichen Alkalimetallsalze ihrer Thiosäuren überführt. Dies kann man nach S. 133 mit A m m o n i u m s u l f i d l ö s u n g odernach S. 131 durch Aufschluß mittels der N a t r i u m c a r b o n a t - S c h w e f e l - S c h m e l z e erreichen. Diese verschiedenen Trennungsmöglichkeiten machen verständlich, warum der Schwefelwasserstoff trotz seiner unangenehmen physiologischen Eigenschaften ein im analytischen Laboratorium so viel benutztes Reagens ist.

Arsengruppe Als „Arsengruppe'' seien die Elemente Arsen, Antimon und Wismut zusammengefaßt. Außerdem gehören in diese Gruppe des Perioden-Systems noch die in ihren wichtigsten Verbindungen schon besprochenen Elemente S t i c k s t o f f und P h o s p h o r . I n dieser Fünfergruppe von Elementen zeigen sich zahlreiche Gesetzmäßigkeiten, wenn man die Elemente nach den Atomgewichten ordnet: J e größer das Atomgewicht ist, desto höher liegen die Siedepunkte. (Die Schmelzpunkte dagegen zeigen ein verwickeltes Verhalten!) Ausgesprochen metallische Eigenschaften hat das Wismut; die übrigen sind um so deutlicher Nichtmetalle, je kleiner das Atomgewicht ist. Das Wismuthydroxyd ist eine Base, die übrigen Hydroxyde haben mit fallendem Atomgewicht steigend immer stärker saure Eigenschaften. Der Siedepunkt der Trichloride, die flüssig oder leicht schmelzbar sind, steigt mit zunehmendem Molekulargewicht. Alle Elemente dieser Gruppe bilden Verbindungen mit Wasserstoff von der Formel X H 3 , die mit steigendem^Atomgewicht des Elements unbeständiger werden.

Arsen Arsen bildet spröde, metallisch glänzende Kristalle oder dunkelgraue Stücke, die an der Luft matt werden, da sie sich oberflächlich zu As 2 0 3 (Arsen(III)oxvd oder Diarsentrioxyd, abgekürzt Arsentrioxyd) oxydieren. Bei Atmosphärendruck läßt sich Arsen nicht schmelzen, da es vorher sublimiert. Sein Dampf riecht knoblauchartig. Von den Verbindungen der dreiwertigen Stufe ist A r s e n ( I I I ) - o x y d As 2 0 3 („Arsenik") nur wenig in Wasser löslich; die Lösung reagiert schwach sauer, weil sich a r s e n i g e S ä u r e H 3 As0 3 bildet. Starken Säuren gegenüber kann diese auch als Base reagieren. So ist z. B. die Löslichkeit von Arsenik nicht nur in Natronlauge, sondern auch in starker Salzsäure wesentlich größer als in Wasser. Das im zweiten Falle gebildete Trichlorid AsC13 erfährt als Salz einer sehr schwachen Base durch Wasser eine weitgehende hydrolytische Spaltung; andererseits ist es ausnahmsweise wenig elektrolytisch dissoziiert. Salzsäure drängt die Hydrolyse und die Dissoziation zurück; deshalb geht beim Kochen einer stark mit Salzsäure versetzten Arsenigsäure-Lösung Arsen als leichtflüchtiges Arsentrichlorid mit den Dämpfen der Salzsäure fort.

Arsen

143

Dagegen läßt sich eine Lösung der A r s e n s ä u r e , in der das Arsen fünfviertig ist, auch nach dem Versetzen mit Salzsäure fast ohne Verlust an Arsen eindampfen» weil beim Arsen (im Gegensatz zum Phosphor und Antimon!) ein Pentachlorid AsC15 nicht existiert. Eine Lösung von Arsensäure erhält man leicht durch Oxydation von Arsen(III)-oxyd bei Gegenwart von Wasser. Die durch Fällung daraus entstehenden Salze leiten sich meist von der Orthosäure H 3 A s 0 4 ab» manchmal jedoch auch von der Pyro- bzw. der Metasäure (H 4 As 2 0 7 bzw. H A s 0 3 ) . Man muß daher annehmen, daß in der Lösung verschiedene Hydratationsstufen nebeneinander vorhanden sind, die sich — anders als bei der Phosphorsäure! — sehr leicht ineinander umwandeln. Durch Fällung mit irgendeiner Salzlösung entsteht jeweils die Verbindung, die am schwersten löslich ist. — Durch Einengen einer Arsensäure-Lösung erhält man Kristalle der Zusammensetzung H 3 A s 0 4 • '/ 2 H 2 0. Durch Erhitzen entstehen daraus zunächst wasserärmereVerbindungen, deren Zusammensetzung jedoch nicht der Pyro- oder Metaphosphorsäure entspricht. Als Endprodukt der Entwässerung bildet sich schließlich As 2 0 5 ( A r s e n ( V ) - o x y d oder Diarsenpentoxyd, abgekürzt Arsenpentoxyd). (Gegensatz zu Phosphorsäure, die sich nur bis zur Metasäure entwässern l ä ß t ! ) — Die A r s e n a t e sind den Phosphaten außerordentlich ähnlich. So ist an dem P a a r K H 2 P 0 4 und K H 2 A s 0 4 von M i t s c h e r l i c h die „Isomorphie" entdeckt worden, d. h. die Tatsache, daß zwei Stoffe verschiedener Zusammensetzung nahezu die gleiche Kristallgestalt besitzen und Misch- und Überwachsungskristalle bilden können. Dementsprechend sind auch die chemischen Umsetzungen von Arsen- und Phosphorsäure sehr ähnlich, so daß man sich vor Irrtümern hüten muß. Eine Abtrennung des Arsens läßt sich jedoch leicht über die s c h w e r l ö s l i c h e n S u l f i d e As 2 S 3 bzw. As 2 S 5 durchführen. Auch läßt sich Arsensäureim Gegensatz zur Phosphorsäure schon durch schwache Reduktionsmittel bis zur dreiwertigen Stufe, durch starke bis zum elementaren Arsen oder sogar zum Arsenwasserstoff reduzieren. Arsen Verbindungen sind sehr giftig! Namentlich beim Experimentieren m i t Arsenwasserstoff und anderen flüchtigen Arsenverbindungen ist g r ö ß t e V o r s i c h t erforderlich!

Arsen und Arsenik. 1. Man erhitze ein Stückchen Arsen von der Größe einer Erbse in einem trockenen Probierglas (Abzug!). Zuerst, sublimiert etwas Arsen(III)-oxyd und bildet einen weißen Beschlag. Erhitzt man so stark, daß das Glas erweicht, so beginnt das Arsen zu sublimieren und sich in den kälteren. Teilen des Rohres als schwarzer, spiegelnder Beschlag („Arsenspiegel") niederzuschlagen. Wenn alles. Arsen verdampft ist, unterbreche man den Versuch und zerschlage nach dem Abkühlen das Glas. Das aus metallisch glänzenden Kristallen bestehende Sublimat läßt sich von den Glasscherben leicht ablösen. 2. Ein stecknadelkopfgroßes Stück Arsen werde unter dem Abzug: mit der Lötrohrflamme auf Kohleunterlage erhitzt. Es verdampft und wird zum Teil zu Arsen(III)-oxyd oxydiert, das als weißer Rauch entweicht oder sich auf den kälteren Stellen der Kohle als Beschlag niedersetzt. Dabei zeigt sich der eigentümliche Geruch des Arsendampfa deutlich. 3. Arsen(III)-oxyd ist ein weißes kristallines Pulver oder — als. zweite Modifikation — eine glasartige, amorphe Masse, die beim Aufbewahren langsam in die kristalline Modifikation übergeht. Beim Sublimieren setzt sich Arsen(III)-oxyd in kleinen stark lichtbrechenden Oktaedern ab. Man sublimiere im einseitig geschlossenen Röhrchen einige:

