Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb: Lehrbuch für Energiemanager und Energiefachwirte [1. Aufl.] 978-3-658-22479-0;978-3-658-22480-6

Grundlagenwerk für Auszubildende und Studenten des Energiemanagements, der Energiewirtschaftslehre sowie entsprechender

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German Pages XII, 214 [219] Year 2018

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Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb: Lehrbuch für Energiemanager und Energiefachwirte [1. Aufl.]
 978-3-658-22479-0;978-3-658-22480-6

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XII
Grundlagen (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 1-9
Was ist Energie? (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 11-26
Energieformen (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 27-58
Messgeräte (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 59-78
Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 79-93
Querschnittstechnologien (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 95-155
Lastmanagement (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 157-159
Energiemanagement (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 161-162
Nutzerverhalten (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 163-168
Investitionsrechnung (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 169-183
Energieumwandlung und -gewinnung (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 185-190
Energiemanagementsysteme (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 191-194
Umrechnungstabellen und Vorlagen (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 195-201
Lösungen zu den Übungsaufgaben (Jörg Philipp Eric Petermann)....Pages 203-211
Back Matter ....Pages 213-214

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Jörg Philipp Eric Petermann

Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb Lehrbuch für Energiemanager und Energiefachwirte

Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb

Jörg Philipp Eric Petermann

Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb Lehrbuch für Energiemanager und Energiefachwirte

Jörg Philipp Eric Petermann Trier, Deutschland

ISBN 978-3-658-22479-0 https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6

ISBN 978-3-658-22480-6 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichenund Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort und Zielsetzung

Das vorliegende Buch entstand aus einer Sammlung von Skripten, Vorlesungsunterlagen und aus Vorträgen. Es ist als Einführungswerk für angehende Energiebeauftragte, Energiemanager, Energiefachwirte oder sonstige an Energiefragen interessierte Kreise gedacht. Es versteht sich ausdrücklich nicht als Fachbuch für alle Detailfragen, zumal solche Fachbücher schnell unhandliche Ausmaße annehmen. Vielmehr soll es praktische Neulinge, Auszubildende und Studenten an das Thema heranführen und eine grobe Übersicht vermitteln, wie und in welcher Richtung man methodisch nach Lösungen für Energieeffizienzmaßnahmen suchen kann. Für die Praktiker enthält es Tipps aus dem Alltag des Energieberaters, Tabellen, Sammlungen und Hilfestellungen, um das Tagesgeschäft zu erleichtern. Ich bin seit 2005 als unabhängiger Berater für Prozessenergie tätig. Als solcher helfe ich Unternehmen, mit Energie effizient zu wirtschaften, dadurch Kosten zu reduzieren und den Ressourcenverbrauch zu verringern. Aus meiner Praxis als Energieberater weiß ich, dass sich selbst Fachleute oft schon mit der Unterscheidung von Leistung [kW] und Energie bzw. Arbeit [kWh] schwer tun. Das rührt meines Erachtens auch daher, dass die einschlägige Literatur diese Größen als „vom Himmel gefallen“ vermittelt, ohne zu erklären, woher sie kommen und was man sich darunter vorzustellen hat. Das Buch kann einen kompetenten Energieberater nicht ersetzen, aber die Suche nach Möglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz unterstützen. In den ersten drei Kapiteln werden die notwendigen Grundlagen vermittelt, vorhandenes Wissen in Physik und Technik kann aufgefrischt werden. Im vierten Kapitel wird der korrekte Gebrauch der wichtigsten Messgeräte vermittelt. Das fünfte Kapitel widmet sich der Erfassung und Darstellung von Energieströmen. Die Effizienzpotenziale der wichtigsten Querschnittstechnologien werden im sechsten Kapitel aufgeführt. Das siebte Kapitel spricht kurz das Lastmanagement zur Vermeidung von Lastspitzen an. Das beeinflusst zwar nicht den Energieverbrauch, wohl aber die Kosten für Leistung beim Strom- und Gasbezug. Im achten Kapitel wird kurz auf Energiemanagement im Allgemeinen eingegangen. Das neunte Kapitel befasst sich mit dem Nutzerverhalten. V

VI

Vorwort und Zielsetzung

Die betriebswirtschaftlichen Aspekte des Energiemanagements werden im zehnten Kapitel erläutert, darunter Techniken zur Ermittlung der Vorteilhaftigkeit von Investitionsprojekten, Amortisations- und Investitionsrechnung. Kapitel elf führt Möglichkeiten der Eigenerzeugung, teils aus regenerativen Quellen, auf. Das 12. Kapitel skizziert die aktuell wichtigsten Energiemanagement- und Energieauditsysteme. Kapitel 13 enthält Tabellen und Vorlagen für den praktischen Einsatz, Kapitel 14 die Lösungen der Übungsaufgaben. Am Ende einiger Kapitel finden sich Übungsaufgaben zur Selbstkontrolle. Ergänzt werden die Kapitel mit Tipps aus der täglichen Praxis. Ich hoffe, dem Leser damit eine hilfreiche Sammlung von Informationen geben zu können und bin dankbar für jede konstruktive Rückmeldung! Ich danke allen, die zur Entstehung dieses Buches mit Rat und Tat beigetragen haben, ganz besonders aber meiner Frau für das Lektorat und viele hilfreiche Anmerkungen zur besseren Verständlichkeit und Lesbarkeit. Jörg Petermann

Von Kindesbeinen an war mein Mann von Energie und Technik fasziniert und begeistert. Seine berufliche Tätigkeit in diesem Bereich erfüllte ihn, bereicherte ihn durch die Möglichkeit kontinuierlich Neues zu lernen und war immer mehr als nur die Erwerbstätigkeit für den Lebensunterhalt. Insbesondere die Lehrtätigkeit war ihm wichtig, eröffnete sie die Möglichkeit, andere für Energiethemen zu begeistern. Seine Überzeugungen, Begeisterung und sein Herzblut sind es, die ihn in den letzten Jahren zum Verfassen des vorliegenden Buches bewegt haben. Es war mir eine große Freude, diesen Entstehungsprozess von Anfang an miterleben und begleiten zu können. Mein Mann kann leider die Veröffentlichung nicht mehr miterleben, doch ich glaube, das Buch, wie wir es jetzt in Händen halten, entspricht seiner Vorstellung. Deshalb möchte ich herzlichen Dank aussprechen an diejenigen, die gerade auch nach seinem Tod mit mir zusammen das Projekt in seinem Sinne fertiggestellt haben. Herrn Dr. Fröhlich, Frau Prenzer, Herrn Rieck und insbesondere Frau Pohle danke ich für die freundliche und angenehme Zusammenarbeit. Allen Lesern wünsche ich eine anregende, erkenntnisreiche, interessante Lektüre dieses Buches. Tragen und denken Sie gute Ideen und Ansätze weiter. Anne Longen-Petermann

Inhaltsverzeichnis

1

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Zahlennamen . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die SI-Basiseinheiten . . . . . . . . 1.3 Größe, Formelzeichen, SI-Einheit 1.4 Massenerhaltungssatz . . . . . . . . 1.5 Energieerhaltungssatz . . . . . . . . 1.6 Lernkontrolle zu den Grundlagen .

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Was ist Energie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Das Joule (Energie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Wie fühlt sich ein Joule an? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Watt (Leistung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Wattsekunde (Arbeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.5 Wattstunde (Arbeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.6 Das Normjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.7 Kilowatt (Leistung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.8 Kilowattstunde (Arbeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.9 Der Faktor Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.10 Was kann man alles mit einer Kilowattstunde anfangen? 2.1.11 Wie fühlt sich eine Kilowattstunde an? . . . . . . . . . . . 2.1.12 Megawattstunde und Gigawattstunde (Arbeit) . . . . . . 2.1.13 Sonstige Energie- und Leistungseinheiten . . . . . . . . . 2.2 Lernkontrolle zur Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3

Energieformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Energieformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Potenzielle Energie, Lageenergie . . . . 3.1.2 Kinetische Energie, Bewegungsenergie 3.1.3 Druckenergie . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.4 Spannenergie . . . . . . . . . . . . . . . .

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VII

VIII

Inhaltsverzeichnis

3.2

3.3

3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 4

3.1.5 Rotationsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.6 Elektrische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.7 Strahlungsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.8 Innere Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.9 Chemische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.10 Energie im magnetischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.11 Energie im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . Energie und Energieträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Gasförmige Energieträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Flüssige Energieträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Feste Energieträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Gleichstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Ohmsche Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Induktive Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5 Kapazitive Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.6 Phasenwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7 Schein-, Wirk- und Blindleistung – Das Leistungsdreieck 3.3.8 Abrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Energieumwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wert von Energieträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Physikalische Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lernkontrolle zu Energieformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Elektrische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Einphasige Verbraucher an Schutzkontaktsteckdosen 4.1.2 Mehrphasige Verbraucher an Kraftstromsteckdosen . 4.1.3 Fest verdrahtete Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Wärmeenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Temperaturmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Wärmebilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Druckluft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Lüftungsmessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Andere Energieformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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30 31 32 33 33 35 35 35 37 37 38 39 40 41 42 44 46 48 48 51 52 54 56 57 58

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59 59 60 63 64 65 65 68 74 76 77 78

Inhaltsverzeichnis

IX

5

Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse . 5.1 Erfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Auswertung und Analyse . . . . . . . . . . . . 5.3 Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Kreisdiagramm . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Säulen- und Balkendiagramme . . . . . 5.3.3 x-y- und Liniendiagramme . . . . . . . 5.3.4 Sankey-Diagramme . . . . . . . . . . . 5.4 Systemgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Lernkontrolle zur Darstellung . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . .

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6

Querschnittstechnologien . . . . . . . . . . . . 6.1 Beleuchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Checkliste Beleuchtung . . . . . . 6.2 Druckluft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Wärmerückgewinnung . . . . . . . 6.2.2 Lecksuche . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Kompressor . . . . . . . . . . . . . 6.2.4 Druckverlustarme Komponenten 6.2.5 Druckniveau . . . . . . . . . . . . . 6.2.6 Ungenutzte Teilstränge . . . . . . 6.2.7 Verzicht auf Druckluft . . . . . . . 6.2.8 Checkliste Druckluft . . . . . . . . 6.3 Elektromotoren . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Kennlinie . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Effizienzklassen . . . . . . . . . . . 6.3.3 Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.4 Getriebe . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.5 Checkliste Motoren . . . . . . . . . 6.4 Pumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Antriebsmotor . . . . . . . . . . . . 6.4.2 Dimensionierung . . . . . . . . . . 6.4.3 Betriebsmodus . . . . . . . . . . . . 6.4.4 Checkliste Pumpen . . . . . . . . . 6.5 Lüftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.1 Dimensionierung . . . . . . . . . . 6.5.2 Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.3 Wartung . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.4 Checkliste Lüftung . . . . . . . . .

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X

Inhaltsverzeichnis

6.6

Raumwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.1 Heizanlage . . . . . . . . . . . . . . 6.6.2 Nachtabsenkung . . . . . . . . . . . 6.6.3 Thermostate . . . . . . . . . . . . . 6.6.4 Gradtagzahl und Heizgradtag . . . 6.6.5 Checkliste Wärme . . . . . . . . . 6.7 Kühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.1 Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.2 Dimensionierung . . . . . . . . . . 6.7.3 Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.4 Wartung . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.5 Checkliste Kühlung . . . . . . . . 6.8 Klimatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8.1 Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8.2 Dimensionierung . . . . . . . . . . 6.8.3 Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . 6.8.4 Wartung . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8.5 Checkliste Klimatisierung . . . . . 6.9 Prozesswärme . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9.1 Checkliste Prozesswärme . . . . . 6.10 Trocknung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.10.1 Arten der Trocknung . . . . . . . . 6.10.2 Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.10.3 Wärmerückgewinnung . . . . . . . 6.10.4 Checkliste Trocknung . . . . . . . 6.11 EDV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.11.1 Client . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.11.2 Server . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.11.3 Hardware . . . . . . . . . . . . . . . 6.11.4 Software . . . . . . . . . . . . . . . 6.11.5 Lüftung und Kühlung . . . . . . . 6.11.6 Checkliste EDV . . . . . . . . . . . 6.12 Fuhrpark und Logistik . . . . . . . . . . . 6.12.1 Fahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . 6.12.2 Elektromobilität . . . . . . . . . . . 6.12.3 Fahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.12.4 Checkliste Fuhrpark und Logistik 6.13 Dampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.13.1 Checkliste Dampf . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . .

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118 120 122 123 124 125 125 127 128 129 129 130 130 131 133 133 134 134 134 136 137 137 140 142 143 144 144 145 146 146 147 148 148 150 150 151 152 152 153 153

Inhaltsverzeichnis

XI

7

Lastmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 7.1 Checkliste Lastmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

8

Energiemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 8.1 Checkliste Energiemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

9

Nutzerverhalten . . . . . . . . . . . . 9.1 Nutzermotivation . . . . . . . . 9.2 Rebound-Effekt . . . . . . . . . 9.3 Hawthorne-Effekt . . . . . . . . 9.4 Sonstige Verhaltensänderungen

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163 163 165 166 167

10

Investitionsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Statische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Dynamische Verfahren . . . . . . . . . . . . 10.3.1 Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.2 Barwert . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.3 Kapitalwert und Endwert . . . . . . 10.3.4 Preisänderungen . . . . . . . . . . . . 10.3.5 Der interne Zinsfuß . . . . . . . . . . 10.4 Lernkontrolle zur Amortisationsrechnung Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . .

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169 169 170 172 172 175 175 179 181 182 183

11

Energieumwandlung und -gewinnung 11.1 Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) . 11.2 Organic Rankine Cycle (ORC) . . 11.3 Wärmepumpen . . . . . . . . . . . . 11.4 Erneuerbare Energien . . . . . . . . 11.4.1 Sonne . . . . . . . . . . . . . 11.4.2 Wind . . . . . . . . . . . . . . 11.4.3 Laufwasser . . . . . . . . . . 11.4.4 Biomasse . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . .

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185 185 186 186 187 187 188 189 189 190

12

Energiemanagementsysteme 12.1 DIN EN ISO 50001 . . . 12.1.1 DIN EN 16247-1 Weiterführende Literatur . . .

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XII

13

14

Inhaltsverzeichnis

Umrechnungstabellen und Vorlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Brennwert, Heizwert und spezifische CO2 -Emission . . . . . . . . . . . . . 13.2 Energieeinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Umrechnungstabelle Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.4 Leistungseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5 Tabellen nach Anlage 2 SpaEfV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5.1 Erfassung der eingesetzten Energieträger nach Anlage 2 SpaEfV . 13.5.2 Erfassung und Analyse von Energieverbrauchern nach Anlage 2 SpaEfV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.5.3 Bewertung nach interner Verzinsung und Amortisationszeit nach Anlage 2 SpaEfV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.6 Tabelle zur detaillierten Verbrauchererfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.7 Möglicherweise relevante Gesetze, Normen und Verordnungen . . . . . . 13.8 Fachzeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.9 Hilfreiche Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

195 195 196 197 197 197 197

Lösungen zu den Übungsaufgaben 14.1 Lösungen zu Kapitel 1 . . . . . 14.2 Lösungen zu Kapitel 2 . . . . . 14.3 Lösungen zu Kapitel 3 . . . . . 14.4 Lösungen zu Kapitel 5 . . . . . 14.5 Lösungen zu Kapitel 10 . . . .

203 203 204 206 207 207

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198 198 198 199 200 201

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

1

Grundlagen

Zur Auffrischung finden sich in diesem Kapitel ein paar naturwissenschaftliche Grundlagen, auf die in späteren Abschnitten zurückgegriffen wird.

1.1 Zahlennamen Bei energetischen Größen erhält man sehr schnell unhandliche Zahlen, die man deshalb gerne in Exponentialschreibweise schreibt. Jede Zahl kann als Zehnerpotenz dargestellt werden. Der Exponent (das ist die hochgestellte Zahl) zeigt an, wie häufig man die 10 mit sich selbst multiplizieren muss, um die gewünschte Zahl zu erhalten. Ein paar Beispiele, die man auf dem Taschenrechner nachvollziehen kann: 100 D 1, das gilt für alle Zahlen: x0 D 1. 101 D 10, jede Zahl hoch 1 ist immer gleich der Zahl selbst: x1 D x. 102 D 100, denn 102 bedeutet ausgeschrieben 10  10, und 10  10 ist gleich 100. 103 D 1000, denn 103 bedeutet ausgeschrieben 10  10  10 und das ist gleich 1000. Allgemein: 10n D „ 10  ƒ‚ : : :  10 … nmal

I

Tipp (Die in senkrechten Strichen stehenden Zeichen stehen für eine Taste auf dem Taschenrechner, z. B. |=| für die „ist gleich“-Taste.) Auf einfachen Taschenrechnern gibt man z. B. für 103 ein: 10 |x y | 3 |=| und erhält 1000. Wissenschaftliche Taschenrechner haben oft eine eigene Taste für Zehnerpotenzen, um Tipparbeit zu sparen. Diese nennt sich manchmal |EE| oder |10x |. Sie ist nicht mit der |ex |-Taste zu verwechseln! Beispiel Texas Instruments: Für 103 gibt man ein: 1 |EE| 3 |=| und erhält 1000.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_1

1

2

1

Grundlagen

Alternativ: 3 |10x | und erhält ebenfalls 1000. Beispiel Casio: Für 103 gibt man ein: |10| 3 |=| und erhält 1000.

I

Wichtig Ist der Exponent einer Zehnerpotenz größer null, gilt: Der Exponent ist gleich der Zahl der Nullen hinter der Eins, z. B.: 103 D 1000.

Die Zahl 1012 ist folglich eine 1, gefolgt von 12 Nullen, die wir der besseren Lesbarkeit halber in Gruppen zu drei Nullen unterteilen: 1.000.000.000.000. Die Zahl 3.600.000, die noch häufiger auftreten wird, schrumpft auf 3,6  106 . Leider sind nicht alle Zahlen, mit denen wir es zu tun haben, Vielfache von 10. Um z. B. die Stunden des Normjahres (8760 [h]) als Exponentialzahl zu schreiben, würde man 8,76  103 schreiben, also 8,76  (10  10  10) D 8760. Hintergrundinformation Theoretisch kann man jede beliebige Zahl als Zehnerpotenz darstellen, beispielsweise beträgt 101,6 D 39,81. . . , aber das ist umständlich und intuitiv schwer zu verstehen.

Die Tab. 1.1 zeigt übersichtlich die Zahlen, ihren Namen, die Exponentialschreibweise, den Vorsatz und das Zeichen für die Zahl. Man beachte, dass – wie in Kilometer [km] oder Kilogramm [kg] – das „k“ von kilo klein geschrieben wird! Der weltweite jährliche Primärenergiebedarf liegt beispielsweise bei über 500 Exajoule, also 500  1018 [J]. Tab. 1.1 Zahlen und Zeichenübersicht Zahl

Deutscher Name 1 Eins 10 Zehn 100 Hundert 1000 Tausend 1.000.000 Million 1.000.000.000 Milliarde 1.000.000.000.000 Billion 1.000.000.000.000.000 Billiarde 1.000.000.000.000.000.000 Trillion

Exponentialschreibweise 100 101 102 103 106 109 1012 1015 1018

Vorsatz

Zeichen

deka hekto kilo mega giga tera peta exa

da – kleines „da“ h – kleines „h“ k – kleines „k“ M – großes „M“ G – großes „G“ T – großes „T“ P – großes „P“ E – großes „E“

1.1

Zahlennamen

3

Kleine Zahlen kann man ebenfalls in Exponentialschreibweise schreiben. Hier beschreibt der Exponent die Zahl der Nullen vor der eins, also: 100 D 1 1 10 1 D 1 W .10  10/ D 1 W 100 D 100 1 D 1 W .10  10  10/ D 1 W 1000 D 1000 1 D 1 W .10  10  10  10/ D 1 W 10:000 D 10:000

101 D 1 W 10 102 103 104

Allgemein: 10n D

D 1 W 10

D

D 0;1 D 0;01 D 0;001 D 0;0001

1 10 : : :  10 … „  ƒ‚ nmal

I

Wichtig Ist der Exponent einer Zehnerpotenz kleiner null, gilt: Der Exponent ist gleich der Zahl der Nullen vor der Eins, z. B.: 103 D 0,001.

Analog lauten die Namen, Exponentialschreibweisen, Vorsätze und Zeichen für kleine Zahlen: Zahl 1 0,1 0,01 0,001 0,000.001 0,000.000.001 0,000.000.000.001

Deutscher Name Eins Zehntel Hundertstel Tausendstel Millionstel Milliardstel Billionstel

Exponentialschreibweise 100 101 102 103 106 109 1012

Vorsatz

Zeichen

dezi zenti milli mikro nano piko

d – kleines „d“ c – kleines „c“ m – kleines „m“ µ – sprich „mü“ n – kleines „n“ p – kleines „p“

In den angelsächsischen Ländern weichen die Zahlennamen von den hier gebräuchlichen ab. Leider wird dies in zahlreichen Veröffentlichungen ignoriert, was mitunter zu enormen Fehlern führt:

4

1

Zahl

Exponentialschreibweise 1 100 1000 103 1.000.000 106 1.000.000.000 109 1.000.000.000.000 1012 1.000.000.000.000.000 1015 1.000.000.000.000.000.000 1018 1.000.000.000.000.000.000.000 1021 1.000.000.000.000.000.000.000.000 1024

Deutscher Name („Lange Leiter“) Eins Tausend Million Milliarde Billion Billiarde Trillion Trilliarde Quadrillion

Grundlagen

Englischer Name („Kurze Leiter“) one thousand million billion trillion quadrillion quintillion sextillion septillion

Es gilt deshalb skeptisch zu sein, wenn englischsprachige Veröffentlichungen auf Deutsch übersetzt wurden und einem die Größenordnung mancher Werte unrealistisch erscheint. Auch in seriösen Veröffentlichungen wird gerne eine amerikanische „billion“ mit einer deutschen Billion übersetzt, obwohl zwischen den beiden Zahlen ein Faktor 1000 liegt! Ein weiterer Fallstrick liegt darin, dass in vielen Ländern Punkt und Komma unterschiedlich genutzt werden. Eine Million Euro und 20 Cent schreibt man kaufmännisch hier: 1.000.000,20 C. In vielen Ländern schreibt man dagegen umgekehrt 1,000,000.20 C, auch wenn dasselbe gemeint ist. Das ist bei der Währung relativ unkritisch, weil einem der gesunde Menschenverstand sagt, dass die letzten beiden Ziffern die Cent sind. Aber es ist ein gewaltiger Unterschied, ob z. B. ein Kabel mit einer Länge von 1,000 [m] deutsch oder englisch interpretiert wird: In Deutschland wäre das Kabel exakt einen Meter, also 1000 [mm] lang. Ein Amerikaner würde die Länge des Kabels dagegen mit einem Kilometer, also 1000 [m] annehmen. Die DIN 1333 sieht – außer bei Währungen – keinen Punkt als Tausendertrennzeichen vor, eröffnet aber die Möglichkeit eines Leerzeichens, um die Lesbarkeit zu verbessern. Das Komma wird als Dezimaltrennzeichen verwendet. I

Wichtig Kaufleute verwenden gerne Punkte oder Hochkommata, um Zahlen besser lesbar zu machen, etwa 10.000.000,50 € oder 10’000’000,50 €. In angelsächsischen Ländern kommt es außerdem vor, dass negative Zahlen in Klammern geschrieben werden, statt ihnen ein Minus voranzustellen. Für einen Verlust von genau 100 US-Dollar also USD (100.00) statt USD 100.00.

1.2 Die SI-Basiseinheiten In unserer Region der Erde denken und rechnen wir ganz natürlich in den metrischen Einheiten Kilogramm, Meter und Sekunde. Das ist nicht selbstverständlich. Besonders in

1.2

Die SI-Basiseinheiten

5

Tab. 1.2 SI-Einheiten Basisgröße und Dimensionsname Masse Länge Zeit Stromstärke Temperatur Stoffmenge Lichtstärke

Einheit Kilogramm Meter Sekunde Ampere Kelvin Mol Candela

Einheitenzeichen kg m s A K mol cd

den USA wird noch immer mit imperialen Maßen, also Pfund, Inch, Fahrenheit, Gallone usw. gerechnet. Als weltweit gemeinsamen Nenner hat man sich auf das SI-System1 geeinigt. Die SIBasiseinheiten sind international anerkannte Einheiten, die sich in der Regel nicht weiter auf andere Einheiten zurückführen lassen (siehe Tab. 1.2). Kilogramm Das Kilogramm [kg] ist ein Maß für die Masse und (noch) über den Kilogrammprototyp in Paris genormt. Die Masse eines Gegenstands ist überall gleich, also auf dem Mond so groß wie auf der Erde. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Gewichtskraft in Newton. Diese variiert mit der Gravitation und beträgt z. B. auf dem Mond nur 1/6 der Gewichtskraft auf der Erde. Meter Der oder das Meter [m] ist ein Maß für eine Strecke und war ursprünglich über den Urmeter genormt, der einem Zehnmillionstel des Abstands vom Nordpol zum Äquator entsprach. Heute ist der Meter über die Lichtgeschwindigkeit definiert, nämlich als die Strecke, die Licht im Vakuum in 1/299.792.458 Sekunde zurücklegt. Sekunde Die Sekunde [s] ist ein Maß für die Zeit und war ursprünglich als 1/86.400 eines Sonnentages definiert. Heute ist die Sekunde über eine Frequenz definiert, die ein bestimmtes Cäsiumisotop erzeugt. Ampere Das Ampere [A] ist ein Maß für die Stärke des elektrischen Stroms und wird über die Kraft definiert, die zwischen zwei unendlich langen Drähten im Abstand von einem Meter entsteht, wenn diese von einem Ampere durchflossen werden. Kelvin Das Kelvin [K] ist ein Maß für die Temperatur. Der absolute Nullpunkt (bei 273,15 [°C]) entspricht 0 [K]. Man beachte, dass es zwar „Grad Celsius“ [°C] sind, aber nur „Kelvin“, nicht etwa „Grad Kelvin“. Die Temperaturdifferenz ist für Grad Celsius und Kelvin identisch, das heißt eine Temperaturdifferenz von einem Kelvin entspricht 1

Französisch: „Système Internationale d’unités“, internationales Einheitensystem.

6

1

Grundlagen

einer Temperaturdifferenz von einem [°C]. Lediglich der Nullpunkt unterscheidet sich. 0 [°C] D 273,15 [K]. Mol Das Mol [mol] ist ein Maß für eine Stoffmenge. Ein Mol entspricht 6,022.140.857  1023 Teilchen. Es ist über die Anzahl der Kohlenstoffatome definiert, die sich in genau 12 Gramm des Kohlenstoffisotops C-12 befinden. Candela Die Candela [cd] ist ein Maß für die Lichtstärke. Ursprünglich war sie über bestimmte Lichtquellen definiert, eine normale Kerze erzeugt etwa 1 Candela2 . Heute erfolgt die Definition als Lichtstrom (Lumen [lm]) je Raumwinkel (Steradiant [sr])3 : 1 [cd] D 1 [lm/sr].

1.3 Größe, Formelzeichen, SI-Einheit Sehr verwirrend sind die vielen Buchstaben, die man zur Kennzeichnung von Größen, Formelzeichen und SI-Einheiten verwendet. Nehmen wir als Beispiel die elektrische Spannung: Größenart: Elektrische Spannung Formelzeichen: U SI-Einheit: [V] (Volt) 2 SI-Basiseinheiten: kgm As3 Derselbe Sachverhalt kann also auf verschiedene Arten beschrieben werden. Man kann sagen: Als Formelzeichen: Die Einheiten sind: oder:

Leistung P Watt ŒW

ist gleich D D D

Spannung U Volt ŒV

mal   

Strom I Ampere ŒA

Um Formelzeichen und Einheiten eindeutig zu unterscheiden, schreibt man die Einheiten in eckige Klammern, also etwa für die Spannung: U D 230 [V]. Die Buchstaben leiten sich oft, aber nicht immer, von den englischen Bezeichnungen ab. Tab. 1.3 gibt einen Überblick über die wichtigsten Größen.

2 3

Italienisch für „Kerze“. Dazu weiter unten mehr.

1.4

Massenerhaltungssatz

7

Tab. 1.3 Die wichtigsten Größen und ihre Formelzeichen Größenart Masse Länge Zeit Elektrische Stromstärke Absolute Temperatur Flächeninhalt Volumen Geschwindigkeit Beschleunigung Frequenz Kraft Leistung Arbeit Spannung

Formelzeichen m (mass) l (length) oder s (strecke) t (time) I T (Temperature) A (Area) V (Volume) v (velocity) a (acceleration) f (frequency) F (Force) P (Power) W (Work) U

SI-Einheit kg (kilogramm) m (meter)

SI-Basiseinheit kg m

s (sekunde) A (Ampere) K (Kelvin) m2 m3 m/s m/s2 Hz (Hertz) N (Newton) W (Watt) J (Joule) V (Volt)

s A K m2 m3 m/s m/s2 1/s kg  (m/s2 ) kg  (m2 /s3 ) kg  (m2 /s2 ) (kg  m2 )/(A  s3 )

1.4 Massenerhaltungssatz Der erste wichtige Erhaltungssatz ist der Massenerhaltungssatz. Er besagt: I In einem geschlossenen System bleibt die Summe der Massen stets gleich. Die Masse wird in Kilogramm [kg] gemessen. Im Gegensatz zur Gewichtskraft ist die Masse überall im Universum gleich. Als ein geschlossenes System sehen wir ein hermetisch abgeschlossenes Gefäß an, das keinen stofflichen Austausch mit der Außenwelt erlaubt. Es kann weder Materie in dieses Gefäß gelangen noch daraus entweichen, egal welche Reaktion innerhalb des Gefäßes stattfindet. So profan diese Feststellung wirken mag, gibt es darum dennoch immer wieder Verwirrung. Bevor man die Gültigkeit des Massenerhaltungssatzes infrage stellt, sollte man vorsichtig prüfen, ob wirklich alle beteiligten Massen korrekt erfasst wurden. Im Regelfall muss die Massenbilanz ausgeglichen sein, am Beispiel einer Verbrennung: Masse vor der Verbrennung D Masse nach der Verbrennung: 12 g Kohlenstoff (C) C 32 g Sauerstoff .O2 / D 44 g Kohlendioxid .CO2 /: Es geht keine Masse verloren4, es entsteht auch keine neue. 4

Vom sogenannten „Massendefekt“ sehen wir jetzt mal ab.

8

1

Grundlagen

1.5 Energieerhaltungssatz Der zweite relevante Erhaltungssatz ist der Energieerhaltungssatz. Er lautet: I In einem geschlossenen System bleibt die Summe aller Energien stets gleich. Darauf, was genau Energie ist, kommen wir in den folgenden Kapiteln. Als geschlossenes System kann man sich ein Gefäß vorstellen, das weder Materie noch Energie, also z. B. Wärme, durchlässt. Eine fest zugedrehte Thermosflasche kommt diesem Ideal schon recht nahe. Energie kann nicht erzeugt oder verbraucht werden, sondern stets nur von einer (z. B. elektrische Energie) in eine andere Form (z. B. Licht) umgewandelt werden. Wann immer in einem geschlossenen System hinterher mehr oder weniger Energie existiert als vorher, sollte man stutzig werden!5 Die Summe der Energie aller Energieformen darf sich nicht ändern, nur deren Gestalt. Es geht keine Energie verloren, es kommt auch keine neue dazu. Dass man dennoch von „Energieerzeugung“ und „Energieverbrauch“ redet, ist eine sprachliche Ungenauigkeit, die sich in die Alltagssprache eingeschlichen hat. Gemeint ist mit Energieerzeugung die Aufwertung von Energie, z. B. über Photovoltaik von Strahlungsenergie (Sonnenlicht) zu elektrischer Energie. Mit Energieverbrauch ist gewöhnlich ein Verbrauch von Energieträgern (z. B. Heizöl, Erdgas) oder die Entwertung von Energie zu Abwärme gemeint. Dennoch hat sich dieser Sprachgebrauch allgemein durchgesetzt, er wird deshalb auch in diesem Buch oder in der Versorgungswirtschaft verwendet. Man sollte nur im Hinterkopf behalten, dass die Begriffe „Energieverbrauch“ oder „Energieerzeugung“ physikalisch Unsinn sind, weil man Energie weder erzeugen noch verbrauchen, sondern nur umwandeln kann.

1.6 Lernkontrolle zu den Grundlagen Frage(n)

 Schreiben Sie den jährlichen weltweiten Primärenergieverbrauch als Zahl voll aus.  Wie viele Mikrometer [µm] hat ein Millimeter [mm]?  Manchmal liest man als Gewichtsangabe [Kg], wenn Kilogramm [kg] gemeint sind. Was würde [Kg] (also mit großem „K“) tatsächlich bedeuten? 5

Immer wieder erzählen einem Scharlatane, sie hätten eine Maschine gebaut, die aus Nichts Energie „erzeugt“. Solch ein Perpetuum mobile hat aber noch nie einer kritischen Überprüfung standgehalten. Bei näherer Betrachtung wurde immer Energie in irgendeiner Form in das System eingekoppelt, z. B. über Magnetfelder, über Strahlung oder einfach mit einer eingebauten Batterie.

1.6

Lernkontrolle zu den Grundlagen

9

 In einen Luftballon wird Natronpulver gegeben. Dieser wird luftdicht über den Kopf einer Flasche gezogen, die mit verdünnter Essigsäure gefüllt ist und auf einer Waage steht. Alles zusammen wiegt 500 [g]. Dann wird das Pulver aus dem Ballon in die Flasche gegeben, woraufhin sich Gas (CO2 ) entwickelt und den Ballon aufbläst. Wird das Ganze dabei schwerer, leichter oder ändert sich nichts? Warum?  Ein alter Blitzwürfel enthält innen feinen Magnesiumdraht und Sauerstoff. Wird er gezündet, verbrennt das Magnesium und erzeugt dabei einen Lichtblitz, den man zur Fotografie nutzen kann. Wie ändert sich dadurch das Gewicht des Blitzwürfels?  Ein PKW (kein Elektrofahrzeug) bremst vor der Ampel von 50 [km/h] bis zum Stillstand. Die Bewegungsenergie scheint damit verloren. Kann das sein? Was ist in Wirklichkeit damit passiert?  Wenn der Energieerhaltungssatz gilt, was würde passieren, wenn man in ein adiabates (undurchlässiges) System dauerhaft mehr Energie (z. B. Wärme) hineinsteckt als wieder herauskommt?  Die Erde ist permanenter Sonnenbestrahlung ausgesetzt. Warum wärmt sie sich dennoch nicht ununterbrochen auf?

2

Was ist Energie?

„Energie“ ist schwer zu fassen, denn wir können sie als solche nicht begreifen. Manche Vorgänge lassen erahnen, was Energie ist, etwa wenn man sich auf einem Teppich statisch aufgeladen hat und dann einen geerdeten Metallgegenstand anfasst, wenn einem ein Hammer auf den Fuß fällt oder wenn in der Nähe ein Blitz einschlägt. Wir wollen in diesem Kapitel versuchen, uns dem Wesen der Energie zu nähern. Der Begriff der Energie leitet sich vom griechischen „en“ und „ergon“ ab, was soviel wie „innen wirken“ bedeutet. Er ist heute weit verbreitet, wenngleich er nicht immer korrekt verwendet wird. Vor allem die Esoterik bedient sich dieses Begriffs sehr gerne. Wir beschränken uns hier auf die Energieformen, die naturwissenschaftlich nachgewiesen und messbar sind. Der Begriff Energie taucht auch in der Alltagssprache auf. Nach einem Imbiss oder einem Schläfchen hat man sprichwörtlich wieder Energie, um sich einer Aufgabe zu widmen. Im Falle des Imbisses stimmt das tatsächlich – mit der Nahrung wurde dem Körper chemische Energie zugeführt, die dieser nun in Arbeit umsetzen kann. Im Falle des Nickerchens ist der Begriff hingegen falsch, denn danach ist man zwar ausgeruht, aber Energie im physikalischen Sinn hat man dadurch keine gewonnen. Definitionen von Energie gab es im Lauf der Jahrhunderte verschiedene, darunter:  Aristoteles (384–322 v. Chr.): „Energie ist die Wirkkraft, durch die Mögliches in Seiendes übergeht.“  James Prescott Joule (1818–1889): „Energie kann nicht erzeugt, sondern nur von einer Form in die andere umgewandelt werden.“ Der Duden definiert Energie als: „(Physik) Fähigkeit eines Stoffes, Körpers oder Systems, Arbeit zu verrichten.“

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_2

11

12

2 Was ist Energie?

Diese Definition ähnelt bei genauer Betrachtung dem Ansatz Aristoteles’ und ist die Grundlage dieses Buches. I Energie ist die Fähigkeit eines Stoffes, Körpers oder Systems, Arbeit zu verrichten.

2.1

Einheiten

2.1.1 Das Joule (Energie) Zunächst benötigt man eine Einheit, mit der man Energiemengen quantifizieren und vergleichbar machen kann. Zu Ehren des englischen Physikers James Prescott Joule1 trägt die Energieeinheit heute seinen Namen „Joule“, Zeichen [J], man spricht sie [dZu:l]2 . Wie oben gesehen, zählt das Joule nicht zu den SI-Basiseinheiten, es lässt sich also auf andere Größen zurückführen. Eine Definition von Energie bzw. Arbeit lernt man schon in der Schule: Arbeit gleich Kraft mal Weg.3 Die Gleichsetzung von Energie und Arbeit ist nicht völlig korrekt, denn in der Physik beschreibt Energie den Zustand eines Systems, in dem es Arbeit verrichten kann. Ein rotierendes Schwungrad beispielsweise enthält Energie. Wird diese Energie angezapft, verrichtet es Arbeit. Die Energie wird meistens mit E (von englisch „Energy“ D „Energie“) bezeichnet, die Arbeit hingegen mit W (von englisch „Work“ D „Arbeit“). Wir wollen nun die Energie auf SI-Einheiten zurückführen. Dazu bedienen wir uns der Formel aus dem Physikunterricht: I

Arbeit D Kraft  W D F  [J] D [N] 

Weg s [m]

Die Energie wird in Joule [J] angegeben, die Kraft F in Newton [N] und der Weg s in Meter [m], also4 : 1 Joule [J]

D

1 [N]  1 [m]

D

1 [N  m]

D

1 [Nm]:

Ein Joule kann also auf verschiedene Weise geleistet werden, solange das Produkt aus Kraft und Weg identisch ist – durch eine Verlängerung des Weges lässt sich die benötigte 1

James Prescott Joule (1818–1889). Vereinfachte Schreibweise: „Dschuhl“. Manche Menschen sprechen es „Juhl“ oder „Dschaul“ aus. 3 Ganz korrekt wäre: Weg mal Kraftkomponente in Wegrichtung. 4 Den Mal-Punkt, „“, kann man auch weglassen. 2

2.1 Einheiten

13

Kraft verringern und umgekehrt: 1 [J] D 1 [N]  1 [m] oder 1 [J] D 0,5 [N]  2 [m] oder 1 [J] D 5 [N]  0,2 [m]. Auf diesem Grundsatz basiert die Funktion von Hebeln, Flaschenzügen, Getrieben und Serpentinenstraßen. Ein Flaschenzug mit zwei losen Rollen vervierfacht z. B. den Weg (die Länge des Seils, das man ziehen muss), reduziert dafür aber die erforderliche Kraft auf ¼. Nur so konnten die Menschen schon im Mittelalter tonnenschwere Glocken in Kirchtürme hieven. Nun ist, wie oben zu sehen, auch das Newton [N] noch keine SI-Basiseinheit, lässt sich also weiter zerlegen. Die Herleitung erfolgt in mehreren Schritten: Lässt man auf der Erde einen Gegenstand fallen, dann fällt dieser zunächst langsam, dann immer schneller auf die Erde zu. Er beschleunigt also im Fall. Misst man diese 5 2 Fallbeschleunigung, kommt man in Deutschland  m  auf einen Wert von 9,80665 [m/s ]. Das ist die Erdbeschleunigung g, g D 9;80665 s2 . Die nächste Frage ist, welche Gewichtskraft eine Masse m von einem Kilogramm auf der Erde hat. Für die Ermittlung der Gewichtskraft gilt: I

Kraft D Masse F D m [N] D [kg]

  

Erdbeschleunigung g Œm/s2 

Nun setzen wir Zahlen in die Formeln ein: hmi F D 1 Œkg  9;80665 2 D 9;80665 ŒN „ƒ‚… „ ƒ‚ s … m g

Ein Kilogramm hat also auf der Erde eine Gewichtskraft von rund F D 9,81 Newton. Will man nun wissen, welche Masse eine Gewichtskraft von nur einem Newton hat, muss man die Formel durch 9,80665 teilen. Zunächst die Formel wie oben: hm i 1 Œkg  9;80665 2 D 9;80665 ŒN „ ƒ‚ … „ƒ‚… „ ƒ‚ s … m F g

Nun beide Seiten durch 9,80665 teilen hmi 1 Œkg  9;80665 2 D 1 ŒN : 9;80665 „ ƒ‚ s … g

5

Am Äquator wegen der Fliehkraft durch die Erdrotation nur 9,78 [m/s2 ], an den Polen dagegen 9,832 [m/s2 ].

14

2 Was ist Energie?

Die Zahl 1 [kg] geteilt durch 9,80665 ergibt 0,101971621 [kg]. Die Einheiten bleiben unverändert. Damit erhält man: hm i 0;101971621 Œkg  9;80665 2 D 1 ŒN : „ ƒ‚ s … g

Die Zahlen 0,101 971 621 [kg] oder 101,971 621 Gramm (rund 102 [g]) haben also auf der Erde eine Gewichtskraft von 1 Newton. Als Einheit ergibt sich für das Newton: Œkg  sm2 . I Das Newton [N] hat die Einheit Œkg 

m . s2

Weiter oben wurde eine Gleichung für Energie mit Arbeit gleich Kraft mal Weg, W D F  s angegeben, wobei s in diesem Fall ein Weg senkrecht zur Erde ist, also eine Höhenänderung. Daraus folgt, eingesetzt in obige Gleichung: 1 Joule [J] 1 [Nm] 2

D 3 D

6 7 m m 7 16 4kg  s2  „ƒ‚… 5 D „ƒ‚… m h Nm  m i 1 kg  2 D s  2 m 1 kg  2 : s Nun ist das Joule auf SI-Basiseinheiten zurückgeführt. Eine weitere Zerlegung in Basiseinheiten ist nicht mehr möglich. i h 2 Wie wir später sehen werden, lässt sich jede Energieform auf ŒJ D ŒNm D kg  ms2 zurückführen. Die folgende Definition ist wichtig und sollte verinnerlicht werden: I

  m2 1 ŒJ D 1 ŒNm D 1 kg  2 s

2.1 Einheiten

15

Vorsicht Falle! Das Drehmoment M wird ebenfalls in [Nm] angegeben. Es ist NICHT gleichbedeutend mit Energie, wird aber dennoch gerne damit verwechselt! Um vom Drehmoment zu Energie zu gelangen, muss das Drehmoment noch mit dem Drehwinkel multipliziert werden. Eigentlich ist der Drehwinkel dimensionslos, manchmal bezeichnet man ihn mit Radiant [rad]. Für die Arbeit gilt: Wrot D M  ', mit dem Drehwinkel ' in Radiant [rad]. Für die Umrechnung der gewohnten Grad in Radiant gilt: 180° D  [rad] D 3,1415 [rad]. Eine volle Umdrehung entspricht folglich 6,283 [rad]. Die Leistung ergibt sich zu P D M  !, wobei ! die Winkelgeschwindigkeit in Radiant pro Sekunde [rad/s] ist. Beispiel: Ein Motor habe bei 2400 Umdrehungen je Minute [1/min] ein Drehmoment von 250 [Nm]. Welche Leistung hat er? Zunächst muss die Drehzahl auf Umdrehungen je Sekunde umgerechnet werden:

2400Œ1=min W 60Œs=min D 40 Œ1=s: Da eine volle Umdrehung 2  180°, also 2  [rad] entspricht (siehe oben), erhalten wir: 40 Œ1=s  6;283 Œrad D 251;33 Œrad=s: Die Leistung errechnet sich dann zu: P D 250 ŒNm  251;33 Œrad=s D 62:831 ŒW: Bei einem Moment von 250 [Nm] leistet der Motor bei jeder (!) Umdrehung (6,283 [rad]) eine Arbeit von: 250 ŒNm  6;283 Œrad D 1570;75 ŒJ:

2.1.2

Wie fühlt sich ein Joule an?

Wie kann man sich nun ein Joule vorstellen? Eine Masse von 101,9 Gramm hat bei durchschnittlicher Erdbeschleunigung (g D 9,81 [m/s2 ]) eine Gewichtskraft von einem Newton. Nehmen wir an, es gäbe einen Schokoladenhersteller, der quadratische Schokoladentafeln mit einem Gewicht von 100 [g] herstellt, dann hätte eine Tafel samt Verpackung auf der Erde ziemlich exakt eine Gewichtskraft von einem Newton. Die folgenden Experimente kann man auch praktisch nachvollziehen. Nach Abschluss der Versuche spricht nichts dagegen, die Schokolade ihrer ursprünglichen Bestimmung zuzuführen (Abb. 2.1). Wir wollen nun diese Tafel Schokolade mit einem Joule Energie „aufladen“, wir versehen sie mit Arbeitsfähigkeit. Oben haben wir gesehen, dass ein Newton mal ein Meter Höhe gleich einem Newtonmeter gleich einem Joule ist. Wir nehmen also die Schokoladentafel mit ihrer Gewichtskraft von 1 Newton von einem Tisch und heben sie mit einer Hand genau einen Meter über den Tisch nach oben. 1 ŒN  1 Œm D 1 ŒNm D 1 ŒJ

16

2 Was ist Energie?

Abb. 2.1 Quadratische Schokoladentafel mit einer Gewichtskraft von 1 Newton

Abb. 2.2 Experiment zur Erfahrung, wie sich ein Joule anfühlt

Die Tafel Schokolade wurde soeben mit einer potenziellen Energie (Lageenergie) von einem Joule versehen. Sie kann nun diese Energie wieder abgeben und dabei 1 [J] Arbeit verrichten (siehe Abb. 2.2). Nun lege man die andere Hand flach auf den Tisch und lasse die Schokoladentafel aus einem Meter Höhe auf den Handrücken fallen! Es wäre zu viel gesagt, es täte weh, wenn die Tafel auf den Handrücken trifft, aber angenehm ist es nicht. So fühlt es sich an, wenn ein Joule potenzielle Energie (Schokolade in der oberen Hand) sich im Fall in ein Joule kinetische Energie verwandelt, die bei der Kollision mit der Hand ein Joule Verformungsarbeit erbringt.

2.1.3 Watt (Leistung) Die benötigte Energiemenge, um 1 Newton einen Meter hochzuheben, ist immer dieselbe! Es ist also egal, ob die Schokoladentafel in einer Sekunde hochgerissen wird oder man sich dafür zehn Sekunden Zeit nimmt. Dennoch ist es gefühlt ein Unterschied, ob man sich nur eine Sekunde Zeit nimmt oder zehn Sekunden oder noch länger. Auch die Energiemenge, die man beispielsweise zum Steigen einer Treppe braucht (oder die Arbeit, die man dazu verrichten muss), ist immer gleich, egal ob man schnell oder langsam geht. Aus Erfahrung weiß aber jeder, dass man bei schnellem Treppensteigen eher außer Atem kommt, als wenn man die Treppe langsam emporsteigt. Offenkundig spielt es eine Rolle, wie viel Zeit man sich nimmt, um eine bestimmte Energiemenge umzusetzen. Um dasselbe Ziel in weniger Zeit, also schneller zu erreichen, muss man mehr leisten. Wie können wir nun ausdrücken, wie schnell die erforderliche Arbeit geleistet wurde?

2.1 Einheiten

17

Die gesuchte Größe heißt Leistung, wird mit P (von englisch „Power“ D „Leistung“) bezeichnet und ist definiert als: I Leistung ist gleich Arbeit pro Zeit. Arbeit Zeit W P D t ŒJ [W] D Œs

Leistung D

Die Leistungseinheit ergibt sich, wie oben zu sehen, rechnerisch zu Joule pro Sekunde, ist aber zu Ehren von James Watt6 mit Watt [W] benannt.   J 1 Watt [W] D 1 s Die Angabe der Leistung bezieht sich, anders als die Arbeit, immer auf einen Zeitpunkt, niemals auf einen Zeitraum. Welche Leistung müsste man nun erbringen, um eine Tafel Schokolade mit einem Newton Gewichtskraft in nur einer Sekunde einen Meter hochzuheben?   J 1 ŒJ D 1 ŒW D1 1 Œs s Lässt man sich hingegen zwei Sekunden, also doppelt so viel Zeit, benötigt man nur noch halb so viel Leistung, um dieselbe Arbeit zu verrichten:   J 1 ŒJ D 0;5 D 0;5 ŒW 2 Œs s Lässt man sich 10 Sekunden Zeit, beträgt die erforderliche Leistung folglich:   J 1 ŒJ D 0;1 ŒW : D 0;1 10 Œs s Man kann die Formel Leistung [W] D

6

Arbeit [J] Zeit [s]

James Watt (1736–1819), gilt irrtümlich als Erfinder der Dampfmaschine. Tatsächlich hat er die Dampfmaschine nicht erfunden, sondern „nur“ entscheidend verbessert.

18

2 Was ist Energie?

umstellen, indem man beide Seiten mit „Zeit“ multipliziert. Dann erhält man: Arbeit [J] D Leistung [W]  Zeit [s] oder W D P  t; Arbeit gleich Leistung mal Zeit. Durch Verlängerung der Zeit kann also dieselbe Arbeit mit geringerer Leistung erbracht werden. Umgekehrt kann man die Arbeit bei höherer Leistung schneller verrichten. Einige gängige Leistungen: 1,5 W: 20 W: 400 W: 2000 W: 21.000 W: 73.549,875 W: 2.000.000 W: 8.000.000 W: 1.000.000.000 W: 18.200.000.000 W: 43.000.000.000 W: 1.700.000.000.000 W:

2.1.4

Menschliches Herz; Mobiltelefon Menschliches Gehirn Leistungssportler Waschmaschine beim Heizen Durchlauferhitzer Auto mit genau 100 [PS] Stärkster Langwellensender in Europa Antrieb eines ICE-3-Zuges Kernkraftwerk Größtes Wasserkraftwerk in China Raketentriebwerk Durchschnittlicher Strombedarf weltweit

Wattsekunde (Arbeit)

Kommen wir von der Leistung zurück zur Energie. Bei sehr kleinen Energiemengen taucht die Einheit Wattsekunde [Ws] auf. Eine Wattsekunde entspricht einer Leistung von einem  Watt [W] über eine Zeit von einer Sekunde [s]. Zur Erinnerung: 1 Watt [W] D 1 Js . Eine Wattsekunde ist also nichts  J  anderes als ein Joule, wie sich leicht zeigen lässt: 1 ŒW  1 Œs D 1 ŒWs D 1 s  Œs D 1 ŒJ, da sich die Sekunden herauskürzen „ƒ‚… „ƒ‚… W

s

lassen. Hebt man die 100 [g]-Schokoladentafel – egal wie schnell – einen Meter hoch, dann hat man eine Wattsekunde oder ein Joule geleistet.

2.1 Einheiten

19

2.1.5 Wattstunde (Arbeit) Bei kleinen Energiemengen findet auch die Wattstunde [Wh] Anwendung. Sie setzt sich zusammen aus einer Leistung von einem Watt [W] über eine Zeit von einer Stunde [h]. Die Stunde hat 60 Minuten zu je 60 Sekunden, also 60 [min]  60 [s/min] D 3600 Sekunden [s]. Eine Wattstunde ist gleichbedeutend mit einer Leistung von einem Watt über 3600 Sekunden. 1 ŒWh D 1 ŒW  3600 Œs D 3600 ŒWs D 3600 ŒJ D 3;6 ŒkJ Das bedeutet, dass man z. B. innerhalb einer Stunde jede Sekunde eine Tafel Schokolade um einen Meter anheben müsste, um eine Wattstunde zu leisten. Nachdem man auf diese Weise innerhalb einer Stunde 3600 Tafeln Schokolade einen Meter angehoben hat, wird sich die geleistete Wattstunde schmerzhaft im Arm bemerkbar machen. Ein stärkeres Nachtlicht kann eine Leistungsaufnahme von einem Watt haben. So lernt man zu schätzen, wie viel Energie das Nachtlicht innerhalb einer Stunde umsetzt. Und viele Nachtlichter brennen 24 Stunden täglich, 365 Tage im Jahr . . .

2.1.6 Das Normjahr Damit kommen wir zu einer Zahl, die immer wieder wichtig wird: Der Stundenzahl eines Jahres. Ein Normjahr hat 365 Tage zu je 24 Stunden. Macht 8760 Stunden. Diese Zahl benötigt man für jeden Verbraucher, der rund um die Uhr läuft. I

Wichtig Ein Normjahr umfasst 365 Tage zu je 24 Stunden: 365 [d]  24 [h/d] D 8760 [h].

2.1.7 Kilowatt (Leistung) Wir haben oben das Watt kennengelernt. Ein Watt ist eine vergleichsweise kleine Leistung. Ein gut trainierter Mensch kann für ein paar Sekunden 1000 Watt leisten. Größere Leistungen werden gewöhnlich nicht mehr in Watt, sondern in Kilowatt [kW] angegeben. Der Faktor Tausend wird durch ein kleines „k“ dargestellt, ebenso wie in Kilogramm [kg] oder Kilometer [km]. Bezieht z. B. ein Staubsauger eine Leistung von 1000 [W], wird dies auch als ein Kilowatt, also 1 [kW] bezeichnet. I

Wichtig 1000  1 ŒW D 1000 ŒW D 1 ŒkW

Ein Elektroherd hat eine Anschlussleistung von ungefähr 10 [kW], kann also maximal 10.000 [W] leisten oder 10.000 Joule pro Sekunde umsetzen.

20

2 Was ist Energie?

Greifen wir auf unser Beispiel mit den Schokoladentafeln zurück: Wenn ein Watt der Leistung entspricht, die es braucht, um eine Tafel Schokolade in einer Sekunde um einen Meter anzuheben, dann entspricht ein 1 [kW] der Leistung, die es braucht, um 1000 Tafeln Schokolade in einer Sekunde einen Meter hochzuheben. Der geneigte Leser möge ausprobieren, innerhalb einer Sekunde 101,9 [kg] um einen Meter hochzuheben. Gewichtheber schaffen das vielleicht, der Normalbürger eher nicht. Aber selbst Gewichtheber schaffen das nicht oft hintereinander.

2.1.8 Kilowattstunde (Arbeit) Wir haben gerade gesehen, was eine Leistung von einem [kW] bedeutet, nämlich 101,9 [kg] in einer Sekunde um einen Meter anheben. Dabei wurde eine Arbeit von exakt 1000 [J] geleistet. Wenn jemand nun eine Stunde lang mit einem 1000 [W]-Staubsauger gesaugt hat, wür  de er nicht sagen, er habe dafür eine Energie von 1000 Js  3600 Œs D 3:600:000 ŒJ gebraucht. Energiemengen in Joule ergeben schnell riesige und unhandliche Zahlen. Ein Durchschnittshaushalt bezieht z. B. pro Jahr etwa 14.400.000.000 [J] Strom.7 Für alltägliche Anforderungen ist die Kilowattstunde eine Energiemenge, mit der sich gut und leicht rechnen lässt. Wir werden sie deshalb überwiegend nutzen. Es ist die Energiemenge, die man benötigt, um eine Stunde [h] lang ein Kilowatt [kW] zu leisten. Die erforderliche Energie für eine Leistung von 1000 [W] über eine Stunde [h] beträgt: Joule [J]  3600 Sekunden [s] D 3:600:000 ŒJ D 1000 ŒWh D 1 ŒkWh : 1000  „ƒ‚… ƒ‚ … Sekunde [s] „ ƒ‚ … „ k h W

I 1 [kWh] D 3.600.000 [J] Man beachte die korrekte Schreibweise der Kilowattstunde [kWh]: kleines k, großes W, kleines h. I

Wichtig k  W  h D kWh D Kilowattstunde

Leider findet man – selbst in Fachveröffentlichungen – sehr virtuose Schreibweisen der kWh, die allesamt falsch sind, etwa kW/h, KWh, kW-h, Kwh, KWH, kW-Stunde usw. Besonders wichtig ist aber, dass man die Leistung zu einem Zeitpunkt in Kilowatt [kW] nicht mit einer Arbeit über einen Zeitraum in Kilowattstunden [kWh] verwechselt! Immer wieder hört man in der Praxis, jemand habe z. B. pro Jahr „4000 Kilowatt“ verbraucht. Das ist Unsinn, denn schon die Angabe „pro Jahr“ lässt erkennen, dass es sich um eine zeitraumbezogene Größe, und damit um eine Arbeit handelt. Der Zahl 4000 [kW] 7

Entspricht 4000 kWh.

2.1 Einheiten

21

Abb. 2.3 Leistung (y-Achse) mal Zeit (x-Achse) gleich Arbeit (schraffierte Fläche)

entsprächen 4 [MW]. Ein normaler Haushaltsanschluss könnte eine solche Leistung gar nicht bereitstellen. I

Wichtig Kilowatt Kilowattstunde

D D

kW kWh

D D

Leistung (zeitpunktbezogen) Arbeit (zeitraumbezogen)

Bildlich gesprochen ist in Abb. 2.3 die Kilowattstunde die schraffierte Fläche, die sich als Produkt aus Leistung und Zeit ergibt.

2.1.9 Der Faktor Zeit Man sollte sich bei der Ermittlung von Energieverbräuchen nicht nur durch die Leistung beeindrucken lassen, die Betriebszeit ist genauso wichtig. Ein Backofen mit einer Leistungsaufnahme von 2000 [W] klingt gefährlicher als ein Internetrouter mit 5 [W] Leistungsaufnahme. Angenommen, der Backofen wird zweimal im Monat für 30 Minuten genutzt, um eine Pizza aufzubacken, dann ergibt sich bei 12 Monaten im Jahr, also 24 Pizzen: 2 [kW]  0,5 [h]  24 D 24 [kWh]. Der Router nimmt zwar nur 5 Watt, diese aber das ganze Jahr – 365 Tage8 mal 24 Stunden. Macht: 0;005 ŒkW  24 Œh/d  365 Œd D 43;8 ŒkWh im Jahr. Der Router verbraucht also über das Jahr gerechnet mehr als der Backofen, obwohl seine Leistung nur 0,25 % derer des Backofens beträgt. Dafür ist seine Betriebszeit mit 8760 [h] gegenüber 12 [h] jährlich 730-mal so hoch. Ein Kleinverbraucher mit einer Dauerleistung von nur 1 Watt verursacht pro Jahr einen Stromverbrauch von 0,001 [kW]  8760 [h] D 8,76 [kWh]. Das ist die energetische Interpretation des Sprichworts „Kleinvieh macht auch Mist“. 8

Wird mit d für englisch „day“ D „Tag“ bezeichnet.

