Einstweiliger Rechtsschutz im GmbH-Recht [1 ed.] 9783428583645, 9783428183647

Einstweiliger Rechtsschutz muss einerseits schnell und effektiv und andererseits genau sein. Im GmbH-Recht ist diese Gra

150 37 3MB

German Pages 288 Year 2021

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Einstweiliger Rechtsschutz im GmbH-Recht [1 ed.]
 9783428583645, 9783428183647

Citation preview

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 189

Einstweiliger Rechtsschutz im GmbH-Recht Von

Tim Gühring

Duncker & Humblot · Berlin

TIM GÜHRING

Einstweiliger Rechtsschutz im GmbH-Recht

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 189

Einstweiliger Rechtsschutz im GmbH-Recht Von

Tim Gühring

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahr 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 21 Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18364-7 (Print) ISBN 978-3-428-58364-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2020/2021 von der Juristischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Danken möchte ich zunächst Herrn Professor Dr. Jan Schürnbrand, der leider viel zu früh verstorben ist. An seinem Lehrstuhl entstand die erste Hälfte des Manuskripts. Er hat das Thema der Arbeit angeregt und mich bei größtmöglicher wissenschaftlicher Freiheit unterstützt. Seine Schaffenskraft und Klarheit beeindrucken mich noch heute. Dank gebührt weiter Herrn Professor Dr. Stefan Huber, LL. M. (Köln/Paris). Er hat die Betreuung meiner Arbeit übernommen und wertvolle Ratschläge gegeben. Herrn Professor Dr. Roderich C. Thümmel, LL. M. (Harvard) danke ich für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Professor Dr. Hermann Reichold schulde ich Dank für die herzliche Aufnahme an seinen Lehrstuhl, wo die zweite Hälfte des Manuskripts entstanden ist. Den Herausgebern Herrn Professor Dr. Gerald Spindler, Herrn Professor Dr. Hanno Merkt, LL. M. (Univ. of Chicago) und Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Holger Fleischer, LL. M. (Univ. of Michigan), Dipl.-Kfm. danke ich für die Aufnahme in die Schriftenreihe. Auch meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen der Universität Tübingen, Freundinnen und Freunden, insbesondere Dr. Felix Berner, Dr. Björn Staudinger und Walter Väth, gebührt mein herzlicher Dank für ihre Unterstützung. Besonderer Dank gilt meinen Eltern Dieter und Margrit Gühring, meiner Ehefrau Bianca Gühring und meinem Sohn Mats, die mich während der Ausbildung bedingungslos unterstützt haben. Ihnen widme ich diese Arbeit. Reutlingen, April 2021

Tim Gühring

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einführung in Gegenstand und Problemstellung

15

§ 1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 A. Einstweiliger Rechtsschutz und Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 B. Einstweiliger Rechtsschutz und GmbH-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 § 2 Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 § 3 Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 A. Kein prinzipieller Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Ausrichtung an der Erfolgsaussicht der Hauptsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 I. Hauptsache-akzessorischer Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 II. Sach- oder Rechtslage aus Zeitgründen nicht klärbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 III. Restrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 § 4 Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Kapitel 2 Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters (§ 51a GmbHG) im Eilrechtsschutz

26

§ 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 § 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 A. Verhältnis zum Informationserzwingungsverfahren i. S. d. § 51b GmbHG als beschleunigtem Hauptsacheverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Kein Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Keine Konkurrenz der Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Rechtstatsächliches Bedürfnis nach einstweiligem Rechtsschutz . . . . . . . . 32 3. Funktionale Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

8

Inhaltsverzeichnis II. Sonstige Auswirkungen auf den einstweiligen Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . 34 B. Einschlägiges Eilrechtsschutzregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 I. Kritik an der einstweiligen Anordnung i. S. d. § 49 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Bisherige Ansätze zur einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Gültigkeit der FGG-Argumentation (Emde)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Kombination der Eilrechtsschutzregime (Bayer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Paralleldiskussion zu §§ 166, 233 HGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4. Von Information abhängiges Recht als Einfallstor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 5. Unzumutbarkeit der fehlenden Haftungsfolge i. S. d. § 945 ZPO . . . . . . . . . 43 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 III. Verweisungsmechanik des § 51b GmbHG als Einfallstor? . . . . . . . . . . . . . . . 44 IV. § 51a GmbHG als Nebenpflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 V. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Notwendigkeit, auf die §§ 935 ff. ZPO zurückzugreifen? . . . . . . . . . . . . . . 49 2. „Kleine Lösung“ statt „große Lösung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 C. Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 A. Die Leistungsanordnung auf Informationserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 I. Diskussionsstand zu den §§ 51a, 51b GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 II. Behandlung sonstiger dem FamFG zugeordneter Informationsrechte . . . . . . . 56 III. Die ZPO-Auskunftsverfügung als Vorbild? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 IV. Auslegung der §§ 49 ff. FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Das Erfüllungsverbot i. S. d. § 49 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2. Das Präjudizverbot i. S. d. § 49 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3. Kasuistik zum Präjudizverbot i. R. d. § 49 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 V. Endgültige Maßnahmen kraft Rechtsfortbildung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Sondervorschriften des geistigen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2. Leistungsverfügung analog §§ 935, 940 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Leistungsanordnung kraft „Sicherungscharakter“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 4. Leistungsanordnung analog § 246 Abs. 1 FamFG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Entstehungsgeschichte der „neuen“ einstweiligen Anordnung . . . . . . . . 75 b) Materiell-rechtliche Wertungen des § 51a GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Verfassungsrechtliche Gebotenheit des effektiven Rechtsschutzes . . . . . 78 d) Vergleichbarkeit der Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 5. Teleologische Extension des § 49 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Inhaltsverzeichnis

9

VI. Exkurs: Umgehung des Vorwegnahmeverbots? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 1. Beschränkung des Frageumfangs – Teilinformation und Vorfragen . . . . . . 85 2. Herausgabe vermittels zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten . . . . . . 86 B. Einzelfälle der Informationsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 I. Durchsetzbarer Anordnungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Vorbereitung prozessualer Schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 1. Leistungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Sicherungs-, Regelungsverfügung und einstweiliger Arrest . . . . . . . . . . . . 92 3. Hauptverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 III. Vorbereitung außerprozessualer Schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Vorrang sonstiger Eilrechtsschutzmaßnahmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 b) Qualifizierter Anordnungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 2. Due Diligence und Anteilsveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Verkäuferseitige Due Diligence (Vendor Due Diligence) . . . . . . . . . . . . 100 b) Käuferseitige Due Diligence (Buy Side Due Diligence) . . . . . . . . . . . . . 101 aa) Anordnungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Anordnungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 C. Abfederung der Risiken des summarischen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Richtigkeit der Informationsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Strenger Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Gesonderte Interessenabwägung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3. Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Ausreichende Verteidigungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Gewährung rechtlichen Gehörs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Informationsverweigerung ohne Gesellschafterbeschluss? . . . . . . . . . . . 115 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Begrenzung der Rechtsfolgenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 III. Haftung nach ungerechtfertigter Informationsanordnung? . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Deliktische Grenzen (§§ 823 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 2. Schutz vertraulicher Informationen durch die Treuepflicht (§ 280 Abs. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Inhalt der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Kongruenz von § 51a GmbHG und Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 c) Verschuldensabhängige Haftung als „Schwäche“? . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 3. Kompensation der erteilten Informationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4. Vollziehungsschaden i. e. S. – also doch § 945 ZPO analog? . . . . . . . . . . . . 123 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

10

Inhaltsverzeichnis

§ 4 Sicherungsmaßnahmen im Informationserzwingungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 A. Materielle Akzessorietät der einstweiligen Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 B. Zweigleisiger, differenzierender Eilrechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 I. Sicherung der Informationserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Herausgabe an Dritte als Verwahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Vorhalte- und Speicherpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 II. Sicherung der Informationsverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 C. Bewertung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 § 5 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Kapitel 3 Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

140

§ 1 Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 § 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 A. Diskussionsstand: Verhinderung der Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 B. Zulässigkeit der Einwirkung auf die Willensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 I. Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Untersagungsanspruch kraft Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Treuepflicht als tauglicher Verfügungsanspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3. Inhalt der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 II. Eingriff in die autonome Willensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Freie Willensbildung der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Verletzung der sog. „Stimmrechtsausübungsfreiheit“ (BGH)? . . . . . . . . 152 b) Verletzung des Abspaltungsverbots? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Verbandssouveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 a) Entscheidung über Treuepflicht als unzulässiger Dritteinfluss? . . . . . . . 155 b) Unzulässiger Dritteinfluss durch summarische Prüfung? . . . . . . . . . . . . 157 c) Hilfsweise: Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 III. Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Erfüllungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Verhinderte Beschlussfassung als vorzeitig erfüllte Hauptsache . . . . . . . 158 b) Voraussetzungen unter dem Aspekt des Erfüllungsverbots . . . . . . . . . . . 160 2. Präjudizverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Die verhinderte Beschlussfassung als „endgültige Maßnahme“? . . . . . . 160

Inhaltsverzeichnis

11

b) Überwindung des Präjudizverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 IV. Erforderlichkeit vorgelagerten Rechtsschutzes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 V. Summarisches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Unzulässiger früher Entscheidungszeitpunkt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) „Lockere“ Regeln als Verstoß gegen Verbandssouveränität? . . . . . . . . . 165 c) Zumutbarkeit und Abfederung summarischer Risiken allgemein . . . . . . 165 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 VI. Eindeutige Rechtslage als hinreichende Voraussetzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 § 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 A. Vorläufige Wirksamkeit der Abberufung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 I. Klarstellung der allgemeinen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Auswirkungen von Beschlussmängeln nach Beschlussmängelrecht . . . . . . 171 2. Alte Rechtsprechung: Unwirksamkeit der Anfechtungserklärung . . . . . . . . 173 3. Materielle Rechtslage als Kriterium der Beschlusswirksamkeit? . . . . . . . . 173 a) Trennung zwischen Abberufung und Abberufungsbeschluss . . . . . . . . . 174 b) Unmittelbare Anknüpfung an materielle Rechtslage? . . . . . . . . . . . . . . . 174 II. Streit um den wichtigen Grund i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Eignung der allgemeinen Regeln für den Streitfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 a) Nichtigkeit mangels wichtigem Grund? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Einstweilen wirksame Abberufung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 c) Keine Abberufung ohne festgestellten Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Rein rechnerischer Lösungsansatz (Altmeppen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 3. Lösung nach Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Fremd-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 aa) Vorläufig wirksame Abberufung analog § 84 Abs. 3 S. 4 AktG? . . . 181 (1) Vergleichbarkeit bei „neutralem“ Abberufungsorgan . . . . . . . . . 182 (2) Schutz vor aufgedrängtem Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (3) Vergleichbare Rechtsunsicherheit über Geschäftsleitung . . . . . . 182 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 bb) Verkürzte Anfechtungsklage mit Ex-nunc-Wirkung? . . . . . . . . . . . . 184 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (1) Sperrwirkung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG gegenüber Eilrechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (2) Regelung nicht festgestellter Abberufungsbeschlüsse? . . . . . . . . 187 (3) Bedarf nach Interimsregelung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

12

Inhaltsverzeichnis b) „Einfacher“ Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 aa) Anfechtung ex nunc statt Interimsregelung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Vorläufige Unwirksamkeit analog §§ 117, 127 HGB (Grunewald)? 189 (1) Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (2) Schutzbedürftigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters? 190 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sonderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 d) Gesellschafter-Geschäftsführer in paritätischer Zwei-Personen-GmbH 195 aa) Einschränkungen der Zwei-Personen-GmbH bei grundsätzlich freier Abberufung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 bb) Abberufung aus wichtigem Grund bei paritätischer Zwei-PersonenGmbH? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (1) Keine vorläufige Wirksamkeit und keine Interimsregelung . . . . 197 (2) Anknüpfung an materielle Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 4. Zur Abberufung durch Aufsichtsrat oder Beirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 B. Einstweiliger Rechtsschutz nach der Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 I. (Einstweilige?) Beschlusskassation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 II. Vorläufige Feststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

§ 4 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

Kapitel 4 Gesellschafterliste

207

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 A. Antragsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 I. Anteilsinhaber und an Anteilen dinglich Berechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 II. Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 III. Gesellschaft und Mitgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 B. Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I. Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 1. Widerlegbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 II. Einfluss der Schutzfrist auf die Dringlichkeitsvermutung . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Automatische „gesetzliche“ Widerlegung der Dringlickeitsvermutung? . . . 220 2. „Manuelle“ Widerlegung über § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG? . . . . . . . . . . . . . 222 a) Rechtslage bei einfacher Gesetzesanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Kritik an der Interferenzwirkung der Schutzfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

Inhaltsverzeichnis

13

c) Gesetzgeberischer Wille: Vorrangig Dringlichkeitsvermutung? . . . . . . . 224 d) Geltung der Dringlichkeitsvermutung innerhalb der Schutzfrist – Rechtsmethodischer Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 aa) Keine unwiderlegbare Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 bb) Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens kraft Rechtsfortbildung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 cc) Konkurrenz als Anknüpfungspunkt: § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG als speziellere Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 3. Selbstwiderlegung innerhalb Schutzfrist? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Ausbleiben der Schutzfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 b) Während der Schutzfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Nach Ablauf der Schutzfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 III. (Kein) Verfügungsgrund nach Einziehungsbeschluss? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 1. Nach Untergang des Geschäftsanteils? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 2. Nach Neuschaffung des Geschäftsanteils (Revalorisierung)? . . . . . . . . . . . 235 3. Ausschluss eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 § 2 Listeninhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Grenzen der Legitimationswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 II. Korrekurbefugnis des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 1. Formelles Konsensprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 2. Korrektur einer vom Notar eingereichten Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 3. Einschränkung analog § 67 Abs. 5 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 B. „Vorläufige“ Listenkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 I. Vorwegnahme der Hauptsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 II. Geringstmöglicher Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 2. Vorrangige Maßnahmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Vorläufige Untersagung der Rechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 b) Unterlassungsverfügung plus Pflegschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 c) Einräumung von Rechten bzw. Weiterbehandlung als Gesellschafter . . . 249 3. Verbleibender Raum für „vorläufige Listenkorrektur“? . . . . . . . . . . . . . . . . 251 C. Untersagung der Listenänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 I. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 II. Vorrangige Maßnahmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 III. Untersagung nicht jeder Listenänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 D. Risiko des falschen Wegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 § 3 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

14

Inhaltsverzeichnis Kapitel 5 Schlussfolgerungen für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht

258

§ 1 Wachsende Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 § 2 Öffnung des einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 A. Kein prinzipieller Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . 261 B. Niedrigere Anforderungen an die Leistungsverfügung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 § 3 Herstellung eines interessengerechten Eilrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 A. Inhaltliche Begrenzung von Eilmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 B. Flexibler Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 C. Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 § 4 Kritik und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Kapitel 1

Einführung in Gegenstand und Problemstellung § 1 Problemstellung A. Einstweiliger Rechtsschutz und Gesellschaftsrecht Einstweiliger Rechtsschutz und das Gesellschaftsrecht stehen infolge ihrer Eigenarten zueinander im Widerspruch.1 Einstweiliger Rechtsschutz auf der einen Seite ist Ausprägung des Justizgewähranspruchs (Art. 19 Abs. 4 GG). Er soll zuerst effektiven, d. h. vor allem rechtzeitigen gerichtlichen Schutz sicherstellen.2 Um dies zu gewährleisten, stützt das Gesetz die einstweilige Verfügung3 auf das schnellere, summarische Erkenntnisverfahren. Dabei hat das Gericht zwar Rechtsfragen grundsätzlich ohne Abstriche zu prüfen, bei der Tatsachenermittlung aber niedrigere Maßstäbe anzulegen als im Hauptsacheverfahren. Im Zentrum steht die Beweiserleichterung, wonach der Verfügungskläger Tatsachen, die die Prozessvoraussetzungen sowie den Verfügungsanspruch und -grund begründen, lediglich glaubhaft machen muss (§§ 936, 920 Abs. 2 ZPO). Der Beweismittelkanon ist auf die Versicherung an Eides statt ausgedehnt (§ 294 Abs. 1 ZPO). Gleichzeitig beschränkt er sich auf präsente Beweismittel (§ 294 Abs. 2 ZPO). Und das erforderliche Beweismaß ist nicht die richterliche Überzeugung, sondern es genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die behaupteten Tatsachen zutreffen.4 Die mündliche Verhandlung ist erforderlichenfalls entbehrlich (§ 922 Abs. 1 S. 1 ZPO). Darüber hinaus reduzieren Rechtsprechung und Literatur den Prüfungsmaßstab bei Bedarf noch weiter: Um der Rechtzeitigkeit Willen ersetzen sie die materiell-akzessorische Prüfung notfalls sogar durch eine Interessenabwägung.5 1 Vgl. Damm, ZHR 154 (1990), 413, 414 („Diskrepanz“); Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 10 („in grundsätzlichem Widerstreit“). 2 Walker, in: Schuschke/Walker, Vor §§ 916 – 945b ZPO Rn. 4; Drescher, in: MüKoZPO, Vorbemerkung zu § 916 Rn. 1 und 3; Grunsky, in: Stein/Jonas, vor § 916 Rn. 1; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, Vor § 916 Rn. 5. 3 Entsprechendes gilt für das Verfahren des einstweiligen Arrests i. S. d. §§ 916 ff. ZPO und das Verfahren der einstweiligen Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG, welches für die Ausführungen in Kapitel 2 relevant wird, vgl. §§ 51 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 und § 31 FamFG. 4 So allg. Auffassung, vgl. nur Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 920 Rn. 14 m. w. N. 5 Dazu Kapitel 1 § 3 B. II.; vgl. zur Funktion der Interessenabwägung auch Kapitel 2 § 3 C. I. 2.

16

Kap. 1: Einführung in Gegenstand und Problemstellung

Das Gesellschaftsrecht auf der anderen Seite verhält sich gegenüber der schnellen Rechtsfindung „sperrig“.6 Es wirft sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen auf. Bei der Tatsachenermittlung begegnet man immer unübersichtlicheren Organisationsstrukturen, lange gewachsenen Konflikten z. B. unter den Gesellschaftern7 und technischen Fragestellungen aus dem operativen Geschäft des Unternehmens. Auf rechtlicher Ebene drohen zahlreiche schwierige und vielfach ungeklärte Rechtsfragen. Hinzu kommen immer mehr Berührungen mit dem Ausland und fremdem Recht. Über diese schwierigen Fragen darf die summarische Prüfung nicht hinweggehen. Das Gesellschaftsrecht besitzt eine „sensible[…] Natur“,8 d. h. es kommt „besonders leicht zu einer Verfestigung der Lage“.9 Eilmaßnahmen entfalten im Gesellschaftsrecht besonders häufig rechtlich oder zumindest faktisch endgültige Wirkung(en). Dies gilt insbesondere, wenn sie den Verfügungsanspruch bereits erfüllen. Stellt sich im späteren Hauptsachesacheverfahren heraus, dass die Eilmaßnahmen ungerechtfertigt sind, gestaltet sich oft nicht nur die Rückabwicklung als aufwändig oder problematisch, sondern auch Schadensersatzansprüche (z. B. § 945 ZPO) lassen sich meist nur schwer beziffern. Aus diesem Grund ist es im Gesellschaftsrecht wichtig, dass das Gericht von vornherein die „richtige“ Eilentscheidung „trifft“.

B. Einstweiliger Rechtsschutz und GmbH-Recht Dieser schon lange diskutierte Konflikt zwischen Eilrechtsschutz und Gesellschaftsrecht tritt heute besonders im GmbH-Recht zutage. Grund dafür ist nicht nur die herausragende Praxisbedeutung der GmbH10 oder ihre personale Prägung. Das GmbH-Recht wird vor allem durch seine restriktive Regelung geprägt, die ergänzende Rechtsfortbildungen erforderlich macht (z. B. das Beschlussmängelrecht). Teilweise werden die bestehenden prozessualen Regelungen für den einstweiligen Rechtsschutz als unpassend empfunden (vgl. § 51b GmbHG). Teilweise existiert auch keine besondere Regelung, sodass sich die Frage stellt, ob sich auf die Regelung 6

Damm, ZHR 154 (1990), 413, 414. Damm, ZHR 154 (1990), 413, 414; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 10. 8 v. Gerkan, ZGR 1985, 167, 167. Es werde „in die Lebensvorgänge der Gesellschaft einschneidend eingegriffen und der Verband einer grundsätzlich unerwünschten Fremdbestimmung unterworfen“. 9 Damm, ZHR 154 (1990), 413, 414. Man denke an das Informationsrecht aus § 51a GmbHG oder den gutgläubigen Anteilserwerb über § 16 Abs. 3 GmbHG. Aber auch „bloß“ vorläufige Eilmaßnahmen wie die vorläufige Abberufung oder Beibehaltung eines Geschäftsführers oder die Ausübung einzelner Mitgliedschaftsrechte (vgl. § 16 Abs. 1 GmbHG) entfalten faktisch endgültige Wirkungen. 10 Zum 1. 1. 2017 existierten bereits 1.219.251 GmbH; an zweiter Stelle steht die KG (263.038, einschließlich GmbH & Co. KG), an dritter Stelle der e. K. (156.603) und viertens die oHG (23.795); Daten nach Kornblum, GmbHR 2017, 739, 739 f. Zur Entwicklung vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, Einleitung Rn. 16. 7

§ 1 Problemstellung

17

anderer Gesellschaftsformen zurückgreifen lässt (z. B. § 117 HGB, § 84 Abs. 3 S. 4 AktG). Mehrere neuere Entwicklungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur geben Anlass, die beschriebene Diskussion wieder aufzugreifen. Sie haben in den letzten Jahren mehrere Fragen aufgeworfen, die das Spannungsfeld zwischen dem „sperrigen“, „sensiblen“ GmbH-Recht und dem Bedürfnis nach effektivem Rechtsschutz widerspiegeln. Seit dem FGG-Reformgesetz11 gilt etwa wieder als ungeklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen der Gesellschafter in der Lage ist, sein Informationsrecht gegenüber der Gesellschaft (§ 51a GmbHG) im Wege des Eilrechtsschutzes durchzusetzen. Die Informationserzwingung bildet das Paradebeispiel für eine Eilmaßnahme, die weder zurückgegeben noch kompensiert werden kann. Noch dazu vermag eine „durchgesickerte“ Information großen Schaden anzurichten. Ebenso kann die – vorläufige – Abberufung des Geschäftsführers schwerwiegende, de facto irreversible Folgen nach sich ziehen. Dies gilt sowohl für die einzelnen Geschäfte, die im Namen der GmbH geschlossen oder nicht geschlossen werden, als auch für die Lenkung der Unternehmensgeschicke insgesamt. Hier hat eine stetige Rechtsfortbildung praktisch ein Sonderrecht entwickelt, inwieweit die Abberufung vorläufig wirksam sein solle und inwiefern Eilrechtsschutz offenstehe. Ebenso prekär erweisen sich ungerechtfertigte Eilmaßnahmen, welche die Willensbildung der GmbH beeinflussen. Hier hat die herrschende Meinung die Anforderungen an Eilrechtsschutz in den letzten Jahren erheblich herabgesetzt. Und die 2008 durch das MoMiG12 aufgewertete Gesellschafterliste, die durch ihre Legitimations- und Rechtsscheinfunktion (§ 16 Abs. 1 und 3 GmbHG) über das Schicksal des Geschäftsanteils und der Mitgliedschaftsrechte entscheidet, hat sogar eine eigene Eilrechtsschutzregelung erhalten (§ 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG). Gleichzeitig wirft sie Fragen zum Anwendungsbereich des einstweiligen Rechtsschutzes auf. In Rechtsprechung und Literatur zeichnet sich eine Entwicklung dahingehend ab, einstweiligen Rechtsschutz nicht mehr von vornherein auszuschließen, sondern in Ausnahmefällen zu erlauben. Die Voraussetzungen bleiben dennoch meist vage oder sind umstritten. Eine klare und einheitliche Systematik fehlt bislang. Die vorliegende Arbeit sucht daher, die unterschiedlichen Probleme im beschriebenen Spannungsfeld zu beleuchten und anhand der Ergebnisse eine grundlegende Linie für Eilrechtsschutz im GmbH-Recht herauszuarbeiten.

11

Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 17. 12. 2008, BGBl. 2008 I, S. 2586. 12 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v. 23. 10. 2008, BGBl. 2008 I, S. 2026.

18

Kap. 1: Einführung in Gegenstand und Problemstellung

§ 2 Ziel und Gang der Untersuchung Ziel der Untersuchung ist es aufzuzeigen, inwiefern einstweiliger Rechtsschutz im GmbH-Recht offensteht, insbesondere angesichts der Tatsache, dass es sich in den meisten Anwendungsfällen um vorgreifliche und bzw. oder endgültige Eilmaßnahmen (Leistungsverfügungen) handelt. Die nachfolgende Arbeit versucht, diese Frage im Wege der Induktion zu beantworten. Exemplarisch werden die drei bereits angeführten Gebiete des Informationserzwingungsverfahrens (§ 51b GmbHG), der Abberufung des Geschäftsführers (§ 38 GmbHG) und der Gesellschafterliste (§ 16 GmbHG) herausgegriffen.13 Dabei ist einstweiliger Rechtsschutz zunächst im jeweiligen einzelnen Rechtsgebiet zu untersuchen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse sind allgemeine Schlüsse für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht abzuleiten. Den Schwerpunkt legt die Arbeit auf die Frage, inwieweit dem Gesellschafter einstweiliger Rechtsschutz im Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbH offensteht (Kapitel 2). Diese Frage ist seit dem nunmehr zwölfjährigen FGGReformgesetz 2009 immer noch weitgehend unerforscht. Bisher haben sich nur wenige Stimmen dazu geäußert und dabei meist Zurückhaltung geübt. Darüber hinaus weist die Konstellation mit § 49 FamFG besondere Hürden beim Hauptsachevorwegnahmeverbot14 und besondere Risiken im summarischen Verfahren15 auf (vgl. § 945 ZPO). Sie eignet sich als Ausgangspunkt für Erst-Recht-Schlüsse. Im Anschluss wird mit den gewonnenen Erkenntnissen der praktisch äußerst relevante Eilrechtsschutz bei der Abberufung eines Geschäftsführers erörtert (Kapitel 3). Zu klären gilt es zum einen, inwiefern Eilrechtsschutz bereits auf die Willensbildung der GmbH einwirken kann. Zum anderen ist bisweilen umstritten, inwieweit Eilrechtsschutz in der Zeit zwischen der Abberufung und endgültiger Hauptsacheentscheidung offensteht. Die Arbeit untersucht ferner den einstweiligen Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Gesellschafterliste (Kapitel 4). Das MoMiG 2008 hat insoweit den einstweiligen Rechtsschutz zwar überhaupt erst eröffnet. Gleichzeitig hat es aber Fragen zur gesetzlich vorgesehenen einstweiligen Verfügung auf Widerspruchszuordnung und zur Leistungsverfügung aufgeworfen. Die Arbeit schließt, indem sie mittels der gewonnenen einzelnen Ergebnisse versucht, die gemeinsamen Grundlinien aufzuzeigen, wie Eilrechtsschutz im GmbHRecht nach vorliegender Auffassung am besten zu behandeln ist (Kapitel 5).

13 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 1 bezeichnen die drei Themen plastisch als „Frontlinien“ im „Kampf um Wissen, Macht und Geld“. 14 Dazu unter Kapitel 2 § 3 A. 15 Dazu insb. unter Kapitel 2 § 3 C.

§ 3 Vorüberlegungen

19

§ 3 Vorüberlegungen Bevor die Untersuchung eingehend anhand der drei Beispielsthemen beginnt, sind Vorüberlegungen zum einstweiligen Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht notwendig (§ 3). Hierzu gehört vorgreifend und in gebotener Kürze die Frage, ob ein prinzipieller Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes den Konflikt lösen kann (A.). Darüber hinaus wird vor die Klammer gezogen erläutert, inwieweit die Frage, ob Eilmaßnahmen ergehen dürfen, sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu orientieren hat oder ob sich das summarische Verfahren nicht in einem allgemeinabwägenden Prüfungsmaßstab erschöpfen kann (B.). Diese Weichenstellung bekommt besondere Relevanz, wenn nicht genügend Zeit vorhanden ist, damit die Parteien ihre Tatsachen und Argumente ausreichend glaubhaftmachen können oder gar das Gericht die Tatsachen- oder Rechtsfragen abschließend prüfen kann. Der anschließende Paragraph (§ 4) geht auf die im Folgenden verwendete Begriffe ein, da in Rechtsprechung und Literatur keine einheitliche Terminologie besteht.

A. Kein prinzipieller Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes Die Lösung kann nicht darin bestehen, einstweiligen Rechtsschutz, wie vor allem früher immer wieder vorgeschlagen,16 von vornherein kategorisch auszuschließen. Ein prinzipieller Ausschluss begegnet nicht nur verfassungsrechtlichen Bedenken, weil er dem Gläubiger effektiven Rechtsschutz verweigert (Art. 19 Abs. 4 GG) und ihn noch dazu einseitig übervorteilt (Art. 3 Abs. 1 GG).17 Der Ausschluss löste vor allem den beschriebenen Konflikt zwischen einstweiligem Rechtsschutz und GmbHRecht nicht – er verschlimmerte ihn noch. Im Kern geht es darum, das Risiko, dass im Gesellschaftsrecht schnell irreversible Wirkungen eintreten, zu vermeiden oder zumindest zu minimieren. Im Hinblick auf dieses Risiko macht es nicht per se einen Unterschied, ob ungerechtfertigte Eilrechtsmaßnahmen angeordnet werden oder ob Eilmaßnahmen ungerechtfertigterweise unterbleiben.18 Beide Entscheidungen können gleichermaßen einschneidende irreversible Wirkungen nach sich ziehen. Anschaulich macht dies etwa das Veräußerungsverbot, dessen Anordnung und Nichtanordnung das Schicksal des Geschäftsanteils beeinflussen können (und durch die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte auch das Schicksal der Gesellschaft). Die Entscheidung über Eilmaßnahmen ist einzelfallbezogen zu treffen.

16 Dazu in den einzelnen Rechtsgebieten insb. unter Kapitel 2 § 2 A. I. und § 3 A. I. und Kapitel 3 § 2 A. 17 Vgl. Walker, Einstweiliger Rechtsschutz, S. Rn. 70. 18 v. Gerkan, ZGR 1985, 167, 169.

20

Kap. 1: Einführung in Gegenstand und Problemstellung

B. Ausrichtung an der Erfolgsaussicht der Hauptsache I. Hauptsache-akzessorischer Prüfungsmaßstab Bei Erörterungen, wie sich rechtzeitiger Eilrechtsschutz auch bei komplexen, aufwändigen Gesellschaftsrechtsfällen sicherstellen lässt, wird immer wieder auch der Ansatz Leipolds aufgegriffen. Nach Leipold sollte einstweiliger Rechtsschutz – auch im Zivilprozessrecht – allein auf Grundlage einer Interessen- und Folgenabwägung ergehen, ohne dass es einer vorgreiflichen, hauptsache-akzessorischen Prüfung bedürfe.19 Der offene Prüfungsmaßstab gewährleistete eine rechtzeitige Entscheidung. Er vermiede zudem eine präjudizielle Wirkung dahingehend, dass das Hauptsachegericht möglicherweise schlicht der vorgezeichneten (aber lediglich summarischen) Schlüssigkeitsprüfung des Eilrechtsschutzes folgt. Die Auffassung Leipolds konnte sich aber, nach hier vertretener Meinung zu Recht, nicht durchsetzen. Sie begegnet in der Literatur erheblichen dogmatischen Bedenken20 und auch die Zivilrechtsprechung wendet sie, soweit ersichtlich, nicht an. Allein der abstrakte Beschleunigungsgedanke rechtfertigt es nicht, sich über den positiv-rechtlich verankerten Prüfungsmaßstab (§§ 916 – 918, 935 und 940 ZPO, § 49 Abs. 1 FamFG) von vornherein hinwegzusetzen und ihn ohne Not gegen eine Interessenabwägung auszutauschen. Ungeachtet der rechtlichen Zulässigkeit wäre Leipolds Lösung, die Schlüssigkeitsprüfung von vornherein gegen eine Interessenabwägung auszutauschen, aber vor allem nicht zielführend im eingangs beschriebenen Spannungsfeld. Denn ein offener Prüfungsmaßstab begegnete nicht der eigentlichen Gefahr: dass Eilmaßnahmen einen endgültigen Zustand schaffen und dieser sich im Fall einer anderslautenden Hauptsacheentscheidung nicht mehr korrigieren lässt. Zwar realisierte sich auch in einer summarischen Schlüssigkeitsprüfung immer wieder das Risiko, dass das Gericht z. B. infolge einer noch nicht ermittelten Tatsache oder eines zu geringen Glaubhaftmachungsgrads21 eine Entscheidung im Eilverfahren trifft, von der später die Hauptsacheentscheidung abweicht. Indem die summarische Schlüssigkeitsprüfung den Verfügungsanspruch untersucht und sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientiert, erzielt sie allerdings eine vergleichsweise hohe „Treffgenauigkeit“ bzw. „Trefferquote“. Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Eilentscheidung der späteren Hauptsacheentscheidung entspricht. Ein offener Prüfungsmaßstab, der nicht die Hauptsache betrachtet, sondern allein die drohenden Risiken abwägt, hätte hingegen zur Folge, dass Eilmaßnahmen wesentlich häufiger im Widerspruch zur späteren Hauptsacheentscheidung stünden. Denn wessen In19

Leipold, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes, S. 62 – 129. Abl. Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 10; Littbarski, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, S. 97 – 123; Damm, ZHR 154 (1990), 413, 420 f.; ohne speziellen Bezug zum Gesellschaftsrecht vgl. nur Schilken, Befriedigungsverfügung, S. 116 – 122; Grunsky, in: Stein/ Jonas, § 935 Rn. 7 f. m. w. N. 21 Dazu Kapitel 1 § 1 A. 20

§ 3 Vorüberlegungen

21

teressen überwiegen, hängt – lapidar gesagt – vom Zufall ab. Der Verfügungskläger könnte den Verfügungsbeklagten so ohne Weiteres übervorteilen, obwohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs (offensichtlich) nicht vorliegen. Umgekehrt könnte der Verfügungskläger seinen bestehenden Verfügungsanspruch möglicherweise nicht sichern bzw. durchsetzen. Soweit irreversible Wirkungen sich nicht vermeiden lassen, kann der Konflikt zwischen einstweiligem Rechtsschutz und GmbH-Recht nur dadurch zu lösen sein, so weit wie möglich sicherzustellen, dass die (positive oder negative) Entscheidung im Eilrechtsschutzverfahren der späteren Hauptsacheentscheidung nicht zuwiderläuft. Ob Eilmaßnahmen ergehen, hat sich daher grundsätzlich weitestmöglich an der Erfolgsaussicht der Hauptsache zu orientieren. Je näher der Prüfungsmaßstab an den der Hauptsache kommt, desto eher lassen sich die aus dem beschriebenen Spannungsfeld resultierenden Gefahren beschränken. D. h. es bedarf einer vorweggenommenen Schlüssigkeitsprüfung.22 In einzelnen Punkten ist Leipolds Ansatz aber nicht ganz von der Hand zu weisen. Ausnahmen von der Schlüssigkeitsprüfung sind denkbar, sofern die Zeit nicht ausreicht, um Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (II.), oder die Interessen einer Partei so sehr überwiegen, dass das der summarischen Schlüssigkeitsprüfung innewohnende Risiko unzumutbar ist (III.). II. Sach- oder Rechtslage aus Zeitgründen nicht klärbar Gerichte und Parteien stehen im Gesellschaftsrecht vor komplexen Sach- und Rechtsfragen, die sich nur mit hohem Zeitaufwand aufarbeiten lassen. Darf dieses tatsächliche Problem aber Auswirkungen auf den Umfang des Rechtsschutzes haben? Ausgangspunkt für den Prüfungsmaßstab ist, wie soeben erläutert, die summarische Schlüssigkeitspüfung von Sach- und Rechtslage.23 Das Vorliegen von anspruchsbegründenden Tatsachen und das Nichtvorliegen einwendungsbegründender Tatsachen muss „überwiegend wahrscheinlich“24 sein. Im GmbH-Recht, wo es häufig um Mitgliedschaftsrechte und endgültige Wirkungen geht, dürfte in der Regel sogar der strengere Maßstab des Bundesverfassungsgerichts gelten. Droht durch die Verweigerung einstweiligen Rechtsschutzes eine endgültige, über die Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung, stellt Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen

22 So auch Damm, ZHR 154 (1990), 413, 420 f.; v. Gerkan, ZGR 1985, 167, 175; vgl. zur AG: Heinze, ZGR 1979, 293, 306 – 310. 23 Dazu Kapitel 1 § 3 B. I. 24 Greger, in: Zöller, § 294 Rn. 6.

22

Kap. 1: Einführung in Gegenstand und Problemstellung

an die Ausgestaltung des Eilverfahrens. Die Gerichte haben dann die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern „abschließend“ zu prüfen.25 Keiner Korrektur bedarf der Prüfungsmaßstab, soweit der Verfügungskläger anspruchsbegründende oder der Verfügungsbeklagte einwendungsbegründende Tatsachen schlicht nicht vorträgt. Es wäre nicht gerechtfertigt, von der im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich ebenfalls geltenden Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast26 abzuweichen. (Bei § 49 FamFG bestehen insoweit zumindest prozessuale Förderpflichten.) Trägt beispielsweise ein Antragsteller beim Informationsrecht des § 51a Abs. 1 GmbHG nicht vor, dass er Gesellschafter ist, hat das Gericht den Antrag vorrangig als unschlüssig abzuweisen; die Prüfung der Aktivlegitimation ist hier nicht durch eine Interessenabwägung zu ersetzen. Es darf auch nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass der Verfügungsbeklagte zu erhebende Einreden (rechtshemmende Einwendungen) erhoben hätte. Dies gilt beispielsweise beim Informationsverweigerungsrecht der GmbH aus § 51a Abs. 2 GmbHG.27 Problematisch sind nur „offene“ Tatsachen, also solche, die eine Partei für wahrscheinlich/möglich hält oder in Streit stehen und die sie in der Kürze der Zeit nicht ermitteln, für sich verifizieren oder gegenüber dem Gericht nachweisen kann (z. B. durch eidesstattliche Versicherung). Hierzu mag auch die Beschränkung auf präsente Beweismittel (§ 294 Abs. 2 ZPO) beitragen. Problematisch können ferner komplexe, zeitaufwändige Rechtsfragen sein, zu denen das Gericht in der Kürze nicht ausreichend recherchieren kann. In diesen Fällen wäre es nicht sachgerecht, einstweiligen Rechtsschutz per se deshalb abzulehnen, weil sich Sachverhalts- oder Rechtsfragen in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht aufklären lassen.28 Es handelt sich um ein strukturelles Problem, das vor allem den Verfügungskläger trifft. Grundsätzlich beizupflichten ist der verschiedentlich geäußerten Ansicht, an Sach-29 und Rechtslage30 sei eine gradualisierte (auch: abgestufte) Prüfungsinstensität anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung hängen von den betroffenen Interessen und vom Gefährdungsgrad ab. Dies geht adäquat auf die Risiken ein und beschreibt zugleich einen präziseren Prüfungsmaßstab als die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“. Allerdings hilft dieses Instrument bei Zeitdruck nicht, denn es 25 BVerfG in st. Rspr., vgl. BVerfG, 27. 7. 2016 – 1 BvR 1241/16, NZS 2016, 863, 863; BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung jeweils m. w. N. Dazu ausführlich Kapitel 2 § 3 C. I. 1. 26 Vollkommer, in: Zöller, Vorbemerkungen zu §§ 916 – 945b Rn. 6 Und bei § 49 FamFG bestehen zumindest prozessuale Förderpflichten. 27 Vgl. Walker, Einstweiliger Rechtsschutz, S. Rn. 645: „Die Geltendmachung einer Einrede oder die Ausübung eines Gestaltungsrechts […] durch den Gegner darf keinesfalls zu dessen Gunsten unterstellt werden, zumal dieser gute Gründe haben kann, beispielsweise eine Aufrechnungsmöglichkeit nicht wahrzunehmen“. 28 Vgl. dazu Kapitel 1 § 3 A. 29 Damm, ZHR 154 (1990), 413, 421; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 10. 30 Baur, Studien, S. 34 in Bezug auf „Dauerrechtsverhältnisse“. Ähnlich Grunsky, in: Stein/ Jonas, § 935 Rn. 6 („summarische Schlüssigkeitsprüfung“). Dazu unter Kapitel 2 § 3 C. I. 4. b).

§ 3 Vorüberlegungen

23

hebt die Anforderungen an die Glaubhaftmachung umso weiter an, je mehr die Eilmaßnahmen die Gegenseite gefährden. Um eine kurzfristige Entscheidung auch bei offenen Tatsachen- und Rechtsfragen zu ermöglichen, sind in gewissem Maße Abstriche bei der Schlüssigkeitsprüfung in Kauf zu nehmen. Bei hohem Interesse und Gefährdungsgrad des Verfügungsklägers ist es grundsätzlich vorzugswürdig, die Anforderungen an die Glaubhaftmachung entsprechend der zur Verfügung stehenden Zeit – zumindest etwas – zu senken. Eine auch nur lockerere Sach- und Rechtsprüfung sorgt immer noch für eine höhere „Trefferquote“ als eine ausschließliche Interessenabwägung. Dies leuchtet bei der Tatsachenermittlung ein. In Bezug auf die Rechtsprüfung erschließt sich hingegen nicht, wie die Prüfungsintensität „gradualisiert“ werden kann (Prüfung mit nur einem Gesetzeskommentar?). Abstriche bei der Rechtsprüfung werden seltener in Frage kommen.31 Dieses Ergebnis lässt sich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4 GG vereinbaren. Denn das Bundesverfassungsgericht hebt zwar den Prüfungsmaßstab in solchen Fällen regelmäßig auf eine „abschließende Prüfung“ an, lässt dabei aber offen, was „abschließende“ Prüfung heißt, und es betont im selben Atemzug, dass die Anforderungen an die Glaubhaftmachung sich am Rechtsschutzziel zu orientieren haben und nicht „überspannt“ werden dürfen.32 Nur wenn auch der gradualisierte, gelockerte Prüfungsmaßstab nicht zu einem Ergebnis führt – oder unzumutbare Risiken birgt –, ist es gerechtfertigt, die Schlüssigkeitsprüfung teilweise durch eine Interessenabwägung zu ersetzen. Dabei ist es nicht geboten und im beschriebenen Strukturkonflikt auch nicht zielführend, die gesamte Schlüssigkeitsprüfung durch eine Interessenabwägung auszutauschen. Von der Schlüssigkeitsprüfung darf vielmehr nur abgesehen werden, soweit es allein von der offenen Tatsachen- oder Rechtsfrage abhängt, ob einstweiliger Rechtsschutz angeordnet oder abgelehnt wird. Steht beispielsweise beim Informationanspruch aus § 51a GmbHG fest, dass der Antragsteller nicht aktivlegitimiert (d. h. nicht als Gesellschafter in die Gesellschafterliste eingetragen) ist, würde es die Prüfung geradezu untergraben, wenn man ausschließlich eine Interessenabwägung durchführte, obwohl die offene Sach- oder Rechtsfrage nur das Informationsverweigungsrecht aus § 51a Abs. 2 GmbHG betrifft. Das Gericht hat vielmehr die übrigen Voraussetzungen so weit wie möglich zu prüfen. Andernfalls würde die Interessenabwägung negierte Tatbestandsvoraussetzungen überlagern. Dadurch würde sie die Richtigkeitsgewähr des einstweiligen Rechtsschutzes absenken. Einstweiliger Rechtsschutz könnte angeordnet werden, obwohl bereits ersichtlich ist, dass ein Verfügungsanspruch nicht besteht. Es ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, die Schlüssigkeitsprüfung in einer bestimmten offenen Sach- oder Rechtsfrage durch eine Interessenabwägung zu ersetzen, wenn der einstweilige Rechtsschutz nicht ohnehin aus anderen Gründen scheitert. 31 32

Vgl. Damm, ZHR 154 (1990), 413, 421. BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928.

24

Kap. 1: Einführung in Gegenstand und Problemstellung

III. Restrisiken Zwei Faktoren bestimmten maßgeblich das Risiko des summarischen Verfahrens: die Wahrscheinlichkeit, dass eine ungerechtfertigte Entscheidung ergeht, und die Höhe des drohenden Schadens durch eine ungerechtfertigte Entscheidung. Die bisherigen Überlegungen zielten darauf ab, die Wahrscheinlichkeit einer ungerechtfertigten Entscheidung zu minimieren. Doch auch wenn einstweiliger Rechtsschutz sich weitestmöglich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientiert, lässt sich nicht ausschließen, dass eine ungerechtfertigte Eilentscheidung ergeht. Eilrechtsschutz kann das Prüfniveau des Hauptsacheverfahrens schon aufgrund der abweichenden gesetzlichen Regelungen nicht erreichen. Auf einer zusätzlichen Prüfungsebene ist mithin die „Kontrollfrage“ zu stellen, ob das bei Eilmaßnahmen verbleibende Restrisiko infolge eines besonders großen drohenden Schadens nicht völlig unzumutbar ist. Nach dem Gesagten33 dürfte die gesonderte Interessenabwägung die Schlüssigkeitsprüfung zwar nur in den seltensten Fällen überlagern. Andernfalls verwässerte sie die Schlüssigkeitsprüfung und die Richtigkeitsgewähr. Trotzdem stellt eine solche ergänzende Gesamtbetrachtung ein notwendiges Korrektiv angesichts des drohenden Schadens dar.34 IV. Zwischenergebnis Die Vorüberlegungen lassen sich im Ergebnis wie folgt zusammenfassen: Im Spannungsfeld zwischen GmbH-Recht und summarischem Verfahren darf einstweiliger Rechtsschutz nicht per se ausgeschlossen werden. Am zielführendsten ist es vielmehr, dass einstweiliger Rechtsschutz sich anhand einer Schlüssigkeitsprüfung so weit wie möglich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientiert und damit die Risiken des summarischen Verfahrens weitestmöglich minimiert. Eine (zumindest partielle) Abweichung von der Schlüssigkeitsprüfung ist nur geboten, soweit bei einer Schlüssigkeitsprüfung unzumutbare Risiken bestünden.

§ 4 Terminologie Zur besseren Verständlichkeit sind die zentralen Begriffe der Untersuchung vorab kurz zu erläutern. Die gewählte Terminologie dient lediglich der besseren Verständlichkeit, ohne damit Allgemeingültigkeit zu beanspruchen. „Das“ Verbot der Hauptsachevorwegnahme beschreibt eigentlich zwei Verbote: das „Erfüllungsverbot“ und das „Präjudizverbot“.35 Der Begriff des Verbots der Hauptsachevorwegnahme verwenden Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich 33 34 35

Dazu unter Kapitel 1 § 3 B. I. und II. Dazu vertiefend Kapitel 2 § 3 C. I. 2. Dazu ausführlich unter Kapitel 2 § 3 A. III. und IV.

§ 4 Terminologie

25

als Synonym für das Erfüllungsverbot, für das Präjudizverbot oder für beides. Er wird im Folgenden als Oberbegriff für beide Verbote verstanden. Das entspricht seiner Ambivalenz und der Deutung durch den Gesetzgeber. Die Bezeichnungen „Leistungs-“, „Erfüllungs-“ und „Befriedigungsverfügung“ (bzw. -anordnung) finden folgend synonym Gebrauch. Alle drei Begriffe haben gemeinsam, dass sie nur etwas über die Erfüllung des Anspruchs, aber nichts über den endgültigen Charakter aussagen. Die Untersuchung unterscheidet ferner entsprechend der gesetzlichen Systematik zwischen „einstweiliger Anordnung“ (§§ 49 ff. FamFG) und „einstweiliger Verfügung“ (§§ 935 ff. ZPO). Entsprechendes gilt für die unterschiedlichen Formen als Sicherungs-, Regelungs- oder Leistungsverfügung oder -anordnung. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Arbeit außerdem – dem materiellen Recht folgend – trennt zwischen dem „Informationserzwingungsverfahren“ i. S. d. § 51b GmbHG, das sowohl ein Auskunfts- als auch ein Einsichtnahmerecht beinhaltet, und dem „Auskunftserzwingungsverfahren“ i. S. d. § 132 AktG, das allein ein Auskunftsrecht kennt. Zuletzt sei der Hinweis erlaubt, dass die Untersuchung die Bezeichnungen einstweiliger Rechtsschutz und Eilrechtsschutz weitgehend synonym verwendet. Der Begriff des Eilrechtsschutzes bekommt vorliegend häufig jedoch dann den Vorzug, wenn es um konkrete irreversible Maßnahmen – etwa die Informationserzwingung – geht und es in diesem Zusammenhang unpassend erscheint, von bloß „einstweiligem“ Rechtsschutz zu sprechen.

Kapitel 2

Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters (§ 51a GmbHG) im Eilrechtsschutz § 1 Einführung Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der immer noch offenen Frage, inwieweit der GmbH-Gesellschafter im Informationserzwingungsverfahren nach den §§ 51a, 51b GmbHG einstweiligen Rechtsschutz erlangen kann. Diese Frage ist seit jeher umstritten. Die Problemlage hat sich im Laufe der Zeit jedoch mehrfach geändert.

A. Problemaufriss Als Rechtsprechung und Literatur in der Mitte des 20. Jahrhunderts ein ungeschriebenes Informationsrecht des Gesellschafters gegenüber seiner GmbH anerkannten,1 stand die damals statthafte einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO2 vor demselben Problem wie alle Auskunftsverfügungen: Eine auf Informationserzwingung gerichtete Leistungsverfügung erfüllte den Hauptsacheanspruch vorzeitig und endgültig. Damit widersprach sie insbesondere Sinn und Zweck sowie dem summarischen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes. Einen ersten Wandel vollzog die GmbH-Novelle von 1980.3 Sie hat nicht nur das Informationsrecht in § 51a GmbHG gesetzlich geregelt. Der Gesellschafter kann hiernach von „seiner“ GmbH4 unverzügliche Auskunft über die Angelegenheiten der 1 Grundlegend BGH, 12. 6. 1954 – II ZR 154/53, BGHZ 14, 53; dazu näher Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 18 f.; Tietze, Informationsrechte, S. 1; Tietze, Informationsrechte, S. 1. Der Gesetzgeber hatte ein solches Informationsrecht bei der Schaffung des GmbHG 1892 noch ausdrücklich abgelehnt, vgl. Entwurf eines Gesetzesbetreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1891, zu § 47 Nr. 5, S. 98. 2 Der vom BGH entwickelte Auskunftsanspruch des GmbH-Gesellschafters unterlag der ZPO, wie grundsätzlich sämtliche gesellschaftsrechtlichen Rechte, vgl. Jänig/Leißring, ZIP 2010, 110, 111. 3 Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4. 7. 1980, BGBl. I, S. 836. 4 Die allgemeine Meinung hält entgegen dem Wortlaut nicht den Geschäftsführer, sondern die GmbH für den Anspruchsgegner bei § 51a GmbHG, vgl. etwa BGH, 6. 3. 1997 – II ZB 4/96,

§ 1 Einführung

27

Gesellschaft und die Gestattung der Einsicht in die Bücher und Schriften verlangen. Der Gesetzgeber hat das Informationsrecht darüber hinaus auch in prozessuale Sonderregeln gekleidet: das sog. Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG. In diesem Zuge überwies er das Informationsrecht an die freiwillige Gerichtsbarkeit, vgl. § 51b S. 1 GmbHG i. V. m. §§ 132 Abs. 3 S. 1 und 99 Abs. 1 AktG. Der Gesetzgeber beabsichtigte durch die Überweisung, die Informationsbeschaffung zu beschleunigen und den Geheimnisschutz durch Ausschluss der Gerichtsöffentlichkeit zu verbessern.5 Dem einstweiligen Rechtsschutz bescherte dies indes ein „Danaergeschenk“.6 FGG-eigene Eilrechtsbehelfe waren nicht statthaft. Und die ZPO-Vorschriften mitsamt den §§ 935 ff. ZPO waren im Anwendungsbereich des FGG grundsätzlich ausgeschlossen. In der deshalb aufkommenden Diskussion lehnte die herrschende Auffassung auch die analoge Anwendung der §§ 935 ff. ZPO ab, mit der Folge, dass einstweiliger Rechtsschutz im Verfahren des § 51b GmbHG generell versagt blieb.7 Aus dem Umstand, dass das Informationserzwingungsverfahren bereits auf beschleunigte Rechtsdurchsetzung angelegt war, wurde geschlossen, dass der Gesetzgeber daneben keinen einstweiligen Rechtsschutz gewollt habe.8 Eine zweite Zäsur brachte das FGG-Reformgesetz9 von 2009, seit dem einstweiliger Rechtsschutz im Informationserzwingungsverfahren des § 51b GmbHG überwiegend für möglich erachtet wird.10 An die Stelle des FGG trat das FamFG. Es enthält mit der einstweiligen Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG nunmehr ein eigenes Eilrechtsschutzregime für Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Unklar blieb dennoch, wie einstweiliger Rechtsschutz im Rahmen von § 51a GmbHG auszusehen hat. Der Grund liegt jedoch nicht allein im Konflikt zwischen summarischen Verfahren und endgültigen Maßnahmen, wie er jeder BGHZ 135, 48, 53; Tietze, Informationsrechte, S. 24; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 24. 5 Zum Beschleunigungsgedanken BT-Drs. 8/1347, S. 45, wie auch bereits zum AktG 1965, vgl. BT-Drs. IV/171 S. 156. Der Geheimnisschutz hat indes keinen Eingang in die Gesetzesmaterialien gefunden. Zu den Motiven und der Diskussion ausführlich Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 8 – 20. 6 Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 186. 7 Dazu s. u. Kapitel 2 § 2 A. I. 8 Vgl. nur Stangier/Bork, GmbHR 1982, 169, 174; K. Schmidt, in: Scholz, (10. Aufl. 2007) § 51b Rn. 32 („rechtspolitisch verfehlt, aber […] bindend“). 9 Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. 12. 2008, BGBl. I, S. 2586. 10 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 10; Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 51b Rn. 12; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 856 f.; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17, so auch in der Folgeauflage: Hüffer/ Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Jänig/Leißring, ZIP 2010, 110, 116; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2; Römermann, in: MHLS, § 51b Rn. 48 f.; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51b Rn. 24; K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 32; Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 338; Teichmann, in: G/B/S, § 51b Rn. 12; Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 8; Werner, GmbHR 2016, 1252; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a; a. A. wohl Bartl, in: BBBKSS, § 51b Rn. 28; Roth, in: Roth/Altmeppen, § 51b Rn. 7.

28

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Auskunftsverfügung innewohnt. Vielmehr bringen sowohl das Eilrechtsschutzregime der §§ 49 ff. FamFG als auch die gesellschaftsrechtlichen Sondervorschriften der §§ 51a, 51b GmbHG Besonderheiten mit sich, die sich scheinbar nicht miteinander in Einklang bringen lassen. Folgend werden die grundlegenden Probleme grob skizziert. 1. Das Informationserzwingungsverfahren i. S. d. § 51b GmbHG ist als Hauptsacheverfahren bereits auf Beschleunigung angelegt. Vornehmlich unter dem FGG schlussfolgerte man daraus, dass einstweiliger Rechtsschutz im Informationserzwingungsverfahren ausgeschlossen sei. Heute ist man angesichts der §§ 49 ff. FamFG mit einer solchen Interpretation zurückhaltender. Gleichwohl ist ungeklärt, wie sich die Beschleunigung des Hauptsacheverfahrens auf den einstweiligen Rechtsschutz auswirkt.11 2. Die Hauptkritik erntet einstweiliger Rechtsschutz im Informationserzwingungsverfahren dafür, dass die §§ 49 ff. FamFG grundsätzlich keine verschuldensunabhängigen Haftungsfolgen i. S. d. § 945 ZPO vorsehen. Dass die Risiken des summarischen Verfahrens nicht durch eine spezielle Regelung wie § 945 ZPO aufgefangen werden, erscheint gerade bei endgültigen und tiefgreifenden Maßnahmen wie der Informationserzwingung besonders störend.12 Die zu Unrecht erlangte Information lässt sich naturgemäß nicht zurückgeben, sondern allenfalls kompensieren. Zudem drohen der GmbH beträchtliche Folgeschäden bei Bekanntwerden sensibler Informationen – bis hin zur geplatzten Unternehmenstransaktion.13 Auch einschneidende Sicherungsmaßnahmen werden ohne Haftungsfolge für unzumutbar gehalten.14 Und nicht zuletzt kommt § 945 ZPO abschreckende, präventive Wirkung zu. Die Lösungsansätze reichen über den Austausch des Eilrechtsschutzregimes bis hin zur Einschränkung der einstweiligen Anordnung oder zur analogen Anwendung des § 945 ZPO. Eine systematische Untersuchung fehlt bislang jedoch. 3. § 49 Abs. 1 FamFG begrenzt die einstweilige Anordnung ausdrücklich auf „vorläufige“, d. h. auf zumindest wieder aufhebbare Maßnahmen. Es überrascht, dass dieses Problem bislang noch nicht aufgegriffen wurde. Die Informationserzwingung widerspräche dadurch als endgültige Maßnahme nicht – wie bei der einstweiligen Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO – „nur“ dem Sinn und Zweck des Verfahrens, sondern ihr stünden auch Gesetzeswortlaut und -begründung entgegen.15 Tatsächlich dürfte hierin der Grund dafür liegen, dass sich die Literatur bislang nur äußerst verhalten zur Durchsetzung des § 51a GmbHG im Eilrechtsschutz geäußert oder sogar auf die Wiedergabe des Wortlauts des § 49 FamFG beschränkt hat.

11 12 13 14 15

Dazu Kapitel 2 § 2 A. Dazu Kapitel 2 § 3 C. Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. Dazu Kapitel 2 § 4. BT-Drs. 16/6308, S. 199.

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

29

B. Ziel und Gang der Untersuchung Inwieweit der GmbH-Gesellschafter im Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG mittels einstweiliger Anordnung die benötigte Information erzwingen oder zumindest aber Sicherungsmaßnahmen erwirken kann, ist auch nach dem FGG-Reformgesetz unklar geblieben. Bisher finden sich allenfalls punktuelle Lösungsansätze, die aus unterschiedlichen Gründen meist noch nicht überzeugen. Dieser Teil der Arbeit sucht daher, systematisch zu erörtern, welche Eilrechtsschutzmöglichkeiten dem GmbH-Gesellschafter im Rahmen des Informationserzwingungsverfahrens offenstehen. Dabei soll eine Lösung gefunden werden, die den Interessen der GmbH und denen des Gesellschafters gleichermaßen gerecht wird. Einerseits soll der Gesellschafter bei Bedarf Zugriff auf die benötigten Informationen haben und diese auch nützen können. Andererseits soll die Gesellschaft ausreichend vor den Risiken des summarischen Verfahrens, insbesondere den Folgeschäden bei Bekanntwerden sensibler Informationen, sowie vor dem „querulatorischen“ Gesellschafter geschützt sein. Grundlegend ist zunächst zu klären, inwiefern im Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG überhaupt Eilrechtsschutz eröffnet ist (§ 2). Dabei ist zum einen das Verhältnis zum beschleunigten Hauptsacheverfahren zu beleuchten. Zum anderen fragt sich, auf welchem Boden der einstweilige Rechtsschutz steht: auf dem der einstweiligen Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG oder auf dem der einstweiligen Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO? Auf dieser Grundlage wird sodann erörtert, ob und unter welchen Voraussetzungen der Gesellschafter sein Informationsrecht aus § 51a GmbHG im einstweiligen Rechtsschutz durchsetzen kann (§ 3). In diesem Zusammenhang ist auch der Schutz der GmbH vor Risiken des summarischen Verfahrens aufzugreifen. Um die gefundene Lösung abzurunden, wird zuletzt auch kurz auf die Sicherungsmaßnahmen im Rahmen des Informationserzwingungsverfahrens eingegangen (§ 4).

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes Grundlegend ist zu prüfen, ob einstweiliger Rechtsschutz neben dem bereits auf Beschleunigung angelegten Informationserzwingungsverfahren des § 51b GmbHG überhaupt eröffnet ist (A.) und nach welchem Eilrechtsschutzregime er sich richtet (B.).

30

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

A. Verhältnis zum Informationserzwingungsverfahren i. S. d. § 51b GmbHG als beschleunigtem Hauptsacheverfahren Ungeklärt ist, wie es sich auf den einstweiligen Rechtsschutz auswirkt, dass bereits das Informationserzwingungsverfahren i. S. d. § 51b GmbHG als ein auf Beschleunigung angelegtes Hauptsacheverfahren ausgestaltet ist. Um dem GmbH-Gesellschafter zu einer schnelleren Informationserlangung zu verhelfen, hat der Gesetzgeber mit § 51b GmbHG prozessuale Sonderregeln aufgestellt.16 Als zentrale Maßnahme hat er das Informationsrecht des § 51a GmbHG an die freiwillige Gerichtsbarkeit überwiesen (vgl. §§ 51b S. 1 GmbHG, 132 Abs. 3 S. 1, 99 Abs. 1 AktG). Der Zivilprozess galt als „zeitraubend“ und damit ungeeignet.17 Vom FGG-Verfahren erhoffte man sich dagegen eine kürzere Verfahrensdauer, weil es sich infolge seiner spärlichen Regelung „elastisch“ gestalten ließ.18 Zur weiteren Beschleunigung hat der Gesetzgeber die erste Rechtsmittelinstanz einer besonderen Zulassungsbeschränkung19 unterworfen. Die zweite Rechtsmittelinstanz war zwischenzeitlich20 sogar ganz ausgeschlossen. Und auch die Zuständigkeitskonzentration21 kommt letztlich der Verfahrensgeschwindigkeit zugute. I. Kein Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes Unter dem FGG herrschte die Auffassung, einstweiliger Rechtsschutz sei im Informationserzwingungsverfahren i. S. d. § 51b GmbHG per se ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber neben dem bereits beschleunigten Hauptsacheverfahren keinen

16

BT-Drs. 8/1347, S. 45. BT-Drs. 8/1347, S. 45; BT-Drs. 8/6308, S. 76 mit Verweis auf RegE AktG 1965, BTDrs. IV/171, S. 156, welcher das Auskunftsrecht des Aktionärs mit derselben Begründung an das FGG überwies. 18 BT-Drs. IV/171, S. 156. Näher zur geringeren Reglementierung im FGG-Verfahren: Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 37 – 39. 19 Die sofortige Beschwerde i. S. d. § 27 FGG sollte nur zur Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, §§ 51b S. 1 GmbHG, 132 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG a. F. Heute besteht für die Beschwerde nach § 57 FamFG eine ähnliche Zulassungsbeschränkung, ergänzt um den Fall, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, §§ 51b S. 1 GmbHG, 132 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG, 70 Abs. 2 FamFG. 20 Die weitere Beschwerde i. S. v. § 27 FGG war ausgeschlossen nach § 51b GmbHG i. V. m. §§ 132 Abs. 3 S. 1, 99 Abs. 3 S. 7 AktG a. F. Das FGG-ReformG hat die Ausschlussvorschrift wieder aufgehoben. Zweite Rechtsmittelinstanz ist die Rechtsbeschwerde i. S. d. §§ 70 ff. FamFG; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 7. 21 Die Länder können die Zuständigkeit nach § 71 Abs. 4 GVG konzentrieren. Eine Übersicht, welche Länder davon Gebrauch gemacht haben, enthält Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 18. 17

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

31

einstweiligen Rechtsschutz gewollt habe.22 Eine solche Sperrwirkung gilt heute schon wegen der Existenz der §§ 49 ff. FamFG als widerlegt.23 Genaugenommen genügt diese Begründung jedoch nicht, um zu beweisen, dass das beschleunigte Hauptsacheverfahren nicht zumindest die Durchsetzung des Informationsrechts im Eilrechtsschutz ausschließt. Denn § 49 FamFG erlaubt lediglich den Schluss, dass „vorläufige“ Maßnahmen offenstehen. Aus diesem Grund ist zuerst die Sperrwirkung zu überprüfen. 1. Keine Konkurrenz der Rechtsbehelfe Die FGG-eigenen Eilrechtsbehelfe erfassten § 51a GmbHG nach ihrem sachlichen Anwendungsbereich24 nicht. Und die §§ 935 ff. ZPO fanden, wie auch alle anderen ZPO-Vorschriften, im Anwendungsbereich des FGG grundsätzlich keine Anwendung.25 Die Diskussion drehte sich also um die Frage, ob eine planwidrige Regelungslücke existiert, um die §§ 935 ff. ZPO analog verfahrensordnungsübergreifend anwenden zu können. Dass die herrschende Meinung damals einstweiligen Rechtsschutz im Informationserzwingungsverfahren für ausgeschlossen hielt, resultierte in rechtsmethodischer Hinsicht also nicht aus der Konkurrenz zweier Rechtsbehelfe (beschleunigtes Hauptsacheverfahren vs. einstweiliger Rechtsschutz). Es handelte sich lediglich um eine Frage der anwendbaren Verfahrensordnung (FGG vs. ZPO). Heute steht mit der einstweiligen Anordnung i. S. d. § 49 FamFG ein rechtswegeigenes Eilrechtsschutzregime für Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit offen. Es bedarf deshalb grundsätzlich keines Rückgriffs mehr auf eine andere Verfahrensordnung, um einstweiligen 22 Federführend K. Schmidt, Informationsrechte, S. 44 f.; K. Schmidt, in: Scholz, (bis 10. Aufl. 2007) § 51b Rn. 32; ihm folgend Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, (4. Aufl. 2002) § 51b Rn. 7; Roth, in: Roth/Altmeppen, (5. Aufl. 2005) § 51b Rn. 6; Stangier/ Bork, GmbHR 1982, 169, 174; Tietze, Informationsrechte, S. 142 f. (mit anderer Begründung); Zöllner, in: Baumbach/Hueck, (bis 19. Aufl. 2010) § 51b Rn. 10; a. A. Emde, ZIP 2001, 820, insb. 824; Römermann, in: MHLS, (1. Aufl. 2002) § 51b Rn. 48 f.; Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 183 – 186 (diff.). Aus den Gesetzesmaterialien, insb. BT-Drs. IV/171 (RegE AktG 1965) und BT-Drs. 8/1347 (RegE GmbH-ÄndG 1980), geht ein solcher Wille nicht hervor. 23 So ausdrücklich: Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 10; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 857; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51b Rn. 24; B. Schmidt, in: E/B/S, GmbHG, § 51b Rn. 13; K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 32; Schuschke, in: FS Brambring, S. 335; Teichmann, in: G/B/S, § 51b Rn. 12; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a. Nur noch einzelne Stimmen lehnen einstweiligen Rechtsschutz bei § 51b GmbHG kategorisch ab: Roth, in: Roth/Altmeppen, § 51b Rn. 7; Bartl, in: BBBKSS, § 51b Rn. 28. 24 Die von FGG-eigenen Eilrechtsbehelfe erfassten nach ihrem sachlichen Anwendungsbereich das Informationsrecht aus § 51a GmbHG nicht. Vgl. Ritter, Vorläufige Anordnungen, S. 18 – 26. 25 Vgl. K. Schmidt, Informationsrechte, S. 44 f.; K. Schmidt, in: Scholz, (bis 10. Aufl. 2007) § 51b Rn. 32.

32

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Rechtsschutz zu erlangen. Die vormals vertretene „Sperrwirkung“ lässt sich somit auf die heutige Situation nicht übertragen. 2. Rechtstatsächliches Bedürfnis nach einstweiligem Rechtsschutz Das beschleunigte Informationserzwingungsverfahren ersetzt den Eilrechtsschutz auch in rechtstatsächlicher Hinsicht nicht. Dass die Überweisung an die freiwillige Gerichtsbarkeit in der Rechtswirklichkeit zu der vom Gesetzgeber geplanten schnelleren Rechtsdurchsetzung geführt hat, wird seit jeher bezweifelt.26 Weder zum FGG- noch zum FamFG-Verfahren finden sich aussagekräftige Daten, sondern allenfalls subjektive Eindrücke27 oder wenig aussagekräftige Extremfälle28 der Praxis. Doch im strukturellen Vergleich der Verfahren wies schon das FGGVerfahren kaum nennenswerte Vorteile gegenüber dem Zivilprozess auf.29 Formale Unterschiede wurden zudem häufig durch Rückgriff auf die ZPO ausgeglichen.30 Obendrein traf die Gerichte wegen der fehlenden Behauptungs- und Beweislast teilweise sogar eine erweiterte Sachaufklärungspflicht.31 Heute vermag das FamFG infolge seiner detaillierteren Regelung umso weniger, zur Verfahrensbeschleunigung beizutragen. Das Gericht führt mitunter förmliche Beweisaufnahmen entsprechend der ZPO durch (§§ 29, 30 FamFG), insbesondere bei allen für die Entscheidung maßgeblichen, ausdrücklich bestrittenen Tatsachenbehauptungen (§ 30 Abs. 3 FamFG), sodass auch hier kaum noch beschleunigungswirksame Unterschiede bestehen.32 Ferner hat das FGG-Reformgesetz mit der Rechtsbeschwerde33 auch wieder 26 Zum FGG: insb. Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 85 – 182, zusammenfassend S. 189 – 193; ebenso Emde, ZIP 2001, 820, 821; K. Schmidt, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 559, 580 f. Zum FamFG: Kubis, in: MüKoAktG, § 132 Rn. 1; zurückhaltend Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 1; so auch in der Folgeauflage: Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 1. Interessanterweise stößt die Auslagerung ins FamFG bei den §§ 166 Abs. 3, 233 Abs. 3 HGB weniger auf Kritik, vgl. nur etwa Grunewald, in: MüKoHGB, § 166 Rn. 32. 27 Emde, ZIP 2001, 820, 821 bezweifelt, dass „derselbe Richter einer Kammer für Handelssachen“ im FGG-Verfahren schneller entscheidet „als ein Jahr zuvor im Auskunftserzwingungsverfahren nach der ZPO“ und stützt dies auf „Erfahrungen des Verfassers“. 28 Kubis, in: MüKoAktG, § 132 Rn. 1 mit Hinweis auf ein aktienrechtliches Auskunftserzwingungsverfahren (§§ 131 f. AktG) vor dem LG Frankfurt a. M., 14. 10. 1993 – 3/3 O 65/93, DB 1993, 2371, das mit der sofortigen Beschwerde knapp 10 Jahre beim OLG Frankfurt, 6. 1. 2003 – 20 W 449/93, NJW-RR 2003, 473 anhängig war. 29 Mit einem eingehenden Verfahrensvergleich, Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 85 – 182, zusammenfassend S. 189 – 193; ebenso K. Schmidt, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 559, 580. 30 Vgl. nur K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 3; Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336. 31 Vgl. etwa Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 85 – 104, insb. 100 ff. 32 Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336. 33 Zutr. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 7; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 40; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 132 Rn. 28 – 31. Ausdrücklich regeln die §§ 99 Abs. 3 und 132 Abs. 3 AktG zwar nur, dass und unter welchen Voraussetzungen die Beschwerde statthaft ist. Ein gesetzgeberischer Wille, die anschließende Rechtsbeschwerde ausschließen zu wollen, kommt aber nicht zum Ausdruck. Also ist am Grundsatz festzuhalten.

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

33

eine dritte Instanz eröffnet. Einzig die besondere Zulassungsbeschränkung34 zur Beschwerde könnte das Verfahren spürbar verkürzen. 3. Funktionale Unterschiede Dass das beschleunigte Verfahren nach § 51b GmbHG nicht mit dem einstweiligen Rechtsschutz konkurrieren soll, zeigt sich aber vor allem an den unterschiedlichen zugrundeliegenden Konzeptionen. Die Sonderverfahrensregeln des § 51b GmbHG sollen zu einer „möglichst schnellen und sachgerechten Durchsetzbarkeit“35 führen, damit der Gesellschafter die Auskunft nicht „erst nach Jahr und Tag“36 erhält. Sie bezwecken also, die Prozessdauer „nur“ auf ein angemessenes Maß zu senken, um den Gesellschafter vor einer überlangen Verfahrensdauer zu schützen. Anders als beim einstweiligen Rechtsschutz ist das Gericht aber nur in engen Grenzen in der Lage, die Verfahrensdauer zu beeinflussen, denn es bleibt insbesondere an die Mindestvorgaben zur Terminansetzung (§ 32 FamFG), Sachverhaltsermittlung und Beweisaufnahme gebunden. Eine schnelle Informationserlangung ist damit nicht gewährleistet.37 Demgegenüber soll einstweiliger Rechtsschutz als Ausprägung des Justizgewähranspruchs zuerst effektiven, d. h. jedenfalls rechtzeitigen38 gerichtlichen Schutz sicherstellen. Eilrechtsschutzregimes versetzen das Gericht deshalb objektiv in die Lage, so schnell zu entscheiden, wie es nötig ist. Das 34 Das Informationserzwingungsverfahren unterstellt die Beschwerde den strengen Zulassungsvoraussetzungen der Rechtsbeschwerde (§§ 51b S. 1 GmbHG, § 132 Abs. 3 S. 3 AktG, 70 Abs. 2 FamFG). Danach muss die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung haben oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts erfordern. Demgegenüber genügt es für die Berufung bereits, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). 35 BT-Drs. 8/1347, S. 45. Der Gesetzgeber betont an derselben Stelle, dass „einem Gesellschafter in aller Regel nicht damit gedient ist, erst nach einigen Jahren mit Hilfe eines im Prozeßverfahren erstrittenen Urteils die Auskunft zu erlangen oder die Bücher und Schriften einsehen zu können.“ 36 BT-Drs. IV/171, S. 156, auf die BT-Drs. 8/1347, S. 45 Bezug nimmt. 37 Den veröffentlichten Beschlüssen lässt sich die Verfahrensdauer nur teilweise entnehmen: LG Essen, 4. 7. 2014 – 45 O 49/13, GmbHR 2014, 991: über 7 Monate. OLG Karlsruhe, 16. 12. 2013 – 7 W 76/13, GmbHR 2014, 254: Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens nicht feststellbar; Beschwerdeverfahren: drei Monate. Beim OLG Frankfurt, BeckRS 2014, 11113 vergingen von der Zustellung des Antrags auf Einsichtnahme am 16. 04. 2012 über den Beschluss des LG Frankfurt a. M. vom 25. 06. 2012 – 3 – 5 O 69/12 bis zum Beschwerdebeschluss des OLG Frankfurt am 22. 04. 2013 etwas mehr als ein Jahr. 38 Wie kurzfristig über Eilrechtsschutz entschieden werden kann, veranschaulichen vor allem die Fälle des Arbeitskampfs, die oft binnen Tagen mehrere Instanzen durchlaufen. Beispielsweise beim Pilotenstreik der Vereinigung Cockpit e. V. ab dem 8. 9. 2015 lehnte das ArbG Frankfurt a. M. einen Antrag der Deutsche Lufthansa AG und der Lufthansa Cargo AG auf Erlass einer Untersagungsverfügung noch am selben Tag ab (ArbG Frankfurt a. M., 8. 9. 2015 – 13 Ga 130/15, BeckRS 2015, 72301). Bereits am Tag darauf entschied das Hessische LAG über die Berufung (Hessisches LAG, 9. 9. 2015 – 9 SaGa 1082/15, BB 2015, 2813).