144 Körnchen Arsen(III)-oxyd Mikroskop.

Arsen und betrachte das Sublimat unter dem

4. Unter dem Einfluß von R e d u k t i o n s m i t t e l n (Natriumcyanid vgl. S. 134 u n d 136, Nr. 10, Kohle, Zinn(II)-chlorid) geht Arsenik leicht in A r s e n über. Man erhitze ein kleines Körnchen von Arsen(III)-oxyd oder einer beliebigen Arsenverbindung im einseitig geschlossenen Glasröhrchen mit ein wenig eines Gemisches von gleich viel trockenem Natriumkarbonat und Natriumcyanid. An den kälteren Teilen des Röhrchens bildet sich ein A r s e n s p i e g e l . 6. Man ziehe ein Stück Glasrohr zu einem etwa 2 m m weiten, etwa 2—3 cm langen Röhrchen aus, wie es Fig. 23 zeigt. I n die verschlossene Spitze bringe m a n ein Körnchen Arsen(III)-oxyd und lege ein schon vorher passend zurechtgeschnittenes Splitterchen Holzkohle darüber. N u n c "SS5SS halte m a n das Röhrchen waagerecht Figur 23. Reduktion von Arsenik i n d i e Flamme, so daß zunächst der Kohlesplitter ins Glühen kommt, u n d l i c h t e es dann, ohne die eben erhitzte Stelle aus der Flamme zu bringen, •etwas auf, so d a ß das Arsen(III)-oxyd zu verdampfen beginnt. Sein Dampf streicht dann über die glühende Kohle, wird durch sie reduziert, a n d das gebildete Arsen schlägt sich als schwarzer Spiegel a n der "Übergangsstelle des engen Rohrteils zum Weiten nieder. 6. I n wäßriger Lösung eignet sich zur Reduktion Zinnfll)-chlorid. Zu einigen Körnchen Arsen(III)-oxyd bringe man etwa ein Gramm festes Zinn(II)-chlorid u n d 1—2 ccm konzentrierte Salzsäure. Beim Stehenlassen, schneller beim gelinden Erwärmen, bildet sich durch Red u k t i o n elementares Arsen, das in kolloider Form die Lösung bräunt u n d später in Flocken ausfällt ( „ B e t t e n d o r f s A r s e n p r o b e " ) . Reaktionen der arsenigen Säure. 7. Man koche eine Spatelspitze Arsen(III)-oxyd in einem Kölbchen einige Minuten mit etwa 10 ccm Wasser, filtriere die Lösung ab, so d a ß das Ungelöste möglichst im Kölbchen bleibt, und hebe es zur Darstellung von Arsensäure (Vers. N r . 14) im Kölbchen auf. Das Filtrat, das a r s e n i g e S ä u r e gelöst enthält, benutze m a n zu folgenden Versuchen: 8. Schwefelwasserstoff f ä r b t die Lösung gelb, indem sich kolloides A r s e n ( I I I ) - s u l f i d (oder Diarsentrisulfid) As 2 S 3 bildet. Erst auf Zusatz von Salzsäure oder von Salzen wird das Arsen(III)-sulfid ausgeflockt. I n farblosem Ammoniumsulfid löst sich das Arsen(III)-sulfid zu Ammoniumt h i o a r s e n i t . i n gelbem Ammoniumpolysulfid zu Ammoniumthioarsenat. As2S3 + 3(NH4)2S = 2(NH1)3[ASS3] AS 2 S 3 + 3 ( N H 4 ) 2 S + 2 S = 2 (NH4)3[AsS4] . I n Ammoniumcarbonat-Lösxmg löst sich Arsen(III)-sulfid zu einem Gemisch von Arsenit u n d Thioarsenit.

145

Arsen

9. Silbemitrat fällt zunächst nichts. Wird jedoch zu der Mischung mit einem Glasstab vorsichtig ein Tröpfchen Ammoniak-Lösung gebracht, so wird die freiwerdende Säure neutralisiert und es fällt gelbes Silbera r s e n i t aus (Untersehiedsprobe gegen Arsenate). Salpetersäure löst den Niederschlag wieder auf. Ebenso löst ein Überschuß von AmmoniakLösung: H 3 As0 3 + 3 AgN0 3 + 3NH 3 = Ag 3 As0 3 + 3 N H , N 0 S Ag 3 As0 3 + 3 HN0 3 = 3 AgN0 3 + H 3 AsO s Ag 3 As0 3 + 6NH 3 = [Ag(NH 3 ) 2 ] 3 AsO s .

10. K a k o d y l r e a k t i o n . Ein Körnchen Arsen(III)-oxyd werde mit ein wenig Natriumacetat verrieben und das Gemisch im Glühröhrchen stark erhitzt. Es tritt ein durchdringender, unangenehmer Geruch nach einer organischen Arsenverbindung ( K a k o d y l o x y d ) auf. 11. Schließlich ist zu erwähnen, daß Lösungen von arseniger Säure mit sehr vielen Metallionen in alkalischer Lösung Niederschläge geben, die jedoch meist nicht sehr charakteristisch sind. Man stelle als Beispiel Niederschläge mit Kalkwasser sowie mit (wenig!) Kupfersalz-Lösxmg und Natronlauge her. Arsensäure. Zur Überführung von arseniger Säure in Arsensäure eignen sich die verschiedensten Oxydationsmittel. Analytisch wichtig ist die Umsetzung mit J o d , die nach folgender Gleichung verläuft: [As0 3 ] 3 ~ + J°2 + H 2 0 — [AS0 4 ]^ + 2H+ + 2 J - . Diese Reaktion verläuft je nach der K o n z e n t r a t i o n der H + -Ionen von links nach rechts oder umgekehrt. Hält man [H + ] klein, so erfolgt quantitative Oxydation zur A r s e n s ä u r e . Das Wegfangen der bei der Umsetzung gebildeten H+-Ionen kann natürlich durch Natronlauge erfolgen. Dann würde aber die Entfärbung der Jod-Löaung wenig charakteristisch sein; denn nach S. 158 u. 159, Nr. 11 entfärbt Natronlauge Jod-Lösung auch ohne Gegenwart von arseniger Säure. Das gleiche gilt für Soda-Lösung, die ja infolge von Hydrolyse alkalisch reagiert. Dagegen eignet sich für den Versuch N a t r i u m h y d r o g e n c a r b o n a t , weil es wohl die H + -Ionen unter Bildung der wenig dissoziierten Kohlensäure (bzw. von H a O und C 0 2 , das entweicht) wegfängt, für sich allein jedoch JodLösung nicht entfärbt. — Hält man umgekehrt die H + -Ionenkonzentration groß, so verläuft die Reaktion von rechts nach links.

12. Man gebe zu einer Arsenigsäure-Lösung etwas Natriumhydrogencarbonat-I'ulveT und einige Tropfen Jod- Lösung. Die braune Jodfarbe verschwindet. 13. Man gebe zu der soeben erhaltenen Lösung von Arsensäure und Jod-Ionen nach und nach (Vorsicht wegen des durch die Kohlendioxydentwicklung bedingten Schäumens!) reichlich konzentrierte Salzsäure. Die braune Jodfarbe tritt wieder auf. 14. Für präparative Zwecke eignet sich zur Oxydation besser Salpetersäure. Man übergieße den bei dem Versuch Nr. 7, S. 144 im Kölbchen verbliebenen Rest Arsen(III)-oxyd mit 1—2 ccm konzentrierter Salpetersäure, koche auf und dampfe die Lösung unter dem Abzug in einer Porzellanschale auf dem Sandbad fast zur Trockne ein. Den Rückstand B i l t z , K l e m m , F i s c h e r , Einführung. 45.-47. Aufl.

10

Arsen

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löse man in etwas Wasser und benutze die Lösung zu folgenden U m setzungen der Arsensäure: 15. Schwefelwasserstoffgas fällt in der Kälte aus s t a r k s a l z s a u r e r Lösung gelbes A r s e n ( V ) - s u l f i d (oder Diarsenpentasulfid) As a S 6 . Der Niederschlag ist in Arrmiojiiumsulfid-Tiösxmg zu Ammonium t h i o a r s e n a t löslich. As 2 S 6 + 3 (NH 4 ) 2 S = 2(NH 4 ) 3 [ASS 4 ] .

Auch in Ammoniumcarbonat-Lösxmg löst er sich, und zwar zu einem Gemisch von Arsenat und Thioarsenat. A u s w e n i g e r s t a r k s a u r e n Lösungen fällt ein G e m i s c h v o n Arsen(III)s u l f i d u n d S c h w e f e l ; diese Fällung erfolgt langsam und ist erst nach längerer Zeit vollständig. Es liegt dies daran, daß es sich hier n i c h t um Ionenreaktionen handelt. Vielmehr bilden sich zunächst gemäß: H 3 As0 4 + H a S

H 3 As0 3 S + H 2 0

Monothioarsensäure sowie weitere Zwischenstufen. In stark saurer Lösung setzen sich diese leidlich rasch zu As 2 S 5 um. In schwach saurer Lösung und bei höherer Temperatur ist dagegen unter den verschiedenen möglichen, durchweg langsam verlaufenden Umsetzungen der Monothiosäure der Zerfall in arsenige Säure und Schwefel der verhältnismäßig schnellste und damit der vorherrschende Vorgang. Die so entstehende arsenige Säure setzt sich dann erst mit weiterem Schwefelwasserstoff zu AS2S3 um.

Bei den folgenden Umsetzungen beachte man die Ä h n l i c h k e i t mit den S. 46f. beschriebenen Reaktionen der P h o s p h o r s ä u r e . 16. Wenig Arsensäure-Lösung werde mit Salpetersäure stark angesäuert und mit dem m e h r f a c h e n Volumen AmmoniummolybdatLösung versetzt; bei schwacher (vgl. S. 46, Nr. 2) Erwärmung der Mischung treten eine Gelbfärbung und bald ein gelber Niederschlag vom A m m o n i u m s a l z e d e r k o m p l e x e n M o l y b d a t o a r s e n s ä u r e (NH 4 ) 3 [AS(MO 3 O 1 0 ) 4 ] a u f .

