Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen [1. Aufl.] 978-3-658-24814-7;978-3-658-24815-4

Die Autoren stellen Ergebnisse einer Längsschnittstudie zu Anforderungen, Belastungen und Ressourcen von Eltern von Kind

665 48 3MB

German Pages XVII, 160 [169] Year 2019

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen [1. Aufl.]
 978-3-658-24814-7;978-3-658-24815-4

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XVII
Autismus-Spektrum-Störungen (Heinrich Tröster, Sarah Lange)....Pages 1-19
Konzept der Evaluationsstudie (Heinrich Tröster, Sarah Lange)....Pages 21-35
Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren (Heinrich Tröster, Sarah Lange)....Pages 37-70
Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen (Heinrich Tröster, Sarah Lange)....Pages 71-93
Ergebnisse der Evaluationsstudie (Heinrich Tröster, Sarah Lange)....Pages 95-129
Zusammenfassung und Ausblick (Heinrich Tröster, Sarah Lange)....Pages 131-139
Back Matter ....Pages 141-160

Citation preview

Heinrich Tröster Sarah Lange

Eltern von Kindern mit AutismusSpektrum-Störungen Anforderungen, Belastungen und Ressourcen

Eltern von Kindern mit Autismus-­ Spektrum-Störungen

Heinrich Tröster · Sarah Lange

Eltern von Kindern mit AutismusSpektrum-Störungen Anforderungen, Belastungen und Ressourcen

Heinrich Tröster Lehrstuhl für Rehabilitationspsychologie/ Psychologische Diagnostik Technische Universität Dortmund Dortmund, Deutschland

Sarah Lange Lehrstuhl für Rehabilitationspsychologie/ Psychologische Diagnostik Technische Universität Dortmund Dortmund, Deutschland

ISBN 978-3-658-24814-7 ISBN 978-3-658-24815-4  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-24815-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort Im vorliegenden Band werden die Ergebnisse des Forschungsprojekts Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum Störungen: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen (ELKASS) vorgestellt. In diesem Forschungsprojekt wurde eine Längsschnittstudie durchgeführt, um zu überprüfen, inwieweit die Förderung, die Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) und ihre Familien in Autismus-Therapie-Zentren (ATZ) erhalten, dazu beiträgt, die Eltern zu entlasten und ihre Ressourcen zu stärken. Zusätzlich wurden Bedingungen näher analysiert, die zur Belastung von Eltern von Kindern mit ASS beitragen. Das Forschungsprojekt ELKASS ist das Ergebnis einer schon seit Längerem bestehenden Zusammenarbeit zwischen dem Fachgebiet Rehabilitationspsychologie der Fakultät Rehabilitationswissenschaften der Technischen Universität Dortmund und dem Autismus-Therapie-Zentrum Dortmund und Hagen. Die Zusammenarbeit erstreckt sich vor allem auf die universitäre Lehre. Studierende der Fakultät Rehabilitationswissenschaften der TU Dortmund, haben im Rahmen von Lehrveranstaltungen die Möglichkeit, im ATZ Dortmund zu hospitieren oder während eines mehrwöchigen Praktikums die Arbeit mit Menschen mit ASS vor Ort kennenzulernen. Mittlerweile konnten in Zusammenarbeit mit dem ATZ Dortmund und Hagen einige Abschlussarbeiten im Bachelor- und Master-Studiengang zu verschiedenen Fragestellungen aus dem Themenfeld Autismus-Spektrum-Störungen erfolgreich abgeschlossen werden. In den Diskussionen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ATZ und des Fachgebietes Rehabilitationspsychologie wurde immer wieder deutlich, wie wenig man bisher darüber weiß, ob und in welcher Weise die Familien mit Kindern und Jugendlichen mit ASS von den Therapie- und Fördermaßnahmen des ATZ profitieren. Zwar liegen einige Einzelfallstudien vor, die Einblick in die Förderpraxis der ATZ geben (z. B. Arens-Wiebel, 2017; Mack, 2017; Müller, 2017), es fehlen jedoch systematische Evaluationsstudien, die Aufschluss darüber geben, wie sich die Förderung der ATZ auf die Familien auswirkt und unter welchen Bedingungen die Förderung erfolgreich ist. Dass die Therapie- und Förderansätze für Menschen mit ASS bislang nur unzureichend empirisch abgesichert sind, wurde schon vielfach bemängelt (z. B. Bölte, 2011b; Bölte & Poustka, 2002; Döringer, 2017; Howlin, 2010; Levy, Kim, & Olive, 2006; Ospina et al., 2008; Remschmidt & Kamp-Becker, 2006). Zwar steht eine Vielzahl, auf der Grundlage verhaltenstherapeutischer, systemischer, tiefenpsychologischer oder heilpädagogischer Konzepte entwickelter Therapieund Fördermaßnahmen für Menschen mit ASS zur Verfügung, doch nur wenige

VI

Vorwort

dieser Methoden können als evidenzbasiert bezeichnet werden. Am besten abgesichert sind noch verhaltenstherapeutische Methoden (z. B. Applied Behavior Analysis {ABA}, Picture Exchange Communication System {PECS}), die im Kapitel 1 dieses Buches vorgestellt werden. Viele Förder- und Therapiemethoden wurden jedoch bisher nicht systematisch auf ihre spezifische Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen mit autistischen Störungen hin untersucht. Das Fehlen von Forschungsbefunden zur Wirksamkeit, die den Eltern bei der Auswahl von Therapieangeboten eine Orientierung bieten könnten, erschwert es oftmals den Eltern, aus einem breiten Angebot sehr unterschiedlicher Therapieund Fördermethoden (vgl. z. B. Weiss, 2002) diejenige auszuwählen, „die hinsichtlich Anforderungen, Wirksamkeit, Effizienz und ethischer Unbedenklichkeit für ihr Kind die geeignete Methode zu sein scheint.“ (Remschmidt & Kamp-Becker, 2007, S. 879). Aber auch die Praktikerinnen und Praktiker, die mit Kindern und Jugendlichen mit ASS arbeiten, stellt die oftmals erhobene Forderung, vorzugsweise auf evidenzbasierte Therapiemethoden zurückzugreifen, vor Probleme, da kaum Methoden zur Verfügung stehen, deren Erfolg bei der Behandlung von ASS empirisch belegt werden konnte (vgl. Döringer, 2017). In den bisherigen Studien wurden meist einzelne, vorwiegend verhaltenstherapeutische Therapieansätze evaluiert. In der Praxis werden jedoch einzelne Therapie- und Fördermethoden – beispielsweise verhaltenstherapeutische oder systemische Methoden – nur selten isoliert eingesetzt, sondern meist im Sinne einer multimodalen Förderung kombiniert, um dem individuellen Förderbedarf des Kindes und der Familie Rechnung tragen zu können. So werden beispielsweise im TEACCH Programm (Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children), das im Kapitel 1 vorgestellt wird, verhaltenstherapeutische und heilpädagogische Methoden verbunden, mit dem Ziel, dem Kind oder Jugendlichen mit ASS durch eine hochgradig strukturierte Umwelt und eine weitgehende Reduzierung störender Reizquellen optimale Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Derartige umfassende bzw. integrative Behandlungsansätze beziehen meist mehrere Funktionsbereiche mit ein und zielen darauf ab, sowohl Kompetenzen (z. B. kommunikative, sprachliche und soziale Fähigkeiten) beim Kind aufzubauen und zu stärken als auch problematische Verhaltensweisen (z. B. Auto- und Fremdaggressionen, Rituale und zwanghaftes Verhalten) abzubauen. Ein wesentlicher Bestandteil aller dieser Therapieprogramme ist die aktive Mitwirkung der Eltern, die gegebenenfalls auch als Co-Therapeuten einbezogen werden, insbesondere bei der Übertragung der neu erworbenen Fertigkeiten und Fähigkeiten in den Alltag. Auch das Förderangebot der ATZ umfasst ein breites Spektrum unterschiedlicher Therapie- und Fördermethoden, das eine auf den individuellen Förderbedarf

Vorwort

VII

des Kindes oder Jugendlichen zugeschnittene Förderung ermöglichen soll. Nach den in den Leitlinien für die Arbeit in Autismus-Therapie-Zentren (Autismus Deutschland, 2017) festgelegten Prinzipien lässt sich der von den ATZ verfolgte Ansatz als ein multimethodaler und multimodaler Therapieansatz kennzeichnen, da unterschiedliche therapeutische Zugangswege (z. B. Verhaltenstherapie, systemische Therapie, heilpädagogische Förderung) auf unterschiedlichen Ebenen (z. B. Verhalten, Emotionen, Affekte, Kognition, soziale Beziehungen) genutzt werden, um die Therapie bestmöglich auf die individuellen Förderbedarfe des Kindes und der Familie auszurichten. Eine systematische Evaluierung des Therapieprogramms der ATZ steht noch aus (vgl. Döringer, 2017). Zwar konnte gezeigt werden, dass über 90 % der Eltern mit dem Therapie- und Beratungsangebot der ATZ zufrieden sind und den Fördererfolg in den meisten Bereichen überwiegend positiv beurteilen (Rickert-Bolg, 2017), darüber hinaus ist jedoch wenig darüber bekannt, welche Auswirkungen Therapiemaßnahmen auf die Kinder und Jugendlichen und ihre Familien haben und von welche Bedingungen der Therapieerfolg abhängig ist. Angeregt von Beate Nitsche, der pädagogisch-therapeutischen Leiterin des ATZ Dortmund, entstand die Idee einer Evaluationsstudie, um zu klären, inwieweit sich durch die Förderung des ATZ die oftmals schwierige Situation der Familien verbessert. Diese Idee haben wir aufgegriffen und ein Konzept für ein Forschungsprojekt entwickelt, um die Auswirkungen der Förderung auf die Familien zu untersuchen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei den Eltern zu, die zum einen als primäre Bezugspersonen das Lebensumfeld ihres Kindes maßgeblich gestalten und zum anderen in den Förderprozess einbezogen sind und daher entscheidend zum Erfolg der auf das Kind gerichteten pädagogisch-therapeutischen Fördermaßnahmen beitragen. Das Forschungsprojekt Eltern von Kindern mit AutismusSpektrum Störungen: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen (ELKASS) setzt daher an den Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS an, mit dem Ziel, zuverlässige Aufschlüsse darüber zu gewinnen, inwieweit die pädagogisch-therapeutischen Fördermaßnahmen dazu beitragen, die Belastungen der Eltern zu verringern und ihre Ressourcen zur Bewältigung der Anforderungen zu stärken. Dazu wurde in Kooperation mit zehn Autismus-Therapie-Zentren 1 eine Längsschnittstudie mit Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS durchgeführt. An der Studie nahmen die Eltern teil, deren Kind im Erhebungszeitraum in die Förde-

1

Autismus-Therapie-Zentren Dortmund und Hagen; Mülheim, Duisburg und Wesel; Rhein-Wupper; Ostwestfalen-Lippe; Netphen; Köln/Bonn; Aachen; Autismus-Therapie-Ambulanz Niederrhein und die Autismus-Institute Hamburg und Langen

VIII

Vorwort

rung in einem der kooperierenden ATZ aufgenommen wurde. Zu vier Erhebungszeitpunkten im Abstand von vier Monaten wurden sowohl die Eltern, als auch die betreuenden Therapeutinnen und Therapeuten befragt, um Veränderungen der individuellen Anforderungs-, Belastungs- und Ressourcenprofile der Eltern im Verlauf der Förderung zu ermitteln. Erste Ergebnisse des Forschungsprojektes wurden bereits in einigen Publikationen und auf Fachtagungen vorgestellt (siehe Anhang A15) und im Rahmen zweier Arbeitstagungen an der TU Dortmund mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der zehn am Forschungsprojekt beteiligten ATZ diskutiert. Im vorliegenden Band wird das Konzept der Evaluationsstudie vorgestellt und die zentralen Ergebnisse erläutert. Bei unserer Arbeit haben wir von vielen Menschen Unterstützung erhalten. Ihnen allen gilt unser Dank. Allen voran den Eltern, die sich an der Längsschnittstudie beteiligt haben. Sie haben uns nicht nur durch ihr großes Interesse an dem Thema ermutigt, sondern sich auch trotz ihrer Belastung an den Untersuchungen beteiligt. Heidi Baden und Beate Nitsche vom Autismus-Therapie-Zentrum Dortmund und Hagen sind wir zu großem Dank verpflichtet. Heidi Baden, die Geschäftsführerin des ATZ, hat mit großem persönlichem Engagement für die Finanzierung des Forschungsprojekts gesorgt und dabei manche Hindernisse aus dem Weg geräumt. Ohne ihr Engagement wäre das Forschungsprojekt nicht möglich gewesen. Beate Nitsche verdanken wir viele Anregungen, die wir im Forschungsprojekt umgesetzt haben und die zum Gelingen beigetragen haben. Bei der Durchführung der Längsschnittstudie haben uns in besonderer Weise die Projektkoordinatorinnen und Projektkoordinatoren in den zehn am Forschungsprojekt beteiligten ATZ unterstützt. Sie bildeten die Schnittstelle zwischen den ATZ und dem ELKASS-Team an der TU Dortmund, standen als Kontaktpersonen zur Verfügung haben und sorgten dafür, dass Eltern und Therapeutinnen und Therapeuten der Kinder und Jugendlichen mit ASS rechtzeitig zu den vier Erhebungszeitpunkten unserer Längsschnittstudie den richtigen Fragebogen erhielten. Letzteres erwies sich als eine anspruchsvolle Aufgabe, die sie neben ihrer therapeutischen Arbeit zuverlässig und mit großem persönlichem Einsatz erledigten. Ihnen gilt unser besonderer Dank. Ein herzlicher Dank auch an die Mitarbeiterinnen aus dem Fachgebiet Rehabilitationspsychologie, die sich im Forschungsprojekt ELKASS engagiert haben und zum Gelingen beigetragen haben. Christin Oberfeld (M.A.), die als therapeutischen Mitarbeiterin im ATZ Dortmund tätig ist, hat in der ersten Phase der Längsschnittstudie die Projektkoordination übernommen, Stefanie Krawinkel (Dipl.-

Vorwort

IX

Psych.) hat bei der Vorbereitung und Durchführung des Forschungsprojekts mitgearbeitet und Teresa Mann (M.A.) hat uns als Wissenschaftliche Hilfskraft bei der Datenauswertung unterstützt. An der Evaluationsstudie haben sich insgesamt zehn ATZ beteiligt. Diese ATZ haben nicht nur aktiv an der Durchführung der Studie mitgewirkt, sondern auch zusammen mit dem Bundesverband Autismus Deutschland die Mittel zur Finanzierung des Projekts bereitgestellt. Dafür und vor allem für die hervorragende Zusammenarbeit möchten wir uns herzlich bedanken. Dortmund, im März 2019 Heinrich Tröster

Sarah Lange

Inhalt 1 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7

Autismus-Spektrum-Störungen ............................................................. 1 Tiefgreifende Entwicklungsstörungen ....................................................... 1 Klassifikation von Autismus-Spektrum-Störungen ................................... 2 Autismus-Spektrum-Störungen nach ICD-10 ............................................ 3 Autismus-Spektrum-Störungen nach DSM-V ........................................... 6 Prävalenz ................................................................................................... 8 Komorbidität ............................................................................................. 8 Förder- und Interventionsansätze .............................................................. 9 Autismus-Therapie-Zentren..................................................................... 14 Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen ......................... 15

2 2.1 2.2 2.3 2.3.1

Konzept der Evaluationsstudie ............................................................. 21 Fragestellungen und Ziele der Untersuchung .......................................... 22 Durchführung und Untersuchungsplan der Studie ................................... 24 Erhebungsinstrumente ............................................................................. 25 Autismus-Symptomatik und Beeinträchtigungen der Kinder und Jugendlichen ............................................................................................ 25 Anforderungen der Eltern ........................................................................ 26 Belastung der Eltern ................................................................................ 27 Ressourcen der Eltern .............................................................................. 30 Bewältigungsstrategien der Eltern ........................................................... 31 Therapie- und Fördermaßnahmen der Autismus-Therapie-Zentren und Qualifikationen der Therapeutinnen und Therapeuten ..................... 32 Wirkfaktoren der Autismustherapie ........................................................ 33 Stichproben der Untersuchung ................................................................ 34

2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.4 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren .......................................................... 37 Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen .................. 39 Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-SpektrumStörungen................................................................................................. 48 Therapeutinnen und Therapeuten in den Autismus-Therapie-Zentren .... 51 Therapie- und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren ............. 56 Elternarbeit in den Autismus-Therapie-Zentren ...................................... 66 Zusammenfassung: Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren ..................................... 69

XII 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7

5 5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 6

Inhalt Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen ...... 71 Autismus-Symptomatik und Beeinträchtigungen des Kindes ................. 73 Anforderungsprofil der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen ............................................................... 74 Determinanten der Anforderungen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen ................................... 78 Anforderungen und Belastungen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen ................................... 80 Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit AutismusSpektrum-Störungen ................................................................................ 83 Bewältigungsstrategien und elterliche Belastung .................................... 84 Zusammenfassung: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-SpektrumStörungen................................................................................................. 91 Ergebnisse der Evaluationsstudie ........................................................ 95 Stichprobe der Evaluationsstudie ............................................................ 95 Belastung der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit AutismusSpektrum-Störungen im Verlauf der Autismustherapie .......................... 98 Die therapeutische Allianz als Wirkfaktor der Psychotherapie ............. 100 Die therapeutische Allianz in der Autismustherapie ............................. 102 Belastung der Eltern in Abhängigkeit von der therapeutischen Allianz 105 Zusammenfassung: Trägt die Autismustherapie zur Entlastung der Eltern bei?.............................................................................................. 111 Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie .. 113 Ressourcenaktivierung als Wirkprinzip der Therapie und Beratung ..... 114 Aktivierung elterlicher Ressourcen in Abhängigkeit von der therapeutischen Allianz ......................................................................... 118 Zusammenfassung: Trägt die Autismustherapie zur Stärkung der elterlichen Ressourcen bei? ................................................................... 126 Zusammenfassung und Ausblick ....................................................... 131

Anhang ............................................................................................................. 141 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 149

Abbildungsverzeichnis Abbildung 2.1 Abbildung 2.2 Abbildung 2.3 Abbildung 2.4 Abbildung 3.1 Abbildung 3.2 Abbildung 3.3 Abbildung 3.4 Abbildung 3.5 Abbildung 3.6 Abbildung 3.7 Abbildung 3.8 Abbildung 3.9 Abbildung 3.10 Abbildung 3.11 Abbildung 3.12 Abbildung 3.13 Abbildung 3.14 Abbildung 4.1 Abbildung 4.2 Abbildung 4.3 Abbildung 4.4 Abbildung 4.5 Abbildung 4.6 Abbildung 5.1

Untersuchungsebenen der Evaluationsstudie ........................... 22 Einfluss der elterlichen Ressourcen und Bewältigungsstrategien auf die Belastungsgenese ................... 23 Wirkfaktoren der Autismustherapie ......................................... 23 Untersuchungsplan der Längsschnittstudie .............................. 24 Altersverteilung der Kinder und Jugendlichen mit ASS .......... 39 Schulform der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen ....... 40 Schulformen von Kindern und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus und Asperger-Syndrom ................. 42 Diagnosen der Kinder und Jugendlichen nach ICD-10 ............ 43 Therapie- und Fördermaßnahmen vor Förderbeginn ............... 47 Schulabschluss der Eltern ........................................................ 50 Beschäftigungssituation der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS .............................................................. 51 Altersverteilung der Therapeutinnen und Therapeuten ............ 52 Autismusspezifische Berufserfahrung der Therapeutinnen und Therapeuten ...................................... 54 Therapie und Förderziele ......................................................... 61 Therapie- und Fördermethoden ................................................ 64 Einrichtungen, von denen die Eltern vor Förderbeginn im ATZ Unterstützung erhalten hatten .................................... 66 Unterstützungsangebote für Eltern ........................................... 67 Methoden in der Elternarbeit ................................................... 68 Vier-Ebenen-Modell der elterlichen Belastung........................ 71 Elterliches Anforderungsprofil in Abhängigkeit von der Autismus-Diagnose des Kindes nach ICD-10............. 77 Vorhersage der elterlichen Anforderungen .............................. 79 Ergebnisse der multiplen Regressionen ................................... 82 Mediatorfunktion der elterlichen Bewältigungsstrategien ....... 88 Ergebnisse der Mediatoranalyse .............................................. 90 Belastung der Eltern im Kindbereich und Elternbereich des Eltern-Belastungs-Inventars im Verlauf der Förderung ........... 99

XIV Abbildung 5.2

Abbildung 5.3

Abbildung 5.4

Abbildung 5.5

Abbildung 5.6

Abbildung 5.7

Abbildung 5.8

Abbildungsverzeichnis Elternbelastung im EBI-Elternbereich im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit und unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt .. 106 Belastung der Eltern im EBI-Kindbereich im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit und unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt .. 107 Elternbelastung im EBI-Elternbereich im Förderverlauf von Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit und unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt ............................................................... 108 Belastung der Eltern im EBI-Kindbereich im Förderverlauf von Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit und unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt .................................................. 108 Elternbelastung im EBI-Elternbereich im Förderverlauf von Eltern mit überdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung und mit unterdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung zum zweiten Erhebungszeitpunkt ............... 109 Belastung der Eltern im EBI-Kindbereich im Förderverlauf von Eltern mit überdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung und unterdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung zum zweiten Erhebungszeitpunkt ......................... 110 Selbstwirksamkeitsüberzeugung in der Erziehung im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit und Eltern mit unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt .......................................... 119

Abbildungsverzeichnis Abbildung 5.9

Abbildung 5.10

Abbildung 5.11

Abbildung 5.12

Abbildung 5.13

XV

Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in der Erziehung im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit und Eltern mit unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt ............................................................... 121 Selbstwirksamkeitsüberzeugung in der Erziehung im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung und Eltern mit unterdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung zum dritten Erhebungszeitpunkt ............................................ 122 Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit und Eltern mit unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt .................................................. 124 Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit und Eltern mit unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt ......... 125 Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung und Eltern mit unterdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung zum zweiten Erhebungszeitpunkt .................................................. 126

Tabellenverzeichnis Tabelle 1.1 Diagnostische Kriterien des Frühkindlichen Autismus nach ICD-10 ................................................................................... 4 Tabelle 1.2 Diagnostische Kriterien des Asperger-Syndroms nach ICD-10...... 5 Tabelle 1.3 Diagnostische Kriterien des Atypischen Autismus nach ICD-10 ... 6 Tabelle 2.1 Anforderungsbereiche der Eltern .................................................. 26 Tabelle 2.2 Subskalen des Eltern-Belastungs-Inventars .................................. 29 Tabelle 2.3 Bewältigungsstrategien des Brief Cope ........................................ 31 Tabelle 3.1 Alter bei Diagnosestellung ............................................................ 44 Tabelle 3.2 Komorbide Störungen der Kinder und Jugendlichen mit ASS ..... 46 Tabelle 3.3 Soziodemographische Merkmale der Eltern ................................. 49 Tabelle 3.4 Berufsausbildung der Therapeutinnen und Therapeuten .............. 53 Tabelle 3.5 Studienabschlüsse der Therapeutinnen und Therapeuten ............. 54 Tabelle 3.6 Fort- und Weiterbildungen der Therapeutinnen und Therapeuten 56 Tabelle 3.7 Art und Umfang der Fördermaßnahmen ....................................... 57 Tabelle 3.8 Therapeutenwechsel...................................................................... 58 Tabelle 3.9 Zusätzliche Förderaktivitäten und Kooperation mit Fachdiensten .......................................................................... 59 Tabelle 3.10 Hauptförderziele in Abhängigkeit von der autistischen Störung .. 62 Tabelle 3.11 Häufigste Therapie- und Fördermethoden in Abhängigkeit von der Autismus-Diagnose nach ICD-10.................................... 65 Tabelle 4.1 Erhebungsinstrumente .................................................................. 72 Tabelle 4.2 Autismus-Symptomatik und Beeinträchtigungen der Kinder und Jugendlichen im Alltag .......................................................... 73 Tabelle 4.3 Elterliche Anforderungen und Beeinträchtigung des Kindes ........ 75 Tabelle 4.4 Anforderungen und Belastungen der Eltern.................................. 81 Tabelle 4.5 Elterliche Ressourcen und Belastung ............................................ 84 Tabelle 4.6 Ergebnisse der Faktorenanalyse der 15 Bewältigungsstrategien .. 85 Tabelle 4.7 Bewältigungsstrategien und Belastung der Eltern ........................ 88 Tabelle 5.1 Stichprobe der Längsschnittstudie ................................................ 95 Tabelle 5.2 Gründe für das Ausscheiden aus der Längsschnittstudie .............. 97 Tabelle 5.3 Belastung von Eltern in Abhängigkeit von der Teilnahme an der Längsschnittstudie ............................................................. 98

1 Autismus-Spektrum-Störungen Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über das Störungsbild der AutismusSpektrum-Störung (ASS). Einleitend werden das klinische Erscheinungsbild, die Klassifikation von ASS, die Ergebnisse epidemiologischer Forschungen und gängige Förder- und Interventionsansätze von ASS vorgestellt. Nachfolgend wird auf die Konzeption von Autismus-Therapie-Zentren (ATZ) eingegangen, in denen Familien mit Kindern mit ASS pädagogische und therapeutische Unterstützung erhalten. Abgerundet wird das Kapitel mit Forschungsbefunden zur Lebenssituation von Familien mit Kindern mit ASS. 1.1 Tiefgreifende Entwicklungsstörungen Autistische Störungen sind tiefgreifende Entwicklungsstörungen (Dilling & Freyberger, 2016), die durch schwerwiegende qualitative Abweichungen vom typischen Entwicklungsverlauf in jeder Entwicklungsphase gekennzeichnet sind. Diese Abweichungen und Verzögerungen sind eng mit der Reifung des zentralen Nervensystems verbunden (Sinzig & Schmidt, 2013) und zeigen sich in drei zentralen Verhaltensbereichen (Dilling & Freyberger, 2016; Falkai & Wittchen, 2015): (1) Qualitative Beeinträchtigungen in der zwischenmenschlichen Interaktion (2) Qualitative Beeinträchtigungen in der Kommunikation (3) Eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten. Die Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion zeigen sich in der Schwierigkeit, zwischenmenschliche Beziehungen zu initiieren, aufrechtzuerhalten und zu gestalten (z. B. in familiären, freundschaftlichen und partnerschaftlichen Kontexten). Störungen kommunikativer Fähigkeiten umfassen Beeinträchtigungen der Sprachentwicklung sowie des nonverbalen Kommunikationsverhaltens (z. B. beim Ausdruck und Interpretation von Mimik, Gestik und Blickkontakt). Die eingeschränkten, repetitiven Verhaltensweisen, Interessen oder Aktivitäten äußern sich in Form von speziellen Interessen, ritualisierten Tagesabläufen oder einer starken Aversion gegenüber Veränderungen im Alltag. Die qualitativen Abweichungen vom altersgemäßen Entwicklungsverlauf kommen in allen Bereichen zum Ausdruck, können aber in ihrem Ausprägungsgrad variieren (Kamp-Becker & Bölte, 2014; Remschmidt, 2012). Diese Auffälligkeiten zeigen sich seit frühester Kindheit und bleiben ein Leben lang bestehen (AWMF, 2016).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Tröster und S. Lange, Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24815-4_1

2

Autismus-Spektrum-Störungen

1.2 Klassifikation von Autismus-Spektrum-Störungen Die Klassifikation von ASS erfolgt aktuell nach zwei gängigen Klassifikationssystemen, die Internationale Klassifikation der Krankheiten (englisch: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) in der zehnten Auflage (ICD-10; Dilling & Freyberger, 2016), herausgegeben von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen (englisch: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) in der fünften Auflage (DSM-V; Falkai & Wittchen, 2015) der amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie (APA). In der ICD-10 (Dilling & Freyberger, 2016) werden autistische Störungen unter der Kategorie F84 – Tiefgreifende Entwicklungsstörungen aufgeführt. Die ICD-10 unterscheidet zwischen drei Subgruppen autistischer Störungen, dem Frühkindlichen Autismus (F84.0), dem Asperger-Syndrom (F84.5) und dem Atypischen Autismus (F84.1) (vgl. Kapitel 1.2.1). Daneben werden die Sonstige tiefgreifende Entwicklungsstörung (F84.8) und die Tiefgreifende Entwicklungsstörung, nicht näher bezeichnet (F84.9) diagnostiziert, wenn keine eindeutige Zuordnung der Symptome zu anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen möglich ist, aber Hinweise auf eine beeinträchtigte Entwicklung mit autistischen Symptomen und eine klinische Beeinträchtigung vorliegen (AWMF, 2016; Dilling & Freyberger, 2016). Von den autistischen Störungen abgegrenzt werden weitere tiefgreifende Entwicklungsstörungen, wie das Rett-Syndrom (F84.2), die Andere desintegrative Störung des Kindesalters (F84.3) und die Überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Stereotypien (F84.4). Im DSM-V (Falkai & Wittchen, 2015) wird seit der fünften Auflage nicht mehr zwischen den oben genannten Autismus-Subtypen differenziert. Bedingt durch die Schwierigkeit die verschiedenen Autismus-Subgruppen valide voneinander abzugrenzen, verfolgt das DSM-V einen dimensionaler Ansatz, der die Erscheinungsformen unter dem Begriff Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) zusammenfasst (vgl. Tebartz van Elst, Biscaldi & Riedel, 2014). Der Begriff Spektrum wird verwendet, da die Erscheinungsformen der Störung abhängig vom Schweregrad der Störung, dem Entwicklungsstand und dem chronologischen Alter sind. Dieses Spektrum reicht von starken ausgeprägten autistischen Symptomen mit intellektueller Beeinträchtigung und fehlender Sprachentwicklung bis hin zu autistischen Symptomen mit durchschnittlicher bzw. überdurchschnittlicher Intelligenz und gut entwickelter Sprache (Kamp-Becker & Bölte, 2014; Sinzig & Schmidt, 2013).

Klassifikation von Autismus-Spektrum-Störungen 1.2.1

3

Autismus-Spektrum-Störungen nach ICD-10

Im Folgenden werden die drei Subgruppen autistischer Störungen (Frühkindlicher Autismus, Asperger-Syndrom, Atypischer Autismus) hinsichtlich ihrer Leitsymptome und diagnostischen Kriterien näher beschrieben. Frühkindlicher Autismus Der Frühkindliche Autismus manifestiert sich vor dem dritten Lebensjahr und äußert sich durch Beeinträchtigungen (1) der sozialen Interaktion, (2) der Kommunikation sowie durch (3) stereotype Verhaltensweisen und eingeschränkte repetitive Interessen und Aktivitäten (Dilling & Freyberger, 2016). Die diagnostischen Kriterien des Frühkindlichen Autismus sind in Tabelle 1.1 aufgeführt. Die kognitiven Fähigkeiten reichen beim Frühkindlichen Autismus von einer unterdurchschnittlichen Intelligenz bis hin zu durchschnittlicher (selten überdurchschnittlicher) Intelligenz, wobei die meisten Kinder mit Frühkindlichem Autismus eine Intelligenzminderung aufweisen (Charkrabarti & Fombonne, 2001; Tidmarsh & Volkmar, 2003; Korte, 2014). Kinder, die die Kriterien des Frühkindlichen Autismus erfüllen, aber über relativ gute intellektuelle Fähigkeiten (IQ > 70) verfügen und oft besondere Fähigkeiten in einzelnen Bereichen aufweisen, werden dem Hochfunktionalen Autismus (High-Functioning-Autismus) zugeordnet. Der Hochfunktionale Autismus wird jedoch in der Klassifikation nach ICD10 nicht berücksichtigt (Sinzig, 2015). Etwa die Hälfte aller Kinder mit Frühkindlichem Autismus erwirbt keine Sprache (Korte, 2014; Theunissen, Kulig, Leuchte & Paetz, 2015). Sprechende Kinder zeigen oft enorme Sprachentwicklungsverzögerungen sowie vielfältige Auffälligkeiten im Sprachverhalten. Sie benutzen die Sprache häufig nicht zur Kommunikation, sondern setzen diese in mechanischer Art und Weise ein (Dilling & Freyberger, 2016). Die Sprachauffälligkeiten zeigen sich im zwanghaften Nachsprechen von einzelnen Wörtern oder Sätzen (Echolalien), Wortneubildungen (Neologismen) oder dem Sprechen von sich in der dritten Person. Die Kinder fallen häufig durch einen stereotypen Gebrauch der Sprache auf (z. B. ständige Wiederholung gleicher Fragen). Ein weiteres Merkmal sind prosodische Auffälligkeiten, die gekennzeichnet sind durch eine wenig melodische Sprechweise, eine inadäquate Betonung von Worten oder Satzteilen, eine gleichbleibende Stimmfarbe und einen abgehackten Sprechrhythmus (Nußbeck, 2007; Remschmidt, 2012).

4

Autismus-Spektrum-Störungen

Tabelle 1.1

Diagnostische Kriterien des Frühkindlichen Autismus nach ICD-10 (in Anlehnung an Dilling & Freyberger, 2016)

Frühkindlicher Autismus (F84.0) Abnorme und beeinträchtigte Entwicklung manifestiert sich vor dem dritten Lebensjahr in mindestens einem der folgenden Bereiche: (1) rezeptive oder expressive Sprache, wie sie in der sozialen Kommunikation verwandt wird, (2) Entwicklung selektiver sozialer Zuwendung oder reziproker sozialer Interaktion, (3) funktionales oder symbolisches Spielen Vorliegen von mindestens sechs Symptomen in den folgenden Bereichen: (1) soziale Interaktion, (2) Kommunikation, (3) begrenzte repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten (davon mindestens zwei Symptome des 1. Kriteriums und je ein Symptom des 2. und 3. Kriteriums)

1. Qualitative Auffälligkeiten der gegenseitigen Interaktion (Unfähigkeit Blickkontakt, Mimik, Gestik und Körperhaltung zur Regulierung sozialer Interaktionen einzusetzen; Unfähigkeit Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen; Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit; Schwierigkeiten, spontan Freude, Interesse Tätigkeiten mit anderen zu teilen)

2. Qualitative Auffälligkeiten in der Kommunikation (Verzögerte Sprachentwicklung oder vollständiges Fehlen der gesprochenen Sprache, die auch nicht durch Mimik oder Gestik kompensiert wird; Schwierigkeiten kommunikativen Sprachaustausch zu führen; stereotyper und repetitiver Gebrauch der Sprache oder idiosynkratischer Gebrauch von Wörtern oder Phrasen; Mangel an spontanen Als-Ob-Spielen oder sozialen Imitationsspielen)

3. Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten (Beschäftigung mit stereotypen und begrenzten Interessen, die in Inhalt und Schwerpunkt abnorm sind; zwanghaftes Verhalten hinsichtlich nicht funktionaler Handlungen und Rituale; stereotype und repetitive motorische Manierismen; Beschäftigung mit Teilobjektiven oder nicht funktionalen Elementen des Spielmaterials)

Asperger-Syndrom Kinder und Jugendliche mit Asperger-Syndrom weisen wie Betroffene des Frühkindlichen Autismus qualitative Abweichungen in der sozialen Interaktion auf und verfügen über ein ungewöhnliches intensives umschriebenes Interesse bzw. begrenzte, repetitive stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten. Im Vergleich zum Frühkindlichen Autismus treten jedoch keine Entwicklungsverzögerungen der Sprache und der kognitiven Entwicklung in Erscheinung (Dilling &

Klassifikation von Autismus-Spektrum-Störungen

5

Freyberger, 2016; Kamp-Becker & Bölte, 2014; Remschmidt, 2012; Theunissen, et al., 2015). Sie verfügen über eine durchschnittliche bis überdurchschnittliche Intelligenz und erwerben häufig früh und gut die Sprache, wenngleich sie durch ungewöhnliche Ausdrucksweisen auffallen (Kamp-Becker & Bölte, 2014). Die Auffälligkeiten in der zwischenmenschlichen Interaktion äußern sich durch die Schwierigkeit zwanglose Beziehungen zu Peers oder älteren Personen herzustellen und sich in andere einzufühlen oder an den Gefühlen anderer teilzuhaben. Zu den ungewöhnlichen und intensiven Interessen bzw. repetitiven stereotypen Verhaltensmustern, Interessen und Aktivitäten (Dilling & Freyberger, 2016) fällt zum Beispiel eine monomane Auseinandersetzung mit speziellen Interessengebieten (z. B. mit Kirchtürmen oder Schmelzpunkten von Metallen), von denen sie sich nur schwer abbringen lassen (Kamp-Becker & Bölte, 2014). Die diagnostischen Kriterien sind in Tabelle 1.2 aufgeführt. Tabelle 1.2

Diagnostische Kriterien des Asperger-Syndroms nach ICD-10 (in Anlehnung an Dilling & Freyberger, 2016)

Asperger-Syndrom (F 84.5) Fehlen einer klinisch eindeutigen allgemeinen Verzögerung der Sprache oder der kognitiven Entwicklung. Die Diagnose setzt voraus, dass einzelne Wörter im zweiten Lebensjahr sowie kommunikative Phrasen spätestens im dritten Lebensjahr verwendet werden. Selbsthilfefertigkeiten, adaptives Verhalten und Neugier an der Umgebung sollten während der ersten drei Lebensjahre einer normalen intellektuellen Entwicklung entsprechen. Meilensteine der motorischen Entwicklung können verspätet auftreten. Qualitative Beeinträchtigungen der gegenseitigen sozialen Interaktionen (entsprechend den Kriterien des Frühkindlichen Autismus) Ungewöhnlich intensives umschriebenes Interesse oder begrenzte, repetitive stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten.

Atypischer Autismus Beim Atypischen Autismus tritt die autismusspezifische Symptomatik entweder erst nach dem dritten Lebensjahr auf oder die drei diagnostischen Kriterien (1. Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion, 2. Auffälligkeiten in der Kommunikation und 3. eingeschränktes, stereotypes, repetitives Verhalten) des Frühkindlichen Autismus werden nicht vollständig erfüllt. Es zeigt sich demnach entweder ein

6

Autismus-Spektrum-Störungen

atypischer Symptombeginn oder ein atypisches Erscheinungsbild. Tabelle 1.3 enthält die diagnostischen Kriterien des Atypischen Autismus. Tabelle 1.3

Diagnostische Kriterien des Atypischen Autismus nach ICD-10 (in Anlehnung an Dilling & Freyberger, 2016)

Atypischer Autismus nach ICD-10 (F84.1) Abnorme und beeinträchtigte Entwicklung manifestiert sich im oder nach dem dritten Lebensjahr Qualitative Auffälligkeiten in der gegenseitigen sozialen Interaktion oder der Kommunikation oder begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten Die diagnostischen Kriterien für Autismus (F84.0) werden nicht erfüllt. Der Autismus zeigt sich untypisch hinsichtlich des Erkrankungsalters (F84.10) oder der Symptomatologie (F84.11). Autistische Syndrome mit atypischem Erkrankungsalter und atypischer Phänomenologie erhalten die Kodierung F84.12.

Menschen mit Atypischem Autismus weisen häufig starke Intelligenzminderungen, verbunden mit Entwicklungsstörungen der Sprache, insbesondere im Sprachverständnis, auf (Dilling & Freyberger, 2016). Es handelt es sich um eine diagnostische Kategorie, die sich nur schwer von anderen Kategorien abgrenzen lässt und bislang unzureichend erforscht wurde (Kamp-Becker & Bölte, 2014).

1.2.2

Autismus-Spektrum-Störungen nach DSM-V

Autismus-Spektrum-Störungen werden im DSM-V unter den Störungen der neuronalen und mentalen Entwicklung aufgeführt (Falkai & Wittchen, 2015). Die Hauptmerkmale sind andauernde Beeinträchtigungen in der wechselseitigen Kommunikation und der sozialen Interaktion (Kriterium A), die sich in verschiedenen Lebensbereichen zeigen, sowie ein eingeschränktes und spezielles Repertoire an Interessen und Aktivitäten (Kriterium B). Die Symptomatik von ASS zeigt sich seit der frühen Kindheit und ist mit einer Beeinträchtigung des alltäglichen Funktionsniveaus (z. B. im sozialen und beruflichen Kontext) verbunden (Kriterien C und D).

Klassifikation von Autismus-Spektrum-Störungen

7

Die Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation (Kriterium A) können in ihrem Schweregrad stark variieren. Sie reichen von einer abweichenden sozialen Kontaktaufnahme und reziproken Konversation, einem verminderten Austausch von Interessen, Gefühlen oder Affekten bis hin zu der generellen Unfähigkeit, soziale Interaktionen herzustellen und auf diese zu reagieren. Zudem kann auch das Interesse an Gleichaltrigen gänzlich fehlen. Die Defizite in der nonverbalen Kommunikation lassen sich auf einem Kontinuum anordnen, das von einem abweichenden Blickkontaktverhalten und einer abnormen Körpersprache, Defiziten im Verständnis und Gebrauch von Gestik bis hin zu einem vollständigen Fehlen mimischer und nonverbaler Kommunikation reicht. Im Vergleich zur Klassifikation nach ICD-10 und der vorherigen Auflage DSM-IV werden im DSM-V die Beeinträchtigungen in der sozialen Kommunikation und Interaktion nicht mehr als unabhängig voneinander angesehen, sondern als gemeinsames Kriterium zusammengefasst. Die eingeschränkten, repetitiven Verhaltensweisen und speziellen Interessen und Aktivitäten (Kriterium B) können auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck kommen, zum Beispiel in stereotypen und repetitiven motorischen Bewegungsabläufen, einem stereotypen Gebrauch von Objekten oder der Sprache, in einem unflexiblem Festhalten an Routinen sowie einem ritualisierten Mustern verbaler oder nonverbaler Verhaltensweisen. Ferner zählen zu diesem Kriterium hochgradige begrenzte, fixierte Interessen, die in ihrer Intensität oder ihrem Inhalt abnorm sind. Auch eine Hyper- oder Hyporeaktivität auf sensorische Reize oder ungewöhnliche Interessen an Umweltreizen sind mögliche Erscheinungsformen. Die Störung wird nur diagnostiziert, wenn sie sich nicht besser durch eine intellektuelle Einschränkung oder einem globalen Entwicklungsrückstand erklären lässt. Um die aktuelle Symptomatik differenziert beschreiben zu können, werden im DSM-V die Schweregrade der Beeinträchtigung jeweils im Hinblick auf die soziale Kommunikation / Interaktion und den eingeschränkten Interessen bestimmt. Hierbei können drei Ausprägungsgrade der benötigten Unterstützung unterschieden werden: (1) Unterstützung erforderlich, (2) umfangreiche Unterstützung erforderlich und (3) sehr umfangreiche Unterstützung erforderlich. Mit weiteren Zusatzkodierungen kann angegeben werden, ob kognitive Beeinträchtigungen, Sprachstörungen, medizinische (z. B. Epilepsie) und genetische Störungen (z. B. Rett-Syndrom) sowie spezielle Umweltfaktoren (z. B. Fetales Alkoholsyndrom, Komorbiditäten (z. B. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen) oder eine Katanomie vorliegen.

8

Autismus-Spektrum-Störungen

1.3 Prävalenz Die meisten epidemiologischen Studien verweisen auf Prävalenzen für AutismusSpektrum-Störungen (ASS) zwischen 0.9 % und 1.1% (zur Übersicht AWMF, 2016; Freitag, 2012), wobei die Ergebnisse vor allem in Abhängigkeit von den verwendeten Erhebungsinstrumenten und der Stichprobe zum Teil erheblich variieren. Es wird vermutet, dass die Fallzahlen in den letzten Jahren angestiegen sind. Dafür sprechen positive Korrelationen zwischen den Prävalenzen und dem Jahr der Publikation (z. B. Fombonne, Quirke & Hagen, 2009). Während in einer Übersichtsarbeit von Fombonne et al. (2009) auf Basis von 47 Studien (von 1966 bis 2009), Prävalenzraten zwischen 0.7 / 10.000 und 72.6 / 10.000 (Median: 12.7 / 10.000) ermittelt werden, fanden Elsabbagh et al. (2012) auf Basis von 36 publizierten Studien ab dem Jahre 2000, etwas höhere Fallzahlen (2.8 /10.00 bis 94 / 10.000; Median: 17 / 10.000). Autismus-Spektrum-Störungen treten häufiger beim männlichen als beim weiblichen Geschlecht auf. So zeigte sich zum Beispiel in einer Studie von Fombonne, Zakarian, Bennett, Meng und McLean-Heywood (2006) ein Geschlechterverhältnis für alle tiefgreifenden Entwicklungsstörungen von 4.3:1. Die intellektuelle Begabung scheint einen Einfluss auf die Geschlechterdifferenz zu haben. Während bei durchschnittlicher Intelligenz ein Geschlechterverhältnis von 5.5:1 ermittelt wurde, zeigte sich mittlerer bis schwerer Intelligenzminderung ein Verhältnis von 1.95:1 (Fombonne, 2005). Die Geschlechterdifferenz ist beim Asperger-Syndrom mit einem Verhältnis von 8:1 größer als beim Frühkindlichen Autismus mit einem Verhältnis von 3:1 (Remschmidt & Kamp-Becker, 2007). Kirkovski, Enticott & Fitzgerald (2013) vermuten jedoch, dass die Diagnostik beim weiblichen Geschlecht möglicherweise häufig nicht korrekt erfolgt, da der Phänotyp sich stark verändert zeigt und damit die Diagnostik erschwert wird.

1.4 Komorbidität Häufig tritt die ASS nicht isoliert, sondern zusammen mit zusätzlichen Symptommustern auf. Bei mehr als der Hälfte der Betroffenen mit ASS und damit am häufigsten, liegen Entwicklungsstörungen in der sprachlichen, motorischen und der kognitiven Entwicklung (geistige Behinderung) vor (AWMF, 2016). Darüber hinaus weisen viele Betroffene weitere psychische Störungen wie zum Beispiel Spezifische Phobien, Zwangsstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen, Oppositionelle Störungen und Affektive Störungen auf. Ferner begleiten die ASS auch häufig

Förder- und Interventionsansätze

9

neurologische (z. B. Epilepsie), genetische (z. B. Fragiles-X-Syndrom, AngelmanSyndrom) oder stoffwechselbezogene Erkrankungen (z. B. Phenylketonurie, Lesch-Nyhan-Syndrom) (Kamp-Becker & Bölte, 2014). Komorbide Störungen zeigen sich bei beiden Geschlechtern gleich häufig, wobei vermutet wird, dass das weibliche Geschlecht vor der Autismus-Diagnose häufiger erst andere Diagnosen erhält (AWMF, 2016). 1.5 Förder- und Interventionsansätze Da ASS (vermutlich) genetisch bedingte hirnorganische Störungen sind, deren Ursachen jedoch bis dato noch nicht vollständig aufgeklärt sind, gibt es bisher keine Behandlungsansätze, die die Störung ursächlich behandeln (Kamp-Becker & Bölte, 2014; Sinzig & Schmidt, 2013). ASS sind lebenslange Erkrankungen, können aber durch Interventionen deutlich hinsichtlich ihres Schweregrades gebessert werden (Freitag, 2009) und die Lebensqualität und das psychosoziale Funktionsniveau von Menschen mit ASS steigern (Bölte, 2011a). Zu zentralen Zielen der Intervention gehören die Reduzierung von störenden und den Menschen mit ASS in seiner Entwicklung beeinträchtigenden Verhaltensweisen und der Aufbau von konstruktiven Verhaltensweisen und Fähigkeiten, die es den Betroffenen ermöglichen sollen ein weitgehend eigenständiges Leben mit größtmöglicher Integration und Lebenszufriedenheit zu führen (Kamp-Becker & Bölte, 2014). Der Aufbau konstruktiver Verhaltensweisen umfasst die Förderung der sozialen Interaktionsund Kommunikationsfähigkeit, der Selbstständigkeit und der sozialen Integration. Der Abbau dysfunktionaler Verhaltensweisen bezieht die Reduzierung von Zwängen, Ritualen bzw. Stereotypien, unruhigen und hyperaktiven sowie auto- und fremdaggressiven Verhaltensmustern mit ein (Herbrecht, Bölte & Poustka, 2008). Für Kinder und Jugendliche mit ASS gibt es keine generell gültigen und erfolgversprechenden Interventionsansätze. Die Maßnahmen müssen jeweils nach den individuellen Förderbedürfnissen entwickelt und im Förderprozess immer wieder angepasst werden (Noterdaeme, 2011). Die Art und die Intensität der Förderung sollten in Abhängigkeit vom Alter des Menschen mit ASS, dem Schweregrad der Störung, dem Entwicklungsniveau, den intellektuellen und sprachlichen Fähigkeiten und den Umgebungsfaktoren ausgewählt werden (Bölte, 2011a). Zudem werden die therapeutischen Ansätze in der Praxis in der Regel nicht isoliert voneinander eingesetzt, sondern zu einem multimodalen Methodenkonzept verbunden (Müller, 2017, Rickert-Bolg, 2017a) (vgl. Kapitel 1.6).