22

2 Was ist Energie?

Generell kann die Zeit eine Menge ausmachen, auch wenn der Verbraucher nicht permanent läuft. Ein Kühlschrank habe eine Nennleistung von 90 Watt. Der Kompressor des Kühlschranks läuft nur ca. 1/3 des Tages (dann, wenn der Kühlschrank brummt), also 8 Stunden täglich. Macht im Jahr: 0;090 ŒkW  8 Œh/d  365 Œd D 262;8 ŒkWh:

2.1.10 Was kann man alles mit einer Kilowattstunde anfangen? Eine [kWh] ist schon eine vergleichsweise große Energiemenge. Man kann damit beispielsweise:             

34,5 Liter Wasser zum Duschen von 10 [°C] auf 35 [°C] erwärmen 9,5 Liter Wasser von 10 [°C] zum Kochen (100 [°C]) bringen Eine Last von 12 Tonnen auf den Eiffelturm (~ 300 [m]) heben Eine große Autobatterie vollladen (konventionelle Starterbatterie, kein E-Mobil!) Eine 60 [°C]-Wäsche laufen lassen 2 [km] Auto fahren (bei 5 [l/100 km] Dieselverbrauch) 10 Stunden lang eine 100 [W]-Glühlampe brennen lassen 91 Stunden lang eine vergleichbar helle 11 [W]-LED brennen lassen 20 Stunden am PC (50 [W]) arbeiten 200 Stunden ein kleines Radio betreiben (5 [W]) 2000 Stunden ein kleines Nachtlicht betreiben (0,5 [W]) 50 Stunden nachdenken (Gehirn  20 [W]) 139 Tage lang ein Smartphone betreiben (im Mittel 300 [mW])

2.1.11 Wie fühlt sich eine Kilowattstunde an? Wir haben oben gesehen, dass wir 1 [W] leisten müssen, um eine – mit Verpackung – 101,9 [g] schwere Schokoladentafel in einer Sekunde um einen Meter anzuheben. Für 1 [kW] müssten wir folglich 1000 Tafeln Schokolade mit einem Gewicht von 1000  101,9 [g] D 101,9 [kg] in einer Sekunde einen Meter hochheben. Um nun eine [kWh] zu erbringen, müsste man eine Stunde lang, also 3600 Sekunden, diese 101,9 [kg] Schokolade um je einen Meter pro Sekunde anheben. Im Irak gibt es einen Berg mit genau 3600 [m] Höhe, den Keli Haji Ibrahim. Angenommen, man würde einen 101,9 [kg] schweren Rucksack packen. Nun müsste man diesen binnen einer Stunde vom Meeresspiegel (0 [m]) bis auf den Gipfel des Keli Haji Ibrahim (3600 [m]) schleppen. Dann hat man eine Stunde lang ein Kilowatt geleistet und damit eine Arbeit von einer kWh erbracht. Bei Beispielen dieser Art lassen wir zur Vereinfachung

2.1 Einheiten

23

das Gewicht des Menschen außer Acht. Wir betrachten bei solchen Berechnungen jeweils eine beispielhaft vereinfachte Situation. Aber stand nicht irgendwo weiter oben, dass es für die Arbeit egal ist, wie schnell die Höhendifferenz überwunden wird? Richtig! Für die Arbeit ist es – im Gegensatz zur Leistung – völlig egal, wie lange man braucht, um den Rucksack auf den Gipfel zu hieven. Entscheidend ist nur, dass die Masse um 3600 [m] angehoben wird. Theoretisch kann man sich auch 4 Stunden Zeit nehmen und muss dann nur noch 250 Watt leisten. Oder man nimmt sich 10 Stunden Zeit, dann braucht man nur noch 100 Watt zu leisten. Es ging aber darum zu zeigen, wie lange man braucht, wenn man genau ein Kilowatt leistet, und das ist genau eine Stunde. I

Wichtig Eine Kilowattstunde ist die Arbeit, die man erbringen muss, um ca. 102 [kg] um 3600 [m] anzuheben.

An diesem Beispiel lässt sich erkennen, wie unerhört billig Energie tatsächlich ist. Es ist zwar durchaus üblich, über die „hohen Energiepreise“ zu jammern, aber in Wirklichkeit ist Energie noch immer so billig, dass sie verschwendet wird. Ein Stromversorger verlangt z. B. 0,30 [C] je [kWh] Strom. Angenommen, wir sollten wieder einen Rucksack von 101,9 [kg] auf den Keli Haji Ibrahim bringen. Alternativ gäbe es eine elektrisch betriebene Seilbahn bis auf den Gipfel. Der Seilbahnbetreiber stellt uns vor die Wahl: Den Rucksack selber die 3600 [m] hochschleppen oder dies gegen Bezahlung des Stroms für 0,30 [C] vom Elektromotor der Seilbahn besorgen lassen. Kaum jemand würde freiwillig den Rucksack schleppen. Lieber bezahlt man die 0,30 [ C] für die [kWh] Strom. Die Schmerzgrenze läge vermutlich noch deutlich höher. Ein anderes Beispiel: In einem Liter Dieselkraftstoff stecken rund 10 [kWh] Energie. Für den Liter Dieselkraftstoff zahlt man, sagen wir, 1,30 [C]. Damit kommt ein sparsames Auto, wenn man nicht zu schnell fährt, etwa 25 [km] weit. In diesem Auto finden fünf Personen und reichlich Gepäck Platz. Nehmen wir nun an, es gäbe keinen Kraftstoff für das Auto und man müsste stattdessen auf menschliche Arbeit zurückgreifen. Es stehen also vier Personen mit reichlich Gepäck am Straßenrand und lassen eine Fahrradrikscha kommen. Sie fragen den Rikschafahrer, ob er so nett wäre, alle vier (plus Fahrer) samt Gepäck 25 [km] weit zu befördern. Dafür sei man auch bereit, ihm 1,30 [ C] zu bezahlen. Nach dieser Frage sollte man zusehen, dass man Land gewinnt . . . Beide Beispiele zeigen eines ganz klar: Energie ist im Vergleich zu menschlicher Arbeit spottbillig. Manche Menschen pendeln täglich 100 [km] weit zur Arbeit und zurück. Müsste diese Distanz täglich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden, bliebe für die eigentliche Arbeit gar keine Zeit übrig. Selbst mit einem Pferd wäre die Distanz zum täglichen Pendeln viel zu groß.

24

2 Was ist Energie?

Ein Traktor kann pro Stunde gut 2 Hektar (20.000 [m2 ]) pflügen. Ein Mensch bräuchte dafür etwa ein Jahr (55 [m2 ]/Tag). Die heutige Nahrungsmittelproduktion hängt also von billiger Energie ab, anderenfalls wären Nahrungsmittel deutlich teurer. Unsere gesamte Wirtschaft – Produktion, Logistik und Konsum –, unser gesamter Lebenswandel basieren auf der Verfügbarkeit unglaublich billiger Energie. Wie abhängig sich die Menschheit von billiger Energie (hier Erdöl) gemacht hat, konnte man während des Ölpreisschocks 1973 beobachten.

2.1.12

Megawattstunde und Gigawattstunde (Arbeit)

In manchen Branchen (vor allem Affinerien, Stahlwerke, chemische Industrie, Aluminiumhütten) führt selbst die Kilowattstunde zu unhandlich großen Zahlen. Dort wird gerne mit Leistungen von Megawatt [MW] bzw. Energiemengen von Megawattstunden [MWh] oder sogar Gigawatt [GW] bzw. Gigawattstunden [GWh] gerechnet. I

Wichtig

Leistung: 1000 ŒW 1:000:000 ŒW 1:000:000:000 ŒW 1:000:000:000:000 ŒW

D 1 ŒkW D 1000 ŒkW D 1 ŒMW D 1:000:000 ŒkW D 1000 ŒMW D 1 ŒGW D 1:000:000:000 ŒkW D 1:000:000 ŒMW D 1000 ŒGW D 1 ŒTW

Arbeit: 1000 ŒWh D 1 ŒkWh 1:000:000 ŒWh D 1000 ŒkWh D 1 ŒMWh 1:000:000:000 ŒWh D 1:000:000 ŒkWh D 1000 ŒMWh D 1 ŒGWh 1:000:000:000:000 ŒWh D 1:000:000:000 ŒkWh D 1:000:000 ŒMWh D 1000 ŒGWh D 1 ŒTWh

2.1.13 Sonstige Energie- und Leistungseinheiten Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Einheiten, die zwar teilweise nicht mehr zulässig sind, aber noch immer verwendet werden:  Bekannt ist die Kalorie [cal]. Es ist die Energiemenge, die man benötigt, um 1 [g] Wasser auf Meereshöhe von 14,5 [°C] auf 15,5 [°C] zu erwärmen. Man beachte, dass die Nährwertangaben auf Lebensmitteln zwar umgangssprachlich „Kalorie“ genannt werden, gemeint sind aber Kilokalorien [kcal], also das Tausendfache einer Kalorie.

2.1 Einheiten











I

25

Hundert Gramm Schokolade enthalten rund 550 [kcal] D 550.000 [cal] D 2.303.000 [J]. Damit könnte man zehn Liter Wasser um erstaunliche 55 Grad erwärmen! Umrechnungsfaktor: – 1 [cal] D 4,1868 [J] – 1 [kcal] D 4186,8 [J] D 4,1868 [kJ] Die British thermal unit [Btu] oder [BTU] ist in den angelsächsischen Ländern verbreitet, wird auch hier zur Angabe der Leistungsfähigkeit von Klimaanlagen [BTU/h] verwendet, basiert aber nicht auf dem SI-System. 100.000 [BTU] D 1 Therm [thm]. Umrechnungsfaktor: – 1 [BTU] D 1055 [J] – 1 [thm] D 105.500.000 [J] Die Steinkohleeinheit [SKE] wird gelegentlich verwendet, um große Energiemengen zu quantifizieren, etwa die Verbräuche ganzer Länder. Hin und wieder findet man auch die „Tonne Steinkohleeinheit“. Umrechnungsfaktor: – 1 [SKE] D 29.307.600 [J] – 1 [tSKE] D 1000 [SKE] Die Öleinheit [ÖE] oder Rohöleinheit [RÖE] bezieht sich auf ein Kilogramm Rohöl und wird international für größere Energiemengen verwendet. Man findet im Englischen auch die „tons of oil equivalent“ [TOE], die Tonne Öläquivalent. Umrechnungsfaktor: – 1 [ÖE] D 41.686.000 [J] – 1 [TOE] D 1000 [ÖE] Eine noch immer verbreitete, aber nicht mehr zulässige Leistungseinheit für Fahrzeuge ist die Pferdestärke [PS]. Es ist die Leistung, die man benötigt, um 75 [kg] in einer Sekunde um einen Meter anzuheben. Kurzfristig kann ein Pferd deutlich mehr als eine Pferdestärke leisten. Die Pferdestärke ist deshalb die Leistung, die ein Pferd durchschnittlich über 24 Stunden zu leisten im Stande ist, also einschließlich Ruhezeiten und Pausen zum Füttern. Umrechnungsfaktor: – 1 [PS] D 735,49875 [W] Der Vollständigkeit halber soll noch das Barrel oder Blue Barrel [bbl] erwähnt werden. Es handelt sich dabei um eine Volumenangabe, die jedoch Rückschlüsse auf die transportierte Energiemenge zulässt. Umrechnungsfaktor: – 1 [bbl] D 158,987 [l] Erdöl Praxistipp Soweit irgend möglich sollte man im SI-System bleiben. Es empfiehlt sich außerdem, bei einer einzelnen Energieeinheit zu bleiben, also durchgehend mit Joule, Kilowattstunden o. ä. zu rechnen. Das verhindert Fehler bei der Umrechnung, macht Werte leichter vergleichbar und erleichtert dadurch die Interpretation der Daten.

26

2 Was ist Energie?

2.2 Lernkontrolle zur Energie Frage(n)

i h 2  Leiten Sie das Joule her und beweisen Sie, dass ŒJ D ŒNm D kg  ms2 gilt.  Ein Wanderer samt Ausrüstung wiegt knapp 102 [kg]. Er startet auf Meereshöhe und besteigt in 12 Stunden den Mont Blanc (4810 [m]). Welche Leistung hat er durchschnittlich erbracht?  Ein normal trainierter Mensch kann dauerhaft gut 100 [W] leisten. Wie viele Wattstunden und Kilowattstunden sind das an einem achtstündigen Arbeitstag?  Um einen Liter Wasser um 1 [°C] zu erwärmen, benötigt man 4,18 [kJ]. Wie viele Kilokalorien sind das? Wie viele [kJ] benötigt man, um 150 Liter Badewasser von 10 [°C] auf 40 [°C] zu erwärmen? Wie viele [kWh] sind das?  Leiten Sie her, dass 1 ŒkWh D 3;6 Mio. ŒJ.  Oft liest man – vermutlich in Analogie zur Geschwindigkeitsangabe [km/h] – als Energiemenge die Einheit [kW/h]. Zeigen Sie durch Herleitung, dass das eine völlig unsinnige Einheit ergibt, nämlich ŒsŒJ2  .  Viele Menschen nehmen beim Treppensteigen zwei Stufen auf einmal. Kann man die Treppe so mit weniger Arbeit besteigen?

3

Energieformen

3.1 Energieformen Wir haben bis jetzt nur mechanische Energie betrachtet. Energie kann aber in verschiedenen Formen auftreten (Abb. 3.1). Aber unabhängig von ihrer Gestalt kann man jede Energieform in Joule quantifizieren.

3.1.1 Potenzielle Energie, Lageenergie Potenzielle oder Lageenergie ist die Energie, die ein Körper aufgrund seiner Höhe über dem Bezugssystem (z. B. der Erdoberfläche) hat. Das ist immer dann relevant, wenn Massen angehoben oder abgesenkt werden, etwa durch Kräne, Aufzüge, Pumpspeicherkraftwerke usw.

Formel

Epot D m  g  h

Abb. 3.1 Auswahl von Energieformen

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_3

27

28

3

Energieformen

 m ist die Masse in Kilogramm [kg].  g ist die Normfallbeschleunigung1 auf der Erde, 9,80665 [m/s2 ], gerundet 9,81 [m/s2 ]. Sie variiert geringfügig mit dem Ort auf der Erde, an dem man sich befindet.  h ist die Höhe über dem Bezugspunkt [m]. Wird etwas vom Erdboden aufgehoben, ist der Erdboden der Bezugspunkt. Beispiel Eine 1000 [kg] schwere Palette mit Steinen wird von einem Kran 10 [m] emporgehoben. Nach der Formel beträgt die dazu erforderliche Energie: hmi Epot D m  g  h D 1000 Œkg  9;81 2  10 Œm D 98:100 ŒJ : s Diese Energie liegt anschließend als Lageenergie in der Palette vor und könnte theoretisch beim Herablassen der Steinpalette zurückgewonnen werden.

3.1.2 Kinetische Energie, Bewegungsenergie Kinetische Energie ist die Energie, die in bewegten Körpern steckt. Jedes Transportmittel ist davon betroffen, aber auch Gase, Flüssigkeiten oder Festkörper, die bewegt werden.

Formel

Ekin D

1  m  v2 2

 m ist die Masse in Kilogramm [kg].  v ist die Geschwindigkeit in Metern pro Sekunde [m/s].2 Das Produkt aus der Masse und dem Quadrat der Geschwindigkeit muss schließlich halbiert werden. Beispiel Ein 1500 [kg] schwerer PKW rast mit 200 [km/h] über die Autobahn. Seine kinetische Energie errechnet sich wie folgt:  Berechnung der Geschwindigkeit v durch Umrechnung von [km/h] in [m/s]: " #   m hmi km s  0;27778 km : D 55;556 200 h s h 1

Normalerweise werden Beschleunigungen mit a bezeichnet. Nur für die Erdbeschleunigung verwendet man g. In Abschn. 2.1.1 wird ausführlich auf die Fallbeschleunigung auf der Erde eingegangen. 2 Für die Umrechnung aus [km/h] existiert ein fester Umrechnungsfaktor: 1 [m/s] = 3,6 [km/h]. Umgekehrt entspricht 1 [km/h]  0,27 [m/s].

3.1 Energieformen

29

 Quadrierung von v: 55;556

2

h m i2 s



 m2 D 3086;469 2 : s

 Einsetzen: Ekin D

 2 m 1 1  m  v 2 D  1500 Œkg  3086;469 2 D 2:314:851;75 ŒJ : 2 2 s

In dem bewegten PKW steckt also eine kinetische Energie von ca. 2,3 [MJ]. Durch das Quadrat steigt die Energie überproportional mit der Geschwindigkeit. Führe das Auto statt mit 200 [km/h] nur mit 100 [km/h], wäre die kinetische Energie nicht halb so hoch, sondern nur ein Viertel so hoch, also 578.712,75 [J]. Bei einem Aufprall wird diese Energie schlagartig frei und leistet unter anderem Verformungsarbeit. Das ist der Grund, warum Unfälle bei hoher Geschwindigkeit viel stärkere Verformungen hervorrufen als solche bei niedriger Geschwindigkeit. Kann man einen Aufprall bei 50 [km/h] vielleicht noch verletzt überleben, ist die Energie bei einem Aufprall aus 71 [km/h] bereits doppelt so hoch. Das Maß, in dem die Karosserie die Energie aufnimmt und in Verformung umwandelt, entscheidet dabei erheblich darüber, wie viel Energie die Insassen noch abbekommen.

3.1.3 Druckenergie Dies ist die Energie, die im Druck komprimierter Medien gegenüber ihrem Umgebungsdruck steckt, etwa in Druckluft gegenüber Atmosphärendruck.

Formel

EDruck D p  V

 p ist der Druck in Pascal, 1 [Pa] = 1 [N/m2 ]. Die noch immer häufig anzutreffende Druckangabe in Bar3 [bar] kann man wie folgt umrechnen: 1 [bar] = 105 [N/m2 ] = 100.000 [Pa].  V ist das Volumen in Kubikmetern [m3 ]. Beispiel In einem 1000 [l]-Windkessel, gefüllt mit Druckluft von 6 [bar] (= 600.000 [Pa]) steckt eine Energie von:  EDruck D p  V D 600:000 3

  3 N  1 m D 600:000 ŒJ : m2

Das Bar lässt sich auf die SI-Basiseinheiten [kg/(ms2 )] zurückführen.

30

3

Energieformen

3.1.4 Spannenergie Spannenergie resultiert aus Zug/Druck, Biegung oder Torsion eines festen Körpers, etwa einer Feder. Die Feder einer gespannten Mausefalle enthält die Energie, die der Maus beim Zuschnappen den Garaus macht.

Formel

Espann D

1  D  s2 2

 D ist die Federkonstante in [N/m], die für jeden federnden Körper individuell ist. Ein Wert von D = 100 [N/m] bedeutet, dass man mit 100 Newton (also ca. 10 [kg]) an einer Feder ziehen muss, um sie um einen Meter zu dehnen.  s ist die Auslenkung oder Dehnung der Feder in Meter [m]. Das Produkt aus der Federkonstanten und dem Quadrat der Dehnung muss dann noch halbiert werden, um die gespeicherte Energiemenge zu erhalten. Beispiel Nehmen wir eine starke Feder mit D = 10.000 [N/m]. Diese wird um 0,5 [m] gedehnt. Die in ihr gespeicherte Energie beträgt: Espann D

    N 1 1  0;25 m2 D 1250 ŒJ :  D  s 2 D  10:000 2 2 m

3.1.5 Rotationsenergie Rotationsenergie ist eine Form der kinetischen Energie rotierender Körper. Man findet sie in Kreiseln, Schwungrädern und allen rotierenden Körpern.

Formel

Erot D

1  J  !2 2

 J ist das Massenträgheitsmoment oder die Drehmasse in [kg/m2 ]. Die Berechnung des Massenträgheitsmoments ist nicht so einfach und hängt von der Form, der Verteilung der Masse im Körper und der Drehachse ab. Wir müssen davon ausgehen, dass wir es gegeben haben.

3.1 Energieformen

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 ! ist die Winkelgeschwindigkeit. Diese wird in Radiant je Sekunde [rad/s] angegeben. Eine halbe Umdrehung (180°) entspricht der Kreiszahl Pi () Radiant, also rund 3,1416 Radiant [rad]. Eine volle Umdrehung (360°) entspricht folglich 2  [rad], also 6,2832 [rad]. Eine Umdrehung je Sekunde entspricht folglich einer Winkelgeschwindigkeit von 6,2832 [rad/s]. Beispiel Ein Rad eines Fahrzeugs habe ein Massenträgheitsmoment von 2 [kg/m2 ]. Es rotiere 1000-mal je Minute = 16,667-mal je Sekunde. Das entspricht einer Winkelgeschwindigkeit von 16,667 [1/s]  2  [rad] = 104,72 [rad/s]. Dies zum Quadrat ergibt 10.966 [rad2 /s2 ]. Das rotierende Rad hat also eine Rotationsenergie von: " #  rad2 1  2 Erot D  2 kg  m  10:966 D 10:966 ŒJ : 2 s2

3.1.6 Elektrische Energie Diese Formel braucht man für alle elektrischen Verbraucher. Insbesondere in der Versorgungswirtschaft spricht man beim Strom nicht von Energie (E), sondern von Arbeit (W), gemeint ist aber dasselbe:

Formel

Eel D Wel D U  I  t

 U ist die Spannung in Volt [V].  I ist der Strom in Ampere [A].  t ist die Zeit in Sekunden [s]. Beispiel Bei Netzspannung, 230 [V], brenne eine Glühlampe eine Stunde lang. Der Strom wird mit 0,44 [A] gemessen. Daraus kann man bereits die elektrische Leistung P [W] ermitteln: P D U  I D 230 ŒV  0;44 ŒA D 101;2 ŒW D 0;1012 ŒkW: Die Energie oder Arbeit ergibt sich zu W = P  t = U  I  t, also: Wel D 230 ŒV  0;44 ŒA  3600 Œs D 364:320 ŒWs: Da Wattsekunden gleich Joule sind, entspricht dieser Wert 364.320 [J].

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3

Energieformen

Umgerechnet in Kilowattstunden (3.600.000 [J/kWh]) ergeben sich 0,1012 [kWh]. Leider bleibt es nicht so einfach, denn die oben dargestellte Formel gilt nur für sogenannte ohmsche Lasten. Das ist im Wesentlichen alles, was aus Strom Wärme erzeugt, etwa Glühlampen, Herdplatten, Elektroheizungen. Es gibt jedoch auch Verbraucher, die in ihrer Leistungsaufnahme komplexer sind, das sind induktive und kapazitive Verbraucher. Für den allgemeinen Fall müssen wir die Formel um den Phasenwinkel cos ' erweitern:

Wirkarbeit (allgemein)

Welwirk D U  I  cos.'/  t

Näheres zum Strom, Phasenwinkel, Schein-, Wirk- und Blindleistung findet sich weiter unten.

3.1.7 Strahlungsenergie Das ist die Energie, die in elektromagnetischer Strahlung, etwa in Licht, steckt und die z. B. mit Photovoltaik oder Solarthermie nutzbar gemacht wird.

Formel

EStrahlung D h  f  h ist das plancksche Wirkungsquantum in [Js]. Es ist eine Naturkonstante und beträgt 6,626.070.040  1034 [Js].  f ist die Frequenz der Strahlung in [1/s] oder Hertz [Hz] = [1/s]. Die Frequenz hängt mit der Wellenlänge der Strahlung zusammen, die wir als unterschiedliche Farbe wahrnehmen4 . Beispiel Grünes Licht hat eine Wellenlänge von 555 [nm] (Nanometer). Dies entspricht einer Frequenz von 5,4  1014 Hertz [1/s]. Ein einzelnes grünes Photon trägt damit eine Energie von:   34 14 1 D 3;578  1019 ŒJ : EStrahlung D 6;626070040  10 ŒJs  5;4  10 s Das ist nicht viel, aber die Zahl der Photonen ist schnell sehr groß. Senkrecht unter der Sonne kommen vor dem Durchgang durch die Atmosphäre auf der Erde je Quadratmeter 1367 [W] an! Als praktische Rechengröße geht man in unseren Breiten von circa 1000 [W/m2 ] aus. 4

Es gilt: Lichtgeschwindigkeit c [m/s] gleich Wellenlänge  [m] mal Frequenz f [1/s].

3.1 Energieformen

33

3.1.8 Innere Energie Das ist die thermische Energie, die in Körpern steckt, deren Temperatur höher ist als die ihrer Umgebung.

Formel

Etherm D c  m  T h i kJ  c ist die spezifische Wärmekapazität in kgK , die angibt, wie viel Wärmeenergie je Kilogramm und je Kelvin i Sie beträgt bei 20 [°C] für h in ieinem bestimmten Stoffhstecken. kJ kJ Wasser cWasser = 4,182 kgK , für Luft cLuft = 1,005 kgK und für Eisen cEisen = 0,452 i h kJ kgK und variiert zum Teil erheblich mit der Temperatur. Weitere Werte finden sich in technischen Formelsammlungen.  m ist die Masse in [kg].  T bzw. T (sprich: „Delta T“)5 ist die Temperatur(-differenz) des Körpers gegenüber dem umgebenden System in Kelvin [K]. Beispiel Für ein schönes Wannenbad braucht man 150 Liter Wasser, die ungefähr 150 [kg] wiegen. Um diese von 10 °C auf 40 °C zu erwärmen, benötigt man: 

Etherm

 kJ D 4;182 150 Œkg30 ŒK D 18:819 ŒkJ D 18:819:000 ŒJ D 5;2275 ŒkWh kg  K

Baden ist also ein teurer Spaß, besonders wenn das warme Wasser elektrisch erzeugt wird.

3.1.9 Chemische Energie Wir betrachten den massebezogenen Brennwert als chemische Energie.

Formel

Echem D h  m

 h ist hier die spezifische Enthalpie oder der Wärmeinhalt eines Stoffes, nicht das plancksche Wirkungsquantum. Sie gibt an, wie viel Energie in einem Kilogramm (bzw. 5

Differenzen werden mit einem  gekennzeichnet.

34

3

Energieformen

Abb. 3.2 Heizwert und Brennwert im Vergleich

einem mol) eines Stoffs steckt und wird in [J/kg], mitunter aber auch in [kWh/kg] oder [kJ/mol] angegeben.  m ist die Masse in [kg] bzw. die Stoffmenge in [mol]. Bei Brennstoffen, die große Mengen Wasserstoff enthalten (Erdgas, Ölprodukte) unterscheidet man zwischen dem Heizwert (H U oder H i )6 und dem Brennwert (H O oder H s ).7 Verbrennt man ein Kilogramm Heizöl, entstehen dabei 42,6 [MJ] Wärme und Wasserdampf. Letzteren kann man an kalten Wintertagen als weiße Rauchwolke am Schornstein von Häusern sehen. Lässt man diesen Wasserdampf entweichen, bleiben einem nur die 42,6 [MJ] Wärme. Im Wasserdampf steckt allerdings noch Energie, die man nutzen kann. Dazu muss man das Abgas möglichst stark abkühlen, dann fällt der Wasserdampf als flüssiges Kondensat aus. Addiert man diese Kondensationswärme zum Heizwert, erhält man den Brennwert. Der liegt für ein [kg] Heizöl bei 45,5 [MJ], knapp 7 % über dem Heizwert. Bei Gas ist es ähnlich, der Brennwert liegt hier sogar 11 % über dem Heizwert. Das ist der „Trick“ bei den Brennwertheizungen. Sie gewinnen gegenüber alten Heizungen einen Teil der Kondensationswärme aus dem Abgas. Dadurch ergeben sich dann – im Vergleich zum Heizwert – Wirkungsgrade über 100 %, mit denen die Hersteller werben. Tatsächlich liegt der Wirkungsgrad – gemessen am Brennwert – natürlich unter 100 %, alles andere wäre ein Perpetuum mobile (Abb. 3.2). Beispiel Ein Kilogramm lufttrockenes Holz hat einen Heizwert von H i = 15 [MJ/kg]. Das entspricht rund 4,16 [kWh] und reicht nicht ganz, um eine Badewanne mit 150 Litern Wasser von 10 °C auf 30 °C zu erwärmen. Der Brennwert von einem Kilogramm Holz beträgt dagegen ca. H s = 19 [MJ/kg]. Das wären 5,27 [kWh] und damit genug für ein angenehmes Wannenbad.

6 7

U = unterer Heizwert, i = inferior. O = oberer Heizwert, s = superior.

3.2 Energie und Energieträger

35

3.1.10 Energie im magnetischen Feld Das ist die Energie, die z. B. im Magnetfeld einer Spule gespeichert ist. In der Praxis des Energiemanagers wird man diese – wenn überhaupt – nur selten brauchen.

Formel

Emag D

1  L  I2 2

   L ist die Induktivität der Spule in Henry ŒH D Vs . A  I ist der Strom in Ampere [A], der durch die Spule fließt. Supraleitende Magnetspulen werden als Energiespeicher genutzt, um große Leistungen abrufbar zu halten.

3.1.11 Energie im elektrischen Feld Das ist die Energie, die in elektrischen Feldern, z. B. in einem Kondensator gespeichert ist.

Formel

EE-Feld D

1  C  U2 2

 C ist die Kapazität des Kondensators in Farad ŒF D  U ist die Spannung in [V].

 As  V

.

Kondensatoren werden unter anderem ebenfalls genutzt, um große Leistungen bereitstellen zu können.

3.2 Energie und Energieträger Fein unterscheiden muss man zwischen der Energie als solcher und dem Energieträger, der sie beinhaltet und transportabel macht (siehe Tab. 3.1). In einem Liter Benzin steckt chemische Energie, das Benzin selbst ist aber nur der Energieträger. Verbrennt man das Benzin in einem Motor, erhält man zunächst Wärme, aus der dann mechanische Energie gewonnen wird. Die Begriffe Energie und Energieträger werden gerne in unzulässiger

36

3

Energieformen

Tab. 3.1 Energieformen und ihre gängigen Energieträger Energie Druckenergie Chemische Energie Elektrische Energie Thermische Energie

Energieträger Druckluft, Hydraulik Brennstoffe aller Art: Kohle (fest), Heizöl (flüssig), Erdgas (gasförmig) Elektrischer Strom Warmwasser, Warmluft, Latentwärmespeicher

Weise vermengt. Man verbraucht keine Energie, wohl aber kann man Energieträger verbrauchen. Innerhalb der Energieträger unterscheiden wir nach dem Veredelungsgrad Primär- und Sekundärenergieträger: I Primärenergieträger sind Energieträger in ihrer natürlichen, unveredelten Form. Sekundärenergieträger hingegen sind veredelte und damit aufgewertete Energieträger. Beispielhaft sind in Tab. 3.2 einige Primärenergieträger und daraus gewinnbare Sekundärenergieträger genannt. Gelegentlich werden Energieträger, die aus einem Sekundärenergieträger erzeugt werden, als Tertiärenergieträger bezeichnet, z. B. Druckluft, die aus elektrischer Energie gewonnen wurde, die ihrerseits aus Kohle erzeugt wurde. Manchmal durchläuft die Energie mehrere Umwandlungen, ehe sie in die nutzbare Energieform, die sogenannte Nutzenergie umgewandelt wird. Ein Beispiel: Jemand möchte mit einem druckluftbetriebenen Schlagschrauber eine Schraube lösen. Welchen Weg nimmt die Energie, wenn wir von Braunkohle ausgehen?  Zuerst wird die Braunkohle (Primärenergieträger, chemische Energie) gemahlen,  dann im Kessel verbrannt (thermische Energie). Tab. 3.2 Primär- und Sekundärenergieträger Primärenergieträger Braunkohle Steinkohle Rohöl Rohgas Holz Brennstoffe aller Art Brennstoffe aller Art Laufwasser, Stauwasser, Wind, Sonne, Erdwärme

Sekundärenergieträger Braunkohlenstaub, Braunkohlebriketts, Braunkohlekoks Koks, Stadtgas Flüssiggase, Benzin, Kerosin, leichtes Heizöl und Dieselöl, schweres Heizöl, Schweröl Erdgas Holzhackschnitzel, Holzpellets, Holzbriketts, Holzkohle(-briketts) Wasserdampf, Heißwasser Elektrischer Strom Elektrischer Strom

3.2 Energie und Energieträger

37

 Damit wird Wasserdampf erzeugt (Druckenergie und thermische Energie).  Dieser wird über eine Turbine geleitet, die dadurch rotiert (Rotationsenergie).  Die Turbine treibt einen Generator an, der elektrischen Strom erzeugt (Sekundärenergieträger, elektrische Energie).  Dieser wird mehrmals umgespannt und treibt in der Werkstatt unseres Beispiels einen Druckluftkompressor (Tertiärenergieträger, Druckenergie) an.  Die Druckluft treibt nun den Schlagschrauber an (Nutzenergie, Rotationsenergie). Obwohl zwischendurch noch weitere Energieträger (hier u. a. Wasserdampf) auftreten, werden nur Braunkohle, Strom, Druckluft und die Nutzenergie benannt. Diese Festlegung ist eher willkürlich. Würde die Braunkohle beispielsweise in einer Zentralheizung verfeuert, wäre das damit erwärmte Heizungswasser bereits der Sekundärenergieträger, Nutzenergie wäre die Raumwärme. Wenn wie in den folgenden Abschnitten Brennstoffmengen angegeben werden, ist zu unterscheiden, ob sich auf das Gewicht oder auf das Volumen bezogen wird. Angaben je Gewicht nennt man gravimetrisch, solche nach Volumen volumetrisch. Das ist deswegen wichtig, weil diese Werte oft weit auseinanderliegen: Dieselkraftstoff enthält etwa 11,8 [kWh/kg] (gravimetrisch) und 10 [kWh/l] (volumetrisch). Wasserstoff hingegen enthält zwar gut 33 [kWh/kg], aber bei 1 Bar Druck nur 0,003 [kWh/l].

3.2.1 Gasförmige Energieträger Erdgas ist der bekannteste gasförmige Energieträger. Die bezogene Energiemenge wird in [m3 ] oder in [kWh] abgerechnet. Großabnehmer zahlen auch für die bereitgestellte Leistung [kW]. Compressed Natural Gas (CNG), also komprimiertes Erdgas, wie man es für Erdgasfahrzeuge an der Tankstelle bekommt, wird nach Gewicht, also in [kg] abgerechnet.

3.2.2 Flüssige Energieträger Ottokraftstoff oder Benzin nach DIN EN 228, wie man es an der Tankstelle bekommt, wird in Liter [l] abgerechnet. Man unterscheidet Qualitätsstufen hinsichtlich der Klopffestigkeit, gemessen in [ROZ] (Research Oktan Zahl) oder umgangssprachlich in „Oktan“, die ursprünglich von 08 bis 1009 ging. Inzwischen gibt es auch Benzin mit über 100 [ROZ]

8 9

Referenz ist n-Heptan mit 0 [ROZ]. Referenz ist iso-Oktan mit 100 [ROZ].

38

3

Energieformen

für hochverdichtende Motoren. Heizwert gravimetrisch 40,1–41,8 [MJ/kg] bei einer Dichte von 720–775 [kg/m3 ] ergibt volumetrisch 8,02–9 [kWh/l]. Dieselkraftstoff oder kurz „Diesel“ nach DIN EN 590 ist eine Sammelbezeichnung für diverse Treibstoffe unterschiedlicher Qualität, die für Dieselmotoren verwendet werden. Er wird ebenfalls in Liter [l] abgerechnet. Wir betrachten hier nur den Diesel für Straßenfahrzeuge, keinen Marinediesel o. ä. Die Qualität unterscheidet sich nach Schwefelgehalt10 (möglichst gering) in [ppm] (parts per million) und Zündwilligkeit (möglichst hoch), angegeben über die Cetan-Zahl [CZ]. Diese geht von 011 bis 10012 und sollte für heutige PKW-Diesel mindestens 51 [CZ] betragen. Heizwert gravimetrisch 40,1– 42,6 [MJ/kg] bei einer Dichte von 820–845 [kg/m3 ] ergibt volumetrisch 9,13–10 [kWh/l]. Heizöl EL (Extraleicht) ist – wie Dieselkraftstoff – ein sog. Mitteldestillat und wird in Liter [l] abgerechnet. Es gibt auch weitere Sorten, etwa schweres Heizöl (Heizöl S), das in Kraftwerken und in der Industrie verfeuert wird. Der Heizwert ist mit dem von Dieselkraftstoff praktisch identisch. Liquefied Propane Gas, auch Liquefied Petroleum Gas (LPG) oder Flüssiggas wird in [kg] abgerechnet und neben PKW („Autogas“) gerne in Gabelstaplern verwendet. Es besteht aus einer Propan-Butan-Mischung in unterschiedlichen Anteilen. Der Heizwert liegt bei 46 [MJ/kg], was bei einer Dichte von 540 [kg/m3 ] genau 6,9 [kWh/l] entspricht.

3.2.3 Feste Energieträger Feste Energieträger sind nur noch selten zu finden, was an der meist unpraktischen Handhabung und der Schmutzigkeit liegt. Heute noch erwähnenswert sind: Braunkohle als Braunkohlenbriketts und in großen Feuerungsanlagen als Braunkohlenstaub. Der Heizwert beträgt für rheinischen Braunkohlenstaub 22,2 [MJ/kg] bzw. 6,167 [kWh/kg]. Holzpellets nach DIN ISO 17225-2 erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Sie bestehen aus Sägemehl(-abfällen), die zu Stäbchen gepresst werden. Vergleichbare Brennstoffe werden auch aus landwirtschaftlichen Abfällen und Nebenprodukten hergestellt, etwa aus Stroh, Nussschalen, Olivenkernen u. v. a. m. Die Qualität schwankt mit dem verwendeten Grundstoff und bemisst sich unter anderem am Wassergehalt und vor allem am Aschegehalt (beide sollten möglichst niedrig sein). Der Heizwert beträgt ca. 17 [MJ/kg] oder 4,8 [kWh/kg], was je Tonne knapp dem Heizwert von 500 [l] Heizöl EL entspricht. Infrage kommen außerdem Holzhackschnitzel, Steinkohle, und Koks.

10

Kraftstoffe mit maximal 10 ppm Schwefel gelten als „schwefelfrei“. Referenz ist Methylnaphthalin mit 0 [CZ]. 12 Referenz ist n-Hexadecan mit 100 [CZ]. 11

3.3 Elektrische Energie

39

3.3 Elektrische Energie Die elektrische Energie ist in vielerlei Hinsicht anspruchsvoller als etwa thermische Energie, deshalb wird ihr ein eigener Abschnitt gewidmet. Zunächst stellt sich die Frage, was eigentlich der Unterschied zwischen Spannung und Strom ist. Das lässt sich am besten anhand eines Wasserfalls illustrieren:  die Spannung ist in diesem Bild die Höhe des Wasserfalls,  der Strom hingegen entspricht der Wassermenge, die den Wasserfall hinabströmt. Die Spannung wird in Volt [V] gemessen,13 der Strom wird in Ampere [A] gemessen.14 Hat man sich auf einem Kunststoffteppich statisch aufgeladen und bekommt an einem geerdeten Gegenstand „eine gewischt“, ist zwar die Spannung sehr hoch (mehrere zehntausend Volt), aber der Strom ist so klein, dass dieser Schlag nicht gefährlich ist. Umgekehrt verwendet man zum Schweißen sehr hohe Ströme bei geringer Spannung. Spannungen oberhalb der Schutzkleinspannung von 50 [V] Wechselspannung (AC) bzw. 120 [V] Gleichspannung (DC) sind gefährlich. Ströme können je nach Einwirkdauer schon ab ca. 8 [mA] (Wechselstrom) bzw. ca. 20 [mA] (Gleichstrom) tödlich sein. Einige typische Spannungen: 1,5 [V] 12 [V] 230 [V] 15.000 [V] 400.000 [V] 10.000.000 [V]

Alkali-Batterie Starterbatterie im PKW Niederspannungsnetz in der EU Bahnstrom in Deutschland Höchstspannungsnetz Blitz zwischen Wolke und Erde

Einige typische Ströme: 0,000.001 [A] 0,43 [A] 16 [A] 500 [A] 1.400 [A] 22.000 [A] 300.000 [A]

13 14

Quarzuhr mit LCD-Anzeige Strom in einer 100 [W]-Glühlampe bei 230 [V] Maximalstrom über eine Haushaltssicherung Schweißstrom Oberleitung der Bahn Lichtbogenofen Blitz

Benannt nach dem italienischen Physiker Alessandro Volta (1745–1827). Benannt nach dem französischen Physiker und Mathematiker André-Marie Ampère (1775–1836).

40

3

Energieformen

Abb. 3.3 Ersatzschaltbild einer ohmschen Last im Gleichstromkreis mit technischer Stromrichtung (C ! ) und Elektronenflussrichtung ( ! C)

3.3.1 Gleichstrom An einer Batterie, einem Akkumulator („Akku“) oder einem Photovoltaikmodul liegt eine Gleichspannung an. An einem Verbraucher fließt dann Gleichstrom. Hierbei gibt es zwei Pole, den Pluspol „+“ und den Minuspol „“, bekannt von den handelsüblichen Batterien. Historisch bedingt wurde die technische Stromrichtung als von „C“ nach „“ definiert (Abb. 3.3).15 Gleichstrom ist für Elektronik gut geeignet und wurde jüngst zum verlustarmen Stromtransport über lange Strecken wiederentdeckt16 , hat aber zwei gravierende Nachteile:  Er lässt sich nur aufwendig umspannen, also von Hoch- in Niederspannung und umgekehrt umwandeln.  Beim Öffnen eines Stromkreises kann ein Schaltlichtbogen („Abreißfunke“) entstehen, der nicht von alleine verlischt und sehr heiß und deshalb gefährlich ist. In der Industrie beginnt man sich wieder für Gleichstromnetze zu interessieren, weil sich so die Verluste für lokale Netzteile reduzieren lassen und außerdem eine leichtere Rückspeisung möglich ist. Mit Gleichstrom lässt sich leicht rechnen. Die Leistung ergibt sich zu P = U  I. Bei einer Spannung von 9 Volt und einem Strom von 0,5 Ampere ergibt sich mithin eine Leistung von: P D 9 ŒV  0;5 ŒA D 4;5 ŒW :

15 Heute wissen wir, dass sich die Elektronen physikalisch von „“ nach „C“ bewegen. Dennoch ist die technische Stromrichtung bis heute von „C“ nach „“. 16 HGÜ = Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung.

3.3 Elektrische Energie

41

3.3.2 Wechselstrom Zu Beginn des Elektrizitätszeitalters herrschte ein Konkurrenzkampf zwischen den Anbietern von Gleich- und Wechselstromsystemen. Aus den oben genannten Gründen hat man sich mehrheitlich für den Einsatz von Wechselstrom entschieden. Dieser lässt sich in Transformatoren mit dem Umweg über magnetische Energie umspannen, wobei Spannung und Strom gewandelt werden. Außerdem durchläuft der Wechselstrom bei uns 100mal in der Sekunde einen spannungsfreien Punkt, deshalb ist das Problem der Schaltlichtbögen zumindest bei kleinen Leistungen kaum relevant. Beim Wechselstrom gibt es nicht einen fixen Plus- und Minuspol, sondern es gibt einen Außenleiter („Phase“), der sehr schnell abwechselnd mal Plus- und mal Minuspol ist und einen Nullleiter, der als jeweiliger Gegenpol fungiert. Für den Strom, etwa aus der Steckdose, gibt es Normvorgaben,17 was die Beschaffenheit angeht: Die Spannung soll 230 [V] mit einer Toleranz von maximal ˙10 % betragen und sinusförmig verlaufen, was aufgrund diverser „Netzverschmutzungen“ – etwa durch Wechselrichter und Schaltnetzteile – leider nicht mehr der Fall ist. Die höchste auftretende Spannung an den Ober- und Unterseiten p des Sinus („Scheitelspannung“) beträgt deutlich mehr als 230 Volt, nämlich 230 ŒV  2 D 325 ŒV. Da sich aber Wechselstrom mit dieser Scheitelspannung an einem Widerstand so verhält wie Gleichstrom von 230 Volt, spricht man von einer Effektivspannung von 230 Volt, 230 [Veff ]. Die Frequenz soll 50 [Hz] betragen mit einem Spielraum von 49,8–50,2 [Hz]. Sinkt die Frequenz darunter, werden die Erzeugungsanlagen stärker gefordert und erforderlichenfalls zusätzliche Erzeugungsanlagen aktiviert. Genügt dies nicht, werden Stück für Stück Lasten aus dem Netz abgeworfen, bis die Frequenz wieder im zulässigen Bereich ist. Steigt die Frequenz dagegen zu weit, werden Erzeugungsanlagen gedrosselt oder abgeschaltet und einige flexible Verbraucher aktiviert. Der Einfachheit halber betrachten wir nur eine vollständige Periode von 1/50 Sekunde (Abb. 3.4). Die weiteren Ausführungen hängen nun davon ab, welche Sorte Verbraucher wir am Wechselstrom betreiben:  ohmsche Lasten  induktive Lasten  kapazitive Lasten Diese Lasten treten durchaus nicht immer in Reinform auf. Es gibt etwa induktive Lasten mit einem ohmschen Anteil.

17

DIN EN 60038, IEC 60038.

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3

Energieformen

Abb. 3.4 Sinuskurve der Spannung bei 50 [Hz]

3.3.3 Ohmsche Lasten Ohmsche Lasten sind problemlos in der Messung, auch mit relativ billigen Messgeräten. Es handelt sich um einfache Widerstände. Ein Widerstand behindert den Stromfluss und erwärmt sich dadurch. Entlang des Widerstands findet ein Spannungsabfall statt. Jedes normale Stromkabel hat einen elektrischen Widerstand, der vom Querschnitt und dem verwendeten Material abhängt. Je besser die Leitfähigkeit und je größer der Querschnitt, umso geringer der Widerstand. Das kann man beobachten, wenn man eine große Last an eine nicht abgerollte Kabeltrommel hängt (was man übrigens niemals tun sollte!). Das aufgewickelte Kabel erwärmt sich, durch die Wicklung kann diese Abwärme nicht abgegeben werden und es erwärmt sich schlimmstenfalls bis zum Brand (Abb. 3.5). Ohmsche Verbraucher sind solche, die primär Wärme erzeugen, also etwa Wasserkocher, Toaster, konventionelle Herdplatten, Elektroradiatoren, Nachtspeicheröfen, Heizlüfter, Haartrockner, Lötkolben, aber auch Halogen- und Glühlampen.

Abb. 3.5 Ersatzschaltbild für eine ohmsche Last im Wechselstromkreis

3.3 Elektrische Energie

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Beim ohmschen Verbraucher läuft der Strom gleichzeitig „in Phase“ mit der Spannung, das heißt ist die Spannung 0, ist auch der Strom 0. Ist die Spannung maximal, ist auch der Strom maximal. Leider lassen sich übliche Ströme (z. B. 10 [A]) und Leistungen (z. B. 2300 [W]) an üblichen Spannungen (z. B. 230 [V]) grafisch nur schlecht in einem Diagramm darstellen, die Ströme wären in Proportion zur Leistung zu klein. Zur besseren Darstellung wurde deshalb für die Abb. 3.6 und 3.7 eine Scheitelspannung von nur 1,5 Volt (entspricht 1,06 [Veff ]) und ein Strom von 1,2 Ampere gewählt, was eine Leistung von 1,8 Watt ergibt. An den nachfolgend beschriebenen Beobachtungen ändert das aber nichts, sie gelten genauso bei 230 Volt und 10 Ampere. Wie weiter oben bereits gesehen, gilt für die Leistung einer ohmschen Last im Wechselstromkreis: P = U  I. Fügen wir also eine dritte Kurve in das Diagramm, die das Produkt von Spannung und Strom angibt. Man sieht, dass die Leistung erwartungsgemäß dort ihr Maximum erreicht, wo Spannung und Strom auch maximal sind. Auffällig ist, dass die grüne Leistungskurve immer nur größer oder gleich null ist, auch dort, wo Spannung und Strom kleiner null sind. Das rührt daher, dass minus mal minus plus ergibt. Es handelt sich bei dieser Leistung um reine Wirkleistung. Gemäß der Formel „Arbeit ist gleich Leistung mal Zeit“ (W = P  t) ergibt Wirkleistung mal Zeit die Wirkarbeit.

Abb. 3.6 Spannung und Strom bei ohmscher Last im Wechselstromkreis

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3

Energieformen

Abb. 3.7 Spannung, Strom und Leistung bei ohmscher Last im Wechselstromkreis

3.3.4 Induktive Lasten Nicht mehr ganz so einfach ist es bei induktiven Lasten. Das sind Verbraucher, die sich wie eine Spule verhalten, die ein Magnetfeld erzeugt. Der Aufbau dieses Magnetfeldes erfordert Energie, die aber nicht verloren geht, sondern in der Spule gespeichert wird. Wird das Magnetfeld wieder abgebaut, gibt die Spule diese Energie wieder ab. Der Strom fließt bei rein induktiven Lasten nicht mehr in Phase mit der Spannung, sondern um 90° verspätet. Daher der Merkspruch: I

Wichtig Bei Induktivitäten die Ströme sich verspäten.

Als Schaltbild für Induktivitäten verwendet man das in Abb. 3.8. Es sollte nicht mit dem Schaltbild für einen Widerstand verwechselt werden, bei dem das Rechteck innen nicht ausgefüllt ist (Abb. 3.9 und 3.10)!

Abb. 3.8 Ersatzschaltbild einer induktiven Last im Wechselstromkreis

3.3 Elektrische Energie

45

Abb. 3.9 Symbol für einen Widerstand

Abb. 3.10 Symbol für eine Induktivität

Betrachten wir zunächst nur Spannung und Strom, dann ergibt sich das Bild in Abb. 3.11. Die Stromkurve ist um eine Viertelphase oder 90° nach rechts verschoben. Die Spannungskurve ist unverändert. Begann die rote Kurve beim ohmschen Verbraucher noch bei 0, ist dieser Nullpunkt nun bis zum Zeitpunkt 0,005 Sekunden nach rechts verschoben. Zu Beginn beträgt die Spannung 0, der Strom 1,2 [A]. Bei 0,005 Sekunden erreicht zwar die Spannung ihr Maximum von 1,5 [V], aber der Strom durchläuft gerade den Nullpunkt. Dazwischen ist die Spannung positiv, der Strom negativ. Zwischen 0,005 und 0,01 Sekunden sind Spannung und Strom positiv. Zwischen 0,01 und 0,015 Sekunden ist zwar der Strom positiv, nun ist aber die Spannung negativ. Zwischen 0,015 und 0,02 Sekunden schließlich sind Spannung und Strom negativ. Fügen wir nun auch hier die Leistungskurve ein (Abb. 3.12): Da weiter P = U  I gilt, ergibt sich also rein rechnerisch zwischen 0 und 0,005 Sekunden sowie zwischen 0,01 und 0,015 Sekunden eine negative Leistung! Zwischen 0,005 und 0,01 sowie 0,015 und 0,02 Sekunden indes ist die Leistung positiv. Wie kann das sein?

Abb. 3.11 Spannung und Strom bei einer induktiven Last im Wechselstromkreis

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3

Energieformen

Abb. 3.12 Spannung, Strom und Leistung bei induktiver Last im Wechselstromkreis

Zum Aufbau eines Magnetfelds benötigt die Spule Energie, die dann in Form magnetischer Energie gespeichert wird. Wird das Magnetfeld wieder abgebaut, wird die gespeicherte Energie wieder frei. An diesem rein induktiven Verbraucher pendelt der Strom also ohne Wirkarbeit zu verrichten zwischen dem Kraftwerk und der Spule hin und her. Das ist es, was man als Blindstrom bezeichnet. Genau wie bei der Wirkleistung ergibt Spannung mal Blindstrom die sogenannte Blindleistung. Analog zur Wirkarbeit gilt auch hier: Blindleistung mal Zeit gleich Blindarbeit. Ein „Verbrauch“ an elektrischer Energie liegt hier noch nicht vor. Wir haben lediglich die Phase des Stroms um eine Vierteldrehung oder 90° gegen die Phase der Spannung verschoben. Das Problem besteht darin, dass der Blindstrom trotzdem auf den ohmschen Widerstand der Leiter im Stromnetz trifft und diese thermisch belastet. Deshalb muss zu viel Blindleistung bzw. Blindarbeit bei Großabnehmern separat bezahlt werden.

3.3.5 Kapazitive Lasten Kapazitive Lasten sind Verbraucher, die sich wie ein Kondensator verhalten, der Energie in einem elektrischen Feld speichert. Im Gegensatz zu induktiven Verbrauchern eilt bei kapazitiven Verbrauchern der Strom der Spannung um eine Viertelphase oder 90° voraus. Als Schaltbild für Kondensatoren verwendet man das in Abb. 3.13. So sieht die Kapazität im Schaltbild aus (Abb. 3.14).

Abb. 3.13 Symbol für eine Kapazität

3.3 Elektrische Energie

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Abb. 3.14 Ersatzschaltbild einer kapazitiven Last im Wechselstromkreis

Wieder betrachten wir zunächst nur Spannung und Strom (Abb. 3.15). Offensichtlich hat ganz links der Strom jetzt bereits sein Maximum erreicht, obwohl die Spannung noch bei null liegt. Der Strom ist also um eine Viertelphase oder 90° nach links verschoben. Entsprechend ergibt sich das Bild in Abb. 3.16 für die Leistung.

Abb. 3.15 Spannung und Strom bei kapazitiver Last im Wechselstromkreis

Abb. 3.16 Spannung, Strom und Leistung bei kapazitiver Last im Wechselstromkreis

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3

Energieformen

Der kapazitive Verbraucher erzeugt ebenfalls Blindleistung, nur fließt der Strom exakt gegensätzlich zum Strom beim induktiven Verbraucher. Aber auch hier pendelt der Strom ohne Wirkarbeit zu verrichten zwischen Kraftwerk und Verbraucher hin und her. Wenn die Phasen der Leistung von induktiven und kapazitiven Lasten exakt gegenläufig sind und man für Blindarbeit bezahlen muss, liegt der Gedanke nahe, Kapazitäten zu nutzen, um die Blindleistung von Induktivitäten zu kompensieren (oder umgekehrt). Das geschieht auch. Für Unternehmen mit ausgeprägter Blindleistung lohnen sich häufig Blindleistungskompensatoren, die eine stark induktive Last durch entsprechende Kapazitäten ausgleichen bzw. umgekehrt kapazitive Lasten durch Induktivitäten ausgleichen.

3.3.6 Phasenwinkel Weiter oben wurde bereits erwähnt, dass es auch Mischformen ohmscher und induktiver oder ohmscher und kapazitiver Lasten gibt. Als Maß dafür, wie stark die Strom- gegen die Spannungskurve verschoben ist, verwendet man den Phasenwinkel cos('). Wirkleistung und kann von 1 (reine WirkDer Phasenwinkel errechnet sich als cos.'/ D Scheinleistung leistung) bis 0 (rein kapazititv oder rein induktiv) gehen. Ohne einen klärenden Zusatz ist allein aus dem Phasenwinkel nicht ersichtlich, ob es sich um eine kapazitive oder induktive Last handelt. Leistungsfaktor oder Power Factor sind andere Bezeichnungen, mit denen aber dasselbe gemeint ist.

3.3.7 Schein-, Wirk- und Blindleistung – Das Leistungsdreieck Die Wirkleistung P ist die Leistung, die ein Verbraucher tatsächlich wirksam umsetzt. Sie wird in Watt [W] oder Kilowatt [kW] angegeben. Haushaltsstromzähler messen lediglich die Wirkleistung bzw. die daraus resultierende Wirkarbeit. Die Wirkarbeit ergibt sich aus Wirkleistung mal Zeit und wird meist in Kilowattstunden [kWh] angegeben. Die Scheinleistung S besteht aus Wirk- und Blindleistung und ist die Leistung, die man mit einem Messgerät messen würde, das nicht zwischen Wirk- und Blindstrom unterscheiden kann, ein häufiges Problem billiger Messgeräte. Um sie von der Wirkleistung zu unterscheiden, wird sie in Voltampere [VA] oder Kilovoltampere [kVA] angegeben. Da Volt mal Ampere aber gleich Watt sind, handelt es sich letztlich auch um Watt. Die Blindleistung Q haben wir oben kennengelernt. Die Blindleistung wird in Var [var] angegeben, was für „Voltampere Reaktiv“ steht. Im Prinzip steht auch hier Volt mal Ampere, mithin Watt. Blindleistung mal Zeit ergibt Blindarbeit, meist angegeben in [kVArh] (Kilo-Volt-Ampere-Reaktiv-Stunden). Schein-, Wirk- und Blindleistung stehen in einem bestimmten Verhältnis zueinander, das man vom Pythagoras her kennt (a2 + b2 = c2 ).

3.3 Elektrische Energie

49

I Es gilt: Wirkleistung2 P2

C Blindleistung2 C Q2

D Scheinleistung2 D S2

Da der Pythagoras gebraucht wird, um die Seitenverhältnisse rechtwinkliger Dreiecke zu bestimmen, kann man umgekehrt auch Schein-, Wirk- und Blindleistung als Dreieck darstellen, das heißt dann Leistungsdreieck (Abb. 3.17). Kennen wir die Wirk- und die Blindleistung, können wir die Scheinleistung errechnen: Scheinleistung2 D Wirkleistung2 C Blindleistung2 : Wurzelziehen auf beiden Seiten ergibt: Scheinleistung D

q Wirkleistung2 C Blindleistung2 :

Beträgt die Wirkleistung P = 10 [W] und die Blindleistung Q = 5 [var], dann beträgt die Scheinleistung S: q p Wirkleistung2 C Blindleistung2 D 102 C 52 p p D 100 C 25 D 125 D 11;18 ŒVA :

SD

Umgekehrt können wir aus Schein- und Wirkleistung die Blindleistung errechnen. Sei die Scheinleistung 25 [VA] und die Wirkleistung 20 [W], ergibt sich die Blindleistung wie folgt: Wirkleistung2 C Blindleistung2 D Scheinleistung2 : Zuerst subtrahieren wir auf beiden Seiten Wirkleistung2 : Blindleistung2 D Scheinleistung2  Wirkleistung2 : Abb. 3.17 Leistungsdreieck

50

3

Energieformen

Dann wieder die Wurzel ziehen: Blindleistung D

q Scheinleistung2  Wirkleistung2 :

Und einsetzen: q

Scheinleistung2  Wirkleistung2 D p p D 625  400 D 225 D 15 Œvar:

QD

p

252  202

Der Phasenwinkel cos(') ist dimensionslos (hat keine Einheit) und errechnet sich wie folgt: Wirkleistung Ankathete oder cos.'/ D : cos.'/ D Hypotenuse Scheinleistung Für das letzte Beispiel ergibt sich ein Phasenwinkel von: cos.'/ D 20 ŒW 25 ŒVA

Wirkleistung Scheinleistung

D

D 0;8. Merke:

I

Wichtig Rein ohmsche Last: cos(') = 1, Strom und Spannung in Phase Rein induktive Last: cos(') = 0, Strom läuft Spannung 90° hinterher Rein kapazitive Last: cos(') = 0, Strom eilt Spannung 90° voraus

Wenn Spannung, Strom und Phasenwinkel bekannt sind, kann man Wirk- und Blindleistung auch direkt berechnen: I

Wichtig Wirkleistung: P = U  I  cos(') Blindleistung: Q = U  I  sin(')

Gute Messgeräte weisen neben der Wirk- auch die Scheinleistung und den Phasenwinkel aus. Über Schein- und Wirkleistung lässt sich auch die Blindleistung berechnen: q p p Scheinleistung2  Wirkleistung2 D 192  6;22 D 361  38;44 p D 322;56 D 17;96 Œvar:

Blindleistung D

3.3 Elektrische Energie

51

Abb. 3.18 100 [W]-Glühlampe, ohmsche Last, Phasenwinkel 0,99

Abb. 3.19 Elektrischer Rasierapparat, induktive Last, Phasenwinkel 0,32, Symbol „Spule“

Abb. 3.20 LED-Lampe, kapazitive Last, Phasenwinkel 0,61, Symbol „Kondensator“

3.3.8 Abrechnung Bei der elektrischen Energie werden – je nach Abnehmer – mehrere Größen in Rechnung gestellt. Haushalts- und Kleinkunden zahlen neben einer regelmäßigen und verbrauchsunabhängigen Grundgebühr nur die bezogene Arbeit in [kWh].18 Der Lastgang von Abnehmern bis 100.000 [kWh/a] wird durch sogenannte Standardlastprofile modelliert. Es 18

Einzelne Stromanbieter werben damit, dass sie ausschließlich die bezogene Arbeit in Rechnung stellen und dass man somit nur je [kWh] bezahlt. Ein Blick in die Geschäftsbedingungen offenbart dann aber, dass es eine Mindestabnahmemenge gibt, die dem Stromhändler die Grundgebühr trotzdem garantiert.

52

3

Energieformen

spielt aber keine Rolle, ob diese wirklich eingehalten werden. Für einen Kunden, der z. B. 3650 [kWh/a] abnimmt, ist es deshalb egal, ob er jeden Tag des Jahres genau 10 [kWh] bezieht oder ob er an nur der Hälfte der Tage 20 [kWh] bezieht. Abnehmer ab 100.000 [kWh/a] bezahlen dagegen nicht nur die bezogene Arbeit in [kWh], sondern auch die maximale Leistung in [kW]. Hier ist es also nicht egal, ob permanent eine geringe Leistung bezogen wird oder ob nur punktuell eine hohe Leistung bezogen wird. Es gibt zwei Größen, mit denen man ausdrücken kann, wie gleichmäßig der Energiebezug erfolgt: Die erste Größe sind die Vollbenutzungsstunden Vbh [h]. Sie ergeben sich, wenn man Arbeit durch Leistung teilt. I Vollbenutzungsstunden [h] D

Arbeit [kWh] Maximalleistung [kW]

Dazu ein Beispiel: Zwei Abnehmer hätten 300.000 [kWh] im Jahr bezogen. Der eine habe eine Maximalleistung von 100 [kW], der andere eine von 1 [MW] = 1000 [kW]. ŒkWh D 3000 Œh, also rein rechGemäß der Formel ergeben sich für den ersten: 300:000 100 ŒkW nerisch 3000 [h] mit der Maximallast von 100 [kW]. ŒkWh D 300 Œh, also nur Für den zweiten Abnehmer ergeben sich lediglich 300:000 1000 ŒkW 300 Vollbenutzungsstunden. Die zweite Größe, den Gleichzeitigkeitsgrad, erhält man, wenn man die Vollbenutzungsstunden durch die Stunden des Normjahres teilt: I Gleichzeitigkeitsgrad D

Vollbenutzungsstunden [h] 8760 Œh

Der Gleichzeitigkeitsgrad ist dimensionslos, hat also keine Einheit. Er beträgt für den Œh D 0;342 oder 34,2 %, für den zweiten ersten Abnehmer aus obigem Beispiel 3000 8760 Œh 300 Œh 8760 Œh

D 0;034 oder 3,4 %. Abnehmer mit besonders vielen induktiven oder kapazitiven Verbrauchern müssen zusätzlich Blindarbeit bezahlen, in der Regel sobald die Blindarbeit mehr als 50 % der Wirkarbeit beträgt. Sie wird gemessen und abgerechnet in [kVArh].