17. Magnesiumsalze fällen aus der mit Ammoniumchlorid- und Ammomafc-Lösung versetzten Arsensäure-Lösung kristallwasserhaltiges A m m o n i u m m a g n e s i u m a r s e n a t NH 4 MgAs0 4 (Mikroskop! Vgl. S. 67, Nr. 8). Fällung stehen lassen für Versuch Nr. 19. 18. Silbernitrat fällt zunächst nichts. Wird aber — am besten tropfenweise mit einem Glasstab — die zur Bindung der freien Säure nötige Menge Ammoniak-Lösung (nicht mehr!) hinzugesetzt, so fällt r o t b r a u nes S i l b e r a r s e n a t . H 3 AS0 4 + 3 A g N 0 3 + 3 N H 3 = Ag 3 As0 4 + 3 N H 4 N 0 3 .

Silberarsenat ist in Salpetersäure und auch in Ammoniak-Lösung löslich. Die Silberarsenatreaktion kann nicht nur zu der E n t s c h e i d u n g dienen, ob d r e i - o d e r f ü n f w e r t i g e s A r s e n vorliegt, sie gestattet auch, im Magnesiumammoniumarsenat-Niederschlag die Arsensäure nachzuweisen und so diesen Niederschlag v o n d e m e n t s p r e c h e n d e n P h o s p h a t n i e d e r s c h l a g zu unterscheiden:

Arsen

147

19. Man lasse den soeben dargestellten Niederschlag von Magnesiumammoniumarsenat eine Viertelstunde stehen, filtriere ab und wasche den Niederschlag auf dem Filter mit Wasser gut aus. Da die Fällung aus Cl--Ionen-haltiger Lösung erfolgte, kann man die erfolgreiche Beendigung des Auswaschens leicht daran feststellen, daß einige Tropfen des ablaufenden Waschwassers, die man in einem Reagensglas auffängt, auf Zusatz von verdünnter Salpetersäure und Silbernitrat-Lösung keine Trübung mehr geben. (In entsprechender Weise verfährt man bei allen analytischen Fällungen!) Ist die beschriebene Prüfung negativ ausgefallen, so werde eine Probe des Niederschlags mit einem Tropfen neutraler Silbemitrat-~Läs,\mg befeuchtet; er färbt sich durch Bildung von Silberarsenat r o t b r a u n . 20. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Arsensäure — ähnlich wie die Phosphorsäure — mit nahezu allen zwei- und dreiwertigen Ionen in a l k a l i s c h e r , zum Teil auch in s c h w a c h s a u r e r L ö s u n g schwer lösliche Niederschläge liefert. Als Beispiel fälle man mit BariumhydroxydLösung B a r i u m a r s e n a t . Arsenwasserstoff AsH 3 und Antimonwasserstoff SbH 3 sind weniger beständig als Ammoniak. Schon beim gelinden Erhitzen zersetzen sie sich in Wasserstoff und Metall, das sich an der Gefäßwand als Spiegel abscheidet. Zündet man Arsenwasserstoff an, so verbrennt er an der Luft zu Arsen(III)-oxyd und Wasser. Der Wasserstoff reagiert dabei schneller als das Arsen. Bringt man einen kalten Gegenstand in die Flamme, so scheidet sich das noch unverbrannte Arsen als „ A r s e n f l e c k " ab. Da sich Arsenwasserstoff schon mit äußerst kleinen Mengen 3- und 5-wertiger ArsenVerbindungen bildet, kann man ihn zum N a c h w e i s k l e i n e r A r s e n m e n g e n in der Giftanalyse benutzen (Marshsche Arsenprobe). Zur Darstellung von Arsenwasserstoff behandelt man die Lösung einer Arsenverbindung mit einem unedlen Metall (am besten Zink) und Schwefelsäure 1 ): H 3 As0 3 + 3Zn + 3 H 2 S 0 4 = AsH„ + 3 Z n S 0 4 + 3 H 2 0 . Bei d e m n a c h s t e h e n d e n V e r s u c h b e a c h t e m a n , daß Arsenwasserstoft sehr giltig i s t . Das Einatmen des Gases kann zum Tode führen. Vor allem sei man beim Auseinandernehmen der Apparatur vorsichtig!

21. Man setze unter dem Abzug den in Fig. 24 dargestellten Apparat aus folgenden Teilen zusammen: einem 200 ccm fassenden Kölbchen, einem Einfülltrichter, einem Calciumchloridrohr (b), in das zum Trocknen des Gases einige Stücke kristallisiertes Calciumchlorid2) zwischen zwei Wattebäuschchen kommen, und dem Zersetzungsrohr. Letzteres 1 ) Gelegentlich findet man als Erklärung der Reduktionswirkung des Zinks bei Gegenwart von Säure die Annahme, es bilde sich zunächst eine besonders reaktionsfähige Form des Wasserstoffs, der Wasserstoff „in statu nascendi", der seinerseits dann die beobachteten Reduktionsreaktionen bewirke. Diese Annahme ist überflüssig; denn Zink selbst ist ja ein starkes Reduktionsmittel (vgl. seine Stellung in der Spannungsreihe, S. 103), und der aus Zink und Säure entstehende Wasserstoff könnte höchstens ein schwächeres, keinesfalls aber ein stärkeres Reduktionsmittel als das Zink sein. 2 ) Nicht entwässertes CaCl 2 , da dies AsH 3 adsorbiert.

10*

148

Arsen

wird aus einem schwer schmelzbaren, außen 7 mm weiten Glasrohr nach der Zeichnung gefertigt. Die Rohre werden mit kurzen Stücken Gummischlauch so miteinander verbunden, daß Glas an Glas stößt. In den Kolben kommen acht je etwa 1 cm lange Stengelchen reinen Zinks, dazu ein wenig verdünnte Schwefelsäure und ein Tropfen Kupfersulfat-Lösung. Sobald lebhafte Gasentwicklung im Gange ist und die

Zinkstückchen sich mit ausgeschiedenem Kupfer, überzogen haben, gieße man die Flüssigkeit von den Zinkstückchen möglichst ab, gebe neue, etwa 20-proz. Schwefelsäure (verdünnte Säure, der etwas konzentrierte Säure zugesetzt ist) hinzu und setze den Apparat völlig zusammen. Über die Ausströmungsöffnung des Zersetzungsrohres stülpe man ein umgekehrtes Probierglas. Nach etwa 1 / 2 Minute entfernt man das Probierglas, verschließt es sofort mit dem Daumen, nähert es einer entfernt von der Apparatur stehenden Flamme und öffnet es wieder. Explodiert der Inhalt mit lautem Knall, so istnochLuftin der Apparatur. Nachdem die Flamme im Reagensglas s i c h e r e r l o s c h e n ist, wiederholt man die Prüfung, bis der Inhalt des Probierglases sich fast lautlos entzünden läßt 1 ). D a n n erst erhitze man das Zersetzungsrohr kurz vor einer ausgezogenen Stelle (vgl. Fig. 24) bis zum Glühen, während man den vor und hinter dieser Stelle befindlichen Teil des Rohres durch den Ring des Kochgestells stützt. Auch nach längerer Zeit — im Ernstfall etwa einer halben Stunde; hier mögen einige Minuten genügen — darf bei x kein Arsenspiegel im Rohr entstehen; andernfalls wären die Materialien arsenhaltig und müßten durch neue ersetzt werden. Scheidet sich kein Arsenspiegel ab, so gebe man e i n e n T r o p f e n verdünnter Arsenigsäure-Lösung in den Trichter und spüle ihn mit einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure in den Kolben. Nach einiger Zeit wird sich jetzt hinter der erhitzten Stelle bei x ein A r s e n s p i e g e l niederx ) Apparaturen, die mit Wasserstoff gefüllt werden müssen, prüft man stets in der oben beschriebenen Weise auf die Abwesenheit von Sauerstoff, ehe man sie in Betrieb nimmt.

Antimon

149

schlagen. Wenn der erste Arsenspiegel dunkel genug geworden ist, kann man durch Erhitzen bei c an der zweiten Verjüngungsstelle einen zweiten Spiegel entstehen lassen. Jetzt entferne man die Flamme und entzünde das ausströmende Gas. Die Flamme färbt sich fahl gelbgrünlich, und ein w e i ß e r R a u c h v o n A r s e n (III)-oxyd steigt auf. Wird die Flamme jetzt durch eine kalte Abdampfschale niedergedrückt, so bildet sich innerhalb des flammenbedeckten Teiles an der Schale ein braunschwarzer A r s e n f l e c k . Charakteristisch für den Arsenspiegel bzw. die Arsenflecke ist die namentlich am Rand deutlich wahrzunehmende B r a u n f ä r b u n g (die ähnlichen Antimonflecke sind tiefsammetschwarz). Ein Fleck werde mit einem Tropfen gelber Ammoniumsidfid-hösrnig betupft; bei vorsichtigem Abrauchen der Lösung hinterbleibt ein g e l b e r Fleck von Arsensulfid. Ein zweiter Arsenfleck werde in etwas frischer NatriumhypocMoritLösung (NaCIO; vgl. S. 156/159) aufgelöst, wobei er sich zu Arsensäure oxydiert. Ein Antimonfleck würde sich nicht lösen. 2 As + 5 NaCIO + 3 H 2 0 = 2 H 3 A s 0 4 + 5 N a C l .