34

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Gericht bekommt dazu mit dem summarischen Verfahren ein schnelleres, wenngleich unsichereres Werkzeug zur Sachverhaltsermittlung an die Hand. In besonders dringenden Fällen kann es auf die mündliche Verhandlung verzichten39 und erforderlichenfalls sogar allein auf Grundlage einer Folgenabwägung40 entscheiden. Zudem gewährt nur der einstweilige Rechtsschutz ein subjektives Recht41 auf rechtzeitigen Prozessabschluss. 4. Zwischenergebnis Auch wenn der Gesetzgeber das Informationserzwingungsverfahren des § 51b GmbHG auf beschleunigte Rechtsdurchsetzung angelegt hat, schließt dies einstweiligen Rechtsschutz im Allgemeinen und die Durchsetzung des § 51a GmbHG mittels einstweiligem Rechtsschutz im Besonderen nicht per se aus. Dieser Schluss lässt sich zwar genau betrachtet noch nicht gesichert aus der bloßen Existenz der §§ 49 ff. FamFG entnehmen. Eine „Sperrwirkung“ gegenüber dem Eilrechtsschutz liegt aber jedenfalls deshalb nicht vor, weil die beiden Rechtsbehelfe (Informatonserzwingungsverfahren und einstweiliger Rechtsschutz) weder tatsächlich noch rechtlich miteinander konkurrieren und ihnen unterschiedliche Funktionen zugrundeliegen. These 1: Dass der Gesetzgeber das Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG auf beschleunigte Rechtsdurchsetzung angelegt hat, schließt nicht per se den einstweiligen Rechtsschutz bzw. die Informationserzwingung im einstweiligen Rechtsschutz aus. Dies folgt teilweise aus der Existenz der §§ 49 ff. FamFG, vor allem aber daraus, dass das Informatonserzwingungsverfahren und der einstweilige Rechtsschutz weder rechtlich noch tatsächlich miteinander konkurrieren und ihnen unterschiedliche Funktionen zugrundeliegen.

II. Sonstige Auswirkungen auf den einstweiligen Rechtsschutz Offen und bislang nahezu unbeachtet blieb die Frage, ob sich die auf Beschleunigung angelegte Konzeption des § 51b GmbHG anderweitig auf den einstweiligen Rechtsschutz auswirkt. Liebscher/Alles stellen am Rande ihres Beitrags die These auf, beim einstweiligen Rechtsschutz könne der Verfügungsgrund entfallen, weil das Hauptsacheverfahren bereits als beschleunigtes Verfahren ausgestaltet sei.42 39

§ 51 Abs. 2 S. 2 FamFG; dazu statt aller: Giers, in: Keidel, § 51 Rn. 14. St. Rspr., vgl. nur BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung. 41 Im Hauptsacheverfahren kann der Antragsteller über den Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung (vgl. Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK) allenfalls eine angemessene Verfahrensdauer erreichen. 42 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. Sie halten die einstweilige Verfügung für einschlägig und sprechen daher vom Verfügungsgrund. Der Gedanke lässt sich aber auf die einstweilige Anordnung übertragen. 40

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

35

Dahinter steckt wohl folgender Gedanke: Der Anordnungs- bzw. Verfügungsgrund setzt – unabhängig von der konkreten Definition – voraus, dass dem Rechtsschutzsuchenden gewisse unzumutbare Nachteile drohen, wenn er das Hauptsacheverfahren abwarten muss.43 Dauert das Hauptverfahren jedoch kürzer, könnten die drohenden Nachteile absinken und sich auf ein zumutbares Maß begrenzen. Bei Lichte besehen kann der Umstand, dass das Hauptsacheverfahren bei § 51a GmbHG beschleunigt ist, jedoch nur selten auf den Anordnungs- bzw. Verfügungsgrund durchschlagen. Ist eine Information kurzfristig erforderlich, um ein anderes Recht durchzusetzen oder zu sichern, wird sie meist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt. Sie hat Hilfscharakter und dient meist dazu, einen Rechtsverlust zu verhindern. Dem Gesellschafter beispielsweise, der sein Stimmrecht zweckmäßig ausüben will, nützt die Information nur, wenn er sie vor der Abstimmung erhält. Auch die Anteilsveräußerung, die praktisch eine käufer- bzw. verkäuferseitige Due-Diligence-Prüfung voraussetzt, muss häufig binnen einer (mehr oder minder) bestimmten Frist vollzogen sein. In solchen Konstellationen schlägt eine Verfahrensbeschleunigung nur dann auf den Anordnungs- bzw. Verfügungsgrund durch, wenn sie bewirkt, dass der Gesellschafter die Information rechtzeitig erhält. Über das Schicksal des von der fehlenden Information abhängigen (Mitgliedschafts-)Rechts entscheidet allein der Umstand, ob die Information rechtzeitig, also vor diesem Zeitpunkt ergeht. Anderweitige Veränderungen der Verfahrensdauer wirkten sich nicht aus. Ob die Information nicht nur rechtzeitig, sondern noch früher ergeht, brächte keine weiteren Vorteile. Und eine Information, die zu spät kommt, hülfe nicht weiter, unabhängig davon, wie spät die Information genau ergeht. Das abhängige Recht ginge so oder so verloren. Für den Anordnungs- bzw. Verfügungsgrund relevant ist in diesen Fällen also allein die Frage, ob der Gesellschafter die Information infolge der Beschleunigung rechtzeitig erhält. Demgegenüber sind Konstellationen, in denen der Gesellschafter die Information zwar dringend braucht, aber nicht an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden ist, kaum vorstellbar. (Kaum) Denkbar sind insoweit Fälle, in denen der Gesellschafter ohne die Information stetige Nachteile hinzunehmen hätte, etwa ein konstanter Wertverlust der Anteile.44 Dass die Beschleunigung des Hauptsacheverfahrens auf den Verfügungsgrund durchschlägt, ist noch aus einem anderen Grund unwahrscheinlich. Das Gericht hat bei der Prüfung des Verfügungsgrunds inzident die Verfahrensdauer zu prognostizieren. Ob der Verfügungsgrund entfällt, hängt also nicht davon ab, ob die Verfahrensbeschleunigung am Ende tatsächlich zur rechtzeitigen Informationserzwingung führt, sondern allein davon, ob dies nach Ansicht des Gerichts voraussichtlich der 43 Plastisch insoweit die BT-Drs. 16/6308, S. 199 zum Anordnungsgrund der Sicherungsund Regelungsanordnung gemäß § 49 FamFG: „Ob ein dringendes Bedürfnis anzunehmen ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Es wird regelmäßig zu bejahen sein, wenn ein Zuwarten bis zur Entscheidung in einer etwaigen Hauptsache nicht ohne Eintritt erheblicher Nachteile möglich wäre.“ 44 Wird die Informationserzwingung beabsichtigt, blieben aber gleichwohl zusätzlich die Hürden der Leistungsanordnung zu beachten (dazu s. u. unter Kapitel 2 § 3 A.).

36

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Fall sein wird. Angesichts der Zweifel der Literatur, ob rechtstatsächlich eine Verfahrensbeschleunigung eingetreten ist, dürften auch die Gerichte in aller Regel nur unwesentlich von einer kürzeren Verfahrensdauer ausgehen. Insgesamt kann die Beschleunigung des Informationserzwingungsverfahrens somit nur selten auf den Verfügungs- bzw. Anordnungsgrund durchschlagen. Da die Information als Hilfsmittel meist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erforderlich ist, um ein anderes Recht zu schützen, lässt eine Beschleunigung des Informationserzwingungsverfahrens den Verfügungs- bzw. Anordnungsgrund nur entfallen, soweit sie voraussichtlich dazu führt, dass die Information rechtzeitig ergeht. Anderweitige Beschleunigungen sind allenfalls in den seltenen Fällen beachtlich, dass der Gesellschafter ohne die Information stetige Nachteile erleidet. These 2: Eine infolge des § 51b GmbHG eintretende Verfahrensbeschleunigung kann sich nur ausnahmsweise auf den einstweiligen Rechtsschutz auswirken. Der Anordnungsgrund entfällt, wenn die Verfahrensbeschleunigung (voraussichtlich) bewirkt, dass die fehlende Information bis zum erforderlichen Zeitpunkt (z. B. Abstimmung) ergeht. Ansonsten sind kaum Fälle denkbar, in denen die Verfahrensbeschleunigung auf den Anordnungsgrund durchschlägt.

B. Einschlägiges Eilrechtsschutzregime Das FGG-Reformgesetz hatte vermeintlich auch die Frage geklärt, welches Eilrechtsschutzregime im Informationserzwingungsverfahren statthaft ist. Für das Informationsrecht aus § 51a GmbHG verweist § 51b S. 1 GmbHG über die Weiterverweisungen in § 132 Abs. 3 S. 1 AktG und in § 99 Abs. 1 AktG auf die Verfahrensvorschriften des FamFG. Dort steht mit der einstweiligen Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG nunmehr ein Eilrechtsschutzregime für alle Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bereit. Demgegenüber ist die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO vom Anwendungsbereich des FamFG ausgeschlossen.45 Die mittlerweile herrschende Meinung beschreitet daher den dogmatisch klaren Weg über das FamFG-Eilrechtsschutzregime.46 45 BT-Drs. 16/6308, S. 226; allg. M., vgl. OLG Karlsruhe, 5. 8. 2010 – 18 UF 100/10, FamRZ 2011, 234, 234; OLG Stuttgart, 20. 2. 2012 – 17 UF 396/11, FamRZ 2012, 1410, 1410; Büte, in: Johannsen/Henrich, § 49 Rn. 2; Feskorn, in: Zöller, FamFG § 49 Rn. 2; Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 3; Reichold, in: Thomas/Putzo, FamFG Vorbem § 49 Rn. 8; Schlünder, in: BeckOK-FamFG, § 49 Rn. 1; Soyka, in: MüKoFamFG, Vorbemerkung zu den §§ 49 ff. Rn. 4; Stockmann, in: Kemper/Schreiber, Vor §§ 49 – 57 Rn. 2 f. jeweils m. w. N. 46 OLG Saarbrücken, 21. 9. 2010 – 8 W 215/10 – 36, GmbHR 2011, 33, 34 f.; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 10; Fischer, in: MüHB-GesR VII, § 19 Rn. 75; Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 51b Rn. 12; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 856 f.; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/ Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Jänig/Leißring, ZIP 2010, 110, 116; Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, § 51b Rn. 10; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51b Rn. 24; B. Schmidt, in: E/ B/S, GmbHG, § 51b Rn. 13; K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 32; Schuschke, in: FS Bram-

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

37

I. Kritik an der einstweiligen Anordnung i. S. d. § 49 FamFG Diese Lösung stößt dennoch auf vehemente Kritik. Im Zusammenhang mit § 51a GmbHG für unpassend erachtet wird insbesondere, dass bei den §§ 49 ff. FamFG grundsätzlich47 keine verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung i. S. d. § 945 ZPO droht, falls sich die einstweilige Anordnung im Nachhinein als ungerechtfertigt herausstellt.48 Auch eine analoge Anwendung des § 945 ZPO wird bis heute überwiegend abgelehnt.49 Die Haftungsfolge wird vermisst, weil eine Information naturgemäß nicht zurückgegeben, sondern allenfalls – sofern sich der Wert bemessen lässt – kompensiert werden kann.50 Vor allem aber erscheint sie wegen der gesellschaftsrechtlichen Tragweite des § 51a GmbHG erforderlich. Zum einen werden beträchtliche Folgeschäden befürchtet, falls sensible Informationen hinausgelangen.51 Beispielsweise hat der Gesellschafter über § 51a GmbHG grundsätzlich Zugriff auf das Know-how und sonstige wettbewerbsrelevante Daten des Unternehmens.52 Das Hinausgelangen solcher Informationen könnte im Extremfall für ein Unternehmen ruinös enden bzw. eine Unternehmenstransaktion zum Scheitern53 bringen. Zum anderen können auch „bloß“ vorläufige Sicherungsmaßnahmen erheblichen Schaden verursachen. Man stelle sich vor, das Gericht verbietet die Beschlussfassung, den Beschlussvollzug oder eine Anteilsveräußerung, bis das Hauptsacheverfahren mitsamt Rechtsmittelinstanzen beendet ist.54 Noch dazu wäre die Sicherungsanordnung angesichts der niedrigen Voraussetzungen an Anordnungsanspruch und -grund ein leicht zugängliches Instrument. Insgesamt könnten Eilrechtsschutzmaßnahmen darüber hinaus nicht zuletzt auch in den (operativen) Betrieb der GmbH eingreifen. Und nicht zuletzt hat § 945 ZPO auch präventive, abschreckende55 Wirkung, da der vermeintliche Gläubiger „auf eigene Gefahr“ vollstreckt.56 bring, S. 335; Teichmann, in: G/B/S, § 51b Rn. 12; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10. 47 § 119 FamFG öffnet in Familienstreitsachen ausnahmsweise den Weg zu § 945 ZPO. 48 Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1254; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a; zurückhaltender: Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336 f.; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17. 49 Dazu ausführlich Kapitel 2 § 3 C. III. 50 Vgl. Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336 f. 51 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1254. 52 Zu den sensiblen Daten vgl. insb. Götze, ZGR 1999, 202, 215. 53 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. 54 Vgl. Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a. 55 Werner, GmbHR 2016, 1252, 1254 misst § 945 ZPO darüber hinaus Sanktionscharakter bei. 56 Vgl. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a; Thümmel, in: Wiezcorek/ Schütze, § 945 Rn. 1.

38

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Die fehlende Haftungsfolge führt zu erheblicher Unsicherheit darüber, ob der noch junge57 Rechtsbehelf der einstweiligen Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG es überhaupt gestattet, die Information ausnahmsweise zu erzwingen,58 und wie weit Sicherungsmaßnahmen59 reichen dürfen. Die Diskussion um die fehlende Haftungsfolge bei § 51a GmbHG erschöpft sich aber nicht in rechtspolitischer Kritik,60 sondern hat einen bunten Strauß an Lösungsansätzen hervorgebracht. Manche Stimmen halten an der einstweiligen Anordnung fest, wollen aber den summarischen Gefahren begegnen, indem sie einen strengen Prüfungsmaßstab anlegen61 oder die vorläufigen Maßnahmen restriktiv62 handhaben. Neuerdings wird auch eine Analogie zu § 945 ZPO erwogen.63 Nach anderer Auffassung sei neben der einstweiligen Anordnung, gerichtet auf vorläufige Maßnahmen, ergänzend auf die ZPO-Leistungsverfügung zurückzugreifen.64 Wiederum andere Stimmen machen sich dafür stark, die einstweilige Anordnung im Wege der Rechtsfortbildung sogar ganz mit der einstweiligen Verfügung austauschen.65 Da alle Ansätze unterschiedliche Punkte betreffen, ist der Eilrechtsschutz im Informationserzwingungsverfahren i. S. d. § 51b GmbHG systematisch aufzuschlüsseln. Grundlegend ist das einschlägige Eilrechtsschutzregime zu ermitteln. Eine eingehende Erörterung dieser Frage findet sich bislang nicht. Es könnte die einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG oder die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO Anwendung finden. Diese Weichenstellung entscheidet über die Vorzeichen des Verfahrens, d. h. über die Voraussetzungen, den Inhalt und die (u. a. Haftungs-)Folgen des einstweiligen Rechtsschutzes.

57 Die unter dem FGG von der Rechtsprechung entwickelte einstweilige Anordnung unterscheidet sich von der mit dem FamFG eingeführten und normierten einstweilige Anordnung in einigen Punkten, vgl. dazu etwa BT-Drs. 16/6308, S. 199; Christl, NJW 2012, 3334; Finger, MDR 2012, 1196; Löhnig/Heiß, FamRZ 2009, 1101; Roth, JZ 2009, 585; Schürmann, FamRB 2008, 375. 58 Zu den Rechtsunsicherheiten der Informationsanordnung: Kapitel 2 § 3 A. I. 59 Zu den Rechtsunsicherheiten der Sicherungsanordnung: Kapitel 2 § 4. 60 Unter dem FGG vertrat die herrschende Meinung indes, der vermeintliche Wille des Gesetzgebers sei „rechtspolitisch verfehlt, aber […] bindend“, vgl. nur etwa K. Schmidt, in: Scholz, (10. Aufl. 2007) § 51b Rn. 32. Auch heute noch erfährt die Rechtsunsicherheit erhebliche Kritik, vgl. nur Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a: „eine der Pythia von Delphi würdige Regel“. 61 Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 857; vgl. auch Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30. Dazu Kapitel 2 § 3 C. I. 62 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a. Dazu Kapitel 2 § 3 C. II. 63 Werner, GmbHR 2016, 1252, 1254; Drescher, in: MüKoZPO, § 945 Rn. 32; allgemein: Fischer, in: Prütting/Gehrlein, § 945 Rn. 2. Dazu Kapitel 2 § 3 C. III. 64 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 10. Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 2. 65 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. Dazu Kapitel 2 § 2 B. II. 5. und V.

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

39

II. Bisherige Ansätze zur einstweiligen Verfügung Angesichts des vermeintlich klaren Wegs ins FamFG ist äußerst fraglich, inwieweit im Informationserzwingungsverfahren auf die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO zurückgegriffen werden kann. Zunächst sind die vorhandenen Ansätze zu untersuchen. 1. Gültigkeit der FGG-Argumentation (Emde)? Federführend Emde vertrat unter dem FGG die Minderansicht, die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO finde im Informationserzwingungsverfahren ausnahmsweise entsprechende Anwendung.66 Um zur einstweiligen Verfügung zu gelangen, beschritt er, wenn mehrere Informationsrechte konkurrierten, den Weg über § 17 Abs. 2 GVG. Bei einem isolierten Anspruch aus § 51a GmbHG beschritt er den Weg über eine Analogie zu den §§ 935 ff. ZPO. Es überrascht, dass sich auch heute noch einzelne Kommentarstimmen auf diesen Beitrag stützen, um die analoge Anwendung der §§ 935 ff. ZPO zu erklären.67 Die Analogie wurde damals maßgeblich von dem Argument getragen, dass einstweiliger Rechtsschutz ohne die Analogie generell versagt bliebe.68 Heute haben die §§ 49 ff. FamFG diese Rechtsschutzlücke geschlossen. Auch das weitere Argument, das fG-Verfahren solle nur grundsätzlich und nicht ausnahmslos übertragen werden,69 darf unter dem FamFG angezweifelt70 werden, angesichts der vermeintlich klaren Regelung, die zu den §§ 49 ff. FamFG führt. Die hergebrachte Begründung taugt unter dem FamFG daher nicht mehr dazu, die Analogie zu den §§ 935 ff. ZPO zu erklären. Eine solche Rechtsfortbildung ließe sich nur auf eine neue Begründung stützen, welche vor allem das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke trotz der §§ 49 ff. FamFG erklären müsste. Offenzustehen scheint noch der Weg über § 17 Abs. 2 GVG. Diese Sonderregel ermöglicht es auch unter dem FamFG noch, beim Informationsrecht des § 51a GmbHG ausnahmsweise auf die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO zurückzugreifen. Voraussetzung ist, dass neben § 51a GmbHG noch weitere, konkurrierende Informationsansprüche des Gesellschafters gegen die GmbH bestehen, die aber dem Gerichtszweig der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (vgl. § 13 GVG)

66 Emde, ZIP 2001, 820; ähnlich Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 183 – 186; Römermann, in: MHLS, (1. Aufl. 2002) § 51b Rn. 48 f.; Vollkommer, in: Zöller, (26. Aufl. 2008) § 940 Rn. 8. 67 Vgl. Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 8. 68 Emde, ZIP 2001, 820, 820 und 823 f. mit Verweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und den Justizgewähranspruch. 69 Emde, ZIP 2001, 820, 823. 70 Dazu eingehend Kapitel 2 § 2 B. III.

40

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

zugeordnet sind. Sind mehrere Rechtswege bzw. Gerichtszweige71 kumulativ zuständig, hat das angerufene Gericht das Hausverfahren anzuwenden, auch bei der Prüfung rechtswegfremden materiellen Rechts.72 Diese Sonderregel gilt auch im Eilrechtsschutzverfahren.73 Konkurrierende Informationsrechte sind allerdings rar. Der Anspruch aus § 810 BGB tritt hinter dem spezielleren § 51a GmbHG zurück und steht dem Gesellschafter erst zu, wenn er aus der Gesellschaft ausgeschieden ist.74 Zu kollektiven Informationsrechten der Gesellschaftergesamtheit besteht keine Anspruchskonkurrenz, da die Anspruchsinhaber verschieden sind. Darunter fallen etwa das Vorlagerecht hinsichtlich des Jahresabschlusses und des Lageberichts gemäß § 42a Abs. 1 GmbHG75 und nach herrschender Meinung auch das besondere, aus § 46 Nr. 1 und 6 GmbHG resultierende, beschlussbezogene Informationsrecht.76 Ferner gehören dazu Berichtspflichten aus der Organstellung ggf. i. V. m. §§ 666, 675 BGB (analog) und gesellschaftsinterne Berichtssysteme, die fakultativ kraft Satzung oder Gesellschafterbeschluss eingerichtet werden können.77 Außer Konkurrenz stehen zudem Informationsansprüche gegenüber Mitgesellschaftern, etwa aus Treuepflicht, weil die Schuldner divergieren. Dennoch dürfte ein konkurrierendes, dem Zivilprozess zugewiesenes Informationsrecht nicht ganz von der Hand zu weisen sein, etwa weil es aus der Organstellung, der Rolle als Gesellschafter-Geschäftsführer oder dem Gesellschafts- oder dem Anstellungsvertrag herrührt.78 Soweit man ein solches Informationsrecht bejaht, besteht eine Anspruchskonkurrenz i. S. d. § 17 Abs. 2 GVG und mithin eine kumulative Rechtswegs- bzw. Gerichtszweigzuständigkeit, die den Weg zur einstweiligen Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO eröffnet. Nichtsdestoweniger stellt § 17 Abs. 2 GVG seit dem FGG-Reformgesetz nur noch eine Scheinlösung dar. Denn bei kumulativ zuständigen Gerichtszweigen kommt es darauf an, welches Gericht der Gesellschafter anruft. Dessen Wahl wird aber heute in

71

Emde, ZIP 2001, 820, 822; Sternal, in: Keidel, § 1 Rn. 49 m. w. N.; entsprechend zu § 17a GVG: OLG Frankfurt, 21. 8. 1995 – 20 W 124/95 Rn. 9, NJW-RR 1996, 871. 72 Ausführlich: Deckers, ZZP 110 (1997), 341. 73 Zimmermann, in: MüKoZPO, § 17 Rn. 3 m. w. N. 74 OLG Naumburg, 12. 12. 2013 – 9 U 58/13 (Hs), 9 U 58/13 Rn. 74 f., GmbHR 2014, 209; OLG Saarbrücken, 21. 9. 2010 – 8 W 215/10 Rn. 10, GmbHR 2011, 33; OLG Hamm, 12. 3. 2008 – I-8 U 205/7, 8 U 205/07 Rn. 17 ff. und 23 f., GmbH-Stpr 2008, 384: „Hilfsanspruch“; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51a Rn. 60; Habersack, in: MüKoBGB, § 810 Rn. 8 jeweils m. w. N. 75 Strohn, in: Henssler/Strohn, GmbHG § 51a Rn. 2. 76 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 2; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 4; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 9; Strohn, in: Henssler/Strohn, GmbHG § 51a Rn. 2 jeweils m. w. N.; a. A. wohl Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51a Rn. 56 f. 77 Vgl. Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 10; Tietze, Informationsrechte, S. 6 – 8; Wohlleben, Informationsrechte, S. 2 f. 78 Vgl. nur Emde, ZIP 2001, 820, 820.

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

41

aller Regel79 auf das für ihn vorteilhafte Verfahren des FamFG fallen, weil dort keine Haftung nach § 945 ZPO droht. Nach einer strengeren Ansicht solle bei der einstweiligen Verfügung sogar das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, falls eine einstweilige Anordnung möglich ist.80 § 17 Abs. 2 GVG enthält auch keinen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken, der für eine grundsätzliche Verfahrenszuständigkeit der ZPO spräche. Die Rechtswegzuständigkeit kraft Sachzusammenhangs ist eine Ausnahmevorschrift für Fälle der Anspruchskonkurrenz. Sie dient der Prozessökonomie. Sie eröffnet keinen generellen81 Zugang zur ZPO. Ohnehin ordnet § 17 Abs. 2 GVG Ansprüche nicht neuen Gerichtszweigen zu, sondern räumt dem Gericht lediglich eine rechtswegbzw. gerichtszweigübergreifende Entscheidungsbefugnis82 ein. Insgesamt helfen die Lösungsansätze Emdes unter dem FamFG somit nicht mehr weiter. 2. Kombination der Eilrechtsschutzregime (Bayer) Bayer differenziert: Das Gericht könne durch einstweilige Anordnung i. S. v. § 49 FamFG vorläufige Maßnahmen treffen und in Ausnahmefällen ergänzend auf „Leistungsverfügungen gemäß §§ 935, 940 ZPO“ zurückgreifen.83 Demnach müsste das Gericht bei der Auswahl des einschlägigen Eilrechtsschutzregimes zwischen vorläufigen und endgültigen Maßnahmen unterscheiden. Diese Lösung hat für sich, dass sie ausnahmsweise die Informationserzwingung eröffnete. Sie könnte zudem teilweise entschärfen, dass die §§ 49 ff. FamFG keine verschuldensunabhängige Haftungsfolge vorsehen. Denn die ZPO-Leistungsverfügung zöge konsequenterweise auch die Haftungsfolge des § 945 ZPO nach sich. Gleichwohl hilft dieser Ansatz bei der Suche nach dem grundsätzlich einschlägigen Eilrechtsschutzregime nicht weiter, denn sie belässt die grundsätzliche Verfahrenszuständigkeit beim FamFG. Das statthafte Eilrechtsschutzregime bildet somit auch hiernach die einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG. Der Ansatz führt insbesondere nicht zu einer parallelen Zuständigkeit beider Eilrechtsschutzregime, da diese nicht dieselben Fälle betreffen. Vielmehr ist der Rückgriff auf die Leistungsverfügung nur als Ausnahme gedacht, die speziell darauf gemünzt ist, die Beschränkung der §§ 49 ff. 79 Dagegen war der Gesellschafter unter dem FGG mangels Alternative gezwungen, den Gerichtszweig der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu wählen, um bez. § 51a GmbHG überhaupt Eilrechtsschutz zu erlangen. 80 Vgl. OLG Nürnberg, 3. 6. 2009 – 3 W 471/09, OLGR Nürnberg 2009, 833; Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 3. 81 Zwar eröffnet § 17 Abs. 2 GVG den Zugang zur einstweiligen Verfügung ggfs. auch dann, wenn der rechtswegeigene Anspruch erfolglos bleibt. Denn die Zuständigkeitsprüfung richtet sich allein nach dem Klägervortrag und nicht nach dem in der mündlichen Verhandlung festgestellten Sachverhalt, vgl. Zimmermann, in: MüKoZPO, GVG § 17 Rn. 12. Stößt dieses Vorgehen nicht schon an die Grenze des § 242 BGB, dürfte der Gesellschafter jedoch auch hier den für ihn vorteilhaften FamFG-Gerichtszweig wählen. 82 Vgl. nur Rathmann, in: Saenger, GVG § 17 Rn. 6 – 8. 83 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 10.

42

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

FamFG auf vorläufige Maßnahmen zu überwinden. Wie das Problem der Hauptsachevorwegnahme bei den §§ 49 ff. FamFG zu lösen ist, wird an anderer Stelle84 behandelt. 3. Paralleldiskussion zu §§ 166, 233 HGB? Eine ähnliche Diskussion wie bei den §§ 51a, 51b GmbHG wird bei den Informationsrechten des Kommanditisten (§ 166 HGB) und des stillen Gesellschafters (§ 233 HGB) geführt. Beide haben sowohl ein ordentliches, der ZPO zugeordnetes Informationsrecht (jeweils in Abs. 1) als auch ein außerordentliches Informationsrecht (jeweils in Abs. 3), welches dem FamFG untersteht (§§ 375 Nr. 1 FamFG, 23a Abs. 2 Nr. 4 GVG). Dort ist ebenfalls umstritten, ob das FamFG-Verfahren den Rückgriff auf die §§ 935 ff. ZPO erlaubt. Diese Frage teilt sich jedoch in zwei Unterfragen. Nicht auf § 51a GmbHG übertragen lässt sich die von Karsten Schmidt angestoßene erste Frage, ob die §§ 166 Abs. 3 und 233 Abs. 3 HGB kein materielles Informationsrecht, sondern nur eine Verfahrensvorschrift darstellen. Als „Sonderbestimmung über den einstweiligen Rechtsschutz“ schlösse sie die einstweiligen Verfügungen aus, die sich auf die §§ 166 Abs. 1 und 233 Abs. 1 HGB stützen.85 Insofern geht es also nicht um eine Durchbrechung der FamFG-Zuständigkeit, sondern um eine Konkurrenzfrage, die auf der Parallelität zweier Vorschriften fußt. Diese Diskussion hilft für die Lösungsfindungbei § 51a GmbHG nicht weiter. Ordnet man die §§ 166 Abs. 3, 233 Abs. 3 HGB aber als eigenständige materiellrechtliche Informationsrechte ein, wird die auch für § 51a GmbHG interessante Frage aufgeworfen, inwieweit dieses dem FamFG zugeordnete Informationsrecht ebenfalls einstweiligem Rechtsschutz zugänglich ist. Der Streitstand erinnert an § 51a GmbHG: Einstweiliger Rechtsschutz wird entweder abgelehnt86 oder über die einstweilige Anordnung (§§ 49 ff. FamFG)87 oder die einstweilige Verfügung

84

Dazu Kapitel 2 § 3 A. K. Schmidt, Informationsrechte, S. 72 ff.; K. Schmidt, in: MüKoHGB, § 233 Rn. 29; dem folgend Mock, in: RWH, § 166 Rn. 52; Mock, in: RWH, § 233 Rn. 9. Ähnlich Weipert, in: EBJS, § 166 Rn. 45, wonach das Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige Verfügung entfalle. Eine Sperrwirkung ablehnend BayObLG, 4. 7. 1991 – BReg 3 Z 151/90, BayObLGZ 1991, 261, 264; Grunewald, in: MüKoHGB, § 166 Rn. 28 und 36; Casper, in: Staub, § 166 Rn. 40 und 50; Oetker, in: Oetker, § 166 Rn. 37 f.; Gummert, in: Henssler/Strohn, § 166 HGB Rn. 22 jeweils m. w. N. 86 Z. B. Grunewald, in: MüKoHGB, § 166 Rn. 36; Harbarth, in: Staub, § 233 Rn. 42; wohl Casper, in: Staub, § 166 Rn. 50. 87 Z. B. Gummert, in: Henssler/Strohn, § 166 HGB Rn. 24; Cranshaw, jurisPR-HaGesR 11/ 2016 Anm. 3 unter C. II. 3.; unklar Roth, in: Baumbach/Hopt, § 166 Rn. 15: „richterliche Anordnung“. 85

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

43

(§§ 935 ff. ZPO)88 gesucht. Den vorliegend interessanten Ansätzen, also die, die den Weg über die §§ 935 ff. ZPO vorschlagen, lassen sich trotzdem keine Erkenntnisse für § 51a GmbHG abgewinnen. Die Befürworter dieser Lösung lassen meist schon nicht erkennen, ob sie eine Durchbrechung der FamFG-Zuständigkeit anregen, also das außerordentliche Informationsrecht meinen, oder ob sie lediglich auf das konkurrierende, ordentliche Informationsrecht und dessen Eilrechtsschutzmöglichkeiten verweisen. Jedenfalls aber liefern sie keine Begründung, inwiefern die FamFGZuständigkeit durchbrochen werden kann. 4. Von Information abhängiges Recht als Einfallstor Zöllner/Noack halten im einstweiligen Rechtsschutz „die Verhinderung bestimmter Maßnahmen“ für „kaum vertretbar“ ohne das Haftungsrisiko des § 945 ZPO und verweisen deshalb auf die „einstweilige[…] Verfügung im ordentlichen Verfahren“.89 Auch in ihrer Lösung geht es allerdings nicht darum, die FamFGVerfahrenszuständigkeit zu durchbrechen, sondern nur darum, Eilrechtsschutz auf einem anderen Weg zu erreichen. Sie ist dahingehend zu deuten, dass sie insbesondere Sicherungsmaßnahmen (vgl. „die Verhinderung bestimmter Maßnahmen“) nicht auf das Informationsrecht stützen wollen, sondern allenfalls auf die von der fehlenden Information abhängigen Rechte (z. B. Stimmrecht). Es handelt sich mithin nur um einstweiligen Rechtsschutz „gelegentlich“ des Informationserzwingungsverfahrens. Den einstweiligen Rechtsschutz „im“ Informationserzwingungsverfahren, also auf Grundlage des § 51a GmbHG (darunter insbesondere die Informationserzwingung im Eilrechtsschutz), halten sie dagegen für „ungeklärt“.90 Eine ganzheitliche Betrachtung, inwiefern Eilrechtsschutz über das Informationsrecht oder über andere, von der fehlenden Information abhängige Rechte zu erlangen ist, folgt an späterer Stelle.91 5. Unzumutbarkeit der fehlenden Haftungsfolge i. S. d. § 945 ZPO Allein Liebscher/Alles vertreten den durchgreifenden Ansatz, im Informationserzwingungsverfahren gemäß § 51b GmbHG seien nicht die §§ 49 ff. FamFG, 88 Z. B. Kindler, in: KKRM, § 166 Rn. 5; Eberl, in: Heidel/Schall, § 166 Rn. 12; wohl auch Oetker, in: Oetker, § 166 Rn. 38. 89 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a. 90 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a unterscheiden sprachlich zwischen vorläufigen Maßnahmen „wegen fehlender Auskunftserteilung“, die wohl auf § 51a GmbHG gründen sollen, und dem Unterbinden von Handlungen der Gesellschaft schlicht „vor Auskunftserteilung“, die auf sonstigen materiell-rechtlichen Grundlagen fußen soll und mit der Informationserzwingung insoweit nur in zeitlichem Zusammenhang steht. In der vorliegenden Arbeit wird hingegen eine etwas andere Terminologie verwendet, welche aus den Abgrenzungskriterien der beiden Arten von Sicherungsmaßnahmen resultiert, vgl. dazu Kapitel 2 § 4 B. 91 Dazu Kapitel 2 § 3 und § 4.

44

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

sondern ausschließlich die §§ 935 ff. ZPO anzuwenden.92 Diese Rechtsansicht erscheint mit Blick auf die vorgezeichneten Regeln zur Auskunftsverfügung und auf die Haftungsfolge des § 945 ZPO reizvoll. Einen rechtsmethodischen Weg beschreiben sie hingegen nicht. Die Rechtsauffassung wird vielmehr allein von dem Befund getragen, die fehlende verschuldensunabhängige Haftung sei unvertretbar. Es bleibt somit zu prüfen, ob der Austausch des Eilrechtsschutzregimes möglich ist. 6. Zwischenergebnis Keiner der bereits vorhandenen Ansätze zu § 51b GmbHG oder parallelen Konstellationen vermag überzeugend zu erklären, wieso auch nach dem FGG-Reformgesetz im Informationserzwingungsverfahren (ausschließlich) das Eilrechtsschutzregime der einstweiligen Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO Anwendung finden soll. Mithin sind die Verweisungsmechanik und die Rechtsfortbildungsmöglichkeit zu untersuchen. III. Verweisungsmechanik des § 51b GmbHG als Einfallstor? Eventuell öffnet die Sonderverfahrensvorschrift des § 51b GmbHG, insbesondere dessen Verweisungsmechanik, die Möglichkeit, auf die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO zurückzugreifen.93 Abweichend vom Grundsatz, dass die ZPO in gesellschaftsrechtlichen Verfahren Anwendung findet,94 verweist § 51b S. 1 GmbHG – über die Weiterverweisungen in den §§ 132 Abs. 3 S. 1, 99 Abs. 1 AktG – für die gerichtliche Entscheidung über das Informationsrecht aus § 51a GmbHG auf das FamFG. Innerhalb des FamFG findet die einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG wegen ihrer Verortung in den Allgemeinen Teil Anwendung auf alle dem FamFG zugewiesenen Gegenstände einschließlich den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.95 Demgegenüber ist die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO im Anwendungsbereich des FamFG schon ausweislich der Gesetzesbegründung96 ausgeschlossen. Dafür sprechen auch die nur selektiven Verweisungen in § 119 Abs. 2 S. 2 FamFG und § 113 FamFG. Fraglich ist aber, ob die Verweisungskette der §§ 51b S. 1 GmbHG, 132 Abs. 3 S. 1, 99 Abs. 1 AktG eine bloß partielle Verweisung auf das FamFG enthält, die einstweiligen Rechtsschutz außen vor, d. h. bei der ZPO lässt. 92

Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. So etwa noch vor dem FGG-Reformgesetz Emde, ZIP 2001, 820, 823. 94 Jänig/Leißring, ZIP 2010, 110, 111; vgl. auch BGH, 12. 6. 1954 – II ZR 154/53, BGHZ 14, 53. 95 Statt aller: Jänig/Leißring, ZIP 2010, 110, 116. 96 BT-Drs. 16/6308, S. 226. Weitere Nachweise s. o. unter Kapitel 2 § 1 A. 93

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

45

Bei § 51b GmbHG deuten weder Gesetzeswortlaut noch Gesetzesmaterialien97 auf eine Unterscheidung zwischen Hauptsacheverfahren und einstweiligem Rechtsschutz hin. Zwar nennt § 51b S. 1 GmbHG nur die „gerichtliche Entscheidung über das Auskunfts- und Einsichtsrecht“, während einstweiliger Rechtsschutz strenggenommen nur über die „Zulässigkeit der zwangsweisen Sicherung“98 entscheidet. Ein solche Differenzierung wäre jedoch gekünstelt und schon mit Blick auf die Leistungsanordnung abzulehnen. Vor allem aber wollte der Gesetzgeber mit seiner Formulierung99 nur klarstellen, dass die Verweisung ins Aktienrecht sowohl das Auskunfts- als auch das Einsichtsrecht umfasst, obwohl die §§ 131, 132 AktG dem Aktionär nur ein Auskunftsrecht gewähren. Auch die §§ 132, 99 AktG lassen keine Unterscheidung von Hauptsacheverfahren und Eilrechtsschutz erkennen. Auch dass § 51b S. 1 GmbHG und § 132 Abs. 3 S. 1 AktG jeweils nur „entsprechend“100 auf die nächste Norm verweisen, nimmt den einstweiligen Rechtsschutz nicht von der Verweisung aus. Nach Emde lade dieser Wortlaut geradezu zu einer Analogie ein. Die Verfahrensstruktur solle lediglich „grundsätzlich“, „nicht ausnahmslos“ bzw. „buchstabengetreu“ übertragen werden.101 Dass nach § 51b S. 1 GmbHG der § 132 Abs. 1, 3 und 4 AktG nur „entsprechende Anwendung“ findet, soll aber nur die Unterschiede zwischen dem GmbH-rechtlichen Informationserzwingungsverfahren und dem aktienrechtlichen Auskunftserzwingungsverfahren, insbesondere das im Aktienrecht fehlende Einsichtsrecht, überbrücken. Und nach § 132 Abs. 3 S. 1 AktG gilt § 99 Abs. 1, 3 S. 1, 2 und 4 bis 6 sowie Abs. 5 S. 1 und 3 AktG nur „entsprechend“, um die Unterschiede zwischen dem Auskunftserzwingungsverfahren und dem Statusverfahren über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats aufzufangen. Die nur „entsprechende“ Anwendung ist demnach zweckgebunden und eröffnet keinen weiteren Spielraum. Es ist aber kein Unterschied zwischen den einzelnen Verfahren ersichtlich, der eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzes sachlich rechtfertigt. Auch lässt der Umstand, dass die ZPO immer wieder ergänzend Anwendung findet, nicht auf eine allgemein lockere Handhabung der Verweisung schließen,102 da jede Rechtsfortbildung gesondert zu 97 Zu § 51b GmbHG: BT-Drs. 8/1347, S. 45 f. und BT-Drs. 8/3908, S. 76; vgl. auch zu den §§ 132, 99 AktG (als §§ 126, 96 AktG a. F.) BT-Drs. IV/171, S. 136 und 155 ff. und BT-Drs. IV/ 3296. 98 Zum Streitgegenstand: statt aller Huber, in: Musielak/Voit, § 916 Rn. 3; Drescher, in: MüKoZPO, Vorbemerkung zu den §§ 916 ff. Rn. 13 jeweils m. w. N. 99 § 51b Abs. 3 GmbHG RegE 1977, BT-Drs. 8/1347, S. 12, lautete weniger missverständlich: „Auf das Verfahren ist das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden, soweit in den Absätzen 4 und 5 nichts anderes bestimmt ist“. Zum neuen Wortlaut, vgl. BT-Drs. 8/1347, S. 45; BT-Drs. 8/3908, S. 76. 100 Nach § 51b S. 1 GmbHG findet § 132 Abs. 1, 3 und 4 AktG nur „entsprechende Anwendung“. Gemäß § 132 Abs. 3 S. 1 AktG wiederum „gilt“ § 99 Abs. 1, 3 S. 1, 2 und 4 bis 6 sowie Abs. 5 S. 1 und 3 AktG nur „entsprechend“ (bzw. nach alter Fassung: „sinngemäß“). 101 Emde, ZIP 2001, 820, 823. 102 A. A. Emde, ZIP 2001, 820, 823.

46

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

überprüfen ist. Bezeichnend ist aber vor allem, dass ausgerechnet § 99 Abs. 1 AktG, der die Geltung des FamFG anordnet, seine Verweisung nicht durch eine solche Formulierung aufweicht. Eine nur partielle Verweisung anzunehmen, die den einstweiligen Rechtsschutz bei der Verweisung ins FamFG außen vor ließe, widerspräche zudem der Mechanik des § 1 FamFG. Zum einen knüpft § 1 FamFG ganzheitlich an die Rechtsnatur eines Rechts an. Es muss sich um eine Familiensache oder um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (im formellen103 Sinn) handeln, die durch Bundesgesetz den Gerichten zugewiesen ist. Zum anderen ordnet § 1 FamFG als Rechtsfolge die Geltung des gesamten FamFG an („Dieses Gesetz gilt“). Der Anspruch wird also geschlossen an eine neue Verfahrensordnung überwiesen, einschließlich Rechtsbehelfen, einstweiligem Rechtsschutz etc. Als Ergebnis ist somit festzuhalten, dass auch die Verweisungsmechanik in den §§ 51b S. 1 GmbHG, 132 Abs. 3 S. 1, 99 Abs. 1 AktG keinen Weg öffnet, der zur einstweiligen Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO führt. Es handelt sich insbesondere nicht um eine lediglich partielle Verweisung, die den einstweiligen Rechtsschutz bei der ZPO belässt. IV. § 51a GmbHG als Nebenpflicht? Die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO könnte aber deshalb einschlägig sein, weil das Informationsrecht aus § 51a GmbHG nur eine Nebenpflicht104 gegenüber dem eigentlich zu schützenden, der ZPO zugeordneten Hauptanspruch (z. B. Mitgliedschaftsrechte) bildet. Ausgangspunkt ist die gelegentlich vertretene Auffassung, bei der Durchsetzung von Informationsrechten im einstweiligen Rechtsschutz sei zu unterscheiden, ob das Informationsrecht eine Haupt- oder eine Nebenpflicht darstellt. Als Nebenpflicht bilde es einen unselbstständigen Bestandteil des Hauptanspruchs. Der Eilrechtsschutz besitze dadurch „Sicherungscharakter“.105

103 BT-Drs. 16/6308, S. 174 f.; Pabst, in: MüKoFamFG, § 1 Rn. 8; Sternal, in: Keidel, § 1 Rn. 13 und 25. 104 Auch § 51a GmbHG ist trotz selbstständiger Normierung als Nebenpflicht zu anderen Mitgliedschaftsrechten zu qualifizieren, vgl. Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42. Dem ist zuzustimmen. Die Auslagerung stellt regelungstechnisch nur ein „Vor-die-Klammer-ziehen“ dar. 105 So maßgeblich Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42; mit Verweis hierauf: Hüffer/ Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Mayer, in: BeckOK-ZPO, § 938 Rn. 22. Ähnlich: OLG Köln, 4. 12. 2015 – 18 U 149/15, NZG 2016, 147, 149 („Hilfsrecht“); Baur, Studien, S. 59 („Hilfsanspruch“); Verfügungsklägerseite im ablehnenden Urteil des KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404 („Hauptsache sei […] das […] Unterlassungsbegehren“).

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

47

Nimmt man den Sicherungscharakter ernst, führte er aber nicht nur dazu, dass die Vorwegnahme der Hauptsache grundsätzlich zulässig würde.106 Vielmehr unterläge die Durchsetzung solcher Informationsrechte auch nicht mehr den strengen Anforderungen der Leistungsverfügung (Stichwort: existenzielle Gefährdung), sondern bloß den erheblich niedrigeren Voraussetzungen einer Sicherungsverfügung.107 Am besten veranschaulicht dies der Vergleich mit der Unterlassungsverfügung: Die „echte“ Unterlassungsverfügung zielt darauf ab, einen Unterlassungshauptanspruch durchzusetzen, und ist deshalb als Leistungsverfügung zu qualifizieren. Die „unechte“ Unterlassungsverfügung dient dagegen der Sicherung eines anderen Anspruchs (Verfügungsanspruch), während sich die Sicherungsmaßnahme, ein Aliud gegenüber dem Verfügungsanspruch, auf eine Unterlassungsnebenpflicht stützt. Obwohl beide Rechtsbehelfe die identische Wirkung entfalten, unterliegt die „unechte“ Unterlassungsverfügung niedrigeren Anforderungen.108 Beim Informationsrecht des § 51a GmbHG kämen allerdings noch weitere Folgen hinzu, falls man den „Hauptsachebegriff“ nicht am Informationsrecht, sondern am zu schützenden Hauptanspruch (z. B. Stimmrecht) orientierte: Der Hauptanspruch müsste konsequenterweise nicht nur über die Rechtsnatur als Sicherungs- oder Leistungsanordnung entscheiden, sondern auch über das einschlägige Eilrechtsschutzregime. Wenn es um den Schutz sonstiger, von der Information abhängiger Mitgliedschaftsrechte geht, müsste § 51a GmbHG also in aller Regel mittels einstweiliger Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO in Gestalt einer Sicherungsverfügung durchgesetzt werden. Verfügungsanspruch wäre das abhängige Mitgliedschaftsrecht. Dieser bei der Unterlassungsverfügung zutreffende Gedanke lässt sich allerdings nicht auf das Informationsrecht übertragen. Die Anordnung einer Informationspflicht stellt selbst keine Sicherungsmaßnahme dar, sondern nur eine Vorstufe der Sicherung. Während Unterlassungsnebenpflichten unmittelbar Abwehrwirkung entfalten, bereiten Informationsnebenpflichten dagegen erst den Boden für weitere prozessuale oder außerprozessuale109 Handlungen. Sie erfordern eine Umsetzung. A. A. z. B. Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 8; KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404; wohl auch Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor § 935 ZPO Rn. 36; Huber, in: Musielak/Voit, § 940 Rn. 18. Bei OLG Brandenburg, 1. 3. 2005 – 6 U 140/04, MDR 2005, 950, 951 ist unklar, ob es den Nebenpflichtcharakter als Begründung für die Hauptsachevorwegnahme oder nur mit Blick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip anspricht („Die Verfügungsbeklagte erleidet dagegen mit der Auskunftserteilung, die zudem lediglich einen der Sicherung des Forderungsbestandes dienenden Nebenanspruch befriedigt, keinen endgültigen Verlust.“). 106 Auf diese Wirkung beschränken sich wohl Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42. 107 Zutreffend Mayer, in: BeckOK-ZPO, § 938 Rn. 22. 108 Beispiel nach Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 328; ausführlich auch Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 935 Rn. 34 und § 938 Rn. 4, 11 und insb. § 940 Rn. 16; Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 30 – 53; vgl. zudem Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 1. 109 Einem Sicherungsmittel am nächsten kommt die angeordnete Informationspflicht in der Fallkonstellation des OLG Brandenburg, 1. 3. 2005 – 6 U 140/04, MDR 2005, 950:

48

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Der Gesellschafter muss auf Grundlage der erhaltenen Information etwa noch sein Stimmrecht ausüben oder eine darauf aufbauende Sicherungsverfügung erwirken. Auch ungeachtet des Vergleichs mit der Unterlassungsverfügung ist festzustellen, dass sich das einschlägige Eilrechtsschutzregime allein nach dem Informationsrecht und nicht nach dem davon abhängigen Recht richtet, soweit es rechtlich um die Sicherung110 oder die Durchsetzung des Informationsrechts geht. § 51a GmbHG beinhaltet – unabhängig von seiner Rechtsnatur als Nebenpflicht oder seiner Funktion als Hilfsrecht – einen rechtlich selbstständigen Anspruch.111 Es lässt sich eigenständig in einem Hauptsacheverfahren durchsetzen (§ 51b GmbHG) und ist somit selbstständig Eilrechtsschutz zugänglich (z. B. Beschlagnahme von Unterlagen). Die Informationserzwingung bildet zudem, wie bereits festgestellt, kein echtes Sicherungsmittel, sodass sie nicht über eine Sicherungsverfügung erfolgen kann. Dass der „Hauptsache“-Begriff beim Informationsrecht nicht auf die Fernziele des Antragstellers, sondern auf den konkreten Informationsanspruch abstellt, ergibt sich nicht zuletzt auch aus dem summarischen Charakter des Eilrechtsschutzes. So ist die Informationserzwingung im Eilrechtsschutz stets irreversibel und damit gleichermaßen gefährlich, ohne Rücksicht auf den im Eilrechtsschutzersuchen geltend gemachten Zweck. Diese Gefährlichkeit ist bei den Voraussetzungen des Eilrechtsschutzes zu berücksichtigen (vgl. qualifizierter Anordnungsgrund der Informationsanordnung).112 Könnte indessen eine auf einem sonstigen Recht (z. B. Stimmrecht) basierende schlichte Sicherungsverfügung die Informationserzwingung anordnen, fiele diese Gefährlichkeit unter den Tisch. Somit eröffnet auch der Sicherungs- bzw. Nebenpflichtcharakter des § 51a GmbHG keine Möglichkeit, zur Sicherung oder Durchsetzung des Informationsrechts auf die §§ 935 ff. ZPO zurückzugreifen. Noch nicht beantwortet ist damit aber

Die Verfügungsklägerin, eine Bank, ließ sich Forderungen ihrer Schuldnerin, der Verfügungsbeklagten, durch eine Globalzession abtreten. Die Verfügungsbeklagte zog die Forderungen dennoch unberechtigterweise ein, mit der Folge, dass die Forderungen wegen der Erfüllungswirkung erloschen, vgl. §§ 407 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB. Die Verfügungsklägerin beantragte eine einstweilige Verfügung und machte einen Auskunftsanspruch und einen Anspruch auf Unterlassung der Einziehung glaubhaft. Diesen Unterlassungsanspruch hat das OLG in der Weise „gesichert“ (Leitsatz Nr. 2), dass es den Verfügungsbeklagten zur Auskunft über die Drittschuldner verurteilte. Mittels dieser Auskunft konnte die Verfügungsklägerin die Drittschuldner über die Zession in Kenntnis setzen und so die Zahlungen und insbesondere die Erfüllungswirkung verhindern, vgl. § 407 Abs. 1 a. E. BGB. Das OLG hat hier eine Sicherungsverfügung angenommen (und deshalb das Verbot der Hauptsachevorwegnahme nicht thematisiert), weil es den Unterlassungsanspruch seiner Ansicht nach „durch“ die Auskunftspflicht sicherte. Dies überzeugt nicht. Genaugenommen war nicht die Auskunftserteilung an die Verfügungsbeklagte, sondern die Mitteilung an die Drittschuldner das Sicherungsmittel. 110 Zur Abgrenzung der Eilrechtsschutzregime bei Sicherungsmaßnahmen: Kapitel 2 § 4 B. 111 So auch KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404. 112 Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. sowie B.

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

49

die später zu behandelnde Frage, ob sich der Sicherungscharakter auf das Vorwegnahmeverbot113 oder die Anforderungen114 an die Informationsanordnung auswirkt. V. Stellungnahme Ausgangspunkt für die Diskussion um das einschlägige Eilrechtsschutzregime ist der Befund, dass Eilrechtsschutzmaßnahmen im Informationserzwingungsverfahren ohne eine verschuldensunabhängige Haftungsfolge i. S. d. § 945 ZPO der GmbH unzumutbar seien. § 945 ZPO dient als Korrektiv für die Unsicherheiten, die mit dem summarischen Verfahren einhergehen.115 Bisweilen wurde jedoch nicht ausreichend geprüft, ob ein Rückgriff auf die §§ 935 ff. ZPO tatsächlich geboten ist, um die Risiken des summarischen Verfahrens auszuschalten. Es stellt sich daher die Frage, ob die fehlende Haftungsfolge den Rückgriff auf die §§ 935 ff. ZPO tatsächlich gebietet (1.). Unabhängig vom „Schutzbedarf“ der GmbH drängt sich zudem die Frage auf, ob ein Austausch des Eilrechtsschutzregimes überhaupt möglich ist (2.). 1. Notwendigkeit, auf die §§ 935 ff. ZPO zurückzugreifen? Eines Rückgriff auf die §§ 935 ff. ZPO bedarf es nicht, wenn den Risiken des summarischen Verfahren auf anderen Wegen116 begegnet werden kann. Wie noch zu zeigen sein wird, lassen sich die Risiken des summarischen Verfahrens gerade beim Informationsrecht nach § 51a GmbHG bereits weitgehend auf der Primärebene, d. h. bei Erlass des einstweiligen Rechtsschutzes, ausschließen, sodass die fehlende Haftungsfolge schon nicht zum Tragen käme. Hierzu tragen insbesondere ein modifizierter, strengerer Prüfungsmaßstab bei Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sowie die Einfachheit des Tatbestands des § 51a GmbHG bei.117 Vor allem aber lässt sich die Aktivlegitimation des Gesellschafters wegen der Fiktionswirkung der Gesellschafterliste (§ 16 Abs. 1 GmbHG) leicht und zuverlässig nachweisen. Und auch hinsichtlich der Haupteinwände, namentlich dem Informationsverweigerungsrecht (§ 51a Abs. 2 GmbHG) und der Treuepflicht (§ 242 BGB), kann das Gericht die Risiken des summarischen Verfahrens stark reduzieren, indem es die Gegenseite in das Verfahren einbezieht.118 Da beide Einwendungen maßgeblich auf einer Prognose basieren (vgl. „wenn zu besorgen ist“), ist 113

Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 3. Dazu Kapitel 2 § 3 B. II. 2. 115 Vgl. Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 945 Rn. 1: § 945 ZPO sei die „Kehrseite des die Gläubigerinteressen bevorzugenden einstweiligen Rechtsschutzes“. 116 An dieser Stelle müssen die Ergebnisse zur Untersuchung der Risiken des summarischen Verfahrens vorweggenommen werden. Wie die Risiken des summarischen Verfahrens zu bewerten sind, bildet gleichermaßen den Grund und die Folge des nach vorliegender Ansicht einschlägigen Eilrechtsschutzregimes. 117 Dazu im Einzelnen Kapitel 2 § 3 C. I. 118 Dazu Kapitel 2 § 3 C. I. 4. a). 114

50

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

zudem nur eine relativ kleine Tatsachengrundlage119 nachzuweisen. Die reine Prognose hingegen, d. h. die auf der Tatsachengrundlage getätigte Schlussfolgerung über die Zukunft, kann jedoch im Hauptsacheverfahren genauso fehlgehen wie im summarischen Verfahren. Die reine Fehlprognose an sich gehört deshalb nicht zu den spezifischen Risiken des summarischen Verfahrens. Und nicht zuletzt kommen der GmbH die hohen Anforderungen der Informationsanordnung120 zugute sowie die materielle Akzessorietät der einstweiligen Anordnung, die die Sicherungsmaßnahmen bei § 51a GmbHG eng begrenzt.121 Soweit dennoch Risiken des summarischen Verfahrens übrigbleiben, lassen sie sich, was das Informationsrecht aus § 51a GmbHG angeht, bei der einstweiligen Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG überdies im selben Maße auf der Sekundärebene abfangen wie bei der einstweiligen Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO. Die umfassende Treuebindung des Gesellschafters schützt die GmbH vor dem Bekanntwerden sensibler Informationen.122 Sie gewährt de facto Schutz im selben Maße wie § 945 ZPO.123 Bezüglich der Kompensation der Information hülfe § 945 ZPO ohnehin nicht weiter.124 Soweit unmittelbare Vollziehungsschäden entstehen, insbesondere durch einen Eingriff in den laufenden Geschäftsbetrieb, findet § 945 ZPO ausnahmsweise auch infolge einer ungerechtfertigten einstweiligen Anordnung analoge Anwendung.125 Und Sicherungsmaßnahmen sind, soweit sie von einer auf § 51a GmbHG gestützten einstweiligen Anordnung ausgehen, begrenzt und letztlich zumutbar oder aber auf eine andere materielle Rechtsgrundlage und damit über das ZPO-Eilrechtsschutzregime einzuholen.126 Die Risiken des summarischen Verfahrens machen es bei § 51a GmbHG also nicht erforderlich, das Eilrechtsschutzregime der §§ 49 ff. FamFG gegen das der §§ 935 ff. ZPO zu tauschen. Die Risiken lassen sich auch ohne Rückgriff auf die §§ 935 ff. ZPO bereits weitgehend auf der Primärebene ausschließen und werden obendrein auf der Sekundärebene aufgefangen. 2. „Kleine Lösung“ statt „große Lösung“ Auch aus anderen Gründen erscheint es vorzugswürdig, im Informationserzwingungsverfahren auf die §§ 49 ff. FamFG zurückzugreifen und erforderlichenfalls kleinere Einzelfallkorrekturen auf der Primär- oder Sekundärebene vorzuneh-

119 120 121 122 123 124 125 126

Statt aller: Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 198 – 201 m. w. N. Kapitel 2 § 3 A. V. und B. Dazu Kapitel 2 § 4 A. und B. Dazu Kapitel 2 § 3 B. III. 2. b) und insb. C. III. 2. Dazu Kapitel 2 § 3 C. III. Dazu Kapitel 2 § 3 C. III. 3. Dazu Kapitel 2 § 3 C. III. 4. Dazu Kapitel 2 § 3 B.

§ 2 Eröffnung des Eilrechtsschutzes

51

men („kleine Lösung“), anstatt das gesamte Eilrechtsschutzregime auszutauschen („große Lösung“). Die „kleine Lösung“ hält sich nicht nur näher am Gesetz und verdient schon wegen der Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG) den Vorzug. Sie sorgt gleichzeitig auch für ein höheres Maß an Rechtssicherheit (Art. 19 GG). Demgegenüber wäre mit einem Austausch des Eilrechtsschutzregimes eine massive Umgestaltung der positivrechtlich verankerten Rechtslage verbunden. Auch in der Sache brächte die „große Lösung“ kaum Vorteile. Sie erhöhte die Eilrechtsschutzmöglichkeiten des Gesellschafters nicht. Wie zu zeigen sein wird, ermöglichen auch die §§ 49 ff. FamFG die Informationserzwingung127 sowie ausreichende Sicherungsmaßnahmen.128 Umgekehrt könnte eine einstweilige Verfügung schon wegen ihrer materiellen Akzessorietät zu § 51a GmbHG keine weitergehenden Sicherungsmaßnahmen treffen. Ebenso gewährleistete die „große Lösung“ der GmbH im konkreten Fall keinen höheren Schutz vor den Risiken des summarischen Verfahrens, wie an anderer Stelle zu erörtern ist.129 § 51a GmbHG dem Eilrechtsschutzregime der §§ 935 ff. ZPO zu unterwerfen, hätte vielmehr den Nachteil, dass im Informationserzwingungsverfahren erheblichen Diskrepanzen zwischen Eilrechtsschutz- und Hauptsacheverfahren entstünden. Vor allem aber lässt sich die „große Lösung“ auch in rechtsmethodischer Hinsicht kaum begründen. Äußerst zweifelhaft ist schon, ob eine für die Analogie zu den §§ 935 ff. ZPO erforderliche planwidrige Regelungslücke vorliegt. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, die §§ 49 ff. FamFG für alle FamFG-Angelegenheiten zu öffnen, was sich an der Verortung in den Allgemeinen Teil und der offenen Formulierung zeigt. Die Änderungen des § 71 Abs. 2 GVG130 bezeugen zudem, dass das FGG-Reformgesetz auch die Verfahren der §§ 51b GmbHG, 132, 99 AktG berücksichtigte. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist daher das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke und damit der Analogieschluss abzulehnen. Überdies genügte eine Analogie zu den §§ 935 ff. ZPO nicht, um das Eilrechtsschutzregime auszutauschen, da sie lediglich rechtserweiternd wirkte. Um die Gesellschaft dem Schutz des § 945 ZPO zu unterstellen, müsste zusätzlich die Anwendung der §§ 49 ff. FamFG ausgeschlossen werden. Stünden beide Eilrechtsschutzregime nebeneinander offen, gäbe der Gesellschafter wiederum den §§ 49 ff. FamFG den Vorzug, sei es aus rechtlichen131 oder aus tatsächlichen132 Gründen.

127

Zur Möglichkeit der Informationserzwingung: Kapitel 2 § 3 A. Zu den auf § 51a GmbHG fußenden Sicherungsmaßnahmen: Kapitel 2 § 4 A. und B. I. 129 S. u. zu den Risiken des summarischen Verfahrens bei der Informationserzwingung (Kapitel 2 § 3 C.) und bei den Sicherungsmaßnahmen (Kapitel 2 § 4 B.). 130 BGBl. 2008 I, S. 2586, 2695. 131 Teilweise wird vertreten, dass bei der einstweiligen Verfügung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, vgl. OLG Nürnberg, 3. 6. 2009 – 3 W 471/09, OLGR Nürnberg 2009, 833; Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 3. 128

52

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Rechtsmethodisch wäre die einstweilige Anordnung folglich etwa im Wege einer teleologischen Reduktion auszuschließen. Eine so massive Umgestaltung des positiven Rechts wäre vorliegend nicht gerechtfertigt. VI. Ergebnis Da der Austausch des Eilrechtsschutzregimes als Abweichung von der gesetzlichen Rechtslage begründungsbedürftig ist, sich insoweit aber keine tragende Begründung findet, bleibt es mithin bei der „kleinen Lösung“. Das im Informationserzwingungsverfahren des § 51b GmbHG grundsätzlich einschlägige Eilrechtsschutzregime liegt in der einstweiligen Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG. These 3: Das im Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG einschlägige Eilrechtsschutzregime ist die einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG. Demgegenüber ermöglichen weder die Verweisungstechnik des § 51b GmbHG noch der Nebenpflichtcharakter des § 51a GmbHG, auf die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO zurückzugreifen. Ein Austausch des Eilrechtsschutzregimes ist auch in der Sache, d. h. insbesondere zur Abwehr der aus dem summarischen Verfahren folgenden Gefahren, nicht geboten.

C. Rechtsschutzbedürfnis Anders als noch der Regierungsentwurf von 1977133 schreibt § 51b GmbHG nach herrschender Auffassung nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung für das gerichtliche Verfahren vor, dass ein Gesellschafterbeschluss über die Informationsverweigerung ergangen sein muss.134 Ein solches Zulässigkeitserfordernis finde eine Stütze weder im Wortlaut des § 51b S. 2 GmbHG noch im Zweck des § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG, der den Geschäftsführer vor Überforderung schützen will.135 § 51b S. 2 GmbHG erfordere nur ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis, wonach der Gesellschafter nur behaupten müsse, die Information nicht freiwillig bekommen zu haben.136 Doch auch 132 Könnte der Gesellschafter frei zwischen den beiden Eilrechtsschutzregimen wählen, entschiede er sich aufgrund der fehlenden Haftungsfolge i. S. d. § 945 ZPO für die §§ 49 ff. FamFG. Derselbe Gedanke macht heute auch § 17 Abs. 2 GVG als Argument obsolet, s. o. unter Kapitel 2 § 2 B. II. 1. 133 Vgl. § 51b Abs. 2 S. 2 GmbHG RegE 1977, BT-Drs. 8/1347, S. 12: „Der Antrag kann nur gestellt werden, wenn die Gesellschafter es abgelehnt haben, die Geschäftsführer zur Erteilung der Auskunft oder zur Gewährung der Einsicht anzuweisen, oder wenn dem Gesellschafter nach den Umständen nicht zuzumuten ist, eine Beschlußfassung der Gesellschafter herbeizuführen“. 134 Vgl. nur etwa BGH, 6. 3. 1997 – II ZB 4/96, BGHZ 135, 48, 49 f.; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 11; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 11; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 12; K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 12 jeweils m. w. N. 135 Statt aller Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 11. 136 K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 12.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

53

die gelegentlich vertretene Auffasusung,137 die ein Beschlusserfordernis grundsätzlich bejaht und auf den Zweck der ursprünglich angedachten Regelung verweist, das Informationsgesuch einer Vorprüfung zu unterwerfen,138 stünde einer einsteiligen Anordnung letztlich nicht entgegen. Da der Verweigerungsbeschluss nach dieser Auffassung zumindest in dringenden Fällen im Informationserzwingungsverfahren entbehrlich sein soll,139 namentlich wenn das Abwarten unzumutbar ist, muss dies erst recht in den noch dringenderen Fällen des einstweiligen Rechtsschutzes gelten.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz Die Untersuchung hat bisher ergeben, dass einstweiliger Rechtsschutz im Verfahren des § 51b GmbHG nicht wegen des beschleunigten Hauptsacheverfahrens per se ausgeschlossen ist und dass die einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG das statthafte Eilrechtsschutzregime bildet. Bisher ungeklärt ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Gesellschafter sein Informationsrecht im einstweiligen Rechtsschutz durchsetzen kann und wie dessen Funktion als vorbereitendes Hilfsmittel mit hineinspielt. Auf dieser Lösung aufbauend ist zu erörtern, ob sich die Risiken des summarischen Verfahrens ausreichend beschränken lassen.

A. Die Leistungsanordnung auf Informationserteilung Dass auch nach dem FGG-Reformgesetz noch immer unklar ist, ob der Gesellschafter sein Informationsrecht im einstweiligen Rechtsschutz durchsetzen kann, beruht nicht allein auf dem Streit um das einschlägige Eilrechtsschutzregime.140 Auch unter den Stimmen, die sich für die Anwendung der §§ 49 ff. FamFG aussprechen, herrscht Uneinigkeit, ob, auf welchem Weg und unter welchen Voraussetzungen die Informationserzwingung möglich ist. I. Diskussionsstand zu den §§ 51a, 51b GmbHG Die Rechtsprechung hat, soweit ersichtlich, erst eine Entscheidung veröffentlicht, die die Durchsetzung des § 51a GmbHG im Eilrechtsschutz thematisiert. Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in einem Kostenstreit (vgl. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO) über die Zulässigkeitsfrage entschieden, welches Eilrechtsschutzregime im Ver137 Tietze, Informationsrechte, S. 140 – 143; Stangier/Bork, GmbHR 1982, 169, 173; diff. noch Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, 5. Aufl. 2013, § 51a Rn. 6. 138 Zum Zweck von § 51b Abs. 2 S. 2 GmbHG RegE: BT-Drs. 8/1347, 46. 139 Vgl. Stangier/Bork, GmbHR 1982, 169, 173. 140 Dazu s. o. Kapitel 2 § 2 B.

54

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

fahren des § 51b GmbHG statthaft ist.141 Weil der Kläger mit der einstweiligen Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO nach Ansicht des Gerichts den unstatthaften Rechtsbehelf gewählt hatte, ließ es aber ausdrücklich offen, ob § 51a GmbHG im Eilrechtsschutz durchgesetzt werden kann. Der Beschluss lässt keine Tendenz erkennen. Das Gericht schließt nur den Weg über die §§ 935 ff. ZPO bzw. speziell die ZPO-Leistungsverfügung142 aus. Es deutet aber an, dass die unter dem FGG herrschende Auffassung möglicherweise überholt und die Situation unter den §§ 49 ff. FamFG neu zu bewerten sei.143 Zumindest hält es die Durchsetzung also nicht von vornherein für ausgeschlossen. Die Literatur zu den §§ 51a, 51b GmbHG hat sich inzwischen zwar überwiegend dazu durchgerungen, dass die einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG das anwendbare Eilrechtsschutzregime bildet.144 Bei der Frage der Durchsetzung übt sie sich aber bislang in Zurückhaltung. Manche Autoren lassen diese Frage ausdrücklich offen.145 Andere Kommentierungen beschränken sich darauf, auf die Möglichkeit „vorläufige[r] Maßnahme[n]“ nach § 49 Abs. 1 FamFG und den Maßnahmenkatalog des § 49 Abs. 2 FamFG zu verweisen.146 Letztere geben jedoch nicht zu erkennen, ob sie den einstweiligen Rechtsschutz buchstabengetreu auf vorläufige Maßnahmen begrenzen oder ob sie die Anspruchsdurchsetzung im einstweiligen Rechtsschutz schlicht nicht behandeln. Eine zunehmende Zahl von Stimmen hat sich mittlerweile vorsichtig auf den Standpunkt gewagt, der Gesellschafter könne das Informationsrecht des § 51a GmbHG ausnahmsweise per Eilrechtsschutz durchsetzen. Dabei variieren die meist knappen Begründungen und mit ihnen die Lösungswege und die Voraussetzungen an die Anspruchsdurchsetzung. Bayer kombiniert den FamFG- mit dem ZPO-Eilrechtsschutz. Während das Gericht mittels einstweiliger Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG vorläufige Maßnahmen treffen könne, komme daneben ausnahmsweise („kaum“) eine „Leistungsverfügung gem. §§ 935, 940 ZPO“ in Betracht, um die Informationserzwingung auch im einstweiligen Rechtsschutz zu ermöglichen.147 Diese gespaltene Lösung brächte scheinbar gewisse Vorteile. Sie umginge aber nicht nur das Vorwegnahmeverbot i. S. d. §§ 49 ff. FamFG, sondern missachtete auch, dass die 141

OLG Saarbrücken, 21. 9. 2010 – 8 W 215/10, GmbHR 2011, 33, 35. Zum Rückgriff auf die ZPO-Leistungsverfügung: Kapitel 2 § 3 A. V. 2. 143 OLG Saarbrücken, 21. 9. 2010 – 8 W 215/10, GmbHR 2011, 33, 35: „Ob der bislang wohl herrschenden Auffassung, wonach im Verfahren nach § 51b ZPO einstweiliger Rechtsschutz nicht möglich und daher ein dahingehender Antrag unzulässig ist […], im Hinblick auf die nunmehrigen Regelungen der §§ 49 ff. FamFG zuzustimmen ist, kann daher dahingestellt bleiben.“ 144 Dazu Kapitel 2 § 2 B. 145 Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 51b Rn. 12; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, § 51b Rn. 10a. 146 B. Schmidt, in: E/B/S, GmbHG, § 51b Rn. 13; K. Schmidt, in: Scholz, § 51 Rn. 32. 147 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 10. 142

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

55

einstweilige Verfügung im Anwendungsbereich des FamFG generell ausgeschlossen ist. Die wahrscheinlich meisten Stimmen wollen das Informationsrecht des § 51a GmbHG hingegen ausnahmsweise über eine FamFG-Leistungsanordnung durchsetzen,148 wobei hier ebenfalls wiederum die Begründungen divergieren. Nach mehrheitlicher Auffassung sei eine solche Informationsanordnung unter denselben Voraussetzungen wie die ZPO-Auskunftsverfügung zugänglich. Sie komme deshalb insbesondere in Fällen mit existenzieller Bedeutung in Betracht.149 Dabei findet allerdings keine Überprüfung statt, inwieweit sich die Regeln der ZPO-Auskunftsverfügung auf die §§ 49 ff. FamFG übertragen lassen. Allenfalls wird auf die fehlende Haftungsfolge des § 945 ZPO eingegangen,150 nirgends aber auf die Unterschiede, welche die engere Regelung des Vorwegnahmeverbots bei § 49 FamFG mit sich bringt. Der schlichte Verweis auf Art. 19 Abs. 4 GG151 genügt insoweit nicht als Begründung, denn es fehlt an einem rechtsmethodischen Weg zur Informationsanordnung sowie an einer genaueren Auseinandersetzung mit Art. 19 Abs. 4 GG und den erfassten Fallkonstellationen. Die Informationsanordnung über entsprechende Erlaubnisvorschriften des geistigen Eigentums zu begründen,152 weckt schon aufgrund des Sondercharakters Zweifel. Unklar ist zudem, inwiefern die Informationsanordnung darüber hinaus in nicht existenziell bedeutsamen Situationen möglich sein soll. Ob eine Informationsanordnung aufgrund ihres etwaigen Sicherungscharakters offensteht, wenn sie weitere geplante Schritte vorbereiten soll,153 ist sogar bei der ZPO-Auskunftsverfügung umstritten und bedarf deshalb der Erörterung. Das Zwischenfazit lautet, dass die bisherigen Ansätze zur Durchsetzung des § 51a GmbHG im Eilrechtsschutz so noch nicht überzeugen. Sie müssen sich insbesondere vorwerfen lassen, dass sie den Unterschieden zwischen ZPO- und FamFG-Eilrechtsschutz zu wenig Rechnung tragen. Es bleibt daher zu untersuchen, inwiefern sich § 51a GmbHG im Eilrechtsschutz durchsetzen lässt. Zudem wird meist nur der

148

Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 338; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1253; Geidel/ Lange, GmbHR 2015, 852, 856 f.; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Hüffer/ Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51b Rn. 24; Teichmann, in: G/B/S, § 51b Rn. 12. 149 Am ausführlichsten Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, insb.338; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1253; ebenso Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 856 f. 150 Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 338; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1254; Hüffer/ Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17. 151 Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 857; in der Sache auch Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336 f. 152 Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 337; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1253. Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 1. 153 So Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17, auch in der Folgeauflage Hüffer/ Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17, mit Verweis auf Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42; vgl. Mayer, in: BeckOK-ZPO, § 938 Rn. 22.