3.4 Energieumwandlung Energie kann von einer Form in eine andere umgewandelt werden, das haben wir anhand der Tafel Schokolade gesehen (Potenzielle Energie ! Kinetische Energie ! Verformungsarbeit). Zur Umwandlung von Energie gibt es meist eine, manchmal mehrere direkte und indirekte Umwandlungsmethoden.

3.4 Energieumwandlung

53

Die Umwandlung kann mit ganz simplen Mitteln erfolgen, etwa mit ein paar Rollen am Flaschenzug oder mit der Tretkurbel am Fahrrad, sie kann aber auch komplexe Technik erforderlich machen. Ein Beispiel für eine direkte Umwandlung ist die Solarzelle (Photovoltaik). Hier wird Sonnenlicht ohne Umweg in elektrische Energie umgewandelt. Sonnenlicht kann aber auch indirekt umgewandelt werden. Dazu wird mittels Kollektoren Sonnenlicht in Wärme umgewandelt, damit Wasserdampf erzeugt und mit diesem eine Turbine angetrieben, die einen Generator antreibt (Sonnenwärmekraftwerk). Jede dieser Techniken hat ihre individuellen Vor- und Nachteile, Kosten, Nutzen und Wirkungsgrade, geht evtl. mit Auswirkungen auf die Umwelt einher. Deshalb sollte man zunächst unvoreingenommen alle technischen Optionen betrachten. Durch technischen Fortschritt werden oft ehemals ineffiziente Techniken effizient und geraten dadurch erneut in den Fokus. Manche dieser Techniken sind skurril und taugen nicht zum großtechnischen Einsatz, dienen aber der Erheiterung. Beispielhaft seien die Lichtmühlen oder „Radiometer“ erwähnt, in denen sich ein Flügelrad dreht, wenn es von Licht beschienen wird (Abb. 3.21). Andere Techniken sind im Alltag weit verbreitet und werden von uns kaum als Energieumwandlung wahrgenommen. So wandeln etwa fluoreszierende Textmarker Strahlungsenergie im Blau- und Ultraviolettbereich in farbiges Licht um.19 Die Tab. 3.3 zeigt beispielhaft einige Möglichkeiten der Energieumwandlung.

Abb. 3.21 Lichtmühle oder Radiometer

19 Denselben Effekt machen sich übrigens die Aufheller in Waschmitteln zunutze, um Wäsche „weißer als weiß“ zu machen.

54

3

Energieformen

Tab. 3.3 Exemplarische Möglichkeiten und Technik der Energieumwandlung Nach Von Thermische Energie

Thermische Mechanische Elektrische Energie Energie Energie (allg.) WärmeDampfSeebecktauscher maschine Effekt

Mechanische Bremse Energie (allg.) Elektrische ElektroheiEnergie zung, Peltiereffekt StrahlungsSolarthermie energie Chemische Energie Druckenergie

Getriebe, Hebel

Generator

Strahlungsenergie

Chemische DruckEnergie energie

Temperaturstrahler

Endotherme Reaktion

Tribolumineszenz

Isochore Erwärmung Kompressor

Elektromotor Transformator Radiometer

Exotherme VerbrenReaktion nungsmotor KompresTurbine sionswärme

ElektroElektrolyse Piezoeleklumineszenz trischer Effekt Photovol- Fluoreszenz Fotochetaik mische Reaktion Brennstoff- Lumineszenz Chemische Chemische zelle Reaktion Reaktion Piezoelek- SonolumiDruckDruckübertrischer neszenz reaktion setzer Effekt

3.5 Wirkungsgrad Man kann offensichtlich fast jede Energieform in jede andere Energieform überführen. Warum tut man es dann nicht einfach? Die Antwort liegt im Wirkungsgrad der Umwandlung. Er gibt an, wie effizient die eine Energieform in die andere umgewandelt werden kann. Der Rest geht dabei in Form unerwünschter oder nicht mehr nutzbarer Energieformen, meist Wärme, „verloren“. Der Wirkungsgrad 20 kann sich auf Leistung oder Energie beziehen und stellt das Verhältnis nutzbarer Leistung bzw. Energie zu zugeführter Leistung bzw. Energie dar, also „Output“ zu „Input“. Für Energie ist er definiert als: I D

20

Sprich „eta“.

Enutzbar ŒJ Ezugeführt ŒJ

3.5 Wirkungsgrad

55

Für Leistung ist er definiert als: I D

Pnutzbar ŒW Pzugeführt ŒW

In beiden Fällen hat der Wirkungsgrad keine Einheit. Er liegt zwischen 0 und 1 und wird häufig als Prozentzahl angegeben. Ein Wirkungsgrad von 0 oder 0 % hieße, dass die komplette zugeführte Energie in eine nicht nutzbare Energieform umgewandelt würde. Das wäre z. B. das Verbrennen von Holzabfällen im Freien. Das Holz wird entsorgt, stiftet aber keinerlei Nutzen. Ein Wirkungsgrad von 1 oder 100 % hieße, dass eine verlustfreie Umwandlung der zugeführten Energie in Nutzenergie stattfindet. Das gibt es in der Praxis nicht, die besten Wirkungsgrade liegen aber nur knapp darunter, etwa bei Transformatoren oder sehr guten Elektromotoren. Die möglichen Umwandlungsprozesse unterscheiden sich erheblich im Wirkungsgrad. Dies sei am Beispiel der Erzeugung von Licht illustriert, was auch den technischen Fortschritt verdeutlicht: Leuchtmittel

Glühlampe Halogenglühlampe Kompaktfluoreszenzleuchte („Energiesparlampe“) LED Filament LED Beste LED für weißes Licht Theoretische Grenze für weißes Licht*

Elektrische Leistungsaufnahme (Watt) 100 [W] 77 [W] 20 [W]

Lichtmenge Wirkungsgrad (Lumen)

Lichtausbeute

134 [lm] 1320 [lm] 1300 [lm]

5% 7% 26 %

13,4 [lm/W] 17,1 [lm/W] 65 [lm/W]

13,5 [W] 11 [W] 18 [W]

1521 [lm] 1521 [lm] 3900 [lm]

45 % 55 % 86 % 100 %

112,7 [lm/W] 138,3 [lm/W] 215 [lm/W] 250 [lm/W]

* Vgl. Thomas W. Murphy Jr.: „Maximum spectral luminous efficacy of white light“.

Die effizientesten LED können also dieselbe Lichtmenge wie eine 100 [W] Glühlampe mit nur gut 6,4 [W] Energieeinsatz erzeugen, eine Effizienzsteigerung um den Faktor 17! Vergleichbare Fortschritte hat es auch bei Verbrennungsmotoren, Heizkesseln und anderen Geräten gegeben. Was passiert nun eigentlich mit dem Rest? Laut Energieerhaltungssatz muss die Differenz von zugeführter Energie und Nutzenergie irgendwie erhalten bleiben. Meistens ist das Wärme. Die Glühlampe produziert neben etwas Licht vor allem Wärme (Abb. 3.22). Diese verräterische Abwärme machen wir uns zunutze, um ineffiziente Geräte zu entlarven. Der Energieerhaltungssatz gilt jedenfalls ausnahmslos.

56

3

Energieformen

Abb. 3.22 Sankey-Diagramm für eine Glühlampe – praktisch eine Elektroheizung mit Lichteffekt

Bei dieser Darstellungsform handelt es sich um ein Sankey-Diagramm.21 Mit diesen Diagrammen lassen sich leicht Material- oder Energieflüsse darstellen. Man liest das Diagramm im Regelfall von links nach rechts. Wir gehen bei der Glühlampe von 100 [W] Strom aus, aus denen 5 [W] Licht und 95 [W] Wärme werden. Sankey-Diagramme können sehr komplex werden. Dazu weiter unten mehr.

3.6 Wert von Energieträgern Warum geht man einen so umständlichen und verlustbehafteten Weg, etwa von Braunkohle über eine Turbine zum Strom, weiter zu einem Elektroherd, wenn man doch die Braunkohle auch direkt in einem Kohleofen verfeuern könnte? Der Grund ist ökonomischer Natur. Die physische Veredelung eines Energieträgers, z. B. von Rohöl zu Benzin oder von Braunkohle zu Strom, geht mit einer ökonomischen Wertsteigerung einher, die sich wiederum häufig mit einer Komfortsteigerung bei der Nutzung begründen lässt. Die Umwandlungsverluste nimmt man in Kauf, sofern die Wertsteigerung des Energieträgers den energetischen Verlust überwiegt. Elektrischer Strom gilt als edelster aller Energieträger, denn erstens kann Strom meist mit dem höchsten Wirkungsgrad in Nutzenergie umgewandelt werden (z. B. Elektromotor bis über 95 % gegenüber Verbrennungsmotor um 50 %). Zweitens kann man aus Strom praktisch jede Form von Nutzenergie erzeugen, von Wärme über Bewegung bis zu Rechenleistung im Computer oder Telekommunikation. Der Betrieb eines Telefons oder Computers mit Braunkohle ist dagegen nur schwer vorstellbar. Aus diesem Grund darf Strom auch teurer sein als unedlere Energieträger.

21

Nach Captain Matthew Henry Phineas Riall Sankey (1853–1925).

3.7 Physikalische Grenzen

57

Ein Beispiel Steinkohle ist ein unedler Energieträger. Sie enthält etwa 7 [kWh/kg] und kostet aktuell 3,5 [ct/kg]. Aus einem Kilogramm Kohle kann man etwa 3 [kWh] Strom erzeugen, die restlichen 4 [kWh] fallen als Abwärme an und können allenfalls zu Heizzwecken genutzt werden. Allerdings haben diese 3 [kWh] Strom einen Marktwert an der Strombörse von z. B. 4 [ct/kWh], denn Strom ist ein sehr edler Energieträger. Man tauscht also 7 [kWh] zu 3,5 Cent gegen 3 [kWh] im Gesamtwert von 12 Cent. Das ist ein energetischer „Verlust“ von 57 %, aber ein ökonomischer Wertzuwachs von 243 %. Deshalb lohnt sich die Umwandlung in Strom trotz der damit einhergehenden Verluste. Vergleichbare Beispiele gelten identisch für die Umwandlung von Rohöl in Treibstoffe usw. Eine kleine Übersicht der aktuellen Kosten für eine [kWh] unterschiedlicher Energieträger: Energieträger Steinkohle Holzpellets Heizöl Erdgas Dieselkraftstoff Ottokraftstoff Strom Druckluft

Preis je [kWh] 0,005 C 0,044 C 0,05 C 0,07 C 0,13 C 0,17 C 0,13–0,3 C 4,00 C

Anmerkung Bei 3,5 ct je 7 [kWh] Bei 220 C je Tonne Bei 50 ct je Liter Je nach Tarif Bei 1,30 C je Liter, 10 [kWh/l] Bei 1,50 C je Liter, 11,4 [kWh/l] und Dichte 0,75 [kg/m3 ] Je nach Tarif Bei 20 ct Strompreis je kWh und 5 % Wirkungsgrad

3.7 Physikalische Grenzen Für jeden Umwandlungsprozess gibt es ein theoretisches Limit. Das Limit für weißes Licht war oben schon dargestellt, es liegt – je nach Lichtfarbe – bei ca. 250 Lumen pro Watt. Mehr geht nicht, ohne dass man gegen den Energieerhaltungssatz verstößt. In der Elektrotechnik sind die Wirkungsgrade sehr gut, vorausgesetzt, die Geräte werden im optimalen Betriebspunkt betrieben. Große Transformatoren haben im Bestpunkt Wirkungsgrade bis 99 %, kleine Trafos in ungünstigen Betriebspunkten auch schon mal unter 50 %. Elektromotoren erreichen im Bestpunkt Wirkungsgrade bis 97 %. Doch auch hier kann ein falscher Betriebspunkt (Unter- oder Überlastung) den Wirkungsgrad empfindlich verringern. Selbst Elektromotoren, die im optimalen Betriebspunkt Wirkungsgrade über 95 % haben, können – mit der falschen Drehzahl oder Last betrieben – Wirkungsgrade unter 50 % erreichen. Für Wärmekraftmaschinen, also z. B. Verbrennungsmotoren (Dieselmotor, Ottomotor) min ŒK . hat Carnot22 die Obergrenze für den Wirkungsgrad ermittelt. Sie lautet: max D 1 TTmax ŒK

22

Nicolas Léonard Sadi Carnot (1796–1832).

58

3

Energieformen

Man beachte, dass die Temperatur in Kelvin angegeben wird. Ein perfekter Motor kann also bei einer Temperaturdifferenz von 20 °C (= 293 [K]) zu 100 °C (= 373 [K]) maximal ŒK D 21;45 % erreichen. In der Realität wird einen Wirkungsgrad von max D 1  293 373 ŒK der Wirkungsgrad eines Motors bei dieser Temperaturdifferenz deutlich unter 5 % liegen, denn perfekte Motoren gibt es nicht. Für Verbrennungsmotoren gibt es Diagramme („Muscheldiagramme“), die anzeigen, bei welcher Last (Mitteldruck) und welcher Drehzahl der Motor mit der höchsten Effizienz arbeitet. Bemerkenswert ist, dass die Umwandlung von Strom in Wärme (z. B. Wasserkocher) einen sehr hohen Wirkungsgrad hat (nahe 100 %), die Umwandlung von Wärme in Strom dagegen einen vergleichsweise schlechten Wirkungsgrad (maximal den Carnot-Wirkungsgrad) hat. Das gilt ganz allgemein. Eine hochwertige Energieform in Wärme umzuwandeln, ist meist recht einfach. Die minderwertige Wärme wieder in eine hochwertigere Energieform zu wandeln, ist hingegen schwer. Wärme ist als Energie umso wertvoller, je höher das Temperaturniveau ist. Auch das lässt sich anhand des Carnot-Wirkungsgrads nachvollziehen. Je höher die Temperaturdifferenz einer Wärmequelle zur Umgebung, desto höher ist der theoretisch mögliche Wirkungsgrad bei der Umwandlung in höherwertige Energieformen.

3.8

Lernkontrolle zu Energieformen

Frage(n)

 Jemand mit 70 [kg] Körpermasse nimmt Anlauf und läuft mit 21,6 [km/h], als er sich an einem Seil festhält und die Füße vom Boden nimmt. Welche Energieform wird hier in welche andere umgewandelt? Wie hoch wird er schwingen (ohne Luftwiderstand etc.)?  Stellen Sie dieselbe Überlegung wie in Abschn. 3.6 für die Umwandlung von Rohöl in Benzin oder Heizöl an.  Jemand habe einen Strombezug von 20.000 [kWh] pro Jahr. Die gemessene Maximalleistung beträgt 10 [kW]. Wie viele Vollbenutzungsstunden hat er? Wie hoch ist der Gleichzeitigkeitsgrad?  Ein Gerät habe eine Scheinleistung von S = 100 [VA] und eine Wirkleistung von P = 80 [W]. Ermitteln Sie die Blindleistung Q.  Errechnen Sie den Carnot-Wirkungsgrad für eine Wärmekraftmaschine mit T min = 293 K und T max = 1 793 K.  Was würde ein Wirkungsgrad von über 100 % bedeuten? Mit welcher Maschine hätte man es zu tun?

4

Messgeräte

Miss es oder vergiss es (Lebensmotto des Energieberaters).

In diesem Kapitel werden die einschlägigen Messgeräte und ihre korrekte Handhabung dargestellt. I

Praxistipp Allzu „preiswerte“ Messgeräte zeigen erfahrungsgemäß alles Mögliche an, nur keinen korrekten Messwert. Energiekostenmessgeräte aus dem Baumarkt oder vom Discounter können beispielsweise Schein- und Wirkleistung oft nicht richtig unterscheiden. Abweichungen zu korrekten Messgeräten können schnell 20 % und mehr betragen. Im Regelfall genügen Messgeräte der mittleren Preislage aus dem Fachhandel für solide Messungen, sofern es nicht auf die Hinterkommastellen ankommt. Das ist aber selten der Fall. Für gerichtsfeste Messungen oder zu Abrechnungszwecken müssen die Geräte jedoch kalibriert bzw. beglaubigt sein.

4.1

Elektrische Energie

I

Wichtig Bei allen Arbeiten an elektrischen Anlagen sind die einschlägigen Vorschriften und die Vorgaben der Berufsgenossenschaften1 zu beachten! Arbeiten an elektrischen Anlagen dürfen nur von einer hierzu autorisierten „Elektrofachkraft“ vorgenommen werden. Messungen dürfen nach Unterweisung auch von einer „elektrotechnisch unterwiesenen Person“ (EuP) durchgeführt werden, wenn die Elektrofachkraft in der Nähe ist. Einzige Ausnahme sind Messungen mit Messgeräten mit Schutzkontaktstecker, an denen keine leitenden Teile berührbar sind. In jedem Fall ist mit elektrischer Energie vorsichtig umzugehen, da bereits vergleichsweise kleine Energiemengen tödlich sein können!

1

Siehe u. a. DIN VDE 0105-100; DIN VDE 1000-10; DGUV Vorschrift 3.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_4

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Messgeräte

4.1.1 Einphasige Verbraucher an Schutzkontaktsteckdosen Die Schuko-Steckdose (siehe Abb. 4.1) hat zwei Löcher, hinter denen je ein Metallkontakt sitzt. Einer dieser Metallkontakte ist der Außenleiter oder die Phase (L). Hier liegt eine Spannung von ca. 230 Volteff gegenüber dem Schutzleiter an. Der andere Metallkontakt ist der Nullleiter (N), der normalerweise keine Spannung gegen den Schutzleiter aufweisen sollte. Auf welcher Seite Außen- und Nullleiter liegen, kann man nicht von vornherein sagen. Außerdem hat die Steckdose zwei offenliegende Metallbügel. Dies sind die Schutzleiter (PE). Fließt ein Strom zwischen Außen- oder Nullleiter und dem Schutzleiter, sollte ein Fehlerstromschalter (FI-Schalter) auslösen, wenn ein solcher existiert (Abb. 4.2). Abb. 4.1 Schutzkontaktsteckdose CEE 7/4

Abb. 4.2 Multimeter zur Messung von Spannung, Strom, Widerstand u. v. m.

4.1 Elektrische Energie

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Abb. 4.3 Messung von Spannung U parallel und Strom I seriell

Die Spannung U wird parallel zum Verbraucher gemessen, das Messgerät hat dann einen sehr hohen Widerstand. Der Strom I hingegen wird in Serie gemessen, der Widerstand des Messgeräts ist dann sehr gering (siehe Abb. 4.3). Wird irrtümlich der Strom parallel gemessen, kommt es zu einem Kurzschluss, dem das Messgerät zum Opfer fallen kann. Zwischen den Kontakten in den beiden Löchern der Steckdose muss die Spannung im Bereich 230 [V] ˙ 10 % (also zwischen 207 und 253 Volt) liegen. Hier darf in der Regel dauerhaft ein Strom von maximal 16 [A] fließen, darüber hinaus sollte die Sicherung auslösen. Zwischen einem der Löcher und den von außen frei berührbaren Schutzleitern oben oder unten muss die Spannung etwa genauso hoch sein (230 [V] ˙ 10 %). Damit weiß man, dass auf diesem Kontakt der Außenleiter liegt. Zwischen dem anderen Loch und den Schutzleitern darf die Spannung allenfalls wenige Volt betragen, idealerweise liegt die Spannung nahe oder bei null. Damit ist der Nullleiter bestimmt. Ist mit der Steckdose alles in Ordnung, worauf man sich leider nicht immer verlassen kann, kann man mit weiteren Messungen beginnen. Besitzt das zu messende Gerät einen Schuko-Stecker, ist die Messung elektrischer Verbraucher sehr leicht. Für diesen Fall gibt es im Fachhandel Messgeräte in der Preisklasse zwischen 50 und 100 C, mit denen man sehr brauchbare Messungen durchführen kann (siehe Abb. 4.4). Von Geräten, wie man sie gelegentlich für unter 10 C beim Discounter bekommt, ist erfahrungsgemäß abzuraten, da diese beim Auftreten von Blindleistung oft unsinnige Ergebnisse anzeigen.

Abb. 4.4 Energiekostenmessgerät der mittleren Preisklasse mit Logger-Funktion

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4

Messgeräte

Das Messgerät sollte Spannung, Strom, Schein- und Wirkleistung sowie den Phasenwinkel anzeigen. Beim Kauf ist auf die angegebene Messtoleranz zu achten: Darf das Messgerät an 230 Volt bis 16 Ampere messen, liegt die Maximallast bei 230 [V]  16 [A] D 3680 [W]. Hat das Messgerät nun laut Hersteller eine Messtoleranz von 1 %, so bezieht sich dieses eine Prozent – sofern nicht ausdrücklich etwas anderes erklärt wird – auf die oben ermittelte Nennlast, also 1 % von 3680 [W] D 36,8 [W]. Anders formuliert: Bei einer tatsächlichen Last von 100 [W] dürfte das Messgerät zwischen 63,2 und 136,8 [W] anzeigen und läge damit dennoch im Toleranzbereich. Eine Toleranz von einem Prozent bedeutet zwar nicht, dass das Messgerät diese Toleranz auch voll ausschöpft, aber das ist die Genauigkeit, die der Hersteller zusichert. In der Regel liegt die Abweichung weit darunter. Für gewöhnlich genügt diese Messgenauigkeit. Nur wenn es wirklich um jedes einzelne Watt geht, benötigt man präzisere Messgeräte, die dann preislich schnell in den vier- bis fünfstelligen Bereich gehen. Diese Geräte (Leistungsanalysatoren) können auch nachträglich neu kalibriert werden und messen bis 0,01 % Toleranz genau. Billige Messgeräte haben mitunter Messtoleranzen bis 5 % und sind damit faktisch als Messgerät unbrauchbar. Zu Abrechnungszwecken, etwa als Zwischenzähler zur Weiterverrechnung an einen Mieter, muss das Gerät außerdem beglaubigt (im Umgangssprachgebrauch „geeicht“) sein, erkennbar an der Marke, die auf jedem Stromzähler klebt und angibt, bis wann die Beglaubigung reicht. Manche Messgeräte bieten eine Aufzeichnungs- oder Logger-Funktion. Die gesammelten Daten kann man dann exportieren und auf einem Computer aufbereiten, um einen Lastgang zu erstellen, also den zeitlichen Verlauf des Verbrauchs darzustellen. Der Vorteil besteht darin, dass man über längere Zeiträume, etwa einen Tag, eine Woche oder gar mehrere Monate messen kann und damit ein viel ausgewogeneres, weil repräsentativeres Messergebnis erhält. Die Messung erfolgt so: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

7. 8. 9.

Verbraucher herunterfahren/ausschalten. Stecker ziehen. Messgerät in die Steckdose stecken, kurz warten. Gegebenenfalls den internen Speicher löschen, „Reset“, erforderlichenfalls die Uhr des Messgeräts stellen. Verbraucher in die Steckdose des Messgeräts stecken und kurz warten. Falls von Interesse, kann nun schon der Stand-by-Stromverbrauch ermittelt werden. Verbraucher einschalten. Bei manchen Verbrauchern dauert es, bis sich ein normaler Verbrauch einstellt bzw. ein klarer Verbrauchstrend erkennbar ist. Bei einem PC kann das durchaus eine Viertelstunde oder länger sein. Messwerte ablesen. Bei Messgeräten mit Logger kann, muss aber nicht abgelesen werden. Nach Ende der Messung Verbraucher herunterfahren/ausschalten. Stecker aus dem Messgerät ziehen. Gegebenenfalls Messwerte auf einen Datenträger spielen, solange das Messgerät noch in der Steckdose steckt.

4.1 Elektrische Energie

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10. Messgerät aus der Steckdose ziehen. 11. Verbraucher wieder einstecken. Am Computer kann man nun die Messdaten nach verschiedenen Kriterien auswerten, etwa nach Einschaltdauer, Maximal- und Minimalstrom, Maximal- und Minimalleistung, Schein- und Wirkarbeit u. v. a. m. I

4.1.2

Praxistipp Ein wichtiger Hinweis zum Thema Datenschutz: Anhand des Lastgangs kann man nachvollziehen, ob an einer Maschine oder einem Computer tatsächlich gearbeitet wurde oder nicht. Eine verdeckte Messung der Leistungsaufnahme eines Computers oder einer Maschine könnte daher vom Mitarbeiter oder vom Betriebsrat als verdeckte Leistungsermittlung des Mitarbeiters missverstanden werden. Aus diesem Grund sollte der Energiebeauftragte Leistungsmessungen an einzelnen Geräten im Vorfeld mit der Geschäftsleitung, den betroffenen Mitarbeitern und dem Betriebsrat abstimmen. Natürlich birgt dies die Gefahr, dass sich der Mitarbeiter im Messzeitraum „besonders ins Zeug legt“, was zu falschen Messergebnissen führt.2 Das ist im Zweifel aber ein geringeres Problem als eine (juristische) Auseinandersetzung.

Mehrphasige Verbraucher an Kraftstromsteckdosen

Auch für Drehstromverbraucher existieren inzwischen derartige Messgeräte, die einfach zwischen Steckdose (Abb. 4.5) und Verbraucher gesteckt werden können. Alternativ gibt es Messadapter, die ebenfalls zwischen die Steckdose und den Verbraucher gesteckt werden. Am Messadapter gibt es Messpunkte, durch die jeweils ein Leiter führt. Den Strom

Abb. 4.5 Drehstromsteckverbinder CEE 32, 3L + N + PE

2

Das ist der sog. „Hawthorne-Effekt“, siehe unten.

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4

Messgeräte

Abb. 4.6 Strommesszange und Messspitzen

in den einzelnen Leitern kann man dann mittels einer Stromzange berührungslos messen (siehe Abb. 4.6). Die Stromzange misst aber, anders als der Name vermuten lässt, den Strom nicht direkt. Um einen stromdurchflossenen Leiter bildet sich ein Magnetfeld. Die Stromzange misst dieses Magnetfeld und ermittelt daraus den Strom. Allerdings kann eine einfache Stromzange nicht unterscheiden, ob es sich dabei um Wirk- oder um Blindstrom handelt. Der von ihr angezeigte Strom ist also der Scheinstrom. Will man dagegen genau zwischen Wirk- und Blindstrom unterscheiden, benötigt man teurere Messzangen, die neben dem Strom auch die Spannung messen können. Dazu gibt es Messadapter, die zusätzlich Buchsen zum Spannungsabgriff haben. Über den Phasenwinkel zwischen Spannung und Strom kann die Zange dann Schein-, Wirk- und Blindleistung getrennt ermitteln. Solche Messgeräte müssen von einer Elektrofachkraft oder zumindest einer elektrotechnisch unterwiesenen Person bedient werden.

4.1.3 Fest verdrahtete Verbraucher Bei fest verdrahteten Verbrauchern führt an der Stromzange mit Spannungsabgriff kaum ein Weg vorbei. Manchmal sind Leiter so eng verbaut, dass man mit einer Stromzange nicht dazwischen kommt. Für solche Fälle gibt es Messgeräte mit Rogowskispulen. Diese Spulen kann man öffnen, um den Leiter herumlegen und dann wieder zusammenstecken.

4.2 Wärmeenergie

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Derartige Messgeräte gibt es auch für dreiphasige Verbraucher, preislich bewegen sich solche Leistungsanalysegeräte im unteren vierstelligen Euro-Bereich und gehen je nach Ausstattung und Kalibrierung bis in den fünfstelligen Bereich. Bei Geräten, die von einem Schaltschrank aus gesteuert werden, empfiehlt sich der Einbau eines ortsfesten Messgeräts, möglichst mit Fernauslesemöglichkeit. Diese gibt es ab einem unteren vierstelligen Betrag zu kaufen. So kann vom PC aus der Verbrauch überwacht und analysiert werden. Für die Übertragung der Daten existieren verschiedene Standards, darunter USB oder Ethernet, aber auch M-Bus, Profibus DP, RS485 u. v. a. m. Welche Schnittstelle bzw. welches Protokoll für ein Unternehmen am sinnvollsten ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab und sollte im Voraus mit der EDV geklärt werden, um Inkompatibilitäten zu vermeiden. Falls ein Energiedatenmanagementsystem im Einsatz ist, sollten die möglichen Importformate verwendet werden. I

Praxistipp Herstellereigene, nicht dokumentierte oder intransparent verschlüsselte Datenformate sollten vermieden werden. Beendet der Hersteller die Pflege seines Produkts, werden die Daten bald wertlos, da ab der nächsten Softwareumstellung nicht mehr lesbar. Für den Austausch und die Archivierung von Messdaten empfehlen sich Plain-Formate wie Comma Separated Values (Dateiendung .CSV) oder Text (Dateiendung .TXT). Mit etwas Mühe sind diese Datenformate auch für den Menschen lesbar. Alle gängigen Tabellenkalkulations- und Textverarbeitungsprogramme können diese Formate importieren und weiterverarbeiten. Da diese Dateien mangels Kompression schnell groß werden, können sie zur Archivierung komprimiert werden (z. B. als ZIP-Datei).

4.2 Wärmeenergie Zur genauen Ermittlung von Wärmemengen gibt es Wärmemengenzähler, die z. B. an Radiatoren oder Heizleitungen zumeist fest installiert werden. Bekannt sind die Verdunsterröhrchen an Heizkörpern, die aber vergleichsweise ungenau sind. Moderne Wärmemengenzähler arbeiten deutlich genauer und bieten ebenfalls die Möglichkeit der Fernauslese.

4.2.1

Temperaturmessung

Wie oben erwähnt, wird die meiste Nichtnutzenergie bei der Energieumwandlung in Form von Wärme abgegeben. Gelegentlich wird diese Wärme noch genutzt, das ändert aber nichts daran, dass auch genutzte Abwärme aus elektrischer Energie sehr teure Wärme ist. Diese Wärme ist verräterisch wie ein Fußabdruck und kann uns helfen, ineffiziente Geräte zu entlarven. Dazu müssen wir Temperaturen messen. Zur Temperaturmessung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Welche die richtige ist, hängt vor allem davon ab, was genau gemessen werden soll, eine Oberflächentemperatur oder die Temperatur eines Fluids (Luft, Wasser, Öl). Zur Messung der Raumtemperatur

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4

Messgeräte

Abb. 4.7 Temperaturlogger zur Langzeitaufzeichnung

genügt ein einfaches Thermometer, möglichst mittig im Raum und in ca. 1 Meter Höhe. Digitale Raumthermometer gaukeln gerne durch die Hinterkommastelle eine Messgenauigkeit von 0,1 [°C] vor, die sie aber gar nicht haben. Für Langzeitmessungen gibt es Messgeräte mit Aufzeichnungsfunktion (Abb. 4.7), die in festgelegten Intervallen messen und die Daten speichern. Diese kann man anschließend am PC auslesen und analysieren. Zur Messung bewegter Luft, etwa am Auslass einer Klimaanlage oder dort, wo ein Server seine warme Abluft ausbläst, gibt es Thermometer mit losen Messspitzen (Abb. 4.8). Diese werden direkt in den Luftstrom gehalten. Manche dieser Fühler können auch die relative Luftfeuchtigkeit oder den Luftdruck mitmessen. Zur Messung von Oberflächentemperaturen gibt es ebenfalls Messspitzen, die unmittelbar den zu messenden Gegenstand berühren müssen. Darf der zu messende Gegenstand nicht berührt werden, etwa weil er zu heiß ist oder sich bewegt, bietet sich die Mög-

Abb. 4.8 Messfühler für Lufttemperatur und -feuchtigkeit

4.2 Wärmeenergie

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Abb. 4.9 Strahlungsthermometer zur berührungslosen Temperaturmessung von Oberflächen

lichkeit der berührungslosen Messung mit einem Pyrometer oder Strahlungsthermometer (Abb. 4.9). Das Strahlungsthermometer misst aber nicht die eigentliche Temperatur des Gegenstandes, sondern die Wärmestrahlung, die er abstrahlt. Da verschiedene Materialien unterschiedlich stark Wärme abstrahlen, muss man für ein korrektes Messergebnis vorher den Emissionsgrad am Messgerät einstellen. Billige Messgeräte bieten diese Möglichkeit nicht, hier ist der Emissionsgrad " standardmäßig auf 0,95 eingestellt, was für die meisten Baumaterialien brauchbare Ergebnisse liefert. Bei den besseren Messgeräten ist er oft auf " D 0,95 voreingestellt, kann aber bei Bedarf verändert werden. Zu den Emissionsgraden gibt es Sammlungen im Internet oder in der Literatur.3 Glatte, polierte und spiegelnde Oberflächen, insbesondere Metalloberflächen sind nur schwer messbar. Sie reflektieren die Wärmestrahlung der Umgebung und verfälschen damit das Messergebnis, im Extremfall bis zur völligen Unbrauchbarkeit. Spiegelnde Oberflächen sind auch deshalb problematisch, weil sie die Körpertemperatur desjenigen, der die Messung macht, reflektieren und das Messergebnis dadurch verfälschen. Bei nicht spiegelnden Oberflächen sollte die Messung im rechten Winkel zur Oberfläche erfolgen, um den Reflexionsanteil möglichst gering zu halten. Häufig zeigen Pyrometer mit einem Laserpunkt, wo gerade gemessen wird. Dieser Punkt dient aber lediglich der Orientierung, mit der eigentlichen Messung hat er nichts zu tun, kann sogar abgeschaltet werden, deshalb ist die gelegentlich verwendete Bezeichnung „Laserthermometer“ irreführend und falsch. Die Geräte besitzen vorne eine Optik, das heißt gemessen wird (anders als es der rote Laserpunkt erwarten lässt) in Wirklichkeit nicht ein Punkt, sondern eine Fläche. Je größer der Abstand zwischen gemessenem Objekt und Messgerät, desto größer die erfasste Fläche. Das abgebildete Messgerät hat eine 30:1-Optik. Bei 60 [cm] Abstand zum gemessenen Objekt hat die runde Messfläche einen 3

Für Metalle (engl.): http://www.omega.com/literature/transactions/volume1/emissivitya.html. Für Nichtmetalle (engl.): http://www.omega.com/literature/transactions/volume1/emissivityb.html.

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Messgeräte

Durchmesser von 2 [cm]. Hält man dagegen 3 Meter Abstand, hat die erfasste Fläche schon einen Durchmesser von 10 [cm], was die Genauigkeit der Messung beeinträchtigen kann. Aus der Größe des zu messenden Areals kann man mit der obigen Angabe errechnen, wie weit man bei der Messung maximal Abstand halten darf: Hat der Gegenstand eine runde Fläche von 3 [cm] Durchmesser, darf demnach aus maximal 90 [cm] Entfernung gemessen werden, sonst wird die Umgebung mitgemessen und verfälscht das Ergebnis. Demnach sollte der Abstand bei der Messung so gering wie möglich sein, um möglichst präzise zu messen. Dabei ergibt sich aber ein anderes Problem: Der Laserpunkt, der der Orientierung dienen soll, wird in der Regel nicht aus der gleichen Öffnung abgegeben, durch die gemessen wird, sondern darüber oder darunter. Je weiter man sich dem Messobjekt nähert, desto stärker „schielt“ der Laserpunkt jeweils nach oben oder unten. Bei einem Abstand von wenigen Zentimetern ist der Laserpunkt deshalb nicht zu gebrauchen, dann muss man mit der Messoptik genau auf den zu messenden Punkt zielen, egal, wo der rote Punkt steht. Nicht alle Medien sind transparent, deshalb ist z. B. eine Temperaturmessung durch eine Glasscheibe hindurch in der Regel nicht möglich. In diesem Fall misst man nur die Temperatur der Glasscheibe selbst bzw. die Reflexionen auf dieser Glasscheibe. Das Pyrometer bietet auch in unter Spannung stehenden Anlagen die Möglichkeit, Verbraucher oder große Ströme anhand ihrer Abwärme zu enttarnen. Dies ist aber Aufgabe einer Elektrofachkraft! I

4.2.2

Praxistipp Manchmal ist mangels Dokumentation oder Beschriftung nicht bekannt, über welche Sicherung eine Anlage oder eine Steckdose läuft. In diesem Fall kann man sich mit einem Trick behelfen: Stromdurchflossene Sicherungen erwärmen sich. Nachdem man eine große Last an die fragliche Steckdose gehängt hat, z. B. einen Heizlüfter, und diese einige Minuten laufen lassen hat, kann man mit einem Strahlungsthermometer oder mit einer Wärmebildkamera sehen, welche Sicherung sich erwärmt.

Wärmebilder

Das Pyrometer deckt immer nur den jeweiligen Messpunkt bzw. die jeweilige Messfläche ab, das heißt je Messung hat man einen „Pixel“ unterschiedlicher Größe. Will man hingegen eine Fläche messen, müsste man diese rastern, mehrere Messungen machen und diese dann nachher grafisch aufbereiten. Die elegantere (wenngleich deutlich teurere) Alternative ist die Wärmebildkamera (siehe Abb. 4.10). Da das Messprinzip dasselbe ist, gilt für Wärmebildkameras alles bereits für Pyrometer Gesagte. Zusätzlich ist folgendes zu beachten:  Auch für Wärmebilder ist je nach abzubildendem Material der korrekte Emissionswert einzustellen.

4.2 Wärmeenergie

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Abb. 4.10 Wärmebildkamera mit Bild von Radiator

 Vor der Aufnahme muss der richtige Bildausschnitt gewählt werden, auch hier sollte ein bestimmter Winkel zum Messobjekt eingehalten werden. Bei stumpfen Oberflächen ist der rechte Winkel sinnvoll, bei spiegelnden Oberflächen, etwa PV-Module, ist ein Winkel zwischen 5 und 60° sinnvoll.  Bei Kameras mit einstellbarer Schärfe muss richtig fokussiert werden. Unscharfe Bilder sind nachher nicht mehr zu retten.  Besonders bei Messungen mit krass abweichender Umgebungstemperatur (z. B. nachts unter freiem Himmel oder in der Nähe von Öfen) muss die reflektierte Umgebungstemperatur korrekt eingestellt werden, sonst ist das Wärmebild wertlos.  Geht es um rein qualitative Aufnahmen, also um die Ortung eines „hot spots“ oder eines „cold spots“, ohne dass es auf die exakte Temperatur ankommt, genügt es, die Wahl des Temperaturspektrums der Automatik der Kamera zu überlassen. Geht es dagegen um quantitative Aufnahmen, also darum, eine präzise Temperaturabstufung am Messobjekt zu bestimmen, sollte die Spreizung (span) und die mittlere Temperatur auf der Skala (level) manuell eingestellt werden.  Regen, Schnee und Nebel sind für Außenaufnahmen hinderlich. Manche Hersteller von Wärmebildkameras geben hilfreiche Informationen zum korrekten Gebrauch ihrer Geräte heraus.4 Wärmebilder werden in Falschfarben wiedergegeben, um warm und kalt zu unterscheiden. Manche Geräte bieten zusätzlich die Möglichkeit, gleichzeitig mit dem Wärmebild 4

Die Leitfäden „Wärmebildtechnikratgeber für industrielle Anwendungen“ und „ThermografieHandbuch für Bau-Anwendungen und erneuerbare Energien“ des Herstellers FLIR bieten kompakte Informationen zu diesem Thema.

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Messgeräte

ein „echtes“ Foto zu erstellen. Dieses kann dann mit dem Wärmebild überlagert werden, um genau zu erkennen, wo es warm oder kalt ist. Generell ist es sinnvoll, jedem Wärmebild ein echtes Foto aus derselben Perspektive gegenüberzustellen, um den genauen Messort und -winkel nachvollziehen zu können. Für die Unterscheidung der Temperaturen sind mehrere Farbpaletten üblich:  Blau (kalt) bis Rot (heiß) (Abb. 4.11)  Eisen, angelehnt an die Farben glühenden Eisens von Blau (kalt) über Gelb bis Weiß (heiß) (Abb. 4.12)  Grau, von Schwarz (kalt) bis Weiß (heiß) oder umgekehrt – bietet einen hohen Kontrast (Abb. 4.13)  Regenbogen von Blau (kalt) bis Rot (heiß) – intuitiv gut verständlich (Abb. 4.14)  Regenbogen von Violett (kalt) bis Dunkelrot (heiß) erlaubt viele Abstufungen (Abb. 4.15)  Regenbogen von Blau (kalt) bis Weiß (heiß) – hebt heiße Stellen besonders hervor (Abb. 4.16)  Sepia von Braun (kalt) bis Weiß (heiß) (Abb. 4.17)

Abb. 4.11 Farbpalette Blau-Rot

4.2 Wärmeenergie

Abb. 4.12 Farbpalette Eisen

Abb. 4.13 Farbpalette Grau

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Abb. 4.14 Farbpalette Kalt-Heiß

Abb. 4.15 Farbpalette Regenbogen

4

Messgeräte

4.2 Wärmeenergie

Abb. 4.16 Farbpalette Regenbogen mit Weiß

Abb. 4.17 Farbpalette Sepia

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4

Messgeräte

Abb. 4.18 Wärmebild: Schaltnetzteil links und Trafonetzteil rechts

Es gibt darüber hinaus noch weitere Farbpaletten, die je nach Anwendung sinnvoll sind, etwa um feuchte Stellen zu lokalisieren. Das Wärmebild in Abb. 4.18 zeigt zwei Netzteile mit einer Auflösung von 160 × 120 Pixeln. Das linke Netzteil ist ein modernes Schaltnetzteil mit geringer Verlustleistung. Es hat im Fadenkreuz eine Temperatur von 26,4 [°C]. Rechts dagegen sieht man ein altes Trafonetzteil förmlich „glühen“. Es ist in der Mitte 40 [°C] warm. Offenbar wird hier elektrische Energie sinnlos in Wärme umgewandelt. Das rechte Netzteil sollte deshalb gegen ein modernes getauscht werden.

4.3

Licht

Zur Messung der Intensität von Licht, einer Form der Strahlungsenergie, verwendet man Photometer oder Luxmeter (siehe Abb. 4.19). Photometer für den professionellen Bereich werden schnell sehr teuer (siehe Abb. 4.20). Das liegt daran, dass billige Geräte nur einen oder mehrere Ausschnitte des oben dargestellten Lichtspektrums zwischen Infrarot und Ultraviolett messen können. Bestimmte Leuchtmittel, etwa Leuchtstoffröhren oder LED erzeugen aber kein kontinuierliches Spektrum, sondern nur einzelne Ausschnitte daraus. Das menschliche Auge lässt sich davon täuschen und sieht „Weiß“, wo in Wirklichkeit nur Blau und Gelb oder Rot, Grün und Blau gemischt werden. Liegen die Peaks, beispielsweise Blau und Gelb einer LED, außerhalb des empfindlichen Messbereichs des Photometers, sind die Messwerte unbrauchbar. Vor der Messung ist also zu prüfen, ob das verwendete Messgerät überhaupt in der Lage ist, das Spektrum des zu messenden Leuchtmittels korrekt zu erfassen. Wie empfindlich das Messgerät auf welchen Teil des Spektrums reagiert, sollte in der Produktbeschreibung stehen. Für eine einfache Ermittlung der Helligkeit genügt meist ein Gerät der mittleren Preisklasse.

4.3 Licht

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Abb. 4.19 Luxmeter zur Helligkeitsmessung

Mit dem Photometer kann man messen, ob ein Bereich zu hell oder zu dunkel beleuchtet ist. Dabei sind die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung5 und der Berufsgenossenschaften einzuhalten. Während der Messung sollte ein möglichst großer Abstand zum Messgerät gehalten werden, denn schon die Farbe der Kleidung der messenden Person beeinflusst die Lichtmenge, die den Sensor trifft, erheblich. Geht es um die Ermittlung der Helligkeit von Kunstbeleuchtung, sollte kein Tageslicht die Messung verfälschen. Das ist in fensterlosen Räumen leicht, Räume mit Fenstern sollten abgedunkelt werden bzw. in der Nacht gemessen werden. Schließlich müssen die Grenzwerte auch an dunklen Wintertagen eingehalten werden. Kommt eine Erneuerung der Beleuchtungsanlage infrage, etwa weil die alte Anlage technisch überholt ist, sollte zunächst der Ist-Zustand gemessen und dokumentiert werden.

Abb. 4.20 Kontinuierliches Lichtspektrum von Infrarot bis Ultraviolett 5

ASR A3.4 Beleuchtung.

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4

Messgeräte

Dazu wird der Raum in Raster von z. B. 2 × 2 [m] eingeteilt und an den Knotenpunkten die Helligkeit ermittelt. Zusätzlich sollte an allen relevanten Orten, z. B. Arbeitsplätzen, gemessen und die Ergebnisse maßstabsgetreu in einem Grundriss der gemessenen Fläche – ebenfalls mit Raster – aufgezeichnet werden. Die Arbeitsstättenrichtlinie enthält präzise Vorgaben, wo und in welcher Höhe zu messen ist. Für die geplante neue Anlage sollte dann eine Beleuchtungssimulation am Computer erstellt werden. Ist in der Simulation alles soweit optimiert, dass alle Vorgaben hinsichtlich Helligkeit und Farbwiedergabe effizient eingehalten werden, kann die tatsächliche Umrüstung erfolgen. Danach sollte der neue Ist-Zustand gemessen werden, denn eine Simulation ist nur eine vereinfachte Abbildung der Realität. Beim Nachmessen zeigt sich, ob an einer Stelle die Lichtleistung reduziert werden kann, an anderer Stelle vielleicht mehr nötig ist, als geplant.

4.4 Druckluft Was uns an der Druckluft interessiert, sind – neben einem evtl. zu hohen Druck und ineffizienter Verwendung – vor allem Leckagen. Zum Aufspüren von Druckluftleckagen gibt es verschiedene Möglichkeiten, bei denen das Druckluftnetz jeweils unter Druck stehen muss. Die einfachste ist das Gehör, größere Lecks zischen deutlich vernehmbar. Dazu muss es in der Umgebung einigermaßen ruhig sein, deshalb bieten sich Wochenenden, Feiertage oder wenigstens der Feierabend zur Leckagesuche an. Kleine Leckagen hingegen sind mit bloßem Gehör kaum auffindbar. Zur Suche nach undichten Stellen im Druckluftnetz gibt es akustische Leckagesuchgeräte (siehe Abb. 4.21). Dazu zieht man einen Ohrhörer auf und fährt mit dem Messgerät langsam die Druckluftinstallation ab. Das Gerät filtert die empfangenen Geräusche und

Abb. 4.21 Druckluftleckagesuchgerät

4.5 Lüftungsmessgeräte

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Abb. 4.22 Druckluftleckagesuchspray

verstärkt nur das hochfrequente Pfeifen und Zischen entweichender Druckluft. Dies kann man dann im Kopfhörer als Rauschen wahrnehmen. Mit verschiedenen Aufsätzen kann eine Leckage erst grob, dann immer feiner lokalisiert werden. Ergänzend gibt es noch die Möglichkeit, ein Leckagesuchspray (siehe Abb. 4.22) zu verwenden. Es besteht im Wesentlichen aus Wasser, einem Schaumbildner und Additiven zum Korrosionsschutz. Ist ein Leck grob geortet, etwa an einer Kupplung, wird das Spray auf das Teil aufgesprüht. Dort, wo sich Bläschen bilden, ist die genaue Austrittsstelle. Für Hygienebereiche, etwa in der Nahrungsmittelproduktion, ist diese Methode ungeeignet. Im Umfeld spannungsführender Teile wie Schaltanlagen darf das wasserbasierte Spray auf keinen Fall genutzt werden.

4.5

Lüftungsmessgeräte

Um die Funktion raumlufttechnischer Anlagen messen zu können, gibt es Lüftungsmessgeräte. Diese messen die Strömungsgeschwindigkeit in Lüftungskanälen, den Differenzdruck vor und hinter Luftfiltern oder den Luftvolumenstrom an Auslässen und Ventilen. Die Strömungsgeschwindigkeit in Lüftungskanälen sollte innerhalb des Kanals möglichst homogen und nicht zu hoch sein, sonst erhöhen sich der Strömungswiderstand und die Geräuschemission. Der Differenzdruck an Filtern ist ein klarer Indikator für den Verschmutzungsgrad des Luftfilters, er sollte möglichst gering sein.

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4

Messgeräte

Der Luftvolumenstrom an Luftauslässen sollte genügen, um den erforderlichen Luftwechsel für den belüfteten Bereich sicherzustellen, andererseits steigen mit steigender Strömungsgeschwindigkeit die Geräuschbelastung und das Risiko von Zugluft.

4.6 Andere Energieformen Es gibt weitere Messgeräte für andere Energieformen, etwa für elektromagnetische Felder, Druck, Lautstärke, Radioaktivität usw., die aber für den Energiemanager im Regelfall nicht relevant sind.

5

Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse

5.1

Erfassung

Für sinnvolle Verbrauchserhebungen müssen wir auf Messdaten zurückgreifen. Dafür gibt es mehrere Quellen. Da wären zuerst die obligatorischen Zähler der Energieversorger. Sie messen mit gesetzlich geregelter Präzision, wie viel Energie in das betrachtete System (siehe Abschn. 5.4) hineinfließt, den Energiebezug. Infrage kommen etwa:       

Stromzähler des Energieversorgers; Wärmezähler des Energieversorgers (Fern- oder Nahwärme); Gaszähler des Energieversorgers; Lieferscheine für Heizöl, Flüssiggas, Holzpellets, Braunkohlenstaub usw.; Tankbelege oder Jahresabrechnungen für Treibstoffe; Anzahl bezogener Gasflaschen (z. B. für Gabelstapler); usw.

Diese Information ist interessant, denn es kann nicht mehr Energie verteilt werden, als überhaupt bezogen wurde (Energieerhaltungssatz). Aber auch nicht weniger. Sollte man im Laufe der Verbrauchserfassung bemerken, dass Energie ohne plausible Erklärung aus dem System „verschwindet“, ist dem nachzugehen. Ursachen für solchen „Schwund“ können unter anderem sein:      

unbekannte, vergessene oder nicht erfasste Verbraucher, Leckagen, mangelhafte Isolation, Kriech- und Fehlerströme, fehlerhafte Verkabelung, mitversorgte Untermieter,

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_5

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Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse

 defekte oder falsch betriebene Geräte,  Diebstahl. Insbesondere der letzte Punkt geschieht häufig unwissend oder in einer Grauzone aus Duldung ohne formelle Freigabe. Rein rechtlich ist bereits das Laden des privaten Mobiltelefons am Arbeitsplatz ohne Genehmigung durch den Arbeitgeber Stromdiebstahl, wenn auch in geringer Menge. Kommen täglich zehn Mitarbeiter mit dem Elektrofahrrad zur Arbeit und laden ihren Akku mit 250 [Wh] am Arbeitsplatz auf, macht das bei 220 Arbeitstagen bereits 550 [kWh], die erstmal in keiner Statistik auftauchen. Laptops speichern zwar nur ca. 40 [Wh], aber ihre schiere Anzahl hat beispielsweise mancher Hochschule die Stromrechnung empfindlich erhöht. Wir wissen also nun, wie viel Energie in das System fließt. Was wir bislang nicht wissen, ist, wohin die Energie geht, also die Energieverwendung. Hinter dem Bezugszähler gibt es keine grundsätzliche Verpflichtung mehr, den weiteren Energiefluss zu erfassen. Dennoch haben viele Unternehmen dauerhafte und fest eingebaute Zwischenzähler in der Verteilung, etwa einen Unterzähler für die Verwaltung, einen für die Werkstatt usw. So kann man feststellen, welcher Unternehmensteil wie viel verbraucht. Manchmal finden sich sogar fest eingebaute Messeinrichtungen für einzelne Geräte mit hohem Energieverbrauch, etwa an Dampfkesseln, Druckluftkompressoren usw. Alle festen Messeinrichtungen, auch solche vom Energieversorgungsunternehmen, sollten mindestens einmal monatlich abgelesen werden. Wöchentliche oder gar tägliche Ablesung erhöht zwar den Aufwand, verbessert aber die Qualität der Daten. Besteht eine Fernauslesemöglichkeit mit permanenter Datenerfassung, geht das natürlich einfacher. Messgerät und Messungen sollten genau erfasst werden. Dazu gehören zum einen die Stammdaten des Messgeräts, die sich in der Regel nicht oder nur selten ändern. Diese müssen denn auch nur einmal erfasst und von Zeit zu Zeit aktualisiert werden (z. B. Eichdaten). Die Aufzeichnungen sollten für jede Messeinrichtung folgende Stammdaten enthalten:  fortlaufende Nummer, die nur einmal vergeben wird (Primärschlüssel zur Identifikation);  präzise Ortsangabe, falls erforderlich aufgeschlüsselt nach Standort, Werk, Gebäude, Stockwerk, Raum/Halle usw.;  erfasstes Medium (Strom, Warmwasser, Kaltwasser, Gas, Dampf, Öl, . . . );  Hersteller und Type des Geräts;  technische Grenzen (Maximalleistung, Maximalspannung usw.);  Messgenauigkeit/Messtoleranz;  Bau- und Installationsjahr;  Zähler- oder Seriennummer;  bei Zählern vom Energieversorgungsunternehmen die Zählpunktbezeichnung;  letzte Beglaubigung/Eichung/Kalibrierung;  beglaubigt/geeicht/kalibriert bis;

5.1 Erfassung

81

 Verteilerstrang mit Haupt- und Unterverteilernummern;  eventuelle Multiplikatoren für den Zählerstand (Messwandler);  Kommentarfeld. Dann erst kommen die eigentlichen Messwerte (Bewegungsdaten), die sich bei jeder Ablesung ändern. Zusätzlich zu den Messwerten sollten Metadaten wie das Ablesedatum oder Hinweise auf besondere Ereignisse erfasst werden:    

Zählerstand, Maßeinheit (kW, kWh, m3 , MJ, Striche, . . . ), Ablesedatum, Kommentare.

Nun wäre es unverhältnismäßig und viel zu teuer, jeden noch so kleinen Verbraucher mit einem eigenen Messgerät auszustatten. Das wäre schon deshalb unsinnig, weil jedes neuere Messgerät einen Eigenverbrauch hat. Die weiter oben vorgestellten Messgeräte ermöglichen temporäre Messungen, mit denen jeder einzelne Energieverbraucher repräsentativ vermessen werden kann. Solange sich nichts am Betriebsmodus und am Verbraucher selbst ändert, ist nicht anzunehmen, dass sich am Messergebnis über die Zeit etwas ändern würde. Bei bauartgleichen Geräten genügt es, wenn ein repräsentatives Exemplar gemessen wird und die ermittelte Leistung auf alle gleichartigen Geräte hochgerechnet wird, soweit sich das Nutzungsprofil des Geräts nicht ändert. Um einen genaueren Überblick über die Energieverwendung zu bekommen, müssen alle Verbraucher bekannt sein und wenigstens jenseits einer gewissen Leistung einmal temporär gemessen werden. Anders lässt sich nicht sicher sagen, wohin die bezogene Energie geht und wozu sie verwendet wird. Die Zahl der erfassten Verbraucher wird erfahrungsgemäß schnell sehr groß, mehrere tausend Verbraucher sind keine Seltenheit. Darum sollten die Messergebnisse präzise und verwechslungssicher aufgezeichnet werden. Dazu empfiehlt sich die Verwendung einer Datenbank, einer Tabellenkalkulation oder einer Energiemanagementsoftware. Um die erhobenen Messdaten sauber zu dokumentieren, sollte ein Erfassungsbogen angelegt werden, der mindestens folgende Spalten enthält:  fortlaufende Nummer, die nur einmal vergeben wird (Primärschlüssel zur Identifikation);  präzise Ortsangabe, falls erforderlich aufgeschlüsselt nach Standort, Werk, Gebäude, Stockwerk, Raum/Halle/Arbeitsplatz usw.;  Hersteller, Type und Seriennummer des Geräts;  ggfs. Bau- und Installationsjahr;  Inventarnummer oder sonstige eindeutige Bezeichnung;  Art des Geräts (Lampe, Kompressor, Kopierer, Lüftung usw.);  Nutzenergieform des Geräts (s. u.);

82

       

5

Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse

Anzahl identischer Geräte vor Ort; Leistung eines einzelnen Geräts in [W] oder [kW]; ggfs. Phasenwinkel des Geräts (cos[']); Betriebszeit des Geräts in Stunden pro Tag oder pro Jahr; Betriebszeit des Geräts nach Uhrzeit von und bis; Verbrauch je Tag, Monat oder Jahr [kWh]; Fotonummer (wenn ein Bild des Verbrauchers existiert, dringend empfohlen); Kommentarfeld für Wartungszyklus, Stromversorgung, planmäßige Außerbetriebnahme usw.

Zur späteren Analyse, wofür die Energie verwendet wird, ist die Position „Nutzenergie“ aufgeführt. Als Nutzenergie kommen vor allem infrage: Prozesswärme, Raumwärme, Warmwasser, Prozesskälte, Raumkälte, Kaltwasser, Licht, Druckluft, Hydraulik, mechanische Antriebe (Motoren), Transport (Ameisen, Gabelstapler, Förderbänder etc.), Pumpen, Raumlufttechnik (RLT), EDV, Telekommunikation und ein Sammelposten für sonstige Kleinverbraucher (z. B. für Radiogeräte). Die erfassten Daten können dann ebenfalls in eine Datenbank, Tabellenkalkulation oder Energiemanagementsoftware übertragen und damit aufbereitet sowie gespeichert werden. Da bei temporären Messungen häufig Leistungen und keine Energiemengen erfasst werden, muss die gemessene Leistung noch mit der Betriebszeit multipliziert werden, um die bezogene Energiemenge zu berechnen. Aufwendig wird es, wenn ein Gerät mehrere Betriebszustände hat. Infrage kommen hier mindestens:  Aus (komplette Trennung vom Netz),  Schein-aus (Gerät scheint aus zu sein, da es kein Aktivitätszeichen von sich gibt, wacht aber durch einen Trigger auf, oft bei Druckern, die durch einen Druckbefehl „erwachen“);  Stand-by (Gerät ist betriebsbereit, wird häufig durch ein kleines Licht angezeigt);  Teillast (Gerät läuft, aber nicht auf voller Leistung);  Vollast (Gerät läuft). In diesem Fall muss die Leistung in jedem auftretenden Betriebszustand gemessen und mit der Zeit, in der dieser Betriebszustand auftritt, multipliziert werden. Für einen Laserdrucker kann das an einem repräsentativen Arbeitstag so aussehen: BetriebsLeistung zustand Druckbetrieb 1500 [W] Stand-by 10 [W] Schein-aus 1 [W] Summe:

Zeit Arbeit pro Tag pro Tag 0,5 [h] 750 [Wh] D 0,75 [kWh/d] 8,5 [h] 85 [Wh] D 0,085 [kWh/d] 15 [h] 15 [Wh] D 0,015 [kWh/d]

Für 220 Arbeitstage kämen damit 187 [kWh] zusammen.

Tage pro Jahr Arbeit pro Jahr 220 [d] 165 [kWh] 220 [d] 18,7 [kWh] 220 [d] 3,3 [kWh] 187 [kWh]

5.3 Darstellung

83

An den verbliebenen 145 Tagen (Wochenenden, Feiertage, Ferien) bleibt der Drucker 24 Stunden lang im Schein-aus, macht nochmal 3,48 [kWh]. Die gesamte Tabelle sieht dann so aus: BetriebsLeistung zustand Druckbetrieb 1500 [W] Stand-by 10 [W] Schein-aus 1 [W] Schein-aus 1 [W] Summe:

Zeit pro Tag 0,5 [h] 8,5 [h] 15 [h] 24 [h]

Arbeit pro Tag

Tage pro Jahr Arbeit pro Jahr 750 [Wh] D 0,75 [kWh/d] 220 [d] 165 [kWh] 85 [Wh] D 0,085 [kWh/d] 220 [d] 18,7 [kWh] 15 [Wh] D 0,015 [kWh/d] 220 [d] 3,3 [kWh] 24 [Wh] D 0,024 [kWh/d] 145 [d] 3,48 [kWh] 190,48 [kWh]

Insgesamt verbraucht der Drucker damit 190,48 [kWh] pro Jahr, bei 0,20 [ C/kWh] sind das gut 38 Euro.