10

Autismus-Spektrum-Störungen

In der Praxis werden zahlreiche methodische Ansätze verfolgt, die sich auf einem Kontinuum von theorie- und evidenzlosen Ansätzen bis hin zu theoriegeleiteten und empirisch untersuchten Verfahren anordnen lassen. Bislang gibt es aber noch keinen Interventionsansatz, der als evidenzbasiert bewertet werden könnte. Am besten empirisch abgesichert sind zum jetzigen Zeitpunkt verhaltenstherapeutische Ansätze (Bölte, 2011a; Freitag, 2010; Kamp-Becker & Bölte, 2014). Im Rahmen der verhaltenstherapeutischen Intervention werden Methoden eingesetzt, die auf lerntheoretischen Annahmen basieren. Dazu zählen zum Beispiel das Operante Konditionieren, bei dem das gewünschte Verhalten durch materielle (z. B. Süßigkeiten) oder soziale Reizen (z. B. Lob) verstärkt wird, das Prompting (gezielte Hilfestellung anbieten), das Shaping (schrittweiser Verhaltensaufbau durch gezielte Verstärkung zielangenäherter Verhaltensweisen), das Fading (schrittweise Reduzierung der Hilfestellungen) sowie das Imitations- bzw. Modelllernen (Kamp-Becker & Bölte, 2014). Nachfolgend werden Therapieansätze vorgestellt, die verhaltenstherapeutische Prinzipien beinhalten. Die Auswahl beschränkt sich auf Ansätze, die zu den vergleichsweise gut belegten Therapiemaßnahmen gehören. Dazu zählen die Ansätze ABA, PECS, TEACCH sowie Trainings sozialer und kognitiver Fertigkeiten (Bölte, 2011a; Francis, 2005). Applied Behavior Analysis (ABA) Die Applied Behavior Analysis (ABA) ist eine auf ASS angepasste Form intensiver Verhaltensmodifikationen, die auf O. Ivar Lovaas zurückgeht. Wesentliche Merkmale sind der frühe Lernbeginn (nach Möglichkeit von dem dritten Lebensjahr) und die hohe Intensität der Intervention (Kamp-Becker & Bölte, 2014; Theunissen et al., 2015). Die an verhaltenstherapeutischen Methoden orientierte intensive Förderung erfolgt im häuslichen Umfeld unter enger Einbeziehung der Eltern und umfasst in etwa 15 bis 40 Stunden wöchentlich. Zu den wichtigsten Therapiezielen gehören die Stärkung der Sprachvorausläuferfertigkeiten (Aufmerksamkeit und Imitation), kommunikativer und sozialer Fertigkeiten sowie die schulische Integration (Kamp-Becker & Bölte, 2014). Aufbauend auf einer ausführlichen Verhaltensanalyse werden dem Kind systematisch Fertigkeiten vermittelt. Die Vermittlung erfolgt meist in Form eines diskreten Lernformats, bei dem die einzuübenden Fähigkeiten in klar abgrenzbare und aufeinander aufbauende Teilfertigkeiten zerlegt werden. Jede Handlung wird hierzu in einzelne Sequenzen zergliedert und anschließend eingeübt (Ullrich, 2018). Die Sequenzen setzen sich in der Regel aus drei Komponenten zusammen: (1) Instruktion (z. B. „Zeig die Tasse“), (2) Reaktion (durch Unterstützung eines Prompts, z. B. durch Unterstützung der Handführung, wenn das Kind auf die Tasse zeigen soll) und (3) die Konsequenz, die bei einer erfolgreichen Ausführung des

Förder- und Interventionsansätze

11

Verhaltens über eine positive Verstärkung erfolgt. Dieser Lernvorgang wird so lange wiederholt, bis das Kind keine Prompts mehr zur Ausführung eines Verhaltens benötigt. Zu Beginn wird jede korrekte Reaktion des Kindes verstärkt (kontinuierliche Verstärkung), im weiteren Verlauf der Förderung erfolgt die Verstärkung zunehmend seltener (intermittierende Verstärkung). Als Verhaltensverstärker werden neben Lob und Anerkennung, attraktive Gegenstände, Nahrungsmittel sowie bevorzugte Aktivitäten des Kindes eingesetzt (Theunissen et al., 2015). Trotz nachgewiesener Wirksamkeit des Interventionsansatzes, ist es jedoch fraglich, ob eine derartige zeitintensive Intervention – wie sie ursprünglich von Lovaas vorgesehen wurde – notwendig ist (Kamp-Becker & Bölte, 2014.). Neben der enormen Intensität und des hohen Zeitaufwandes von ABA wird der Therapieansatz vor allem aufgrund des dressurhaften Vorgehens und der mangelnden Berücksichtigung der Selbstbestimmung des Kindes kritisiert. Aktuellere Ansätze von ABA versuchen daher, diese negativ beurteilten Vorgehensweisen zu reduzieren (Theunissen et al., 2015). Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children (TEACCH) Im TEACCH-Ansatz, der in den 1970er Jahren von Eric Schopler und seinen Mitarbeitern entwickelt wurde, werden verhaltenstherapeutische und (heil-) pädagogische Methoden kombiniert (Theunissen et al., 2015). TEACCH ist ein Ansatz des strukturierten Lernens und Lehrens, der für Menschen mit schwerwiegenden perzeptiven, kommunikativen und interaktiven Beeinträchtigungen entwickelt wurde (Remschmidt, Martin & Kamp-Becker, 2015). Ausgangspunkt für die Entwicklung war die Beobachtung, dass Menschen mit ASS im Alltag vor allem von Strukturierungs- und Visualisierungshilfen profitieren (Theunissen et al., 2015). Der Ansatz ist daher darauf ausgerichtet, dem Menschen mit ASS mit einem hohen Grad an Strukturierung eine an ihren Bedürfnissen ausgerichtete Umgebung zu schaffen. Mit TEACCH wird zum einen die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit ASS durch spezifische Lern- und Übungsangebote gefördert und zum anderen werden durch eine hochgradige Strukturierung ihres Umfeldes optimale Lernbedingungen für sie geschaffen (Remschmidt et al., 2015; Theunissen al., 2015). Das „Structured Teaching“ beinhaltet eine räumliche, zeitliche und materielle Strukturierung (Theunissen et al., 2015). Die Umsetzung erfolgt zum Beispiel in Form einer klaren und übersichtlichen Gestaltung von Räumen, der Erstellung von Plänen und Arbeitssystemen und der Gliederung und Visualisierung komplexer Handlungen in überschaubare Teilschritte (Kamp-Becker & Bölte, 2014).

12

Autismus-Spektrum-Störungen

Die Effektivität des TEACCH Ansatzes als Ganzes lässt sich nur schwer nachweisen, „da es sich hier nicht um ein standardisiertes Verfahren im engeren Sinne handelt, sondern um ein flexibles individualisiertes und integratives Vorgehen unter Einbeziehung des natürlichen Umfeldes und der Bezugspersonen“ (Symalla & Feilbach, 2009, S. 285). Vorhandene Studien zeigen, dass Kinder mit ASS durch TEACCH in ihrer Selbstständigkeit, den sozialen Fähigkeiten und der funktionellen Kommunikation gestärkt werden und Verhaltensauffälligkeiten reduziert werden können (Kamp-Becker & Bölte, 2014). Training sozialer Kompetenzen Defizite in der sozialen Kommunikation und Interaktionen gehören zu den Kernsymptomen von ASS. Die meisten Interventionen zur Förderung sozialer Fertigkeiten finden in Gruppensettings statt (Bölte, 2011a). Die Förderung in Gruppen ist von besonderer Bedeutung, da den eingeschränkten sozialen Fertigkeiten von Menschen mit ASS häufig kein „mangelndes Interesse an Sozialkontakten zugrunde liegt, sondern vielmehr ein Mangel an Gelegenheiten zu sozialen Interaktionen und damit verbunden ein Mangel an Lern- und Übungsmöglichkeiten dieser Fertigkeiten“ (Bölte, 2011a, S. 593). Im Rahmen der Förderung sozialer Kompetenzen werden das Imitations-, Sozial- und Kommunikationsverhalten zunächst in der Gruppe geschult und anschließend ins reale Umfeld transferiert (Sinzig & Schmidt, 2013). Die Vorteile gruppentherapeutischer Ansätze sind unter anderem in der gegenseitigen Anregungs- und Feedbackfunkton und der in sozialen Interaktionen direkt erfahrbaren Problemlösefunktionen sowie der wechselseitigen Modellwirkung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu sehen (Herbrecht et al., 2008). Die Ansätze tragen nicht nur zu einer Stärkung sozialer Fertigkeiten bei, sondern sind auch hinsichtlich anderer Verhaltensbereiche wirksam zum Beispiel zur Verminderung von stereotypen Verhaltensmustern. Ein Beispiel für ein in Gruppen organisiertes soziales Kompetenztraining ist das „Frankfurter Gruppentraining KONTAKT“ (Herbrecht et al., 2008), welches viele Elemente des TEACCH-Ansatzes beinhaltet und für Kinder und Jugendliche mit Asperger-Syndrom oder High-Functioning-Autismus konzipiert wurde. Das Training beinhaltet drei aufeinander aufbauende Stufen mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad. In der ersten Stufe werden grundlegende Fertigkeiten für ein erfolgreiches Arbeiten in der Gruppe erworben (z. B. gemeinsames Kennenlernen). Zentrale Themenfelder von Stufe zwei sind das Erkennen und der Ausdruck von Emotionen sowie Strategien zur Bewältigung von Emotionen. Im Rahmen der dritten Stufe werden soziale Fertigkeiten eingeübt, die Eigen- und Fremdwahrneh-

Förder- und Interventionsansätze

13

mung trainiert sowie die Stabilisierung des Gelernten angestrebt. Zentrale Methoden sind dabei beispielsweise Rollenspiele, in denen soziale Fertigkeiten gefestigt werden können, themenzentrierte Gruppengespräche, in denen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Hinblick auf allgemeine und spezifische Themen austauschen können sowie Gruppenspiele und -aktivitäten (z. B. Eis essen gehen). Ergänzend können zur Stärkung sozialer Fertigkeiten kognitive Trainings (die in der Regel computergestützt sind) eingesetzt werden, um die soziale Kognition sowie die Affekt- und Gesichtsverarbeitung zu schulen (Bölte, 2011a). Computergestützte Interventionsmethoden sind für Menschen mit ASS besonders gut geeignet, da sie „Eigenschaften aufweisen, die im Einklang mit der von Menschen mit ASD bevorzugten Umwelt stehen: regelhaft, formal, verlässlich, rationaler Informationsaustausch, klare Unterscheidungen und meist selbst bestimmbares Tempo“ (Bölte, 2011a, S. 593 f.). Picture Exchange Communication System (PECS) Das Picture Exchange Communication System (PECS) zählt zu den kommunikationszentrierten Verfahren und wird auch häufig gemeinsam mit ABA und TEACCH angewandt (Sinzig & Schmidt, 2013). Die Methodik geht auf Arbeiten von Lori A. Frost und Andrew S. Bondy in den 1980er Jahren zurück. Ursprünglich wurde PECS für nichtsprechende Kinder im Vorschulalter entwickelt. Mittlerweile wird die Methode aber bei Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlichen kommunikativen Einschränkungen angewandt (Theunissen et al., 2015). Zentrales Ziel von PECS ist die Förderung der Kommunikationsfähigkeit über Bildkarten. PECS beinhaltet sechs aufeinander aufbauende Stufen. In der ersten Phase lernen die Kinder, dass sie Bildkarten in ein gewünschtes Objekt eintauschen können. In der zweiten Phase werden die Kinder angeleitet, selbstständig eine Bildkarte aus der Entfernung zu holen und damit den Kommunikationspartner bzw. die Kommunikationspartnerin aufzusuchen. In der dritten Phase lernen die Kinder die Bildkarten zu differenzieren und erfahren, dass verschiedene Bildkarten gemäß ihres Bedeutungsinhaltes mit unterschiedlichen Konsequenzen verbunden sind. Nachfolgend werden in Phase 4 die Bildkarten in Satzstrukturen eingebunden („Ich möchte…“). In Phase 5 üben die Kinder mit Bildkarten auf Fragen zu antworten („Was möchtest du?“). In der sechsten Phase wird die spontane Kommunikation weiter angeregt, indem zum Beispiel kommentierende Sätze gebildet werden (z. B. Zusammenlegung der Bilder „Ich sehe“ und „Ball“). PECS greift die Ressource von Menschen mit ASS auf, mit Hilfe visueller Darstellungen zu lernen. Menschen mit Autismus verfügen über Stärken in der visuellen Verarbeitung von Farben und Formen und sprechen auf visuelle Strukturierungshilfen

14

Autismus-Spektrum-Störungen

besser als auf verbale und auditive Förderansätze an (Freitag, Herpertz-Dahlmann, Dose & Lüken, 2011). Bislang existieren jedoch für dieses gut begründete Verfahren kaum Wirksamkeitsstudien (Sinzig & Schmidt, 2013). Howlin, Gordon, Pasco, Wade und Charman (2007) konnten beispielsweise zeigen, dass Kinder in Folge der Förderung mit PECS mehr Kommunikationen initiieren und häufiger Bilder zur Kommunikation im Klassenzimmer einsetzen. Eine Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten konnte jedoch nicht festgestellt werden. 1.6 Autismus-Therapie-Zentren Autismus-Therapie-Zentren (ATZ) 1 sind spezialisierte Einrichtungen zur ambulanten Förderung, Therapie und Beratung von Menschen mit einer AutismusSpektrum-Störung (ASS) und ihrer Familien. Die Unterstützung wird dabei über die gesamte Altersspanne – vom Kindes- bis zum Erwachsenenalter – gewährleistet (Greil, 2017). Eine weitgehend bundesweite Versorgung wird durch derzeit 80 AutismusTherapie-Zentren, die über 62 Regionalverbände an den Bundesverband Autismus Deutschland e.V. angeschlossen sind, ermöglicht (Bundesverband Autismus Deutschland, persönl. Mitteilung, 06.03.2019). Die bundesweite Versorgung geht vor allem aus der Initiative von Eltern von Kindern mit ASS hervor (Theunissen et al., 2015). Im Jahr 1970 wurde der Bundesverband Autismus Deutschland e.V. als Selbsthilfeverband von Eltern von Kindern mit ASS gegründet, da zu diesem Zeitpunkt noch keine gezielten Unterstützungsangebote für Kinder mit ASS vorlagen (Bundesverband Autismus Deutschland, 2018). Die ersten Einrichtungen wurden bereits vor 1981 gegründet; viele ATZ der alten Bundesländer bestehen mittlerweile schon seit ca. 20 bis 35 Jahren (Theunissen et al., 2015). Zentrale Aufgabe der ATZ ist es, Menschen mit ASS Chancengleichheit und Inklusion zu ermöglichen. Mit der Förderung sollen die Voraussetzungen für eine bestmögliche Entfaltung der Persönlichkeit, ein Höchstmaß an Selbstbestimmung und Unabhängigkeit sowie für die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft geschaffen werden (Bundesverband Autismus Deutschland, 2017). Zwar unterscheiden sich die einzelnen ATZ zum Beispiel in ihren Schwerpunkten (Greil, 2017), in den konkreten therapeutischen Vorgehensweisen (Rickert-Bolg, 2017a), in einer vorwiegend ambulanten oder mobilen Förderung oder' 1

Neben der Bezeichnung Autismus-Therapie-Zentrum werden auch andere Bezeichnungen für die spezialisierten Einrichtungen verwendet, wie zum Beispiel Autismus-Therapie-Ambulanz oder Autismus-Therapie-Institut (Theunissen et al., 2015).

Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen

15

ihrem Leistungsangebot (Theunissen et al., 2015), die dem Bundesverband angeschlossenen Einrichtungen orientieren sich jedoch alle in ihrer Arbeit an den Leitlinien für die Arbeit in Autismus-Therapie-Zentren des Bundesverbandes Autismus Deutschland (2017). Diese sehen eine ganzheitliche, an den Bedürfnissen des Menschen mit ASS angepasste bzw. individualisierte Förderung hinsichtlich unterschiedlicher Lebensbereiche vor, die Klientinnen und Klienten aller Altersstufen und aus dem gesamten autistischen Spektrum miteinbezieht. In der Förderung kommen verschiedene wissenschaftlich fundierte therapeutische Methoden zum Einsatz, die zu einem multimodalen Förderkonzept verbunden werden (Müller, 2017, Rickert-Bolg, 2017a) und damit flexibel an die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen mit ASS sowie ihrer Familien angepasst werden können. Damit die Fördermaßnahmen auf die Unterstützungsbedürfnisse der Klientinnen und Klienten abgestimmt werden können, sind die pädagogisch-therapeutischen Teams der einzelnen ATZ multiprofessionell zusammengesetzt (vgl. auch Kapitel 3.3). Neben den therapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehen die Leitlinien für die Arbeit in Autismus-Therapie Zentren des Bundesverbandes Autismus Deutschland (2017) es vor, dass in jeder Einrichtung ausreichende Ressourcen für eine Geschäftsführung und eine fachliche Leitung zur Verfügung stehen müssen, um zum Beispiel die Qualität der Angebote in den ATZ und die alltäglichen Abläufe im ATZ zu optimieren sowie den wirtschaftlichen Erfolg der Einrichtung sicherzustellen. Finanziert wird die Autismus-Therapie für Kinder und Jugendliche in den ATZ als Eingliederungshilfe entweder über das Jugendamt (§ 35a SGB VIII) oder über das Sozialamt (§§ 53, 54 SGB XII) (Bundesverband Autismus Deutschland, 2017). 1.7 Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) führen in nahezu allen Lebensbereichen zu Einschränkungen (vgl. Amorosa, 2004; Mancil, Boyd & Bedesem, 2009; Myers, Mackintosh & Goin-Kochel, 2009). Auch wenn die Beeinträchtigungen der Kinder mit ASS in ihrem Ausprägungs- und Schweregrad variieren (Kamp-Becker & Bölte, 2014), ist der Großteil der Menschen meist ein Leben lang auf Betreuung und Unterstützung von außen angewiesen (Amorosa, 2004; Volkmar & Pauls, 2003). Damit sind auch die direkten Bezugspersonen – meist die Eltern – dauerhaft gefordert und belastet (Jungbauer & Meye, 2008; Probst, 2007). Elterliche Belas-

16

Autismus-Spektrum-Störungen

tungen entstehen, wenn die Ressourcen, die Eltern zum Umgang mit Anforderungen in der Erziehung ihres Kindes zur Verfügung stehen, nicht ausreichen bzw. überansprucht werden (Tröster, 2011). Eine Metaanalyse von Hayes und Watson (2013) zeigt auf, dass Eltern von Kindern mit ASS stärker belastet sind als Eltern von Kindern ohne Beeinträchtigung. Die ermittelten Effekte erwiesen sich dabei als groß. Nach Abidins Parenting Stress Model (1995) lassen sich kindbezogene, elternbezogene und kontextbezogene Belastungsquellen unterscheiden, die sich zwei übergeordneten Bereichen – dem Kindbereich und dem Elternbereich – zuordnen lassen. Der Kindbereich umfasst Belastungen, die sich aus den Eigenschaften und Verhaltensweisen des Kindes ergeben und der Elternbereich Belastungsquellen, die aus Einschränkungen der elterlichen Funktionsfähigkeit resultieren. Hoffman, Sweeney, Hodge, Lopez-Wagner und Looney (2009) ermittelten mit dem Parenting Stress Index von Abidin (PSI; 1995) höhere Belastungen bei Eltern mit Kindern mit ASS im Vergleich zu Eltern von nicht beeinträchtigten Kindern in folgenden Bereichen: Die stärkere Belastung äußerte sich in allen Belastungsquellen des PSI, die aus den Eigenschaften und dem Verhalten des Kindes resultieren. Sie fühlten sich stärker durch die erhöhte Aktivität, unvorhersehbare Stimmungsschwankungen und durch Beeinträchtigungen der Anpassungsfähigkeit des Kindes belastet. Zudem zeigten sich die erhöhten Anforderungen in der Erziehung, Betreuung und Versorgung des Kindes, die Schwierigkeit der Eltern abweichende kindliche Verhaltensweisen und Charakteristika zu akzeptieren und die von den Eltern wahrgenommene unbefriedigende Interaktion mit ihrem Kind als bedeutsame Belastungsquellen. Der besondere Einfluss kindlicher Verhaltensweisen auf das elterliche Belastungserleben wird auch durch zahlreiche weitere Studien belegt. Dabei scheinen vor allem die Kerndefizite autistischer Störungen, wie die Einschränkungen in der sozialen Kommunikation und die repetitiven und stereotypen Verhaltensweisen zu Belastungen bei den Eltern zu führen (Hayes & Watson, 2013). Des Weiteren berichten Eltern, dass sie sich durch das autoaggressive und selbstverletzende Verhalten sowie die eingeschränkten kommunikativen Fertigkeiten der Kinder mit ASS gestresst fühlen (Bebko, Konstantareas & Springer, 1987; Jungbauer & Meye, 2008). Darüber hinaus erwiesen sich das auffällige Schlafverhalten, das fehlende Gefahrenbewusstsein und die Notwendigkeit der ständigen Beaufsichtigung ihres Kindes als kindbezogene Belastungsquellen (Jungbauer & Meye, 2008). Hoffman et al. (2009) fanden bei Eltern von Kindern mit ASS anhand des Parenting Stress Index von Abidin (1995), neben den erhöhten kindbezogenen Belastungsquellen, auch verstärkte Belastungen, die sich aus den Einschränkungen

Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen

17

elterlicher Funktionsbereiche ergeben. Quellen der Belastung waren die elterlichen Selbstzweifel und Schuldgefühle gegenüber dem Kind sowie Zweifel an der elterlichen Kompetenz. Darüber hinaus erleben Eltern Belastungen aufgrund ihrer mangelnden Integration in das soziale Netzwerk, Einschränkungen der physischen / psychischen Leistungsfähigkeit, durch Einschränkungen der persönlichen Lebensführung und Problemen in der Partnerschaft. Eltern von Kindern mit ASS fühlen sich einer Metanalyse von Hayes und Watson (2013) zufolge nicht nur stärker belastet als Eltern mit unauffälligen Kindern, sondern auch als Eltern von Kindern mit anderen Entwicklungsauffälligkeiten. Die größten Effekte traten dabei im Vergleich zu Eltern von Kindern mit der Diagnose Down-Syndrom auf. Dies ist möglicherweise insbesondere auf die ausgeprägteren sozialen Fertigkeiten und geringeren Verhaltensauffälligkeiten von Kindern mit Down-Syndrom zurückzuführen. In einer deutschsprachigen Studie von Sarimski (2016) konnte gezeigt werden, dass Mütter von Kindern mit ASS in den kindbezogenen Belastungsbereichen des Eltern-Belastungs-Inventars (EBI; Tröster, 2011; deutsche Version des Parenting Stress Index von Abidin) höhere Belastungen aufwiesen als Mütter von Kindern mit Intelligenzminderung, während sich in den elternbezogenen Belastungsquellen keine Unterschiede ergaben. Die Gruppenunterschiede im Kindbereich des EBI zeigten sich in der Belastung durch die erhöhte Aktivität und leichte Erregbarkeit bzw. Launenhaftigkeit des Kindes, der eingeschränkten Fähigkeit des Kindes sein Verhalten an die Anforderungen im Alltag auszurichten und der Schwierigkeit der Eltern abweichende Verhaltensweisen und Eigenarten des Kindes mit ASS zu akzeptieren. Auch die hohe Beanspruchung der Eltern in der Erziehung, Betreuung und Versorgung des Kindes und die Enttäuschung darüber, dass das Kind nicht die eigenen Erwartungen erfüllt, erwiesen sich als bedeutsame Belastungsquellen. Die oben genannten Ergebnisse lassen vermuten, dass insbesondere die für ASS typischen Verhaltensweisen und weniger eine geringe intellektuelle Begabung zum Belastungserleben von Eltern beiträgt. Dafür sprechen auch Ergebnisse einer Studie von Totsika, Hastings, Emerson, Lancaster und Berridge (2011) die zeigte, dass die intellektuelle Begabung von Kindern mit ASS keinen Einfluss auf das Belastungserleben der Eltern hat. Obwohl zahlreiche Studien auf hohe Belastungen von Eltern hinweisen, gibt es kaum Untersuchungen, die positive elterliche Merkmale fokussieren, die die Auswirkungen von Belastungen auf die Familie mit einem Kind mit ASS reduzieren können (Hayes & Watson, 2013). Als Schutzfaktoren vor Stress haben sich verschiedene individuelle, soziale und familiäre Ressourcen erwiesen. Zu einer bedeutsamen individuellen Ressource zählt beispielsweise die elterliche erzie-

18

Autismus-Spektrum-Störungen

hungsbezogene Selbstwirksamkeitserwartung. Unter Selbstwirksamkeitserwartungen werden die Überzeugungen der Eltern verstanden, den Aufgaben in der Erziehung ihres Kindes gewachsen zu sein (Ardelt & Eccles, 2011). Studien verweisen auf signifikante negative Zusammenhänge zwischen den Selbstwirksamkeitserwartungen und der elterlichen Belastung. Je geringer sich Eltern als selbstwirksam erleben, desto stärker sind ihre Belastungen ausgeprägt (Giallo, Wood, Jellet & Porter, 2013; Kuhn & Carter, 2006). Des Weiteren scheint das Bewältigungsrepertoire Einfluss darauf zu nehmen, wie gut es Eltern von Kindern mit ASS gelingt mit den Anforderungen im Alltag zurechtzukommen. Unter Bewältigungsstrategien werden alle Strategien verstanden, die Eltern einsetzen, um mit stressreichen Situationen umzugehen. Untersuchungen zeigen, dass der Einsatz funktionaler Strategien in einem engen negativen Zusammenhang mit dem elterlichen Belastungserleben steht (Hall & Graff, 2011; Hastings & Johnson, 2001). Zu den sozialen und familiären Ressourcen zählen zum Beispiel die Überzeugung in stressreichen Situationen auf soziale Unterstützung zurückgreifen zu können sowie die Zufriedenheit mit der Partnerschaft. Einige Befunde belegen, dass die Verfügbarkeit sozialer Unterstützung und die Zufriedenheit mit der Partnerschaft mit einer geringen Ausprägung elterlicher Belastungen bei Eltern von Kindern mit ASS assoziiert ist (Hamacher & Bienstein, 2018; Hastings & Johnson, 2001; Siman-Tov & Kaniel, 2011). Die oben genannten Befunde zeigen übereinstimmend, dass Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS häufig stark belastet sind. Daher ist es wichtig die Eltern eng in die Autismustherapie einzubeziehen und ihnen Hilfestellungen beim Abbau ihrer Belastungen und Stärkung ihrer Ressourcen zu geben. Dies ist von besonderer Bedeutung, da elterliche Belastungen nicht nur das persönliche Wohlbefinden der Eltern beeinträchtigen, sondern auch beeinflussen, wie gut es ihnen gelingt, ihr Kind mit ASS in seiner Entwicklung zu fördern und ihm ein optimales Lebensumfeld zu bieten. Zudem tragen Eltern maßgeblich zur Wirksamkeit der auf das Kind gerichteten Fördermaßnahmen bei (vgl. Strauss et al., 2012). Je geringer die Belastungen von Eltern ausgeprägt sind, umso wirksamer sind auch die Therapiemaßnahmen, die mit dem Kind mit ASS durchgeführt werden (Osborne, McHugh, Saunders & Reed, 2007). Der Erfolg einer Autismustherapie sollte sich daher auch darin zeigen, dass die Belastungen der Eltern reduziert und die Ressourcen der Eltern gestärkt werden. Bislang ist jedoch nur wenig darüber bekannt, welche Auswirkungen eine Autismustherapie auf die Familien von Kindern und Jugendlichen mit ASS hat und von welchen Bedingungen ein Therapieerfolg abhängig ist. Das Forschungsprojekt Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum Störungen: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen (ELKASS) setzt daher an

Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen

19

den Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS an, mit dem Ziel, zuverlässige Aufschlüsse darüber zu gewinnen, inwieweit und unter welchen Bedingungen die pädagogisch-therapeutischen Fördermaßnahmen dazu beitragen, die Belastungen der Eltern zu verringern und ihre Ressourcen zur Bewältigung der Anforderungen zu stärken. Zudem sollen Faktoren identifiziert werden, die zum Belastungserleben von Eltern beitragen.

2 Konzept der Evaluationsstudie Bisher ist nur wenig darüber bekannt, inwieweit Familien von Kindern und Jugendlichen mit ASS von den Therapie- und Fördermaßnahmen in den ATZ profitieren. Zwar zeigten sich in einer im Auftrag von 12 ATZ durchgeführten Umfrage ca. 90 % der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit dem Therapie- und Beratungsangebot der ATZ zufrieden (Rickert-Bolg, 2017b) und auch die Erfahrungen von Therapeutinnen und Therapeuten – die in mehreren Einzelfalldarstellungen dokumentiert wurden (z. B. Arens-Wiebel, 2017; Mack, 2017; Müller, 2017) – sprechen dafür, dass sich die Unterstützung positiv auf die Kinder und Jugendlichen mit ASS und ihre Familien auswirkt. Eine systematische Evaluierung des Therapieprogramms der ATZ im Hinblick darauf, welche Auswirkungen die Maßnahmen auf die Familien von Kindern und Jugendlichen mit ASS haben und welche Bedingungen zum Therapieerfolg beitragen, steht jedoch noch aus (Döringer, 2017). Das Forschungsprojekts Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum Störungen: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen (ELKASS) beschäftigt sich daher mit den Anforderungen, Belastungen und Ressourcen von Eltern mit Kindern mit ASS. Ziel war es, nähere Aufschlüsse über die Belastungsgenese von Eltern von Kindern mit ASS zu erhalten und im Rahmen einer Längsschnittstudie zu überprüfen, inwieweit die pädagogisch-therapeutischen Fördermaßnahmen dazu beitragen, die Belastungen der Eltern zu verringern und ihre Ressourcen zur Bewältigung der Anforderungen zu stärken. Die Längsschnittstudie wurde vom Fachgebiet Rehabilitationspsychologie – Psychologische Diagnostik der Technischen Universität Dortmund in Kooperation mit zehn Autismus-Therapie-Zentren, die dem Bundesverband Autismus Deutschland angeschlossen sind, durchgeführt. An der Studie beteiligten sich die Autismus-Therapie-Zentren Dortmund und Hagen, Mülheim, Duisburg, Wesel; RheinWupper; Ostwestfalen-Lippe; Netphen; Köln / Bonn; Aachen sowie die AutismusTherapie-Ambulanz Niederrhein und die Autismus-Institute Hamburg und Langen (Oberfeld, Brimmers, Lange & Tröster, 2016; Tröster, Oberfeld, Krawinkel & Lange, 2017).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Tröster und S. Lange, Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24815-4_2

22

Konzept der Evaluationsstudie

2.1 Fragestellungen und Ziele der Untersuchung Im Fokus des Forschungsprojekts stehen die Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS (vgl. Oberfeld et al., 2016; Tröster et al., 2017). Um Aufschlüsse über die Belastungsgenese zu gewinnen, wurde zunächst den Belastungsquellen für Eltern von Eltern mit Kindern mit ASS nachgegangen. Dazu wurden die Zusammenhänge zwischen der autistischen Symptomatik, den Aktivitäts- und Funktionseinschränkungen der Kinder im Alltag und den Anforderungen und Belastungen der Eltern analysiert (vgl. Abbildung 2.1). Autismusspezifische Symptomatik

Beeinträchtigungen des Kindes im Alltag

Alltägliche Anforderungen für die Eltern

Belastungserleben der Eltern Abbildung 2.1

Untersuchungsebenen der Evaluationsstudie

Auf der ersten Ebene wurden die autistische Störung (Klinische Diagnose) und die autismusspezifische Symptomatik der Kinder und Jugendlichen erhoben. Die zweite Ebene umfasst die Aktivitäts- und Funktionsbeeinträchtigungen der Kinder und Jugendlichen in verschiedenen Funktionsbereichen, zum Beispiel in ihrer sprachlichen Kommunikation oder in der Gestaltung sozialer Beziehungen. Auf der dritten Ebene wurden die Anforderungen analysiert, die sich für die Eltern in verschiedenen Lebensbereichen (z. B. in der Erziehung) ergeben. Die vierte Ebene beinhaltet das Belastungserleben der Eltern. Um nähere Aufschlüsse über die Belastungsgenese zu gewinnen, wurden die Zusammenhänge zwischen den vier Untersuchungsebenen analysiert: Inwieweit führt die autistische Symptomatik der Kinder und Jugendlichen zu Beeinträchtigungen im Alltag? (vgl. Kapitel 4.1). Welche Anforderungen ergeben sich für die Eltern aus der autistischen Symptomatik und den Alltagsbeeinträchtigungen ihres

Fragestellungen und Ziele der Untersuchung

23

Kindes? (vgl. Kapitel 4.2 bis 4.3). Inwieweit und unter welchen Bedingungen führen die Anforderungen zur Belastung der Eltern und in welchen Bereichen sind die Eltern in besonderer Weise belastet? (Kapitel 4.4 bis 4.7) Ob die Anforderungen, mit denen die Eltern konfrontiert sind, zu Belastungen führen, sollte maßgeblich davon abhängen, wie sie die Anforderungen im Alltag bewältigen und auf welche Ressourcen sie dabei zurückgreifen können. Neben den Anforderungen und Belastungen wurden daher auch die Bewältigungsstrategien (vgl. Kapitel 4.7) und Ressourcen der Eltern (vgl. Kapitel 4.6) erhoben und Zusammenhänge zwischen den oben genannten Konstrukten überprüft (vgl. Abbildung 2.2). Anforderungen

Belastungen

Individuelle, familiäre und soziale Ressourcen

Abbildung 2.2

Bewältigungsstrategien

Einfluss der elterlichen Ressourcen und Bewältigungsstrategien auf die Belastungsgenese

Das Ziel der Evaluationsstudie war es, Aufschluss darüber zu gewinnen, inwieweit und unter welchen Bedingungen die pädagogisch-therapeutische Förderung dazu beiträgt, die Belastungen der Eltern zu reduzieren und ihre Ressourcen zu stärken (vgl. Kapitel 5). Als potenzielle Wirkfaktoren wurden die Qualität der therapeutischen Beziehung, die Zuversicht der Eltern, die Therapieziele erreichen zu können, und die Einbeziehung der Eltern in den Therapieprozess erhoben (vgl. Abbildung 2.3). Belastungsreduktion

Stärkung der Ressourcen

Wirkfaktoren der Autismustherapie Therapeutische Beziehung

Abbildung 2.3

Einbeziehung in die Förderung

Wirkfaktoren der Autismustherapie

Erfolgszuversicht

24

Konzept der Evaluationsstudie

2.2 Durchführung und Untersuchungsplan der Studie Die Datenerhebungsphase der Evaluationsstudie fand zwischen Dezember 2015 bis Juli 2017 statt. In die Untersuchungsstichprobe aufgenommen wurden Eltern von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit ASS, die im häuslichen Umfeld leben und zwischen Dezember 2015 und März 2017 eine Förderung in einem der zehn kooperierenden ATZ begonnen haben (vgl. Abbildung 2.4). Die Daten der Längsschnittstudie wurden mit einem Eltern- sowie einem Therapeutenfragebogen erhoben. Mit diesen wurden die Eltern und Therapeutinnen bzw. Therapeuten des Kindes oder Jugendlichen mit ASS ab Beginn der Förderung im ATZ alle vier Monate befragt. Die eingesetzten Erhebungsinstrumente werden in Kapitel 2.3 vorgestellt. Wie der Abbildung 2.4 zu entnehmen ist, fanden die Befragungen, je nach Förderbeginn im ATZ, zu mindestens zwei und maximal zu vier Zeitpunkten statt, um Veränderungen der individuellen Anforderungs-, Belastungs- und Ressourcenprofile der Eltern im Therapieverlauf zu ermitteln. Die Untersuchungsstichprobe wurde in vier Kohorten eingeteilt (vgl. Abbildung 2.4). Die Eltern der ersten beiden Kohorten wurden zu vier Erhebungszeitpunkten im Abstand von vier Monaten befragt. Die Eltern der dritten Kohorte wurden dreimal, die der vierten Kohorte zweimal befragt (vgl. Abbildung 2.4). Zu den gleichen Zeitpunkten füllten auch die Therapeutinnen und Therapeuten einen Fragebogen aus. Die Eltern wurden vor der ersten Befragung von den Therapeutinnen und Therapeuten über den Inhalt der Studie sowie über die anonyme und vertrauliche Behandlung der Daten aufgeklärt.

Abbildung 2.4

Untersuchungsplan der Längsschnittstudie

Erhebungsinstrumente

25

2.3 Erhebungsinstrumente Sowohl die Eltern als auch als die Therapeutinnen und Therapeuten der Kinder und Jugendlichen mit ASS wurden nach Beginn der Förderung im ATZ in einem Abstand von vier Monaten bis zu viermal (vgl. Kapitel 2.2) hinsichtlich verschiedener Themenbereiche befragt. Nachfolgend werden die Erhebungsinstrumente vorgestellt, die in der Evaluationsstudie eingesetzt wurden. 2.3.1 Autismus-Symptomatik und Beeinträchtigungen der Kinder und Jugendlichen Die Störungssymptomatik der Kinder und Jugendlichen mit ASS wurde über die Autismus-Diagnose und die komorbiden Störungen nach ICD-10 2 mit einem Therapeutenfragebogen erhoben. Nähere Informationen über die Autismus-Symptomatik wurden mit dem Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK; Bölte & Poustka, 2006) erhoben. Mit dem FSK, der auf dem Social Communication Questionnaire (SCQ; Rutter, Bailey & Lord, 2003) basiert, werden die Eltern nach der Ausprägung der autistischen Kernsymptome (qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion und der Kommunikation sowie repetitive stereotype Verhaltensmuster und eingeschränkte Interessen) befragt. Orientiert an den diagnostischen Leitlinien von ICD-10 und DSM-IV erfasst der FSK mit 40 Items mit einem binären Antwortformat („nein“, „ja“) den Schweregrad der Symptomatik in drei Symptombereichen: (1) Soziale Interaktion (z. B. „Reagiert Ihr Kind positiv, wenn sich ein anderes Kind ihm nähert?“), (2) Kommunikation (z. B. „Verwendet Ihr Kind Gesten – andere, als auf Dinge zeigen oder an Ihren Händen ziehen – um Ihnen mitzuteilen, was es will?“) und (3) Stereotype Verhaltensweisen (z. B. „Zeigt Ihr Kind ungewöhnliche Verhaltensweisen beim Bewegen seiner Hände oder Finger, z. B. Wedeln oder Bewegen der Finger vor seinen Augen?“). Die Testautoren ermittelten für den Gesamtwert des FSK eine interne Konsistenz von α = .83. In unserer Studie lag die interne Konsistenz mit α = .71 im zufriedenstellenden Bereich. Zur Erfassung der Beeinträchtigungen der Kinder oder Jugendlichen mit ASS wurde die Skala Beeinträchtigungen im Alltag mit 10 Items entwickelt. Auf einer vierstufigen Skala (von 1 = „gar nicht“ bis 4 = „sehr“) beurteilten die Eltern das

2

Die Autismusdiagnosen werden extern durch Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder durch approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten gestellt.

26

Konzept der Evaluationsstudie

Ausmaß der Beeinträchtigungen ihres Kindes in verschiedenen Alltags- und Funktionsbereichen (z. B. „Wie stark beeinträchtigt die Autismus-Spektrum-Störung den familiären Alltag des Kindes?“, „Wie stark ist ihr Kind in den sprachlichen Fähigkeiten beeinträchtigt?“). Die Skala Beeinträchtigungen im Alltag erzielte mit Cronbachs Alpha = .77 eine zufriedenstellende interne Konsistenz. 2.3.2 Anforderungen der Eltern Zur Erfassung der Anforderungen wurde eine generische Skala mit verschiedenen Aufgaben entwickelt, die Eltern im Rahmen ihrer Elternrolle zu bewältigen haben. Die Skala Elterliche Anforderungen im Alltag enthält 41 Items, die auf Basis von Ergebnissen einer Vorstudie (Grundke, 2016) zusammengestellt wurden. Die Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS wurden danach gefragt, wie häufig (von 1 = „nie / selten“ bis 4 = „sehr häufig“) sie im Alltag mit kognitiven, sozial-emotionalen und behavioralen Anforderungen konfrontiert werden. Die Items wurden acht Alltagsbereichen zugeordnet: (1) Persönliche Lebensführung, (2) Erziehung, (3) Soziale Partizipation, (4) Partnerschaft, (5) Eltern-Kind-Beziehung, (6) Soziales Umfeld, (7) Familie und (8) Professionelle Unterstützung. Die Anforderungsbereiche sind mit inhaltlicher Beschreibung und Beispielitems in Tabelle 2.1 dargestellt. Die interne Konsistenz der Gesamtskala ist mit Cronbachs Alpha = .93 als sehr gut zu bewerten, die internen Konsistenzen der Subskalen sind Tabelle 2.1 zu entnehmen. Tabelle 2.1

Anforderungsbereiche der Eltern

Anforderungsbereich

Inhalt

Beispielitem

Persönliche Lebensführung (α = .90)

Vereinbarkeit eigener Bedürfnisse und Interessen mit den elterlichen Anforderungen

Ich muss auf Dinge verzichten, die ich gerne tue.

Erziehung (α = .75)

Umgang mit Problemverhalten des Kindes in der Erziehung

Mein Kind braucht strenge Routinen.

Soziale Partizipation (α = .80)

Aufbau und Pflege sozialer Kontakte

Ich muss meine sozialen Kontakte einschränken.

Erhebungsinstrumente

Anforderungsbereich

27

Inhalt

Beispielitem

Partnerschaft (α = .79)

Abstimmung mit der Partnerin / dem Partner über Erziehung und Betreuung des Kindes

Ich streite mich mit meinem Partner über die Erziehung unseres Kindes.

Eltern-KindBeziehung (α = .69)

Aufbau und Aufrechterhaltung einer positiven emotionalen Beziehung zum Kind

Es fällt mir schwer, emotionale Nähe zu meinem Kind herzustellen.

Soziales Umfeld (α = .73)

Umgang mit stigmatisierenden Reaktionen im sozialen Umfeld

Andere Menschen haben Vorbehalte gegenüber meinem Kind.

Familie (α = .73)

Organisation gemeinsamer Aktivitäten in der Familie

Es ist schwierig, jemanden zu finden, der zeitweilig die Betreuung unseres Kindes übernimmt.

Professionelle Unterstützung (α = .54)

Organisation und Abstimmung professioneller Unterstützung

Die Abstimmung mit den Lehrern und Therapeuten über die richtige Betreuung unseres Kindes ist schwierig.

Anmerkungen. Anforderungsbereiche, Beispielitems und Interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Subskalen.

2.3.3 Belastung der Eltern Zur Erfassung der elterlichen Belastung wurden zwei Zugangswege gewählt: Das Eltern-Belastung-Inventar (EBI; Tröster, 2011) wurde eingesetzt, um Aufschluss über die Belastungsquellen der Eltern zu gewinnen. Zur Erfassung psychovegetativer Stresssymptome wurde die Symptomliste Körperliche Beschwerden (Tröster, 2011) verwendet. Das EBI weist gute psychometrische Eigenschaften auf (z. B. Irlbauer-Müller et al., 2017) und hat sich bereits in vielen Studien (z. B. Sarimski, 2017; WeberBörgmann, Burdach, Barchfeld & Wurmser, 2014), unter anderem zur Erfassung der Belastung von Eltern von Kindern mit ASS (Rabsahl, 2016; Sarimski, 2016)

28

Konzept der Evaluationsstudie

bewährt. Das Verfahren besteht aus 12 Subskalen mit je vier Items und einer fünfstufigen Antwortskala (von 1 = „trifft gar nicht zu“ bis 5 = „trifft genau zu“), mit denen ein individuelles Belastungsprofil der Eltern erstellt werden. Die Subskalen sind zwei übergeordneten Bereichen, dem Kindbereich und dem Elternbereich, zugeordnet kann (vgl. Tabelle 2.2). Der Kindbereich des EBI umfasst die Belastungsaspekte, die sich für die Eltern aus den Verhaltensweisen und den Eigenschaften ihres Kindes ergeben. Die fünf Subskalen dieses Belastungsbereichs erfassen die Belastung der Eltern durch (1) das hyperaktive und impulsive Verhalten des Kindes (Subskala: Ablenkbarkeit / Hyperaktivität), (2) starke, unvorhersehbare Stimmungsschwankungen des Kindes (Subskala: Stimmung / Emotionale Labilität), (3) die Schwierigkeit, abweichende Verhaltensweisen und Eigenarten des Kindes zu akzeptieren (Subskala: Akzeptierbarkeit), (4) die Beanspruchung durch die Betreuung und Versorgung des Kindes (Subskala: Anforderung) und (5) die eingeschränkten Fähigkeiten des Kindes, sich auf situative Anforderungen im Alltag einzustellen (Subskala: Anpassungsfähigkeit). Im Elternbereich des EBI werden Belastungsaspekte zusammengefasst, die aus den Aufgaben hervorgehen, die Eltern in ihrer Elternrolle zu bewältigen haben. Die sieben Subskalen dieses Belastungsbereichs erfassen die Belastung der Eltern aufgrund der Anforderung (1) eine emotional befriedigende Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen (Elterliche Bindung), (2) außerfamiliäre Kontakte zu pflegen (Soziale Isolation), (3) Erziehungsziele zu realisieren (Elterliche Kompetenz), (4) die eigene psychische Stabilität zu bewahren (Depression), (5) die eigene gesundheitliche Leistungsfähigkeit zu erhalten (Gesundheit), (6) mit Einschränkungen in der persönlichen Lebensführung fertig zu werden (Persönliche Einschränkung) und (7) eine befriedigende Beziehung zur Partnerin / zum Partner aufrechtzuerhalten (Partnerbeziehung). Die interne Konsistenz der EBI-Gesamtskala erreichte in der Normierungsstudie (Tröster, 2011) α = .95, die des Kind- und Elternbereichs erlangte mit α = .91 bzw. = .93 sehr gute interne Konsistenzen. Das Cronbachs Alpha der Subskalen liegt zwischen α = .61 (Subskala: Bindung) und α = .83 (Subskala: Elterliche Kompetenz). In der vorliegenden Studie wurden ähnliche Werte ermittelt: Die interne Konsistenz der Gesamtskala lag mit α = .95 und die des Kind- und Elternbereichs mit α = .88 bzw. α = .93 im sehr guten Bereich. Die internen Konsistenzen der einzelnen Subskalen sind Tabelle 2.2 zu entnehmen.

Erhebungsinstrumente

Elternbereich

Kindbereich

Tabelle 2.2

29

Subskalen des Eltern-Belastungs-Inventars

Subskala des EBI

α

Belastungsquelle

Hyperaktivität/ Ablenkbarkeit

.71

Hohe Aktivität und Ablenkbarkeit des Kindes

Emotionale Labilität

.80

Leichte Erregbarkeit und Launenhaftigkeit des Kindes

Akzeptierbarkeit

.52

Enttäuschung der Eltern darüber, dass ihr Kind nicht ihre Erwartungen oder Ansprüche erfüllt

Anforderung

.75

Erhöhte Anforderungen in der Erziehung, Versorgung und Betreuung ihres Kindes

Anpassungsfähigkeit

.78

Schwierigkeit des Kindes, das Verhalten an die Anforderungen im Alltag anzupassen

Elterliche Bindung

.73

Unsicherheiten, sich in das Kind einzufühlen und Bedürfnisse zuverlässig zu erkennen

Soziale Isolation

.76

Mangelnde Integration in ein soziales Netzwerk

Elterliche Kompetenz

.81

Besorgnis, den Anforderungen in der Erziehung / Betreuung des Kindes nicht gewachsen zu sein.

Depression

.81

Schuldgefühle und Selbstzweifel im Hinblick auf die Erfüllung elterlicher Aufgaben

Gesundheit

.85

Körperliche Beschwerden, physische und psychische Erschöpfungszustände sowie Energieverlust

Persönliche Einschränkung

.85

Einschränkungen in persönlicher Lebensführung und Zurückstellen eigener Bedürfnisse.