56

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Fall der Existenzgefährdung behandelt, ohne auch sonstige Fälle der Informationsanordnung zu erörtern. II. Behandlung sonstiger dem FamFG zugeordneter Informationsrechte Ob die einstweilige Anordnung die Durchsetzung von Informationsrechten ermöglicht, wird punktuell auch bei anderen dem FamFG zugewiesenen Informationsrechten diskutiert. Es fragt sich, ob sich aus diesen Ansätzen Erkenntnisse für § 51a GmbHG gewinnen lassen. Für einen Vergleich am geeignetsten wäre infolge der Verweisung in § 51b GmbHG das aktienrechtliche Pendant: das Auskunftserzwingungsverfahren i. S. d. §§ 131, 132 AktG. Rechtsprechung und Literatur haben den einstweiligen Rechtsschutz dort jedoch vor dem FGG-ReformG kaum154 und danach, soweit ersichtlich, gar nicht thematisiert.155 Es bietet sich an, eine Brücke zum ebenfalls dem FamFG zugewiesenen außerordentlichen Informationsrecht des Kommanditisten (§ 166 Abs. 3 HGB) und des stillen Gesellschafters (§ 233 Abs. 3 HGB) zu schlagen. Soweit dort einige Stimmen dafür plädieren, die Information mittels einstweiliger Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO zu erzwingen,156 bleibt im Kontext der §§ 166, 233 HGB jedoch meist unklar, ob sie die FamFG-Zuständigkeit durchbrechen oder nur auf das ordentliche Informationsrecht in den §§ 166 Abs. 1, 233 Abs. 1 HGB und dessen Eilrechtsschutz verweisen.157 Einzelne Stimmen lesen sich zwar so, als wollten sie das außerordentliche Informationsrecht mittels einstweiliger Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG durchsetzen.158 Mangels Begründung erlauben sie aber keine Schlüsse für § 51a GmbHG. Zunehmend findet sich die Ansicht, dass Unterhaltsberechtigte ihre unterhaltsrechtlichen Auskunftsansprüche159 mittels Leistungsanordnung durchsetzen kön-

154 Allgemein zum einstweiligen Rechtsschutz nach der Überweisung der Verfahren an die freiwillige Gerichtsbarkeit: Hüffer, in: Hachenburg, § 51b Rn. 1; Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 183 – 186. 155 Dass einstweiliger Rechtsschutz beim aktienrechtlichen Auskunftsrecht keine Erwähnung findet, dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass es in zeitlicher Hinsicht auf die Hauptversammlung und in sachlicher Hinsicht auf die Gegenstände der Tagesordnung beschränkt und dazu noch durch ein stärkeres Verweigerungsrecht beschränkt ist. Dennoch dürfte einstweiliger Rechtsschutz mit Blick auf die Anfechtungsbefugnis (§ 245 AktG) und sonstige Minderheitsrechte (vgl. Koch, in: Hüffer/Koch, § 131 Rn. 1; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 131 Rn. 1) auch dort nicht ganz von der Hand zu weisen sein. 156 Kindler, in: KKRM, § 166 Rn. 5; Eberl, in: Heidel/Schall, § 166 Rn. 12; wohl auch Oetker, in: Oetker, § 166 Rn. 38. 157 Dazu näher bereits Kapitel 2 § 2 B. II. 3. 158 Roth, in: Baumbach/Hopt, § 166 Rn. 15; Partikel, in: Heidel/Schall, § 233 Rn. 18. 159 § 1580 BGB, § 1065 BGB ggf. i. V. m. § 1361 Abs. 4 S. 4 BGB.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

57

nen.160 Ausgangspunkt ist § 246 Abs. 1 FamFG. Er gestattet es, Ansprüche auf Zahlung von Unterhalt oder des Gerichtskostenvorschusses durch einstweilige Anordnung in voller Höhe und zeitlich unbegrenzt geltend zu machen.161 Diese Privilegierung bezweckt, die elementaren Lebensbedürfnisse des Unterhaltsberechtigten zu sichern. Wenn der Unterhaltsberechtigte aber noch Informationen benötigt, z. B. über die Vermögenslage des Unterhaltsverpflichteten, hilft ihm die Unterhaltsanordnung allein nicht weiter, sondern er hat dasselbe Interesse an einer raschen Auskunftserzwingung.162 Ein zusätzliches Argument wäre, dass der Gesetzgeber ausweislich des Gerichtskostenvorschusses auch Vorbereitungsmaßnahmen privilegiert hat. Auf § 51b GmbHG lässt sich dieser Ansatz allerdings nicht übertragen, denn die Begründung knüpft an die Privilegierung der Unterhaltsansprüche an. Dagegen verfolgt § 51a GmbHG weder den Zweck noch ist er tatsächlich dazu erforderlich, Unterhaltsansprüche vorzubereiten. Die Diskussion um die unterhaltsrechtliche Auskunftsanordnung enthält somit kein Argument, das es rechtfertigt, § 246 FamFG auf § 51a GmbHG zu erstrecken.163 Und soweit zwei andere Stimmen die unterhaltsrechtliche Auskunftsanordnung unmittelbar auf § 49 FamFG stützen wollen,164 wird dieser Weg weder begründet noch erscheint er methodisch als sinnvoll. Im Unterhaltsrecht wird noch eine andere auf Auskunftserteilung gerichtete einstweilige Anordnung erwogen. Nach zuweilen vertretener Ansicht lassen sich mittels einstweiliger Anordnung auch die Auskunftspflichten der §§ 235, 236 FamFG durchsetzen.165 Jedoch handelt es sich bei diesen Auskunftspflichten nicht um materiell-rechtliche Ansprüche der Beteiligten, sondern um prozessuale Auskunftsrechte des Gerichts.166 Sie sind in systematischer Hinsicht als zusätzliche gerichtliche Befugnisse zur Terminvorbereitung und Informationsbeschaffung im Unterhalts160

So Borth/Grandel, in: Musielak/Borth, § 246 Rn. 7; Kamm, in: K/L/K, Unterhaltsrecht, Rn. 7190; Streicher, in: Schwab, HB Scheidungsrecht, Kap. I Rn. 961. Ablehnend dagegen die h. M.: Fest, NJW 2012, 428, 429; Giers, in: Keidel, § 246 Rn. 2; Lorenz, in: Zöller, FamFG § 246 Rn. 16; Maurer, in: MüKoBGB, § 1580 Rn. 28; Pasche, in: MüKoFamFG, § 235 Rn. 8 und § 246 Rn. 6; ebenso Maier, in: Johannsen/Henrich, § 246 Rn. 3, allerdings mit Verweis auf § 49 FamFG. 161 BT-Drs. 16/6308, S. 259. 162 Kamm, in: K/L/K, Unterhaltsrecht, Rn. 7190; Streicher, in: Schwab, HB Scheidungsrecht, Kap.I Rn. 961. 163 Zu klären bleibt noch die Frage, ob § 246 FamFG dennoch, d. h. ungeachtet der Diskussion um unterhaltsrechtliche Auskunftsrechte, analog anwendbar ist. Dazu s. u. unter Kapitel 2 § 3 A. V. 4. 164 Schael, in: Verfahrenshandbuch Familiensachen, § 1 Rn. 308; Maier, in: Johannsen/ Henrich, § 246 Rn. 3. 165 So etwa Maurer, in: MüKoBGB, § 1580 Rn. 28, Pasche, in: MüKoFamFG, § 235 Rn. 7 f. und § 246 Rn. 9; Fest, NJW 2012, 428, 430 f. (bei § 235 FamFG, aber nicht bei § 236 FamFG); Maier, in: Johannsen/Henrich, § 246 Rn. 3 (lässt eine einstweilige Anordnung bez. den §§ 235, 236 FamFG zu, aber unter den Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 FamFG); a. A. etwa Schlünder, in: BeckOK-FamFG, § 235 Rn. 4. 166 Statt aller Maier, in: Johannsen/Henrich, § 235 Rn. 1.

58

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

verfahren einzuordnen.167 Damit nehmen sie weder die Hauptsache des Verfahrens vorweg, denn dies wäre der materiell-rechtliche Unterhaltsanspruch. Noch ist die Anordnung einer Auskunftspflicht i. S. d. §§ 235, 236 FamFG als echte „Maßnahme“ i. S. d. § 49 FamFG zu betrachten, da sie keinen Zustand sichert oder regelt. Angeordnet wird nur eine Vorbereitungshandlung, die Ausdruck der Fürsorge des Gerichts für die Beteiligten und der staatlichen Verantwortung für die materielle Richtigkeit der Entscheidung ist. Auch dieser Ansatz gewährt somit keinen Aufschluss für § 51a GmbHG. Dasselbe gilt für § 220 FamFG.168 Insgesamt lassen sich den verschiedenen bisherigen Ansätzen, die bei anderen dem FamFG zugewiesenen Informationsrechten Eilrechtsschutz für möglich halten, daher keine Erkenntnisse für § 51a GmbHG ableiten. III. Die ZPO-Auskunftsverfügung als Vorbild? Zur ZPO-Auskunftsverfügung hat sich inzwischen eine zumindest teilweise gefestigte Linie herausgebildet. Einstweilige Verfügungen, die sich auf Auskunftserteilung, Einsichtsgewährung oder Rechnungslegung richten, werden heute nicht mehr ausnahmslos, sondern nur noch „grundsätzlich“ abgelehnt. Im Grundsatz gilt bei den §§ 935 ff. ZPO das Verbot der Hauptsachevorwegnahme, das die Informationserzwingung sowohl hinsichtlich der vorzeitigen Erfüllung169 des Informationsrechts als auch hinsichtlich der endgültigen Wirkung170 untersagt. Ausnahmen räumt zunächst das Gesetz ein, indem es insbesondere auf dem Gebiet des geistigen Eigentums Leistungsverfügungen für Auskunfts-,171 Vorlage- und Besichtigungsansprüche gestattet.172 Weiter haben Rechtsprechung und Literatur die Auskunftsverfügung heute nahezu allgemein anerkannt, soweit sie für den Gläubiger von existenzieller Bedeutung ist und effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht anders gewährt werden kann.173 So mag etwa ein anderer, existenziell wichtiger 167

Fest, NJW 2012, 428, 430. Vgl. zu Inhalt und Normzweck des § 220 FamFG statt aller Stein, in: MüKoFamFG, § 220 Rn. 1 – 3. 169 Zum Erfüllungsverbot vgl. Kapitel 2 § 3 A. IV. 1. 170 Zum Präjudizverbot vgl. Kapitel 2 § 3 A. IV. 2. und 3. 171 Etwa § 24b Abs. 7 GebrMG, (ggf. i. V. m. § 9 Abs. 2 HalblSchG), § 46 Abs. 7 DesignG, § 140b Abs. 7 PatG, § 101 Abs. 7 UrhG, § 19 Abs. 7 MarkenG und § 37 Abs. 7 SortSchG lassen die sog. Auskunftsverfügung in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung zu. 172 § 24d Abs. 3 S. 1 GebrMG (i. V. m. § 9 Abs. 2 HalblSchG), § 46a Abs. 3 S. 1 DesignG, § 140c Abs. 3 S. 1 PatG, § 101 Abs. 3 S. 1 UrhG, § 19a Abs. 3 S. 1 MarkenG und § 37c Abs. 3 S. 1 SortSchG 173 In der Rechtsprechung grundlegend OLG Karlsruhe, 15. 3. 1984 – 15 W 14/84, NJW 1984, 1905, 1906; KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404; OLG Hamm, 29. 11. 1991 – 26 W 15/91, NJW-RR 1992, 640, 640; OLG Rostock, 21. 4. 1999 – 2 U 79/98, OLGR Rostock 1999, 271, 272 f.; aktuell LG Köln, 22. 9. 2015 – 91 O 38/15, BeckRS 2015, 20147 (nachgehend OLG Köln, 4. 12. 2015 – 18 U 149/15, NZG 2016, 147, 149 mit niedrigeren Voraussetzungen); Fischer, in: Prütting/Gehrlein, § 940 Rn. 11; Huber, in: Musielak/Voit, 168

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

59

Anspruch von der raschen Informationserlangung abhängen. Bei nicht existenziell wichtigen Fällen ist hingegen umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Auskunftsverfügung offensteht. Teilweise wird eine Auskunftsverfügung bejaht, wenn von ihr eine Sicherungsverfügung abhängt174 oder – nach engerer Ansicht – ohne die Auskunftsverfügung ein endgültiger Rechtsverlust175 einträte. Mitunter wird der Auskunftsverfügung aber auch Sicherungscharakter beigemessen, wenn der Auskunftsanspruch materieller unselbstständiger Bestandteil des Hauptsacheanspruchs ist.176 Das Vorwegnahmeverbot als solches hat bei den §§ 935 ff. ZPO keinen Eingang in den Gesetzestext gefunden, wurde aber in den Gesetzesmaterialien vorausgesetzt.177 Es ist Ausprägung des „provisorischen Charakters“ bzw. der „Sicherungsfunktion“ der einstweiligen Verfügung.178 Aus diesem Grund hatte das Schrifttum die Leistungsverfügung ursprünglich konsequent abgelehnt.179 Obwohl die einstweilige Verfügung auch heute effektiven Rechtsschutz dadurch gewährleisten soll, dass sie die Entscheidungsfähigkeit der Hauptsache (nur) „offenhält“,180 wurde die Mög§ 940 Rn. 18; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor§ 935 Rn. 36; Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 8; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach, § 940 Rn. 18; Zimmermann, ZPO, S. § 938 Rn. 11; Schlosser, in: FS Odersky, S. 669, 682; ähnlich Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 938 Rn. 10 („im Rahmen einer zulässigen (Geld-)Leistungsverfügung“); Grunsky, in: Stein/ Jonas, Vor§ 935 Rn. 53 (wenn Sicherungs- bzw. Leistungsverfügung nur nach Auskunftsverfügung möglich); Teplitzky, in: FS Kreft, S. 163, 163; a. A. Seiler, in: Thomas/Putzo, § 940 Rn. 17; Schleswig-Holsteinisches OLG, 27. 10. 2000 – 6 W Kart 35/2000, GRUR-RR 2001, 70. 174 Grunsky, in: Stein/Jonas, Vor§ 935 Rn. 53; Schlosser, in: FS Odersky, S. 669, 682. Eine solche formelle Ansicht müsste nicht nur Sicherungsverfügungen, sondern auch sonstige abhängige Eilrechtsbehelfe umfassen. 175 Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 8; OLG Rostock, 13. 4. 2004 – 3 U 68/04, MDR 2004, 1109, 1109 f.; OLG Brandenburg, 1. 3. 2005 – 6 U 140/04, MDR 2005, 950, 950 f.; ähnlich Fischer, in: Prütting/Gehrlein, § 940 Rn. 11 („wenn die Auskunft zur Verhinderung weiterer Rechtsverletzungen unverzichtbar ist“). 176 Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42; OLG Köln, 4. 12. 2015 – 18 U 149/15, NZG 2016, 147, 149; vgl. Baur, Studien, S. 59; a. A. Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 8; KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404. 177 Der Gesetzgeber hat 1877 davon abgesehen, das Vorwegnahmeverbot mit in den Gesetzestext aufzunehmen, da er es für „selbstverständlich“ und die Normierung deshalb für „entbehrlich“ hielt, vgl. Hahn, Materialien zur Civilprozeßordnung, S. 478. Die Gesetzesmaterialien sprechen in der Sache sowohl das Erfüllungs- als auch das Präjudizverbot an. 178 Vgl. etwa Grunsky, in: Stein/Jonas, vor § 935 Rn. 31; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor § 935 ZPO Rn. 31; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 938 Rn. 9 – 11; Baur, Studien, S. 48 – 52. 179 Heinze, in: FS 50 Jahre BGH, S. 569, 578 – 581; mit weiteren Übersichten: Schilken, Befriedigungsverfügung, S. 40 – 43; Gaul, FamRZ 2003, 1137, 1142. Im Einzelnen etwa: Göppert, GruchBeitr 38 (1894), 838, 847 – 854, insb. 848; vgl. Merkel, Arrest und einstweilige Verfügung, 1880, S. 221 f.; Stein, in: Stein/Jonas, (10. Aufl. 1913) Vor § 916 Ziff. IV. Die Rechtsprechung hatte eine Befriedigungsverfügung dagegen schon früher erwogen; erstmals RG, 30. 3. 1883 – II 573/82, RGZ 9, 334. 180 Statt aller: Drescher, in: MüKoZPO, Vorbemerkung zu § 916 Rn. 3 – 5.

60

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

lichkeit einer Leistungsverfügung sukzessive181 für zahlreiche Fälle anerkannt. Sicherungs- und (einfache) Regelungsmaßnahmen reichen nicht immer aus, um effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG zu gewähren.182 Das Vorwegnahmeverbot wird heute also nicht mehr als starres Verbot verstanden. An dieser Auffassung wird sogar dann festgehalten, wenn die Hauptsache – wie bei der Auskunftsverfügung – irreversibel vorweggenommen wird,183 also im Hauptverfahren nicht mehr auf das materielle Recht zugegriffen und die Entscheidung nicht mehr geändert werden kann. Dies trotzt nicht nur dem provisorischen Charakter, sondern auch der dem summarischen Verfahren innewohnenden Gefahr, dass eine ungerechtfertigte Entscheidung ergeht.184 Doch auch hier vermag sich der Zweck, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, im Einzelfall über den provisorischen Charakter des Eilrechtsschutzes hinwegzusetzen.185 Weil die Leistungsverfügung den Anspruch zumindest teilweise erfüllt und häufig nicht mehr ohne Weiteres rückabgewickelt werden kann, verlangt die herrschende Auffassung über die Gefahr der Anspruchsvereitelung hinaus als zusätzliche Voraussetzung, dass eine objektive Gefahr einer irreparablen Schädigung bzw. ein endgültiger Rechtsverlust droht, und legt zudem einen strengen Prüfungsmaßstab an.186 Umstritten sind heute („nur“) noch die dogmatische Herleitung bzw. Rechtsnatur der Leistungsverfügung187 und deren Voraussetzungen im Einzelfall. 181

Den Weg ebnete § 627 ZPO a. F. (vgl. Dt. RGBl. 1933 I, S. 821, 880. Der § 627 ZPO a. F. ging später in den §§ 620 – 620 g ZPO a. F. auf, vgl. BGBl. 1976 I, S. 1421, 1448). Später wurde die Leistungsverfügung auch im Wege der Rechtsfortbildung zunächst für Geldforderungen und später auch für sonstige Forderungen geöffnet. Mit einem Überblick: Heinze, in: FS 50 Jahre BGH, S. 569, 581 – 588; Schilken, Befriedigungsverfügung, S. 41 – 43; Gaul, FamRZ 2003, 1137, 1142; Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 9. Im Einzelnen etwa: Kleinfeller, Zivilprozeßrecht, S. 546 und 566; Sonnen, JW 1927, 2473, 2473; krit. etwa Carl, JW 1935, 1585, 1585; Stotz, RdK 1930, 474, 479. 182 So die ganz h. M., vgl. etwa Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 9 f.; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor § 935 ZPO Rn. 31; Grunsky, in: Stein/Jonas, vor § 935 Rn. 31 f. 183 Vgl. etwa Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 324. Ähnlich bedenklich sind auch Leistungsverfügungen, die sich etwa auf Abgabe einer Willenserklärung, auf (endgültige) Gestaltung eines Rechtsverhältnisses (z. B. Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers) oder Geldzahlung (Schuldner nicht solvent oder entreichtert) richten, vgl. Grunsky, in: Stein/Jonas, vor § 935 Rn. 50 – 59; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 13, 15 – 18. 184 Vgl. Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, Vor § 935 ZPO Rn. 36; KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404; Fischer, in: Prütting/Gehrlein, § 940 Rn. 11; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 13. Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 344 lehnt die Auskunftsverfügung darüber hinaus ab, weil bei ihr die Vornahme der Handlung nicht genüge, sondern sie müsse darüber hinaus vom Schuldner inhaltlich gebilligt werden. 185 Siehe etwa Grunsky, in: Stein/Jonas, vor § 935 Rn. 39; Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 10; Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, Vor § 935 ZPO Rn. 31. 186 Vgl. nur Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 10. 187 Vgl. nur Schilken, Befriedigungsverfügung, S. 50 – 114. Die Leistungsverfügung wird heute teilweise als Unterfall der Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) eingeordnet, teilweise auf Rechtsfortbildungen gestützt oder teilweise in Anlehnung an die Sondervorschriften etwa des

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

61

Auf die §§ 49 ff. FamFG lassen sich diese Gedanken indes nicht ohne Weiteres übertragen. Der Umstand, dass die §§ 49 ff. FamFG grundsätzlich188 keine Haftungsfolge i. S. d. § 945 ZPO nach sich ziehen, schließt die Informationsanordnung zwar nicht per se aus.189 Er ändert insbesondere nichts am Bedürfnis nach effektivem Rechtsschutz, sondern wirkt sich allenfalls im Rahmen einer Interessenabwägung aus. Bei § 49 FamFG resultiert das Vorwegnahmeverbot allerdings nicht „nur“ aus dem Zweck und dem summarischen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes. Es hat vielmehr als klare, starre Regelung Eingang ins Gesetz (vgl. § 49 Abs. 1 FamFG) und in die Gesetzesbegründung190 gefunden, die die Informationserzwingung als nicht nur „vorläufige“ Maßnahme explizit ausschließt. So ist bisweilen ungeklärt, inwiefern sich das Vorwegnahmeverbot i. S. d. § 49 FamFG überhaupt überwinden lässt. Die Existenz der ZPO-Auskunftsverfügung beweist somit nicht zugleich die der FamFG-Informationsanordnung. Die Übertragbarkeit auf die engere Regelung des § 49 FamFG ist erst zu prüfen. Es erfordert eine nähere Betrachtung des Vorwegnahmeverbots. IV. Auslegung der §§ 49 ff. FamFG Bei „dem“ – meist singular genannten – Verbot der Hauptsachevorwegnahme191 ist zwischen Erfüllungsverbot und Präjudizverbot zu unterscheiden. Beide Verbote sind darauf hin zu untersuchen, ob sie sich in der konkreten Ausprägung, die sie bei der einstweiligen Anordnung i. S. d. § 49 FamFG erfahren haben, überwinden lassen. Diese Frage ist zwar rein prozessualer Natur, besitzt für § 51a GmbHG aber besondere Bedeutung. 1. Das Erfüllungsverbot i. S. d. § 49 FamFG Nach dem Erfüllungsverbot (auch: Befriedigungsverbot) dürfen Maßnahmen des einstweiligen Rechtschutzes nicht schon zur Erfüllung des Anordnungsanspruchs

geistigen Eigentums erlaubt; mit einer Übersicht: Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 11 m. w. N. 188 Ausnahmsweise, namentlich bei Familienstreitsachen nach § 112 Nr. 2 und 3 FamFG, erklärt § 119 Abs. 1 S. 2 FamFG die Haftung nach § 945 ZPO auch auf die einstweilige Anordnung für anwendbar. 189 So auch Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; krit. Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a. 190 BT-Drs. 16/6308, S. 199. 191 Der ambivalente Begriff „Hauptsachevorwegnahmeverbot“ wird uneinheitlich verwendet und mitunter als Erfüllungsverbot, als Präjudizverbot oder aber als Überbegriff für beides verstanden. Vorliegend soll er als Überbegriff dienen. Das entspricht seiner Ambivalenz und der Verwendung durch den Gesetzgeber (zum Präjudizverbot vgl. FGG-ReformG, BTDrs. 16/6308, S. 199, 259 f.; zum Erfüllungsverbot vgl. VAStrRefG, BT-Drs. 16/10144, S. 92).

62

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

führen, sondern müssen inhaltlich hinter ihm zurückbleiben.192 Baur hat insoweit die Formel geprägt, dass nur „minus“- und „aliud“-Maßnahmen erlaubt sind.193 Die Geltung des Erfüllungsverbots ist bei § 49 FamFG fast einhellig anerkannt.194 Dies lässt sich zwar nicht explizit aus dem Gesetzeswortlaut entnehmen, der mit der „vorläufige[n] Maßnahme“ primär auf das Präjudizverbot abstellt. Auch die Gesetzesbegründung verwendet nur den ambivalenten Begriff der „Vorwegnahme der Hauptsache“.195 Das Erfüllungsverbot folgt aber dennoch nicht nur aus Zweck und Charakter, sondern auch aus dem Umkehrschluss zu § 246 Abs. 1 FamFG, welcher als Sondervorschrift Unterhaltsberechtigten unter anderem gestattet, Unterhaltszahlungen in voller Höhe und ohne zeitliche Begrenzung196 durchzusetzen. Später, bei der Abschaffung der Leistungsanordnung in § 226 FamFG a. F., merkte der Gesetzgeber zudem ausdrücklich an, dass bei § 49 FamFG das Erfüllungsverbot gelte.197 Das FGG-Reformgesetz hat das Erfüllungsverbot i. S. d. § 49 FamFG jedoch weder positiv ausgestaltet noch in seinen dogmatischen Wurzeln festgelegt. Manche Kommentierungen stützen das Erfüllungsverbot auf den vorläufigen Charakter,198 192

Definition nach Gaul, FamRZ 2003, 1137, 1141. Baur, Studien, S. 49 f.; ebenso, statt aller Vollkommer, in: Zöller, § 938 Rn. 3; Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 6; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 935 Rn. 30; Huber, in: Musielak/Voit, § 938 Rn. 4. 194 Statt aller Soyka, in: MüKoFamFG, § 49 Rn. 13; Haußleiter, in: Haußleiter, § 49 Rn. 2; Büte, in: Johannsen/Henrich, § 49 Rn. 10; Feskorn, in: Zöller, § 49 Rn. 5 jeweils m. w. N. A. A. Stockmann, in: Kemper/Schreiber, § 49 Rn. 2 mit Verweis auf Gaul, FamRZ 2003, 1137, 1141 – 1143, wonach ein Erfüllungsverbot als solches nicht existiere. Kritisch auch Schwonberg, in: Schulte-Bunert/Weinreich, § 49 Rn. 7. Vgl. auch zum Erfüllungsverbot i. S. d. §§ 935 ff. ZPO: Damm, ZHR 154 (1990), 413, 416 f. m. w. N. zum Streit um den Sicherungs- oder Regelungscharakter; Werner, NZG 2006, 761, 763 bezweifelt Existenz des Erfüllungsverbots hingegen wegen der zahlreichen gesetzlichen Ausnahmevorschriften. 195 Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/6308, S. 199) soll die Beschränkung auf „vorläufige Maßnahme[n]“ zum Ausdruck bringen, dass, „wie im Recht der einstweiligen Verfügung, der Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache“ gelte. Der Gesetzgeber geht aber nicht explizit auf das Erfüllungsverbot ein, sondern ausschließlich auf die Vorläufigkeit und die Aufhebbarkeit der Maßnahme. Nur der Verweis auf die einstweilige Verfügung und der vorläufige Charakter lassen das Erfüllungsverbot vermuten. 196 So ausdrücklich BT-Drs. 16/6308, S. 259 f.; vgl. etwa auch Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 15. 197 § 226 FamFG a. F. gestattete eine Leistungsanordnung bez. der Ausgleichsrente und Hinterbliebenenversorgung, vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 253 f. Noch vor ihrem Inkrafttreten schuf der Gesetzgeber diese Norm allerdings wieder ab und verwies den Unterhaltsberechtigten nunmehr auf eine Notrente. Das Gericht habe „zu beachten, dass im Rahmen von § 49 FamFG der beanspruchte Rentenbetrag nicht in voller Höhe zugesprochen werden darf (keine Vorwegnahme der Hauptsache).“, BT-Drs. 16/10144, S. 92. 198 Bumiller/Harders/Schwamb, in: Bumiller/Harders/Schwamb, § 49 Rn. 5 f.; Feskorn, in: Zöller, § 49 Rn. 5; Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 15; Löhnig/Heiß, in: Bork/Jacoby/Schwab, § 49 Rn. 19. 193

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

63

andere auf die Unsicherheiten des summarischen Verfahrens199 und wiederum andere auf die materielle Akzessorietät200 der einstweiligen Anordnung. Auf diesen Streit kommt es vorliegend nicht an, da alle Ansätze eine Ausnahme vom Erfüllungsverbot erlauben, soweit sie ultima ratio ist und bei einer Abwägung den Schuldnerinteressen Stand halten kann. Der vorläufige Charakter legt zwar nahe, nicht die vorläufige Erfüllung, sondern auch inhaltlich nur Überbrückungsmaßnahmen anzuordnen. Er bezieht sich jedoch hauptsächlich auf die zeitliche Dimension, also die Dauerhaftigkeit der einstweiligen Anordnung (Präjudizverbot). Konkrete Vorgaben oder (starre) Grenzen des Erfüllungsverbots ergeben sich daraus nicht. Auch die Sicherungsfunktion wird gewahrt. Vorrang haben die Sicherungs- und Regelungsmaßnahmen. Helfen diese aber nicht weiter, lässt sich der Anspruch nur mittels Durchsetzung schützen. Ein zwingender Ausschluss ergibt sich auch hieraus nicht. Soweit die Risiken des summarischen Verfahrens als Einwand erhoben werden, betreffen diese vornehmlich das Präjudizverbot. Sie mögen zwar bei der Interessenabwägung ins Gewicht fallen, schließen die Erfüllung aber nicht per se aus, zumal sich etwaige Risiken beschränken lassen. Und die materielle Akzessorietät eignet sich nicht als Argument für ein (starres) Erfüllungsverbot, weil sie gerade nur Maßnahmen verbietet, die über den Anordnungsanspruch hinausgehen, nicht aber inhaltlich deckungsgleich sind. Das Erfüllungsverbot i. S. d. § 49 FamFG bildet somit keine starre, unüberwindbare Grenze. Es handelt sich lediglich um einen „Grundsatz“, von dem in Ausnahmefällen erforderlichenfalls abgewichen werden kann. Da Ausnahmen vom Erfüllungsverbot nicht den Wortlaut der §§ 49 ff. FamFG übersteigen, sind sie schlicht im Wege der Auslegung erreichbar und bedürfen insbesondere keiner Rechtsfortbildung. Angesichts der mit der vorzeitigen Erfüllung verbundenen Gefahren, endgültige Tatsachen zu schaffen, sind allerdings dieselben strengen Voraussetzungen an den Anordnungsgrund zu stellen wie bei der ZPO-Leistungsverfügung. Vergleicht man diesen Befund mit den §§ 935 ff. ZPO, zeigt sich, dass beide Erfüllungsverbote inhaltlich gleichlaufen, mit der Ausnahme, dass sich der fehlende § 945 ZPO möglicherweise auf die Interessenabwägung auswirkt. Bei § 49 FamFG folgt die Geltung des Erfüllungsverbots zwar mittelbar aus dem Gesetz und der Gesetzesbegründung. Da das Erfüllungsverbot auch bei den §§ 49 ff. FamFG keine Konkretisierung oder dogmatische Festlegung erfahren hat, wurzelt es aber letztlich in denselben Ansätzen wie bei den §§ 935 ff. ZPO und gibt inhaltlich mithin dieselben Vorgaben, unter denen es sich überwinden lässt.

199 200

Haußleiter, in: Haußleiter, § 49 Rn. 2; vgl. auch Stößer, in: Prütting/Helms, § 49 Rn. 3. Soyka, in: MüKoFamFG, § 49 Rn. 13 f.

64

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

2. Das Präjudizverbot i. S. d. § 49 FamFG Problematisch ist aber, ob sich das Präjudizverbot i. S. d. § 49 FamFG überwinden lässt. Hiernach darf einstweiliger Rechtsschutz keine Bindungswirkung gegenüber dem Hauptsacheverfahren entfalten.201 Es beschränkt Maßnahmen nicht in ihrem sachlichen, sondern in ihrem zeitlichen Umfang. Genauer: Es fragt nach der Dauerhaftigkeit. Anders als bei den §§ 935 ff. ZPO hat das Präjudizverbot bei der einstweiligen Anordnung Eingang in den Gesetzeswortlaut und die Gesetzesmaterialien gefunden. Gemäß § 49 Abs. 1 Hs. 1 FamFG kann das Gericht durch einstweilige Anordnung (nur) „vorläufige“ Maßnahmen treffen. Die Gesetzesbegründung untermauert dies, wonach „nur vorläufige Maßnahmen in Betracht kommen“.202 Der Begriff der Vorläufigkeit solle zudem den „Gesichtspunkt des Außerkrafttretens der Maßnahme besonders beton[en]“.203 Dagegen sei mit dem engen Wortlaut des § 49 Abs. 2 S. 1 FamFG keine Begrenzung gegenüber den §§ 935 ff. ZPO verbunden und der Beispielkatalog in § 49 Abs. 2 S. 2 FamFG sei nicht abschließend.204 Der Begriff „vorläufige Maßnahme“ erfasst auch bei weitestmöglicher Auslegung nur Maßnahmen, die entweder von allein außer Kraft treten oder aber sich zumindest wieder aufheben lassen. Ausweislich der Formulierung „Außerkrafttreten“205 stellt der Gesetzgeber darauf ab, ob sich die Maßnahme rechtlich für die Zukunft wieder aufheben lässt. Dem Begriff „vorläufig“ unterfallen deshalb auch solche Maßnahmen, die entweder freiwillig aufrechterhalten werden, weil die Parteien ein Hauptsacheverfahren etwa für entbehrlich halten,206 oder die für die Vergangenheit nicht mehr aufgehoben werden können (z. B. Unterlassungsanordnung). Rein begrifflich ist die Informationsanordnung hiernach ausgeschlossen. Nach der Vollziehung lassen sich zwar Akten etc. zurückgeben, das Gedächtnis speichert die Information aber für ungewisse Zeit. Und inwiefern das Präjudizverbot auch ohne gesetzliche Ausnahme durchbrochen werden kann, greift die Literatur nur selten auf.207 Nach Sinn und Zweck des Präjudizverbots scheint die Informationserzwingung zumindest in Ausnahmefällen denkbar. Endgültige Maßnahmen sollen in erster Linie deshalb verhindert werden, weil sie dem provisorischen Charakter widersprächen und auf einer unsicheren, im summarischen Verfahren ermittelten Tatsachengrundlage ergingen. Gefahren des summarischen Verfahrens ließen sich aber zum einen durch einen strengeren Prüfungsmaßstab und Schadensersatzansprüche ab201 202 203 204 205 206 207

Definition nach Gaul, FamRZ 2003, 1137, 1141. BT-Drs. 16/6308, S. 199. BT-Drs. 16/6308, S. 199. BT-Drs. 16/6308, S. 199. BT-Drs. 16/6308, S. 199. Vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 200; Viefhues, in: Horndasch/Viefhues, § 49 Rn. 59 – 60. Stößer, in: Prütting/Helms, § 49 Rn. 4; Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 15.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

65

dämpfen. Zum anderen wäre der Eilrechtsschutz gehindert, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG). Diese Argumentation trägt letztlich auch die ZPO-Auskunftsverfügung.208 Doch ungeachtet der Möglichkeit, den Gefahren des summarischen Verfahrens anderweitig zu begegnen, überschreitet die Informationserzwingung die klare Wortlautgrenze des § 49 Abs. 1 FamFG. Dabei hat der Gesetzgeber das Präjudizverbot nicht als Verbotsvorschrift ausgestaltet. Mit der Begrenzung auf vorläufige Maßnahmen hat er vielmehr die Anordnungskompetenz („kann“) beschrieben209 und somit die Rechtsmacht des Gerichts festgelegt. Anders als bei den §§ 935 ff. ZPO, wo sich das Präjudizverbot „nur“ auf Sinn und Zweck des Eilrechtsschutzes und den summarischen Charakter stützt, ist es bei § 49 FamFG als starre Grenze im Wortlaut verankert. Auch wenn die Ausgestaltung der §§ 49 ff. FamFG dem Recht der einstweiligen Verfügung nachempfunden ist,210 ist der Wortlaut des FamFG-Eilrechtsschutzes zum einen enger und zum anderen starr. Rechtsprechung und Literatur haben diesen Unterschied, soweit ersichtlich, noch nicht behandelt.211 Eine Überwindung des Gesetzeswortlauts kommt daher allenfalls im Wege der Rechtsfortbildung in Betracht. 3. Kasuistik zum Präjudizverbot i. R. d. § 49 FamFG Möglicherweise gewähren bereits andere Fallgruppen darüber Aufschluss, ob das Präjudizverbot i. S. d. § 49 Abs. 1 FamFG überwindbar ist. Die Existenz des § 246 FamFG als Ausnahme vom Präjudizverbot lässt nicht allgemein auf die Zulässigkeit endgültiger Maßnahmen schließen. Es handelt sich um einen durch das Gesetz privilegierten Spezialfall, der auf die Unterhaltsanordnung zugeschnitten ist. Darüber hinaus ließe die einstweilige Anordnung auf Unterhaltszahlung auch nicht auf die Informationsanordnung schließen. Auch wenn sie unbefristet ergeht, stellt sie keine irreversible Maßnahme dar, denn sie kann wieder aufgehoben und grundsätzlich auch rückabgewickelt werden (vgl. §§ 812 ff. BGB). Dass der Schuldner entreichert (§ 818 Abs. 3 BGB) oder zahlungsunfähig sein kann, steht dem nicht entgegen. Es kommt ausweislich der Gesetzesbegründung auf die rechtliche Aufhebbarkeit („Außerkrafttreten“)212 der einstweiligen Anordnung an. Der Einwand der Entreicherung bildet zudem zumindest in rechtlicher Hinsicht die Ausnahme.

208

Vgl. dazu Kapitel 2 § 3 A. III. Feskorn, in: Zöller, § 49 Rn. 6; Stößer, in: Prütting/Helms, § 49 Rn. 6; Weber, Einstweilige Anordnung und Familienverfahren, S. 121. 210 BT-Drs. 16/6308, S. 199. 211 Ausdrückliche Erwähnung findet bislang allenfalls der engere, aber nur beispielhafte § 49 Abs. 2 FamFG, vgl. Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 338. 212 BT-Drs. 16/6308, S. 199. 209

66

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Die einstweilige Anordnung von Gewaltschutzmaßnahmen (§ 214 FamFG i. V. m. §§ 1, 2 GewSchG) ist typischerweise inhaltlich mit der Hauptsache identisch213 und kann rückwirkend nicht mehr beseitigt werden. Sie gewähren dennoch keinen Aufschluss über das Präjudizverbot bzw. für § 51a GmbHG, da Gewaltschutzmaßnahmen zum einen zu befristen sind214 und sich zum anderen zumindest für die Zukunft wieder aufheben lassen. Für das Präjudizverbot von Interesse wären rechtsgestaltende einstweilige Anordnungen wie etwa die Einziehung oder Für-Kraftlos-Erklärung von Erbscheinen (§ 2361 BGB) und Testamentsvollstreckerzeugnissen (§§ 2368 S. 2, 2361 BGB). Beides wären echte irreversible Maßnahmen, da sie nicht durch das Gericht, sondern allenfalls durch Neuausstellung „rückgängig“ gemacht werden könnten.215 Bisweilen haben aber weder Schrifttum noch Rechtsprechung die Einziehung mittels Eilrechtsschutz thematisiert,216 weil insoweit mit der Herausgabe zu den Akten stets eine vorrangige „Minus“-Maßnahme möglich ist. Auch soweit es um die gerichtliche Gestattung der Auskunft über Verkehrsdaten i. S. v. § 3 Nr. 30 TKG geht (vgl. § 101 Abs. 9 UrhG),217 konnte die Rechtsprechung bislang die vorzeitige Gestattung vermeiden, indem sie via einstweiliger Anordnung allenfalls Speicherpflichten bis zur Gestattung im Hauptsacheverfahren traf.218 Die Auskunftserteilung hätte das weitere Gestattungsverfahren mitsamt datenschutzrechtlichen Interessen endgültig hinfällig gemacht. 213 Umso mehr betonen etwa das das OLG Hamm, 9. 12. 2009 – 10 WF 274/09, NJW, 539, 540 und das OLG Saarbrücken, 19. 5. 2010 – 6 UF 38/10, FamRZ 2010, 1810, 1811 f., dass mit Blick auf das Hauptsachevorwegnahmeverbot nur eine „vorläufige“ Regelung getroffen werden darf. 214 Das Befristungserfordernis folgt sowohl aus der Soll-Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 2 GewSchG als auch aus dem Vorwegnahmeverbot und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, vgl. OLG Saarbrücken, 19. 5. 2010 – 6 UF 38/10, FamRZ 2010, 1810, 1811 f.; OLG Hamm, 9. 12. 2009 – 10 WF 274/09, NJW 2010, 539, 540. 215 Statt aller Mayer, in: MüKoBGB, § 2361 Rn. 46. 216 Zum Erbschein vgl. OLG Saarbrücken, 7. 11. 2011 – 5 W 239/11 – 106, FamRZ 2012, 1334, 1334 f.; Schleswig-Holsteinisches OLG, 27. 5. 2013 – 3 Wx 57/13, BeckRs 2015, 17100; OLG Frankfurt, 30. 7. 2015 – 21 W 99/15, FamRZ 2016, 852, 854 f. Zum Testamentsvollstreckerzeugnis vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, 13. 7. 2015 – 3 Wx 68/15, FamRZ 2016, 86, 86. 217 Der Auskunftsanspruch (§ 101 Abs. 1 UrhG) ist im Verfahren der ZPO geltend zu machen, vgl. § 101 Abs. 7 UrhG. Das Gestattungsverfahren bez. Verkehrsdaten richtet sich dagegen nach dem FamFG, vgl. § 101 Abs. 9 S. 4 UrhG. Entsprechende Regelungen finden sich auch für sonstige gewerbliche Schutzrechte. 218 Vgl. OLG Nürnberg, 3. 6. 2009 – 3 W 471/09, OLG Nürnberg 2009, 833; OLG Köln, 24. 1. 2011 – 2 Wx 18/11, BeckRs 2011, 04519; OLG Karlsruhe, 12. 12. 2011 – 6 W 69/11, GRUR-RR 2012, 230; OLG Köln, 21. 1. 2013 – I-2 Wx 380/12, MMR 2013, 257. Einen „Ausnahmefall, in dem eine Vorwegnahme der Hauptsache zulässig wäre“, hat die Rspr. bislang nur unter dem FGG angedeutet, vgl. OLG Köln, 21. 10. 2008 – 6 Wx 2/08, GRURRR 2009, 9, 10.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

67

Am häufigsten durchbrechen Literatur und Rechtsprechung das Präjudizverbot des § 49 FamFG in Kindschaftssachen. Ist das Kindeswohl gefährdet, ermächtigt § 1666 BGB das Gericht zu Schutzmaßnahmen. Dazu hat es ausnahmsweise die Möglichkeit, das Aufenthaltsbestimmungsrecht mittels einstweiliger Anordnung an den anderen Elternteil zu übertragen.219 Die Übertragung ist zwar rechtlich prinzipiell wieder aufhebbar. Sie entfaltet aber tatsächlich auch für die Folgeverfahren meist endgültige Wirkung, denn die Rechtsprechung bewilligt eine erneute (d. h. Rück-)Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nur äußerst restriktiv, weil dies „in der Regel“ dem Kindeswohl widerspreche.220 Die Rückabwicklung wäre somit in rechtlicher Hinsicht „grundsätzlich“ ausgeschlossen. Dieser Fall kommt der Informationserzwingung sehr nahe, erlaubt aber trotzdem keine gesicherten Schlüsse für § 51a GmbHG. Der Unterschied liegt darin, dass sich das Aufenthaltsbestimmungsrecht jedenfalls in wichtigen Fällen sowohl rechtlich als auch tatsächlich zurückübertragen lässt. Damit ist es noch immer als „vorläufig“ i. S. v. § 49 FamFG zu werten. Dem § 51a GmbHG am nächsten kommt derzeit die einstweilige Anordnung, bei der auf einen Elternteil die Befugnis übertragen werden soll (vgl. § 1618 BGB), den Vor-221 (vgl. Art. 6 GG, § 1626 Abs. 1 S. 2 BGB) oder Familiennamen (§§ 1616 ff. BGB) des Kindes zu wählen. Die Übertragung dieses Bestimmungsrechts ist insofern irreversibel, dass sich der Vor- bzw. Familienname nach der Ausübung dieses Rechts nur noch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wieder ändern lässt, vgl. §§ 11, 3 NamÄndG. Obendrein kann nicht mehr das (Familien-)Gericht, sondern nur noch die Verwaltungsbehörde den Namen in einem selbstständigen, neuen Rechtsakt korrigieren. Wenngleich das Oberlandesgericht Karlsruhe im konkreten Fall diese endgültige Maßnahme ablehnte, fragte es dennoch nach „[b]esondere[n] Gründe[n] des Kindeswohls, die dennoch eine Entscheidung für erforderlich erscheinen lassen, insbesondere als eine konkrete drohende erhebliche Gefahr“.222 Ebenfalls interessant ist, dass das Oberlandesgericht zur Interpretation des „neuen“ Präjudizverbots i. S. d. §§ 49 ff. FamFG wie selbstverständlich auf eine Entscheidung von 1971223 verweist, also auf die „alte“ einstweilige Anordnung nach den §§ 620 ff. ZPO a. F. zurück219 Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 13 und 15; Soyka, in: MüKoFamFG, § 49 Rn. 16; Schlünder, in: BeckOK-FamFG, § 49 Rn. 16; Bumiller/Harders/Schwamb, in: Bumiller/Harders/Schwamb, § 49 Rn. 6; OLG München, 4. 11. 2015 – 12 UF 1302/15, FamRZ 2016, 245, 245 f.; OLG Brandenburg, 28. 8. 2015 – 10 UF 113/15, NZFam 2016, 571; OLG Koblenz, 3. 12. 2014 – 13 UF 689/14, JAmt 2015, 327 = FamRZ 2015, 1213; Schleswig-Holsteinisches OLG, 14. 4. 2014 – 10 UF 19/14, FamRZ 2014, 1383, 1384; OLG Nürnberg, 22. 3. 2013 – 10 UF 6/13, FamRZ 2014, 52, 53; OLG Celle, 19. 7. 2012 – 15 UF 81/12, ZKJ 2012, 446, 448; OLG Hamm, 15. 11. 2010 – 8 WF 240/10, FamFR 2011, 44, 44; vgl. auch OLG Rostock, 8. 9. 2016 – 10 UF 74/16, FamRZ 2017, 215, 216 und KG, 9. 4. 2014 – 17 UF 28/14, FamRZ 2014, 1790, 1791 f. 220 OLG Brandenburg, 17. 4. 2003 – 10 WF 43/03, NJW-RR 2003, 1516, 1516. 221 Vgl. OLG Karlsruhe, 30. 6. 2016 – 5 UF 74/16, FamRZ 2017, 40. 222 OLG Karlsruhe, 30. 6. 2016 – 5 UF 74/16, FamRZ 2017, 40, 41. 223 OLG Celle, 21. 2. 1971 – 1 W 10/71, OLGZ 1972, 50, 51.

68

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

greift. Zu bemängeln ist allenfalls, dass das Gericht die endgültige Maßnahme schlicht abstrakt als „Vorwegnahme der Hauptsache“ scheitern ließ,224 während die in § 49 Abs. 1 FamFG und den Gesetzesmaterialien verankerte Beschränkung auf vorläufige Maßnahmen unerwähnt blieb. Zwar lässt dieser Vergleichsfall infolge der Härteklausel in den §§ 11, 3 NamÄndG keinen zwingenden Schluss auf § 51a GmbHG zu. Auch nennt die Entscheidung keine dogmatische Herleitung. Sie deutet aber ebenfalls an, dass es ausnahmsweise erforderlich und auch möglich sein könnte, das in § 49 FamFG angelegte Präjudizverbot zu durchbrechen. 4. Zwischenergebnis In direkter Anwendung erlauben die §§ 49 ff. FamFG keine Informationserzwingung im Wege der einstweiligen Anordnung. Zwar ist das Erfüllungsverbot in den §§ 49 ff. FamFG, im Gleichlauf mit den §§ 935 ff. ZPO, nicht fest konturiert und daher in Ausnahmefällen überwindbar, ohne dass es der Rechtsfortbildung bedarf. Allerdings stellt das Präjudizverbot i. S. d. § 49 Abs. 1 FamFG eine starre, im Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung verankerte Grenze dar. Die Durchbrechung des Präjudizverbots kommt allenfalls im Wege der Rechtsfortbildung in Betracht. Anders als beim ZPO-Eilrechtsschutz ist bei der einstweiligen Anordnung weitgehend ungeklärt, inwiefern das Präjudizverbot ohne gesetzliche Ausnahme durchbrochen werden kann. Bei der Übersicht von Rechtsprechung und Literatur finden sich bislang keine Fälle, die sich lupenrein mit der Durchbrechung des Präjudizverbots bei § 51a GmbHG vergleichen lassen. Zumindest aber deutet der Vergleich mit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Befugnis, den Kindesname zu wählen, eine gewisse Tendenz an, Ausnahmen vom Präjudizverbot in Extremfällen doch zuzulassen. These 4: Obwohl das Erfüllungsverbot i. S. d. § 49 FamFG weitgehend unkonturiert ist, läuft es inhaltlich mit dem Erfüllungsverbot der §§ 935 ff. ZPO gleich, sodass sich insoweit die Erkenntnisse der ZPO-Auskunftsverfügung übertragen lassen. Dagegen stützt sich das Präjudizverbot i. S. d. §§ 49 ff. FamFG, anders als bei den §§ 935 ff. ZPO, nicht „nur“ auf den Sinn und Zweck und den summarischen Charakter des Verfahrens, sondern wurde als starre Beschränkung auf vorläufige Maßnahmen in Gesetzeswortlaut und -begründung verankert. Die Erkenntnisse zur ZPO-Auskunftsverfügung lassen sich daher nicht auf das engere, starre Präjudizverbot i. S. d. § 49 FamFG übertragen.

V. Endgültige Maßnahmen kraft Rechtsfortbildung? Da Gesetzeswortlaut und Gesetzesbegründung keine Informationserzwingung erlauben, stellt sich die Frage, ob solche irreversiblen Maßnahmen im Wege der

224

OLG Karlsruhe, 30. 6. 2016 – 5 UF 74/16, FamRZ 2017, 40, 41.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

69

Rechtsfortbildung erreicht werden können. Dabei fragt sich insbesondere, welcher Weg zu beschreiten ist. 1. Sondervorschriften des geistigen Eigentums Zahlreiche Sondervorschriften, die erlauben, Auskunfts-225 sowie Vorlage- und Besichtigungsansprüche226 mittels einstweiliger Verfügung durchzusetzen, existieren auf dem Gebiet des geistigen Eigentums. Besteht der Verdacht, dass ein Schutzrecht verletzt wird, sollen die Sondervorschriften dem Rechtsinhaber helfen, Quellen und Vertriebswege des Verletzers wirksam, d. h. schnell trockenzulegen,227 den Umfang der Verletzung festzustellen und Beweismittel für Schadensersatzprozesse zu sichern.228 Die analoge Anwendung dieser Sondervorschriften auf § 51a GmbHG stößt im Ergebnis zu Recht auf Ablehnung.229 Dies folgt jedoch nicht bereits aus dem Ausnahmecharakter. Wie bei Sondervorschriften so häufig werden auch die Auskunftsverfügungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums gleichermaßen genutzt, um in sonstigen Fällen entweder den Umkehrschluss230 zu ziehen, dass die Ausnahmevorschriften nicht für andere Fälle gelten, oder aber Vorbildfunktion und Legitimationswirkung231 für andere Auskunftsverfügungen zu attestieren. Die Intention, die Existenzgrundlage von Schöpfern und Erfindern zu sichern,232 spricht sogar zunächst eher zugunsten der Analogiefähigkeit dieser Vorschriften. Letztlich hat eine Analogie aber deshalb zu unterbleiben, weil die Vorschriften auf der EU-

225

Auskunftsansprüche: § 46 Abs. 1 – 3 DesignG, § 140b Abs. 1 – 3 PatG, § 101 Abs. 1 – 3 UrhG, § 19 Abs. 1 – 3 MarkenG, § 37b Abs. 1 – 3 SortSchG und § 24b Abs. 1 – 3 GebrMG (ggf. i. V. m. § 9 Abs. 2 HalblSchG). Die Durchsetzung per einstweiliger Verfügung erlauben: § 46 Abs. 7 DesignG, § 140b Abs. 7 PatG, § 101 Abs. 7 UrhG, § 19 Abs. 7 MarkenG, § 37b Abs. 7 SortSchG und § 24b Abs. 7 GebrMG (ggf. i. V. m. § 9 Abs. 2 HalblSchG). 226 Vorlage- und Besichtigungsansprüche: § 46a Abs. 1 S. 1 DesignG, § 140c Abs. 1 S. 1 PatG, § 101a Abs. 1 S. 1 UrhG, § 19a Abs. 1 S. 1 MarkenG und § 37c Abs. 1 S. 1 SortSchG und ähnlich in § 24d Abs. 1 S. 1 GebrMG (i. V. m. § 9 Abs. 2 HalbSchG). Die Durchsetzung per einstweiliger Verfügung erlauben: § 46a Abs. 3 S. 1 DesignG, § 140c Abs. 3 S. 1 PatG, § 101a Abs. 3 S. 1 UrhG, § 19a Abs. 3 S. 1 MarkenG und § 37c Abs. 3 S. 1 SortSchG sowie ähnlich § 24d Abs. 3 S. 1 GebrMG (i. V. m. § 9 Abs. 2 HalblSchG). 227 Vgl. BT-Drs. 11/4792, S. 31 f.; statt aller. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 101 Rn. 1; Ingerl/Rohnke, in: Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 19 Rn. 4. 228 Statt aller: Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 101a Rn. 1 f.; Ingerl/Rohnke, in: Ingerl/ Rohnke, MarkenG, § 19a Rn. 2. 229 Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 337; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1253. 230 So im Ergebnis Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 337; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1253. 231 Teplitzky, in: FS Kreft, S. 163, 163 f. 232 Vgl. BT-Drs. 11/4792, S. 16.

70

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums233 fußen und damit den speziellen wirtschaftspolitischen Zweck verfolgen, Produktpiraterie zu bekämpfen.234 Ziel ist die Verwirklichung des EU-Binnenmarkts, indem Innovationen und Investitionen besser geschützt, der Arbeitsmarkt entwickelt und die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden.235 Mit dem Gesellschafter, der über seine GmbH Bescheid wissen will, hat dies wenig gemeinsam. Zweifelhaft ist zudem, ob die Sondervorschriften des geistigen Eigentums überhaupt Aussagen über andere Informationsrechte treffen sollen, denn sie bezwecken als Umsetzungsrecht letztlich nur, eine Richtlinie zu implementieren. Teile der Literatur wollen den Sondervorschriften des geistigen Eigentums aber zumindest einen allgemeinen Rechtsgedanken dahingehend entnehmen, dass die Informationserzwingung im Eilrechtsschutz möglich sein müsse, wenn sie existenzielle Bedeutung hat und effektiver Rechtsschutz anders nicht zu erreichen ist.236 Schuschke und Werner schließen daraus, dass deshalb auch § 51a GmbHG ausnahmsweise mittels einstweiliger Anordnung durchsetzbar sein müsse.237 Die Begründung überzeugt jedoch nicht. Ein solcher Rechtsgedanke, der auf die existenzielle Bedeutung Bezug nimmt, lässt sich allenfalls auf Art. 19 Abs. 4 GG stützen, nicht aber den Sondervorschriften des geistigen Eigentums entnehmen. Weder knüpfen die Sondervorschriften des geistigen Eigentums rechtlich an einer konkreten existenziellen Gefahr an. Sie verlangen nur eine Schutzrechtsverletzung (bzw. sogar nur dahingehende Anhaltspunkte), also eine hinsichtlich der Existenzgrundlage äußerst abstrakte, ferne Gefahr. Noch besitzt die einzelne Schutzrechtsverletzung in aller Regel tatsächlich existenzielle Bedeutung. Aber auch wenn die Sondervorschriften des geistigen Eigentums einen Umkehrschluss zuließen, erlaubte dies keine sichere Aussage. Offen bliebe, ob die übrigen Informationsrechte nur grundsätzlich, also mit Ausnahme existenzieller Fälle, oder aber ganz dem Eilrechtsschutz entzogen sein sollten.238 Ferner hülfe ein etwaiger extrahierter Rechtsgedanke bei § 49 FamFG schon in methodischer Hinsicht nicht weiter. Anders als bei den §§ 935 ff. ZPO, die infolge ihrer weiten Formulierung genügend Raum für eine diesem etwaigen Rechtsgedanken entsprechende Auslegung bieten, stieße er bei § 49 FamFG an die 233 Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums; Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008, BGBl. 2008 I, S. 1191. 234 Richtlinie 2004/48/EG Erwägungsgrund 7, 13 und 19; BR-Drs. 64/07, S. 1 und 55 ff.; BT-Drs. 16/5048, S. 1 und 25 ff. 235 Vgl. Richtlinie 2004/48/EG Erwägungsgrund 1; BT-Drs. 16/5048, S. 53. 236 Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 337. Ähnlich Werner, GmbHR 2016, 1252, 1253, wonach ein solcher allgemeiner Rechtsgedanke den Sondervorschriften des geistigen Eigentums „entnommen“ werden könne. Ähnlich Teplitzky, in: FS Kreft, S. 163, 163 f., der den Sondervorschriften des geistigen Eigentums eine „Ausstrahlungswirkung“ bescheinigt. Ähnlich auch Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42. 237 Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 337 f.; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1253. 238 Ähnlich zu den möglichen Umkehrschlüssen aus § 246 FamFG: Fest, NJW 2012, 428, 428.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

71

Wortlautgrenze („vorläufig“). Die Wortlautgrenze zu überschreiten hieße aber, eine – für die Sondervorschriften des geistigen Eigentums soeben bereits abgelehnte – Rechtsfortbildung zu betreiben. Insgesamt helfen die Sondervorschriften des geistigen Eigentums somit bezüglich der Durchsetzung des § 51a GmbHG im Eilrechtsschutz nicht weiter. 2. Leistungsverfügung analog §§ 935, 940 ZPO Bayer trägt sich mit dem Gedanken, bei zur Durchsetzung des § 51a GmbHG ergänzend auf das ZPO-Eilrechtsschutzregime zurückzugreifen. Das Gericht könne durch einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG vorläufige Maßnahmen treffen. Zur Anspruchsdurchsetzung zieht er darüber hinaus „Leistungsverfügungen gemäß §§ 935, 940 ZPO“ in Betracht.239 Dieser Lösungsansatz erscheint auf den ersten Blick wünschenswert, denn er ermöglichte die Informationserzwingung und brächte folgerecht § 945 ZPO zur Geltung. Diese Lösung widerspräche allerdings nicht nur Sinn und Zweck des Eilrechtsschutzes und umginge das bei § 49 FamFG in Gesetzeswortlaut und -begründung240 verankerte Präjudizverbot. Der Rückgriff auf die ZPO-Leistungsverfügung durchbräche auch die Verfahrenszuständigkeit. Der Gesetzgeber hat die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 – 942 ZPO explizit vom Anwendungsbereich des FamFG ausgeschlossen. Das FamFG verweist an keiner Stelle auf die §§ 935 ff. ZPO.241 Es sieht mit der neu konzipierten einstweiligen Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG nunmehr ein einheitliches Eilrechtsschutzregime vor, das umfassend für alle FamFGSachen gilt,242 also auch die Leistungsverfügung ausschließt.243 Daneben zeigt § 246 FamFG, dass sich der Gesetzgeber zugunsten einer „Einheitslösung“ entschieden hat, d. h. dass eine erforderliche Vorwegnahme der Haupte auf Grundlage der einstweiligen Anordnung und damit innerhalb des FamFG zu erfolgen hat.244 Ebenso zeigt ein struktureller Vergleich mit anderen Eilrechtsschutzregimen, namentlich denen der §§ 935 ff. ZPO, § 123 VwGO, § 114 FGO und insbesondere dem ebenfalls auf vorläufige Maßnahmen beschränkten § 32 BVerfGG, dass die Hauptsachevorwegnahme stets auf dem Boden des eigenen Eilrechtsschutzregimes 239

Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 10. Die Leistungsverfügung komme allerdings „aufgrund der strengen Anforderungen […] kaum in Betracht“. 240 BT-Drs. 16/6308, S. 199. 241 So ausdrücklich BT-Drs. 16/6308, S. 226; Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 3; OLG Karlsruhe, 5. 8. 2010 – 18 UF 100/10 Rn. 6, FamRZ 2011, 234. 242 Vgl. Haußleiter, in: Haußleiter, § 49 Rn. 4 f. 243 Die einstweilige Verfügung ist ganz vom FamFG-Anwendungsbereich ausgeschlossen, ungeachtet ihrer Form. Im Ergebnis ebenso OLG Saarbrücken, 21. 9. 2010 – 8 W 215/10 – 36, GmbHR 2011, 33, 34 f. 244 Sogar der Unterhaltsanspruch – ursprünglich der Paradefall der ZPO-Leistungsverfügung, vgl. Gaul, FamRZ 2003, 1137, – ist der FamFG-Leistungsanordnung zugeordnet.

72

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

erfolgt. Entscheidend für das anwendbare Eilrechtsschutzregime ist demnach die Rechtsnatur des zu sichernden Anspruchs (Tatbestandsseite des Eilrechtsschutzes), nicht die Art der beantragten Maßnahme (Rechtsfolgenseite).245 Hiernach bleibt bei § 51a GmbHG der Rückgriff auf die ZPO-Leistungsverfügung verwehrt. Eine gespaltene Anwendung von FamFG- und ZPO-Eilrechtsschutzregime ist nicht zuletzt auch in der Sache abzulehnen. Sie brächte unzumutbare Rechtsunsicherheiten. Zwar ließen sich nachträgliche Sachverhaltsänderungen durch § 17 Abs. 1 GVG (analog) auffangen. Auch könnte man Unterschiede in der Terminologie (§ 113 Abs. 5 FamFG) und etwa bei den Rechtsmitteln notfalls durch Auslegung246 und das Meistbegünstigungsprinzip247 abfedern. Weil aber unter Umständen erst mit dem Abschluss des Eilverfahrens klar ist, ob das Gericht dem Antrag voll oder nur teilweise stattgibt, bliebe bis zum Ende des Eilverfahrens auch die Verfahrensnatur unklar. Es käme zu einem Schwebezustand etwa hinsichtlich der divergierenden Verfahrensgrundsätze und -regeln und der Haftungsfolge. Noch dazu hat das Gericht bei der Wahl der anzuordnenden Maßnahme einen gewissen Ermessensspielraum.248 Ein solcher Schwebezustand ist unzumutbar, insbesondere ab einem bestimmten Verfahrensfortschritt. Sowohl die Systematik des FamFG als auch der strukturelle Vergleich mit anderen Eilrechtsschutzregimen als auch die Erwägungen in der Sache haben gezeigt, dass irreversible Maßnahmen im Rahmen der §§ 49 ff. FamFG – sofern überhaupt möglich – allein auf Grundlage des Hausverfahrens zu erfolgen haben (Einheitslösung), wohingegen die verfahrensübergreifende Anwendung der ZPO-Leistungsverfügung ausgeschlossen ist. Konkret beim Informationsrecht des § 51a GmbHG ist die Lösung auf dem Boden des FamFG-Eilrechtsschutzregimes, d. h. der §§ 49 ff. FamFG (einschließlich § 246 FamFG), zu suchen.

245

Einzig bei Geldansprüchen ist zwischen der Anspruchssicherung und -durchsetzung zu unterscheiden, um den statthaften Rechtsbehelf zu finden: den einstweiligen Arrest i. S. d. §§ 916 ff. ZPO oder die Leistungsverfügung. Dabei handelt es sich jedoch um keine echte Ausnahme von der genannten Regel. Ausweislich der §§ 936, 934 – 945 ZPO stellen beide Rechtsbehelfe lediglich zwei Ausprägungen eines einheitlichen Eilrechtsschutzsystems dar. Statt aller Drescher, in: MüKoZPO, Vorbemerkung zu § 916 Rn. 33. 246 Für die Möglichkeit, einen Klageantrag als Antrag auf ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auszulegen: BGH, 22. 5. 1995 – II ZB 2/95, NJW-RR 1995, 1183, 1183 f.; a. A. OLG Saarbrücken, 21. 9. 2010 – 8 W 215/10 – 36, GmbHR 2011, 33, 35 betr. den einstweiligen Rechtsschutz. 247 Vgl. BGH, 22. 5. 1995 – II ZB 2/95, NJW-RR 1995, 1183, 1183 sowie BGH, 29. 6. 2017 – IX ZB 98/16, NJW 2017, 2768, 2768 f. m. w. N. 248 Soyka, in: MüKoFamFG, § 49 Rn. 3; Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 14; Haußleiter, in: Haußleiter, § 49 Rn. 12.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

73

3. Leistungsanordnung kraft „Sicherungscharakter“? Dass § 51a GmbHG eine Nebenpflicht gegenüber anderen, der ZPO zugeordneten Mitgliedschaftsrechten darstellt, eröffnet, wie bereits gesehen,249 nicht die Möglichkeit, zur Durchsetzung dieses Informationsrechts auf das Eilrechtsschutzregime der §§ 935 ff. ZPO zurückzugreifen. Nimmt man den Begriff des „Sicherungscharakters“ jedoch nicht streng technisch, stellt sich die Frage, ob diese Eigenschaft zumindest die Durchbrechung des Präjudizverbots und somit eine FamFG-Leistungsanordnung rechtfertigt.250 Dabei bestehen bislang unterschiedliche Lesarten, wie das Attribut „Sicherungscharakter“ zu verstehen ist. Wenn die benötigte Information nur der Vorbereitung eines anderen Rechts diene, also „nicht zu einer abschließenden Erfüllung des streitgegenständlichen [Haupt-] Anspruchs“ führe, sei nach teilweise vertretener Auffassung die Informationserzwingung im Eilrechtsschutz möglich – und unterliege sogar erleichterten Voraussetzungen.251 Dieser Ansicht ist zwar zuzugeben, dass das Informationsrecht häufig eine untergeordnet Rolle spielt, namentlich nur die Eintrittskarte für den Hauptanspruch bildet. Der Begriff der „Hauptsache“ orientiert sich allerdings nicht an den wirtschaftlichen Zielen des Antragsstellers, sondern am Streitgegenstand des Verfahrens, also dem durchzusetzenden, rechtlich selbstständigen Informationsrecht.252 Nur so kann das Vorwegnahmeverbot seine größtmögliche Schutzwirkung vor ungerechtfertigten Maßnahmen entfalten. Die Informationserzwingung besitzt ungeachtet ihrer Funktion stets dieselbe Gefährlichkeit. Überdies stellt die Informationserzwingung als solche keine Sicherungsmaßnahme, sondern allenfalls die Vorstufe dafür dar. Ohnehin führte ein erweiterter Hauptsachebegriff aber gerade bei der Informationserzwingung nicht weiter, da er sich bei § 49 FamFG nur auf das Erfüllungsverbot, nicht aber auf das Präjudizverbot auswirkte. Er hülfe nicht über die Beschränkung auf „vorläufige“ Maßnahmen hinweg. Teilweise wird der „Sicherungscharakter“ an die materiell-rechtliche Rechtsnatur des § 51a GmbHG als Informationsnebenpflicht gekoppelt, also daran, dass es allgemein dazu dient, (bestimmte) andere Rechte vorzubereiten. Es solle genügen, dass das Informationsrecht lediglich ein Nebenrecht ist, durch dessen Erfüllung ein anderweitiger Hauptanspruch gesichert werden soll.253 Für diese Ansicht spricht, dass 249

Dazu ausführlich Kapitel 2 § 2 B. IV. An dieser Stelle wurde die Bezeichnung „Sicherungscharakter“ jedoch streng technisch verstanden und mithin die Möglichkeit untersucht, das Informationsrecht des § 51a GmbHG über die ZPO-Sicherungsverfügung durchzusetzen. 250 So wohl Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17 und Hüffer/Carsten, in: H/C/ L, § 51b Rn. 17; vgl. zu den der ZPO zugeordneten Informationsansprüchen: Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42; ähnlich Mayer, in: BeckOK-ZPO, § 938 Rn. 22. 251 OLG Rostock, 13. 4. 2004 – 3 U 68/04, MDR 2004, 1109, 1110; so auch die Klägerseite bei KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404; Grunsky, in: Stein/Jonas, (21. Aufl.) § 940 Rn. 53. 252 So auch KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404. 253 Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42; vgl. auch Mayer, in: BeckOK-ZPO, § 938 Rn. 22.