5.2 Auswertung und Analyse Die Auswertung der manuell erfassten Geräte und Zählerstände kann mit Tabellenkalkulationsprogrammen zumindest teilweise automatisiert werden. Gute Beherrschung von Tabellenkalkulationssoftware ist in jedem Fall eine echte Arbeitserleichterung. Besonders folgende Funktionen sind hilfreich:  Farbliche Hervorhebung durch bedingte Formatierungen, um die größten Verbraucher auf einen Blick zu erkennen.  Sortierung von Daten nach bestimmten Kriterien, etwa nach der Leistung.  Automatische Filter, um beispielsweise alle Leuchtmittel mit einer Leistung von genau 18 Watt anzuzeigen.  Pivot-Tabellen, um Daten nach vorgegebenen Kriterien sortiert und aggregiert anzuzeigen, etwa den Summenverbrauch aller PCs in der Verwaltung.  Statistikfunktionen, um Mittelwerte, Abweichungen, Trends und Ausbrüche zu erkennen. I

Praxistipp Scheut man die Ausgabe für ein kommerzielles Officepaket, gibt es kostenlose Alternativen zum Standardprodukt Excel© , die im Funktionsumfang ebenbürtig sind, etwa das quelloffene und kostenlose LibreOffice Calc.1

5.3

Darstellung

Reine Zahlenkolonnen sind für den Menschen intuitiv schwer zu erfassen. Sinnvoller ist eine grafische Darstellung, um beispielsweise die wiederkehrende Schwingung des Heiz1

Siehe https://de.libreoffice.org/.

84

5

Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse

wärmebedarfs über das Jahr darzustellen. Überlagert man diese Kurven für mehrere Jahre, lassen sich Trends erkennen. Es gibt eine ganze Reihe Möglichkeiten, die gewonnenen Daten und deren Entwicklung grafisch aufzubereiten. Wichtig ist zu wissen, welche Diagrammform sich zur Veranschaulichung des Sachverhalts eignet. In diesem Abschnitt werden die für den Energiemanager wichtigsten Darstellungsformen kurz erläutert.

5.3.1 Kreisdiagramm Um Teile vom Ganzen darzustellen, sind Kreis- oder Tortendiagramme (siehe Abb. 5.1) am besten geeignet. Die ganze Torte entspricht 100 %, die Stücke dem jeweiligen Anteil am Ganzen. So kann man etwa den Stromverbrauch nach Abteilungen, Anlagen, Fertigungslinien o. ä. aufteilen und optisch ansprechend illustrieren. Wichtig ist, dass alle Tortenstücke dieselbe Einheit haben müssen, sonst ist das Tortendiagramm ungeeignet. Eine Torte aus einem Stück [kW], einem Stück [kWh] und einem Stück [kg] zusammenzusetzen ist also sinnlos.

Abb. 5.1 Kreisdiagramm zu Verbrauchsanteilen nach Verbrauchertyp

5.3 Darstellung

5.3.2

85

Säulen- und Balkendiagramme

Geht es darum, dasselbe Merkmal (z. B. Energieverbrauch) für mehrere (maximal ca. 15) ähnliche Sachverhalte (z. B. Standorte) zu illustrieren, eignen sich Säulen- und Balkendiagramme. Im Beispiel (Abb. 5.2) ist der Stromverbrauch für 10 Standorte eines Unternehmens als Säulendiagramm aufgetragen. Dasselbe Bild als Balkendiagramm: Abb. 5.3. Säulen-, Balken- und Liniendiagramme (s. u.) können missbraucht werden, um eine eigentlich kleine Variation optisch aufzublasen. Das Diagramm in Abb. 5.4 enthält exakt dieselben Daten wie das Säulendiagramm in Abb. 5.2, nur dass hier die x-Achse erst bei 16.000 [kWh] beginnt und nur bis 19.000 [kWh] geht. Lagen die Werte oben noch recht nahe beieinander, fragt man sich plötzlich, was im Werk Essen schief läuft, obwohl der Verbrauch in Wirklichkeit nur 14 % höher ist als der des Werks Hannover. Solche Manipulationen sind weit verbreitet, aber unseriös. Der Ursprung sollte immer bei null beginnen, sonst stimmen die Proportionen nicht mehr. Es existieren diverse Varianten der Säulen- und Balkendiagramme, darunter:  Gestapelte Säulen, etwa um den Stromverbrauch der einzelnen Werke nach Verbrauchertypen aufzuschlüsseln.  Prozentual gestapelte Säulen, dabei entspricht die ganze Säule immer 100 %. Dadurch sieht man auch bei unterschiedlich hohen absoluten Verbräuchen, wie sich der Verbrauch relativ unter den Verbrauchertypen aufteilt.  Gruppierte Säulen, um mehrere Merkmale für verschiedene Standorte in einem Diagramm darstellen zu können, etwa Energieverbrauch [kWh], Wasserverbrauch [m3 ] und Abfallmenge [kg].

Abb. 5.2 Säulendiagramm zur Veranschaulichung des Stromverbrauchs mehrerer Standorte

86

5

Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse

Abb. 5.3 Balkendiagramm zur Veranschaulichung des Stromverbrauchs mehrerer Standorte

Abb. 5.4 Säulendiagramm mit gekürzter x-Achse zur Verstärkung des Eindrucks

5.3.3 x-y- und Liniendiagramme Gibt es mehr als 15 Messwerte, ist die Darstellung im Säulendiagramm eher verwirrend. In Abb. 5.5 ist der Verlauf zweier verschiedener Größen, nämlich der Außentemperatur in [°C] (rechte y-Achse) und der Verlauf des Wärmebezugs in [kWh] (linke y-Achse) über die Zeit (x-Achse) als Liniendiagramm dargestellt. Man erkennt dabei das gegenläufige Verhalten – je höher die Außentemperatur, desto geringer der Wärmebedarf.

5.3 Darstellung

87

Abb. 5.5 Außentemperatur vs. Wärmebedarf im Liniendiagramm

Möchte man den Zusammenhang von Wärmebedarf und Außentemperatur analysieren, bietet sich ein x-y-Diagramm an (Abb. 5.6). Auf der x-Achse (Abszisse) wird die Außentemperatur abgetragen, auf der y-Achse (Ordinate) der Wärmebedarf. Dabei wird ein funktionaler Zusammenhang von Ursache und Wirkung unterstellt. Die Variable, die man als Ursache kennt oder vermutet, bezeichnet man als unabhängige Variable, das ist hier die Außentemperatur. Diese wird gewöhnlich auf der x-Achse abgetragen. Wir unterstellen aus Erfahrung, dass eine niedrigere Außentemperatur zu höherem Wärmebedarf

Abb. 5.6 Außentemperatur vs. Wärmebedarf im x-y-Diagramm

88

5

Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse

führt. Die Variable, die man als Wirkung kennt, bezeichnet man als abhängige Variable, hier der Wärmebedarf. Offenbar existiert ein Zusammenhang.2 Mit solchen Schaubildern ist aber Vorsicht geboten. Die Versuchung ist groß, zwei Größen, die gar nichts miteinander zu tun haben, in einen funktionalen Zusammenhang zu stellen, nur weil das Schaubild einen solchen Zusammenhang nahelegt. Die Statistik3 unterscheidet fein zwischen einer Korrelation und einer Kausalität: Eine Korrelation (Zusammenhang) bedeutet nur, dass eine Beziehung zwischen zwei oder mehr Variablen besteht, sagt aber nichts über deren Ursache. Beispiel: Je mehr unverheiratete Tanten man hat, umso mehr Milchzähne hat man. Das klingt zunächst absurd, stimmt aber. Der Grund liegt im Alter: Je jünger ein Mensch, desto eher hat er eine unverheiratete Tante. Und je jünger ein Mensch, desto mehr Milchzähne hat er noch. Beides hängt also vom Alter ab, es besteht eine Korrelation. Dennoch ist es Unsinn, hier einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zu konstruieren. Es gibt auch rein zufällige Korrelationen, die gar keinen sinnvollen Zusammenhang haben. So steigen die Ausgaben für Haustiere in den USA, gleichzeitig nimmt die Anzahl der Anwälte in Kalifornien zu.4 Trotzdem hat das nichts miteinander zu tun, es ist nur eine Scheinkorrelation. Eine Kausalität hingegen besagt: Eine Änderung von Größe A führt zu einer Änderung von Größe B. Beispiel: Wenn man schneller fährt, steigt der Verbrauch. Das ist tatsächlich so. Fährt man schneller, steigt vor allem der Luftwiderstand. Da das Fahrzeug nun mehr leisten muss, steigt der Leistungsbedarf, um den Luftwiderstand zu überwinden, was den Verbrauch erhöht. Eine Umkehrung der Kausalität ist indes nicht zulässig: Höherer Verbrauch führt nicht zwangsläufig zu höherer Geschwindigkeit, sondern kann auch aus vielen Stehphasen mit laufendem Motor resultieren.

5.3.4 Sankey-Diagramme In Abschn. 3.5 war ein Sankey-Diagramm für eine Glühlampe dargestellt. Diese Diagramme bieten die Möglichkeit, Energieflüsse zweidimensional abzubilden. Die Breite des Pfeils oder des Pfads zeigt die Leistung oder die Energiemenge an, sein Ursprung zeigt an, woher die Leistung oder Energie kommt und seine Richtung zeigt an, wohin sie geht. Grundsätzlich lässt sich der Inhalt von Sankey-Diagrammen auch tabellarisch darstellen, aber die intuitive Lesbarkeit des Sankey-Diagramms ist deutlich besser. Beispielhaft sei dargestellt, wie sich der Wärmeverlust auf ein Haus verteilt: 2

Die Funktion, die hinter dem Zusammenhang von Außentemperatur und Wärmebedarf steckt, bezeichnet man als Sigmoid- oder Schwanenhalsfunktion. 3 Vgl. Krämer, Walter: „So lügt man mit Statistik“, Piper. 4 Vgl. http://www.tylervigen.com/spurious-correlations.

5.3 Darstellung Verlust über . . . Dach Wände Erdreich Fenster

89 Energiemenge pro Jahr 4 000 [kWh] 3 500 [kWh] 800 [kWh] 2 700 [kWh]

Als Sankey-Diagramm: Abb. 5.7. Ein anderes Beispiel zeigt, wie sich der Energieverbrauch eines Betriebs aufteilen könnte (siehe Abb. 5.8). Dabei ist zu beachten, dass die Energie, die beispielsweise in die Beleuchtung geht, letztlich ebenfalls zur Erwärmung des Raumes beiträgt. Dies geschieht unmittelbar über die Abwärme der Leuchtmittel, aber auch das erzeugte Licht trifft irgendwann auf einen Gegenstand oder eine Wand und verwandelt sich dort in Wärme. Wird also auf eine effizientere Beleuchtung umgestellt, reduziert sich vermutlich der Stromverbrauch der Beleuchtung. Andererseits könnte der Gasbedarf etwas steigen, weil der Beitrag der Beleuchtung zur Raumwärme nun gesunken ist. Wird das Gebäude klimatisiert, kann man dagegen sogar neben der primären Einsparung aus der effizienteren Beleuchtung noch auf eine sekundäre Einsparung durch den verringerten Klimatisierungsbedarf hoffen. Dasselbe gilt für Antriebe, EDV oder sonstige Anwendungen. Die Abwärme, die ein Computer aus seinem Gehäuse lüftet, kommt im Winter der Raumwärme zugute, belastet aber im Sommer – falls vorhanden – die Klimaanlage.

Abb. 5.7 Wärmeverluste eines Hauses

90

5

Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse

Abb. 5.8 Möglicher Energiefluss in einem Unternehmen

I

5.4

Praxistipp Es gibt diverse Möglichkeiten, Sankey-Diagramme anzufertigen. Wer die Mühe nicht scheut, kann diese sehr aufwendig, dafür aber ganz nach Wunsch z. B. mit der Programmiersprache Python und der Bibliothek Matplotlib erzeugen. Weniger programmierfreudigen Anwendern stehen mehrere Alternativen zur Verfügung. Unter den kostenpflichtigen Produkten sei e!Sankey genannt, das Daten direkt aus Tabellenkalkulationsprogrammen verarbeiten kann. Kostenlos ist etwa das browserbasierte Programm SankeyMATIC,5 das eine recht einfache Syntax hat und viele Einstellungsmöglichkeiten bietet. Es wurde auch für die vorhergehenden Diagramme verwendet.

Systemgrenze

Bevor wir Energieverbräuche erheben und analysieren, müssen wir noch die System- oder Bilanzgrenze definieren. Damit legen wir fest, welche Energieflüsse wir als „innerhalb des Systems“ ansehen und welche „außerhalb des Systems“ stattfinden. Vor allem aber, welche Energieflüsse von außen in das System oder aus dem System heraus stattfinden. Die Bilanzgrenze kann in mehreren Dimensionen definiert werden, darunter:  Räumlich Beispielsweise kann die Bilanzgrenze ein Gerät, ein Raum, ein Gebäude, ein Firmengrundstück, aber auch die ganze Erde sein. Geht es etwa darum, einen möglichst sparsamen PC zu konfigurieren, ist die räumliche Bilanzgrenze der PC. Je größer der 5

Siehe http://sankeymatic.com/.

5.4 Systemgrenze

91

betrachtete Raum, umso höher der Aufwand. Im betrieblichen Umfeld ist es üblich, das Firmengrundstück als Bilanzgrenze zu ziehen.  Zeitlich Insbesondere die weiter unten behandelten Managementsysteme verlangen nach einem regelmäßigen Intervall. Üblich ist hier ein Jahr, vorzugsweise vom 01.01. des Jahres 0:00 Uhr bis zum 31.12. desselben Jahres um 24:00 Uhr. Aber auch andere zeitliche Intervalle sind möglich, etwa bei Saisonbetrieben.  Sachlich Selbst wenn räumlich das Betriebsgelände als Systemgrenze angelegt ist, muss nicht zwingend alles, was sich darauf befindet, energetisch einbezogen werden. Es ist durchaus möglich, sich sachlich nur auf „elektrische Verbraucher“ oder nur auf „thermische Verbraucher“, die Gebäudehülle oder die EDV zu beschränken.  Eigentum Denkbar ist eine juristische Differenzierung nach Eigentum und Besitz/Nutzung. Das führt zum klassischen „Eigentümer-Nutzer-Problem“: Der Vermieter einer Immobilie entscheidet als Eigentümer darüber, welche Heizung eingebaut wird. Wie viel diese verbraucht, braucht ihn nicht zu interessieren. Als rationaler Entscheider wird er sich für ein eher preiswertes, dafür aber nicht so effizientes Modell entscheiden. Der Mieter als Nutzer hingegen ist zwar nicht direkt an den Kosten für die Anschaffung der Heizung beteiligt, muss aber nachher den Brennstoff bezahlen. Er hätte verständlicherweise Interesse an einer möglichst sparsamen Heizung, sogar wenn diese in der Anschaffung teurer ist. Im Kontext der Systemgrenze kann dies folgendes bedeuten: Wurde eine Immobilie mit fest eingebauten Leuchten vermietet, die der Vermieter auch wartet, könnte man diese aus dem betrachteten System ausschließen. Schließlich hat der Mieter sowieso keinen Einfluss darauf. Er könnte allenfalls die Nutzung einschränken. Ein anderer Ausweg wäre, dass der Mieter in Absprache mit dem Vermieter die vorhandenen Leuchten ausbaut, eigene einbaut, und zum Ende der Miete die Leuchten des Vermieters wieder einbaut. Dann gehören die Leuchten natürlich in das System. Welche Bilanzgrenze wann sinnvoll ist, muss von Fall zu Fall entschieden werden und hängt wesentlich davon ab, was die Zielsetzung ist. Soll eine Werkshalle mit allem was darin ist erneuert werden, geht es um ein Audit nach DIN EN 16247-1 oder soll eine „Dust-to-Dust“-Betrachtung6 für ein Produkt gemacht werden? Immer wieder strittig ist die Frage, ob die externe Logistik eines Unternehmens (Rohstoffanlieferung, Warenauslieferung) innerhalb der Bilanzgrenze liegt. Als pragmatische Lösung erscheint es, diejenigen Teile der Logistik, die das Unternehmen selbst beeinflussen kann, zu bilanzieren, etwa firmeneigene PKW und LKW, und diejenigen Teile der Logistik, auf die man keinen Einfluss hat, nicht zu bilanzieren, also externe Speditionen, öffentliche Verkehrsmittel, Lieferantenfahrzeuge usw. Das ist jedoch eine willkürliche Festlegung, keine Regel. 6

Energiebilanz vom Rohstoffabbau über Produktion, Nutzung bis zur Entsorgung.

92

5

Messdatenerfassung, -darstellung und -analyse

Eine mögliche Bilanzgrenze könnte so lauten: „Für das Jahr 2018 werden alle Verbraucher von Kraftstoffen, thermischer oder elektrischer Energie erfasst, mit Ausnahme des Stroms, der vom Untermieterbetrieb bezogen wird, da man auf dessen Stromverbrauch keinen Einfluss hat.“ Das heißt:  Räumlich: das ganze Betriebsgelände außer dem untervermieteten Teil  Zeitlich: das gesamte Jahr 2018  Sachlich: alle Verbraucher von Kraftstoffen (Logistik), thermischer und elektrischer Energie, außer dem, was an den Untervermieter weiterverkauft wird Die Abgrenzung des Systems sollte sorgfältig erfolgen, es ist genau zu planen, was einbezogen wird und was nicht. Die Summe der Energiezuflüsse muss gleich der Summe der Energieabflüsse sein (Energieerhaltungssatz). Die Gegenüberstellung aller Energiezu- und -abflüsse nennt man Energiebilanz. Grundsätzlich muss am Ende der Bemühungen die Energiebilanz – wie alle Bilanzen – gerade hängen. Es darf nicht mehr Energie in das System hineinfließen, als heraus oder umgekehrt. Abb. 5.9 verdeutlicht das. Betrachten wir die Energiebilanz eines Elektrostahlwerks.  Da wäre zunächst die Energie Ezu , die mit den Energieträgern Strom (für den Elektroofen) sowie evtl. Gas für Schneidbrenner in das System importiert wird, um Stahl zu schmelzen.

Abb. 5.9 Sankey-Diagramm mit Systemgrenze

Weiterführende Literatur

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 Zusätzlich bekommt unser Werk bereits geschmolzenen Stahl von einem anderen Stahlwerk angeliefert. Damit wird weitere Energie, die im flüssigen Metall steckt, in das System importiert: Eprod. zu .  Die meiste Energie wird am Ende in Form von Wärme gewünscht oder ungewünscht das System verlassen, Eab . Das ist die erwärmte Luft, die das Werk verlässt und jede Menge Wasserdampf, der bei der Kühlung der Brammen entsteht.  Möglicherweise geht auch mit den Fertigprodukten Energie Eprod. ab aus dem System, in unserem Fall könnten noch heiße Stahlbrammen an ein Walzwerk geliefert werden.  Im Idealfall bleibt kein Rest E, nämlich dann, wenn jeder Energiestrom korrekt erfasst wird. In der Praxis geht die Bilanz meist nicht ganz auf, eine Folge von Messfehlern, falschen Brennwertangaben, Rundungen, energetischen Lecks (gekipptes Fenster) und anderen Effekten. E dient dazu, die Energiebilanz gerade zu halten, sollte aber möglichst klein sein. Offensichtlich muss für eine gerade Energiebilanz gelten: Summe der Zuflüsse gleich Summe der Abflüsse, also: Ezu C Eproduktzu D Eab C Eproduktab C E:

5.5

Lernkontrolle zur Darstellung

Frage(n)

 Ein PC habe fünf Betriebszustände. An 220 Arbeitstagen im Jahr gilt: Sechs Stunden täglich wird er für eine CAD-Anwendung genutzt, die Leistungsaufnahme beträgt 120 [W]. Zwei Stunden täglich läuft er praktisch ungenutzt und nimmt 50 [W] auf. Nachts wird er in den Ruhemodus versetzt und zieht 3 [W]. An 145 Tagen ist er ausgeschaltet, aber nicht vom Netz getrennt und nimmt deshalb im Stand-by 1 [W] auf. Wie hoch ist der Jahresstromverbrauch dieses PC?  Versuchen Sie, ein einfaches Sankey-Diagramm von Hand zu zeichnen.

Weiterführende Literatur Hey, Barbara „Präsentieren in Wissenschaft und Forschung“, Springer Rönz, Bernd / Strohe Hans G. „Lexikon Statistik“, Gabler

6

Querschnittstechnologien

In diesem Kapitel werden die wichtigsten Querschnittstechnologien und ihre größten Einsparungspotenziale beschrieben.

6.1

Beleuchtung

Die Evolution der Beleuchtung beginnt nicht erst mit dem elektrischen Licht. Ein Teelicht hat eine Leistung von ca. 40 [W], wie sich aus dem Heizwert von Paraffinwachs, dem Gewicht des Wachskörpers und der Brenndauer ermitteln lässt.1 Die Lichtausbeute ist mit 0,1 [lm/W] sehr gering (ca. 0,04 % Wirkungsgrad). Die Öllampe verdoppelte die Effizienz auf immerhin 0,2 [lm/W]. Großflächige Beleuchtung wurde erst mit dem elektrischen Licht möglich. Eine 100 [W]-Glühlampe bringt es auf 13,8 [lm/W]. Dieser geringe Wirkungsgrad resultiert aus der Art, wie die Glühlampe Licht erzeugt. Sie ist ein Temperaturstrahler, d. h. der Glühdraht wird durch den Strom so stark erhitzt, dass er hellgelb glüht. Dabei erzeugt er vor allem Wärme und unsichtbare Infrarotstrahlung (95 %) und nur wenig sichtbares Licht (5 %). Der Glühdraht verdampft mit der Zeit und das Metall schlägt sich als dunkler Belag im Glaskolben nieder, was die Lichtausbeute weiter verringert. Nach einiger Zeit brennt der Glühdraht an einer Stelle durch, der Stromfluss ist unterbrochen, die Glühlampe ist defekt. Glühlampen reagieren empfindlich auf die Betriebsspannung. Erhöht man die Spannung um 20 %, verdoppelt sich zwar die Helligkeit, die Lebensdauer sinkt aber um 95 %. Die typische Lebensdauer einer Glühlampe liegt bis heute bei ca. 1000 Stunden, was nicht technisch bedingt ist, sondern vom sog. Phoebuskartell 1924 so festgelegt wurde. Etwas effizienter sind Halogenlampen, bei denen der Glaskolben um den Glühdraht geringe Mengen eines Halogens enthält. Dieses Halogen (z. B. Jod) sorgt dafür, dass 1

Formel: 13 [g]  45 [kJ/g] D 585 [kJ]; 585 [kJ] / (4  3600 [s]) D 40,6 [W].

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_6

95

96

6

Querschnittstechnologien

Abb. 6.1 Wärmebild einer Leuchtstoffröhre mit KVG (Mitte der Halterung) nach kurzer Betriebszeit

der Metalldampf, der sich auf dem Glaskolben niederschlägt, zumindest teilweise wieder dem Glühdraht zugeführt wird. Man kann deshalb den Betriebsstrom – und damit die Lichtausbeute – erhöhen, ohne die Lebensdauer der Lampe zu sehr zu verkürzen. Die Lichtausbeute steigt dabei auf ca. 17 [lm/W] für eine 77 [W]-Halogenglühlampe, die in der Helligkeit einer 100 [W]-Glühlampe vergleichbar ist. Halogenglühlampen halten ca. 2000 Betriebsstunden. Eine andere Methode der Lichterzeugung nutzen Leuchtstoffröhren, umgangssprachlich auch oft fälschlich als Neonröhre bezeichnet. Hier wird eine geringe Menge Quecksilber elektrisch angeregt und strahlt vor allem kurzwelliges Licht im violetten und ultravioletten Bereich ab, das man so nicht nutzen könnte. Auf der Innenseite der Leuchtstoffröhren befinden sich deshalb Leuchtstoffe, die das ultraviolette Licht in gelb und blau oder in rot, grün und blau umwandeln und damit nutzbar machen. Leuchtstoffröhren haben eine Lichtausbeute von 50–80 [lm/W] (Abb. 6.1). Einen erheblichen Einfluss auf die Effizienz von Leuchtstoffröhren hat die Wahl des Vorschaltgeräts, das als Strombegrenzer vor die Röhre geschaltet wird. Alte Leuchtstoffleuchten enthalten einen mechanischen Starter und eine einfache Kupferdrossel, ein sogenanntes „konventionelles Vorschaltgerät“, KVG. Diese Lampen erkennt man daran, dass sie nach dem Einschalten unter Umständen mehrere Sekunden benötigen, bis sie brennen, bei niedrigen Temperaturen oft mehrere Startversuche benötigen, flimmern und gelegentlich brummen. Die Drossel fungiert als Widerstand und erhöht den Stromverbrauch um ca. 10–20 %. Eine 58 [W]-Leuchtstoffröhre nimmt damit bis zu 70 [W] Leistung auf. Solche Vorschaltgeräte sind in der EU nicht mehr für den Verkauf zugelassen. Leuchtstoffröhren mit KVG reagieren empfindlich auf das Einschalten, es galt die Faustformel „Jeder Start kostet eine Stunde Betriebszeit“. Heute gibt es „elektronische Vorschaltgeräte“, EVG, die auch gleich das Starten übernehmen. Sie erhöhen den Verbrauch um weniger als 10 %. Man erkennt sie daran, dass die Röhre auch bei niedrigen Temperaturen schnell und sicher zündet, nicht flimmert und

6.1 Beleuchtung

97

beim Betrieb nicht brummt. Schaltvorgänge wirken sich nicht mehr ganz so stark auf die Lebensdauer der Lampen aus, zumindest, wenn diese eine Warmstartfunktion besitzen. Leuchtstoffröhren halten bis zu 25.000 Stunden, spezielle Varianten noch deutlich länger. Die sogenannten „Energiesparlampen“ (Kompaktleuchtstofflampen) sind nichts anderes als zusammengefaltete Leuchtstoffröhren mit EVG im Sockel. Sie erreichen bei wenigen Schaltvorgängen Betriebsdauern von 15.000 Stunden. Je nachdem, unter welchem Druck der Quecksilberdampf in der Lampe steht und welche sonstigen Stoffe sich in ihr befinden, können Quecksilberdampflampen auch direkt nutzbares Licht erzeugen. Man erkennt sie daran, dass sie nach dem Zünden erst schwach grünlich leuchten, dann mit der Zeit ein starkes blaustichiges Licht entwickeln. In großen Hallen waren lange Pendelleuchten mit 400 [W]-Quecksilberdampflampen (HQI) typisch. Diese enthalten neben dem Quecksilber noch Xenon oder Neon. Bei pfleglichem Umgang halten diese 30.000 Stunden. Leuchtstoffröhren, Kompaktleuchtstofflampen und Quecksilberdampflampen enthalten in den Glaskolben giftiges Quecksilber oder Quecksilberamalgam. Sie müssen fachgerecht entsorgt werden und sollten nicht beschädigt werden, damit kein Quecksilber austritt. Aus der Straßenbeleuchtung sind Natriumdampflampen bekannt, die ein monochromatisch gelbes Licht erzeugen. Es gibt auch noch andere Formen von Metalldampflampen. Man findet sie häufig in Supermärkten mit rotem Farbstich (Fleischtheke) oder gelbem Farbstich (Käsetheke). Die modernste Form der Lichterzeugung geschieht mittels eines Halbleiters, einer „Licht emittierenden Diode“, kurz LED. Leuchtdioden sind inzwischen sehr effizient und langlebig. Die Lichtfarbe kann nahezu frei variieren, die Farbwiedergabe ist gut, die volle Helligkeit steht auch bei niedrigen Betriebstemperaturen nach weniger als einer Sekunde zur Verfügung. Bezüglich der Haltbarkeit existieren kaum gesicherte Erkenntnisse, weil neue Technologien schneller auf den Markt kommen als getestet werden kann. Die Angaben der Hersteller variieren meist zwischen 5000 und 50.000 [h]. I

Praxistipp Bei neuen Leuchten sollte darauf geachtet werden, dass man LEDLeuchtmittel oder -Module austauschen kann. Anderenfalls muss bei jedem defekten Leuchtmodul die ganze Leuchte entsorgt werden.

Die wichtigsten Parameter einer Beleuchtungsanlage sind:       

Leistungsaufnahme P [W] Lichtstrom ˚ [lm] Beleuchtungsstärke E [lx] Lichtfarbe T [K] Farbwiedergabeindex Ra Lichtausbeute  [lm/W] Lebensdauer [h]

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6

Querschnittstechnologien

Die Leistungsaufnahme P gibt an, welche Leistung das Leuchtmittel in Watt aufnimmt. Sie ist auf der Verpackung und auf dem Leuchtmittel selbst angegeben. Ist bei einer Leuchte die maximale Leistung eines Leuchtmittels vorgegeben, z. B. 60 Watt, so ist diese Vorgabe als Maximalwert für die Leistungsaufnahme anzusehen, der aber unterschritten werden darf. Ein technisch vergleichbares Leuchtmittel mit größerer Leistungsaufnahme gibt mehr Wärme ab und kann zu Schäden führen. Der Lichtstrom ˚ gibt in Lumen an,2 wie viel Licht die Lichtquelle abgibt. Eine 100 [W]-Glühlampe gibt etwa 1300–1400 [lm] ab. Soll ein Leuchtmittel durch ein anderes, gleich starkes ersetzt werden, sind die Lumen das relevante Vergleichskriterium. Sie sagen aber nichts darüber aus, welches Licht die Lichtquelle abgibt. Die Beleuchtungsstärke oder Lichtstromdichte E wird in Lux angegeben und besagt, wie viel Licht in Lumen auf eine ebene Fläche von einem Quadratmeter fällt:  Œlx D

 lm : m2

An einem sonnigen Tag mit wolkenlosem Himmel kann die Beleuchtungsstärke über 100.000 [lx] erreichen. Beispielhaft seien einige Vorgaben zur Mindestbeleuchtung3 aufgeführt, die einzuhalten sind: Ort Lagerräume, Verkehrszonen in Abstellräumen Pausenräume, Flure, Verkehrswege Treppen Sanitärräume Werkzeugmaschinen Büro Technisches Zeichnen, Feinmechanik, Druckerei Uhrmacherwerkstatt, Elektronikwerkstatt Stahl- und Kupferstich

Mindestbeleuchtungsstärke in Lux D Lumen/[m2 ] 50 [lx] 100 [lx] 150 [lx] 200 [lx] 300 [lx] 500 [lx] 1000 [lx] 1500 [lx] 2000 [lx]

Besonders für Reflektorlampen wird die Lichtstärke dagegen in Candela [cd] angegeben. Die Ermittlung ist ähnlich der Beleuchtungsstärke, nur dass man sich nicht auf die Fläche, sondern auf den Raumwinkel bezieht. Die Definition lautet:   lm ; Œcd D sr „sr“ steht für Steradiant. 2 3

Großes Phi, sprich „Fi“. Vgl. DIN EN 12464-1 und Arbeitsstättenrichtlinie ASR A3.4 und ASR A1.6.

6.1 Beleuchtung

99

Abb. 6.2 Illustration des Raumwinkels

Hintergrundinformation (siehe Abb. 6.2) Angenommen, man säße in einer Kugel mit exakt einem Meter Radius (also zwei Meter Durchmesser). Nun blickt man aus dem Mittelpunkt der Kugel von innen auf die Hülle der Kugel. Wenn man dort exakt einen kreisrunden Kugelausschnitt4 von 1 m2 sehen kann, beträgt der Öffnungswinkel: 1 Œm2  .Oberfläche/ D 1 Œsr, das entspricht einem Winkel von etwa 65,54°. 1 Œm .Radius/ Eine Reflektorlampe habe einen Öffnungswinkel von 65° ( 1 sr) und bringe 1300 Lumen, dann beträgt die Lichtstärke 1300 [lm] / 1 [sr] D 1300 [cd].

Die Lichtfarbe T in Kelvin gibt an, wie heiß man einen schwarzen Metallblock machen müsste, damit er in der Farbe erstrahlt, die das Licht hat. Man kennt das Bild von glühendem Eisen, das erst dunkelrot, dann rot, orange, gelb und schließlich fast weiß leuchtet. Handelsüblich sind folgende Lichtfarben: Farbe

Farbtemperatur [K] Extra Warmweiß 2500 Kelvin Warmweiß „ww“ < 3300 Kelvin Neutralweiß „nw“ (auch Universalweiß) 3300–5000 Kelvin Kaltweiß, Tageslichtweiß > 5000 Kelvin

Beschreibung Ist stark gelbstichig und imitiert das Licht schwacher Glühlampen. Kann unangenehm gelb wirken Typisch sind 2700 Kelvin. Glühlampenlicht hat diese Farbe. Wirkt angenehm und behaglich, ist daher eher für Wohlfühlorte geeignet (Wohnzimmer, Schlafzimmer) Besonders 4000 Kelvin sind weit verbreitet zur Bürobeleuchtung und dort, wo neutrales, sachliches Licht benötigt wird Wirkt anregend, aber kalt und ungemütlich. Häufig dort, wo Tageslichteinfall vorgetäuscht werden soll. Im Haushaltsbereich ungeeignet

Der allgemeine Farbwiedergabeindex Ra (engl. Colour Rendering Index, CRI) gibt an, inwieweit eine Palette von 14 Farben korrekt wiedergegeben wird. Sonnen- und Glühlampenlicht haben ein kontinuierliches Spektrum und geben alle Farben korrekt wieder (Ra D 100). Leuchtstoffröhren schaffen meistens 80–90, besonders gute Leuchtstoffröhren für 4

„Kugelkalotte“.

100

6

Querschnittstechnologien

den Einsatz in Druckereien oder in der Lackkontrolle bringen Werte bis knapp unter 100. Gute LED schaffen inzwischen Werte über 95. Auf den Verpackungen von Leuchtmitteln findet man einen Farbcode, z. B. 827 oder 840 oder 965. Dieser Code ist zusammengesetzt aus dem allgemeinen Farbwiedergabeindex und der Lichtfarbe. Die am häufigsten anzutreffende Kennzeichnung bei Leuchtmitteln für den Heimbereich ist 827. Das bedeutet: Farbwiedergabeindex>80

827 D

‚…„ƒ 8



27 „ƒ‚…

:

Lichtfarbe 2700 ŒK

Eine 965er-Lichtquelle hat folglich einen Farbwiedergabeindex > 90 und eine Lichtfarbe von 6500 Kelvin. Die Lichtausbeute  in Lumen pro Watt entspricht dem Wirkungsgrad, der weiter oben erklärt wurde. Je höher die Lichtausbeute, desto mehr Energie wird in nutzbares Licht umgewandelt. Sie reicht von ca. 10 [lm/W] bei einfachen Glühlampen bis 140 [lm/W] bei den besten LED-Leuchtmitteln, die es aktuell (Stand 2018) gibt. Mehr als 250 [lm/W] sind für weißes Licht nicht möglich. Die technische Lebensdauer der Leuchtmittel wird in Stunden angegeben und hat erheblichen Einfluss auf den späteren Wartungsbedarf eines Beleuchtungssystems. Hielten Glühlampen nur ca. 1000 [h], Halogenlampen etwa 2000 [h] und Leuchtstoffröhren bis 15.000 [h], halten heutige Lichtsysteme bis zu 50.000 [h]. Spezialleuchtmittel für Tunnelbeleuchtung erreichen gar bis zu 100.000 [h]. Die technische Lebensdauer ist die Zeit, die vergeht, bis aus einer größeren Probe von Leuchtmitteln die Hälfte ausgefallen ist. Sie ist nur ein statistischer Mittelwert, ein Anhaltspunkt. Im Einzelfall kann ein Leuchtmittel also schon deutlich früher oder viel später kaputt gehen. Die technische Lebensdauer sagt nichts über die wirtschaftliche Lebensdauer aus. Leuchtstoffröhren werden mit der Zeit schwächer und ihr Licht wird rotstichig. Sie funktionieren dann zwar technisch noch, aber die wirtschaftliche Lebensdauer geht zu Ende. So kann zum Erhalt der erforderlichen Beleuchtungsstärke ein Austausch der Leuchtmittel nötig werden, obwohl diese noch Licht abgeben.

6.1.1 Übersicht Die folgenden Werte verstehen sich nicht als technische Daten eines speziellen Produkts, sondern als ungefähre Anhaltspunkte zur Orientierung.

10.000– 30.000 [h] 10.000 [h] 15.000– 50.000 [h]

Natriumdampf- 50–1000 [W] > 120 [lm/W] hochdrucklampe

70–100 [lm/W]

80–> 135 [lm/W]

Halogenmetalldampflampe LED

250– 1000 [W] < 1–30 [W]

10.000 [h]

160–500 [W] 25–30 [lm/W]

5.000– 15.000 [h]

Quecksilberdampflampe

60–80 [lm/W]

3–80 [W]

15.000– 100.000 [h]

Energiesparlampe, ESL

Bis 80 [lm/W]

~ 2.000 [h]

< 1–2000 [W] 10–20 [lm/W]

4–80 [W]

Lebensdauer ~ 1000 [h]

Leistung Lichtausbeute < 1–1000 [W] < 10–< 20 [lm/W]

Leuchtstoffröhre

Leuchtmittel Glühlampe (Allgebrauchsglühlampe, AGL) Halogenglühlampe

3000–5000 [K]

Ra D 50– > 90

2000–8000 [K]

2000 [K]

Ra  25

Ra 80–95

> 4000 [K]

2500–6500 [K]

2700–8000 [K]

Ra = 40–50

Ra > 80, spezielle > 90

Ra > 80, spezielle > 90

Ineffizient, viel Abwärme, angenehmes Licht, geringe Anschaffungskosten, kurze Lebensdauer Brauchbares Licht, geringe Anschaffungskosten, Aufwärmzeit, lange Lebensdauer, enthält Quecksilber Brauchbares Licht, geringe Anschaffungskosten, lange Aufwärmzeit, lange Lebensdauer, Schaltzyklen je nach Typ begrenzt, enthält Quecksilber Schlechte Farbwiedergabe, geringe Anschaffungskosten, lange Aufwärmzeit, lange Lebensdauer, Schaltzyklen begrenzt, enthält Quecksilber Sehr effizient, schlechte Farbwiedergabe, lange Aufwärmzeit, sehr lange Lebensdauer lange Aufwärmzeit, Schaltzyklen begrenzt, enthält meist Quecksilber Gutes bis sehr gutes Licht, sofort voller Lichtstrom, quecksilberfrei, meist über 200.000 Schaltzyklen, lange Lebensdauer, recht erschütterungsfest

Ra D 100 2800 [K]

Kommentar Ineffizient, viel Abwärme, angenehmes Licht, geringe Anschaffungskosten, sehr kurze Lebensdauer

Farbwiedergabe Lichtfarbe Ra D 100 2700 [K]

6.1 Beleuchtung 101

102

6

Querschnittstechnologien

Ein Austausch von Leuchtmitteln sollte wie folgt geplant werden:  Zunächst ist zu ermitteln, welche Beleuchtungsstärke für den jeweiligen Bereich mindestens erforderlich ist. Die Ist-Beleuchtungsstärke sollte mit einem Luxmeter ermittelt werden. Die einschlägigen Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung sind zu beachten.  Weiter sollte erhoben werden, ob das Licht sinnvollerweise an einen Präsenzmelder gekoppelt werden kann. Dieser „Bewegungsmelder“ schaltet das Licht für eine vorher festgelegte Zeit ein, sobald Bewegung im überwachten Bereich herrscht. In Büros kann dies je nach Empfindlichkeit des Präsenzmelders dazu führen, dass das Licht abgeschaltet wird, wenn alle anwesenden Personen still sitzen und lesen oder tippen.  In Räumen mit Tageslichteinfall ist zu prüfen, ob eine Helligkeitssteuerung sinnvoll ist. Diese funktioniert nur in Verbindung mit dimmbaren Leuchten und regelt die Helligkeit des Kunstlichts abhängig vom sonstigen Lichteinfall solange nach, bis eine bestimmte Helligkeit erreicht ist.  Wenn die bisherige Beleuchtungssituation zufriedenstellend war, genügt es oft, per „Retrofit“ alte Leuchtmittel gegen neue, z. B. LED, auszutauschen.  Ist die bisherige Lichtsituation hingegen unbefriedigend oder gar zu schwach, sollte eine Lichtplanung mit einem Fachbetrieb durchgeführt werden. Dieser kann anhand eines 3D-Modells am Computer für verschiedene Lichtsysteme simulieren, wie sich die Helligkeitsverteilung ändert, wie viele Brennstellen erforderlich sind usw. Spezielle Anforderungen an Lichtquellen bezüglich Farbwiedergabe, Blendfreiheit, Lebensdauer und Wartungsintervall sind zu vereinbaren. Dabei sollte auch geklärt werden, ob der ganze Raum gleichmäßig erhellt werden muss oder ob es genügt, einzelne Arbeitsplätze punktuell zu erhellen. I

Praxistipp Die Leuchtmittel und Reflektoren jährlich zu reinigen, kann die Lichtausbeute deutlich erhöhen. Nach einigen Jahren kann mehr als die Hälfte des ursprünglich erzeugten Lichts in der Schmutzschicht um Leuchtmittel und/oder Reflektoren verloren gehen.

6.1.2 Checkliste Beleuchtung ✔ Entspricht die Lichtsituation den gesetzlichen und sonstigen Vorgaben (gemessen)? ✔ Kann natürliches Licht ungehindert einfallen (Fenster und Oberlichter sind sauber, kein Bewuchs, keine defekten Rollläden oder Jalousien, keine überflüssigen Vorhänge, Fenster nicht beklebt)? ✔ Werden ausreichend mit Tageslicht versorgte Bereiche nicht zusätzlich künstlich beleuchtet (Helligkeitssteuerung)? ✔ Ist das Licht außerhalb der Betriebs- oder Nutzungszeit ausgeschaltet? Ggfs. Präsenzmelder einbauen.

6.2 Druckluft

103

✔ Kann das Licht abhängig vom Kunstlichtbedarf in Gruppen geschaltet werden, z. B. 1/3, 2/3, 3/3? ✔ Existiert allgemein eine präsenz-, zeit- und/oder helligkeitsgesteuerte Anpassung der Beleuchtungsstärke an den Bedarf? ✔ Haben die Leuchten Reflektoren und sind diese Reflektoren sauber? ✔ Sind die Schutzwannen von Wannenleuchten sauber, intakt und nicht vergilbt? ✔ Sind Arbeitsplätze mit hohem Lichtbedarf punktuell beleuchtet? ✔ Ist die Beleuchtung bereits auf LED umgestellt? ✔ Haben Leuchtstoffröhren bereits ein elektronisches Vorschaltgerät? ✔ Wird die Außenbeleuchtung über die Helligkeit gesteuert? ✔ Wird die Beleuchtung regelmäßig gewartet (defekte Röhren und Vorschaltgeräte ausgetauscht, Leuchten und Leuchtmittel jährlich einmal gereinigt)? ✔ Ist die Lichtfarbe einheitlich?

6.2 Druckluft Druckluft ist ein Sekundär- oder Tertiärenergieträger. Da sie, anders als Strom, weitgehend gefahrlos ist und im Gegensatz zu Hydrauliköl geruchlos und sauber ist, erfreut sie sich bei Anlagenbauern großer Beliebtheit. Hin und wieder wird Druckluft tatsächlich alternativlos genutzt, beispielsweise um empfindliche Sensoren abzublasen, Staub aus verwinkelten Werkstücken zu holen oder um Rohlinge für Kunststoffteile aufzublasen. Häufig jedoch wird die Druckluft nur als Energieträger zum Antrieb von Werkzeugen genutzt, wobei sie theoretisch durch elektrische Antriebe ersetzt werden könnte. Druckluft ist als Energieträger äußerst ineffizient. Von der elektrischen Energie, die dem Kompressor zugeführt wird, kommen am Ende nur etwa 4–5 % als Nutzenergie am Werkzeug an.5 Der Rest wird auf verschiedenen Wegen zu Wärme (dargestellt in Abb. 6.3). Der Grund dafür liegt in der Thermodynamik. Komprimiert man Luft, erwärmt sich diese. Dieses Phänomen kennt man, wenn man seinen Fahrradreifen mit einer Kolbenpumpe aufpumpt – die komprimierte Luft erwärmt die Pumpe.6 Wenn wir von einem Wirkungsgrad von 5 % ausgehen, bedeutet das, man muss 20 [kWh] Strom investieren, um 1 [kWh] Druckluft zu erhalten. Bei einem Strompreis von 0,20 [C/kWh] kostet die Arbeit aus einer Kilowattstunde Druckluft also stolze 4,00 C. Druckluftnetze werden besonders durch folgende Parameter spezifiziert:  Der Luftdruck in [bar] oder [Pa], der nur so hoch wie nötig sein sollte  Volumenstrom in [l/s] oder [m3 /h], der vom Bedarf abhängt  Fließgeschwindigkeit in [m/s], die unter 6 [m/s] liegen sollte 5

Quelle: ABAG-itm. Im Dieselmotor macht man sich diesen Effekt gezielt zunutze, um die Luft so stark zu erwärmen, dass der eingespritzte Kraftstoff sich selbst entzündet, daher der Name „Selbstzünder“.

6

104

6

Querschnittstechnologien

Abb. 6.3 Sankey-Diagramm Druckluft

 Die Reinheit der Druckluft (ölhaltig oder ölfrei)  Betriebszeit [h/a], die ebenfalls nur so hoch wie nötig sein sollte

6.2.1 Wärmerückgewinnung Wie oben dargestellt, verwandelt sich der größte Teil der Energie, die in den Kompressor fließt, in Wärme. Davon lassen sich bis zu 85 % als thermische Energie wiedergewinnen. Das Temperaturniveau genügt allemal, um die Raumheizung zu unterstützen oder um Brauchwasser zu erwärmen. Für Prozesswärme genügt das Temperaturniveau hingegen meist nicht. Zur Wärmerückgewinnung wird ein Wärmetauscher entweder direkt in den Ölkreislauf oder an den Abluftstutzen des Kompressors montiert. Für Anforderungen des Lebensmittelbereichs existieren doppelwandige Wärmetauscher, die verhindern, dass Kompressoröl in Nahrungsmittel gelangen kann. Das Kompressoröl gibt seine Wärme im Wärmetauscher an ein anderes Trägermedium, z. B. Wasser, ab. Ist der Wasserbedarf oder die Laufzeit des Kompressors nicht kontinuierlich, sollte ein ausreichend groß dimensionierter Pufferspeicher vorgesehen werden.

6.2.2

Lecksuche

Gerade weil die Druckluft ein so teurer Energieträger ist, sollte man zumindest darauf achten, bereits erzeugte Druckluft nicht sinnlos entweichen zu lassen. Das erfordert die regelmäßige Suche nach und Behebung von Leckagen. Kritisch sind hier neben beschädigten Leitungen vor allem Kupplungen und Absperrhähne. Defekte Teile sollten sofort ersetzt werden.

6.2 Druckluft

105

Um zu testen, ob es Leckagen gibt, und wie groß diese sind, gibt es eine einfache Methode. Zu einem Zeitpunkt, an dem keine Abnahme von Druckluft erfolgt, lässt man den Kompressor den üblichen Nenndruck aufbauen. Auf dem Manometer lässt sich verfolgen, wie sich der Druck im System entwickelt. Es gilt die Faustformel: VPLeckage D VBehälter  .pBeginn  pEnde /=t mit: VPLeckage : Volumenstrom7 der Leckagen in [l/min] V Behälter : Volumen des Druckspeicherbehälters [l] pBeginn : Druck im System zu Beginn der Messung in [bar] pEnde : Druck im System zum Ende der Messung in [bar] t: Messzeit [min] Beispiel: Ausgangsdruck sind 6 [bar]. Nach 10 Minuten Wartezeit beträgt der Druck nur mehr 3 [bar]. Der Druckspeicherbehälter fasst 800 [l]. Dann beträgt der Volumenstrom aller Leckagen ungefähr: VPLeckage D 800 Œl  .6 Œbar  3 Œbar/=10 Œmin D 240 Œl/min .Klammern beachten/ Offensichtlich geht hier viel Druckluft verloren, etwa 4 Liter jede Sekunde. Als Anhaltswerte bei einem Druck von 6 [bar] kann man rechnen:8 Lochdurchmesser [mm] 1 3 5 10

Luftverlust [l/s] 1,24 11,14 30,95 123,8

Energieverlust p. a. [kWhel ] 2891 26.017 72.270 289.080

Die Leckagen entsprechen also in Summe einem Loch mit ca. 2 [mm] Durchmesser. Der elektrische Energieverlust dürfte zwischen 5000 und 10.000 [kWh/a] liegen, bei 0,20 [C/kWh] also 1000–2000 Euro jährlich. Um nun herauszufinden, wo sich die Leckagen befinden, bedient man sich am besten eines akustischen Druckluftleckagesuchgeräts, das weiter oben beschrieben wurde. Damit wird das gesamte Netz untersucht und alle Stellen, an denen Druckluft entweicht, anschließend abgedichtet. 7 8

Der Punkt über dem V deutet auf eine Stromgröße, in diesem Fall Volumen pro Zeit. Quelle: LfU Bayern.

106

6

Querschnittstechnologien

6.2.3 Kompressor Alte Kompressoren kennen nur zwei Betriebszustände – an oder aus. Man erkennt sie akustisch am Takten, entweder sie machen Krach oder eben nicht. Moderne Kompressoren arbeiten drehzahlvariabel, sodass immer nur so viel Druckluft erzeugt wird wie nötig. Wird nur für einen Zweck Druckluft mit besonders hohem Druck benötigt, sonst viel Druckluft auf geringem Druckniveau, ist ein separater Kompressor für den einzelnen Zweck sinnvoller als Druckminderer zu verwenden. Das restliche Netz kann dann mit geringerem Druck betrieben werden, was die Verluste reduziert. Ganz allgemein müssen Druckluftanlagen regelmäßig von einem Fachbetrieb gewartet werden. Das gilt für Luftfilter, Kompressoröl und alle anderen Komponenten. Die zur Kompression angesaugte Luft sollte möglichst sauber, trocken und kalt sein.

6.2.4

Druckverlustarme Komponenten

Leitungen sollten eine geringe Rauigkeit besitzen und einen nicht zu kleinen Querschnitt haben. Filter, Trockner, Kupplungen, Fittings, Absperrarmaturen und die eigentlichen Druckluftwerkzeuge sollten strömungsoptimiert sein, damit die Luft auf ihrem Weg zur Nutzung nicht unnötig Druck durch Reibung verliert. Jede Ecke oder sonstige Störung durch Knie- oder T-Stücke stellt für die Druckluft ein Hindernis dar, das Druck kostet. Deshalb sollten Bögen mit großem Radius gebaut und Hosenstücke zur Verteilung verwendet werden.

6.2.5 Druckniveau Ein einfacher Schritt ist die Anpassung des Druckniveaus. Dieses sollte gerade so hoch sein wie der maximal erforderliche Druck. In der Praxis sind Druckluftanlagen oft mit einem viel höheren Druck in Betrieb als nötig. Mit höherem Druck entweicht jedoch umso mehr Luft aus jedem Leck.

6.2.6 Ungenutzte Teilstränge Temporär (Wochenende, Werksferien) ungenutzte Teilstränge sollten mit Schiebern versehen werden, die manuell oder automatisch die Druckluft abstellen. Ein Teilstrang, der nicht mit Druckluft versorgt wird, kann auch keine verlieren. Wird z. B. nach Feierabend oder am Wochenende gar keine Druckluft mehr benötigt, sollte der Kompressor mit einer Zeitschaltuhr ganz abgeschaltet werden. Das gilt natürlich auch für einen etwaigen Druckluftkältetrockner.

6.2 Druckluft

107

6.2.7 Verzicht auf Druckluft Der aufwendigste Weg ist die Umrüstung von druckluftbetriebenen auf elektrische Werkzeuge und Antriebe. In ein funktionierendes System sollte dabei nur mit Bedacht eingegriffen werden. Aber vielleicht bietet die nächste Sanierung oder Neuanschaffung die Möglichkeit, Strom statt Druckluft als Energieträger einzusetzen.

6.2.8 Checkliste Druckluft ✔ Entspricht die Druckluft nach Menge, Druck und Qualität den Anforderungen? ✔ Alle Komponenten (auch Trocknung usw.) werden mindestens einmal jährlich fachgerecht gewartet und gereinigt? ✔ Die Luftfilter an den Kompressoren und Trocknern sind sauber und werden regelmäßig ausgewechselt? ✔ Außerhalb der Betriebszeiten (Feierabend, Wochenende, Betriebsferien) sind die Kompressoren ausgeschaltet? ✔ Falls Druckluft auch außerhalb der Betriebszeit erforderlich ist, sorgt ein kleiner drehzahlgesteuerter Kompressor für Druckluft statt das ganze Netz unter Druck zu halten? ✔ Sind die Kompressoren drehzahlvariabel und laufen lastabhängig? ✔ Falls mehrere Kompressoren erforderlich sind, erfolgt die Steuerung kaskadiert? ✔ Falls einzelne Anwendungen einen höheren Druck erfordern, haben diese einen eigenen Kompressor oder Booster? ✔ Die Kompressionswärme wird zurückgewonnen und sinnvoll genutzt? ✔ Es bestehen keine auffälligen Druckabfälle, etwa nach Trocknung oder Reinigung der Druckluft? ✔ Treten ungeklärte Druckluftverluste auf? ✔ Erfolgt eine regelmäßige Suche (mindestens jährlich, besser öfter) nach Leckagen? Werden diese gekennzeichnet und sofort behoben? ✔ Es bestehen keine hörbaren Lecks? ✔ Nicht benötigte Teile des Druckluftnetzes werden (automatisch, z. B. zeitgesteuert) mit einem Schieber abgesperrt? ✔ Vor sporadischen Verbrauchern oder bei unregelmäßiger Nachfrage wird die Druckluft gespeichert (Windkessel)? ✔ Für Blasdüsen werden hocheffiziente Düsen eingesetzt? ✔ Defekte Kupplungen werden repariert oder ausgetauscht? ✔ T-Stücke, Ventile, Schieber und Kupplungen wurden durch strömungsoptimierte Teile ersetzt, z. B. Hosenstücke statt T-Stücke? ✔ Druckluftleitungen sind innen glatt und haben wenige Bögen mit möglichst großen Radien? ✔ Spiralschläuche wurden durch gerade Schläuche ersetzt? ✔ Druckluft wird möglichst nicht zur Kühlung oder Reinigung eingesetzt?

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6

Querschnittstechnologien

✔ Das Kondensat wird nicht zeit-, sondern niveaugesteuert abgeleitet? ✔ Wo Druckluft für Antriebe genutzt wird, wurde eine Umstellung auf elektrischen Direktantrieb geprüft?

6.3

Elektromotoren

Elektrische Antriebe stellen den größten Posten im industriellen Stromverbrauch dar. Sie kommen überall dort zum Einsatz, wo mechanische Energie erforderlich ist. Das sind neben Fließbändern und bewegten Maschinen auch Pumpen, Kompressoren, Ventilatoren, Kompressionskälteanlagen usw. Es gibt ein gutes Dutzend verschiedene Motorarten für Gleich- und Wechselstrom, die alle ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben. Sie im Einzelnen zu diskutieren, würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Elektromotoren werden – neben den Abmessungen – vor allem über folgende Parameter spezifiziert:        

Anschlussleistung [kW] – Das ist die maximale elektrische Leistungsaufnahme Nennleistung [kW] bei Drehzahl [1/min] – Das ist die mechanische Leistungsabgabe Drehmoment [Nm] bei Drehzahl [1/min] Drehzahlband [1/s], [1/min] oder [rad/s] Anlaufstrom [A] Phasenwinkel cos(') Wirkungsgrad Effizienz- oder Wirkungsgradklasse

6.3.1 Kennlinie Die Hersteller ermitteln Kennlinien, die zeigen, bei welcher Drehzahl der Motor welches Drehmoment, welche Leistung und welchen Wirkungsgrad hat. In der Praxis werden Motoren gerne überdimensioniert, denn so hält mancher Motor Jahrzehnte. Allerdings kann es passieren, dass der Motor dann in einem ungünstigen Betriebspunkt läuft, worunter der Wirkungsgrad leidet. Abb. 6.4 zeigt ein Diagramm, wie man es für Elektromotoren vom Hersteller bekommt. Auf der x-Achse ist das Drehmoment aufgetragen. Ganz links ist der Motor im Leerlauf. Das Drehmoment ist 0, der Strom auch nahe 0, die Drehzahl ist maximal. Ganz rechts ist der Motor blockiert. Das Drehmoment ist maximal, der Strom auch, aber die Drehzahl ist 0. Dazwischen findet sich der Punkt maximaler Leistung bei 250 [1/min] und der Punkt der maximalen Effizienz bei ca. 150 [Nm] und knapp 100 [1/min]. Wird der Motor dagegen bei 400 [Nm] und 20 [1/min] betrieben, liegt sein Wirkungsgrad bei nur mehr 30 %.

6.3 Elektromotoren

109

Abb. 6.4 Leistung (rechte y-Achse), Wirkungsgrad, Strom und Drehzahl eines Gleichstromelektromotors bei verschiedenen Drehmomenten

6.3.2 Effizienzklassen Die Effizienzklassen gehen aktuell von IE1 (Standardwirkungsgrad) über IE2 (gehobener Wirkungsgrad) und IE3 (Premiumwirkungsgrad) bis IE4 (Superpremiumwirkungsgrad). Spezialmotoren sind davon ausgenommen. Seit dem 16.06.2011 dürfen Motoren die IE2 nicht mehr unterschreiten, große Motoren müssen seit dem 01.01.2015 die IE3 erfüllen. In der Tendenz lässt sich sagen: Je stärker der Motor und je länger die Laufzeit pro Jahr, umso eher lohnt sich ein teurerer Motor mit IE3- oder IE4-Effizienzklasse.

6.3.3 Steuerung Werden Motoren über Schalter, Relais oder Schütze gesteuert, gibt es nur zwei Betriebszustände – an oder aus. Das spiegelt jedoch nicht immer die Leistungsanforderung wider. Wurde nur ein Teil der maximalen Leistung benötigt, griff man früher auf Vorwiderstände oder Transformatoren zurück. Für Pumpen, Kompressoren und Antriebe, die häufig nur im Teillastbetrieb laufen, ist die Verwendung eines Frequenzumrichters zu erwägen. Damit erbringt der Motor nur die erforderliche Teilleistung. Ein nützlicher Nebeneffekt der Tatsache, dass der Motor nicht ruckartig anläuft und nicht dauernd mit maximalem Drehmoment läuft, ist der geringere Verschleiß mechanischer Bauteile.

110

6

Querschnittstechnologien

6.3.4 Getriebe Manchmal liegt das Potenzial zur Verbrauchssenkung nicht im Motor selbst, sondern in einem Getriebe, das Drehzahl und Drehmoment des Motors umwandelt. Besonders Schnecken- und Stirnradschraubgetriebe können unter ungünstigen Umständen Wirkungsgrade um 20 % haben. Wird eine niedrige Drehzahl benötigt, ist es häufig sinnvoller, den Motor über die Steuerung zu drosseln als ein Untersetzungsgetriebe zu verwenden. Werden Riemen statt Getriebe zur Kraftübertragung genutzt, sollte der Ersatz von Keilriemen durch Hocheffizienzriemen erwogen werden. Diese erreichen Wirkungsgrade bis 98 %.

6.3.5 Checkliste Motoren ✔ Alle Motoren werden regelmäßig geprüft, gereinigt (besonders die Kühlung) und gewartet? ✔ Laufen die Motoren nur dann, wenn ihre Antriebsleistung benötigt wird? ✔ Zur Regelung werden Frequenzumrichter verwendet? ✔ Es gibt keine Motoren, die andauernd in einem ineffizienten Lastbereich laufen? ✔ Alle Motoren, deren Last stark schwankt, sind geregelt? ✔ Es existieren keine heiß gelaufenen Getriebe, Kupplungen oder Transmissionen? ✔ Bei Getrieben wird auf die effizienteste Möglichkeit der Kraftübertragung geachtet? ✔ Statt Untersetzungsgetrieben werden geregelte Direktantriebe bevorzugt? ✔ Verwendete Riemen sind hocheffizient und werden regelmäßig gewechselt, bevor sie abgenutzt sind? ✔ Es gibt keine beschädigten, schwergängigen oder abgenutzten Lager? ✔ An- und Abtriebsscheiben sind korrekt gefluchtet? ✔ Neue Motoren erfüllen die höchsten Effizienzklassen?

6.4 Pumpen Pumpen dienen dazu, inkompressible Fluide aller Art zu transportieren. Die Luftpumpe am Fahrrad ist damit streng genommen gar keine Pumpe, da Luft kompressibel ist. Es gibt Pumpen für dünnflüssige Medien, etwa die Benzinpumpe im Auto, aber auch solche für sehr zähe Fluide, etwa für Pasten, aus denen später Fliesen hergestellt werden. Fluide unterscheiden sich wesentlich durch ihre Viskosität – je zäher, desto höher die Viskosität. Honig, Schweröl oder Bitumen hat eine hohe Viskosität, Benzin oder Ether eine geringe. Wasser hat bei 20 °C eine Viskosität von 1 [(N  s)/m2 ]. Man unterscheidet neben einigen weiteren Exoten vor allem in Verdränger- und Strömungspumpen.