Partnerbeziehung

.80

Beeinträchtigung der Partnerbeziehung durch Anforderungen in der Erziehung und Betreuung

Anmerkungen. Subskalen des Eltern-Belastungs-Inventars (EBI; Tröster, 2011), Belastungsquellen und Interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Subskalen

30

Konzept der Evaluationsstudie

Mit einer 14 Items umfassenden Symptomliste (Tröster, 2011) wurden die Eltern nach ihren körperlichen Beschwerden befragt. Auf einer fünfstufigen Skala (von 1 = „nie / fast nie“ bis 5 = „sehr häufig“) gaben die Eltern an, wie häufig sie in der vergangenen Woche an körperlichen Beschwerden (z. B. Verspannungen / Muskelschmerzen, Kopfschmerzen / Migräne) gelitten haben. 2.3.4 Ressourcen der Eltern Unter Ressourcen werden Potenziale der Eltern verstanden, die sie darin unterstützen, ihre Aufgaben in der Erziehung ihres Kindes zu erfüllen und dem Kind ein optimales Lebensumfeld zu gestalten. In der Evaluationsstudie wurden individuelle, familiäre und soziale Ressourcen berücksichtigt. Zu den individuellen Ressourcen gehört die Selbstwirksamkeitserwartung der Eltern in der Erziehung. Die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen der Eltern wurden mit dem Fragebogen zum Kompetenzgefühl von Eltern (FKE; Miller, 2001) erhoben. Der FKE erfasst mit sieben Items das Vertrauen in die eigenen erzieherischen Kompetenzen (z. B. „Mir ist klar geworden, dass die Probleme der Kindererziehung leicht zu lösen sind, wenn man einmal verstanden hat, wie das eigene Handeln die Kinder beeinflusst.“). Die Beantwortung der Items erfolgt auf einer vierstufigen Antwortskala (von 1 = „stimmt nicht“ 4 = bis „stimmt völlig“). Die interne Konsistenz der Skala war mit α = .75 zufriedenstellend. Als soziale Ressource wurde die wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung erfasst. Dazu wurde die Skala Verfügbarkeit sozialer Unterstützung (VSU; Tröster, 2011) eingesetzt, die mit neun Items auf einer vierstufigen Skala (von 1 = „stimmt nicht“ bis 4 = „stimmt völlig“) drei Aspekte der Verfügbarkeit sozialer Unterstützung erfasst: die Verfügbarkeit emotionaler Unterstützung (z. B. „Wenn ich mich niedergeschlagen fühle, finde ich immer Menschen, die mir Zuversicht vermitteln.“), die Verfügbarkeit instrumenteller Unterstützung (z. B. „Ich finde in meinem Bekanntenkreis Menschen, die mir meine täglichen Verpflichtungen im Haushalt für einige Zeit abnehmen könnten, wenn ich in eine schwierige Situation geraten würde.“) und die Verfügbarkeit informationeller Unterstützung (z. B. „Wenn ich mir Sorgen um mein Kind mache, kann ich immer Freunde und Bekannte um Rat fragen.“). Die Skala erreichte mit α = .91 eine sehr gute interne Konsistenz. Familiäre Ressourcen wurden mit der Skala Partnerschaft aus dem Elternstressfragebogen (Domsch & Lohaus, 2010) erhoben, die mit sieben Items auf einer vierstufigen Skala (von 1 = „trifft genau zu“ bis 4 = „trifft nicht zu“) die empfundene Unterstützung durch den Partner bzw. die Partnerin („Ich würde mir

Erhebungsinstrumente

31

von meiner Partnerin / meinem Partner mehr Unterstützung bei der Erziehung unseres Kindes wünschen.“), die Übereinstimmung in Erziehungsfragen (z. B. „In Erziehungsfragen sind mein/e Partner/in und ich uns vollkommen einig.“) sowie die Zufriedenheit innerhalb der Partnerschaft erfasst („Es gibt einige Punkte in der Partnerschaft, die ich gerne ändern würde.“). Für diese Skala wurde eine gute interne Konsistenz von α = .84 ermittelt. 2.3.5 Bewältigungsstrategien der Eltern Die Bewältigungsstrategien der Eltern wurden mit dem Brief Cope (Carver, 1997; in der Übersetzung von Knoll, 2002) erfasst, der bereits mehrfach in Studien mit Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen eingesetzt wurde (z. B. Amireh, 2018; Benson, 2010; Hastings, et al., 2005). Der Brief Cope erfasst mit jeweils zwei Items 14 habituelle Bewältigungsstrategien (vgl. Tabelle 2.3). Der Skala wurden zwei Items hinzugefügt, die Negative Gedanken und Reaktionen der Eltern auf die Anforderungen thematisieren, die sich aus den Verhaltensproblemen des Kindes ergeben („Ich habe ungeduldig auf alles reagiert, was mein Kind getan hat.“, „Ich habe gedacht, dass mein Kind mich absichtlich provozieren will.“). Die Eltern gaben auf einer vierstufigen Skala (von 1 = „trifft überhaupt nicht zu“ bis 4 = „trifft sehr zu“) an, inwiefern sie die Bewältigungsstrategien im Alltag einsetzen. Tabelle 2.3

Bewältigungsstrategien des Brief Cope

Strategie

Beispielitem

Ablenkung

Ich habe etwas unternommen, um mich abzulenken.

Verleugnung

Ich habe mir eingeredet, dass das alles nicht wahr ist.

Emotionale Unterstützung

Ich habe aufmunternde Unterstützung von anderen erhalten.

Verhaltensrückzug

Ich habe aufgegeben, mich damit zu beschäftigen.

Positive Umdeutung

Ich habe versucht, etwas Gutes in dem zu finden, was mir passiert ist.

32

Konzept der Evaluationsstudie

Strategie

Beispielitem

Humor

Ich habe die Situation mit Humor genommen.

Aktive Bewältigung

Ich habe aktiv gehandelt, um die Situation zu verbessern.

Alkohol / Drogen

Ich habe Alkohol oder andere Mittel zu mir genommen, um mich besser zu fühlen.

Instrumentelle Unterstützung

Ich habe andere Menschen um Hilfe und Rat gebeten.

Ausleben von Emotionen

Ich habe meinen Gefühlen freien Lauf gelassen.

Planung

Ich habe versucht, mir einen Plan zu überlegen, was ich tun kann.

Akzeptanz

Ich habe mich damit abgefunden, dass solche Situationen immer wieder mit meinem Kind auftreten.

Selbstbeschuldigung

Ich habe mich selbst kritisiert und mir Vorwürfe gemacht.

Religion

Ich habe versucht, Halt in meinem Glauben zu finden.

Negative Gedanken und Reaktionen1

Ich habe gedacht, dass mein Kind mich absichtlich provozieren will.

1 Die

Skala wurde neu hinzugefügt.

2.3.6 Therapie- und Fördermaßnahmen der Autismus-Therapie-Zentren und Qualifikationen der Therapeutinnen und Therapeuten Die Therapeutinnen und Therapeuten wurden zu jedem Erhebungszeitpunkt mit einem Therapeutenfragebogen über die Therapie- und Fördermaßnahmen befragt, die sie mit ihren Klientinnen und Klienten mit ASS verfolgen. Zudem wurden sie gebeten Auskunft über ihre beruflichen Qualifikationen zu geben.

Erhebungsinstrumente

33

Therapie- und Fördermaßnahmen Zur Erfassung der Therapie- und Fördermaßnahmen im ATZ gaben die Therapeutinnen und Therapeuten Auskunft über die • • • • • • •

Art und den Umfang der Förderung Förderaktivitäten außerhalb der regulären Therapietermine Kooperationen mit Fachdiensten außerhalb des ATZ Zentrale Therapie- und Förderziele in der Therapie des Kindes bzw. Jugendlichen mit ASS Therapie- und Fördermethoden in der Therapie des Kindes bzw. Jugendlichen mit ASS Methoden der Elternarbeit Unterstützungsmaßnahmen für Eltern

Berufliche Qualifikation der Therapeutinnen und Therapeuten Um Informationen über die Expertise der Therapeutinnen und Therapeuten zu erhalten, wurden die Therapeutinnen und Therapeuten der ATZ nach ihrem Studienabschluss, ihrer beruflichen Qualifikation, ihren Fort- und Weiterbildungsaktivitäten und nach ihrer Berufserfahrung befragt. • • • •

Studienabschluss Berufsausbildung Berufserfahrung in der Arbeit mit Menschen mit ASS Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

2.3.7 Wirkfaktoren der Autismustherapie Mit der Evaluationsstudie sollte nicht nur überprüft werden, ob die pädagogischtherapeutische-Unterstützung zu einer Entlastung der Eltern und Stärkung der Ressourcen führt, sondern auch Aufschlüsse darüber geben, welche Faktoren für die Interventionseffekte verantwortlich sind. Als potenzielle Faktoren, die zum Therapieerfolg beitragen könnten, wurden die Qualität der therapeutischen Beziehung zwischen den Eltern und den Therapeutinnen und Therapeuten des Kindes mit ASS, die Zuversicht der Eltern, die Therapieziele erreichen zu können und die Einbeziehung der Eltern in die Förderung erfasst.

34

Konzept der Evaluationsstudie

Mit der von Bassler, Potratz und Krauthauser (1995) adaptierten deutschsprachigen Version des Helping Alliance Questionnaire (HAQ), wurde mit der Subskala Erfolgszufriedenheit die Erwartung der Eltern, die Therapieziele erreichen zu können (z. B. „Ich kann bereits absehen, dass wir vielleicht die Probleme bewältigen können, wegen derer wir zur Therapie kommen.“) und mit der Subskala Beziehungszufriedenheit die Qualität der therapeutischen Beziehung erfasst. Die Skala Beziehungszufriedenheit beinhaltet zwei Aspekte der therapeutischen Beziehung, das Vertrauen in die Therapeutin bzw. den Therapeuten (z. B. „Ich habe das Gefühl, dass wir uns auf unsere Therapeutin / unseren Therapeuten verlassen können.“) und die Übereinstimmung in Bezug auf die Aufgaben und Ziele der Förderung (z. B. „Ich glaube, dass wir und unsere Therapeutin / unser Therapeut unsere Probleme ähnlich sehen und beurteilen.“). Das Verfahren weist ein sechsstufiges Antwortformat auf (von 1 = „sehr unzutreffend“ bis 6 = „sehr zutreffend“). Die interne Konsistenz der Subskala Beziehungszufriedenheit lag in unserer Stichprobe bei α = .92 und für die Subskala Erfolgszufriedenheit bei α = .80. Die Auswirkungen der pädagogisch-therapeutischen Förderung des Kindes auf die Eltern dürfte – so die Überlegung – auch davon abhängen, wie eng die Eltern in die Förderung ihres Kindes eingebunden sind. Daher wurde die fünf Items umfassende Skala Einbeziehung in die Förderung entwickelt. Auf Basis einer fünfstufigen Skala (von 1 = „trifft gar nicht zu“ bis 5 = „trifft genau zu“) gaben die Eltern an, (1) inwiefern sie sich in den Förderprozess im ATZ eingebunden fühlen (z. B. „Ich fühle mich ausreichend in den Prozess der Förderung und Beratung einbezogen.“), (2) wie gut sie sich über die Förderung informiert fühlen (z. B. „Ich weiß, was mein Kind in der autismusspezifischen Förderung lernt und macht.“) und (3) inwieweit sie davon überzeugt sind, dass ihre Bedürfnisse in der Förderung Berücksichtigung finden (z. B. „Unsere Therapeutin / unser Therapeut geht sehr gut auf unsere Bedürfnisse und Wünsche ein.“). Die Skala erreichte eine gute interne Konsistenz von Cronbachs Alpha = .85. 2.4 Stichproben der Untersuchung Die in den nachfolgenden Kapiteln berichteten Ergebnisse beziehen sich auf die Daten von drei Stichproben, die im Rahmen der Evaluationsstudie zu Förderbeginn im ATZ erhoben wurden: (1) Klientenstichprobe, (2) Elternstichprobe und (3) Therapeutenstichprobe. Die Klientenstichprobe zum ersten Erhebungszeitpunkt bestand aus insgesamt 286 Kindern und Jugendlichen mit ASS, die im Erhebungszeitraum eine Förderung in einem der zehn beteiligten ATZ begonnen hat. Die Daten zu den Kindern und Jugendlichen mit ASS wurden über die Eltern so

Stichproben der Untersuchung

35

wie die zuständigen Therapeutinnen und Therapeuten erhoben. Die Elternstichprobe 3 umfasste 266 Eltern von Kindern mit ASS, die sich zum Beginn der Förderung ihres Kindes an der Erhebung beteiligt haben. Die Therapeutenstichprobe bestand aus 134 Therapeutinnen und Therapeuten der zehn am Forschungsprojekt beteiligten ATZ, die die Kinder und Jugendlichen mit ASS und ihre Familien während des Erhebungszeitraums betreuten.

3

Es liegen mehr Daten zu den Kindern und Jugendlichen mit ASS als von ihren Eltern zum ersten Erhebungszeitpunkt vor, da wir von einigen Eltern keinen Elternfragebogen zum ersten Erhebungszeitpunkt zurück erhalten haben, aber die Therapeutinnen und Therapeuten mit einem Therapeutenfragebogen Informationen über die Klientinnen und Klienten mit ASS gegeben haben.

3 Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren Die Autismus-Therapie-Zentren (ATZ) bieten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ASS und ihren Familien eine pädagogisch-therapeutische Unterstützung, die darauf ausgerichtet ist, die Ressourcen der Familien zu stärken und ihre soziale Teilhabe zu fördern (vgl. Kapitel 1.6). Das Konzept der ATZ, soweit es in den Leitlinien des Bundesverbandes Autismus Deutschland (2017) festgelegt ist und in Falldarstellungen von Praktikerinnen und Praktikern beschrieben wird (z. B. Müller, 2017), lässt sich durch fünf Grundsätze näher kennzeichnen. •

Klientel Das Therapie- und Beratungsangebot der ATZ richtet sich an Menschen aller Altersstufen mit Störungen aus dem gesamten Autismusspektrum.



Individualisierte Förderung Die Förder- und Therapiemaßnahmen orientieren sich an den individuellen Unterstützungsbedürfnissen der Klientinnen und Klienten und ihrer Familien.



Einbeziehung des sozialen Umfeldes Die Therapie bezieht die unmittelbaren Lebensbereiche der Klientinnen bzw. Klienten (Familie, Schule, Beruf) mit ein.



Multimethodale und multimodale Therapie- und Förderansätze Zur Beratung und Therapie werden unterschiedliche pädagogisch-therapeutische Methoden eingesetzt und verschiedene Zugangswege (z. B. Wahrnehmung, Bewegung, Musik, Sprache) genutzt, um Menschen mit Autismus zu erreichen.



Multiprofessionelle Zusammensetzung des therapeutischen Personals In den ATZ arbeiten therapeutische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit unterschiedlichen Ausbildungen und Qualifikationen.

Zwar wurde das Vorgehen bei der Förderung von Menschen mit Autismus in einigen Einzelfalldarstellungen bereits beschrieben und die therapeutischen Ansätze, die in den ATZ umgesetzt werden, erläutert (zum Überblick Rittmann & Rickert-Bolg, 2017), es fehlen bislang jedoch genauere Informationen darüber, welche Kinder und Jugendlichen mit ASS von den ATZ betreut werden, welche Art der Förderung sie erhalten und über welche beruflichen Qualifikationen die Therapeutinnen und Therapeuten verfügen, die in den ATZ beschäftigt sind. Das folgende Kapitel gibt auf der Basis der in der Längsschnittstudie erhobenen Daten © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Tröster und S. Lange, Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24815-4_3

38

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

einen Überblick über die Zusammensetzung der Klientel, über das Förderangebot der ATZ und über die berufliche Qualifikation der therapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Dokumentation der Symptomatik der Kinder und Jugendlichen und des soziodemografischen Hintergrunds ihrer Familien, die von den ATZ betreut werden, der Therapie- und Unterstützungsmaßnahmen, die sie in den ATZ erhalten, sowie der beruflichen Qualifikationen der Therapeutinnen und Therapeuten gibt nicht nur einen Einblick in die Arbeit der ATZ, sondern auch Hinweise darauf, mit welchen Förder- und Unterstützungsbedarfen sich Familien mit Kindern und Jugendlichen mit ASS an die ATZ wenden und welche Ressourcen in den ATZ zur Verfügung stehen, um diesen Förder- und Unterstützungsbedürfnissen nachzukommen. Die hier vorgelegte Dokumentation bietet damit erste Anhaltspunkte darüber, welche Therapier- und Förderangebote erforderlich sind und welche fachlichen Kompetenzen der Therapeutinnen und Therapeuten gebraucht werden, um die Familien mit Kindern und Jugendlichen mit ASS angemessen unterstützen zu können. Der nachfolgende Überblick basiert auf den Daten dreier Stichproben, die im Rahmen der Längsschnittstudie zu Therapiebeginn erhoben wurden. Die Klientenstichprobe zum ersten Erhebungszeitpunkt umfasst insgesamt 286 Kinder und Jugendliche mit ASS, die im Erhebungszeitraum in die Förderung in einem der an der Studie beteiligten ATZ aufgenommen wurden. Die Elternstichprobe besteht aus 266 Eltern, die sich zum Beginn der Förderung an der Erhebung beteiligt haben. Die Therapeutenstichprobe umfasst die 134 Therapeutinnen und Therapeuten aus den zehn am Forschungsprojekt beteiligten ATZ, die die Kinder und Jugendlichen und ihre Familien während des Erhebungszeitraums betreuten (vgl. Kapitel 2.4). Die Daten der Längsschnittstudie wurden mit einem Elternfragebogen und einem Therapeutenfragebogen erhoben. Mit dem Elternfragebogen wurden neben allgemeinen soziodemographischen Daten der Familien vor allem solche Merkmale der Lebenssituation erfasst, die sich für die Belastung der Eltern als bedeutsam erweisen könnten. Dazu zählen zum Beispiel die augenblickliche Beschäftigungssituation der Eltern, die Lebensgemeinschaft mit oder ohne Partnerin bzw. Partner oder die Erziehungssituation. Die Ergebnisse zur Lebenssituation der Eltern sind im Kapitel 3.2 dokumentiert. Mit dem Therapeutenfragebogen wurden Informationen zum Störungsbild der Kinder und Jugendlichen erhoben, die im Kapitel 3.1 vorgestellt werden. Darüber hinaus wurden die therapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach ihrer beruflichen und fachlichen Qualifikation befragt. Die Ergebnisse zum beruflichen und fachlichen Hintergrund der Therapeutinnen und Therapeuten werden im Kapitel 3.3 vorgestellt. Im letzten Teil dieses

Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen

39

Überblicks werden die therapeutischen Maßnahmen dokumentiert, die in den ersten vier Monaten der Förderung für die Kinder und Jugendlichen mit ASS (Kapitel 3.4) und für die Eltern (Kapitel 3.5) durchgeführt wurden. Diese Ergebnisse basieren auf der Befragung der Therapeutinnen und Therapeuten zum zweiten Erhebungszeitpunkt der Längsschnittstudie und betreffen 182 Kinder und Jugendliche mit ASS, deren Eltern zum zweiten Erhebungszeitpunkt befragt werden konnten. 3.1 Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen Die 286 Kinder und Jugendlichen mit ASS, die im Erhebungszeitraum in die Förderung aufgenommen wurden, waren zwischen 2 und 23 Jahre alt (M = 10.2 Jahre; SD = 4.0 Jahre), überwiegend männlich (83.2 %) und besaßen in der Mehrzahl die deutsche Staatsangehörigkeit (92.4 %). Fast alle Kinder und Jugendlichen (97.3 %) lebten im Haushalt der Eltern bzw. des Elternteils, der in die Betreuung miteinbezogen war. Nur wenige Kinder und Jugendliche lebten bei einem anderen Elternteil (1.3 %), in einer sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft (0.3 %) oder bei ihren Großeltern (0.3 %). 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0%

0.4 %

16.4 %

23.4 %

22.0 %

20.6 %

11.2 %

≤2 Jahre

3-5 Jahre

6-8 Jahre

9-11 Jahre

12-14 Jahre

15-17 Jahre

Abbildung 3.1

2.1 % ≥ 18 Jahre

3.9% Fehlende Angabe

Altersverteilung der Kinder und Jugendlichen mit ASS

Die Prozente basieren auf 286 Kindern und Jugendlichen mit ASS, die im Erhebungszeitraum in die Förderung der ATZ aufgenommen wurden.

40

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

Abbildung 3.1 zeigt die Altersverteilung der Stichprobe bei Förderbeginn. Die weitaus meisten Kinder und Jugendlichen, die im Erhebungszeitraum in die Förderung aufgenommen wurden, waren im Schulalter, nur 16.8 % waren Vorschulkinder und nur 2.1 % waren bei Förderbeginn über 18 Jahre alt. Schulbesuch Etwa zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen mit ASS besuchten eine Schule (74.3 %), ein Fünftel einen Kindergarten (20.3 %), nur ein Jugendlicher befand sich zu Beginn der Förderung in einer beruflichen Ausbildung in einem Berufsbildungswerk. Von den 217 Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter besuchten fast alle eine Schule, lediglich 4.6 % der Kinder besuchten keine Schule und nur sehr wenige von ihnen wurden zu Hause unterrichtet. Welche Schule besucht wurde, zeigt die Abbildung 3.2. Von den Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter besuchten 27.2 % eine Förderschule mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten (Abbildung 3.2). Jeweils ein Viertel der 59 Förderschülerinnen und -schüler in der Stichprobe besuchten eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung (28.8 %) oder Geistige Entwicklung (26.9 %). Die übrigen wurden in Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung (13.5 %), Sprache (11.5 %) und Lernen (7.7 %) unterrichtet. Andere Schulform

2.8 %

Kein Schulbesuch

4.6 %

Hauptschule

1.4 %

Realschule

7.4 %

Gesamtschule

13.4 %

Gymnasium

14.7 %

Förderschule

27.2 %

Grundschule

28.1 %

%

Abbildung 3.2

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

Schulform der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen

Die Prozente basieren auf den Angaben von 217 Eltern schulpflichtiger Kinder und Jugendlicher mit ASS, die im Erhebungszeitraum in die Förderung der ATZ aufgenommen wurden. Andere Schulform: Hausunterricht, Waldorfschule

Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen

41

Wie aus der Gegenüberstellung in Abbildung 3.3 hervorgeht, war die Schulform von der Autismus-Diagnose abhängig. Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus besuchte eine Förderschule, nur 40 % von ihnen eine Regelschule (Grundschule, Realschule, Gesamtschule oder Gymnasium). Unter den Kindern und Jugendlichen mit Asperger-Syndrom lag der Anteil der Regelschülerinnen und -schüler mit 75 % deutlich höher. Nur etwa 15 % von ihnen wurden in einer Förderschule unterrichtet. Diese Zahlen machen deutlich, dass ein gemeinsamer Unterricht in der Regelschule vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit Asperger-Syndrom realisiert wurde, von denen drei Viertel eine Regelschule besuchten. Kinder und Jugendliche mit Frühkindlichem Autismus wurden dagegen überwiegend in Förderschulen unterrichtet, nur ein kleiner Teil war bei Aufnahme der Förderung im ATZ in Regelschulen integriert. Für die schulische Integration von Kindern und Jugendlichen mit ASS stellt sich jedoch nicht in erster Linie die Frage nach der geeigneten Schulform. Aufgrund der vielfältigen Besonderheiten im Lernen und Verhalten und der sich daraus ergebenen besonderen Förderbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit ASS ist vielmehr entscheidend, inwieweit im Einzelfall die räumlichen, personellen und pädagogischen Voraussetzungen für eine optimale Förderung gegeben sind, die ihnen die Lernwege ermöglichen, die ihren besonderen Kommutations-, Interaktions-, Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsgewohnheiten entsprechen und an ihren besonderen Ressourcen anknüpfen. Inwieweit eine Passung der schulischen Rahmenbedingungen mit den individuellen Lernbedürfnissen der Kinder und Jugendlichen mit ASS gegeben war, konnte in der Untersuchung jedoch nicht erhoben werden. Die weitaus meisten Kinder und Jugendlichen mit ASS, die von den ATZ betreut wurden, waren im schulpflichtigen Alter. Bei vielen dieser Kinder und Jugendlichen steht damit die Bearbeitung von Problemen in Schule und Unterricht im Mittelpunkt der Förderung. Für die Förderung im ATZ ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit Lehrkräften unterschiedlicher Schulformen. Nähere Aufschlüsse darüber, mit welchen Einrichtungen die Therapeutinnen und Therapeuten der ATZ im Rahmen der Förderung kooperieren, geben die im Kapitel 3.4 dargestellten Ergebnisse. Deutlich geringer war der Anteil der Vorschulkinder und nur ein Jugendlicher befand sich zu Beginn der Förderung in einer beruflichen Ausbildung. Der geringe Anteil von Jugendlichen, die sich bei Förderbeginn in einer Berufsausbildung befanden, dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene, die berufstätig sind oder sich in einer beruflichen Ausbildung befinden, oftmals ohne ihre Eltern an das ATZ wenden und damit nicht in die Studie aufgenommen wurden.

42

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

Andere Schulform 8.5 %

Kinder und Jugendliche mit Frühkindlichem Autismus (n = 47)

Realschule 4.3 % Gesamtschule 12.8 %

Förderschule 51.1 %

Gymnasium 2.3 %

Grundschule 21.3 %

Kein Schulbesuch 5.4 %

Andere Schulform 5.3 %

Hauptschule 2.3 %

Kinder und Jugendliche mit Asperger-Syndrom Förderschule (n = 125) 14.7 %

Realschule 10.0 % Gesamtschule 10.1 %

Grundschule 32.6 %

Gymnasium 19.4 %

Abbildung 3.3

Schulformen von Kindern und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus und Asperger-Syndrom

Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen

43

Diagnosen aus dem Autismus-Spektrum Abbildung 3.4 zeigt die Anteile der Diagnosen aus dem Autismus-Spektrum nach ICD-10 (Dilling & Freyberger, 2016). Die Ergebnisse basieren auf den Angaben der Therapeutinnen und Therapeuten, die die Diagnose aus den fachärztlichen Diagnoseberichten entnommen haben. Kinder und Jugendliche mit Asperger-Syndrom (F84.5) sind mit 48.3 % die größte Gruppe, gefolgt von Kindern und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus (F84.0) mit 30.4 % und dem Atypischen Autismus (F84.1) mit 12.2 %. Bei 4.9 % der Kinder und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus wurde das Störungsbild als High-Functioning-Autismus beschrieben. Die drei Hauptdiagnosegruppen umfassen 90.9 % der Stichprobe. Bei 7.8 % der Kinder und Jugendlichen wurden andere Störungen aus dem AutismusSpektrum diagnostiziert (z. B. Überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien [F84.4], die tiefgreifende Entwicklungsstörung, nicht näher bezeichnet [F84.9]). Bei den übrigen Kindern und Jugendlichen lag zum Zeitpunkt der Therapieaufnahme entweder noch keine gesicherte Diagnose 4 vor (2.1 %) oder es fehlten Angaben zur Diagnose (3.5 %). Atypischer Autismus 12.2 %

Andere Diagnose 3.4 % Keine Angabe 3.5 %

Keine gesicherte Diagnose 2.1 %

AspergerSyndrom 48.3 %

Abbildung 3.4

Frühkindlicher Autismus 30.4 %

Diagnosen der Kinder und Jugendlichen nach ICD-10

Die Prozentangaben basieren auf den Angaben der Therapeutinnen und Therapeuten zu den 286 Kindern und Jugendlichen mit ASS, die im Erhebungszeitraum eine Förderung aufgenommen hatten.

4

Für die Kostenzusage im Rahmen der Eingliederungshilfe muss der Verdacht auf ASS vorliegen. Eine bei Therapieaufnahme noch nicht gesicherte Verdachtsdiagnose wird im Verlauf der Förderung fachärztlich überprüft, um sicherzustellen, dass das ATZ die passende Fördereinrichtung ist.

44

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

Die weitaus größte Diagnosegruppe waren Kinder und Jugendliche mit AspergerSyndrom, die fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen unserer Stichprobe umfassten. Damit war diese Diagnose im Klientel der ATZ etwa 1.6-mal häufiger vertreten als die Diagnose Frühkindlicher Autismus. Während in den ATZ überwiegend Kinder und Jugendliche mit Asperger-Syndrom betreut werden, überwiegt in der Allgemeinbevölkerung der Frühkindliche Autismus deutlich gegenüber dem Asperger-Syndrom, wie aus epidemiologischen Studien übereinstimmend hervorgeht (Ehlers & Gillberg, 1993; Elsabbagh et al., 2012; Fombonne, 2009; Fombonne & Tidmarsh, 2003; Kamp-Becker, Mattejat & Remschmidt, 2004). Damit sind Kinder und Jugendliche mit Asperger-Syndrom in der Klientel der ATZ stark überrepräsentiert. Die Ursachen dafür sind unklar. Möglicherweise wenden sich Eltern von Kindern mit Frühkindlichem Autismus seltener oder erst später an die ATZ, weil ihre Kinder in den ersten Jahren vor allem von interdisziplinären Frühförderstellen oder heilpädagogischen Praxen betreut werden. Ein weiterer Grund für den hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Asperger-Syndrom im Klientel der ATZ könnte darin liegen, dass für diese Diagnosegruppe nur ein geringes Therapie- und Förderangebot außerhalb der ATZ zur Verfügung steht. Alter bei Diagnosestellung Das Alter bei Diagnosestellung war von der Art der autistischen Störung abhängig (vgl. Tabelle 3.1). Am frühesten wurde der Frühkindliche Autismus diagnostiziert. Kinder und Jugendliche erhielten diese Diagnose im Durchschnitt mit 6 Jahren und 2 Monaten. Deutlich später wurde mit durchschnittlich 8 Jahren und 7 Monaten der Atypische Autismus und mit durchschnittlich 9 Jahren und 8 Monaten das Asperger-Syndrom diagnostiziert. Tabelle 3.1

Alter bei Diagnosestellung

Diagnose nach ICD-10

n

M

SD

Frühkindlicher Autismus (F84.0)

81

73.9

39.2

Asperger-Syndrom (F84.5)

134

117.1

41.6

Atypischer Autismus (F84.1)

31

104.7

46.0

Anmerkungen. Durchschnittliches Alter bei Diagnosestellung in Monaten in Abhängigkeit von der Autismus-Diagnose nach ICD-10 (n = 250).

Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen

45

Komorbide Störungen Die Ergebnisse zur Prävalenz komorbider Störungen im Klientel der ATZ basieren auf den Angaben der Therapeutinnen und Therapeuten, die bei Förderbeginn gebeten wurden, neben der Autismusdiagnose auch komorbide Störungen des von ihnen betreuten Kindes bzw. Jugendlichen anzugeben. Bei der Hälfte der Kinder und Jugendlichen mit ASS (48.9 %) wurden neben der autistischen Störung eine oder mehrere komorbide Störungen diagnostiziert, 44.8 % wiesen keine komorbide Störung auf und bei 6.3 % der Kinder und Jugendlichen fehlten entsprechende Angaben. Etwa ein Viertel der Kinder und Jugendlichen (28.4 %) wies zum Förderbeginn eine komorbide Störung, 13.6 % zwei und 6.9 % mehr als zwei komorbide Störungen auf. Das Auftreten komorbider Störungen war unabhängig von der Autismusdiagnose. Von den Kindern und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus wiesen 52.0 %, mit Asperger-Syndrom 51.5 % und mit Atypischem Autismus 44.7 % mindestens eine komorbide Störung auf. Die Art der komorbiden Störung ist der Tabelle 3.2 zu entnehmen. Von den Kindern und Jugendlichen mit komorbiden Störungen wiesen die meisten (18.5 %) Hyperkinetische Störungen (F80.-) auf. Weitere komorbide Störungen waren mit 7.3 % Umschriebene Entwicklungsstörungen der motorischen Funktionen (F82.-), mit 7.0 % Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens oder der Sprache (F80.-) und mit 5.6 % Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F98.-). Neben diesen häufig komorbid auftretenden Störungen fand sich eine große Bandbreite weiterer komorbider Störungen, die in Tabelle 3.2 unter Andere komorbide Störungen zusammengefasst wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche mit komorbiden Störungen im Klientel der ATZ keine Ausnahme darstellen. Jedes zweite Kind, das im Erhebungszeitraum gefördert wurde, wies neben der autistischen Störung eine oder mehrere zusätzliche Störungen auf, die weitere Anforderungen an die Therapie und Förderung stellen können. Zum einen bringen komorbide Störungen in der Regel weitere Einschränkungen mit sich, die häufig zusätzliche Fördermaßnahmen oder Modifikationen des therapeutischen Vorgehens bei den Kindern und Jugendlichen erforderlich machen. Komorbide Störungen können aber auch die Förderung erschweren, indem sie die Ansprechbarkeit für therapeutische Interventionen einschränken, den therapeutischen Zugang erschweren (z. B. bei einer zusätzlichen Störung des Sozialverhaltens des Kindes) oder die Wirksamkeit bewährter therapeutischer Methoden herabsetzen.

46

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

Die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit komorbiden Störungen wird daher oftmals nicht ausschließlich auf die durch die autistische Störung bedingten Einschränkungen gerichtet sein, sondern muss eine große Bandbreite zusätzlicher Beeinträchtigungen miteinbeziehen. Zudem müssen zur Diagnostik und Behandlung komorbider Störungen oftmals Fachärztinnen und Fachärzte oder Psychotherapeutinnen und -therapeuten für Kinder, Jugendliche oder Erwachsene herangezogen werden 5. Tabelle 3.2

Komorbide Störungen der Kinder und Jugendlichen mit ASS

Komorbide Störungen

n

%

Hyperkinetische Störungen (F90.-)

53

18.5

Umschriebene Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen (F82.-)

21

7.3

Umschriebene Entwicklungsstörung des Sprechens oder der Sprache (F80.-)

20

7.0

Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F98.-)

16

5.6

Leichte Intelligenzminderung (F70.-)

13

4.5

Kombinierte umschriebene Entwicklungsstörungen (F83)

13

4.5

Umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (F81.-)

12

4.2

Epilepsie (G40.-)

10

3.5

Emotionale Störungen des Kindesalters (F93.-)

6

2.1

Störung des Sozialverhaltens (F91.-)

5

1.8

Mikrozephalie (Q02)

5

1.8

58

20.3

18

6.3

Andere komorbide Fehlende Angabe

Störungen1

Anmerkungen. Die Prozentangaben beziehen sich auf 286 Kinder und Jugendliche mit ASS zum Zeitpunkt der Therapieaufnahme. Mehrfachantworten waren möglich. 1 Unter „Andere komorbide Störungen“ wurden 40 weitere Diagnosen zusammengefasst, wie z. B. Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten, nicht näher bezeichnet (F81.9), Mittelgradige depressive Episode (F32.1).

5

Hier besteht in der Praxis Handlungsbedarf, da Psychotherapeutinnen und -therapeuten fehlen, die über Qualifikationen verfügen, komorbide Störungen bei Menschen mit ASS zu behandeln.

Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen

47

Therapie- und Fördermaßnahmen vor Förderbeginn Fast alle Kinder und Jugendlichen mit ASS (88.8 %), die in die Förderung der ATZ aufgenommen wurden, waren bereits in therapeutischer Behandlung gewesen oder hatten Fördermaßnahmen von verschiedenen Einrichtungen erhalten. Abbildung 3.5 zeigt die Bandbreite der Therapie- und Fördermaßnahmen, die die Kinder und Jugendlichen vor Förderbeginn im ATZ erhalten hatten. Ergotherapie

49.1 %

Sprachförderung / Logopädie

40.1 %

Frühförderung

36 %

Autismustherapie

17.2 %

Physiotherapie / Krankengymnastik

13.8 %

Psychotherapie

9.0 %

Psychomotorik / Motopädie

8.2 %

Tiergestützte Therapie

3.3 %

Heilpädagogische Förderung

2.7 %

Neurofeedback

1.5 %

Gesprächstherapie

1.1 %

Sonstige Therapie

10.5 %

Keine Therapie

8.2 %

%

Abbildung 3.5

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

Therapie- und Fördermaßnahmen vor Förderbeginn

Die Prozentangaben basieren auf den Angaben von 266 Eltern, die an der Erhebung zum ersten Erhebungszeitpunkt teilgenommen hatten. Mehrfachnennungen waren möglich.

Die Hälfte der Kinder und Jugendlichen mit ASS (49.1 %) war bereits in ergotherapeutischer Behandlung gewesen; viele hatten vor Beginn der Förderung im ATZ bereits eine Sprachförderung oder logopädische Behandlung abgeschlossen (40.1 %), an einer Frühförderung teilgenommen (36.0 %) oder eine autismusspezifische Förderung (z. B. BET, ABA, TEACCH) erhalten (17.2 %). Die Ergebnisse machen deutlich, dass fast alle Familien, die sich mit ihrem Kind an die ATZ wenden, bereits über zum Teil umfangreiche Therapie- und Fördererfahrungen verfügen. Bei vielen Familien löst die Förderung im ATZ eine

48

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

vorherige Förderung von anderen Einrichtungen ab. Welche Gründe zu dem Wechsel geführt haben, wurde nicht erfragt. Nicht selten nehmen Familien neben der Förderung, die sie in den ATZ erhalten, aber auch weiterhin zusätzliche Unterstützungs- und Fördermaßnahmen von anderen Einrichtungen oder kommunalen Institutionen in Anspruch. Dies erfordert von den Therapeutinnen und Therapeuten einen Austausch mit anderen beteiligten Einrichtungen, um ihre Unterstützungs- und Fördermaßnahmen zeitlich zu koordinieren und inhaltlich aufeinander abzustimmen. Nähere Informationen über die Kooperationen mit anderen Einrichtungen finden sich im Kapitel 3.4. Bei Familien, die bereits eine therapeutische Unterstützung erhalten hatten, kann die Förderung im ATZ an den vorherigen Erfahrungen und die erreichten Förderziele anknüpfen. In diesen Fällen können die vorherigen Therapieerfahrungen den Eltern oder dem Kind den Einstieg in die Förderung im ATZ erleichtern. Überwiegen jedoch negative Erfahrungen mit der bisherigen Förderung – etwa weil die erhofften Verbesserungen ausblieben, sich die Eltern oder das Kind durch die Fördermaßnahmen überfordert fühlten, die Unterstützungsbedürfnisse der Familie nicht ausreichend berücksichtigt wurden oder das Kind aufgrund einer Fehldiagnose keine angemessene Behandlung erhalten hatte – müssen bei Therapiebeginn oftmals zunächst die negativen Therapieerfahrungen aufgegriffen und bearbeitet und die Erwartungen der Eltern oder des Jugendlichen abgeklärt werden. Unter diesen Umständen können die Erfahrungen mit der vorherigen Förderung oder Therapie den therapeutischen Zugang zu Eltern und Kindern erschweren, insbesondere dann, wenn Eltern mit unrealistischen Erwartungen die Förderung aufnehmen. 3.2 Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-SpektrumStörungen Zum ersten Erhebungszeitpunkt der Längsschnittstudie konnten insgesamt 266 Eltern der 286 Kinder und Jugendlichen mit ASS, die im Erhebungszeitraum in die Förderung aufgenommen wurden, befragt werden. Zwanzig Eltern hatten zwar der Teilnahme an der Studie zugestimmt, jedoch den Elternfragebogen zum ersten Erhebungszeitunkt nicht bearbeitet. Die Elternstichprobe bestand überwiegend aus Müttern (86.5 %). Die Eltern waren zwischen 24 und 63 Jahre alt (M = 41.4 Jahre; SD = 7.47 Jahre) und besaßen in der Mehrzahl die deutsche Nationalität (86.1 %). Weitere soziodemographische Merkmale der Elternstichprobe sind Tabelle 3.3 zu entnehmen.

Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen Tabelle 3.3

49

Soziodemographische Merkmale der Eltern n

%

ledig

30

11.3

verheiratet

193

72.6

geschieden

43

16.2

verwitwet

0

0.0

ein Kind

91

34.2

zwei Kinder

120

45.1

drei Kinder

38

14.3

mehr als drei Kinder

16

6.0

keine Angabe

1

0.4

alleinerziehend

63

23.7

nicht alleinerziehend

198

74.4

5

1.9

ja

213

80.1

nein

47

17.7

keine Angabe

6

2.3

Familienstand

Anzahl der Kinder

Erziehungssituation

keine Angabe Lebensgemeinschaft mit Partner bzw. Partnerin

Anmerkungen. Die Ergebnisse basieren auf den Angaben von 266 Eltern zu Beginn der Förderung.

Bildungsstand und Beschäftigungssituation Wie aus Abbildung 3.6 hervorgeht, wiesen die Eltern der Kinder und Jugendlichen, die von den ATZ betreut wurden, einen relativ hohen Bildungsstand auf. Mehr als die Hälfte der Eltern (51.4 %) hatte entweder ihre Schulausbildung mit dem Abitur abgeschlossen oder ein Studium an einer Fachhochschule oder Universität erfolgreich absolviert. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung (vgl. Statistisches Bundesamt, 2017) waren Eltern mit niedrigen Bildungsabschlüssen in der Elternstichprobe unterrepräsentiert. Von den Eltern der Längsschnittstudie hatten 10.1 % einen Hauptschulabschluss (gegenüber 31.4 % in der Bevölkerung)

50

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

und 2.4 % der Eltern waren ohne Schulabschluss (gegenüber 4.0 % in der Bevölkerung). 50 % 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 20 % 15 % 10 % 5% 0%

24.1 %

27.3 %

28.3 %

10.1 %

2.4 %

7.7 %

(Fach-) Hochschule

Abitur, Fachabitur

Mittlere Reife

Hauptschule

Kein Abschluss

Keine Angabe

Abbildung 3.6

Schulabschluss der Eltern

Die Prozentangaben beziehen sich auf 266 Eltern, die an der Erhebung zum ersten Erhebungszeitpunkt teilgenommen hatten.

Mit dem Elternfragebogen wurden neben allgemeinen soziodemographischen Daten vor allem solche Merkmale der Lebenssituation erhoben, die sich für die Belastung der Eltern als bedeutsam erweisen könnten (z. B. augenblickliche Beschäftigungssituation, Lebensgemeinschaft mit oder ohne Partner bzw. Partnerin, Erziehungssituation). Abbildung 3.7 gibt eine Übersicht über die Beschäftigungssituation der Eltern zum Zeitpunkt der Förderaufnahme im ATZ. Mehr als die Hälfte der Eltern (58.8 %) war berufstätig, entweder in Vollzeit (18.4 %), in Teilzeit (38.2 %) oder als Selbstständige (2.2 %). Von den Eltern der Kinder und Jugendlichen mit ASS, die von den ATZ betreut wurden, waren 23.7 % der Eltern – fast ausschließlich Mütter – alleinerziehend. Dies entspricht in etwa dem Prozentanteil der Ein-Elternteil-Familien in der Bevölkerung von ca. 20 % (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2017). Die Lebensbedingungen von Müttern und Vätern, die ihr Kind ohne Partner bzw. ohne Partnerin erziehen, sind für viele Betroffene mit einer hohen Belastung verbunden. Alleinerziehende müssen nicht nur mit sozioökonomischen und sozialen Einschränkungen zurechtkommen, sondern weisen auch häufiger psychische und gesundheitliche Probleme auf als nicht-alleinerziehende Eltern (Bastin, 2016; Korittko & Pleyer, 2016; Sperlich, 2014; Zagel, 2018).

Therapeutinnen und Therapeuten in den Autismus-Therapie-Zentren

51

50 % 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 20 % 15 % 10 % 5% 0%

38.2 %

18.4 %

13.1 %

10.9 %

6.0 %

Berufstätig Teilzeit

Berufstätig Vollzeit

Hausfrau/ Hausmann

Arbeitslos

Elternzeit

Abbildung 3.7

2.2 % Selbstständig

2.2 % In Rente

1.9 % Ausbildung/ Studium

7.1 % Sonstiges

Beschäftigungssituation der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS

Die Prozentangaben beziehen sich auf 266 Eltern, die an der Erhebung zum ersten Erhebungszeitpunkt teilgenommen hatten.

3.3 Therapeutinnen und Therapeuten in den Autismus-Therapie-Zentren Die 134 therapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren zwischen 23 und 61 Jahre alt (M = 37.72 Jahre, SD = 9.64 Jahre) und in der Mehrheit (83.6 %) weiblich. Wie der Altersverteilung (Abbildung 3.8) zu entnehmen ist, war über die Hälfte von ihnen (54.1 %) jünger als 36 Jahre, nur wenige (12.1 %) waren älter als 50 Jahre.

52

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

50 % 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 20 % 15 % 10 % 5% 0%

6.0 %

19.5 %

28.6 %

9.8 %

12.0 %

12.0 %

6.8 %

5.3 %

≤ 25 Jahre

26-30 Jahre

31-35 Jahre

36-40 Jahre

41-45 Jahre

46-50 Jahre

51-55 Jahre

> 55 Jahre

Abbildung 3.8

Altersverteilung der Therapeutinnen und Therapeuten

Die Prozente beziehen sich auf 133 Therapeutinnen und Therapeuten der 286 Kinder und Jugendlichen, die im Erhebungszeitraum in die Förderung in den ATZ aufgenommen wurden. Eine Therapeutin hatte keine Angabe zu ihrem Alter gemacht.

Berufsausbildung und Studienabschlüsse der Therapeutinnen und Therapeuten Um Aufschluss über die berufliche Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ATZ zu gewinnen, wurden die Therapeutinnen und Therapeuten der 286 Kinder und Jugendlichen mit ASS, die im Erhebungszeitraum in die Förderung aufgenommen wurden, nach ihrer beruflichen Ausbildung, nach Zusatzqualifikationen und abgeschlossenen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie nach ihrer Berufserfahrung in der Förderung von Menschen mit Autismus befragt. Nach den Leitlinien für die Arbeit in Autismus-Therapie-Zentren des Bundesverbandes Autismus Deutschland (2017, S. 8-9) können „ […] in einem Autismus-Therapie-Zentrum in der Regel Fachkräfte mit Studienabschlüssen in den Bereichen Psychologie, Pädagogik, Heilpädagogik, Sonderpädagogik und Sozialpädagogik bzw. Sozialarbeit tätig werden. Therapeutische Fachkräfte müssen: über praktische Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit einer autistischen Beeinträchtigung verfügen, autismusspezifische Therapiemethoden einsetzen und dazu anleiten können, allgemein bekannte methodische Ansätze durch Modifikationen, die den Besonderheiten

Therapeutinnen und Therapeuten in den Autismus-Therapie-Zentren

53

der Behinderung entsprechen, anwendbar machen, sich in diesem Bereich kontinuierlich fortbilden und während des Therapieprozesses von in diesem Bereich erfahrenen Fachleuten supervidiert werden.“ Drei Viertel der therapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (75.4 %) hatte ein Studium an einer Fachhochschule oder Universität absolviert, 9 % verfügten über eine abgeschlossene Berufsausbildung und 15.7 % hatten sowohl eine Berufsausbildung als auch ein Studium abgeschlossen. Tabelle 3.4 zeigt ein breites Spektrum von Berufsausbildungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die meisten von ihnen hatten eine Ausbildung in einem sozialen Beruf, zum Beispiel als Erzieherin bzw. Erzieher, Heilerziehungspflegerin bzw. Heilerziehungspfleger oder als Heilpädagogin bzw. Heilpädagoge abgeschlossen; nur wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren in einem nicht-sozialen Beruf – zum Beispiel als Groß- und Außenhandelskauffrau, -mann oder NFZ-Mechaniker/in – ausgebildet. Tabelle 3.4

Berufsausbildung der Therapeutinnen und Therapeuten

Abgeschlossene Berufsausbildung

n

%

Erzieherin / Erzieher

8

24.2

Heilerziehungspflegerin / Heilerziehungspfleger

6

18.2

Heilpädagogin / Heilpädagoge

5

15.2

Motopädin / Motopäde

3

9.1

(Kinder-) Krankenschwester, -pfleger

3

9.1

Sonstige Berufsausbildung1

8

24.2

Anmerkungen. Anzahl und Prozent der Therapeutinnen und Therapeuten mit abgeschlossener Berufsausbildung (n = 33). 1 z. B. Logopäde/in, Mediengestalter/in, Industriekauffrau/ -mann, Groß- und Außenhandelskauffrau/ -mann, Sportpädagoge/in, Ergotherapeut/in, NFZ-Mechaniker/in

Von den 122 Therapeutinnen und Therapeuten mit abgeschlossenem Studium verfügten 24.6 % über einen Bachelorabschluss und 72.9 % über einen Master- oder Diplomabschluss; die übrigen (2.5 %) hatten keine Angabe zu ihrem Studienabschluss gemacht. Tabelle 3.5 zeigt die Studienfächer der Therapeutinnen und Therapeuten mit abgeschlossenem Studium. Am häufigsten wurden Studienabschlüsse in den Fächern Sonderpädagogik / Heilpädagogik (28.7 %), Soziale Arbeit / Sozialpädagogik (27.9 %) und Psychologie (21.3 %) erworben.