74

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

die Informationsnebenrechte letztlich der erleichterten Durchsetzung von anderweitigen Hauptrechten dienen. Eine Erklärung findet sich indes nicht. Eine Informationsanordnung mit derart niedrigen Voraussetzungen ginge jedoch zu weit. Sie ermöglichte nicht nur die (irreversible) Informationserzwingung, ohne den Gefahren des summarischen Verfahrens gerecht zu werden. Dies überinterpretierte auch den Gehalt der rein materiell-rechtlichen Informationsnebenrechte. Sie dienen zwar der erleichterten Durchsetzung anderweitiger Hauptrechte. Dass die Rechtsnatur als Informationsnebenrecht aber nicht per se die Informationserzwingung im Eilrechtsschutz ermöglicht, zeigt die Notwendigkeit und Existenz entsprechender prozessualer Sonderregelungen etwa beim geistigen Eigentum (z. B. §§ 101 Abs. 7, 101a Abs. 3 UrhG etc.254), die eine auf Informationserzwingung gerichtete einstweilige Verfügung schlechthin für zugänglich erklären. Allein die Rechtsnatur als Nebenpflicht dispensiert mithin nicht vom Verbot der Hauptsachevorwegnahme. Vor diesem Hintergrund ist vielmehr der Ansicht zuzustimmen, die von einem „sichernden Charakter“ dahingehend spricht, dass „das Informationsbegehren des Gesellschafters im Verhältnis zu weiteren geplanten Schritten nur vorbereitenden und damit letztlich sichernden Charakter“ habe.255 Eine Informationsanordnung kommt demnach allenfalls in Betracht, wenn zur Eigenschaft als Informationsnebenpflicht hinzutritt, dass der Schutz des Hauptrechts auch konkret und ausschließlich von der zeitnahen Informationserzwingung abhängt. Der Begriff „Sicherungscharakter“ lässt sich daher nur so verstehen, dass er rein phänomenologisch umschreibt, dass eine FamFG-Informationsanordnung in bestimmten Fällen geboten sein kann (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG), um Rechtsverluste zu verhindern. Da hierin aber kein methodischer Weg liegt, um das in § 49 Abs. 1 FamFG starr verankerte Präjudizverbot zu überwinden, bleibt zu untersuchen, über welchen Weg die Informationsanordnung offensteht256 und unter welchen Voraussetzungen sie insbesondere der Sicherung anderer Rechte257 dienen kann. 4. Leistungsanordnung analog § 246 Abs. 1 FamFG? Möglicherweise steht zur Durchsetzung des § 51a GmbHG eine Leistungsanordnung analog § 246 Abs. 1 FamFG258 offen. In direkter Anwendung gestattet § 246 FamFG Unterhaltsberechtigten, Ansprüche auf Zahlung von Unterhalt oder eines Gerichtskostenvorschusses mittels einstweiliger Anordnung in voller Höhe und 254

Mit ausführlicher Auflistung: Kapitel 2 § 3 A. V. 1. Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17. 256 Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 4. 257 Dazu Kapitel 2 § 3 B. II. 2. 258 § 246 Abs. 1 FamFG enthält die mittlerweile einzige gesetzlich normierte Leistungsanordnung. § 226 FamFG a. F. sah eine zweite gesetzlich normierte Leistungsanordnung vor für die Ausgleichsrente und Hinterbliebenenversorgung. Der Gesetzgeber hat diese Norm jedoch noch vor ihrem Inkrafttreten wieder abgeschafft und verweist nunmehr auf eine Notrente, vgl. BT-Drs. 16/10144, S. 92. 255

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

75

zeitlich unbegrenzt durchzusetzen, und verzichtet auf ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden.259 Soweit ersichtlich, wurde eine Analogie zu § 246 Abs. 1 FamFG außerhalb des Unterhaltsrechts bislang noch nicht erwogen. Die überwiegende Ansicht will § 246 Abs. 1 FamFG nicht einmal auf unterhaltsrechtliche Auskunftsansprüche260 ausdehnen, auch wenn sie die privilegierte Unterhaltsleistungsanordnung vorbereiten.261 Umso schwieriger erscheint es, bei § 246 FamFG eine planwidrige Regelungslücke hinsichtlich § 51a GmbHG zu bejahen. § 246 FamFG ist nach Wortlaut und Gesetzesbegründung262 auf Unterhaltssituationen zugeschnitten.263 Ausweislich des im selben Zug ergangenen § 49 Abs. 1 FamFG und dessen Gesetzesbegründung ist die einstweilige Anordnung in den übrigen Fällen auf „vorläufige“ Maßnahmen beschränkt und der „Gesichtspunkt des Außerkrafttretens der Maßnahme“264 wird besonders betont. a) Entstehungsgeschichte der „neuen“ einstweiligen Anordnung Es gibt trotzdem Grund zur Annahme, dass der Gesetzgeber kein starr begrenztes Präjudizverbot im FamFG-Eilrechtsschutz verankern wollte. Zum einen wollte er insoweit an der alten Rechtslage festhalten. In der einstweiligen Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG sind die frühere einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 620 ff. ZPO a. F. und die durch Richterrecht geschaffene vorläufige Anordnung für fG-Angelegenheiten aufgegangen.265 Beide Rechtsinstrumente sahen ihrerzeit die Möglichkeit vor, die Hauptsache ausnahmsweise irreversibel vorwegzunehmen.266 So wundert es nicht, dass auch bei der Interpretation der §§ 49 ff. FamFG immer wieder wie selbstverständlich auf alte Entscheidungen zurückge259

BT-Drs. 16/6308, S. 259. § 1580 BGB, § 1065 BGB ggf. i. V. m. § 1361 Abs. 4 S. 4 BGB. 261 Bejahend: Borth/Grandel, in: Musielak/Borth, § 246 Rn. 7; Kamm, in: K/L/K, Unterhaltsrecht, Rn. 7190; Streicher, in: Schwab, HB Scheidungsrecht, Kap. I Rn. 961. Ablehnend: Fest, NJW 2012, 428, 429; Giers, in: Keidel, § 246 Rn. 2; Lorenz, in: Zöller, § 246 Rn. 16; Maier, in: Johannsen/Henrich, § 246 Rn. 3; Maurer, in: MüKoBGB, § 1580 Rn. 28; Pasche, in: MüKoFamFG, § 235 Rn. 8 und § 246 Rn. 6. Dazu Kapitel 2 § 3 A. II. 262 BT-Drs. 16/6308, S. 259 f. 263 Fraglich ist insbesondere, wie der Umkehrschluss zu § 246 FamFG lautet. Die Leistungsanordnung könnte in den übrigen Fällen entweder gar nicht offenstehen oder nur unter den Voraussetzungen der §§ 49 ff. FamFG oder aber sogar nur unter besonderen Voraussetzungen. Vgl. Fest, NJW 2012, 428, 429. 264 BT-Drs. 16/6308, S. 199. 265 Vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 199; Schürmann, FamRB 2008, 375, 375 f.; Roth, JZ 2009, 585, 589 f.; van Els, ZKJ 2009, 339, 339. 266 Vgl. nur OLG Frankfurt, 26. 6. 2007 – 4 WF 72/07 Rn. 19, BeckRS 2011, 24435; Schleswig-Holsteinisches OLG, 13. 8. 2009 – 6 W 15/09 Rn. 9, BeckRS 2011, 17642; OLG Köln, 21. 10. 2008 – 6 Wx 2/08 Rn. 18, MMR 2008, 820, 821. 260

76

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

griffen wird.267Überdies lehnt sich die Neuregelung an unterschiedlichen Stellen konkret an das frühere positive Recht an (z. B. §§ 620a-620 g a. F.)268 oder spiegelt die alte Rechtsprechung und Literaturansichten wider. Dass gerade auch bei der Leistungsanordnung des § 246 FamFG und der differenzierenden Verweisung in § 119 Abs. 1 S. 2 FamFG frühere Entscheidungen der Rechtsprechung in Gesetzesrecht gegossen wurden und dass deren Behandlung „[w]ie im geltenden Recht“269 bzw. „in Übereinstimmung mit der derzeit geltenden Rechtslage“270 geschehen soll, zeigt, dass der status quo fortbestehen sollte. Zum anderen hat der Gesetzgeber die einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG der einstweiligen Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO angeglichen. Die Gesetzesbegründung spricht davon, die „Verfahrensordnungen harmonisiert“ zu haben.271 Die einstweilige Anordnung ist heute unabhängig vom Hauptsacheverfahren und Prozesskostenhilfegesuch,272 ihre Voraussetzungen entsprechen funktional Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund273 und auch die Struktur mit Sicherungs-, Regelungs- (§ 49 Abs. 2 S. 1 FamFG) und ausnahmsweiser Leistungsanordnung (§ 246 FamFG) ist der einstweiligen Verfügung nachgebildet.274 Unterschiede bestehen noch, soweit das Wesen der Familien- und freiwilligen Gerichtsbarkeit zum Ausdruck kommt, etwa bei der Terminologie, den Verfahrensgrundsätzen und den Rechtsbehelfen. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, aus dem der Gesetzgeber eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Präjudizverbots gewollt haben könnte. Im Übrigen widerspräche ein nunmehr starres Präjudizverbot der Intention, die einstweilige Anordnung zu einem selbstständigeren Verfahren zu entwickeln.275 Sie kann heute nicht nur unabhängig vom Hauptsacheverfahren oder Prozesskostenhilfegesuch eingeleitet werden und bleibt nach § 56 FamFG grundsätzlich bis zum Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung in Kraft. Die neue Selbstständigkeit kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Beteiligten die einstweilige Anordnung als endgültige Entscheidung akzeptieren und auf ein Hauptsacheverfahren verzichten 267 Z. B. OLG Karlsruhe, 30. 6. 2016 – 5 UF 74/16, FamRZ 2017, 40, 41 bezieht sich auf OLG Celle, 21. 2. 1971 – 1 W 10/71, OLGZ 1972, 50, 51. 268 BT-Drs. 16/6308, S. 199; van Els, ZKJ 2009, 339, 339. 269 BT-Drs. 16/6308, S. 259, mit Verweis auf die damaligen Literaturansichten. 270 BT-Drs. 16/6308 S. 226, mit Verweis auf BGH, 27. 10. 1999 – XII ZR 239/97, NJW 2000, 740, 742 f. 271 BT-Drs. 16/6308, S. 199. 272 BT-Drs. 16/6308, S. 199; vgl. dazu § 51 Abs. 3 S. 1 FamFG. Vor dem FGG-Reformgesetz war die Anhängigkeit der gleichartigen Hauptsache bzw. der Eingang eines Prozesskostenhilfegesuchs Zulässigkeitsvoraussetzung der vorläufigen Anordnung i. S. d. FGG, vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 199. 273 So ausdrücklich BT-Drs. 16/6308, S. 199. 274 So ausdrücklich BT-Drs. 16/6308, S. 199. 275 BT-Drs. 16/6308, S. 199; Christl, NJW 2012, 3334, 3335 f.; Finger, MDR 2012, 1196, 1197; van Els, ZKJ 2009, 339, 339.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

77

können.276 Der Entwicklung hin zur Selbstständigkeit liefe es zuwider, nähme man die Möglichkeit, ausnahmsweise irreversible Maßnahmen zu treffen. Nach alledem lässt bereits die Betrachtung der Gesetzgebungsgeschichte des FGG-Reformgesetzes erheblich daran zweifeln, ob das Präjudizverbot i. S. d. § 49 FamFG in seiner strengen, unflexiblen Form so gewollt war. b) Materiell-rechtliche Wertungen des § 51a GmbHG § 51a Abs. 1 GmbHG regelt neben dem sachlichen auch den zeitlichen Umfang des Informationsrechts: Der Gesellschafter hat seine Information „unverzüglich“277 zu erhalten. Dies ist nicht selbstverständlich, wie der Vergleich mit den Informationsrechten anderer Gesellschaftsformen zeigt, vgl. § 716 BGB, §§ 118, 166 HGB und § 131 AktG.278 Freilich stellt „unverzüglich“ nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB als „ohne schuldhaftes Zögern“279 einen wertungsbezogenen Rechtsbegriff dar, der nicht mit „sofort“ gleichzusetzen ist. Trotzdem kann sich der Anspruch im Einzelfall darauf richten, die Information zeitnah zu erteilen. In diesen Fällen deckt das Prozessrecht das materielle Recht aber nicht nur nicht ausreichend ab. Der Anspruch des § 51a Abs. 1 GmbHG und die Beschränkung des § 49 Abs. 1 FamFG kollidieren sogar. Diese Kollision ist zugunsten des materiellen Rechts aufzulösen. Dies wird nicht nur der Bedeutung des Informationsrechts als grundlegendes Mitgliedschaftsrecht, seiner Funktion gegenüber anderen Mitgliedschaftsrechten und der in § 51a Abs. 3 GmbHG angeordneten Unabdingbarkeit gerecht. Es ergibt sich vor allem daraus, dass Prozessrecht keinen Selbstzweck verfolgt, sondern ein Hilfsmittel zur Durchsetzung des materiellen Rechts ist.280 276 Vgl. etwa Stockmann, in: Kemper/Schreiber, § 49 Rn. 2. Dass eine einstweilige Anordnung endgültig in Kraft bleibt, ist mit dem Wortlaut „vorläufige“ Maßnahmen in § 49 FamFG vereinbar. Die Maßnahme bleibt zwar tatsächlich endgültig bestehen, ist in rechtlicher Hinsicht aber aufhebbar. 277 Trotz des missverständlichen Wortlauts gilt diese Vorgabe auch für das Einsichtsrecht, vgl. Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 56; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51a Rn. 34. 278 Lediglich das Auskunftsrecht des Aktionärs nach § 131 AktG enthält insoweit eine zeitliche Vorgabe, als dass die Auskunftserteilung nur im Rahmen der Hauptversammlung erfolgen muss. Hinter dieser zeitlichen Begrenzung steckt aber weniger der Beschleunigungsgedanke als vielmehr der inhaltliche Zusammenhang des Auskunftsrechts mit der Hauptversammlung. 279 Statt aller Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 34. 280 Ähnlich Emde, ZIP 2001, 820, 823 f. zur alten Rechtslage, mit Verweis auf GmS-OGB, 5. 4. 2000 – GmS-OGB 1/98, ZIP 2000, 1356. Zöllner, AcP 190 (1990), 471, der die wechselseitigen Einflüsse von materiellem Recht und Prozessrecht betont und für ein „integratives, die Sinneinheit von materiellem Recht und Prozeßrecht herstellendes Verständnis, d. h. […] ein übergreifendes Denken“ plädiert (Zöllner, AcP 190 (1990), 471, 486), ist insoweit zuzustimmen, dass nicht schlechthin das materielle Recht „das Prius“ und die Klage „das Spätere“ sei. Anders aber als beim von Zöller genannten „Konkurs“, wo das ist Verfahrensrecht die materielle Rechtslage mitgestaltet (Zöllner, AcP 190

78

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Ohne prozessuales Werkzeug würde das Informationsrecht letztlich in den dringendsten Fällen ausgehöhlt. Insoweit überlagert § 51a Abs. 1 GmbHG (über Art. 19 Abs. 4 GG) den § 49 FamFG. Die Wertung, dass die effektive Ausübung des Informationsrechts nicht durch verfahrensrechtliche Hindernisse eingeschränkt werden soll, lässt sich auch an der Ausgestaltung des Informationsverweigerungsrechts erkennen. Nach § 51a Abs. 2 S. 1 GmbHG kann der Geschäftsführer die Auskunft und Einsichtnahme verweigern, wenn zu besorgen ist, dass der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Diese Formulierung als zwei kumulative Voraussetzungen hat zur Folge, dass zwar die Ablehnung eines Informationsgesuchs einer konkreten, einzelfallbezogenen Prüfung und Wertung bedarf („nicht unerheblichen Nachteil“), während es für die Begründung des Informationsgesuchs und die Replik indes genügt, den Verwendungszweck als ordnungsgemäßes mitgliedschaftliches Verhalten zu beschreiben. Der Gesellschafter kann die Einrede entkräften, schlicht indem er glaubhaft macht, dass er die Information zur Ausübung von Verwaltungs- oder Kontrollrechten oder für andere mitgliedschaftliche Belange benötigt.281 Keine Rolle spielt dann mehr, welcher Schaden durch die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte droht. Schon diese Regelung verkörpert den Gedanken, dem Gesellschafter Zugang zu den benötigten Informationen ohne größere Verfahrensschwierigkeiten zu verschaffen. Noch deutlicher wird es anhand von § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG, wonach nur die Informationsverweigerung, nicht aber die -erteilung einen Gesellschafterbeschluss voraussetzt. Auch dies verdeutlicht die gesetzgeberische Haltung, dass der Wahrnehmung des Informationsrechts keine verfahrensrechtlichen282 Hürden entgegenstehen sollen. Diesem Gedanken entspricht es, den Weg zur Informationserzwingung im einstweiligen Rechtsschutz nicht durch eine zu enge prozessuale Regelung zu versperren. c) Verfassungsrechtliche Gebotenheit des effektiven Rechtsschutzes Nicht zuletzt kann der Justizgewähranspruch zur Rechtsfortbildung zwingen.283 Art. 19 Abs. 4 GG verlangt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfas-

(1990), 471, 482 f.), ist beim Widerspruch von § 51a GmbHG und § 49 FamFG zu fragen, welchem Gedanken der Gesetzgeber den Vorzug gäbe. Im konkreten Fall verdient der wesentlich speziellere, § 51a GmbHG immanente Gedanke, dass das Informationsrecht zeitnah durchsetzbar sein muss, Vorrang. 281 Vgl. BT-Drs. 8/1347, S. 44; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51a Rn. 47; Hüffer/ Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 47; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 36. 282 Die Verweigerung der Informationserteilung durch den Geschäftsführer und die anschließende Beschlussfassung wird als Verweigerungsverfahren bezeichnet, vgl. Tietze, Informationsrechte, S. 116 ff. 283 Vgl. nur Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 273.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

79

sungsgerichts, dass die Möglichkeit284 eines Eilverfahrens jedenfalls dann bestehen muss, wenn dem Antragsteller „eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, daß ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen“.285 Besteht ein solcher verfassungsrechtlicher Anspruch und kann effektiver Rechtsschutz nicht anders gewährleistet werden, insbesondere nicht durch einfache Sicherungs- oder Regelungsmaßnahmen, muss folglich ausnahmsweise die Hauptsache endgültig vorweggenommen werden.286 Zwar verwendet das Bundesverfassungsgericht insoweit inkohärente Begrifflichkeiten, als dass es aus Art. 19 Abs. 4 GG teilweise einen Anspruch auf lediglich „einstweiligen“287 bzw. „vorläufigen“288 Rechtsschutz und teilweise auf ein „Eilverfahren“289 ableitet. Im Ergebnis vertritt es dennoch durchgängig die Auffassung, dass ausnahmsweise auch endgültige, vorgreifende Maßnahmen möglich sein müssen.290 Dies überzeugt, weil es dem Gedanken des effektiven Rechtsschutzes entspricht. Eine Eilrechtsschutzmöglichkeit ist zunächst in solchen Fällen geboten, in denen der Eilrechtsschutz für den Antragsteller existenzielle Bedeutung hat. Andernfalls würde die aus Art. 1 Abs. 1 GG folgende staatliche Pflicht zur Sicherstellung einer

284 Art. 19 Abs. 4 GG verlangt insoweit nur die „Möglichkeit“ eines Eilverfahrens – also den rechtlichen Rahmen. Bejaht man eine solche verfassungsrechtliche Pflicht, hängt die Frage, ob dem Gesellschafter tatsächlich Eilrechtsschutz zu gewähren ist, immer noch in erster Linie von den Erfolgsaussichten der Hauptsache und, soweit diese nicht zu ermitteln sind, nachrangig von einer Folgenabwägung ab (vgl. Kapitel 2 § 3 C. I. 2.). Im Falle des § 51a GmbHG kann besonders die Einrede aus Abs. 2 entgegenstehen. Im Übrigen würde Art. 19 Abs. 4 GG auch Genüge getan, wenn der Gesellschafter Rechtsschutz über ein milderes Mittel erreicht. 285 BVerfG, 16. 5. 1995 – 1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1, 13 f. – Kruzifix; grundlegend BVerfG, 25. 10. 1988 – 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69, 75 – Eidespflicht und BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung; zuletzt BVerfG, 1. 8. 2017 – 1 BvR 1910/12, NJW 2017, 3142, 3143 und BVerfG, 14. 9. 2016 – 1 BvR 1335/13, NVwZ 2017, 149, 150; zustimmend Enders, in: BeckOK-GG, Art. 19 Rn. 80a; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 19 Rn. 59; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Art. 19 IV Rn. 113. 286 Im Ergebnis so auch BVerfG, 25. 10. 1988 – 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69, 77 f. – Eidespflicht; vgl. BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung. 287 So z. B. BVerfG, 25. 10. 1988 – 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69, 75 – Eidespflicht. 288 So z. B. BVerfG, 16. 5. 1995 – 1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1, 13 f. – Kruzifix. 289 So z. B. BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung. 290 Indem das BVerfG, 25. 10. 1988 – 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69, 75 – Eidespflicht scheidet, dass der Beschwerdeführer sein Kreistagsmandat auch ohne Ableistung des Amtseids antreten darf, mag zwar der Amtsantritt als solcher nur „vorläufig“ sein, die damit einhergehenden Wirkungen, insbesondere die Beteiligung an den Abstimmungen, sind es jedoch nicht. Und auch bei BVerfG, 16. 5. 1995 – 1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1, 13 f. – Kruzifix überdauerte die „einstweilige“ Anordnung nach den Ausführungen des Gerichts die restliche Schulzeit der Beschwerdeführer, sodass ihr letztlich „endgültige“ Wirkung zukommt.

80

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

menschenwürdigen Existenz verletzt.291 So hielt auch das Bundesverfassungsgericht in der Grundsicherungs-Entscheidung eine Eilrechtsschutzmöglichkeit verfassungsrechtlich für geboten, nachdem es das Sozialgericht und das Landessozialgericht zuvor abgelehnt hatten, Sozialhilfe im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zuzusprechen.292 Da die Rechtsgrundlage, namentlich Art. 19 Abs. 4 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip, sich inhaltlich nicht auf sozialrechtliche Ansprüche begrenzt, lässt sich diese Rechtsprechung auch auf § 51a GmbHG übertragen. Voraussetzung für die Gewährung einer Informationsanordnung ist demnach, dass dem Gesellschafter ohne sie eine existenzielle Notlage293 droht. Eine solche Notlage liegt vor allem vor, wenn der Gesellschafter die Informationsanordnung benötigt, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Meist wird es um die Veräußerung eines Geschäftsanteils oder um dessen Verpfändung im Rahmen eines Kredits gehen, sodass zugleich auch etwaige von Art. 14 GG geschützte Mitgliedschaftsrechte betroffen sind. An einer existenziellen Notlage fehlt es zwar, wenn leichter realisierbare Ansprüche gegen Dritte bestehen. Der Gesellschafter braucht sich aber nach hier vertretener Auffassung nicht auf die Geltendmachung von Sozialleistungen verweisen zu lassen, wenn er nicht bereits Sozialhilfe oder vergleichbare Leistungen bezieht, denn ein solcher Anspruch ist gemäß § 2 Abs. 1 SGB XII subsidiär.294 Wenn schon aber Sozialleistungen die existenzielle Notlage nicht entfallen lassen, dann ist dies erst recht auch nicht durch Steuerfreibeträge, Pfändungsgrenzen oder Privat291 Zur Pflicht zur Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz: BVerfG, 9. 2. 2010 – 1 BvL 1/09, BVerfGE 125, 175, 222 – Hartz IV-Regelsatz; BVerfG, 18. 7. 2012 – 1 BvL 10/10, BVerfGE 132, 134, 159 – 165 – Asylbewerberleistungsgesetz. 292 BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung. 293 Bei der ZPO-Leistungsverfügung haben sich demgegenüber auch sonstige Notlagen als Fallgruppen eingebürgert, etwa die Gesundheitsgefährdung oder die Gefährdung der beruflichen Existenz, vgl. die Übersichten bei Grunsky, in: Stein/Jonas, Vor § 935 Rn. 39 und Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 15. Indes ist der verfassungsrechtliche Anspruch auf Gewährung einer Eilrechtsschutzmöglichkeit dort weniger auf Art. 1 Abs. 1 GG als vielmehr auf Art. 2 Abs. 2 GG bzw. auf Art. 12 GG zu stützen. 294 Ob ein noch geltend gemachter Anspruch auf Sozialleistungen den Anordnungs- bzw. Verfügungsgrund entfallen lässt, ist höchst umstritten. Wie hier u. a.: OLG Hamm, 3. 10. 1988 – 6 UF 107/88, FamRZ 1989, 619, 20; OLG Koblenz, 29. 9. 1987 – 15 UF 703/87, FamRZ 1988, 189, 190; OLG Stuttgart, 16. 12. 1987 – 16 UF 169/87 UE, FamRZ 1988, 305, 305; Grunsky, in: Stein/Jonas, vor § 935 Rn. 39; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor § 935 Rn. 45; Vollkommer, in: Zöller, § 938 Rn. 6. A. A. etwa: Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 19; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 22; OLG Koblenz, 3. 2. 2012 – 10 U 610/11, NJW-RR 2013, 234, 235; OLG Düsseldorf, 15. 5. 2012 – I-4 U 246/11, VersR 2012, 1378, 1379; OLG München, 24. 2. 2010 – 14 W 14/10, VersR 2010, 755, 755. Nach hier vertretener Auffassung genügt der Verweis auf die Möglichkeit von Sozialleistungen nicht, zum einen wegen der materiell-rechtlichen Subsidiarität (vgl. § 2 Abs. 1 SGB XII) und zum anderen, weil etwaige Ansprüche erst geltend zu machen und zu bewilligen sind. Ein leicht zu realisierender Anspruch ist indes zu bejahen, soweit der Gesellschafter bereits aktuell Sozialleistungen bezieht.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

81

insolvenz der Fall, die ebenfalls der Sicherung einer menschenwürdigen Existenz dienen. Eine existenzielle Beeinträchtigung liegt darüber hinaus etwa vor, wenn sich der Gesellschafter ohne Informationsanordnung strafbar295 zu machen droht. Auch in Fällen ohne existenzielle Bedeutung gebietet Art. 19 Abs. 4 GG mitunter eine Eilrechtsschutzmöglichkeit. Dies bestätigt das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung. In der Eidespflicht-Entscheidung verletzte die Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes den Antragsteller in Art. 4 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 3 S. 1 GG. Ohne Ableistung des Amtseides wurde fortschreitend endgültig vereitelt, dass er sein Kreistagsmandat ausübt.296 In der Kruzifix-Entscheidung hatte die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes zur Folge, dass die Schulkinder in Art. 4 Abs. 1 GG und deren Eltern in Art. 6 Abs. 2 GG verletzt wurden. Angesichts des nahenden Schulabschlusses kam das Hauptsacheverfahren zu spät.297 Und im Beschluss Garzweiler III hielt das Bundesverfassungsgericht eine Eilrechtsschutzmöglichkeit für geboten, weil angesichts der anstehenden Enteignung eine Eigentumsverletzung (Art. 14 GG) drohte.298 Aus dieser Judikatur ergibt sich, dass auch bei der Verletzung sonstiger Grundrechte, die nicht anders abgewehrt und im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden können, eine Eilrechtsschutzmöglichkeit zumindest grundsätzlich, d. h. nach Abwägung299 aller Interessen und Folgen, geboten ist. Deshalb kann es bei § 51a GmbHG ebenso in nicht existenziellen Fällen geboten sein, das Informationsrecht im Eilrechtsschutz durchzusetzen. Es ist mittlerweile anerkannt, dass die Mitgliedschaft als gesellschaftsrechtlich vermitteltes „Anteilseigentum“ den Schutz des Art. 14 GG genießt.300 Dieser Schutz erstreckt sich auf alle Leitungs- bzw. Verwaltungsbefugnisse wie auch auf die vermögensrechtlichen Elemente.301 Die Rechtsprechung hat dies bislang nur bei Aktien entschieden,302 der 295 Vgl. Emde, ZIP 2001, 820, 820 mit dem Beispiel, dass der unwirksam abberufene Gesellschafter-Geschäftsführer die Information für die Entscheidung über den Insolvenzantrag benötigt, da dessen Unterlassen strafbewährt ist, vgl. §§ 15a InsO, 84 GmbHG. 296 BVerfG, 25. 10. 1988 – 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69, 75 – 78 = NJW 1989, 827, 828 – Eidespflicht. 297 BVerfG, 16. 5. 1995 – 1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1 = NJW 1995, 2477, 2477 f. – Kruzifix. 298 BVerfG, 14. 9. 2016 – 1 BvR 1335/13, NVwZ 2017, 149, 150 – Garzweiler III. Das BVerfG setzt sich in dieser Entscheidung hauptsächlich mit dem Prüfungsmaßstab im Eilrechtsschutz auseinander. 299 Zur Interessenabwägung s. u. unter Kapitel 2 § 3 C. 2. 300 Vgl. nur BVerfG, 20. 9. 1999 – 1 BvR 636/95, AG 2000, 74, 74 – Wenger/Daimler Benz; BVerfG, 20. 9. 1999 – 1 BvR 168/93, AG 2000, 72, 72 – Scheidemantel II; Dederer, in: BonnKommGG, Art. 14 Rn. 62; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 14 Rn. 7; Wieland, in: Dreier, Art. 14 Rn. 41 jeweils m. w. N. 301 BVerfG, 20. 9. 1999 – 1 BvR 636/95, AG 2000, 74, 74 – Wenger/ Daimler Benz; Wieland, in: Dreier, Art. 14 Rn. 41, Papier, in: Maunz/Dürig, Art. 14 Rn. 195; ähnlich auch Dederer, in: BonnKommGG, Art. 14 Rn. 62 (der geschützte Anteil bilde „gleichsam ein „Bündel“

82

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Schutz gilt aber für GmbH-Geschäftsanteile (mindestens) genauso.303 Der GmbHGeschäftsanteil stellt ein vermögenswertes Recht dar, das dem Berechtigten ebenso ausschließlich wie Eigentum an einer Sache zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet ist.304 Im Übrigen folgt dies aus der Strukturgleichheit der Mitgliedschaft in GmbH und AG305 und der eher personalen Prägung der GmbH. Dass das Informationsrecht als Bestandteil der Mitgliedschaft selbst unmittelbar den Schutz des Art. 14 GG genießt,306 begründet noch nicht, dass die Information im Eilrechtsschutz durchgesetzt307 können werden muss. Das Informationsrecht kann aber deshalb im Eilrechtsschutz durchzusetzen sein, weil von der schnellen Informationserteilung andere verfassungsrechtlich geschützten Rechte abhängen.308 Eine solche Schlüsselposition kann § 51a GmbHG vor allem gegenüber anderen Mitgliedschaftsrechten einnehmen. Geschützt ist nicht nur die formelle Inhaberschaft, sondern auch ihre Nutzung und Ausübung („Haben und Gebrauchmachen“).309 Drohen also ohne die zeitnahe Informationserteilung Mitgliedschaftsrechte oder andere verfassungsrechtlich geschützte Rechte verloren zu gehen und kann dies nicht anderweitig verhindert oder im Hauptsacheverfahren rückgängig gemacht werden, gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, dass die Durchsetzung des § 51a GmbHG im Eilrechtsschutz möglich sein muss. Die aus dem Justizgewähranspruch folgende Pflicht, die Informationserzwingung im Eilverfahren zu ermöglichen, trifft nicht allein den Gesetzgeber. Sie bindet auch die Gerichte bei der Auslegung und der Anwendung des Prozessrechts, so das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung.310 Mit diesem Argument bestimmter, im Gesellschaftsrecht […] gesetzlich näher festgelegter Rechte des jeweiligen Anteilsinhabers“). 302 Insofern begrenzen sich einige Kommentarstimmen auf die Nennung von Aktien. 303 So wohl auch Dederer, in: BonnKommGG, Art. 14 Rn. 62; Papier, in: Maunz/Dürig, Art. 14 Rn. 195; Wieland, in: Dreier, Art. 14 Rn. 41. 304 Zur Definition des Eigentums nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG, vgl. etwa BVerfG, 9. 1. 1991 – 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201, 208 f.; ebenso ganz h. M. in der Literatur, vgl. nur Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 14 Rn. 5; Dederer, in: BonnKommGG, Art. 14 Rn. 3. 305 Dazu Lutter, AcP 180 (1980), 84. 306 Zum aktienrechtlichen Auskunftsrecht BVerfG, 20. 9. 1999 – 1 BvR 636/95, AG 2000, 74, 74 – Wenger/Daimler Benz und BVerfG, 20. 9. 1999 – 1 BvR 168/93, AG 2000, 72, 72 – Scheidemantel II. 307 Das Informationsrecht allein vermag die Eilbedürftigkeit der Durchsetzung nicht zu begründen. Ausreichender Schutz des Informationsrechts lässt sich über die Sicherungsanordnung erreichen. 308 Vgl. BVerfG, 20. 9. 1999 – 1 BvR 636/95, AG 2000, 74, 74 – Wenger/Daimler Benz. 309 Vgl. nur Bergbach, Anteilseigentum, S. 100 ff. m. w. N. 310 BVerfG, 16. 5. 1995 – 1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1, 13 f. = NJW 1995, 2477, 2477 – Kruzifix; BVerfG, 25. 10. 1988 – 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69, 74 = NJW 1989, 827, 827 – Eidespflicht; Maunz/Dürig, GG Art. 19 Abs. 4 Rn. 273; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 273; Vogg, Einstweiliger Rechtsschutz, S. 58 f.; vgl. zu § 49 FamFG auch Weber, Einstweilige Anordnung und Familienverfahren, S. 123; vgl. auch Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 337 f.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

83

wird letztlich auch bei § 32 BVerfGG der vermeintlich eindeutige Wortlaut („vorläufig“) überschritten.311 Dies verdient Zustimmung. Anders als bei sonstigen Verfassungsrechten führt Art. 19 Abs. 4 GG nicht nur zur Verfassungswidrigkeit des einfachen Gesetzes. Er kann seine Aufgabe, Zugang zu effektivem rechtlichen Schutz zu verschaffen, nur erfüllen, wenn er die Gerichte zur verfassungskonformen, erforderlichenfalls den Wortlaut übersteigenden Anwendung der Eilrechtsschutzvorschriften zwingt. Etwaige Regelungslücken sind deshalb notfalls kraft Rechtsfortbildung in Anlehnung an die nächstverwandten Regelungen zu schließen.312 d) Vergleichbarkeit der Interessenlage Voraussetzung für eine Analogie zu § 246 Abs. 1 FamFG ist weiter, dass die Interessenlagen des Unterhaltsberechtigten und des informationssuchenden GmbHGesellschafters vergleichbar sind. Sinn und Zweck des § 246 Abs. 1 FamFG ist es, dem Unterhaltsberechtigten seine elementaren Lebensbedürfnisse zu sichern.313 Dies ist mit dem Gesellschafter, der sein Informationsrecht gegenüber seiner GmbH geltend macht, nur vergleichbar, soweit es ihm ebenfalls um seine Existenzsicherung (vgl. Art. 1 Abs. 1 GG) geht, nicht aber, wenn der Gesellschafter ausschließlich sonstige Rechte, insbesondere Mitgliedschaftsrechte, schützen will.314 Unpassend erscheint zudem zwar die Übertragung der § 246 Abs. 1 FamFG immanenten315 Vermutung, dass in Unterhaltsfällen stets ein dringendes Regelungsbedürfnis vorliege. Diese Vermutung kommt beim Gesellschafter, der sein Informationsrecht im Eilrechtsschutz durchsetzen will, jedoch nicht zum Tragen, denn er muss für die Informationsanordnung die Analogievoraussetzungen, also gerade auch den qualifizierten Anordnungsgrund, glaubhaft machen. Dem Gesellschafter steht die Informationsanordnung analog § 246 Abs. 1 FamFG somit nur offen, soweit er die schnelle Informationserzwingung benötigt, um sich vor einer existenziellen Gefahr zu schützen. Hinsichtlich sonstiger Fälle fehlt es an einer mit § 246 FamFG vergleichbaren Interessenlage. 311

Vgl. nur Walter, in: BeckOK-BVerfGG, § 32 Rn. 26 f. m. w. N. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 Rn. 273; Vogg, Einstweiliger Rechtsschutz, S. 58 f.; zu § 49 FamFG konkret vgl. Weber, Einstweilige Anordnung und Familienverfahren, S. 123. 313 Vgl. Schlünder, in: BeckOK-FamFG, § 246 Rn. 1; Maier, in: Johannsen/Henrich, § 246 Rn. 1. 314 Insofern bilden die §§ 49 ff. FamFG die nächstverwandten Regelungen. Dazu s. u. Kapitel 2 § 3 A. V. 5. 315 So BT-Drs. 16/6308, S. 259; ebenso die ganz h. M., vgl. etwa Giers, in: Keidel, § 246 Rn. 4; Bumiller/Harders/Schwamb, in: Bumiller/Harders/Schwamb, § 246 Rn. 4; diff. Pasche, in: MüKoFamFG, § 246 Rn. 5 f., wonach zwar die Eilbedürftigkeit, nicht aber das Regelungsbedürfnis vermutet wird; diff. auch AG Kandel, 22. 9. 2010 – 2 F 389/09, FamRZ 2011, 1611, 1611 f.: Es lehnt die einstweilige Anordnung zutreffend nicht mangels Regelungsbedürfnis, sondern mangels Unterhaltsanspruch ab, wenn der Unterhaltsberechtigte ein angemessenes Einkommen erhält. 312

84

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

5. Teleologische Extension des § 49 FamFG Wie soeben gesehen316 machen die Entstehungsgeschichte des FamFG-Eilrechtsschutzes, die materiell-rechtlichen Wertungen des § 51a GmbHG und verfassungsrechtliche Gründe es erforderlich, dem Gesellschafter ausnahmsweise die Durchsetzung seines Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz zu ermöglichen. Soweit der Gesellschafter die rasche Informationserzwingung jedoch nicht zum Schutz vor einer existenziellen Gefahr benötigt und somit keine Analogie zu § 246 Abs. 1 FamFG offensteht, hat die Rechtsfortbildung an den §§ 49 ff. FamFG anzuknüpfen. Ohne existenzielle Gefahr liegt die nächstverwandte Vorschrift in § 49 FamFG. Zwar hilft eine Analogie zu § 49 Abs. 1 FamFG indes nicht weiter, da eine Analogie lediglich den Anwendungsbereich der Norm erweitert. In etwaigen Fällen ist die Informationsanordnung aber auf eine teleologische Extension des § 49 Abs. 1 FamFG zu stützen. Die Begründung und auch die Voraussetzungen entsprechen in der Sache weitgehend den Ausführungen zu § 246 FamFG.317 6. Ergebnis Das Informationsrecht des § 51a GmbHG lässt sich ausnahmsweise im einstweiligen Rechtsschutz durchsetzen. Die FamFG-Informationsanordnung stützt sich, soweit es um den Schutz des Gesellschafters vor einer existenziellen Gefahr geht, auf eine Analogie zu § 246 Abs. 1 FamFG und in den sonstigen Fällen, also soweit der Gesellschafter ausschließlich etwa Mitgliedschaftsrechte schützen will, auf eine teleologische Extension des § 49 Abs. 1 FamFG. Zur Begründung nicht einschlägig sind indes die Sondervorschriften des geistigen Eigentums, die ZPO-Leistungsverfügung oder der Sicherungscharakter der Informationsanordnung bzw. der Nebenpflichtcharakter des § 51a GmbHG. Die Zulässigkeit der FamFG-Informationsanordnung stützt sich auf die Entstehungsgeschichte der §§ 49 ff. FamFG, die materiell-rechtlichen Wertungen des § 51a GmbHG und die verfassungsrechtliche Gebotenheit dieser Eilrechtsschutzmöglichkeit in bestimmten Fällen. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn die Informationsanordnung für den Gesellschafter existenzielle Bedeutung hat. Zum anderen ist die Durchsetzung im Eilrechtsschutz ferner grundsätzlich geboten, wenn der Gesellschafter ohne den Eilrechtsschutz in sonstigen Mitgliedschaftsrechten verletzt würde und sich die Rechtsverletzung nicht anderweitig abgewehrt oder im Hauptsacheverfahren rückgängig machen ließe. These 5: Der Gesellschafter kann sein Informationsrecht aus § 51a GmbHG ausnahmsweise im Wege einer FamFG-Leistungsanordnung durchsetzen. Diese „Informationsanordnung“ stützt sich auf eine Analogie zu § 246 FamFG, soweit dem Gesellschafter ohne sie eine existenzielle Beeinträchtigung droht. Dagegen fußt sie auf einer teleologischen Extension des § 49 FamFG, sofern ihm eine sonstige über die Randbereiche hinausgehende, irreversible Rechtsverletzung droht und nicht wichtige, entgegenstehende Interessen der GmbH 316 317

Dazu s. o. unter Kapitel 2 § 3 A. V. 4. Dazu s. o. unter Kapitel 2 § 3 A. V. 4.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

85

überwiegen. Sowohl der strukturelle Vergleich mit anderen Eilechtsschutzregimen als auch Erwägungen in der Sache ergeben, dass die Informationserzwingung auf dem Boden des hauseigenen Eilrechtsschutzregimes, mithin der §§ 49 ff. FamFG (einschließlich § 246 FamFG), zu erfolgen hat. Eine ZPO-Leistungsverfügung ist somit ausgeschlossen. Die planwidrige Regelungslücke bezüglich endgültiger Maßnahmen lässt sich angesichts des klaren Gesetzeswortlauts und der Gesetzesbegründung augenscheinlich zwar nur schwer erklären, folgt aber aus der Entstehungsgeschichte der §§ 49 ff. FamFG, den materiellrechtlichen Wertungen des § 51a GmbHG und insbesondere der verfassungsmäßigen Gebotenheit der Eilrechtsschutzmöglichkeit. Unter den o. g. Voraussetzungen gebietet Art. 19 Abs. 4 GG die Gewährung einer Eilrechtscshutzmöglichkeit und rechtfertigt insoweit zugleich eine Ausnahme vom starren, in § 49 Abs. 1 FamFG verankerten Präjudizverbot. Die Sondervorschriften des geistigen Eigentums und der Nebenpflichtcharakter des § 51a GmbHG helfen dagegen nicht weiter.

VI. Exkurs: Umgehung des Vorwegnahmeverbots? Manche Ansätze versuchen, das Verbot der Hauptsachevorwegnahme bei der Informationsanordnung bzw. -verfügung zu umgehen. Hinsichtlich des Arguments, nicht die Informationserzwingung, sondern das davon abhängige Recht sei als „Hauptsache“ anzusehen,318 wird auf die obigen Ausführungen zu § 51a GmbHG als Nebenpflicht319 verwiesen. Einzugehen ist aber auf zwei praktische Vorschläge, die eine Hauptsachevorwegnahme vermeiden sollen. 1. Beschränkung des Frageumfangs – Teilinformation und Vorfragen Im Verfahren einer ZPO-Informationsverfügung vor dem Kammergericht argumentierte die Verfügungsklägerseite, es handle sich um eine zulässige MinusMaßnahme, wenn er den Frageumfang im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegenüber dem tatsächlich bestehenden Informationsanspruch begrenzt.320 Während das Informationsgesuch offen die Frage formulierte, wer Informant des Antragsgegners gewesen sei, beschränkte er die Verfügungsklage auf die Frage, ob die konkrete Person X der Informant gewesen sei. Das Kammergericht lehnte die einstweilige Verfügung zutreffend mit der Begründung ab, dass jedenfalls bei einer bejahenden Antwort des Antragsgegners die Hauptsache endgültig vorweggenommen würde.321 Den Frageumfang im Eilrechtsschutz auf Teilinformationen oder Vorfragen zu begrenzen, stellt auch aus anderen Gründen keine zulässige Minus-Maßnahme dar. Zum einen würde das Vorwegnahmeverbot durch einen zu weiten Hauptsachebegriff 318

So die Verfügungsklägerseite bei KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404. Zu den Auswirkungen auf den Eilrechtsschutz, dass § 51a GmbHG nur eine Nebenpflicht darstellt, s. o. Kapitel 2 § 2 B. IV. und Kapitel 2 § 3 A. V. 3. 320 KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404. 321 KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404. 319

86

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

ausgehöhlt. Misst man den Eilrechtsschutzantrag an dem ursprünglichen Informationsgesuch, ließe sich das Vorwegnahmeverbot durch geschickte, vorausschauende Fragestellung umgehen. Und vergleicht man den Eilrechtsschutzantrag mit dem tatsächlichen Umfang des Informationsrechts, stellte bei § 51a GmbHG praktisch jeder Eilantrag eine Minus-Maßnahme dar. Zum anderen handelt es sich bei jeder Informationserzwingung um eine endgültige Maßnahme. Sie widerspräche daher ungeachtet ihres Umfangs dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 FamFG und dem summarischen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Beschränkung des Frageumfangs auf Teilinformationen oder Vorfragen vermag daher das Vorwegnahmeverbot nicht zu umgehen. Sie ist wegen des Verhältnismäßigkeitsprinzips trotzdem geboten.322 2. Herausgabe vermittels zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten Mehrfach findet sich der Vorschlag, die begehrte Information nicht direkt an den Gesellschafter herauszugeben, sondern sie ihm nur vermittels eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten zugänglich zu machen.323 Nach Teichmann lasse sich dadurch unter Umständen eine Hauptsachevorwegnahme vermeiden.324 Entscheidend dürfte indes nicht sein, dass ein Dritter dazwischentritt, sondern in welcher Funktion er dies unternimmt. Sollen die Informationen durch den Dritten nur sichergestellt und an den Gesellschafter erst nach positiver Entscheidung des Gerichts über das Informationsgesuch in der Hauptsache weitergeleitet werden, nimmt der Dritte die Information nur als Verwahrstelle entgegen. Es handelt sich nicht um eine „Herausgabe“, sondern um eine Sicherungsmaßnahme,325 auch wenn der Dritte z. B. zur Kontrolle der Vollständigkeit von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen muss. Die Situation entspricht letztlich der einer Beschlagnahme und Verwahrung beweglicher Sachen durch Gerichtsvollzieher (vgl. §§ 883 ff. ZPO). Da der Dritte nicht der Sphäre des Gesellschafters angehört und überdies der (vertraglich zu vereinbarenden) Verschwiegenheitspflicht unterliegt, ist dieses Vorgehen auch trotz des engen Wortlauts des § 49 FamFG nicht als endgültige Maßnahme zu werten. Anders sieht es dagegen aus, wenn der Dritte, etwa als Rechtsanwalt, die Informationen entgegennimmt, um sie noch vor der Hauptsacheentscheidung zu verwerten. Solange er die erhaltenen Daten alleine durchsucht und verarbeitet, entspricht seine Tätigkeit noch der eines Sequesters (Verwahrung und Verwaltung). Sobald aber der Gesellschafter von den Informationen Kenntnis erlangt, spätestens 322

Vgl. Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17. 323 Teichmann, in: G/B/S, § 51b Rn. 12; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 857. 324 Teichmann, in: G/B/S, § 51b Rn. 12. 325 Vgl. Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

87

also etwa bei Klageerhebung, oder wenn der Rechtsanwalt als Stellvertreter tätig wird, schlägt der Sicherungscharakter in den Erfüllungscharakter um. Es kommt zu einer Vorwegnahme der Hauptsache, auch wenn der Rechtsanwalt die erhaltenen Dateien zunächst alleine durchsucht und dadurch verhindert, dass der Gesellschafter von nicht benötigten, sensiblen Informationen Kenntnis erlangt. Eine solcher „Filter“ kann aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit326 geboten sein. These 6: Das Informationsrecht nach § 51a GmbHG bildet trotz Nebenpflichtcharakter ein eigenständiges klagbares Recht und somit die „Hauptsache“. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob von der Informationsanordnung weitere Schritte abhängen. Die „Hauptsachevorwegnahme“ lässt sich zudem nicht dadurch umgehen, dass der Frageumfang einschränkt oder die Information stellvertretend durch einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten verwertet wird.

B. Einzelfälle der Informationsanordnung Nachdem bislang die Möglichkeit einer Informationsanordnung abstrakt erörtert wurde, stellt sich nunmehr die Frage, für welche konkreten weiteren Schritte und unter welchen Voraussetzungen jeweils die Informationsanordnung offensteht. Die Informationsanordnung kommt nur als Hilfsinstrument, also mit Blick auf weitere Schritte in Betracht. Einer Informationsanordnung um ihrer selbst willen fehlte es sowohl am Anordnungsanspruch327 als auch am qualifizierten328 Anordnungsgrund. Dabei steht die Informationsanordnung aber nicht schlechthin zur Vorbereitung, also zur bloß leichteren Wahrnehmung anderer Rechte offen. Möglich ist eine Informationsanordnung nur, soweit ihr zum einen ein durchsetzbarer Anordnungsanspruch zugrundeliegt und sie zum anderen zur Gewährleistung des verfassungsrechtlich gebotenen effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) erforderlich ist. Sie mag etwa notwendig sein, um dringende prozessuale Schritte einzuleiten, oder 326 Vgl. Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 857. 327 Das Informationsrecht unterliegt neben dem Informationsverweigerungsrecht des § 51a Abs. 2 GmbHG noch anderen Schranken. Während einige Stimmen das nahezu unbegrenzte Informationsrecht aus § 51a GmbHG allenfalls einem Missbrauchsverbot unterwerfen (vgl. etwa Tietze, Informationsrechte, S. 105 – 115, insb. S. 115; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 3; Grunewald, ZHR 146 (1982), 211, 222; Lutter, ZGR 1982, 1, 4 f.; Teichmann, in: G/B/S, § 51a Rn. 3 f. und 44; von Bitter, ZIP 1981, 825, 828 f.), schränken andere Auffassungen das Informationsrecht sogar inhaltlich ein, entweder durch eine funktionsbezogene Begrenzung (vgl. etwa Mertens, in: FS Werner, S. 557, 568 – 572; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51a Rn. 58 f.; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 58 f.) oder durch die Lehre vom Informationsbedürfnis als zusätzlichem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal (vgl. insb. K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 7 – 8b; K. Schmidt, Informationsrechte, S. 57 – 59). Vgl. hierzu jedoch Wohlleben, Informationsrechte, S. 12 Fn.7, der sogar in Fällen bloßer Neugier „ein gewisses (immaterielles) Interesse“ an der Information und eine „gewisse Kontrollwirkung“ wähnt. 328 Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 4. und 5.

88

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

als Entscheidungsgrundlage, um außerprozessuale Schritte (sinnvoll) wahrnehmen zu können (z. B. das Stimmrecht). Im Folgenden geht es nicht darum, alle denkbaren Fallgruppen aufzuzeigen, sondern es sollen ein paar wichtige herausgegriffen und beleuchtet werden. I. Durchsetzbarer Anordnungsanspruch Für welche Folgemaßnahmen der GmbH-Gesellschafter die Informationen zu verwenden plant, wirkt sich nicht nur auf den Anordnungsgrund aus, sondern kann bereits die Durchsetzbarkeit des Anordnungsanspruchs entfallen lassen. Die Informationsanordnung hängt in einem ersten Schritt davon ab, ob das Informationsverweigerungsrecht des § 51a Abs. 2 GmbHG329 entgegensteht. Der Geschäftsführer kann – und wird330 – die Informationserteilung verweigern, wenn zu besorgen ist, dass der Gesellschafter die Information zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Informationsanordnung nur denkbar ist, soweit die geplanten, von der Information abhängigen Folgeschritte zumindest eine der beiden kumulativen Voraussetzungen nicht erfüllen. „Gesellschaftsfremd“ sind alle Verwendungszwecke, die außerhalb des ordnungsgemäßen mitgliedschaftlichen Verhaltens liegen, also weder dem Gesellschaftszweck dienen noch den gesellschafterlichen Individualrechten entsprechen.331 Die herrschende Meinung fasst darunter grundsätzlich Verhalten, die der GmbH oder den Mitgesellschaftern schaden. Da § 51a GmbHG dem Gesellschafter 329 Zu den sonstigen Schranken des Informationsrechts gem. § 51a GmbHG, insb. der Treuepflicht, statt aller Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 46 – 69 und Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 76 – 92. 330 Der Gesellschafter kann sein Informationsrecht aus § 51a GmbHG erst dann gerichtlich geltendmachen, wenn ihm die Informationserteilung zuvor verweigert wurde (vgl. § 51b S. 2 GmbHG). Bei der Verweigerung dürfte sich der Gesellschafter in aller Regel auf § 51a Abs. 2 GmbHG stützen, schon um eine Haftung aus § 43 GmbHG zu vermeiden. 331 Ausführlich Tietze, Informationsrechte, S. 62 ff.; Müller, GmbHR 1987, 87, 88; Götze, ZGR 1999, 202, 207 – 212; ebenso Bremer, GmbHR 2000, 176, 177; Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 537; Körber, NZG 2002, 263, 266; Schneider, GmbHR 2008, 638, 639 f.; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 35; Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 51a Rn. 23; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 63; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51a Rn. 47; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 47; Tietze, Informationsrechte, S. 62 ff.; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51a Rn. 48 f.; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 39; Wicke, GmbHG, § 51a Rn. 8; Wohlleben, Informationsrechte, S. 160; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51a Rn. 33. Vgl. BT-Drs. 8/1347, S. 44; Grunewald, ZHR 146 (1982), 211, 226 – 228; Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 202; Strohn, in: Henssler/Strohn, § 51a Rn. 24. Zu weit ginge es, alle Verwendungszwecke zu erfassen, die den Interessen der Gesellschaft zuwiderlaufen. So z. B. Teichmann, in: G/B/S, § 51a Rn. 37; etwa unvorsichtig formuliert BTDrs. 8/1347 S. 44; dieser weiten Definition ausdrücklich widersprechend: Tietze, Informationsrechte, S. 63; Müller, GmbHR 1987, 87, 88; Götze, ZGR 1999, 202, 207 f.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

89

ein eigennütziges Individualrecht gewährt,332 muss er seine Mitgliedschaftsrechte jedoch auch dann ausüben können, wenn dies der Gesellschaft abträglich erscheint.333 Sogenannte gesellschaftsindifferente Zwecke werden dagegen zutreffend als gesellschaftsfremd eingeordnet.334 Dies überzeugt nicht nur begrifflich, sondern entspricht auch der Zweckbindung, der das Informationsrecht aus § 51a GmbHG unterliegt und die in § 51a Abs. 2 GmbHG335 Ausdruck gefunden hat. Für die Einstufung als „gesellschaftsfremd“ muss es indes unbeachtlich sein, wie ein Mitgliedschaftsrecht ausgeübt wird, also ob es außerprozessual ausgeübt oder erforderlichenfalls prozessual geltend gemacht wird.336 Das zeigt sich daran, dass § 51a Abs. 2 GmbHG auch solchen Mitgliedschaftsrechten nicht entgegensteht, die nur klageweise ausgeübt werden können (vgl. etwa Nichtigkeits-, Anfechtungs- und Auflösungsrecht). Wenn § 51a Abs. 2 GmbHG aber erlaubt, Mitgliedschaftsrechte im Hauptsacheverfahren geltend zu machen, muss es auch möglich sein, sie nötigenfalls im einstweiligen Rechtsschutz zu sichern bzw. durchzusetzen. Zu Recht ist daher für bei der Frage, ob die geplanten Schritte eine „gesellschaftsfremde Verwendung“ darstellen, allein darauf abzustellen, ob der GmbH-Gesellschafter sie in seiner Rolle als Gesellschafter wahrnimmt.337 Ungeachtet des Zwecks der Informationsanordnung sind aus der Warte des § 51a Abs. 2 GmbHG zudem solche Folgemaßnahmen zulässig, bei denen nicht ein „nicht unerhebliche[r] Nachteil“ für die GmbH oder ein verbundenes Unternehmen zu 332

Tietze, Informationsrechte, S. 63; Müller, GmbHR 1987, 87, 88; Götze, ZGR 1999, 202, 207 f. Zur Abgrenzung „Selbst- und Gemeinnützigkeit“ vgl. Wohlleben, Informationsrechte, S. 28 – 33. 333 Dass die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten (vermeintlich) dem Gesellschaftsinteresse zuwiderlaufen kann, zeigt sich etwa an Gewinnansprüchen, Anfechtungs- und Auflösungsklagen sowie am Austritts- oder Veräußerungsrecht des Gesellschafters, vgl. Tietze, Informationsrechte, S. 63. 334 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 35; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 63; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51a Rn. 47; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 47; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 39; Strohn, in: Henssler/Strohn, § 51a Rn. 24; Tietze, Informationsrechte, S. 62 – 64; Wicke, GmbHG, § 51a Rn. 8; Wohlleben, Informationsrechte, S. 160; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51a Rn. 33. Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51a Rn. 48 hält diese Unterscheidung hingegen für unbeachtlich. 335 Zur Zweckbindung des Informationsrechts vgl. Tietze, Informationsrechte, S. 65. Dagegen verortet Grunewald, ZHR 146 (1982), 211, 216 f. die Zweckbindung in § 51a Abs. 1 GmbHG. 336 Ebenso Tietze, Informationsrechte, S. 63. 337 Vgl. auch Tietze, Informationsrechte, S. 64 und Grunewald, ZHR 146 (1982), 211, 216 f. („Eigenschaft als Gesellschafter“) sowie Müller, GmbHR 1987, 87, 88 („Gesellschaftersphäre“, „Qualität als Gesellschafter“). Nicht zur Rolle des Gesellschafters gehören hingegen insbesondere die Rechte, die der Gesellschafter in seiner Rolle als Geschäftsführer (z. B. Stellung des Insolvenzantrags gem. § 15 InsO oder Abgabe von Steuererklärung gem. § 34 AO), als Aufsichtsrat (z. B. statutarisch eingeräumtes Recht, Geschäftsführer zu benennen und abzuberufen) oder als Arbeitnehmer bzw. Angestellter (z. B. Kündigung) verfolgt.

90

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

besorgen ist. Diese zweite, kumulative Voraussetzung des § 51a Abs. 2 GmbHG dürfte praktisch zwar eine untergeordnete Rolle spielen, da ein solcher Nachteil bereits sehr früh, etwa bei Rufschädigungen,338 bejaht wird. Sie fehlt aber und schließt die Einrede des § 51a Abs. 2 GmbHG somit vor allem in solchen Fällen aus, in denen sich die Folgemaßnahme ausschließlich gegen Dritte richtet. These 7: Untersucht man die Informationsanordnung, für welche weiteren Schritte die Informationsanordnung offensteht, schränkt zunächst das Informationsverweigerungsrecht aus § 51a Abs. 2 GmbHG den Anwendungsbereich erheblich ein. Die Informationsanordnung kommt nur zur Vorbereitung solcher Schritte in Betracht, die der GmbH-Gesellschafter in seiner Rolle als Gesellschafter unternimmt oder die keine erheblichen Nachteile für die GmbH oder verbundene Unternehmen besorgen lassen, jeweils unabhängig davon, ob es sich um prozessuale oder außerprozessuale Schritte handelt.

II. Vorbereitung prozessualer Schritte Wesentlich schwieriger ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein hinreichender, qualifizierter Anordnungsgrund vorliegt, der eine ausnahmsweise Informationsanordnung rechtfertigt. Der GmbH-Gesellschafter kann die Informationsanordnung insbesondere benötigen, um prozessuale Schritte tätigen zu können. So mag er vornehmlich bei Leistungs- und Sicherungsverfügungen, aber auch bei Klagen auf sie angewiesen sein, wenn es etwa darum geht, einen hinreichend bestimmten Antrag (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) zu stellen, einen Sachverhalt schlüssig darzulegen bzw. zu substantiieren oder einen entscheidungserheblichen Beweis bzw. ein Glaubhaftmachungsmittel zu finden. 1. Leistungsverfügung Hängt von der Informationsanordnung die Realisierung einer Leistungsverfügung ab,339 stellt sich die Frage, ob es die vorgeschaltene Informationsanordnung automatisch rechtfertigt, dass die sonstigen Voraussetzungen der abhängigen Leistungsverfügung vorliegen. Die ZPO-Leistungsverfügung stützt sich – ungeachtet der umstrittenen Herleitung der Rechtsfigur340 – auf eine Vielzahl unterschiedlicher Begründungen. Sie basiert auf gesetzlichen Erlaubnistatbeständen oder ist anerkannt, um eine Existenzgefährdung oder sonstige Notlage abzuwehren, zur Verhinderung eines endgültigen Rechtsverlusts oder als Ausprägung eines bestimmten Rechtsgedankens, 338

Vgl. Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 207 m. w. N. Die Ausführungen zur Leistungsverfügung gelten entsprechend für sonstige, von der Informationsanordnung abhängige Eilrechtsschutzinstrumente, die die Hauptsache (endgültig) vorwegnehmen. 340 Dazu bereits unter Kapitel 2 § 3 A. III. 339

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

91

etwa dem Besitzschutz bei verbotener Eigenmacht341 (vgl. §§ 858, 861 ff. BGB, insb. § 863 BGB). Demgegenüber rechtfertigt sich die FamFG-Informationsanordnung als Ausnahme vom engen, starren Präjudizverbot des § 49 FamFG in ihrer Existenz und Reichweite maßgeblich durch Art. 19 Abs. 4 GG i. V. m. dem (Grund-)Recht, dessen erhebliche, irreversible Verletzung droht. Da die Informationsanordnung engere Voraussetzungen besitzt als die Leistungsverfügung, lässt die Existenz eines Verfügungsgrunds also nicht automatisch auf das Vorliegen eines Anordnungsgrunds schließen. Basiert die abhängige Leistungsverfügung auf einem positiv-rechtlich verankerten Erlaubnistatbestand, erstreckt sich dessen gesetzliche Privilegierung nicht per se auch auf § 51a GmbHG. Und ein spezieller Rechtsgedanke, den eine Leistungsverfügung verkörpert (z. B. Besitzschutz bei verbotener Eigenmacht), lässt sich nicht ohne Weiteres auf die vorgeschaltete Informationsanordnung ausdehnen. In beiden Fällen fehlt in aller Regel der innere Zusammenhang mit § 51a GmbHG. Dies lässt folgenden Schluss zu: Die vorgeschaltete Informationsanordnung kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn sie sich auf eine eigenständige Begründung stützt, die den Maßgaben des qualifizierten Anordnungsgrunds342 genügt. Die Voraussetzungen von Informationsanordnung und abhängiger Leistungsverfügung, insbesondere der Anordnungsgrund und der Verfügungsgrund, sind getrennt voneinander zu prüfen. Ein „Spill-over-Effekt“ dergestalt, dass die Existenz eines Verfügungsgrunds auf das Vorliegen eines Anordnungsgrunds schließen lässt, ist allenfalls möglich, soweit sich die abhängige Leistungsverfügung ebenfalls auf Art. 19 Abs. 4 GG als Begründung stützt, namentlich also dem Gesellschafter ohne die Leistungsverfügung eine existenzielle Notlage oder eine irreversible, über die Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung droht. Beispielsweise mag dies bei einer Leistungsverfügung auf Zahlung der Fall sein oder wenn ohne die Leistungsverfügung der endgültige Verlust eines Mitgliedschaftsrechts (vgl. Art. 14 GG) droht. Die Informationsanordnung steht allerdings nicht für jede Vereinfachung der Leistungsverfügung offen. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet und rechtfertigt die Informationsanordnung nur insoweit, als sie für den Erlass einer solchen Leistungsverfügung „conditio sine qua non“ ist. In diesem Fall genügt es für den Nachweis eines qualifizierten Anordnungsgrunds, dass der Gesellschafter glaubhaft macht, dass die Leistungsverfügung von der Informationsanordnung abhängt und die sonstigen Voraussetzungen der Leistungsverfügung erfüllt sind. These 8: Soweit die Informationsanordnung für die Geltendmachung weiterer Eilrechtsschutzmaßnahmen erforderlich ist, sind die Informationsanordnung und der abhängige Eilrechtsbehelf, dabei insbesondere der Anordnungs- und der Verfügungsgrund, getrennt voneinander zu prüfen.

341

So die wohl allg. M., vgl. nur etwa Grunsky, in: Stein/Jonas, vor § 935 Rn. 44 f.; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 17; Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 17 jeweils m. w. N. 342 Dazu s. o. Kapitel 2 § 3 A. V. 4.

92

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz These 9: Hängt von der Informationsanordnung eine ansonsten gerechtfertigte Leistungsverfügung ab, lässt die Existenz eines Verfügungsgrunds nicht per se auf das Vorliegen eines qualifizierten Anordnungsgrunds schließen. Dass ein qualifizierter Anordnungsgrund vorliegt, bedarf grundsätzlich einer eigenständigen, tragfähigen Begründung. Nur wenn die ZPO-Leistungsverfügung selbst eine Existenzgefährdung oder eine sonstige erhebliche, irreversible Rechtsverletzung abwenden soll und sie ausschließlich von der Informationsanordnung abhängt, erlaubt dies den Schluss auf das Vorliegen eines hinreichenden Anordnungsgrunds.

2. Sicherungs-, Regelungsverfügung und einstweiliger Arrest Dass die Informationsanordnung einer eigenen, tragfähigen Begründung bedarf, wird besonders dann problematisch, wenn sie einfache Eilrechtsschutzmaßnahmen vorbereiten soll, z. B. eine Sicherungsverfügung, eine (einfache) Regelungsverfügung oder einen einstweiligen Arrest. Denn die Voraussetzungen der beiden Rechtsbehelfe divergieren stark. Die Informationsanordnung verlangt einen qualifizierten Anordnungsgrund, setzt also eine drohende, irreversible, über die Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung voraus,343 während der Sicherungsverfügung etc.344 grundsätzlich ein einfacher345 Verfügungs- bzw. Arrestgrund genügt (vgl. §§ 917 Abs. 1 und 2, 935, 940 ZPO). Hängt die Sicherungsverfügung aber von der Informationsanordnung ab, wird sie faktisch ebenfalls deren strengen Anforderungen unterworfen. Um zu vermeiden, dass die Informationserzwingung im Eilrechtsschutz zum „Flaschenhals“ wird, diskutiert man bei der ZPO-Auskunftsverfügung, unter welchen Voraussetzungen sie im Vorfeld von Sicherungsverfügungen offensteht. Diese noch ungeklärte Frage drängt sich auch bei der FamFGInformationsanordnung auf. Nach gelegentlich vertretener Auffassung soll die Auskunftsverfügung offenstehen, wenn die Sicherung eines (Haupt-)Anspruchs nur nach vorheriger Aus343

Zum qualifizierten Anordnungsgrund s. o. unter Kapitel 2 § 3 A. V. 4. und 5. Zur sprachlichen Vereinfachung soll im Folgenden exemplarisch die Sicherungsverfügung herausgegriffen werden. Der Gedanke gilt aber auch für sonstige einfache Eilrechtsschutzregime. 345 Der „einfache“ Verfügungs- bzw. Arrestgrund bleibt qualitativ deutlich hinter dem bei der Informationsanordnung erforderlichen „qualifizierten“ Anordnungsgrund zurück: Der Verfügungsgrund der Sicherungsverfügung setzt nach § 935 ZPO die objektiv begründete Besorgnis voraus, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung irgendeines Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Bei einer (einfachen) Regelungsverfügung liegt ein Verfügungsgrund i. S. d. § 940 ZPO vor, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Beim dinglichen Arrest genügt als Rechtsgrund, dass entweder die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert würde (§ 917 Abs. 1 ZPO) oder das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste und die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist (§ 917 Abs. 2 ZPO). Auch der persönliche Arrest muss nach § 918 ZPO „nur“ erforderlich sein, um die gefährdete Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zu sichern. 344

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

93

kunftserteilung möglich ist.346 Eine Begründung findet sich kaum. Getragen wird dieser Ansatz wohl vornehmlich von dem nachvollziehbaren Wunsch nach einem einfachen, effektiven Eilrechtsschutz. Nimmt man die Formulierung ernst, setzte die Auskunftsverfügung (nur) voraus, dass von ihr eine Sicherungsverfügung abhängt. Für die Informationserzwingung im Eilrechtsschutz genügte es also bereits, dass die Anspruchsverwirklichung wesentlich erschwert würde (§ 935 ZPO), oder, beim einstweiligen Arrest, das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste (§ 917 Abs. 2 ZPO). Diesem weiten Anwendungsbereich ist schon bei der ZPO-Auskunftsverfügung zu widersprechen. Er unterliefe die Kriterien der Leistungsverfügung und damit den summarischen Charakter. Auch als Hilfsinstrument gehen von der Auskunftsverfügung irreversible, mitunter gefährliche Wirkungen aus. Die Informationsanordnung derart auszudehnen benachteiligte den Schuldner unangemessen. Erst recht lässt sich dieser Ansatz nicht auf die Informationsanordnung i. S. d. § 51a GmbHG übertragen. Die Informationsanordnung rechtfertigt sich als Ausnahme vom Präjudizverbot i. S. d. § 49 Abs. 1 FamFG in ihrer Existenz und im Umfang maßgeblich durch Art. 19 Abs. 4 GG. Eine solche Ausdehnung der Informationsanordnung ginge jedoch über das von Art. 19 Abs. 4 GG gebotene Maß hinaus. Sie wäre insoweit nicht verfassungsrechtlich geboten und die Rechtsfortbildung somit nicht gerechtfertigt. Weiter findet sich der Vorschlag, die Auskunftsverfügung könne aufgrund ihres Sicherungscharakters zugänglich sein.347 Wie bereits gesehen, orientiert sich der Eilrechtsschutz, soweit es um die Informationserzwingung geht, am Informationsrecht als einem rechtlich selbstständigen, klagbaren Recht. Auch wenn das Informationsrecht Nebenpflichtcharakter besitzt, liegt die „Hauptsache“ nicht in dem abhängigen, eigentlich zu schützenden Recht.348 Auch hilft die Rechtsnatur als Nebenpflicht nicht über das in § 49 Abs. 1 FamFG starr verankerte Präjudizverbot hinweg.349 Wenn aber ein etwaiger Sicherungscharakter keine Ausnahme vom

346 Grunsky, in: Stein/Jonas, vor § 935 Rn. 53; Schlosser, in: FS Odersky, S. 669, 682; ähnlich wohl Teplitzky, in: FS Kreft, S. 163, 163 f. 347 Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 42; OLG Köln, 4. 12. 2015 – 18 U 149/15, NZG 2016, 147, 149; Mayer, in: BeckOK-ZPO, § 938 Rn. 22; OLG Bamberg, 31. 5. 1950 – 2 W 67/ 50, RPfleger 1951, 460, 460 f. („Hilfsanspruch“); Baur, Studien, S. 59 („Hilfsanspruch“); ähnlich auch die Verfügungsklägerseite im ablehnenden Urteil des KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/ 87, GRUR 1988, 403, 404 („Hauptsache sei […] das […] Unterlassungsbegehren“); zu § 51a GmbHG Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; so auch in der Folgeauflage Hüffer/ Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; a. A. Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 8; Grunsky, in: Stein/Jonas, vor § 935 Rn. 53; KG, 28. 8. 1987 – 5 U 3581/87, GRUR 1988, 403, 404. Unklar bleibt, ob auch das OLG Brandenburg, 1. 3. 2005 – 6 U 140/04, MDR 2005, 950, 951 den Nebenpflichtcharakter als Begründung für die Hauptsachevorwegnahme sieht oder nur mit Blick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip anspricht („Die Verfügungsbeklagte erleidet dagegen mit der Auskunftserteilung, die zudem lediglich einen der Sicherung des Forderungsbestandes dienenden Nebenanspruch befriedigt, keinen endgültigen Verlust.“). 348 Dazu Kapitel 2 § 2 B. IV. und § 3 A. V. 3.–5. 349 Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 3.

94

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Präjudizverbot rechtfertigen kann, vermag er auch nicht, die nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotene Ausnahme zu erweitern. Nicht zuletzt wird vertreten, eine Auskunftsverfügung sei möglich, wenn ohne sie ein endgültiger Rechtsverlust (bzw. Rechtsverletzung) einträte.350 Diese dritte, enge Ansicht überzeugt. Sie knüpft, ebenso wie Art. 19 Abs. 4 GG, unmittelbar an die materielle Rechtsposition an. Droht eine über die Randbereiche hinausgehende, endgültige Rechtsverletzung bzw. ein etwaiger Rechtsverlust, gebietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Eilrechtsschutzmöglichkeit. Hängt der Eilrechtsschutz von der Realisierung eines Informationsrechts ab, ist es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten, dass auch die Informationserzwingung im Eilrechtsschutz möglich sein muss. Dies erlaubt aber nicht nur bei einer ZPO-Auskunftsverfügung, die Hauptsache im summarischen Verfahren ausnahmsweise ggfs. irreversibel vorwegzunehmen. Es rechtfertigt gerade auch bei § 51a GmbHG die Informationsanordnung als Ausnahme vom engen, starren Präjudizverbot des § 49 Abs. 1 FamFG. Demgegenüber kann die formelle Anknüpfung an eine abhängige Sicherungsverfügung oder an den Nebenpflichtcharakter nicht plausibel erklären, inwiefern eine Leistungsanordnung gerechtfertigt ist. Es leuchtet nicht ein, weshalb die Informationsanordnung über das verfassungsrechtlich gebotene Maß möglich sein soll. Auch in der Sache ist dieser wenngleich engen Lösung zuzustimmen. Dem GmbH-Gesellschafter wird bei jeder drohenden irreversiblen Rechtsverletzung in ausreichendem, verfassungsrechtlich gebotenem Maße effektiver Rechtsschutz zuteil. Lediglich die „weichen“, von Art. 19 Abs. 4 GG nicht zwangsweise geforderten Verfügungs- und Arrestgründe wie „wesentliche Erschwerung der Durchsetzung“ (vgl. § 935 ZPO) oder „Vollstreckung im Ausland“ (§ 917 ZPO) fallen weg. Gleichzeitig verhindert diese Lösung eine zu große Ausdehnung des gefährlichen Instruments der Informationsanordnung. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass eine Informationsanordnung, die „Sicherungscharakter“ besitzt, letztlich nichts an den Voraussetzungen der Informationsanordnung ändert, sondern das Schlagwort „Sicherungscharakter“ vielmehr nur die Fallgruppe beschreibt, in der die Voraussetzungen der Informationsanordnung erfüllt sind. These 10: Eine Informationsanordnung kann auch dann eröffnet sein, wenn von ihr nur einfache Eilrechtsschutzmaßnahmen wie die Sicherungs-, die (einfache) Regelungsverfügung oder der einstweilige Arrest abhängen. Entscheidend ist insoweit nicht das formelle Kriterium, dass eine Sicherungsverfügung o. ä. von ihr abhängt, oder der Nebenpflichtcharakter des § 51a GmbHG. Da die Informationsanordnung als Ausnahme vom engen, starren Präjudizverbot des § 49 FamFG in Existenz und Umfang sich maßgeblich durch Art. 19 Abs. 4 GG rechtfertigt, setzt sie vielmehr auch in diesem Fall voraus, dass dem Gesellschafter ohne die Informationsanordnung eine Existenzgefährdung oder eine er350 Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 8; OLG Rostock, 13. 4. 2004 – 3 U 68/04, MDR 2004, 1109, 1109 f.; wohl auch OLG Brandenburg, 1. 3. 2005 – 6 U 140/04, MDR 2005, 950, 950 f.; ähnlich Fischer, in: Prütting/Gehrlein, § 940 Rn. 11 („wenn die Auskunft zur Verhinderung weiterer Rechtsverletzungen unverzichtbar ist“).

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

95

hebliche, irreversible Rechtsverletzung droht. Eine Absenkung dieser Voraussetzungen ist nicht möglich, aber auch nicht geboten.