Antimon Antimon ist als Element und in seinen Verbindungen dem Arsen recht ähnlich. Es ist silberweiß, spröde und schwerer flüchtig als Arsen. An Oxyden bzw. H y drooxyden kennt man außer dem A n t i m o n ( I I I ) - o x y d (oder Diantimontrioxyd, abgekürzt Antimontrioxyd) Sb 2 0 3 und dem nur in wasserhaltiger Form bekannten A n t i m o n ( V ) - o x y d (oder Diantimonpentoxyd, abgekürzt Antimonpentoxyd) Sb 2 0 5 noch weitere Verbindungen, die drei- und fünfwertiges Antimon nebeneinander enthalten; ihre Erforschung ist jedoch noch nicht ganz abgeschlossen. Die Antimonoxyde sind ziemlich schwer flüchtig; sie sind, ähnlich wie Zinndioxyd, in Wasser und Salpetersäure fast unlöslich. Scheidet man das Trioxyd oder das Pentoxyd aus Antimoniten oder Antimonaten ab, so entstehen Produkte mit wechselndem Wassergehalt, die im folgenden der Einfachheit halber als Sb(0H) 3 bzw. Sb 2 0 6 formuliert werden. Antimonige Säure ist schwächer sauer als arsenige Säure und noch ausgesprochener amphöter. Die Verbindungen, in denen Sb(OH) 3 als Base fungiert, sind stark hydrolysiert. Vielfach findet sich in basischen Verbindungen die Gruppe (SbO) + , die als „.dwfimonyjgruppe" bezeichnet wird; z. B. SbOCl Antimonylchlorid (vgl. dazu auch S. 124, Anm. 1). Das in Wasser fast unlösliche wasserhaltige Oxyd des f ü n f w e r t i g e n Antimons löst sich zwar in Salzsäure, verhält sich aber in der Mehrzahl seiner Umsetzungen als typische, allerdings sehr schwache S ä u r e . Verbindungen des dreiwertigen Antimons können r e d u z i e r e n d , die des fünfwertigen o x y d i e r e n d wirken. Die R e d u k t i o n z u M e t a l l gelingt in wäßriger Lösung sehr leicht, so z. B. mit Eisen (Unterschied gegen Zinn!).

1. Man erhitze etwas Antimon in einem einseitig geschlossenen Glasröhrchen. Es schmilzt bei 630°; bei der Hitze des Bunsenbrenners läßt es sich nicht verdampfen. Beim Erhitzen mit der Lötrohrflamme auf Kohle gibt Antimon einen weißen Beschlag von Oxyden, der beim Erwärmen wesentlich weniger flüchtig ist als derjenige des Arsens. Dreiwertiges

Antimon.

2. Man erhitze etwas gepulverten Orauspieß-

glanz (Sb 2 S 3 ) in einem Probierglas mit 2 ccm konzentrierter Salzsäure

Antimon

150

(Abzug!). Unter Entwicklung von Schwefelwasserstoff löst sich Grauspießglanz zum Teil auf.

der

Sb2S3 + 6 HCl = 2 SbCl3 + 3 H 2 S .

Nach dem Erkalten filtriere man und koche das Filtrat bis zur E n t fernung des gelösten Schwefelwasserstoffs. Nachdem man die Lösung vorsichtig tropfenweise mit Wasser verdünnt h a t — e i n e etwa entstehende Trübung werde mit einem Tropfen konzentrierter Salzsäure wieder in Lösung gebracht — verwende m a n sie zu den folgenden Umsetzungen. 3. Wasser hydrolysiert und fällt weißes A n t i m o n y l c h l o r i d , das bei längerem Stehen mit viel Wasser in wasserhaltiges Antimon(III)oxyd übergeht. 4. Wird zu dieser Mischung konzentrierte Salzsäure gesetzt, so löst sich das Antimonylchlorid wieder auf. Beim Verdünnen bildet sich d a n n wieder ein Niederschlag usw. Ein schönes Beispiel f ü r die M a s s e n wirkung : SbCl. + H , 0

HCl

SbOCl + 2 HCl.

5. Auf Zusatz von Weinsäure löst sich der Antimonylchlorid-Niederschlag zur innerkomplexen (vgl. S. 99) A n t i m o n y l w e i n s ä u r e a u f ; das Kaliumsalz dieser Säure ist als „ B r e c h w e i n s t e i n " auch in fester Form bekannt. Aus einer Lösung dieses Salzes (also bei Abwesenheit überschüssiger freier Weinsäure) fällt verdünnte Salzsäure wieder Antimonylchlorid aus, weil die Antimonylweinsäure nur ein mäßig starker Komplex ist. 6. Natronlauge, in geringer Menge zugesetzt, fällt A n t i m o n (III)h y d r o x y d , das amphoter ist und daher oft als Antimonige Säure bezeichnet wird; ein Überschuß von Natronlauge löst das H y d r o x y d zu N a t r i u m ( h y d r o x o ) a n t i m o n i t auf. SbCl3 + 3NaOH = Sb(OH)3 + 3NaCl NaOH + Sb(OH)3 = Na[Sb(OH)J .j

7. Schwefelwasserstoff fällt A n t i m o n ( I I I ) - s u l f i d (oder Diantimontrisulfid) Sb 2 S 3 in roter flockiger Form. 2 SbCl3 + 3H 2 S = Sb2S3 + 6 HCl. Dieses rote Antimon(III)-sulfid stellt eine zweite i n s t a b i l e M o d i f i k a t i o n neben dem grauschwarzen Grauspießglanz dar. Beim Erwärmen unter Luftausschluß geht die rote Form in die grauschwarze über.

8. I n farblosem Ammoniumsulfid ist das Antimon(III)-sulfid zu Amm o n i u m t h i o a n t i m o n i t , in gelbem Ammoniumpolysulfid zu Ammon i u m t h i o a n t i m o n a t löslich. Sb2S3 + 3(NH 4 ) 2 S = 2(NH 4 ) 3 [SbS 3 ] Sb2S3 + 3 (NH4)2S + 2 S = 2 (NH 4 ) 3 [SbS 4 ] .

Umsetzungen des fünfwertigen Antimons. 9. I n einer Abdampfschale erwärme m a n etwas gepulvertes Antimon mit wenig konzentrierter Salpetersäure mit kleiner Flamme und verdampfe die Salpetersäure

Antimon

151

dann auf dem Wasserbad fast völlig. Etwas von dem weißen Rückstand, der aus wasserhaltigem A n t i m o n ( V ) - o x y d (oder Diantimonpentoxyd, „Metaantimonsäure") besteht und den man möglichst von Antimonteilchen befreit, werde mit etwas wasserfreier Soda und Kaliumnitrat, das in diesem Fall nur als Flußmittel dient, auf einem Porzellantiegeldeckel geschmolzen. Beim Aufnehmen der Schmelze mit Wasser bleibt N a t r i u m a n t i m o n a t Na[Sb(OH) 6 ] ungelöst. Es ist eines der wenigen in Wasser schwerlöslichen Natriumsalze (vgl. S. 54). Statt Metaantimonsäure können auch andere beliebige Verbindungen des Antimons genommen werden; niederwertige Verbindungen werden durch das Nitrat oxydiert. 10. Eine weitere Probe der Metaantimonsäure löse man unter Erwärmen in wenig verdünnter Salzsäure. Die so gebildete A n t i m o n p e n t a c h l o r i d - L ö s u n g , die viel kolloid gelöstes Antimon(V)-oxyd enthält, verwende man zu folgenden Umsetzungen: 11. Wasser: Zu einigen Tropfen Antimonpentachlorid-Lösung setze man einige Kubikzentimeter Wasser und lasse stehen. Nach einiger Zeit scheidet sich durch Hydrolyse gebildetes wasserhaltiges Antimon(V)oxyd aus. 2 SbCl5 + 5 H 2 0 = Sb 2 0 5 + 10 H C l .

12. Schwefelwasserstoff fällt aus Antimonpentachlorid-Lösung rotes A n t i m o n ( V ) - s u l f i d bzw. Antimon(III)-sulfid und Schwefel. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid-Lösung löst sich der Niederschlag zu Ammoniumthioantimonat. Oxydations-Reduktions-Reaktionen. 13. Zu Natriumantimonit-Lösmig gebe man etwas Diamminsilbersalz-Löswa.g, z. B. Silbernitrat-Lösung, die bis zur Auflösung des zuerst ausgefällten Silberoxydniederschlags mit Ammoniak-Lösung versetzt worden ist. Die anfangs farblose Mischung bräunt sich bald, und es scheidet sich schwarzbraunes Silber in Flocken aus. Schwaches Erwärmen beschleunigt den Vorgang. [Sb(OH)4]- + 2 [Ag(NH3)2]+ +

40H-

= 2 Ag + [ S b 0 4 ] 3 - + 4 N H S +

4HaO.