54

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

Tabelle 3.5

Studienabschlüsse der Therapeutinnen und Therapeuten

Studienabschluss

n

%

Sonderpädagogik / Heilpädagogik

35

28.7

Soziale Arbeit / Sozialpädagogik

34

27.9

Psychologie

26

21.3

Erziehungswissenschaft / Pädagogik

9

7.4

Kreativtherapie1

7

5.7

Sonstiger Studienabschluss2

8

6.6

Keine Angabe

3

2.5

Anmerkungen. Anzahl und Prozent der Therapeutinnen und Therapeuten mit abgeschlossenem Studium (n = 122). 1

Musiktherapie, Kunsttherapie, Kreative Therapie / 2 Logopädie, Ergotherapie, Sport, Frühe Hilfen

Berufserfahrungen und Qualifikationen der Therapeutinnen und Therapeuten Die 134 Therapeutinnen und Therapeuten hatten im Durchschnitt mehr als sieben Jahre Berufserfahrung in der Förderung von Menschen mit ASS (M = 7.66 Jahre, SD = 6.38 Jahre) und waren durchschnittlich seit fünf Jahren (M = 5.17 Jahre, SD = 5.58 Jahre) im ATZ tätig (vgl. Abb. 3.9). 40 % 30 % 20 % 10 % 0%

11.9 %

20.1 %

18.7 %

12.7 %

< 1 Jahr

1-3 Jahre

4-6 Jahre

7-9 Jahre

Abbildung 3.9

13.4 %

23.1 %

10-12 Jahre > 12 Jahre

Autismusspezifische Berufserfahrung der Therapeutinnen und Therapeuten

Die Prozentangaben beziehen sich auf die 134 Therapeutinnen und Therapeuten der 286 Kinder und Jugendlichen, die im Erhebungszeitraum in die Förderung in den ATZ aufgenommen wurden.

Therapeutinnen und Therapeuten in den Autismus-Therapie-Zentren

55

Ein Zehntel von ihnen waren Berufsanfängerinnen oder Berufsanfänger mit weniger als einem Jahr Berufserfahrung, mehr als ein Drittel verfügte über eine mehr als 9-jährige Berufserfahrung (vgl. Abb. 3.9). Die Zusammenarbeit von berufserfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern bietet gute Voraussetzungen für die Kontinuität in der Arbeit der ATZ. Bemerkenswert ist der hohe Anteil von Therapeutinnen und Therapeuten mit längerer Berufserfahrung. Die berufserfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können ihre Erfahrungen an die jüngeren Kolleginnen und Kollegen weitergeben; diese wiederum tragen dazu bei, dass sich neben den bewährten Fördermethoden neuere Förderansätze etablieren können. Fort- und Weiterbildungen der Therapeutinnen und Therapeuten Einen wichtigen Beitrag zur beruflichen Qualifikation der Therapeutinnen und Therapeuten leisten die Fort- und Weiterbildungen. Der hohe Stellenwert dieser kommt auch in den Leitlinien für die Arbeit in Autismus-Therapie-Zentren (Bundesverband Autismus Deutschland, 2017, S. 8) zum Ausdruck: „Zum Erhalt und zur Weiterentwicklung dieser autismusspezifischen Fachlichkeit hat die Einrichtung dafür Sorge zu tragen, dass die therapeutischen Fachkräfte regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen, die auf autismus-spezifische Therapieinhalte ausgerichtet sind. Daneben sind Fortbildungen, insbesondere zu Begleitstörungen sowie zu weiteren Behinderungen und allgemein, zu gesellschaftlicher Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, zu fördern. Darüber hinaus sollten Zusatzausbildungen in anerkannten therapeutischen Verfahren erworben werden können.“ Knapp die Hälfte der Therapeutinnen und Therapeuten (47.8 %) hatte eine oder mehrere Zusatzqualifikationen erworben oder Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen besucht. Welche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt wurden, zeigt Tabelle 3.6. Berücksichtigt wurden dabei nur solche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, die zur beruflichen Weiterqualifizierung dienen. Die Inhalte der Veranstaltungen umfassten eine große Bandbreite heterogener Ansätze für die Beratung und Förderung von Menschen mit Autismus (z. B. Unterstützte Kommunikation, Gestützte Kommunikation, Tiergestützte Therapie, Gesundheitspädagogik, Kunst- und Musiktherapie, Triple P, Entspannungsverfahren). Am häufigsten wurden Fortbildungsveranstaltungen zur Systemischen Familientherapie und Beratung, zur Marte Meo-Entwicklungsförderung, zur Psychomotorik und zu anderen autismusspezifischen Förder- und Therapieansätzen besucht.

56 Tabelle 3.6

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote Fort- und Weiterbildungen der Therapeutinnen und Therapeuten

Inhalt der Fort- und Weiterbildung1

n

%

Systemische Familientherapie / Beratung

20

14.9

Videogestützte Begleitung von Lern- und Entwicklungsprozessen nach Marte Meo

16

11.9

Psychomotorik / Motopädie

9

6.7

Andere autismusspezifische Förder- und Therapieansätze

7

5.2

Sensorische Integration

4

3.0

TEACCH-Ansatz

3

2.2

Sprachförderung

3

2.2

Psychologische Beratung

3

2.2

Psychosoziale Beziehungen

3

2.2

Sonstige Fort- und Weiterbildungen2

27

20.2

Anmerkungen. Anzahl und Prozent der Therapeutinnen und Therapeuten, die an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen (n = 134) teilgenommen hatte. Mehrfachantworten waren möglich. 1 nicht berücksichtigt wurden Bildungsmaßnahmen, die nicht unmittelbar der berufsspezifischen Weiterqualifizierung dienen. 2

Klientenzentrierte Gesprächsführung, Spieltherapie, Kunsttherapie, PECS, Tiergestützte Therapie.

Die Fort- und Weiterbildungsaktivitäten zeugen von einer hohen Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ATZ, die eigenen beruflichen Kompetenzen zu erweitern und zu vertiefen. Die Liste der Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen weist eine breite Palette unterschiedlicher Inhalte zur Förderung und Beratung von Menschen mit Autismus auf. Neben Veranstaltungen zu etablierten Therapie- und Förderansätzen wie systemische Familienberatung oder videogestützte Begleitung von Lern- und Entwicklungsprozessen nach Marte Meo wurden auch häufig Kurse zu unkonventionellen Ansätzen besucht. 3.4 Therapie- und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren Die Daten zum Therapie- und Förderangebot der ATZ wurden vier Monate nach Therapiebeginn mit dem Therapeutenfragebogen erhoben. Die Angaben der Therapeutinnen und Therapeuten beziehen sich auf 182 Kinder und Jugendliche mit

Therapie- und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren

57

ASS, deren Eltern sich zum zweiten Erhebungszeitpunkt an der Längsschnittstudie beteiligt hatten. Die Therapeutinnen und Therapeuten wurden unter anderem gefragt, welche Therapieziele sie in der Förderung des Kindes oder des Jugendlichen verfolgen und welche Methoden sie einsetzen. Erstgespräche und Umfang der Fördermaßnahmen Das Erstgespräch im ATZ wurde in der Regel mit der Mutter (49.4 %) oder mit beiden Elternteilen geführt (43.9 %), nur vereinzelt fand das Erstgespräch nur mit dem Vater des Kindes statt (1.1 %). Die Kinder oder Jugendlichen wurden nur selten miteinbezogen (1.4 %). Tabelle 3.7 gibt eine Übersicht über Art und Umfang der Fördermaßnahmen in den ersten vier Monaten der Förderung. Tabelle 3.7

Art und Umfang der Fördermaßnahmen n

%

Autismus-Therapie-Zentrum

142

83.3

Zu Hause

21

12.3

Schule / Kindergarten

7

4.1

Wohnheim / Internat

1

0.6

154

97.5

Gruppenförderung (3 bis 4 Kinder)

2

1.3

Sonstige Förderung

2

1.3

Ort der Förderung

Art der Förderung Einzelförderung

Häufigkeit der Förderung 2 x pro Woche

12

6.6

1 x pro Woche

165

91.2

3

1.7

14-tägig

Anmerkungen. Die Ergebnisse basieren auf den Angaben der Therapeutinnen und Therapeuten zu 182 Kindern und Jugendlichen mit ASS vier Monate nach Beginn der Förderung. Aufgrund fehlender Angaben zu den Fördermaßnahmen basieren die Prozentangaben auf unterschiedlichen Fallzahlen.

58

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

Die Mehrzahl der 182 Kinder und Jugendlichen mit ASS, die zum zweiten Erhebungszeitpunkt erfasst wurden, erhielt einmal wöchentlich eine Förderung von durchschnittlich 1.5 Stunden (M = 1.47 Stunden; SD = 0.47 Stunden). Die Förderung wurde in der Regel als Einzelförderung in den Räumen des ATZ durchgeführt, nur selten fand die Förderung außerhalb des ATZ – etwa zu Hause, im Kindergarten oder in der Schule – statt. Tabelle 3.8

Therapeutenwechsel

Therapeutenwechsel

n

%

2. Erhebungszeitpunkt (n = 182)

12

6.6

3. Erhebungszeitpunkt (n = 123)

9

7.3

4. Erhebungszeitpunkt (n = 68)

4

5.9

Während des Erhebungszeitraumes der Längsschnittstudie kam es bei 25 Kindern und Jugendlichen zu einem Therapeutenwechsel. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen, bei denen zum Erhebungszeitpunkt ein Therapeutenwechsel stattgefunden hatte, lag zwischen 5.9 % und 7.3 % (vgl. Tabelle 3.8). Die Gründe für den Therapeutenwechsel konnten nicht erhoben werden. Zusätzliche Förderaktivitäten und Kooperation mit Fachdiensten Neben den in der Regel wöchentlichen Förderterminen fanden bei fast allen Kindern und Jugendlichen zusätzliche Förderaktivitäten statt. Dazu zählt neben den Elterngesprächen und Hausbesuchen auch die Zusammenarbeit mit Fachdiensten außerhalb des ATZ. Die Tabelle 3.9 gibt die Anzahl und die Frequenz zusätzlicher Förderaktivitäten und Kooperationen mit Fachdiensten wieder. Die häufigsten Förderaktivitäten außerhalb der wöchentlichen Fördertermine waren Elterngespräche, die bei 95.5 % der Eltern im Durchschnitt 2.8-mal während der ersten vier Monate der Förderung durchgeführt wurden. Weitere zusätzliche Förderaktivitäten waren Schulbesuche und Kooperationen mit Lehrkräften, die bei 50.3 % der Kinder und Jugendlichen im Durchschnitt 1.7-mal durchgeführt wurden und Hausbesuche, die bei 39.4 % der Familien durchschnittlich 4.4-mal während der ersten vier Monate nach Förderbeginn durchgeführt wurden. Bei vielen Kindern und Jugendlichen kooperierten die Therapeutinnen und Therapeuten mit Fachdiensten zum Beispiel mit Integrationskräften oder pädagogischen Fachkräften in Kindertagesstätten. Kooperationen mit therapeutischen Einrichtungen

Therapie- und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren

59

außerhalb des ATZ (z. B. mit niedergelassenen Psychotherapeuten/innen, Sprachtherapeuten/innen) oder mit dem Jugendamt, dem Familienunterstützenden Dienst oder Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege sind demgegenüber selten (vgl. Tabelle 3.9). Tabelle 3.9

Zusätzliche Förderaktivitäten und Kooperation mit Fachdiensten Förderungen

Frequenz

n

%

Range

M

SD

Elterngespräche

169

95.5

1-17 mal

2.8

2.6

Schulbesuche / Kooperation mit Lehrkräften und Schulverwaltung

87

50.3

1-14 mal

1.7

1.6

Hausbesuche

67

39.4

1-17 mal

4.4

5.2

Kooperation mit Integrationskräften

49

30.2

1-14 mal

2.7

2.9

„Runder Tisch“1

35

22.0

1-3 mal

1.2

0.5

Kindergartenbesuche / Kooperation mit pädagogischen Fachkräften

26

16.9

1-7 mal

2.1

1.6

Kooperation mit therapeutischen Einrichtungen außerhalb des ATZ 2

9

5.8

1-2 mal

1.3

0.5

Sonstige Kooperationen3

9

5.8

-

-

-

Anmerkungen. Anzahl, Prozent und Häufigkeit der Kooperationen mit Fachdiensten während der ersten vier Monate der Förderung. 1

Austausch der an der Förderung beteiligten Personen (z. B. Eltern, Lehrkräfte, Integrationskräfte)

2

Sprachtherapeuten/innen, Ergotherapeuten/innen, Psychotherapeuten/innen

3

Kooperationen mit dem Jugendamt, dem Familienunterstützenden Dienst oder Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege

Von den 286 Kindern und Jugendlichen mit ASS, die im Ergebungszeitraum in die Förderung der ATZ aufgenommen wurden, waren drei Viertel (75.9 %) im schulpflichtigen Alter (vgl. Kapitel 3.1). Daher ist die Kooperation mit der Schule ein zentraler Bestandteil der Förderung in den ATZ. Dies kommt auch in den häu-

60

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

tigen Schulbesuchen sowie in der hohen Anzahl von Kooperationen mit Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften in den Kindertagesstätten während der ersten vier Monate der Förderung zum Ausdruck. Bei 82 von 129 Schulkindern (63.6 %) kooperierten die Therapeutinnen und Therapeuten mit den Lehrkräften der Kinder, bei 23 von 36 Kindern im Vorschulalter (63.9 %) arbeiteten sie mit den Erzieherinnen und Erziehern im Kindergarten zusammen. Die Analyse von Verhaltensproblemen des Kindes bzw. des Jugendlichen im Schulalltag, die Bearbeitung von Konflikten, die sich im Unterricht oder im Kindergarten im Kontakt mit Lehrkräften, pädagogischen Fachkräften oder Mitschülerinnen und Mitschülern ergeben und nicht zuletzt die Einbeziehung der Lehrkräfte in den Förderprozess – dies alles erfordert eine enge Kooperation zwischen den Therapeutinnen und Therapeuten und der Schule. Therapie- und Förderziele in den ersten vier Monaten der Förderung Zum zweiten Erhebungszeitpunkt vier Monate nach Beginn der Förderung wurden die Therapeutinnen und Therapeuten gebeten, aus einer Auswahlliste mit 11 potenziellen Therapie- und Förderzielen die drei Ziele anzugeben, die sie in den ersten vier Monaten in der Therapie ihrer Klientin bzw. ihres Klienten vorrangig verfolgt hatten. Diagnoseübergreifend waren die am häufigsten genannten Therapieziele (1) die Förderung der sozial-emotionalen Reziprozität (63.5 %), (2) die Unterstützung der Eltern / Elternarbeit (45.3 %) und (3) die Erweiterung der eingeschränkten Interessen (37.0 %). Nur selten wurde die Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten, die Reduzierung stereotyper Verhaltensweisen oder die Reduzierung der Hyper- oder Hypoaktivität unter den drei Haupttherapiezielen genannt. Diese Ziele standen nur bei weniger als 10 % der Kinder- und Jugendlichen im Vordergrund der Förderung. Abbildung 3.10 gibt die Therapie- und Hauptförderziele in Abhängigkeit der autistischen Störungsform (Hauptdiagnosegruppen) wieder.

Therapie- und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren

Verbesserung der sozial-emotionalen Reziprozität

49.1 % 70.4 % 77.8 %

Unterstützung der Eltern (Elternarbeit)

45.3 % 44.4 % 37.0 %

Erweiterung der eingeschränkten / intensiven Interessen

41.5 % 33.3 % 33.3 %

Förderung der sozialen Integration durch Umfeldarbeit in Schule und Kindergarten

26.4 % 33.3 % 11.1 %

Entwicklung / Aufrechterhaltung von Freundschaften

11.3 % 35.8 % 29.6 %

Verbesserung der non-verbalen Kommunikation

28.3 % 16.0 % 33.3 %

Reduzierung und Aufweichen von Routinen

22.6 % 19.8 % 18.5 %

Förderung der Sprache

41.5 % 1.2 % 14.8 %

Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten

17.0 % 4.9 % 7.4 %

Reduzierung der stereotypen Verhaltensweisen

9.4 % 6.2 % 7.4 %

Reduzierung der Hyper- und Hypoaktivität

1.9 % 8.6 % 7.4 %

Sonstige Therapie- und Förderziele

Frühkindlicher Autismus (n = 54) Asperger-Syndrom (n = 81) Atypischer Autismus (n = 27)

22.6 % 28.4 % 22.2 %

0%

Abbildung 3.10

61

Therapie und Förderziele

20%

40%

60%

80%

62

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

Tabelle 3.10 zeigt die drei am häufigsten genannten Therapie- und Förderziele für die drei Hauptdiagnosegruppen. Bei allen drei Diagnosegruppen gehörten die Verbesserung der sozial-emotionalen Reziprozität und die Unterstützung der Eltern durch Elternarbeit zu den Hauptförderzielen. Im Hinblick auf die weiteren Förderziele unterschieden sich die Kinder und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus von den beiden anderen Diagnosegruppen. Bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus standen häufiger als bei den beiden anderen Diagnosegruppen die Förderung der Sprache und die Erweiterung der eingeschränkten Interessen im Vordergrund, während bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Asperger-Syndrom oder Atypischem Autismus häufiger die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Freundschaften als eines von drei vorrangigen Förderzielen genannt wurde. Tabelle 3.10 Hauptförderziele in Abhängigkeit von der autistischen Störung Frühkindlicher Autismus (n = 54)

AspergerSyndrom (n = 81)

Atypischer Autismus (n = 27)

1

Verbesserung der sozialemotionalen Reziprozität (49.1 %)

Verbesserung der sozialemotionalen Reziprozität (70.4 %)

Verbesserung der sozialemotionalen Reziprozität (77.8 %)

2

Unterstützung der Eltern (45.3 %)

Unterstützung der Eltern (44.4 %)

Unterstützung der Eltern (37.0 %)

3

Förderung der Sprache (41.5 %) Erweiterung der eingeschränkten Interessen (41.5 %)

Entwicklung und Aufrechterhaltung von Freundschaften (35.8 %)

Entwicklung und Aufrechterhaltung von Freundschaften (29.6 %)

Anmerkungen. Die drei am häufigsten genannten Hauptförderziele in Abhängigkeit von der AutismusDiagnose nach ICD-10. In Klammern: Prozentanteil der Förderungen, bei denen das Förderziel als Hauptförderziel benannt wurde.

Die Verbesserung der sozial-emotionalen Reziprozität war in allen drei Hauptdiagnosegruppen das am häufigsten genannte Förderziel. Für alle drei Hauptdiagnosegruppen stellt die sozial-emotionale Reziprozität offenbar ein übergeordnetes Förderziel dar, dem andere Förderziele untergeordnet sind, wie beispielsweise die Förderung der Sprache, die Erweiterung der eingeschränkten Interessen bei Kindern und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus oder die Entwicklung und

Therapie- und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren

63

Aufrechterhaltung von Freundschaften bei Kindern und Jugendlichen mit Asperger-Syndrom und Atypischem Autismus. Diagnoseübergreifend wurde die Unterstützung der Eltern bei etwa 40 % der Kinder und Jugendlichen als eines der drei Hauptförderziele genannt. Dies dokumentiert den hohen Stellenwert der Elternarbeit im Förderangebot der ATZ. Therapie- und Fördermethoden in den ersten vier Monaten der Förderung Im Therapeutenfragebogen zum zweiten Erhebungszeitpunkt wurden die Therapeutinnen und Therapeuten nach den Therapie- und Fördermethoden gefragt, die sie in den ersten vier Monaten der Förderung angewandt hatten. Dazu wurde ihnen eine Auswahlliste mit 24 Therapie- und Fördermethoden vorgelegt, mit der Bitte, die Methoden anzugeben, nach denen sie in den ersten vier Monaten der Förderung überwiegend gearbeitet hatten. Von den 24 Therapie- und Fördermethoden der Auswahlliste wurden Fördermaßnahmen nach dem Affolter-Modell und nach Montessori von Therapeutinnen und Therapeuten nicht genannt. Einige Therapiemethoden wurden nur vereinzelt eingesetzt. Dazu gehören die Applied Behavior Analysis (ABA; n = 2), das Bremer Elterntrainingsprogramm (BET; n = 2), die Gestützte Kommunikation (FC; n = 1), die Unterstützte Kommunikation (UK; n = 5), das Mind Reading (n = 7), das Picture Exchange Communication System (PECS; n = 9). Die diagnoseübergreifend am häufigsten eingesetzten Therapie- und Fördermethoden waren (1) Themenbearbeitung über Gespräche (60.8 %), (2) Fördermaßnahmen nach dem TEACCHAnsatz (38.1 %) und (3) Spieltherapie (37.6 %). In Abbildung 3.11 sind die häufigsten Fördermethoden in Abhängigkeit von der autistischen Störungsform (Hauptdiagnosegruppen) aufgeführt.

64

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

Themenbearbeitung über Gespräche Förderung nach dem TEACCH-Ansatz Spieltherapie Verhaltenstherapeutische Methoden Rollenspiele Sensorische Integration Wahrnehmungsförderung Training sozialer Kompetenzen Psychoedukation Comic Strips / Social Stories Theory-of-Mind-Training (ToM) Kunst- oder Musiktherapie Einsatz von Medien Systemische Therapie Psychomotorik / Motopädagogik Videogestützte Begleitung von Lernund Entwicklungsprozessen nach… Sonstige Fördermethoden

33.3 % 85.2 % 55.6 % 53.7 % 21.0 % 33.3 % 42.6 % 35.8 % 37.0 % 38.9 % 27.2 % 29.6 % 7.4 % 27.2 % 25.9 % 11.1 % 4.9 % 11.1 % 33.3 % 18.5 % 37.9 % 22.2 % 28.4 % 20.4 % 11.1 % 27.2 % 22.2 % 14.8 % 27.2 % 7,4% 14.8 % 18.5 % 25.9 % 13.0 % 8.7 % 18.5 % 11.1 % 18.5 % 14.8 % Frühkindlicher Autismus (n =54) 9.3 % Asperger-Syndrom (n =81) 14.8 % 7.4 % Atypischer Autismus (n = 27) 9.3 % 8.6 % 11.1 % 13.0 % 6.2 % 7.4 % 46.3 % 11.1 % 18.5 %

0%

Abbildung 3.11

20%

40%

Therapie- und Fördermethoden

60%

80%

Therapie- und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren

65

Tabelle 3.11 zeigt die drei am häufigsten genannten Therapie- und Fördermethoden in Abhängigkeit von der Autismus-Diagnose. In der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Asperger-Syndrom und Atypischem Autismus war die Bearbeitung von Problemen über Gespräche der wichtigste Förderansatz. Bei 85 % der Kinder und Jugendlichen mit Asperger-Syndrom und bei 56 % der Kinder und Jugendlichen mit Atypischem Autismus zählten problemzentrierte Gespräche zu den Hauptfördermethoden. Im Unterschied dazu standen bei Kindern mit Frühkindlichem Autismus neben der Spieltherapie Maßnahmen nach dem TEACCHAnsatz sowie verhaltenstherapeutische Methoden im Vordergrund. Tabelle 3.11 Häufigste Therapie- und Fördermethoden in Abhängigkeit von der Autismus-Diagnose nach ICD-10 Frühkindlicher Autismus (n = 54)

AspergerSyndrom (n = 81)

Atypischer Autismus (n = 27)

1

Fördermaßnahmen nach TEACCH-Ansatz (53 %)

Themenbearbeitung über Gespräche (85 %)

Themenbearbeitung über Gespräche (56 %)

2

Spieltherapie (42 %)

Spieltherapie (36 %)

Spieltherapie (37 %)

3

Verhaltenstherapeutische Methoden (40 %)

Training sozialer Kompetenzen (28 %)

Wahrnehmungsförderung (37 %)

Anmerkungen. In Klammern: Prozentanteil der Kinder, bei denen die Methode eingesetzt wurde.

Unabhängig von der Autismus-Diagnose wurde die Spieltherapie bei mehr als einem Drittel der Kinder und Jugendlichen als vorrangige Fördermethode genannt. In allen drei Hauptdiagnosegruppen gehörte sie zu den drei wichtigsten Fördermethoden. Der Spieltherapie lag ursprünglich ein dezidiert psychoanalytischer Ansatz zugrunde, der in den 1930er Jahren von den Psychoanalytikerinnen Anna Freud (Freud, 1980; erste Auflage 1927) und Melanie Klein (Klein, 1973; erste Auflage 1932) entwickelt wurde. Nach psychoanalytischer Auffassung bietet das kindliche Spiel einen Zugang, unbewusste Konflikte, Wünsche und Ängste des Kindes aufzudecken und diese in einer Weise zu bearbeiten, die das Kind emotional bewältigen kann. Mittlerweile stellt die Spieltherapie eine Methode der Kindertherapie dar, die mit unterschiedlichen theoretischen Konzepten begründet wird und in unterschiedlichen Therapie- und Förderansätzen – beispielsweise in die Verhaltenstherapie (Höfer, 2016), die systemische Therapie (Pleyer, 2001) oder in die heilpädagogische Förderung (Weiss & Mohler, 2008; Simon & Weiss, 2008) – integriert wurde.

66

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

3.5 Elternarbeit in den Autismus-Therapie-Zentren Neben der Einzelförderung des Kindes bzw. Jugendlichen ist die Elternarbeit eine zentrale Aufgabe der ATZ. Bei Aufnahme der Förderung im ATZ wurden die Eltern nach der Unterstützung gefragt, die sie bisher erhalten hatten. Mehr als die Hälfte der Eltern (51.6 %) hatte bereits eine oder mehrere Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch genommen, bevor sie sich an das ATZ gewandt hatten. Abbildung 3.12 zeigt die Bandbreite an Unterstützungsformen, die die Eltern vor der Aufnahme der Förderung im ATZ in Anspruch genommen hatten.

Pädagogische / psychologische Fachdienste (z. B. Psychotherapie)

41.7 %

Selbsthilfegruppe / Elterngruppe

12.4 %

Kommunale Einrichtungen (z. B. Jugendamt, Familienhilfe)

8.7 %

Medizinische Fach- u. Pflegedienste (z. B. ärztliche Beratung, Verhinderungspflege)

4.9 %

Andere Unterstützung (z. B. Telefonseelsorge, ASS Fortbildungen)

13.5 %

%

Abbildung 3.12

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

Einrichtungen, von denen die Eltern vor Förderbeginn im ATZ Unterstützung erhalten hatten

Die Ergebnisse basieren auf den Angaben von 266 Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS, die vor Beginn der Förderung befragt wurden. Mehrfachnennungen waren möglich.

Am häufigsten erhielten die Eltern Unterstützungen von (1) pädagogischen und psychologischen Fachdiensten (z. B. Erziehungsberatungsstellen, Heilpädagogische Praxen, Sozialpädiatrische Zentren), in (2) Selbsthilfe- oder Elterngruppen und (3) von kommunalen Einrichtungen (z. B. Jugendamt, Familienhilfe, Familienentlastender Dienst). Zur Kategorie Andere Unterstützung zählen Betreuungsleistungen und Elternberatungen in verschiedenen Settings (z. B. Telefonseelsorge, ASS Fortbildungen).

Elternarbeit in den Autismus-Therapie-Zentren

67

Unterstützungsangebote für Eltern Zur Dokumentation der Elternarbeit in den ATZ wurden die Therapeutinnen und Therapeuten vier Monate nach Beginn der Förderung nach den Unterstützungsangeboten für Eltern, der Inanspruchnahme der Unterstützung und nach ihren Methoden der Elternarbeit befragt. Abbildung 3.13 zeigt, welche Unterstützungsmaßnahmen den Eltern in den ersten vier Monaten der Förderung angeboten wurden.

Elterngespräche

95.1 %

Eltern- / Selbsthilfegruppe

36.3 %

Teilnahme an der Förderung des Kindes

34.1 %

Einzelcoaching

28.9 %

Analyse von Eltern-Kind-Videos

11.6 %

Analyse von Förder-Videos des Kindes

7.2 %

Elterntraining

2.2 %

Sonstige Angebote

5.5 %

%

Abbildung 3.13

20%

40%

60%

80%

100%

Unterstützungsangebote für Eltern

Die Ergebnisse basieren auf den Angaben der Therapeutinnen und Therapeuten zu 182 Eltern von Kindern mit ASS vier Monate nach Förderbeginn. Mehrfachnennungen waren möglich.

Fast allen Eltern wurden regelmäßig Elterngespräche angeboten, einem Drittel wurde empfohlen, sich einer Eltern- oder einer Selbsthilfegruppe anzuschließen, ebenfalls ein Drittel hatte Gelegenheit, an der Förderung ihres Kindes teilzunehmen. Nur selten wurde den Eltern ein Elterntraining angeboten oder die Interaktions- und Verhaltensprobleme anhand von Videoaufnahmen zu analysieren. Das geringe Angebot dieser Unterstützungsmaßnahmen in den ATZ dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass spezielle Therapie- und Unterstützungsmaßnahmen für Eltern von den Kostenträgern nur selten finanziert werden.

68

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

Die angebotenen Unterstützungsmaßnahmen wurden von mehr als 90 % der Eltern – in der Regel von der Mutter – angenommen. Eine Ausnahme bildeten Elternoder Selbsthilfegruppen. Von den Eltern, denen die Teilnahme an einer Elternoder Selbsthilfegruppe angeboten oder empfohlen wurde, nahmen nur 19.7 % das Angebot wahr. Die geringe Inanspruchnahme dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass die Eltern durch zusätzliche Termine häufig überlastet sind, sich durch Besprechung ihrer Probleme mit anderen Eltern überfordert fühlen oder Schwierigkeiten haben, während der Gruppensitzungen die Betreuung ihres Kindes sicherzustellen. Methoden der Elternarbeit Neben der Einzelförderung des Kindes oder Jugendlichen fand bei 95.1 % der Familien Elternarbeit statt. Abbildung 3.14 gibt einen Überblick über die Methoden der Elternarbeit. Psychoedukation

79.1 %

Systemische Therapie

27.5 %

Krisenintervention

20.3 %

Verhaltenstherapeutische Methoden

19.8 %

Videogestützte Analyse von Lern- und Entwicklungsprozessen (Marte Meo)

4.4 %

0%

Abbildung 3.14

20%

40%

60%

80%

100%

Methoden in der Elternarbeit

Die Ergebnisse basieren auf den Angaben der Therapeutinnen und Therapeuten zu 182 Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS vier Monate nach Förderbeginn. Mehrfachnennungen waren möglich.

Im Vordergrund steht die Psychoedukation, also die Aufklärung der Eltern über das Störungsbild des Kindes und die Möglichkeiten der Therapie im Rahmen von Elterngesprächen oder Elterngruppen oder durch Vorträge und Workshops. Bei einem Fünftel der Familien wurden systemische und verhaltenstherapeutische Methoden eingesetzt und ein Fünftel der Eltern wurde im Rahmen einer Krisenintervention unterstützt.

Zusammenfassung: Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote 3.6

69

Zusammenfassung: Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote der Autismus-Therapie-Zentren

Aus der vorliegenden Dokumentation über die Arbeit der ATZ geht hervor, welche autistischen Störungsformen die Kinder und Jugendlichen aufweisen und welche Unterstützung sie und ihre Familien in den ATZ erhalten. Die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen, die von den ATZ betreut werden, wiesen das AspergerSyndrom auf, das im Vergleich zu den beiden anderen Hauptdiagnosen – Frühkindlicher Autismus und Atypischer Autismus – in der Klientel der ATZ deutlich überrepräsentiert ist. Die Gründe dafür sind unklar. Möglicherweise stehen für diese Störungsform, die im Vergleich zum Frühkindlichen Autismus und Atypischen Autismus relativ spät diagnostiziert wird, nur wenige spezialisierte Fördereinrichtungen zur Verfügung. Die meisten Kinder und Jugendlichen wiesen neben der autistischen Störung eine oder mehrere weitere Störungen auf, die in der Regel die Bewältigung der Anforderungen im Alltag zusätzlich erschweren und die Familien zusätzlich belasten können. Bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit komorbiden Störungen müssen daher oftmals zusätzliche Beeinträchtigungen miteinbezogen werden. Das breite Spektrum der Förderangebote der ATZ, das einen therapeutischen Zugang auf unterschiedlichen Ebenen der Störung ermöglicht, bietet die Voraussetzungen, die Förderung an die durch die komorbide Störung bedingten Beeinträchtigungen des Kindes anzupassen. Die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen, die von den ATZ betreut werden, befand sich im schulpflichtigen Alter. Die Bearbeitung von Problemen in Schule und Unterricht ist damit ein zentraler Bestandteil der Förderung in den ATZ. Davon zeugen nicht zuletzt die häufigen Schulbesuche der Therapeutinnen und Therapeuten sowie die bei vielen Kindern und Jugendlichen erfolgte Zusammenarbeit mit den Lehrkräften unterschiedlicher Schultypen. Die Angaben der Therapeutinnen und Therapeuten zu den in den ersten vier Monaten eingesetzten Fördermaßnahmen zeigen ein breites Spektrum an Methoden, das therapeutische Zugänge auf unterschiedlichen Ebenen des Erlebens und Verhaltens ermöglicht, auf denen die autistische Symptomatik zum Ausdruck kommt. Damit sind Voraussetzungen gegeben, die Förderung an den individuellen Förderbedürfnissen des Kindes bzw. des Jugendlichen auszurichten. Weitgehend ungeklärt bleibt allerdings, auf welche Weise in den ATZ die Fördermaßnahmen für das jeweilige Kind bzw. den Jugendlichen ausgewählt werden. Nur wenige diagnostische Aktivitäten zur differenziellen Therapieindikation konnten doku-

70

Klientel, therapeutisches Personal und Förderangebote

mentiert werden, die erkennen lassen, wie die für die individuellen Förderbedürfnisse des Kindes bzw. Jugendlichen angemessenen Fördermaßnahmen und -methoden bestimmt werden. Die Dokumentation basiert auf der Klientel der zehn ATZ, die sich an der Längsschnittstudie beteiligt haben. Diese zehn ATZ stellen etwa 12.5 % der zurzeit im Bundesverband Autismus Deutschland zusammengeschlossenen 80 ATZ dar (Stand 2017). Inwieweit die hier berichteten Befunde repräsentativ für die im Bundesverband Autismus Deutschland zusammengeschlossenen ATZ sind, ist nicht sicher zu beurteilen. Es fehlen genauere Informationen darüber, inwieweit sich die ATZ in ihrer therapeutischen Ausrichtung und Schwerpunktsetzung, in der Zusammensetzung des therapeutischen Personals und in ihren Förderangeboten unterscheiden. Es bleibt somit offen, ob die Stichprobe der Kinder und Jugendlichen mit ASS in dieser Studie typisch für die Klientel der ATZ ist und inwieweit das hier dokumentierte Spektrum an Förderangeboten und die fachliche Qualifikationen der therapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit denen der übrigen ATZ vergleichbar ist. Die in diesem Kapitel berichteten Ergebnisse basieren jedoch auf einer vergleichsweise großen Stichprobe von 286 Kindern und Jugendlichen mit ASS und vermitteln somit ein erstes Bild über die Zusammensetzung der Kinder und Jugendlichen mit ASS, die in den ATZ gefördert werden, über das Spektrum der Förderangebote und die Bandbreite der beruflichen Qualifikation der therapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ATZ. Bei der Verallgemeinerung der Ergebnisse ist jedoch zu berücksichtigen, dass die ATZ selbstständige Einrichtungen mit eigener Organisationsstruktur und zum Teil mit spezifischen Förderprofilen und Schwerpunkten sind und Unterschiede in der Arbeitsweise, der Ausstattung und dem Förderkonzept bestehen (vgl. Kapitel 1.6).

4 Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-SpektrumStörungen Im Rahmen einer Längsschnittstudie wurde überprüft, inwieweit die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit ASS durch die ATZ zu einer Reduzierung der Belastung der Eltern beiträgt (vgl. Kapitel 5). Diese Fragestellung knüpft an zahlreiche Befunde an, die deutlich machen, dass Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS im Vergleich zu anderen Eltern höhere Anforderungen zu erfüllen haben und stärker belastet sind (vgl. Kapitel 1.7). Um nähere Aufschlüsse darüber zu gewinnen, welche Unterstützungs- und Fördermaßnahmen dazu beitragen, die Belastung der Eltern zu reduzieren, werden im ersten Schritt die Bedingungen genauer betrachtet, die zur Belastung der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS beitragen. Einen Zugang zur Aufklärung der vermittelnden Prozesse, die – ausgehend von der autistischen Störung des Kindes – zu einer erhöhten Belastung der Eltern führen, bietet das in Abbildung 4.1 dargestellte Modell. Es beinhaltet vier Ebenen, auf denen die Prozesse beschrieben werden können, die zur Belastung der Eltern führen.

AutismusSymptomatik

Abbildung 4.1

Beeinträchtigungen im Alltag

Anforderungen für die Eltern

Belastungen der Eltern

Vier-Ebenen-Modell der elterlichen Belastung

Die erste Ebene des Vier-Ebenen-Modells der elterlichen Belastung (vgl. Tröster et al. 2017) ist die Symptomatik der autistischen Störung. Diese wird durch die autistischen Kernsymptome, die qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion, die qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation und der Sprache sowie repetitive stereotype Verhaltensmuster und eingeschränkte Interessen bestimmt. Aus der autistischen Symptomatik ergeben sich Beeinträchtigungen des Kindes im Alltag. Zu den Alltagsbeeinträchtigungen gehören beispielsweise die Schwierigkeiten des Kindes oder Jugendlichen, soziale Beziehungen zu knüpfen und aufrechtzuerhalten, sich sprachlich zu verständigen oder sich von festgefahrenen Routinen zu lösen. Die Funktions- und Aktivitätsbeeinträchtigungen des

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Tröster und S. Lange, Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24815-4_4

72

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

Kindes führen im Alltag zu vermehrten Anforderungen für die Eltern in der Betreuung und Erziehung ihres Kindes, etwa bei der Herstellung und Aufrechterhaltung einer emotional positiven Beziehung zu ihrem Kind, bei der Durchführung gemeinsamer Unternehmungen in der Familie oder im Umgang mit Vorurteilen und Stigmatisierungen im Umfeld. In dem Maße, in dem die Bewältigung dieser Anforderungen in der Betreuung und Erziehung des Kindes die Ressourcen der Eltern beansprucht oder erschöpft, kommt es zur Belastung der Eltern. Tabelle 4.1 gibt eine Übersicht über die diagnostischen Zugänge zur Erfassung der Konstrukte auf den vier Ebenen des Modells (vgl. Kapitel 2.1). Tabelle 4.1

Erhebungsinstrumente

Ebene

Diagnostisches Verfahren

Erhebung

Diagnose nach ICD-10

Therapeuten

Fragebogen zur Sozialen Kommunikation Autismus-Screening (FSK; Bölte & Poustka, 2006)

Eltern

Beeinträchtigungen

Beeinträchtigungen im Alltag

Eltern

Anforderungen für die Eltern

Anforderungsskalen

Eltern

Belastung der Eltern

Eltern-Belastungs-Inventar (EBI; Tröster, 2011) Psychovegetative Stresssymptomatik (Tröster, 2011)

Eltern

AutismusSymptomatik

Die Autismus-Symptomatik wurde mit der Diagnose nach ICD-10 (Dilling & Freyberger, 2016) und mit dem Fragebogen zur Sozialen Kommunikation - Autismus-Screening (FSK; Bölte & Poustka, 2006) erhoben. Zur Erfassung der Beeinträchtigungen des Kindes wurde die Skala Beeinträchtigung im Alltag entwickelt, auf der die Eltern beurteilten, wie stark ihr Kind in verschiedenen Alltagsbereichen (z. B. Freizeitgestaltung, Schule, soziale Kontakte) oder Funktionsbereichen (z. B. Sprache, Motorik) durch die ASS eingeschränkt ist (vgl. Kapitel 2.3.1). Die Anforderungen der Eltern wurden mit einer Anforderungsliste in acht Alltagsbereichen erfasst (vgl. Kapitel 2.3.2). Zur Erfassung der elterlichen Belastung wurde das Eltern-Belastungs-Inventar (EBI, Tröster, 2011) sowie die Skala Psychovegetative Stresssymptomatik (Tröster, 2011) eingesetzt (vgl. Kapitel 2.3.3).

Autismus-Symptomatik und Beeinträchtigungen des Kindes

73

Dem Vier-Ebenen-Modell der elterlichen Belastung folgend wurden im ersten Schritt die Zusammenhänge zwischen der Störungssymptomatik, den Beeinträchtigungen des Kindes, den Anforderungen und den Belastungen der Eltern ermittelt. Die nachfolgend berichteten Ergebnisse basieren auf den Angaben der Eltern und der Therapeutinnen und Therapeuten zu 286 Kindern und Jugendlichen mit ASS, die mit einem Elternfragebogen und einem Therapeutenfragebogen nach der Aufnahme der Förderung erhoben wurden. 4.1 Autismus-Symptomatik und Beeinträchtigungen des Kindes Die beiden ersten Ebenen des Modells der elterlichen Belastung (Abbildung 4.1) umfassen die Störungssymptomatik und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen des Kindes im Alltag. Tabelle 4.2 zeigt die Korrelationen zwischen dem FSK (Bölte & Poustka, 2006) und der Skala Beeinträchtigung im Alltag. Tabelle 4.2

Autismus-Symptomatik und Beeinträchtigungen der Kinder und Jugendlichen im Alltag

Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK)

Beeinträchtigung im Alltag

n

α

Einschränkung der Kommunikation1

243

.50

.27**

Stereotype Verhaltensweisen1

243

.63

.16*

Einschränkung der Sozialen Interaktion

265

.69

.36**

FSK-Gesamtwert

265

.71

.35**

Anmerkungen. Produkt-Moment-Korrelationen zwischen dem Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK; Bölte & Poustka, 2006) und der Skala Beeinträchtigung im Alltag. Interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der FSK-Skalen. 1

nur sprechende Kinder und Jugendliche mit ASS

* p < .05; ** p < .01

Der FSK-Gesamtwert korrelierte mit r = .35 (p < .01) mit der Skala Beeinträchtigung im Alltag, die mit Cronbachs Alpha = .77 eine zufriedenstellende interne Konsistenz erreichte. Zwischen den drei FSK-Subskalen Einschränkung der Kommunikation, Stereotype Verhaltensweisen und Einschränkung der sozialen Inter-

74

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

aktion und der Skala Beeinträchtigungen im Alltag ergaben sich statistisch signifikante, aber nur geringe Zusammenhänge von r = .16 (p < .05) bis r = .36 (p < .01). Die geringen Zusammenhänge zwischen der autistischen Symptomatik und den Beeinträchtigungen des Kindes dürften unter anderem auch darauf zurückzuführen sein, dass die Alltagsbeeinträchtigungen des Kindes nicht ausschließlich von der autistischen Symptomatik bestimmt werden, sondern auch davon abhängen, inwieweit es der Familie gelungen ist, die Auswirkungen der Symptomatik zu kompensieren oder sich darauf einzustellen. Die Beurteilungen der Eltern geben somit nicht allein die aus der Symptomatik resultierenden Funktions- und Aktivitätseinschränkungen, sondern die psychosoziale Anpassung des Kindes wieder, die zeigt, inwieweit es im Alltag gelungen ist, die Auswirkungen der autistischen Symptomatik zu begrenzen und die störungsbedingten Einschränkungen auszugleichen oder sich darauf einzustellen. 4.2 Anforderungsprofil der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen Zur Erfassung der Anforderungen hatten die Eltern 41 potenzielle Anforderungen auf einer vierstufigen Antwortskala (1 = „selten“ bis 4 = „häufig“) daraufhin zu beurteilen, wie häufig sie damit im Alltag konfrontiert werden. Die Anforderungen wurden nach inhaltlichen Gesichtspunkten acht Anforderungsbereichen zugeordnet (vgl. Kapitel 2.3.2). •

Persönliche Lebensführung Vereinbarkeit eigener Bedürfnisse und Interessen mit den elterlichen Anforderungen



Erziehung Umgang mit Problemverhalten des Kindes in Erziehung und Betreuung



Soziale Partizipation Eingeschränkte Möglichkeiten der Eltern, soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen



Partnerschaft Abstimmung mit der Partnerin / dem Partner über die Erziehung des Kindes

Anforderungsprofil der Eltern

75



Eltern-Kind-Beziehung Aufbau und Aufrechterhaltung einer positiven emotionalen Beziehung zum Kind



Soziales Umfeld Umgang mit stigmatisierenden und diskriminierenden Reaktionen im sozialen Umfeld



Familie Organisation gemeinsamer Aktivitäten in der Familie



Professionelle Unterstützung Koordination professioneller Unterstützung

Nach dem Vier-Ebenen-Modell der elterlichen Belastung ergeben sich aus den störungsbedingten Beeinträchtigungen des Kindes spezifische Anforderungen für die Eltern. Diesem Ansatz entsprechend sind enge Zusammenhänge zwischen den Beeinträchtigungen des Kindes und den elterlichen Anforderungen zu erwarten. Tabelle 4.3 zeigt die Korrelationen zwischen der Skala Beeinträchtigung im Alltag und den Anforderungen der Eltern in den acht Anforderungsbereichen. Tabelle 4.3

Elterliche Anforderungen und Beeinträchtigung des Kindes

Anforderungsbereich Persönliche Lebensführung Erziehung Soziale Partizipation Soziales Umfeld Partnerschaft Familie Eltern-Kind-Beziehung Professionelle Unterstützung Anforderungen gesamt1

n

α

Beeinträchtigung im Alltag

261 262 247 254 223 257 259 246 262

.90 .75 .80 .90 .79 .73 .69 .54 .93

.32** .51** .33** .39** .30** .45** .19** .29** .52**

Anmerkungen. Produkt-Moment-Korrelationen der elterlichen Anforderungen mit den Beeinträchtigungen des Kindes im Alltag. Interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Anforderungsskalen. 1

Summenscore der 41 Einzelanforderungen

** p < .01

76

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

Die Skala Beeinträchtigung im Alltag (Cronbachs Alpha = .77) korreliert in mittlerer Höhe (r = .52; p < .01) mit den elterlichen Anforderungen (Summenscore der 41 Anforderungen der Anforderungsliste). Je stärker das Kind durch die ASS im Alltag eingeschränkt ist, desto höher sind die Anforderungen der Eltern. Dass mit dem Grad der Beeinträchtigung des Kindes die Anforderungen für die Eltern zunehmen, ist zu erwarten. Interessanter dürfte die Frage sein, wie stark sich die Alltagsbeeinträchtigungen des Kindes auf die elterlichen Anforderungen in den verschiedenen Bereichen auswirken. Hinweise darauf geben die in Tabelle 4.3 aufgeführten Einzelkorrelationen. Ein enger Zusammenhang zwischen den Beeinträchtigungen des Kindes und den elterlichen Anforderungen zeigte sich in den Bereichen Erziehung (r = .51; p < .01) und Familie (r = .45; p < .01). Die Anforderungen der Eltern in der Erziehung des Kindes und in der Organisation des Familienlebens hängen danach in hohem Maß vom Grad der Beeinträchtigung des Kindes ab. Offenbar ergeben sich aus den autismusbedingten Einschränkungen des Kindes verstärkte Anforderungen in der Erziehung, insbesondere im erzieherischen Umgang mit den Verhaltensproblemen des Kindes und erschweren gemeinsame Aktivitäten in der Familie. Substanzielle Auswirkungen haben die Beeinträchtigungen des Kindes auch auf die Anforderungen, mit denen die Eltern in ihrem sozialen Umfeld konfrontiert werden (r = .39; p < .01). Je stärker das Kind durch seine autistische Störung im Alltag beeinträchtigt ist, desto häufiger sehen sich die Eltern gefordert, sich mit stigmatisierenden oder diskriminierenden Reaktionen in ihrem sozialen Umfeld auseinanderzusetzen. Nur geringe Zusammenhänge ergaben sich zwischen den Beeinträchtigungen des Kindes und den Anforderungen der Eltern in den Bereichen Eltern-Kind-Beziehung (r = .19; p < .01) und Professionelle Unterstützung (r = .29; p < .01). Die Anforderungen zur Herstellung und Aufrechterhaltung einer emotional positiven Beziehung zum Kind (Eltern-Kind-Beziehung) und zur Koordination der Unterstützung, die die Familie von verschiedenen Seiten erhält (Professionelle Unterstützung), sind danach nur in geringem Maße vom Grad der Beeinträchtigung des Kindes abhängig. Aus dem Anforderungsprofil der Eltern geht hervor, wie stark sie in den verschiedenen Bereichen durch die störungsbedingten Beeinträchtigungen ihres Kindes beansprucht werden. Abbildung 4.2 zeigt das elterliche Anforderungsprofil in Abhängigkeit von der Autismus-Diagnose des Kindes. In keinem Anforderungsbereich ergaben sich statistisch bedeutsame Unterschiede zwischen den drei Hauptdiagnosegruppen Frühkindlicher Autismus, Asperger-Syndrom und Atypischer Autismus. Die Anforderungen für die Eltern hängen offenbar nicht von der

Anforderungsprofil der Eltern

77

Art der autistischen Störung des Kindes oder Jugendlichen ab, wie sie nach ICD10 unterschieden werden. Anforderungsbereich

selten

manchmal

häufig

sehr häufig

Persönliche Lebensführung Erziehung Soziale Partizipation Soziales Umfeld Partnerschaft Familie Eltern-Kind-Beziehung Professionelle Unterstützung

Abbildung 4.2

Elterliches Anforderungsprofil in Abhängigkeit von der Autismus-Diagnose des Kindes nach ICD-10

Anforderungen der Eltern (Mittelwerte) von Kindern und Jugendlichen mit Frühkindlichem Autismus (blau, n = 87), Asperger-Syndrom (rot; n = 138) und Atypischem Autismus (grün; n = 35).