6.4 Pumpen

111

Strömungs- oder Kreiselpumpen sind z. B. einfache Radialpumpen. Das gepumpte Volumen ist nicht abgeschlossen. Im Stillstand kann das zu pumpende Fluid daher theoretisch auch rückwärts durch die Pumpe laufen. Um dies zu verhindern, muss man Ventile, Schieber oder Rückschlagklappen einbauen. Strömungspumpen sind nicht selbstansaugend, d. h. liegt die Pumpe trocken, dreht sich das Pumprad leer. Durch die Reibung an den Dichtungen sind diese schnell zerstört, weil die Reibungswärme nicht abgeführt wird. Bei Verdrängerpumpen hingegen wird das Fluid durch abgeschlossene Volumina gefördert, die einen Rückfluss unmöglich machen, z. B. Kolbenpumpen. Pumpen werden vor allem über folgende Parameter spezifiziert:    

Leistungsaufnahme [kW] Ansaughöhe [m] Förderhöhe [m] Fördermenge [l/s], [m3 /h], häufig als Diagramm, denn die Fördermenge variiert mit der Förderhöhe

6.4.1 Antriebsmotor Hier gilt sinngemäß dasselbe wie bei den Elektromotoren. Ist der Motor austauschbar, sind Motoren mit hoher Effizienzklasse vorzuziehen.

6.4.2

Dimensionierung

Besonders Heizungsumwälzpumpen wurden in den letzten Jahrzehnten sehr großzügig dimensioniert. Befindet sich eine Zentralheizung im Keller, wird die Umwälzpumpe vom natürlichen Auftrieb des warmen Wassers unterstützt. Verbaute man früher Pumpen mit 20–90 [W], verwendet man heute Hocheffizienzpumpen, die selten über 20 Watt Maximalleistung haben. Heute messen die Pumpen die Leistungsanforderung selbsttätig. Sind die meisten Thermostate geschlossen, drosselt sie ihre Leistung selbstständig so weit wie möglich. Pumpen werden gerne auf eine theoretische Grenzlast dimensioniert, die in der Praxis häufig gar nicht auftritt. Schon bei der Planung sollte die Frage berücksichtigt werden, wie wahrscheinlich es ist, dass alle Abnehmer zur gleichen Zeit den vollen Volumenstrom benötigen. Bei krass fehldimensionierten Pumpen kann Kavitation auftreten. Es bilden sich dann Dampfblasen, die beim Kollabieren massive Schäden am Pumpenrad verursachen. Das ist besonders dann von Relevanz, wenn der Druck des angesaugten Fluids zu gering wird.

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Querschnittstechnologien

6.4.3 Betriebsmodus Eine Pumpe sollte möglichst nur dann laufen, wenn überhaupt Nachfrage nach dem geförderten Fluid besteht. Bei älteren Heizanlagen kommt es vor, dass die Umwälzpumpe sommers wie winters ununterbrochen läuft und dabei nur unnötig warmes Wasser verwirbelt. Dabei ist der Zeitfaktor nicht zu unterschätzen: Eine 40 [W]-Pumpe, die 8760 [h/a] läuft, verbraucht pro Jahr 350,4 [kWh]. Dort, wo Pumpen immer wieder anspringen, um z. B. ein Bassin zu leeren und sich dann wieder abschalten, ist zu prüfen, ob diese Pumpen statt im 0/1-Betrieb nicht besser stufenlos mit Frequenzumrichtern laufen können. Wenn nur 20 % der Leistung erforderlich sind, läuft die Pumpe eben auch nur mit 20 % ihrer Leistung. Muss der Volumenstrom des geförderten Fluids temporär oder permanent reduziert werden, gibt es zwei Möglichkeiten: Drosselung, d. h. durch künstliche Erhöhung des Strömungswiderstands, oder durch Verringerung der Antriebsleistung der Pumpe. Die Leistungsregelung durch Drosselung des Volumenstroms ist – besonders bei häufiger oder längerfristiger Drosselung – nicht zu empfehlen. Gerade im mittleren Leistungsbereich lohnt sich eine variable Leistungsregelung gegenüber der Drosselung. Werden nur 50 % des Nennvolumenstroms benötigt, braucht die Pumpe mit Drossel rund 80 % ihrer Nennleistung, mit Frequenzumrichter dagegen nur rund 20 %. Häufig ist es sinnvoll, die Pumpe steuerungstechnisch mit einem anderen Gerät zu koppeln, beispielsweise eine Pumpe für Kühl-Schmierstoff mit der Fräse, die sie versorgt. Geht die Fräse in Betrieb, schaltet sich die Pumpe automatisch ein. Solche Einschaltautomatiken gibt es teilweise „von der Stange“, die Anschaffungskosten sind gering. Erforderlichenfalls kann eine zusätzliche Steuerung nötig sein, die das Abschalten der Pumpe an eine Bedingung knüpft, etwa eine feste Nachlaufzeit oder bei Kühlmittelpumpen die Unterschreitung einer bestimmten Temperatur.

6.4.4 Checkliste Pumpen ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Pumpen werden regelmäßig kontrolliert und gewartet? Pumpen sind entsprechend ihrer Last korrekt dimensioniert? Pumpen laufen nur dann, wenn die Förderung des Fluids wirklich erforderlich ist? Pumpen laufen nicht zu laut, haben keinen außergewöhnlich hohen Wartungsbedarf? Der Förderstrom wird nicht gedrosselt? Bei stark schwankendem Bedarf werden geregelte Pumpen verwendet? Pumpen laufen nur im Bedarfsfall mit höchster Leistung? Besonders für Pumpen mit hoher Laufzeit und hoher Leistung werden Hocheffizienzmotoren eingesetzt? ✔ Verwendete Riemen sind hocheffizient und werden regelmäßig gewechselt, bevor sie abgenutzt sind? ✔ Das Leitungssystem wird regelmäßig gewartet (Filter ersetzt, Ventile intakt)?

6.5 Lüftung

113

✔ Das Leitungssystem wurde hydraulisch abgeglichen? ✔ Es bestehen keine auffälligen Druckverluste? ✔ Es existieren keine unnötigen Strömungshindernisse, z. B. enge Radien, T-Stücke, unnötig geschlossene Schieber? ✔ Es gibt keine unnötige Zirkulation? ✔ Die Förderhöhen sind nur so hoch wie nötig? ✔ Wo möglich werden Hocheffizienzpumpen genutzt? ✔ Es gibt keine Anzeichen für kavitationsbedingte Schäden?

6.5

Lüftung

Geschlossene Räume müssen überall dort, wo Feuchtigkeit entsteht, Gerüche entstehen, schädliche Emissionen auftreten, Menschen oder Tiere CO2 ausatmen, gelüftet werden. Anderenfalls drohen Schimmel, unangenehme Gerüche, Gesundheitsschäden oder Müdigkeit und Konzentrationsprobleme. Besonders in neuen Gebäuden, die keinen Luftaustausch mehr durch Ritzen in den Fenstern und im Mauerwerk zulassen, ist dringend zum Einbau einer kontrollierten Be- und Entlüftung zu raten. Früher war es üblich, lediglich die Luft auszutauschen, d. h. „verbrauchte“ Luft abzusaugen und frische Luft nachzuführen. Die Zuluft wurde nach Bedarf aufgeheizt. Heute verwendet man Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung (siehe Abb. 6.5). Es existieren verschiedene technische Lösungen, aber das Prinzip ist stets dasselbe: Außenluft wird angesaugt und gefiltert, damit sie die nachfolgenden Bauteile nicht mit Pollen und Staub verschmutzt. Sie durchströmt einen Wärmetauscher, wobei sie Wärme aus der Abluft aufnimmt. Die so vorgewärmte Luft wird erforderlichenfalls nachgewärmt und als Zuluft in den oder die Räume geblasen. An anderer Stelle wird die Abluft abgesaugt. Idealiter wird sie bereits am Absaugpunkt vorgefiltert. Das verhindert, dass die Lüftungsrohre mit der Zeit innen einen Staubteppich sammeln, der schlimmstenfalls in Verbindung mit Kondenswasser zu einer schimmeligen Masse wird. Im Lüftungsgerät wird die Abluft nochmals gefiltert, um den Wärmetauscher auch in der anderen Strömungsrichtung nicht zu verschmutzen. Im Wärmetauscher gibt die Abluft ihre Wärme an die frische Zuluft ab und wird schließlich als Fortluft nach außen geblasen. Wird die Rückgewinnung der Wärme nicht gewünscht, gibt es eine Bypass-Klappe im Lüftungsgerät. Ist sie geöffnet, wird die Luft am Wärmetauscher vorbeigeführt. Nun möchte man bei besonders hohen Außentemperaturen möglicherweise gar nicht die heiße Außenluft in das Gebäude ziehen. Manche Geräte bieten dafür die Option, den Wärmetauscher oberhalb einer gewissen Außentemperatur doch wieder zu aktivieren, er dient dann der Kälterückgewinnung (wie in Abb. 6.6 dargestellt). Ansaug- und Ausblasstutzen für die Außen- bzw. Fortluft sollten möglichst hoch liegen (verringert die Schmutzlast), beide auf einer Seite des Gebäudes liegen (verhindert, dass die Lüftung gegen Winddruck arbeiten muss) und mindestens 3 [m] auseinander liegen,

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6

Querschnittstechnologien

Abb. 6.5 Lüftung mit Wärmerückgewinnung im Winterbetrieb

Abb. 6.6 Lüftung mit Kälterückgewinnung im Sommerbetrieb

damit nicht die verbrauchte Fortluft wieder als Außenluft angesaugt wird. Im Wärmetauscher entsteht besonders im Winter Kondensat, das abgeleitet werden muss. Lüftungen werden vor allem über folgende Parameter spezifiziert:    

Leistungsaufnahme [kW] Luftstrom [m3 /h] Luftwechselrate [1/h] Wärmerückgewinnungsgrad des Wärmetauschers

Ein immer wieder zitierter Mythos ist die Behauptung, in Gebäuden mit Lüftungsanlage dürfe oder könne man keine Fenster und Türen mehr öffnen. Das ist bis auf wenige Ausnahmen Unsinn. Nur in bestimmten Fällen, etwa bei Reinräumen oder Operationssälen, dürfen die Fenster nicht geöffnet werden, damit kein Staub bzw. keine Keime in den Raum gelangen. In normalen Gebäuden kann man selbstverständlich auch weiterhin die Fenster und Türen öffnen, man muss es nur nicht mehr. Falls ein Gebäude keine Lüftungsanlage hat, ist es wichtig, korrekt zu lüften. Ein gekipptes Fenster sorgt zwar für einen stattlichen Wärmeverlust, aber der Luftaustausch ist vergleichsweise gering. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Fensterlaibung auskühlt und Schimmel entsteht.

6.5 Lüftung

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Korrekt werden Räume mindestens dreimal täglich, besser häufiger, stoßgelüftet. Das heißt alle Fenster werden vollständig geöffnet, nicht gekippt! Durchzug durch geöffnete Innentüren beschleunigt das Ganze noch weiter, das mag aber nicht jeder. Die Dauer des Stoßlüftens hängt u. a. von der Temperaturdifferenz zwischen innen und außen sowie der Windgeschwindigkeit ab. An kalten Wintertagen genügen 5 Minuten oder weniger, bei starkem Wind sind drei Minuten mehr als genug. Wird zu lange gelüftet, kühlen Möbel und vor allem Wände und Decken unnötig aus, was den Heizbedarf erhöht. In der Übergangszeit sollten es je nach Außentemperatur 5 bis 15 Minuten sein. Ist es außen warm genug, spricht auch nichts dagegen, das Fenster offen oder gekippt zu lassen, vorausgesetzt, es existiert keine Klimaanlage, sonst ginge mit der Luft die ganze aufwendig erzeugte Kälte verloren.

6.5.1

Dimensionierung

Grundlage für die Leistungsfähigkeit der Anlage ist der erforderliche Volumenstrom in [m3 /h]. Daraus ergibt sich dann die erforderliche elektrische Leistung für den Antrieb der Zu- und Abluftventilatoren. Die Luftwechselrate in [1/h] gibt an, wie viele komplette Luftwechsel je Stunde stattfinden. Eine pauschale Aussage, wie hoch die Luftwechselrate sein muss, kann hier nicht getroffen werden – sie variiert mit der Tätigkeit, die im belüfteten Bereich vollzogen wird und mit der Anzahl von Personen, die sich dort aufhalten. Besonders hohe Luftwechselraten sind dort erforderlich, wo Lösungsmittel oder andere der Gesundheit nicht zuträgliche Chemikalien verwendet werden. In Büros rechnet man mit einer Luftwechselrate von 3–6 [1/h], d. h. das Luftvolumen des Büros wird je Stunde drei- bis sechsmal ausgetauscht. In Küchen hingegen kann die Anforderung bis 30 [1/h] gehen. Die hygienische Mindestluftwechselrate in einem Raum sollte 0,3 [1/h] nicht unterschreiten. Man bevorzugt heute runde oder ovale Luftkanäle statt eckiger, da dies die Strömungsverluste reduziert. Wie bei der Druckluft gilt es auch bei Lüftungen, unnötige Bögen, TStücke usw. zu vermeiden. Ähnlich wie bei Pumpen sollte eine dauerhafte Drosselung des Luftstroms oder eine Regelung über Taktung vermieden werden. Werden nur 50 % der Nennluftmenge benötigt, verringert eine Regelung des Ventilators durch Frequenzumrichter gegenüber getaktetem Betrieb den Verbrauch um über ein Viertel. Um Luftkanäle, Wärmetauscher und Ventilatoren sauber zu halten, müssen Filter die Zu- und Abluft reinigen (siehe Abb. 6.7 und 6.8). Diese Filter müssen regelmäßig getauscht oder ausgewaschen werden, abhängig vom Volumenstrom und dem Verschmutzungsgrad der Luft. Einfaches Absaugen oder Ausklopfen der Filter genügt nicht, anderenfalls droht Verkeimung. Die Meinungen bezüglich des erforderlichen Wechselintervalls reichen von einmal jährlich bis monatlich. Länger als drei bis sechs Monate sollten Luftfilter aber nicht genutzt werden. Der Wärmetauscher sollte ebenfalls gereinigt werden.

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6

Querschnittstechnologien

Abb. 6.7 Abluft-Filtertüte (G4) aus Tellerventil nach 6 Monaten

Man unterscheidet verschiedene Filterklassen:9  Grobstaubfilter dienen der Vorreinigung und halten grobe Partikel > 10 [µm] zurück, z. B. Insekten.  Mediumfilter und Feinstaubfilter (0,3–10 [µm]) halten bereits feine Pollen, Ruß und größere Bakterien zurück. Für normale Lüftungsanwendungen genügen Feinstaubfilter.  Schwebstofffilter halten selbst feinste Partikel und Aerosole < 1 [µm] zurück. Sie werden nur für spezielle Anwendungen benötigt. Ein feinerer Filter hält zwar mehr und kleinere Partikel zurück, erhöht dafür aber den Strömungswiderstand, was eine größere Leistung der Ventilatoren erforderlich macht.

6.5.2

Steuerung

Die Lüftung muss nicht permanent mit einer bestimmten Leistung laufen. Wenn sich niemand im Gebäude aufhält, genügt eine Grundlüftung, um die Mindestluftwechselrate zu gewährleisten. Zu diesem Zweck gibt es zeitlich programmierbare Steuerungen, die z. B. nur wochentags von 8–20 Uhr auf hoher Stufe lüften. Besonders in gewerblich genutzten Immobilien, Schulen und Hochschulen ist es sinnvoll, Lüftungsanlagen bedarfsabhängig zu steuern. Dies kann – wie oben erwähnt – zeitabhängig geschehen, wenn mit einer gleichförmigen Nutzung zu rechnen ist, etwa in Schulen oder Büros. Für Duschen, Garagen oder Trockenräume ist eine feuchtigkeitsabhängige Steuerung sinnvoller. Hier wird die Luftmenge in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchtigkeit der Raum- oder Abluft geregelt. Auch eine Steuerung nach CO2 -Gehalt in 9

DIN EN 779 und DIN EN 1822-1.

6.5 Lüftung

117

Abb. 6.8 Links Luftvorfilter (G4) nach 3 Monaten, rechts Feinfilter (F7) nach 6 Monaten

der Raumluft ist möglich. Dazu müssen CO2 -Sensoren in den belüfteten Räumen angebracht werden. Das ist besonders in Räumen mit stark variierender Nutzung sinnvoll, z. B. Hörsäle.

6.5.3 Wartung Die Filtereinsätze im Lüftungsgerät und in den Abluftstutzen müssen regelmäßig ausgetauscht werden, vorzugsweise alle drei Monate. Normalerweise sieht man den Filtern dann bereits an, dass sie verschmutzt sind (siehe Abb. 6.7 und 6.8). Werden die Filter nicht getauscht, kann die Hygiene der Luft nicht mehr gewährleistet werden. Der Filter setzt sich zu, der Strömungswiderstand steigt, die Ventilatoren müssen für eine gleichbleibende Frischluftmenge stärker arbeiten und verbrauchen dafür mehr Strom. Im Extremfall verstopft der Filter ganz. Die Ventilatoren erwärmen sich stark und verschleißen schneller. Große Vorsicht ist mit den sogenannten Erdwärmetauschern geboten. Das sind Kunststoffrohre im Erdreich, durch die die Luft für das Gebäude angesaugt wird. Im Winter, so die Idee, nimmt die Luft Wärme aus dem Erdreich auf, im Sommer kühlt das Erdreich die Luft ab. Die Gefahr ist jedoch, dass sich besonders im Sommer Kondensat bildet, das mit Staub und Schwebstoffen aus der Luft zusammen eine biologisch sehr aktive Schmutzschicht im Erdwärmetauscher bilden kann. Schlimmstenfalls züchtet man so Schimmel, dessen Sporen dann ins Gebäude gesaugt und eingeatmet werden. Deshalb sollten Erdwärmetauscher, wenn sie denn erforderlich sind, alle paar Jahre mit einer Endoskopkamera kontrolliert werden. Auf jeden Fall sollten sie eine Neigung zum Gebäude hin und einen Kondensatablauf haben. Eine regelmäßige Reinigung ist empfehlenswert. Eine Variante, die sich auch für Bestandsgebäude zur Nachrüstung eignet, sind dezentrale Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung. Diese werden raumweise eingebaut und alternieren die Strömungsrichtung (Pendelbetrieb), das heißt, sie ziehen erst die warme Innenluft über den Wärmetauscher nach außen und erwärmen diesen damit. Nach ein paar Sekunden kehren sie die Luftrichtung um und ziehen kalte Außenluft durch den warmen

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Querschnittstechnologien

Wärmetauscher nach innen, der sich dabei abkühlt. Wiederum nach einigen Sekunden kehren sie die Luftrichtung erneut um usw.

6.5.4

Checkliste Lüftung

✔ Alle Komponenten der Lüftung werden regelmäßig kontrolliert, gereinigt und gewartet? ✔ Die Lüftung ist dem Luftbedarf angemessen dimensioniert? ✔ Die Lüftung läuft nach Bedarf? ✔ Bei variablem Bedarf wird Stufenschaltung oder Drehzahlregelung genutzt? ✔ Es gibt keine großen Ventilatoren, die permanent gedrosselt laufen? ✔ Verwendete Riemen sind hocheffizient und werden regelmäßig gewechselt, bevor sie abgenutzt sind? ✔ Statt eines großen gibt es mehrere kleine Ventilatoren, die unabhängige Bereiche mit unterschiedlichem Luftbedarf belüften? ✔ Filter werden regelmäßig nach Zeit oder Differenzdruck ersetzt? ✔ Auch auf der Abluftseite wird die Luft gefiltert, bevor sie in den Abluftkanal gelangt? ✔ Luftkanäle werden regelmäßig auf Ablagerungen kontrolliert? ✔ Eine temperaturgesteuerte Wärme- bzw. Kälterückgewinnung existiert und wird genutzt? ✔ Das Leitungsnetz ist dicht und isoliert? ✔ Lokale Absaugungen (z. B. an Schweißarbeitsplätzen oder Lötstationen) laufen nur, wenn erforderlich? ✔ Die Luftmenge lokaler Absaugungen ist optimiert? ✔ Bei Ersatz von Lüftungsteilen wird auf hocheffiziente Motoren, Riemen und Ventilatoren geachtet? ✔ Lüftungskanäle sind bevorzugt rund oder oval statt eckig? ✔ Es bestehen keine unnötigen Bögen und sonstigen Strömungshindernisse? ✔ Erdwärmetauscher werden regelmäßig kontrolliert und haben einen Kondensatablauf?

6.6 Raumwärme Im privaten Wohnbereich und in Gewerbe, Handel und Dienstleistung (GHD) konzentriert man sich sehr auf die Einsparungspotenziale bei der Raumwärme, da sie einen erheblichen Anteil des Gesamtenergieverbrauchs ausmacht (Haushalte 69 %, GHD 47 %).10 In der Industrie dagegen wird sie wegen des vergleichsweise geringen Verbrauchsanteils von 10 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Mai 2017: Energieeffizienz in Zahlen, http:// www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/energieeffizienz-in-zahlen.

6.6 Raumwärme

119

ca. 7 % eher vernachlässigt. Interessant ist dieses Thema besonders dann, wenn große Hallen beheizt werden müssen. Für die Übertragung von Wärme gibt es drei Möglichkeiten:  Wärmeleitung oder Konduktion, praktische Anwendung: Sitzheizung im Auto. Das Phänomen kann man erfahren, wenn man einen guten Wärmeleiter (z. B. einen Silberlöffel) in einen Topf mit kochendem Wasser steckt. Zur Wärmedämmung nutzt man dagegen schlecht leitende Materialien, etwa Faserwolle, Styropor oder auch Holz. Die Isolationswirkung rührt hierbei jedoch nicht von dem eigentlichen Material (Glas, Gestein, Polystyrol, Holz), sondern von den Lufteinschlüssen in diesen Materialien.  Wärmeströmung oder Konvektion, praktische Anwendung: Radiator. Dabei gibt ein warmer Gegenstand, z. B. der Heizkörper, die Wärme an ein zirkulierendes Medium, hier die Raumluft, ab. Dieser Prozess kann durch künstliche Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit beschleunigt werden, wie etwa bei Heizlüftern, Haartrocknern oder Umluftbacköfen. So können auch große Volumina schnell beheizt werden.  Wärmestrahlung, praktische Anwendung: Infrarotlampe. Die Wärme wird hier als Strahlungsenergie wie Licht transportiert. Eine heiße Herdplatte braucht man nicht zu berühren, es genügt die Hand in die Nähe zu halten. Wärmestrahlung wird seit einiger Zeit zur effizienten Beheizung großer Hallen genutzt. Für die Beheizung normal großer Räume hat sich die Konvektion mittels Radiatoren bewährt, eine Technik, die in Wohngebäuden jahrzehntelang Stand der Technik war. Inzwischen werden Wohngebäude überwiegend mit Fußboden- oder Wandheizungen (Flächenheizungen) beheizt. Beide Systeme haben ihre eigenen Vor- und Nachteile, Radiatoren sind flexibler, Flächenheizungen erlauben niedrigere Vorlauftemperaturen. Geht es darum große Flächen zu beheizen, ist die Strahlungsheizung eine interessante Alternative. Der grundsätzliche Unterschied ist so zu erklären: Die Konvektionsheizung heizt die Raumluft auf. Würde man es dabei belassen, würde sich unter der Decke ein warmes Luftpolster sammeln, unten am Boden wäre es weiter kalt. In hohen Hallen verteilen deshalb Ventilatoren am Wärmetauscher die warme Luft im Raum. Für eine gleichmäßige Temperatur muss das gesamte Luftvolumen beheizt werden. Da die warme Luft immer wieder aufsteigt, muss sie permanent bewegt werden. Gibt es Durchzug oder Undichtigkeiten, verflüchtigt sich die warme Luft und damit die in ihr enthaltene Energie nach außen. Eine Strahlungsheizung dagegen heizt nicht die Luft auf, sondern überträgt die Wärme wie Licht. Durchzug hat folglich wenig Auswirkung, denn die Strahlung wirkt weiter. Nachteil ist, dass die Strahlung nur dort wirkt, wo sie unmittelbar hingelangt. Außerdem wird der Baukörper nicht durchgewärmt. Einen Nebenraum mit zu heizen ist damit also nicht möglich, was zu Schimmelproblemen führen kann. Strahlungsheizungen gibt es zum Betrieb mit Strom (gelegentlich in Badezimmern zu finden), Heizöl, Erdgas oder einem Wärmeträger (z. B. Wasser). Die Auslegung einer Strahlungsheizung erfolgt ganz anders als die Auslegung einer konventionellen Heizung und sollte von einem Fachmann

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Querschnittstechnologien

erfolgen. Da die strahlenden Flächen selbst bei sog. Niedertemperaturstrahlern deutlich über 50 °C heiß werden, kann es beim Einschalten zu Verschwelung von Staub und damit einhergehender Geruchsbelästigung kommen. I

Praxistipp Kondenswasser auf Fenstern oder Fensterrahmen sowie Schimmelspuren am Fenster oder in den Fensterlaibungen sind ein klarer Indikator, dass hier der Taupunkt unterschritten wird, also Wärme entweicht. Die Ursache von Kondensatanfall oder gar Schimmel ist zu ermitteln! Infrage kommt mangelnde Isolation des Fensters oder des Rahmens (gerne bei Aluminiumfensterrahmen), Baufehler oder falsches Lüftungsverhalten. Die Thermografie kann bei der Ursachensuche helfen. Nur die Symptome zu beheben nützt nichts. Einfach mit etwas Farbe „drüberpinseln“ ist keine angemessene Methode der Schimmelbekämpfung. Die Ursache des Schimmels muss ermittelt und behoben, der Schimmel fachgerecht entfernt werden.

6.6.1 Heizanlage Der Heizungskeller ist meist der am wenigsten gepflegte Raum im Haus. Dabei verdient die Heizung durchaus Aufmerksamkeit. Die Wahl der jeweils am besten geeigneten Heizanlage hängt von diversen Parametern ab. Zur Auswahl stehen unter anderem folgende Heizsysteme:     

Erd- und Flüssiggas; Heizöl; Luft- und Erdwärme; Eisspeicher; regenerative Systeme mit Holzscheiten, Holzhackschnitzeln und Pellets aus Holz oder anderen nachwachsenden Rohstoffen;  elektrische Heizsysteme;  bi- oder trivalente Heizsysteme mit Kombinationen z. B. aus Wärmepumpe und Erdgas;  Solarthermie. Außerdem ist die Kopplung der Wärmeerzeugung mit Strom- oder Drucklufterzeugung in einem BHKW zu erwägen. Für die Auswahl eines Heizsystems sind u. a. zu klären:  Verfügbarkeit von Energieträgern (Erdgasanschluss o. ä.),  Bevorratungsmöglichkeit des Energieträgers (Gesetze, Gewichte, Volumina),  bauliche Beschränkungen (Platz, Schornsteinzüge, Vorhandensein eines Heizwassersystems),  Wärmelast des Gebäudes und ggfs. der Warmwassererzeugung [kW],

6.6 Raumwärme

     

121

erforderliche Spitzenleistung [kW], Pufferspeicher [l], benötigte Vorlauftemperatur (hängt u. a. von der Art der Wärmeabgabe ab) [°C], Umweltauflagen, Wartungsintensität (Ascheentleerung, Reinigung, Schornsteinfeger), Anlagen- und Brennstoffkosten [C].

Ob sich der Austausch einer intakten älteren Heizung gegen eine neue lohnt, muss sorgfältig berechnet werden. Häufig ist es ökonomisch sinnvoller, zu warten, bis der Schornsteinfeger die alte Heizung nicht mehr abnimmt und erst dann eine gute neue Heizanlage einzubauen. Mitunter erleichtern öffentliche Fördermittel die Entscheidung für eine neue Heizung. Zu unterscheiden sind zwei Betriebsarten der Heizung: Beim Takten schaltet sich die Heizung immer wieder ein und aus, um den wechselnden Wärmebedarf zu erzeugen. Das betrifft Heizanlagen, die ihre Leistung nur wenig oder gar nicht variieren können. Beim Modulieren kann die Heizung ihre Leistung innerhalb eines gewissen Rahmens dem Bedarf anpassen. Manche Geräte modulieren oder takten je nach Betriebspunkt. Gas[brennwert]heizungen, besonders mit Erdgas betrieben, arbeiten im Regelfall sauber, wartungsarm und ohne dass man sich nennenswert darum kümmern müsste. Die Technik ist ausgereift und preiswert. Flüssiggastanks bieten die Möglichkeit zur Bevorratung, müssen aber ähnlich wie Ölheizungen regelmäßig betankt werden. Nachteil beim Erdgas ist, dass man netzgebunden ist und sich nicht bevorraten kann. Gas verbrennt in einer intakten Anlage praktisch rußfrei und vergleichsweise CO2 -arm. Öl[brennwert]heizungen sind ebenfalls lange bekannt, ausgereift und preiswert. Heizöl kann man aufgrund vereinheitlichter Qualität von jedem beliebigen Händler kaufen und bevorraten. Kunststofftanks geben nach einiger Zeit einen unangenehmen Heizölgeruch ab, Stahltanks sind deutlich geruchsärmer. In überschwemmungsgefährdeten Gebieten sollte unter anderem auf dem Gewässerschutz ein Augenmerk liegen. Wie weiter oben beschrieben, nutzen Brennwertheizungen, wenn sie richtig betrieben werden, neben dem Heizwert des Brennstoffs noch einen Teil der Kondensationswärme des Abgases, was sich vor allem bei Gas- und Ölheizungen lohnt. Sowohl für den Betrieb mit Gas als auch mit Öl gibt es kompakte Blockheizkraftwerke (BHKW), mit denen man neben Wärme auch Strom erzeugen kann. Diese lohnen sich aber nur ab einer gewissen Mindestbetriebszeit pro Jahr. Interessant sind sie dort, wo viel warmes Wasser verbraucht wird, z. B. Hotels mit Schwimmbad. Luftwärmepumpen (Luft/Luft, Luft/Wasser) sind hinsichtlich ihres ökologischen Nutzens umstritten. Neben einer gewissen Lärmbelastung benötigen sie elektrische Energie, um der Außenluft Wärme zu entziehen und diese dem Gebäude zuzuführen. Dieses Prinzip wird jedoch mit abnehmender Außentemperatur immer ineffizienter. Unterhalb einer gewissen Außentemperatur (Bivalenzpunkt) schaltet die Wärmepumpe eine meist elektrische Heizung zu – dann wird es teuer. Sofern der Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, mag die Luftwärmepumpe akzeptabel sein, in der Regel stammt aber gerade im Winter

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Querschnittstechnologien

mehr Strom aus fossilen Brennstoffen. In kalten Lagen, in denen es im Winter regelmäßig und über längere Zeit kälter als 10 bis 5 [°C] ist, können Luftwärmepumpen zur Kostenfalle werden. Erdwärmepumpen sind bei fachlich korrekter Ausführung ein wartungsarmes Heizsystem. Man unterscheidet sie danach, ob die Wärme aus der Tiefe gewonnen wird (vertikale Erdwärmesonde, bis 300 [m] Tiefe) oder flächig aus den oberen Erdschichten (horizontaler Erdwärmekollektor, 1–3 [m] Tiefe). Bei den vertikalen Systemen unterscheidet man offene Systeme, die die Wärme des Grundwassers nutzen und geschlossene Systeme, in denen ein Wärmeträger zirkuliert. Fehldimensionierungen können dazu führen, dass das Erdreich um die Erdwärmesonde bzw. den Erdwärmekollektor gefriert. Die Wärmepumpe schaltet dann ebenfalls in den Elektroheizbetrieb um. Wärmepumpen sind in der Regel nicht für hohe Vorlauftemperaturen geeignet, sondern eignen sich besonders für Häuser mit Fußboden- oder Wandheizung. Eisspeicherheizungen nutzen die Tatsache, dass Wasser zwischen dem flüssigen und dem festen Aggregatzustand Wärme abgeben kann. Im Winter wird Wasser aus einem Bassin mittels einer Wärmepumpe die Wärme entzogen bis es gefriert. Im Sommer entzieht das Eis der Umgebung Wärme und taut wieder auf. Das Eis kann sogar zu Klimatisierungszwecken genutzt werden. Festbrennstoffheizungen für nachwachsende Brennstoffe bieten die Möglichkeit der Bevorratung und laufen – formal – ohne CO2 -Emission,11 weshalb sie mit Zuschüssen gefördert werden. Sie verbrennen Holzscheite, -hackschnitzel oder Pellets aus Holz, Stroh oder landwirtschaftlichen Abfällen. Dabei fällt Asche an. Elektroheizungen haben zwar relativ geringe Anlagenkosten und sind nicht von einem Heizwassersystem abhängig, lohnen sich aber – wenn überhaupt – nur dort, wo sporadisch für kurze Zeit geheizt werden muss. Unter ökologischen Aspekten ist die Elektroheizung nur akzeptabel, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen stammt.

6.6.2 Nachtabsenkung Über den Sinn und Unsinn der Nachtabsenkung lässt sich streiten. Der Effekt beruht darauf, dass umso mehr Wärme verloren geht, je höher die Differenz zwischen Gebäudeinnen- und Außentemperatur ist. Kühlt das Gebäude ab, verliert es also relativ weniger Wärme als wenn es warm gehalten würde. Die Nachtabsenkung lohnt sich umso mehr, je schlechter das Gebäude isoliert ist. Die Heizung muss das Gebäude irgendwann wieder aufheizen und geht dann meist in den Volllastbetrieb. Ob sich die Absenkung lohnt, hängt also neben Bauart und Isolation des Gebäudes auch davon ab, welchen Wirkungsgrad die Heizung im Volllastbetrieb hat. Die gemessene Einsparung einer achtstündigen 11

Tatsächlich ist das falsch, denn die Herstellung des Holzbrennstoffs verursacht sehr wohl CO2 Emissionen.

6.6 Raumwärme

123

Absenkung liegt bei Gebäuden schwerer Bauart zwischen drei und zehn, bei Gebäuden leichter Bauart bei sechzehn Prozent.12

6.6.3 Thermostate Thermostatventile nehmen einem die Regulierung der Radiatoren ab und sorgen für eine gleichbleibende Temperatur. Der Name setzt sich aus „Thermo“, also Temperatur und „stat“ von statisch, „konstant“, „im Gleichgewicht“, zusammen. Die Idee ist, dass das Thermostat einmal auf eine angenehme Temperatur eingestellt wird und sich dann selbstständig darum kümmert, dass diese Temperatur gehalten wird. Trotzdem verstehen viele Menschen den Unterschied zu einem einfachen Heizventil nicht und glauben, das Thermostat müsse laufend nachgeregelt werden: Morgens ist es kalt im Büro, also drehen sie das Thermostat auf Maximum. Das Thermostat versucht nun, eine Temperatur von 26 [°C] oder mehr einzuregeln. Es öffnet das Heizventil maximal, die Radiatoren werden mit heißem Heizwasser durchströmt, die Temperatur im Raum steigt. Irgendwann wird es den Personen im Raum zu warm und das Thermostat wird auf Minimum gedreht. Die vorgegebene Temperatur ist nun nur durch den Frostwächter vorgegeben, das Thermostat versucht, eine Raumtemperatur von etwa 5 [°C] oder knapp darunter zu halten. Der Raum kühlt aus, das Spiel beginnt von vorne. Das ist natürlich unsinnig. Das Thermostat gehört morgens auf eine angenehme Temperatur eingestellt, z. B. 19, 20, 21 oder 22 [°C], den Rest erledigt ein intaktes Thermostat von selbst. Falls keine Nacht- und Wochenendabsenkung existiert, kann es abends wieder moderat heruntergedreht werden. Die Gefahr besteht, dass der Gebäudekörper zu sehr auskühlt. Zur nächsten Betriebszeit sind Mauern und Decken kalt und es kann Kondensat entstehen. Außerdem ist dieser Zustand unbehaglich, denn selbst wenn die Luft im Raum warm ist, geben die Wände unangenehme Kälte ab. Thermostate werden entweder ignoriert oder schnell zum Zankapfel, weil jeder eine andere Temperatur wünscht. Idealerweise sollte die Gebäudetechnik einen Finger auf die Einstellung der Radiatoren haben. Um unkontrollierte Experimente mit den Thermostaten zu verhindern, gibt es Thermostate, die sich nicht oder nur in einer engen Bandbreite manuell einstellen lassen, etwas despektierlich als „Behördenköpfe“ bezeichnet. Diese verhindern, dass allzu viel an den Thermostaten herumgedreht wird. Es gibt auch Thermostate, die auf das Öffnen von Fenstern reagieren, entweder durch einen Kontakt am Fensterrahmen oder infolge einer schlagartigen Änderung der Raumtemperatur. Diese drehen die Heizung ab, sobald ein Fenster geöffnet wird und verhindern so, dass die Außenluft geheizt wird.

12 Vgl. Bund der Energieverbraucher: Nachtabsenkung der Heizleistung – Nutzlose Nachtabsenkung, http://www.energieverbraucher.de/de/nachtabsenkung__1838/.

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6

Querschnittstechnologien

6.6.4 Gradtagzahl und Heizgradtag Gradtagzahl13 (GTZ) und Heizgradtag14 (HGT) dienen der Ermittlung des Heizwärmebedarfs. In Deutschland nimmt man an, dass ab einer Außentemperatur von 15 [°C] (Heizgrenztemperatur) soweit geheizt wird, dass eine Raumtemperatur von 20 [°C] gehalten werden kann, man bezeichnet dies mit GTZ20/15 . Liegt der Tagesmittelwert der Außentemperatur über 15 [°C], beträgt die Gradtagzahl 0. Liegt er beispielsweise bei 14 [°C], so wird für jeden einzelnen Tag in der Heizperiode die Differenz zur Innentemperatur ermittelt, für unseren Beispieltag also 20 [°C]  14 [°C] D 6 [°C]. Die Dauer der Betrachtung ist unterschiedlich und muss deshalb zum Verständnis angegeben werden. Im Regelfall geht man bei der Heizperiode vom Zeitraum 01.09.–31.05. aus, es werden aber auch Gradtage für einzelne Monate oder über das ganze Jahr ermittelt. P Diese Differenzen werden schließlich summiert, kurz: GTZ20=15 D n1 .Tinnen Taussen / mit n als Zahl der betrachteten Heiztage. Da man eine Temperaturdifferenz in Grad Celsius bzw. Kelvin mit Tagen multipliziert, ergibt sich als Einheit [K  d] oder [Kd]. Im Internet gibt es Sammlungen,15 die einem auch die Ermittlung anderer, selbst definierter Gradtagzahlen erlauben, beispielsweise GTZ22/16 usw. Außerdem kann der Ort, an dem die Außentemperatur ermittelt wird, eingestellt werden, sodass man realistischere Werte bekommt. Die Ermittlung der Heizgradtage weicht nur minimal ab. Hier wird eine Heizgrenze von 12 [°C] und eine fest vorgegebene Raumtemperatur von 20 [°C] unterstellt. Über 12 [°C] mittlere Außentemperatur beträgt HGT null, obwohl es bei einer Außentemperatur von 12,1 [°C] ohne Heizung in den meisten Häusern schon unangenehm kalt ist. Unter 12 [°C] mittlerer Außentemperatur wird die Differenz zu 20 [°C] ermittelt. Für die P gesamte Heizperiode mit n Heiztagen also: HGT20=12 D n1 .20  Taussen /. I

13

Praxistipp Erhebliche Verluste treten auf, wenn Türen, Tore und Fenster undicht sind. Ob hier Nachbesserungsbedarf besteht, kann man mittels eines einfachen Tests herausfinden: Bei geöffnetem Fenster wird ein Blatt Papier über den Fensterrahmen gelegt – nicht über die Schließmechanik. Dann wird das Fenster geschlossen. Lässt sich das Blatt nur schwer oder gar nicht herausziehen, scheinen die Fensterdichtungen zu funktionieren, dann findet auch wenig Luftaustausch statt. Lässt sich das Blatt hingegen leicht herausziehen, müssen die Fenster neu abgedichtet oder ersetzt werden. Luftzug durch Spalten an Fensterrahmen kann man – mit der gebotenen Vorsicht (Vorhänge und Gardinen vorher entfernen) – mit einer Feuerzeugflamme nachweisen. Die Flamme zeigt an, wohin die Luft zieht.

Vgl. VDI 2067. Vgl. VDI 3807. 15 Zum Beispiel https://www.dwd.de/DE/leistungen/gtz_kostenfrei/gtz_kostenfrei.html oder http:// www.iwu.de/fileadmin/user_upload/dateien/energie/werkzeuge/Gradtagszahlen_Deutschland.xls. 14

6.7 Kühlung

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Übrigens kann man mit dem Feuerzeug auch die Zahl der Scheiben im Fenster ermitteln. Jede Scheibe reflektiert ein Flammenbild. Reflektiert das Fenster also drei Flammen, handelt es sich um eine Dreifachverglasung.

6.6.5 Checkliste Wärme Heizanlage: ✔ Die Heizanlage wird regelmäßig professionell kontrolliert, gewartet und gereinigt? ✔ Die Vorlauftemperatur und die Leistung der Umwälz- und Zirkulationspumpen werden dem Heizbedarf angepasst? ✔ Die Heizung ist über Innen- und Außentemperatur gesteuert und liefert die volle Raumtemperatur nur während der Betriebszeit? ✔ Für hohe Hallen wurde eine Strahlungsheizung erwogen? Gebäude: ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Es gibt keine Stellen, an denen sich Schwitzwasser oder Schimmel bildet? Gebäude und Fenster sind angemessen und fachlich korrekt isoliert? Es existieren automatische Türschließer? An Toren existieren Schnelllauftore oder Warmluftschleier? Während der Heizperiode wird nicht unkontrolliert über das Dach entlüftet? Lüftungsgeräte laufen während der Heizperiode nur so viel wie erforderlich, gesteuert über Zeiten, relative Luftfeuchtigkeit oder CO2 -Spiegel? ✔ Temperatursensoren sind an sinnvollen Orten angebracht (nicht im Flur, in Abstellkammern, auf dem WC etc.)? ✔ Radiatoren, Lüftungsauslässe usw. sind nicht zugestellt, die Luft kann frei zirkulieren? ✔ Bei Fußbodenheizung verhindern keine Teppiche oder sonstige Auflagen die Wärmeabgabe?

6.7 Kühlung Gemeint sind alle Arten von Kühlung außer Klimatisierung, also Kühlschränke und -truhen, Gefrierschränke, -truhen und -regale, Kühlräume und Kühlanlagen. Manchmal wird irreführenderweise von Kälteerzeugung gesprochen. Das ist aber falsch, denn man kann zwar Wärme erzeugen, z. B. durch Verbrennung, Kälte hingegen kann man nicht „erzeugen“. Vielmehr muss man die Wärme mit einer Art Wärmepumpe von der zu kühlenden Seite „wegpumpen“. Der Kühlschrank, die Gefriertruhe oder die Kühlanlage im Kühlraum erzeugen also keine Kälte, sie pumpen lediglich die Wärme aus

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6

Querschnittstechnologien

Abb. 6.9 Prinzip einer Kältemaschine

dem Innern nach außen. Dafür werden verschiedene Techniken genutzt, für Kühlschränke meist Kompressions- oder Absorptionskältemaschinen. Das Prinzip ist bei beiden gleich: Das Kältemittel wird komprimiert, dabei steigt sein Druck und es heizt sich auf. Im Kondensator (Verflüssiger) gibt es die Wärme ab, der Druck bleibt aber hoch. An einem Expansionsventil fällt der Druck stark ab, das Kältemittel kühlt schlagartig ab und fließt in flüssigem Zustand durch den Verdampfer. Dort nimmt es Wärme auf, um wieder zu verdampfen. Das nun gasförmige Kältemittel fließt zurück zum Kompressor und der Kreislauf beginnt von Neuem (wie Abb. 6.9 zeigt). Kühlschränke haben zur Abgabe der aus dem Innenraum gezogenen Wärme auf der Rückseite eine Rohrschlange als „Kondensator“ oder sie geben ihre Wärme über die Außenhülle des Geräts ab. Größere Kühlanlagen, etwa für Kühlräume, haben im Innern des zu kühlenden Raums einen Wärmetauscher, oft mit Ventilator. Vorzugsweise außen am Gebäude und an einer gut belüfteten Stelle befindet sich der „Kondensator“, über den die Wärme aus dem Kühlraum abgegeben und das Kältemittel wieder abgekühlt wird. Damit das Gerät effizient laufen kann, muss der Kondensator auf der Rückseite des Geräts bzw. die Außenhülle desselben frei sein. Nur so kann die Umgebungsluft vorbeiströmen und die Wärme abtransportieren. Auf dem Wärmebild in Abb. 6.10 sieht man eine Gefriertruhe, die die Wärme über die Außenhülle abgibt. Der Innenraum ist ca. 26 [°C] kalt, die Außenhülle, über die die Wärme abgegeben wird, ist an der wärmsten Stelle 31,9 [°C] warm. Man kann sogar den Verlauf der Rohre unter der Außenhülle erkennen. Sobald die Temperatur im gekühlten Raum die Umgebungstemperatur unterschreitet, findet ein Wärmefluss von außen in den gekühlten Raum statt. Je besser die Isolation und je dichter die Öffnungen des gekühlten Raums, desto langsamer kann die Wärme eindringen. Unnötige Wärmeeinträge von außen (hohe Umgebungstemperaturen) und von innen (Beleuchtung, warmes Kühlgut) sollten vermieden werden. Kühlregale sollten Türen ha-

6.7 Kühlung

127

Abb. 6.10 Kühltruhe mit Wärmeabfuhr über Außenfläche

ben, die nur bei Bedarf geöffnet werden. Die Beleuchtung sollte über möglichst sparsame Leuchtmittel erfolgen und wenn möglich abgeschaltet werden. Wichtige Parameter von Kühlgeräten sind neben Gewicht und Lautstärke:        

Leistungsaufnahme [W] Kühlleistung [W] Volumen [l] Minimaltemperatur [°C] Maximale Umgebungstemperatur [°C] Spezifischer Energieverbrauch je Zeit [kWh/d] oder [kWh/a] Spezifischer Energieverbrauch je Zeit und Volumen [kWh/(l  a)] Maximale Kühl- oder Gefrierkapazität [kg/24 h]

6.7.1

Arten

Die bekannteste Form der Kälteanlage ist die Kompressionskältemaschine. Die Rolle des Verdichters übernimmt hier ein (akustisch vernehmbarer) Hubkolben-, Schrauben-, Rotations- oder Rollkolbenkompressor. Es gibt aber noch eine Reihe anderer Kältemaschinen, von denen vor allem die thermisch angetriebenen erwähnt werden sollen, die Absorptions- und Adsorptionskälteanlagen. Im Gegensatz zu den Kompressionskältemaschinen, bei denen ein mechanischer Verdichter die Kompression übernimmt, haben diese einen thermischen Kompressor. In diesem wird das Kältemittel (z. B. Ammoniak) aus einem Lösungsmittel (z. B. Wasser) durch Erhitzen ausgetrieben. Das Ammoniak wird im Kondensator abgekühlt, entspannt und kann dann im Verdampfer Wärme aufnehmen. Schließlich löst es sich im Absorber wieder im Lösungsmittel, der Kreislauf beginnt von vorne. Angenehm ist, dass diese Form

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Querschnittstechnologien

der Kompression bis auf gelegentliches Blubbern weitgehend geräuschlos vonstattengeht. Thermisch angetriebene Kältemaschinen werden gerne in Minibars oder gasbetriebenen Campingkühlschränken verwendet. Sie bieten die Möglichkeit, eine Kältemaschine mit (Ab-)Wärme oberhalb einer gewissen Temperatur anzutreiben. So kann überschüssige Wärme aus Prozessen oder von solarthermischen Anlagen tatsächlich zur Kühlung genutzt werden.

6.7.2

Dimensionierung

Kühl- und Gefriergeräte bzw. -räume sollten nach Volumen und erforderlicher Kühlkapazität den Bedürfnissen angepasst werden. Je größer der Kühlraum und je würfelförmiger, umso günstiger das A/V-Verhältnis, das Verhältnis von Oberfläche A [m2 ] zu Volumen V [m3 ]. Je dicker die Isolation zwischen Innenraum und Umgebung, desto weniger Wärme kann von außen in den Kühlraum dringen. Gefriertruhen sind, besonders wenn sie länger geöffnet werden, günstiger als Gefrierschränke. Das liegt daran, dass kalte Luft dichter ist als warme und nach unten fällt. Öffnet man eine Gefriertruhe, bleibt die kalte Luft größtenteils darin. Öffnet man dagegen einen Kühl- oder Gefrierschrank, fällt die kalte Luft heraus. Die nachströmende warme Luft muss dann erst wieder abgekühlt werden. Grundsätzlich sollten die Türen nur so oft wie nötig geöffnet und dann auch zügig wieder geschlossen werden. Manchmal sind Kälteanlagenbauer sehr kreativ, wenn es darum geht die Abwärme abzuführen. In der Praxis sieht man Konstruktionen, bei denen die Abwärme – teils mehrerer Kühlanlagen – in einen geschlossenen oder schlecht gelüfteten Raum geleitet wird. Aber

Abb. 6.11 Prinzip einer Kältemaschine mit Wärmerückgewinnung

6.7 Kühlung

129

natürlich „verschwindet“ die Wärme aus diesen Räumen nicht (Energieerhaltungssatz). Es wird immer wärmer, die Kühlanlagen müssen gegen eine immer höhere Temperatur ankämpfen. Irgendwann gelingt es nicht mehr, das Kältemittel zu verflüssigen und die Temperatur im zu kühlenden Raum (sowie der Stromverbrauch) steigen an. Wenn an anderer Stelle Wärme benötigt wird, sei es als Prozesswärme, als Raumwärme oder als warmes Wasser, sollte eine Nutzung der Abwärme der Kälteanlage erwogen werden. Der Kondensator gibt die Wärme dann an einen Puffer ab (wie Abb. 6.11 zeigt), aus dem sie bedarfsweise entnommen wird. Solche Anlagen sind im Hotel- und Gaststättengewerbe schon lange Stand der Technik und senken die Kosten zur Warmwasserbereitung.

6.7.3 Steuerung Die Kühltemperatur sollte so niedrig wie nötig sein, aber nicht kälter. Der spezifische Energieverbrauch von Kühlgeräten wird zwar nach Norm unter Laborbedingungen ermittelt, gibt aber dennoch einen Hinweis darauf, wie viel Energie pro Tag, Jahr oder gekühltem Volumen erforderlich ist. Eine Kühltruhe, die beispielsweise bei 420 Liter Volumen 175 kWh/a verbraucht, liegt mit einem spezifischen Verbrauch von 0,4167 kWh/ (l  a) sehr günstig. Im Handel finden sich aber auch solche Modelle, die mehr als 1 kWh/ (l  a) verbrauchen. Hier sollte sorgfältig gerechnet werden, ab wann sich die Anschaffung eines effizienteren Geräts lohnt.

6.7.4

Wartung

Kleine und große Kühlanlagen müssen gewartet werden. Das bedeutet neben einer regelmäßigen Reinigung vor allem, den Verdampfer eisfrei zu halten. Auch der Kondensator sollte sauber gehalten werden, besonders wenn er ein Gebläse hat. Es besteht die Gefahr, dass Insekten, Spinnweben und Staub die feinen Kanäle des Wärmetauschers verstopfen. Dieser kann die Wärme dann nicht mehr abführen. Obwohl es sich bei Kälteanlagen um geschlossene Systeme handeln sollte, diffundieren immer kleine Mengen des zirkulierenden Kältemittels aus dem Kreislauf. Nach einiger Zeit, das können Jahre sein, ist die Kältemittelmenge soweit gesunken, dass der Kompressor immer mehr laufen muss, um die erforderliche Kühltemperatur zu halten. Bei fest eingebauten Kälteanlagen sollte deshalb regelmäßig das Kältemittel ergänzt werden, die Vorgaben dazu macht der Hersteller oder der Installationsbetrieb. Bestehen längere Kälteleitungen, die das Kältemittel selbst oder einen Kälteträger (z. B. Glykollösung) transportieren, müssen diese lückenlos gut isoliert sein. Ist das nicht der Fall, geht die aufwendig erzeugte Kälte verloren und es bildet sich Kondenswasser oder ein Eispanzer um die Leitungen.

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6

Querschnittstechnologien

6.7.5 Checkliste Kühlung ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

6.8

Kühlanlagen werden regelmäßig kontrolliert, gereinigt und gewartet? Das Kältemittel ist für die Anwendung geeignet? Es ist ausreichend Kältemittel im System? Bei Kältemittelverlust wird Dichtheit der Anlage geprüft? Die Anlage ist teillastfähig, falls erforderlich? Das Kühlsystem ist hydraulisch abgeglichen? Die Kaltwassertemperatur ist für den Zweck richtig? Das Kühlregister ist sauber und eisfrei? Abtauen erfolgt automatisch und nur bei Bedarf? Die Verdampfertemperatur ist nur so niedrig wie nötig und so hoch wie möglich? Die abgezogene Wärme wird zurückgewonnen und sinnvoll genutzt? Der Rückkühler ist sauber und kann seine Wärme ungehindert abgeben (steht nicht in einem geschlossenen Raum, ist gut belüftet)? Die Kondensatortemperatur ist so niedrig wie möglich (unter 50 °C)? Kältemittel oder Kühlmittelleitungen sind einwandfrei isoliert? Kältekompressoren und Pumpen sind dem Bedarf angemessen? Verwendete Riemen sind hocheffizient und werden regelmäßig gewechselt, bevor sie abgenutzt sind? Falls möglich werden wasser- statt luftgekühlte Kondensatoren genutzt? Falls (Ab-)Wärmequellen existieren: Wurde die Möglichkeit von Absorptionskälteerzeugung geprüft? Falls Beleuchtung im gekühlten Raum besteht: Ist diese technisch geeignet, effizient und produziert wenig Abwärme?

Klimatisierung

Vollwertige Klimaanlagen dienen dazu, zu lüften, Raumluft zu heizen, zu kühlen sowie zu be- und entfeuchten. Teilklimaanlagen beherrschen einen oder mehrere dieser Modi nicht. Die Klimatisierung von Arbeitsplätzen ist bei uns lange nicht so verbreitet wie in anderen Ländern. Das spart einerseits Energie, führt aber jenseits einer gewissen Temperatur zu Konzentrationsmängeln und Fehlern. So wies der ADAC16 darauf hin, dass man bei 35 °C etwa 20 % langsamer reagiert als bei 25 °C – derselbe Effekt, wie wenn man 0,5 Promille Alkohol im Blut hätte. Die Klimaanlage funktioniert technisch exakt so wie ein Kühlschrank. Dem Innenraum wird durch das Verdampfen eines Kältemittels Wärme entzogen und diese nach draußen gepumpt und dort an die Umgebung abgegeben.

16

ADAC Motorwelt 9/98.

6.8 Klimatisierung

131

Klimaanlagen genießen hierzulande einen zweifelhaften Ruf als Keimschleudern und Krankmacher.17 Fakt ist, dass die Klimaanlage, wenn sie nicht mit einer Lüftung kombiniert ist, die Raumluft lediglich umwälzt, was in der Tat bereits vorhandene Keime umverteilen kann. Die Raumluft wirkt kühl, aber der atmungsbedingte CO2 -Anteil in der Luft steigt, was zu Konzentrationsproblemen und Unwohlsein führen kann. Natürlich müssen auch in Klimaanlagen die Luftfilter regelmäßig ausgetauscht werden und soweit erforderlich muss das Klimagerät selbst gereinigt werden. Kühlt die Klimaanlage in ihrem Innern die Luft unter den Taupunkt ab, entsteht Kondensat, das abgeführt werden muss. Diese Luftfeuchtigkeit fehlt dann allerdings in der Raumluft, wodurch die Schleimhäute austrocknen können. Dadurch kann sich möglicherweise tatsächlich ein Infekt leichter auf den Schleimhäuten ausbreiten. Moderne Architektur verwendet gerne große Glasflächen, was zwar die maximale Nutzung des natürlichen Lichts ermöglicht, jedoch bei mangelnder Verschattungsmöglichkeit schnell zur Überhitzung von Räumen führt. Wärme, die gar nicht erst in das System eindringt, muss nachher nicht mühsam herausgepumpt werden. Deshalb sollte – wenn möglich – der Verschattung (z. B. mit außen angebrachten Jalousien) immer Vorrang vor der Klimatisierung gegeben werden. Analog der Kühlung ist auf gute Isolation des klimatisierten Bereichs zu achten, unnötige Wärmeeinträge sind zu vermeiden. Wichtige Parameter sind vor allem:    

Leistungsaufnahme [kW] Kühlleistung [kW]18 Volumenstrom [m3 /h] Maximales Raumvolumen [m3 ], manchmal auch die Fläche des zu klimatisierenden Raums [m2 ]

Zur Ermittlung und Abrechnung des Kältebedarfs existieren – analog zu den Heizgradtagen bei der Heizung – Kühlgradtage.

6.8.1 Arten Man unterscheidet je nach erforderlichem Kühlbedarf mehrere Arten von Klimageräten. Direktverdampfer verdampfen das eigentliche Kältemittel vor Ort. Bei der indirekten Kühlung hingegen wird die Kälte meist zentral erzeugt und einem Trägermedium (Kaltwasser, Glykolgemische, Sole) übergeben, das die Kälte an alle Abnahmestellen verteilt. 17

Vgl. DIE ZEIT Nr. 33/2011 „Machen Klimaanlagen krank?“. Hinweis: Manchmal wird auch bei uns die Kühlleistung in „British Thermal Units per hour“ [BTU/h] angegeben, obwohl dies keine SI-Einheit ist. 1 [BTU] D 1055,056 [J] bzw. 1000 [BTU] D 0,293 [kWh], woraus folgt 1000 [BTU/h] D 0,293 [kW]. 18

132

6

Querschnittstechnologien

Kleine mobile Anlagen sind häufig die sog. Monoblock-Geräte, die die entzogene Abwärme über einen Luftschlauch nach außen abgeben. Dazu müssen sie an einen Abluftschacht angeschlossen sein oder man muss ein Fenster öffnen, aus dem man den Abluftschlauch herauslegt. Wenn nun die Klimaanlage dem Raum Luft entnimmt, um diese mit der Abwärme nach draußen zu führen, ist klar, dass im Rauminnern ein kleiner Unterdruck entsteht. Um diesen auszugleichen, strömt von außen (warme) Luft nach innen, die die Anlage wiederum kühlen muss, worunter die Effizienz leidet. Vorteil dieses Systems ist, dass laufend frische Luft nachgezogen wird. Split-Geräte sind ebenfalls als mobile Geräte verfügbar, werden aber in der Regel fest montiert. Diese bestehen aus zwei Einheiten, der Kühleinheit für den Innenraum, in der sich der Verdampfer befindet und dem Rückkühler für außen, in dem sich der Kondensator befindet. Der Kompressor kann sich – je nach Hersteller und Modell – im Innen- oder im Außenteil befinden. Das Kondenswasser wird für gewöhnlich vom Innenteil ins Außenteil gepumpt. Die beiden Teile sind lediglich über Schläuche miteinander verbunden, darunter die Vor- und Rücklaufleitung für das Kältemittel, ein Ablauf für das Kondenswasser und eine Stromversorgung sowie ggfs. Leitungen von Messfühlern. Wird das Splitgerät mobil betrieben, muss dieser Verbindungsschlauch durch ein Fenster o. ä. geführt werden. Splitgeräte wälzen die Luft im Raum nur um, es muss also trotz Klimaanlage regelmäßig gelüftet werden, um die CO2 -Konzentration zu senken. Die Abgabe der Kälte erfolgt in der Regel über Kühlregister, Kühldecken oder über die Lüftung. Vereinzelt findet man Installationen, in denen die Fußbodenheizung oder Radiatoren zur Kälteabgabe genutzt werden. Hier besteht die Gefahr der Unterschreitung des Taupunktes, was Kondensatanfall bedeutet, der zu Schimmelbildung führen kann. Inverter-Klimageräte können den Kompressor in seiner Leistung steuern, d. h. er kennt nicht nur die Zustände „ein“ und „aus“, sondern kann bei geringem Kältebedarf auch mit verringerter Leistung laufen. Manche Klimaanlagen bieten die Möglichkeit, im Winter „rückwärts“ als Wärmepumpe zum Heizen zu laufen. Insbesondere in Ländern, in denen es im Winter nicht allzu kalt wird, ist dies eine brauchbare Alternative zu Öfen oder Elektroheizungen. Wie bei den Kühlgeräten können Klimaanlagen statt als Kompressionskälteanlagen auch als Absorptions- oder Adsorptionskälteanlagen gebaut sein. Diese können mit Gas- oder Ölbrennern, Abwärme oder mit Sonnenwärme aus Solarthermieanlagen betrieben werden. Ein kleiner Trick, den Wirkungsgrad kombinierter Klima- und Lüftungsanlagen zu verbessern, ist die sog. „Adiabatik“. Er funktioniert, wenn die Lüftungsanlage einen Wärmetauscher hat. Im Lüftungsgerät wird kurz vor dem Wärmetauscher feiner Wasserdampf in die Abluft gesprüht. Das Wasser verdampft und nimmt sich die dazu erforderliche Energie aus der Abluft, die dadurch abkühlt. Die nun kühlere Luft geht in den Wärmetauscher und kühlt darin die Zuluft ab. Diese vorgekühlte Luft geht dann in den Verdampfer der Klimaanlage.