3. Hauptverfahren Geht es um die Vorbereitung eines Hauptverfahrens, etwa einer Leistungs- oder Feststellungsklage, dürfte die Informationsanordnung nur äußerst selten in Betracht kommen. In aller Regel351 sollte das reguläre Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG innerhalb der Klagefrist bzw. schneller als das ZPO-Hauptverfahren abgeschlossen sein. Zudem droht dem Gesellschafter bei zu langem Zuwarten, dass er sich hinsichtlich der Dringlichkeit selbst widerlegt.352 Nicht ganz von der Hand zu weisen ist die Informationsanordnung aber zum einen als Ersatzinstrument, weil die Stufenklage i. S. d. § 254 ZPO aufgrund dessen ausgeschlossen ist, dass das Informationsrecht und der Hauptanspruch unterschiedlichen Verfahrensordnungen zugewiesen sind.353 Zum anderen bestehen mitunter kurze, von der Kenntnis des Gesellschafters unabhängige Klagefristen, in denen auch das Verfahren nach § 51b GmbHG nicht ausreichen mag. Dies ist etwa bei der Beschlussanfechtung der Fall, hinsichtlich der die einmonatige aktienrechtliche Klagefrist (§ 246 Abs. 1 AktG) Leitbildfunktion354 besitzt. III. Vorbereitung außerprozessualer Schritte Die Informationsanordnung ist auch im Vorfeld außerprozessualer Schritte denkbar, etwa wenn es um die (zweckmäßige) Ausübung von Mitgliedschaftsrechten geht. Herauszugreifen sind das Stimmrecht und die der Verfügung über den Geschäftsanteil zugrundeliegenden Due Diligence, da § 51a GmbHG hier die wichtigste Rolle einnimmt. 1. Stimmrecht Bereits das gesetzgeberische Leitbild bei der Konzeption der §§ 51a, 51b GmbHG sah vor, dass das Informationsrecht vor allem dem Stimmrecht diene. Hiernach soll der Gesellschafter „schnelle und sachkundige Entscheidungen“355 treffen und die Geschäftsführung wirksam kontrollieren356 können. Die Informationserzwingung soll nicht nur die Ausübung schlechthin ermöglichen, sondern auch eine „sachge351

Zu den Zweifeln an der Beschleunigungswirksamkeit Kapitel 2 § 2 A. I. Vgl. Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 18 – 20. 353 Vgl. Huber, in: Musielak/Voit, § 940 Rn. 18. Zur FGG Rechtslage: Gustavus, GmbHR 1989, 181, 184. 354 So allg. M.; statt aller Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, § 47 Anhang Rn. 227. 355 So ausdrücklich BT-Drs. IV/171, S. 156; dem folgend BT-Drs. 8/1347, S. 45. 356 Vgl. BT-Drs. 8/1347, S. 43 – 45. 352

96

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

mäße“ Ausübung der Rechte ermöglichen,357 also insbesondere eine Entscheidungsgrundlage für den Gebrauch den Stimmrechts schaffen. Soweit ersichtlich, wurde bisher nicht speziell der Frage nachgegangen, inwiefern die Informationsanordnung zwecks Ausübung des Stimmrechts offensteht, etwa wenn der Gesellschafter vor einem anstehenden Abstimmungstermin die Information dringend benötigt. a) Vorrang sonstiger Eilrechtsschutzmaßnahmen? Problematisch ist, in welchem Verhältnis die Informationsanordnung zu anderen, insbesondere den am abhängigen Recht anknüpfenden Eilrechtsschutzmaßnahmen steht.358 Dasselbe Rechtsschutzziel – die rechtzeitige Informationserteilung – lässt sich auch durch eine Sicherungsverfügung erreichen, die vorläufig etwa die Beschlussfassung, den Beschlussvollzug, die Eintragung ins Handelsregister verhindert oder ein Veräußerungsverbot anordnet. Solche einfachen Eilrechtsschutzmaßnahmen haben als mildere Mittel359 grundsätzlich Vorrang vor der endgültigen Hauptsachevorwegnahme als „ultima ratio“. Speziell der Informationsanordnung fehlte es an einer planwidrigen Regelungslücke. Bei Lichte besehen bieten jedoch zahlreiche der genannten Sicherungsmaßnahmen keinen adäquaten Ersatz, sodass sie die Informationsanordnung nicht verdrängen. Dies ist nicht nur bei unaufschiebbaren Abstimmungen der Fall (z. B. bei einem Untreueverdacht gegen den Geschäftsführer). Auch wäre das Unterbinden der Gesellschafterversammlung mittels einstweiliger Verfügung, was an sich schon rechtlich höchst umstritten ist,360 weder zum Schutz des Stimmrechts erforderlich noch beeinträchtigte die Versammlung als solche das Stimmrecht. Und eine vorläufige Unterbindung des Beschlussvollzugs bzw. der Beschlusseintragung mag den 357

BT-Drs. 8/1347, S. 44. Zum zweigleisigen Eilrechtsschutz, der zwischen der Sicherung des Informationsrecht und des abhängigen Rechts unterscheidet: Kapitel 2 § 4 B. Speziell zur Sicherung des abhängigen Rechts: Kapitel 2 § 4 B. II. 359 Tietze, Informationsrechte, S. 142 f. verlangt als „mildere Maßnahme“, dass der Gesellschafter zunächst versuchen müsse, einen Gesellschafterbeschluss einzuleiten, um den Geschäftsführer zur Herausgabe der Informationen anzuweisen. Dem ist nicht zuzustimmen. Entweder hat die Gesellschafterversammlung ihre ablehnende Haltung bereits im Informationsverweigerungsbeschluss i. S. d. § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG zum Ausdruck gebracht. Dann stellte ein erneuter Gesellschafterbeschluss über die im Kern selbe Frage eine übertriebene Förmelei dar. Oder es fehlt – in besonders dringlichen Fällen – die Zeit sowohl für den Informationsverweigerungsbeschluss als auch für den Weisungsbeschluss auf Informationserteilung. 360 Dass der Gesellschafter die Durchführung einer Gesellschafterversammlung via einstweiliger Verfügung unterbinden kann, wird grundsätzlich abgelehnt. Dies widerspreche der Rechtsfähigkeit der GmbH, dem daraus folgenden Recht, Gesellschafterversammlungen abzuhalten, und zur freien Willensbildung sowie der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG), vgl. nur Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, § 47 Anhang Rn. 298; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anhang zu § 47 Rn. 202 – 204 m. w. N. 358

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

97

Gesellschafter zwar vor Entscheidungen auf falscher Tatsachengrundlage schützen, bis das Informationserzwingungsverfahren abgeschlossen ist. Diese Maßnahme kann das Stimmrecht in dieser Abstimmung aber nicht wieder zum Leben zu erwecken, sondern der Gesellschafter müsste später vielmehr erst eine Beschlussanfechtungsklage bzw. die Fassung eines neuen Gesellschafterbeschlusses bemühen. Die Möglichkeit der Stimmrechtsausübung wäre zunächst endgültig vergeben und lebte nicht mit Abschluss des Informationserzwingungsverfahrens wieder auf. Darüber hinaus widerspräche es letztlich auch Sinn und Zweck des § 51a GmbHG, wonach gerade eine Entscheidungsgrundlage geschaffen und eine sachgerechte und zeitnahe Stimmrechtsausübung gewährleistet werden soll. Im konkreten Fall müsste der Gesellschafter hingegen sein Stimmrecht zunächst unwissend auswirken und dies sodann erforderlichenfalls rückabwickeln. Soweit es um den Schutz des Stimmrechts wegen fehlender Information geht, genießt die vorläufige Unterbindung des Beschlussvollzugs bzw. der -eintragung somit keinen Vorrang vor der Informationsanordnung. Als einziges passendes Eilrechtsschutzinstrument, das das Stimmrecht des Gesellschafters umfassend schützt und nicht die Hauptsache vorwegnimmt, verbleibt somit die auf Verhinderung der Beschlussfassung gerichtete Sicherungsverfügung. Weil damit jedoch ein Eingriff in die Autonomie der GmbH und in die Beschlussfassungskompetenz der Gesellschafter verbunden wäre, schließt die herrschende Auffassung eine solche Sicherungsverfügung grundsätzlich aus und erlaubt eine Ausnahme nur bei eindeutiger Rechtslage bzw. überragendem Schutzbedürfnis des Gesellschafters.361 Es fragt sich jedoch, wie diese Rechtsschutzlücke zu schließen ist, falls Art. 19 Abs. 4 GG angesichts des drohenden Stimmrechtsverlusts362 eine Eilrechtsschutzmöglichkeit verlangt. Hierzu könnte der Gesellschafter entweder den Weg über die Informationsanordnung – als prozessuale Ausnahme – oder den über die Sicherungsverfügung zur Verhinderung der Beschlussfassung – als materiellrechtliche Ausnahme – beschreiten. Als Ausgangspunkt kommt nur der grundsätzliche Vorrang der Sicherungsverfügung in Betracht. Dies ergibt sich aus der Subsidiarität der Hauptsachevorwegnahme und mit Blick auf die Analogievoraussetzungen363 der Informationsanordnung. Eine solche Sicherungsverfügung setzt aber insbesondere wiederum voraus, dass der Gesellschafter ein überragendes Bedürfnis daran hat, die Beschlussfassung zu unterbinden, mithin einer Interessenabwägung mit der GmbH und den Mitgesellschaftern standhält. Indes führt das vorläufige Unterbinden der Beschlussfassung dazu, dass die GmbH in der Willensbildung vorübergehend gelähmt ist, weshalb es in der Regel wesentlich größere und mitunter 361 So u. a. K. Schmidt, in: Scholz, § 45 Rn. 183; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Anhang zu § 47 Rn. 89 f.; Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 48 Rn. 87; Teichmann, in: G/B/S, Anh. § 47 Rn. 86. Dagegen will Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, § 47 Rn. 295 eine solche Sicherungsverfügung, die die Beschlussfassung unterbindet, lediglich bei einem Gesetzesverstoß oder bei Unvereinbarkeit mit dem öffentlichen Interesse erlauben. 362 Dazu auch Kapitel 2 § 3 A. V. 4. c). 363 Kapitel 2 § 3 A. V. 4. und 5.

98

Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

endgültige Nachteile mit sich bringt als die Informationsanordnung. Wiegen diese Nachteile für die GmbH und die Mitgesellschafter zu schwer, scheitert die Sicherungsverfügung und gibt den Weg für eine Informationsanordnung frei, welche wiederum eigenständig einer Interessenabwägung364 standhalten muss. Das exklusive Verhältnis der beiden konkurrierenden Rechtsbehelfe und der Abgrenzungsmaßstab sind auch im Ergebnis angemessen. Schreibt Art. 19 Abs. 4 GG eine Eilrechtsschutzmöglichkeit vor, wird diese durch das Wechselspiel der beiden Eilrechtsbehelfe gewährt. Zugleich werden die Interessen der GmbH und der Mitgesellschafter weitestmöglich berücksichtigt. Und wenn umgekehrt wichtige Gründe der GmbH oder Mitgesellschafter die Interessen des Gesellschafters überwiegen, so fehlt es bereits an einem Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG auf eine Eilrechtsschutzmöglichkeit, die es bereitzustellen gälte. b) Qualifizierter Anordnungsgrund Wird die Informationsanordnung, die eine sachgemäße Stimmrechtsausübung ermöglichen soll, nicht durch einen vorrangigen Rechtsbehelf verdrängt, stellt sich die Frage, inwiefern sich aus dem Stimmrecht ein hinreichender Anordnungsgrund ableiten lässt. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt, dass ohne Informationsanordnung eine irreversible, über die Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung droht und es dürfen keine überwiegenden, besonders wichtigen Gründe365 entgegenstehen.366 Mit dem endgültigen Verlust des Stimmrechts, das als einem Kernrecht des Mitgliedschaftsrechts dem Schutz von Art. 14 GG untersteht, scheint eine solche erhebliche Rechtsverletzung vorzuliegen. § 51a GmbHG soll nicht nur die Ausübung, sondern gerade auch die sachgerechte Wahrnehmung des Informationsrechts sicherstellen.367 Voraussetzung ist also, dass die verweigerte Information dazu führt, dass der Gesellschafter sein Stimmrecht ohne die Informationsanordnung zumindest nicht sachgerecht ausüben kann. Umgekehrt liegt im Falle eines Stimmverbots kein Anordnungsgrund vor. Hier wird die Stimmrechtsausübung nicht durch die fehlende Information, sondern kraft Gesetztes verhindert. Fraglich ist jedoch, ob wirklich in allen Fällen grundsätzlich – d. h. vorbehaltlich der Interessenabwägung – ein Anordnungsgrund gegeben ist, in denen der Gesellschafter ohne die zeitnahe Informationserlangung sein Stimmrecht nicht sinnvoll ausüben kann. Tietze vertritt die These, eine Informationserzwingung im Eilrechtsschutz komme nur in Betracht, wenn die Stimme des Gesellschafters entscheidendes Gewicht besitze.368 Mit anderen Worten müsse das Stimmgewicht des 364

Kapitel 2 § 3 C. I. 2. Zum Abwägungsmaßstab: Kapitel 2 § 3 C. I. 2. 366 Zu den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG: Kapitel 2 § 3 A. V. c). 367 Vgl. BT-Drs. 8/1347, S. 44. 368 Tietze, Informationsrechte, S. 142 f. Seine Ausführungen beziehen sich noch auf die ZPO-Auskunftsverfügung unter dem FGG. Der Gedanke ist aber auch bei der Informationsanordnung zu untersuchen. 365

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

99

informationssuchenden Gesellschafters kausal sein für das Erreichen einer bestimmten Mehrheit bzw. der Schwelle bestimmter Minderheitsrechte (z. B. Sperrminorität). Eine Begründung fehlt. Dieser Ansicht ist dahingehend zuzustimmen, dass sie versucht, den Wert eines konkreten Stimmrechts zu berücksichtigen. Die zusätzliche Voraussetzung ist in der konkreten Form jedoch abzulehnen. Sie verkennt, dass Art. 14 GG nicht nur die Erfolgsaussichten in der Abstimmung schützt, sondern bereits die sachgerechte Stimmrechtsausübung gewährleisten soll. Nur dies entspricht zudem auch dem Charakter als mitgliedschaftliches Individualrecht, das unabhängig von seiner Anteilsgröße369 geltend gemacht werden kann. Unabhängig davon, ob der Gesellschafter seine Mitgesellschafter noch zu einem anderen Stimmverhalten bewegen oder sogar ein Umschlagen der Mehrheitsverhältnisse bewirken kann, soll der Gesellschafter sein Stimmrecht zumindest sachgerecht bzw. nach seinem freien Willen ausüben können. Im Ergebnis führt daher zunächst jeglicher Stimmrechtsverlust zu einer irreversiblen, erheblichen Rechtsverletzung und liefert somit nach dem Maßstab des Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich einen hinreichenden Anordnungsgrund. Gleichzeitig wird die GmbH dennoch vor „sinnlosen“ Informationsanordnungen geschützt. Wie sehr ein Stimmrecht ins Gewicht fällt, ist nicht im Rahmen der Rechtsverletzung, sondern erst bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, mithin bei der Frage, ob keine überwiegenden, besonders wichtigen Gründe entgegenstehen. Je weniger das Stimmrecht mit seinen Wirkungen ins Gewicht fällt, desto schwerer wiegen die entgegenstehenden Interessen der GmbH und der Mitgesellschafter. These 11: Benötigt der Gesellschafter die Information, um sein Stimmrecht sachgemäß ausüben zu können, kommt als einzige alternative Eilrechtsschutzmaßnahme eine einstweilige Verfügung in Betracht, die zum Schutze des Stimmrechts die Beschlussfassung vorläufig unterbindet. Liegen die Voraussetzungen für eine solche Sicherungsverfügung ausnahmsweise vor, genießt sie Vorrang vor der Informationsanordnung. Nur wenn die Voraussetzungen einer solchen Sicherungsverfügung fehlen, insbesondere weil überwiegende Interessen der GmbH und Mitgesellschafter entgegenstehen, ist die Informationsanordnung anwendbar und dabei separat auf ihre Voraussetzungen zu prüfen. Dass der Gesellschafter sein Stimmrecht ohne die Informationsanordnung nicht (sachgerecht) ausüben kann, gibt der Informationsanordnung grundsätzlich einen hinreichenden Anordnungsgrund, unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Abstimmung. Dass möglicherweise keine Erfolgsaussichten bestehen, in der Abstimmung eine Mehrheit herbeizuführen oder sonstige bestimmte Schwellen zu erreichen, fließt erst bei der anschließenden Interessenabwägung mit ein, wonach der Informationsanordnung keine überwiegenden, besonders wichtigen Gründe entgegenstehen dürfen.

369 Tietze, Informationsrechte, S. 12; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 12; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 7; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51a Rn. 5; von Bitter, ZIP 1981, 825, 827 jeweils m. w. N.

100 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

2. Due Diligence und Anteilsveräußerung Zu den mitgliedschaftlichen, von Art. 14 GG und § 51a GmbHG geschützten Rechten gehört auch das Recht des Gesellschafters, seinen Geschäftsanteil zu veräußern.370 Geschützt ist sowohl die rechtliche Abtretungsmöglichkeit als auch die tatsächliche Durchführbarkeit.371 Unerlässlich hierfür ist die Due-Diligence-Prüfung,372 die die Grundlage vor allem für die Bestimmung des Kaufpreises, die Festlegung der Beschaffenheit des Kaufgegenstands und in der Gewährung von Freistellungs- und Garantieansprüchen bildet.373 Ob der Gesellschafter auf die Informationsanordnung zurückgreifen kann, ist bei der Erwerber- und der VeräußererDue-Diligence unterschiedlich zu beurteilen. a) Verkäuferseitige Due Diligence (Vendor Due Diligence) Benötigt der Gesellschafter die Informationen für eine verkäuferseitige Due Diligence und plant er keine Weitergabe der Informationen, lautet der allgemeine Tenor, dass sich der Gesellschafter problemlos des Informationsrechts aus § 51a GmbHG bedienen kann.374 Dem stehen weder § 51a Abs. 2 GmbHG noch die Treuepflicht entgegen. Allerdings ist fraglich, inwiefern in dringenden Fällen eine Informationsanordnung offensteht. Konkret fragt sich, welche Anforderungen an den hinreichenden Anordnungsgrund zu stellen sind. Ohne Gewährung einer Informationsanordnung mag im Einzelfall eine Due Diligence unmöglich sein und infolgedessen die Veräußerung scheitern oder zumindest Hindernisse entstehen. Dass der Veräußerer die Transaktion an eine Due Diligence bindet, ist angesichts der beim 370

Exemplarisch wird folgend von der Anteilsveräußerung gesprochen. Entsprechendes gilt aber auch für sonstige Verfügungen über den Geschäftsanteil, bei denen oftmals ebenfalls eine Due Diligence vorausgeht. Denkbar sind insbesondere die Bestellung eines Pfandrechts, etwa zur Absicherung eines Kredits (Beispiel nach Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 335 f.), oder eines Nießbrauchs. 371 Vgl. nur Bergbach, Anteilseigentum, S. 100 ff. m. w. N. („Haben und Gebrauchmachen“). 372 Beachtlich ist schon die Zahl der Beiträge, die sich speziell mit § 51a GmbHG i. R. d. Due Diligence auseinandersetzen: Lutter, ZIP 1997, 613; Götze, ZGR 1999, 202; Bremer, GmbHR 2000, 176; Oppenländer, GmbHR 2000, 535; Werner, ZIP 2000, 989; Körber, NZG 2002, 263; Krömker, NZG 2003, 418; Berg, NZG 2008, 641; Engelhardt, GmbHR 2009, 237; Scheuffele, GmbHR 2010, 965; Liese, DB 2010, 1806; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852; Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24. 373 Zu den Funktionen der Due Diligence beim Unternehmenskauf vgl. Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 24 m. w. N. 374 Vgl. insb. Lutter, ZIP 1997, 613, 614 f. („§ 51a GmbHG erlaubt dem Gesellschafter jede Frage an die Geschäftsführung, auch und gerade, was die hier interessierenden Daten betrifft. Dabei spielt der Grund der Frage gerade keine Roll“); Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51a Rn. 66 und Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 66 („Ihnen selbst können Informationen allerdings keinesfalls vorenthalten werden“); Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 25 („jedenfalls einen Anspruch […] zum Zwecke einer eigenen verkäuferseitigen Due Diligence“); jeweils m. w. N.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

101

Unternehmenskauf gesteigerten Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten375 berechtigt. Somit läge jedenfalls ein irreversibler Eingriff in das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Veräußerungsrecht des Gesellschafters (vgl. § 15 Abs. 1 GmbHG) vor. Die Informationsanordnung scheint mithin nach Art. 19 Abs. 4 GG gerechtfertigt. Indes kann es für eine Informationsanordnung nicht genügen, dass der Gesellschafter – vorbehaltlich der Interessenabwägung – schlicht auf eine durch den Kaufinteressenten gesetzte Frist verweist. Die Rechtsfrage, ob das gefährliche, im Wege der Rechtsfortbildung herzuleitende Instrument der Informationsanordnung offensteht, würde ansonsten allein vom subjektiven Willen des Dritten, einem (vermeintlichen?) Interessenten, abhängen. Zu verlangen ist zunächst, dass der Gesellschafter den (spätesten) gesetzten Termin, bis zu der er seine Entscheidung fällen muss, nicht mehr beeinfluss kann. Die Frist muss ihm insoweit einseitig auferlegt werden. Vergleichend lassen sich die Maßstäbe des AGB-Merkmals „stellen“376 heranziehen. Hinzutreten müssen noch weitere, mitunter objektive Umstände, die manifestieren, welche Dringlichkeit und Bedeutung die Informationsanordnung für den Veräußerer besitzt. Als zusätzliche Voraussetzung ist daher zum einen zu verlangen, dass die potentiellen Vertragsparteien nachweisen, dass ein ernsthaftes Verkaufs- bzw. Kaufinteresse besteht. Zum anderen darf ein hinreichender Anordnungsgrund nur bejaht werden, wenn die fehlende Information es objektiv rechtfertigt, dass der Gesellschafter sein Veräußerungsrecht nicht ausübt. Einen solchen sachlichen Grund mögen insbesondere Umstände bilden, die für die unternehmerische Entscheidung von Relevanz sind. These 12: Soll die Informationsanordnung eine verkäuferseitige Due Diligence ermöglichen, genügt es für einen hinreichenden Anordnungsgrund nicht, dass mit dem Erwerbsinteressenten eine bestimmte Frist für die Anteilsveräußerung vereinbart wird. Vielmehr muss der Erwerbsinteressent dem Gesellschafter die zeitliche Grenze einseitig auferlegt haben (vgl. „stellen“ i. S. d. § 305 BGB), bei Gesellschafter und Erwerbsinteressent muss ein ernsthaftes (Ver-)Kaufinteresse bestehen und die fehlende Information muss es objektiv rechtfertigen, dass der Gesellschafter den Verkauf ohne sie nicht tätigen will.

b) Käuferseitige Due Diligence (Buy Side Due Diligence) Wesentlich problematischer ist die Informationsanordnung, wenn sie dazu dient, dass die Due Diligence – wie in der Praxis üblich – durch den Erwerbsinteressenten erfolgt. Da ein außenstehender Erwerbsinteressent grundsätzlich weder einen Informationsanspruch gegen die GmbH noch den Geschäftsführer oder den veräußernden Gesellschafter hat, ist er darauf angewiesen, dass der veräußerungswillige Gesellschafter ihm die Informationen über sein Informationsrecht aus § 51a GmbHG beschafft.377 Für die vorliegende Erörterung unbeachtlich ist, ob der Erwerbsinter375

Vgl. nur Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 24. Vgl. statt aller Basedow, in: MüKoBGB, § 305 Rn. 21. 377 Der Erwerber besitzt, sofern er kein Mitgesellschafter ist, grundsätzlich keinen Direktanspruch gegen die GmbH auf Informationserteilung. Auch eine Pflicht der GmbH bzw. des 376

102 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

essent die Information unmittelbar von der GmbH oder mittelbar, d. h. über den Gesellschafter, erhalten soll. Zu trennen sind jedoch die in der Literatur nicht immer einheitlich gehandhabten Fragen, ob erstens der veräußernde Gesellschafter einen (durchsetzbaren) Informationsanspruch besitzt und ob er zweitens zur Weitergabe der Informationen berechtigt ist. aa) Anordnungsanspruch Soweit die Informationsanordnung eine erwerberseitige Due Diligence ermöglichen soll, ist bereits unklar, ob überhaupt ein durchsetzbarer Anordnungsanspruch vorliegt. Umstritten ist insbesondere, ob die intendierte Weitergabe von Informationen an den Erwerber zum Zwecke einer Due Diligence einen „gesellschaftsfremden Zweck“ darstellt und die GmbH somit die Informationserteilung gemäß § 51a Abs. 2 S. 1 GmbHG verweigern kann.378 Mitunter wird die Einrede aus § 51a Abs. 2 GmbHG grundsätzlich bejaht. Der Gesellschafter verfüge über der Gesellschaft gehörendes Gut. Das weitherzige Informationsrecht sei deshalb zu begrenzen.379 Andere Stimmen orientieren sich dagegen an der von der Weitergabe der Informationen ausgehenden Gefahr und differenzieren etwa danach, ob es sich um einen Konkurrenten handelt oder ob etwa die Einschaltung eines Treuhänders möglich ist. Sie wollen eine „faktische Vinkulierung“ vermeiden.380 Eine dritte Ansicht will beim gesellschaftsfremden Zweck unterscheiden, ob es sich um vinkulierte Geschäftsanteile handelt (vgl. § 15 Abs. 5 GmbHG), da der Gesellschafter nur insoweit in die freie Veräußerbarkeit vertrauen durfte.381 Viertens wird vertreten, etwaige aus der Weitergabe von Informationen resultierende Gefahren wirkten sich nicht über § 51a Abs. 2 GmbHG auf das Informationsrecht des Gesellschafters aus, sondern beträfen allein die Frage seiner Treuepflicht, die grundsätzlich nur das Recht zur Weitergabe der Informationen beträfe.382 Die ersten drei Ansichten müssen sich vorwerfen lassen, dass sie nicht ausreichend zwischen dem Informationsrecht – mitsamt Einwendungen – und dem WeiGeschäftsführers zur Abgabe von Erklärungen zu garantierelevanten Sachverhalten (ggfs. Angebot auf Abschluss eines Auskunftsvertrags) besteht nicht, vgl. nur Scheuffele, GmbHR 2010, 965, 967. 378 Die Entscheidung des BGH, 11. 11. 2002 – II ZR 125/02, BGHZ 152, 339, 344, wonach die Weitergabe von Informationen an Dritte unabhängig von deren Inhalt grundsätzlich unzulässig sein soll, behandelt gerade nicht die Frage, ob dies auch für die Weitergabe an Erwerbsinteressenten gilt und geht somit nicht auf den Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 GmbHG ein. 379 Lutter, ZIP 1997, 613, 615. 380 K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 39; Strohn, in: Henssler/Strohn, § 51a GmbHG Rn. 28. 381 Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 26 f. 382 Götze, ZGR 1999, 202, 209 – 212; Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 537; zurückhaltender Krömker, NZG 2003, 418, 422.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

103

tergaberecht trennen. Soweit die Informationsweitergabe eine käuferseitige Due Diligence bezweckt, geht es, da in aller Regel niemand ein ihm unbekanntes Unternehmen bzw. Geschäftsanteile davon kaufen wird, immer um die Ausübung des Veräußerungsrechts aus § 15 Abs. 1 GmbHG. Das Informationsgesuch zielt damit letztlich immer auf ein ordnungsgemäßes383 mitgliedschaftliches Verhalten ab. Aufgrund dieses „funktionalen Bezugs“384 sind die Voraussetzungen der Einwendung aus § 51a Abs. 2 GmbHG also prinzipiell nicht erfüllt. Vor allem aber hilft der Vorwurf der „faktischen Vinkulierung“385 für die Verortung des dahinterstehenden Problems nicht weiter, denn er begründet gerade nicht, weshalb es bereits an einem durchsetzbaren Informationsrecht fehlen soll. Auch wenn der Gesellschafter zwar die Information beanspruchen kann, ihm jedoch die Weitergabe untersagt ist, tritt diese Wirkung ein. Die besseren Gründe sprechen dafür, die Gefahren der Informationsweitergabe (nur) im Rahmen der Treuepflicht zu berücksichtigen, welche erforderlichenfalls die Weitergabe verbietet. Allein die Weitergabe zu Verkaufszwecken macht die Verwendung nicht „gesellschaftsfremd“. Überdies gibt es grundsätzlich keinen Anlass, zumindest dem Gesellschafter als solchem die Information zu versagen. Allein der Dritte darf sie nicht erhalten. Dem Informationsgesuch zwecks Käufer-Due-Diligence steht § 51a Abs. 2 GmbHG somit nicht entgegen. Hält man die Einrede des § 51a Abs. 2 GmbHG nicht für einschlägig, vertreten einzelne Stimmen, dass die Treuepflicht dennoch bereits den Informationsanspruch entfallen lassen könne.386 Nach herrschender Auffassung unterwirft die Treuepflicht den Gesellschafter dagegen einer Verschwiegenheitspflicht, sie schließt mithin grundsätzlich nur das Weitergaberecht an den Erwerbsinteressenten aus.387 Der zweiten Auffassung ist zuzustimmen. Zum einen hat sich der Gesetzgeber in § 51a GmbHG für ein nahezu umfassendes Informationsrecht zugunsten des Gesellschafters entschieden, das grundsätzlich nicht verkürzt werden darf (Arg. § 51a Abs. 3 GmbHG). Zum anderen stellt es im Rahmen der Treuepflicht, der der Verhältnismäßigkeitsgedanke innewohnt, das mildere Mittel dar, lediglich die Weitergabe zu untersagen. Sollte eine Informationsweitergabe also treuwidrig sein, wirkte sich dies auf die Informationsanordnung grundsätzlich so aus, dass nicht der Anordnungsanspruch, sondern der Anordnungsgrund entfällt. Nur wenn konkret zu besorgen ist, dass der Gesellschafter die erhaltenen Informationen treuwidrig weitergeben wird, müssen der Gesellschaft wirksame Mittel zur Verfügung stehen, die die Weitergabe unterbinden. Insofern solle der Geschäfts383

Zur gesellschaftsfremden Verwendung s. o. Kapitel 2 § 3 B. I. Vgl. etwa Götze, ZGR 1999, 202, 210; Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 537; Krömker, NZG 2003, 418, 422. 385 A. A. wohl Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 25 – 27. 386 Götze, ZGR 1999, 202, 218; Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 26 f. 387 Lutter, ZIP 1997, 613, 614 f.; Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 539 f.; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 67; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51a Rn. 62 f.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51a Rn. 37. 384

104 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

führer bereits die Informationserteilung an den Gesellschafter analog § 51a Abs. 2 GmbHG verweigern können.388 Dies leuchtet ein. Insbesondere entspricht es dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Ein solches Verweigerungsrecht darf aber nur in Betracht kommen, wenn sich die Besorgnis treuwidrigen Verhaltens auf konkrete Anhaltspunkte stützen lässt.389 Zudem kann es als milderes Mittel genügen, dass der Geschäftsführer den Gesellschafter vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet oder den Personenkreis, an den die Informationen weitergegeben werden dürfen, auf Nicht-Wettbewerber beschränkt.390 Dass die Informationsweiterleitung zwecks käuferseitiger Due Diligence nicht dem gesellschaftsfremden Zweck i. S. d. § 51a Abs. 2 GmbHG, sondern der Treuepflicht zugeordnet wird, hat für die Informationsanordnung zwei Folgen. Zum einen wirkt sich ein entgegenstehendes Geheimhaltungsinteresse der GmbH nicht auf den Anordnungsanspruch, sondern allenfalls auf den Anordnungsgrund aus. Zum anderen führt es dazu, dass der Informationsanordnung nicht die starre Einwendung des § 51a Abs. 2 GmbHG entgegensteht, sondern dass entgegenstehende Geheimhaltungsinteressen der GmbH in der bei der Treuepflicht typischen Abwägung überwunden werden können. bb) Anordnungsgrund Fraglich ist, inwiefern vor der Erwerber-Due-Diligence ein Anordnungsgrund besteht. Die Informationsanordnung kann erforderlich und nach Art. 19 Abs. 4 GG gerechtfertigt sein, um das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Veräußerungsrecht wahrnehmen zu können. Dies ist namentlich der Fall, wenn der Erwerbsinteressent den Kauf nicht ohne Unternehmensbewertung und Risikoabschätzung tätigen will. Zeitdruck mag etwa durch Fristsetzung oder ein Bieterverfahren bestehen. Ob ein Anordnungsgrund besteht, hängt jedoch weiter davon ab, dass dem Gesellschafter auch die Weitergabe der Informationen gestattet ist. Denn gelangen die Informationen nicht zum Erwerbsinteressenten, hülfe eine Informationsanordnung für die Veräußerung nicht weiter. Ob der Gesellschafter Informationen weitergeben darf, richtet sich, sofern die Mitgesellschafter nicht freiwillig zustimmen, nach der Treuepflicht. Inwieweit es die Treuepflicht dem Gesellschafter gestattet bzw. verbietet, Informationen an Erwerbsinteressenten weiterzuleiten, ist umstritten. Herrschend ist die Auffassung, dass die Treuepflicht den Gesellschafter grundsätzlich einem um388 Vgl. Bremer, GmbHR 2000, 176, 179, allerdings mit Verweis auf Götze, ZGR 1999, 202, 218. Umstritten ist wiederum, ob auch die Verweigerung analog § 51a Abs. 2 S. 1 GmbHG eines Gesellschafterbeschlusses bedarf, vgl. Bremer, GmbHR 2000, 176, 179 Fn. 39 m. w. N. 389 Insoweit dürften dieselben objektiven Voraussetzungen zu stellen sein wie beim Merkmal der „Besorgnis“ gesellschaftsfremder Verwendung i. S. d. § 51a Abs. 2 GmbHG. 390 Vgl. Bremer, GmbHR 2000, 176, 179.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

105

fassenden Vertraulichkeitsgebot hinsichtlich aller über § 51a GmbHG erlangten Informationen unterwirft.391 Bei der Information handle es sich um „der Gesellschaft gehörendes Gut“, die der Gesellschafter quasi als Treuhänder erhält.392 Die aus der Treuepflicht folgende Verschwiegenheitspflicht stelle zudem die Kehrseite zur „weitherzige[n] Lösung“ des § 51a GmbHG dar393 und entspreche nicht zuletzt dem Rechtsgedanken des § 51a Abs. 2 GmbHG.394 Teilweise wird die Weitergabe von Informationen auch als grundsätzlich zulässig eingestuft, es sei denn, dass die Geheimhaltungsmaßnahmen im Rahmen der Due Diligence keinen ausreichenden Schutz versprechen.395 Und eine dritte Ansicht verlangt eine ergebnisoffene Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der GmbH und dem Veräußerungsinteresse des Gesellschafters.396 Einigkeit besteht also zumindest dahingehend, dass jedenfalls in Extremfällen die Veräußerung und damit zwingend auch die Informationsweitergabe an den Erwerbsinteressenten möglich sein muss. Die Treuebindung besteht nicht nur einseitig zugunsten der Gesellschaft, sondern hat auch die Interessen des Gesellschafters zu berücksichtigen. Ihr Inhalt richtet sich daher insbesondere nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Die Weitergabe der Informationen muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den Geschäftsanteil veräußern zu können. Zumindest in rechtlicher Hinsicht stellt es demnach den Grundsatz dar, dass die Informationsweitergabe unzulässig ist. Freilich hat aber die Angemessenheitsprüfung ergebnisoffen zu erfolgen und zwischen dem Interesse des Gesellschafters an der Informationsweitergabe und dem Geheimhaltungsinteresse der GmbH abzuwägen. Nur wenn Veräußerungsinteresse des Gesellschafters überwiegt, darf er – vorbehaltlich anderer Sicherungsmaßnahmen397 – die Information an den Erwerbsinteressenten weitergeben, weshalb auch nur in diesen Fällen ein Anordnungsgrund für eine Informationsanordnung vorliegen kann.

391 So etwa Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 31; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 96; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 11. Ähnlich, aber ohne Bezug zur Due Diligence und zu § 15 GmbHG BGH, 11. 11. 2002 – II ZR 125/02, BGHZ 152, 339, 344; BGH, 29. 4. 2013 – VII ZB 14/12, BGHZ 197, 181, 185. In der Sache ebenso Lutter, ZIP 1997, 613, 615 und K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 39, die die Frage der Zulässigkeit der Weitergabe jedoch in § 51a Abs. 2 GmbHG verorten. 392 Lutter, ZIP 1997, 613, 615; LG Köln, 26. 3. 2008 \__ 90 O 11/08, GmbHR 2009, 261, 262. 393 LG Köln, 26. 3. 2008 – 90 O 11/08, GmbHR 2009, 261, 262; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 11; Lutter, ZIP 1997, 613, 615; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 6 jeweils m. w. N.; vgl. auch BGH, 11. 11. 2002 – II ZR 125/02, BGHZ 152, 339, 344. 394 Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 11. 395 Krömker, NZG 2003, 418, 422; Engelhardt, GmbHR 2009, 237, 239; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51a Rn. 62 f. 396 Götze, ZGR 1999, 202, 212 – 219; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 854 f.; Klingen/ Sprado, KSzW 2016, 24, 27 f. 397 Zu weiteren aus der Treuepflicht resultierenden Pflichten ebenfalls unter Kapitel 2 § 3 B. III. 2. b) und unter Kapitel 2 § 3 C. III. a).

106 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Konkret bedeutet das, die Informationsweiterleitung ist im Sinne einer klassischen Verhältnismäßigkeitsprüfung zulässig, wenn sie dem Zweck dient, dem Erwerbsinteressenten die Unternehmensbewertung und Risikoabschätzung für den Unternehmenserwerb zu ermöglichen, und zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist.398 An der Eignung fehlt es etwa, wenn bei vinkulierten Geschäftsanteilen von vornherein feststeht, dass die Veräußerung untersagt wird.399 Auch mag die Informationsweitergabe im Einzelfall schon nicht erforderlich sein, weil es genügt, einen Mittelsmann (z. B. Wirtschaftsprüfer) einzuschalten oder Garantien oder Freistellungsansprüche zuzusagen. Im Rahmen der Angemessenheit ist abzuwägen zwischen einerseits dem Interesse der Gesellschaft, „vertrauliche Informationen (z. B. Kundenverträge, Lizenzverträge oder Geschäftsführervertrage) nicht an Wettbewerber oder allgemein in Öffentlichkeit“ herauszugeben, und andererseits dem Interesse des Gesellschafters an der „Erhaltung der Verkehrsfähigkeit seiner Geschäftsanteile“.400 Dabei wird meist auf die Kriterien abgestellt, welche Rolle der Erwerbsinteressent innehat (ggfs. Wettbewerber), welche Höhe der zu veräußernden Beteiligung zukommt, welcher Art die offenzulegenden Informationen sind oder wie weit die Verhandlungen über den Erwerb fortgeschritten sind. Als vermeintlich „sichere“ Fallgruppe hat sich herausgebildet, der Gesellschafter dürfe Informationen keinesfalls an Konkurrenten weiterleiten.401 Indes wird man die Informationsweitergabe und damit die Veräußerung auch an einen Konkurrenten zumindest in einem späten Stadium der Verhandlungen nicht gänzlich verbieten können. Geht es nicht um die Verschaffung einzelner Informationen, sondern um eine umfassende Due-Diligence-Prüfung durch den Erwerbsinteressenten, müsste die Treuepflicht hinsichtlich jeder Information gesondert geprüft werden. Infolgedessen ist zumindest in praktischer Hinsicht der herrschenden Ansicht zuzustimmen, dass eine Due Diligence nur auf Grundlage eines Gesellschafterbeschlusses ergehen kann. Die Verfügung über das Geheimhaltungsinteresse obliegt der Gesellschafterversammlung, schon wegen ihrer Tragweite (vgl. § 49 Abs. 2 GmbHG) und Sinn und Zweck des § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG.402 Es genügt entsprechend den allgemeinen

398 Götze, ZGR 1999, 202, 213 f. mit ausführlicher Darstellung der einzelnen Voraussetzungen; ebenso ausdrücklich Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 538. 399 Götze, ZGR 1999, 202, 213. A. A. Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 27 f., die die Vinkulierung bereits bei § 51a Abs. 2 GmbHG bei der Frage nach dem „gesellschaftsfremden Zweck“ berücksichtigen wollen. 400 Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 27 f.; so auch Götze, ZGR 1999, 202, 212 – 219; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 854 f. 401 Götze, ZGR 1999, 202, 214 f.; Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 538 f.; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 32; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 39; vgl. i. Erg. auch Lutter, ZIP 1997, 613, 615; zurückhaltender etwa Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51a Rn. 62 f. 402 Das Beschlusserfordernis entspricht der allg. Ansicht, vgl. nur: Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 855 f.; Götze, ZGR 1999, 202, 227 – 231; Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 28 f.; Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 539; Fleischer, in: MüKoGmbHG, § 43 Rn. 208; Hüffer/

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

107

Grundsätzen grundsätzlich eine einfache Mehrheit,403 wobei der veräußernde Gesellschafter keinem Stimmverbot unterliegt (vgl. § 47 Abs. 4 GmbHG).404 Die Treuepflicht kann außer einem Weitergabeverbot aber auch andere Sicherungsmaßnahmen als Rechtsfolgen nach sich ziehen. Sie mag dem Gesellschafter etwa die Pflicht auferlegen, jegliche über § 51a GmbHG erlangte Informationen dem Erwerbsinteressenten nur gegen Unterzeichnung einer Verschwiegenheitsvereinbarung herauszugeben405 oder die Informationen nur stufenweise, d. h. sensible Informationen erst kurz vor dem (wahrscheinlichen) Geschäftsabschluss herauszugeben. Anders als das Weitergabeverbot schließen solche Treuepflichten den Anordnungsgrund nicht von vornherein aus, da die Informationsanordnung ja noch möglich bleibt und ihren Sinn behält. Sie sind aber im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Sind solche Sicherungsvorkehrungen möglich, fallen sie sogar zugunsten des Gesellschafter und der Informationsweitergabe ins Gewicht. These 13: Auch für eine käuferseitige Due Diligence steht dem Gesellschafter die Informationsanordnung im Einzelfall offen. Dient die Informationsweitergabe dazu, das Veräußerungsrecht i. S. d. § 15 Abs. 1 GmbHG realisieren zu können, stellt sie keine gesellschaftsfremde Verwendung i. S. d. § 51a Abs. 2 GmbHG dar. Auch gäbe der drohende Schürnbrand, in: U/H/L, § 51a Rn. 67; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 67; jeweils m. w. N. 403 So etwa Engelhardt, GmbHR 2009, 237, 242; Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 856; Götze, ZGR 1999, 202, 229; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 67; Körber, NZG 2002, 263, 268. Andere Mehrheitserfordernisse können sich aus der Satzung oder den Besonderheiten des Einzelfalls ergeben. So bejahte etwa das OLG Köln, 31. 10. 2013 – I-18 W 66/13 zu Recht ein Einstimmigkeitserfordernis aufgrund dessen, dass zugleich Betriebsinterna des Geschäftsbetriebs eines Minderheitsgesellschafters, der mit der GmbH verflochten war, hätten preisgegeben werden müssen. Für ein Einstimmigkeitserfordernis: LG Köln, 26. 3. 2008 – 90 O 11/08, GmbHR 261, 262; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 43 Rn. 25; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 31; Lutter, ZIP 1997, 613, 616; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 40. Für eine 3/4-Mehrheit: Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 540; die beabsichtigte Veräußerung führe zu einer „liquidationsähnliche[n] Zustandsveränderung“. Im Falle vinkulierter Geschäftsanteile wollen Klingen/Sprado, KSzW 2016, 24, 29 die Weitergabe von Informationen dem in der Satzung für die Übertragung von Geschäftsanteilen vorgesehenen Mehrheitserfordernis unterwerfen. Dies übersieht, dass die Abstimmung im Kern nicht um die Übertragung von Geschäftsanteilen („faktische Vinkulierung“), sondern um den Umgang mit sensiblen Informationen geht. Ist eine infolge der Vinkulierung erforderliche qualifizierte Mehrheit für die Anteilsveräußerung von vornherein ausgeschlossen, untersagt die Treuepflicht die Informationsweitergabe zudem schon deshalb, weil die Informationsweitergabe nicht geeignet ist, um die Veräußerung herbeizuführen (Beispiel nach Götze, ZGR 1999, 202, 213). 404 Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 67; a. A. Götze, ZGR 1999, 202, 232; Strohn, in: Henssler/Strohn, § 51a Rn. 28; vgl. auch Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 540. 405 Nach Götze, ZGR 1999, 202, 218; Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 539. Da es um den Schutz der GmbH geht, spielt es keine Rolle, ob die Verschwiegenheitsvereinbarung direkt zwischen der GmbH und dem Erwerbsinteressenten zustande kommt oder aber zwischen dem veräußernden Gesellschafter und dem Erwerbsinteressenten geschlossen wird und Schutzwirkung für die GmbH entfaltet.

108 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz Verlust einer konkreten Veräußerungsmöglichkeit an sich einen hinreichenden Anordnungsgrund. Ob ein Anordnungsgrund vorliegt, hängt jedoch ferner davon ab, ob er die Informationen an den Interessenten weitergeben darf, also namentlich nicht seine Treuepflicht verletzt. Die über § 51a GmbHG erlangten Information unterstehen als der Gesellschaft gehörendes Gut grundsätzlich dem Schutz der aus der Treuepflicht resultierenden Verschwiegenheitspflicht. Die Treuepflicht steht der Informationsweitergabe jedoch dann nicht entgegen, wenn die Weitergabe verhältnismäßig ist, d. h. zum Zweck der Anteilsveräußerung erfolgt und hierfür geeignet, erforderlich und angemessen ist. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung hat eine ergebnisoffene Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse der GmbH und Weitergabeinteresse des Gesellschafters zu erfolgen.

C. Abfederung der Risiken des summarischen Verfahrens Im summarischen Verfahren hat das Gericht zwar die Rechtsfragen ohne Abstriche zu prüfen, bei der Tatsachenermittlung hat es aber niedrigere Maßstäbe anzulegen als im Hauptsacheverfahren.406 Eine Informationsanordnung i. S. d. §§ 51a, 51b GmbHG auf falscher Tatsachengrundlage wird daher zu Recht als problematisch empfunden.407 Die Informationserzwingung führt nicht nur zur endgültigen und irreversiblen Erledigung des Informationsanspruchs, sondern die §§ 49 ff. FamFG sehen darüber hinaus auch keine Haftungsfolge i. S. d. § 945 ZPO vor. Zu untersuchen ist deshalb, inwieweit sich die Risiken des summarischen Verfahrens bei den §§ 51a, 51b GmbHG auffangen lassen. I. Richtigkeit der Informationsanordnung Eine erste Stellschraube, um die Risiken zu minimieren, ist es, zu verhindern, dass eine ungerechtfertigte Informationsanordnung ergeht. Der Umstand, dass eine ungerechtfertigte Informationsanordnung weder „rückabgewickelt“ noch über § 945 ZPO kompensiert werden kann, macht es erforderlich, dass von vornherein die richtige Tatsachengrundlage ermittelt wird. Dazu sind der Prüfungsmaßstab im Allgemeinen und die Anfälligkeit der einzelnen Voraussetzungen der Informationsanordnung für etwaige Risiken im Besonderen zu beleuchten.

406 Zu den Besonderheiten des summarischen Verfahrens s. o. Kapitel 1 § 1 und Kapitel 2 § 2 A. I. 2. Die bei der einstweiligen Anordnung für die Tatsachenermittlung maßgebenden §§ 51 Abs. 1 S. 2, 31 FamFG entsprechen den vom ZPO-Eilrechtsschutz bekannten §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. 407 Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2; Zöllner/ Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10; zurückhaltend Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17 und Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; wohl ebenso Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336 f.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

109

1. Strenger Prüfungsmaßstab Hüffer/Schürnbrand sprechen sich dafür aus, bei der Prüfung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund einen strengen Maßstab anzulegen.408 Näher beschrieben wird dieser Maßstab nicht. Er bezieht sich aber wohl nicht nur auf Rechtsfragen, sondern auch auf die Tatsachenermittlung. Nur so lässt sich das Risiko verringern, dass eine Informationsanordnung auf einer falschen Entscheidungsgrundlage ergeht. Dieser Ansatz ähnelt der noch strengeren Linie des Bundesverfassungsgerichts. Danach stellt Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, sofern durch die Verweigerung einstweiligen Rechtsschutzes eine endgültige, über die Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung droht. Die Gerichte haben sodann die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern umfassend zu prüfen.409 Dieser Prüfungsmaßstab muss konsequenterweise auch gelten, wenn die entsprechende Rechtsverletzung dem Antragsgegner droht. Der Gedanke hinter diesem Prüfungsmaßstab leuchtet ein. Auf diese Weise soll die Tatsachenermittlung eine ähnliche Qualität wie im Hauptsacheverfahren erhalten. Je mehr das Gericht die Tatsachenermittlung dem Hauptsacheverfahren annähert, desto höher ist die Richtigkeitsgewähr. Der strengere Prüfungsmaßstab ist erforderlich, aber nicht hinreichend, um das summarische Verfahren qualitativ auf das Niveau des Hauptsacheverfahrens zu heben. Zum einen besteht weiterhin der erweiterte Beweismittelkanon sowie die Beschränkung auf präsente Beweismittel. Zum anderen warnt sogar das Bundesverfassungsgericht davor, die Anforderungen an die Glaubhaftmachung, insbesondere an die zu erreichende Wahrscheinlichkeit nicht zu überspannen.410 Daher kann ein strenger Prüfungsmaßstab die Risiken des summarischen Verfahrens nicht ausschließen, sondern allenfalls verringern. Die Hauptschwäche dieses Ansatzes liegt außerdem auf der Hand: Ob eine umfassende Prüfung möglich ist, hängt davon ab, wie viel Zeit letztlich zur Verfügung steht. Diesem Lösungsansatz ist mithin zu folgen, er ist jedoch durch andere, insbesondere auf § 51a GmbHG angepasste Maßnahmen zu ergänzen. 2. Gesonderte Interessenabwägung? Fraglich ist bei der Informationsanordnung, inwieweit das Gericht neben der Prüfung der Sach- und Rechtslage auch entgegenstehende Interessen der GmbH zu

408 Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; ihnen folgend Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17 und Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 857. In der Sache wohl ebenso streng Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30. 409 BVerfG in st. Rspr., vgl. BVerfG, 27. 7. 2016 – 1 BvR 1241/16, NZS 2016, 863, 863; BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung jeweils m. w. N. 410 So das BVerfG in ständiger Rspr., vgl. etwa BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung.

110 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

berücksichtigen hat, wenn nicht schon etwa im Rahmen der Treuepflicht411 eine Abwägung stattfindet. Hüffer/Schürnbrand halten über den strengen Prüfungsmaßstab hinaus eine gesonderte Interessenabwägung für erforderlich.412 Als zusätzliche Voraussetzung gelte also ein rein relativer Maßstab, der die betroffenen Güter und drohenden Beeinträchtigungen beider Seiten miteinander vergleicht. Weitere Stimmen hierzu finden sich bisweilen nicht. Entgegenstehende Interessen können ebenso von Verfassungs wegen zu berücksichtigen sein. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt bei einer drohenden irreversiblen, über den Randbereich hinausgehenden Rechtsverletzung grundsätzlich die Eröffnung einer Eilrechtsschutzmöglichkeit.413 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht ein solcher verfassungsrechtlicher Anspruch jedoch nicht, wenn ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen.414 Im Gegensatz zum oben genannten Ansatz wirken sich entgegenstehende Interessen auf den verfassungsrechtlichen Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG also nur aus, wenn sie sowohl relative („überwiegende […] Gründe“) als auch absolute Kriterien („besonders wichtige Gründe)“ erfüllen. Eine echte Folgenabwägung findet dagegen nur statt, soweit die vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich ist.415 Mithin geht es schon aus verfassungsrechtlicher Perspektive zu weit, den Eilrechtsschutz aufgrund einer kumulativ erforderlichen schlichten Interessenabwägung auszuschließen, obwohl der Antragsteller bei der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage reüssierte. Auch in der Sache ist eine zusätzliche rein relative Interessenabwägung abzulehnen. Sie ist kein Instrument, um eine „richtige“ bzw. „gerechtfertigte“ Eilentscheidung zu gewährleisten, da sie sich nicht an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientiert. Sie ist ein zweischneidiges Schwert, das trotz eines gewissen Schutzes für die Rechte und Rechtsgüter des Antragsgegners die Richtigkeitsgewähr des einstweiligen Rechtsschutzes verwässert. Ohne Unterschied zwischen sachlich berechtigten und unberechtigten Anträgen würde Eilrechtsschutz schlicht bei 411

Dazu Kapitel 2 § 3 B. III. 2. b). Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; dem folgend Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17 und Geidel/Lange, GmbHR 2015, 852, 857. 413 Dazu ausführlich s. o. Kapitel 2 § 3 A. V. 4. c). 414 BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung; BVerfG, 16. 5. 1995 – 1 BvR 1087/91, BVerfGE 93, 1, 13 f. = NJW 1995, 2477, 2477 – Kruzifix; BVerfG, 25. 10. 1988 – 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69, 74 f. = NJW 1989, 827, 827 – Eidespflicht. Welcher der beiden Maßstäbe anzulegen ist, kann sich gerade bei der Informationsanordnung der §§ 51a, 51b GmbHG erheblich auswirken. Bei einer reinen Interessenabwägung dürfte es wohl in der Regel bereits ausreichen, die betroffenen Mitgliedschaften der Mitgesellschafter (Art. 14 GG) in die Waagschalen zu werfen. Nach dem vorliegenden eingeschränkten, gemischten Maßstab müsste die GmbH hingegen zusätzlich glaubhaft machen, dass ihr durch die Informationsanordnung erhebliche Nachteile entstünden. 415 St. Rspr., vgl. nur BVerfG, 12. 5. 2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927, 928 – Grundsicherung m. w. N. 412

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

111

überwiegendem Interesse des Antragsgegners ausscheiden. Dies engte die Eilrechtsschutzmöglichkeiten des Antragstellers übermäßig ein. Passender ist der Mittelweg des Bundesverfassungsgerichts, der die Interessenabwägung einschränkt. Zusätzlich zur der Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfen entgegenstehende Interessen folglich nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie sowohl überwiegen als auch besonders wichtig sind. Eine solche „eingeschränkte“ Interessenabwägung mit sowohl relativen als auch absoluten Bezugspunkten ist somit nicht nur verfassungsrechtlich geboten, sondern auch in der Sache zu befürworten. Sie erhöht zwar nicht die Richtigkeitsgewähr, dämpft aber die drohenden Risiken für die GmbH etwas, indem sie überwiegende, besonders wichtige Nachteile ausschließt. Sie ist das notwendige Korrektiv mit Blick auf die Restrisiken416 des summarischen Verfahrens. 3. Aktivlegitimation Die Ausübung des Informationsrechts aus § 51a GmbHG setzt voraus, dass der Anspruchsteller Gesellschafter der Anspruchsgegnerin ist. Während die Klärung der materiell-rechtlichen Inhaberschaft an den Geschäftsanteilen mitunter große Schwierigkeiten bereitet, kommt es für die Aktivlegitimation bezüglich des mitgliedschaftlichen Informationsrechts allein auf die formelle Gesellschafterstellung des Anspruchstellers an.417 Seit dem MoMiG418 muss er in der derzeit im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen sein (vgl. § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Für die Informationsanordnung hat die Anknüpfung an die Gesellschafterliste zwei Vorteile. Zugunsten des informationssuchenden Gesellschafters erleichtert und beschleunigt sie den Nachweis der Aktivlegitimation. Und zugunsten der GmbHG schließt sie jegliche Gefahren des summarischen Verfahrens in diesem Punkt aus, da sie den vollen, dem Hauptsacheverfahren entsprechenden Nachweis erbringt. Fallen die formelle und die materielle Gesellschafterstellung auseinander, macht dies die einstweilige Anordnung nicht ungerechtfertigt, da sich insoweit kein Risiko des summarischen Verfahrens verwirklicht und die Tatsachenermittlung mithin nicht „falsch“ ist.419 Um eine richtige Entscheidung hinsichtlich der Aktivlegitimation zu gewährleisten, muss sich das Gericht die Gesellschafterliste darum vorlegen lassen. Da auch die Treuepflicht an die formelle Gesellschafterstellung anknüpft, hat dies obendrein den Vorteil, dass die Informationsanordnung immer 416

Dazu Kapitel 1 B. III. Vgl. nur BT-Drs. 16/6140, S. 37 sowie Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 16; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 5; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 13. 418 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, vom 23. Oktober 2008, BGBl. 2008 I, S. 2026. 419 Der Gesetzgeber hat sich bewusst für die formelle Anknüpfung zur Erhöhung der Rechtssicherheit und der Transparenz entschieden, vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 37, und das damit verbundene, auch im Hauptsacheverfahren bestehende Risiko in Kauf genommen, dass die materielle und die formelle Gesellschafterstellung auseinanderfallen. 417

112 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

zugleich von der Treuebindung gedeckt ist.420 Die Einbeziehung der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste in das Verfahren ist wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes möglich und mit Blick auf die leichte Zugänglichkeit auch zumutbar. Auf sie darf das Gericht nur im äußersten Notfall verzichten. 4. Ausreichende Verteidigungsmöglichkeiten Risiken des summarischen Verfahrens verbleiben damit hinsichtlich des mitunter für erforderlich gehaltenen Informationsbedürfnisses,421 des Informationsverweigerungsrechts und des qualifizierten Anordnungsgrunds. Fraglich ist zunächst, inwiefern das Glaubhaftmachungsverfahren als solches die Gefahr ungerechtfertigter Entscheidungen bei § 51a GmbHG birgt. Denn es erreicht wegen des erweiterten Beweismittelkatalogs (§ 31 Abs. 1 FamFG), dem niedrigeren erforderlichen Grad an richterlicher Überzeugung422 und der Beschränkung auf präsente Beweismittel (§ 31 Abs. 2 FamFG) grundsätzlich eine niedrigere Richtigkeitsgewähr als das Hauptsacheverfahren. Bei § 51a GmbHG wirkt sich dies aber nicht zuletzt wegen der Einfachheit des Tatbestands und der Eigenart der Tatbestandsmale und Einwendungen kaum aus. Das Informationsverweigerungsrecht aus § 51a Abs. 2 GmbHG verlangt nur in geringem Umfang einen Tatsachenvortrag bzw. -nachweis, der noch dazu meist leicht und zuverlässig zu führen ist, und es stützt sich maßgeblich auf eine Prognose („wenn zu besorgen ist“). Es genügt die Darlegung bzw. der Nachweis von Tatsachen, die nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung die zweckwidrige Verwendung und die Nachteilszufügung (lediglich) wahrscheinlich machen.423 Auch beim Anordnungsgrund stellen die Dringlichkeit, die drohende, irreversible Rechtsverletzung und die Interessenabwägung zwar in rechtlicher Hinsicht hohe Anforderungen, aber die zugrundeliegenden Tatsachen sind in aller Regel nicht allzu schwer nachzuweisen. Die drohende Rechtsverletzung und die Interessenabwägung enthalten ebenfalls prognostische Elemente. Da die für § 51a GmbHG erforderliche Tatsachengrundlage also in ihrem Umfang begrenzt ist und in der Regel leicht und zuverlässig nachzuweisen ist, können sich die Risiken des summarischen Verfahrens, jedenfalls bei Anlegen eines strengen Prüfungsmaßstabs, hier kaum realisieren. Davon zu unterscheiden ist die ebenfalls mit dem summarischen Verfahren einhergehende Gefahr, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Antragsgegners zu sehr zu 420

Dazu Kapitel 2 § 3 C. III. 2. Ein etwaiges Informationsbedürfnis kann regelmäßig auf dieselbe Begründung gestützt werden, die auch dem qualifizierten Anordnungsgrund mit dessen wesentlich strengeren Anforderungen zugrunde liegt. 422 Bei der Glaubhaftmachung i. S. d. § 31 FamFG genügt es, dass das Vorliegen einer Tatsache überwiegend wahrscheinlich ist, mithin also schlicht mehr für das Vorliegen der Tatsache spricht als gegen sie, so allg. M. 423 Zu den Voraussetzungen der „Besorgnis“ statt aller: Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 49. 421

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

113

verkürzen. Um eine richtige Tatsachengrundlage weitestmöglich zu gewährleisten, ist es notwendig, dass nicht nur der Antragsteller424 rechtliches Gehör bekommt, sondern auch dem Antragsgegner eine ausreichende Verteidigungsmöglichkeit zuteilwird. Ein einseitiges Eilverfahren425 wäre gerade beim Informationsrecht des § 51a GmbHG besonders misslich. Das Hauptverteidigungsmittel der GmbH gegen eine Informationsanordnung ist als rechtshemmende Einrede ausgestaltet (vgl. § 51a Abs. 2 S. 1 GmbHG). Trägt nicht schon der Antragsteller die Geltendmachung der Einrede vor,426 darf dies nicht unterstellt werden.427 Ebenso bedarf die Begründung der Einrede rechtlichen Gehörs. Davon kann insbesondere auch dann nicht abgesehen werden, wenn der Antragsteller vorbeugend repliziert, indem er einen gesellschaftskonformen Verwendungszweck nennt. Das schließt die Einrede nicht aus, denn es genügen Anhaltspunkte für einen zusätzlichen, gesellschaftsfremden Verwendungszweck. Nicht zuletzt muss die GmbH auch Gelegenheit bekommen, hinsichtlich des Anordnungsgrund insbesondere alle für die Treuepflicht428 und die Interessenabwägung429 relevanten Belange in die Waagschale zu werfen. a) Gewährung rechtlichen Gehörs Um der Antragsgegnerin in der Kürze der Zeit ausreichendes rechtliches Gehör zu gewährleisten, kommen bei der Informationsanordnung i. S. d. § 51a GmbHG mehrere Einfallstore in Betracht. Die bei den §§ 49 ff. FamFG bisher kaum beachtete Möglichkeit, eine Schutzschrift zu hinterlegen,430 bietet schon allgemein kein adäquates Mittel, um ausreichendes rechtliches Gehör zu sichern.431 Erst recht er424 Der Antragstelle hat naturgemäß in der Antragsschrift die Gelegenheit, alle aus seiner Sicht relevanten Angriffsmittel vorzutragen und glaubhaft zu machen. 425 Zur Abgrenzung von ein-/zweiseitigen Eilverfahren Walker, Einstweiliger Rechtsschutz, Rn. 641 ff. 426 Der Antragsteller hat nach § 51b S. 2 GmbHG zur Antragsberechtigung zwar glaubhaftzumachen, dass die verlangte Auskunft nicht gegeben oder die verlangte Einsicht nicht gestattet worden ist. Aus welchen Gründen das Informationsgesuch abgelehnt bzw. ignoriert wurde, muss er dabei allerdings nicht offenlegen. 427 Vgl. Walker, Einstweiliger Rechtsschutz, S. Rn. 645: „Die Geltendmachung einer Einrede oder die Ausübung eines Gestaltungsrechts […] durch den Gegner darf keinesfalls zu dessen Gunsten unterstellt werden, zumal dieser gute Gründe haben kann, beispielsweise eine Aufrechnungsmöglichkeit nicht wahrzunehmen“. 428 Dazu Kapitel 2 § 3 B. III. 2. b). 429 Zur Abwägung i. R. d. Treuepflicht: Kapitel 2 § 3 B. III. 2. b). Zur „eingeschränkten“ Abwägung i. R. d. Anordnungsgrunds: Kapitel 2 § 3 C. I. 2. 430 Es ist anerkannt, dass das im Wettbewerbsrecht entwickelte Instrument der „Schutzschrift“ sich auch auf einstweilige Anordnungen in Familiensachen anwenden lässt, wenn dies dringend geboten ist, vgl. Gießler/Soyka, Vorläufiger Rechtsschutz, Rn. 238 f.; Thüringer OLG, 7. 1. 2009 – 1 WF 473/08, FamRZ 2010, 141, 141 f. mit Anm. van Els, FamRZ 2010, 142, 142. Erst recht muss eine Schutzschrift also möglich sein, wenn bloß die verfahrensrechtliche Einkleidung familien- bzw. fG-rechtlicher Natur ist. 431 Walker, Einstweiliger Rechtsschutz, Rn. 641; Ulrich, GRUR 1985, 201, 210 f.

114 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

möglicht sie bei § 51a GmbHG keine effektive Verteidigung angesichts der zahlreichen denkbaren, individuellen und damit unvorhersehbaren Informationsgesuche. Rechtliches Gehör wird dem Antragsgegner vor allem in der mündlichen Verhandlung zuteil. Zwar „kann“ das Gericht nach § 51 Abs. 2 S. 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung über die einstweilige Anordnung entscheiden. Doch ungeachtet des Streits, wie weit dieser Ermessensspielraum reicht,432 ist das gerichtliche Ermessen in den Fällen der Informationsanordnung aber in aller Regel auf null reduziert. Durch die Informationsanordnung droht letztlich auch der GmbH ein irreversibler Eingriff in Art. 14 GG. Eine mündliche Verhandlung ermöglichte gleichzeitig wiederum dem Antragsteller zu replizieren. Ersatzweise, falls eine mündliche Verhandlung nicht möglich ist,433 gebietet § 34 Abs. 1 Nr. 1 FamFG aus ebendiesem Grund434 zumindest die persönliche Anhörung der Antragsgegnerseite. Anzuhören ist nach dem Rechtsgedanken des § 9 Abs. 2 FamFG der Geschäftsführer.435 Da das Gesetz für die Anhörung keine Rahmenbedingungen vorgibt, kann sie erforderlichenfalls auch per Bild- oder Tonübertragung436 stattfinden und somit jedenfalls rechtzeitig erfolgen. Der mündlichen Verhandlung und der persönlichen Anhörung mag insoweit einzig noch entgegenstehen, dass ein gewisser Überrumpelungseffekt437 genutzt werden soll. In diesem Fall ist rechtliches Gehör durch ein zweistufiges Vorgehen zu gewährleisten, das im ersten, unangekündigten Schritt die relevanten Informationen sichert und erst nach der anschließenden mündlichen Verhandlung oder persönlichen Anhörung in einem zweiten Schritt die Informationsanordnung erlaubt. Da das zweistufige Vorgehen zwei Rechtsbehelfe und mithin zwei Anträge voraussetzt, ist es jedoch vom Antragsteller zu initiieren.

432

BT-Drs. 16/6308, S. 200 spricht nur von „Ermessen“ und weist auf die ausnahmsweise Pflicht zur mündlichen Verhandlung in § 246 Abs. 2 FamFG hin. Dagegen sei nach Giers, in: Keidel, § 51 Rn. 14 derselbe Maßstab wie bei § 937 Abs. 2 ZPO anzulegen, wonach das Gericht nur in dringenden Fällen sowie dann, wenn der einstweilige Rechtsschutz zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Dieser strenge Maßstab darf aber schon aufgrund der offeneren Formulierung in § 51 Abs. 2 S. 2 FamFG bezweifelt werden. 433 Die mündliche Verhandlung mag etwa aus Zeitgründen oder zum Schutz von Betriebsgeheimnissen ausgeschlossen sein. 434 Wann eine persönliche Anhörung erforderlich ist, um den Anspruch auf rechtliches Gehör zu erfüllen, entzieht sich laut Gesetzgeber einer allgemeinen Definition. Er bejaht die Voraussetzung „jedenfalls dann“, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten ist oder wenn nicht zu erwarten ist, dass ein Beteiligter durch die Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung seinen Standpunkt nicht wirksam zur Geltung bringen kann, so BT-Drs. 16/6308, S. 192. Auch in Rechtsprechung und Literatur finden sich insoweit kaum Konkretisierungen. Beide Beispiele passen zwar nicht exakt auf § 51a GmbHG. Ein Anspruch der GmbH auf rechtliches Gehört lässt sich aber, wie bei der mündlichen Verhandlung, in aller Regel mit dem drohenden irreversiblen Eingriff in Art. 14 GG zu begründen. 435 So parallel zu § 141 ZPO Stadler, in: Musielak/Voit, § 141 Rn. 6 mit Verweis auf § 455 ZPO. 436 Abramenko, in: Prütting/Helms, § 34 Rn. 13. 437 Giers, in: Keidel, § 51 Rn. 14; zur ZPO Seiler, in: Thomas/Putzo, § 937 Rn. 2.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

115

b) Informationsverweigerung ohne Gesellschafterbeschluss? Möchte der Geschäftsführer die Auskunft oder Einsicht nach § 51a Abs. 2 S. 1 GmbHG verweigern, muss er nach § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG einen Gesellschafterbeschluss einholen. Ist die Informationsverweigerung (auch nur formell) rechtswidrig, zieht dies mehrere Sanktionen438 nach sich. Der GmbH drohen neben dem Verfahren nach § 51b GmbHG auch Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen, soweit auf Grundlage der fehlenden Information Gesellschafterbeschlüsse ergangen sind, sowie Leistungs- und Feststellungsklagen, falls der Gesellschafter durch die rechtswidrige Nicht-Information einen Schaden erleidet. Und im Innenverhältnis kann die GmbH den Geschäftsführer in Regress nehmen (§ 43 GmbHG).439 Fraglich ist, wie mit dem Beschlusserfordernis in den dringenden Fällen des einstweiligen Rechtsschutzes umzugehen ist. Da es bis zur Beschlussfassung schon wegen der Form- und Fristerfordernisse bei der Einberufung der Gesellschafterversammlung (§§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 2, 51 GmbHG)440 ebenso wie im schriftlichen Verfahren (§ 48 Abs. 2 GmbHG) mindestens einige Tage bis Wochen dauert, wäre die Einrede des § 51a Abs. 2 GmbHG bei strenger Beibehaltung des Beschlusserfordernisses praktisch in den meisten Eilfällen ausgeschlossen. Dies widerspräche nicht zuletzt dem Gedanken des § 51a Abs. 3 GmbHG. Die wohl allgemeine Meinung erlaubt dem Geschäftsführer, die Information eigenmächtig bis zur Beschlussfassung zurückhalten, soweit er die Beschlussfassung in gebotener Eile herbeiführt.441 Dies folgt aus dem Konflikt, dass der Geschäftsführer einerseits die Information unverzüglich (§ 121 BGB) erteilen muss (§ 51a Abs. 1 GmbHG) und andererseits die Information erst nach einem entsprechenden Verweigerungsbeschluss verweigern darf (§ 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG), was wiederum an die zeitlichen Grenzen der §§ 48 Abs. 1, 2, 49 Abs. 1 und 2, 51 GmbHG stößt.442 Für diesen Zeitraum wird § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG teleologisch reduziert. Diese temporäre Ausnahme vom Beschlusserfordernis schützt die GmbH auch im 438

271. 439

Vgl. Tietze, Informationsrechte, S. 129 ff.; K. Schmidt, EWiR § 51a GmbHG 1/88, 271,

Verweigert der Geschäftsführer die Information in rechtswidriger Weise, kann der informationssuchende Gesellschafter die Gesellschaft in Anspruch nehmen und diese wiederum den Geschäftsführer (§ 43 GmbHG). Vgl. OLG Karlsruhe, 11. 12. 1984 – 11 W 135/84, GmbHR 1985, 362, 363; Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 183; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51a Rn. 38. 440 Bei der Einladung zur Gesellschafterversammlung beträgt die Mindestfrist nach § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG eine Woche. Nach Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 175 legen Satzungen aber regelmäßig höhere Fristen fest. 441 Ausführlich Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 175 – 178; so etwa auch Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 67; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 42. Dem Geschäftsführer ist es als nicht schuldhaftes Zögern sogar erlaubt, in gewissem Maße Anhaltspunkte für ein Verweigerungsrecht zu suchen und Rechtsrat einzuholen, vgl. Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 176 f. 442 Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 175.

116 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

einstweiligen Rechtsschutz. Versucht der Geschäftsführer,443 den Verweigerungsbeschluss in gebotener Eile herbeizuführen, besteht, wenn die Eilrechtsschutzentscheidung vor dem Verweigerungsbeschluss ergeht, zu diesem Zeitpunkt kein Beschlusserfordernis im Sinne des § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG. Der einstweilige Rechtsschutz benötigt insofern keiner eigenen Ausnahme. Einer zusätzlichen teleologischen Reduktion des Beschlusserfordernisses in § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG bedarf es darüber hinaus in den Fällen, in denen der Verweigerungsbeschluss für die Leistungsanordnung evident zu spät käme. Hier wäre es ebenfalls widersprüchlich, der GmbH die Einrede des § 51a Abs. 1 GmbHG wegen eines fehlenden Verweigerungsbeschlusses zu versagen, wenn die rechtzeitige Einholung von vornherein unmöglich war. Auch kann keine offensichtlich vergebliche Bemühung, den Verweigerungsbeschluss einzuholen, verlangt werden, da der Verweigerungsbeschluss infolge der durch die Informationsanordnung eingetretenen Erledigung keinen weiteren Zweck besäße und ein solches Erfordernis daher bloße Förmelei darstellte. Entscheidend ist in beiden Fällen somit allein, ob die Einrede erhoben und begründet ist. Eventuelle spätere Beschlussanfechtungs- und Schadensersatzklagen etc. haben dieser besonderen, dringlichen Situation Rechnung zu tragen. 5. Zwischenergebnis Bei der auf § 51a GmbHG gestützten Informationsanordnung können durch den strengen Prüfungsmaßstab, die gerichtliche Pflicht, die Gesellschafterliste einzubeziehen und in jedem Fall ausreichendes rechtliches Gehör zu gewähren, die Risiken des summarischen Verfahrens teilweise ganz (vgl. Aktivlegitimation) und ansonsten zumindest weitgehend ausgeschlossen werden. Diese Korrekturen bewirken mithin bereits auf der Primärebene, dass die fehlende Haftungsfolge des § 945 ZPO kaum zum Tragen kommt. These 14: Mit Blick auf die Risiken des summarischen Verfahrens lässt sich bei der auf § 51a GmbHG gestützten einstweiligen Anordnung bereits auf Primärebene weitgehend sicherstellen, dass sie auf der richtigen Tatsachengrundlage ergeht und mithin gerechtfertigt ist. Bei der Prüfung des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrund ist ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen, wobei die Anforderungen mit Blick auf die zur Verfügung stehende Zeit nicht überspannt werden dürfen. Soweit nicht schon im Rahmen der Treuepflicht eine Abwägung der widerstreitenden Interessen von Gesellschafter und GmbH bzw. Mitgesellschafter stattgefunden hat, machen verfassungsrechtliche und sachliche Gründe darüber hinaus eine Interessenabwägung erforderlich, die jedoch dahingehend einzuschränken ist, dass nur entgegenstehende überwiegende, besonders wichtige Gründe be443

Der Geschäftsführer muss die Herbeiführung des Gesellschafterbeschlusses auch versuchen, wenn die ordnungsgemäße Frist des § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG bzw. der Satzung nicht rechtzeitig vor die Informationsanordnung endete. Insofern besteht noch die Möglichkeit eines schriftlichen Verfahrens (vgl. § 48 Abs. 2 GmbHG) oder der Heilung der nicht ordnungsgemäßen Einberufung (§ 51a Abs. 3 GmbHG).

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

117

rücksichtigt werden. Konkret bei § 51a GmbHG hat sich das Gericht die zum Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste vorlegen zu lassen, um die Risiken des summarischen Verfahrens in der Frage der (formellen) Gesellschafterstellung völlig auszuschließen. Um die restlichen Risiken fast vollständig auszuräumen, ist es weiter erforderlich, dass der Gegenseite ausreichendes rechtliches Gehör geschenkt wird, sei es durch mündliche Verhandlung oder zumindest eine – formlose – Anhörung. Bedarf es einer gewissen Überrumpelung, muss der Antragsteller zweistufiges vorgehen. These 15: Soweit der Geschäftsführer versucht, den Verweigerungsentschluss in der nach § 121 BGB gebotenen Eile herbeizuführen, besteht, wenn die Eilrechtsschutzentscheidung vor dem Verweigerungsbeschluss ergeht, in diesem Zeitpunkt infolge der teleologischen Reduktion des § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG kein Beschlusserfordernis. Ist das Einholen eines Verweigerungsbeschlusses bis zum für die Informationsanordnung relevanten Zeitpunkt evident aussichtslos, ist auf das (vergebliche) Bemühen des Geschäftsführers verzichten und § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG ebenfalls teleologisch zu reduzieren.

II. Begrenzung der Rechtsfolgenseite Um den durch das summarische Verfahren drohenden Schaden zu begrenzen, kommt auch in Betracht, die Rechtsfolgenseite des Eilrechtsschutzes restriktiv zu handhaben. Zöllner/Noack sprechen sich dafür aus, keine tiefgreifenden Sicherungsmaßnahmen ohne die Haftungsfolge des § 945 ZPO zuzulassen.444 Das OLG München beschränkt auch die Auskunftsverfügung auf „solche Auskunfts- und Einsichtsrechte […], die für [den Verfügungskläger] unerlässlich sind, um seine Arbeit aufzunehmen“.445 Die Informationserzwingung im Eilrechtsschutz bedarf jedoch dahingehend keiner Korrektur, da sie sich von vornherein auf die „unerlässlichen“ Informationen beschränken hat. Dies folgt zum einen aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Zum anderen ergibt sich der Inhalt der FamFG-Informationsanordnung aus Art. 19 Abs. 4 GG. Soweit der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz eine Informationserzwingung im Eilrechtsschutz erforderlich macht, bestimmt er damit den gebotenen Mindestumfang der Informationsanordnung. Zugleich liegt darin ihr Höchstumfang, denn eine darüber hinausgehende Informationsanordnung wäre als Ausnahme vom starren Präjudizverbot des § 49 FamFG nicht gerechtfertigt. Somit ist eine zusätzliche Beschränkung der Rechtsfolgenseite bei der Informationsanordnung nicht möglich, sondern allenfalls bei einfachen Eilrechtsschutzmaßnahmen.