Einen bedeutsamen Einfluss auf die Anforderungen der Eltern haben hingegen komorbide Störungen der Kinder (vgl. Kapitel 3.1). Eltern von Kindern, die neben der ASS eine oder mehrere weitere Störungen aufweisen, erleben höhere Anforderungen als Eltern von Kindern ohne komorbide Störungen (F1,249 = 6.29, p < .05, ηp² = .025). Signifikante Unterschiede in Abhängigkeit von komorbiden Störungen des Kindes ergaben sich in den Anforderungsbereichen Partnerschaft (F1,219 = 7.35, p < .01, ηp² = .034) und Familie (F1,244 = 8.05, p < .01, ηp² = .032). Eltern von Kindern und Jugendlichen mit komorbiden Störungen fühlten sich stärker gefordert, sich mit der Partnerin bzw. dem Partner in Erziehungsfragen abzustimmen

78

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

(Partnerschaft) und gemeinsame Aktivitäten in der Familie zu organisieren (Familie). 4.3

Determinanten der Anforderungen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen

Um näheren Aufschluss darüber zu gewinnen, wie stark sich die Symptomatik und die Alltagsbeeinträchtigungen des Kindes auf die elterlichen Anforderungen in den verschiedenen Bereichen auswirken, wurde im Rahmen der explorativen Datenanalyse für jeden Anforderungsbereich eine schrittweise multiple Regression durchgeführt. Als Prädiktoren der elterlichen Anforderungen wurden die drei Subskalen des FSK (Einschränkungen der Kommunikation, Stereotype Verhaltensweisen, Einschränkungen der sozialen Interaktion), die Skala Beeinträchtigung im Alltag sowie die Anzahl komorbider Störungen miteinbezogen. Abbildung 4.3 zeigt die Ergebnisse der multiplen Regressionsanalysen. Dem multiplen Korrelationskoeffizient R in Abbildung 4.3 ist zu entnehmen, wie stark die Anforderungen der Eltern in dem jeweiligen Bereich von der Symptomatik und den Beeinträchtigungen des Kindes bestimmt werden. Das standardisierte Regressionsgewicht β als Maß für den Beitrag des Prädiktors zur Varianzaufklärung des Kriteriums gibt die Bedeutung des Prädiktors wieder. Die Skala Beeinträchtigung im Alltag trägt in sieben der acht Anforderungsbereiche signifikant zur Vorhersage der elterlichen Anforderungen bei und ist damit der bedeutsamste Prädiktor. Die Anforderungen für die Eltern sind demnach vor allem davon abhängig, wie stark das Kind im Alltag eingeschränkt ist. Als ein weiterer bedeutsamer Prädiktor der elterlichen Anforderungen erwies sich die FSK-Subskala Stereotype Verhaltensweisen, die in fünf Bereichen signifikant zur Vorhersage der elterlichen Anforderungen beiträgt. Die mit dieser Skala erfassten autistischen Verhaltensauffälligkeiten (z. B. „Bewegt Ihr Kind seinen ganzen Körper auf komplizierte Weise, z. B. indem es Drehbewegungen durchführt oder wiederholt auf- und niederhüpft?“) stellen danach hohe Anforderungen an die Eltern in der Erziehung, in der Persönlichen Lebensführung, in der Auseinandersetzung mit stigmatisierenden Reaktionen im sozialen Kontakt (Soziales Umfeld), bei der Pflege sozialer Kontakte (Soziale Partizipation) und in der Abstimmung der Erziehung mit der Partnerin bzw. dem Partner (Partnerschaft).

Determinanten der Anforderungen

79

Persönliche Lebensführung

Soziale Partizipation

R = .37

R = .38

Prädiktor

β

Soziales Umfeld

Erziehung

R = .37

R = .67

Prädiktor

β

Prädiktor

β

Prädiktor

β

Beeinträchtigung im Alltag .26

Stereotype Ver- .27 haltensweisen

Stereotype Ver- .37 haltensweisen

Beeinträchtigung im Alltag

Stereotype Verhaltensweisen .22

Beeinträchtigung im Alltag .22

Beeinträchtigung im Alltag

.31

Stereotype Ver.16 haltensweisen

Einschränkung der sozialen Interaktion

.27

Familie

R = .49 Prädiktor

β

Beeinträchtigung im Alltag .34 Einschränkung der sozialen .29 Interaktion

Abbildung 4.3

.31

Eltern-KindBeziehung

Partnerschaft

Professionelle Unterstützung

R = .31

R = .28

R = .28

Prädiktor

β

Einschränkung der sozialen .31 Interaktion

Prädiktor

β

Beeinträchtigung im Alltag .21

Prädiktor

β

Beeinträchtigung im Alltag .28

Stereotype Ver- .15 haltensweisen

Vorhersage der elterlichen Anforderungen

Ergebnisse der schrittweisen multiplen Regression der Anforderungen. Multipler Korrelationskoeffizient (R) und signifikante Prädiktoren mit standardisierten Regressionsgewichten (β).

80

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

Die Anforderungen der Eltern in der Erziehung weisen den engsten Zusammenhang mit den Beeinträchtigungen und der Symptomatik des Kindes auf (R = .67). Wie stark sich Eltern in der Erziehung ihres Kindes gefordert fühlen, hängt im hohen Maße vom Schweregrad der Symptomatik und vom Ausmaß der Beeinträchtigungen des Kindes ab. In den anderen Bereichen zeigten sich deutlich geringere Zusammenhänge zwischen der Symptomatik und den Beeinträchtigungen des Kindes und den elterlichen Anforderungen. Die elterlichen Anforderungen im Bereich Eltern-Kind-Beziehung werden von den Einschränkungen in der sozialen Interaktion bestimmt, die mit der gleichnamigen FSK-Skala erfasst wurden (z. B. „Versucht Ihr Kind Sie zu trösten, wenn Sie traurig oder verletzt sind?“). Die Anforderungen, eine positive emotionale Beziehung zum Kind aufzubauen, ist danach vor allem davon abhängig, wie stark das Kind durch die ASS in seinen Fähigkeiten eingeschränkt ist, an der sozialen Interaktion teilzunehmen. 4.4 Anforderungen und Belastungen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen Die Belastung der Eltern wurde mit dem Eltern-Belastung-Inventar (EBI; Tröster, 2011) und der Symptomliste Körperliche Beschwerden erhoben. Das EBI erfasst mit 12 Subskalen verschiedene Belastungsquellen, mit denen ein individuelles Belastungsprofil erstellt werden kann (vgl. Kapitel 2.3.3). Die Subskalen sind zwei übergeordneten Bereichen zugeordnet, dem Kindbereich und dem Elternbereich. Der Kindbereich (Cronbachs Alpha = .88) erfasst die Belastung, die sich aus dem Verhalten und den Eigenschaften ihres Kindes ergibt; mit dem Elternbereich (Cronbachs Alpha = .93) werden die Belastungen erfasst, die auf Einschränkungen elterlicher Funktionsbereiche basieren. Mit der Symptomliste wurden die Eltern nach verschiedenen körperlichen Beschwerden befragt. Die Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse mit orthogonaler Rotation nach Varimax) mit den 14 Items der Skala extrahierte vier Faktoren mit einem Eigenwert > 1, die insgesamt 63.3 % der Varianz aufklärten. Auf dem ersten Faktor mit einem Varianzanteil von 37.9 % laden vier Beschwerden (Allgemeine Nervosität / Gereiztheit, Müdigkeit / Mattigkeit / Erschöpfung, Schlafstörung / Schlaflosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden), die zur Skala Psychovegetative Stresssymptomatik zusammenfasst wurden. Die Skala erreichte eine interne Konsistenz von Cronbachs Alpha = .78 und korreliert mit der Belastung im EBIElternbereich mit r = .54 (p < .01), im EBI-Kindbereich mit r = .33 (p < .01) und

Anforderungen und Belastungen der Eltern

81

mit der EBI-Gesamtbelastung mit r = .40 (p < .01). Die engen korrelativen Zusammenhänge zwischen den Anforderungen und der mit dem EBI erfassten Belastung (vgl. Tabelle 4.4) verdeutlichen, dass die Belastung der Eltern im hohen Maße von den Anforderungen bestimmt wird, die sich ihnen in den verschiedenen Alltagsbereichen stellen. Deutlich geringer war der Zusammenhang zwischen den Anforderungen und der psychovegetativen Stresssymptomatik. Offenbar zeigen sich vermehrte Anforderungen vorrangig im Belastungserleben der Eltern, kommen jedoch nicht unmittelbar in körperlichen Stresssymptomen zum Ausdruck. Tabelle 4.4

Anforderungen und Belastungen der Eltern

Anforderungsbereich

n

Eltern-BelastungsInventar (EBI)

Psychovegetative Stresssymptomatik Kind- ElternGesamt bereich bereich

Persönliche Lebensführung

253

.51

.66

.65

.38**

Erziehung

256

.61

.47

.56

.25**

Soziale Partizipation

242

.50

.57

.59

.34**

Soziales Umfeld

252

.53

.51

.56

.25**

Partnerschaft1

220

.43

.56

.55

.28**

Familie

252

.54

.46

.53

.33**

Eltern-Kind-Beziehung

253

.31

.40

.57

.15*

Professionelle Unterstützung

244

.25

.27

.28

.17**

Anforderungen gesamt2

250

.70

.69

.75

.38**

Anmerkungen. Produkt-Moment Korrelationen zwischen den elterlichen Anforderungen in verschiedenen Anforderungsbereichen (Mittelwerte) und dem Eltern-Belastungs-Inventar (Tröster, 2011). 1 nur Eltern, die in fester Partnerschaft leben * p < .05; ** p < .01

2

Summenscore der 41 Anforderungen

In welchem Maße die Anforderungen in den verschiedenen Bereichen die Eltern belasten, geht aus den Ergebnissen der multiplen Regressionsanalysen hervor, die für den Kindbereich und den Elternbereich des EBI mit den acht Anforderungsbereichen als Prädiktoren durchgeführt wurden (vgl. Abbildung 4.4).

82

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

Der bedeutsamste Prädiktor der Belastung im Elternbereich sind die eingeschränkten Selbstentfaltungsmöglichkeiten der Eltern (Persönliche Lebensführung). Die begrenzte Möglichkeit der Eltern, ihren eigenen Interessen und Bedürfnissen nachzugehen („Ich muss auf viele Dinge verzichten, die ich gerne tue.“), erweist sich damit als die bedeutsamste Belastungsquelle im Elternbereich. Weitere Belastungsquellen im Elternbereich sind die Aufrechterhaltung einer emotional-positiven Beziehung zum Kind (Eltern-Kind-Beziehung), die Abstimmung mit der Partnerin bzw. dem Partner über die Erziehung des Kindes (Partnerschaft) und der Umgang mit Vorurteilen und Stigmatisierungen im sozialen Umfeld (Soziales Umfeld). Diese Belastungsquellen klären etwa 58 % der Varianz der Belastung der Eltern im Elternbereich des EBI auf. Belastung im Elternbereich

Belastung im Kindbereich

R = .76 Anforderungsbereich Persönliche Lebensführung Eltern-Kind-Beziehung Partnerschaft Soziales Umfeld Abbildung 4.4

R = .68 β .45 .24 .21 .17

Anforderungsbereich Erziehung Familie Soziales Umfeld Soziale Partizipation

β .35 .20 .16 .16

Ergebnisse der multiplen Regressionen

Die Ergebnisse der Regressionsanalysen zeigen, dass die Anforderungen, die sich den Eltern in verschiedenen Bereichen stellen, sie in unterschiedlichem Maße belasten. Die Belastung der Eltern, die sich aus der Beanspruchung ihrer Ressourcen ergibt (Elternbereich des EBI), resultiert vor allem aus den Anforderungen, ihre persönlichen Interessen und Bedürfnisse mit der Elternrolle zu vereinbaren. Die Eltern fühlen sich umso stärker belastet, je mehr sie sich in ihren Möglichkeiten eingeschränkt sehen, ihren eigenen Bedürfnissen nachzugehen. Die bedeutsamste Belastungsquelle für die Belastung im EBI-Kindbereich sind die Anforderungen in der Erziehung. Insbesondere das Problemverhalten des Kindes sowie der erhöhte Aufwand für die Betreuung des Kindes tragen zur Belastung der Eltern bei.

Ressourcen der Eltern

83

4.5 Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit AutismusSpektrum-Störungen Neben den Anforderungsbereichen als Belastungsquellen wurden potenzielle Ressourcen der Eltern erhoben, die zur Bewältigung der Anforderungen von Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS beitragen können. Eltern, die über Ressourcen verfügen oder diese mobilisieren können, sollten daher weniger stark belastet sein als Eltern, die nur auf geringe Ressourcen zurückgreifen können. Drei potenzielle Ressourcen wurden im Rahmen der Längsschnittstudie erhoben. •

Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in der Erziehung Die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in der Erziehung geben das Vertrauen der Eltern in die Wirksamkeit des eigenen erzieherischen Handelns wieder. Zur Erfassung der erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen wurde der Fragebogen zum Kompetenzgefühl von Eltern (FKE; Miller, 2001) eingesetzt (vgl. Kapitel 2.3.4).



Qualität der Partnerschaft Zur Erfassung der Qualität der Partnerschaft wurde die Skala Partnerschaft aus dem Elternstressfragebogen (ESF; Domsch & Lohaus, 2010) eingesetzt. Die Skala erfasst die wahrgenommene Unterstützung durch die Partnerin bzw. den Partner, die Übereinstimmung in Erziehungsfragen und die Zufriedenheit in der Partnerschaft (vgl. Kapitel 2.3.4).

• Soziale Unterstützung Die Skala Verfügbarkeit sozialer Unterstützung (VSU; Tröster, 2011) erfasst die wahrgenommene Verfügbarkeit emotionaler, instrumenteller und informationeller Unterstützung (vgl. Kapitel 2.3.4). Zwischen den elterlichen Ressourcen und der EBI-Gesamtbelastung ergaben sich statistisch signifikante, aber nur geringe korrelative Zusammenhänge von r = -.24 bis r = -.35 (vgl. Tabelle 4.5). Die multiple Regression mit den Ressourcen als Prädiktoren erklärt ca. 19 % der EBI-Gesamtbelastung. Alle drei Prädiktoren tragen unabhängig voneinander zur Vorhersage der Belastung bei. Als bedeutsamster Prädiktor erwies sich die Soziale Unterstützung (β = -.255, p < .01), gefolgt von der Selbstwirksamkeitsüberzeugung (β = -.198, p < .01) und der Qualität der Partnerschaft (β = -.141, p < .05). Danach ist die Belastung der Eltern umso geringer, je stärker sie darauf vertrauen, Unterstützung in ihrem sozialen Umfeld finden zu können, je stärker sie vom Erfolg ihrer Erziehungsmaßnahmen überzeugt sind und je mehr Unterstützung sie von ihrer Partnerin bzw. ihrem Partner erfahren.

84 Tabelle 4.5

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern Elterliche Ressourcen und Belastung

Ressourcen

n

α

Eltern-Belastungs-Inventar (EBI) Kindbereich

Elternbereich

Gesamt

Selbstwirksamkeitsüberzeugung in der Erziehung

255

.75

-.23**

-.32**

-.31**

Partnerschaft1

212

.84

-.05

-.31**

-.24**

Soziale Unterstützung

253

.91

-.24**

-.36**

-.35**

Anmerkungen. Produkt-Moment-Korrelationen zwischen den elterlichen Ressourcen und dem ElternBelastungs-Inventar (EBI). Anzahl der Eltern (n) und interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Skalen. ** p < .01 1

nur Eltern, die in einer Partnerschaft leben

4.6 Bewältigungsstrategien und elterliche Belastung Ob Anforderungen zu Belastungen führen, dürfte auch von der Art und Weise abhängen, wie die Eltern versuchen, die Anforderungen zu bewältigen. Unangemessene (dysfunktionale) Bewältigungsstrategien erschweren es den Eltern, ihre Aufgaben in der Erziehung und Betreuung ihres Kindes zu bewältigen und sollten daher zur Belastung beitragen; angemessene (funktionale) Bewältigungsstrategien erleichtern es ihnen, auftretende Probleme zu meistern und sollten dementsprechend die Belastung reduzieren. Wie die Eltern die Anforderungen, die sich ihnen in der Erziehung und Betreuung ihres Kindes mit ASS stellen, bewältigen, wurde mit dem Brief Cope (Carver, 1997; in der Übersetzung von Knoll, 2002) erhoben (vgl. Kapitel 2.3.5). Der Brief Cope, der den Eltern nach Beginn der Förderung vorgelegt wurde, erfasst 14 habituelle Bewältigungsstrategien, darunter funktionale Strategien (z. B. Positive Umdeutung) und dysfunktionale Strategien (z. B. Verhaltensrückzug). Der Skala wurden zwei Items hinzugefügt, die Negative Gedanken und Reaktionen der Eltern auf Anforderungen erfassen, die sich aus Verhaltensproblemen ihres Kindes ergeben („Ich habe ungeduldig auf alles reagiert, was mein Kind getan hat.“, „Ich habe gedacht, dass mein Kind mich absichtlich provozieren will.“).

Bewältigungsstrategien und elterliche Belastung

85

Um die Einzelstrategien zu übergeordneten Strategien zusammenzufassen, wurde mit den Daten von 231 Eltern eine Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse) mit den 15 Einzelstrategien durchgeführt. Die Faktorenanalyse extrahierte nach orthogonaler Rotation nach Varimax vier Faktoren mit einem Eigenwert > 1, die 57.8 % der Varianz aufklären. Tabelle 4.6 zeigt die Ladungen der 15 Einzelstrategien auf den vier Faktoren. Tabelle 4.6

Ergebnisse der Faktorenanalyse der 15 Bewältigungsstrategien

Bewältigungsstrategie

Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

Faktor 4

h2

Instrumentelle Unterstützung

.922

.910

Ausleben von Emotionen

.922

.910

Emotionale Unterstützung

.759

.615

Religion

.337

.161

Planung

.776

.740

Verhaltensrückzug

-.759

.637

Positive Umdeutung

.689

.545

.599

.491

.537

.458

Aktive Bewältigung

.326

Akzeptanz Selbstbeschuldigung

.786

.684

Verleugnung

.763

.599

Negative Reaktionen1

.477

.336

Humor

.754

.698

Ablenkung

.325

.587

.484

Alkohol / Drogen

.385

.490

.401

12.72

9.43

57.8

Aufgeklärte Varianz in %

17.86

17.77

Anmerkungen. Bewältigungsstrategien des Brief Cope (Carver, 1997) mit Faktorenladungen (> .3) und Kommunalitäten (h2). 1

Die Skala Negative Gedanken und Reaktionen auf Anforderungen, die vom Kind ausgehen, wurde hinzugefügt.

86

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

Der erste Faktor, der 17.9 % der Varianz aufklärt, wird durch die Strategien Instrumentelle Unterstützung, Ausleben von Emotionen, Emotionale Unterstützung und Religion markiert. Dieser Faktor beschreibt die Neigung der Eltern, in Stresssituationen ihre emotionale Betroffenheit zu zeigen und instrumentelle und emotionale Unterstützung im sozialen Umfeld zu mobilisieren. Dieses, durch die vier Einzelstrategien bestimmte Bewältigungsverhalten lässt sich als Suche nach Unterstützung kennzeichnen. Der zweite Faktor mit einer Varianzaufklärung von 17.8 % wird durch die Strategien Planung, Verhaltensrückzug (mit negativer Ladung), Positive Umdeutung, Aktive Bewältigung und Akzeptanz bestimmt. Diese Einzelstrategien bringen das Bestreben der Eltern zum Ausdruck, anstehende Probleme direkt anzugehen. Der Faktor gibt eine Aktive Bewältigung wieder. Auf dem dritten Faktor (12.7 % Varianzaufklärung) laden die Strategien Selbstbeschuldigung, Verleugnung und Negative Gedanken und Reaktionen. Dieser Faktor beschreibt die Neigung, die Konfrontation mit Problemen aktiv zu vermeiden und sich selbst für auftretende Schwierigkeiten Vorwürfe zu machen. Dieser Faktor gibt die Tendenz der Eltern zur Verleugnung und Selbstbeschuldigung wieder. Der vierte Faktor, der 9.4 % der Varianz aufklärt, wird durch die Strategien Humor, Ablenkung und Alkohol / Drogen bestimmt. Das Gemeinsame dieser Strategien ist das Bestreben der Eltern, sich durch Ablenkung Erleichterung zu verschaffen. Auf der Basis der Faktoren wurden vier Bewältigungsskalen gebildet, indem die Items der Einzelstrategien, die auf einem Faktor hoch laden, zu einer Skala zusammengefasst wurden. • Suche nach Unterstützung Die Strategie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Eltern ihre negativen Gefühle und Betroffenheit zum Ausdruck bringen (z. B. „Ich habe offen gezeigt, wie schlecht ich mich fühle.“), bei Problemen soziale Unterstützung in ihrem Umfeld mobilisieren (z. B. „Ich habe versucht, mir von anderen Menschen Rat oder Hilfe einzuholen.“) und Halt in der Religion suchen (z. B. „Ich habe versucht, Halt in meinem Glauben zu finden.“). • Aktive Bewältigung Eltern, die diese Strategie verfolgen, überlegen sich, wie sie schwierige Anforderungen am besten bewältigen können (z. B. „Ich habe versucht, mir einen Plan zu überlegen, was ich tun kann.“) und sind bestrebt, auftretende Probleme aktiv zu lösen (z. B. „Ich habe mich darauf konzentriert etwas an meiner Situation zu verändern.“). Sie bemühen sich, die Probleme aus einer konstruktiven Perspektive zu betrachten (z. B. „Ich habe versucht, etwas Gutes in dem zu finden, was mir passiert ist.“), sind bereit, die Probleme, die die ASS ihres Kindes mit sich bringen, zu akzeptieren (z. B. „Ich habe mich

Bewältigungsstrategien und elterliche Belastung

87

damit abgefunden, dass solche Situationen immer wieder mit meinem Kind auftreten.“) und lassen nicht nach, wenn es darum geht, Probleme zu lösen oder schwierige Situationen zu meistern (z. B. „Ich habe versucht die Situation in den Griff zu kriegen.“). • Verleugnung und Selbstbeschuldigung Diese Strategie gibt die Neigung der Eltern wieder, Probleme zu leugnen (z. B. „Ich habe mir eingeredet, dass das alles nicht wahr ist.“), die Schuld für die Schwierigkeiten bei sich selbst zu suchen (z. B. „Ich habe mir für die Dinge, die mir widerfahren sind, selbst die Schuld gegeben.“) und mit negativen Gefühlen auf Anforderungen zu reagieren, die vom Verhalten ihres Kindes ausgehen (z. B. „Ich habe ungeduldig auf alles reagiert, was mein Kind getan hat.“). • Ablenkung Diese Strategie kommt in dem Bestreben der Eltern zum Ausdruck, sich abzulenken (z. B. „Ich habe mich mit Arbeit oder anderen Sachen beschäftigt, um auf andere Gedanken zu kommen.“), sich durch Alkohol Entlastung zu verschaffen (z. B. „Ich habe Alkohol oder andere Mittel zu mir genommen, um mich besser zu fühlen.“) oder durch Humor Distanz zu den Problemen zu gewinnen, um sich zu entlasten und die eigene Lage erträglicher zu machen (z. B. „Ich habe Witze über die Situation gemacht.“). Die Skalen Suche nach Unterstützung (8 Items), Aktive Bewältigung (10 Items) und Verleugnung und Selbstbeschuldigung (6 Items) wiesen relativ hohe interne Konsistenzen auf, die Skala Ablenkung (6 Items) erreichte noch eine zufriedenstellende interne Konsistenz. Die Korrelationen zwischen den Bewältigungsskalen und dem EBI sind der Tabelle 4.7 zu entnehmen. Die dysfunktionalen Strategien Verleugnung und Selbstbeschuldigung sowie Ablenkung wiesen relativ enge Zusammenhänge sowohl mit der Belastung der Eltern im EBI-Kindbereich als auch mit der Belastung im EBI-Elternbereich auf. Deutlich geringere Zusammenhänge mit der Elternbelastung ergaben sich mit den Bewältigungsstrategien Suche nach Unterstützung und Aktive Bewältigung.

88

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

Tabelle 4.7

Bewältigungsstrategien und Belastung der Eltern

Bewältigungsstrategien

n

α

Eltern-Belastungs-Inventar (EBI) Kindbereich Elternbereich

Gesamt

Suche nach Unterstützung

259 .76

.13*

.16*

.17**

Aktive Bewältigung

259 .80

.20**

.09

.16**

Verleugnung und Selbstbeschuldigung

258 .78

.36**

.50**

.48**

Ablenkung

259 .63

.41**

.28**

.37**

Anmerkungen. Produkt-Moment-Korrelationen zwischen den Bewältigungsskalen und dem Eltern-Belastungs-Inventar (EBI). Anzahl der Eltern (n) und interne Konsistenz (Cronbachs α) der Bewältigungsskalen. * p < .05; ** p < .01

Die korrelativen Zusammenhänge zwischen den Bewältigungsstrategien und der Belastung der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS geben jedoch noch keinen Aufschluss über die Funktion der Bewältigungsstrategien für die Stressgenese. Angenommen wurde, dass die Bewältigungsstrategien der Eltern dadurch Einfluss auf die Belastung nehmen, dass sie die Bewältigung der Anforderungen erleichtern oder erschweren. Ob die Anforderungen, die sich den Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS stellen, zu Belastungen führen, sollte danach davon abhängen, wie Eltern die Anforderungen bewältigen. Den Bewältigungsstrategien wird damit eine Mediatorfunktion zugeschrieben: Funktionale Bewältigungsstrategien sollten die Bewältigung der Anforderungen erleichtern und damit zur Entlastung der Eltern beitragen; dysfunktionale Bewältigungsstrategien sollten dagegen die Bewältigung der Anforderungen erschweren und damit die Belastung der Eltern erhöhen (vgl. Abbildung 4.5). Bewältigungsstrategien der Eltern

Anforderungen

Abbildung 4.5

Belastungen der Eltern

Mediatorfunktion der elterlichen Bewältigungsstrategien

Bewältigungsstrategien und elterliche Belastung

89

Ob und in welchem Maße der Einfluss der Anforderungen auf die Belastung wie angenommen durch die Bewältigungsstrategien der Eltern vermittelt wird, wurde durch eine Mediatoranalyse (Baron & Kenny, 1986) überprüft. Sie gibt Aufschluss darüber, inwieweit der korrelative Zusammenhang zwischen den Anforderungen und der elterlichen Belastung, der in Tabelle 4.4 dokumentiert wurde, auf die Bewältigungsstrategien der Eltern zurückgeht. Die Mediatoranalyse wurde mit dem SPSS-Macro PROCESS in der Version 2.16 von Andrew Hayes durchgeführt. Als potenzielle Mediatoren wurden die vier Bewältigungsstrategien Aktive Bewältigung, Suche nach Unterstützung, Verleugnung und Selbstbeschuldigung und Ablenkung in die Analyse miteinbezogen. Abbildung 4.5 zeigt das Ergebnis der Mediatoranalyse mit den vier Bewältigungsstrategien als Mediatoren, dem Summenscore der Anforderungen als unabhängige Variable und die Belastung der Eltern (EBI-Gesamtwert) als abhängige Variable. Das Pfaddiagramm in der Abbildung 4.6 zeigt einen bedeutsamen direkten Einfluss der Anforderungen auf die Belastung der Eltern. Dem hohen Pfadkoeffizienten (β = .655, p < .01) von den Anforderungen zur Belastung ist zu entnehmen, dass die Anforderungen weitgehend unabhängig von den elterlichen Bewältigungsstrategien zur Belastung führen. Die Anforderungen, die die Eltern zu bewältigen haben, tragen damit maßgeblich zur Belastung bei, ungeachtet der Bewältigungsstrategien, die sie verfolgen. Die Annahme, dass die elterlichen Bewältigungsstrategien die Auswirkungen der Anforderungen auf die Belastung vermitteln, indem sie die Bewältigung der Anforderungen entweder erleichtern oder erschweren und so die Belastung reduzieren oder erhöhen, konnte für funktionale Bewältigungsstrategien nicht belegt werden. Die beiden indirekten Pfade von den Anforderungen über die Strategie Aktive Bewältigung bzw. über die Strategie Suche nach Unterstützung waren statistisch nicht signifikant. Weder für die Aktive Bewältigung noch für die Suche nach Unterstützung konnte somit ein Mediatoreffekt belegt werden.

90

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

Aktive Bewältigung ȕ -.052

ȕ 206**

Suche nach Unterstützung ȕ -.071

ȕ 78

Anforderungen

ȕ 655**

ȕ **

Belastung der Eltern

ȕ 089*

Ablenkung ȕ 48**

ȕ 204**

Verleugnung und Selbstbeschuldigung

Abbildung 4.6

Ergebnisse der Mediatoranalyse

* p < .05; ** p < .01

Signifikante Mediatoreffekte ergaben sich aber für die dysfunktionalen Strategien Vermeidung und Selbstbeschuldigung und Ablenkung, wie die signifikanten Pfadkoeffizienten von den Anforderungen über die Verleugnung und Selbstbeschuldigung bzw. über die Ablenkung zur Elternbelastung zeigen (vgl. Abbildung 4.6). Im Vergleich zum direkten Einfluss der Anforderungen auf die Belastung ist der Mediatoreffekt der dysfunktionalen Bewältigungsstrategien allerdings gering. Während 87.2 % der Belastung auf den direkten Einfluss der Anforderungen zurückgehen, werden durch die Verleugnung und Selbstbeschuldigung 9.5 % und durch die Ablenkung 4.0 % des gesamten Effekts der Anforderungen auf die Belastung vermittelt. Insgesamt werden 13.5 % der Auswirkungen der Anforderungen auf die Belastung durch die beiden Bewältigungsstrategien vermittelt.

Zusammenfassung: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

91

4.7 Zusammenfassung: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Autismus-SpektrumStörungen Um aufzuklären, wodurch Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS belastet sind, wurden dem Vier-Ebenen-Modell der elterlichen Belastung folgend die Zusammenhänge zwischen der Autismus-Symptomatik, den Beeinträchtigungen des Kindes im Alltag, den Anforderungen für die Eltern und die Belastung der Eltern analysiert. Zwischen der autistischen Symptomatik und den Beeinträchtigungen des Kindes und Jugendlichen im Alltag ergaben sich nur geringe korrelative Zusammenhänge. Dies dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass die Alltagsbeeinträchtigungen des Kindes nicht ausschließlich durch die Autismus-Symptomatik bedingt sind, sondern auch davon abhängen, inwieweit es gelungen ist, die dingliche und soziale Umwelt an die autismusbedingten Einschränkungen des Kindes anzupassen. Engere Zusammenhänge zeigten sich zwischen den Alltagsbeeinträchtigungen des Kindes und den Anforderungen für die Eltern. Je stärker das Kind in seinem Alltag eingeschränkt ist, desto mehr Anforderungen ergeben sich für die Eltern. Im Einzelnen stellt sich die Frage, welche Anforderungen sich für die Eltern aus den Alltagsbeeinträchtigungen ihres Kindes ergeben. Insbesondere die Anforderungen in der Erziehung des Kindes und in der Organisation gemeinsamer Aktivitäten in der Familie hängen in hohem Maße von den Alltagsbeeinträchtigungen des Kindes ab. Dagegen sind die Anforderungen, eine emotional positive Beziehung zum Kind herzustellen und aufrechtzuerhalten, nur im geringen Maße davon abhängig, wie stark das Kind durch die ASS in seinen Alltagsaktivitäten eingeschränkt ist. Belastungsquellen für Eltern von Kindern und Jugendlichen mit AutismusSpektrum-Störungen Nach dem Ausgangsmodell ergibt sich die Belastung der Eltern in erster Linie aus den Anforderungen, die sich ihnen in ihrer Elternrolle stellen. Diesem Ansatz folgend wurden die korrelativen Zusammenhänge zwischen den Anforderungen und der Belastung der Eltern analysiert, um solche Anforderungen zu identifizieren zu können, die maßgeblich zur Belastung der Eltern beitragen. Als bedeutsamste Belastungsquelle im EBI-Elternbereich erwiesen sich die mit der Elternrolle verbundenen Einschränkungen der persönlichen Lebensführung (z. B. „Ich muss auf viele Dinge verzichten, die ich gerne tue.“). Die Aufgabe der Eltern, ihre persönlichen

92

Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

Interessen und Bedürfnisse mit den Erfordernissen der Elternrolle zu vereinbaren, trägt damit bedeutsam zur Belastung bei. Weitere Belastungsquellen waren die Herstellung einer positiven Beziehung zu ihrem Kind („Es fällt mir schwer, emotionale Nähe zu meinem Kind herzustellen.“) sowie die Abstimmung mit der Partnerin bzw. dem Partner über die Erziehung des Kindes („Die Abstimmung mit meinem Partner über die Aufgaben in der Erziehung und Betreuung unseres Kindes ist schwierig.“). Der bedeutsamste Prädiktor der elterlichen Belastung im EBIKindbereich sind die Anforderungen in der Erziehung des Kindes. Diese resultieren vor allem aus der Betreuung des Kindes (z. B. „Mein Kind benötigt ständig Beaufsichtigung.“) und dem erzieherischen Umgang mit seinem Problemverhalten (z. B. „Meinem Kind fällt es schwer, sich auf neue Situationen einzustellen.“). Bewältigungsstrategien von Eltern von Kindern und Jugendlichen mit AutismusSpektrum-Störungen Die Bewältigungsstrategien der Eltern wurden mit der deutschen Version des Brief-Cope (Knoll, 2002) erfasst. Auf der Grundlage faktorenanalytischer Ergebnisse konnten vier Bewältigungsstrategien, zwei funktionale Strategien (aktive Bewältigung, Suche nach Unterstützung) und zwei dysfunktionale Strategie (Verleugnung und Selbstbeschuldigung, Ablenkung) identifiziert werden. Diese Bewältigungsstrategien entsprechen weitgehend den Strategien, die Hastings et al. (2005) bei Eltern von Kindern mit ASS im Vorschul- und Schulalter fanden (active avoidance coping, problem-focused coping, positive coping, religious/denial coping). Benson (2010), der das Bewältigungsverhalten von Müttern von Kindern mit ASS mit Hilfe des Brief Cope (Carver et al., 1989) untersuchte, extrahierte ebenfalls vier Faktoren (engagement coping, distraction coping, disengagement coping, cognitive reframing coping), von denen drei weitgehend den in unserer Studie identifizierten Faktoren entsprechen. Die Bewältigungsstrategien der Eltern sollten nach unseren Vorüberlegungen mitentscheidend sein dafür sein, ob die Anforderungen zu Belastungen führen. Funktionale Bewältigungsstrategien sollten es den Eltern ermöglichen, mit den Anforderungen fertig zu werden, ohne dass es zur Belastung kommt; dysfunktionale Strategien sollten die Bewältigung der Anforderungen erschweren und dadurch die Belastung der Eltern erhöhen. Diese Annahme konnte für funktionale Bewältigungsstrategien nicht bestätigt werden. Durch Aktive Bewältigung (z. B. „Ich habe versucht, mir einen Plan zu überlegen, was ich tun kann.“) ebenso wie durch die Suche nach Unterstützung (z. B. „Ich habe versucht, mir von anderen Menschen Rat oder Hilfe einzuholen.“) können offenbar – so ist zu folgern – die belastungsfördernden Auswirkungen der

Zusammenfassung: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern

93

Anforderungen nicht entscheidend vermindert werden. Ein Bewältigungsverhalten, das darauf abzielt, Probleme aktiv anzugehen und soziale Unterstützung zu mobilisieren, scheint danach die Eltern nicht vor Belastungen zu bewahren, die von den Anforderungen ausgehen. Demgegenüber scheinen vermeidende Bewältigungsstrategien zu, die darauf abzielen, der Konfrontation mit Problemen aktiv auszuweichen oder sich abzulenken, eine bedeutsame Rolle bei der Genese der Belastung zu spielen. Nach den Ergebnissen der Mediatoranalyse tragen vermeidende Bewältigungsstrategien der Eltern dazu bei, dass die Anforderungen, die sie zu bewältigen haben, zu Belastungen führen. Je stärker die Eltern dazu neigen, der Auseinandersetzung mit den anstehenden Problemen auszuweichen, desto eher führen hohe Anforderungen zu einer hohen Belastung. Damit erweisen sich die Verleugnung und Selbstbeschuldigung (z. B. „Ich habe mir für die Dinge, die mir widerfahren sind, selbst die Schuld gegeben.“) und Ablenkung (z. B. „Ich habe etwas unternommen, um mich abzulenken.“) als dysfunktionale Bewältigungsstrategien. Eltern, die bestrebt sind, Problemen aktiv aus dem Wege zu gehen und dazu neigen, sich für auftretende Schwierigkeiten selbst verantwortlich zu machen ebenso wie Eltern, die vermehrt in Stresssituationen versuchen, sich durch Ablenkung Entlastung zu verschaffen, werden durch die Anforderungen in Erziehung und Betreuung ihres Kindes mit ASS stark belastet.

5

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Mit einer Längsschnittstudie an Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS wurde überprüft, ob die Autismustherapie der ATZ zur Entlastung der Eltern und zur Stärkung ihrer Ressourcen beiträgt. 5.1 Stichprobe der Evaluationsstudie Zum ersten Erhebungszeitpunkt der Längsschnittstudie konnten 266 Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS, die im Erhebungszeitraum mit der Förderung im ATZ begonnen hatten, für die Teilnahme an der Studie gewonnen werden (vgl. Tabelle 5.1). Diese relativ große Stichprobe umfasst jedoch nur knapp die Hälfte (45 %) der Eltern, deren Kind im Erhebungszeitraum mit einer Förderung in den zehn ATZ begonnen hatten 6. Von diesen 266 Eltern nahmen zum zweiten Erhebungszeitpunkt noch 169 Eltern (63.3 %), zum dritten Erhebungszeitraum noch 102 Eltern (38.3 %) und zum vierten Erhebungszeitpunkt noch 54 Eltern (20.3 %) an der Erhebung teil. Tabelle 5.1

Stichprobe der Längsschnittstudie Erhebungszeitpunkt 1

2

3

4

266

169

102

54

Prozent der Ursprungsstichprobe

-

63.3 %

38.3 %

20.3 %

Bereinigte Teilnahmequote1

-

-

42.7 %

22.8 %

Anzahl

1

Bereinigte Teilnahmequote, ohne Berücksichtigung der Kohorte IV für den dritten Erhebungszeitpunkt und der Kohorten III und IV für den Erhebungszeitpunkt 4. Erläuterung im Text.

Die Verringerung des Stichprobenumfangs im Verlauf der Längsschnittstudie ist zum Teil dadurch bedingt, dass für die Eltern der Kohorten III und IV nicht alle 6

Die genaue Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit ASS, die im Erhebungszeitraum mit einer Therapie begonnen hatten, konnte leider nicht ermittelt werden.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Tröster und S. Lange, Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24815-4_5

96

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Erhebungszeitpunkte im Untersuchungsplan vorgesehen waren (vgl. Kapitel 2.2). Nach Ausschluss der Kohorte IV für den dritten Erhebungszeitpunkt und der Kohorte III und IV für den vierten Erhebungszeitpunkt beträgt die bereinigte Dropout-Rate zum dritten Erhebungszeitpunkt 57.3 % und zum vierten Erhebungszeitpunkt 77.2 % (vgl. Tabelle 5.1). Aufgrund der geringen Anzahl der Eltern, die sich an allen vier Erhebungszeitpunkten beteiligt hatten, wurde die Analyse der Längsschnittstudie auf die drei ersten Erhebungszeitpunkte beschränkt, so dass für die inferenzstatistische Überprüfung der Interventionseffekte eine größere Stichprobe zur Verfügung stand. Die in diesem Kapitel berichteten Ergebnisse umfassen somit einen Förderzeitraum von acht Monaten und basieren auf den Angaben von 102 Eltern (92 Mütter bzw. Pflegemütter, 10 Väter), die an allen drei Erhebungszeitpunkten teilgenommen hatten. Aufgrund fehlender Daten standen jedoch nicht für alle Analysen die Angaben aller 102 Eltern zur Verfügung. So mussten beispielsweise für einige Analysen die Fälle ausgeschlossen werden, in denen sowohl die Mutter als auch der Vater den Elternfragebogen in wechselnder Reihenfolge bearbeitet hatten. Selektionseffekte Zum dritten Erhebungszeitpunkt nahmen von den 266 Eltern der Ausgangsstichprobe 112 Eltern, für die nach dem Untersuchungsplan ein dritter Erhebungszeitpunkt vorgesehen war, nicht mehr an der Studie teil. Den Gründen für das Ausscheiden der 112 Eltern wurde im Rahmen einer Nachbefragung der ATZ nach Abschluss der Längsschnittstudie nachgegangen. Die Ergebnisse der Nachbefragung zeigt Tabelle 5.2. Nach Auskunft der ATZ wurde die Förderung bei 22 Kindern (19.6 %) im Untersuchungszeitraum erfolgreich abgeschlossen, bei 8 Kindern wurde diese von den Eltern abgebrochen, bei 26 Kindern (23.2 %) wurde die Förderung aufgrund äußerer Umstände beendet, für 28 Kinder (25.0 %) lagen keine Informationen vor und 28 Kinder (25.0 %) nahmen weiterhin an der Förderung im ATZ teil, die Eltern beteiligten sich jedoch nach dem ersten oder zweiten Erhebungszeitpunkt nicht mehr an der Längsschnittstudie. Leider konnten diese Eltern nicht nach ihren Gründen für das Ausscheiden aus der Studie befragt werden. Bei den hohen Drop-out-Raten ist mit Selektionseffekten zu rechnen. Um zu überprüfen, ob ein systematischer Ausfall von Eltern vorliegt, wurden die Eltern, die an allen drei Ergebungszeitpunkten teilgenommen hatten, mit den 28 Eltern verglichen, die die Teilnahme nach dem ersten oder zweiten Erhebungszeitunkt eingestellt hatten, ohne dass die Förderung vorzeitig abgebrochen oder erfolgreich

Stichprobe der Evaluationsstudie

97

beendet wurde. Beide Elterngruppen unterscheiden sich nicht hinsichtlich soziodemographischer Merkmale oder diagnostischer Merkmale ihrer Kinder (vgl. Tabelle A1 und A2 im Anhang). Tabelle 5.2

Gründe für das Ausscheiden aus der Längsschnittstudie n

%

22

19.6

8

7.1

26

23.2

Kind in der Förderung, aber keine weitere Teilnahme der Eltern an der Studie

28

25.0

Keine Informationen verfügbar

28

25.0

112

100.0

Erfolgreicher Abschluss der Förderung Abbruch der Förderung durch die Eltern Beendigung der Förderung aufgrund äußerer

1

Umstände1

Folgende Gründe für die Beendigung der Therapie wurden genannt: Umzug der Familie, fehlende Kostenübernahme, Nichtbestätigung der Autismus-Diagnose, Terminschwierigkeiten, Erkrankung der Eltern, sprachliche Barrieren, stationäre Behandlung des Kindes, Aufnahme einer Berufsausbildung des Kindes

Unterschiede zeigten sich dagegen in der Belastung (vgl. Tabelle 5.3). Eltern, die vorzeitig aus der Längsschnittstudie ausgeschieden waren (Aussteiger), waren in beiden EBI-Belastungsbereichen weniger stark belastet als Eltern, die sich an allen Erhebungszeitpunkten beteiligt hatten (Teilnehmer). Dass vor allem Eltern mit geringer Belastung ihre Teilnahme an der Studie eingestellt haben, lässt auf einen Selektionseffekt schließen. Möglicherweise fühlten sich wenig belastete Eltern von einer Studie, die sich mit der Elternbelastung befasst, nicht weiter angesprochen und sahen daher für sich keinen Anlass mehr, sich weiterhin an einer Studie zu beteiligen. Das Ausscheiden von wenig belasteten Eltern hat zur Folge, dass die durchschnittliche Elternbelastung zum ersten Erhebungszeitpunkt im Längsschnittvergleich ansteigt. Dieser Selektionseffekt könnte sich zugunsten eines Interventionseffektes auswirken, wenn angenommen werden kann, dass der Rückgang der Belastung im Verlauf der Förderung bei wenig belasteten Eltern gering ausfällt.

98 Tabelle 5.3

Ergebnisse der Evaluationsstudie Belastung von Eltern in Abhängigkeit von der Teilnahme an der Längsschnittstudie

Belastung der Eltern

Aussteiger1

Teilnehmer n

M

SD

n

M

SD

Varianzanalyse F

p

η²

EBI-Elternbereich

100

3.31 0.77

28

2.83 0.91

7.70

< .01

.058

EBI-Kindbereich

99

3.62 0.69

28

3.31 0.73

4.13

< .05

.032

Anmerkungen. Mittelwert (M) und Standardabweichung (SD) der Belastung im Eltern- und Kindbereich des EBI zum ersten Erhebungszeitpunkt von Eltern, die an den drei Erhebungszeitpunkten teilgenommen hatten (Teilnehmer) und Eltern, die nach dem ersten oder zweiten Erhebungszeitpunkt aus der Studie ausgeschieden sind (Aussteiger). Ergebnisse der Varianzanalyse. 1

ohne Eltern der Kohorte IV (vgl. Kapitel 2.2). Erläuterung im Text.

5.2 Belastung der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit AutismusSpektrum-Störungen im Verlauf der Autismustherapie Der Förderzeitraum umfasst acht Monate nach Aufnahme der Förderung im ATZ. Während dieser Zeit fanden drei Erhebungen statt, zu Beginn der Förderung (1. Erhebungszeitpunkt), vier Monate nach Beginn der Förderung (2. Erhebungszeitpunkt) und nach achtmonatiger Förderung (3. Erhebungszeitpunkt). Aufgrund der hohen Drop-out Raten im Verlauf der Längsschnittstudie wurde der vierte Erhebungszeitpunkt nicht mit in die Analyse einbezogen. Mit Hilfe univariater Varianzanalysen mit dem dreistufigen Messwiederholungsfaktor Erhebungszeitpunkt und – bei signifikantem Ergebnis – mit anschließenden Post-hoc-Tests (Least Significant Difference mit korrigiertem Signifikanzniveau nach Bonferroni) wurde überprüft, ob die achtmonatige Förderung der Kinder und Jugendlichen mit ASS zu einer Entlastung der Eltern und zu einer Stärkung ihrer Ressourcen beiträgt. Der Erfolg der Förderung des Kindes in Bezug auf die Eltern sollte sich in einer Entlastung der Eltern erweisen. Zur Überprüfung der Auswirkungen der Förderung wurde das Eltern-Belastungs-Inventar (EBI; Tröster, 2011) eingesetzt, mit dem die Belastung der Eltern in zwei Belastungsbereichen, dem Elternbereich und dem Kindbereich, erfasst wird (vgl. Kapitel 2.3.3). Abbildung 5.1 zeigt die Veränderung der Elternbelastung im EBI-Kindbereich und im EBI-Elternbereich vom ersten bis zum dritten Erhebungszeitpunkt.