Das Antimonit geht also in Antimonat über, wobei es das Silbersalz I zu metallischem Silber reduziert. Durch dies Verhalten unterscheidet man dreiwertige Antimonverbindungen von fünfwertigen. 14. Ein Tropfen stark mit Salzsäure angesäuerter, also im wesentlichen Antimonpentachlorid-haltiger Antimonsäure-Lösung werde mit etwas Natriumjodid-Lösvtng gemischt und erwärmt. Es scheidet sich J o d aus, das sich beim Durchschütteln der abgekühlten Mischung mit etwas Chloroform mit violetter Farbe in diesem löst. Unterschiedsprobe gegen die Verbindungen des dreiwertigen Antimons! SbCl 5 + 2 N a J = SbCl 3 + 2NaCl + J ° •

152

Wismut

15. In etwas salzsaure Antimonsalz-Lösung (gleichgültig, ob dreioder fünfwertig) bringe man einen Eisennagel. E l e m e n t a r e s Antimon scheidet sich in schwarzen Flocken ab. 16. Einen Tropfen einer salzsauren Antimonsalz-Lösung bringe man auf ein Platinblech und gebe ein Stückchen Zink hinein. Bald bildet sich auf dem Blech ein schwarzer, f e s t h a f t e n d e r A n t i m o n f l e c k , während Zink in Lösung geht. Nach einiger Zeit spüle man den Fleck mit Wasser ab und löse ihn mit einigen Tropfen Salpetersäure, die mit Weinsäure versetzt ist. Verdünnt man die entstandene Lösung, und gibt Schwefelwasserstofftvasser hinzu, so scheidet sich rotes Antimonsulfid aus. AntimonvMsserstoff. 17. Der Marsh sehe Versuch werde in gleicher Weise wie beim Arsen mit etwas Antimonsalz-Lösung ausgeführt. Man erhält im Glasrohr und auf der Porzellanschale m a t t s a m m e t a r t i g e schwarze F l e c k e n . Sie geben beim Betupfen mit Ammoniumsulfid einen roten Fleck von Antimonsulfiden. Auch lösen sie sich n i c h t in frischer Natriumhypochlorit-Lösung, wodurch sie sich von den ähnlichen Arsenflecken unterscheiden. Wismut Wismut ist ein hellgraues Metall mit rötlichem Farbton. Es schmilzt schon bei 271°, ist aber sehr schwer flüchtig. In starker Salpetersäure löst es sich zuWismutnitrat Bi(N0 3 ) 3 , d . h . alao zur dreiwertigen Stufe. Wismuthydroxyd Bi(OH) s ist eine schwache Base; saure Eigenschaften fehlen ihm fast völlig. Von der fünfwertigen Stufe sind nur wenige, unbeständige Verbindungen bekannt (vgl. S. 133).

1. Man löse ein Stückchen Wismut in wenig konzentrierter Salpetersäure unter Erwärmen auf, verdünne die Lösung tropfenweise mit Wasser und gieße oder filtriere ab, ehe eine bleibende Trübung entsteht. 2. Wasser: Wird zu der Lösung reichlich kochendes Wasser gesetzt, so fallen basische W i s m u t n i t r a t e , etwa Bi(0H) 2 N0 3 , aus: Bi(N0 3 ) 3 + 2 H 2 0 = Bi(0H) 2 N0 3 + 2 H N 0 3 .

Fügt man vor dem Verdünnen wenig Natriumchlorid zu, so fällt das noch schwerer lösliche B i s m u t y l c h l o r i d BiOCl aus. Enthält die Wismutsalz-Lösung viel freie Säure, so erfolgt ein Niederschlag erst nach dem Zusatz von sehr viel Wasser und nach längerem Stehen. Durch Zusatz von Weinsäure kann das Entstehen dieses Niederschlags — anders als beim Antimon — nicht verhindert werden. 3. Natronlauge fällt W i s m u t h y d r o x y d , das sich im Überschuß von verd. Natronlauge n i c h t löst. Wird Wasserstoffperoxyd-Löaxmg oder Bromwasser zu der Mischung gegeben, so färbt sich der Niederschlag hellbraun, weil das Wismut teilweise in den fünfwertigen Zustand übergeht.

Wismut

153

4. Schwefelwasserstoff fällt schwarzbraunes W i s m u t s u l f i d Bi 2 S 3 . 5. Kaliumjodid fällt schwarzrotes W i s m u t j o d i d B i J 3 . Ein Überschuß an Kaliumjodid-Lösung löst das Wismutjodid zum komplexen Kalium(tetra)jodobismutit K[BiJ 4 ]. 6. Stannit-Lösung: Wird zu einer Wismutnitrat-Lösung Natriumstannit-Lösung (vgl. S. 134 bis 136) gesetzt, so fällt schwarzes e l e m e n t a r e s W i s m u t aus. 2Bi"(OH)3 + 3Na[Sn(0H) s ] + 3NaOH = 2Bi°+ 3 Na2[Sn(OH)8].

154

Nichtmetallverbindungen, zweiter Teil I m folgenden sind die Elemente nach dem Perioden-System geordnet. VII. G r u p p e Halogene Zu der Gruppe der Halogene gehören die Elemente Fluor, Chlor, Brom und Jod. Von diesen haben -wir das Chlor bereits besprochen. Auch vom Brom und Jod haben wir schon einige charakteristische Eigenschaften kennengelernt. So haben wir S. 19, Nr. 8 die Charakterisierung dieser Elemente durch die beim Ausschütteln auftretenden Farben der Lösungen in Chloroform besprochen. Besonders kennzeichnend ist die intensive b l a u e Farbe, die auftritt, wenn man eine Jod-Lösung mit Stärke-Lösung versetzt. Man löse je ein Körnchen Jod in Alkohol, Schwefelkohlenstoff und Chloroform und notiere die Farben der Lösung. Während sich J o d in Wasser nur wenig löst, ist es in einer Natriumjodid-Lösung reichlich löslich. Dabei bildet sich unter Anlagerung einer Jodmolekel an ein Jodion das [J 3 ]~-Ion. Man verdünne etwas wäßrige Jod-Lösung so stark, daß die braune Farbe kaum noch zu erkennen ist, und gebe etwas in der Wärme bereitete jS'iörfce-Lösung dazu. Die Flüssigkeit färbt sich tiefblau. Halogenwasserstoffe Beständigkeit. Die Verwandtschaft der Halogene zur negativen Ladung, ihre n e g a t i v e E l e k t r o a f f i n i t ä t , wächst vom Jod zum Fluor. So haben wir bereits S. 19 gesehen, daß elementares Chlor Brom- und Jodionen zu den freien Halogenen oxydiert. Das Fluor schließlich ist so stark elektronegativ, daß es sogar den Sauerstoff des Wassers verdrängt: 2F 2 + 2 H 2 0 = 4 H F + O.,1). Ganz entsprechend fällt die B i l d u n g s w ä r m e d e r H a l o g e n w a s s e r s t o f f verbindungen vom Fluor- zum Jodwasserstoff ab. Damit hängt es zusammen, daß wäßrige Brom- und besonders Jodwasserstoffsäure durch den L u f t s a u e r e t off leicht oxydiert werden und sich daher beim Stehen, namentlich im Licht, allmählich dunkel färben: 4 H J + 0 2 = 2H¡¡0 + 2 J 2 . Diese leichtere Oxydierbarkeit des Brom- und Jodwasserstoffs kommt auch darin zum Ausdruck, daß man diese Verbindungen nicht wie Chlorwasserstoff durch Einwirkung von konzentrierter S c h w e f e l s ä u r e auf ihre Alkalimetallsalze Der Sauerstoff ist mit etwas Fluoroxyd F 2 0 und Ozon 0 3 verunreinigt.