6.8 Klimatisierung

133

Grundsätzlich besteht – wie bei Kühlanlagen auch – die Möglichkeit, die Wärme, die die Klimaanlage der Raumluft entzieht, einem Pufferspeicher zuzuführen und z. B. zur Warmwasserbereitung zu nutzen.

6.8.2 Dimensionierung Die Dimensionierung einer Klimaanlage sollte vom Spezialisten erfolgen. Sie hängt ab von der gewünschten Temperaturdifferenz, der Größe des zu kühlenden Raums, aber auch von den Waren, Geräten und Personen, die sich in diesem Raum befinden bzw. in den Raum kommen oder gehen. Die Raumwände können als Systemgrenze angesehen werden, durch die Wärme von außen nach innen gelangt. Ferner wird im Innern Wärme abgegeben. Um die Energiebilanz gerade zu halten, d. h. die Raumtemperatur konstant zu halten, muss die Kühlung in der Lage sein, die gesamten Wärmeeinträge nach außen zu pumpen. Allein die Abwärme von Menschen sollte nicht unterschätzt werden.19 Schon im ruhigen Sitzen bei 20 °C Raumtemperatur gibt der Mensch zwischen 80 und 110 Watt ab. Bei mittelschwerer Arbeit sind es zwischen 120 und 220 Watt, bei schwerer Arbeit zwischen 160 und 330 Watt. Dazu kommt Wärme aus sonstigen Quellen, besonders die Abwärme von Geräten und Sonneneinstrahlung durch Fenster.

6.8.3 Steuerung Die Temperaturüberwachung sollte thermostatisch erfolgen. Die Raumtemperatur sollte nicht zu niedrig eingestellt sein, das ist nicht zuletzt eine Frage des Wohlbefindens der beteiligten Personen. Jedes Grad weniger im Raum kostet zusätzlichen Strom für den Kompressor. Klimaanlagen in Serverräumen sollten nicht zu kalt eingestellt werden, anderenfalls kann es passieren, dass sie über die Wände die Wärme der Nachbarräume abziehen. Wie kühl die Geräte gehalten werden müssen, ist mit den Herstellern zu klären. Dabei macht das Gerät, das im Betrieb die niedrigste Temperatur braucht, die Vorgabe. Für gewöhnlich kommt die EDV heute mit Temperaturen über 22 °C gut zurecht. Bei niedrigen Außentemperaturen ist die Möglichkeit des „free coolings“ zu prüfen, d. h. auf eine aktive Komponente wie eine Klimaanlage wird verzichtet und es wird einfach die kühle Außenluft genutzt. Diese sollte allerdings gefiltert werden, um Pollen und Insekten von den Geräten fernzuhalten.

19 Vgl. http://www.uni-magdeburg.de/isut/TV/Download/Der_Mensch_als_waermetechnisches_ System.pdf.

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Querschnittstechnologien

6.8.4 Wartung Klimaanlagen brauchen neben Wechseln der Luftfilter von Zeit zu Zeit neues Kältemittel. Dort, wo Kompressor und Antriebsmotor zwei separate Bauteile sind, empfiehlt sich neben Hocheffizienzmotoren der Einsatz hocheffizienter Antriebsriemen. Mitunter ist die Desinfektion des Verdampfers erforderlich, um eine Belastung der Raumluft mit Sporen und Keimen zu verhindern. Besonders Legionellen gefährden die Gesundheit. Spätestens wenn die Luft aus der Klimaanlage muffig riecht, ist eine Desinfektion nötig.

6.8.5 Checkliste Klimatisierung ✔ Klimaanlagen werden regelmäßig kontrolliert, gereinigt und gewartet? ✔ Wenn möglich, wird passiv gekühlt (free cooling, z. B. mit kalter Außenluft oder kaltem Wasser)? ✔ Klimagerät passt sich dem Bedarf an (Komfortklimagerät)? ✔ Möglichkeiten zur Verschattung (z. B. Jalousien) bestehen und werden genutzt? ✔ Fenster und Türen sind während der Klimatisierung geschlossen und dicht? ✔ Wo Öffnungen erforderlich sind, gibt es Kaltluftvorhänge oder Schleusen? ✔ Der Luftwechsel ist so hoch wie erforderlich, aber nicht höher? ✔ Es ist technisch ausgeschlossen, dass parallel zur Klimatisierung im selben Bereich geheizt wird? ✔ Klimatisierung läuft nur zu Betriebszeiten? ✔ Bei stark unterschiedlichem Kühlbedarf werden Klimazonen gebildet und sinnvoll angeordnet? ✔ Die Raumtemperatur ist nicht zu niedrig? ✔ Unnötige Wärmequellen werden vom klimatisierten Bereich ferngehalten?

6.9 Prozesswärme Prozesswärme dient dazu, Stoffe oder Systeme physikalisch, chemisch oder biologisch zu verändern. Darunter fallen Wärmetrockner, Wasch- und Spülmaschinen ebenso wie alle Arten von Öfen.  Physikalische Änderungen verändern den Aggregatzustand oder das Gefüge eines Stoffs. Aggregatzustandsänderungen sind das Schmelzen, Verdampfen und Sublimieren von Stoffen oder Stoffgemischen. Zu den Gefügeänderungen zählen u. a. diverse Arten des Glühens von Stählen oder das Tempern von Stahl, Glas oder Halbleitern. Auch der elektrische Widerstand, die Oberflächenspannung oder die Sättigungsgrenze von Lösungen ändern sich mit der Temperatur.

6.9 Prozesswärme

135

 Chemische Änderungen zielen auf eine chemische Reaktion von Stoffen ab, die nur ober- oder unterhalb einer bestimmten Temperatur zuverlässig funktionieren. So benötigen beispielsweise die Perborate, die Waschmitteln zum Bleichen zugesetzt werden, bestimmte Mindesttemperaturen, um den gebundenen Sauerstoff abzuspalten.  Biologische Änderungen können sowohl zur Anregung des Wachstums als auch zum Abtöten von Mikroorganismen dienen (thermische Desinfektion). Auch Enzyme wirken oft nur innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs optimal. Wesentliche Parameter sind hier:     

Die Temperatur T [°C] oder [K] Die Leistung P [kW] des Wärmeerzeugers bzw. der Wärmebedarf des Prozesses Der Wärmestrom in die oder aus der Anwendung ˚ [kW] Der verwendete Wärmeträger Gelegentlich der Druck p [Pa]

Wie viel Wärme bei welcher Temperatur benötigt wird, hängt vom verwendeten Prozess ab. Daran lässt sich physikalisch bedingt meist nicht viel ändern, denn beispielsweise der Schmelzpunkt lässt sich nicht senken. Zu erwägen ist eine Änderung des Prozesses selbst, etwa Kleben, Nieten oder Schrauben statt Schweißen. Die erforderliche Wärme für den Prozess kann direkt oder indirekt geliefert werden. Bei der direkten Methode wird z. B. eine Glasschmelze unmittelbar der Erdgasflamme des Ofens ausgesetzt. Das ist effizient, geht aber nur, wenn das Produkt mit den Brenngasen in Kontakt kommen darf (oder soll). Bei der indirekten Methode wird ein Energieträger (Wasser, Wasserdampf, Sole, Salzschmelze, Thermoöl) zwischengeschaltet. Das erhöht den Komfort, kann jedoch die Effizienz verringern. Energetisch ist es oft sinnvoll, die Wärme gleich am Ort der Nutzung zu erzeugen. Abwärme kann passiv oder aktiv genutzt werden. Bei der passiven Nutzung wird die Abwärme entweder direkt weiterverwendet (Heizung der Backstube mit der Wärme der frischen Brote und der Öfen) oder über einen Wärmetauscher geleitet, der die Wärme auf einen anderen Wärmeträger überträgt (z. B. in der Abluft eines Ofens). Bei der aktiven Nutzung hingegen entzieht eine Wärmepumpe der Abluft oder dem Abwasser aktiv die Wärme und hebt diese auf ein höheres Temperaturniveau, was den Nutzwert erhöht. So kann man aus einer ausreichend großen Menge 20 [°C] kalten Abwassers mit einer Wärmepumpe Heizwärme auf einem Temperaturniveau von 60 [°C] und mehr (Hochtemperaturwärmepumpe) erzeugen. Der Energieerhaltungssatz gilt natürlich trotzdem. Die Wärmepumpe gewinnt aus viel Wärme auf niedrigem Niveau wenig Wärme auf hohem Niveau, aber sie „erzeugt“ keine Wärme. Grundsätzlich gilt (Ab-)Wärme als umso wertvoller, je höher ihr Temperaturniveau ist, denn je höher das Temperaturniveau, desto breiter die Palette der Nutzungsmöglichkeiten. Besonders die Abwärme von Öfen zum Schmelzen von Glas oder zum Brennen von

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Querschnittstechnologien

Keramik sowie das Rauchgas von Wärmeerzeugern enthält viel Wärme auf hohem Temperaturniveau. Oberhalb 400 [°C] kann ausreichend vorhandene Abwärme zur Brenngutvorwärmung und sogar zur Stromerzeugung mittels Dampf- oder ORC20 -Prozess ausreichen. Zwischen 100 und 250 [°C] kann die Abwärme zur Trocknung, für Absorptionskältemaschinen, zur Niederdruck-Dampferzeugung, für Produktionsprozesse oder zur Vorwärmung von Speisewasser oder Verbrennungsluft genutzt werden. Abwärme unter 100 [°C] kann zur Raumheizung oder zur Warmwasserbereitung genutzt werden. Liegt Abwärme auf niedrigem Niveau vor, also unter 40 [°C], kann diese mittels einer Wärmepumpe immer noch genutzt werden. Auch Abluft und Abwasser enthalten noch Wärme. Wärmerückgewinnung aus Abwasser sollte jedoch gut durchdacht werden. Enthält das Abwasser gelöste Stoffe, insbesondere Fette, kann die Abkühlung das Wassers dazu führen, dass Feststoffe ausflocken und das Abwasserrohr verstopfen. Solche Phänomene hat es auch ohne Abwärmenutzung schon gegeben.21 Besonders das Rauchgas von Verbrennungsanlagen sollte auf seine weitere Nutzbarkeit untersucht werden. Wärmeerzeugungsanlagen müssen regelmäßig gewartet werden, alle Leitungen sollten lückenlos isoliert sein. Bei der Suche nach Wärmelecks hilft die Wärmebildkamera.

6.9.1 Checkliste Prozesswärme Anwendung ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Die Bereitschaftsverluste sind minimiert? Die Beschickung erfolgt optimal, nachgefülltes Gut wird vorgewärmt? Die Abwärme des Prozesses und der Anlagen wird genutzt? Die Abkühlungswärme des erhitzten Gutes wird genutzt? Die Einschaltzeiten von Gas- und Elektroöfen werden zur Vermeidung von Lastspitzen optimiert?

Erzeugung, Transport und Verteilung ✔ ✔ ✔ ✔ 20

Heiz- und Feuerungsanlagen werden regelmäßig kontrolliert, gewartet und gereinigt? Heiz- und Feuerungsanlagen sind sinnvoll dimensioniert? Die Abgasverluste sind gering, es entstehen kein Ruß und kein Kohlenmonoxid? Die Kesselbetriebszeiten sind minimiert?

Organic Rankine Cycle, ein Dampfprozess, der statt Wasser organische Lösungsmittel verwendet. Vgl. http://www.spiegel.de/panorama/krieg-in-der-kloake-london-kaempft-gegen-den-monsterfettball-a-1167445.html.

21

6.10 Trocknung

137

✔ Teillastbetrieb, z. B. in der Übergangszeit, wird durch Pufferspeicher vermieden? ✔ Die Temperatur der Außenwand des Kessels liegt nicht mehr als 5 [°C] über der Heizraumtemperatur? ✔ Der Kessel nutzt bereits Brennwerttechnik? ✔ Der Kessel wird abhängig von Betriebszeiten, Außen- und Innentemperatur geregelt? ✔ Bei mehreren Kesseln erfolgt der Einsatz je nach Anforderung nacheinander, nicht parallel? ✔ Reservekessel werden nicht permanent warmgehalten? ✔ Wärmerückgewinnungsmöglichkeiten wurden geprüft? ✔ Die Nutzung erneuerbarer Energien (z. B. Solarthermie, Geothermie, Umweltwärme) wurde geprüft? ✔ Die Vorlauftemperatur von Wärmepumpen ist möglichst gering? ✔ Das Leitungssystem ist dicht und gut gedämmt? ✔ Wärmeträgerleitungen sind nicht unnötig lang? ✔ Wärmetauscher sind korrekt dimensioniert und sauber? ✔ Wärmeträgerpumpen laufen nur wenn nötig? ✔ Puffergefäße sind ausreichend groß und gut gedämmt? ✔ Brauchwasser ist nur so warm wie nötig und zur Erfüllung der Hygieneanforderungen erforderlich?

6.10

Trocknung

Bei der Trocknung wird einem Trockengut eine Flüssigkeit entzogen. Das kann im Falle von Lacken bedeuten, dass ein lackiertes Teil mit warmer Luft umspült wird, bis das Lösungsmittel verdampft ist. In den meisten Fällen ist es jedoch Wasser, das dem Trockengut entzogen werden muss. Für die Auslegung einer Trocknung sind folgende Parameter wichtig:     

Die maximal zulässige Temperatur des Trockenguts [°C] Die erforderliche Restfeuchte [%] Die zulässige Zeit für die Trocknung [h] Darf das Trockengut direkt mit Verbrennungsgasen in Berührung kommen? Reinheits- und Hygieneauflagen

6.10.1 Arten der Trocknung Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Wasser vom Trockengut zu trennen: mechanische, sorptive und thermische. Sofern möglich, ist die mechanische Trocknung der thermischen Trocknung vorzuziehen. Das liegt daran, dass Wasser eine hohe spezifische Wärmekapazität (4,18 [kJ/(kg 

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Querschnittstechnologien

K)]) und eine hohe Verdampfungswärme (2257 [kJ/kg]) hat, die zur Verdampfung aufgebracht werden muss. Mechanische Trocknungsverfahren basieren auf einer Trennung des Feststoffs von der Flüssigkeit durch mechanische Kraft. Dazu zählen:  Zentrifugieren (Schleudern)  Druck (Pressen, Wringen)  Absetzen (anschließend Abgießen oder Abschöpfen) Wie weiter unten zu sehen, ist eine ausreichende Trocknung mit mechanischen Methoden nicht immer erreichbar. In diesem Fall bieten sich zwei weitere Techniken zur Trocknung an, die Trocknung durch Sorption und die Trocknung durch thermische Verfahren. Sie beruhen darauf, den Aggregatzustand des Wassers von flüssig nach gasförmig zu ändern und den Wasserdampf dann zu binden bzw. zu entfernen. Sorptive Verfahren kennt man aus der Verpackung. Dazu zählen:  Absorption  Adsorption Nimmt ein Feststoff die Feuchtigkeit auf, spricht man von Adsorption. Feuchtigkeitsempfindlichen Elektroartikeln (Handys, Kameras) wird gerne ein kleines Päckchen mit Kieselgel (engl. silica gel, siehe Abb. 6.12) in die Verpackung gegeben. Dieser Feststoff kann Wasser aufnehmen und binden. Bei hohen Temperaturen geben die kleinen Kügelchen das Wasser wieder ab, sie sind also regenerierbar. Es gibt weitere Substanzen, die diesen Effekt zeigen, z. B. Zeolith, Tonerde oder diverse Salze. Nimmt dagegen eine Flüssigkeit die Feuchtigkeit auf, spricht man von Absorption. Schwefelsäure, Phosphorsäure oder Glycerin sind stark hygroskopisch (wasseranziehend) und werden im Labor genutzt, um Stoffe zu entfeuchten.

Abb. 6.12 Trockenkügelchen aus Silica Gel

6.10 Trocknung

139

Bei den thermischen Verfahren wird das Wasser durch eine Phasenumwandlung entzogen. Dazu zählen unter anderem:       

Gefriertrocknung Vakuumtrocknung Mikrowellentrocknung Kondensationstrocknung Lufttrocknung Infrarottrocknung Trocknung durch Wärme

Die Gefriertrocknung wird in der Lebensmittelindustrie häufig angewandt. Die Trockenfrüchte in Müsli werden beispielsweise gefriergetrocknet. Dadurch behalten sie ihre Form und ihr Aroma. Die Vakuumtrocknung nutzt den Effekt, dass der Siedepunkt von Flüssigkeiten im Unterdruck sinkt. Dadurch verdampft die Flüssigkeit schon bei niedrigeren Temperaturen. Die Mikrowellentrocknung wird genutzt, um feuchte Bauwerke zu trocknen. Dabei wird die feuchte Wand mit Mikrowellen bestrahlt, das Wasser in der Wand erwärmt sich und kann mit einem Bautrockner kondensiert und entfernt werden. Die Kondensationstrocknung wird in Kondensationswäschetrocknern genutzt, dazu unten mehr. Die Lufttrocknung nutzt die Tatsache, dass trockene Luft Feuchtigkeit aufnimmt. Rosinen werden so hergestellt. Je höher die Temperatur, umso mehr Feuchtigkeit kann Luft aufnehmen (wie Abb. 6.13 darlegt).22 Die Infrarottrocknung wird beim Lackieren benutzt. Sie besteht aus einem Wärmestrahler, der auf das lackierte Teil gerichtet wird. Statt die Luft in der Umgebung aufzuheizen, wird das lackierte Teil direkt erwärmt, wodurch das Lösungsmittel schneller verdampft. Schließlich kennt jeder die Möglichkeit, Dinge durch Zuführung von Wärme zu trocknen. Darunter fällt der Trockenofen ebenso wie der Heizkörper, auf dem man ein feuchtes Handtuch trocknet. Wird ein Brennstoff verbrannt, um die Wärme für einen Trockenvorgang zu erzeugen, ist es wichtig, ob die heißen Verbrennungsgase das Trockengut direkt umspülen dürfen (was den Wirkungsgrad steigert), oder ob ein Wärmetauscher dazwischen geschaltet werden muss. In manchen Fällen legt man sogar großen Wert darauf, dass die Verbrennungsgase das Trockengut umspülen, etwa beim Darren von Malz für Whisky. Die Verbrennungsgase des Torfs geben dem Whisky erst den gewünschten rauchigen Geschmack. Ist dagegen ein Wärmetauscher zwischengeschaltet, können verschiedene Wärmequellen und Energieträger zur Wärmeversorgung verwendet werden. 22

Bei 0 [°C] ist die Luft schon bei einem Wassergehalt von 5 [g/m3 ] gesättigt. Bei 10 [°C] kann sie ca. 9,5 [g/m3 ] aufnehmen, bei 20 [°C] schon ca. 17,5 [g/m3 ], bei 30 [°C] 30 [g/m3 ] und bei 100 [°C] fast 600 [g/m3 ].

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Abb. 6.13 Sättigungsmenge von Wasserdampf in der Luft in Abhängigkeit von der Temperatur

6.10.2 Zeit Ein ganz wesentlicher Einflussfaktor neben der Temperatur ist die Zeit, die man dem Trockenvorgang zubilligt. Diese Tatsache macht man sich bei Trockenschränken für Wäsche zunutze. Die Trocknung dauert hier zwar lange, benötigt aber dafür nur wenig Energie. Ein praktisches Beispiel aus dem Haushalt Soll Wäsche getrocknet werden, ist das Schleudern die einfachste mechanische Form der Vorentfeuchtung. Aus Abb. 6.14 ist ersichtlich, dass bereits eine moderate Drehzahl von 800 [1/min] die Restfeuchte auf 70 % des ursprünglichen Werts reduziert. Erkennbar ist aber auch, dass selbst bei steigender Drehzahl die Restfeuchte nicht beliebig reduziert werden kann. Die Restfeuchte nach dem Schleudern mit 1600 [1/min] beträgt 44 %, die nach dem Schleudern mit 1800 [1/min] beträgt sie 42 %. Offenbar nähert sich die Restfeuchte asymptotisch einem Grenzwert von um die 40 % an. I

Praxistipp Was aus der Abbildung nicht hervor geht: Die mechanische Beanspruchung der Wäsche nimmt mit steigender Drehzahl drastisch zu. Obwohl es aus der Sicht des Energieverbrauchs sinnvoll scheint, die Schleuderdrehzahl zu maximieren, ist es ökonomisch sinnvoller, sich auf eine Drehzahl zu beschränken, die einem nicht die Wäsche zerreißt. Im Alltag sind erfahrungsgemäß Schleuderdrehzahlen zwischen 1200 [1/min] und 1600 [1/min] ein sinnvoller Kompromiss aus Kosten für Energie und Kosten für neue Wäsche.

6.10 Trocknung

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Abb. 6.14 Restfeuchte in Abhängigkeit von der Schleuderdrehzahl. (Datenquelle: Allgäuer Überlandwerk GmbH)

Nach dem Schleudern mit 1400 [1/min] liegt die Wäsche vorgetrocknet vor, enthält aber noch rund die Hälfte ihrer ursprünglichen Feuchte. Theoretisch könnte man durch Auswringen oder Pressen versuchen, die Entfeuchtung zu steigern, was aber die Wäsche beschädigen würde. Schonender wäre es, die Wäsche zum Trocknen draußen aufzuhängen. Das verbliebene Wasser würde der Umgebungsluft die nötige Wärme zum Verdampfen entziehen und mit jeder Luftbewegung würde die Wolke aus verdampftem Wasser fortgetragen. Bei trockener Luft, Wind und direkter Sonneneinstrahlung kann das recht schnell gehen. Wider Erwarten trocknet Wäsche übrigens auch in sehr kalter Luft gut, denn kalte Luft ist besonders trocken. Deshalb kann man sie auch an eiskalten Wintertagen draußen aufhängen. Ist die Wäsche gefroren, sollte sie nur nicht geknickt werden, sonst werden die Fasern zerstört. Deutlich schneller und von der Wetterlage unabhängig sind Wäschetrockner. Abluftwäschetrockner saugen die Raumluft an und erwärmen diese, wodurch die Aufnahmefähigkeit für Wasserdampf steigt. Die warme trockene Luft umspült die Wäsche in der rotierenden Trommel, gibt einen Teil ihrer Wärme ab, um Wasser zu verdampfen und nimmt diesen Wasserdampf auf. Beim Ablufttrockner wird die warme feuchte Luft dann einfach fortgeblasen. Beim Kondensationswäschetrockner dagegen strömt die warme Abluft über einen Wärmetauscher, in dem sie die Wärme zum Teil an frische Luft abgibt. Dabei kühlt sie sich soweit ab, dass ein Teil der Feuchtigkeit als Kondensat ausfällt. Kondensationstrockner mit Wärmepumpe kühlen die feuchte Abluft aus der Trommel am Verdampfer einer Kälteanlage stark ab. Anschließend wird die Luft über den Kondensator der Kälteanlage geführt und wieder für die Trommel aufgewärmt.

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Abb. 6.15 Wäschetrocknung im Standard- und im Schongang

In Abb. 6.15 ist der gemessene Vergleich von zwei Trockengängen mit identischer Füllung zu sehen. Einmal lief der Ablufttrockner im Standardprogramm. Er benötigte 45 Minuten und 1,664 [kWh] Strom. Das andere Mal lief der Trockner im Schongang, wobei einfach nur die Temperatur verringert wird. Die Trocknung dauerte dann 49 Minuten (C9 %), brauchte aber nur 1,360 [kWh] Strom (18 %). Anhand des Verlaufs der Verbrauchskurven ist zu erkennen, dass der Trockner im Standardprogramm die Heizung einschaltet und laufen lässt, bis er nach ca. 36 Minuten in das Kaltluftprogramm wechselt, um die Wäsche abzukühlen. Im Schongang hingegen wird die Heizung zwischendurch immer wieder abgeschaltet, wodurch die Temperatur in der Trommel niedriger bleibt. Eine Verkürzung der Trockenzeit wird also mit höherem Energieaufwand erkauft. Allerdings gilt diese Gleichung nicht uneingeschränkt. Besonders für Lebensmittel können Trockenzeit und -temperatur nicht beliebig geändert werden. Zu hohe Temperaturen zerstören Nährstoffe, zu lange Zeit kann Schimmel und Fäule begünstigen. In Abhängigkeit vom Trockengut ist stets ein tragfähiger Kompromiss aus Zeit, Energieaufwand und Restfeuchte zu wählen.

6.10.3 Wärmerückgewinnung Viele Trocknungsprozesse setzen auf Wärme, um den Trockenvorgang zu beschleunigen, so auch der Wäschetrockner. Interessant ist, dass diese Wärme zurückgewonnen werden kann, wie es im Fall der Kondensationstrockner geschieht. Für große Teile werden Trockenkabinen genutzt, um den Lack oder die Farbe schneller trocknen zu lassen. Die warme Abluft aus den Trockenkabinen wurde früher einfach fortgeblasen. Heute gibt es Möglichkeiten, die Wärme aus der Abluft von Trockenprozes-

6.10 Trocknung

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Abb. 6.16 Wärmerückgewinnung aus einer Trockenkabine

sen zurückzugewinnen, wie Abb. 6.16 schematisch skizziert. Dies kann passiv mit einem einfachen Wärmetauscher geschehen oder aktiv mit einer Wärmepumpe, die die Abluft noch weiter abkühlt. Die zurückgewonnene Wärme kann, muss aber nicht zwingend dem Trocknungsprozess wieder zugeführt werden. Sie kann genauso gut zur Erwärmung von Wasser oder zur Unterstützung der Heizung genutzt werden.

6.10.4 Checkliste Trocknung ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Die Trocknungsanlage wird regelmäßig kontrolliert, gereinigt und gewartet? Das Trockengut wird soweit möglich mechanisch vorentfeuchtet? Ist eine natürliche Trocknung möglich? Die zulässigen Trockenverfahren wurden erhoben und das am besten geeignete ausgewählt? Ist eine Strahlungstrocknung möglich? Die Temperatur bei der Trocknung ist nur so hoch wie nötig? Die Trockenzeit ist angemessen? Die Trockenanlage ist gut isoliert und hat keine Wärme- oder Kälteverluste? Bei Trocknung durch Wärme wird die Wärme zurückgewonnen? Darf das Trockengut direkt mit Verbrennungsgasen in Kontakt kommen? Gibt es eine Taupunkt- oder Enthalpieregelung?

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6.11 EDV Die elektronische Datenverarbeitung (EDV) oder Informationstechnologie (IT) hat viele Arbeitsvorgänge, die früher manuell auf Papier erledigt wurden, automatisiert. Es wurde gewissermaßen menschliche Denkleistung und Büroarbeit durch einen strombetriebenen Dienstleister ersetzt. Typisch ist, dass die Anwender an einem eher sparsam ausgestatteten Rechner („Client“) sitzen, die Rechen- und Speicherleistung hingegen auf einem zentralen Gerät („Server“) erfolgt, der die Clients mit den notwendigen Daten beliefert. Dieses Konzept vermeidet Redundanz und erhöht die Integrität der Daten, sofern alles richtig funktioniert.

6.11.1 Client Bevor Arbeitsplatzrechner angeschafft werden, sollte geklärt werden, was darauf erledigt werden soll und welche Leistung dafür erforderlich ist. Danach bemisst sich die Hard- und Softwareausstattung. Für Büroarbeiten (Textverarbeitung, einfache Tabellenkalkulation, gelegentliches Surfen im Internet und Mailbearbeitung) genügt ein einfacher Rechner. Extras wie 3D-Graphikkarten und potente Mehrkernprozessoren bringen nur in der technischen Entwicklung Vorteile, etwa für CAD, CAE und CAM-Anwendungen. Wird der Rechner gar nur verwendet, um auf einer Eingabemaske Daten zu erfassen, wie häufig an Kassenterminals, in der Buchhaltung oder im Lager, genügt häufig ein „Thin Client“. Das sind extrem abgespeckte Rechner, die kaum größer als eine Geldbörse oder bereits im Bildschirm integriert sind. Die Rechenarbeit wird dann vollends auf den Server ausgelagert. Leider geben noch immer wenige Hersteller die Leistungsaufnahme ihrer Rechner an. Die Kunden fragen auch meistens eher nach dem Prozessor oder der Speichergröße als nach dem Stromverbrauch. Ein Client sollte – ohne Monitor – nicht mehr als 40 Watt im Leerlauf verbrauchen. Abb. 6.17 zeigt das Wärmebild eines Laptops. Ein paar einfache Sparmaßnahmen:  Sofern nicht anders vorgegeben, Rechner nach Dienstschluss abschalten, ggfs. ganz vom Netz trennen.  In Pausen den Rechner in den Bereitschaftsmodus versetzen (Suspend to RAM).  Wenn überhaupt ein Bildschirmschoner erforderlich ist, dann „schwarzer Bildschirm“, alles andere verursacht unnötige Rechenlast.  Den Monitor nach ein paar Minuten Untätigkeit ganz abschalten lassen. Monitore mit LED-Beleuchtung sind nach dem Einschalten sofort wieder auf voller Helligkeit verfügbar.  Ungenutzte Peripheriegeräte (Scanner, Lautsprecher, USB-Hubs, externe Laufwerke) abschalten. Eine Master-Slave-Steckdose kann einem diese Arbeit vereinfachen.

6.11 EDV

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Abb. 6.17 Laptop im Wärmebild

 Rechner regelmäßig reinigen. Staub verstopft die Lüfter und erhöht damit den Lüftungsbedarf. Im Gegensatz zu Clients stehen Server meist in geschlossenen Räumen, was die Staublast verringert.  Drucker zentral (z. B. je Flur oder Stockwerk) zu bündeln ist sinnvoller, als jedem Arbeitsplatz einen eigenen Drucker zu geben. Gelegentliche Bewegung um zum Drucker zu gehen wird auch von den Berufsgenossenschaften gerne gesehen. Bei den Clients macht die Menge den Stromverbrauch: Ein Rechner, der samt Monitor 60 Watt braucht, nimmt an einem neunstündigen Arbeitstag 0,54 [kWh] auf. Bei 230 Arbeitstagen sind das 124,2 [kWh]. Für einen Betrieb mit 100 Rechnern folglich 12.420 [kWh] – bei 0,20 [C/kWh] Strom für fast 2500 [C]!

6.11.2 Server Wesentlich mehr Potenzial bietet die zentrale EDV. Zur Bewertung der Effizienz eines Rechenzentrums gibt es den DCIE-Wert (Data Center Infrastructure Efficiency). Er ermittelt sich als: Energieverbrauch der IT DCIE D Energieverbrauch des gesamten Rechenzentrums Gemeint ist mit IT alles, was unmittelbar zur Erbringung von Rechen- und Speicherleistung dient, also Server und Laufwerke. Der Verbrauch des gesamten Rechenzentrums hingegen beinhaltet auch den Verbrauch der Peripherie, vor allem Kühlung, Lüftung, unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) und Beleuchtung. Damit kann der DCIE zwischen 100 % (es existieren ausschließlich Verbraucher, die der Erbringung von Rechen- und Speicherleistung dienen, keine Kühlung, keine Lüftung, keine USV, keine Beleuchtung) und 0 % (Kühlung, Lüftung, USV und Beleuchtung, aber keine Rechner

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oder Speicher) liegen. Daraus folgt, dass der DCIE möglichst hoch sein sollte. In kleinen „Rechenzentren“ oder Serverräumen liegt der DCIE bei 75 % und höher, denn es gibt oft gar keine Kühlung, Lüftung oder USV. In großen Rechenzentren hingegen liegt der DCIE oft unter 50 %. Das bedeutet weniger als die Hälfte des verbrauchten Stroms kommt unmittelbar Rechen- und Speicherzwecken zugute, der Rest geht in die Infrastruktur.

6.11.3 Hardware Server sollten vernünftig dimensioniert werden. Empirisch sind Server über den Tag verteilt selten zu mehr als 20 % ausgelastet. Das liegt vermutlich daran, dass Server auf eine theoretische Spitzenlast dimensioniert werden, selbst wenn sich diese Lastspitze in der Praxis nie ergibt. Die Frage ist, wie viel man auszugeben bereit ist, um nicht bei einer zufälligen Lastspitze, die theoretisch einmal alle zehn Jahre oder noch seltener auftritt, ein paar Sekunden warten zu müssen. Schon bei der Beschaffung der Hardware sollte auf deren Energieeffizienz geachtet werden. Netzteile werden seit Jahren nach ihrer Effizienz bei unterschiedlicher Auslastung bewertet. Jedes Watt, das der Rechner nicht verbraucht, muss nachher nicht mühsam weggekühlt werden.

6.11.4 Software Kaum bekannt ist, dass neben der Hardware, also dem physischen Rechner, auch die Wahl der Software den Energieverbrauch beeinflusst. Unnötige Rechenlast macht sich auf Servern und Clients im Stromverbrauch bemerkbar. Deswegen sollte bei der Wahl des Betriebssystems und der Anwendungen darauf geachtet werden, wie diese den Stromverbrauch beeinflussen23 . Überflüssige und schlecht programmierte Software erfordert Rechenleistung, die den Stromverbrauch erhöht. Typische Vertreter sind Hintergrunddienste, die alle möglichen nötigen und unnötigen Dienstleistungen erbringen, sei es Kompatibilität zu alten Betriebssystemversionen, permanente Indizierung des Datenträgers, Defragmentierung von SSD-Speichern, die unermüdliche Suche nach Updates oder ähnliches. Nicht mehr benötigte Anwendungen (Legacy-Anwendungen) sollten deinstalliert und deren Server ggfs. abgeschaltet werden. Zur Erhöhung der meist niedrigen Auslastung der Server bedient man sich der Technik der Konsolidierung. Dabei werden Anwendungen, die bislang jeweils auf einem eigenen Server liefen, auf einem gemeinsamen Server zusammengefasst. Da im Regelfall nicht alle Anwendungen gleichzeitige Nutzungsspitzen haben, sorgt der Durchmischungseffekt dafür, dass dieser eine Server im Schnitt höher ausgelastet wird. 23

„Der Fußabdruck des Surfers“, in DIE ZEIT, 09.08.2007: http://www.zeit.de/2007/33/T-GreenComputing.

6.11 EDV

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Mitunter laufen verschiedene Anwendungen auf unterschiedlichen Betriebssystemen, z. B. der Fileserver unter Windows, der Webserver unter Linux, der Mailserver wiederum auf einem weiteren System. Auch diese Server kann man physisch zusammenfassen, indem man sich der Virtualisierung bedient, man spricht dabei auch von „Serverpartitionierung“. Virtualisierungssoftware verwaltet den physischen Rechner und „gaukelt“ jedem der verwendeten Betriebssysteme vor, es liefe auf einem eigenen Rechner. Damit kann der eine physische Server mit mehreren Betriebssystemen parallel ausgelastet werden. Um die Zahl der erforderlichen Speicherlaufwerke so gering wie möglich zu halten, sollte redundante Datenspeicherung vermieden werden (Deduplizierung, Kompression). Die Verwendung von Thin-Clients ermöglicht es, die Rechenarbeit vollends auf einen (virtuellen) Server auszulagern. Der Anwender bedient praktisch nur mehr per Fernsteuerung eine Software, die auf dem Server läuft. Dieser liefert den Bildschirminhalt an den Client zurück.

6.11.5 Lüftung und Kühlung Soweit möglich, sollte die EDV frei gekühlt werden. Das heißt sie steht in einem Raum, der erforderlichenfalls durch eine Ventilation (mit Luftfilter) gelüftet und gekühlt wird. Auch Kellerräume eignen sich oft gut, die Abwärme wird dann an das Gebäude und ins Erdreich abgegeben. Bis zu Leistungsaufnahmen von einigen hundert Watt genügt meist die freie Kühlung. Der kritische Faktor ist die Temperatur – werden die Server zu warm, schalten sie sich irgendwann zum Selbstschutz ab. Das geschieht in kleinen Räumen bei Ausfall der Kühlung schon nach wenigen Minuten. In Absprache mit dem Hersteller der Hardware sollte die höchste zulässige Temperatur gewählt werden. Statt den Server in einen komplett klimatisierten Raum zu stellen, ist es sinnvoller, die Komponenten gezielt über Luftkanäle zu kühlen. Diese Kanäle sollten so wenige Strömungshindernisse wie möglich enthalten. Mit einer Wärmebildkamera lässt sich ermitteln, welche Komponenten besonders viel Wärme erzeugen. Diese sollten nach Möglichkeit getauscht oder wenigstens gut gekühlt werden. Kühlung muss nicht zwangsläufig mit Luft erfolgen, manche Hersteller bieten Wasserkühlsysteme an, die mit relativ hohen Rücklauftemperaturen arbeiten. Der große Vorteil besteht in der ungleich höheren Wärmekapazität von Wasser gegenüber Luft. Die Wärme, die die Kühlung aus dem Rechenzentrum transportiert, kann selbstverständlich weiter genutzt werden. Eventuell ist eine Wärmepumpe erforderlich, um das Temperaturniveau anzuheben.

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6.11.6 Checkliste EDV Server ✔ Server wurden konsolidiert und virtualisiert, um mehrere Systeme auf einer physischen Maschine zu bündeln? ✔ Nicht mehr benötigte Server werden abgeschaltet? ✔ Nicht mehr benötigte Anwendungen werden abgestellt oder deinstalliert? ✔ Hochgeschwindigkeitsplatten werden nur dort verwendet wo nötig? ✔ Anzahl der Festplatten wird durch Deduplizierung und Kompression gering gehalten? ✔ Externes Hosten wurde in Erwägung gezogen (Abhängigkeit und Datenschutz berücksichtigen!)? ✔ Die Klimatisierung erfolgt effizient und soweit möglich durch freie Kühlung? ✔ Der Serverraum wird nur soweit gekühlt, wie die Hardware es nach Herstellervorgabe benötigt? ✔ Bei der Beschaffung von Servern wird auf die Systemkosten (Anschaffungs- und Energiekosten über die Nutzungszeit) geachtet? Clients ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Die Arbeitsplatzrechner sind hinsichtlich ihrer Dimensionierung angemessen? Die Rechner werden regelmäßig kontrolliert und erforderlichenfalls gereinigt? Außerhalb der Arbeitszeit sind alle Rechner ausgeschaltet (evtl. per Netzwerksignal)? Das Power Management der Rechner und der Peripherie (Monitor, Drucker etc.) wird genutzt und ist korrekt konfiguriert? Bildschirmschoner sind deaktiviert, stattdessen schaltet sich der Monitor nach einiger Zeit automatisch ab? Drucker werden sinnvoll gebündelt statt Einzelplatzdruckern? Stand-by-Verbräuche werden durch Master-Slave-Steckleisten oder die Möglichkeit einer zentralen Stromabschaltung reduziert? Bei der Beschaffung von EDV-Geräten wird auf die Systemkosten (Anschaffungs- und Energiekosten über die Nutzungszeit) geachtet? Laptops oder Thin Clients werden als Alternative zu Fat Clients geprüft?

6.12 Fuhrpark und Logistik Der Verkehrssektor macht knapp 30 % des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland aus, übertrifft damit Haushalte (26 %), Industrie (29 %) und GHD (16 %). Sobald Personen oder Waren transportiert werden müssen, stellt sich die Frage nach einem geeigneten Transportmittel. Den Verbrauch der Bahn, von Flugzeugen oder externen Speditionen kann das Unternehmen im Allgemeinen nicht beeinflussen. Für eigene PKW, Busse und

6.12 Fuhrpark und Logistik

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LKW dagegen kann man bei der Anschaffung gezielt nach demjenigen Fahrzeug suchen, das die eigenen Anforderungen am besten erfüllt. Es versteht sich von selbst, Leerfahrten zu vermeiden. Bei der Wahl der Route ist die kürzeste nicht immer die sparsamste. Starke Höhenunterschiede, Stau und große Geschwindigkeitsunterschiede erhöhen den Verbrauch. Eine hohe Leistung ermöglicht hohe Geschwindigkeit, bei LKW eine große Nutzlast auch in Gebieten mit großen Höhenunterschieden. Allerdings kostet das Abrufen dieser hohen Leistung Kraftstoff. Vor einem Fahrzeugkauf ist deshalb zu erheben, wie viel Leistung die angeschafften Fahrzeuge tatsächlich benötigen. Wichtige Parameter zur Auswahl von Fahrzeugen sind:     

Leistung in [kW], früher in [PS] (Realer) Verbrauch in [l/100 km] oder in [g/kWh] Nutzlast in [kg] oder in Personen Betriebskosten je Kilometer [C/km], je Personenkilometer oder je Tonnenkilometer Abgasemissionen hinsichtlich Schadstoffen und CO2

Inzwischen gibt es eine große Bandbreite von Kraftstoffen, die bei der Fahrzeuganschaffung infrage kommen:            

Normalbenzin (91 ROZ,24 in Europa kaum noch im Handel) Superbenzin (95 ROZ) als E5 mit 5 % oder als E10 mit 10 % Bioethanol Superplus ( 98 ROZ) Superethanol E85 Dieselkraftstoff mit oder ohne Biodieselbeimischung Biodiesel Pflanzenöl Erdgas (Methan als LNG25 oder CNG26 ) Flüssiggas, Autogas (LPG27 ) Zweitaktgemisch Wasserstoff elektrischer Strom

Im Vorfeld einer Neuanschaffung sollte ermittelt werden, welcher Kraftstoff möglichst nah verfügbar ist. Tankausflüge von mehreren Kilometern zehren den Einspareffekt exotischer Kraftstoffarten schnell auf und sind ökologisch widersinnig. Auch die Reichweite je Tankfüllung ist zu bedenken, im Langstreckenbetrieb ist der Dieselmotor nach wie vor kaum zu schlagen. 24

Research Oktanzahl, ein Maß für die Klopffestigkeit und damit die Qualität des Kraftstoffs. Liquified Natural Gas. 26 Compressed Natural Gas. 27 Liquified Petroleum Gas. 25

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Praxistipp Längere Fahrten zur billigsten Tankstelle lohnen in der Regel nicht. Nur den Treibstoffverbrauch gegenzurechnen ist trügerisch. Die vollen Betriebskosten eines PKW einschließlich Verschleiß, Wartung usw. liegen28 z. B. für einen VW Golf über 0,40 [€/km]. Dazu kommen die Lohnkosten des Fahrers. Bei Lohnkosten von 40 [€] je Stunde und jeweils 10 [km] Hin- und Rückfahrt (30 Minuten inklusive Tankzeit) müsste man durch die Kraftstoffkosten schon mindestens 28 [€] sparen, um beim Tankausflug nicht draufzuzahlen.

6.12.1 Fahrzeug Folgendes ist bei Anschaffung und Betrieb von Fahrzeugen im Allgemeinen sowie PKW und LKW im Speziellen zu bedenken:  Schon bei der Anschaffung ist auf einen niedrigen Realverbrauch zu achten. Realitätsnahe oder im Alltagsbetrieb gemessene Verbräuche bieten der ADAC ecotest oder Internetportale wie „spritmonitor.de“. Die Herstellerangaben im Prospekt sind dafür eher ungeeignet.  Leichtlauföle verwenden, dabei Herstellerfreigaben beachten!  Unnötigen Ballast aus dem Fahrzeug entfernen.  Dach- und Heckgepäckträger, zusätzliche Außenspiegel usw. abnehmen, wenn sie nicht benötigt werden.  Nicht nur die Klimaanlage, auch geöffnete Fenster erhöhen den Verbrauch, da sich der Strömungswiderstand erhöht.  Der versprochene Einsparungseffekt teurer Edel-Kraftstoffsorten konnte im Labor nicht nachgewiesen werden bzw. lag in der Größenordnung des Messfehlers.

6.12.2

Elektromobilität

Die Elektromobilität gewinnt in den letzten Jahren langsam aber beständig an Popularität. Dafür gibt es gute Gründe, die Fahrzeuge sind leiser und haben kaum lokale Emissionen (außer Reifenabrieb und evtl. Bremsstaub). Sie haben aus dem Stand ein hohes Drehmoment und können im Sommer vorgekühlt, im Winter vorgeheizt werden. Anders als häufig dargestellt, ist die Elektromobilität jedoch kein Allheilmittel. Neben der nach wie vor bestehenden Reichweitenproblematik werden die aktuellen ökologischen Probleme regional verschoben, nicht gelöst. Ein Gewinn für die Städte besteht darin, dass die Emissionen der Stromerzeugung eher in ländlichen Regionen anfallen.

28

Vgl. ADAC sowie die Betriebskostentabellen unter www.fuhrpark.de.

6.12 Fuhrpark und Logistik

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Das beginnt bei der energieintensiven Herstellung der Akkus. Eine Studie der schwedischen Energieagentur29 geht von 150–200 [kg] CO2 -Äquivalent je [kWh] Speicherkapazität aus. Für ein Fahrzeug mit einer 30 [kWh]-Batterie wurden demnach schon zur Herstellung des Akkus bis zu sechs Tonnen CO2 emittiert. Auf 150.000 [km] verteilt sind das bereits 40 [g/km]. Wesentlichen Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck hat die Herkunft des Stroms, mit dem das Fahrzeug geladen wird. Der hiesige Strommix emittiert (Stand 2014) 564 [g/kWh] CO2 . Verbraucht ein Elektrofahrzeug also real 20 [kWh] je 100 [km], verursacht dies bei der Stromerzeugung 113 [g/km] CO2 , ein Wert, den moderne Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auch schaffen. Rechnet man den Akku mit ein, kommt man in Summe auf 153 [g/km] CO2 .

6.12.3 Fahrer Automobilclubs und Fahrschulen bieten Spritspartrainings an, bei denen die Teilnehmer Techniken zum Treibstoffsparen üben können. Diese Tricks sind eigentlich seit langem bekannt, aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wer etwa bislang glaubte, seinen Motor unter 3000 [1/min] abzuwürgen, ist von diesem Glauben meist nur schwer abzubringen. Die wichtigsten Tipps:        



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Kurzstrecken vermeiden. Nach dem Start des Motors sofort losfahren. Kein unnötiges Spielen mit dem Gaspedal. Reifen mindestens auf den empfohlenen Druck aufpumpen, evtl. auch 0,2 [bar] mehr. Vorausschauend fahren – vor Stoppschildern, Kreuzungen, Einmündungen und Ampeln das Fahrzeug ausrollen lassen. Gleichmäßig im Verkehr mitschwimmen statt zu beschleunigen, dicht aufzufahren und dann zu bremsen. Früh hochschalten, möglichst niedertourig fahren. Heutige Motoren laufen noch unter 1500 [1/min] ruckelfrei. Vollgas- und Höchstgeschwindigkeitsfahrten vermeiden. Der Verbrauch steigt im Quadrat zur Geschwindigkeit, bei einer Verdoppelung der Geschwindigkeit vervierfacht (!) sich folglich der Verbrauch. Zusätzliche Verbraucher wie Klimaanlage, elektrische Sitzheizung usw. sinnvoll einsetzen.

Vgl. IVL Swedish Environmental Research Institute: „The Life Cycle Energy Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion Batteries“, http://www.ivl.se/download/18.5922281715bdaebede9559/1496046218976/ C243+The+life+cycle+energy+consumption+and+CO2+emissions+from+lithium+ion+batteries+. pdf.

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 Falls nicht ohnehin eine Start-Stopp-Automatik eingebaut ist, den Motor zumindest bei längerem Stillstand (Bahnübergang etc.) abstellen. Eine unkontrollierte Übernahme der Kraftstoffkosten durch den Arbeitgeber setzt Fehlanreize – zur Sparsamkeit wird der Mitarbeiter so jedenfalls nicht angeregt. Manche Unternehmen setzen auf Eigenverantwortung und Motivation um den Kraftstoffverbrauch ihrer Mitarbeiter zu senken. Andere hängen Tabellen oder „Charts“ aus, mit deren Hilfe die Fahrer untereinander ihren Verbrauch vergleichen können. Hier ist aber darauf zu achten, dass nicht „Äpfel mit Birnen“ verglichen werden: Ein Fahrer, der im innerstädtischen Bereich im Stau steht, verbraucht im Zweifel mehr je Kilometer als einer, der lange Strecken auf der Landstraße absolviert. Dass nur gleiche oder zumindest ähnliche Fahrzeuge untereinander vergleichbar sind, versteht sich von selbst.

6.12.4 Checkliste Fuhrpark und Logistik ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Es werden die Fahrzeuge beschafft und betrieben, die man wirklich benötigt? Alle Fahrzeuge werden regelmäßig kontrolliert und gewartet? Die Fahrer wurden zu sparsamem Fahren geschult? Es finden keine unsinnig langen Fahrten zur „billigsten Tankstelle“ statt? In den Fahrzeugen befindet sich kein unnötiger Ballast? An den Fahrzeugen befinden sich keine unnötigen Strömungshindernisse? Soweit zugelassen werden Leichtlauföle verwendet? Für Kurzstrecken und Auslieferungen werden Elektrofahrzeuge erwogen? Die verwendeten Kraftstoffe entsprechen den Herstellervorgaben?

6.13 Dampf Dampf wird als Energieträger für Wärmeenergie genutzt, besonders wenn das erforderliche Temperaturniveau über 100 [°C] liegt. Dazu wird gereinigtes und demineralisiertes Wasser erhitzt, bis es in den gasförmigen Aggregatzustand wechselt. Der Wasserdampf wird dann unter Druck an den Abnahmeort transportiert und gibt dort seine Wärme ab. Am Verbrauchsort (und teilweise schon während des Transports) kehrt der Dampf in den flüssigen Aggregatzustand zurück. Deshalb sind an mehreren Stellen im Dampfsystem Kondensatableiter eingebaut, die das flüssige Kondenswasser vom Dampf trennen und zurück- oder abführen. Folgende Parameter sind beim Dampf wichtig:  Dampfdruck [bar]  Dampftemperatur [°C]  Dampfvolumen [m3 ] bzw. Volumenstrom [m3 /h] oder Massenstrom [kg/h]

Weiterführende Literatur

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Hinzu kommen zahlreiche Größen, welche die Leistung des Dampfkessels (Leistung [kW], Dampfmenge [kg/h]), die Rohrleitungen (Länge [m], Durchmesser [mm], Strömungsgeschwindigkeit [m/s]) und die Nutzbarkeit des Dampfs (Temperatur [°C], Druck [bar], Wärmeinhalt [kJ/kg]) charakterisieren. Wesentliche Ansatzpunkte für die Effizienzsteigerung von Dampfsystemen sind:  Korrekte Auslegung aller Komponenten  Verwendung des günstigsten Brennstoffs zur Dampferzeugung  Verwendung von Economisern („Speisewasservorwärmer“), um Restwärme im Rauchgas des Dampferzeugers zu nutzen  Isolation aller Komponenten des Dampfnetzes  Vermeidung unnötiger Strömungshindernisse beim Transport  Dampfverwendung nur dort, wo wirklich erforderlich  Vermeidung thermodynamischer Umwege, etwa Warmwasserbereitung aus Dampf

6.13.1 Checkliste Dampf ✔ Die Dampfanlage läuft nur, wenn Dampf benötigt wird? ✔ Der Dampfkessel ist soweit gedämmt, dass seine Oberfläche nicht mehr als 15 [°C] über der Raumlufttemperatur liegt? ✔ Die Abgastemperatur ist nicht zu hoch (brennstoffabhängig)? ✔ Der Abgasverlust ist nicht zu hoch (brennstoffabhängig)? ✔ Es entsteht kein Ruß bei der Verbrennung? ✔ Eine Lambda-Steuerung ist vorhanden? ✔ Economiser werden genutzt, um das Speisewasser mit Restwärme aus dem Rauchgas, dem Kondensat oder anderen Quellen vorzuwärmen? ✔ Brenner und Dampfkessel sind leistungsmäßig aufeinander abgestimmt? ✔ Der Brenner springt nicht laufend an und schaltet wieder ab? ✔ Alle Leitungen, Ventile usw. sind ausreichend isoliert? ✔ Ungenutzte Teile des Leitungsnetzes werden abgesperrt? ✔ Die gesamte Anlage wird regelmäßig von einem Fachbetrieb inspiziert und gewartet, der Kessel gereinigt?

Weiterführende Literatur Literatur zu Abschn. 6.1 Beleuchtung Arbeitsstättenrichtlinie ASR 3.4 Beleuchtung und ASR 1.6 Fenster, Oberlichter, lichtdurchlässige Wände DIN 5034 Tageslicht in Innenräumen, Beuth-Verlag DIN 5035 Beleuchtung mit künstlichem Licht, Nachfolgenormen DIN EN 12464, DIN EN 12665, Beuth-Verlag

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Ganslandt, Rüdiger; Hofmann Harald: Handbuch der Lichtplanung, Vieweg Ullmann, Philippe P.: Licht und Beleuchtung, Dom Publishers, 2015, Berlin

Literatur zu Abschn. 6.2 Druckluft Ruppelt, Erwin: Druckluft-Handbuch, Vulkan Verlag, 4. Aufl., 2002 Bahr, Michael; Ruppelt, Erwin: Taschenbuch Drucklufttechnik, Vulkan Verlag, 1. Aufl., 2000 Kaeser Kompressoren SE: Drucklufttechnik – Grundlagen und Praxistipps, www.kaeser.com. Zugegriffen: 12.12.2017

Literatur zu Abschn. 6.3 Elektromotoren Spring, Eckhard: Elektrische Maschinen, Springer Kiel, Edwin: Antriebslösungen – Mechatronik für Produktion und Logistik, Springer https://energietools.ea-nrw.de/tools/e-motor/wirkungsgradklassen_elektromotoren.pdf. fen: 03.08.2018

Zugegrif-

Literatur zu Abschn. 6.4 Pumpen Rudolph, Manfred; Wagner Ulrich: Energieanwendungstechnik, Springer Sigloch, Herbert: Technische Fluidmechanik, Springer

Literatur zu Abschn. 6.5 Lüftung Arbeitsstättenrichtlinie ASR 5 Lüftung DIN EN 13779 Lüftung von Nichtwohngebäuden DIN EN 15251 Eingangsparameter für das Raumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden DIN 1946 Raumlufttechnik Pistohl, Wolfram; Rechenauer, Christian; Scheuerer Birgit: Handbuch der Gebäudetechnik, Bundesanzeiger Verlag http://www.openpr.de/news/167728/Erdwaermetauscher-RLT-und-Klimaanlagen-Wenn-zu-vielSchimmel-in-der-Luft-liegt.html. Zugegriffen: 03.08.2018 http://www.raumluft.org/rlt-anlagen/hygiene-in-rlt-anlagen/. Zugegriffen: 03.08.2018

Literatur zu Abschn. 6.6 Raumwärme Arbeitsstättenrichtlinie ASR 3.5 Raumwärme Albers, Karl-Josef (Hrsg.): Taschenbuch für Heizung + Klimatechnik, Bd. 1 und 2, Deutscher Industrieverlag GC Gruppe: Heizungshandbuch, 1. Aufl., 2016, http://www.gc-gruppe.de/sites/default/files/pdfs/ heizungshandbuch_2016_low.pdf. Zugegriffen: 03.08.2018 Glück, Bernd: Strahlungsheizung – Theorie und Praxis, Verlag C. F. Müller Karlsruhe, 1982, auch unter: http://berndglueck.de/dl/?dl=Strahlungsheizung+Strahlungsheizung.pdf. Zugegriffen: 03.08.2018 Eisenschink, Alfred: „Falsch geheizt ist halb gestorben“, Resch Verlag

Literatur zu Abschn. 6.7 Kühlung Maurer, Thomas: „Kältetechnik für Ingenieure“, VDE Danfoss GmbH: Kältetechnik – Einführung in die Grundlagen, 2006, http://refrigerationandairconditioning.danfoss.de/workarea/downloadasset.aspx? id=17179971892#/litresult. Zugegriffen: 03.08.2018

Weiterführende Literatur

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Siemens Schweiz AG: Kältetechnik, 2017, https://w1.siemens.ch/buildingtechnologies/ch/de/ service/know-how/Documents/DE_Kaeltetechnik_201703.pdf. Zugegriffen: 14.12.2017

Literatur zu Abschn. 6.8 Klimatisierung Arbeitsstättenrichtlinie ASR 5 Lüftung Arbeitsstättenrichtlinie ASR 3.5 Raumtemperatur DIN EN 13779 Lüftung von Nichtwohngebäuden Energieagentur NRW: Adiabate Kühlung – „Kühlen ohne Strom“, http://www.energieagentur.nrw/ content/anlagen/adiabate_kuehlung.pdf. Zugegriffen: 14.12.2017 HTH Gruppe: Praxis-Handbuch für die Luft- und Klimatechnik, 3. Aufl., 2009, https://hth-bremen. de/wp-content/uploads/hth_tech_handbuch.pdf. Zugegriffen: 14.12.2017 Albers, Karl-Josef (Hrsg.): Taschenbuch für Heizung + Klimatechnik, Bd. 1 und 2, Deutscher Industrieverlag IKET (Hrsg.): Pohlmann Taschenbuch der Kältetechnik, VDE

Literatur zu Abschn. 6.9 Prozesswärme Pfeifer, Herbert: Handbuch industrielle Wärmetechnik, Vulkan Verlag

Literatur zu Abschn. 6.10 Trocknung Gehrmann, D. / Esper, G. / Schuchmann, H.: Trocknungstechnik in der Lebensmittelindustrie, Behr’s, Hamburg http://www.verfahrensingenieur.de/Trocknung.html. Zugegriffen: 03.08.2018

Literatur zu Abschn. 6.11 EDV Die Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik: „Green-IT Ein Leitfaden zur Optimierung des Energieverbrauchs des IT-Betriebes“ Bazzanella, Hartwig: „IT-gesteuerte Energieeffizienz im Rechenzentrum“ DIE ZEIT, 09.08.2007: „Der Fußabdruck des Surfers“, http://www.zeit.de/2007/33/T-GreenComputing. Zugegriffen: 03.08.2018

Literatur zu Abschn. 6.12 Fuhrpark und Logistik Umweltbundesamt: „Sprit sparen und mobil sein“, 2009, https://www.umweltbundesamt.de/sites/ default/files/medien/publikation/long/3705.pdf. Zugegriffen: 03.08.2018 Umweltbundesamt: „Daten zum Verkehr Ausgabe 2012“, 2012, https://www.umweltbundesamt.de/ sites/default/files/medien/publikation/long/4364.pdf. Zugegriffen: 03.08.2018 Volkswagen AG: „Effizient unterwegs. Hintergrundwissen für Spritsparprofis.“ www.fuhrpark.de. Zugegriffen: 03.08.2018 www.spritmonitor.de. Zugegriffen: 03.08.2018 www.adac.de. Zugegriffen: 03.08.2018

Literatur zu Abschn. 6.13 Dampf Scholz, Günter: Heißwasser- und Hochdruckdampfanlagen, Springer Spirax Sarco Gmbh: Grundlagen Dampf- und Kondensattechnologie, 2014 http://www.spiraxsarco. com/global/de/Resources/Documents/Grundlagen-der-Dampf-und-Kondensattechnologie.pdf. Zugegriffen: 03.08.2018 Handbuch für Dampf- und Kondensatanlagen, www.dampfundkondensat.de. Zugegriffen: 03.08.2018

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Lastmanagement

Für Großabnehmer ab 100.000 [kWh/a] Strom bzw. 1.500.000 [kWh/a] Gas besteht noch eine weitere Möglichkeit die Energiekosten zu reduzieren, wenngleich sich der Energieverbrauch selber nicht ändert. Dazu muss man den Aufbau der Energierechnungen kennen. Auf der Haushaltsrechnung für Strom wird lediglich die bezogene Energie (Arbeit) in [kWh] abgerechnet. Dazu kommen ein Grundpreis und diverse Steuern und Abgaben. Wie viele Geräte maximal gleichzeitig gelaufen sind, spielt für den Haushaltskunden keine Rolle. Er könnte also einen konstanten Verbrauch von 400 [W] haben (365 Tage  24 Stunden  0,4 [kW] D 3504 [kWh]), er könnte aber theoretisch genauso gut sechs Tage lang einen Verbrauch von 25 [kW] gehabt und das restliche Jahr gar nichts verbraucht haben und damit dieselbe Energiemenge bezogen haben (5,84 [Tage]  24 [h/Tag]  25 [kW] D 3504 [kWh]). Bei Großabnehmern sieht das anders aus, denn hier wird nicht nur die bezogene Energie [kWh], sondern auch die maximal bezogene Leistung [kW] abgerechnet. Für einen gewerblichen Abnehmer macht es also sehr wohl einen Unterschied, ob er lange Zeit eine kleine Leistung bezieht oder nur einmal im Jahr eine sehr große. Die höchste auftretende Leistung innerhalb des Abrechnungszeitraums bestimmt die Leistungskosten. Ein einziger Ausrutscher wie in Abb. 7.1 genügt, um den Leistungspreis für einen Monat, ein Quartal oder ein ganzes Jahr zu erhöhen, hier zu verdoppeln! Aus diesem Grund betreiben viele Großabnehmer ein Lastmanagement. Durch das Lastmanagement versucht man, die Maximalleistung möglichst gering zu halten. Das erfordert manchmal, Prozesse, die sonst gleichzeitig gelaufen wären, nacheinander laufen zu lassen. Im Haushalt würde das z. B. bedeuten, dass die Kaffeemaschine und der Wasserkocher nicht gleichzeitig laufen dürfen, sondern erst die Kaffeemaschine läuft, danach der Wasserkocher. Ob und wann solche Lastspitzen auftreten, kann man dem Lastgang entnehmen, den man bei seinem jeweiligen Netzbetreiber kostenlos anfordern kann. Dieser weist bei Kunden mit registrierender Leistungsmessung (RLM) beim Strom im 15-Minuten-Takt, beim Gas im Stundentakt die Leistungsaufnahme aus. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_7

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Lastmanagement

Abb. 7.1 Der eine Peak genügt bereits, um den Leistungspreis für den gesamten Abrechnungszeitraum zu verdoppeln!