444

Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a. OLG München, 28. 11. 2007 – 7 U 4498/07, NZG 2008, 230, 234 zum Fall eines besonderen Vertreters i. S. v. § 147 Abs. 1 und 2 AktG, der ohne Zugang zu den Informationen seine Aufgabe nicht verrichten konnte. 445

118 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

III. Haftung nach ungerechtfertigter Informationsanordnung? Weil die Risiken des summarischen Verfahrens sich nicht ganz ausschließen lassen, bleibt als dritte Stellschraube zu untersuchen, inwiefern Schadensersatzansprüche die Risiken des summarischen Verfahrens bei § 51a GmbHG abfedern. Einer der Hauptvorwürfe an den Gesetzgeber hinsichtlich des Eilrechtsschutzes bei § 51a GmbHG lautet, dass Eilrechtsschutzmaßnahmen ohne eine Haftungsfolge i. S. d. § 945 ZPO unzumutbar seien.446 § 945 ZPO dient als Korrektiv447 zum risikobehafteten summarischen Verfahren. Es normiert eine verschuldensunabhängige448 Haftung des Verfügungsklägers: Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt,449 ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken. Die einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG sieht eine solche Haftungsfolge grundsätzlich nicht vor. Eine Ausnahme macht allein § 119 Abs. 1 S. 2 FamFG, der § 945 ZPO bei Familienstreitsachen i. S. d. § 112 Nr. 2 und 3 FamFG für anwendbar erklärt. Dieser vermeintlich klaren Systematik folgend lehnt die herrschende Auffassung sowohl die direkte als auch die analoge Anwendung des § 945 ZPO auf § 51a GmbHG ab.450 Eine aufkommende Ansicht spricht sich indes pauschal für eine Analogie aus, weil es sich bei dem Verfahren nach § 51b GmbHG um ein sogenanntes echtes Streitverfahren handle.451 Bevor die Analogie zu § 945 ZPO geprüft wird, ist zu klären, inwiefern es sie überhaupt bedarf. Von einer ungerechtfertigten Informationsanordnung gehen im 446

So Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2; Werner, GmbHR 2016, 1252, 1254; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a. Zurückhaltend: Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336 f. 447 Vgl. Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 945 Rn. 1: „Kehrseite des die Gläubigerinteressen bevorzugenden einstweiligen Rechtsschutzes“; ebenso Schuschke, in: Schuschke/ Walker, § 945 Rn. 1 u. a. 448 Umstritten ist, ob die verschuldensunabhängige Haftung des § 945 ZPO dogmatisch als Garantiehaftung, Gefährdungshaftung, zivilrechtliche Aufopferung, Risikohaftung oder Haftung für rechtswidriges Verhalten einzuordnen ist. Ein Streitentscheid ist vorliegend entbehrlich. Eine Übersicht zum Meinungsstand bieten etwa Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 945 Rn. 2 und Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 945 Rn. 4. 449 § 945 ZPO wird verkürzt wiedergegeben. Er erstreckt sich darüber hinaus auf Fälle, in denen die angeordnete Maßregel aufgrund der § 926 Abs. 2 ZPO (vgl. Drescher, in: MüKoZPO, § 936 Rn. 13) oder des § 942 Abs. 3 ZPO aufgehoben wird. Die Untersuchung konzentriert sich aber auf die Risiken des summarischen Verfahrens. 450 Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336 f.; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. 451 Werner, GmbHR 2016, 1252, 1254; Drescher, in: MüKoZPO, § 945 Rn. 32; allgemein: Fischer, in: Prütting/Gehrlein, § 945 Rn. 2.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

119

Wesentlichen drei Gefahren aus. Die größte Gefahr droht durch den unsachgemäßen Umgang mit sensiblen Informationen. Gelangen sie an die Öffentlichkeit, insbesondere zu einem Konkurrenten, können der GmbH erhebliche Folgeschäden entstehen.452 Zweitens lassen sich Informationen nicht „zurückgeben“, sodass es insoweit einer Kompensation bedarf.453 Und drittens kann auch unmittelbar die Vollziehung der Informationsanordnung der GmbH erheblich schaden, wenn sie etwa in den laufenden Geschäftsbetrieb eingreift. Zunächst ist zu prüfen, inwieweit die bereits bestehenden gesetzlichen Haftungsbestände diese Gefahren auffangen. Dass auch tiefgreifende Sicherungsmaßnahmen im Verfahren des § 51b GmbHG ohne eine Haftungsfolge i. S. d. § 945 für unzumutbar gehalten werden,454 ist an anderer Stelle zu behandeln. Es ist zu unterscheiden, ob sie unmittelbar an das Informationsrecht oder an das davon abhängige Recht anknüpfen.455 Erst auf dieser Grundlage ist eine Bewertung möglich. 1. Deliktische Grenzen (§§ 823 ff. BGB) Dass der Gesellschafter infolge einer ungerechtfertigten Informationsanordnung aus Deliktsrecht haftet, kommt wegen der hohen Hürden kaum in Betracht. Eine ungerechtfertigte Informationsanordnung berührt bei § 823 Abs. 1 BGB allenfalls das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, dürfte aber in aller Regel keinen betriebsbezogenen Eingriff darstellen. Ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB ist nur in Fällen des Prozessbetrugs ersichtlich (vgl. § 263 StGB). § 51a Abs. 1 GmbHG weist nach zutreffender, heute herrschender Auffassung noch nicht einmal Schutzcharakter zugunsten des Gesellschafters auf.456 Umso weniger lassen sich den Beschränkungen in § 51a Abs. 1 GmbHG oder dem Informationsverwei-

452 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2 nennen das plastische Szenario, infolge des Bekanntwerdens sensibler Informationen könne eine Unternehmenstransaktion scheitern. 453 Dagegen hält Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336 f. Schadensersatzansprüche für ungerechtfertigt erlangte Informationen für „regelmäßig wertlos“. 454 Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2; Zöllner/ Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a. 455 Dazu Kapitel 2 § 4 B. 456 § 51a Abs. 1 GmbHG solle nur ein Informationsrecht gewähren, sei aber nicht dazu bestimmt, den Gesellschafter vor Schaden zu bewahren; so Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 233; Gansen, GmbHR 1987, 458; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 47; Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 51a Rn. 31 (a. A. noch in der Vorauflage: Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, 5. Aufl. 2013, § 51a Rn. 29); Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51a Rn. 104; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51a Rn. 75; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 75; K. Schmidt, in: Scholz, § 51a Rn. 48; Wicke, GmbHG, § 51a Rn. 10; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51a Rn. 52; a. A. Berg, NZG 2008, 641, 644 f.; Roth, in: Roth/Altmeppen, § 51a Rn. 37; Masuch, in: Bork/Schäfer, § 51a Rn. 24.

120 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

gerungsrecht457 in § 51a Abs. 2 GmbHG Schutzgesetzcharakter zugunsten der GmbH entnehmen. Auch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i. S. d. § 826 BGB dürfte in den seltensten Fällen vorliegen. 2. Schutz vertraulicher Informationen durch die Treuepflicht (§ 280 Abs. 1 BGB) Ersatzweise kann aber § 280 Abs. 1 BGB möglicherweise die Schäden auffangen, die der GmbH dadurch entstehen, dass der Gesellschafter die erzwungenen Informationen weitergegeben oder nicht sorgfältig behandelt hat. Der Gesellschafter muss dazu nicht zwingend einer Verschwiegenheitsvereinbarung458 unterliegen. Der Anspruch kann auch an die Treuepflicht anknüpfen. a) Inhalt der Treuepflicht Wie bereits erörtert, unterliegt der Gesellschafter hinsichtlich allen über § 51a GmbHG erlangten Informationen grundsätzlich einer aus der Treuepflicht abgeleiteten umfassenden Vertraulichkeitspflicht.459 Zwar mag die Treuepflicht an sich teilweise wenig konturiert sein, jedoch setzt zumindest sie als Vertraulichkeitspflicht klare Grenzen. Pflichtwidrig ist grundsätzlich jede bewusste oder fahrlässige Weitergabe oder Zugänglichmachung460 der erlangten Informationen an Außenstehende. Eine Ausnahme besteht zum einen dahingehend, dass der Gesellschafter die Informationen zu Beratungszwecken an ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtete Dritte, etwa Anwälte, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater weitergeben darf.461 Insoweit ist die GmbH aber eben vertraglich vor einem „Datenleck“ geschützt (evtl. Vertrag mit Schutzwirkung). Zum anderen kann die Informationsweitergabe ausnahmsweise wegen überwiegender Interessen des Gesellschafters geboten sein, etwa zur Durchführung einer Erwerber-Due-Diligence.462 Insofern erlischt die Treue457

Bislang wurde, soweit ersichtlich, noch kein Leistungsverweigerungsrecht als Schutzgesetz anerkannt. Vgl. dazu nur die Aufzählung der Verbotsgesetze bei Wagner, in: MüKoBGB, § 823 Rn. 522 ff. 458 Der Einfachheit (Begründungsaufwand) und Rechtssicherheit halber, aber auch schon wegen einer gewissen „warnenden Wirkung“ ist der GmbH gleichwohl zu empfehlen, hinsichtlich der im Eilrechtsschutz erlangten Informationen eine Verschwiegenheitsvereinbarung mit dem Gesellschafter abzuschließen. 459 Dazu Kapitel 2 § 3 B. III. 2. b). Vgl. statt aller: Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 31; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 11. 460 Einer Weitergabe steht ein Zugänglichmachen gleich, vgl. Lutter, ZGR 1982, 1, 13. 461 Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51a Rn. 11; dem folgend Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 11. 462 Dazu Kapitel 2 § 3 B. III. 2. b). Vgl. statt aller: Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51a Rn. 31; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 11.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

121

pflicht aber nicht, sondern sie ändert ihren Inhalt: Anstatt der Verschwiegenheitspflicht obliegen dem Gesellschafter nunmehr zumindest etwa die Pflichten, die sensiblen Informationen erst kurz vor Vertragsschluss herauszugeben und die Informationen dem Erwerbsinteressenten nur gegen Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung463 zugänglich zu machen (ggfs. Vertrag mit Schutzwirkung). „Sickern“ Informationen „durch“, hat somit entweder der Gesellschafter oder der Erwerbsinteressent eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt. Inhaltlich fängt die Treuepflicht mithin sämtliche Vertraulichkeitsbrüche auf. b) Kongruenz von § 51a GmbHG und Treuepflicht Dieser Treuepflicht kann sich der Antragsteller auch nicht entziehen. Sowohl das Informationsrecht aus § 51a GmbHG464 als auch die Treuepflicht465 des Gesellschafters knüpfen an die Eintragung in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste an (vgl. § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Die erzwungene Information ist somit immer zugleich von der Treuepflicht gedeckt. Einzig wenn ein NichtGesellschafter seine Aktivlegitimation mit anderen Mitteln als der Gesellschafterliste glaubhaft machte, könnte überhaupt der Fall eintreten, dass eine Informationsanordnung ohne Treuebindung besteht. Diese Schutzlücke lässt sich aber schließen, indem sich das Gericht die Gesellschafterliste vorlegen lässt. c) Verschuldensabhängige Haftung als „Schwäche“? Anders als bei § 945 ZPO hat der Gesellschafter bei § 280 Abs. 1 BGB (Haftung für vermutetes Verschulden) die Möglichkeit, sich zu exkulpieren (vgl. §§ 280 Abs. 1 S. 2, 276 Abs. 1 BGB). Gelangen sensible Informationen hinaus, kommt die Exkulpationsmöglichkeit jedoch kaum zum Tragen. Den Hauptfall des Vertraulichkeitsbruchs bildet die bewusste, mithin vorsätzliche Weitergabe von Informationen. Und auch bei unbewusstem „Hinausgelangen“ der Informationen dürfte in der Regel zumindest die nach § 276 Abs. 1 BGB erforderliche „leichteste“ Fahrlässigkeit erreicht sein. Je sensibler Informationen sind, desto sorgfältiger muss mit ihnen umgegangen werden. Hinzu tritt die Beweislastumkehr nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Ein Vertretenmüssen i. S. d. § 280 Abs. 1 BGB mag einzig in den Fällen fehlen, in denen sich nicht aufklären lässt, wer die Informationen nach außen getragen hat, oder dann, wenn ein Dritter sich über sämtliche Sicherungsvorkehrungen hinwegsetzt und sich der Informationen etwa durch Einbruchsdiebstahl bemächtigt. Darüber hülfe jedoch auch § 945 ZPO nicht hinweg. Der Anspruch bestünde zwar dem Grunde 463

Götze, ZGR 1999, 202, 218; Oppenländer, GmbHR 2000, 535, 539. Dazu Kapitel 2 § 3 C. I. 3. 465 Ab Aufnahme der Gesellschafterliste ins Handelsregister treffen alle mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten den Gesellschafter, vgl. statt aller Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 16 Rn. 16; Seibt, in: Scholz, § 16 Rn. 34; Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 174 jeweils m. w. N. 464

122 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

nach, scheiterte aber mangels haftungsausfüllender Kausalität. Sie ließe sich entweder nicht nachweisen oder würde durch ein eigenmächtiges Dazwischentreten Dritter unterbrochen. d) Zwischenergebnis Soweit es um Verschwiegenheitspflichtverletzungen bei § 51a GmbHG geht, weist der Schutz über § 280 Abs. 1 BGB keine spürbaren Schwächen gegenüber § 945 ZPO auf. Wird die GmbH nicht schon vertraglich (evtl. mit Schutzwirkung) geschützt, fängt die Treuepflicht sowohl in sachlicher als auch persönlicher Hinsicht umfassend alle daraus entstandenen Schäden auf. Die vermeintliche „Schwäche“ der Exkulpationsmöglichkeit kommt gegenüber der verschuldenunabhängigen Haftung aus § 945 ZPO nicht zum Tragen. Bei der Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB kommt sogar erleichternd hinzu, dass es keine Rolle spielt, ob die Informationsanordnung gerechtfertigt oder ungerechtfertigt erging. Voraussetzung ist allein, dass der Gesellschafter die Information über § 51a GmbHG erlangt hat und sodann unbefugt weitergibt. Hinsichtlich Verschwiegenheitsverletzungen hinterlässt das Fehlen des § 945 ZPO somit keine Schutzlücke. Bei den sonstigen von einer ungerechtfertigten Informationsanordnung ausgehenden Gefahren hilft § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. der Treuepflicht indes kaum weiter. 3. Kompensation der erteilten Informationen? Anders als Unterlagen und Datenträger lässt sich die Information selbst zwar naturgemäß nicht „zurückgeben“, sondern allenfalls kompensieren. Einer Analogie zu § 945 ZPO bedarf es jedoch auch hier nicht. Zum einen lässt sich der Wert von Informationen nur schwer bemessen.466 Zum anderen hülfe § 945 ZPO dahingehend nicht weiter. Der GmbH entsteht mit der Erteilung einer Information nicht unmittelbar467 ein Defizit, anders als etwa bei der Herausgabe einer Sache. Vielmehr handelt es sich um einen Fall der Vermögensabschöpfung, der den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) und des Wertersatzes (§ 818 Abs. 2 BGB) gehorcht. Dieser Weg steht der GmbH bei den §§ 49 ff. FamFG in gleicher Weise wie bei den §§ 935 ff. ZPO offen.

466

Vgl. Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336 f.; er zitiert das Argument, dass „Schadensersatzansprüche insoweit regelmäßig wertlos seien“. 467 Schäden treten insoweit allenfalls mittelbar als Vollziehungsschaden und oder Folgeschäden ein.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

123

4. Vollziehungsschaden i. e. S.468 – also doch § 945 ZPO analog? Auch unmittelbar aus der Vollziehung einer ungerechtfertigten Informationsanordnung können der GmbH im Einzelfall erhebliche Schäden entstehen. Die Vollziehung einer Auskunftsanordnung (§§ 51b S. 1 GmbHG, 132 Abs. 4 S. 2 AktG i. V. m. § 888 ZPO469) verursacht Materialkosten und Arbeitsaufwand, die beide je nach Komplexität der verlangten Auskunft variieren.470 Mit der Informationsanordnung auf Einsichtsgewährung (§§ 51b S. 1 GmbHG, 132 Abs. 4 S. 2 AktG i. V. m. § 888 ZPO471) geht wegen des passiven, auf Duldung gerichteten Charakters472 zwar tendenziell weniger Aufwand einher. Dennoch können sich das Zugänglichmachen, das Lesbarmachen, der Datenausdruck oder die Sicherungsvorkehrungen, um die Einsicht in sonstige Themen zu verhindern (z. B. Durchsicht und Schwärzen von Dokumenten), im Einzelfall als aufwändig erweisen. Die Vollstreckung kann bei beiden Arten von Informationsanordnungen aber vor allem deshalb Schaden zufügen, weil sie die kurzfristige Informationsbeschaffung erzwingt. Hält das sofortige Erfüllen den Geschäftsführer oder andere Mitarbeiter von dringenden Aufgaben ab,473 wird der Geschäftsbetrieb der GmbH beeinträchtigt.

468 Der Begriff „Vollziehungsschaden“ umfasst alle unmittelbar oder mittelbar, adäquat kausal durch die Vollziehung der Maßregeln entstandenen Schäden, vgl. Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 945 Rn. 39; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 945 Rn. 20. „Vollziehungsschaden im engeren Sinne“ meint folgend nur die im vorliegenden Fall problematischen Schäden, die unmittelbar aus der Vollziehung resultieren. 469 Allg. M.; statt aller Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 49 f. m. w. N.; OLG Düsseldorf, 6. 12. 2016 – I-3 Wx 322/15, GmbHR 2017, 194, 195. 470 Vgl. zu Inhalt, Umfang und Form der Auskunft Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 32 f. 471 So die h. M. der Lit.; statt aller Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 49 f. m. w. N.; ebenso OLG München, 4. 1. 2008 – 31 Wx 82/07, GmbHR 2008, 208, 209; BayObLG, 31. 3. 1994 – 3Z BR 248/93, BeckRS 1994, 11964; BayObLG, 25. 3. 1996 – 3 ZBR 50/96, MDR 1996, 740, 740 f. Nach z. T. vertretener Auffassung soll das Einsichtsrecht hingegen analog § 883 ZPO vollstreckt werden, vgl. OLG Frankfurt, 17. 7. 1991 – 20 W 43/91, NJW-RR 1992, 171, 171 f.; zust. Anm. Soehring, WuB 1991 II C. § 51b GmbHG 1.91; OLG Frankfurt, 10. 3. 2003 – 20 W 96/99, InVo 2003, 445, 445 f. Dies hätte den Vorteil, dass der Gerichtsvollzieher nach den vorzulegenden Unterlagen suchen könnte bzw. nach ergebnisloser Suche die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gem. § 883 Abs. 2 ZPO verlangen kann. Indes erscheint eine Analogie zu § 883 ZPO nur erforderlich, wenn die Einsichtgewährung in der Herausgabe von Sachen besteht (vgl. K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 28) oder wenn die Einschaltung des Gerichtsvollziehers für einen gewissen Überrumpelungseffekt erforderlich ist. 472 Aus diesem Grund braucht sich die GmbH grundsätzlich nicht um Hilfspersonal oder Hilfsmaterial zu kümmern, vgl. Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 42; Römermann, in: MHLS, § 51a Rn. 171. 473 Kommt der Geschäftsführer der Informationsanordnung nicht nach, droht gem. §§ 51b S. 1 GmbHG, 132 Abs. 4 S. 2 AktG i. V. m. § 888 ZPO nicht nur der GmbH ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro, sondern auch dem Geschäftsführer Zwangshaft.

124 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Etwaige unmittelbar aus der Vollziehung resulitierende Schäden werden grundsätzlich474 nicht von den vorhandenen gesetzlichen Haftungstatbeständen erfasst. Sie ließen sich folglich nur auffangen, wenn § 945 ZPO insoweit einer Analogie zugänglich wäre. Problematisch ist bereits, ob § 945 ZPO eine planwidrige Regelungslücke aufweist. Die §§ 945, 717 Abs. 2 ZPO enthalten einen allgemeinen, verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken zur Risikoverteilung im Zivilprozess: Der Schuldner hat zwar den Eingriff aufgrund eines noch nicht endgültigen Titels zu dulden, die Vollstreckung erfolgt aber auf Gefahr des Gläubigers.475 Dass eine entsprechende Regelung im FamFG fehlt, wirft die Frage auf, ob dies als „beredtes Schweigen“ des Gesetzgebers auszulegen ist, er also eine andere, abschließende Regelung über die Risikoverteilung getroffen hat. Die herrschende Auffassung in der Literatur zu § 51b GmbHG geht von einer abschließenden Regelung aus,476 ohne dies näher zu begründen. Eine Mindermeinung verneint hingegen eine abschließende Regelung und hält eine planwidrige Regelungslücke bezüglich „echte[r] Streitverfahren“ für gegeben.477 Sie stützt sich dabei auf die Argumentation unter dem FGG, dass die Überweisung an die freiwillige Gerichtsbarkeit reinen Zweckmäßigkeitserwägungen folge und das Verfahren also vor allem „einfacher, freier, elastischer, rascher“ machen solle, während die Interessenlage der Parteien hingegen dieselbe bleibe wie im Zivilprozess.478 Ob sich diese Argumentation auf das FamFG übertragen lässt, wird nicht geprüft479 und auch in der sonstigen Literatur, soweit ersichtlich, nicht angesprochen. § 119 Abs. 1 S. 2 FamFG, der für Familienstreitsachen nach § 112 Nr. 2 und 3 FamFG auf die Haftungsfolge des § 945 ZPO verweist, schließt die Haftungsfolge damit zwar für Familienstreitsachen i. S. d. § 112 Nr. 1 FamFG aus.480 Ihm lässt sich aber kein Umkehrschluss dahingehend entnehmen, dass für Streitsachen eine andere Regelung gelte. § 119 FamFG vollzieht nur die Rechtsprechung zu Familienstreit474

Allenfalls die Grenzen des Deliktsrechts werden ausnahmsweise überschritten, vgl. Kapitel 2 § 3 C. III. 1. 475 Allg. M., vgl. nur BGH, 20. 11. 1992 – V ZR 279/91, BGHZ 120, 261, 263 f.; BGH, 23. 5. 1985 – IX ZR 132/84, BGHZ 95, 10, 13 – 15; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 945 ZPO Rn. 1, 2 und 4; Walker, in: Schuschke/Walker, § 945 Rn. 3; Walker, Einstweiliger Rechtsschutz, S. Rn. 440; vgl. Baur, Studien, S. 110. 476 Schuschke, in: FS Brambring, S. 335, 336 f.; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; grundsätzlich auch Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. 477 Zu § 51a GmbHG: Werner, GmbHR 2016, 1252, 1254; Drescher, in: MüKoZPO, § 945 Rn. 32; allgemein: Fischer, in: Prütting/Gehrlein, § 945 Rn. 2. 478 Grunsky, in: Stein/Jonas, § 945 Rn. 15; vgl. BGH, 20. 11. 1992 – V ZR 279/91, BGHZ 120, 261, 264. 479 Vgl. Drescher, in: MüKoZPO, § 945 Rn. 32: „Dass sich daran mit dem FamFG etwas geändert haben soll, ist nicht erkennbar“. 480 BT-Drs. 16/6308, S. 226.

§ 3 Durchsetzung des Informationsanspruchs im Eilrechtsschutz

125

sachen nach481 und begrenzt seinen Regelungsbereich auch ausweislich des Gesetzeswortlauts und der Gesetzesmaterialien482 auf Familienstreitsachen. Eher für den Ausschluss von § 945 ZPO spricht die allgemeinen Systematik des FamFG. Hiernach soll ein Rückgriff auf die ZPO nur über Verweisungen möglich sein.483 Doch die zahlreichen Analogien zur ZPO484 zeigen, dass die Verweisungsmechanik des FamFG mitunter lückenhaft ist und deshalb nicht ausnahmslos gilt. Das wohl gewichtigste Argument für eine abschließende Regelung ist, dass der Gesetzgeber des FGG-Reformgesetzes sich bewusst485 dazu entschieden hat, Familiensachen und fGSachen hinsichtlich des Eilrechtsschutzes grundsätzlich486 einheitlich zu behandeln und somit auch die Risikoverteilung grundsätzlich gleichgeschaltet hat. Der Gesetzgeber hat dabei ausweislich der Gesetzesänderungen in § 99 Abs. 1 AktG und § 71 Abs. 2 GVG auch Streitsachen als solche berücksichtigt.487 Allerdings lässt die Anordnung des „unpassenden“ Eilrechtsschutzregimes der §§ 49 ff. FamFG darauf schließen, dass der Gesetzgeber sich nicht speziell mit dem Eilrechtsschutz in Streitverfahren und noch viel weniger mit der dortigen Risikoverteilung auseinandergesetzt hat. Es ist daher äußerst zweifelhaft, dass das FamFG auch für Streitverfahren eine abschließende Regelung getroffen hat. Die besseren Gründe sprechen für eine planwidrige (Ausnahme-)Lücke. Weiter fragt sich, ob der Gesetzgeber konkret auch bei den §§ 51a, 51b GmbHG eine anderweitige Risikoverteilung gewollt hätte, mithin also eine dem Zivilprozess vergleichbare Interessenlage vorliegt. Der Bundesgerichtshof stellt bei der Frage nach der vergleichbaren Interessenlage zutreffend maßgeblich auf die Parteiherrschaft ab.488 Dies verdient Zustimmung. Für die Risikoverteilung muss entscheidend sein, ob die Risiken einer ungerechtfertigten Entscheidung in der Verantwortung des Gerichts oder der Parteien lag. Vor diesem Hintergrund ist es zwar kritisch zu sehen, 481

Vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 226; so auch Drescher, in: MüKoZPO, § 945 Rn. 32. Vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 226. 483 Vgl. z. B. BT-Drs. 16/6308, S. 226: „Da das FamFG an keiner Stelle auf die Vorschriften der §§ 935 bis 942 ZPO verweist, ist die einstweilige Verfügung im Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgeschlossen“. 484 Vgl. etwa LG München I, 31. 5. 2017 – 5 HK O 1564/16, GmbHR 2017, 1042, 1047 (§§ 71, 66 ZPO analog im Verfahren nach § 51b GmbHG); K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 3 („zur weitegehenden Übernahme zivilprozessualer Regeln gezwungen“); vgl. auch BGH, 6. 9. 2017 – XII ZB 42/17, FamRZ 2017, 1948, 1950 (§ 301 ZPO analog im Versorgungsausgleichsverfahren); OLG Stuttgart, 18. 2. 2015 – 20 W 8/14, AG 2015, 326, 327 (§ 280 ZPO analog im Spruchverfahren); OLG Zweibrücken, 6. 3. 2012 – 3 W 26/12, NJW-RR 2012, 1245, 1245 (§ 251 ZPO analog im Handelsregisterverfahren), dazu auch Sternal, in: Keidel, § 21 Rn. 41. 485 Vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 167. 486 Abweichungen von der einheitlichen Grundregelung werden gesondert geregelt, wie etwa in § 119 FamFG. 487 Zu § 99 AktG: BT-Drs. 16/6308, S. 150 und 353. Zu § 71 GVG: BT-Drs. 16/6308, S. 115 und 319. 488 BGH, 20. 12. 1992 – V ZR 279/91, BGHZ 120, 261, 264 f. 482

126 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

dass der Bundesgerichtshof die freie Entscheidung des Gläubigers darüber, ob er einen vorläufigen Titel vollstrecken lässt, genügen lässt und die eingeschränkte Parteiherrschaft im Erkenntnisverfahren hingegen kaum beachtet.489 Dies spielt für die §§ 51a, 51b GmbHG jedoch keine Rolle, da dort sowohl im Erkenntnisverfahren als auch im Vollstreckungsverfahren weitgehend Parteiherrschaft besteht. Während dem Prozessrecht in Familiensachen typischerweise ein gewisser Fürsorgegedanke innewohnt, gilt bei § 51b GmbHG zwar etwa auch der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG), er wird aber als unpassend empfunden und durch prozessuale Förderpflichten (§ 27 Abs. 1 FamFG) und Rückgriffe auf die ZPO-Vorschriften weitgehend ausgehöhlt.490 Auch dass das Gericht nach hier vertretener Ansicht491 zusätzliche Sachaufklärungspflichten treffen können (vgl. Gesellschafterliste492), ändert daran nichts, denn es nimmt den Parteien insoweit nicht die prozessualen Befunisse aus der Hand, sondern unterstützt sie lediglich, indem es das Risiko einer Fehlentscheidung reduziert. Ingesamt ist die Interessenlage des § 51b GmbHG mithin mit der des Zivilprozesses vergleichbar. Im Ergebnis steht der GmbH somit gegenüber dem Gesellschafter ein Schadensersatzanspruch analog § 945 ZPO für alle Schäden offen, die unmittelbar aus der Vollstreckung einer ungerechtfertigten Informationsanordnung folgen (Vollstreckungsschaden i. e. S. ). 5. Zwischenergebnis Auch wenn die deliktischen Haftungstatbestände nach ungerechtfertigten Informationsanordnungen nur selten weiterhelfen, kann die GmbH den Schadensersatz wegen Vertraulichkeitsbrüchen über § 280 Abs. 1 BGB (i. V. m. Verschwiegenheitsvereinbarung oder Treuepflicht) und die Kompensation der Information über die §§ 812 ff. BGB verlangen, ohne dabei gegenüber § 945 ZPO schlechter gestellt zu sein. Eine analoge Anwendung des § 945 ZPO kommt mithin allein bei solchen Schäden in Betracht, die unmittelbar aus der Vollstreckung der ungerechtfertigten Informationsanordnung resultieren. Im Vergleich mit denm Eilrechtsschutzsystem der §§ 935 ff. ZPO ergeben sich hinsichtlich der Haftungsfolge mithin keinerlei Nachteile. Die Risiken des summarischen Verfahrens werden umfassend aufgefangen. These 16: Im Falle eines Vertraulichkeitsbruchs hinsichtlich der über § 51a GmbHG erlangten Informationen ist die GmbH über § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. einer Verschwiegen489 BGH, 20. 12. 1992 – V ZR 279/91, BGHZ 120, 261, 264 f. mit zust. Anm. K. Schmidt, JuS 1993, 515, 516. 490 So etwa Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 23 f.; K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 3 und 25; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10. Zum Amtsermittlungsgrundsatz und der Beweiserhebung unter dem FGG eingehend Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 100 – 106 und 128 – 131. 491 Vgl. Kapitel 2 § 2 A. I. 2. 492 Dazu Kapitel 2 § 3 C. I. 3.

§ 4 Sicherungsmaßnahmen im Informationserzwingungsverfahren

127

heitsvereinbarung oder zumindest der Treuepflicht umfassend vor daraus resultierenden Schäden geschützt. Die vermeintliche „Schwäche“ der Exkulpationsmöglichkeit kommt gegenüber der verschuldensunabhängigen Haftung aus § 945 ZPO nicht zum Tragen. These 17: Eine Kompensation der zu Unrecht herausgegebenen Information kommt allenfalls über die §§ 812 ff. FamFG in Betracht, da § 945 ZPO insoweit nicht weiterhülfe. These 18: Eine analoge Anwendung des § 945 ZPO steht bei einer ungerechtfertigten Informationsanordnung allein insoweit offen, als unmittelbar aus der Vollstreckung Schäden entstanden sind. These 19: Zusammenfassend werden bei einer auf § 51a GmbHG gestützten Informationsanordnung die Risiken des summarischen Verfahrens nahezu vollständig pariert. Sie lassen sich schon auf der Primärebene bei der Tatsachenermittlung weitgehend ausschließen und werden, falls noch erforderlich, zudem auf der Sekundärebene durch Schadensersatzund Bereicherungsansprüche größtenteils aufgefangen.

§ 4 Sicherungsmaßnahmen im Informationserzwingungsverfahren493 Obschon dieser Teil der Arbeit sich auf die Leistungsanordnung konzentriert, muss er in gebotener Kürze auch den einfachen, nicht vorgreiflichen Eilrechtsschutz behandeln. Dies soll zeigen, dass der vorliegende Lösungsansatz nicht nur auf die Informationserzwingung zugeschnitten ist, sondern einstweiligen Rechtsschutz bei § 51a GmbHG insgesamt einer gerechten Lösung zuführt. Immer noch als ungeklärt gilt, wie Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Informationserzwingungsverfahren zu behandeln sind. Die Literatur zu § 51b GmbHG wiederholt fast mantraartig den Gesetzeswortlaut, wonach das Gericht über die §§ 49 ff. FamFG „vorläufige Maßnahme[n] treffen“ könne.494 Es wird kaum erörtert, wie weit diese vorläufigen Maßnahmen reichen dürfen oder auf welchem Weg sie erfolgen können. Es findet sich allein der Vorschlag, dass die relevanten Unterlagen etwa durch Verwahrung bei einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten gesichert werden könnten.495 Daneben äußern einzelne Stimmen Bedenken gegen einschneidende Maßnahmen, die etwa vorläufig die 493 Die folgenden Ausführungen gelten umfassend für alle einfachen, d. h. nicht vorgreiflichen Eilrechtsschutzmaßnahmen. Im Folgenden ist jedoch der sprachlichen Einfachheit halber nur von „Sicherungsmaßnahmen“ die Rede. Dies ist zugleich der Hauptanwendungsfall. 494 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 51b Rn. 10; Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; Römermann, in: MHLS, § 51b Rn. 48 f.; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 51b Rn. 24; K. Schmidt, in: Scholz, § 51b Rn. 32; Teichmann, in: G/B/S, § 51b Rn. 12; Zöllner/ Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a u. a. 495 Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; vgl. auch Teichmann, in: G/B/S, § 51b Rn. 12. Zur alten Rechtslage bereits Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 186 Fn.2.

128 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Beschlussfassung oder -vollziehung oder die Anteilsveräußerung unterbinden, weil sie ohne das Haftungsrisiko des § 945 ZPO unzumutbar seien.496

A. Materielle Akzessorietät der einstweiligen Anordnung Ausgangspunkt für die Beurteilung von Sicherungsmaßnahmen ist indes nicht die Frage, welche Risiken durch das summarische Verfahren drohen. Vielmehr begrenzt bereits § 49 Abs. 1 FamFG die einstweilige Anordnung von vornherein auf vorläufige Maßnahmen, die nach der materiell-rechtlichen Grundlage, mithin nach § 51a GmbHG, gerechtfertigt sind (materielle Akzessorietät).497 Da § 49 FamFG wegen seines verfahrensrechtlichen Charakters selbst keine Rechtsgrundlage enthält,498 müssen sich vorläufige Maßnahmen in Breite499 und Tiefe500 auf eine materiell-rechtliche Grundlage stützen. Speziell bei der Sicherungsanordnung (vgl. § 49 Abs. 2 S. 1 FamFG) müssen die vorläufigen Maßnahmen gegenüber dem Anordnungsanspruch ein „Minus“ oder in engen Grenzen ein „Aliud“ bilden.501 Welche vorläufigen Maßnahmen im Einzelnen zulässig sind, bestimmt der Anordnungszweck.502 496 Hillmann, in: MüKoGmbHG, § 51b Rn. 30; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 51b Rn. 10a; darauf bezugnehmend, aber nicht ausdrücklich Sicherungsmaßnahmen erwähnend: Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. 497 BT-Drs. 16/6308, S. 199; vgl. nur Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 10; Soyka, in: MüKoFamFG, § 49 Rn. 13; Schlünder, in: BeckOK-FamFG, § 49 Rn. 14. 498 BVerfGE, 14. 7. 2015 – 2 BvR 1549/14, 2 BvR 1550/14, FamRZ 2015, 1589, 1590; OLG Brandenburg, 16. 4. 2015 – 13 UF 70/15, FamRZ 2015, 1515, 1516; Giers, in: Keidel, § 49 Rn. 10. Dies gilt auch, obwohl § 49 Abs. 2 FamFG „einige praktisch bedeutsamen Fälle vorläufiger Maßnahmen nennt“, vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 199. 499 Diese Begrenzung gilt zum einen in die Breite: Beispielsweise hat das BVerfG bereits bei der einstweiligen Anordnung i. S. d. § 644 ZPO a. F. entschieden, sie „erforder[e] – wie jede Regelung im vorläufigen Rechtsschutz – neben dem Anordnungsgrund einen Anordnungsanspruch“. Das BVerfG lehnte daher eine einstweilige Anordnung auf Betreuungsunterhalt mangels Rechtsgrundlage ab, weil sie das Maß des § 1615 l BGB zeitlich überschritt; BVerfG, 7. 11. 2005 – 1 BvR 1178/05, NJW 2006, 1339, 1340. 500 Zum anderen gilt diese Begrenzung auch in die Tiefe: Beispielsweise lehnte das OLG Brandenburg eine einstweilige Anordnung bez. des Aufenthaltsbestimmungsrechts ab, die vorsah, ein „Wechselmodell“ zu praktizieren; OLG Brandenburg, 16. 4. 2015 – 13 UF 70/15, FamRZ 2015, 1515. 501 So grundlegend zur einstweiligen Verfügung: Baur, Studien, S. 49. Zum zulässigen Inhalt der einstweiligen Verfügung und insbesondere den Grenzen von sog. „Aliud“-Maßnahmen insb. Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, insb. 326 f. Dass dies auch für die einstweilige Anordnung i. S. d. § 49 FamFG gilt, ergibt sich etwa aus BT-Drs. 16/6308, S. 199, wonach mit der „gegenüber den §§ 935 und 940 ZPO knapperen Formulierung […] keine Begrenzung bei der Auswahl der in Betracht kommenden Maßnahmen verbunden“ sei. „Aliud“-Maßnahmen bestimmen sich regelmäßig nach den Neben- und Schutzpflichten des zu sichernden Rechts, dazu ausführlich Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 321, 326 f. 502 Vgl. dazu Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 327.

§ 4 Sicherungsmaßnahmen im Informationserzwingungsverfahren

129

Der zulässige Umfang der Sicherungsanordnung richtet sich nach dem materiellen Gehalt des § 51a Abs. 1 GmbHG. Diese Norm regelt ein Auskunfts- und ein Einsichtnahmerecht. Es rechtfertigt deshalb als Sicherungsmaßnahmen alle Ge- und Verbote, die erforderlich sind, um die Verwirklichung der (bestehenden) Informationsrechte sicherzustellen. Dazu gehören insbesondere Fälle, in denen das Informationsrecht ohne Sicherungsmaßnahmen unerfüllbar würde (vgl. § 275 BGB), weil die benötigte Information etwa droht, vernichtet zu werden oder verloren zu gehen. Nicht von § 51a GmbHG getragen werden indes Sicherungsmaßnahmen, die nicht die Informationserteilung, sondern deren „Rechtzeitigkeit“ und „Nutzbarkeit“ sicherstellen sollen. Ein solcher Fall wäre z. B. die Untersagung der Abstimmung, bis das Informationserzwingungsverfahren abgeschlossen ist. Dies käme zwar reflexartig auch dem Informationsrecht zugute, da es letztlich seinen Zweck erfüllen kann. Solche Sicherungsmaßnahmen schützen aber nicht die „Verwirklichung“ des Informationsrechts (vgl. „Offenhaltefunktion“), sondern seine „Verwertung“. Es liegt also schon per definitionem keine zulässige, von § 51a GmbHG getragene Sicherungsmaßnahme vor. Die Grenzen der materiellen Akzessorietät streng einzuhalten ist auch in der Sache richtig und wichtig. § 51a GmbHG ist rechtlich und praktisch eng mit den anderen Mitgliedschaftsrechten verflochten. Die auf § 51a GmbHG gestützte Sicherungsanordnung mit ihren niedrigen Voraussetzungen darf keine Umgehungsmöglichkeit für tiefgreifende Maßnahmen bieten, die, wenn sie sich auf andere Rechtsgrundlagen stützten (z. B. Stimmrecht), viel strengeren Voraussetzungen unterlägen.

B. Zweigleisiger, differenzierender Eilrechtsschutz Aus dem Gesagten ergibt sich Folgendes: Wenn der Gesellschafter Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG benötigt, ist danach abzugrenzen, auf welche Rechtsgrundlage sie sich stützen. Einstweiliger Rechtsschutz kann sich entweder auf das Informationsrecht des § 51a GmbHG oder auf das von der fehlenden Information abhängige Recht (meist sonstige Mitgliedschaftsrechte) stützen. Nach dieser Rechtsgrundlage – dem Anordnungs- bzw. Verfügungsanspruch – richten sich das einschlägige Eilrechtsschutzregime und dessen Voraussetzungen. Für die Abgrenzung maßgeblich ist das Recht, dessen Verwirklichung unmittelbar geschützt werden soll. I. Sicherung der Informationserteilung Sicherungsmaßnahmen, die verhindern sollen, dass das Informationsrecht nicht mehr verwirklicht werden kann, stützen sich auf § 51a GmbHG. Damit kommt die einstweilige Anordnung i. S. d. § 49 FamFG zur Anwendung. Drohen beispielsweise die benötigten Informationen verloren zu gehen oder vernichtet zu werden, kommt

130 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

eine Aufbewahrungspflicht503 oder Pflicht zur Inverwahrunggabe504 in Betracht. Sie bezwecken, den Informationsanspruch erfüllbar zu halten (vgl. § 275 BGB). § 51a GmbHG bleibt auch dann die Rechtsgrundlage, wenn die Information bloß „Mittel zum Zweck“ ist und es eigentlich darum geht, mittelbar andere Schritte offenzuhalten (z. B. Beschlussanfechtung). Dies dürfte sogar den Regelfall bilden. Auf welche Rechtsgrundlage sich Sicherungsmaßnahmen stützen, orientiert sich nicht am wirtschaftlichen Ziel, sondern am rechtlichen Zweck der Sicherungsmaßnahme, also daran, welches Recht unmittelbar geschützt werden soll. Aufbewahrungs- und Hinterlegungspflichten bezwecken unmittelbar, das Informationsrecht erfüllbar zu halten. Dass sie damit gleichzeitig die davon abhängigen Schritte sichern, ist bloß die mittelbare – wenngleich gewünschte – Folge. Es handelt sich um Eilrechtsschutz „im“ Informationserzwingungsverfahren. 1. Herausgabe an Dritte als Verwahrer Als einzige konkrete Sicherungsmaßnahme findet sich in der Literatur505 zu § 51b GmbHG der Vorschlag, die relevanten Daten oder Unterlagen ggfs. nach Beschlagnahme an einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten zu geben, der sie bis zum Ende des Hauptsacheverfahrens in Verwahrung nimmt. Dies soll der Gefahr vorbeugen, dass die benötigten Informationen verloren gehen oder mutwillig gelöscht werden. Die Sicherstellung umfasst alle für die Auskunft erforderlichen Daten und Unterlagen bzw. die für die Einsichtnahme erforderlichen Bücher und Schriften.506 Im Einzelfall mag auch die Sicherstellung von Kopien507 genügen. Eine solche Sicherungsanordnung auf Herausgabe an einen Verwahrer ist möglich. Gegenüber dem Informationsrecht aus § 51a GmbHG, das sich inhaltlich auf die Erteilung von Informationen an den Gesellschafter richtet, stellt die „Herausgabe“ der Informationen an einen Dritten zwecks Verwahrung eine „Minus“-Maßnahme dar. Die GmbH muss die Information aus ihrem Herrschaftsbereich geben, aber noch nicht veröffentlichen. Eine Erfüllungswirkung tritt nicht ein, weil die Information infolge der Verschwiegenheitspflicht weder dem Gesellschafter preisgegeben noch stellvertretend für ihn verwertet werden darf.508 Fraglich ist einzig, ob die Heraus503

Dazu s. u. Kapitel 2 § 4 B. 2. Dazu s. u. Kapitel 2 § 4 B. 1. 505 Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 51b Rn. 17; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51b Rn. 17; vgl. auch Teichmann, in: G/B/S, § 51b Rn. 12. Zur alten Rechtslage bereits Back, Verfahrensbeschleunigung, S. 186 Fn. 2. 506 Statt aller: Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 51a Rn. 38 – 40 m. w. N. 507 Die Sicherstellung von Kopien kann wohl nicht generell als mildere Maßnahme bezeichnet werden. Die Eingriffsintensität hängt im Einzelfall davon ab, ob es auf die Einsichtnahme in die Originaldokumente ankommt, wie groß die Beeinträchtigung der GmbH durch die vorläufige Entziehung der Originaldokumente ist und wie groß der Aufwand zur Sondierung und zur Erstellung der Kopien ist. 508 Dazu s. o. unter Kapitel 2 § 3 A. VI. 2. 504

§ 4 Sicherungsmaßnahmen im Informationserzwingungsverfahren

131

gabe an den Verwahrer eine vorläufige Maßnahme darstellt, da er evtl. Kenntnis von ihrem Inhalt nehmen muss, wenn er die Vollständigkeit der Informationen prüft. Für den vorläufigen Charakter spricht aber, dass sie sich nicht nur durch Rückgabe der Dokumente an die GmbH jederzeit rückgängig machen lässt, sondern darüber hinaus auch, anders als bei der Informationsanordnung, infolge einer umfassenden Verschwiegenheitspflicht zu keiner Zeit verwertet werden darf. Die Situation ist zudem mit der Sicherung eines Herausgabeanspruchs vergleichbar: Die Herausgabe beweglicher Sachen lässt sich ausdrücklich über einen Verwahrer bzw. Sequester509 sichern, vgl. § 938 Abs. 2 ZPO. Eine etwaige Sicherungsanordnung zieht keine verschuldensunabhängige Haftung i. S. d. § 945 ZPO nach sich. Dies ist der GmbH aber zumutbar. Die Inverwahrunggabe von Informationen, idealerweise digital, erfordert verhältnismäßig geringe510 Aufwendungen und schafft insofern nur ein geringes Risiko. Auch vor Vertraulichkeitsbrüchen durch den Verwahrer kann sich die GmbH über eine Verschwiegenheitsvereinbarung ausreichend schützen. 2. Vorhalte- und Speicherpflicht Völlig unbeachtet blieb bislang eine Sicherungsanordnung, die der GmbH bloß das Vorhalten oder Speichern von Informationen aufgibt. Dabei genießt sie als mildere Maßnahme gegenüber der Inverwahrungsgabepflicht sogar Vorrang. Sie eignet sich, wenn eine benötigte Information nicht durch mutwillige Beseitigung, sondern aus sonstigen Gründen droht, verloren zu gehen. Beispielsweise mag die Aufbewahrungspflicht (vgl. § 257 HGB) enden. Die Vorhalte- bzw. Speicherpflicht zur Sicherung eines bestehenden Informationsrechts stellt eine zulässige Maßnahme dar, auch wenn Rechtsprechung und Literatur sie, soweit ersichtlich, noch nicht thematisiert haben.511 Sie bildet inhaltlich ebenfalls ein „Minus“ gegenüber § 51a GmbHG. Wenn schon die Inverwahrunggabepflicht an einen Dritten – eine andere Art des „Speicherns“ – zulässig sein kann,512 muss erst recht auch eine bloße Vorhaltepflicht als Sicherungsmaßnahme erlaubt sein. Und wiederum der Vergleich mit dem (Sach-)Herausgabeanspruch stützt diese These. Die Herausgabe einer Sache kann im Einzelfall dadurch gesichert werden, dass man die Sache vorläufig beim Schuldner belässt und ihm etwa ein 509

Vgl. etwa Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 25; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor§ 935 ZPO Rn. 33; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 935 Rn. 20. Vgl. auch Kleier, MDR 1984, 370, 371; Bornhorst, WM 1998, 1668, 1671, die die Inverwahrunggabe jedenfalls nicht prinzipiell ausschließen. 510 A. A. Kleier, MDR 1984, 370, 371, der jedenfalls bei Möbeln die Kosten für die Einlagerung für unzumutbar hält; Bornhorst, WM 1998, 1668, 1671. 511 Eine Diskussion ist in Rspr. und Lit. lediglich zum sog. vorauseilenden Speichern entbrannt, dazu sogleich, ebenfalls unter Kapitel 2 § 4 B. I. 2. 512 Dazu Kapitel 2 § 4 B. I. 1.

132 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

Nutzungsverbot auferlegt.513 Dass eine solche Sicherungsanordnung keine Haftungsfolge i. S. d. § 945 ZPO nach sich zieht, ist unbeachtlich. Noch weniger als bei der Pflicht zur Inverwahrunggabe entstehen der GmbH Aufwendungen, zumal die GmbH hier die Art des Vorhaltens und den damit verbundenen Aufwand selbst bestimmen kann. Und da Dritte keinen Zugriff auf die Information erhalten, drohen auch keine Schäden durch Vertraulichkeitsbrüche. Höchst umstritten ist dagegen die für § 51a GmbHG jedoch seltener relevante Frage, ob zum Schutze des Informationsrechts auch ein vorauseilendes Speichern künftiger Informationen angeordnet werden kann. Rechtsprechung und Literatur thematisieren die Anordnung einer Vorhalte- oder Speicherpflicht, soweit ersichtlich, nur im Rahmen der §§ 935 ff. ZPO514 und auch nur bei Urheberrechtsverletzungen515 im Internet (sog. Filesharing).516 In solchen Fällen des „Speicherns auf 513

Vgl. Kleier, MDR 1984, 370, 370, welcher ein Nutzungsverbot der sicherzustellenden Möbel nur ablehnt, weil es schwer zu kontrollieren ist. Da bei einer Information, anders als bei Möbeln, kein „Verbrauch“ eintritt, bedarf es eines Nutzungsverbots bei Informationen jedoch wohl in aller Regel nicht, sondern es genügt die bloße Vorhaltungspflicht. 514 Der Auskunftsanspruch des § 101 Abs. 1 UrhG unterliegt der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl. zur Leistungsanordnung § 101 Abs. 7 UrhG). Dass vereinzelt auch eine einstweilige Anordnung beantragt wurde, liegt daran, dass die Entscheidung über die Gestattung der Verwendung von Verkehrsdaten nach § 101 Abs. 9 S. 4 UrhG dem FamFG-Verfahren zugeordnet ist. 515 Dort wendet sich der verletzte Rechtsinhaber mit den von ihm erfassten (dynamischen) IP-Adressen der Verletzer an den Internetprovider, um Auskunft über die dahinterstehenden Personen zu erlangen (vgl. § 101 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UrhG). Eine Auskunft über Verkehrsdaten i. S. v. § 3 Nr. 30 TKG darf erst nach richterlicher Anordnung erteilt werden (§ 101 Abs. 9 S. 1 UrhG). Die Internetprovider löschen etwaige Daten aber aus datenschutzrechtlichen Gründen (vgl. insb. BVerfG, 24. 1. 2012 – 1 BvR 1299/05, BVerfGE 130, 151, 212) jedoch kurzfristig wieder. Der maximal zulässige Zeitraum einer freiwilligen Speicherung dynamischer IP-Adressen beträgt sieben Tage, vgl. BGH, NJW 2011, 1509, 1511 – 1513. Andere Access-Provider speichern die Zuordnung dynamischer IP-Adressen gar nicht, sodass eine Identitätsfeststellung nur während, nicht aber nach der Session möglich ist. Dies ist besonders bei sog. Flatrate-Verträgen der Fall, da die Provider die Verbindungsdaten hier nicht zur Abrechnung benötigen (Ausführlich: Mantz, K&R 2013, 346, 346). In der Folge kam die Diskussion auf, ob das Gericht dem Provider auf Grundlage eines Informationsrechts aufgegeben kann, bei Verdacht einer Urheberrechtsverletzung auf Zuruf die Benutzerdaten zu speichern. 516 Insbesondere das OLG Hamburg und das LG Hamburg bejahten in ständiger Rechtsprechung bereits unabhängig von einstweiligem Rechtsschutz eine gesetzliche, auf § 101 Abs. 2 und 9 UrhG, ggfs. i. V. m. § 242 BGB oder §§ 1004, 823 BGB, gestützte Pflicht des Internetproviders, die für das Auskunftsverfahren erforderlichen Verkehrsdaten „auf Zuruf“ vorzuhalten, vgl. OLG Hamburg, 17. 2. 2010 – 5 U 60/09, MMR 2010, 338, 339; LG Hamburg, 11. 3. 2009 – 308 O 75/09, MMR 2009, 570, 570 f.; LG Hamburg, 21. 1. 2009 – 308 O 603/08, BeckRS 2015, 01909; a. A. aber LG Hamburg, 20. 10. 2010 – 308 O 320/10, MMR 2011, 475, 476. Demgegenüber lehnten verschiedene andere OLG und LG und zahlreiche Literaturstimmen eine Speicherpflicht mitsamt Eilrechtsschutz kategorisch ab, vgl. OLG Frankfurt, 12. 11. 2009 – 11 W 41/09, MMR 2010, 62, 63 mit zust. Anm. Maaßen, MMR 2010, 63; OLG Hamm, 2. 11. 2010 – I-4 W 119/10, MMR 2011, 193, 193 f.; OLG Düsseldorf, 7. 3. 2013 – I-20 W 121/12, I-

§ 4 Sicherungsmaßnahmen im Informationserzwingungsverfahren

133

Zuruf“ richtet sich der einstweilige Rechtsschutz auf eine „prophylaktisch[e]“517, vorauseilende Speicherung von Daten, um künftige Auskunftsansprüche erfüllen zu können (sog. kleine Vorratsdatenspeicherung518). Die Sicherung eines künftigen Informationsanspruchs ist vorliegend nicht möglich, da der Anspruch aus § 51a GmbHG auf künftige Informationen weder schon entstanden ist519 noch werthaltig ist (vgl. § 916 Abs. 2 ZPO). Es stellt sich also wie bei den urheberrechtlichen Ansprüchen die Frage, ob dem Informationsrecht eine vorauseilende Speicherpflicht innewohnt. Der materiell-rechtliche Gehalt begrenzt sich jedoch auch bei § 51a GmbHG auf das bloße Informationsrecht. Es soll dem Gesellschafter einen Einblick in seine GmbH ermöglichen, um aktuell die Situation bewerten und reagieren zu können. Eine darüber hinausgehende Speicherpflicht bezüglich künftiger Informationen hätte dagegen eine andere Funktion, namentlich die der Beweiserleichterung. Eine solche Funktion lässt sich § 51a GmbHG indes nicht entnehmen, sodass eine einstweilige Anordnung auf Speicherung künftiger Informationen nicht gerechtfertigt wäre. II. Sicherung der Informationsverwertung Davon zu unterscheiden sind Sicherungsmaßnahmen, die anzuordnen sind, weil die Information bzw. das Informationserzwingungsverfahren zu spät käme. Es kommen im Einzelfall etwa die vorläufige Untersagung der Beschlussfassung, der Beschlussvollziehung, der Handelsregistereintragung oder ein vorläufiges Veräußerungsverbot in Betracht. Solche Sicherungsmaßnahmen schützen nicht die Verwirklichung des § 51a GmbHG, sondern dessen Verwertung. Eine auf § 51a GmbHG gestützte einstweilige Anordnung i. S. d. § 49 FamFG scheidet deshalb infolge der materiellen Akzessorietät aus.520 Etwaige Sicherungsmaßnahmen schützen vielmehr unmittelbar die Verwirklichung des von der fehlenden Information abhängigen Rechts. So dient etwa die Unterbindung der Beschlussfassung rechtlich unmittelbar dazu, die (zweckmäßige) Ausübbarkeit des Stimmrechts sicherzustellen. Einstweiliger Rechtsschutz ist somit ausschließlich über das von der fehlenden Information abhängige Recht (z. B. Stimmrecht) erreichbar. Schon wegen § 51a Abs. 2 20 W 5/13, MMR 2013, 392, 393 f. mit zust. Anm. Maaßen, MMR 2013, 393; zust. Anm. auch von Mantz, K&R 2013, 346; OLG Düsseldorf, 15. 3. 2011 – I-20 U 136/10, MMR 2011, 546, 547; LG München I, 22. 8. 2011 – 21 O 13977/11, BeckRS 2011, 34513 und nachgehend OLG München, 21. 11. 2011 – 29 W 1939/11, MMR 2012, 764, 764; Hoffmann, NJW 2009, 2649, 2653; Schulze zur Wiesche, MMR 2009, 574, 574 f.; mit ausführlicher Erörterung der Speicherpflicht Moos/Gosche, CR 2010, 499. Und eine dritte Ansicht hält es zumindest für möglich, eine etwaige Speicherpflicht mittels einstweiligem Rechtsschutz aufzuerlegen, vgl. etwa OLG Köln, 21. 10. 2008 – 6 Wx 2/08, GRUR-RR 2009, 9, 10. 517 OLG Hamm, MMR 2011, 193, 194. 518 Schulze zur Wiesche, MMR 2009, 574, 575. 519 Vgl. Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 916 Rn. 12 f. 520 Dazu Kapitel 2 § 4 A.

134 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

GmbHG dürfte es sich bei diesen Rechten meist um sonstige Mitgliedschaftsrechte handeln, sodass in aller Regel das ZPO-Eilrechtsschutzregime (§§ 916 ff. ZPO und §§ 935 ff. ZPO) Anwendung findet. Insofern werden auch tiefgreifende Eilrechtsschutzmaßnahmen von einem Verfügungsanspruch getragen, sie unterliegen mitunter hohen Anforderungen (Vorwegnahme der Hauptsache?)521 und sind von der Haftungsfolge des § 945 ZPO gedeckt. Da diese Eilrechtsschutzmaßnahmen zwar anlässlich des Verfahrens nach § 51b GmbHG erforderlich sind, jedoch auf einem anderen dogmatischen Fundament stehen, erscheint für sie die Bezeichnung als einstweiliger Rechtsschutz „gelegentlich“ des Informationserzwingungsverfahrens als passend.

C. Bewertung und Ergebnis Bei Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit § 51a GmbHG steht dem Gesellschafter also ein „zweigleisiger, differenzierender Eilrechtsschutz“522 offen. Soweit Sicherungsmaßnahmen die Verwirklichung des Informationsrechts schützen sollen, sind sie im Wege einer auf § 51a GmbHG gestützten einstweiligen Anordnung i. S. d. § 49 FamFG einzuholen. Soweit sie hingegen angeordnet werden, weil das Informationserzwingungsverfahren zu spät käme, sind sie auf das von der Information abhängige (Mitgliedschafts-)Recht zu stützen, sodass insoweit in aller Regel die §§ 916 ff. bzw. §§ 935 ff. ZPO Anwendung finden. Diese Lösung hält sich nicht nur streng an das Gesetz, sondern wird den Interessen beider Seiten gleichermaßen gerecht. Auf der einen Seite wird dem GmbH-Gesellschafter, der auf die Informationen angewiesen ist, durch das Wechselspiel der beiden Eilrechtsschutzwege in ausreichendem Maße (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) effektiver Rechtsschutz zuteil. Der Gesellschafter kann über § 51a GmbHG die Informationserlangung sichern und über die abhängigen (Mitgliedschafts-)Rechte und den ZPO-Eilrechtsschutz kann er die Informationsverwertung schützen. Beide Eilrechtsschutzwege sind insoweit komplementär, d. h. gesamtheitlich zu betrachten. Auf der anderen Seite schützt die Trennung der beiden Eilrechtsschutzwege die GmbH angemessen vor den drohenden Risiken des summarischen Verfahrens. Denn die über die §§ 49 ff. FamFG erreichbaren Sicherungsmaßnahmen sind streng begrenzt und wiegen relativ leicht (z. B. Verwahrungs- oder Lagerkosten), sodass auch ohne § 945 ZPO kein unzumutbarer Schaden droht. Risiken durch den Verwahrer lassen sich durch Verschwiegenheitsvereinbarungen auffangen. § 51a GmbHG bietet 521 Zur Zulässigkeit und den Voraussetzungen der o. g. Sicherungsmaßnahmen vgl. nur etwa K. Schmidt, in: Scholz, § 45 Rn. 183. 522 Leipold hat bereits 1971 den Begriff vom „Zweispurigen einstweiligen Rechtsschutz im Zivilprozess“ geprägt. Gemeint ist damit aber etwas anderes. Er meinte damit den Entscheidungsmaßstab der einstweiligen Verfügung, der je nach Einzelfall sich an der Hauptsache orientiere (akzessorisch) und/ oder in einer Abwägung (offen) liege. Vgl. dazu Leipold, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes, S. 83 – 129.

§ 5 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 2

135

insbesondere kein Einfallstor für tiefgreifende Eilrechtsschutzmaßnahmen unter niedrigen Voraussetzungen. Und tiefgreifende Sicherungsmaßnahmen sind ggfs. unter strengeren Voraussetzungen, im Wege der §§ 916 ff. ZPO bzw. §§ 935 ff. ZPO einzuholen, sodass etwaige Schäden vollständig von der Haftungsfolge des § 945 ZPO abgedeckt sind. Insgesamt also ist der zweigleisige, differenzierende Eilrechtsschutz im Rahmen des Informationserzwingungsverfahrens als sachgerecht zu bewerten und daher einer Rechtsfortbildung vorzuziehen. Zusammenfassend erfordern also weder die Informationserzwingung noch die Sicherungsmaßnahmen, im Informationserzwingungsverfahren nach § 51a GmbHG das Eilrechtsschutzregime „contra legem“ auszutauschen. These 20: Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit § 51a GmbHG hat der GmbHGesellschafter im Wege eines zweigleisigen, differenzierenden Eilrechtsschutzes einzuholen. Eine auf § 51a GmbHG gestützte einstweilige Anordnung i. S. d. § 49 FamFG trägt nur Sicherungsmaßnahmen, die unmittelbar dazu dienen, dass das Informationsrecht verwirklicht werden kann. Sicherungsmaßnahmen, die dagegen wegen der nicht rechtzeitig erhaltenen Informationen angeordnet werden sollen, sind dagegen auf das von der fehlenden Information abhängige (Mitgliedschafts-)Recht zu stützen und mithin im Wege des ZPOEilrechtsschutzregimes (§§ 916 ff. ZPO und §§ 935 ff. ZPO) einzuholen.

§ 5 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 2 Zusammenfassend lassen sich folgende Untersuchungsergebnisse für Kapitel 2 festhalten: 1. Dass das Informationserzwingungsverfahren i. S. d. § 51b GmbHG nach seiner Konzeption bereits auf beschleunigte Rechtsdurchsetzung angelegt ist, schließt einstweiligen Rechtsschutz bzw. die Informationserzwingung im einstweiligen Rechtsschutz nicht per se aus. Dies folgt nur teilweise aus der Existenz der §§ 49 ff. FamFG. Die beiden Rechtsbehelfe konkurrieren weder rechtlich noch tatsächlich miteinander. Sie besitzen unterschiedliche Funktionen. 2. Auch im Einzelfall kann die Beschleunigung des Hauptsacheverfahrens nach § 51b GmbHG nur selten auf den einstweiligen Rechtsschutz durchschlagen. Sie lässt den Anordnungsgrund nur dann entfallen, wenn sie dazu führt, dass die Informationserteilung rechtzeitig zum erforderlichen Zeitpunkt erfolgt (z. B. Abstimmung). In sonstigen Fällen sind Beschleunigungen für den einstweiligen Rechtsschutz in aller Regel unbeachtlich. 3. Das im Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG einschlägige Eilrechtsschutzregime ist die einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG. Einen Rückgriff auf die einstweilige Verfügung i. S. d. §§ 935 ff. ZPO ermöglichen weder die Verweisungsmechanik des § 51b GmbHG noch der Sicherungs- bzw. Neben-

136 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

pflichtcharakter des § 51a GmbHG. Ein Austausch des Eilrechtsschutzregimes begegnet zudem rechtsmethodischen Bedenken. Er ist auch nicht geboten, um die Gefahren des summarischen Verfahrens abzuwehren. 4. Die Erkenntnisse zur ZPO-Auskunftsverfügung lassen sich nicht auf das Informationsrecht nach § 51a GmbHG übertragen. Zwar entspricht das Erfüllungsverbot i. S. d. § 49 FamFG inhaltlich weitgehend dem der §§ 935 ff. ZPO. Das Präjudizverbot i. S. d. § 49 FamFG stützt sich aber, anders als bei den §§ 935 ff. ZPO, nicht „nur“ auf Sinn und Zweck und den summarischen Charakter des Verfahrens, sondern wurde als engere, starre Beschränkung auf vorläufige Maßnahmen ausdrücklich in Gesetzeswortlaut und Gesetzesbegründung verankert. 5. Der Gesellschafter kann sein Informationsrecht aus § 51a GmbHG ausnahmsweise mittels einer Leistungsanordnung durchsetzen. In rechtsmethodischer Hinsicht fußt die „Informationsanordnung“ auf einer Analogie zu § 246 FamFG, soweit dem Gesellschafter eine existenzielle Beeinträchtigung droht, oder auf einer teleologischen Extension des § 49 FamFG, wenn eine sonstige über den Randbereich hinausgehende, irreversible Rechtsverletzung bevorsteht. 6. Dass auch die Durchsetzung des § 51a GmbHG auf dem Boden des hauseigenen Eilrechtsschutzregimes zu erfolgen hat, ergibt sich zum einen aus § 246 FamFG sowie dem Vergleich mit anderen Eilechtsschutzregimen. Zum anderen ist die ZPO-Leistungsverfügung vom Anwendungsbereich des FamFG ausgeschlossen. Ihre Anwendbarkeit brächte außerdem unzumutbare Verfahrensunsicherheiten. 7. Der klare Gesetzeswortlaut und die Gesetzesbegründung der §§ 49 ff. FamFG scheinen zwar endgültige Maßnahmen bewusst ausnahmslos auszuschließen. Eine planwidrige Regelungslücke folgt aber aus der Entstehungsgeschichte der §§ 49 ff. FamFG, den materiell-rechtlichen Wertungen des § 51a GmbHG und der verfassungsmäßigen Gebotenheit einer Eilrechtsschutzmöglichkeit. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet und rechtfertigt insoweit eine Ausnahme vom engen, starren Präjudizverbot des § 49 Abs. 1 FamFG, als die Informationserzwingung mittels Eilrechtsschutz erforderlich ist, um eine dem Gesellschafter drohende existenzielle Gefahr oder sonstige über den Randbereich hinausgehende, irreversible Rechtsverletzungen abzuwehren, es sei denn, entgegenstehende, wichtige Interessen überwiegen. 8. Die Informationsanordnung lässt sich auch nicht mit den Sondervorschriften des geistigen Eigentums oder dem Nebenpflichtcharakter des § 51a GmbHG begründen. Das Vorwegnahmeverbot kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass man den Frageumfang einschränkt oder dass Dritte anstatt des Gesellschafters die Information verwerten. 9. § 51a Abs. 2 GmbHG schränkt den Anwendungsbereich der Informationsanordnung erheblich ein. Sie kommt nur zur Vorbereitung solcher Schritte in Betracht, die der GmbH-Gesellschafter in seiner Rolle als Gesellschafter unternimmt oder die keine erheblichen Nachteile für die GmbH oder verbundene Unternehmen besorgen

§ 5 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 2

137

lassen. Keine Rolle spielt, ob sie prozessuale oder außerprozessuale Schritte vorbereiten soll. 10. Hängt von der Informationsanordnung eine ansonsten gerechtfertigte Leistungsverfügung ab, lässt die Existenz eines Verfügungsgrunds nicht automatisch auf das Vorliegen eines hinreichenden Anordnungsgrunds schließen. Da die Ausnahme vom engeren, starren Präjudizverbot des § 49 Abs. 1 FamFG sich maßgeblich durch Art. 19 Abs. 4 GG rechtfertigt, bedarf der Anordnungsgrund einer entsprechenden tragenden Begründung. Nur wenn die ZPO-Leistungsverfügung eine Existenzgefährdung oder eine sonstige erhebliche, irreversible Rechtsverletzung abwenden soll und nur noch von der Informationsanordnung abhängt, erlaubt dies den Schluss auf das Vorliegen eines hinreichenden Anordnungsgrunds. 11. Eine Informationsanordnung kann auch eröffnet sein, wenn von ihr nur einfache Eilrechtsschutzmaßnahmen wie die Sicherungs-, die Regelungsverfügung oder der einstweilige Arrest abhängen. Entscheidend ist nicht der Nebenpflichtcharakter des § 51a GmbHG oder die formelle Betrachtung, ob die Voraussetzungen der abhängigen Sicherungsverfügung etc. vorliegen. Da die Informationsanordnung als Ausnahme vom starren Präjudizverbot des § 49 Abs. 1 FamFG sich maßgeblich durch Art. 19 Abs. 4 GG rechtfertigt, setzt sie auch hier voraus, dass dem Gesellschafter ohne sie eine Existenzgefährdung oder sonstige erhebliche, irreversible Rechtsverletzung droht. Eine Absenkung der Voraussetzungen ist nicht möglich, aber auch nicht geboten. 12. Benötigt der Gesellschafter zeitnah eine Information, um sein Stimmrecht sachgemäß ausüben zu können, genießen einfache Eilrechtsschutzmaßnahmen Vorrang vor der Informationsanordnung. Insoweit kommt als einzige echte alternative Eilrechtsschutzmaßnahme nur eine einstweilige Verfügung zum Schutz des Stimmrechts in Betracht, die die Beschlussfassung bis zum Ende des Informationserzwingungsverfahrens unterbindet. Ist die nachrangige Informationsanordnung anwendbar, genügt es als Anordnungsgrund, dass der Gesellschafter sein Stimmrecht ohne die Informationsanordnung nicht sachgerecht ausüben kann, unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Abstimmung. Dass er womöglich keine Aussicht hat, eine Mehrheit oder sonstige relevante Schwelle zu erreichen, fließt erst bei der Interessenabwägung mit ein, wonach keine entgegenstehenden, wichtigen Gründe überwiegen dürfen. 13. Bei einer Informationsanordnung, die für eine verkäuferseitige Due Diligence erforderlich ist, ergibt sich der Anordnungsgrund aus dem drohenden Verlust der Veräußerungsmöglichkeit (vgl. § 15 GmbHG). Es genügt aber nicht, mit dem Erwerbsinteressenten eine Frist für die Veräußerung zu vereinbaren. Vielmehr muss der Erwerbsinteressent dem Gesellschafter einseitig eine zeitliche Grenze auferlegen (vgl. „stellen“ i. S. d. § 305 BGB), bei Gesellschafter und Erwerbsinteressent muss ein ernsthaftes (Ver-)Kaufinteresse bestehen und die fehlende Information muss es objektiv rechtfertigen, den Verkauf nicht zu tätigen.

138 Kap. 2: Der Informationsanspruch des GmbH-Gesellschafters im Eilrechtsschutz

14. Will der Gesellschafter mittels Informationsanordnung dem Interessenten eine käuferseitige Due Diligence ermöglichen, kann er den Anordnungsgrund ebenfalls auf den drohenden Verlust der Veräußerungsmöglichkeit (vgl. § 15 GmbHG) stützen. Die Informationsweitergabe zur Anteilsveräußerung stellt keinen gesellschaftsfremden Zweck i. S. d. § 51a Abs. 2 GmbHG dar. Ob ein Anordnungsgrund vorliegt, hängt jedoch davon ab, ob der Gesellschafter die Informationen an den Interessenten weitergeben darf. Über § 51a GmbHG erlangte Information unterstehen als der Gesellschaft gehörendes Gut grundsätzlich der aus der Treuepflicht resultierenden Verschwiegenheitspflicht. Die Weitergabe ist aber erlaubt, wenn sie verhältnismäßig ist, d. h. zum Zweck der Anteilsveräußerung erfolgt und hierfür geeignet, erforderlich und angemessen ist. Die Angemessenheitsprüfung enthält eine ergebnisoffene Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse der GmbH und Weitergabeinteresse des Gesellschafters. 15. Die Risiken des summarischen Verfahrens lassen sich bei der auf § 51a GmbHG gestützten einstweiligen Anordnung bereits auf Primärebene weitgehend ausschließen. Bei der Informationsanordnung ist deshalb bei der Prüfung des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrunds ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen, wobei die Anforderungen nicht überspannt werden dürfen. Darüber hinaus ist eine Interessenabwägung erforderlich, die jedoch dahingehend modifiziert ist, dass entgegenstehende Interessen der GmbH nicht nur überwiegen (relatives Kriterium), sondern auch besonders wichtig sein müssen (absolutes Kriterium). Um die Ermittlung der richtigen Tatsachengrundlage bei § 51a GmbHG zu gewährleisten, hat sich das Gericht zudem die zum Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste vorlegen zu lassen und der Gegenseite ausreichendes rechtliches Gehör zu gewähren, sei es durch eine mündliche Verhandlung oder zumindest eine – formlose – Anhörung. 16. Die Verteidigungsmöglichkeiten der GmbH werden auch durch das Erfordernis eines Verweigerungsbeschlusses nach § 51a Abs. 2 S. 2 GmbHG nicht eingeschränkt. Soweit der Geschäftsführer versucht, den Beschluss in gebotener Eile herbeizuführen, wird diese Regelung teleologisch reduziert, falls der Eilrechtsschutz vor dem Verweigerungsbeschluss ergeht. Auf das Beschlusserfordernis und das Bemühen ist zudem zu verzichten, wenn die Einholung des Verweigerungsbeschlusses bis zur Informationsanordnung evident aussichtslos wäre. 17. Auch auf der Sekundärebene lassen sich die Gefahren des summarischen Verfahrens bei der Informationsanordnung abfedern. Bei einem Vertraulichkeitsbruch hinsichtlich der über § 51a GmbHG erlangten Informationen ist die GmbH über § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. einer Verschiegenheitsvereinbarung oder der Treuepflicht umfassend geschützt. Die vermeintliche „Schwäche“ der Exkulpationsmöglichkeit kommt bei § 51a GmbHG nicht zum Tragen. Die Kompensation der zu Unrecht herausgegebenen Information kommt allenfalls über die §§ 812 ff. BGB in Betracht. § 945 ZPO hülfe insoweit ohnehin nicht weiter. Und bei Schäden, die

§ 5 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 2

139

unmittelbar aus der Vollstreckung ungerechtfertigter Informationsanordnungen resultieren, findet § 945 ZPO ausnahmsweise analog Anwendung. 18. Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit § 51a GmbHG hat der GmbHGesellschafter im Wege eines zweigleisigen, differenzierenden Eilrechtsschutzes einzuholen. Eine auf § 51a GmbHG gestützte einstweilige Anordnung i. S. d. § 49 FamFG trägt nur Sicherungsmaßnahmen, die unmittelbar dazu dienen, dass das Informationsrecht verwirklicht werden kann. Da diesbezüglich infolge der materiellen Akzessorietät nur geringe Schäden drohen, ist das Fehlen einer Haftungsfolge i. S. d. § 945 ZPO zumutbar. Sicherungsmaßnahmen, die jedoch wegen der nicht rechtzeitig erhaltenen Informationen angeordnet werden sollen, sind dagegen auf das von der fehlenden Information abhängige (Mitgliedschafts-)Recht zu stützen und mithin im Wege des ZPO-Eilrechtsschutzregimes (§§ 916 ff. ZPO und §§ 935 ff. ZPO) einzuholen. Etwaige Maßnahmen sind von der Haftungsfolge des § 945 ZPO gedeckt.