Belastung der Eltern im Verlauf der Autismustherapie

99

3,70 3,60 3,50 3,40

EBI-Belastungsbereich EBI-Kindbereich EBI-Elternbereich

3,30 3,20 3,10

1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.1 Belastung der Eltern im Kindbereich und Elternbereich (Itemmittelwerte) des Eltern-Belastungs-Inventars (EBI, Tröster, 2011) im Verlauf der Förderung (n = 99). Eltern mit unvollständigen Datensätzen wurden nicht miteinbezogen.

Die 2 x 3 faktorielle Varianzanalyse mit dem zweistufigen Faktor Belastungsbereich und dem dreistufigen Faktor Erhebungszeitpunkt ergab einen auf dem 5 %Niveau signifikanten Haupteffekt des Erhebungszeitpunktes (F = 4.21, p < .05, ηp² = .046). Wie die anschließende Analyse der Kontraste zeigte, verringerte sich die Belastung der Eltern vom ersten bis zum zweiten Erhebungszeitraum (p < .05). Nach achtmonatiger Förderdauer war jedoch keine Abnahme der Elternbelastung im Vergleich zum Beginn der Förderung mehr feststellbar. Der Interaktionseffekt zwischen dem Erhebungszeitpunkt und dem Belastungsbereich war nicht signifikant (F = 0.65, p > .05). Die Ergebnisse zeigen einen Entlastungseffekt nach viermonatiger Förderung: Die Eltern fühlten sich zum zweiten Erhebungszeitpunkt weniger belastet als bei Förderbeginn. Nach dem Rückgang der Belastung während der ersten vier Monate der Förderung zeigte sich bis zum dritten Erhebungszeitpunkt keine weitere Entlastung der Eltern.

100 5.2.1

Ergebnisse der Evaluationsstudie Die therapeutische Allianz als Wirkfaktor der Psychotherapie

Die Längsschnittstudie sollte nicht nur die Frage klären, ob die pädagogisch-therapeutische Unterstützung durch die ATZ zu einer Entlastung der Eltern beiträgt, sondern auch Aufschlüsse darüber geben, welche Faktoren für etwaige Interventionseffekte verantwortlich sind. Hypothesen zu potenziellen Faktoren, die für den Erfolg der Förderung bedeutsam sein könnten, lassen sich aus den Befunden der Psychotherapieforschung ableiten. Evaluationsstudien in der Psychotherapieforschung zeigen meist nur geringe Effektivitätsunterschiede zwischen verschiedenen Therapierichtungen (zur Übersicht Anderson & Lambert, 1995; Luborsky, Singer & Luborsky, 1975; Luborsky et al., 2002; Wampold et al., 1997). Auf diesem sog. Äquivalenzparadoxon, wonach verschiedene Therapieansätze trotz unterschiedlicher Störungstheorien und unterschiedlicher Methoden sich in ihrer Wirksamkeit dennoch nur wenig unterscheiden („Everybody has won, and all must have prizes“ 7; Luborsky et al., 1975), basiert das Modell der allgemeinen Wirkfaktoren (generic model of psychotherapy; Orlinsky & Howard, 1987; Orlinsky, Rønnestad & Willutzki, 2004). Danach sind für den Therapieerfolg nicht die verfahrens- oder störungsspezifischen Therapiemethoden ausschlaggebend, wie sie zum Beispiel im Rahmen verhaltenstherapeutischer, systemischer oder tiefenpsychologischer Ansätze entwickelt wurden, sondern schulenübergreifende Wirkfaktoren, die in allen Therapieformen explizit oder implizit enthalten sind und sich störungsübergreifend als wirksam erwiesen haben (vgl. Orlinskyet al., 2004; Pfammatter & Tschacher, 2012; Wampold, 2015; Wampold & Imel, 2015). Um unspezifische Wirkfaktoren zu identifizieren, untersuchte die Therapieforschung seit den 1980er Jahren intensiv die interpersonalen Prozesse zwischen Therapeut/in und Klient/in. Innerhalb dieser Forschungsrichtung wurde das Konzept der therapeutischen Allianz entwickelt, das sich als der bedeutendste schulen- und störungsübergreifende Wirkfaktor in der Psychotherapie erwiesen hat (Flückiger, Del Re, Wampold & Horvarth, 2018; Grawe, 2005; Horvath, 2005; Norcross, 2011; Wampold & Imel, 2015). Zur Konzeptualisierung der therapeutischen Allianz liegen verschiedene Ansätze vor. Übereinstimmend wird die therapeutische Allianz bzw. das therapeuti7

Die als Dodo-Bird-Verdict bekannt gewordene Metapher ist ein Zitat aus Lewis Carroll‘s Alice im Wunderland. In einer Szene macht der Vogel Dodo den Vorschlag, ein Rennen zu veranstalten, bei dem am Ende alle gewinnen, weil nicht verabredet wurde, wann das Rennen gestartet wurde und wann es zu Ende ist. In der Psychotherapieforschung bezeichnet die Metapher die nicht unumstrittene These, dass alle Formen von Psychotherapie eigentlich gleich wirksam sind und es deshalb nicht auf die spezifischen Therapiemethoden, sondern auf unspezifische Wirkfaktoren ankomme.

Belastung der Eltern im Verlauf der Autismustherapie

101

sche Arbeitsbündnis als ein aufgabenzentriertes Beziehungsmuster definiert, innerhalb dessen Therapeut/in und Klient/in Ziele, Rahmenbedingungen und Vorgehensweisen in der Therapie miteinander abstimmen. Die therapeutische Allianz beschränkt sich somit nicht nur auf die Beziehungsaspekte, die von der Therapeutin bzw. dem Therapeuten gestaltet werden (z. B. durch Empathie, Akzeptanz, Wertschätzung, Glaubwürdigkeit), sondern umfasst auch die Einflüsse, die von der Klientin bzw. dem Klienten ausgehen, zum Beispiel von der Bereitschaft zur Mitarbeit im Therapieprozess und den individuellen Möglichkeiten, sich in den Therapieprozess einzubringen. In seinem klassischen Strukturmodell unterscheidet Bordin (1979, 1994) drei Komponenten der therapeutischen Allianz: (1) die Übereinstimmung zwischen Therapeut/in und Klient/in hinsichtlich der Therapieziele, (2) der Konsens bezüglich der Aufgaben und Arbeitsweisen im Therapieprozess und (3) das interpersonelle Bündnis zwischen Therapeutin bzw. Therapeut und Patientin bzw. Patient („bonds“), das darauf beruht, dass sich beide Seiten gegenseitig vertrauen und respektieren und sich gemeinsam verantwortlich für die Bearbeitung der anstehenden Aufgaben fühlen. Bordin (1994) sieht in der therapeutischen Allianz keine eigenständige Interventionsmethode, die selbst Veränderungen bewirkt, sondern vielmehr die Grundlage, die es den Klienten/innen erleichtert, im Therapieprozess eigene Probleme zu bearbeiten, die sich daraus ergebenden Folgen zu akzeptieren und notwendige Veränderungen anzunehmen und umzusetzen. Die Merkmale einer tragfähigen therapeutischen Arbeitsbeziehung hat beispielsweise Sachse (2001, S. 112) zusammengestellt. Wenngleich die Begriffe „therapeutische Allianz“ und „therapeutische Beziehung“ oft synonym verwendet werden (z. B. Hank & Krampen, 2006), wird das Konzept der therapeutischen Allianz im Allgemeinen breiter gefasst. Die therapeutische Allianz ist nicht das Ergebnis der Beziehungsgestaltung durch die Therapeutin bzw. den Therapeuten, sondern umfasst das gemeinsame Zusammenwirken beider Interaktionspartner „in collaborative relationship between patient and therapist in the common fight to overcome the patient’s suffering and self-destructive behavior.“ (Horvath & Bedi, 2002, S. 38). Horvath und Luborsky (1993) sehen den Kern der therapeutischen Allianz in der emotionalen Bindung zwischen Therapeut/in und Klient/in und in der von beiden Seiten geteilten Bereitschaft, Verantwortung für den therapeutischen Prozess zu übernehmen. „The concept focuses on the importance of the client and therapist forming a partnership against the common foe of the client’s debilitating pain.” (Horvath, 1994, S. 1). Das Konzept stützt sich auf zahlreiche Studien, die nahelegen, dass die Qualität der therapeutischen Allianz unabhängig vom therapeutischen Ansatz bedeutsam zum Therapieerfolg beiträgt (Horvath, Del Re, Flückiger & Symonds, 2011;

102

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Luborsky, McLellan, Woody, O’Brien & Auerbach, 1985; Martin, Garske & Davis, 2000; Orlinsky, Grawe & Parks, 1994). In einem metaanalytischen Vergleich verschiedener Wirkfaktoren auf der Basis von mehr als 1000 Prozess-OutcomeStudien wies die therapeutische Allianz den stärksten Zusammenhang mit dem Therapieergebnis auf (Orlinsky et al., 2004). Gestützt auf diese und weitere Studien wird der therapeutischen Allianz eine tragende Rolle im Psychotherapieprozess sowohl in der ambulanten Einzeltherapie als auch in der stationären Psychotherapie (z. B. Konzag, 2004) zugeschrieben. Dabei ist offenbar das Anfangsstadium der Therapie entscheidend. Die Qualität der therapeutischen Allianz, die zu Beginn der Therapie erreicht wurde, erwies sich als bedeutsamer Prädiktor für den weiteren Therapieverlauf (z. B. Constantino & Smith-Hansen, 2008; Horvath et al., 2011; Spinhoven, Giesen-Bloo, van Dyck, Kooiman & Arntz, 2007). 5.2.2 Die therapeutische Allianz in der Autismustherapie Die therapeutische Allianz ist als ein dyadisches Konstrukt konzipiert, das sich auf die Qualität der Zusammenarbeit von Therapeut/in und Klient/in in der Psychotherapie bezieht (Horvath & Luborsky, 1993). Im Rahmen unserer Evaluationsstudie wurde dieses Konzept aufgegriffen und auf die Beziehung zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten des Kindes bzw. Jugendlichen übertragen. Dabei wurde angenommen, dass sich die Beziehung zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten des Kindes als eine Arbeitsbeziehung kennzeichnen lässt, in der die Aufgaben, Ziele und Methoden der Förderung gemeinsam abgestimmt werden, und deren Qualität durch gegenseitiges Vertrauen und beiderseitige Wertschätzung sowie durch die gemeinsame Verantwortung für das Kind bestimmt wird. Die therapeutische Arbeitsbeziehung zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten des Kindes sollte daher ähnliche Funktionen erfüllen wie die therapeutische Allianz zwischen Therapeut/in und Klient/in in der Psychotherapie und damit mitentscheidend dafür sein, ob die Eltern vom Förderprozess profitieren. Während in der Psychotherapieforschung unter der therapeutischen Allianz die dyadische Arbeitsbeziehung zwischen der therapierenden und der zu therapierenden Person verstanden wird, sind bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen (mindestens) zwei therapeutische Allianzen zu unterscheiden, nämlich jene zwischen der Therapeutin bzw. dem Therapeuten und dem Kind bzw. Jugendlichen und jene zwischen der Therapeutin bzw. dem Therapeuten und einem oder beiden Elternteilen (Zack, Castonguay & Boswell, 2007). Die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit ASS tangiert somit die Beziehungen zwischen mehreren

Belastung der Eltern im Verlauf der Autismustherapie

103

Parteien, die Therapie und -methoden werden jedoch oftmals nicht mit dem Kind oder Jugendlichen selbst, sondern vorrangig mit den Eltern abgestimmt. Dies dürfte vor allem für jüngere Kinder sowie für Kinder und Jugendliche mit Frühkindlichem Autismus gelten, deren angemessene Beteiligung an den Entscheidungen über Therapieziele und -maßnahmen in der Regel eine größere Herausforderung darstellt. Damit könnte eine zusätzliche Dynamik verbunden sein, wenn das Kind oder der Jugendliche die Notwendigkeit einer Förderung anders beurteilt als die Eltern oder die Therapeutin bzw. der Therapeut, oder mit den Fördermaßnahmen nicht einverstanden ist. Bisher liegen nur wenige Studien vor, die sich mit den Auswirkungen der verschiedenen therapeutischen Allianzen in der Kinder- und Jugendpsychotherapie befassen und deren prognostische Validität vergleichen. Nach den Ergebnissen einer Metaanalyse von 23 Einzelstudien tragen beide Allianzen – die der Eltern und die des Jugendlichen mit der Therapeutin bzw. dem Therapeuten – unabhängig voneinander zum Behandlungserfolg bei (Karver, Handelsman, Fields & Bickman, 2006). Studien, die beide therapeutische Allianzen gleichzeitig erfassen, lassen vermuten, dass die therapeutische Allianz der Eltern stärker mit Behandlungspersistenz und die der Jugendlichen stärker mit der Verbesserung der Störungssymptomatik zusammenhängt (Hawley & Weisz, 2005; Hogue, Dauber, Stambaugh, Cecero & Liddle, 2006; Robbins et al., 2006; Shelef, Diamond, Diamond & Liddle, 2005). In der vorliegenden Studie wurde die therapeutische Allianz der Eltern erhoben. Zur Operationalisierung der therapeutischen Allianz wurden vier Monate nach Beginn der Förderung drei Aspekte erfasst, (1) die Qualität der therapeutischen Beziehung 8, (2) die Erfolgszuversicht der Eltern und (3) die Einbeziehung der Eltern in die Förderung des Kindes. Qualität der therapeutischen Beziehung Zur Erfassung der Qualität der therapeutischen Beziehung zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten des Kindes wurde das von Bassler et al. (1995) adaptierte Helping Alliance Questionnaire (HAQ; Luborsky, CritsChristoph, Alexander, Margolis & Cohen, 1983) eingesetzt (vgl. Kapitel 2.3.7).

8

Die Beziehung zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten ihres Kindes wird im Folgenden verkürzt als „therapeutische Beziehung“ bezeichnet, wenngleich zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten keine therapeutische Beziehung im engen Sinne vorliegt.

104

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Der HAQ erfasst mit der Subskala Beziehungszufriedenheit zwei Aspekte der therapeutischen Beziehung, das Vertrauen in die Therapeutin bzw. den Therapeuten (z. B. „Ich habe das Gefühl, dass wir uns auf unsere Therapeutin / unseren Therapeuten verlassen können.“) und die Übereinstimmung in Bezug auf die Aufgaben und Ziele der Förderung (z. B. „Ich glaube, dass wir und unsere Therapeutin / unser Therapeut unsere Probleme ähnlich sehen und beurteilen.“). Erfolgszuversicht der Eltern Die Zuversicht der Klientinnen bzw. der Klienten, die Therapieziele erreichen zu können, hat sich in der Psychotherapie unabhängig vom therapeutischen Ansatz als ein guter Prädiktor für den Therapieerfolg erwiesen (Wampold, 2005). Dementsprechend wurden die Erfolgserwartungen der Eltern als eine weitere Komponente der therapeutischen Allianz miteinbezogen. Eine optimistische Erwartungshaltung in Bezug auf das Erreichen der Förderziele sollte bei den Eltern motivationale Kräfte freisetzen, die zum Erfolg der Förderung beitragen. Eltern, die zuversichtlich sind, ihre Situation in der Förderung verbessern zu können, und die darauf vertrauen, selbst dazu beitragen zu können, sollten daher stärker von der Förderung profitieren, als Eltern mit geringen Erfolgserwartungen. Die Erfolgszuversicht der Eltern wurde mit der Subskala Erfolgszufriedenheit des Helping Alliance Questionnaire (HAQ) erhoben. Die vier Items erfassen, wie positiv die Eltern die bisherige Förderung beurteilen („Ich habe einige neue Einsichten gewonnen.“) und wie zuversichtlich sie sind, ihre Probleme bewältigen zu können („Ich kann bereits absehen, dass wir vielleicht die Probleme bewältigen können, wegen derer wir zur Therapie kommen.“). Einbindung der Eltern in die Förderung Die Fördermaßnahmen der ATZ richten sich vorrangig an Kinder und Jugendliche mit ASS. In die Förderaktivitäten für Kinder und Jugendliche (Kapitel 3.4) und in die Elternarbeit (Kapitel 3.5) werden Eltern jeweils in unterschiedlicher Weise miteinbezogen. Eltern können zum Beispiel dadurch in die Förderung miteinbezogen werden, dass sie regelmäßig über den Förderprozess informiert werden (z. B. in Form von Elterngesprächen), bei auftretenden Problemen im Umgang mit ihrem Kind Beratung erhalten, in akuten Krisensituationen im Rahmen einer Krisenintervention gezielt unterstützt werden, aktiv an den Fördermaßnahmen für ihr Kind teilnehmen oder Fördermaßnahmen zusammen mit der Therapeutin bzw. dem Therapeuten einüben und diese in den häuslichen Alltag integrieren.

Belastung der Eltern im Verlauf der Autismustherapie

105

Die Auswirkungen der pädagogisch-therapeutischen Förderung des Kindes auf die Eltern dürfte – so die Überlegung – auch davon abhängen, wie eng die Eltern in die Förderung ihres Kindes eingebunden sind. So haben beispielsweise Eltern, die aktiv in die Fördermaßnahmen miteinbezogen sind, eher die Möglichkeit, eigene Bedürfnisse einzubringen, persönliche Problemlagen abzuklären und ihre eigenen Erfahrungen zu reflektieren als Eltern, die lediglich über die laufenden Förderaktivitäten informiert werden und dürften daher auch stärker von der Förderung profitieren. Im Rahmen der Längsschnittstudie wurde daher überprüft, inwieweit der Erfolg der Förderung durch das ATZ für die Eltern davon abhängt, wie eng sie in die Förderung ihres Kindes miteingebunden sind. Um Aufschluss darüber zu gewinnen, wie eng die Eltern in die Förderung eingebunden waren, wurde eine selbstentwickelte Skala mit fünf Items eingesetzt, auf der die Eltern angaben, inwieweit sich die Eltern in den Förderprozess einbezogen fühlen (z. B. „Ich fühle mich ausreichend in den Prozess der Förderung einbezogen.“), wie gut sie sich über die Förderaktivitäten informiert fühlen (z. B. „Ich weiß, was mein Kind in der autismusspezifischen Förderung lernt und macht.“) und inwieweit sie darauf vertrauen, dass ihre Bedürfnisse in der Förderung berücksichtigt werden (z. B. „Unsere Therapeutin / unser Therapeut geht sehr gut auf unsere Bedürfnisse und Wünsche ein.“). 5.2.3

Belastung der Eltern in Abhängigkeit von der therapeutischen Allianz

Es wurde erwartet, dass sich vor allem dann eine Entlastung der Eltern einstellt, wenn bereits im Anfangsstadium des Förderprozesses eine tragfähige therapeutische Allianz zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten ihres Kindes aufgebaut werden konnte. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurden die Veränderungen der Belastung im Verlauf der achtmonatigen Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher und unterdurchschnittlicher Ausprägung der drei Aspekte der therapeutischen Allianz (Beziehungszufriedenheit, Erfolgszufriedenheit und die Einbeziehung in die Förderung des Kindes) verglichen. Die inferenzstatistische Überprüfung mit 2x3-faktoriellen univariaten Varianzanalysen mit Messwiederholung wurde separat für die beiden Belastungsbereiche des EBI (Elternbereich, Kindbereich) durchgeführt. Die Ergebnisse der varianzanalytischen Überprüfung sind den Tabellen A3 bis A5 im Anhang zu entnehmen.

106

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Veränderung der Elternbelastung im Förderverlauf in Abhängigkeit von der Beziehungszufriedenheit Abbildung 5.2 zeigt die Veränderungen der Belastung der Eltern im Elternbereich des EBI in Abhängigkeit von der Beziehungszufriedenheit.

Belastung im EBI-Elternbereich

3,50 3,40 3,30 Beziehungszufriedenheit der Eltern unterdurchschnittlich überdurchschnittlich

3,20 3,10 3,00 2,90 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.2 Elternbelastung im EBI-Elternbereich (Itemmittelwerte) im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit (n = 50) und unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt (n = 49).

Wie Abbildung 5.2 zeigt, fühlten sich Eltern mit unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit insgesamt stärker belastet als Eltern, die ihre Beziehung zur Therapeutin bzw. zum Therapeuten ihres Kindes überdurchschnittlich positiv beurteilten (F = 8.23, p < .01, ηp² = .089). In der Gesamtstichprobe ergab sich im Beobachtungszeitraum ein statistisch bedeutsamer Rückgang der Belastung im EBI-Elternbereich (F = 4.82, p < .01), der jedoch – wie auch aus der Abbildung 5.2 zu ersehen ist – ausschließlich auf die Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit zurückgeht. Dies bestätigt der signifikante Interaktionseffekt zwischen dem Erhebungszeitpunkt und der Beziehungszufriedenheit (F = 3.98, p < .05, ηp² = .039). Wie die einfaktoriellen Varianzanalysen ausweisen, stellte sich eine Entlastung nur bei den Eltern ein, die ihre Beziehung zur Therapeutin bzw. zum Therapeuten ihres Kindes überdurchschnittlich positiv beurteilten (F = 7.05, p < .01, ηp² = .126), während sich die Elternbelastung bei unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit nicht veränderte (F = 0.33, p > .05).

Belastung der Eltern im Verlauf der Autismustherapie

107

Nach diesen Ergebnissen führt die Förderung bei den Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit bereits in den ersten vier Monaten der Förderung zu einer bedeutsamen Entlastung im EBI-Elternbereich (p < .05).

Belastung im EBI-Kindbereich

3,80 3,70 3,60

Beziehungszufriedenheit der Eltern unterdurchschnittlich

3,50

überdurchschnittlich

3,40 3,30 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.3 Belastung der Eltern im EBI-Kindbereich (Itemmittelwerte) im Verlauf der Förderung von Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit (n = 50) und unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit (n = 48) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

Die Abbildung 5.3 zeigt die Veränderungen der Belastung im EBI-Kindbereich von Eltern mit unter- und überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit. In diesem Belastungsbereich zeigte sich im Beobachtungszeitraum keine statistisch bedeutsame Entlastung der Eltern (F = 2.17, p > .05). Auch die Beziehungszufriedenheit hatte keinen statistisch bedeutsamen Einfluss auf die Veränderung der Belastung im EBI-Kindbereich (F = 0.39, p > .05). Weder bei hoher, noch bei geringer Beziehungszufriedenheit verringerte sich die Belastung der Eltern im EBIKindbereich während der achtmonatigen Förderdauer. Veränderung der Elternbelastung im Verlauf der Förderung in Abhängigkeit von der Erfolgszufriedenheit Die Veränderungen der Elternbelastung im Verlauf der Förderung in Abhängigkeit von der Erfolgszufriedenheit zum zweiten Erhebungszeitpunkt zeigen Abbildung 5.4 für den EBI-Elternbereich und Abbildung 5.5 für den EBI-Kindbereich.

108

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Belastung im EBI-Elternbereich

3,40 3,30 3,20 3,10 Erfolgszufriedenheit der Eltern unterdurchschnittlich

3,00

überdurchschnittlich 2,90 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.4 Elternbelastung im EBI-Elternbereich im Förderverlauf (Itemmittelwerte) von Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (n = 46) und unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (n = 51) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

Belastung im EBI-Kindbereich

3,70

3,60

3,50

Erfolgszufriedenheit der Eltern unterdurchschnittlich überdurchschnittlich

3,40

3,30 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.5 Belastung der Eltern im EBI-Kindbereich im Förderverlauf (Itemmittelwerte) von Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (n = 46) und unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (n = 50) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

Belastung der Eltern im Verlauf der Autismustherapie

109

Entgegen der Hypothese hatte die Erfolgszufriedenheit weder im Elternbereich (Abbildung 5.4) noch im Kindbereich des EBI (Abbildung 5.5) einen statistisch bedeutsamen Einfluss auf die Veränderungen der Elternbelastung während der achtmonatigen Förderung. Die entsprechenden Interaktionseffekte zwischen dem Erhebungszeitpunkt und der Erfolgszufriedenheit der Eltern im EBI-Elternbereich (F = 1.02, p > .05) und im EBI-Kindbereich (F = 0.79, p > .05) waren nicht signifikant. Danach ist die Entlastung der Eltern während der achtmonatigen Förderung unabhängig von der Erfolgszufriedenheit der Eltern. Veränderung der Elternbelastung im Förderverlauf in Abhängigkeit von der Einbeziehung der Eltern in die Förderung ihres Kindes Erwartet wurde, dass die Eltern vor allem dann von der Förderung im ATZ profitieren, wenn sie eng in die Förderung ihres Kindes eingebunden sind. Abbildung 5.6 zeigt die Veränderungen der Elternbelastung im Elternbereich des EBI von Eltern, die sich entweder überdurchschnittlich oder unterdurchschnittlich gut in die Förderung ihres Kindes einbezogen fühlten.

Belastung im EBI-Elternbereich

3,50 3,40 3,30 3,20 3,10 Einbeziehung in die Förderung unterdurchschnittlich überdurchschnittlich

3,00 2,90 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.6 Elternbelastung im EBI-Elternbereich im Förderverlauf (Itemmittelwerte) von Eltern mit überdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung (n = 63) und mit unterdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung (n = 38) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

110

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Belastung im EBI-Kindbereich

Ebenso wie die Qualität der therapeutischen Beziehung wirkte sich auch die Einbeziehung der Eltern in die Förderung auf die Belastungsentwicklung im Verlauf der Förderung aus, wie der signifikante Interaktionseffekt zwischen dem Erhebungszeitpunkt und der Einbeziehung in die Förderung ausweist (F = 6.50, p < .01, ηp² = .062). Bei den Eltern, die sich vier Monate nach Beginn der Förderung überdurchschnittlich gut in die Förderung des Kindes eingebunden fühlten, verringerte sich in den ersten vier Monaten der Förderung die Belastung im EBI-Elternbereich, wie die einfaktorielle Varianzanalyse bestätigt (F = 10.103, p < .01, ηp² = .140). Die Entlastung stellte sich bereits vier Monate nach Förderbeginn (p < .05) ein, nach achtmonatiger Förderdauer war allerdings kein Entlastungseffekt gegenüber dem Zeitpunkt des Förderbeginns mehr nachweisbar (p > .05). Bei unterdurchschnittlicher Einbeziehung zeigten sich dagegen keine Veränderungen der Elternbelastung im Verlauf der Förderung (F = 0.498, p > .05). Abbildung 5.7 zeigt die Veränderungen der Elternbelastung im Kindbereich des EBI in Abhängigkeit von der Einbeziehung in die Förderung. 3,80 Einbeziehung in die Förderung unterdurchschnittlich überdurchschnittlich

3,70 3,60 3,50 3,40 3,30 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.7 Belastung der Eltern im EBI-Kindbereich im Förderverlauf (Itemmittelwerte) von Eltern mit überdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung (n = 62) und unterdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung (n = 37) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

Im Unterschied zur Belastung im EBI-Elternbereich hatte die Einbeziehung in die Förderung keinen Einfluss auf die Veränderung der Elternbelastung im Kindbereich, wie der nicht-signifikante Interaktionseffekt zwischen dem Erhebungszeitpunkt und der Einbeziehung in die Förderung zeigt (F = 0.42, p > .05).

Belastung der Eltern im Verlauf der Autismustherapie 5.2.4

111

Zusammenfassung: Trägt die Autismustherapie zur Entlastung der Eltern bei?

Zur Aufklärung der Auswirkungen der Förderung auf die Eltern wurde das Konzept der therapeutischen Allianz herangezogen, das sich in der Psychotherapieforschung als bedeutsamer Wirkfaktor erwiesen hat. Diesem Konzept entsprechend wurde erwartet, dass die Eltern durch die Förderung vor allem dann entlastet werden, wenn frühzeitig eine tragfähige Arbeitsbeziehung zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten ihres Kindes aufgebaut werden konnte, die gekennzeichnet ist durch eine positive therapeutische Beziehung, durch eine hohe Erfolgszuversicht der Eltern und eine enge Einbindung der Eltern in die Förderung. Die therapeutische Allianz als Wirkfaktor für die Entlastung der Eltern Die Ergebnisse stützen die Hypothese. Die Entlastung der Eltern im Verlauf der Förderung war von der therapeutischen Beziehung und vom Grad ihrer Einbeziehung in die Förderung abhängig. Bei überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit und enger Einbindung in die Förderung stellte sich bereits nach viermonatiger Förderung eine Entlastung bei den Eltern ein. Dagegen veränderte sich bei geringer Beziehungszufriedenheit und geringer Einbindung in die Förderung die Belastung während der achtmonatigen Förderung im ATZ nicht. Der Fördereffekt bei überdurchschnittlich positiver therapeutischer Beziehung und enger Einbindung in die Förderung zeigte sich nicht in allen Belastungsbereichen, sondern nur in den Bereichen, die mit den Aufgaben der Elternrolle verbunden sind, beispielsweise in der Belastung durch die Pflege außerfamiliärer Kontakte, durch die Herstellung einer positiven Beziehung zum Kind oder durch die Anforderungen in der Erziehung. In den Belastungsaspekten, die sich aus dem Verhalten des Kindes ergeben, kam es dagegen nicht zu einer Entlastung der Eltern. Diese im EBI-Kindbereich erfassten Belastungsaspekte hängen eng mit den autismusspezifischen Verhaltensproblemen des Kindes zusammen, zum Beispiel mit Stimmungsschwankungen, mit hyperaktivem Verhalten oder mit den Schwierigkeiten des Kindes, sich auf Veränderungen einzustellen. Eine Entlastung der Eltern in diesem Bereich dürfte daher am ehesten dann zu erwarten sein, wenn im Verlauf der Förderung die psychosoziale Anpassung zwischen der autistischen Symptomatik des Kindes und seiner Umwelt verbessert wird. Dies ist vermutlich erst nach einer längeren Förderung zu erwarten. Für den Erfolg der Förderung für die Eltern waren zwei Aspekte der therapeutischen Allianz (therapeutisches Arbeitsbündnis) bedeutsam, die Qualität der therapeutischen Beziehung und das Ausmaß ihrer Einbeziehung in die Förderung des

112

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Kindes. Der dritte Aspekt der therapeutischen Allianz, die Erfolgszufriedenheit der Eltern, hatte dagegen keinen Einfluss auf die Veränderung der Belastung im Verlauf der Förderung. Nach diesen Ergebnissen ist das Arbeitsbündnis zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten ihres Kindes, das wesentlich durch die therapeutische Beziehung und durch die Einbeziehung in die Förderung bestimmt wird, ein bedeutsamer Wirkfaktor für den Erfolg der Förderung in Bezug auf die Eltern. Von der Qualität des Arbeitsbündnisses, die in den ersten vier Monaten der Förderung aufgebaut wurde, hängt es ab, ob die Eltern entlastet werden. In Anlehnung an die Qualitätsmerkmale der therapeutischen Allianz, die sich in der Psychotherapieforschung als bedeutsam erwiesen haben, lässt sich ein tragfähiges Arbeitsbündnis in der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit ASS dadurch kennzeichnen, dass Eltern und Therapeut/in die Aufgaben und Ziele der Förderung gemeinsam erarbeiten, das Vorgehen in der Therapie miteinander abstimmen und eine beiderseitige Wertschätzung entwickeln, auf deren Grundlage beide Seiten gemeinsam Verantwortung für die Bewältigung der anstehenden Probleme übernehmen. Die Erarbeitung der Therapieziele und Therapiemaßnahmen für das Kind auf der Grundlage eines gemeinsamen Störungsverständnisses erfordert eine enge Einbeziehung der Eltern in die Förderung, die es ihnen ermöglicht, eigene Bedürfnisse einzubringen, sich mit ihrer Rolle auseinanderzusetzen und eingefahrene Gewohnheiten zu hinterfragen und Blockaden aufzulösen. Auf der Grundlage dieser Arbeitsbeziehung können die Aufgaben in der Förderung erfolgreich bearbeitet werden, so dass Eltern entlastet werden. Beziehungsarbeit in der Beratung und Förderung von Familien mit Kindern und Jugendlichen mit Autismus-Spektrum-Störungen Damit kommt der Beziehungsarbeit in der Beratung und Förderung von Familien mit Kindern und Jugendlichen mit ASS eine zentrale Bedeutung zu (z. B. Nestmann, Sickendiek & Engel, 2004; Sickendiek, Engel & Nestmann, 2008). Auf die Bedeutsamkeit der Beziehungsarbeit verweisen auch die Ergebnisse der Beratungsforschung, in der Beratungsmethoden, Beratungssettings, Merkmale und Eigenschaften der Berater/innen sowie die Beratungsbeziehung untersucht wurden. Allein letzteres hat sich durchgängig als bedeutsamer Wirkfaktor für eine erfolgreiche Beratung erwiesen (Nestmann, 2004). Eine tragfähige Arbeitsbeziehung zwischen Eltern und Therapeut/in als Grundlage für eine hilfreiche Beratung und eine effektive Unterstützung stellt sich nicht – wie man vielleicht meinen könnte – auf natürliche Weise ein, wenn „die Chemie“ zwischen Therapeut/in und Eltern

Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie

113

stimmt, sondern muss von der Therapeutin bzw. dem Therapeuten aktiv erarbeitet und bewusst gestaltet werden (vgl. Sachse, 2016). Auch wenn die Vorstellung, dass sich eine Beziehung durch ein systematisches methodisches Vorgehen gezielt „herstellen“ lasse, im Alltag manchmal fremd anmutet, zeigt die Erfahrung in Beratung und Therapie, dass eine sorgfältige Klärung sachlicher, organisatorischer und personenbezogener Grundlagen der Förderung für den Aufbaue einer fruchtbaren Arbeitsbeziehung zwischen Therapeut/in und Eltern unabdingbar ist. Zur professionellen Gestaltung der therapeutischen Arbeitsbeziehung gehört neben der Klärung der sachlichen Voraussetzungen der Förderung (z. B. der Finanzierung der Förderung), der persönlichen Voraussetzungen (z. B. der Therapiemotivation und der Möglichkeiten der Eltern zur Mitarbeit bei der Förderung) und der organisatorischen Voraussetzungen (z. B. Informationen über Schweigepflicht, gegebenenfalls Entbindung, Regelung über Absagefristen im Falle der Verhinderung) insbesondere auch die Abklärung der Erwartungen der Eltern, die gemeinsame Erarbeitung von Förderzielen, die Entwicklung eines gemeinsam getragenen Konzepts zum methodischen Vorgehen in der Förderung sowie die Herstellung eines Vertrauensverhältnisses, das getragen wird vom gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Wertschätzung. Für die Gestaltung eines tragfähigen therapeutischen Arbeitsbündnisses ist das Anfangsstadium der Förderung entscheidend, wie unsere Ergebnisse nahelegen. Damit es zur Entlastung der Eltern kommt, muss bereits in der Anfangsphase des Förderprozesses eine tragfähige therapeutische Allianz aufgebaut werden. Die Klärung der Arbeitsbeziehung und die Einbindung der Eltern in den Förderprozess sind damit die vordringlichen Aufgaben zu Beginn der Förderung. Dazu gilt es zum einen, ihre Bereitschaft zur Mitwirkung zu wecken und ihr Potenzial, die Förderung aktiv mitzugestalten, zu mobilisieren, etwa durch die Aufklärung über Förderansätze oder durch regelmäßige Rückmeldungen über den Förderprozess. Zum anderen müssen den Eltern angemessene Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie sie sich in die Förderung einbringen und Fördermaßnahmen in ihren häuslichen Bereich zu übertragen können. 5.3 Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie Oft ist das Gefühl, nicht mehr über ausreichende Ressourcen zu verfügen, um die anstehenden Probleme bewältigen zu können, der Anlass, eine Beratungsstelle aufzusuchen oder therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dass die eingefahrenen Problemlösestrategien fehlschlagen oder nicht die erhoffte Wirkung zeigen, ist häufig darauf zurückzuführen, dass die eigenen Ressourcen nicht mehr

114

Ergebnisse der Evaluationsstudie

ausreichen oder nicht mehr genutzt werden. Diese Sichtweise entspricht der Theorie der Ressourcenerhaltung (Conservation of Resources Theory, COR-Theorie; Hobfoll, 1998; Hobfoll, Freedy, Green & Solomon, 1996), die das Erleben von Stress auf die Wahrnehmung von drohendem oder tatsächlichem Ressourcenverlust zurückführt. Wenn Stress dadurch entsteht, dass die Betroffenen ihre Ressourcen bedroht sehen oder erleben, dass sie nicht mehr über ausreichende Ressourcen verfügen, liegt es nahe, Therapie und Förderung darauf auszurichten, ihre positiven Potentiale zu aktivieren und deren Nutzung zu fördern. 5.3.1 Ressourcenaktivierung als Wirkprinzip der Therapie und Beratung Diesem therapeutischen Ansatz hat sich insbesondere Grawe (1998; Grawe & Grawe-Gerber, 1999) gewidmet, der in der Aktivierung von Ressourcen ein primäres Wirkprinzip der Psychotherapie sieht. Grundlegend für diesen Ansatz ist die Unterscheidung zwischen einer Problemperspektive und einer Ressourcenperspektive in der Psychotherapie (z. B. Gassmann & Grawe, 2006). Aus der Analyse der Probleme der Klientin bzw. des Klienten geht hervor, was überhaupt verändert werden muss und welche Therapieziele angestrebt werden. Dazu werden die aktuellen Schwierigkeiten der Klientin bzw. des Klienten besprochen, um zu klären, welche Veränderungen notwendig sind, um die Probleme zu überwinden. Bei der Frage, wie diese Veränderungen herbeigeführt werden können, steht dagegen die Analyse der Ressourcen im Vordergrund: An welchen Stärken der Klientin bzw. des Klienten kann die Therapie anknüpfen, welche noch ungenutzten Ressourcen können aktiviert werden und welche Ressourcen müssen gestärkt oder neu aufgebaut werden, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen. Ressourcen und Vulnerabilitäten werden häufig im Sinne eines dimensionalen Modells als Pole einer Dimension aufgefasst. Nach dieser Vorstellung markieren Ressourcen oder Stärken den positiven und Vulnerabilitäten oder Defizite den negativen Pol einer Dimension (vgl. Willutzki, 2008). Aus dieser Sichtweise heraus wird der Ressourcenorientierung oft eine „Defizitorientierung“ gegenübergestellt und beide Orientierungen als miteinander unvereinbare Strategien in der Therapie betrachtet. Allerdings weisen Menschen, die eine Beratungsstelle aufsuchen oder sich an eine therapeutische Einrichtung wenden, oft nicht nur geringe Ressourcen auf, sondern stehen auch vor schwerwiegenden Problemen. Richtet sich die Aufmerksamkeit in der Therapie primär auf die Ressourcen, besteht die Gefahr, dass die Probleme der Klientin bzw. des Klienten relativiert oder ausgeklammert werden. Ist die Therapie dagegen vor allem auf die Vulnerabilitäten der Klientin bzw.

Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie

115

des Klienten ausgerichtet, rücken die Sorgen, Ängste und depressive Gefühle stärker in den Mittelpunkt. Dabei besteht die Gefahr, dass die Klientinnen und Klienten vor allem darauf fixiert sind, ihre Probleme zu analysieren, drohenden Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen und negative Emotionen zu verarbeiten, so dass ihre Ressourcen und die dadurch ermöglichten weiterführenden Handlungsziele aus dem Fokus geraten. Für das Verständnis der Unterstützungsbedürfnisse der Eltern erscheint es daher angemessener, Ressourcen und Vulnerabilitäten als separate, unabhängige Dimensionen zu betrachten. Danach kann eine Person sowohl Ressourcen als auch Vulnerabilitäten aufweisen oder auch beides nicht besitzen (Willutzki, 2008). Aus dieser Perspektive stellt die Ausrichtung auf Ressourcen und die Ausrichtung auf Vulnerabilitäten kein unvereinbarer Gegensatz dar, vielmehr können in Beratung und Therapie sowohl die Ressourcen als auch die Vulnerabilitäten der Klientin bzw. des Klienten in den Blick genommen werden. Willutzki (2008) sieht den Vorteil dieser Sichtweise („Unabhängigkeitsmodell“) darin, dass bei einer Ausrichtung auf Ressourcen die Probleme der Klientin bzw. des Klienten nicht übersehen oder relativiert werden und umgekehrt, dass die Bearbeitung der Probleme nicht den Blick auf die Ressourcen und die damit verbundenen Handlungsspielräume verstellt. In diesem Sinne gelten Ressourcenaktivierung und Problemaktualisierung als zwei wichtige Wirkfaktoren für psychotherapeutische Veränderungen (Frank, 2013; Grawe, 1998). Die Ressourcenaktivierung zielt darauf ab, die Potenziale der Klientinnen und Klienten systematisch zu aktivieren und aufzubauen, um sie für die angestrebten Veränderungsprozesse nutzbar zu machen (Flückiger, Held, Wolfer, Allemand & Visla, 2017; Willutzki & Teismann, 2013). Die Ressourcenaktivierung gilt inzwischen in der Psychotherapie störungs- und therapieschulenübergreifend als bedeutsamer Wirkfaktor (Grawe & Grawe-Gerber, 1999). Auch in der Beratung und Förderung von Familien mit Kindern und Jugendlichen mit ASS ist die Stärkung der elterlichen Ressourcen ein zentrales Ziel. Im Rahmen des ressourcenorientierten Ansatzes werden die Eltern nicht als passive Rezipienten von Förder- und Unterstützungsmaßnahmen betrachtet, sondern als selbstbestimmte Akteure, die in der Förderung aktiv daran arbeiten, ihre Probleme zu bewältigen. Aus dieser Perspektive ist die Aktivierung und Stärkung ihrer Ressourcen die erfolgversprechendste Strategie, um notwendige Veränderungen zu ermöglichen und ihre Widerstandskraft gegenüber zukünftigen Belastungen zu stärken. Den Ressourcen wird in Beratung, Gesundheitsförderung und Psychotherapie eine zentrale Rolle bei der Bewältigung von Anforderungen und bei der Handlungssteuerung zugeschrieben. Was zur Bewältigung und zur Steuerung von Handlungen beiträgt und daher als Ressource in Frage kommt, ist allerdings nicht

116

Ergebnisse der Evaluationsstudie

klar definiert. Der Ressourcenbegriff ist vielmehr ein sehr breites Konzept, das alle Quellen umfasst, die einer Person zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse zur Verfügung stehen (Grawe 1998). „Letztlich alles, was von einer bestimmten Person in einer bestimmten Situation wertgeschätzt wird oder als hilfreich erlebt wird, kann als eine Ressource betrachtet werden.” (Nestmann, 1996, S. 362). Dabei können externe, interpersonelle und intrapersonelle Ressourcen unterschieden werden (Willutzki, 2008). Unter externen Ressourcen werden förderliche Lebensbedingungen verstanden, wie zum Beispiel das Einkommen, die Wohn- und Arbeitsbedingungen, Bildung, kulturelle Güter oder technische Hilfsmittel, sofern sie für die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse und die Aufrechterhaltung des Wohlbefindens bedeutsam sind. Interpersonelle oder soziale Ressourcen liegen in den sozialen Beziehungen, in die die Person eingebunden ist. Dazu zählt vor allem die soziale Unterstützung, die der Person in ihrem sozialen Umfeld, zum Beispiel in der Familie, im Bekanntenkreis oder in der Nachbarschaft zur Verfügung steht. Zu den sozialen Ressourcen zählt aber auch die professionelle Unterstützung, die öffentliche Einrichtungen (z. B. Frühförderstellen, Erziehungsberatungsstellen, medizinische Dienste) bereitstellen. Unter den intrapersonellen oder internen Ressourcen werden persönliche Dispositionen wie Eigenschaften, Fähigkeiten oder Fertigkeiten verstanden, die die Stressbewältigung erleichtern. Für eine erfolgreiche Handlungssteuerung ist vor allem die von den Betroffenen erlebte Funktionalität der Ressourcen entscheidend (Frank, 2007). So ist ein hohes Einkommen nicht per se eine Ressource, sondern erst in Verbindung mit der subjektiven Vorstellung, das Geld für die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse sinnvoll einsetzen zu können (Nestmann, 1996). Ebenso werden gute Arbeitsbedingungen nicht dadurch zu Ressourcen, dass sie – im Sinne der erhöhten Arbeitsproduktivität – ein effizientes Arbeiten ermöglichen, sondern dadurch, dass sie als Mittel zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse betrachtet und genutzt werden. Ob ein Person- oder Umweltmerkmal Ressourcenqualitäten hat, hängt danach von seiner Funktionalität für die Person ab. Die einer Person zur Verfügung stehenden Mittel sind nicht „an sich“ schon Ressourcen, sondern erst dann, wenn sie als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung wahrgenommen und für das Erreichen persönlicher Ziele oder für die Bewältigung von Anforderungen genutzt werden (Willutzki & Teismann, 2013). Für die Bewältigung von Anforderungen sind nicht nur die tatsächlich vorhandenen Ressourcen bedeutsam, oftmals ist die subjektive Überzeugung der Person, selbst über ausreichende Fähigkeiten zu verfügen, für die Handlungssteuerung entscheidend. Das Bewusstsein, die notwendigen Kompetenzen zu besitzen, um die anstehenden Aufgaben erfolgreich angehen zu können, setzt motivationale Ener-

Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie

117

gien frei und eröffnet neue Handlungsmöglichkeiten. Wer auf seine Stärken vertraut, sieht für sich einen größeren Handlungsspielraum, lässt sich durch auftretende Hindernisse nicht so schnell entmutigen, traut sich mehr zu und ist daher auch eher in der Lage, Probleme erfolgreich zu bewältigen als eine Person, die an ihren eigenen Möglichkeiten zweifelt. Die Zuversicht darauf, sich auf eigene Kompetenzen stützen oder auf eigene Mittel zurückgreifen zu können, wenn es die Umstände erfordern, lässt die Betroffenen auch vor schwierigen Anforderungen nicht zurückschrecken. Demgegenüber werden Menschen, die sich ihrer Ressourcen unsicher sind, schwierigen Aufgaben eher ausweichen oder schneller aufgaben, wenn sie auf Schwierigkeiten stoßen. Daher wurden in der Evaluationsstudie nicht objektive Ressourcen – etwa die materielle Ausstattung oder die Kompetenzen der Eltern – erfasst, sondern die subjektiven Repräsentationen der Verfügbarkeit von Fähigkeiten oder Eigenschaften, die als hilfreich bewertet werden. Eine interne Ressource ist danach die subjektiv wahrgenommene Verfügbarkeit einer Fähigkeit oder Eigenschaft, die für die Befriedigung eigener Bedürfnisse als wichtig erachtet wird. Die Person selbst ist von ihrem Potenzial überzeugt (Jerusalem, 1990) und fühlt sich für anstehende Herausforderungen gewappnet. Diesem Konzept folgend wurden in der Studie nicht die tatsächlich vorhandenen Erziehungskompetenzen der Eltern erhoben, sondern ihre subjektive Überzeugung, mit den Aufgaben in der Erziehung ihres Kindes fertig zu werden. Ebenso wurden die Eltern nicht gefragt, in welchem Umfang ihnen tatsächlich soziale Unterstützung in ihrem Umfeld zur Verfügung steht oder in welchem Ausmaß sie Unterstützung ihres sozialen Netzwerkes faktisch in Anspruch nehmen, sondern wie stark sie darauf vertrauen, in schwierigen Situationen auf soziale Unterstützung in ihrem Umfeld zurückgreifen zu können. Eine entscheidende Voraussetzung für die Aktivierung von Ressourcen in der Psychotherapie sieht Grawe (1998) in einer tragfähigen therapeutischen Beziehung. Ebenso wie in der Psychotherapie dürfte auch die Aktivierung elterlicher Ressourcen in der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit ASS davon abhängen, inwieweit es gelingt, eine therapeutische Arbeitsbeziehung aufzubauen, die es den Eltern erleichtert, eigene Bedürfnisse einzubringen, sich mit ihren bisherigen Bewältigungsversuchen auseinanderzusetzen und sich alternative Sichtweisen auf ihre Probleme zu erarbeiten. Die Bearbeitung dieser Themen ermöglicht zum einen eine Analyse der internen und externen Ressourcen der Eltern und bietet zum anderen Ansatzpunkte, ihre Ressourcen zu aktivieren und zu stärken. Im Rahmen der Evaluationsstudie wurde daher überprüft, inwieweit die Auswirkungen der achtmonatigen Förderung des Kindes auf die Ressourcen der Eltern von der Qualität der therapeutischen Allianz abhängig sind.