Halogenwasserstoffe

155

darstellen kann, weil Bromwasserstoff dabei teilweise, Jodwasserstoff vollständig oxydiert wird: 2 H J + H 2 S0 4 = J 2 + SO, + 2 H 2 0 . Benutzt man an Stelle der Schwefelsäure die nicht oxydierende P h o s p h o r s ä u r e , so läßt sich Bromwasserstoff ohne Zersetzung darstellen. Jodwasserstoff kann man jedoch auch so nicht rein gewinnen, weil bei der erforderlichen Temperatur das Gleichgewicht 2 H J H 2 + J 2 bereits merklich nach der rechten Seite verschoben ist. Durch schwächere Oxydationsmittel, wie salpetrige Säure (vgl. dazu S. 165, Nr. 2), wird aus den Halogenwasserstoffsäuren nur Jod, nicht aber Brom freigemacht. In den physikalischen Eigenschaften der wasserfreien Halogenwasserstoffverbindungen nimmt der bei + 20°, d. h. etwa bei Zimmertemperatur siedende F l u o r w a s s e r s t o f f eine Sonderstellung gegenüber den übrigen Halogenwasserstoffverbindungen ein, die durch den hier besonders zum Ausdruck kommenden Dipolcharakter (vgl. S. 96) der Halogenwasserstoffmolekeln sowie die geringe Größe des Fluorions bedingt ist; denn wasserfreier Chlorwasserstoff siedet bei —85°, Bromwasserstoff bei —67° und Jodwasserstoff bei —35°. Ähnliches findet man auch bei W a s s e r und A m m o n i a k in den Reihen: H a O , H 2 S , H 2 Se, H 2 Te bzw. NH 3 , P H 3 , ASH 3 , S b H 3 . — Die L ö s l i c h k e i t aller Halogenwasserstoffe in Wasser ist sehr groß. I n den Löslichkeitsverhältnissen ihrer Salze ähneln sich Chlor-, Brom- und Jodwasserstoff, wie S. 94 f ü r die Silbersalze gezeigt worden ist. Die F l u o r i d e verhalten sich anders: Silberfluorid ist sehr leicht löslich, während Calciumfluorid („Flußspat") im Gegensatz zu dem sehr leicht löslichen Calciumchlorid schwer löslich ist. Alle Halogenwasserstoffsäuren neigen zur Komplexbildung. So lernten wir z. B. die Chloroplatinsäure H 2 [PtC]„] und die Jodosilbersäure H[Ag,J 2 ] bereits kennen. Besonders hinzuweisen ist auf die Fluorokieselsäure H 2 [SiF e ], weil sie sich bildet, wenn man mit Fluorwasserstoff-Lösungen in Glasgefäßen arbeitet. Wir besprechen sie S. 168 f. Noch mehr zur Komplexbildung neigen die nachstehenden Säuren, die sich den Halogenwasserstoffsäuren ähnlich verhalten, obwohl sie gar kein Halogen enthalten; die Atomgruppen, die in ihnen das Halogen ersetzen, nennt man deshalb auch „Pseudo-Halogene HCN C y a n w a s s e r s t o f f (Blausäure) HOCN C y a n s ä u r e HSCN T h i o c y a n s ä u r e (Rhodanwasserstoff). Die wichtigsten Umsetzungen dieser Säuren haben wir schon kennengelernt; hingewiesen sei besonders auf die Fällung der CN~-Ionen mit Ag f -Ionen und die Auflösung des Niederschlages in überschüssigem Cyanid nach der Gleichung: AgCN + C1T = [Ag(CN) a r (vgl. S. 94/95). Auch das freie C y a n (CN)2 ist den Halogenen ähnlich. Man gewinnt das sehr giftige Gas durch Erhitzen von Schwermetallcyaniden: Hg(CN) 2 = Hg + (CN) 2 .

1. Man gebe unter dem Abzug zu etwas festem Kaliumbromid konzentrierte

Schwefelsäure.

Durch B r o m und S c h w e f e l d i o x y d ver-

unreinigter B r o m w a s s e r s t o f f entweicht in Strömen, die Flüssigkeit färbt sich durch freies Brom braun. 2. Behandelt man Natriumjodid in entsprechender Weise, so wird reichlich J o d ausgeschieden.

Halogensauerstoffverbindungen

156

3. Man gebe zu Natriumfluorid-Lösung Silbernitrat-Lösung. E s bildet sich k e i n Niederschlag. Gibt man zu Natriumfluorid-Lösung dagegen Calciumchlorid-Liöaxmg, so scheidet sich voluminöses C a l c i u m f l u o r i d ab. 4. Man mische einen Tropfen Natriumcyanid-Lösung mit einem Tropfen gelben Ammoniumpolysulfids und dampfe in einer Abdampfschale auf dem Wasserbad zur Trockne. Den Rückstand befeuchte man mit einigen Tropfen Salzsäure und gebe eine Spur Eisen(III)-cMorid-höawag hinzu. Die Lösung färbt sich durch Bildung v o n E i s e n ( I I I ) - r h o d a n i d (vgl. S. 116, Nr. 18) dunkelrot. NaCN + (NH 4 ) 2 S 2 = NaSCN + (NH 4 ) 2 S . 5. Man erhitze im trockenen Probierglas u n t e r d e m A b z u g etwas Quecksilber (II )-cyanid. E s bildet sich C y a n g a s , das beim Anzünden mit purpurgesäumter Flamme verbrennt. Halogensauerstoffverbindongen Man kennt folgende Oxyde und Säuren des Chlors (bzw. ihre Salze): Elektrovalenzzahl des Chlors1)

Säure

Oxyd

Chloride HCl Salzsäure HCIO Unterchlorige Hypochlorite Säure HC102 Chlorige Säure Chlorite

1 1 + 3 4 5 6

+ + + +

7 +

C120 Dichlor(mon)oxyd |

C102 Chlordioxyd

Name der Salze

¡

|

HC103 Chlorsäure —

HC104 Überchlorsäure

| | Chlorate

|



Perchlorate

Dabei deuten die Pfeile an, wie sich die Oxyde mit Wasser bzw. Lauge umsetzen. Von diesen Verbindungen behandeln wir hier nur die umrahmten. I. Unterchlorige Säure. C h l o r g a s setzt sich mit W a s s e r in ganz geringem Umfang nach der Gleichung ci 2 + h 2 o h + + e r + HC10 um, nach der unter Disproportionierung der Chlormolekel neben Cl~-Ionen freie unterchlorige Säure entsteht. Einem Fortschreiten der Reaktion nach rechts wirken die entstehenden H + -Ionen entgegen. Fängt man diese jedoch mit OH - Ionen weg, leitet man also Chlorgas in N a t r o n l a u g e ein, so setzt es sich nach der Gleichung CI2 + 2NaOH = NaCl + NaCIO + H 2 0 *) Die Annahme von Ionenbindung in Stoffen wie C120 usw. ist zwar f ü r die Behandlung der Oxydationsprozesse bequem, aber gerade hier eine von den wirklichen Verhältnissen stark abweichende Näherung.

Halogensauerstoffverbindungen

157

vollständig um. Beim A n s ä u e r n hingegen verschiebt sieh das Gleichgewicht wieder entsprechend dem unteren Pfeil der vorletzten Gleichung, und es bildet sich Chlor zurück. Ähnlich wie gegen Natronlauge verhält sich Chlorgas gegen Calciumhydroxyd, wobei der hypochlorithaltige, im übrigen verwickelt zusammengesetzte „ C h l o r k a l k " entsteht. Die Hypochlorite sind instabile Verbindungen. Noch sehr viel unbeständiger ist die u n t e r c h l o r i g e S ä u r e . Das Entstehen dieser energiereichen Stoffe wird nur dadurch ermöglicht, daß bei dem Übergang eines Chloratoms in ein Chloridion so viel Energie frei wird, daß dem zweiten Chloratom der Chlormolekel Energie zui-Bildung einer instabilen Verbindung zur Verfügung steht, die sich ohne diese Energiezufuhr nicht bilden könnte („Gekoppelte Reaktion"). Derartige instabile Stoffe versuchen, in einen stabileren Zustand überzugehen. Unterchlorige Säure wirkt deshalb gegenüber oxydierbaren Stoffen als starkes Oxydationsmittel. Da es aber auch noch höhere Oxydationsstufen des Chlors gibt, die ebenfalls stabiler als die unterchlorige Säure sind, kann die unterchlorige Säure gegenüber reduzierbaren Stoffen auch als starkes Reduktionsmittel wirken. Ganz entsprechend liegen die Verhältnisse bei einigen anderen instabilen Stoffen mittlerer Oxydationsstufe, z. B. bei Chlorsäure (siehe weiter unten), salpetriger Säure (S. 165f.), Wasserstoffperoxyd (S. 160f.). Besonders häufig macht man von der O x y d a t i onsWirkung der unterchlorigen Säure Gebrauch. Diese kommt — ähnlich wie wir es z. B. bei der Salpetersäure kennengelernt haben — in erster Linie der andissoziierten Säure zu, weniger den C10~-Ionen. Die freie Säure ist auch in schwach alkalischer Lösung in geringem Umfange vorhanden; denn die unter r chlorige Säure ist sehr schwach, so daß ihre Salze stark hydrolysieren. II. Chlorsäure und Chlordioxyd. Beim Erwärmen oxydieren HClO-Molekeln C10~-Ionen unter Disproportionierung nach der Gleichung 2HC10 + [ C l O r + 2 OH~ = [C10 3 r + 2C1~ + 2 H 2 0 „ wobei sich Chlorat-lonea bilden. I n der W ä r m e reagiert daher Chlorgas mit Laugen nach der Gleichung 3 Cl2 + 6 0 H ~ = C10 3 - + 5 C r + 3 H 2 0 direkt zu Chlorat und Chlorid. Hier liegt ebenfalls eine gekoppelte Reaktion vor. Auch Chlorate sind instabile Stoffe, die ihre Bildung dem gleichzeitigen Entstehen von Chloridionen verdanken; sie sind jedoch weniger energiereich als die Hypochlorite. — Ähnlich wie die C10~-Ionen sind auch die CI0 3 --Ionen neben CI~-Ionen nur in alkalischer Lösung beständig. I n saurer zersetzen sie sich gemäß: HC10S + 5 HCl = 3C12 + 3 H 2 0 . Beim Behandeln von Chloraten mit k a l t e r konzentrierter Schwefelsäure bildet sich (neben Überchlorsäure, vgl. III) das explosible Chlordioxyd, da das Anhydrid C1206 der Chlorsäure nicht existiert. 3 HC10 3 - H 2 0 = 2 C102 + HCI0 4 . III. Über chlor säure. Noch beständiger als die Chlorate sind schließlich die Perchlorate, die z. B. beim Erhitzen von Chloraten — wiederum in gekoppelter Reaktion und unter Disproportionierung — nach der Gleichung 4KC10 3 = KCl + 3 KC10 4 entstehen. Daneben erfolgt allerdings auch eine Zersetzung gemäß 2 KClOj = 2 KCl + 3 0 2 . Bei Anwesenheit von Katalysatoren, wie Braunstein, erfolgt die Umsetzung sogar ausschließlich nach der letzten Gleichung. — Die Ü b e r c h l o r s ä u r e ist, den S. 88 ff. besprochenen Regeln entsprechend, eine sehr starke Säure. Das