Kapitel 3

Streit um die Abberufung des Geschäftsführers § 1 Problemaufriss Bei der Abberufung des Geschäftsführers handelt es sich um das wohl praxisrelevanteste Anwendungsgebiet des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem sich das problematische Verhältnis zwischen einstweiligem Rechtsschutz und GmbH-Recht widerspiegelt. Streiten die Gesellschafter darüber, ob ein Geschäftsführer wirksam abberufen wurde, kann es Jahre dauern, bis das Gericht nach einer Anfechtungsklage analog § 246 AktG, Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG oder Beschlussfeststellungsklage gemäß § 256 ZPO rechtskräftig über den Abberufungsbeschluss entschieden hat. Welche Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen in der Zwischenzeit getätigt wurden oder unterblieben sind, kann die Geschicke des Unternehmens erheblich, mitunter irreversibel beeinflussen.1 In der Praxis wird die Abberufung des Geschäftsführers „als Hebel genutzt, [um] erst einmal Fakten“ zu schaffen.2 Wird der Abberufungsbeschluss förmlich festgestellt und dem Geschäftsführer verkündet, wäre die Abberufung nach den allgemeinen Regeln des Beschlussmängelrechts3 vorübergehend, d. h. bis zur Hauptsacheentscheidung, wirksam. Beschränkt der Gesellschaftsvertrag die Abberufbarkeit von Geschäftsführern auf wichtige Gründe i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG, genügt nach umstrittener Auffassung bereits die Behauptung eines wichtigen Grundes, um den Geschäftsführer vorübergehend aus dem Amt zu drängen.4 Diese „vorläufige“ Abberufung erscheint besonders problematisch, wenn der abzuberufende Geschäftsführer die Hälfte oder sogar die Mehrheit der Geschäftsanteile hält, etwa im Fall einer Zwei-Personen-GmbH. Weil der Gesellschafter-Geschäftsführer als Richter in eigener Sache von der Abstimmung ausgeschlossen ist (vgl. § 47 Abs. 4 GmbHG), kann der jeweils andere Gesellschafter ihn durch die Behauptung eines wichtigen Grundes bequem „überstimmen“ und vorübergehend als Geschäftsführer aus1 Die Bezeichnung „beeinflussen“ wurde gewählt, weil mit dem Wechsel in der Unternehmensführung nicht immer ein berechenbarer, ersatzfähiger Schaden einhergeht. Häufig mag es auch nur um die Festlegung einer unternehmerischen Entscheidung bzw. einer Richtung gehen. 2 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 4. 3 Dazu Kapitel 3 § 3 A. I. 4 Vgl. nur Grunewald, in: FS Zöllner, S. 177, 183; zum Streitstand Kapitel 3 § 3 A. II. 3. b) bb) (2).

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

141

schalten.5 Dieses „Spiel“ kann sich beliebig oft wiederholen – auch nach einer Hauptsacheentscheidung. Ziel ist es mithin zu verhindern, dass die vorläufige Abberufung als Machtinstrument missbraucht wird. Die vorläufige Abberufung sollte vor allem in den Fällen ausgeschlossen sein, in denen im Kern nicht die Personalie des Geschäftsführers in Streit steht, sondern die vorläufige Abberufung nur als Druckmittel zweckentfremdet wird, um anderweitige Interessen durchzusetzen. Aber auch in den einfachen, nicht missbräuchlichen Fällen, d. h. wenn tatsächlich um die Personalie des Geschäftsführers gestritten wird, vermögen die rechtswidrige vorläufige Abberufung und die damit verbundenen Unsicherheiten bezüglich der Unternehmensführung, das Unternehmen massiv zu beeinflussen. Besonders prekär ist die Situation in einer paritätischen Zwei-Personen-GmbH, wo ein Geschäftsführer zwar vorläufig abberufen werden kann, für die Bestellung eines neuen (ggfs. nur übergangsweisen) Geschäftsführers aber keine Mehrheit zustandekommt. Einstweiliger Rechtsschutz erscheint daher erforderlich, um eine einzelfallbezogene Lösung zu erreichen. Umgekehrt darf einstweiliger Rechtsschutz aber genauso wenig als „schnell wirkendes, taktisch als Waffe einsetzbares Mittel“6 eingesetzt werden können. Es kann das Unternehmen letztlich im selben Maß beeinträchtigen, wenn ihm ein zu Recht abberufener Geschäftsführer vorläufig aufgedrängt wird. Der folgende Teil widmet sich der Abberufung des Geschäftsführers daher in zwei Zeitabschnitten. Er behandelt die Fragen, inwieweit einstweiliger Rechtsschutz die Abberufung beeinflussen kann, bevor (§ 2) und nachdem (§ 3) die Abberufung erfolgte.

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung Schon im Vorfeld der Gesellschafterversammlung, in deren Verlauf ein Geschäftsführer abberufen werden soll, kommt eine Vielzahl von Eilrechtsschutzmöglichkeiten in Betracht. Eine besondere Rolle spielen Schutzmaßnahmen, welche Gesellschafter bis zur Abberufung gegen den Geschäftsführer erwirken können. Droht ein Geschäftsführer, der GmbH Schaden zuzufügen, können die Gesellschafter den Geschäftsführer bis zur Abstimmung über seine Abberufung mit einem vorläufigen Geschäftsführungs- und Vertretungsverbot belegen.7 Der Verfügungs5

Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 6. Kiethe, DStR 1993, 609, 610; er sieht eine Entwicklung dahingehend, dass die einstweilige Verfügung verstärkt als in gesellschafterlichen Auseinandersetzungen zum Einsatz komme. 7 BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 183; OLG München, 10. 12. 2012 – 23 U 4353/12, GmbHR 714, 714; KG, 11. 8. 2011 – 23 U 114/11, GmbHR 2011, 1272, 1273; OLG Frankfurt, 18. 9. 1998 – 5 W 22/98, GmbHR 1998, 1126, 1126 f.; Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 72; Lutz, BB 2000, 833, 838; Werner, NZG 2006, 761, 764; a. A. OLG 6

142

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

anspruch resultiert aus § 38 GmbHG. Es handelt sich um eine einfache Sicherungsverfügung. Irreversible Folgen, die sie – etwa durch unterbliebene Geschäfttätigkeiten – nach sich ziehen kann, werden „nur“ mittelbar ausgelöst. Insoweit begegnet die einstweilige Verfügung also grundsätzlich keinen Besonderheiten. Sie widerspricht weder dem Erfüllungs- noch dem Präjudizverbot. Sie mag allenfalls dann wegen zu schwerer Folgen für GmbH bzw. Gesellschafter ausgeschlossen sein, wenn ein überragend wichtiger, irreversibler Grund8 entgegensteht, der den Verfügungsgrund entfallen ließe – etwa weil die faktische Führungslosigkeit sie zu sehr beeinträchtigte. Darüber hinaus, so wird teilweise vertreten, sollen Gesellschafter mittels einstweiligem Rechtsschutz den Geschäftsführer sogar vorläufig, also bis zur Beschlussfassung abberufen können.9 Eine solche vorläufige „gerichtliche Abberufung“ erfüllte die Hauptsache vorzeitig und folgt daher den Regeln des Erfüllungsverbots.10 Sie ist jedoch jederzeit – zumindest für die Zukunft11 – aufhebbar, sodass auch hier irreversible Folgen „nur“ mittelbar entstehen – z. B. weil erforderliche Geschäftsführungshandlungen unterbleiben. Der vorläufigen „gerichtlichen Abberufung“ dürfte gegenüber dem milderen Geschäftsführungs- und Vertretungsverbot wenig12 praktische Bedeutung zukommen. Im Zentrum der Diskussion um den vorgelagerten Eilrechtsschutz stehen aber Eilmaßnahmen, die sich auf die Stimmrechtsausübung und damit auf die Willensbildung in der GmbH auswirken. Dabei kann es etwa darum gehen, dass Gesellschafter die Beschlussfassung schützen bzw. auf sie hinwirken, indem sie das Stimmverbot des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers durchsetzen oder Mitgesellschafter mittels Stimmbindung (etwa aus Treuepflicht) zur Zustimmung zwingen. Umgekehrt mag aber auch der Gesellschafter-Geschäftsführer versuchen, die Stimmabgabe anderer Gesellschafter zu verhindern bzw. mittels Stimmbindung zu steuern. Erwogen wird auch, die Beschlussfassung oder die Gesellschafterversammlung sogar insgesamt zu unterbinden. Ob und unter welchen Voraussetzungen Eilrechtsschutz auf die Willensbildung in der Gesellschaft einwirken kann, ist bis heute höchst umstritten. Braunschweig, 9. 9. 2009 – 3 U 41/09, GmbHR 2009, 1276, 1277 (nur in „Prozessstandschaft“) jeweils m. w. N. 8 Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 4. c) und insb. C. I. 2. 9 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 75; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 37; a. A. Lutz, BB 2000, 833, 838 mangels „Abberufungsklage“ im GmbH-Recht als Hauptsacheverfahren. 10 Dazu Kapitel 2 § 3 A. IV. 1. 11 Vgl. Argumentation, ob Unterlassungsverfügung „endgültige“ Wirkung entfaltet, weil sie nur für die Zukunft wieder aufgehoben werden kann. 12 Zutr. Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 4. Ausnahmen scheinen nur in wenigen Fällen denkbar. Es mag etwa nicht das Handeln des Geschäftsführers unterbunden werden, sondern er als Person abgesetzt, z. B. um eine bestimmte Außenwirkung gegenüber der Öffentlichkeit oder Geschäftspartnern zu vermeiden (z. B. bei Straftaten).

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

143

Dass sich einstweiliger Rechtsschutz auch auf die Willensbildung erstreckt, ist schon deshalb erforderlich, weil ein Verstoß gegen Stimmbindungen oder -verbote allenfalls13 die abgegebene Stimme nichtig macht, den gefassten Beschluss hingegen nur anfechtbar.14 Obschon die Anfechtungsklage den Beschluss nach herrschender Auffassung rückwirkend beseitigt, entfaltet der gefasste und festgestellte Beschluss de facto zunächst Wirkung. Die Frage, inwiefern einstweiliger Rechtsschutz in den Willensbildungsprozess eingreifen darf, gilt für sämtliche Arten von Gesellschafterbeschlüssen. Sie taucht auch in anderen Gebieten des GmbH-Rechts auf, etwa bei Struktur- und bei Kapitalmaßnahmen. Für die Abberufung des Geschäftsführers hat sie aber nicht nur große praktische Bedeutung, sondern versinnbildlicht auch den Kampf um die Leitungsmacht15 in der GmbH. Sie verkörpert das Spannungsverhältnis zwischen Gesellschaftsrecht und Eilrechtsschutz in besonderem Maße. Auf der einen Seite bedarf es effektiven Rechtsschutz: Können sich Gesellschafter bei einem wichtigen Grund vor einem Geschäftsführer schützen? Kann sich umgekehrt der Geschäftsführer der ungerechtfertigten Abberufung erwehren? Auf der anderen Seite drohen die Risiken des summarischen Verfahrens: Besteht der erforderliche wichtige Grund tatsächlich? Kann in Kauf genommen werden, dass ein Geschäftsführer ungerechtfertigt abberufen bzw. aufgedrängt wird? Zur besseren Veranschaulichung wird als Gegenstand der Untersuchung exemplarisch die Frage herausgegriffen, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer mittels einstweiligem Rechtsschutz die Beschlussfassung und mithin seine Abberufung unterbinden kann.

A. Diskussionsstand: Verhinderung der Beschlussfassung Die früher wohl herrschende Auffassung lehnte kategorisch ab, die Stimmrechtsausübung oder Beschlussfassung per einstweiligem Rechtsschutz zu unterbinden.16 Sie trug im Wesentlichen drei Argumente vor: Die einstweilige Verfügung dürfe nicht in den autonomen Willensbildungsprozess der Gesellschaft eingreifen.17

13 Während der Verstoß gegen einen Stimmbindungsvertrag ausschließlich schuldrechtliche Folgen nach sich zieht, macht ein Verstoß gegen die Treuepflicht die Stimme nichtig (Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 47 Rn. 16). 14 BGH, 20. 1. 1986 – II ZR 73/85, BGHZ 97, 28, 30; Michalski, GmbHR 1991, 12, 12; K. Schmidt, in: Scholz, § 47 Rn. 32 m. w. N. 15 Vgl. Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 1. 16 OLG Koblenz, 25. 10. 1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21, 22; OLG Frankfurt, 15. 12. 1981 – 5 W 9/81, GmbHR 1982, 237, 237; OLG Celle, 1. 4. 1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264; vgl. zudem Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 70. 17 Vgl. etwa OLG Koblenz, 27. 2. 1986 – 6 U 261/86, GmbHR 1986, 428, 430; OLG Celle, 1. 4. 1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264, 265 (diff.).

144

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Die Hauptsache werde unzulässig vorweggenommen, denn der Eilrechtsschutz erledige das Hauptsacheverfahren und entfalte endgültige Wirkung.18 Und der Einfluss auf die Beschlussfassung sei nicht erforderlich, denn es bestünden mildere Eilmaßnahmen, insbesondere genieße der nachgelagerte, gegen die Beschlussausführung gerichtete Eilrechtsschutz Vorrang.19 Inzwischen hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass einstweiliger Rechtsschutz, der in den Willensbildungsprozess eingreift, nicht mehr per se, sondern nur noch „grundsätzlich“ ausgeschlossen sei. Uneinigkeit besteht aber gleichwohl noch über die – meist knapp dargelegten – Gründe und somit über die Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung. Verbreitet ist die Formel, einstweiliger Rechtsschutz betreffend die Willensbildung stehe offen, wenn entweder eine „eindeutige Rechtslage“ oder ein „überragendes Schutzbedürfnis“ des Gläubigers besteht.20 Teilweise wird auch allein eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Belange des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers abgestellt.21 Eine andere Auffassung fordert ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse.22 Stets wird außerdem verlangt, dass eine etwaige einstweilige Verfügung erforderlich, d. h. das mildeste zur Verfügung stehende Mittel darstellt.

B. Zulässigkeit der Einwirkung auf die Willensbildung Der vorliegende Abschnitt erörtert daher, ob und unter welchen Voraussetzungen die einstweilige Verfügung auf die Willensbildung einwirken kann. Insbesondere ist die verbreitete Formel auf den Prüfstand zu stellen, einstweiliger Rechtsschutz stehe offen, wenn die Rechtslage eindeutig ist oder der Verfügungskläger ein überragendes Schutzbedürfnis besitzt. Ziel der Untersuchung ist es aber nicht, die verschiedenen Fallgruppen aufzuzählen, sondern gezielt die neuralgischen Punkte der einstweiligen Verfügung im Willensbildungsprozess zu beleuchten. So grds. heute noch Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 45, aber mit Ausnahme der Stimmbindungsverträge und der Treuepflicht. 18 OLG Koblenz, 25. 10. 1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21, 22; OLG Celle, 1. 4. 1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264, 265; OLG Frankfurt, 15. 12. 1981 – 5 W 9/81, GmbHR 1982, 237, 237. 19 Vgl. OLG Frankfurt, 15. 12. 1981 – 5 W 9/81, GmbHR 1982, 237, 237. 20 OLG München, 20. 7. 1998 – 23 W 1455/98, GmbHR 1999, 718, 718 f.; OLG Stuttgart, 18. 2. 1997 – 20 W 11/97, GmbHR 1997, 312, 312 f.; OLG Hamm, 6. 7. 1992 – 8 W 18/92, GmbHR 1993, 163, 163 f.; OLG Saarbrücken, 30. 6. 1989 – 4 U 2/89, NJW-RR 1989, 1512, 1513; Buchta, DB 2008, 913, 914; Terlau, in: MHLS, § 38 Rn. 79; unklare Formulierung bei Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 73. 21 OLG Düsseldorf, 18. 5. 2005 – 15 U 202/04, NZG 2005, 633, 634; OLG Frankfurt, 1. 7. 1992 – 17 U 9/91, GmbHR 1992, 161, 161 f.; vgl. auch KG, 19. 10. 2004 – W 49/04, NZG 2005, 83. 22 Nietsch, GmbHR 2006, 393, 397 – 399, wobei es der Sache nach um eine Erforderlichkeitsprüfung geht.

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

145

I. Verfügungsanspruch Ein Verfügungsanspruch, der inhaltlich auf die Verhinderung oder Beeinflussung der Willensbildung in der GmbH abzielt, kann sich zunächst aus den schuldrechtlichen Abreden in Stimmbindungsverträgen oder der Satzung ergeben.23 Bei schuldrechtlichen Stimmbindungen ist anerkannt, dass sie auch Erfüllungs- und nicht nur Schadensersatzansprüche begründen und dass sich diese Erfüllungsansprüche nach Maßgabe des § 894 ZPO direkt und ohne den Umweg über die §§ 887, 888 ZPO vollstrecken lassen.24 Insofern eignen sie sich auch als Verfügungsanspruch. Häufig fehlt es aber an einer solchen Vereinbarung oder sie eignet sich nicht, sämtlichen Gesellschaftern die Abberufung zu verbieten, etwa weil die Vereinbarung nur einzelne Gesellschafter bindet. Zentral stellt sich deshalb die Frage, inwiefern aus der Treuepflicht ein tauglicher Verfügungsanspruch erwächst, auf dessen Grundlage die einstweilige Verfügung die Beschlussfassung verbieten kann. 1. Untersagungsanspruch kraft Treuepflicht Vor allem früher wurde vertreten, bei Eingriffen in die Willensbildung fehle es bereits an einem Verfügungsanspruch, weil das materielle Recht keinen Eingriff in die Freiheit der Willensbildung kenne.25 Dieser strikten Auffassung ist nicht zu folgen. Heute ist allgemein anerkannt, dass Gesellschafter ihr Stimmrecht auch ungeachtet vertraglicher oder statutarischer Stimmbindung nicht schrankenlos ausüben können, sondern mitunter an die Grenzen des Schikaneverbots, des Gesellschaftszwecks und der gesellschafterlichen Treuepflicht stoßen.26 Dass die Treuebindung prinzipiell auch hinsichtlich der Stimmausübung gilt, wird zu Recht meist als selbstverständlich angenommen.27 Dies ergibt sich etwa aus dem analog28 anwendbaren § 243 Abs. 2 AktG, dem ebenfalls der Gedanke der Treuepflicht innewohnt. Zudem wäre es vielmehr umgekehrt begründungsbedürftig, das Stimmrecht von der Treuebindung auszunehmen. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen aus der Treuebindung ein konkreter Anspruch erwächst, der die einstweilige Verfügung trägt. In aller Regel müsste sich dieser Anspruch inhaltlich darauf richten, dass er den Mitgesellschaftern die 23 Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 47 Rn. 68 – 70; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 40 m. w. N. 24 Ganz h. M. seit BGH, 29. 5. 1967 – II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 166 – 174. 25 OLG Celle, 1. 4. 1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264. So grds. auch heute noch Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 45, aber mit Ausnahme der Stimmbindungsverträge und der Treuepflicht. 26 Zu den Grenzen der Stimmrechtsmacht nur: K. Schmidt, in: Scholz, § 47 Rn. 26 – 31. 27 Statt aller BGH, 12. 4. 2016 – II ZR 275/14, NJW 2016, 2739, 2740; BGH, 25. 9. 1986 – II ZR 262/85, BGHZ 98, 276, 279; Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 18 m. w. N. 28 Vgl. nur K. Schmidt, in: Scholz, § 47 Rn. 29.

146

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Stimmabgabe oder die Beschlussfassung untersagt.29 Die herrschende Meinung30 bejaht einen solchen Anspruch, wenn der behauptete, erforderliche wichtige Grund tatsächlich nicht vorliegt und der abzuberufende Gesellschafter-Geschäftsführer droht, durch die Abberufung Schaden31 zu nehmen. Dass die Treuepflicht die Abberufung hier untersagt, lässt sich allerdings nicht ohne Weiteres, wie häufig der Fall, aus der speziellen Konstellation der Zwei-Personen-GmbH verallgemeinern. Denn die Zwei-Personen-GmbH sind durch eine besonders intensive Treuebindung32 zwischen den Gesellschaftern gekennzeichnet. Erwägen mag man zunächst, den Untersagungsanspruch daraus zu schließen, dass bei Gesellschafter-Geschäftsführern nach herrschender Meinung schon die „freie“ Abberufung i. S. v. § 38 Abs. 1 GmbHG treuwidrig sein soll, falls ein sachlicher Grund fehlt.33 Jedoch überzeugt es schon nicht, die freie Abberufbarkeit auf sachliche Gründe zu begrenzen. Auch erscheint die Treuepflicht vor allem angesichts des klaren Wortlauts in § 38 Abs. 1 GmbHG überstrapaziert, soweit nicht besondere Umstände34 hinzutreten.35 Darüber hinaus wäre ein Erst-recht-Schluss von der freien Abberufung auf die Abberufung aus wichtigem Grund vorliegend ohnehin unzulässig. Dass die Treuepflicht bei § 38 Abs. 1 GmbHG einen (lediglich) sachlichen Grund voraussetze, lässt nicht darauf schließen, dass bei § 38 Abs. 2 GmbHG die Stimmabgabe ohne wichtigen Grund zwingend treuwidrig wäre. Ausgangspunkt für den Anspruch ist also die Definition, wonach die Treuebindung die Gesellschafter zu einem Verhalten verpflichtet, das auf die Interessen der Gesellschaft und die mitgliedschaftlichen Interessen der anderen Gesellschafter Rücksicht nimmt.36 Maßgebend ist die Abwägung zwischen den Interessen des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers37 und denen von GmbH und Mitge29 Insoweit decken sich Verfügungsanspruch und einstweilige Verfügung inhaltlich. Eine Untersagungsverfügung, die gegenüber der Treuepflicht nur eine Minusmaßnahme darstellt, dürfte dagegen kaum in Betracht kommen (vgl. Kapitel 3 § 2 B. III. 1.). 30 Vgl. nur OLG Hamburg, 28. 6. 1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467 mit zust. Anm. K. Schmidt, GmbHR 1991, 469; vgl. auch Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 45; Lutz, BB 2000, 833, 836 f.; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 5; Werner, NZG 2006, 761, 763; a. A. zuvor noch OLG Koblenz, 25. 10. 1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21, 22. 31 Lutz, BB 2000, 833, 836; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 5. 32 Vgl. Lieder/Ringlage, GmbHR 2017, 1065, 1066 f. 33 Grunewald, in: FS Zöllner, S. 177, 178; Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 18; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 20 jeweils m. w. N.; vgl. BGH, 29. 11. 1993 – II ZR 61/93, DStR 1994, 214 mit Anm. Goette, DStR 1994, 215, 215 f., jedoch betreffend einen Gesellschafter mit Sonderrecht zur Geschäftsführung. 34 Zu den besonderen Umständen etwa in Zwei-Personen-GmbH s. u. Kapitel 3 § 3 A. II. 3. d). 35 Buck-Heeb, in: G/B/S, § 38 Rn. 17; Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 17. 36 St. Rspr., BGH, 1. 4. 1953 – II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 163 f.; vgl. nur Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, § 14 Rn. 29 – 32; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 13 Rn. 21. 37 Allein der Gesellschafter-Geschäftsführer, nicht aber der Fremdgeschäftsführer unterliegt der an die Mitgliedschaft gebundenen gesellschafterlichen Treuepflicht.

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

147

sellschaftern. Es entscheidet eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls.38 Erfordert die Abberufung einen wichtigen Grund, erlaubt dies folgenden Schluss: Soweit ein bestimmter wichtiger Grund behauptet wird, er aber tatsächlich nicht vorliegt, ist die Abberufung rechtswidrig, sodass auch das Interesse der Mitgesellschafter an der Abberufung nicht schutzwürdig ist. Das Interesse des GesellschafterGeschäftsführers an der Verhinderung der Abberufung überwiegt also, sobald jegliches Interesse seinerseits besteht, insbesondere etwa, dass ihm durch die Abberufung ein Schaden droht, und keine mildere Maßnahme weiterhilft. In diesen Fällen untersagt die Treuepflicht somit die Abberufung insoweit, als sie sich auf den bestimmten behaupteten wichtigen Grund stützt. Zugleich folgt aus dieser Argumentation aber auch, dass die Treuepflicht die Abberufung nicht darüber hinaus auch hinsichtlich anderer wichtiger Gründe verbietet. Ein weiteres Argument, weshalb die Treuepflicht es unter den genannten Voraussetzungen verbietet, den Gesellschafter-Geschäftsführer abzuberufen, lässt sich daraus entnehmen, dass interessanterweise häufig sogar positive Stimmpflichten aus der Treuepflicht anerkannt sind.39 Aus der Treuepflicht kann sich also im Einzelfall der Anspruch ergeben, positiv die Stimme in eine bestimmte Richtung auszuüben, etwa für die Abberufung des Geschäftsführers40 bzw. gegen eine spätere (Wieder-)Bestellung41 zu stimmen. Auch das eindeutige Vorliegen eines wichtigen Grunds kann im Einzelfall dazu führen, dass die Treuepflicht es gebietet, der Abberufung des GesellschafterGeschäftsführers zuzustimmen.42 Voraussetzung für eine solche positive Stimmbindung ist, dass nicht nur ein wichtiger Grund vorliegt, sondern darüber hinaus Umstände gegeben sind, die das Ermessen der Gesellschafterversammlung bei der Entscheidung über die Abberufung auf Null reduzieren.43 Die Mitgesellschafter bindet in ihrem Stimmverhalten nach neuerer, zutreffender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht schon, dass die geplante Stimmrechtsausübung nicht zweckmäßig wäre, denn es obliegt grundsätzlich den Gesellschaftern, zu beurteilen, wie die Interessen der Gesellschaft am besten gewahrt bleiben. Treuwidrig ist die geplante Stimmrechtsausübung vielmehr erst, wenn die Verhinderung der Stimmrechtsausübung objektiv zwingend erforderlich und den Mitgesellschaftern zumutbar ist.44 Wenn die Treue38

Nur Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 47 Rn. 14. BGH, 12. 4. 2016 – II ZR 275/14, NJW 2016, 2739, 2740; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 47 Rn. 17; Drescher, in: MüKoGmbHG, § 47 Rn. 257; K. Schmidt, in: Scholz, § 47 Rn. 31; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 47 Rn. 111 jeweils m. w. N. 40 Vgl. BGH, 4. 5. 2009 – II ZR 166/07, NZG 2009, 1309, 1310. 41 Vgl. BGH, 12. 7. 1993 – II ZR 65/92, GmbHR 1993, 579, 581. 42 Vgl. BGH, 28. 4. 1975 – II ZR 16/73, BGHZ 64, 253, 257 (zur Ausschließung); BuckHeeb, in: G/B/S, § 38 Rn. 23; a. A. BGH, 9. 11. 1987 – II ZR 100/87, BGHZ 102, 172, 176; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 31 und 49, wonach das Vorliegen eines wichtigen Grundes zwingend die Zustimmung gebieten soll. 43 Zutr. OLG Braunschweig, 9. 9. 2009 – 3 U 41/09, GmbHR 2009, 1276, 1278. 44 Vgl. BGH, 12. 4. 2016 – II ZR 275/14, NJW 2016, 2739, 2740. Im Fall des BGH ging es zwar nicht um die Abberufung „aus wichtigem Grund“. Die Vorgaben sind aber insoweit auf den 39

148

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

pflicht aber die Willensbildung beeinflussen kann, soweit es positiv um die Herbeiführung des Abberufungsbeschlusses geht, muss es umgekehrt erst recht auch möglich sein, dass die Treuepflicht dahingehend in die Stimmrechtsausübung eingreift, dass die Abberufung bzw. die Beschlussfassung als solche verhindert wird. Zum einen unterbindet sie „nur“ die Willensbildung, ohne inhaltliche Änderungen vorzunehmen. Zum anderen sind die Voraussetzungen der Treuepflicht in diesem Fall „automatisch“ erfüllt: Wenn es bereits am behaupteten, erforderlichen wichtigen Grund fehlt und der Gesellschafter-Geschäftsführer dadurch beeinträchtigt wird, entfällt jeglicher Ermessensspielraum der Gesellschafterversammlung bez. der Abberufung. Die zustimmende Stimmabgabe wäre bei fehlendem wichtigem Grund also jedenfalls treuwidrig. Im Ergebnis verbietet es die Treuepflicht den Mitgesellschaftern, einen Gesellschafter-Geschäftsführer abzuberufen, soweit es am vorgetragenen, erforderlichen wichtigen Grund fehlt und der Gesellschafter-Geschäftsführer durch die Abberufung in seinen Interessen beeinträchtigt würde. Die Voraussetzungen der herrschenden Meinung verdienen Zustimmung. 2. Treuepflicht als tauglicher Verfügungsanspruch? Ferner fragt sich, ob sich ein aus der Treuepflicht folgender Anspruch auch prozessual als Verfügungsanspruch eignet. Nach traditioneller Auffassung zog man einstweilige Verfügungen nur in Erwägung, soweit sie sich auf vertragliche Stimmbindungen stützten.45 Dass die einstweilige Verfügung heute auch auf andere Ansprüche gestützt wird,46 verdient Zustimmung. Zwischen vertraglicher Stimmbindung und Treuepflicht zu unterscheiden leuchtet nicht ein. Als Verfügungsanspruch eignet sich grundsätzlich jeder gegenwärtige, klagbare Anspruch (mit Ausnahme der in § 916 ZPO genannten Arrestansprüche),47 worunter auch die Ansprüche aus der Treuepflicht fallen. Beachtliche Unterschiede ergeben sich insoweit weder aus der Rechtsnatur.48 Insbesondere sind nicht nur vertragliche Stimmrechtsbindungen,49 sondern allgemein auch Ansprüchen aus der Treuepflicht50 klag- und vollstreckbar. Noch sind in der Sache Gründe für eine Differenzierung ersichtlich. Das Argument, nur bei einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung sei die Stimmbindung selbst auferlegt,51 spielt für die prinzipielle Ermessensspielraum übertragbar, vgl. OLG Braunschweig, 9. 9. 2009 – 3 U 41/09, GmbHR 2009, 1276, 1278. 45 OLG Koblenz, 25. 10. 1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21, 22 f. m. w. N. 46 Bereits seit OLG Hamburg, 28. 6. 1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467. 47 Vgl. nur Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 6 f. 48 Vgl. nur OLG Hamburg, 28. 6. 1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467; K. Schmidt, GmbHR 1991, 469. 49 BGH, 25. 9. 1967 – II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 169 ff. 50 BGH, 28. 04. 1975 – II ZR 16/73, BGHZ 64, 253, 257 – 259. 51 OLG Koblenz, 27. 2. 1986 – 6 U 261/86, GmbHR 1986, 428.

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

149

Eignung als Verfügungsanspruch keine Rolle, sondern allenfalls für die Gesellschafterautonomie bzw. Verbandssouveränität. Und auch der Unterschied, dass dem Gesellschafter nur bei vertraglicher Stimmbindung, nicht aber bei der Treuepflicht seine Handlungs- und Unterlassungspflichten klar vor Augen stehen,52 rechtfertigt es nicht, eine einstweilige Verfügung abzulehnen. Er verfängt gerade bei der Unterlassungsverfügung nicht, denn das Gericht erörtert und ordnet präzise an, was der Mitgesellschafter in der Folgezeit zu unterlassen hat. Die Treuepflicht als Verfügungsanspruch verursacht darüber hinaus auch kein besonderes, erhöhtes Risiko, wegen einer ungerechtfertigten Entscheidung nach § 945 ZPO zu haften. Dass die Treuepflicht keine scharfen Konturen besitzt, betrifft weniger die Tatsachenermittlung, sondern vielmehr die rechtliche Bewertung. Als (abschließend zu prüfende) Rechtsfrage gehört dies aber grundsätzlich nicht zum Risiko des summarischen Verfahrens. Überdies wurde die Treuepflicht zunehmend durch die Bildung von Fallgruppen konkretisiert. Nähere Betrachtung verdient einzig der Umstand, dass sich die beiden Arten von Stimmbindungen in ihrer Wirkung unterscheiden. Während die vertragswidrige Stimmrechtsausübung schuldrechtliche Verpflichtungen nach sich zieht, führt die treuwidrige Stimmrechtsausübung zur Nichtigkeit der abgegebenen Stimme.53 Doch zum einen erschöpft sich die vertraglich Stimmbindung nicht in ihren schuldrechtlichen Wirkungen, sondern sie wirkt im Fall eines Urteils wegen § 894 ZPO ebenfalls unmittelbar auf die Willensbildung ein.54 Zum anderen besteht bei beiden Arten von Stimmbindungen schon deshalb dasselbe Bedürfnis nach einstweiligem Rechtsschutz, weil es für die Frage, ob ein Beschluss vorläufig wirksam ist, in erster Linie nicht auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses ankommt, sondern darauf, ob und mit welchem Inhalt der Beschluss z. B. vom Versammlungsleiter festgestellt wurde. Es sind im Ergebnis somit keine Gründe ersichtlich, die aus der Treuepflicht resultierenden Ansprüche nicht als Verfügungsansprüche zu akzeptieren. 3. Inhalt der Treuepflicht Aus der Begründung55 des Anspruchs folgen zugleich auch sein Inhalt und damit auch die Reichweite der materiell-akzessorischen einstweiligen Verfügung. Die Treuepflicht verbietet die Abberufung nicht schlechthin, sondern nur dahingehend, dass der Geschäftsführer nicht aus dem konkreten behaupteten, tatsächlich aber nicht vorliegenden Grund abberufen werden darf.56 Demgegenüber bleibt die Abberufung aus anderen wichtigen Gründen rechtmäßig, sodass GmbH und Mitgesellschafter insoweit ein berechtigtes, in die Abwägung einzustellendes Interesse an der Abbe52 53 54 55 56

So z. B. OLG Koblenz, 25. 10. 1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21, 22. OLG Koblenz, 25. 10. 1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21, 22. Vgl. BGH, 25. 9. 1967 – II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 169 ff. Dazu Kapitel 3 § 2 B. I. 1. Zutr. OLG Celle, 1. 4. 1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264, 265.

150

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

rufung sowie einen Ermessensspielraum besitzen. Die Treuepflicht versagt also die Abberufung nicht schlechthin oder etwa an einem bestimmten Datum. Worauf sich die Treuepflicht inhaltlich genau richtet, hängt im Sinne eines Stufenverhältnisses insbesondere von der Schwere des Eingriffs ab. Am mildesten dürfte es sein, sämtlichen Mitgesellschaftern (vorübergehend) die Stimmrechtsausübung zu untersagen, mithin die gesamte Beschlussfassung zu unterbinden. Es tritt zwar eine Verzögerung ein, es werden aber noch keine neuen, vollendeten Tatsachen geschaffen. Nur im Ausnahmefall dürfte es erforderlich sein, inhaltlich vorzugeben, der Abberufung nicht zuzustimmen bzw. zu widersprechen. Stützt sich die einstweilige Verfügung auf die Treuepflicht, kann sie infolge der materiellen Akzessorietät nicht über den Inhalt der Treuepflicht hinausgehen. In aller Regel dürfte sie eine Leistungsverfügung darstellen. Soll die einstweilige Verfügung also etwa die gesamte Gesellschafterversammlung unterbinden, geht dies über den soeben geschilderten Anspruch hinaus und muss sich daher auf einen anderen Verfügungsanspruch stützen. Ein solcher mag sich z. B. ebenfalls aus der Treuepflicht oder etwa aus dem Stimmrecht ergeben, weil dessen Ausübung ohne eine fehlende bestimmte Information ins Leere liefe. 4. Zwischenergebnis (Allein) Dem Gesellschafter-Geschäftsführer kann aus der Treuepflicht ein Verfügungsanspruch erwachsen, der den Mitgesellschaftern die Abberufung untersagt. Voraussetzung ist, dass es am behaupteten, erforderlichen wichtigen Grund fehlt und der Gesellschafter-Geschäftsführer durch die Abberufung in seinen Interessen beeinträchtigt würde. Inhaltlich beschränkt sich die Treuepflicht – und der Eilrechtsschutz – auf das Verbot, den Gesellschafter-Geschäftsführer aus dem konkret behaupteten, nicht vorliegenden Grund abzuberufen. These 21: (Allein) Dem Gesellschafter-Geschäftsführer kann aus der Treuepflicht ein Verfügungsanspruch erwachsen, der seinen Mitgesellschaftern die Stimmrechtsausübung beim Abberufungsbeschluss untersagt. Voraussetzung ist, dass es am behaupteten, erforderlichen wichtigen Grund fehlt und der Gesellschafter-Geschäftsführer durch die Abberufung in seinen Interessen beeinträchtigt würde. Die Treuepflicht – und der Eilrechtsschutz – beschränkt sich inhaltlich auf das Verbot, den Gesellschafter-Geschäftsführer aus dem konkret behaupteten, nicht vorliegenden Grund abzuberufen.

II. Eingriff in die autonome Willensbildung Immer wieder anzutreffen ist der Einwand, das summarische Verfahren dürfe die Beschlussfassung deshalb nicht beeinträchtigen, weil es die freie Willensbildung von GmbH bzw. Gesellschafter beeinträchtige. In dogmatischer Hinsicht finden sich zwei Begründungansätze. Manche Stimmen halten unmittelbar den Eingriff in den

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

151

Willensbildungsprozess für unzulässig.57 Andere beanstanden Eingriffe in die Willensbildung in erster Linie deshalb, weil sie eine endgültige Regelung herbeiführen; dies wird unter dem Gesichtspunkt der Hauptsachevorwegnahme zu erörtern sein.58 Vorliegend ist zu untersuchen, welchen Schutz die einstweilige Verfügung im Lichte des Willensbildungsprozesses genießt. Soweit das Problem unmittelbar im Willensbildungsprozess gesehen wird, bewenden die Ausführungen meist in der apodiktischen Behauptung, die einstweilige Verfügung greife unzulässig in die Willensbildung ein, ohne zu erklären, weshalb dies unzulässig sei. Vereinzelt wird der Einwand dahingehend konkretisiert, dass die Willensbildung nicht per se gerichtlichen Maßnahmen entzogen sei, sondern nur deshalb, weil die „Festlegung der Stimmabgabe vor Erörterung des Beschlußgegenstandes in der Gesellschafterversammlung, und daher ohne Abwägung des Für und Wider erfolge“ (sog. Argument des „steinernen Gastes“).59 Ein solcher Begründungsansatz hilft allerdings nicht weiter. Weder ist ersichtlich, in welches Recht von Gesellschaftern oder GmbH die einstweilige Verfügung eingreifen soll. Noch betrifft dieser Ansatz im Kern die Autonomie der Willensbildung. Er behandelt vielmehr die Frage, ob eine Entscheidung zu diesem frühen Zeitpunkt auf Grundlage eines niedrigen Informationsstands getroffen werden darf. Das Problem des verfrühten Entscheidungszeitpunkts mag in dogmatischer Hinsicht allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines besonderen Risikos des summarischen Verfahrens60 eine Rolle spielen. Der Willensbildungsprozess ist keine Institution, die als solche gesamtheitlich einen gesonderten Schutz genießt. Der Schutz setzt sich nur aus einzelnen geschützten Elementen zusammen. Die einstweilige Verfügung müsste daher punktuell mit dem Stimmrecht des Gesellschafters und mit dem Prinzip der Verbandssouveränität in Einklang stehen.61 1. Freie Willensbildung der Gesellschafter Untersagt eine richterliche Verfügung den Mitgesellschaftern die Stimmrechtsausübung, könnte sie damit zunächst in die Autonomie der Gesellschafter eingreifen.62 Dahinter steht als betroffenes Schutzgut ihr Stimmrecht, das sie grundsätzlich 57

Vgl. etwa OLG Celle, 1. 4. 1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264, 265. Dazu Kapitel 3 § 2 B. III. 59 Zutt, ZHR 155 (1991), 190, 199 (i. Erg. aber ablehnend; die praktische Erfahrung zeige, dass Für und Wider meist bereits im Vorfeld der Gesellschafterversammlung ausdiskutiert seien); Wolff, JW 1929, 2115, 2116; vgl. auch Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 202. 60 Dazu Kapitel 3 § 2 B. V. 61 Vgl. nur Herfs, Einwirkungen Dritter auf den Willensbildungsprozess der GmbH, S. 50 – 55; Nietsch, GmbHR 2006, 393, 395 f. 62 So z. B. Beyer, GmbHR 2001, 467, 468. 58

152

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

frei ausüben dürfen und das zudem nicht von der Mitgliedschaft abgespalten werden kann. a) Verletzung der sog. „Stimmrechtsausübungsfreiheit“ (BGH)? Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 12. April 2016 den Begriff der Stimmrechtsausübungsfreiheit geprägt.63 Hiernach ist der Gesellschafter durch die Treuepflicht nicht schon deshalb zur Zustimmung verpflichtet, weil die infrage stehende Maßnahme zweckmäßig ist. Der Gesellschafter ist in der Ausübung seines Stimmrechts grundsätzlich frei. Eine Beschränkung der Stimmrechtsausübungsfreiheit komme vielmehr nur in Betracht, wenn der Gesellschaftszweck objektiv diese Maßnahme zwingend gebietet, sie also zur Erhaltung des Geschaffenen oder zur Vermeidung von Verlusten dringend geboten ist, namentlich also wenn es um die Erhaltung wesentlicher Werte geht.64 Obschon die Rechtsprechung mit der neu eingeführten Bezeichnung der „Stimmrechtsausübungsfreiheit“ ein neues Rechtsinstitut zu schaffen scheint („Beschränkung […] nur im Ausnahmefall“65), handelt es sich der Sache nach nicht um ein neues, besonderes subjektives Recht, das einen besonderen Schutz genießt und Eingriffe rechtfertigungsbedürftig macht. Die Stimmrechtsausübungsfreiheit bildet nur die Kehrseite dessen, dass die Treuepflicht die Gesellschafter in der Stimmrechtsausübung nur in beschränktem Maße bindet. Sie ist der „freie Raum“, wo die Treuepflicht die Stimme nicht bindet. Mit anderen Worten bestimmt nicht die Stimmrechtsausübungsfreiheit den Umfang der Treuepflicht, sondern umgekehrt lässt erst die Reichweite der Treuepflicht auf die Stimmrechtsausübungsfreiheit schließen. Die Stimmrechtsausübungsfreiheit steht der einstweiligen Verfügung, die auf die Willensbildung einwirkt, also nicht entgegen. b) Verletzung des Abspaltungsverbots? Die einstweilige Verfügung wäre allerdings unzulässig, wenn sie dadurch, dass sie in den Willensbildungsprozess eingreift, gegen das Abspaltungsverbot verstößt. Hiernach darf Dritten kein eigenes Stimmrecht in Gesellschaftsangelegenheiten eingeräumt werden (vgl. § 717 S. 1 BGB).66 Verboten sind demnach die isolierte

63 BGH, 12. 4. 2016 – II ZR 275/14, NJW 2016, 2739, 2740; ihm folgend etwa OLG Koblenz, 1. 2. 2018 – 6 U 442/17, BeckRS 2018, 10975 Rn. 30; OLG München, 12. 1. 2017 – 23 U 1994/16, GmbHR 2017, 469, 475; OLG Brandenburg, 5. 1. 2017 – 6 U 21/14, GmbHR 2017, 408, 413 f.; in der Sache ebenso OLG München, 23. 6. 2016 – 23 U 4531/15, GmbHR 2016, 925. 64 BGH, 12. 4. 2016 – II ZR 275/14, NJW 2016, 2739, 2740. 65 BGH, 12. 4. 2016 – II ZR 275/14, NJW 2016, 2739, 2740. 66 Herfs, Einwirkungen Dritter auf den Willensbildungsprozess der GmbH, S. 50.

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

153

Übertragung des Stimmrechts ebenso wie wirkungsgleiche67 Konstruktionen. Erlaubt sind hingegen Stimmbindungen gegenüber Dritten, wenn sie lediglich schuldrechtlicher Natur sind.68 Eine solch rein formale Betrachtung des Abspaltungsverbots, die differenziert, ob Stimmrecht und Mitgliedschaft rechtlich auseinanderfallen, mag Bedenken aufwerfen, insbesondere mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs,69 wonach auch bei schuldrechtlichen Stimmbindungen die Vollstreckung über § 894 ZPO läuft. Eine Stimmrechtsabspaltung im formalen, technischen Sinn liegt zwar nicht vor. Die fingierte Willenserklärung ist dem Schuldner zuzuordnen. Allerdings bewirkt die Fiktion zumindest eine gewisse, mittelbare Außenwirkung der Stimmbindung70 und überträgt die Stimmrechtsausübung damit faktisch (im Falle eines Stimmbindungsvertrags) auf den Verfügungskläger. Gleichwohl ist an der engen, rein formal-rechtlich differenzierenden Betrachtung festzuhalten. Sonst wäre kaum erklärbar, weshalb Stimmbindungen gegenüber Mitgesellschaftern grundsätzlich zulässig sind.71 Außerdem darf das Abspaltungsverbot nicht zum Prinzip der Verbandssouveränität, also der Frage nach dem zulässigen Dritteinfluss schlechthin,72 uminterpretiert werden. Nicht zuletzt handelt es sich bei der Fiktion nach § 894 ZPO nicht um eine der Abspaltung wirkungsgleiche Konstruktion. Nicht nur verlangt eine „Konstruktion“ schon begrifflich, dass die Übertragung des Stimmrechts auf einer Vereinbarung begründet. Auch zielen Stimmbindungsverträge inhaltlich schwerpunktmäßig auf Vertragsstrafen ab, nicht auf die Fiktion des § 894 ZPO. Die Fiktion ließe sich über eine Leistungsverfügung aufgrund der hohen Hürden nur selten und im Hauptsacheverfahren wohl meist zu spät erreichen. Stützt sich die Stimmbindung auf die Treuepflicht, käme als Dritter demgegenüber nicht der Antragsteller (Gesellschafter-Geschäftsführer), der hier keine Entscheidung trifft, sondern allenfalls das Gericht in Betracht, das nämlich über die Treuepflicht befindet und mit einer einstweiligen Verfügung faktisch das Stimmrecht anstelle des beklagten Gesellschafters ausübt. Ausgehend von der obigen formalen Betrachtung müssen ebenso wie vertragliche Stimmbindungen aber auch Treuepflichtbindungen im Lichte des Abspaltungsverbots zulässig sein. Sie stellen ebenfalls keine formale Abspaltung des Stimmrechts auf das Gericht dar, sondern sind obligatorischer Natur. Soweit hinsichtlich der Fiktion aus § 894 ZPO Bedenken bestehen, gilt das soeben Gesagte. Als Argument bei der Treuepflicht ist allenfalls 67 Z. B. sog. verdrängende Vollmacht mit schuldrechtlichem Stimmverzicht des Gesellschafters, vgl. Herfs, Einwirkungen Dritter auf den Willensbildungsprozess der GmbH, S. 51. 68 BGH, 29. 5. 1967 – II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 166 – 168; BGH, 7. 2. 1983 – II ZR 25/ 82, ZIP 1983, 432, 433; Drescher, in: MüKoGmbHG, § 47 Rn. 241; Römermann, in: MHLS, § 47 Rn. 503; a. A. etwa Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 47 Rn. 80 jeweils m. w. N. 69 Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 47 Rn. 80 und Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 47 Rn. 80 mit Bezug auf BGH, 29. 5. 1967 – II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 166 – 168. 70 Habermeier, in: Staudinger, § 717 Rn. 10. 71 Zutr. Römermann, in: MHLS, § 47 Rn. 503. 72 Dazu Kapitel 3 § 2 B. II. 2.

154

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

zuzugeben, dass die Treuepflicht insoweit Außenwirkung besitzt, dass eine treuwidrige Stimmabgabe ipso iure die Nichtigkeit der abgegebenen Stimme nach sich zieht.73 Dennoch kommt auch dies keiner Übertragung des Stimmrechts gleich, denn die Treuepflicht spricht treuwidrigen Stimmabgaben zwar ihre Gültigkeit ab, fingiert aber keineswegs auch positiv das „richtige“ Stimmverhalten. Insofern bedarf es auch bei der Treuepflicht erst einer gerichtlichen Eil- oder Hauptsacheentscheidung mit der Folge des § 894 ZPO. Nicht zuletzt aber verletzt eine einstweilige Verfügung, die den Gesellschaftern rechtmäßig eine bestimmtes Stimmverhalten vorschreibt, das Stimmrecht schon deshalb nicht, weil sie als solche nicht in das Stimmrecht „eingreift“. Der einstweilige Rechtsschutz stellt den Gesellschaftern keine neuen prozessualen Schranken auf, sondern setzt lediglich die bereits bestehenden inhaltlichen Schranken durch, die Stimmbindungsvertrag, Gesellschaftsvertrag oder Treuepflicht von vornherein aufstellen.74 Das Gericht prüft und bestätigt nur die bereits bestehende Rechtspflicht und ändert die materielle Rechtslage lediglich dahindegehend, dass es – namentlich im Fall einer Unterlassungsverfügung – dem Schuldner für den Fall des verbotswidrigen Zuwiderhandelns zusätzliche Sanktionen (insb. Ordnungsgeld) auferlegt. Es übt also nicht selbst, d. h. willkürlich das Stimmrecht aus. c) Zwischenergebnis Eine einstweilige Verfügung, die sich auf eine aus Vertrag, Gesellschaftsvertrag oder Treuepflicht resultierende Stimmbindung stützt, greift somit nicht in das Stimmrecht der Gesellschafter ein. Sie verstößt weder gegen die Stimmrechtsausübungsfreiheit noch gegen das Abspaltungsverbot. These 22: Eine einstweilige Verfügung, die sich auf eine aus Vertrag, Gesellschaftsvertrag oder Treuepflicht resultierende Stimmbindung stützt, greift nicht in das Stimmrecht der Gesellschafter ein. Sie verstößt weder gegen die Stimmrechtsausübungsfreiheit noch gegen das Abspaltungsverbot.

2. Verbandssouveränität Besondere Beachtung verdient die Frage, ob einstweilige Verfügungen, die den Willensbildungsprozess in der GmbH betreffen, die Autonomie der GmbH verletzen. Namentlich könnte der Umstand, dass das Gericht mittels einstweiliger Verfügung über die Abberufung entscheidet, gegen die Verbandssouveränität verstoßen. Das Prinzip der Verbandssouveränität verbietet es, wesentliche Fragen der GmbH von gesellschaftsfremden Dritten entscheiden zu lassen.75 Es untersagt nicht nur die 73

K. Schmidt, in: Scholz, § 47 Rn. 32 m. w. N. So zu Recht Nietsch, GmbHR 2006, 393, 395. 75 Vgl. nur Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 45 Rn. 14; dem folgend Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 45 Rn. 14; Liebscher, in: MüKoGmbHG, § 45 Rn. 41 – 49. 74

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

155

Übertragung des Stimmrechts, sondern jeden gesellschaftsrechtlich vermittelten Dritteinfluss.76 Zu diesen wesentlichen, intern zu entscheidenden Fragen gehört es auch, den Geschäftsführer zu bestellen oder abzuberufen,77 da dessen Verhalten prägenden Einfluss auf die GmbH nehmen kann. Dritter wäre auch im Sinne der Verbandssouveränität nicht der Verfügungskläger,78 sondern allenfalls das Gericht. a) Entscheidung über Treuepflicht als unzulässiger Dritteinfluss? Überraschend selten aufgeworfen wird die Frage, ob eine einstweilige Verfügung, die die Willensbildung beeinflusst, überhaupt in die Verbandsautonomie „eingreift“. Zu prüfen ist daher, ob die Entscheidung über die Treuepflicht einen echten Außeneinfluss darstellt. Ein Eingriff in die Verbandssouveränität lässt sich nicht bereits mit dem formalen Argument ablehnen, dass sich die einstweilige Verfügung nicht gegen die GmbH, sondern gegen die Mitgesellschafter richtet.79 Der konsolidierte Wille der Gesellschaft setzt sich letztlich immer aus dem Stimmungsverhalten der einzelnen Gesellschafter zusammen. Soweit ein Richter unerwünschten Fremdeinfluss ausübt, muss dies also gerade über die einzelnen Gesellschafter geschehen. Die Verbandssouveränität unterscheidet zudem nicht, über welchen Weg der Dritteinfluss erfolgt. Einem Eingriff in die Verbandsautonomie kann auch nicht das Argument entgegengehalten werden, einstweiliger Rechtsschutz verhindere den Beschluss nur, wolle ihn aber nicht (mit anderem Inhalt) ersetzen.80 Ist die Beschlussfassung nicht nur kurzfristig aufgeschoben, etwa bis zu einem bestimmten Datum (z. B. bis die für die Abstimmung relevanten Informationen erteilt werden),81 kommt die Verhinderung eines Beschlusses in seiner Wirkung einem ablehnenden Beschluss und damit einer negativen Stimmbindung gleich. Ein Unterschied besteht auch dahingehend nicht, dass die verhinderte Beschlussfassung – etwa bei der Abberufung des Ge76

Herfs, Einwirkungen Dritter auf den Willensbildungsprozess der GmbH, S. 53. Zwar ist höchst umstritten, ob die Bestellungs- und Abberufungskompetenz bez. Geschäftsführern statutarisch auf Dritte ausgelagert werden können (Für Übertragbarkeit: Schubel, Verbandssouveränität, S. 598 – 600; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 6 Rn. 31; Fleck, ZGR 1988, 104, 121 f.; Goette, in: MüKoGmbHG, § 6 Rn. 61; Herfs, Einwirkungen Dritter auf den Willensbildungsprozess der GmbH, S. 117 ff., insb. 123 – 130; Priester, in: FS Werner, S. 657, 665; Tebben, in: MHLS, § 6 Rn. 63 jeweils m. w. N.; dagegen: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 46 Rn. 34a und 97; Ulmer, in: FS Werner, S. 911, 919 f.; Schneider/ Schneider, in: Scholz, § 6 Rn. 87; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 46 Rn. 86; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 46 Rn. 86). Dabei bleibt aber die Selbstorganisation der GmbH gewahrt, da den Gesellschaftern zumindest die Möglichkeit bleibt, jederzeit die Abberufungskompetenz durch Satzungsänderung wieder an sich zu ziehen, vgl. Tebben, in: MHLS, § 6 Rn. 63. 78 Der Verfügungskläger kann die einstweilige Verfügung zwar durch den Antrag in seinem Umfang beschränken, nicht aber die Treuepflicht inhaltlich ändern. 79 So aber Nietsch, GmbHR 2006, 393, 395 f. 80 So Nietsch, GmbHR 2006, 393, 395 f. 81 Zur Sicherungsverfügung vgl. Kapitel 3 § 2 B. III. 1. 77

156

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

schäftsführers – ebenso erhebliche Folgen nach sich ziehen kann. Faktisch handelt es sich mithin um eine gleichermaßen wesentliche Beeinflussung der Willensbildung, ohne nennenswerten Unterschied zur Stimmbindung. In eine ähnliche Stoßrichtigung wie die Verbandssouveränität geht die Begründung des OLG Koblenz. Es unterschied zwischen der vertraglichen Stimmbindung, bei welcher der Gesellschafter sich selbst durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung eine Bindung auferlegt habe, und der aus der Stimmbindung kraft Treuepflicht, bei der das Gericht in die Willensbildung eingreife.82 Zustimmung verdient zwar die Begründung, dass eine rechtsgeschäftliche Stimmbindungsvereinbarung nicht die Verbandssouveränität verletze, weil die Gesellschafter sich diese Bindung selbst auferlegt haben. Eine hingegen auf der Treuepflicht basierende einstweilige Verfügung greift aber aus einem anderen Grund nicht in die Verbandssouveränität ein. Ausgangspunkt für die Überlegung zur Verbandssouveränität muss die Frage sein, ob das Gericht einen echten Fremdeinfluss ausübt, indem es eine eigene, freie Entscheidung trifft. Subsumiert das Gericht aber lediglich die Voraussetzungen der Treuepflicht und zieht daraus einen Schluss, kann von einer eigenen Entscheidung keine Rede sein. Wie auch beim Abspaltungsverbot erwähnt,83 ist es auch hier nicht die einstweilige Verfügung, sondern die bereits zuvor bestehende Treuepflicht, die die GmbH inhaltlich in ihrer Willensbildung beschränkt. Es liegt also kein echter Fremdeinfluss – keine echte „Entscheidung“ – durch das Gericht vor, sondern die Einschränkung erfolgt kraft Gesetzes. Auch dass dem Gericht bei der Bewertung der Treuepflicht ein gewisser Bewertungsspielraum zukommt, begründet keine echte freie Entscheidung, denn das Gericht bleibt auch insoweit stets an gewisse Vorgaben gebunden. Und dass das materielle Recht prozessual durchgesetzt wird, birgt auch keine eigenständige Entscheidung des Gerichts, denn es ändert nichts an der materiellen Rechtslage; die Unterlassungsverfügung ergänzt die bereits bestehende Pflicht nur etwa mit Sanktionen. Damit es zu keiner freien Entscheidung des Gerichts und mithin nicht zum unzulässigen Fremdeinfluss kommt, ist aber erforderlich, dass sich der konkrete aus der Treuepflicht folgende Anspruch und die einstweilige Verfügung inhaltlich decken. Ohne einen konkreten Anspruch steht dem Gericht also weder inhaltlich ein Spielraum offen. Noch darf die einstweilige Verfügung infolge der Akzessorietät über den Umfang des aus der Treuepflicht folgenden Anspruchs hinausgehen. Die Beschlussfassung darf also insbesondere nicht etwa pauschal für eine bestimmte angesetzte Gesellschafterversammlung,84 oder sogar schlechthin85 untersagt werden. 82

OLG Koblenz, 27. 2. 1986 – 6 U 261/86, GmbHR 1986, 428, 430. Vgl. Kapitel 3 § 2 B. II. 1. b). 84 Vgl. etwa OLG Stuttgart, 18. 2. 1997 – 20 W 11/97, GmbHR 1997, 312, 312 f., das die eintweilige Verfügung nur deshalb ablehnt, weil es auf den vorrangigen nachgelagerten Rechtsschutz verweist. 85 Zwar kann die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht pauschal verhindert werden. Im umgekehrten Fall, in dem es um die (Wieder-)Bestellung eines Geschäftsführers geht, gegen dessen Bestellung aber schwerwiegende Gründe sprechen, kann die 83

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

157

Möglich muss es bleiben, den Geschäftsführer aus anderen wichtigen Gründen abzuberufen.86 Beide Kriterien finden sich aber bereits in den allgemeinen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung wieder. Die einstweilige Verfügung würde also bei Nichteinhaltung dieser Kriterien nicht nur gegen die Verbandssouveränität verstoßen, sondern wäre bereits nach den allgemeinen Regeln durch Berufung aufzuheben. D. h. weder der Umstand, dass sich eine einstweilige Verfügung auf eine Stimmbindungsvereinbarung stützt, noch die Treuepflicht als Verfügungsanspruch führen dazu, dass eine die Willensbildung beeinflussende einstweilige Verfügung in die Verbandssouveränität eingreift. b) Unzulässiger Dritteinfluss durch summarische Prüfung? Damit kein unzulässiger Dritteinfluss vorliegt, dürften auch die Unsicherheiten des summarischen Verfahrens dem Gericht keinen echten Entscheidungsspielraum eröffnen. Das Gericht ist hinsichtlich Rechtsfragen gehalten, eine vollständige Prüfung leisten, soweit dies in der Kürze der Zeit möglich ist. Und auch bei Tatsachenfragen, insbesondere bei der Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt oder nicht, hat das Gericht streng anhand des Prüfungsmaßstabs und der mitunter graduellen Prüfungsintensität zu prüfen, d. h. es muss die Regeln des summarischen Verfahrens unter Berücksichtigung der betroffenen Interessen und der vorhandenen Zeit einhalten. Dies kann zwar nicht gewährleisten, dass die Eilentscheidung „richtig“, d. h. zwingend „gerechtfertigt“ ist. Doch auch wenn die summarische Prüfung in der Sache lockerer ist, subsumiert das Gericht auch hier anhand konkreter Vorgaben, was ausschließt, dass das Gericht echten Fremdeinfluss durch eine echte eigene Entscheidung ausübt. c) Hilfsweise: Rechtfertigung Ergänzend sei hinzugefügt, dass es nicht nur bereits an einem Eingriff fehlt, sondern das Prinzip der Verbandssouveränität auch keine absolute, unüberwindbare Schranke darstellt. Es lässt sich weder begründen, weshalb die Verbandssouveränität die einstweilige Verfügung auf Ebene der Zulässigkeit kategorisch ausschließen soll.87 Noch lässt sich in materieller Hinsicht aus dem „Interessenverband der Gesellschafter“ ein zwingender Selbstschutz („Zwangsfürsorge“) zugunsten der GeTreuepflicht die Bestellung pauschal verbieten; zutr. OLG München, 20. 7. 1998 – 23 W 1455/ 98, GmbHR 1999, 718, 718 f. 86 Vgl. OLG Celle, 1. 4. 1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264, 265: Die Abberufung schlechthin zu verbieten, „war nicht richtig, da eine Abberufung aus wichtigem – aber noch nicht genannten oder später eintretenden – Grunde […] rechtens sein konnte“. 87 v. Gerkan, ZGR 1985, 167, 178.

158

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

sellschafter oder der GmbH ableiten.88 Die Verbandssouveränität bildet vielmehr „nur“ einen gewichtigen Gesichtspunkt im Rahmen der Interessenabwägung. d) Zwischenergebnis Damit verstößt eine einstweilige Verfügung, die den Willensbildungsprozess der GmbH beeinflusst weder wenn sie sich auf eine Stimmbindungsvereinbarung stützt noch bei der Treuepflicht als Verfügungsanspruch und ebensowenig aufgrund des summarischen Verfahrens gegen das Prinzip der Verbandssouveränität. Insgesamt lässt sich festhalten, dass unmittelbar der Umstand, dass eine einstweilige Verfügung in den Willensbildungsprozess eingreift, weder die einstweilige Verfügung ausschließt noch besondere Anforderungen an sie aufstellt. These 23: Eine einstweilige Verfügung, die den Willensbildungsprozess der GmbH beeinflusst, verstößt weder im Falle einer Stimmbindungsvereinbarung noch bei der Treuepflicht als Verfügungsanspruch noch aufgrund des lockereren summarischen Verfahrens gegen das Prinzip der Verbandssouveränität. These 24: Der Umstand als solcher, dass eine einstweilige Verfügung in den Willensbildungsprozess eingreift, schließt weder die einstweilige Verfügung aus noch stellt er besondere Anforderungen an sie auf.

III. Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache Soll eine einstweilige Verfügung die Willensbildung beeinflussen, steht ihr also nicht der Willensbildungsprozess als solcher entgegen, sondern das eigentliche Problem liegt in der damit verbundenen Hauptsachevorwegnahme. Untersagt man die Stimmrechtsausübung bzw. Beschlussfassung, betrifft dies sowohl das Erfüllungsverbot89 als auch das Präjudizverbot.90 Zu prüfen ist, welche Anforderungen hieraus an den einstweiligen Rechtsschutz erwachsen. 1. Erfüllungsverbot a) Verhinderte Beschlussfassung als vorzeitig erfüllte Hauptsache Zunächst ist der Frage nachzugehen, ob die unterbundene Stimmabgabe bzw. Beschlussfassung überhaupt eine Hauptsachevorwegnahme i. S. d. Erfüllungsverbots darstellt. Obschon sie identische Wirkungen entfalten, kommt eine etwaige Untersagungsverfügung sowohl in Form einer Leistungs- als auch einer Sicherungsverfügung infrage.91 Dies erklärt, weshalb es einerseits nur unter hohen Voraussetzungen 88 89 90 91

Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht, S. 174 – 178 und 207 f. Dazu Kapitel 3 § 2 B. III. 1. Dazu Kapitel 3 § 2 B. III. 2. Vgl. zur „echten“ und „unechten“ Unterlassungsverfügung Kapitel 2 § 2 B. IV.

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

159

zulässig sein soll, die Stimmrechtsausübung verbieten, während manche Stimmen es bereits unter verhältnismäßig geringen Voraussetzungen für zulässig erachten, die Beschlussfassung92 oder sogar die Gesellschafterversammlung93 vorübergehend zu untersagen. Die herrschende Meinung argumentiert, das zeitliche Hinauszögern der Beschlussfassung stelle eine bloß vorläufige Maßnahme dar.94 In der Befristung des Verbots liege ein Minus95 gegenüber der Hauptsache. Wenngleich die Sicherungsverfügung tatsächlich häufig eine Befristung aufweisen mag, eignet sich dies wenig als Differenzierungskriterium. Es ist zwar richtig und aus Verhältnismäßigkeitsgründen geboten, das Verbot der Beschlussfassung soweit wie möglich zu befristen. Die Befristung genügt indes nicht, um der einstweiligen Verfügung ihren Erfüllungscharakter zu nehmen. Das Erfüllungsverbot behandelt die Frage, ob sich Verfügungsanspruch und -maßnahme gegenständlich decken, während die Frage der Dauerhaftigkeit zum Präjudizverbot gehört. Eine befristete Maßnahme mag gegenüber der Hauptsache zwar insgesamt ein „Minus“ darstellen, bleibt aber nicht in sachlicher, sondern allein in zeitlicher Hinsicht hinter der Hauptsache zurück. Auch der Gesetzgeber unterscheidet nicht zuletzt zwischen sachlichem und zeitlichem Umfang.96 Maßgeblich muss allein der gegenständliche Vergleich zwischen Verfügungsanspruch und -inhalt sein. Entscheidend hierfür ist, auf welche Rechtsgrundlage sich die einstweilige Verfügung stützt. Stützt sie sich auf die Treuepflicht, die die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers aus einem bestimmten, tatsächlich nicht vorhandenen Grund verhindern soll, handelt es sich mithin um eine Leistungsverfügung. Die einstweilige Verfügung verfolgt hier dasselbe Rechtsschutzziel, wie wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer nachträglich Anfechtungsklage gegen den festgestellten Beschluss erhebt.97 Dient die Untersagung von Gesellschafterversammlung oder Beschlussfassung hingegen dazu, ein anderes Recht, etwa das Stimmrecht zu schützen, indem man den Erhalt von Informationen abwartet, so ist Rechtsgrundlage und Sicherungsgegenstand das Stimmrecht und die Verfügungs92

OLG Koblenz, 25. 10. 1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21, 22 (in Bezug auf eine vertragliche Stimmbindung); Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor § 935 Rn. 77. 93 Buchta, DB 2008, 913, 913 (vorläufige und vollständige Untersagung); Semler, BB 1979, 1533, 1536; vgl. auch OLG Koblenz, 27. 2. 1986 – 6 U 261/86, GmbHR 1986, 428, 429; OLG Frankfurt, 15. 12. 1981 – 5 W 9/81, GmbHR 1982, 237, 237; Werner, NZG 2006, 761, 763; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor § 935 Rn. 77; Damm, ZHR 154 (1990), 413, 433; Littbarski, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, S. 54. 94 Vgl. nur Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor § 935 Rn. 77 („unproblematisch“); Damm, ZHR 154 (1990), 413, 433; Littbarski, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, S. 54; Zum Präjudizverbot sogleich Kapitel 3 § 2 B. III. 2. 95 A. A. v. Gerkan, ZGR 1985, 167, 174, wonach gerade bei der zeitgebundenen Unterlassungsverfügung eine Teilerfüllung eintrete. 96 Vgl. FGG-ReformG, BT-Drs. 16/6308, S. 259 zu § 246 FamFG: „[…] kann daher durch eine einstweilige Anordnung der volle laufende Unterhalt ohne zeitliche Begrenzung zuerkannt werden“. 97 Vgl. Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vor § 935 ZPO Rn. 77.

160

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

maßnahme mithin ein „Minus“ oder „Aliud“. In diesem Fall handelt es sich um eine Sicherungsverfügung. b) Voraussetzungen unter dem Aspekt des Erfüllungsverbots Im Falle einer echten Leistungsverfügung, wenn also entsprechend dem aus der Treuepflicht resultierenden Anspruch die Stimmabgabe bzw. Beschlussfassung schlechthin verboten werden soll, würde die Hauptsache vorzeitig erfüllt – sei es eine Anfechtungsklage gegen einen festgestellten Beschluss oder sei es eine Beschlussfeststellungsklage infolge eines noch nicht festgestellten Beschlusses. Insoweit sind die bereits im Vorkapitel98 erzielten Ergebnisse heranzuziehen: Stellt man das Erfüllungsverbot nicht schon in seiner Existenz in Abrede, bedarf es zur Überwindung des Verbots, dass dem Verfügungskläger eine existenzielle oder sonstige schwerwiegende, irreversible Rechtsverletzung droht und eine keine wichtigen, entgegenstehenden Gründe überwiegen. Jedenfalls aber muss ein etwaiger Eingriff durch einstweiligen Rechtsschutz ultima ratio sein. Soweit es sich bei der Untersagungsverfügung um eine Leistungsverfügung handelt, zeigt sich bezüglich der Voraussetzungen schon hier, dass eine „eindeutige Rechtslage“ zwar grundsätzlich erforderlich ist, aber noch nicht genügt. Eine Untersagungsverfügung in Gestalt einer Sicherungsverfügung wäre hinsichtlich des Erfüllungsverbots dagegen bereits unter niedrigen Voraussetzungen denkbar. 2. Präjudizverbot a) Die verhinderte Beschlussfassung als „endgültige Maßnahme“? Mit Blick auf das Präjudizverbot begegnen sich zwei gegenläufige Betrachtungsweisen. Teilweise wird vertreten, die Untersagung der Beschlussfassung schaffe „keine irreversiblen Zustände“, denn der verhinderte Beschluss könne jederzeit nachgeholt werden.99 Nach der Gegenauffassung handle es sich um eine irreversible Maßnahme, denn anders als bei der Verhinderung der Beschlussausführung könne der verhinderte Beschluss, falls der Eilrechtsschutz aufgehoben wird, nicht nachträglich zur Entstehung gelangen, sondern bedürfe der erneuten Beschlussfassung.100 Darin steckt zunächst die Frage, welcher Gegenstand im Lichte des Präjudizverbots als „Hauptsache“ zu deklarieren ist. Wie bereits zum Erfüllungsverbot festgestellt,101 ist der Begriff der „Hauptsache“ eng auszulegen. Entscheidend ist 98

Dazu Kapitel 2 § 3 A. III. und IV 1. Werner, NZG 2006, 761, 763; Schmitt, ZIP 1992, 1212, 1215. 100 OLG Frankfurt, 15. 12. 1981 – 5 W 9/81, GmbHR 1982, 237, 237; Lutz, BB 2000, 833, 836 f.; Semler, BB 1979, 1533, 1533. 101 Vgl. nur Kapitel 2 § 3 VI. 1. 99

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

161

nicht die Gesamtsituation, sondern die konkrete bezweckte Maßnahme, hier also: die Verhinderung eines konkreten Beschlusses. Auch beim Präjudizverbot ist maßgeblich auf dessen Zweck abzustellen, namentlich die Risiken des summarischen Verfahrens dadurch auszuschalten, dass jegliche endgültigen Maßnahmen verhindert werden. Gegenstand der Betrachtung ist also der konkrete Beschluss, nicht das mit dem Beschluss verfolgte Gesamtziel (z. B. Verhinderung der Abberufung). Der Streit hängt ferner vom Begriff der „Irreversibilität“ ab, der insoweit ebenfalls einer Präzisierung bedarf. Er ist dahingehend auszulegen, dass eine einstweilige Verfügung, die die Beschlussfassung verhindert, irreversible Folgen nach sich zieht, auch wenn eine Neufassung möglich ist. Sollte die einstweilige Verfügung aufgehoben werden, lebt der Beschluss nicht wieder auf.102 Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Beschlussfassung nachholen lässt, da dies nicht das Gericht, sondern allein die Gesellschafterversammlung vermag. Deren Mehrheitsverhältnisse können sich noch dazu zwischenzeitlich geändert haben. Nur wenn sich der einstweilige Rechtsschutz als Sicherungsverfügung darauf beschränkt, die Beschlussfassung zeitlich hinauszuschieben, er die Untersaung also von vornherein befristet, ist darin grundsätzlich keine irreversible Maßnahme zu sehen. Insoweit hat die Maßnahme keinerlei inhaltliche Wirkung, sondern betrifft allein die Beschlussfassungsmodalitäten. Erst wenn das vorübergehende Verbot dazu führt, dass der Beschluss nicht zum notwendigen Zeitpunkt ergehen kann, also eine spätere Beschlussfassung ihren Zweck verlöre, entfaltet der einstweilige Rechtsschutz auch insofern endgültige Wirkung. b) Überwindung des Präjudizverbots Wie bereits erörtert,103 lässt sich das Präjudizverbot i. S. d. §§ 935 ZPO überwinden, wenn jedenfalls existenzielle oder sonstige schwerwiegende, irreversible Schäden drohen und keine wichtigen, überwiegenden Gründe entgegenstehen. Diese Voraussetzungen gelten bei der Leistungsverfügung sowie wenn eine Sicherungsverfügung einen Beschluss verhindert, der ausnahmsweise an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden ist. In Fällen irreversibler Maßnahmen unterliegt einstweiliger Rechtsschutz den genannten hohen Anforderungen: Es muss ein existenzieller oder sonstiger schwerwiegender, nicht anders abzuwendender und irreversibler Schaden drohen und es dürfen keine wichtigen, überwiegenden Gründe entgegenstehen. In diesen Konstellationen folgen mithin auch aus dem Präjudizverbot besondere Vorgaben für einstweilige Verfügungen, die die Stimmrechtsausübung bzw. Beschlussfassung unterbinden sollen. Auch hieran zeigt sich, dass nach herrschender Meinung ausreichende Voraussetzung, dass eine eindeutige Rechtslage gegeben sein müsse, 102 Zutr. OLG Frankfurt, 15. 12. 1981 – 5 W 9/81, GmbHR 1982, 237, 237; Lutz, BB 2000, 833, 836 f.; Semler, BB 1979, 1533, 1533. 103 Kapitel 2 § 3 A. III., vgl. auch IV. 2.