I

Praxistipp Dass der Stromverbrauch, anders als beim Gas, nicht im Stunden-, sondern im Viertelstundentakt gemessen wird, führt schnell zu Umrechnungsfehlern. Gelegentlich wird nämlich im Lastgang für Strom nicht die Leistung [kW], sondern die in 15 Minuten bezogene Arbeit [kWh] ausgewiesen. Bislang gingen wir von einer vollen Stunde als Bezugsgröße aus. Nun muss die ausgewiesene Arbeit aber in nur 0,25 Stunden geleistet werden. Es gilt nach wie vor: W DP t bzw. nach der Leistung aufgelöst: P D W=t Um beispielsweise nicht in einer Stunde, sondern in nur 1/4 Stunde eine Arbeit von 15 [kWh] zu leisten, beträgt die erforderliche Leistung: P D 15 ŒkWh=0;25 Œh D 60 ŒkW Rechenprobe: 60 [kW]  0,25 [h] D 15 [kWh].

Lastmanagement kann durch einfache organisatorische Maßnahmen umgesetzt werden. So kann die erste Schicht angewiesen werden, bei Schichtbeginn nicht alle Öfen gleichzeitig hochzuheizen, sondern immer nur einen oder zwei gleichzeitig in Betrieb zu nehmen. Eventuell existiert an der Steuerung eine Anzeige, an der die Mitarbeiter die aktuelle Last ablesen können.

7.1 Checkliste Lastmanagement

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Es gibt aber auch technische Lösungen für dieses Problem, etwa Lastmanager. Der Lastmanager wird vor die großen Verbraucher geschaltet. Sind nun ein oder mehrere Verbraucher aktiv und ist die Last nahe oder über dem vorgegebenen Leistungsmaximum, verhindert der Lastmanager, dass weitere Geräte eingeschaltet werden. Erst wenn andere Verbraucher abgeschaltet wurden und damit wieder Leistung frei wird, gibt der Lastmanager die anderen Geräte zum Einschalten frei. Im gewerblichen Bereich kann das heißen, dass ein großer Kompressor und ein Ofen nur einzeln laufen bzw. heizen dürfen, niemals gleichzeitig. Gelegentlich findet man ähnliche Einrichtungen unter dem Begriff „Vorrangschaltung“. Um Lastspitzen durch Einschaltströme zu verhindern, gibt es Lastwächter. Diese sorgen beispielsweise an großen Motoren dafür, dass der Motor nicht schlagartig mit hohem Einschaltstrom anläuft, sondern geben die Leistung langsam frei. Lastmanagement verschiebt nur den Zeitpunkt des Energiebezugs, nicht seine Höhe und stellt damit keine Effizienzmaßnahme im eigentlichen Sinn dar. Da der Leistungspreis allerdings bis in den dreistelligen Bereich je [kW] gehen kann, kann man hier mit überschaubarem Aufwand eine Menge Geld sparen.

7.1

Checkliste Lastmanagement

✔ Alle sehr großen Verbraucher sind bekannt und werden hinsichtlich Leistung und Verbrauch überwacht? ✔ Regelmäßig (mindestens einmal jährlich) werden vom jeweiligen Netzbetreiber die Lastgänge für Strom und Gas angefordert und analysiert? ✔ Lastgänge enthalten keine nur punktuell auftretenden Leistungsspitzen? ✔ Vorhandene Leistungsspitzen sind erklärbar und nicht vermeidbar? ✔ Verbraucher mit großem Anlaufstrom haben einen Lastwächter? ✔ Bei großen Verbrauchern verhindert – sofern möglich – ein Lastmanager, dass diese parallel laufen? ✔ Vor Anschaffung leistungsstarker Anlagen wird die Leistungsfähigkeit der Anschlüsse geprüft und erforderlichenfalls angepasst?

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Energiemanagement

Unter Energiemanagement subsumieren wir alles, was in personeller oder organisatorischer Sicht mit Energiefragen zu tun hat. Der oder die Energiebeauftragte oder Energiemanager kann ein Mitarbeiter sein, der das neben einer anderen Aufgabe erledigt. Ebenso kann es ein Vollzeitenergiebeauftragter sein oder ein externer Dienstleister. Wichtig ist, dass geklärt ist:    

wer diesen Themenbereich innehat, welche Mitarbeiter ihm dabei helfen können/müssen (Energieteam), welche Kompetenzen er hat und über welche Mittel (Personal, Geld, Material, Zeit) er verfügen kann.

Natürlich müssen die Kosten für das Energiemanagement in einem vernünftigen Verhältnis zu den Energiekosten stehen. Unternehmen mit sehr großem Energieverbrauch haben oft ganze Abteilungen, die sich ausschließlich um Energiefragen kümmern. Energiemanagement betrifft nicht nur den Umgang mit Energie, sondern auch Fragen der Beschaffung. Dabei gibt es kollidierende Interessen. Sollen für eine Entwicklungsabteilung neue Rechner beschafft werden, hätte der Entwickler am liebsten die schnellsten Rechner, der Einkäufer die billigsten und der Energiebeauftragte die sparsamsten. Die Energieeffizienz sollte zumindest ein Kriterium bei der Anschaffung neuer Anlagen oder der Einführung neuer Verfahren sein. Bei Neuanschaffungen sollte nicht alleine auf die Anschaffungskosten, sondern auch auf die Haltbarkeit und den Verbrauch von Energie oder Betriebsstoffen geachtet werden. Mitarbeiter allgemein, aber besonders solche, die unmittelbaren und großen Einfluss auf den Energieverbrauch haben, sollten regelmäßig zum sparsamen Umgang mit Energie geschult werden. Sie müssen verstehen, wie groß ihr Einfluss auf den Energieverbrauch ist, und was es in Euro und Cent bedeutet, wenn eine Anlage in der Mittagspause oder am Wochenende ungenutzt durchläuft. Dabei ist es wichtig, dass andere wichtige Ziele nicht aus dem Auge verloren werden. Natürlich könnte man erwägen, die Wäsche eines Kran© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_8

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8 Energiemanagement

kenhauses bei 30 [°C] zu waschen, aber dann wäre die erforderliche Hygiene nicht mehr gewährleistet. Doch innerhalb des Möglichen und Vernünftigen kann jeder Mitarbeiter einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Auch umgekehrt kann ein Informationsfluss von den Mitarbeitern an den Energiebeauftragten stattfinden. Man sollte in diesen Fragen nicht unterschätzen, welches Wissen und welche Überlegungen die Mitarbeiter vor Ort manchmal haben. Deshalb ist es wichtig, kreative Ideen zur Senkung des Energieverbrauchs zumindest zu prüfen. Stellt sich die Idee als sinnvoll heraus, kann eine kleine Anerkennung die Motivation steigern, sich weiter darüber Gedanken zu machen. Mitarbeiter sollten zur Teilnahme an einem solchen Vorschlagswesen motiviert werden, Energiemanagementsysteme nach ISO 50001 sehen das sogar ausdrücklich vor.

8.1 Checkliste Energiemanagement ✔ Ein Energiebeauftragter ist benannt und offiziell von der Geschäftsführung bestellt? ✔ Seine Kompetenzen sind geklärt? ✔ Der Energieverbrauch aller Energieträger wird mindestens monatlich erfasst und auf Plausibilität geprüft? ✔ Insbesondere in energieintensiven Bereichen wird der Energieverbrauch regelmäßig ermittelt? ✔ Bei auffälligen Abweichungen wird die Ursache erforscht? ✔ Für Projekte zur Energieeinsparung stehen Budgets (Zeit, Geld, Material, Personal) zur Verfügung? ✔ Bei Investitionen und Anschaffungen wird der Energieverbrauch berücksichtigt (Systemkosten)? ✔ Mitarbeiter, deren Tätigkeit Auswirkung auf den Energieverbrauch hat, werden regelmäßig geschult? ✔ Es existiert ein Vorschlagswesen für Anregungen zum ressourcenschonenden Umgang?

Weiterführende Literatur Posch, Wolfgang „Ganzheitliches Energiemanagement für Industriebetriebe“, Gabler

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Nutzerverhalten

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Nutzermotivation

Machen wir uns nichts vor – letztlich ist für die meisten Unternehmen Energiesparen nur dann attraktiv, wenn damit Kosten reduziert werden können. Der Umweltschutz wird bestenfalls als willkommener Nebeneffekt betrachtet. Manchmal dient das Ganze einer grünen Imagekampagne. Technische Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Einsparung sind sinnvoll und wichtig. Ein Präsenzmelder in der Beleuchtung nimmt dem Nutzer die Entscheidung, das Licht ein- und auszuschalten ab, er kann also nichts mehr vergessen. Dennoch sollte man bei allen technischen Möglichkeiten den Einfluss des Nutzers nicht unterschätzen. Ein an sich sparsames Auto nützt nichts, wenn der Fahrer dauernd im falschen Gang unterwegs ist, nur Vollgas fährt und unnötig bremst. Deshalb geht es in diesem Kapitel um den Einfluss der Nutzer auf den Energieverbrauch und deren Motivation zu effizienterem Verhalten. Dauerhaft ohne Unterstützung oder gar gegen den Widerstand der Nutzer oder Mitarbeiter zu handeln ist sinnlos. Der Mitarbeiter muss verstehen, warum er bestimmte Gewohnheiten ablegen oder Verhaltensweisen ändern soll. Dies per Order oder mit Druck und Strafandrohung durchzusetzen hat langfristig keinen Sinn. Ein möglicher Ansatzpunkt kann das Verhalten des Mitarbeiters bei sich zu Hause sein. Es ist den meisten Menschen verständlich, bei Verlassen eines Raums das Licht auszuschalten, weil man sonst zwar Kosten für Strom, aber keinen Nutzen hat. Wer dies zu Hause nicht begreift, dem ist es auch am Arbeitsplatz schwer zu vermitteln. Aber der Weg zu Mitarbeitern, die sich dauerhaft freiwillig energiesparend verhalten, führt immer über Motivation. Man unterscheidet intrinsische Motivation (von innen: „Ich mache es, weil ich es will“) von extrinsischer Motivation (von außen: „Ich mache es, weil man mich dazu bringt“). Extrinsische Motivation kann mit positiver Verstärkung (Belohnung durch Boni, Anreizsysteme oder Erfolgsbeteiligungen) oder mit negativer Verstärkung (Strafen) erfolgen. So kann man, wenn eine ganze Abteilung weniger Energie verbraucht hat, einen Teil der © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_9

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Nutzerverhalten

Abb. 9.1 Nudging mit dem GreenScore: Je sparsamer die Fahrweise, desto grüner das Blatt

Einsparung in die „Kaffeetasse“ geben, jedem Mitarbeiter eine kleine Einsparbeteiligung auszahlen oder einen Betriebsausflug auf Firmenkosten machen. Der Nachteil der extrinsischen Motivation ist: Fällt die Belohnung bzw. Strafandrohung weg, kehren die Menschen schnell zu ihren alten Mustern zurück. Dauerhaft wirksamer ist der Weg über die intrinsische Motivation. Der Mitarbeiter spart Energie, weil er selbst dies als vernünftige Handlung ansieht. Dieser Weg ist oft länger, aber dauerhafter. Er geht über Information/Schulung, Einsehen und Verständnis. Energieverbräuche können über Analogien veranschaulicht werden, 1.000 Liter Heizöl können sich die meisten Menschen besser vorstellen als 10.000 [kWh]. Eine Leistung von 100 [W] kann man sich besser vorstellen, wenn man 10,2 [kg] in einer Sekunde einen Meter hochgehoben hat (oder in drei Sekunden eine drei Meter hohe Treppe). Schließlich bleibt die Möglichkeit, dem Mitarbeiter einen kleinen Schubs zu geben, das sogenannte Nudging.1 Beispiele gibt es dafür viele, besonders die PKW-Hersteller haben diese Methode entdeckt, um die Fahrer zu sparsamem Fahren zu motivieren. Statt – wie manche Hersteller – das Ansprechen auf das Gaspedal zu verzögern, bekommt der Fahrer eine unmittelbare optische Rückmeldung auf seinen Fahrstil (statt viel später an der Zapfsäule). Auf dem Foto (siehe Abb. 9.1) sieht man die Lösung von Škoda. Das Blatt links wird umso größer und grüner, je sparsamer der Fahrer sich verhält, das ist die „Belohnung“. Gibt er Vollgas und bremst viel, wird das Blatt immer kleiner. Innerhalb des Blatts werden außerdem Symbole angezeigt, wenn man ruckartig, zu schnell oder im falschen Gang fährt. Rechts kann man anhand der Balkengrafik sehen, wie effizient man in den letzten 90 Sekunden unterwegs war. Daraus wird der „GreenScore“ ermittelt. Im Gegensatz zur reinen Verbrauchsangabe in [l/100 km] vergleicht der GreenScore den tatsächlichen Verbrauch mit dem theoretisch bestmöglichen Verbrauch auf derselben Strecke. Er geht von 0–100, letzteres bedeutet, man hätte die Strecke nicht sparsamer zurücklegen können. Der GreenScore ist nicht mit dem Durchschnittsverbrauch zu verwechseln: Nach einer längeren Bergfahrt ist zwar der Durchschnittsverbrauch sehr hoch, der GreenScore kann aber trotzdem gut sein, wenn die Bergfahrt effizient geschah (richtiger Gang, sinnvolles Beschleunigen, kein unnötiges Bremsen usw.).

1

Englisch: nudge D Stoß, Stups.

9.2 Rebound-Effekt

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Das Bemerkenswerte ist, dass die Belohnung beim Nudging oft minimal ist und dennoch funktioniert. Man denke an die Geschwindigkeitsanzeigen in Ortschaften, die einen, wenn man sich an das Tempolimit hält, mit einem Smiley belohnen. Fährt man zu schnell, guckt der Smiley traurig. In der Praxis erlebt man immer wieder, dass die Geschäftsführung oder „das Management“ die unteren Hierarchiestufen zu Sparsamkeit verdonnert und sich selbst dann mit einem schicken Spritschlucker für den Sparerfolg belohnt. Das ist insofern absurd, als sich der Energieverbrauch dadurch nur verlagert, eventuell sogar zunimmt. Vor allem aber leidet darunter die Glaubwürdigkeit des Managements. Mit der Konsequenz, dass die Mitarbeiter sich – durchaus nachvollziehbar – fragen: „Warum soll ich hier Strom sparen, damit die da oben sich dickere Autos kaufen können?“ Die Konsequenz ist Verweigerung bis hin zur Sabotage; das Licht wird erst recht brennen gelassen, es kann ja nachher keiner sagen, wer es war.

9.2 Rebound-Effekt Der Rebound-Effekt beschreibt das Phänomen, dass eine Effizienzsteigerung nicht vollständig zu einer Verbrauchsreduktion führt, sondern teilweise oder ganz durch eine Nutzungsausweitung aufgewogen wird. Praktisch lässt sich das an der Beleuchtung illustrieren: Ein Werkraum wird in der dunklen Jahreszeit mit einer alten Leuchtstoffröhre beleuchtet. Die Leistung der Röhre seien 58 [W], dazu kommen 20 % oder 11,6 [W] für das Vorschaltgerät. Die Systemleistung beträgt also 69,6 [W] und diese wird im Mittel 4 Stunden täglich abgerufen. Der durchschnittliche Verbrauch pro Werktag sind 0,0696 [kW]  4 [h] D 0,2784 [kWh]. Diese wird nun durch eine moderne LED-Röhre ersetzt, die nur noch 25 [W] aufnimmt. Bei einem Austausch 1:1 würde man mit der LED 0,025 [kW]  4 [h] D 0,1 [kWh] pro Werktag verbrauchen, eine Reduktion um 0,1784 [kWh] oder 64,1 %. Nun schlägt der Rebound-Effekt zu: Zuerst wird die Lichtleistung um 20 % erhöht, schließlich ist die LED viel sparsamer. Also wählt man eine stärkere LED, die 30 [W] statt 25 [W] verbraucht. Der Verbrauch je Werktag beträgt dann 0,12 [kWh], die Einsparung schrumpft auf 57 % gegenüber dem ursprünglichen Verbrauch. Und weil es ja nicht mehr so schlimm ist, wenn die Lampe brennt, wird die Lampe nun auch in der hellen Jahreszeit betrieben, also im Mittel nicht mehr 4, sondern 8 Stunden am Tag. Dann beträgt allerdings der Verbrauch pro Tag 0,24 [kWh]. Die Einsparung schrumpft auf 0,0384 [kWh] oder 13,8 % pro Werktag. Solchen Entwicklungen ist durch organisatorische und technische Maßnahmen entgegenzuwirken. Man kann den Rebound-Effekt auch in anderen Bereichen beobachten. Der spezifische Treibstoffverbrauch von PKW in [g/kWh] nimmt seit Jahren ab. Gleichzeitig sind die Fahrzeuge stärker, schwerer und größer geworden, sodass sich der reale Verbrauch nicht

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Nutzerverhalten

annähernd so stark verringert hat, wie theoretisch möglich. Außerdem steigt die Neigung der Nutzer, mit einem sparsamen Auto auch mal eine längere Spritztour zu machen. Tatsächlich nimmt der Energieverbrauch im Straßenverkehr kaum ab. Auch der Wohnbereich bleibt vom Rebound-Effekt nicht verschont2 . Ehemals unbeheizte Räume werden nach der energetischen Sanierung plötzlich geheizt, die Raumtemperatur fällt gerne etwas höher aus, es wird öfter gelüftet oder der Warmwasserverbrauch steigt. Der Energiemanager muss sich im Klaren darüber sein, dass der Rebound-Effekt einen Teil der errechneten Einsparung zunichtemachen wird, wenn nicht zugleich Maßnahmen ergriffen werden, um diesen Effekt zu verhindern. Im Falle der Beleuchtung könnte das ein Präsenzmelder mit Helligkeitssensor sein, der das Licht automatisch nur dann einschaltet, wenn es dunkel ist und sich jemand im Raum aufhält. Aber Nutzer sind erfinderisch. Schnell ist der Präsenzmelder überbrückt und der Helligkeitssensor mit Klebeband verdeckt. In der Praxis staunt man immer wieder, wie einfallsreich sonst eher technisch desinteressierte Menschen sind, wenn es um den Erhalt des vermeintlichen oder tatsächlichen Komforts geht. Im Falle des PKW empfiehlt sich eine Begrenzung von Leistung, Größe und Gewicht der Dienstwagen. Um Leistung und Verbrauch eine Grenze zu setzen geben Fuhrparkbetreiber inzwischen den maximalen CO2 -Ausstoß je Kilometer vor – eine Angabe, bei der sich die Autohersteller sehr phantasievoll zeigen.3 Das verringert allerdings bestenfalls den spezifischen Verbrauch, zusätzlich gefahrene Kilometer lassen sich damit nicht vermeiden. Völlig kontraproduktiv sind in diesem Bereich übrigens die beliebig nutzbaren „Tankkarten“, mit denen Angestellte geködert werden. Der Volkswirt weiß: Bei kostenlosen Gütern wird die Nutzung bis zur Sättigungsgrenze ausgeweitet. Ein Anreiz zu sparsamem Fahren erwächst daraus jedenfalls nicht. In einigen Fällen gehen Maßnahmen zur Effizienzsteigerung völlig nach hinten los, dann ist der absolute Verbrauch nach der Effizienzmaßnahme größer als zuvor. Man spricht in diesem Extremfall des Rebound-Effekts von Backfire.

9.3

Hawthorne-Effekt

Eher durch Zufall wurde in den 1920er und 1930er-Jahren bei einer Untersuchung in den Hawthorne-Werken der Western Electric Company der „Hawthorne-Effekt“ entdeckt. Eigentlich sollte der Einfluss der Arbeitsbedingungen auf die Produktivität erforscht werden. Es zeigte sich, dass menschliche Einflüsse sich erheblich auf das Verhalten und die Produktivität auswirken, darunter vor allem das Gefühl, beobachtet zu werden. Fühlen sich Menschen beobachtet, passen sie ihr Verhalten dem vermeintlich erwarteten Ver2 Siehe http://www.bine.info/themen/gebaeude-stadt/sanierung/news/dem-rebound-effekt-auf-derspur/. 3 Siehe http://www.theicct.org/sites/default/files/publications/ICCT_LaboratoryToRoad_2016.pdf.

9.4 Sonstige Verhaltensänderungen

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halten an – nur einige wenige gehen dagegen bewusst auf Konfrontation. Diesen Effekt kann man im Straßenverkehr beobachten: Sobald irgendwo ein Polizeifahrzeug auftaucht, passen die Fahrer ihre Geschwindigkeit den Vorschriften an, selbst wenn keine Geschwindigkeitskontrolle stattfindet. Für den Energiemanager bedeutet das: Wird eine Verbrauchsanalyse gemacht und die Mitarbeiter wissen davon, werden sie sich plötzlich so verhalten, wie sie denken, dass man es von ihnen erwartet.4 Der PC wird nach Feierabend abgeschaltet, das Licht gelöscht. Sobald aber die Mitarbeiter wissen, dass sie nicht mehr beobachtet werden, werden sie zu ihrem „normalen“ Verhalten zurückkehren. Demnach müsste man Verbrauchsanalysen eigentlich ohne das Wissen der Mitarbeiter machen, was aber mit dem Betriebsrat geklärt werden muss. Auch hier noch einmal der Hinweis, dass der Verbrauch von Maschinen und PCs Rückschlüsse auf die Aktivität des Mitarbeiters geben kann und eine unangekündigte Verbrauchsanalyse als verdeckte Leistungsanalyse der Mitarbeiter missverstanden werden kann.

9.4 Sonstige Verhaltensänderungen Auch anderweitig ändern Menschen ihr Verhalten, dazu einige Beispiele: Nachdem man beispielsweise zwei von drei identischen Wohnblocks energetisch saniert hatte, sank der Energieverbrauch nicht wie erwartet.5 Bei näherer Analyse stellte sich heraus, dass die Bewohner unter anderem ihr Lüftungsverhalten geändert hatten. Aus Furcht vor hohen Stromkosten wurden die Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung teilweise nicht genutzt. Die Bewohner waren offenbar nicht oder nicht ausreichend zu angepasstem Nutzungsverhalten geschult worden. In einem Studentenwohnheim wurden die Heizungsthermostate mit kleinen Magnetschaltern an den Fenstern gekoppelt. Wurde das Fenster geöffnet, drehte das Thermostat die Heizung zu. Die Bewohner waren findig genug, sich kleine Magnete zu besorgen, die sie bei offenem Fenster vor den Sensor klebten. Fortan lief die Heizung auch, während das Fenster offen stand. In einem anderen Wohnheim neuerer Bauart bestand eine zentrale Be- und Entlüftungsanlage. Einige Studenten fühlten sich vom leisen Zischen der Luft gestört und stopften Toilettenpapier in die Tellerventile. Gelüftet wurde stattdessen über das Fenster. Da von der Lüftung nun dieselbe Luftmenge durch weniger Abluftventile gesaugt wurde, erhöhte sich die Strömungsgeschwindigkeit, was bei den verbliebenen offenen Ventilen zu stärkeren Strömungsgeräuschen führte. Daraufhin stopften noch mehr Studenten die Abluftventile zu usw.

4

Siehe http://www.pnas.org/content/110/38/15242.full.pdf. Siehe http://www.bine.info/fileadmin/content/Presse/Projektinfos_2015/PM_02_2015/PM_0215_ internetx.pdf.

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Nutzerverhalten

Praxistipp Vor und nach einer Effizienzsteigerungsmaßnahme muss der Verbrauch gemessen und das Nutzerverhalten erfasst und dokumentiert werden. Die Nutzer müssen für den korrekten Umgang mit der Technik nach der Effizienzmaßnahme geschult werden. Sinnvoll ist das Aushängen einer Betriebsanleitung oder eines kurzen (!) Nutzerleitfadens in der Nähe von Geräten. Dieser sollte auch gängige Fehlannahmen und Vorurteile aufgreifen und begründet widerlegen. Danach muss stichprobenartig überprüft werden, ob die Nutzer sich korrekt verhalten. Falls nicht, ist eine Nachschulung erforderlich. Im Zweifel ist eine technische Lösung (z. B. ein Präsenzmelder) der permanenten Schulung und Überwachung von Mitarbeitern vorzuziehen.

Investitionsrechnung

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Die meisten Unternehmen investieren nicht deshalb in Energieeffizienz, weil dies zum Unternehmensleitbild gehört, sondern aus wirtschaftlichem Kalkül. Bei nüchterner Betrachtung gelten für Effizienzinvestitionen dieselben Maßstäbe wie für alle anderen Investitionen, sie müssen sich lohnen. Es gibt verschiedene Mittel und Wege, mehr oder minder exakt zu ermitteln, ob und bis wann sich eine Effizienzinvestition voraussichtlich amortisiert oder nicht. Leider wird erfahrungsgemäß in diesem Themenbereich viel Unsinn publiziert, der zu Ungenauigkeiten oder schlicht zu Fehlentscheidungen führt. Wir wollen als Beispielinvestition eine neue Heizanlage betrachten. In diesem Kapitel werden die Zahlen, Einheiten und Rechenoperationen nach kaufmännischen Gewohnheiten geschrieben, das heißt Punkte als Tausendertrennzeichen, keine eckigen Klammern um die Einheiten und „./.“ statt „–“ als Subtraktionszeichen. Beträge werden bis zur zweiten Hinterkommastelle angegeben und kaufmännisch gerundet.

10.1 Investition Eine Investition bedeutet im weitesten Sinne, heute auf einen Nutzen zu verzichten, in der Hoffnung, diesen Nutzen später – möglichst verzinst – wiederzubekommen. Das lässt sich anhand eines Gemüsegartens nachvollziehen: Man investiert Gartenarbeit und ein Samenkorn in der Erwartung später möglichst viele Früchte der investierten Arbeit zu ernten. Im betriebswirtschaftlichen Sinn ist eine Investition zunächst nur eine Zahlungsreihe. Diese besteht zu Anfang (Zeitpunkt t D 0) aus einer Auszahlung, der eigentlichen Investition, und danach (Zeitpunkte t D 1,. . . ,T) aus einer Reihe von Einzahlungen oder Rückflüssen. Am einfachsten ist es, alles zu belassen wie es ist. Das ist der Basisfall, d. h. die alte Heizung bleibt, wo sie ist. Die Alternative ist, zu investieren, also eine neue Heizung einzubauen, das nennt man auch Projekt. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_10

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Investitionsrechnung

Manchmal gibt es mehrere mögliche Alternativen (Projekte), unter denen man die (das) sinnvollste finden muss, etwa wenn man die Wahl zwischen einer Gasheizung, einer Wärmepumpe und einer Holzheizung hat. Man unterscheidet Kann- und Muss-Investitionen. Wenn die alte Heizung irreparabel defekt ist oder vom Schornsteinfeger nicht mehr abgenommen wird, liegt eine Muss-Investition vor. Die Frage ist dann nur noch, welche Investition man tätigen will. Der Basisfall wäre sonst, ohne Heizung im Kalten zu sitzen. Wir betrachten im Folgenden vor allem Kann-Investitionen, d. h. wir können investieren, müssen es aber nicht.

10.2 Statische Verfahren Die Amortisationsrechnung hat als statisches Vorteilhaftigkeitsmaß den Charme, leicht berechenbar zu sein. Dafür ist das Ergebnis nicht ganz exakt, weil von stets gleichbleibenden Rückflüssen ausgegangen wird, was in der Realität nur selten der Fall ist. Außerdem finden Zinsen und Preissteigerungen keine Berücksichtigung. Das ist bei den später behandelten dynamischen Verfahren anders. Eigentlich ist die Amortisationsrechnung kein Rentabilitäts-, sondern ein Risikomaß, d. h. sie sagt nur, wann sich die Investition voraussichtlich gelohnt haben wird. Sie sagt aber nichts darüber aus, wie sich das eingesetzte Kapital verzinst oder wie viel man in absoluten Zahlen aus der Investition zurück erhält. Angenommen, die alte Heizung ist noch intakt, dann ist der Basisfall, die Heizung weiter zu nutzen solange es geht. In diesem Fall verursache die alte Heizung Brennstoffkosten von, sagen wir, 10.000 C/a. Eine neue Heizanlage koste 6000 C. Da die neue Heizung 10 % effizienter ist als die alte, sollen die Brennstoffkosten nach der Umrüstung nur noch 9000 C/a betragen. Ob das dann in der Realität auch wirklich so kommt, ist eine ganz andere Frage. . . Die Ersparnis pro Jahr beträgt: Brennstoffkosten Basisfall :=: Brennstoffkosten Investition D Brennstoffkostenersparnis 10:000 /a :=: 9000 /a D 1000 /a Man kann das als Zahlungsreihe darstellen. Der Zeitpunkt t D 0 ist der Beginn des ersten betrachteten Jahres, der Zeitpunkt 1 ist das Ende des ersten bzw. der Beginn des 2. Jahres, also der Moment des Wechsels vom 31.12. zum 01.01.

10.2 Statische Verfahren Zeitpunkt (Jahr)

0 (z. B. 01.01.2020) 1 (31.12.2020) 2 (31.12.2021) 3 (31.12.2022) 4 (31.12.2023) 5 (31.12.2024) 6 (31.12.2025) 7 (31.12.2026) 8 (31.12.2027) ...

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Zahlungen Basisfall [ C]

10.000 C 10.000 C 10.000 C 10.000 C 10.000 C 10.000 C 10.000 C 10.000 C ...

Zahlungen Investitionsfall [ C] 6000 C 9000 C 9000 C 9000 C 9000 C 9000 C 9000 C 9000 C 9000 C ...

Differenz der Zahlungen D Investitions- ./. Basisfall 6000 C C1000 C C1000 C C1000 C C1000 C C1000 C C1000 C C1000 C C1000 C ...

Kumulierte Differenzen 6000 C 5000 C 4000 C 3000 C 2000 C 1000 C 0C C1000 C C2000 C ...

Offenbar fängt man ab dem 6. Jahr an zu sparen, und zwar 1000 C jährlich. Die Anschaffungskosten der Heizung sind dann über die eingesparten Brennstoffkosten amortisiert. Zur Erinnerung: wir gehen von stets gleichbleibenden Brennstoffkosten aus. Man muss aber keine aufwendige Tabelle machen, eine einfache Formel gibt unmittelbar Auskunft. Die Amortisationszeit ermittelt sich, indem man die Anschaffungsausgabe (6000 C) durch den durchschnittlichen jährlichen Rückfluss (1000 C/a) teilt: Amortisationszeit D

Anschaffungsausgabe  ; durchschnittl. jährlicher Rückfluss /a

also:

6000  D 6 a: 1000 /a Die neue Heizanlage hat nach dieser Betrachtung ihre Anschaffungsausgabe von 6000 C nach sechs Jahren durch die verringerten Brennstoffkosten wieder eingespart. Amortisationszeit D

I

Wichtig Stehen mehrere sich ausschließende Investitionsalternativen zur Verfügung und es soll die betriebswirtschaftlich günstigste ausgewählt werden, lässt die statische Amortisationszeit nur unter sehr restriktiven Bedingungen Rückschlüsse darauf zu, welches Projekt das Beste ist. Nur weil bei einem Projekt die eingesetzten Mittel schnell zurückfließen, heißt das nicht, dass man damit über einen gewissen Horizont am meisten spart. Erschwerend kommt hinzu, dass die Amortisationszeit keine Veränderung der Rahmenbedingungen berücksichtigt, etwa steigende Strompreise. Für kurze Projekte mit Laufzeiten bis zu drei Jahren mag dieser Effekt vernachlässigbar sein. Bei Projekten, die sich über mehr als 5 Jahre hinziehen, wäre eine Vernachlässigung sich ändernder Parameter falsch.

Ist man sich hinsichtlich der Treffsicherheit der eigenen Rechnung nicht sicher, können mehrere Amortisationszeiten für den bestmöglichen, den schlechtestmöglichen und

172

10

Investitionsrechnung

den wahrscheinlichsten Fall berechnet werden. Damit erhält man eine Bandbreite von Resultaten, etwa, dass sich die Investition zwischen 5 und 10 Jahren amortisiert haben dürfte. Diese Betrachtung des Best- und Worst-Case-Szenarios ist auch für die später vorgestellten Verfahren möglich, wenngleich mit mehr Aufwand verbunden, da mehrere Parameter variiert werden müssen.

10.3 Dynamische Verfahren Zur Ermittlung der Amortisationszeit haben wir eine Reihe Annahmen getroffen, die so in der Realität selten zutreffen:  In Wirklichkeit ändern sich die Zahlungen sowohl des Basis- also auch des Investitionsfalls im Laufe der Zeit.  Investitionen sind oft kreditfinanziert, dieser Kredit ist zu berücksichtigen. Selbst wenn die Investition vollständig aus eigenen Mitteln gestemmt wird, ist die Verzinsung des Eigenkapitals von Interesse. Um die dynamischen Verfahren zu verstehen, muss man etwas weiter ausholen. Damit die Sache nicht zu schwer wird, nehmen wir an, es gäbe einen einheitlichen Zinssatz für Guthaben und Kredite bei der Bank, dieser sei die ganze Zeit über konstant und hänge nicht vom Investitionsvolumen ab. Die Wirkung von Steuern lassen wir ebenfalls außen vor. Sollen diese Aspekte berücksichtigt werden (insbesondere das sog. Steuerparadoxon), wird auf die einschlägige betriebswirtschaftliche Literatur verwiesen.

10.3.1 Zinsen Zunächst müssen wir uns fragen, was Zinsen sind und wie sie sich auswirken. Den Zinssatz bezeichnet man in der Investitionsrechnung meist mit i von englisch „interest“, manchmal auch mit r. Damit das Rechnen in den Beispielen nicht so schwer wird, nehmen wir i D 10 % an, aber die Rechenwege sind für jeden Zinssatz dieselben. Zehn Prozent bedeutet „Zehn auf Hundert“, also 10/100 und ist nur eine andere Schreibweise für 1/10 oder 0,1. Es gilt also i D 10 % D 1/10 D 0,1. Zahlt man einen Betrag von E D 100 C bei der Bank ein und erhält ein Jahr lang i D 10 % Zinsen, liegen am Ende des Jahres 110 C auf dem Konto. Das sind die ursprünglich eingezahlten 100 C plus 10 C Zinsen. Die Zinsen ergeben sich, indem man die Einzahlung E mit dem Zinssatz i multipliziert: 100   10 % D 100   0;1 D 10 :

10.3 Dynamische Verfahren

173

Da uns meistens interessiert, wie viel Geld am Anfang (100 C) und am Ende (110 C) auf dem Konto ist und nicht, wie viele Zinsen (10 C) wir bekommen haben, rechnen wir mit dem Zinsfaktor q, der uns das Rechnen vereinfacht. Für den Zinsfaktor q gilt: I qD1Ci Bei einem Zinssatz von 3 % ( = 0,03) beträgt q D 1 C 0,03 D 1,03. Wenn wir die Einzahlung mit dem Zinsfaktor multiplizieren, erhalten wir nicht nur die Zinsen, die wir binnen eines Jahres bekommen, sondern erfahren, wie viel Geld am Ende des Jahres auf dem Konto liegt. Da in unserem Beispiel i D 0,1 ist, beträgt q D 1 C i D 1 C 0,1 D 1,1. Probe: 100   q D 100   .1 C i/ D 100   1;1 D 110 : Hebt man die 110 C nicht nach einem Jahr ab, sondern lässt sie weiter bei einem Zinssatz von i D 10 % liegen, hat man nach einem weiteren Jahr nicht etwa 120 C auf dem Konto, sondern etwas mehr. Das liegt daran, dass im zweiten Jahr nicht nur die ursprünglichen 100 C verzinst werden, sondern die 10 C Zinsen aus dem ersten Jahr ebenfalls mit 10 % verzinst werden. Nach zwei Jahren liegen deshalb 110 C  1,1 D 121 C auf dem Konto: Das ist der Zinseszinseffekt. Nach dem dritten Jahr haben wir schon 121 C  1,1 D 133,10 C, nach dem vierten 133,10 C  1,1 D 146,41 C usw. Es ist etwas beschwerlich, das iterativ zu berechnen. Wollte man wissen, wie viel man nach 20 Jahren auf dem Konto hat, müsste man 20 Iterationen machen. Das geht zum Glück auch einfacher: Wir betrachten nochmal den Kontostand nach zwei Jahren. Dieser wurde ermittelt, indem die eingezahlten 100 C für das erste Jahr mit dem Zinsfaktor q D 1,1 multipliziert wurden (was 110 C ergab), dann wurde das Ergebnis für das zweite Jahr nochmal mit q D 1,1 multipliziert (was 121 C ergab). Wir haben also gerechnet: 100   q  q D 100   1;1  1;1 D 121  „q  q“ ist dasselbe wie q2 . Für das dritte Jahr ergibt sich: 100   q  q  q D 100   1;1  1;1  1;1 D 133;10  „q  q  q“ ist aber dasselbe wie q3 . Für das vierte Jahr ergibt sich q4 , für das Fünfte q5 und für das n-te Jahr qn .

174

10

Investitionsrechnung

Wir können also mit der Zahl der Jahre als Exponent von q in einem Schritt berechnen, wie viel Geld nach dieser Zeit auf dem Konto liegt (unter der Annahme, dass q und i gleichbleibend bzw. statische Betrachtung): Nach Jahren 0 1 2 3 4 5 6 ... 20 n

Iterativ 100 C 100 C  1,1 100 C  1,1  1,1 100 C  1,1  1,1  1,1 100 C  1,1  1,1  1,1  1,1 100 C  1,1  1,1  1,1  1,1  1,1 100 C  1,1  1,1  1,1  1,1  1,1  1,1 ... 100 C  1,1  . . .  1,1 100   1;1  : : :  1;1 „ ƒ‚ …

Über Exponent 100 C  q0 100 C  q1 100 C  q2 100 C  q3 100 C  q4 100 C  q5 100 C  q6 ... 100 C  q20 100 C  qn

Kontostand 100,00 C 110,00 C 121,00 C 133,10 C 146,41 C 161,05 C 177,16 C ... 672,75 C

n

Offenbar macht es einen erheblichen Unterschied, wann man Geld bekommt. Je länger man es mit Zins und Zinseszins auf dem Konto belässt, umso drastischer nimmt der Kontostand jedes Jahr zu. Für das nun Folgende müssen wir eine Annahme treffen: Wir seien in der Lage, Zahlungen zeitlich beliebig zu transformieren. Das heißt, wir können uns aussuchen, ob wir einen Betrag x heute oder erst in drei Jahren ausgezahlt bekommen wollen. Dazwischen können wir ihn bei der Bank parken – zu einem Zinssatz, der annahmegemäß für Guthaben und Kredite gleich hoch ist. Angenommen, wir sollen bei i D 10 % eine Entscheidung treffen: Jemand bietet uns an: „Sie können entweder heute 100 C erhalten oder 110 C in einem Jahr.“ Mit welcher der Alternativen sind wir am Ende reicher? Tatsächlich ist das egal: Nehmen wir die 100 C jetzt, können wir diese nach der oben getroffenen Annahme zur Bank bringen und dort mit i D 10 % verzinsen lassen. Man bezeichnet diese Betrachtung als Aufzinsen. Nach einem Jahr haben wir dann 110 C auf dem Konto – genau so viel wie alternativ angeboten. Würde man uns dagegen 100 C heute oder 112 C in einem Jahr anbieten, wäre es sinnvoller, das Jahr zu warten, denn wenn wir die 100 C heute nähmen und zur Bank brächten, hätten wir zum Jahresende nur 110 C auf dem Konto. Die Alternative zu wählen, brächte uns aber 2 C mehr. Lautete das Angebot dagegen 100 C jetzt oder 108 C in einem Jahr, wäre es sinnvoller die 100 C jetzt zu nehmen. Das gilt – wohlgemerkt – nur beim angenommenen Zinssatz von 10 %. Bei anderen Zinssätzen müsste man rechnen, welche Alternative günstiger ist.1 1

Leider handelt der Mensch intuitiv nicht so rational. Vor die Entscheidung gestellt, ob man lieber 100 C jetzt oder 120 C in einem Jahr haben will, würden viele Menschen die 100 C jetzt nehmen, obwohl die 120 C in einem Jahr einer Verzinsung von 20 % entsprächen.

10.3 Dynamische Verfahren

175

Wir gehen bei dieser Betrachtung von einer „sicheren“ Zukunft aus, die in der Realität nicht gegeben ist.

10.3.2 Barwert Die zeitliche Transformierbarkeit gilt natürlich auch umgekehrt: Eine Zahlung, die wir erst in der Zukunft erhalten werden, kann mit einem Betrag verglichen werden, den wir heute haben können. Den Wert einer zukünftigen Zahlung zum heutigen Zeitpunkt nennt man Barwert. Was wäre das heutige Äquivalent zu einer Zahlung von 100 C in einem Jahr? Statt aufzuzinsen müssen wir abzinsen (diskontieren). Dazu müssen wir nur die Rechenoperation umkehren, also nicht multiplizieren, sondern dividieren. Der Wert von 100 C in einem Jahr beträgt heute: 100  W q D 100  W 1;1 D 90;91  Der Barwert von 100 C in einem Jahr bei i D 10 % Zinsen sind 90,91 C. Wie kann man sich diese zeitliche Transformation vorstellen? Angenommen, man wäre sicher, in einem Jahr 100 C zu bekommen (z. B. aus der Lebensversicherung), will aber jetzt schon etwas dafür kaufen, obwohl man das Geld noch gar nicht hat. Dann könnte man zur Bank gehen, sich dort einen Kredit von 90,91 C holen und sich von diesem Geld das Gewünschte kaufen. Nach einem Jahr sind die Schulden bei der Bank um die Zinsen für den Kredit gewachsen, und zwar auf genau 90,91 C  1,1 D 100,00 C. Und da man – wie angenommen – nach einem Jahr 100 C bekommt, kann man Zinsen und Tilgung auf den Cent genau bei der Bank abbezahlen.

10.3.3 Kapitalwert und Endwert Um Projekte vergleichen zu können versucht man, den Wert aller Zahlungen – einschließlich Anfangsauszahlung – auf einen bestimmten Zeitpunkt zu berechnen.  Zinst man alle Zahlungen zum Endzeitpunkt des Projekts auf, dann nennt sich die Summe aller Zahlungen Endwert.  Zinst man alle Zahlungen auf den Anfangszeitpunkt des Projekts ab, dann nennt man die Summe aller Zahlungen Kapitalwert. Angenommen, für eine Anfangsauszahlung von 300 C erhalten wir vier Jahre (T D 4) lang einen gleichbleibenden Rückfluss (Rente) von 100 C. Der Zinssatz sei unverändert 10 %. Zeitpunkt Zahlung

t D 0 (Jetzt) 300 C

tD1 100 C

tD2 100 C

tD3 100 C

T D4 100 C

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10

Investitionsrechnung

Abb. 10.1 Vorgehen zur Ermittlung des Kapitalwerts

Wie hoch ist der Kapitalwert dieser Zahlungsreihe? Dazu müssen alle Zahlungen auf t D 0 abgezinst werden, wie grafisch in Abb. 10.1 gezeigt. Die Auszahlung findet ja ohnehin in t D 0 statt, deshalb bleibt sie unverändert. Der erste Rückfluss in t D 1 muss um ein Jahr abgezinst werden, der zweite um zwei Jahre, der dritte um drei Jahre und der letzte um vier Jahre: 300  jetzt entsprechen unverändert 100  in einem Jahr entsprechen heute 100  in zwei Jahren entsprechen heute 100  in drei Jahren entsprechen heute 100  in vier Jahren entsprechen heute

300  100  W q 1 D 100  W 1;1 100  W q 2 D 100  W 1;12 100  W q 3 D 100  W 1;13 100  W q 4 D 100  W 1;14

D 300  D 90;91  D 82;64  D 75;13  D 68;30 

Vier jährliche Rückflüsse zu je 100 C haben also zum Zeitpunkt t D 0 einen Barwert von 316,98 C (D 90,91 C C 82,64 C C 75,13 C C 68,30 C), weit weniger als die Summe der vier Zahlungen. Zieht man nun noch die Anfangsauszahlung von 300 C ab, bleibt ein Kapitalwert des Projekts von 16,98 C. Das Projekt lohnt sich, ist allerdings nicht besonders ertragreich. Manchmal will man lieber wissen, wie viel Geld man zum Ende des Projekts verdient hat (Endwert). Wie hoch ist der Endwert am Ende des vierten Jahres? Alle Zahlungen müssen auf den Zeitpunkt T D 4 aufgezinst werden, also die Anfangsauszahlung um vier Jahre, der erste Rückfluss um drei Jahre, der zweite um zwei Jahre, der dritte um ein Jahr und der vierte fällt ohnehin erst in T D 4 an: 300  aus t 100  aus t 100  aus t 100  aus t 100  aus t

D 0 entsprechen in T D 1 entsprechen in T D 2 entsprechen in T D 3 entsprechen in T D 4 entsprechen in T

D4 D4 D4 D4 D4

300   q 4 100   q 3 100   q 2 100   q 1 100   q 0

D 300   1;14 D 100   1;13 D 100   1;12 D 100   1;11 D 100   1

D 439;23  D 133;10  D 121;00  D 110;00  D 100;00 

Vier jährliche Zahlungen zu je 100 C haben zum Zeitpunkt T D 4 einen Endwert von 464,10 C ( D 133,10 C C 121,00 C C 110,00 C C 100 C). Davon ist noch die aufgezinste Anfangsauszahlung von 439,23 C abzuziehen. Der Endwert des Projekts beträgt damit 24,87 C.

10.3 Dynamische Verfahren

177

Abb. 10.2 Vorgehen zur Ermittlung des Endwerts

Kapital- und Endwert stehen übrigens in engem Zusammenhang, deshalb braucht man nur einen davon durch Auf- oder Abzinsen zu berechnen. Zinst man nämlich den Kapitalwert über die volle Projektdauer auf erhält man den Endwert, zinst man den Endwert über die volle Projektdauer ab, erhält man den Kapitalwert: Kapitalwert aufgezinst D Endwert: 16;98   1;14 D 24;86  .ein Cent Rundungsfehler/ Endwert abgezinst D Kapitalwert: 24;87  W 1;14 D 16;99  .ein Cent Rundungsfehler/ Es gilt: Ist der Kapitalwert positiv, dann ist immer auch der Endwert positiv.2 Es ist also zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines Projekts egal, ob man den Kapitalwert, den Endwert oder die Annuität berechnet – ist einer der Werte positiv, sind es die anderen beiden auch. I

Wichtig Der Kapitalwert ist die sinnvollste Beurteilungsgröße für die Vorteilhaftigkeit von Projekten. Er gibt an, um wie viel man zum jetzigen Zeitpunkt reicher wäre, wenn man ein Projekt durchführen würde – vorausgesetzt alle getroffenen Annahmen treffen zu.

Nehmen wir an, die Heizung aus dem obigen Beispiel wird mit einer Lebensdauer von 20 Jahren gerechnet. Jährlich sollen 1000 C Brennstoffkosten gespart werden. Die neue Heizung koste 6000 C. Um wie viel ist man heute reicher, wenn man in die neue Heizung investiert, statt die alte Heizung noch 20 Jahre laufen zu lassen? Dies wie oben durch Abzinsung jedes einzelnen Jahres zu berechnen ist möglich und richtig, aber auch lästig. Für die Abzinsung gleichbleibender (!) Renten, hier 1000 C/a, gibt es die Rentenbarwertformel, die das Ganze vereinfacht. Rentenbarwertformel für gleichbleibende Zahlungen: Barwert D 2

qn  1  Zahlung: i  qn

Dasselbe gilt auch für die Annuität. Das ist der gleichbleibende Betrag, den man jährlich aus dem Projekt entnehmen könnte.

178

10

Investitionsrechnung

Für obiges Beispiel mit n D 20 Jahre als Laufzeit, i D 10 % und q D 1 C i D 1,1 eingesetzt ergibt sich: 1;120  1  1000  0;1  1;120 6;72749995  1 5;72749995 D  1000  D  1000  0;1  6;72749995 0;672749995 D 8;51356  1000  D 8513;56 :

Barwert D

Das ist aber nur der Rentenbarwert der Rückflüsse der Jahre 1 bis 20. Für den Kapitalwert ist noch die Anfangsauszahlung (6000 C) vom Barwert der Rückflüsse abzuziehen: Barwert der Rückflüsse: 8513;56  ./. Anfangsauszahlung: 6000;00  D Kapitalwert: 2513;56  Die Darstellung in Abb. 10.3 zeigt das Vorgehen noch einmal. Damit ist klar: Die Heizung lohnt sich. Der Investition von 6000 C stehen über die nächsten 20 Jahre abgezinste Rückflüsse durch vermiedene Brennstoffkosten von 8513,56 C gegenüber. Mit der Investition in die neue Heizung spart man 2513,56 C gegenüber dem Basisfall (Heizung belassen). I

Wichtig Folgende Regeln gelten: 1. Ist der Kapitalwert < 0, lohnt das Projekt nicht, weil man am Ende weniger Geld hat als zu Beginn. 2. Ist der Kapitalwert > 0, ist das Projekt lohnend, weil man am Ende mehr Geld hat als zu Beginn. 3. Kapitalwerte lassen sich vergleichen. Stehen mehrere Projekte zur Auswahl, ist dasjenige mit dem höchsten Kapitalwert zu bevorzugen.

Die letzte Regel ist wichtig, im Kap. 11 sehen wir, warum. Der Kapitalwert ist eine absolute Größe, die einem z. B. in Euro genau sagt, um wie viel man reicher (oder ärmer) wird, wenn man das Projekt durchführt.

Abb. 10.3 Zahlungsreihe mit diskontierten Rückflüssen und Anfangsauszahlung

10.3 Dynamische Verfahren

179

10.3.4 Preisänderungen Bislang unterlag die Rechnung der Annahme, dass sich an den Rahmenbedingungen nie etwas ändert. Das trifft natürlich in Wirklichkeit nicht zu. Die Energiepreise steigen, der Zinssatz kann sich ändern. Wechselnde Zinssätze zu berücksichtigen ist nicht so einfach, denn niemand kann in die Zukunft sehen. Kontinuierlich steigende Energiepreise hingegen kann man berücksichtigen. Die Berechnung mit steigenden Energiepreisen geht zwar auch über Formeln, aber die iterative Methode ist intuitiv besser zu verstehen. Wir treffen folgende Annahmen:  Der Zinssatz liege bei konstant i D 10 %.  Die Energiepreise steigen konstant um 3 % p. a., das ist ein realistischer Wert.  Ansonsten gelten die Annahmen wie oben. Im ersten Jahr sparen wir annahmegemäß eine Energiemenge, die einem Gegenwert von 1000 C entspricht. Sparen wir im nächsten Jahr dieselbe Energiemenge, aber der Energiepreis hat sich um 3 % erhöht, beträgt der Gegenwert der gesparten Energie im zweiten Jahr 3 % mehr, also 1030 C. Im dritten Jahr sind es schon 1060,90 C, denn der Zinseszinseffekt gilt auch für die Energiepreise. Und so geht es bis T D 20 weiter. Die Spalte „Wert der gesparten Energie in C“ zeigt, welchem Wert die gesparte Energiemenge über 20 Jahre entspricht: Jahr 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Wert der gesparten Energie in C – 1000,00 C D 1000 C  1,030 1030,00 C D 1000 C  1,031 1060,90 C 1092,73 C 1125,51 C 1159,27 C 1194,05 C 1229,87 C 1266,77 C 1304,77 C 1343,92 C 1384,23 C 1425,76 C 1468,53 C 1512,59 C 1557,97 C 1604,71 C 1652,85 C 1702,43 C 1753,51 C D 1000 C  1,0319

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Investitionsrechnung

Die Rückflüsse sind demnach mit steigenden Energiepreisen höher als ohne. Das ist logisch, denn in der Zukunft wird das gesparte Gut wertvoller. Um nun den Kapitalwert des Projekts zu ermitteln, muss man wissen, wie viel die zukünftig gesparte Energie zum heutigen Tag wert ist. Dazu müssen die ganzen zukünftig gesparten Beträge wieder auf t D 0 abgezinst werden. Das geschieht nachrichtlich in der Spalte „Rückflüsse C“ (Abb. 10.4). Im zwanzigsten Jahr wird zwar Energie im Wert von 1753,51 C gespart, aber um zwanzig Jahre abgezinst ist diese Energiemenge heute 260,65 C (D 1753,51 C : 1,120 ) wert. Wie kann man sich das vorstellen? Angenommen, man wollte heute Geld zurücklegen, um in zwanzig Jahren seine Heizkosten bezahlen zu können, dann müsste man heute 260,65 C auf ein Konto legen. Wird dieses Geld 20 Jahre lang mit 10 % Zins und Zinseszins verzinst, werden daraus 260,65 C  1,120 D 1753,52 C, genau ausreichend, um die Heizkosten in 20 Jahren zu bezahlen. Falls man einen Leistungspreis (etwa bei Strom oder Gas) zu berücksichtigen hat, funktioniert die Rechnung identisch. In der letzten Spalte ist der kumulierte Kapitalwert von t D 0 bis zum jeweiligen Jahr zu sehen. Im neunten Jahr dreht das Vorzeichen, das heißt dynamisch gerechnet hat sich die neue Heizung nach 9 Jahren amortisiert.

Abb. 10.4 Ermittlung des Kapitalwerts

10.3 Dynamische Verfahren

181

10.3.5 Der interne Zinsfuß Der interne Zinsfuß oder die interne Verzinsung ist ein relatives Maß dafür, wie sich das eingesetzte Kapital verzinst und gilt in vielen Unternehmen noch heute als das Maß aller Dinge. Dabei ist er schwer zu ermitteln (bei längeren Zahlungsreihen nur iterativ), fehleranfällig (besonders bei Vorzeichenwechseln in den Rückflüssen) und mangels Vergleichbarkeit nur bedingt aussagekräftig. Mathematisch ist es der Zinssatz, bei dem der Kapitalwert eines Projekts null ist, man also dem Projekt indifferent gegenüber steht. Angenommen, für ein Projekt wird ein interner Zinsfuß von 5 % ermittelt, dann bedeutet das, dass sich das eingesetzte Kapital im betrachteten Zeitraum genauso verzinst, als hätte man es bei 5 % auf ein Konto gelegt. Voraussetzung, um überhaupt einen sinnvollen internen Zinsfuß zu ermitteln ist, dass es sich um eine Normalinvestition handelt:  Die Summe aller Zahlungen ist positiv.  Die Anfangszahlung ist negativ.  Die Kapitalwertfunktion fällt monoton. Der interne Zinsfuß ist mit Vorsicht zu genießen. Er ist – wie gesagt – ein relatives Vorteilhaftigkeitsmaß, sagt also nichts darüber, wie viel besser man in Euro steht, wenn man das Projekt durchführt. Gibt es im Lauf des Projekts Vorzeichenwechsel, etwa durch Nachschüsse, können sich sogar mehrere interne Zinsfüße ergeben, die dennoch mathematisch alle korrekt sind. Anders als teilweise sogar in der Literatur behauptet,3 ist der interne Zinsfuß allenfalls unter sehr restriktiven Annahmen geeignet, unter mehreren Projekten das beste herauszufinden. Beispielsweise müssen beim Vergleich von Projekten die Anfangsauszahlungen gleich sein, wie sich leicht beweisen lässt. Zwei Projekte sollen zur Auswahl stehen, Projekt A erfordert eine Anfangsauszahlung von nur 1,00 C, Projekt B hingegen von einer Million Euro. Projektalternative Auszahlung in t D 0 A 1,00 C B 1.000.000 C

Rückfluss in T D 1 2,00 C 1.100.000 C

Kapitalwert 1C 100.000 C

Interner Zinsfuß 100 % 10 %

Die Projekte haben unterschiedliche Anfangsauszahlungen. Der Kapitalwert ist bei Projekt B größer, der interne Zinsfuß bei A. Der eine investierte Euro aus Projekt A verzinst sich zwar hervorragend mit 100 %, am Ende des Projekts ist man aber nur um einen 3

Vgl. Fink et al.: „Leitfaden für das betriebliche Energiemanagement“, Seite 44: „Der Vorteil der Methode liegt in der Vergleichbarkeit des Maßstabes ,internen Zinssatzes‘ auch für Investitionen unterschiedlicher Größe und Dauer.“; Forschungsstelle für Energiewirtschaft & MKL Ingenieurgesellschaft mbH, München Februar 1997.

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Investitionsrechnung

Euro reicher. Projekt B verzinst sich dem gegenüber nur mit 10 %, aber wer Projekt B wählt, ist am Ende 99.999 C reicher, als wenn er Projekt A gewählt hätte. Hätte man also nach dem internen Zinsfuß entschieden, hätte man Projekt A, und damit das schlechtere, gewählt. Damit ist bewiesen: Der interne Zinsfuß ist bei unterschiedlichen Anfangsauszahlungen ungeeignet. Ähnliches gilt für Projekte mit gleicher Anfangsauszahlung, aber unterschiedlicher Laufzeit. Leider ist diese Erkenntnis in der Praxis noch nicht überall angekommen.

10.4 Lernkontrolle zur Amortisationsrechnung Frage(n)

 Die bisherige Beleuchtung verbrauche jährlich Strom für 10.000 C. Eine neue Beleuchtungsanlage kostet 15.000 C, halbiert aber den Stromverbrauch. Wann hätte sich die neue Anlage statisch amortisiert?  Eine alte Anlage soll durch eine neue ersetzt werden. Zur Auswahl stehen zwei Alternativen, die sich gegenseitig ausschließen: Alternative a erfordert 10 C Investition und spart pro Jahr 5 C, Amortisationszeit 2 Jahre. Alternative b erfordert 10.000 C Investition und spart pro Jahr 4000 C, Amortisationszeit 2,5 Jahre. Beide Gerätschaften wären mindestens 10 Jahre lang im Einsatz. Welche Alternative würden Sie aufgrund der Amortisationszeit intuitiv bevorzugen? Warum wäre diese Wahl dennoch unsinnig?  Auf ein Konto werden 1000 C eingezahlt, die mit i D 3 % verzinst werden. Wie viel befindet sich nach einem Jahr auf dem Konto? Wie viel nach zwei Jahren? Wie viel nach drei Jahren? Wie viel nach hundert Jahren? Wie viel nach n Jahren?  Ihnen werden zwei Alternativen angeboten, der Marktzins sei i D 5 %: Sie erhalten 100 C jetzt oder 110 C in zwei Jahren. Wofür entscheiden Sie sich und warum?  Eine Versicherung muss Ihnen in 15 Jahren 100.000 C auszahlen, würde sich dieser Verpflichtung aber gerne heute entledigen. Der Marktzins sei i D 3 %. Was wäre der heutige Barwert dieser 100.000 C unter der Annahme, dass sich die Zinsen nicht ändern?  Sie planen ein Projekt mit 3 Jahren Laufzeit. Zum Zeitpunkt t D 0 sind 10.000 C zu investieren. In t D 1 beträgt der Rückfluss 2000 C, in t D 2 beträgt er 3000 C, in t D 3 beträgt er 6000 C, der Marktzins inklusive Risikozuschlag sind i D 10 %. Wie hoch ist der Kapitalwert? Lohnt das Projekt?  Sie möchten eine PV-Anlage zur Eigenbedarfsdeckung betreiben. Die Anlage kostet 8000 C, sie spart zwanzig Jahre lang jedes Jahr für 800 C Strombezug. Der Marktzins seien i D 5 %. Wie hoch sind Kapital- und Endwert? Lohnt sich die Anlage?