158

Halogensauerstoffverbindungen

schwer lösliehe Kaliumsalz ist schon S. 57, Nr. 4 besprochen worden. Perchlorate lassen sich — im Gegensatz zu den Chloraten — mit schwefliger Säure oder mit Zink und verdünnter Schwefelsäure nicht zu den Chloriden reduzieren, sondern nur mit stärkeren Reduktionsmitteln, z. B. Titan(III)-Salzen in saurer Lösung (vgl. dazu S. 174, Nr. 6). Mischungen von Chloraten bzw. Perchloraten mit leicht oxydablen Stoffen (S, P, organischen Verbindungen) sind Sprengstoffe. Konzentrierte HC103und HC104-Lösungen (letztere über 70°/0), insbesondere Mischungen der Salze mit konz. H2S04, sind bereits an sich explosiv. Vorsicht! Vgl. Lehrbücher. IV. Sauerstoffsäuren von Brom und Jod. Auch Brom und Jod lösen sich in Lösungen, die OH_-Ionen enthalten, zu unterbromiger bzw. unterjodiger Säure, die in ihren Umsetzungen der unterchlorigen Säure weitgehend entsprechen. Jodsäure erhält man leicht durch Oxydation von Jodiden oder Jod mit Chlor in wäßriger Lösung:

6Cr.

J~ + 3C12 + 3H20 = [J03r + 6H+ + Brom dagegen läßt sich mit Chlor nicht zur Bromsäure oxydieren. Bromate dagegen bzw. Jodate setzen sich in saurer Lösung mit Brom- bzw. Jodionen ebenso zu freiem Halogen um, wie es oben für die Einwirkung von Chloraten auf Chlorionen beschrieben ist, z. B.: HJ03 + 5HJ = 3H20 + 3 J 2 . 1. Unterchlorige Säure. 1. Ein halbes Probierglas Chlorwasser werde nach Zugabe einiger Tropfen Natronlauge geschüttelt, wobei der Geruch nach Chlor verschwindet. Ein Teil dieser Lösung entfärbt einen Tropfen Indigo-LöBxmg ( O x y d a t i o n s w i r k u n g der u n t e r c h l o r i g e n Säure!). Der Rest werde mit Schwefelsäure angesäuert, worauf der Geruch nach Chlor wieder zu erkennen ist. HCl + HCIO = H,0 + Cl2. 2. Man schüttle Chlorkalk mit Wasser und stelle mit dem Filtrat die gleichen Versuche an. IL Chlorsäure. 3. Eine kleine Spatelspitze (nicht mehr!) Kaliumchlorat werde auf Holzkohle mit der Lötrohrflamme unter dem Abzug erhitzt (Schutzbrille!). Es erfolgt lebhafte V e r p u f f u n g unter Feuererscheinung. 4. Eine kleine Probe Kaliumchlorat werde mit konzentrierter Salzsäure in einem Probierglas schwach erwärmt. Es entweicht Chlorgas; daneben bildet sieh auch C h l o r d i o x y d . Wenn es sich in der Giftanalyse um den Nachweis von Metallen in organischen Stoffen (Speisen usw.) handelt, werden die organischen Stoffe oft durch diese Mischung oxydiert und entfernt. 5. Kaliumchlorat-Lösxmg gibt — vorausgesetzt, daß sie frei von Kalium c h l o r i d ist — mit Sflbernitrat-Lösung keinen Niederschlag. Nach Zusatz von einigen Stückchen Zink und etwas verdünnter Schwefelsäure fällt S i l b e r c h l o r i d aus, weil jetzt die Chlorsäure zur Salzsäure reduziert wird. Bei dem Versuch verdünne man mit Wasser, da auch Silbersulfat wenig löslich ist (vgl. S. 20). Auch durch Kochen mit schwefliger Säure wird die Chlorsäure reduziert.

Halogensaueratoffverbindungen

159

Die Reduktion von Chlorsäure kann man schließlich auch mit s a l p e t r i g e r Säure erreichen; vgl. dazu S. 166, Nr. 4.

6. In einem trockenen Probierglas, das in schräger Lage in ein Stativ geklammert ist, befeuchte man eine Spatelspitze Kaliumchlorat (nicht mehr!) mit 2—3 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure. Es entwickelt sich langsam gelbgrünes C h l o r d i o x y d , das beim Erwärmen des o b e r e n Teils des Probierglases mit schwacher Detonation verpufft. Man hüte sich, das Gemisch von Kaliumchlorat und Schwefelsäure selbst zu erwärmen, weil dabei heftige Explosionen eintreten können. (Der Versuch ist h i n t e r der G l a s s c h e i b e des A b z u g s auszuführen!) 7. In einem trocknen Probierglas werde etwas Kaliumchlorat, dem etwas Braunstein zugesetzt ist, vorsichtig erhitzt. Es entweicht S a u e r s t o f f , der mit einem glühenden Holzspan nachgewiesen werde. HI. Überchlorsäure. 8. Erhitzt man 1—2 g Kaliumchlorat ohne Braunsteinzusatz, so schmilzt es und entwickelt viel weniger Sauerstoff. Nachdem man die Gasentwicklung einige Minuten in Gang gehalten hat, lasse man die Schmelze erstarren und abkühlen. Beim Ausziehen mit heißem Wasser löst sich nur ein Teil. In der Lösung lassen sich mit Silbernitrat C h l o r i o n e n nachweisen. Das Ungelöste besteht im wesentlichen aus K a l i u m p e r c h l o r a t . Man bringe, auf dem Objektträger ein kleines Körnchen davon in einem Tropfen Wasser durch Erhitzen in Lösung und vergleiche die beim Erkalten entstehenden Kristalle mit Kaliumperchloratkristallen, die man aus KaliumchloridLösung mit Überchlorsäure gefällt hat. 9. Man überzeuge sich, daß eine Perchlorat-Lösung durch Zink und verdünnte Schwefelsäure sowie mit schwefliger Säure n i c h t zum Chlorid reduziert wird. Überchlorsäure wird am besten mikrochemisch über das K a l i u m s a l z nachgewiesen (vgl. S. 57, Nr. 4). IV. Sauerstoffsäuren

des Broms

und Jods.

10. Man versetze e t w a s

Natronlauge mit Bromtvasser; die braune Farbe verschwindet. Br2 + 2NaOH = NaBr + NaBrO + H 2 0 .

Beim Ansäuern wird wieder B r o m frei: HBrO + HBr = Bra + H 2 0 .

11. Die gleichen Versuche führe man mit Jod-Lösung durch. 1"2. Ein Tropfen Natriumjodid-Lösxmg werde mit so viel Chlorwasser tropfenweise versetzt, bis eben die braune Farbe des zuerst ausgeschiedenen Jods verschwindet. HJ + 3C12 + 3 H 2 0 = H J 0 3 + 6 HCl.