118

Ergebnisse der Evaluationsstudie

5.3.2 Aktivierung elterlicher Ressourcen in Abhängigkeit von der therapeutischen Allianz Im Rahmen der Längsschnittstudie wurden zwei Ressourcen der Eltern erfasst, die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in der Erziehung und die Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung (vgl. Kapitel 2.3.4). Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in der Erziehung Das Konstrukt der Selbstwirksamkeitserwartung (Selbstwirksamkeitsüberzeugungen) geht auf Bandura (1997) zurück, der die Selbstwirksamkeitserwartung (perceived self-efficacy) als die Überzeugung definiert, über die Kompetenzen zu verfügen, die nötig sind, um ein bestimmtes Verhalten erfolgreich ausführen oder eine Aufgabe bewältigen zu können. Der Autor grenzt die Selbstwirksamkeitserwartung und von der Ergebniserwartung ab. Letztere bezeichnet die Überzeugung, dass das Verhalten auch zu dem gewünschten Ergebnis führt. Die Selbstwirksamkeitserwartung in der Erziehung schließt die Ergebniserwartung mit ein. Demnach sind Eltern mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung nicht nur überzeugt, über das nötige Wissen und die notwendigen Fähigkeiten zu verfügen, um Erziehungsmaßnahmen umzusetzen, sie erwarten auch, dass diese zum Erfolg führen (vgl. Coleman & Karraker, 1998, 2000). Die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen lassen sich somit als das Vertrauen der Eltern in die eigenen Kompetenzen beschreiben, die Aufgaben in der Erziehung erfolgreich bewältigen zu können. Selbstwirksamkeitsüberzeugungen haben sich für Eltern von Kindern mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten als wichtige Ressource erwiesen. So zeigen viele Studien an Müttern von Kindern mit unterschiedlichen Behinderungen und Beeinträchtigungen (Geistiger Behinderung, Seh- oder Hörbehinderung, Entwicklungsverzögerung, Autismus), dass sich Mütter, die von ihren Bewältigungskompetenzen überzeugt sind, weniger stark belastet fühlen als Mütter, die an ihren Kompetenzen zweifeln (Lang, Hintermair & Sarimski, 2012). Nach diesen Befunden stellt das Zutrauen der Eltern in die eigenen Kompetenzen eine bedeutsame Ressource für die Bewältigung von Anforderungen dar. Eltern, die davon überzeugt sind, dass sie über die notwendigen Kompetenzen verfügen, die Anforderungen zu meistern, trauen sich mehr zu und weichen Schwierigkeiten seltener aus, als Eltern, die sich ihrer Kompetenzen nicht sicher sind. Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Förderung wurden daher die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern erhoben. Der Erfolg der Förderung sollte sich darin erweisen, dass die Eltern im Förderverlauf mehr Vertrauen in ihre erzieherischen Kompetenzen entwickeln. Zur Überprüfung

Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie

119

Selbstwirksamkeitsüberzeugungen

dieser Hypothese wurden der Fragebogen zum Kompetenzgefühl von Eltern (FKE; Miller, 2001) eingesetzt. Der FKE erfasst das Vertrauen der Eltern, ihre Aufgaben in der Erziehung erfolgreich bewältigen zu können (z. B. „Ich bin fest davon überzeugt, dass ich über alle notwendigen Fertigkeiten verfüge, um meinem Kind eine gute Mutter/Vater zu sein.“). Mit dem FKE wurde überprüft, ob die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern im Förderverlauf zunehmen. Die Ergebnisse der inferenzstatistischen Überprüfungen finden sich in den Tabellen A6 bis A8 im Anhang. Abbildung 5.8 zeigt die Veränderung der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in der Erziehung während der achtmonatigen Förderung in Abhängigkeit von der Beziehungszufriedenheit der Eltern.

3,10 3,00 2,90 Beziehungszufriedenheit

2,80

unterdurchschnittlich überdurchschnittlich

2,70

1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.8 Selbstwirksamkeitsüberzeugung in der Erziehung im Verlauf der Förderung (Itemmittelwerte des FKE) von Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit (n = 48) und Eltern mit unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit (n = 49) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

Eltern, die nach viermonatiger Förderung mit der Beziehung zur Therapeutin bzw. zum Therapeuten ihres Kindes überdurchschnittlich zufrieden waren, wiesen insgesamt deutlich höhere erziehungsbezogene Selbstwirksamkeitsüberzeugungen auf als Eltern mit unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit (F = 5.72, p < .05, ηp² = .057). In der Gesamtstichprobe ergab sich kein Interventionseffekt in den erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (F = 1.45, p > .05), jedoch ein statistisch signifikanter Interaktionseffekt zwischen dem Erhebungszeitpunkt und der Beziehungszufriedenheit (F = 3.95, p < .05, ηp² = .040), der

120

Ergebnisse der Evaluationsstudie

zeigt, dass die Veränderungen der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern im Förderverlauf von der Qualität ihrer therapeutischen Beziehung abhängen. Die anschließenden einfaktoriellen Varianzanalysen zur Prüfung der Interventionseffekte in den beiden Gruppen ergab bei Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit keine signifikanten Veränderungen in den erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (F = 1.26, p > .05). Bei Eltern, die die therapeutische Beziehung überdurchschnittlich positiv beurteilten, hatte demzufolge die achtmonatige Förderung keinen Einfluss auf die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen. Dagegen zeigte sich bei den Eltern mit unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit ein statistisch bedeutsamer Fördereffekt (F = 5.08, p < .01, ηp² = .097). Bei Eltern, die ihre Beziehung zur Therapeutin bzw. zum Therapeuten weniger positiv erlebten, verringerten sich die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen nach Beginn der Förderung und nahmen bis zum dritten Erhebungszeitpunkt wieder zu, wie die Post-hoc-Vergleiche ergaben. Offenbar verlieren Eltern bei einer suboptimalen therapeutischen Beziehung nach Beginn der Förderung zunächst das Vertrauen in ihre erzieherischen Kompetenzen. Erst im weiteren Verlauf der Förderung nehmen die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern wieder zu.

Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie

121

Abbildung 5.9 zeigt die Entwicklung der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in der Erziehung in Abhängigkeit von der Erfolgszufriedenheit der Eltern.

Selbstwirksamkeitsüberzeugungen

3,20 3,10 Erfolgszufriedenheit

3,00

unterdurchschnittlich überdurchschnittlich

2,90 2,80 2,70

1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.9 Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in der Erziehung im Verlauf der Förderung (Itemmittelwerte des FKE) von Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (n = 47) und Eltern mit unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (n = 48) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit wiesen deutlich stärkere Selbstwirksamkeitsüberzeugungen auf als Eltern mit unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (F = 27.08, p < .001, ηp² = .226). Offenbar sind Eltern, die bezüglich der Therapie erfolgszuversichtlich sind, auch in ihrer Erziehung erfolgszuversichtlich und umgekehrt, Eltern, die sich wenig von der Therapie versprechen, haben auch wenig Vertrauen in den Erfolg ihrer Erziehung. Entgegen der Hypothese ergaben sich im Verlauf der Förderung aber keine signifikanten Veränderungen der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern (F = 1.52, p > .05). Auch die Erfolgszufriedenheit der Eltern hatte keinen Einfluss auf die Veränderungen ihrer Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (F = 1.19, p < .05). Sowohl bei Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit, als auch bei Eltern mit unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit zeigten sich keine Veränderungen der erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugten während der achtmonatigen Förderung des Kindes.

122

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Abbildung 5.10 zeigt die Veränderung der erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern in Abhängigkeit von ihrer Einbeziehung in die Förderung.

Selbstwirksalkeitsüberzeugung

3,10 3,00 2,90 2,80 Einbeziehung in die Förderung unterdurchschnittlich

2,70

überdurchschnittlich

2,60 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.10 Selbstwirksamkeitsüberzeugung in der Erziehung im Verlauf der Förderung (Itemmittelwerte des FKE) von Eltern mit überdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung (n = 41) und Eltern mit unterdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung (n = 60) zum dritten Erhebungszeitpunkt.

Zu allen drei Erhebungszeitpunkten zeigten Eltern mit überdurchschnittlich guter Einbeziehung in die Förderung stärkere Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in der Erziehung als Eltern mit unterdurchschnittlich guter Einbeziehung (F = 11.57, p < .01, ηp² = .105). Der signifikante Interaktionseffekt zwischen der Einbeziehung in die Förderung und dem Erhebungszeitpunkt (F = 5.90, p < .01, ηp² = .056) weist darauf hin, dass der Einfluss der Förderung auf die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern von ihrer Einbeziehung in die Förderung abhängt. Bei überdurchschnittlich guter Einbeziehung veränderten sich die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern im Verlauf der Förderung nicht (F = 1.26, p > .05). Dagegen verringerten sich bei Eltern mit unterdurchschnittlich guter Einbeziehung die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen nach viermonatiger Förderung (F = 5.08, p < .01, ηp² = .097). Eltern, die weniger gut in die Förderung eingebunden waren, waren nach viermonatiger Förderung weniger davon überzeugt, die erzieherischen Aufgaben bewältigen zu können als vor der Aufnahme der Förderung. Erst im weiteren Verlauf

Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie

123

der Förderung nahmen die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern mit unterdurchschnittlicher Einbindung in die Förderung wieder zu. Offenbar werden die Eltern in ihren erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen zu Beginn der Förderung beeinträchtigt, wenn sie nicht optimal in die Förderung einbezogen sind. Eine suboptimale Einbeziehung in die Förderung stellt möglicherweise ein Risikofaktor für die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen der Eltern dar. Verfügbarkeit sozialer Unterstützung Eine weitere Ressource der Eltern liegt in dem Vertrauen in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Netzwerkes. Eltern, die davon überzeugt sind, in ihrer Familie, ihrem Bekanntenkreis oder ihrer Nachbarschaft Unterstützung zu finden, wenn sie Hilfe benötigen, sollten besser mit den Anforderungen zurechtkommen als Eltern, die nicht oder nur im geringen Maße auf die Unterstützung ihres sozialen Umfeldes bauen können. Um zu überprüfen, ob im Verlauf der Förderung das Vertrauen der Eltern in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Umfeldes zunimmt, wurde die Skala Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung (VSU; Tröster, 2011) eingesetzt (vgl. Kapitel 2.3.4). Die Skala erfasst drei Aspekte der Verfügbarkeit sozialer Unterstützung, die Verfügbarkeit (1) emotionaler Unterstützung (z. B. „Wenn ich mich niedergeschlagen fühle, finde ich immer Menschen, die mir Zuversicht geben.“), (2) instrumenteller Unterstützung (z. B. „Ich finde in meinem Bekanntenkreis Menschen, die mir meine täglichen Verpflichtungen im Haushalt für einige Zeit abnehmen könnten, wenn ich in eine schwierige Situation geraten würde.“) und (3) informationeller Unterstützung (z. B. „Wenn ich mir Sorgen um mein Kind mache, kann ich immer Freunde und Bekannte um Rat fragen.“). Die Ergebnisse der varianzanalytischen Überprüfung der Effekte sind den Tabellen A9 bis A11 im Anhang zu entnehmen.

124

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Abbildung 5.11 zeigt die Veränderungen der wahrgenommenen Verfügbarkeit sozialer Unterstützung im Verlauf der achtmonatigen Förderung in Abhängigkeit von der Beziehungszufriedenheit der Eltern.

Verfügbarkeit sozialer Unterstützung

3,00 2,90 2,80 2,70

Beziehungszufriedenheit der Eltern unterdurchschnittlich

2,60

überdurchschnittlich

2,50 2,40 2,30 2,20 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.11 Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung im Verlauf der Förderung (Itemmittelwerte) von Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit (n = 49) und Eltern mit unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit (n = 50) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

Eltern mit überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit hatten ein größeres Vertrauen in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Umfeldes als Eltern mit unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit (F = 9.98, p < .01, ηp² = .093). Unabhängig von der Beziehungszufriedenheit der Eltern nahm in den ersten vier Monaten nach Förderbeginn die Verfügbarkeit sozialer Unterstützung zu (F = 14.30, p < .001, ηp² = .128). Sowohl bei überdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit, als auch bei unterdurchschnittlicher Beziehungszufriedenheit verbesserte sich das Vertrauen der Eltern in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Umfeldes in den ersten vier Monaten der Förderung und blieb im weiteren Verlauf der Förderung auf diesem Niveau konstant. Nach diesem Ergebnis ist davon auszugehen, dass die Förderung unabhängig von der Qualität der therapeutischen Beziehung dazu beiträgt, das Vertrauen der Eltern in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Netzwerkes zu stärken.

Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie

125

Abbildung 5.12 zeigt die wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung in Abhängigkeit von der Erfolgszufriedenheit der Eltern.

Verfügbarkeit sozialer Unterstützung

3,10 3,00 2,90 2,80 2,70

Erfolgszufriedenheit der Eltern

2,60

unterdurchschnittlich überdurchschnittlich

2,50 2,40 2,30 2,20 2,10 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.12 Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung im Verlauf der Förderung (Itemmittelwerte) von Eltern mit überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (n = 49) und Eltern mit unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (n = 48) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

Bei überdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit zeigten die Eltern eine höhere wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung als bei unterdurchschnittlicher Erfolgszufriedenheit (F = 31.33, p < .001; ηp² = .227). Offenbar sind Eltern, die mit einem Erfolg der Förderung rechnen, auch zuversichtlicher, in schwierigen Situationen auf die Unterstützung ihres sozialen Umfeldes zurückgreifen zu können, als Eltern, die in Bezug auf den Erfolg der Förderung weniger optimistisch sind. Die Zunahme der wahrgenommenen Verfügbarkeit sozialer Unterstützung in den ersten vier Monaten der Förderung (F = 14.96, p < .001; ηp² = .136) war jedoch unabhängig von der Erfolgszufriedenheit (F = 2.69, p > .05). Nach diesem Ergebnis hat die Erfolgszufriedenheit keinen Einfluss auf den Erfolg der Förderung in Bezug auf das Vertrauen der Eltern in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Netzwerkes.

126

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Abbildung 5.13 zeigt die wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung in Abhängigkeit von der Einbeziehung der Eltern in die Förderung des Kindes.

Verfügbarkeit sozialer Unterstützung

2,90 2,80 2,70 2,60 2,50 2,40

Einbeziehung in die Förderung unterdurchschnittlich

2,30

überdurchschnittlich 2,20 1. Erhebungszeitpunkt

2. Erhebungszeitpunkt

3. Erhebungszeitpunkt

Abbildung 5.13 Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung im Verlauf der Förderung (Itemmittelwerte) von Eltern mit überdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung (n = 64) und Eltern mit unterdurchschnittlicher Einbeziehung in die Förderung (n = 36) zum zweiten Erhebungszeitpunkt.

Die Zunahme an Vertrauen in das Unterstützungspotenzial des sozialen Umfeldes war unabhängig davon, wie eng die Eltern in die Förderung ihres Kindes miteingebunden waren (F = 1.86, p < .05). Somit erweist sich die Einbeziehung der Eltern in die Förderung des Kindes ebenso wie die Beziehungszufriedenheit und die Erfolgszufriedenheit nicht als Wirkfaktor in Bezug auf die wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung während der achtmonatigen Förderung. 5.3.3 Zusammenfassung: Trägt die Autismustherapie zur Stärkung der elterlichen Ressourcen bei? Grawe (Grawe 1998; Grawe & Grawe-Gerber, 1999) zählt die Aktivierung von Ressourcen zu den fünf schulen- und störungsübergreifenden Wirkfaktoren der Psychotherapie. Auch in der Beratung und Förderung von Familien mit Kindern und Jugendlichen mit ASS ist die Aktivierung und Stärkung der elterlichen Res-

Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie

127

sourcen ein zentrales Förderziel. In einem Förderkonzept, in den Eltern als selbstbestimmte Akteure einbezogen werden, die sich den Herausforderungen stellen und nach Lösungen suchen, ist die Aktivierung und Stärkung ihrer Ressourcen die angemessene Strategie, um ihre Voraussetzungen zur Bewältigung von Anforderungen zu verbessern. In diesem Sinne lässt sich die Ressourcenaktivierung als eine „Hilfe zur Selbsthilfe“ kennzeichnen, die die Handlungsspielräume der Eltern zur Gestaltung ihrer Lebensbereiche erweitert und ihnen Möglichkeiten eröffnet, alternative Wege zu verfolgen und neue Bewältigungsstrategien zu erproben. Dem Konzept von Grawe (1998) folgend wurde erwartet, dass die Stärkung der elterlichen Ressourcen im Verlauf der Förderung davon abhängt, inwieweit es gelingt, eine tragfähige therapeutische Allianz aufzubauen, die es den Eltern erleichtert, ihre Bedürfnisse zu artikulieren, sich mit alternativen Sichtweisen auseinanderzusetzen und sich ihrer Ressourcen bewusst zu werden. Danach sollte die Förderung vor allen dann zu einer Stärkung der elterlichen Ressourcen führen, wenn die Eltern die Beziehung zur Therapeutin bzw. zum Therapeuten ihres Kindes positiv erleben und sich gut in die Förderung eingebunden fühlen. Abschwächung der erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen bei Beginn der Förderung Diese Erwartung, dass die Förderung vor allem bei einer hohen Qualität der therapeutischen Allianz die elterlichen Ressourcen stärkt, konnte in Bezug auf die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen der Eltern jedoch nicht bestätigt werden. Entgegen der Hypothese kam es während der ersten acht Monate der Förderung nicht zu einer Stärkung der Selbstwirksamkeitserwartungen der Eltern. Im Gegenteil, unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich bei einer suboptimalen Arbeitsbeziehung zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten ihres Kindes die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern nach Beginn der Therapie zunächst abschwächen. Offenbar stellen eine unterdurchschnittliche Qualität der therapeutischen Beziehung und eine geringere Einbeziehung der Eltern in die Förderung Risikofaktoren dar, die dazu führen, dass im Förderprozess das Vertrauen der Eltern in ihre erzieherischen Kompetenzen schwindet. Eine Erklärung für diese Ergebnisse ergibt sich aus der besonderen Situation der Eltern zu Förderbeginn. Die Fokussierung auf Probleme in der Familie und die Analyse häuslicher Probleme in der Anfangsphase der Therapie ebenso wie das Kennenlernen neuer Sichtweisen dürfte bei vielen Eltern zunächst dazu führen, dass sie ihre Alltagsroutinen infrage stellen und das Vertrauen in ihre erzieherischen Kompetenzen verlieren. Diese Erfahrungen dürften bei vielen Eltern die

128

Ergebnisse der Evaluationsstudie

Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderungen befördern und einen Neuorientierungsprozess in Gang setzen, der mit einer Verunsicherung verbunden ist. Diese Verunsicherung der Eltern in der Phase der Neuorientierung könnte durch eine gute therapeutische Allianz aufgefangen werden. Eine tragfähige therapeutische Beziehung verbunden mit einer guten Einbindung in die Förderung des Kindes könnte – so die Annahme – verhindern, dass die Verunsicherung der Eltern in Selbstzweifeln mündet und ihr Vertrauen in ihre erzieherischen Kompetenzen untergräbt. So dürfte etwa die Auseinandersetzung mit neuen Sichtweisen und der Notwendigkeit von Veränderungen den Eltern leichter fallen, wenn es bereits in der Anfangsphase der Förderung gelingt, eine tragfähige Arbeitsbeziehung aufzubauen und sie in die Förderung miteinzubeziehen. Dagegen besteht ein hohes Risiko, dass die Neuorientierung ihr Vertrauen in die eigenen erzieherischen Kompetenzen beeinträchtigt, wenn ein suboptimale therapeutische Beziehung und eine fehlende Einbeziehung in den Förderprozess keine adäquate Bearbeitung der aufgeworfenen Fragen und eine Klärung der Probleme erwarten lassen. Nach diesem Erklärungsansatz stellt der Beginn der Förderung eine kritische Phase dar, in der die Weichen für den weiteren Verlauf der Förderung gestellt werden. Für viele Eltern scheint die Aufnahme der Förderung der Anstoß für eine Neuorientierung zu sein. In dieser Phase müssen sie sich mit neuen Sichtweisen auseinandersetzen, die womöglich ihre bisherigen Erziehungspraktiken in Frage stellen und Veränderungen bisher praktizierter Verhaltensgewohnheiten notwendig machen. Damit die Herausforderungen, die sich den Eltern zu Beginn der Förderung stellen, ihr Vertrauen in ihre erzieherischen Kompetenzen nicht beeinträchtigen, bedarf es einer Arbeitsbeziehung zur Therapeutin bzw. zum Therapeuten, die den Eltern eine tragfähige Basis bietet, ihre Fragen zu klären und sich neu zu orientieren. Zunahme des Vertrauens in das Unterstützungspotenzial des sozialen Netzwerks Im Unterschied zu den erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen nahm das Vertrauen der Eltern in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Netzwerks nach Aufnahme der Förderung zu. Bereits nach dreimonatiger Förderung zeigten die Eltern eine größere Zuversicht, bei auftretenden Schwierigkeiten Hilfe in ihrer Familie, in ihrem Bekanntenkreis oder in der Nachbarschaft finden zu können. Diese Zunahme an Vertrauen in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Netzwerkes war entgegen der Hypothese unabhängig von der therapeutischen Allianz. Danach haben weder die Qualität der therapeutischen Beziehung noch die Einbeziehung der Eltern in die Förderung einen Einfluss auf die Zunahme an Vertrauen in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Netzwerkes.

Aktivierung elterlicher Ressourcen im Verlauf der Autismustherapie

129

Zur Erklärung dieser Ergebnisse bieten sich zwei Ansätze an. Zum einen ist anzunehmen, dass die Aufnahme in das Förderprogramm des ATZ den Eltern zusätzliche Kontaktgelegenheiten bietet. Sie treffen auf Eltern, die sich in einer ähnlichen Lage befinden, ähnliche Erfahrungen gemacht haben und vor ähnlichen Problemen stehen wie sie selbst. Besonders in der Anfangsphase der Förderung, in der die Eltern mit vielem Neuen konfrontiert werden, dürften sie besonders offen sein für soziale Kontakte zu anderen Eltern, die ihnen vielfältige Gelegenheiten bieten, Informationen und Erfahrungen auszutauschen und Probleme zu besprechen. Die Erweiterung sozialer Kontaktmöglichkeiten zu anderen Eltern mit Kindern mit ASS und die Erfahrungen, dass diese Kontakte gerade zu Beginn der Förderung zur Orientierung hilfreich sind, dürfte die Zuversicht der Eltern, in Notlagen auf Unterstützung ihres sozialen Netzwerkes zurückgreifen zu können, stärken. Neben einer Erweiterung des sozialen Netzwerkes dürfte die Mitwirkung in der Therapie aber auch die Kompetenzen der Eltern stärken, das Unterstützungspotenzial ihrer Netzwerke wahrzunehmen, zu mobilisieren und zu nutzen. So ist nach den Leitlinien für die Arbeit in Autismus-Therapie-Zentren (Bundesverband Autismus Deutschland, 2017) zu Beginn der Therapie explizit eine Analyse der Ressourcen der Familie und ihres Umfelds vorgesehen. Durch eine solche Umfeldanalyse dürften die Eltern lernen, die Unterstützungspotenziale ihres sozialen Netzwerks differenzierter wahrzunehmen. Darüber hinaus ergibt sich im Rahmen der Förderung oftmals die Notwendigkeit, soziale Unterstützung zu mobilisieren, beispielsweise indem sich die Eltern an Erzieherinnen und Lehrkräfte ihres Kindes wenden oder wenn es darum geht, Unterstützung von anderen Institutionen einzufordern. Durch diese Erfahrungen dürften sich nicht nur ihre Kompetenzen verbessern, andere Menschen um Unterstützung zu bitten, sondern auch ihr Vertrauen der Eltern stärken, auf die soziale Unterstützung ihrer Familie, ihres Bekanntenkreises oder ihrer Nachbarschaft zurückgreifen zu können, wenn sie benötigt wird. In der Zusammenarbeit mit der Therapeutin oder dem Therapeuten entwickeln sie mehr Zutrauen und lernen, Hilfe und Unterstützung anzunehmen.

6 Zusammenfassung und Ausblick Zwar stehen für Menschen mit ASS zahlreiche, auf der Basis verhaltenstherapeutischer, systemischer, tiefenpsychologischer oder heilpädagogischer Konzepte entwickelte Therapie- und Fördermethoden zur Verfügung (zur Übersicht KampBecker & Bölte, 2014; Weiss, 2002), doch nur für wenige dieser Ansätze konnte bislang ein Wirksamkeitsnachweis in der Therapie und Förderung von Menschen mit ASS erbracht werden (Bölte, 2011b; Bölte & Poustka, 2002; Döringer, 2017; Howlin, 2010; Levy et al., 2006; Ospina et al., 2008; Remschmidt & Kamp-Becker, 2006). Am besten abgesichert sind derzeit verhaltenstherapeutische Methoden, die auch in den ATZ in vielfältigen Varianten eingesetzt werden (zum Überblick Rittmann, 2017). Viele Therapiemethoden, die sich in der Behandlung von psychischen Störungen bewährt haben, wurden jedoch bisher nicht systematisch auf ihre spezifische Wirksamkeit in der Förderung von Menschen mit ASS hin untersucht. Was für einzelne Therapiemethoden gilt, trifft mehr noch auf komplexe Förderprogramme zu, in denen unterschiedliche Beratungs-, Therapie- und Fördermethoden kombiniert werden, um eine auf den individuellen Förderbedarf von Menschen mit ASS und ihren Familien zugeschnittene Förderung zu ermöglichen. Auch die ATZ verfolgen ein multimethodales und multimodales Förderkonzept (vgl. Müller, 2017), das dadurch gekennzeichnet ist, dass unterschiedliche Therapie- und Fördermaßnahmen eingesetzt werden, die auf verschiedenen Interventionsebenen (z. B. Kognition, Emotion, Verhalten) ansetzen. Der multimodale Ansatz der ATZ zeigt sich sowohl in dem breiten Angebot an Beratungs-, Therapie- und Fördermaßnahmen für Kinder und Jugendliche mit ASS und ihre Familien als auch in der großen Bandbreite beruflicher Qualifikationen der dort arbeitenden Therapeutinnen und Therapeuten (vgl. Kapitel 3). Damit sind gute Voraussetzungen für eine individualisierte Förderung gegeben. Inwieweit es tatsächlich gelingt, jedem Kind die passenden, seinem Förderbedarf entsprechenden Therapiemaßnahmen zukommen zu lassen, hängt jedoch nicht nur von der Verfügbarkeit eines breiten Beratungs-, Therapie- und Förderangebots ab, sondern auch davon, wie zuverlässig der individuelle Förderbedarf des Kindes und der Familie erkannt wird und wie gut die Therapie- und Fördermaßnahmen darauf abgestimmt werden. Inwieweit über die von niedergelassenen Fachärzten erstellte Autismus-Diagnose hinaus in den ATZ zusätzlich noch förderdiagnostische Methoden und Verfahren zur differenziellen Therapieindikation eingesetzt werden, um aus den verfügbaren Therapieangeboten die jeweils besten Maßnahmen auszuwählen und an den Einzelfall anzupassen, konnte nicht dokumentiert werden. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Tröster und S. Lange, Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24815-4_6

132

Zusammenfassung und Ausblick

Sowohl mit dem Therapie- und Beratungsangebot der ATZ als auch mit den Therapieergebnissen sind die Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS mehrheitlich zufrieden, wie aus einer im Auftrag von 12 ATZ durchgeführten Umfrage hervorgeht (Rickert-Bolg, 2017b). Dies entspricht wohl auch den Erfahrungen der in den ATZ tätigen Therapeutinnen und Therapeuten, die – wie aus vorliegenden Einfalldarstellungen hervorgeht (z. B. Arens-Wiebel, 2017; Mack, 2017; Müller, 2017) – in ihrer praktischen Arbeit oft erleben, dass sich durch ihren Einsatz die Situation des Kindes und seiner Familie verbessert. Dennoch bedarf es einer systematischen Evaluation der Arbeit der ATZ, die darüber hinaus Aufschluss darüber gibt, ob und in welchen Bereichen Menschen mit ASS und ihre Familien von der Förderung profitieren oder aber nicht profitieren, welche Bedingungen zum Therapieerfolg beitragen und die praktikable Ansatzpunkte für eine Optimierung und Weiterentwicklung des Therapie- und Förderangebots liefert. Die hier vorgestellte Studie ist ein erster Schritt in diese Richtung. Ansatz zur Evaluation der Arbeit der Autismus-Therapie-Zentren Die Evaluationsstudie setzt bei den Anforderungen, Belastungen und Ressourcen der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS an. Dieser Fokus ist insofern eingeschränkt, als die Auswirkungen der Autismustherapie auf die betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht miteinbezogen wurden. Dennoch eignet sich ein auf die Eltern beschränkter Fokus in mehrfacher Hinsicht als Ansatzpunkt zur Evaluation der Arbeit der ATZ. Erstens stellt die Verbesserung der Lebensqualität der Eltern durch Entlastung und Stärkung ihrer Ressourcen ein eigenständiges Förderziel dar. Zweitens dürfte sich durch eine Entlastung der Handlungsspielraum der Eltern erweitern, das familiäre Umfeld den Lern- und Entwicklungsbedürfnissen ihres Kindes entsprechend zu gestalten und ihm optimale Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten zu bieten. Und drittens haben die Eltern als aktive Teilnehmer und als Co-Therapeuten oder Mediatoren eine wichtige Funktion im Förderprozess und tragen damit maßgeblich zum Therapieerfolg bei, etwa durch ihr Mitwirken an der Verhaltens- und Problemanalyse zur Entwicklung von Ansätzen für die Therapie oder durch die Übernahme von Förderprinzipien in die Erziehung ihres Kindes. Die Reduzierung ihrer Belastung und die Aktivierung ihrer Ressourcen dürften ihre Voraussetzungen verbessern, in ihrer Funktion als Co-Therapeuten oder Mediatoren am Therapieprozess teilzunehmen und zum Erfolg der Therapie beizutragen.

Zusammenfassung und Ausblick

133

Zur Aufklärung der Belastungsgenese wurden Zusammenhänge zwischen der autistischen Symptomatik, den Aktivitäts- und Funktionseinschränkungen des Kindes und den Anforderungen und Belastungen der Eltern analysiert. Die im Kapitel 4 dargestellten Ergebnisse lassen erkennen, inwieweit sich die autistische Symptomatik in Alltagsbeeinträchtigungen des Kindes niederschlägt, welche Anforderungen sich daraus für die Eltern ergeben und inwieweit diese Anforderungen zur Belastung der Eltern beitragen. Um aufzuklären, über welche psychischen Prozesse die Anforderungen zu Belastungen der Eltern führen, wurden die Bewältigungsstrategien und Ressourcen der Eltern erhoben, in der Annahme, dass Anforderungen dann zu Belastungen führen, wenn die Eltern nicht über ausreichende Ressourcen verfügen oder dysfunktionale Bewältigungsstrategien verfolgen. Nach den Ergebnissen unserer Studie weist die elterliche Belastung substanzielle Zusammenhänge mit den dysfunktionalen, nicht aber mit den funktionalen Bewältigungsstrategien der Eltern auf. Dies legt die Vermutung nahe, dass die hohe Belastung der Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ASS nicht aus einem Mangel an funktionalen Bewältigungsstrategien resultiert, sondern daraus, dass zur Bewältigung von Anforderungen häufig dysfunktionale Bewältigungsstrategien verfolgt werden. Die Rolle der elterlichen Ressourcen und Bewältigungsstrategien im Rahmen der Belastungsgenese muss allerdings noch näher aufgeklärt werden. Weitere Analysen sind notwendig, um solche Merkmale oder Bedingungen zu identifizieren, die die Auswirkungen der Anforderungen moderieren. Diese Moderatoranalysen könnten konkrete Ansatzpunkte für die Therapie und Förderung liefern, insbesondere im Hinblick auf eine gezielte Modifikation dysfunktionaler Bewältigungsstrategien der Eltern im Rahmen der Förderung. Von der Annahme ausgehend, dass die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit ASS und ihrer Familien sowohl darauf ausgerichtet ist, Vulnerabilitäten abzubauen als auch Potenziale zu stärken, wurden zur Evaluation die Veränderungen der Belastung und Ressourcen der Eltern im Verlauf der achtmonatigen Förderung analysiert. Ein wichtiges Ziel dabei war es, die für den Therapieerfolg bedeutsamen Bedingungen zu identifizieren. Der zunächst naheliegende Ansatz, die Wirksamkeit einzelner verhaltenstherapeutischer, systemischer oder heilpädagogischer Therapie- und Fördermethoden zu vergleichen, ist zur Evaluation eines multimodalen und multimethodalen Förderprogramms der ATZ, bei dem in der Regel mehrere Therapie- und Fördermaßnahmen kombiniert werden, nicht angemessen. Stattdessen wurde das Konzept der therapeutischen Allianz bzw. des therapeutischen Arbeitsbündnisses, das sich in der Psychotherapieforschung als methoden- und störungsübergreifender Wirkfaktor erwiesen hat (zur Übersicht Orlinsky et. al., 2004), herangezogen und auf die Beziehung zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten des Kindes übertragen.

134

Zusammenfassung und Ausblick

Zentrale Ergebnisse der Studie Die Ergebnisse zur elterlichen Belastung (Kapitel 5) machen deutlich, dass auch in der Therapie von Kindern und Jugendlichen mit ASS das Arbeitsbündnis zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten des Kindes eine bedeutsame Rolle spielt. Nur bei einer hohen Qualität der therapeutischen Allianz kam es nach Aufnahme der Förderung zu einer Entlastung der Eltern, bei unterdurchschnittlicher Qualität zeigte sich dagegen kein Entlastungseffekt. Der Fördereffekt beschränkte sich jedoch auf die Belastungsaspekte, die von den Anforderungen ausgehen, die mit der Elternrolle verbunden sind, während sich die Belastung, die sich aus den Verhaltensproblemen des Kindes ergibt, nicht verringerte. Vermutlich ist eine Entlastung der Eltern in diesen, eng mit den Verhaltensproblemen des Kindes verknüpften Bereichen erst dann zu erwarten, wenn im Therapieverlauf die autistische Symptomatik des Kindes reduziert wird oder eine bessere Anpassung des Umfeldes an die störungsbedingten Einschränkungen des Kindes erreicht wird. Für den Fördereffekt waren zwei Aspekte der therapeutischen Allianz ausschlaggebend, die Qualität der therapeutischen Beziehung der Eltern und ihre Einbindung in die Förderung ihres Kindes. Danach bietet ein Arbeitsbündnis, das durch gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung sowie durch eine enge Einbeziehung der Eltern in den Förderprozess geprägt ist, die Voraussetzung dafür, dass die Eltern durch die Förderung entlastet werden. Beide Komponenten bilden die Grundlage dafür, dass Eltern und Therapeutin bzw. Therapeut gemeinsam Verantwortung für den Förderprozess übernehmen und beispielsweise gemeinsam Förderziele entwickeln, Therapiemaßnahmen absprechen und die Eltern ihre eigenen Unterstützungsbedürfnisse einbringen können. Unter diesen Voraussetzungen kam es bereits in den ersten vier Monaten der Förderung zu einer Entlastung der Eltern. Damit erfüllt das Arbeitsbündnis zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten ihres Kindes eine ähnliche Funktion wie die therapeutische Allianz in der Psychotherapie. Ein tragfähiges Arbeitsbündnis zwischen Eltern und Therapeutinnen und Therapeuten bildet die Grundlage auf der spezifische Beratungs-, Therapie- und Fördermaßnahmen ihre Wirkung entfalten können. Die Ergebnisse knüpfen an Befunde der Psychotherapieforschung an, die zeigen, dass die therapeutische Allianz methoden- und störungsunabhängig maßgeblich zum Therapieerfolg beiträgt (zur Übersicht Flückiger, 2018; Norcross, 2002; Norcross & Wampold, 2011). Damit rückt die Beziehungsarbeit in der Therapie und Förderung von Familien mit Kindern und Jugendlichen mit ASS in den Mittelpunkt (vgl. Kapitel 5.2). Zum Aufbau eines tragfähigen Arbeitsbündnisses mit

Zusammenfassung und Ausblick

135

den Eltern bedarf es von Seiten der Therapeutin bzw. des Therapeuten einer bewussten Gestaltung der Beziehung, die über die Klärung der organisatorischen Rahmenbedingungen der Therapie hinaus auch die Abklärung der Erwartungen der Eltern an die Therapie und die Erarbeitung eines gemeinsamen Störungsverständnisses beinhaltet, auf deren Grundlage gemeinsam Therapieziele entwickelt und die Therapiemaßnahmen abgestimmt werden können. Wesentlicher Bestandteil eines tragfähigen therapeutischen Arbeitsbündnisses ist die Einbeziehung der Eltern in den Therapieprozess. Dazu reicht es oft nicht aus, lediglich die Eltern zur Mitarbeit zu motivieren. Darüber hinaus müssen ihre Voraussetzungen verbessert werden, als aktive Partner der Therapeutin bzw. des Therapeuten an der Therapie mitzuwirken. Ein erster Ansatzpunkt dazu ist sicher die Aufklärung der Eltern über das Störungsbild und Therapieansätze mit dem Ziel, ein gemeinsames Störungsverständnis zu erarbeiten. Dadurch wird eine gemeinsame Kommunikationsbasis geschaffen, die den Eltern eine eigenständige Mitwirkung erleichtert. Zudem müssen ihnen Strukturen geboten werden, sich aktiv zu beteiligen, etwa durch regelmäßige Elterngespräche, in denen sie Rückmeldung über die erreichten Fortschritte geben, durch Einbeziehung der Eltern als CoTherapeuten, etwa dadurch, dass die Eltern erlernte Strategien zum Umgang mit dem Problemverhalten ihres Kindes im Alltag anwenden oder Förderprinzipien in der Erziehung zu Hause umzusetzen. Als Ressourcen wurden die Selbstwirksamkeitserwartungen in der Erziehung und die wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung erfasst, die sich als bedeutsam für die Stressbewältigung erwiesen haben (vgl. Kapitel 1). Die Annahme, dass das Vertrauen der Eltern in ihre erzieherischen Kompetenzen und in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Umfeldes im Verlauf der Förderung zunimmt, konnte für die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern nicht bestätigt werden. Bei einer überdurchschnittlichen Qualität der therapeutischen Allianz zeigte sich kein Fördereffekt, bei einer unterdurchschnittlichen Qualität der therapeutischen Allianz nahmen die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen nach Beginn der Förderung sogar ab. Offenbar ist eine suboptimale therapeutische Allianz ein Risikofaktor, der dazu führen kann, dass die Eltern das Vertrauen in ihre erzieherischen Kompetenzen zumindest zeitweise verlieren. Möglicherweise sehen die Eltern in der Anfangsphase der Therapie, in der meist die Analyse der Probleme in der Familie und in der Eltern-KindBeziehung im Vordergrund steht, ihre Erziehungsstrategien infrage gestellt und sich mit der Notwendigkeit von Veränderungen konfrontiert. Die damit einhergehende Verunsicherung der Eltern zu Beginn der Therapie kann durch eine gute therapeutische Allianz, die ihnen die Bearbeitung der aufgeworfenen Fragen erleichtert und ihnen eine Orientierung für ihre Rolle im weiteren Therapieverlauf

136

Zusammenfassung und Ausblick

gibt, aufgefangen werden, führt aber bei geringer Qualität der therapeutischen Beziehung und geringer Einbindung in die Therapie ihres Kindes zu einer Beeinträchtigung ihrer erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen. Nach diesem Erklärungsansatz stellt der Beginn der Therapie eine kritische Phase dar, in der das Vertrauen der Eltern in ihre erzieherischen Kompetenzen bedroht ist, wenn ihre Arbeitsbeziehung zur Therapeutin bzw. zum Therapeuten nicht optimal ist und sie nicht ausreichend in die Therapie einbezogen werden. Ob die Eltern bei Therapiebeginn tatsächlich eine Phase der Verunsicherung durchlaufen, die bei suboptimaler therapeutischer Allianz ihr Vertrauen in ihre erzieherischen Kompetenzen gefährdet, muss sicherlich in weiterführenden Studien noch breiter untersucht werden. Insbesondere bleibt zu klären, ob auch in anderen Verhaltensaspekten der Eltern oder im Verhalten des Kindes eine Verunsicherung zum Ausdruck kommt und ob durch zusätzliche, auf die Eltern gerichtete Fördermaßnahmen die erziehungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Eltern gestärkt werden können. Ein deutlicher Fördereffekt zeigte sich hingegen in der wahrgenommenen Verfügbarkeit sozialer Unterstützung der Eltern. Bereits in den ersten Monaten der Förderung wuchs das Vertrauen der Eltern in das Unterstützungspotenzial ihres sozialen Netzwerkes, und zwar unabhängig von der Qualität der therapeutischen Allianz. Die Überzeugung, in schwierigen Situationen auf Unterstützung im Familien- oder Bekanntenkreis zurückgreifen zu können, stärkt die elterlichen Bewältigungskompetenzen. Eltern, die zuversichtlich sind, Unterstützung in ihrem Familien- und Bekanntenkreis zu finden, wenn sie diese benötigen, dürften auch vor schwierigen Problemen nicht zurückschrecken. Für die Zunahme an Vertrauen in die soziale Unterstützung bieten sich zwei Erklärungen an. Zum einen ist es wahrscheinlich, dass sich für Eltern im Rahmen der Förderung viele Gelegenheiten ergeben, soziale Kontakte zu gleichfalls betroffenen Eltern zu knüpfen, mit denen sie sich über die Therapie austauschen und Probleme in Zusammenhang mit ihrem Kind besprechen können. Zum anderen könnte ihre Zuversicht, Unterstützung in ihrer Familie und in ihrem Bekanntenkreis finden zu können, auch dadurch gewachsen sein, dass sie in der Förderung ihre Kompetenzen verbessern, Unterstützung in ihrem sozialen Netzwerk zu mobilisieren und anzunehmen. Beides dürfte dazu beitragen, dass die Eltern im Verlauf der Förderung zuversichtlicher werden, in schwierigen Phasen Unterstützung bei Freunden, Bekannten oder in ihrer Familie finden zu können. Ob sich tatsächlich das soziale Netzwerk der Eltern nach Aufnahme der Förderung erweitert und ob sie tatsächlich vermehrt soziale Kontakte zu anderen Eltern nutzen, muss allerdings noch gezielt untersucht werden.

Zusammenfassung und Ausblick

137

Limitationen der Studie Wie bei jeder anderen Studie auch, gibt es auch in der vorliegenden Studie einige Einschränkungen, die bei den Schlussfolgerungen, die aus den Ergebnissen gezogen werden, in Rechnung zu stellen sind. An erster Stelle ist der kurze Beobachtungszeitraum von acht Monaten zu nennen. Die Befunde basieren auf einer Erhebung zu Beginn der Förderung und zwei nachfolgenden Erhebungen jeweils im Abstand von vier Monaten. Der vierte Erhebungszeitpunkt konnte aufgrund der geringen Teilnehmerzahl nicht mehr berücksichtigt werden. Im Verhältnis zur üblichen Förderdauer in den ATZ, die mit ungefähr 3 bis 5 Jahren deutlich länger angelegt ist 10, stellen die ersten acht Monate lediglich die Einstiegsphase dar, in der sich Eltern und Kinder noch orientieren und zurechtfinden müssen. Zwar konnten in dieser Orientierungsphase bereits Fördereffekte ermittelt werden, Aussagen über längerfristige Therapieeffekte sind auf der Basis der Ergebnisse dieser Untersuchung jedoch nicht möglich. Längerfristig angelegte Längsschnittstudien sind daher notwendig, um auch solche Veränderungen untersuchen zu können, die erst nach einer längeren Therapie zu erwarten sind. Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus dem auf die Eltern begrenzten Fokus der Studie. Untersucht wurden Veränderungen während der Förderung auf Seiten der Eltern, die Auswirkungen der Therapie auf die Kinder und Jugendlichen mit ASS wurden nicht miteinbezogen. Eine Überprüfung der Wirksamkeit der Autismustherapie in Bezug auf die psychosoziale Anpassung der Kinder und Jugendlichen steht somit noch aus. Mit der Einbeziehung sowohl der Eltern als auch der Kinder und Jugendlichen mit ASS ergibt sich die Möglichkeit, die zu erwartenden Wechselwirkungen zwischen den Veränderungen auf Seiten der Eltern und der Reduzierung der autistischen Symptomatik der Kinder und Jugendlichen untersuchen zu können. Die Generalisierbarkeit der Befunde hängt auch von der Repräsentativität der Elternstichprobe ab. Zwar konnte eine im Vergleich zu anderen Studien große Stichprobe von Eltern rekrutiert werden, doch nur knapp die Hälfte (45 %) der Eltern, deren Kind im Erhebungszeitraum mit einer Therapie im ATZ begonnen hatte, hat an der Erhebung teilgenommen, wie eine Nachbefragung der ATZ nach

10

Zur Förderdauer in den ATZ liegen keine genauen Informationen vor.

138

Zusammenfassung und Ausblick

Abschluss der Studie ergab 11. Die Repräsentativität der untersuchten Elternstichprobe konnte aufgrund des Fehlens entsprechender Daten über die Neuaufnahmen in den ATZ im Erhebungszeitraum nicht beurteilt werden. Bei der Interpretation der Untersuchungsergebnisse ist auch die hohe Dropout-Rate während der längsschnittlichen Erhebung zu beachten. Ein relativ großer Teil der Eltern, die sich zu Therapiebeginn an der Studie beteiligt hatten, hatte an den weiteren Erhebungen nicht mehr teilgenommen. Die Gründe für den Drop-out konnten nicht vollständig aufgeklärt werden. Wie eine Befragung der ATZ nach Abschluss der Studie ergab, hatte ein großer Teil dieser Eltern, die für die Befragung nicht mehr erreichbar waren, die Therapie entweder bereits erfolgreich abgeschlossen oder aufgrund äußerer Umstände (z. B. Nichtbestätigung der Autismus-Diagnose, sprachliche Barrieren) abgebrochen. Einige Eltern, deren Kinder weiterhin von den ATZ betreut wurden, hatten jedoch nach dem ersten oder zweiten Ergebungszeitpunkt ihre Teilnahme an der Studie eingestellt. Dass diese Eltern im Vergleich zu Eltern, die weiterhin an der Längsschnittstudie teilgenommen hatten, weniger stark belastet waren, deutet auf einen Selektionseffekt hin. Möglicherweise sind Eltern, die sich wenig belastet fühlen, auch weniger motiviert, sich an einer Studie zur Elternbelastung zu beteiligen. Inwieweit die Befunde auch für andere ATZ Gültigkeit beanspruchen können, hängt letztlich auch davon ab, ob die zehn ATZ, die sich an der Erhebung beteiligt haben, repräsentativ für die derzeit 80 ATZ sind, die im Bundesverband Autismus Deutschland zusammengeschlossen sind. Deren Repräsentativität ist jedoch schwierig zu beurteilen, da die ATZ zwar den Leitlinien für die Arbeit in AutismusTherapie-Zentren des Bundesverbandes Autismus Deutschland (2017) verpflichtet sind, aber innerhalb dieses Rahmens eigene Schwerpunkte aufweisen. Wenngleich häufig hervorgehoben wird, dass sich die ATZ unterscheiden (z. B. Greil, 2017; Rickert-Bolg, 2017b; Theunissen et al., 2015), finden sich jedoch keine genauen Informationen darüber, in welcher Weise sich die Beratungs- und Therapieangebote, die Klientel oder die Ausrichtung der therapeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ATZ voneinander abheben. Zwar sehen die Leitlinien für die Arbeit in Autismus-Therapie-Zentren (Bundesverband Autismus Deutschland, 2017) eine umfassende Dokumentation der Beratungs-, Therapie- und Unterstützungsmaßnahmen und der durchgeführten diagnostischen Maßnahmen vor, eine vergleichbare, für alle ATZ verbindliche Dokumentation, die das spezifische Profil der ATZ erkennen lässt, liegt jedoch nicht vor. Somit bleibt letztlich offen, in-

11

Genaue Angaben über die Anzahl der Neuaufnahmen der ATZ im Erhebungszeitraum liegen leider nicht vor.