Weiterführende Literatur

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 Angenommen, bei der letzten Aufgabe würde der Strom jährlich um 3 % teurer. Wie hoch ist der Kapitalwert nun?  Sie haben zwei Projekte zur Auswahl. Projekt A hat einen Kapitalwert von 25.000 C, aber eine interne Verzinsung von 2 %. Projekt B hat einen Kapitalwert von 15.000 C, aber eine interne Verzinsung von 5 %. Wofür entscheiden Sie sich und warum?

Weiterführende Literatur Gerke, Wolfgang; Bank, Matthias: Finanzierung, Kohlhammer

11

Energieumwandlung und -gewinnung

Energie zu beziehen und zu „verbrauchen“ ist das eine. Aber es gibt auch Möglichkeiten, die benötigte Energie selbst zu gewinnen oder bereits bezogene Energie weiter zu nutzen, um den Bezug zu verringern. Ein paar davon werden in diesem Kapitel kurz vorgestellt.

11.1 Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) KWK ist die Abkürzung für Kraft-Wärme-Kopplung und bezeichnet die gleichzeitige Produktion von Strom und Wärme aus einem anderen Energieträger, etwa Öl oder Gas. Bekannte Vertreter dieser Technik sind die Blockheizkraftwerke (BHKW). Diese bestehen meist aus einem Verbrennungsmotor, ähnlich dem in einem PKW, der einen Generator antreibt und damit Strom erzeugt. Die Wärme, die dabei anfällt wird ebenfalls genutzt. Der Wirkungsgrad ist nicht höher als in einer Brennwertheizung. Da Strom aber ein höherwertiger Energieträger als Wärme ist, lohnt sich das Verfahren. Gute BHKW nutzen auch noch die Abwärme aus dem Abgas und kommen auf Gesamtwirkungsgrade von über 95 %. Als Faustformel kann man rechnen, dass von der bezogenen Energie rund 1/3 zu Strom und 2/3 zu Wärme werden. Bei guten Anlagen verschiebt sich dieses Verhältnis zugunsten des Stroms. Seit einiger Zeit nutzt man auch Brennstoffzellen zur gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme. Allerdings sind Brennstoffzellen empfindlich, ihre Lebensdauer begrenzt und die Technik ist noch vergleichsweise jung. Das Verhältnis von Strom zu Wärme beträgt auch hier etwa 1/3 zu 2/3, der Gesamtwirkungsgrad ca. 90 %. Alternativ zum Verbrennungsmotor gibt es auch kleine BHKW mit Stirlingmotor in der Leistungsklasse um 0,75 [kWelektrisch ]. Der Vorteil besteht darin, dass das Arbeitsmedium nicht gleichzeitig zur Verbrennung genutzt wird. Das Verhältnis Strom zu Wärme ist etwas ungünstiger als bei den vorgenannten Technologien. Die KWK amortisiert sich über Betriebsstunden, d. h. sie muss laufen. Bei der Auslegung von KWK sind die Anlagen so zu dimensionieren, dass eine jährliche Laufzeit von © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_11

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Energieumwandlung und -gewinnung

i. d. R. 6000 Betriebsstunden nicht unterschritten wird. In der Berechnung sollte auch der Wartungsaufwand berücksichtigt werden.

11.2 Organic Rankine Cycle (ORC) In einem konventionellen Dampfkraftwerk wird Wasser verdampft und der Wasserdampf mit hohem Druck und hoher Temperatur durch Turbinen geleitet (Clausius-Rankine-Prozess). Die Turbine treibt einen Generator an, der Strom erzeugt. Organic Rankine Cycle (ORC) bezeichnet eine Technik, bei der schon mit vergleichsweise niedrigen Temperaturen unter 400 [°C] ein organisches Arbeitsmittel verdampft wird. Ähnlich wie in einem Dampfkraftwerk strömt dieser Dampf über eine Turbine, die einen Generator antreibt und dabei Strom erzeugt, allerdings nur mit einem Wirkungsgrad ca. 10 %. Organic Rankine Cycle bietet sich deshalb nur dort an, wo große Mengen (Ab-)Wärme kostenlos oder sehr kostengünstig verfügbar sind. Das Temperaturniveau braucht nicht so hoch zu sein, wie zur Verdampfung von Wasser. Denkbar wäre eine natürliche Heißwasserquelle oder ein Prozess, der heißes Abwasser erzeugt, das nicht weiter genutzt werden kann. Es gibt inzwischen ORC-Anlagen „von der Stange“, aber selbst bei einer kostenlosen Wärmequelle dauert es wegen der Investition und des niedrigen Wirkungsgrads eine Weile, bis sich die Anlage amortisiert.

11.3 Wärmepumpen Wärmepumpen bieten die Möglichkeit, vorhandene Wärme von einem niedrigen Temperaturniveau auf ein höheres Temperaturniveau zu heben. Neben den meist mit Strom angetriebenen, gibt es auch gasbetriebene Wärmepumpen, z. B. die Vuilleumier-Wärmepumpe oder Adsorptions- und Absorptionswärmepumpen. Besonders sinnvoll sind sie dort, wo Wärme preiswert oder kostenlos verfügbar ist. Als Wärmequellen kommen die Umgebungsluft, Erdwärme, aber auch warmes Abwasser oder die Abwärme aus Prozessen infrage. Der Wirkungsgrad wird umso besser, je höher das Temperaturniveau des Wärmereservoirs ist und je weniger das Temperaturniveau angehoben werden muss. Das Verhältnis von investierter elektrischer Leistung zu gewonnener thermischer Leistung nennt sich Leistungszahl oder englisch COP (Coefficient Of Performance). Sie wird für eine bestimmte Konstellation ermittelt, z. B. A10/W35. Das heißt: Außentemperatur von 10 [°C], Wassertemperatur von 35 [°C]. Eine Leistungszahl von 3 drückt aus, dass mit 1 [kW] Strom 3 [kW] Wärme gewonnen werden können. Eine Faustformel zur Ermittlung der Leistungszahl lautet: Twarm COP  0;5  Twarm  Tkalt (Wichtig: Temperaturen in Kelvin, siehe Abschn. 1.2).

11.4

Erneuerbare Energien

187

Soll also z. B. aus 0 [°C] kalter Luft 50 [°C] warmes Wasser gewonnen werden, ergibt die Formel: 323 ŒK COP  0;5  D 3;23: 323 ŒK  273 ŒK Mit einem Kilowatt Strom können etwa 3,23 [kW] Wärme gewonnen werden. Aus der Leistungszahl lässt sich über die Zeit die Arbeitszahl ermitteln. Sie besagt, wie viele Kilowattstunden Strom es braucht, um im Mittel eine Kilowattstunde Wärme zu gewinnen. Realistische Arbeitszahlen über das gesamte Jahr liegen nach verschiedenen Untersuchungen bei:  Luftwärmepumpe 2,35–3,5  Erdwärmepumpe 2,7–4,2 Eine Spielart der Wärmepumpenheizung sind Eisspeicherheizungen. Hier wird einem Wasserbassin mit einer Wärmepumpe Wärme entzogen. Das funktioniert, weil Wasser beim Übergang von 0 [°C] (flüssig) auf 0 [°C] (fest) etwa genauso viel Energie abgibt wie beim Abkühlen von 80 [°C] auf 0 [°C] flüssig. Im Sommer kann Umgebungs- oder Sonnenwärme genutzt werden, um den Eisspeicher wieder aufzutauen oder der Eisspeicher kann zur Kühlung/Klimatisierung genutzt werden.

11.4 Erneuerbare Energien 11.4.1 Sonne Die Energie des Sonnenlichts kann sowohl zur Wärmegewinnung (Solarthermie) als auch zur direkten Stromerzeugung (Photovoltaik) genutzt werden. Der Ertrag wird umso größer, je länger es hell ist und je mehr Sonnenstrahlung ankommt. Ideal ist rechtwinklige Sonneneinstrahlung über möglichst lange Zeit. Hohe Temperaturen schaden der Solarthermie nicht, verringern hingegen den Wirkungsgrad der Photovoltaik. Die Solarthermie ist besonders dort sinnvoll, wo viel Wärme benötigt wird, etwa zur Beheizung von Schwimmbädern oder zur Warmwasserbereitung, wird aber auch zur Heizungsunterstützung genutzt. Letzteres ist insofern wenig sinnvoll, als im Sommer, wenn der Ertrag maximal ist, gewöhnlich nicht geheizt wird. In der Installation ist die Solarthermie je Leistung zunächst billiger als Photovoltaik. Die Amortisationszeit einer solarthermischen Anlage liegt in der Regel dennoch jenseits von 20–30 Jahren. Das liegt daran, dass eine Kilowattstunde solarthermisch gewonnener Wärme anderweitig erzeugte Wärme im Wert von 4–7 Cent ersetzt, während eine Kilowattstunde photovoltaisch erzeugten Stroms Netzstrom im Wert von rund 30 Cent ersetzt. Die Photovoltaik (PV) wandelt das Licht ohne Zwischenschritt in Gleichstrom um. Ein Wechselrichter wandelt diesen dann in Wechselstrom um. Photovoltaik liefert auch bei Bewölkung Strom, aber weniger als bei ungetrübter Sonneneinstrahlung. Die spezi-

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Energieumwandlung und -gewinnung

fischen Kosten für Photovoltaik sind in den letzten Jahren drastisch gefallen. Realistisch sind je nach Anlagengröße, Standort und installierter Leistung 1300–1500 [ C/kWpeak ], je erzeugter Arbeit 0,05–0,10 [C/kWh] (Stand 2018), also deutlich weniger als Strom aus dem Netz kostet. Da die Einspeisevergütung ebenfalls gesenkt wurde, ist die Netzeinspeisung inzwischen nur die letztbeste Verwertungsmöglichkeit des Solarstroms. Für die Netzeinspeisung kam es nur auf die Menge des Stroms an, deshalb richtete man die Solarpaneele zur Maximierung des Ertrags am liebsten mit einer Neigung von 30–40° nach Süden aus. Bei der Eigennutzung ist man dagegen eher an einem über den Tag gleichmäßigen Ertrag interessiert. Abhängig von Verschattung und weiteren Faktoren kann es sich lohnen, die Paneele zur Eigenstromerzeugung in Ost-West-Richtung auszurichten. So wird die Ertragskurve zwar flacher, aber breiter, es gibt morgens schon früher und abends noch später eigenen Solarstrom. Leider muss für verbrauchten Eigenstrom aus Anlagen oberhalb der Bagatellgrenze von 10 [kWpeak ] Leistung (gemessen auf der Gleichstromseite!) anteilig EEG-Umlage bezahlt werden. Über die Sinnhaftigkeit dieser Regelung lässt sich streiten. Damit ist der eigenerzeugte Strom zwar noch immer billiger als Strom aus dem Netz, aber faktisch hemmt diese Regelung den Ausbau der Photovoltaik zur Eigenstromerzeugung – und genau das ist politisch vermutlich auch gewollt. Vorteil:    

Inzwischen niedrige spezifische Kosten Kaum Wartungsaufwand, außer gelegentlicher Reinigung Keine Geräusch- oder Geruchsemissionen Bei Aufdachanlagen Verschattung der Dachfläche, dadurch Kühlwirkung

Nachteil:  Ertrag überwiegend im Sommerhalbjahr und nur tagsüber bei Helligkeit  Hoher Flächenbedarf

11.4.2 Wind Wind wurde schon vor Jahrhunderten zum Antrieb von Windmühlen genutzt. Windkraftanlagen sind nur dort sinnvoll, wo regelmäßig Wind weht, also besonders auf Bergen und Anhöhen oder in Küstennähe. Je höher die Nabe und je größer die von den Rotoren überstrichene Fläche, desto höher der Ertrag bei gleichem Standort. Windräder entnehmen der bewegten Luft Energie. Bei Windparks kann es passieren, dass ein Windrad im Windschatten eines anderen steht, was den Ertrag messbar mindert. Diese Gefahr wird umso größer, je mehr Windräder der Windpark hat und je enger diese stehen. Kleinwindanlagen sind bis zu einer Höhe von 10 [m] nicht genehmigungspflichtig, bringen dann allerdings nur wenig Ertrag. Für größere Windkraftanlagen regeln die Länder die zu erfüllenden Anforderungen.

11.4

Erneuerbare Energien

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Da der Wind sehr unregelmäßig weht, wird Windstrom praktisch nur zur Netzeinspeisung genutzt, wo es nur auf die Menge, nicht aber auf den Zeitpunkt der Einspeisung ankommt. Vorteil:  Je nach Standort besonders im Winter hoher Ertrag Nachteil:     

Bei Anlagen > 10 [m] Genehmigungspflicht Ertrag unregelmäßig Wartung erforderlich Schallemissionen und Lichtorgeleffekt Akzeptanz vergleichsweise gering

11.4.3 Laufwasser Die Gewinnung von Energie aus Laufwasser war früher weit verbreitet, Mühlen standen an Bächen und Flüssen. Wasserkraft wurde über Transmission zum Antrieb von Maschinen in Sägewerken und später zum Antrieb von Generatoren zur Stromerzeugung genutzt. Das Potenzial ist umso größer, je größer die Fallhöhe des Wassers ist und je größer der Volumenstrom, also die Wassermenge je Zeit ist. Die Nutzung von Wasserkraft ist genehmigungspflichtig und nicht trivial. Sollte die Nutzung von Wasserkraft eine Option sein, wird empfohlen, dies mit einem erfahrenen Planungsbüro zu verfolgen, das die erforderlichen Genehmigungswege und Auflagen kennt. Vorteil:  Grundlastfähig, besonders im Winterhalbjahr Nachteil:     

Aufwendig in Planung und Umsetzung, Wartung erforderlich Vergleichsweise hohe Kapazitätskosten [C/kW] Eventuell gravierender Eingriff in die Biosphäre Mitunter Probleme mit Treibgut und bei Hochwasser Wartungsbedarf für mechanisch bewegte Teile

11.4.4 Biomasse Aus Biomasse lässt sich direkt Wärme und Biogas, indirekt auch elektrische Energie, gewinnen. Die Nutzung von Biomasse ist besonders dort sinnvoll, wo Biomasse reichlich

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Energieumwandlung und -gewinnung

verfügbar ist und die mitunter strengen Gerüche dieser Nutzungsform niemanden stören, also vor allem im dünnbesiedelten ländlichen Raum. Die einfachste Form der Wärmegewinnung aus Biomasse ist die Verbrennung, etwa von Holz, Holzhackschnitzeln oder Pellets aus Holz, Stroh, Mist oder anderen organischen Stoffen. Dafür gibt es Festbrennstoffkessel für Biomasse, die zu genau diesem Zweck konzipiert und gebaut werden. Das erreichbare Temperaturniveau geht bis mehrere hundert Grad Celsius. Als Abfallprodukt entsteht Asche, die je nach Brennstoff als mineralischer Dünger verwertet werden kann oder entsorgt werden muss. Eine andere Möglichkeit, längere Zeit kontrolliert Wärme aus Biomasse zu gewinnen, sind Biomeiler. Das sind große Haufen feuchter Biomasse, die von wasserführenden Schläuchen durchzogen sind. Mikroorganismen erzeugen bei der Kompostierung der Biomasse Wärme, je nach Größe des Biomeilers über mehrere Monate und bis in den mehrstelligen Kilowattbereich. Diese Wärme (bis ca. 60 [°C]) wird über die Schläuche entzogen und kann zum Heizen oder zur Warmwasserbereitung genutzt werden. Am bekanntesten sind jedoch die auf dem Land häufig anzutreffenden Biogasanlagen. Hier wird die Biomasse unter Luftabschluss (anaerob) vergoren, wobei Methan entsteht. Dieses Methan kann aufbereitet als Biogas ins Gasnetz gespeist oder vor Ort verbrannt werden. Am sinnvollsten ist jedoch die Verbrennung in einem Blockheizkraftwerk, das neben Strom noch Wärme liefert. Das vergorene Substrat kann als Dünger verwendet werden. Biogasanlagen erfordern hohe Investitionen und permanente Kontrolle, liefern aber bei korrekter Führung grundlastfähig Strom und Wärme. Vorteil:  Nutzung von Strom, Biogas und Wärme möglich  Grundlastfähig  Sinnvolle Verwertung von organischen Abfällen und Mist möglich Nachteil:      

Hohe Investitionskosten Betrieb erfordert Erfahrung und Fingerspitzengefühl Geruchsbelästigung möglich Biomasse muss kontinuierlich verfügbar sein Substrat muss später entsorgt werden, z. B. zur Düngung Eventuell Ressourcenkonkurrenz, wenn Nahrungsmittelpflanzen genutzt werden

Weiterführende Literatur Blesl, Markus; Kessler, Alois: Energieeffizienz in der Industrie, Springer

Energiemanagementsysteme

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In der Praxis führen unkoordinierte Einzelmaßnahmen zur Energieeinsparung zu Strohfeuern, die möglicherweise zwar zu Einsparungen führen, aber nicht lange anhalten oder schlecht dokumentiert sind. Typische Probleme sind:  Für das Thema Energie ist niemand zuständig und es interessiert auch niemanden richtig.  Es ist nicht bekannt, wie viel und welche Energieträger bezogen werden.  Es ist nicht bekannt, wie viele und welche Energieverbraucher es im Unternehmen gibt.  Es ist nicht bekannt, wie viel Energie wo und wozu im Unternehmen verbraucht wird.  Es werden keine Verbrauchsmessungen gemacht, dadurch ist kein Vorher-nachher-Vergleich möglich.  Maßnahmen erfolgen nicht koordiniert, werden nicht dokumentiert und nicht kommuniziert.  Amortisationszeiten sind zu groß bzw. die interne Verzinsung ist zu gering Um ein klares Ziel zu definieren und Ordnung in die Bemühungen um nachhaltige Verbrauchsreduktion zu bekommen, wurden über die Jahre Normen für Energiemanagementsysteme verabschiedet. Diese geben einen Rahmen vor, innerhalb dessen Energieeinsparmaßnahmen koordiniert vonstattengehen sollen. Gleichzeitig soll der Erfolg gemessen und dokumentiert werden. Zum Thema Energie gibt es mehrere Normen, darunter:  DIN EN 16001 (Energiemanagementsysteme), die inzwischen von der DIN EN ISO 50001 abgelöst wurde;  EMAS, das „Eco-Management and Audit Scheme“, das über den Energieverbrauch hinausgeht und die gesamte Umweltleistung umfasst;  DIN EN ISO 50001, die Energiemanagementsysteme analog zu ISO 9001 (Qualitätsmanagementsysteme), ISO 14001 (Umweltmanagementsysteme) und ISO 22000 (Managementsysteme für die Lebensmittelsicherheit) beschreibt; © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_12

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Energiemanagementsysteme

 DIN EN 16247-1 (Energieaudits, allgemeine Anforderungen), die auf einem Teil der ISO 50001 aufbaut.

12.1 DIN EN ISO 50001 Zur Umsetzung eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001 gibt es zahlreiche Bücher und Broschüren. Eine detaillierte Behandlung dieses Themas würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Der Inhalt der Norm soll deshalb hier nur kurz skizziert werden. Sie ist auf Organisationen aller Art anwendbar, also neben gewerblichen Unternehmen auch auf Behörden, Vereine, Religionsgemeinschaften usw. Die Kernelemente eines Energiemanagementsystems sind folgende:  Bekenntnis zum Energiemanagement und Zielsetzung – Die Geschäftsführung muss sich zur Einführung eines Energiemanagementsystems bekennen (Energiepolitik) und die erforderlichen Geld-, Sach-, Wissens-, Personal- und Zeitressourcen bereitstellen, um ein selbstgesetztes Ziel zu verfolgen.  Klärung von Kompetenzen und Zuständigkeiten – Es wird ein Energiebeauftragter und erforderlichenfalls ein Energieteam berufen und dessen Kompetenzen geklärt.  Rechtskataster – Es ist ein Verzeichnis zu erstellen, das neben sämtlichen anwendbaren gesetzlichen Auflagen auch sonstige Anforderungen, beispielsweise von Kunden enthält.  Kommunikation – Ein Managementsystem, von dem niemand weiß, nützt nichts. Deshalb verpflichtet die Norm dazu, alle Betroffenen – vom Geschäftsführer bis zum Praktikanten – über das Energiemanagementsystem zu informieren. Relevante Dokumente müssen für alle Adressaten einsehbar sein. Regelmäßige Schulungen informieren über richtiges Verhalten und das Managementsystem an sich.  Definition von Energieleistungskennzahlen – Das sind Werte, die sinnvoll zeigen, wie hoch der absolute und der spezifische Energieverbrauch sind. Je nach Wirtschaftszweig kann das z. B. der Verbrauch je Mitarbeiter, je Quadratmeter, je produziertem Stück, je Kunde oder je Gradtagszahl sein.  Energetische Ausgangsbasis – Basierend auf der erstmaligen Erhebung der Verbrauchswerte wird die energetische Ausgangsbasis aufgestellt. Das ist die Nulllinie, anhand derer alle späteren Verbrauchsentwicklungen gemessen werden können.  Dokumentation – Um sich nicht von einzelnen Mitarbeitern abhängig zu machen und Entscheidungen auch im Nachhinein transparent zu halten, macht die Norm zahlreiche Dokumentationen erforderlich, die ausdrücklich dauerhaft „lesbar und identifizierbar“ bleiben müssen. Davon ist faktisch alles betroffen, von der Energiepolitik über Sitzungsprotokolle bis hin zu handschriftlichen Notizen von Relevanz. Dokumentiert werden müssen u. a. die Anlagen (Anlagenkataster), Wartungs- und Revisionspläne

12.1 DIN EN ISO 50001









193

und Pläne zur Verbesserung der Energieleistungskennzahlen (strategisch, operativ und Aktionspläne). Energetische Bewertung – Im Rahmen der energetischen Bewertung wird ermittelt, welche Energieträger bezogen werden, wie viel Energie bezogen wird und wozu sie dient. Dann werden die Bereiche mit wesentlichem Energieeinsatz und die Variablen, die Einfluss auf den Energieverbrauch haben, identifiziert. Schließlich sollen Möglichkeiten zur Verbesserung der energiebezogenen Leistung ermittelt werden. Internes Audit – In regelmäßigen Abständen soll eine Revision des Stands und der Entwicklung des Energiemanagementsystems erfolgen. Das in der Norm vorgesehene interne Audit mit anschließender Beurteilung durch die Geschäftsführung kann von eigenen Mitarbeitern durchgeführt werden. Allerdings sollte der Auditierende nicht selbst an der Umsetzung des Energiemanagementsystems beteiligt sein, da er sonst seine eigene Arbeit kritisch beurteilen müsste. Um Interessenskonflikte zu vermeiden, sollte ein externer Auditor eingesetzt werden, der die nötige professionelle Distanz hat und wahrt. Management-Review – Das Ergebnis des internen Audits ist der Geschäftsführung vorzulegen und stellt erforderlichenfalls die Grundlage zur Anpassung der Energiepolitik dar. Zertifizierung – Möchte das Unternehmen sein Energiemanagementsystem zertifizieren lassen, muss ein externer Zertifizierer bestellt werden. Dieser überprüft, ob und inwieweit die Anforderungen der Norm erfüllt werden und stellt, wenn alles in Ordnung ist, ein Zertifikat aus. Dieses muss jährlich erneuert werden. In manchen Branchen wollen die Kunden inzwischen ein solches Zertifikat oder zumindest einen Auditnachweis nach DIN EN 16247-1 sehen, bevor eine Geschäftsbeziehung aufgebaut wird.

Inzwischen sind weitere Normen in der Entwurfsphase, die Einzelheiten aus der ISO 50001 näher regeln, darunter:  ISO 50002 (Energieaudits – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung)  ISO 50003 (Anforderungen an Stellen, die Energiemanagementsysteme auditieren und zertifizieren)  ISO 50004 (Anleitung zur Einführung, Aufrechterhaltung und Verbesserung eines Energiemanagementsystems)  ISO 50006 (Messung der energiebezogenen Leistung unter Nutzung von energetischen Ausgangsbasen (EnB) und Energieleistungskennzahlen (EnPI) – allgemeine Grundsätze und Leitlinien)  ISO 50015 (Energiemanagementsysteme – Messung und Verifizierung der energiebezogenen Leistung von Organisationen – allgemeine Grundsätze und Anleitung) Besonders in der Einführungsphase kostet ein solches Managementsystem eine Menge Arbeit, Zeit und Geld – manchmal auch Nerven. Die Norm erweckt mitunter den Eindruck, das Unternehmen solle sich nur noch mit dem Energiemanagement befassen. An-

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Energiemanagementsysteme

dererseits kann die detaillierte Auseinandersetzung mit dem Energieverbrauch tatsächlich dazu beitragen, den Energieverbrauch langfristig zu senken. Davon profitieren naturgemäß besonders Unternehmen mit einem sehr hohen Energieverbrauch.

12.1.1 DIN EN 16247-1 Seit dem 05.12.2015 sind Nicht-KMU (als KMU, also kleine und mittlere Unternehmen, gelten Unternehmen bis 250 Mitarbeiter oder bis 50 Mio. [C] Jahresumsatz und bis 43 Mio. [C] Bilanzsumme), die kein Energiemanagementsystem nach EMAS oder ISO 50001 haben, verpflichtet, mindestens alle vier Jahre ein Energieaudit nach DIN EN 16247-1 durchzuführen. Geschieht das nicht, drohen empfindliche Strafen. Viele Unternehmen betrachten dies als lästige Pflicht, dabei sollte die Gelegenheit als Chance betrachtet und genutzt werden, um die Energiekosten nachhaltig zu senken. Inhaltlich stellt die DIN EN 16247-1 einen Ausschnitt der ISO 50001 dar, nämlich Kapitel 4.4.3 – Energetische Bewertung. Wie im vorigen Kapitel dargelegt, geht es darum, transparent zu machen, wie viel Energie in welcher Form in das Unternehmen kommt, wo und wie effizient diese Energie eingesetzt wird und wo welche Verbesserungspotenziale schlummern. Die Auditierung kann von einem eigenen Mitarbeiter, einem Mitarbeiter eines anderen Unternehmens oder einem externen Auditor durchgeführt werden.

Weiterführende Literatur DIN EN ISO 50001:2011-12, Beuth Verlag DIN EN 16247-1:2012-10, Beuth Verlag DIN (Hrsg.), Gibrig et al.: „Energiemanagement gemäß DIN EN ISO 50001“, Beuth Verlag Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): „Energiemanagementsysteme in der Praxis – ISO 50001: Leitfaden für Unternehmen und Organisationen“, 2012, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3959.pdf. Zugegriffen: 03.08.2018 Österreichische Energieagentur (Hrsg.) Lackner, Petra / Holanek, Nicole: „Schritt für Schritt Anleitung für die Implementierung von Energiemanagement“, 2007, http://www.energymanagement. at/fileadmin/elearning/Tools_Startaktivitaeten/Energiemanagement_Handbuch_ka_eeb.pdf. Zugegriffen: 03.08.2018 Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) (Hrsg.): „Energiemanagement in kleinen und mittleren Unternehmen. Interpretationsleitfaden zur Einführung eines Energiemanagementsystems nach DIN EN ISO 50001 oder Energiemanagement-Aktivitäten gemäß SpitzenausgleichEffizienzsystemverordnung (SpaEfV)“, 2014, https://shop.dena.de/fileadmin/denashop/media/ Downloads_Dateien/esd/1436_Interpretationshilfe_ISO_50001.pdf. Zugegriffen: 03.08.2018

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Umrechnungstabellen und Vorlagen

13.1 Brennwert, Heizwert und spezifische CO2 -Emission Die nachfolgend genannten Werte verstehen sich als Orientierungswert. Einzelne Chargen oder Rohstoffe aus unterschiedlichen Quellen können abweichen! Irrtum vorbehalten. Energieträger

1 kg Steinkohle (Mittelwert) 1 kg Braunkohle (Mittelwert) 1 kg Brennholz ( 1,43 dm3 ) 1 kg Benzin 1 kg Dieselöl 1 kg Heizöl extraleicht 1 l Heizöl extraleicht (0,845 [kg/l]) 1 kg Heizöl schwer 1 l Heizöl schwer (0,99 [kg/l] bei 15 [°C]) 1 kg Flüssiggas (Propan) 1 kg Flüssiggas (Butan) 1 m3 Erdgas (H) (Normkubikmeter) 1 kWh Strom 1 kWh Fernwärme Mix

Brennwert [J]

Heizwert [J]

44.000.000 [J] 45.400.000 [J] 45.400.000 [J] 38.400.000 [J] 41.500.000 [J] 41.100.000 [J]

30.116.000 [J] 9.004.000 [J] 14.654.000 [J] 41.000.000 [J] 42.500.000 [J] 42.600.000 [J] 36.000.000 [J] 39.500.000 [J] 39.100.000 [J]

Spez. CO2 -Emission je [kWh] inkl. Vorkette 1 [kWh] D 3,6 [MJ] 355 [g/kWh] 415 [g/kWh] 10 [g/kWh] 299 [g/kWh] 300 [g/kWh] 312 [g/kWh] 312 [g/kWh] 324 [g/kWh] 324 [g/kWh]

50.400.000 [J] 49.570.000 [J] 41.330.000 [J] 3.600.000 [J] 3.600.000 [J]

46.330.000 [J] 45.680.000 [J] 37.300.000 [J] 3.600.000 [J] 3.600.000 [J]

278 [g/kWh] 230 [g/kWh] 226 [g/kWh] 593 [g/kWh] 317 [g/kWh]

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_13

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1 103 3,6  103

103

106 3,6  106

9,806.65  103 1,055.056

9,806.65

1055,056

4,1868

4186,8

35,999  106 0,251.996

0,293.071  103

2,34  103

0,335  106

27,24  106

9,806.65  106 1,055.056  103

1

7000

238,846 859,804

0,238 8

[kcal] 4186,81

0,143  103

1

29,3076  103 29,30761 0,122.835

[kg SKE] 29,3076  106

4,1868  103 1,163  103

8,141

3,61 1

3,6  103

103 1 3,6

[kWh] 3,6  106

[MJ] 106

29,3076  106 29,3076  103 29,3076

[kJ] 103

[J] 1

0,947.817

[BTU] 1055,0561

107,585.77

1

426,934.78

9,295  103 1

3,9683

101,971  103 947,817 367,097 8  3,412  103 103 2,9885  106 27,778  103

101,971

[kp  m] 9,806.651

13

Irrtum vorbehalten. Weitere, selten genutzte Einheiten: 1 Elektronenvolt [eV] D 1,602.176.621 1019 [J] 1 Öleinheit [ÖE] D 41,868 [MJ] D 41.868.000 [J] 1 Thermie** [th] D 106 [cal] D 4,1855  106 [J] 1 Therm** [thm] D 100.000 [BTU] D 105.505.585,3 [J] 1 Quad** [quad] D 1015 [BTU] D 1,055.055.853 1018 [J] * Veraltet, missbilligt oder nicht mehr zulässig ** Basiert nicht auf dem metrischen System

1 Megajoule [MJ] 1 Kilowattstunde [kWh] 1 Kilogramm Steinkohleeinheit [kg SKE] 1 Kilokalorie* [kcal] 1 Kilopondmeter* [kp  m] 1 British Thermal Unit** [BTU]

Entspricht: 1 Joule [J] = 1 [Nm] = 1 [Ws] = 1 [VAs] 1 Kilojoule [kJ]

196 Umrechnungstabellen und Vorlagen

13.2 Energieeinheiten

13.5 Tabellen nach Anlage 2 SpaEfV

197

13.3 Umrechnungstabelle Energie Leistung . . .

. . . mal Zeit . . . Watt [W] Sekunde [s] Watt [W] Stunde [h] D 3600 [s] Kilowatt [kW] Stunde [h] D 1000 [W] D 3600 [s] Megawatt [MW] Stunde [h] D 1.000.000 [W] D 3600 [s] Gigawatt [GW] Stunde [h] D 1.000.000.000 [W] D 3600 [s]

. . . gleich Energie

Entspricht in Joule:

1 [Ws] D 1 [J] 1 [Wh] D 1 [W]  3600 [s] D 3600 [J] Kilowattstunde [kWh] 1 [kWh] D 1000 [W]  3600 [s] D 3.600.000 [J] Megawattstunde [MWh] 1 [MWh] D 1000 [kW]  3600 [s] D 3.600.000.000 [J] Gigawattstunde [GWh] 1 [GWh] D 1000 [MW]  3600 [s] D 3.600.000.000.000 [J]

Wattsekunde [Ws] Wattstunde [Wh]

13.4 Leistungseinheiten Entspricht: 1 Watt [W] D 1 [VA] 1 Kilowatt [kW] 1 Megawatt [MW] 1 Pferdestärke [PS] 1 BTU pro Stunde [BTU/h]

[W] 1

[kW] 103

[MW] 106

[PS] 1,359.622  103 1,359.622

103

1

103

106

103

735,498.75

0,735.498.75

0,293.07

0,293.07  103

1,359.622  103 0,735.498.75  1 103 0,293.07  0,398.464  106 103 1

[BTU/h] 3,412.154 3,412.154  103 3,412.154  106 2,509.635  103 1

13.5 Tabellen nach Anlage 2 SpaEfV 13.5.1 Erfassung der eingesetzten Energieträger nach Anlage 2 SpaEfV

Jahr Eingesetzte Verbrauch Anteil am Energie/ [kWh/Jahr] GesamtenerEnergieträger gieverbrauch

...

Kosten Kostenanteil

Messsystem oder alternative Art der Erfassung und Analyse

Grad der Genauigkeit/ Kalibrierung

198

13.5.2

13

Umrechnungstabellen und Vorlagen

Erfassung und Analyse von Energieverbrauchern nach Anlage 2 SpaEfV

Energieverbraucher

Nr. Anlage/Teil Alter ...

Eingesetzte Abwärme Energie (Tempera[kWh] und turniveau) Energieträger

Messsystem/ Messart oder alternative Art der Erfassung und Analyse

Grad der Genauigkeit/ Kalibrierung

Kapazität

13.5.3 Bewertung nach interner Verzinsung und Amortisationszeit nach Anlage 2 SpaEfV

Allgemeine Angaben Investition/ Maßnahme

Investitionssumme Einsparung [Euro]

[Euro]

Technische Nutzung [Jahre]

Interne Verzinsung* Rentabilität der Investition/a [%]

Statische Amortisation Kapitalrückfluss [Jahre]

... * Beachte die Hinweise zur internen Verzinsung in Kap. 10!

13.6 Tabelle zur detaillierten Verbrauchererfassung Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Möglichkeit zur Erfassung jedes einzelnen Verbrauchers, eventuell oberhalb einer Bagatellgrenze von z. B. 5 Watt. Die Spalten K und L beziehen sich auf die Einschaltdauer des Geräts. Im Beispiel des Kühlschranks ist diese Zeitdifferenz nicht identisch mit der Laufzeit, diese beträgt bei einem Kühlschrank z. B. nur etwa 1/3 der Einschaltzeit. Die Spalten N und O kann eine Tabellenkalkulation durch Eingabe von Formeln selbst ermitteln. Natürlich sind weitere Spalten möglich und eventuell sinnvoll, etwa das Anschaffungsdatum, das Wartungsintervall usw. Sie erhöhen erfahrungsgemäß zwar den Aufwand bei der Erfassung, ermöglichen dann aber immer bessere Analysen. Entscheidend ist, dass jeder Verbraucher verwechselungssicher identifiziert werden kann. Der Primärschlüssel bleibt immer gleich. So kann ein Gerät auch zugeordnet werden, wenn es in einen anderen Raum verlegt wird. Die Zahl der Arbeitstage pro Jahr muss für jedes Jahr ermittelt werden.

13.7

Möglicherweise relevante Gesetze, Normen und Verordnungen

A 1 Laufende Nr. (Primärschlüssel) 2 00001 3 00002

199

B Standort, Gebäude, Raum

C D Inventar- Herstelnummer ler

E Gerätetyp

F G Hauptverteilung/ Gerät Unterverteilung

Köln, A, 304 Köln, A, 305

123456

Meier

Cooler 07

25/02

123457

Compufact

Multicomp 25/02

H Nutzenergie

KühlKälte schrank Computer EDV

4

I Geräteanzahl

J Leistung [W]

K Leistungsermittlung

L Nutzung von [h]

2

90

Typenschild 00:00

1

50

Messung

08:00

M Nutzung bis [h]

O Gesamtleistung [W]

P Arbeit p. a. [kWh]

24:00

N Laufzeit bei Nutzung [h/d] 8

D I2*J2

17:00

9

D I3*J3

D N2*O2*250 D N3*O3*250

...

Als Nutzenergie in Spalte H kommen z. B. mechanischer Antrieb, Pumpe, EDV, Telekommunikation, Beleuchtung, Prozesswärme, Raumwärme, Prozesskälte, Raumkälte, Mobilität, Druckluft, Raumlufttechnik und „Diverse“ infrage.

13.7 Möglicherweise relevante Gesetze, Normen und Verordnungen Im Folgenden finden sich ohne Anspruch auf Vollständigkeit Gesetze, Verordnungen, Normen und Richtlinien, die potenziell relevant sein können, insbesondere für das Rechtskataster nach ISO 50001.  Gesetze: – EBPG – Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz – EDL-G – Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen – EEG – Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEWärmeG – Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – EnEG – Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden – EnergieStG – Energiesteuergesetz – StromStG – Stromsteuergesetz – KWKG – Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz

200

13

Umrechnungstabellen und Vorlagen

 Verordnungen: – EnEV – Energieeinsparverordnung – EnVKV – Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung – SpaEfV – Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung  Normen: – DIN 4108 – Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – DIN EN ISO 14001 – Umweltmanagementsysteme – DIN EN 16247-1 – Energieaudits – DIN V 18599 – Energetische Bewertung von Gebäuden – DIN EN ISO 50001 – Energiemanagementsysteme – VDI 4602 – Energiemanagement – EMAS – Eco-Management and Audit Scheme  Richtlinien: – EU-Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG – Energieverbrauchskennzeichnung bei Lampen und Leuchten 874/2012 EG – Haushaltslampen 244/2009 EG – Nicht-Haushaltslampen 245/2009 EG – Ventilatoren 327/2011 EG – Elektromotoren 640/2009 EG – Umwälzpumpen 641/2009 EG – Wasserpumpen 547/2012 EG – Stand-by 1275/2008 EG – Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen 2006/32/EG

13.8 Fachzeitschriften Die genannten Titel sind nur eine winzige Auswahl. Ein Überblick über weitere Titel findet sich hier: www.fachzeitungen.de/zeitschriften-magazine-umwelt-energie-erneuerbareenergien      

BWK – das Energie-Fachmagazin: www.energiefachmagazin.de Gebäude-Energieberater: www.geb-info.de Sonne Wind & Wärme: www.sonnewindwaerme.de Erneuerbare Energien: www.erneuerbareenergien.de ew – Magazin für die Energiewirtschaft: www.ew-online.de Energiewirtschaftliche Tagesfragen: www.et-energie-online.de

13.9

Hilfreiche Links

13.9 Hilfreiche Links  Fördermittel: – Die Förderdatenbank: www.foerderdatenbank.de – Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA): www.bafa.de – Die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW: www.kfw.de  Informationen: – Die Deutsche Energieagentur (dena): www.dena.de – BINE Informationsdienst: www.bine.de – Die Energieagentur NRW1 : www.energieagentur.nrw – Der Bund der Energieverbraucher (bdev): www.energieverbraucher.de – Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB): www.ag-energiebilanzen.de – Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: http://www.bmwi.de/Navigation/DE/Home/home.htm – Das RP-Energie-Lexikon: www.energie-lexikon.info – Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew): www.bdew.de – Leifi Physik: www.leifiphysik.de – Wikipedia: www.wikipedia.de

1

Wichtiger Hinweis: Die Energieagentur NRW ist keine Landesbehörde!

201

Lösungen zu den Übungsaufgaben

14

14.1 Lösungen zu Kapitel 1  Schreiben Sie den weltweiten jährlichen Primärenergieverbrauch als Zahl voll aus. Lösung: 500 Exajoule = 500  1018 [J] = 500  1.000.000.000.000.000.000 [J] = 500.000.000.000.000.000.000 [J]  Wie viele Mikrometer [µm] hat ein Millimeter [mm]? Lösung: 1 [mm] entspricht 1/1000 [m]. 1 [µm] entspricht 1/1.000.000 [m]. Dazwischen liegt also ein Faktor 1000. Folglich entspricht 1 [mm] D 1000 [µm].  Manchmal liest man als Gewichtsangabe [Kg], wenn Kilogramm [kg] gemeint sind. Was würde [Kg] (also mit großem „K“) tatsächlich bedeuten? Lösung: Das große K ist der Einheit Kelvin vorbehalten. [Kg] wären dementsprechend Kelvin mal Gramm.  In einen Luftballon wird Natronpulver gegeben. Dieser wird luftdicht über den Kopf einer Flasche gezogen, die mit verdünnter Essigsäure gefüllt ist und auf einer Waage steht. Alles zusammen wiegt 500 [g]. Dann wird das Pulver aus dem Ballon in die Flasche gegeben, woraufhin sich Gas (CO2 ) entwickelt und den Ballon aufbläst. Wird das Ganze dabei schwerer, leichter oder ändert sich nichts? Warum? Lösung: Sofern kein Stoffaustausch mit der Umgebung stattfindet ändert sich nichts. Alles andere würde gegen den Massenerhaltungssatz verstoßen. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6_14

203

204

14

Lösungen zu den Übungsaufgaben

 Ein alter Blitzwürfel enthält innen feinen Magnesiumdraht und Sauerstoff. Wird er gezündet, verbrennt das Magnesium und erzeugt dabei einen Lichtblitz, den man zur Fotografie nutzen kann. Wie ändert sich dadurch das Gewicht des Blitzwürfels? Lösung: Gar nicht. Alles andere würde gegen den Massenerhaltungssatz verstoßen. Allerdings hat sich der Energiegehalt des Systems geändert, denn der Blitzwürfel lässt zwar keinen Stoffaustausch zu, aber er lässt das Licht des Blitzes aus dem System.  Ein PKW (kein Elektrofahrzeug) bremst vor der Ampel von 50 [km/h] bis zum Stillstand. Die Bewegungsenergie scheint damit verloren. Kann das sein? Was ist in Wirklichkeit damit passiert? Lösung: Die Bremsen haben die kinetische Energie (Bewegungsenergie) durch Reibarbeit der Bremsbacken an den Bremsscheiben in Wärmeenergie umgesetzt. Nach längeren Bergabfahrten mit dauerhaft getretener Bremse kann das bis zum Glühen der Bremsscheiben führen.  Wenn der Energieerhaltungssatz gilt, was würde passieren, wenn man in ein adiabates (undurchlässiges) System dauerhaft mehr Energie (z. B. Wärme) hineinsteckt als wieder heraus kommt? Lösung: Der Energiegehalt des Systems nähme zu. Im Falle von Wärme würde sich das System immer weiter aufheizen.  Die Erde ist permanenter Sonnenbestrahlung ausgesetzt. Warum wärmt sie sich dennoch nicht ununterbrochen auf? Lösung: Die Erde ist kein geschlossenes System. Sie gibt die Energie, die sie von der Sonne erhält als Infrarotstrahlung wieder in den Weltraum ab. Der Treibhauseffekt wirkt dem jedoch entgegen, sodass die Erde weniger Energie abstrahlen kann, was tatsächlich zu einer Erwärmung führt.

14.2 Lösungen zu Kapitel 2 h  Leiten Sie das Joule her und beweisen Sie, dass ŒJ D ŒNm D kg  Lösung: ŒJ D ŒNm D ŒN  Œm D Œkg 

Œm Œs2

 Œm D Œkg 

m2 s2

i gilt.

m2  s2

 Ein Wanderer samt Ausrüstung wiegt knapp 102 [kg]. Er startet auf Meereshöhe und besteigt in 12 Stunden den Mont Blanc (4810 [m]). Welche Leistung hat er durchschnittlich erbracht?

14.2 Lösungen zu Kapitel 2

205

Lösung: Zuerst die Masse in die Gewichtskraft umrechnen: 102 [kg]  9,81 [m/s2 ]  1000 [N] Gewichtskraft mal Höhendifferenz ergibt die Arbeit: 1000 [N]  4810 [m] D 4.810.000 [J] Umrechnung der Zeit in Sekunden: 12 [h]  3600 [s/h] D 43.200 [s] Arbeit pro Zeit ergibt die Leistung: 4.810.000 [J] / 43.200 [s] D 111,34 [W]  Ein normal trainierter Mensch kann dauerhaft ca. 100 [W] leisten. Wie viele Wattstunden und Kilowattstunden sind das an einem achtstündigen Arbeitstag? Lösung: 100 [W]  8 [h] D 800 [Wh] D 0,8 [kWh]  Um einen Liter Wasser um 1 [°C] zu erwärmen, benötigt man 4,18 [kJ]. Wie viele [kcal] sind das? Wie viele [kJ] benötigt man, um 150 Liter Badewasser von 10 [°C] auf 40 [°C] zu erwärmen? Wie viele [kWh] sind das? Lösung: 4,18 [kJ] / 4,18 [kJ/kcal] D 1 [kcal] 150 [l] entsprechen recht genau 150 [kg]. 150 [kg]  (40 [K]  10 [K])  4,18 [kJ/(kg  K)] D 18.810 [kJ] D 18.810.000 [J] 18.810.000 [J] / 3.600.000 [J/kWh] D 5,225 [kWh]  Leiten Sie her, dass 1 [kWh] D 3,6 Mio. [J]. Lösung: 1000  1 ŒW  1 Œh D 1000  1

J s

 3600 Œs D 3:600:000 ŒJ

 Oft liest man – vermutlich in Analogie zur Geschwindigkeitsangabe [km/h] – als Energiemenge die Einheit [kW/h]. Zeigen Sie durch Herleitung, dass das eine völlig unsinnige Einheit ergibt, nämlich ŒsŒJ2  . Lösung: kW/h D

1000 ŒW Œh

D

1000

ŒJ Œs

3600 Œs

D

5 18



ŒJ . Œs2 

 Viele Menschen nehmen beim Treppensteigen zwei Stufen auf einmal. Kann man die Treppe so mit weniger Arbeit besteigen? Lösung: Nein. Zwar hat sich die Zahl der Stufen halbiert, die Höhe je Schritt jedoch verdoppelt. Nur die Höhe entscheidet über die aufzuwendende Arbeit.

206

14

Lösungen zu den Übungsaufgaben

14.3 Lösungen zu Kapitel 3  Jemand mit 70 [kg] Körpermasse nimmt Anlauf und läuft mit 21,6 [km/h], als er sich an einem Seil festhält und die Füße vom Boden nimmt. Welche Energieform wird hier in welche andere umgewandelt? Wie hoch wird er schwingen (ohne Luftwiderstand etc.)? Lösung: Kinetische Energie wandelt sich in Lageenergie, da das Seil nach oben schwingt. Zunächst die kinetische Energie. Umrechnung der Geschwindigkeit: 21,6 [km/h] : 3,6 [(m/s) / (km/h)] D 6 [m/s] Kinetische Energie: E D 1/2  m  v 2 D 1/2  70 [kg]  62 [m/s]2 D 1260 [J] Es gilt der Energieerhaltungssatz, d. h. die kinetische Energie verwandelt sich vollständig in eine Höhenänderung: E D 1260 [J] D m  g  h m und g sind gegeben, h wird gesucht: h D 1260 [J] / (m  g) D 1260 [J] / (70 [kg]  9,81 [m/s2 ]) D 1260 [kg  (m2 /s2 )]/(70 [kg]  9,81 [m/s2 ]) D 1,83 [m]  Stellen Sie dieselbe Überlegung wie in Abschn. 3.6 für die Umwandlung von Rohöl in Benzin oder Heizöl an. Lösung: Der Wert eines Liters Benzin übersteigt ebenfalls den Wert eines Liters Rohöl. Ein Barrel Rohöl enthält rund 159 Liter und koste 60 US-Dollar. Damit kostet der Liter 0,38 USD. Beim Transport, bei der Raffination zu Benzin und bei der Verteilung entsteht ein energetischer „Verlust“. Dieser wird aber durch den Benzinpreis wieder wettgemacht. Ein Liter Benzin, der an der Tankstelle 1,38 [ C] kostet, kostet ohne Steuern z. B. nur 0,50 [C].  Jemand habe einen Strombezug von 20.000 [kWh] pro Jahr. Die gemessene Maximalleistung beträgt 10 [kW]. Wie viele Vollbenutzungsstunden hat er? Wie hoch ist der Gleichzeitigkeitsgrad? Lösung: Vollbenutzungsstunden D 20.000 [kWh] / 10 [kW] D 2000 [h] Gleichzeitigkeitsgrad D 2000 [h] / 8760 [h] D 0,228 oder 22,8 %  Ein Gerät habe eine Scheinleistung von S D 100 [VA] und eine Wirkleistung von P D 80 [W]. Ermitteln Sie die Blindleistung Q. Lösung: P2 C Q2 D S2 Daraus: Q2 D S2  P2

14.5 Lösungen zu Kapitel 10

207

p Q D pS 2  P 2 p Q D 1002 ŒVA2  802 ŒW2 D 10:000 ŒVA2  6400 ŒW2 D 60 Œvar  Errechnen Sie den Carnot-Wirkungsgrad für eine Wärmekraftmaschine mit T min D 293 K und T max D 1793 K. Lösung: max D 1  max D 1 

293 ŒK 1793 ŒK

Tmin ŒK Tmax ŒK

D 0;8366; also 83;66 %

 Was würde ein Wirkungsgrad von über 100 % bedeuten? Mit welcher Maschine hätte man es zu tun? Lösung: Es käme mehr Energie aus der Maschine heraus, als man hineinsteckt. Es handelte sich um ein Perpetuum mobile.

14.4 Lösungen zu Kapitel 5  Ein PC habe fünf Betriebszustände. An 220 Arbeitstagen im Jahr gilt: Sechs Stunden täglich wird er für eine CAD-Anwendung genutzt, die Leistungsaufnahme beträgt 120 [W]. Zwei Stunden täglich läuft er praktisch ungenutzt und nimmt 50 [W] auf. Nachts wird er in den Ruhemodus versetzt und zieht 3 [W]. An 145 Tagen ist er ausgeschaltet, aber nicht vom Netz getrennt und nimmt deshalb im Stand-by 1 [W] auf. Wie hoch ist der Jahresstromverbrauch dieses PC? Lösung: Betriebszustand

Leistung

CAD-Betrieb Betrieb ungenutzt Ruhemodus Stand-by Summe:

120 [W] 50 [W] 3 [W] 1 [W]

Zeit pro Tag 6 [h] 2 [h]

Arbeit pro Tag 0,72 [kWh/d] 0,1 [kWh/d]

Tage pro Jahr Arbeit pro Jahr 220 [d] 158,4 [kWh] 220 [d] 22 [kWh]

16 [h] 24 [h]

0,048 [kWh/d] 0,024 [kWh/d]

220 [d] 145 [d]

10,56 [kWh] 3,48 [kWh] 194,44 [kWh]

14.5 Lösungen zu Kapitel 10  Die bisherige Beleuchtung verbrauche jährlich Strom für 10.000 C. Eine neue Beleuchtungsanlage kostet 15.000 C, halbiert aber den Stromverbrauch. Wann hätte sich die neue Anlage statisch amortisiert?

208

14

Lösung: Amortisationszeit [a] D

Lösungen zu den Übungsaufgaben

Anschaffungsausgabe Œ durchschnittl. jährlicher Rückfluss Œ/a

D

15:000 Œ 5000 Œ/a

D 3 Œa

 Eine alte Anlage soll durch eine neue ersetzt werden. Zur Auswahl stehen zwei Alternativen, die sich gegenseitig ausschließen: Alternative a erfordert 10 C Investition und spart pro Jahr 5 C, Amortisationszeit 2 Jahre. Alternative b erfordert 10.000 C Investition und spart pro Jahr 4000 C, Amortisationszeit 2,5 Jahre. Beide Gerätschaften wären mindestens 10 Jahre lang im Einsatz. Welche Alternative würden Sie aufgrund der Amortisationszeit intuitiv bevorzugen? Warum wäre diese Wahl dennoch unsinnig? Lösung: Intuitiv würde man denken, dass Alternative a besser ist, da sie sich schneller amortisiert. Berechnet man aber die Einsparung über 10 Jahre, spart Alternative a abzüglich der Rückzahlung der Investition nur 40 C, Alternative b dagegen 30.000 C. Erschwerend kommt hinzu, dass wir nicht wissen, wie sich die Rahmenbedingungen, z. B. der Strompreis, innerhalb der 10 betrachteten Jahre ändern. Nur über die Amortisationszeit ist es nicht möglich, die bessere Alternative zu bestimmen, das geht nur über den Kapitalwert.  Auf ein Konto werden 1000 C eingezahlt, die mit i D 3 % verzinst werden. Wie viel befindet sich nach einem Jahr auf dem Konto? Wie viel nach zwei Jahren? Wie viel nach drei Jahren? Wie viel nach hundert Jahren? Wie viel nach n Jahren? Lösung: Ein Jahr: Zwei Jahre: Drei Jahre: Hundert Jahre: n Jahre:

1000   1;031 1000   1;032 1000   1;033 1000   1;03100 1000   1;03n

D 1000   1;03 D 1000   1;03  1;03 D 1000   1;03  1;03  1;03 D 1000   1;03 : : : ;n > 0

D 1030  D 1060;90  D 1092;73  D 19:218;63 

 Ihnen werden zwei Alternativen angeboten, der Marktzins sei i D 5 %: Sie erhalten 100 C jetzt oder 110 C in zwei Jahren. Wofür entscheiden Sie sich und warum? Lösung: Angenommen, Sie nähmen die 100 C jetzt, dann könnten Sie diese zwei Jahre lang auf dem Konto mit 5 % verzinsen lassen. Das ergäbe am Ende der zwei Jahre: 100 C  1,052 D 110,25 C, also 0,25 C mehr, als wenn Sie die 110 C in zwei Jahren gewählt hätten. Damit sind die 100 C jetzt sinnvoller.  Eine Versicherung muss Ihnen in 15 Jahren 100.000 C auszahlen, würde sich dieser Verpflichtung aber gerne heute entledigen. Der Marktzins sei i D 3 %. Was wäre der

14.5 Lösungen zu Kapitel 10

209

heutige Barwert dieser 100.000 C unter der Annahme, dass sich die Zinsen nicht ändern? Lösung: 100.000 C / 1,0315 D 64.186,19 C  Sie planen ein Projekt mit 3 Jahren Laufzeit. Zum Zeitpunkt t D 0 sind 10.000 C zu investieren. In t D 1 beträgt der Rückfluss 2000 C, in t D 2 beträgt er 3000 C, in t D 3 beträgt er 6000 C, der Marktzins inklusive Risikozuschlag sind i D 10 %. Wie hoch ist der Kapitalwert? Lohnt das Projekt? Lösung: Zeitpunkt t = 0 1 2 3 Summe

Zahlung in C 10.000,00 2000,00 3000,00 6000,00 1000,00

Barwert der Zahlung in C 10.000,00 1818,18 2479,34 4507,89 1194,59

Obwohl die einfache Summe aller Zahlungen (ohne Abzinsung) 1000 C beträgt, lohnt das Projekt nicht, denn der Kapitalwert beträgt 1194,59 C, ist also kleiner null.  Sie möchten eine PV-Anlage zur Eigenbedarfsdeckung betreiben. Die Anlage kostet 8000 C, sie spart zwanzig Jahre lang jedes Jahr für 800 C Strombezug. Der Marktzins seien i D 5 %. Wie hoch sind Kapital- und Endwert? Lohnt sich die Anlage? Lösung: Es gibt zwei Möglichkeiten zur Lösung, entweder iterativ oder über die Rentenbarwertformel.

210

14

Lösungen zu den Übungsaufgaben

Iterative Lösung: Zeitpunkt t = 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Summe

Zahlung in C 8000,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 800,00 8000,00

Barwert der Zahlung in C 8000,00 761,90 725,62 691,07 658,16 626,82 596,97 568,55 541,47 515,69 491,13 467,74 445,47 424,26 404,05 384,81 366,49 349,04 332,42 316,59 301,51 1969,77 C

Alternative Lösung: Ermittlung des Barwerts der Rückflüsse mit der Rentenbarwertformel. n Barwert D qi q1 n  Zahlung 20

1;05 1 Barwert D 0;051;05 20  800  D 12;46221034  800  D 9969;77  Kapitalwert D Barwerte der Rückflüsse ./. Anfangsauszahlung D 9.969,77  8.000 C D 1969,77 C Ermittlung des Endwerts: Endwert D Kapitalwert  qn D 1.969,77 C  1,0520 D 5.226,39 C Der Kapitalwert beträgt 1969,77 C, der Endwert beträgt 5226,39 C. Jeder der beiden Werte ist größer 0, das heißt die Anlage lohnt sich. Wird die PV-Anlage installiert, ist man Stand heute 1969,77 C reicher, als wenn man sie nicht installiert. Zum Ende der Laufzeit ist man 5.226,39 C reicher, als wenn man sie nicht installiert.

 Angenommen, bei der letzten Aufgabe würde der Strom jährlich um 3 % teurer. Wie hoch ist der Kapitalwert nun?

14.5 Lösungen zu Kapitel 10

211

Iterative Lösung: Zeitpunkt t = 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Summe

Zahlung in C 8000,00 800,00 824,00 848,72 874,18 900,41 927,42 955,24 983,90 1013,42 1043,82 1075,13 1107,39 1140,61 1174,83 1210,07 1246,37 1283,77 1322,28 1361,95 1402,80 13.496,30

Barwert der Zahlung in C 8000,00 761,90 747,39 733,16 719,19 705,49 692,05 678,87 665,94 653,26 640,81 628,61 616,63 604,89 593,37 582,07 570,98 560,10 549,43 538,97 528,70 4771,83

Offensichtlich lohnt sich die Investition bei steigenden Strompreisen noch eher, denn der Kapitalwert liegt mit 4771,83 C um 2802,06 C höher, als wenn man einen konstanten Strompreis annimmt.  Sie haben zwei Projekte zur Auswahl. Projekt A hat einen Kapitalwert von 25.000 C, aber eine interne Verzinsung von 2 %. Projekt B hat einen Kapitalwert von 15.000 C, aber eine interne Verzinsung von 5 %. Wofür entscheiden Sie sich und warum? Lösung: Sie entscheiden nach dem Kapitalwert und der ist für Projekt A größer, also wählen Sie Projekt A. Der interne Zinsfuß besagt nur, wie gut sich die Investition relativ verzinst, macht aber keine Angabe zur absoluten Ersparnis.

Sachverzeichnis

A Ampere, 39 Arbeit, 12 B Barrel, 25 Benzin, 37 Betriebszeit, 21 Blindleistung, 46 Blindstrom, 46 Braunkohle, 38 Brennwert, 34 British thermal unit, 25 C Compressed Natural Gas, 37 D Dieselkraftstoff, 38 Drehmoment, 15 Druck, 29 E Energie, 11, 12 chemische, 33 elektrische, 39 kinetische, 28 thermische, 33 Energieerhaltungssatz, 8 Energieerzeugung, 8 Energieträger, 35 Erdbeschleunigung, 13 Erdgas, 37 Exponent, 2 F Federkonstante, 30

Flüssiggas, 38 Frequenz, 41 G Gewichtskraft, 13 Gigawatt, 24 Gigawattstunde, 24 Gleichstrom, 40 H Heizöl, 38 Heizwert, 34 Holzpellets, 38 I induktive Last, 44 Induktivität, 35 J Joule, 12 K Kalorie, 24 Kilowatt, 19, 20 Kilowattstunde, 20, 23 Kondensationswärme, 34 Kondensator, 35 L Lageenergie, 27 Leistung, 17 Liquefied Propane Gas, 38 M Massenerhaltungssatz, 7 Massenträgheitsmoment, 30 Megawatt, 24 Megawattstunde, 24

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 J. P. E. Petermann, Erfolgreiches Energiemanagement im Betrieb, https://doi.org/10.1007/978-3-658-22480-6

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214 N Newton, 13 Normjahr, 2, 19 Nutzenergie, 36 O Ohmsche Last, 42 Ohmsche Verbraucher, 42 P Pferdestärke, 25 Plancksches Wirkungsquantum, 32 potenzielle Energie, 16 Primärenergieträger, 36 R Radiant, 15 Rohöleinheit, 25 Rotationsenergie, 30 S Schaltlichtbogen, 40

Sachverzeichnis Sekundärenergieträger, 36 SI-Basiseinheiten, 5 Spannenergie, 30 Spannung, 39 Spannungskurve, 45 Steinkohleeinheit, 25 Strom, 39 T Tertiärenergieträger, 36 V Volt, 39 W Währung, 4 Watt, 17 Wattsekunde, 18 Wattstunde, 19 Wechselstrom, 41 Winkelgeschwindigkeit, 31