Die so erhaltene Jodsäure-Lösung werde zur Entfernung des überschüssigen Chlors einen Augenblick aufgekocht und dann mit Natronlauge neutralisiert, wobei der Endpunkt durch ein in der Lösung schwimmendes Stück Lackmuspapier erkannt wird. Jetzt gebe man zu der

160

VI. Gruppe — Wasserstofiperoxyd

Lösung etwas Natriumjodid-Lösung: die Lösung bleibt farblos. Säuert m a n sie jedoch m i t verdünnter Salzsäure an, so färbt sie sich braun, u n d es scheidet sich reichlich J o d aus. 13. D a sich B r o m mit Chlorwasser nicht zur Bromsäure oxydieren läßt, k a n n m a n B r o m i d e u n d J o d i d e in folgender Weise n e b e n e i n a n d e r n a c h w e i s e n . Man versetze eine verdünnte Lösung, die wenig Alkalimetalljodid u n d -bromid enthält, zunächst mit einem Tropfen Chlorwasser u n d etwas Chloroform. Beim Umschütteln n i m m t die Chloroforms chicht die violette J o d f a r b e an, während sich elementares B r o m noch nicht bildet, da das Bromidion schwerer als das Jodidion oxydiert wird. D a n n gebe m a n mehr Chlorwasser hinzu, bis beim U m s c h ü t t e l n die violette Jodfarbe verschwunden ist (Jodsäurebildung). B e i weiterem Chlorwasserzusatz wird dann freies B r o m gebildet, das die Chloroformschicht braun färbt (vgl. auch Elektroaffinität S. 103).

VI. Gruppe Die Elemente Sauerstoff, Schwefel, Selen und Tellur, die nach ihren Eigenschaften und nach ihrer Stellung im Periodensystem eine zusammenhängende Gruppe, ähnlich wie die Halogene, bilden, nennt man C h a l k o g e n e (Erzbildner). Wir besprechen im folgenden außer den bisher noch nicht behandelten Elementen Selen und Tellur einige Säuren des Schwefels und das Wasserstoffperoxyd. Wasserstofiperoxyd Das Wasserstoffperoxyd

kann unter erheblicher Energieabgabe zerfallen nach 2H202 = 2H20 + 0 2 .

I n hochkonzentriertem Zustand neigt es deshalb zur Explosion. Reine, verdünnte wäßrige Lösungen zerfallen bei Zimmertemperatur nur äußerst langsam. Durch manche Stoffe wird die Zersetzung katalytisch (s. Lehrbuch) beschleunigt. 1. Man versetze etwas verdünnte Wasserstoffperoxyd-Lösung mit einigen Tropfen kolloider Platin-Lösung (Assistent): es tritt lebhafte S a u e r s t o f f e n t w i c k l u n g ein. Geringe Alkali mengen, wie sie vom Glas an Wasser abgegeben werden, beschleunigen die Zersetzung ebenfalls. Das „Perhydrol" des Handels, eine 30-proz. wäßrige Wasserstoffperoxyd-Lösung, wird deshalb in paraffinierten Flaschen aufbewahrt. Verdünnte Wasserstoffperoxyd-Lösung ist etwa 3-proz., d. h. annähernd einfach-molar. I m Wasserstoffperoxyd H 2 0 2 kommt eine doppelt negativ geladene 0 2 -Gruppe vor, die f ü r alle „Peroxyverbindungen" charakteristisch ist. Diese verwechsle man nicht mit den P e r v e r b i n d u n g e n , z. B. mit Kaliumperchlorat (S. 159) oder den Permanganaten (S. 128), die keine 0 2 -Gruppen enthalten, sondern durch die höchste Oxydationsstufe des an Sauerstoff gebundenen Elements gekennzeichnet sind. Von den Peroxyverbindungen lernten wir das N a t r i u m p e r o x y d (S. 55) und das C h r o m p e r o x y d (S. 123 u. 126, Nr. 14) schon kennen; weiteren Peroxyverbindungen werden wir bei der Peroxydischwefelsäure (S. 161) sowie beim Titan (S. 173) und beim Vanadin (S. 175) begegnen. — Die d o p p e l t n e g a t i v g e l a d e n e 0 2 - G r u p p e steht in bezug auf die Oxydationsstufe des Sauerstoffs zwischen dem ungeladenen Sauerstoff der 0 2 -Molekel und 2— dem doppelt negativen O-Teilchen, das im Wasser und den Oxyden vorliegt.

Säuren des Schwefels

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Damit ist verständlich, daß Wasserstoffperoxyd s o w o h l a l s R e d u k t i o n a a l s a u c h a l s O x y d a t i o n s m i t t e l wirken kann. Durch o x y d i e r e n d e Stoffe wird die doppelt negativ geladene 0 2 -Gruppe unter Aufnahme von zwei positiven Ladungen zu elementarem Sauerstoff oxydiert. Dies erfolgt bevorzugt in saurer Lösung. R e d u k t i o n s m i t t e l führen Wasserstoffperoxyd in Wasser über. Dabei gibt es zwei positive Ladungen ab, weil aus einer doppelt negativ geladenen 2— 0 2 -Gruppe zwei O-Teilchen gebildet werden. Dieser Reaktionsverlauf wird im alkalischen Medium bevorzugt. Weil Wasserstoffperoxyd energiereicher ist als seine Oxydations- und Reduktionsprodukte Sauerstoff und Wasser, sind sowohl seine Oxydations- als auch seine Reduktionswirkungen kräftig (vgl. S. 157).

2. Zu einer mit Schwefelsäure angesäuerten WasserstoffperoxydLösung setze man tropfenweise verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung. Unter S a u e r s t o f f e n t w i c k l u n g verschwindet die Farbe des Permanganats, weil es in M a n g a n ( I I ) - s a l z übergeht. ( R e d u k t i o n s w i r k u n g des Wasserstoffperoxyds). 2 [ f i n O J - + 5H2Ö~ + 6H+ = 2Mn a + + 5 0 ° + 8 H 2 0 .

3. Man versetze etwas Chromflll )-salz-Lösung mit Natronlauge, bis der Niederschlag wieder gelöst ist. Auf Zugabe von Wasserstoffperoxyd geht beim Erwärmen das grüne Chromit in das gelbe C h r o m a t über ( O x y d a t i o n s w i r k u n g des Wasserstoffperoxyds). 2 [Cr(OH) 8 ] 3- + 3 H 2 0 2 = 2 [ G r O J 2 - + 8 H 2 0 + 2 0 H ~ .

Nebenher wird ein Teil des Peroxyds katalytisch unter Sauerstoffentwicklung zersetzt. Säuren des Schwefels Außer den bereits besprochenen Verbindungen: Schwefelwasserstoff H 2 S , schweflige Säure H 2 S 0 3 , Schwefelsäure H 2 S 0 4 und Pyroschwefelsäure H 2 S 2 0 7 bildet der Schwefel noch eine Reihe weiterer Säuren. I. Peroxydischvoefelsäure H 2 S 2 0 8 (früher als Perschwefelsäure bezeichnet). I m 0 0 sind die beiden positiv sechswertigen SchwefelPeroxydisulfation OSOOSO 0 0 atome durch eine doppelt negativ geladene 0 2 -Gruppe verbunden. Peroxydisulfate wirken daher o x y d i e r e n d .

I. Man setze zu eine Spatelspitze wenige Minuten. chromat-Lösung

etwas ziemlich stark verdünnter Chromalaun-Lös\mg Ammoniumperoxydisulfat (NH 4 ) 2 S 2 0 8 und koche Das dreiwertige Chrom wird zu gelbroter Dimit sechswertigem Chrom oxydiert.

II. Dithionsäure H^S^O^. 2. Man versetze etwas Mangan(II)-salzLösung mit wenig Wasserstoffperoxyd und so viel Ammoniak-I^öanng, daß die Fällung, im wesentlichen wasserhaltiges M a n g a n ( I I I ) - h y d r o x y d , gerade vollständig ist. Auf Zusatz von Schwefligsäure-'Löaung geht der Niederschlag beim Erwärmen wieder in Lösung. Aus dieser fällt nach Zugabe von Ammoniak- und Ammoniumsulfid-Lösung ManB i l t z , K l e m m , Fisch>r, Einführung. 45.—47. Aufl.

H

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Säuren des Schwefels

g a n ( I I ) - s u l f i d . Die schweflige Säure hat also das Mangan(III)-oxyd reduziert; dabei ist sie selbst zum Anion der D i t h i o n s ä u r e oxydiert worden: 2 H 2 S 0 3 + 2Mn(OH) 3 + 2 H + = 6 H 2 0 + 2 M n 2 + + [S 2 0 6 ] 2 "

0

0

0

O

Im D i t h i o n a t - i o n O S - S O

sind die beiden S0 3 -Gruppen durch eine Atom-

bindung zwischen den beiden Schwefelatomen miteinander verknüpft. Man verwendet die eben beschriebene Umsetzung, um die Haut, die beim Berühren von Kaliumpermanganat unter Abscheidung von Mangandioxyd Mn0 2 braun gefärbt wird, zu reinigen: man spült die Hände einfach mit etwas Schwefligsäure-Lösung und dann mit Wasser ab. Mn0 2 wirkt ebenso wieMn(OH) 3 .

HI. Polythionsäuren H2S306, i/2