Zusammenfassung und Ausblick

139

wieweit die Ergebnisse dieser Studie auf alle ATZ oder vergleichbare Einrichtungen, in denen Menschen mit ASS therapeutische Unterstützung erhalten, übertragen werden können. Die Ergebnisse der Studie verweisen auf die wichtige Rolle der therapeutischen Allianz zwischen den Eltern und der Therapeutin bzw. dem Therapeuten ihres Kindes. Diesem Befund sollte weiter nachgegangen werden. In Replikationsstudien wäre zu prüfen, ob sich diese Befunde mit anderen Stichproben (z. B. mit erwachsenen Menschen mit ASS) und mit veränderten Operationalisierungen der therapeutischen Allianz bestätigen lassen. In weiterführenden Studien sollten sowohl weitere potenzielle Wirkfaktoren als auch weitere potenzielle Risikofaktoren miteinbezogen werden, um Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung des Therapie- und Förderangebots zu entwickeln.

Anhang A1

Übersicht Längsschnitt – Angaben über die Eltern EHZ 1 (n = 266) n %

EHZ 2 (n = 169) n %

EHZ 3 (n = 102) n %

Geschlecht des Elternteils Mutter

230

86.5

148

87.6

88

86.3

Vater

30

11.3

17

10.1

10

9.8

Pflegemutter

4

1.5

3

1.8

3

2.9

Großmutter

2

0.8

1

0.6

1

1.0

fehlende Angabe

0

0.0

0

0.0

0

0.0

berufstätig Teilzeit

102

38.4

71

42.0

41

40.2

berufstätig Vollzeit

49

18.4

29

17.2

17

16.7

selbstständig

6

2.3

4

2.4

4

3.9

Hausfrau/-mann

35

13.2

24

14.2

12

11.8

arbeitslos

29

10.9

16

9.5

9

8.8

Elternzeit

16

6.0

9

5.3

6

5.9

Minijob

6

2.3

3

1.8

2

2.0

Rente

6

2.3

3

1.8

3

2.9

Ausbildung / Studium

5

1.9

4

2.4

3

2.9

sonstiges

9

3.4

5

3.0

5

4.9

fehlende Angabe

3

1.1

1

0.6

0

0.0

ledig

30

11.3

20

11.8

13

12.7

verheiratet

193

72.6

125

74.0

73

71.6

geschieden

43

16.2

24

14.2

16

15.7

fehlende Angabe

0

0.0

0

0.0

0

0.0

alleinerziehend

63

23.7

43

25.4

32

31.4

nicht alleinerziehend

198

74.4

123

72.8

68

66.7

5

1.9

3

1.8

2

2.0

Partnerschaft

213

80.1

131

77.5

77

75.5

keine Partnerschaft

47

17.7

34

20.1

24

23.5

fehlende Angabe

6

2.3

4

2.4

1

1.0

Beschäftigungssituation

Familienstand

Erziehungssituation

fehlende Angabe Partnerschaft

Anmerkungen. EHZ = Erhebungszeitpunkt

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Tröster und S. Lange, Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24815-4

142 A2

Anhang Übersicht Längsschnitt – Angaben über die Klientinnen und Klienten EHZ 1 (n = 266)

EHZ 2 (n = 169)

EHZ 3 (n = 102)

n

%

n

%

n

%

83

31.2

60

35.5

34

33.3

Atypischer Autismus

32

12.0

25

14.8

20

19.6

Asperger-Syndrom

127

47.7

73

43.2

39

38.2

keine gesicherte Diagnose

6

2.3

3

1.8

3

2.9

andere Diagnose

10

3.8

7

4.1

6

5.9

fehlende Angabe

8

3.0

1

0.6

0

0.0

komorbide Störungen

133

50.0

92

54.4

56

54.9

keine komorbide Störung

120

45.1

71

42.0

42

41.2

fehlende Angabe

13

4.9

6

3.6

4

3.9

Kindergarten

55

20.7

37

21.9

24

23.5

Grundschule

57

21.4

41

24.3

25

24.5

Diagnose Frühkindlicher Autismus

Komorbide Störungen

Bildungseinrichtung

Hauptschule

2

0.8

1

0.6

0

0.0

Gesamtschule

27

10.2

19

11.2

13

12.8

Realschule

14

5.3

9

5.3

5

4.9

Gymnasium

30

11.3

16

9.5

8

7.8

Sekundarschule

1

0.4

1

0.6

1

1.0

Förderschule

55

20.7

31

18.3

14

13.7

tagsüber zu Hause

10

3.8

6

3.6

6

5.9

andere Einrichtungen

5

1.9

2

1.2

2

2.0

fehlende Angabe

10

3.8

6

3.6

4

3.9

Anhang A3 BL

EB

KB

A4 BL

EB

KB

A5 BL

EB

143

Elternbelastung in Abhängigkeit von der Beziehungszufriedenheit EHZ 2

EHZ 3

M

M

M

n

-

49

3.43 0.59 3.40 0.62 3.45 0.57

SD

SD

SD

+

50

3.23 0.89 2.92 0.79 2.99 0.81

ges.

99

3.31 0.79 3.16 0.74 3.22 0.74

-

48

3.75 0.57 3.70 0.61 3.65 0.60

+

50

3.51 0.77 3.42 0.73 3.45 0.86

ges.

98

3.63 0.69 3.56 0.68 3.55 0.75

EHZ F

p

EHZ x BZF

BZF F

p

F

p

4.82 .009 8.23 .005 3.98 .039

2.17 .116 3.47 .065 0.39 .680

Elternbelastung in Abhängigkeit von der Erfolgszufriedenheit EFZ

n

EHZ 1

EHZ 2

EHZ 3

M

M

M

SD

SD

SD

-

51

3.28 0.81 3.07 0.89 3.20 0.85

+

46

3.31 0.74 3.20 0.53 3.17 0.62

ges.

97

3.30 0.77 3.13 0.74 3.19 0.74

-

50

3.58 0.75 3.47 0.79 3.45 0.83

+

46

3.67 0.64 3.64 0.56 3.64 0.68

ges.

96

3.62 0.70 3.55 0.69 3.54 0.76

EHZ F

p

EHZ x EFZ

EFZ F

p

F

p

3.79 .02 0.11 .74 1.02 .36

2.07 .12 1.16 .28 0.79 .45

Elternbelastung in Abhängigkeit von der Einbeziehung der Eltern in die Förderung EHZ 1

EHZ 2

EHZ 3

M

M

M

EBN

n

-

38

3.25 0.72 3.33 0.65 3.29 0.68

63

3.36 0.80 3.04 0.78 3.17 0.79

+ ges.

KB

EHZ 1

BZF

SD

SD

SD

EHZ F

p

EBN F

p

EHZ x EBN F

p

2.44 .090 0.54 .466 6.50 .002

101 3.32 0.77 3.15 0.74 3.21 0.75

-

37

3.68 0.54 3.62 0.61 3.56 0.68

+

62

3.58 0.77 3.50 0.73 3.52 0.80

ges.

99

3.62 0.69 3.54 0.69 3.53 0.75

2.28 .105 0.42 .518 0.42 .659

Anmerkungen. BL = Belastungsbereich des EBI EB = EBI-Elternbereich KB = EBI-Kindbereich EHZ = Erhebungszeitpunkt BZF = Beziehungszufriedenheit (HAQ)

EFZ = Erfolgszufriedenheit (HAQ) EBN = Einbeziehung in die Förderung „-“ = unterdurchschnittlich „+“ = überdurchschnittlich ges. = gesamt

144 A6

Anhang Selbstwirksamkeitsüberzeugung in der Erziehung (FKE) in Abhängigkeit von der Beziehungszufriedenheit

BZF

n

EHZ 1

EHZ 2

EHZ 3

M

SD

M

SD

M

SD

-

48

2.86

0.40

2.78

0.44

2.92

0.39

+

49

2.99

0.43

3.08

0.46

3.04

0.45

ges.

97

2.92

0.42

2.93

0.47

2.98

0.42

A7

EHZ F

p

EHZ x BZF

BZF F

p

F

p

1.45 .236 5.72 .019 3.95 .021

Selbstwirksamkeitsüberzeugung in der Erziehung (FKE) in Abhängigkeit von der Erfolgszufriedenheit

EBN

n

EHZ 1

EHZ 2

EHZ 3

M

SD

M

SD

M

SD

-

48

2.72

0.41

2.73

0.50

2.83

0.43

+

47

3.13

0.32

3.13

0.36

3.14

0.37

ges.

95

2.92

0.42

2.93

0.48

2.98

0.43

A8

EHZ F

p

EBN F

p

EHZ x EBN F

p

1.52 .222 27.08 .000 1.19 .306

Selbstwirksamkeitsüberzeugung in der Erziehung (FKE) in Abhängigkeit von der Einbeziehung der Eltern in die Förderung

EBN

n

EHZ 1

EHZ 2

EHZ 3

M

SD

M

SD

M

SD

-

41

2.80

0.46

2.65

0.53

2.84

0.46

+

60

2.98

0.41

3.06

0.41

3.05

0.40

ges.

101

2.91

0.43

2.90

0.51

2.97

0.44

EHZ F

p

EBN F

F

p

3.02 .051 11.57 .001 5.90 .003

Anmerkungen. EHZ = Erhebungszeitpunkt BZF = Beziehungszufriedenheit (HAQ) EFZ = Erfolgszufriedenheit (HAQ) EBN = Einbeziehung in die Förderung

p

EHZ x EBN

„-“ = unterdurchschnittlich „+“ = überdurchschnittlich ges. = gesamt

Anhang

145

A9 Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung in Abhängigkeit von der Beziehungszufriedenheit BZF

n

EHZ 1

EHZ 2

EHZ 3

M

SD

M

SD

M

SD

-

49

2.28

0.58

2.45

0.58

2.46

0.70

+

50

2.61

0.67

2.87

0.71

2.85

0.69

ges.

99

2.44

0.64 2.67

0.68

2.66

0.72

EHZ F

p

EHZ x BZF

BZF F

p

F

p

14.30 .000 9.98 .002 0.47 .628

A10 Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung in Abhängigkeit von der Erfolgszufriedenheit EFZ

n

EHZ 1

EHZ 2

EHZ 3

M

SD

M

SD

M

SD

-

49

2.17

0.57

2.32

0.64

2.28

0.65

+

48

2.71

0.61

3.01

0.54

3.04

0.59

ges.

97

2.44

0.65

2.66

0.69

3.04

0.73

EHZ F

p

EHZ x EFZ

EFZ F

p

F

p

14.96 .000 31.33 .000 2.69 .074

A11 Wahrgenommene Verfügbarkeit sozialer Unterstützung in Abhängigkeit von der Einbeziehung der Eltern in die Förderung EBN

n

EHZ 1

EHZ 2

EHZ 3

M

SD

M

SD

M

SD

-

36

2.36

0.60

2.46

0.62

2.50

0.71

+

64

2.51

0.67

2.80

0.68

2.76

0.72

ges.

100

2.46

0.65 2.63

0.68

2.67

0.72

EHZ F

p

EBN F

F

p

11.03 .000 3.73 .056 1.86 .159

Anmerkungen. EHZ = Erhebungszeitpunkt BZF = Beziehungszufriedenheit (HAQ) EFZ = Erfolgszufriedenheit (HAQ) EBN = Einbeziehung in die Förderung

p

EHZ x EBN

„-“ = unterdurchschnittlich „+“ = überdurchschnittlich ges. = gesamt

146

Anhang

A15 Publikationen und Tagungsbeiträge zum Forschungsprojekt ELKASS Publikationen Lange, S., Oberfeld, C., Krawinkel, S. & Tröster, H. (2017). Förderung in AutismusTherapie-Zentren: Therapeutinnen / Therapeuten, Klientel und Unterstützungsangebote. Autismus. Zeitschrift des Bundesverbandes Autismus Deutschland, 84, 26-35. Oberfeld, C., Brimmers, S., Lange, S. & Tröster, H. (2016). ELKASS – Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen – Forschungsprojekt. Autismus. Zeitschrift des Bundesverbandes Autismus Deutschland., 81, 49-51. Tröster, H., Lange, S. & Mann, T. (2018). Die therapeutische Allianz als Wirkfaktor der Autismusförderung. Autismus. Zeitschrift des Bundesverbandes Autismus Deutschland., 86, 35-42 Tröster, H., Oberfeld, C., Krawinkel, S. & Lange, S. (2017). Anforderungen, Belastungen und Ressourcen von Eltern mit Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen. Aktuelle Ergebnisse des Forschungsprojekts ELKASS. In Autismus Deutschland e.V. Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus (Hrsg.), Lernen – Arbeit – Lebensqualität (S. 322-342). Karlsruhe: von Loeper. Tagungsbeiträge Krawinkel, S., Lange, S., Mann, T. & Tröster, H. (2019, Februar). Die Therapeut-ElternBeziehung und die Zufriedenheit mit dem Therapieerfolg aus Sicht von Eltern und Therapeuten in Autismus-Therapie-Zentren. Posterpräsentation auf der 12. Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum (WTAS), Augsburg. Lange, S., Brimmers, S., Roost, K. & Tröster, H. (2015, März). Belastungserleben von Eltern autistischer Kinder. Posterpräsentation auf der 8. Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum (WTAS), Augsburg. Lange, S., Brimmers, S. & Tröster, H. (2016, März). Belastungen von Eltern mit Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen, ADHS und internalisierenden Störungen im Vergleich. Posterpräsentation auf der 9. Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum (WTAS), Freiburg. Lange, S., Krawinkel, S., Oberfeld, C. & Tröster, H. (2017, März). Veränderungen der Belastungen und Ressourcen von Eltern mit Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen während der Förderung in Autismus-Therapie-Zentren. Erste Ergebnisse des Forschungsprojekts ELKASS. Posterpräsentation auf der 10. Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum (WTAS), Berlin. Lange, S., Krawinkel, S., Oberfeld, C. & Tröster, H. (2018, März). Veränderungen der elterlichen Belastung und der Beeinträchtigungen von Kindern mit Autismus-SpektrumStörung im Therapieverlauf. Vortrag auf der 11. Wissenschaftlichen Tagung AutismusSpektrum (WTAS), Frankfurt/Main.

Anhang

147

Lange, S., Mann, T., Krawinkel, S. & Tröster, H. (2019, Februar). Bewältigungsstrategien von Eltern mit Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung und ihr Einfluss auf die elterliche Belastung. Posterpräsentation auf der 12. Wissenschaftlichen Tagung AutismusSpektrum (WTAS), Augsburg. Mann, T., Lange, S., Krawinkel, S. & Tröster, H. (2019, Februar). Die therapeutische Allianz zwischen Eltern und Therapeut als Wirkfaktor der Autismusförderung. Posterpräsentation auf der 12. Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum (WTAS), Augsburg. Oberfeld, C., Lange, S., Krawinkel, S. & Tröster, H. (2016, November). Vorstellung eines Forschungsprojektes: Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen: Anforderungen, Belastungen und Ressourcen. Posterpräsentation auf der Tagung „Autismus: Was gibt es - Was braucht es?“ des Landschaftsverbandes Rheinland, Köln. Tröster, H. (2016, Juni). Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen (ELKASS). Vortrag im Rahmen des 10-jährigen Jubiläums des ATZ Dortmund und Hagen, Dortmund. Tröster, H. (2017, Juni). Anforderungen, Belastungen und Ressourcen von Eltern mit Kindern mit ASS – Aktuelle Ergebnisse des Forschungsprojekts ELKASS. Vortrag auf der 15. Bundestagung des Bundesverbandes Autismus Deutschland e.V., Dortmund.

Literaturverzeichnis

Abidin, R. R. (1995). Parenting Stress Index. Professional manual (3rd ed.). Odessa, FL: Psychological Assessment Resources. Amireh, M. M. H. (2018). Stress levels and coping strategies among parents of children with autism and down syndrome: The effect of demographic variables on levels of stress. Child Care in Practice, https://doi.org/10.1080/13575279.2018.1446907 Amorosa, H. (2004). Autistische Störungen im Langzeitverlauf. In W. von Suchodoletz (Hrsg.), Welche Chancen haben Kinder mit Entwicklungsstörungen? (S. 109-126). Göttingen: Hogrefe. Anderson, E. M. & Lambert, M. J. (1995). Short-term dynamically oriented psychotherapy: A review and meta-analysis. Clinical Psychology Review, 15, 503-514. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF). (2016). Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter Interdisziplinäre S3-Leitlinie der DGKJP und DGPPN sowie der beteiligten Fachgesellschaften, Berufsverbände und Patientenorganisationen. Verfügbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/028-018l_S3_Autismus-SpektrumStoerungen_ASS-Diagnostik_2016-05.pdf Ardelt, M. & Eccles, J. (2001). Effects of mothers’ parental efficacy beliefs and promotive parenting strategies on inner-city youth. Journal of Family Issues, 22, 944-972. Arens-Wiebel, C. (2017). Der rote Faden: Begleitung von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung in Autismus Therapiezentren. In B. Rittmann & W. Rickert-Bolg (Hrsg.), Autismus-Therapie in der Praxis: Methoden, Vorgehensweisen, Falldarstellungen (S. 32-41). Stuttgart: Kohlhammer. Bandura, A. (1997). Self-efficacy. The exercise of control. New York: Freeman. Baron, R. M. & Kenny, D. A. (1986). The moderator-mediator variable distinction in social psychological research: Conceptual, strategic and statistical considerations. Journal of Personality and Social Psychology, 51, 1173-1182. Bassler, M., Potratz, B. & Krauthauser, H. (1995). Der „Helping Alliance Questionnaire“ (HAQ) von Luborsky. Psychotherapeut, 40, 23-32. Bastin, S. (2016). Partnerschaftsverläufe alleinerziehender Mütter: Eine quantitative Untersuchung auf Basis des Beziehungs- und Familienpanels. Wiesbaden: Springer. Bebko, J. M., Konstantareas, M. M. & Springer, J. (1987). Parent and professional evaluations of family stress associated with characteristics of autism. Journal of Autism and Developmental Disorders, 17, 565-576.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Tröster und S. Lange, Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-24815-4

150

Literaturverzeichnis

Benson, P. R. (2010). Coping, distress, and well-being in mothers of children with autism. Research in Autism Spectrum Disorders, 4, 217-228. Bölte, S. (2011a). Psychobiosoziale Intervention bei Autismus. Der Nervenarzt, 82, 590596. Bölte, S. (2011b). Ist Autismus heilbar? Autismus. Zeitschrift des Bundesverbandes Autismus Deutschland, 80, 6-13. Bölte, S. & Poustka, F. (2002). Intervention bei autistischen Störungen: Status quo, evidenzbasierte, fragliche und fragwürdige Techniken. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 30, 271-280. Bölte, S. & Poustka, F. (2006). Fragebogen zur Sozialen Kommunikation - Autismus-Screening: Deutsche Fassung des Social Communication Questionnaire (SCQ) von Michael Rutter, Anthony Balley und Catherine Lord. Bern: Huber. Bordin, E. S. (1979). The generalizability of the psychoanalytic concept of the working alliance. Psychotherapy: Theory Research and Practice, 16, 252-260. Bordin, E. S. (1994). Theory and research on the therapeutic working alliance: New directions. In A. O. Horvath & L. S. Greenberg (Eds.), The working alliance: Theory, research and practice (pp. 13-37). New York: Wiley. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2017). Familienreport 2017. Leistungen, Wirkungen, Trends. Verfügbar unter: https://www.bmfsfj.de/blob/119524/f51728a14e3c91c3d8ea657bb01bbab0/familienreport-2017-data.pdf. Bundesverband Autismus Deutschland e.V. (2017). Leitlinien für die Arbeit in AutismusTherapie-Zentren. Hamburg. Bundesverband Autismus Deutschland (2018). Informationen über den Bundesverband autismus Deutschland e.V. Verfügbar unter: https://www.autismus.de/informationenfuer-medienanfragen/informationen-ueber-den-bundesverband-autismus-deutschland-ev.html Carver, C. S. (1997). You want to measure coping but your protocol's too long: Consider the brief COPE. International Journal of Behavioral Medicine, 4, 92-100. Chakrabarti, S. & Fombonne, E. (2001). Pervasive developmental disorders in preschool children. Journal of the American Medical Association, 285, 3093-3099. Coleman, P. K. & Karraker, K. H. (1998). Self-efficacy and parenting quality: Findings and future applications. Developmental Review, 18, 47-85. Coleman, P. K. & Karraker, K. H. (2000). Parenting self-efficacy among mothers of schoolaged children: Conceptualization, measurement and correlates. Family Relations, 49, 13-24.

Literaturverzeichnis

151

Constantino, M. & Smith-Hansen, L. (2008). Patient interpersonal factors and the therapeutic alliance in two treatments for bulimia nervosa. Psychotherapy Research, 18, 683698. Dilling, H. & Freyberger, H. J. (2016). Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen. Bern: Hogrefe. Domsch, H. & Lohaus, A. (2010). Elternstressfragebogen. Göttingen: Hogrefe. Döringer, I. (2017). Zur Diskussion der Wirksamkeit von Autismus-Therapien. In B. Rittmann & W. Rickert-Bolg (Hrsg.), Autismus-Therapie in der Praxis (S. 285-294). Stuttgart: Kohlhammer. Ehlers, S. & Gillberg, C. (1993). The epidemiology of Asperger syndrome. A total population study. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 34, 1327-1351. Elsabbagh, M., Divan, G., Koh, Y.-J., Kim, Y. S., Kauchali, S., Marcín, C. et al. (2012). Global prevalence of autism and other pervasive developmental disorders. Autism Research, 5, 160-179. Falkai, P. & Wittchen, H.-U. (2015). Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen DSM-5. Göttingen: Hogrefe. Flückiger, C. (2018). Bedeutung der Arbeitsallianz für die Psychotherapie. Bericht einer APA-Taskforce 2018. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 47, 119-136. Flückiger, C., Del Re, A. C., Wampold, B. E. & Hovarth, A. O. (2018). The alliance in adults. Washington, D. C.: American Psychological Association. Flückiger, C., Held, J., Wolfer, C., Allemand, M. & Visla, A. (2017). Ressourcenorientierung als Interventionsleitbild. Psychotherapeut, 62, 136-141. Fombonne, E. (2005). The changing epidemiology of autism. Journal of Applied Research in Intellectual Disabilities, 18, 281-294. Fombonne, E. (2009). Epidemiology of pervasive developmental disorders. Pediatric Research, 65, 591-598. Fombonne, E., Quirke, S. & Hagen, A. (2009). Prevalence and interpretation of recent trends in rates of pervasive developmental disorders. Journal of Medicine, 12, 73. Fombonne, E., Quirke, S. & Hagen, A. (2011). Epidemiology of pervasive developmental disorders. In D. G. Amaral, G. Dawson & D. H. Geschwind (Eds.), Autism spectrum disorders (pp. 90-111). New York: Oxford University Press. Fombonne, E. & Tidmarsh, L. (2003). Epidemiologic data on Asperger disorder. Child and Adolescent Psychiatric Clinics, 12, 15-21. Fombonne, E., Zakarian, R., Bennett, A., Meng, L. & McLean-Heywood, D. (2006). Pervasive Developmental Disorders in Montreal, Quebec, Canada: Prevalence and links with immunizations. Pediatrics, 118, 139-150.

152

Literaturverzeichnis

Francis, K. (2005). Autism interventions: A critical update. Developmental Medicine & Child Neurology, 47, 493-499. Frank, R. (Hrsg.). (2007). Therapieziel Wohlbefinden. Ressourcen aktivieren in der Psychotherapie. Berlin: Springer. Frank, R. (2013). Die psychotherapeutische Arbeit mit Ressourcen. Psychotherapie im Dialog, 14, 22-29. Freitag, C. M. (2009). Diagnose und Therapie autistischer Störungen. Monatsschrift Kinderheilkunde, 157, 1257-1266. Freitag, C. M. (2010). Empirisch überprüfte Frühfördermethoden bei autistischen Störungen. Eine selektive Literaturübersicht. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 38, 247-256. Freitag, C. M. (2012). Autistische Störungen - State-of-the-art und neuere Entwicklungen. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 40, 139-149. Freitag, C., Herpertz-Dahlmann, B., Dose, M. & Lüken, M. (2011). Stellungnahme zu einem Schreiben der «Pyramid Educational Consultants of Germany UG» vom Mai 2010 zum PECS-Ansatz im Rahmen der Förderung von Kindern mit frühkindlichem Autismus und zu PECS-Training in Deutschland. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 39, 417-419. Freud, A. (1980). Einführung in die Technik der Kinderanalyse. Frankfurt: Fischer-Verlag. Erstausgabe 1927. Gassmann, D. & Grawe, K. (2006). General change mechanisms: The relation between problem actuation and resource activation in successful and unsuccessful therapeutic interactions. Clinical Psychology and Psychotherapy, 13, 1-11. Giallo, R., Wood, C. E., Jellett, R. & Porter, R. (2013). Fatigue, wellbeing and parental selfefficacy in mothers of children with an autism spectrum disorder. Autism, 17, 465-480. Grawe, K. (1998). Psychologische Therapie. Göttingen: Hogrefe. Grawe, K. (2005). Allgemeine Psychotherapie. In F. Petermann & H. Reinecker (Hrsg.), Handbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie (S. 294-310). Göttingen: Hogrefe. Grawe, K. & Grawe-Gerber, M. (1999). Ressourcenaktivierung. Ein primäres Wirkprinzip der Psychotherapie. Psychotherapeut, 44, 63-73. Greil, E. (2017). Autismus-Therapiezentren und Autismus-Beratungsstellen. In M. Noterdaeme, K. Ullrich, A. Enders, H. Amorosa, M. Biscaldi-Schäfer & C. Bormann-Kischkel et al. (Hrsg.), Autismus-Spektrum-Störungen (ASS): Ein integratives Lehrbuch für die Praxis (2., erweiterte und überarbeitete Aufl., S. 446). Stuttgart: Kohlhammer. Grundke, A. (2016). Anforderungen und Belastungen bei Eltern mit einem Kind mit Autismus-Spektrum-Störung. Unveröffentlichte Masterarbeit, Technische Universität Dortmund.

Literaturverzeichnis

153

Hall, H. R. & Graff, J. C. (2011). The relationship among adaptive behaviors of children with autism, family support, parenting stress and coping. Issues in Comprehensive Pediatric Nursing, 34, 4-25. Hamacher, T. & Bienstein, P. (2018). Elternstress und Rollenrestriktion bei Eltern von Kindern mit Down-Syndrom. Empirische Sonderpädagogik, 1, 72-84. Hank, P. & Krampen, G. (2006). Diagnostik der therapeutischen Beziehung. In M. Hermer & B. Röhrle (Hrsg.), Handbuch der therapeutischen Beziehung (S. 141-168). Tübingen: DGVT-Verlag. Hastings, R. & Johnson, E. (2001). Stress in UK families conducting intensive home-based behavioural interventions for their young child with autism. Journal of Autism and Developmental Disorders, 31, 327-336. Hastings, R. P., Kovshoff, H., Brown, T., Ward, N. J., Espinosa, F. D. & Remington, B. (2005). Coping strategies in mothers and fathers of preschool and school-age children with autism. Autism, 9, 377-391. Hawley, K. M. & Weisz, J. R. (2005). Youth versus parent working alliance in usual clinical care: Distinctive associations with retention, satisfaction, and treatment outcome. Journal of Clinical Child and Adolescent Psychology, 74, 121-129. Hayes, S. A. & Watson, S. L. (2013). The impact of parenting stress: A meta-analysis of studies comparing the experience of parenting stress in parents of children with and without autism spectrum disorders. Journal of Autism and Developmental Disorders, 43, 629-642. Herbrecht, E., Bölte, S. & Poustka, F. (2008). KONTAKT: Frankfurter Kommunikationsund soziales Interaktions-Gruppentraining bei Autismus-Spektrum-Störungen. Göttingen: Hogrefe. Hobfoll, S. E. (1998). Stress, culture and community. New York: Plenum. Hobfoll, S. E., Freedy, J. R., Green, B. L. & Solomon, S. D. (1996). Coping inreaction to extreme stress: The role of resource loss and resource availability. In M. Zeidner & N. S. Endler (Eds.), Handbook of coping: Theory, research, applications (pp. 322-350). New York: Wiley. Höfer, S. (2016). Spieltherapie. Geleitetes individuelles Spiel in der Verhaltenstherapie (2. Aufl.). Weinheim: Beltz. Hoffman, C. D., Sweeney, D. P., Hodge, D., Lopez-Wagner, M. & Looney, L. (2009). Parenting stress and closeness. Mothers of typically developing children and mothers of children with autism. Focus on Autism and Other Developmental Disabilities, 24, 178187. Hogue, A., Dauber, S., Stambaugh, L. F., Cecero, J. J. & Liddle, H. A. (2006). Early therapeutic alliance and treatment outcome in individual and family therapy for adolescent behavior problems. Journal of Consulting Clinical Psychology, 74, 121-129.

154

Literaturverzeichnis

Horvath, A. O. (1994). Empirical validation of Bordin's pantheoretical model of the alliance: The working alliance inventory perspective. In A. O. Horvath & L. S. Greenberg (Eds.), Wiley series on personality processes. The working alliance: Theory, research, and practice (pp. 109-128). Oxford: Wiley. Horvath, A. O. (2005). The therapeutic relationship: Research and theory: An introduction to the special issue. Psychotherapy Research, 15, 3-7. Horvath, A. O. & Bedi, R. P. (2002). The alliance. In J. C. Norcross (Ed.), Psychotherapy relationships that work: Therapist contributions and responsiveness to patients (pp. 37-69). New York: Oxford University Press. Horvath, A. O., Del Re, A. C., Flückiger, C. & Symonds, D. (2011). Alliance in individual psychotherapy. Psychotherapy, 48, 9-16. Horvath, A. O. & Greenberg, L. S. (Eds.). (1994). Wiley series on personality processes. The working alliance: Theory, research, and practice. Oxford: Wiley. Horvath, A. O. & Luborsky, L. (1993). The role of the therapeutic alliance in psychotherapy. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 61, 561-573. Howlin, P. (2010). Evaluating psychological treatments for children with autism-spectrum disorders. Advances in Psychiatric Treatment, 16, 133-140. Howlin, P., Gordon, R. K., Pasco, G., Wade, A. & Charman, T. (2007). The effectiveness of Picture Exchange Communication System (PECS) training for teachers of children with autism: A pragmatic, group randomised controlled trial. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 48, 473-481. Irlbauer-Müller, V., Eichler, A., Donhauser, J. A., Poehlmann, N. E., Stemmler, M., Moll, G. H. & Kratz, O. (2017). Das Eltern-Belastungs-Inventar (EBI). Einsatz und Nutzen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Diagnostica, 65, 37-48. Jerusalem, M. (1990). Persönliche Ressourcen, Vulnerabilität und Streßerleben. Göttingen: Hogrefe. Jungbauer, J. & Meye, N. (2008). Belastungen und Unterstützungsbedarf von Eltern autistischer Kinder. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 57, 521-535. Kamp-Becker, I. & Bölte, S. (2014). Autismus (2. Aufl.). München: Ernst-Reinhardt. Kamp-Becker, I., Mattejat, F. & Remschmidt, H. (2004). Zur Diagnostik und Ätiologie des Asperger-Syndroms bei Kindern und Jugendlichen. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 53, 371-394. Karver, M. S., Handelsman, J. B., Fields, S. & Bickman, L. (2006). Meta-analysis of therapeutic relationship variables in youth and family therapy: The evidence for different relationship variables in the child and adolescent treatment outcome literature. Clinical Psychology Review, 26, 50-65.

Literaturverzeichnis

155

Kirkovski, M., Enticott, P. G. & Fitzgerald, P. B. (2013). A review of the role of female gender in autism spectrum disorders. Journal of Autism and Developmental Disorder 43, 2584-2603. Klein, M. (1973). Die Psychoanalyse des Kindes. München: Kindler. Erstausgabe 1932. Knoll, N. (2002). Coping as a personality process: How elderly patients deal with cataract surgery. Unveröffentlichte Dissertation, Freie Universität Berlin. Konzag, T. A. (2004). Therapeutische Beziehung und Therapieerfolg bei der stationären Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen. Zeitschrift für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, 50, 394-405. Korittko, A. & Pleyer, K. H. (2016). Traumatischer Stress in der Familie: System-therapeutische Lösungswege. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Korte, A. (2014). Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (Autistische Störungen). In D. Reinhardt, T. Nicolai & K.-P. Zimmer (Hrsg.), Therapie der Krankheiten im Kindesund Jugendalter (S. 1311-1314). Berlin: Springer. Kuhn, J. C. & Carter, A. S. (2006). Maternal self-efficacy and associated parenting cognitions among mothers of children with autism. American Journal of Orthopsychiatry, 76, 564-575. Lang, M., Hintermair, M. & Sarimski, K. (2012). Belastung von Eltern behinderter Kleinkinder. Eine vergleichende Studie an Frühförderstellen für geistig behinderte, hörgeschädigte und blinde bzw. sehbehinderte Kinder. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 81, 112-123. Levy, S., Kim, A. H. & Olive, M. L. (2006). Interventions for young children with autism: A synthesis of the literature. Focus on Autism and Other Developmental Disabilities, 21, 55-62. Luborsky, L., Crits-Christoph, P., Alexander, L., Margolis, M. & Cohen, M. (1983). Two helping alliance methods for predicting outcomes of psychotherapy: A counting signs vs. a global rating method. Journal of Nervous and Mental Disease, 171, 480-491. Luborsky, L., McLellan, A. T., Woody, G. E., O’Brien, C. P. & Auerbach, A. (1985). Therapist success and its determinants. Archives of General Psychiatry, 42, 602-611. Luborsky, L., Rosenthal, R., Diguer, L., Andrusyna, T. P., Berman, J. S., Levitt, J. T. et al. (2002). The dodo bird verdict is alive and well-mostly. Clinical Psychology: Science and Practice, 9, 2-12. Luborsky, L., Singer, B. & Luborsky, L. (1975). Comparative studies of psychotherapies: Is it the true that everyone has won and all must have prizes? Archives of General Psychiatry, 32, 995-1008. Mack, K. (2017). Systemisches Elterncoaching und Gewaltfreier Widerstand - angewandte Praxis in einem Autismus-Therapiezentrum. In B. Rittmann & W. Rickert-Bolg (Hrsg.), Autismus-Therapie in der Praxis: Methoden, Vorgehensweisen, Falldarstellungen (S. 178-186). Stuttgart: Kohlhammer.

156

Literaturverzeichnis

Mancil, G. R., Boyd, B. A. & Bedesem, P. (2009). Parental stress and autism: Are there useful coping strategies? Education and Training in Developmental Disabilities, 44, 523-537. Martin, D. J., Garske, J. P. & Davis, M. K. (2000). Relation of the therapeutic alliance with outcome and other variables: A meta-analytic review. Journal of Consulting Clinical Psychology, 68, 438-450. Miller, Y. (2001). Erziehung von Kindern im Kindergartenalter. Erziehungsverhalten und Kompetenzüberzeugungen von Eltern und der Zusammenhang zu kindlichen Verhaltensstörungen. Unveröffentlichte Dissertation, Technische Universität Braunschweig. Müller, C. (2017). Multimodale Autismus-Therapie in verschiedenen Lebensphasen - ein Fallbeispiel. In B. Rittmann & W. Rickert-Bolg (Hrsg.), Autismus-Therapie in der Praxis (S. 45-57). Stuttgart: Kohlhammer. Myers, B. J., Mackintosh, V., H. & Goin-Kochel, R. (2009). Parental reports on the efficacy of treatments and therapies for their children with autism spectrum disorders. Research in Autism Spectrum Disorders, 3, 528-537. Nestmann, F. (1996). Psychosoziale Beratung - ein ressourcentheoretischer Entwurf. Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis, 28, 359-376. Nestmann, F. (2004). Beratungsmethoden und Beratungsbeziehung. In F. Nestmann, F. Engel & U. Sickendiek (Hrsg.), Das Handbuch der Beratung: Ansätze, Methoden und Felder (Band 2, S. 783-796). Tübingen: DGVT-Verlag. Nestmann, F., Sickendiek, U. & Engel, F. (2004). Statt einer „Einführung“: Offene Fragen „guter Beratung“. In F. Nestmann, F. Engel & U. Sickendiek (Hrsg.), Das Handbuch der Beratung. Ansätze, Methoden und Felder (Band 2, S. 599-608). Tübingen: DGVTVerlag. Norcross, J. C. (Hrsg.). (2002). Psychotherapy relationships that work: Therapist contributions and responsiveness to patients. New York: Oxford University Press. Norcross, J. C. (2011). Psychotherapy relationships that work. Evidence-based responsiveness. New York: Oxford University Press. Norcross, J. C. & Wampold, B. E. (2011). Evidence-based therapy relationships: Research conclusions and clinical practices. Psychotherapy, 48, 98-102. Noterdaeme, M. (2011). Autismus-Spektrum-Störungen - ein Überblick zum aktuellen Forschungsstand. Klinische Pädiatrie, 1, 1-15. Nußbeck, S. (2007). Sprache - Entwicklung, Störungen und Intervention. Stuttgart: Kohlhammer. Oberfeld, C., Brimmers, S., Lange, S. & Tröster, H. (2016). ELKASS - Eltern von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen - Forschungsprojekt. Autismus. Zeitschrift des Bundesverbandes Autismus Deutschland, 81, 49-51.

Literaturverzeichnis

157

Orlinsky, D. E., Grawe, K. & Parks, B. K. (1994). Process and outcome in psychotherapy. In A. E. Bergin & S. L. Garfield (Eds.), Handbook of psychotherapy and behavior change (pp. 311–384). New York: Wiley. Orlinsky, D. E. & Howard, K. L. (1987). A generic model of psychotherapy. Journal of Integrative and Eclectic Psychotherapy, 6, 6-27. Orlinsky, D. E., Rønnestad, M. & Willutzki, U. (2004). Fifty years of psychotherapy process-outcome research: Continuity and change. In M. J. Lambert (Ed.), Bergin and Garfield's handbook of psychotherapy and behavior change (pp. 307-393). New York: Wiley. Osborne, L. A., McHugh, L., Saunders, J. & Reed, P. (2008). Parenting stress reduces the effectiveness of early teaching interventions for autistic spectrum disorders. Journal of Autism and Developmental Disorders, 38, 1092-1103. Ospina M. B., Krebs Seida J., Clark B., Karkhaneh M., Hartling L., Tjosvold L., Vandermeer B., Smith V.. (2008). Behavioural and developmental interventions for autism spectrum disorder: A clinical systematic review. PLoS One; 3: e3755. Pfammatter, M. & Tschacher, W. (2012). Wirkfaktoren der Psychotherapie - eine Übersicht und Standortbestimmung. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 1, 67-76. Pleyer, K. H. (2001). Systemische Spieltherapie – Kooperationswerkstatt für Eltern und Kind. In W. Rotthaus (Hrsg.), Systemische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (S. 125-159). Heidelberg: Carl-Auer Verlag. Probst, P. (2007). Prävention von Interaktionsstörungen in Familien mitautistischen Kindern. In W. v. Suchodoletz (Hrsg.), Prävention von Entwicklungsstörungen (133-166). Göttingen: Hogrefe. Rabsahl, A. K. (2016). Aktive Elternrolle bei der Therapie von Autismus-Spektrum-Störungen. Belastungen nehmen, Kompetenzen fördern. Berlin: Springer. Remschmidt, H. (2012). Autismus. Erscheinungsformen, Ursache, Hilfen. (5., überabeitete Aufl.). München: Beck. Remschmidt, H. & Kamp- Becker, I. (2006). Asperger Syndrom. Heidelberg: Springer. Remschmidt, H. & Kamp-Becker, I. (2007). Das Asperger-Syndrom - eine AutismusSpektrum-Störung. Deutsches Ärzteblatt, 104, 873-882. Remschmidt, M., Martin, M. & Kamp-Becker, I. (2015). Autistische Störungen. In G. Esser (Hrsg.), Klinische Psychologie und Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen (5., vollständig überarbeitete Aufl., S. 90-103). Stuttgart: Thieme. Rickert-Bolg, W. (2017a). Ethische Grundlagen der Autismus-Therapie. In B. Rittmann & W. Rickert-Bolg (Hrsg.), Autismus-Therapie in der Praxis: Methoden, Vorgehensweisen, Falldarstellungen (S. 28-31). Stuttgart: Kohlhammer.

158

Literaturverzeichnis

Rickert-Bolg, W. (2017b). Evaluation der Arbeit von Autismus-Zentren. In B. Rittmann & W. Rickert-Bolg (Hrsg.), Autismus-Therapie in der Praxis: Methoden, Vorgehensweisen, Falldarstellungen (S. 295-299). Stuttgart: Kohlhammer. Rittmann, B. (2017). Die Bedeutung verhaltenstherapeutischer Förderung in AutismusTherapiezentren. In B. Rittmann & W. Rickert-Bolg (Hrsg.), Autismus-Therapie in der Praxis: Methoden, Vorgehensweisen, Falldarstellungen (S. 58-70). Stuttgart: Kohlhammer. Rittmann, B. & Rickert-Bolg, W. (Hrsg.). (2017). Autismus-Therapie in der Praxis: Methoden, Vorgehensweisen, Falldarstellungen. Stuttgart: Kohlhammer. Robbins, M. S., Liddle, H. A., Turner, C. W., Dakof, G. A., Alexander J. F. & Kogan S. M. (2006). Adolescent and parent therapeutic alliances as predictors of dropout in multidimensional family therapy. Journal of Family Psychology, 20, 108-116. Rutter, M., Bailey, A., Lord, C. & Berument, S. (2003). Social Communication Questionnaire (SCQ). Los Angeles: Western Psychological Services. Sachse, R. (2001). Psychologische Psychotherapie der Persönlichkeitsstörungen. Göttingen: Hogrefe. Sachse, R. (2016). Therapeutische Beziehungsgestaltung (2. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Sarimski, K. (2016). Belastung von Müttern bei kindlichen Autismus-Spektrum-Störungen und Intelligenzminderungen - eine vergleichende Analyse mit dem Eltern-BelastungsInventar (EBI). Heilpädagogische Forschung, 42, 2-12. Sarimski, K. (2017). Verhaltensauffälligkeiten von Kindern mit Down-Syndrom im Vorschulalter. Ergebnisse aus der Heidelberger Down-Syndrom-Studie. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 46, 194-205. Shelef, K., Diamond, G. M., Diamond, G. S. & Liddle, H. A. (2005). Adolescent and parent alliance and treatment outcome in multidimensional family therapy. Journal of Consulting Clinical Psychology, 73, 689-698. Sickendiek, U., Engel, F. & Nestmann, F. (2008). Beratung. Eine Einführung in sozialpädagogische und psychosoziale Beratungsansätze. Weinheim: Juventa. Siman-Tov, A. & Kaniel, S. (2011). Stress and personal resources as predictors of the adjustment of parents to autistic children: A multivariate model. Journal of Autism and Developmental Disorder, 41, 879-890. Simon, T. & Weiss, G. (2008). Aktuelle Konzeption. In T. Simon & G. Weiss (Hrsg.), Heilpädagogische Spieltherapie. Konzepte, Methoden, Anwendung (S. 54-79). Stuttgart: Klett-Cotta. Sinzig, J. (2015). Autismus-Spektrum-Störungen. Monatsschrift Kinderheilkunde, 7, 673680.

Literaturverzeichnis

159

Sinzig, J. & Schmidt, J. (2013). Tiefgreifende Entwicklungsstörungen. In F. Petermann (Hrsg.), Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie (7., überarbeitete und erweiterte Aufl, S. 137-164). Göttingen: Hogrefe. Sperlich, S. (2014). Gesundheitliche Risiken in unterschiedlichen Lebenslagen von Müttern. Analysen auf der Basis einer Bevölkerungsstudie. Bundesgesundheitsblatt, 57, 1411-1423. Spinhoven, P., Giesen-Bloo, J., van Dyck, R., Kooiman, K. & Arntz, A. (2007). The therapeutic alliance in schema-focused therapy and transference-focused psychotherapy for borderline personality disorder. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 75, 104-115. Statistisches Bundesamt (2017). Bildungsabschlüsse. Verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/StatistischesJahrbuch/Bildung.pdf?__blob=publicationFile Strauss, K., Vicari, S., Valeri, G., D´Elia L., Arima, S. & Fava, L. (2012). Parent inclusion in early intensive behavioral intervention: The influence of parental stress, parent treatment fidelity and parent-mediated generalization of behavior targets on child outcomes. Research in Developmental Disabilities, 33, 688-703. Symalla, R. & Feilbach, T. (2009). Der TEACCH-Ansatz. In S. Bölte (Hrsg.), Autismus Spektrum, Ursachen, Diagnostik, Intervention, Perspektiven (273-287). Bern: Huber. Tebartz van Elst, L., Biscaldi, M. & Riedel, A. (2014). Autismus-Spektrum-Störungen im DSM-5. Autismus als neuropsychiatrische Entwicklungs- und psychiatrische Basisstörung. InFo Neurologie & Psychiatrie, 16, 50-59. Theunissen, G., Kulig, W., Leuchte, V. & Paetz, H. (Hrsg.). (2015). Handlexikon AutismusSpektrum. Stuttgart: Kohlhammer. Tidmarsch, L. & Volkmar, F. R. (2003). Diagnosis and epidemiology of autism spectrum disorders. Canadian Journal of Psychiatry, 48, 517-525. Totsika, V., Hastings, R. P., Emerson, E., Lancaster, G. A. & Berridge D. M. (2011). A population-based investigation of behavioural and emotional problems and maternal mental health: Associations with autism spectrum disorder and intellectual disability. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 52, 91-99. Tröster, H. (2011). Eltern-Belastungs-Inventar. Deutsche Version des Parenting Stress Index (PSI) von R. R. Abidin. Göttingen: Hogrefe. Tröster, H., Oberfeld, C., Krawinkel, S. & Lange, S. (2017). Anforderungen, Belastungen und Ressourcen von Eltern mit Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen. Aktuelle Ergebnisse des Forschungsprojekts ELKASS. In Bundesverband autismus Deutschland e.V. (Hrsg.), Lernen - Arbeit - Lebensqualität (S. 322-342). Karlsruhe: von Loeper. Ullrich, K. (2018). Autismus-Spektrum-Störungen. In G. W. Lauth & F. Linderkamp (Hrsg.), Verhaltenstherapie mit Kindern und Jugendlichen (4., vollständig überarbeitete Aufl., S. 358-368). Weinheim: Beltz.

160

Literaturverzeichnis

Volkmar, F. R. & Pauls, D. (2003). Autism. The Lancet, 362, 1133-1141. Wampold, B. E. (2005). Establishing specificity in psychotherapy scientifically: Design and evidence issues. Clinical Psychology: Science and Practice, 12, 194-197. Wampold, B. E. (2015). How important are the common factors in psychotherapy? An update. World Psychiatry, 14, 270-277. Wampold, B. E. & Imel, Z. E. (2015). The great psychotherapy debate: The research evidence for what works in psychotherapy. New York: Routledge. Wampold, B. E., Mondin, G. W., Moody, M., Stich, F., Benson, K. & Ahn, H. (1997). A meta-analysis of outcome studies comparing bona fide psychotherapies: Empirically, „all must have prizes“. Psychological Bulletin, 122, 203-215. Weber-Börgmann, I., Burdach, S., Barchfeld, P. & Wurmser, H. (2014). ADHS und das Ausmaß der elterlichen Stressbelastung bei mangelnder Spielfähigkeit im Säuglingsund Kleinkindalter. Zeitschrift für Kinder und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 42, 147-155 Weiss, G. & Mohler, E. (2008). Kinder mit Störungen aus dem Autismusspektrum. In T. Simon & G. Weiss (Hrsg.), Heilpädagogische Spieltherapie. Konzepte, Methoden, Anwendung (S. 247 - 263). Stuttgart: Klett-Cotta. Weiss, M. (2002). Autismus: Therapien im Vergleich. Ein Handbuch für Therapeuten und Eltern. Berlin: Edition Marhold im Wissenschaftsverlag Spiess. Willutzki, U. (2008). Ressourcendiagnostik in der Klinischen Psychologie und Psychotherapie. Diagnostik und Evaluation, 1, 126-145. Willutzki, U. & Teismann, T. (2013). Ressourcenaktivierung in der Psychotherapie. Göttingen: Hogrefe. Zack, S. E., Castonguay, L. G. & Boswell, J. F. (2007). Youth working alliance: A core clinical construct in need of empirical maturity. Harvard Review of Psychiatry, 15, 278-288. Zagel, H. (2018). Alleinerziehen im Lebenslauf: Familiendynamiken und Ungleichheit im Wohlfahrtsstaat. Wiesbaden: Springer.