162

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

tatsächlich zwar grundsätzlich erforderlich ist, aber nicht hinreichend. Insbesondere ist – mit Ausnahme bei der einfachen, verschiebenden Sicherungsverfügung ohne irreversible Folgen – keine Rechtfertigung ersichtlich, weshalb die Voraussetzungen trotz der Gefahren des summarischen Charakters derart herabgesetzt werden können. Die zweite Voraussetzung, das „überragende Schutzbedürfnis“ verdient demgegenüber an sich Zustimmung, ist aber noch zu präzisieren. Zu berücksichtigen sind sowohl die „modifizierte“ Interessenabwägung als auch die Fragen, dass der drohende Schaden nicht anders abgewendet und auch nicht rückwirkend wieder beseitigt werden kann. 3. Zwischenergebnis Soll eine einstweilige Verfügung die Beschlussfassung untersagen (und handelt es sich dabei nicht nur um eine Sicherungsverfügung, welche die Beschlussfassung nur vorübergehend, bis zum Erhalt bestimmter Informationen verzögern soll), so betrifft sie sowohl das Erfüllungsverbot als auch das Präjudizverbot, denn die unterbliebene Beschlussfassung lebt bei Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht automatisch wieder auf. Das Erfüllungs- und das Präjudizverbot lassen sich unter den bereits in Kapitel 2 genannten Voraussetzungen überwinden. Dies bedeutet jedoch, dass die herrschende Meinung die Voraussetzungen einer etwaigen einstweiligen Verfügung zu niedrig ansetzt. Es genügt nicht, dass entweder der Verfügungsanspruch eindeutig besteht oder der Verfügungskläger ein überragendes Schutzinteresse besitzt. These 25: Soll eine einstweilige Verfügung die Beschlussfassung untersagen, begegnet dies sowohl dem Erfüllungsverbot, soweit es sich nicht um eine bloß auf Verzögerung gerichtete Sicherungsverfügung zur Sicherung eines anderweitigen Rechts handelt, als auch dem Präjudizverbot, da die unterbliebene Beschlussfassung bei Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht automatisch wiederauflebt. Das Erfüllungs- und das Präjudizverbot lassen sich unter den bereits in Kapitel 2 genannten Voraussetzungen überwinden. Dies bedeutet jedoch, dass die herrschende Meinung die Voraussetzungen einer etwaigen einstweiligen Verfügung zu niedrig ansetzt. Es genügt nicht, dass entweder der Verfügungsanspruch eindeutig besteht oder der Verfügungskläger ein überragendes Schutzinteresse besitzt.

IV. Erforderlichkeit vorgelagerten Rechtsschutzes? Eine hohe Hürde der auf Untersagung der Beschlussfassung gerichteten einstweiligen Verfügung besteht allerdings darin, dass es sich um den geringstmöglichen Eingriff handeln muss. Steht ein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung, entfallen das Rechtsschutzbedürfnis104 als Zulässigkeitsvoraussetzung, der aus der

104 Nietsch, GmbHR 2006, 393, 397 – 399 bezeichnet dies als qualifiziertes Rechtsschutzinteresse und grenzt anhand dessen zwischen vorbeugendem und nachträglichem Rechtsschutz ab (im Unterschied zur „Eindeutigkeit des Anspruchs“).

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

163

Treuepflicht resultierende Verfügungsanspruch105 sowie – nicht nur bei Hauptsachevorwegnahme – der Verfügungsgrund. Insoweit ist allgemein anerkannt, dass die Untersagung der Beschlussausführung grundsätzlich Vorrang vor der Untersagung der Beschlussfassung genießt.106 Als Fallgruppe, in der vorbeugender Eilrechtsschutz ausnahmsweise eigene Bedeutung besitze, werden Beschlüsse genannt, bei denen Beschlussfassung und -vollzug zeitgleich oder zumindest zeitlich kurz nacheinander erfolgen.107 Bei der Abberufung des Geschäftsführers folgt auf den Abberufungsbeschluss zwar meist bald die Kundgabe der Abberufung gegenüber dem Geschäftsführer. Gleichwohl bedarf es noch der erforderlichen Handelsregistereintragung. Insoweit kann es der abberufene Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH mittels Eilrechtsschutz verbieten lassen, die Abberufung zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden, bzw. gebieten, die Eintragung zu widerrufen.108 Weiter kommt in Betracht, zu beantragen, ihn vorläufig weiterhin als Geschäftsführer zu behandeln.109 Eigenständige Bedeutung dürfte vorbeugender Eilrechtsschutz allenfalls in besonderen Situationen besitzen, wenn etwa, wie Nietsch befürchtet, die Handelsregistereintragung mit dem Registergericht vorabgestimmt ist und daher schnell erfolgt.110 Eine andere Fallgruppe, in der vorbeugender Eilrechtsschutz eigene Bedeutung zukommt, ist es, wenn bereits unmittelbar durch die Abwahl und unabhängig von der Vollziehung, ein Schaden bei GmbH oder Gesellschafter-Geschäftsführer einzutreten droht, etwa weil mit der Person des Geschäftsführers oder des Nachfolgers ein besonderes Interesse verbunden ist.111 Überdies darf der eilrechtsschutzsuchende Gesellschafter-Geschäftsführer auch nicht auf das Hauptsacheverfahren, d. h. die Anfechtungsklage oder die Beschlussfeststellungsklage verwiesen werden können. Hierfür darf weder der Beschluss als solcher noch seine Folgen irreversibel sein noch darf dem Gesellschafter-Geschäftsführer hieraus ein schwerwiegender Schaden entstehen.112

105

Dazu Kapitel 3 § 2 B. I. Vgl. nur OLG Hamm, 6. 7. 1992 – 8 W 18/92, GmbHR 1993, 163, 164. 107 So Nietsch, GmbHR 2006, 393, 398. 108 Allg. M., vgl. nur OLG Hamm, 6. 7. 1992 – 8 W 18/92, GmbHR 1993, 163, 164; OLG Frankfurt, 27. 11. 1991 – 21 W 35/91, GmbHR 1992, 368, 370; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 37; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 75. 109 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 5. 110 Nietsch, GmbHR 2006, 393, 398. 111 So drohte etwa im Streit zwischen der Kirch-Gruppe und dem Axel-Springer-Verlag um die Bestellung des Aufsichtsratsvorsitzenden in der Sat-1-GmbH, dass bereits mit Bekanntwerden der Wahl des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden in der Öffentlichkeit ein erheblicher (Image-)Schaden eintritt, vgl. OLG Koblenz, 25. 10. 1990 – 6 U 238/90, GmbHR 1991, 21, 22 f.; dazu auch Schmitt, ZIP 1992, 1212, 1213 f. („Rechtsschein“). 112 Vgl. zutreffend Nietsch, GmbHR 2006, 393, 398 f. 106

164

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Im Ergebnis verengt das Erfordernis des geringstmöglichen Eingriffs den Anwendungsbereich des vorbeugenden Eilrechtsschutzes bez. der Willensbildung also erheblich. These 26: Das Erfordernis des geringstmöglichen Eingriffs gilt es sowohl im Rechtsschutzbedürfnis als auch bei der Treuepflicht und dem Verfügungsgrund zu beachten. Es trägt erheblich dazu bei, den Anwendungsbereich des vorbeugenden Eilrechtsschutzes bez. der Willensbildung der GmbH zu verengen.

V. Summarisches Verfahren Da nicht schon der Willensbildungsprozess oder das Vorwegnahmeverbot prinzipiell ausschließen, dass eine einstweilige Verfügung auf die Willensbildung einwirkt, bedarf es auch hier der Kontrollfrage, ob die mit dem summarischen Verfahren einhergehenden Risiken im konkreten Fall zumutbar sind. Immer wieder trifft man auf den Einwand, das summarische Verfahren eigne sich nicht, die Willensbildung in der GmbH zu beeinflussen.113 a) Unzulässiger früher Entscheidungszeitpunkt? Ein Argument lautet, wenn sich der richterliche Eingriff aufgrund summarischen nicht gegen die Beschlussausführung, sondern bereits gegen die Beschlussfassung richtet, setze der Rechtsschutz zu einem so frühen Zeitpunkt ein, dass die „Gründe und Gegengründe ebenso wie mögliche Entscheidungsalternativen und -nuancen weniger überschaubar sind“.114 Dass Eilrechtsschutz bereits aus einer noch unübersichtlichen Situation heraus ergehen kann, insbesondere wenn etwa die Recherche, ob ein wichtiger Grund tatsächlich vorliegt, noch nicht abgeschlossen ist, kann durchaus problematisch sein. Je komplexer bzw. schwieriger die Sachlage ist, desto niedriger ist auch die Richtigkeitsgewähr einer so frühen Entscheidung. Dieses Problem ist allerdings nicht darauf zurückzuführen, dass das summarische Verfahren ein unsichereres Erkenntnisverfahren bereithält. Es resultiert vielmehr allein aus dem frühen Zeitpunkt des Rechtsschutzes, zu dem möglicherweise noch nicht so viele Informationen vorhanden sind. So gehört es zum Charakter des summarischen Verfahrens zwar, dass sich die Glaubhaftmachung auf präsente Beweismittel beschränkt (vgl. § 294 Abs. 2 ZPO). Diese Beschränkung gilt aber nicht dem Informationszufluss an sich („ob“), sondern sie steuert lediglich die Art der Beweisaufnahme („wie“), sodass sich die Tatsachenermittlung auf einen Termin konzentriert und die Entscheidung des Gerichts nicht hinauszögern kann. Die Möglichkeit, Tatsachen vorzutragen bzw. nachzuweisen, wird durch diese Be113 114

432.

Vgl. etwa LG Koblenz, 27. 2. 1986 – 6 U 261/86, GmbHR 1986, 428, 429 f. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 202; Damm, ZHR 154 (1990), 413,

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

165

schränkung indes nicht verkürzt, sondern allenfalls „umgeleitet“. Ist ein Beweismittel noch nicht präsent und damit unstatthaft, gelingt die Glaubhaftmachung anderweitig, etwa durch anwaltliche Versicherung verbunden mit dem niedrigeren Glaubhaftmachungsgrad. Sind demgegenüber Tatsachen oder Argumente schlicht noch unbekannt, liegt der Grund nicht im „lockereren“ summarischen Verfahren, sondern im frühen Zeitpunkt. Dieses Problem disqualifiziert das summarische Verfahren also nicht. Obendrein droht bei einer einstweiligen Verfügung auf falscher Tatsachengrundlage eine verschuldensunabhängige Haftung. § 945 ZPO differenziert bei fehlerhafter Tatsachenermittlung nicht, ob der Fehler spezifisch auf eine der Besonderheiten des summarischen Verfahrens zurückgeht. Voraussetzung ist ausweislich des Wortlauts nur, dass sich die einstweilige Verfügung als von Anfang an „ungerechtfertigt“ erweist. Dem Problem, dass zu diesem frühen Zeitpunkt auf Grundlage einer noch unübersichtlichen Sach- und Rechtslage entschieden wird, wird überdies bereits auf andere Weise Rechnung getragen. Namentlich kommt es naturgemäß meist schon deshalb auf den späteren Zeitpunkt an, in dem die Sach- und Rechtslage überschaubarer sind, weil nachgelagerter Eilrechtsschutz grundsätzlich Vorrang vor dem vorbeugenden Eilrechtsschutz genießt.115 b) „Lockere“ Regeln als Verstoß gegen Verbandssouveränität? Dass das summarische Verfahren nur eine restriktive Regelung erfahren hat, eröffnet noch keinen Entscheidungsspielraum des Gerichts, der die einstweilige Verfügung zu einem der Verbandssouveränität widersprechenden Fremdeinfluss machte. Es existieren gleichwohl genügend und detailliierte – gesetzliche und nicht normierte – Regeln, die ein bestimmtes Vorgehen, etwa eine gradualisierte Prüfungsintensität, vorschreiben,116 sodass das Gericht keine „freie“ Entscheidung über das Prozedere trifft. Auch der Umstand, dass insbesondere die Tatsachenermittlung, aber erforderlichenfalls auch die Rechtsfragen einer lockereren Prüfung unterliegen, bringt keinen echten Entscheidungsspielraum für das Gericht mit sich. Die Vorgaben mögen insoweit etwas schwammig oder sogar umstritten sein. Eine echte freie Wahl trifft das Gericht hierbei aber nicht. c) Zumutbarkeit und Abfederung summarischer Risiken allgemein Fraglich ist aber, ob die Risiken des summarischen Verfahrens insgesamt einstweiligen Rechtsschutz, der auf die Beschlussfassung einwirkt, unzumutbar machen und ob einstweiliger Rechtsschutz aus diesem Grund zu versagen ist.

115 Dazu Kapitel 3 § 2 B. IV.; zutr. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 202; Damm, ZHR 154 (1990), 413, 432. 116 Vgl. etwa unter Kapitel 1 § 3 B. II.

166

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Der Hinweis, es handle sich um ein Problem des einstweiligen Rechtsschutzes im Allgemeinen, nicht des GmbH-Rechts,117 greift zu kurz. Die Risiken des summarischen Verfahrens bekommen erst durch die Besonderheiten des Gesellschaftsrechts ihre Tragweite. Namentlich entstehen erst durch die Abberufung oder Nichtabberufung eines Geschäftsführers die mitunter schwerwiegenden, irreversiblen Folgen. Auch lassen sich die Risiken des summarischen Verfahrens nicht mit der Rechtstatsache wegargumentieren, dass es sich aus Perspektive der Gerichte um „häufiger auftretende Fallkonstellationen“ handelt.118 Zum einen lässt sich kaum nachweisen, ob diese Rechtstatsache zutrifft und inwiefern sie sich gegebenenfalls vorteilhaft auf künftige Verfahren auswirkt. Soweit es um die Abberufung eines Geschäftsführers geht, hängen die Risiken des summarischen Verfahrens zum anderen weniger von der abstrakten Schwierigkeit der Materie ab als vielmehr davon, wie komplex und undurchsichtig Tatsachenlage im Einzelfall ist. Auch wenn die Gerichte also, wie behauptet, etwaige Fälle „häufiger“ behandelten, dürfte dieser Umstand die Risiken des summarischen Verfahrens nur unwesentlich senken. Wichtiger und deshalb zutreffend ist der Einwand, dass etwaige Fälle an Sachverhaltsermittlung und Rechtsfindung keine allzu hohen Anforderungen stellen und auch in Rechtsprechung und Literatur weitgehend aufgearbeitet sind.119 Hinzu kommen die hohen Anforderungen, die insbesondere das Erfüllungs- und Präjudizverbot120 aufstellen, sowohl was die rechtlichen Voraussetzungen an die einstweilige Verfügung angeht als auch was Prüfungsmaßstab und Prüfungsintensität121 betrifft. Dies zusammen sorgt für eine hohe Richtigkeitsgewähr und mithin eine niedrige Wahrscheinlichkeit, dass die Entscheidung auf falscher Tatsachengrundlage ergeht. Und droht der GmbH durch die einstweilige Verfügung ein besonders großer Nachteil, ist dies im Verfügungsgrund im Rahmen der modifizierten Interessenabwägung zu berücksichtigen,122 wonach ausnahmsweise Rechtsschutz verwehrt werden darf, wenn besonders wichtige, überwiegende Interessen entgegenstehen. Dies und die verschuldensunabhängige Haftung nach § 945 ZPO zeigen, dass einstweiliger Rechtsschutz auch nicht wegen der Risiken des summarischen Verfahrens auszuschließen ist. Auch wenn die Tatsachen- oder Rechtsprüfung in der Kürze der Zeit nicht abschließend erfolgen kann, führen die Risiken des summarischen Verfahrens vorliegend nicht dazu, dass einstweiliger Rechtsschutz per se versagt werden muss. Auch insofern drohen dem abzuberufenden Gesellschafter-Geschäftsführer einerseits und der GmbH bzw. den Mitgesellschaftern andererseits gleichermaßen Nachteile. Eine strukturelle, einseitige Verschiebung des Risikos ist nicht ersichtlich. 117 118 119 120 121 122

So Nietsch, GmbHR 2006, 393, 396 f. So Nietsch, GmbHR 2006, 393, 396 f. Zutr. Nietsch, GmbHR 2006, 393, 396 f. Dazu Kapitel 3 § 2 B. III. Dazu Kapitel 2 § 3 C. I. 1. Dazu Kapitel 2 § 3 C. I. 2.

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

167

Entscheidend muss auch hier eine einzelfallbezogene Interessen- und insbesondere Folgenabwägung sein, welche Nachteile der Geschäftsführer bei ungerechtfertigter Abberufung und welche die GmbH bzw. Mitgesellschafter bei ungerechtfertigter Beibehaltung des Geschäftsführers drohten. d) Zwischenergebnis Insgesamt führen auch die Gefahren des summarischen Verfahrens nicht dazu, dass einstweiliger Rechtsschutz von vornherein ausgeschlossen werden müsste, soweit er auf den Willensbildungsprozess einwirkt.123 Liegen insbesondere die Voraussetzungen des Vorwegnahmeverbots und des Gebots des geringstmöglichen Eingriffs vor, kommt es maßgeblich auf eine einzelfallbezogene Interessenabwägung an. These 27: Auch die Gefahren des summarischen Verfahrens führen nicht dazu, dass einstweiliger Rechtsschutz von vornherein ausgeschlossen werden müsste, soweit er auf den Willensbildungsprozess einwirkt. Liegen insbesondere die Voraussetzungen des Vorwegnahmeverbots und des Gebots des geringstmöglichen Eingriffs vor, kommt es maßgeblich auf eine Interessenabwägung im Einzelfall an.

VI. Eindeutige Rechtslage als hinreichende Voraussetzung? Nach alldem stellt sich die Frage, ob die von der herrschenden Meinung aufgestellte Voraussetzung noch tragfähig ist, für den Verfügungsgrund genüge – unter Beachtung des Gebots des geringstmöglichen Eingriffs – ein „eindeutiger Verfügungsanspruch“. Diese Voraussetzung hat sich für einstweilige Verfügungen durchgesetzt, die die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers unterbinden sollen. Die herrschende Auffassung formuliert den „eindeutigen Verfügungsanspruch“ und das „überragende Schutzbedürfnis“ meist als alternative Voraussetzungen,124 ohne jeweils näher darauf einzugehen. Eher selten werden sie dagegen kumulativ125 miteinander verbunden oder sogar andere Voraussetzungen126 genannt.

123

Zum Präjudizverbot Kapitel 3 § 2 B. III. 2. Vgl. nur OLG Stuttgart, 18. 2. 1997 – 20 W 11/97, GmbHR 1997, 312, 312 f.; OLG Hamm, 6. 7. 1992 – 8 W 18/92, GmbHR 1993, 193, 193 f.; Buchta, DB 2008, 913, 914; Werner, NZG 2006, 761, 765; wohl auch Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 3; unklar bei Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 228. 125 Formulierung unklar bei Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 73. 126 Z. B. OLG Hamburg, 28. 6. 1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, 467, 468 („nur bei einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Belange des Antragstellers“); zurückhaltend Zutt, ZHR 155 (1991), 190, 204 f., der insoweit „keine erwähnenswerte Besonderheit gegenüber der allgemeinen Problematik von Verfügungen gemäß § 940 ZPO“ sieht; vgl. auch Nietsch, GmbHR 2006, 393, 394, der ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis als Abgrenzungsmerkmal einführen will. 124

168

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Dass eine eindeutige Rechtslage genügen soll, um einen Verfügungsgrund127 zu begründen, lässt sich schon aufgrund der hohen Anforderungen des Erfüllungs-, jedenfalls aber des Präjudizverbots bezweifeln. Beide Hürden verlangen hohe materiell- bzw. prozessrechtliche Anforderungen, namentlich drohende existenzielle oder sonstige schwere Beeinträchtigungen, die nicht anders abgewehrt und auch nicht rückwirkend beseitigt werden können. Diese allgemeinen Regeln der Leistungsverfügung zu durchbrechen bedürfte einer besonderen Rechtfertigung. Eine solche ist vorliegend aber nicht ersichtlich. Teilweise wird der Fall, dass ein Verfügungsanspruch eindeutig besteht, aber auch als Unterfall der „besonderen Schutzwürdigkeit“ definiert.128 Eine Erklärung findet sich nicht. Dahinter steht aber wohl der Gedanke, dass eine Rechtsverletzung nicht außer Acht gelassen werden darf, wenn sie auf der Hand liegt. Zudem tendierten die Risiken des summarischen Verfahrens in diesen Fällen gegen null. Will man die „besondere Schutzwürdigkeit“ definieren, fällt auf, dass es sich hierbei um eine Neuschöpfung handelt, die kaum näher beschrieben129 wird und daher ebenfalls der Präzisierung bedarf. Begrifflich ist von „Schutzwürdigkeit“ anstatt von „Schutzbedürfnis“ und von „besonders“ anstelle „überwiegend“ die Rede. Bereits dem Wortlaut nach bedarf es also eines besonderen Grundes. Daraus lässt sich schließen, die besondere Schutzwürdigkeit erschöpft sich nicht in einer bloßen (Folgen-)Abwägung. Richtig dürfte es vielmehr sein, die „besondere Schutzwürdigkeit“ an den Voraussetzungen des Erfüllungs- und des Präjudizverbots zu messen. Erfüllungsund Präjudizverbot setzen zusätzlich eine besonders schwere, irreversible Beeinträchtigung voraus und verlangen zudem, dass keine wichtigen, überwiegenden Interessen entgegenstehen. Allein die Tatsache, dass die summarischen Risiken bei eindeutiger Rechtslage weitgehend sicher ausgeschlossen sind, genügt nach dieser Definition also noch nicht, um eine etwaige Leistungsverfügung zu rechtfertigen. Hiernach reicht eine eindeutige Rechtslage bez. des Verfügungsanspruchs also noch nicht aus, um eine besondere Schutzwürdigkeit und somit den Verfügungsgrund zu begründen. Lediglich im Fall einer Sicherungsverfügung, die die Beschlussfassung zur Sicherung eines anderen Rechts zeitlich etwas hinausschiebt, wäre es denkbar, dass bereits bei Vorliegen einer eindeutigen Rechtslage der einfache Verfügungsgrund bejaht werden kann. Auch hier begründet jedoch nicht die „eindeutige“ Rechtslage den Verfügungsgrund, sondern ein anderweitiger Umstand, nämlich dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer durch die Abberufung (irgend-)ein Nachteil zu entstehen droht. Die Eindeutigkeit der Rechtslage ist indes im Verfügungsgrund erst bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, bei der auch die Risiken des summarischen Verfahrens einzustellen sind. Die Voraussetzung „eindeutiger Verfügungs127 Stützt sich die einstweilige Verfügung auf die Treuepflicht, stünde überdies auch schon der Verfügungsanspruch wegen der hohen Anforderungen infrage, vgl. Kapitel 3 § 2 B. I. 128 So scheint etwa Buchta, DB 2008, 913, 914 zu argumentieren. 129 Mit einer Annäherung: Buchta, DB 2008, 913, 914.

§ 2 Einstweiliger Rechtsschutz vor der Abberufung

169

anspruch“ bildet also auch hiernach keinen hinreichenden Grund, der die Eilbedürftigkeit der einstweiligen Verfügung zu begründen vermag. Es fragt sich, ob das Ergebnis hinnehmbar ist, dass auch bei eindeutig bestehendem Verfügungsanspruch dem Gesellschafter-Geschäftsführer einstweiliger Rechtsschutz gegen seine rechtswidrige Abberufung verwehrt bleibt. Praktisch wird dies aber allenfalls Fälle der vertraglichen Stimmbindung betreffen. Denn wenn bereits die hohen Anforderungen an die Treuepflicht (eindeutig!) erfüllt sind, sodass aus ihr ein Untersagungsanspruch erwächst, dürften in aller Regel, wenn nicht schon milderer, nachgelagerter Eilrechtsschutz Erfolg verspricht, erst recht auch die Anforderungen des Verfügungsgrunds einer vorbeugenden einstweiligen Verfügung erfüllt sein. Überdies wird der abzuberufende Gesellschafter-Geschäftsführer nicht nur durch vorbeugenden Eilrechtsschutz, sondern auch den leichter zu erlangenden Eilrechtsschutz gegen die Beschlussausführung, das noch leichter zu erreichende Hauptsacheverfahren und vor allem aber auch durch Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. der Treuepflicht geschützt. Zumindest vor eigenen Nachteilen erfährt der abzuberufende Gesellschafter-Geschäftsführer also rundum Schutz. Und nicht zuletzt entspricht dies sogar den allgemeinen Regeln und somit auch jeder anderen einstweiligen Verfügung, dass einstweiliger Rechtsschutz bei fehlendem Verfügungsanspruch nicht begründet ist, auch wenn der Verfügungsanspruch eindeutig besteht. Dass die herrschende Meinung einen „eindeutigen Verfügungsanspruch“ voraussetzt, ist mithin als eigenständige, hinreichende Voraussetzung zu verwerfen, aber mit Blick auf die summarischen Risiken zumindest als grundsätzlich (kumulativ) notwendig zu betrachten. An der Voraussetzung der „überragenden Schutzwürdigkeit“ ist festzuhalten. Sie ist anhand des Erfüllungs- und des Präjudizverbots dahingehend zu präzisieren, dass sie eine schwerwiegende, nicht anders abwendbare und irreversible Rechtsverletzung des Verfügungsklägers verlangt, der auch kein wichtiges, überwiegendes Interesse entgegensteht. These 28: Dass die herrschende Meinung einen „eindeutigen Verfügungsanspruch“ voraussetzt, ist mithin als hinreichende Voraussetzung zu verwerfen, aber mit Blick auf die summarischen Risiken zumindest als grundsätzlich (kumulativ) notwendig zu betrachten. An der Voraussetzung der „überragenden Schutzwürdigkeit“ ist festzuhalten. Sie ist anhand des Erfüllungs- und des Präjudizverbots dahingehend zu präzisieren, dass sie eine schwerwiegende, nicht anders abwendbare und irreversible Rechtsverletzung des Verfügungsklägers verlangt, der auch kein wichtiges, überwiegendes Interesse entgegensteht.

C. Zwischenergebnis Weder der Willensbildungsprozess als solcher noch das Hauptsachevorwegnahmeverbot noch das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs schließen es per se aus, dass eine einstweilige Verfügung auf die Beschlussfassung einwirkt. Dass die Willensbildung berührt wird, ändert unmittelbar nichts an der Zulässigkeit oder den

170

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung. Zusammen stellen das Hauptsachevorwegnahmeverbot, das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs und die Treuepflicht, die gegebenenfalls als Verfügungsanspruch dient, aber hohe Anforderungen an eine etwaige Leistungsverfügung. So ist entgegen der herrschenden Meinung das Vorliegen eines eindeutigen Verfügungsanspruchs zwar grundsätzlich notwendig, aber keinesfalls hinreichend für einen qualifizierten Verfügungsgrund. Die Voraussetzung eines überragenden Schutzbedürfnisses ist auszulegen, wie in den vorherigen Abschnitten dargelegt. Gründe für eine Abweichung von diesen Voraussetzungen sind nicht ersichtlich. Mildere Voraussetzungen sind allenfalls denkbar, wenn es sich ausnahmsweise um eine Sicherungsverfügung handelt, die die Beschlussfassung zum Schutze eines anderen Rechts lediglich zeitlich hinausschieben will.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss Die vorstehenden Ausführungen verweisen zwar immer wieder auf nachgelagerten Eilrechtsschutz. Allerdings bestehen zahlreiche unterschiedliche Auffassungen darüber, ob und inwieweit Eilrechtsschutz nach der Abberufung offensteht und wer ihn zu bemühen hat. Im Zentrum steht die grundlegende, immer noch höchst umstrittene Frage, inwiefern die Abberufung bis zur rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung vorübergehend wirksam ist, wenn die Gesellschafter über das Vorliegen des erforderlichen wichtigen Grundes streiten. Dies hängt davon ab, welche Interimsregelung im GmbH-Recht gilt.130 Die Interimsregelung führt wiederum zur Folgefrage, ob sie einstweiligen Rechtsschutz neben sich gestattet und wer ihn zu bemühen hat. Der folgende Abschnitt konzentriert sich auf diese Weichenstellung und ihre Folgen (A.). Ergänzend sei noch kurz auf die konkreten Rechtsbehelfe hingewiesen (B.).

A. Vorläufige Wirksamkeit der Abberufung? Um den komplexen Meinungsstand zu entflechten und die Rechtfortbildungen aufzuarbeiten, wird folgend die Rechtslage, wie sie nach den allgemeinen Regeln besteht (I.), zunächst bewertet (II. 1.) und sodann – soweit erforderlich und möglich – korrigiert (II. 2. und 3.).

130

Dazu Kapitel 3 § 3 A. II.II.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

171

I. Klarstellung der allgemeinen Regeln Da die allgemeine, gesetzlich bestehende Rechtslage bewertet werden soll, bedarf es vorliegend zunächst einer kurzen Klärung, was mit „allgemeinen Regeln“ gemeint ist. Auch bei der Frage, inwieweit die Abberufung bei einem streitigen wichtigen Grund i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG vorläufig wirksam ist, besteht zwar weitgehend Einigkeit, dass das allgemeine Beschlussmängelrecht den Ausgangspunkt bildet. Dies wird aber nicht immer konsequent umgesetzt. Zumindest wird die Rechtslage anhand unterschiedlicher Prämissen geprüft. 1. Auswirkungen von Beschlussmängeln nach Beschlussmängelrecht Die Abberufung des Geschäftsführers bedarf zu ihrer Wirksamkeit, vorbehaltlich anderer Satzungsregelungen, einen wirksamen Abberufungsbeschluss131 und dessen Kundgabe an den betroffenen Geschäftsführer.132 Wie sich Beschlussmängel auf die vorläufige Wirksamkeit der Abberufung auswirken, hängt also maßgeblich davon ab, ob der Abberufungsbeschluss vorläufig wirksam ist. Dies folgt aus dem dem Aktienrecht entlehnten Beschlussmängelrecht in weitgehender Analogie133 zu den §§ 241 ff. AktG, das folgende Dreiteilung vornimmt: Ist der Abberufungsbeschluss wegen bestimmter schwerwiegender Mängel nichtig (§ 241 AktG analog), bleibt er und somit auch die von ihm getragene Abberufung von Anfang an wirkungslos.134 Gesellschafter und Organmitglieder, isbesondere Geschäftsführer,135 können die Nichtigkeit mit Wirkung erga omnes per Nichtigkeitsklage analog §§ 249 Abs. 1 S. 1, 248 Abs. 1 S. 1 AktG feststellen lassen.136 Dritten steht nur die subsidiäre Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO offen.137 Die zweite Kategorie bilden die bloß anfechtbaren Abberufungsbeschlüsse. Führt der Abberufungsmangel nicht zur Nichtigkeit, wird der Gesellschafterbeschluss trotz 131

Zuständiges Abberufungsorgan ist grds. die Gesellschafterversammlung (vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG). Die Satzung kann davon jedoch abweichen. Bei einer mitbestimmten GmbH ist zwingend der Aufsichtsrat zuständig, vgl. § 31 Abs. 1 MitbestG i. V. m. § 84 Abs. 3 S. 1 AktG. Zu etwaigen Beschlüssen Kapitel 3 § 3 A. II. 4. 132 Statt aller Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 28 – 43. 133 BGH in st. Rspr., zuletzt BGH, 24. 3. 2016 – IX ZB 32/15, GmbHR 2016, 587, 588; ebenso h. L., etwa K. Schmidt, in: Scholz, § 45 Rn. 35; K. Schmidt, AG 2009, 248, 253 f.; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Anh. § 47 Rn. 1 – 3; Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, § 47 Anh. Rn. 1; Hüffer, ZGR 2001, 833, 864; krit. etwa Raiser/Schäfer, in: H/C/L, Anh. § 47 Rn. 4 – 12 m. w. N. 134 Statt aller Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 44; Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 194. 135 H. M., vgl. nur K. Schmidt, in: Scholz, § 45 Rn. 134; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Anh. zu § 47 Rn. 30. 136 BGH, 17. 2. 1997 – II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 366; Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, § 47 Anh. Rn. 274; a. A. K. Schmidt, in: Scholz, § 45 Rn. 46 und 82 (kassatorische Gestaltungsklage). 137 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, Anh. zu § 47 Rn. 30.

172

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

seiner Mängel vorläufig wirksam und trägt die Abberufung, wenn der Versammlungsleiter das Beschlussergebnis förmlich feststellt.138 Auch die Gesellschafter können den Beschluss (konkludent) feststellen, indem sie sich am Ende139 der Gesellschafterversammlung über das Ergebnis140 einigen,141 ebenso der freiwillig oder satzungsgemäß eingeschaltene Notar, soweit er eigene Feststellungen trifft.142 Gesellschafter, nicht aber Fremd-Geschäftsführer können den Beschluss per Anfechtungsklage analog den §§ 246, 243 AktG mit Ex-tunc-Wirkung143 wieder aus der Welt schaffen (§ 241 Nr. 5 AktG analog). Eine Ergebniskorrektur, etwa bei Stimmverboten oder Stimmbindungen, bedarf zusätzlich einer Beschlussfeststellungsklage (§ 256 ZPO).144 Falls der Abberufungsbeschluss jedoch weder förmlich festgestellt145 noch notariell beurkundet wurde noch die Gesellschafter sich über das Beschlussergebnis 138

Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 45. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Abberufungsbeschluss die förmliche Feststellung zu seiner (endgültigen) Wirksamkeit bedarf. Die ganz h. M. verneint dies: BGH in st. Rspr., zuletzt BGH, 11. 2. 2008 – II ZR 187/06, NZG 2008, 317, 318 f. [24 – 26]; BGH, 11. 12. 2006 – II ZR 166/05, NJW 2007, 917, 918 [19]; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, § 47 Rn. 28; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 47 Rn. 28; K. Schmidt, in: Scholz, § 45 Rn. 21; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 47 Rn. 33 – 35; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 120 f. jeweils m. w. N. 139 Keine Rolle spielt es, ob sich die Gesellschafter später doch wieder rüber das Ergebnis zertreiten; zutr. Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 38 Rn. 34. 140 Das von Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 47 Rn. 35 so bezeichnete „Paradoxon“, über das Ergebnis mehrheitlich zu fassender Beschlüsse könne keine Einigkeit bestehen, ist keines. Einigkeit muss letztlich nicht in der Abstimmung erzielt werden (Einstimmigkeit), sondern über das Ergebnis, d. h. über die Anzahl der Ja- und Nein-Stimmen. Auch der abweichend votierende Gesellschafter wird also nicht gezwungen, seinen Standpunkt aufzugeben. Uneinigkeit über das Ergebnis dürfte nur bei Stimmverboten und -bindungen vorkommen. 141 OLG München, 25. 10. 1989 – 7 U 3016/89, GmbHR 1989, 263, 264; OLG Celle, 15. 5. 1996 – 9 U 185/95, GmbHR 1997, 172, 174; so auch die Lit., statt aller Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 120a; Anh. § 47 Rn. 38. Die Feststellung gilt unabhängig davon, ob sich die Gesellschafter später wieder zerstreiten. Häufig wird dies umgekehrt formuliert, sodass nicht das „Einvernehmen“ zur „Wirksamkeit“, sondern der „Streit über das Beschlussergebnis“ zur (vorläufigen) „Unwirksamkeit“ und zum Erfordernis führe, das Beschlussergebnis durch Feststellungsklage nach § 256 ZPO feststellen zu lassen, vgl. nur etwa Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 47 Rn. 28. Für die vorliegende Untersuchung macht dies keinen Unterschied. Relevant dürfte diese Frage etwa bei der Darlegungs- und Beweislast werden. 142 Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 38 Rn. 34. Ein privatschriftliches Protokoll genügt indes nicht, vgl. Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 38 Rn. 34. 143 H. M., nur BGH, 12. 7. 1993 – II ZR 65/92, BB 1993, 1681, 1681; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 45 und Anh. § 47 Rn. 178; Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 157; Drescher, in: MüKoGmbHG, § 47 Anh. Rn. 275 jeweils m. w. N.; a. A. Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 197; wohl auch Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 58, 58a. 144 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 186 – 193. 145 Ob ein Beschluss festgestellt wurde, mag schon deshalb problematisch sein, weil teilweise bezweifelt wird, ob der mit Mehrheitsbeschluss, d. h. unter Widerspruch eines Gesell-

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

173

geeinigt haben, bedarf es der Beschlussfeststellungsklage (§ 256 ZPO), um den Beschluss und damit auch die Abberufung mit Gestaltungswirkung ex nunc wirksam werden zu lassen.146 Anwendung finden diese allgemeinen Regeln nach überwiegender Auffassung auf allgemeine Beschlussmängel (z. B. bez. Ladung) und grundsätzlich auch auf abberufungsspezifische Mängel (z. B. Verstoß gegen Satzung, Treuepflicht oder schuldrechtliche Abreden). Besonderheiten begegnet man aber, wenn die Parteien über das Vorliegen des erforderlichen wichtigen Grunds streiten (§ 38 Abs. 2 GmbHG) sowie bei Zwei-Personen-GmbH. 2. Alte Rechtsprechung: Unwirksamkeit der Anfechtungserklärung Nach einem älteren Urteil des Bundesgerichtshofs mache der fehlende wichtige Grund indes „nicht den Abberufungsbeschluß […], sondern nur die Abberufungserklärung unwirksam“.147 Diese Ansicht ist von vornherein abzulehnen. Die Abberufungserklärung stellt nur die Kundgabe des Beschlussergebnisses an den Geschäftsführer dar.148 Sie widerspricht dem Beschlussmängelrecht. Auch ist keine Erklärung ersichtlich, warum der Bundesgerichtshof in diesem etwas älteren Judikat vom allgemeinen Beschlussmängelrecht abweicht. 3. Materielle Rechtslage als Kriterium der Beschlusswirksamkeit? Nach allgemeinem Beschlussmängelrecht gilt, dass der fehlende wichtige Grund dazu führt, dass der Abberufungsbeschluss anfechtbar – bzw. im Falle eines Sonderrechts zur Geschäftsführung: nichtig – wird.149 Auf das Rechtsgeschäft „Abberufung“ wirkte sich der fehlende wichtige Grund demnach nur mittelbar, d. h. nach Maßgabe des Beschlussmängelrechts aus. Der festgestellte Abberufungsbeschluss ist grundsätzlich nur anfechtbar und damit vorläufig wirksam.150 Also ist auch die Abberufung in aller Regel zunächst – bis zum rechtskräftigen Abschluss der (rückwirkenden) Anfechtungsklage – wirksam. Unter dem Etikett „allgemeine Regeln“ lesen sich demgegenüber eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs und manche Literaturansichten so, als maßen sie dem fehlenden wichtigen Grund eine andere Rechtsfolge bei. Sie formulieren, die schafters bestellte Versammlungsleiter die Kompetenz besitzt, Beschlüsse wirksam förmlich festzustellen, vgl. Noack, GmbHR 2017, 792, 796 m. w. N. 146 BGH, 4. 5. 2009 – II ZR 169/07, NZG 2009, 1307, 1308; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, § 38 Rn. 46; Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 201 f. 147 BGH, 25. 4. 1966 – II ZR 80/65 – juris Rn. 21 (sonstige Fundstellen verkürzt). 148 Zutr. Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 60a. 149 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 44 – 46; Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 60a; vgl. auch Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 208 – 211; dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 1. a). 150 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 1. a) und b).

174

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

„Wirksamkeit“ der „Abberufung“ hänge davon ab, ob der erforderliche wichtige Grund vorliegt.151 Offen bleibt, ob sie das Vorliegen eines wichtigen Grunds zur echten Wirksamkeitsvoraussetzung unmittelbar für die „Abberufung“ erheben (a)) oder ob sie schlicht unterstellen, dass eine Anfechtungsklage durchgeführt wird, und ausschließlich die durch Rückwirkung „bereinigte“ Rechtslage betrachten (b)). a) Trennung zwischen Abberufung und Abberufungsbeschluss Es spricht viel dafür, dass die genannten Fundstellen nur verkürzt formulieren und auch sie vertreten, dass der fehlende wichtige Grund nur mittelbar auf die Abberufung auswirke.152 Zwischen dem Rechtsgeschäft „Abberufungsbeschluss“ und dem Rechtsgeschäft „Abberufung“ ist zu trennen. Dass sich der fehlende wichtige Grund auf den Abberufungsbeschluss auswirkt, lässt sich an § 243 AktG ablesen. Dass er daneben aber auch unmittelbare Wirksamkeitsvoraussetzung der Abberufung sein soll, lässt sich dem Gesetz, insbesondere § 38 Abs. 2 GmbHG, hingegen nicht entnehmen. Wäre die Abberufung von vornherein unwirksam, verlöre die Beschlussanfechtung auch ihren Zweck. Jedenfalls aber kann die Konstruktion einer solchen ungeschriebenen Wirksamkeitsvoraussetzung nicht zur allgemeinen Regel erklärt werden. Bei der Bewertung der gesetzlichen Rechtslage ist daher auf den gesetzlichen Ausgangsfall abzustellen: Der fehlende wichtige Grund wirkt sich unmittelbar nur auf den Abberufungsbeschluss aus und nur mittelbar, nach Maßgabe des Beschlussmängelrechts, auf die Abberufung. b) Unmittelbare Anknüpfung an materielle Rechtslage? Ebenfalls unter dem Schlagwort „allgemeine Regeln“ stellt die wohl herrschende Meinung ausschließlich auf die materielle Rechtslage nach § 38 Abs. 2 GmbHG, also auf die Frage, ob der erforderliche wichtige Grund tatsächlich vorliegt, ab. Beispielsweise Lieder/Ringlage proklamieren als „Ausgangspunkt“153 zwar ebenfalls, der fehlende wichtige Grund wirke sich unmittelbar nur auf den Abberufungsbeschluss und bloß mittelbar auf die Abberufung aus. Der „Beschluss“ sei jedoch wirksam, wenn „die Voraussetzungen für eine wirksame Beschlussfassung“ vorliegen, „unabhängig davon, ob er durch einen Versammlungsleiter festgestellt 151 Vgl. die Formulierung des BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 182 f.: „Hängt […] die Wirksamkeit einer aus wichtigem Grund ausgesprochenen Abberufung allein von der materiellen Rechtslage nach § 38 Abs. 2 GmbHG ab, […]“. Im konkreten Fall ging es um die Vertretungsmacht und mithin um die vorläufige Wirksamkeit der Abberufung eines Geschäftsführers. Im Grundsetz ebenso Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 156, wobei sie sich für Ausnahmen von diesem Grundsatz bei Fremd- und Minderheitsgeschäftsführer aussprechen. Vgl. auch Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 64 und 67. 152 Zu dieser Lesart sogleich Kapitel 3 § 3 A. I. 3. b). 153 Lieder/Ringlage, GmbHR 2017, 1065, 1070.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

175

worden ist“.154 Liegen sie nicht vor, sei „der Beschluss unwirksam“.155 Das Fehlen eines wichtigen Grunds lasse den die Abberufung tragenden Beschluss von vornherein entfallen. Von Ähnlichem scheint der Bundesgerichtshof auszugehen, wenn er im oben genannten Fall einer Zwei-Personen-GmbH erst mehrere Analogien ablehnt und sodann ohne weiteres auf die „materielle Rechtslage nach § 38 Abs. 2 GmbHG“ abstellt.156 Können die Besonderheiten der Verfahrensregeln des Beschlussmängelrechts aber bei der Bewertung außer Acht gelassen werden? Für diese Betrachtung spricht einerseits, dass die vorläufige Wirksamkeit eines festgestellten Beschlusses wirklich eine „vorläufige“, d. h. rückwirkend aufhebbare, ist und keine „vorübergehende“, die im Überbrückungszeitraum (bis zum Abschluss der Anfechtungsklage) Rechtssicherheit schafft und nur für die Zukunft wieder aufgehoben werden kann. Andererseits betont diese Betrachtung zu sehr die durch die Rückwirkung der Anfechtungsklage „bereinigte“, „endgültige“ Rechtslage. Diese Herangehensweise überzeugt für die Untersuchung nicht. Sie berücksichtigt nicht, welche faktischen, evtl. dauerhaften Wirkungen die vorläufige, wirksame Abberufung entfaltet. Vor allem aber berücksichtigt sie nicht, dass der Beschluss vorerst rechtlich verbindlich gilt. Der Geschäftsführer gilt bis auf Weiteres als abberufen. Der Beschluss mag nach einem Anfechtungsurteil zwar so behandelt werden, als sei er nie wirksam geworden. Bis dahin sind dem Geschäftsführer jedoch die Hände gebunden, auch wenn das Handelsregister die umstrittene Abberufung vermutlich bis zur gerichtlichen Klärung noch nicht eintragen wird.157 Auch hinsichtlich eines zweiten Aspekts überlagern die Beschlussverfahrensregelungen die materielle Rechtslage: Diese Betrachtungsweise unterscheidet nicht zwischen festgestelltem und nicht festgestelltem Abberufungsbeschluss. Sie lässt außer Acht, dass der nicht festgestellte Abberufungsbeschluss erst nach rechtskräftiger Beschlussfeststellung ex nunc wirksam wird. Der Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung bestimmt den Abberufungszeitpunkt (endgültig). Im Ergebnis ist bei der Bewertung der „allgemeinen Regeln“ also nicht nur die „bereinigte“; materielle Rechtslage nach § 38 Abs. 2 GmbHG, sondern auch der Einfluss des GmbH-Beschlussmängelrechts zu beachten. 154

Lieder/Ringlage, GmbHR 2017, 1065, 1070. Lieder/Ringlage, GmbHR 2017, 1065, 1070. 156 BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 182 f., der die Vertretungsmacht eines Geschäftsführers und dabei inzident die vorläufige Wirksamkeit der Abberufung prüft; ebenso etwa Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 156 und Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 64 und 67. 157 Ist die Abberufung hinsichtlich des wichtigen Grunds strittig, ist der Geschäftsführer gut beraten, bis zur Klärung nicht weiter zu handeln. Auch wenn seine Geschäfte gültig wären (§ 15 HGB), drohte ihm die Haftung (§ 43 GmbHG). Umgekehrt handelt er nicht pflichtwidrig, wenn er keine Geschäftsführertätigkeit vornimmt. Sind seine Pflichten nicht schon durch (parallele) Kündigung des Anstellungsvertrags erloschen, kann dennoch keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden (Schürnbrand, Organschaft, S. 267: „venire contra factum proprium“). 155

176

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

II. Streit um den wichtigen Grund i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG In der Praxis setzt die Abberufung des Geschäftsführers häufig abweichend von § 38 Abs. 1 GmbHG einen wichtigen Grund i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG voraus. Die Satzung mag die Abberufung auf wichtige Gründe beschränken oder sonstige Abberufungserfordernisse aufstellen, die nicht erfüllt sind.158 Dem GesellschafterGeschäftsführer wird ein Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt.159 Oder der abzuberufende Gesellschafter-Geschäftsführer hält mindestens 50 % der Geschäftsanteile und stimmt gegen seine Abberufung.160 Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn es der Gesellschaft bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, etwa bei grober Pflichtverletzung, unzumutbar ist, dass der Geschäftsführer im Amt verbleibt.161 Soweit die Gesellschafter darüber streiten, ob der erforderliche wichtige Grund vorliegt, ist umstritten, inwiefern die Abberufung vorläufige Wirkung entfaltet. Das GmbH-Recht regelt, anders als das Aktienrecht, die vorläufige Wirksamkeit der Abberufung nicht. Bei der AG erklärt § 84 Abs. 3 S. 4 AktG die Abberufung eines Vorstandsmitglieds aus wichtigem Grund für vorläufig, d. h. für so lange wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt wird. Beim GmbH-Geschäftsführer besteht eine ausdrückliche Regelung hingegen nur für (manche) mitbestimmte GmbH.162 § 31 Abs. 1 MitbestG, § 12 MontanMitbestG und § 13 MitbestErgG verweisen auf die Interimsregelung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG. Im Übrigen, namentlich in den Fällen des DrittelbG und der mitbestimmungsfreien GmbH, existiert keine ausdrücklichen Regelung. Zwar enthielten der GmbHG-Referentenentwurf des Justizministeriums von 1969163 und der ähnliche Regierungsentwurf von 1971164 eine dem heutigen § 84 Abs. 3 S. 4 AktG entsprechende, allgemeine Regelung. Beide traten aber nie in Kraft.165 Bis heute herrscht eine Diskussion darüber, nach welchen Regeln die vorläufige Wirksamkeit der Abberufung aus wichtigem Grund zu beurteilen ist.

158 Z. B. 3/4-Mehrheit, vgl. BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 178 f. Eine über das Erfordernis eines wichtigen Grundes hinausgehende Beschränkung der Abberufung ist unwirksam, vgl. BGH, 21. 4. 1969 – II ZR 200/67, NJW 1969, 1483; K. Schmidt, in: Scholz, § 38 Rn. 39; zur geltungserhaltenden Reduktion bei weitergehenden Einschränkungen durch die Satzung: BGH, 16. 2. 1981 – II ZR 89/79, GmbHR 1982, 129. 159 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 1. a). 160 Vgl. Werner, NZG 2006, 761, 762. 161 St. Rspr., vgl. nur BGH, 4. 4. 2017 – II ZR 77/16, GmbHR 2017, 701, 703; h.Lit., vgl. nur K. Schmidt, in: Scholz, § 38 Rn. 39. 162 Obwohl auch das DrittelbG den Arbeitnehmern ein Mitbestimmungsrecht einräumt (vgl. § 1 DrittelbG), enthält es keine Verweisung auf § 84 AktG (vgl. hierzu insb. § 12 DrittelbG). 163 § 67 Abs. 4 und 5 RefE-GmbHG, 1969; dazu BMJ, Referentenentwurf eines GmbHG, S. 27 und 208 f.; Geßler, BB 1969, 589; vgl. auch Fleddermann, GmbHR 1969, 97. 164 § 69 Abs. 4 RegE-GmbHG, 1971; BT-Drs. VI/3088. 165 Vgl. dazu nur Fleischer, in: MüKoGmbHG, Einleitung Rn. 99 – 107.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

177

Die Lösungswege reichen von der vorläufigen Wirksamkeit der Abberufung analog § 84 Abs. 3 S. 4 AktG166 bis hin zur vorübergehenden Unwirksamkeit bis zur gerichtlichen Entscheidung entsprechend den §§ 117, 127 HGB.167 Andere Ansätze knüpfen an die förmliche Feststellung des Abberufungsbeschlusses,168 an das tatsächliche Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 GmbHG169 oder an das rein rechnerische Abstimmungsergebnis170 an. Die Lösungswege variieren wiederum je nach Fallkonstellation. 1. Eignung der allgemeinen Regeln für den Streitfall a) Nichtigkeit mangels wichtigem Grund? Liegen nicht schon andere Nichtigkeitsgründe vor (§§ 241, 242 AktG analog), stellt sich die Frage, ob das Fehlen des behaupteten wichtigen Grunds i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG zur Ex-tunc-Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses führt. Auch die Abberufung bliebe dann von vornherein ohne Wirkung. Fehlt es am erforderlichen wichtigen Grund, ist der Abberufungsbeschluss nicht bereits deshalb nichtig, weil die Abberufung gegen die Satzung verstößt. Die (einfache) Satzungswidrigkeit ist weder im Katalog der Nichtigkeitsgründe in § 241 AktG (analog) aufgeführt noch vergleichbar171 mit den dortigen Tatbeständen. Sie macht den Beschluss ausweislich § 243 Abs. 1 AktG (analog) grundsätzlich nur anfechtbar.172 Nach Schneider soll das Fehlen eines wichtigen Grundes allerdings deshalb zur Beschlussnichtigkeit führen, weil dem abzuberufenden GesellschafterGeschäftsführer zu Unrecht ein Stimmverbot auferlegt werde (vgl. § 47 Abs. 4 GmbHG).173 Doch das Argument verfängt nicht. Fraglich ist schon, ob das Stimmverbot überhaupt rechtswidrig ist, denn nach umstrittener Auffassung muss für das Stimmverbot der wichtige Grund nicht tatsächlich vorliegen, sondern es genügt dessen (schlüssige, substantiierte) Behauptung.174 Ungeachtet dessen führte aber auch ein rechtswidriges Stimmverbot nach herrschender, zutreffender Auffas-

166

Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. a). Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. b) bb). 168 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. a) aa) (3), zur Argumentation Paefgens. 169 Dazu Kapitel 3 § 3 A. I. 3. und II. 3. d) bb). 170 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 2. 171 Die h. M. hält den Katalog in § 241 AktG zutr. für abschließend; nur BGH, 17. 2. 1997 – II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 365 f.; K. Schmidt, in: Scholz, § 45 Rn. 62; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 66. 172 So auch Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 50 m. w. N. 173 Fleck, WM 1981, Sonderbeil. S. 3, 10; Schneider, ZGR 1983, 535, 542; Schneider/ Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 64. 174 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. b) bb) (2). 167

178

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

sung175 nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, sondern als (einfacher) Gesetzesverstoß i. S. d. § 243 Abs. 1 AktG nur zur Anfechtbarkeit. Der zu Unrecht abberufene Gesellschafter-Geschäftsführer muss sich mittels Kombination von Anfechtungsklage und positiver Beschlussfeststellungsklage wehren.176 Nichtig ist der Abberufungsbeschluss erst, wenn die Abberufung ein gesellschaftsvertragliches Sonderrecht zur Geschäftsführung verletzt.177 Besitzt der Geschäftsführer ein solches Sonderrecht, darf die Abberufung nur entweder mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers analog § 35 GmbHG oder aus einem wichtigen Grund i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG erfolgen. Es handelt sich um ein an die Mitgliedschaft gebundenes Vorzugsrecht.178 Die Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses stützt sich hier allerdings nicht auf § 241 AktG analog, sondern auf den entsprechend anzuwendenden § 35 BGB und dessen Dogmatik. Der Beschluss ist zunächst schwebend unwirksam und wird bei Verweigerung der Zustimmung endgültig unwirksam.179 Für die Situation, dass der wichtige Grund in Streit steht, führt die Anwendung von allgemeinen Regeln zu Problemen: Da die (vorläufige und endgültige) Wirksamkeit der Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers mit Sonderrecht davon abhäng, ob ein wichtiger Grund tatsächlich vorliegt, kann erhebliche Unsicherheit darüber eintreten, ob ein Geschäftsführer noch amtiert oder nicht. Bis zur gerichtlichen Klärung tritt also ein Schwebezustand ein, während dem die Personalie des Geschäftsführers unklar ist.

175 Vgl. BGH, 26. 10. 1983 – II ZR 87/83, BGHZ 88, 320, 328; BGH, 21. 3. 1988 – II ZR 308/87, BGHZ 104, 66, 69; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, Anh. § 47 Rn. 122; K. Schmidt, in: Scholz, § 45 Rn. 98, Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, § 47 Anh. Rn. 128 f.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 116; Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 190; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 17a jeweils m. w. N. 176 Vgl. nur Drescher, in: MüKoZPO, § 47 Rn. 216. Indes ist seit BGH, 4. 4. 2017 – II ZR 77/16, GmbHR 2017, 701, 701 f. fraglich, ob der Gesellschafter die Anfechtung auf das bloß formale Argument des rechtswidrigen Stimmverbots stützen kann. 177 Vgl. BGH, 10. 10. 1988 – II ZR 3/88, NJW-RR 1989, 542, 543; offengelassen von: BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 179; Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 60a; Fleck, GmbHR 1970, 221, 223. 178 BGH, 10. 10. 1988 – II ZR 3/88, NJW-RR 1989, 542, 542; Fleck, GmbHR 1970, 221, 223; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 51. Dass unmittelbar der Gesellschaftsvertrag einen Geschäftsführer bestellt, lässt dies indes weder zwingend auf den das Sonderrecht prägenden Vorzugscharakter schließen noch führt dies zur Nichtigkeit einer ungerechtfertigten Abberufung, vgl. BGH, 16. 2. 1981 – II ZR 89/79, GmbHR 1982, 129, 130; Ulmer/Löbbe, in: H/C/L, § 3 Rn. 73; Schmidt, in: MHLS, § 3 Rn. 61. 179 Vgl. nur Fleck, GmbHR 1970, 221, 223; Leuschner, in: MüKoBGB, § 35 Rn. 12. Bei fehlender Beurkundung des satzungsmäßigen Sonderrechts soll sich die Nichtigkeit dagegen aus § 241 Nr. 2 AktG analog ergeben, vgl. Fischer, BB 2013, 2819, 2823 m. w. N.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

179

b) Einstweilen wirksame Abberufung? In den sonstigen Fällen spielt es für die vorläufige Wirksamkeit eines Abberufungsbeschlusses nach den allgemeinen Regeln zunächst keine Rolle, ob der behauptete wichtige Grund tatsächlich vorliegt. Vorläufig wirksam ist der tragende Beschluss – und mit ihm die Abberufung –, wenn das Beschlussergebnis vom Versammlungsleiter oder vom Notar aufgrund eigener Feststellungen förmlich festgestellt wurde oder die Gesellschafter sich über das Ergebnis einigten.180 Der fehlende wichtige Grund macht den Beschluss „nur anfechtbar“. Doch auch die bloße Anfechtbarkeit führt zu erheblicher Unsicherheit darüber, ob der Geschäftsführer abberufen wurde. Mit Rechtskraft eines stattgebenden Anfechtungsurteils (§ 246 AktG analog) entfällt der die Abberufung tragende Beschluss rückwirkend.181 Etwaige Schutzregelungen wie § 15 Abs. 1 HGB helfen nur, wenn ein Nichtberechtigter handelt. Sie helfen jedoch nicht, soweit der vorübergehend wirksam(!) abberufene Geschäftsführer pflichtbewusst gerade nicht handelt. Somit passen die allgemeinen Regeln auch beim vorläufig wirkamen Abberufungsbeschluss nicht, wenn das Vorliegen eines wichtigen Grundes umstritten ist. Rechtssicherheit tritt erst nach einem rechtskräftigen Anfechtungsurteil bzw. nach Verstreichen der Anfechtungsfrist ein. c) Keine Abberufung ohne festgestellten Beschluss Rechtssicherheit besteht einzig beim noch feststellungsbedürftigen und infolgedessen bisweilen unwirksamen Abberufungsbeschluss. In diesem Fall wird der Beschluss erst dann, d. h. mit Ex-nunc-Wirkung, wirksam, wenn nach erfolgreicher Beschlussfeststellungsklage das Urteil in Rechtskraft erwächst.182 Ob ein wichtiger Grund besteht oder nicht: So oder so bleibt die Abberufung zunächst wirkungslos. Da das Gericht bei der Beschlussfeststellungsklage zugleich klärt, ob ein wichtiger Grund vorliegt, bestehen auch für die Zukunft keine Zweifel über die Personalie des Geschäftsführers. d) Zwischenergebnis Soweit Gesellschafter streiten, ob der für die Abberufung erforderliche wichtige Grund vorliegt, passen die allgemeinen Regeln bei festgestellten Abberufungsbeschlüssen nicht. Bezüglich Nichtigkeit und Anfechtbarkeit können erhebliche 180

Dazu Kapitel 3 § 3 A. I. 1. So die h. M., vgl. BGH, 12. 07. 1993 – II ZR 65/92, BB 1993, 1681, 1681; Zöllner/ Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 45; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 28; a. A. Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 197; wohl auch Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 58, 58a; dazu Kapitel 3 § 3 A. I. 1. 182 Vgl. nur Winter, in: Tagungsband RWS-Forum 1999, S. 37, 50 und 52; Paefgen, in: H/C/ L, § 38 Rn. 202. 181

180

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Zweifel an der (auch nur vorläufigen) Wirksamkeit bestehen. Bei noch nicht festgestellten Beschlüssen ergeben sich hingegen keine Rechtsunsicherheiten. Im Folgenden ist zu untersuchen, wie mit den Schwächen der allgemeinen Regeln umzugehen ist, also ob ihnen de lege lata begegnet werden kann. These 29: Die „allgemeinen Regeln“ bei der Frage der vorläufigen und endgültigen Beschlusswirksamkeit liegen im GmbH-Beschlussmängelrecht. Entscheidend ist dabei sowohl die förmliche Feststellung des Beschlusses als auch das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 GmbHG. Gegenstand der Anfechtung bzw. Nichtigkeit ist unmittelbar nur der Abberufungsbeschluss, dessen Nichtigkeit wiederum auf das Rechtsgeschäft Abberufung durchschlägt. These 30: Soweit Gesellschafter streiten, ob der für die Abberufung erforderliche wichtige Grund vorliegt, passen die allgemeinen Regeln bei festgestellten, aber potentiell nichtigen oder anfechtbaren Abberufungsbeschlüssen nicht. Bei noch nicht festgestellten Beschlüssen ergeben sich hingegen keine Rechtsunsicherheiten.

2. Rein rechnerischer Lösungsansatz (Altmeppen) Einen von den traditionellen Fallgruppen unabhängigen Ansatz verfolgt Altmeppen, indem er die vorläufige Wirksamkeit des Beschlusses – außer bei Nichtigkeit – allein davon abhängig macht, ob der Beschlussantrag rein rechnerisch die erforderliche Mehrheit erhält.183 Keine Rolle spielen sollen juristische Wertungen, insbesondere Stimmverbote, oder die Feststellung durch den Versammlungsleiter. Bei Erreichen der erforderlichen Mehrheit sei der Abberufungsbeschluss zunächst wirksam; der sich zu Unrecht abberufen fühlende Gesellschafter-Geschäftsführer müsse sich per einstweiligem Rechtsschutz und bzw. oder Anfechtungsklage wehren.184 Ohne die erforderliche Mehrheit sei der Abberufungsbeschluss aber vorübergehend wirkungslos, bis ein Gesellschafter ihn mittels Beschlussfeststellungsklage habe feststellen lassen.185 Altmeppens Ansatz erscheint schon in rechtsmethodischer Hinsicht zweifelhaft, denn er gestaltet eine vom anerkannten (Beschlussmängel-)Recht unabhängig Lösung, ohne einen methodischen Anknüpfungspunkt, etwa eine Analogie, erkennen zu lassen. Die Lösung begegnet vor allem aber inhaltlichen Bedenken. Sie schaltet das Beschlussmängelrecht aus, ohne einen sachlichen, rechtfertigenden Grund erkennen zu lassen. Insbesondere eignet sich diese Lösung nicht, die Schwäche der allgemeinen Regeln zu beheben, also dazu, die im Streitfall herrschende Rechtsunsicherheit zu beenden. Auch wenn diese Lösung etwas Rechtssicherheit zu schaffen vermag, dass sie dem Gesellschafter-Geschäftsführer das im Streitfall umstrittene Stimmrecht pauschal gewährt und somit zu einem klaren Stimmergebnis führt, bleibt letztlich unklar, ob der Abberufungsbeschluss rückwirkend aufgehoben werden 183 184 185

Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 38 Rn. 53 – 62; zur Nichtigkeit Rn. 61. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 38 Rn. 61 f. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 38 Rn. 54 – 60.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

181

wird. Der Sache nach bewirkt diese Lösung also allenfalls, dass sich die Last, wer im Streitfall gerichtlich vorgehen muss, mitsamt Darlegungs- und Beweislast verschiebt. Auch hierfür sind jedoch keine sachlichen Gründe ersichtlich. Vielmehr erscheint es falsch, die Stimme des abzuberufenden Gesellschafter-Geschäftsführers mitzuzählen, wenn der wichtige Grund wahrscheinlich oder sogar unstreitig ist.186 Dem rein rechnereischen Ansatz Altmeppens ist somit nicht zu folgen. 3. Lösung nach Fallgruppen Da es in den verschiedenen Konstellationen der Geschäftsführer zu unterschiedlichen Problemlagen kommt, ist die Lösung problemorientiert zu suchen. Wie die Abberufung des Geschäftsführers zu behandeln ist, ist – entsprechend der herrschenden Meinung – anhand von Fallgruppen zu bestimmen. Eine pauschale Lösung wäre nicht nur teilweise ungerechtfertigt.187 Sie führte mitunter auch nicht zu interessengerechten Ergebnissen.188 a) Fremd-Geschäftsführer Steht in Streit, ob ein wichtiger Grund vorliegt, führen die allgemeinen Regeln189 zu verschiedenen Ergebnissen: Der noch nicht festgestellte Beschluss bleibt mitsamt Abberufung unwirksam, bis er per Beschlussfeststellungsklage ex nunc festgestellt wurde. Insoweit besteht kein Korrekturbedarf. Beim förmlich festgestellten Beschluss herrscht hingegen Unsicherheit, ob er rückwirkend aufgehoben wird. Relevant ist nur der Streit unter Gesellschaftern.190 aa) Vorläufig wirksame Abberufung analog § 84 Abs. 3 S. 4 AktG? Die ganz herrschende Meinung hält die Abberufung des Fremd-Geschäftsführers analog § 84 Abs. 3 S. 4 AktG für vorläufig wirksam, bis ihre Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist.191 Fraglich ist indes, ob die Analogievoraussetzungen192 überhaupt vorliegen. 186

Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 38. Vgl. etwa den noch nicht festgestellten Abberufungsbeschluss, Kapitel 3 § 3 A. II. 1. c). 188 Vgl. etwa den Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sonderrecht (Kapitel 3 § 3 A. II. 3. c)) sowie den Gesellschafter-Geschäftsführer in der paritätischen Zwei-PersonenGmbH (Kapitel 3 § 3 A. II. 3. d)). 189 Für die Anwendung der allgemeinen Regeln: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 56 und 66 f.; Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 209, aber mit modifizierter Anfechtungsklage (Kapitel 3 § 3 A. II. 3. a) bb) und cc)). 190 Die Anfechtungsklage analog § 243 AktG steht mangels Klagebefugnis nicht dem Fremd-Geschäftsführer, sondern nur den Gesellschaftern zu, allg. M., vgl. BGH, 11. 2. 2008 – II ZR 187/06, NZG 2008, 317, 319. 191 OLG Hamm, 17. 9. 2001 – 8 U 126/1, GmbHR 2002, 327, 328; Fischer, in: FS Walter Schmidt, S. 117, 121; Fleck, GmbHR 1970, 221, 227. 187

182

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

(1) Vergleichbarkeit bei „neutralem“ Abberufungsorgan Ein erstes Argument für die Übertragung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG ins GmbHRecht lautet, er trage eine „Vermutung der Richtigkeit in sich“, namentlich dass ein wichtiger Grund vorliegt, weil der „Aufsichtsrat als quasi neutrale[…] Instanz“ entscheide.193 Dies lasse sich auf die Gesellschafterversammlung übertragen, wenn zwischen Geschäftsführer und Abberufungsorgan keine personellen Verflechtungen bestehen (Fremd-Geschäftsführer) oder die Verflechtungen keinen Einfluss auf die Abberufungsentscheidung gehabt haben können (Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung, der überstimmt wurde).194 Davon abgesehen, dass vollständige Neutralität gerade in kleinen, persönlichen GmbH schwieriger zu gewährleisten sein dürfte als in der größeren, „anonymeren“ AG, reicht diese Begründung nicht für eine Analogie. Die Neutralität mag zu einer höheren Richtigkeitsgewähr bei der Beschlussfassung führen. Allerdings dient die Wirksamkeitsfiktion des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG keinem Selbstzweck. Im Aktienrecht dient diese Regelung der Rechtssicherheit und dem Schutz vor einem „unkontrollierten“ Vorstand.195 Im GmbH-Recht ist weiter nach einer vergleichbaren Begründung zu suchen. (2) Schutz vor aufgedrängtem Geschäftsführer Ein weiterer Zweck des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG ist es, die AG vor den unkontrollierbaren Handlungen eines abberufungsreifen, aber immernoch – bis zur Gerichtsentscheidung – amtierenden Vorstands zu schützen.196 Eine vergleichbare Gefahr droht der GmbH indes nicht, da der Gesellschafterversammlung ein Weisungsrecht obliegt (vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG).197 (3) Vergleichbare Rechtsunsicherheit über Geschäftsleitung Das wohl gewichtigste Argument für die entsprechende Anwendung des § 84 Abs. 3 Abs. 4 AktG lautet, dass bei Anwendung der allgemeinen Regeln Rechtsunsicherheiten entstünden, die mit der Situation des AG-Aufsichtsrats vergleichbar sind. Mangelhafte Aufsichtsratsbeschlüsse sind grundsätzlich nichtig.198 § 84 Abs. 3 S. 4 AktG soll verhindern, dass bis zur gerichtlichen Klärung Unklarheit über die Zusammensetzung des Vorstands herrscht. 192 Teilweise werden indes Regel und Ausnahme verkehrt und die Analogie etwa auf das Argument stützt, es sprächen keine Gründe gegen die Analogie, vgl. etwa Baukelmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 38 Rn. 26. 193 Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 153. 194 Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 153. 195 Vgl. Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 209. 196 Dass § 84 Abs. 3 S. 4 AktG die Rechtsschutzmöglichkeiten prozessual einschränkt, soll der starken Stellung des Vorstands begegnen, Koch, in: Hüffer/Koch, § 84 Rn. 40; vgl. auch Fleischer, AG 2006, 429, 434 ff. 197 Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 209. 198 So die h. M., vgl. Spindler, in: MüKoGmbHG, § 52 Rn. 575 f. m. w. N.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

183

Abzulehnen ist zunächst das Argument von Schneider/Schneider, bei Gesellschafterbeschlüssen resultiere eine vergleichbare Rechtsunsicherheit aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Hiernach mache ein fehlender wichtiger Grund den Gesellschafterbeschluss nur anfechtbar, die Abberufung an sich aber unwirksam.199 Es geht schon die Annahme fehl, der wichtige Grund bilde eine Wirksamkeitsvoraussetzung unmittelbar für das Rechtsgeschäft „Abberufung“.200 An der zitierten Entscheidung hält der Bundesgerichtshof so heute ebenfalls nicht mehr fest.201 Unzutreffend ist auch die zweite von Fleck und Schneider vertretene Begründung, zumindest beim Gesellschafter-Geschäftsführer sei der Abberufungsbeschluss deshalb nichtig, weil ihm zu Unrecht ein Stimmverbot auferlegt wird.202 Dies erklärt weder die Analogie für den Fremd-Geschäftsführer; noch verdient die Rechtsauffassung Zustimmung, die (nicht vorsätzliche) Falschbewertung eines Stimmverbots mache den Gesellschafterbeschluss unwirksam.203 Eine mit der beim AG-Aufsichtsrat vergleichbare Rechtsunsicherheit ergibt sich bei festgestellten (d. h. vorläufig wirksamen) Abberufungensbeschlüssen aber daraus, dass bei umstrittenem wichtigen Grund unsicher ist, ob die Anfechtungsklage Erfolg hat und den die Abberufung tragenden Beschluss rückwirkend beseitigt. Hingegen genügt Paefgens Einwand nicht, bei Gesellschafterbeschlüssen bestehe eine höhere Rechtssicherheit, da Mängel anders als bei Aufsichtsratsbeschlüssen204 nicht grundsätzlich zur Nichtigkeit führen. Er basiert vielmehr auf der Prämisse, dass die Anfechtungsklage nach der Auffassung Paefgens205 in Abweichung von der herrschenden Meinung nur Ex-nunc-Wirkung entfalte. Dies stellt nicht die allgemeinen Regeln dar. Die Analogieprüfung hat aber auf den allgemeinen Regeln aufzusetzen. Nach diesen besteht bei festgestellten, anfechtbaren Abberufungsbeschlüssen eine vergleichbare Rechtsunsicherheit und damit eine vergleichbare Situation zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG. Insbesondere macht es für die Rechtssicherheit keinen Unterschied, ob die Abberufung von Anfang an (möglicherweise) nichtig ist oder aber rückwirkend (möglicherweise) wegfällt.

199 So Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 64 mit Verweis auf BGH, 25. 4. 1966 – II ZR 80/65, WM 1966, 615 und BGH, 7. 6. 1962 – II ZR 131/61, WM 1962, 811. 200 Dazu s. o. Kapitel 3 § 3 A. I. 201 Dazu s. o. Kapitel 3 § 3 A. I. 202 Fleck, WM 1981, Sonderbeil. S. 3, 10 m. w. N.; Schneider, ZGR 1983, 535, 542; Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 64. 203 So die heute ganz h. M.; vgl. Drescher, in: MüKoZPO, § 47 Rn. 216. Dazu oben Kapitel 3 § 3 A. I. Der Bundesgerichtshof will bei der Prüfung der Wirksamkeit der Abberufung heute sogar nur noch das Vorliegen eines wichtigen Grundes, nicht mehr aber das dadurch ausgelöste Stimmverbot prüfen, vgl. BGH, 4. 4. 2017 – II ZR 77/16, GmbHR 2017, 701, 701 f. 204 BGH, 17. 5. 1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, 347 f.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 108 Rn. 26 f., mit Gegenansichten, Rn. 28. 205 Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 197 und 209; dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. a) bb).

184

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Bei noch nicht festgestellten Abberufungsbeschlüssen führt der Streit um den wichtigen Grund demgegenüber nicht zu Rechtsunsicherheit: Der Beschluss mitsamt Abberufung wird nach allgemeinen Regeln erst mit Rechtskraft der Beschlussfeststellungsklage ex nunc wirksam. Insoweit scheitert eine Analogie zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG mangels Vergleichbarkeit. Fraglich ist ferner, ob die Analogie zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG überhaupt Rechtssicherheit zu schaffen vermag. Nach umstrittener Auffassung behalte die Anfechtungsklage auch bei einer etwaigen Analogie ihre Rückwirkung, sodass die Abberufung auch im Fall des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG (analog) bis zur gerichtlichen Klärung unsicher wäre.206 Die Rückwirkung überzeugt jedoch nicht. Für eine nicht rückwirkend beseitigbare Übergangsregelung spricht zunächst schon der – wenngleich nicht zwingende – Gesetzeswortlaut („wirksam, bis“). Vor allem aber wäre eine Interimsregelung, deren Hauptzweck es ist, Rechtssicherheit über die Zusammensetzung der Geschäftsleitung zu schaffen, wirkungslos, wenn sie sich durch eine einfache Anfechtungsklage aushöhlen ließe. Sie bezweckt vielmehr, für einen bestimmten Zeitraum stabile Verhältnisse zu schaffen. In und außerhalb der Gesellschaft soll man sich auf die Abberufung verlassen können. § 84 Abs. 3 S. 4 AktG wäre damit grundsätzlich geeignet, die erforderliche Rechtssicherheit zu schaffen. (4) Zwischenergebnis Die § 84 Abs. 3 S. 4 AktG zugrundeliegende Situation ist mit der Abberufung des Fremd-Geschäftsführers aus wichtigem Grund vergleichbar, soweit ihr ein festgestellter und damit vorläufig wirksamer Abberufungsbeschluss zugrundeliegt. Insbesondere macht es für die Rechtssicherheit keinen Unterschied, ob ein Abberufungsbeschluss – wie beim Aufsichtsrat – von Anfang an nichtig ist oder ob er – wie bei der Anfechtungsklage – rückwirkend wegfällt. Bei einem noch feststellungsbedürftigen Abberufungsbeschluss scheitert die Analogie mangels Vergleichbarkeit. Anders als häufig suggeriert, ist die Analogieprüfung zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG damit noch nicht abgeschlossen. Die Diskussion konzentriert sich auf die Vergleichbarkeit von Gesellschafter- und Aufsichtsratsbeschluss. Nur selten wird aber gefragt, ob sich Rechtssicherheit auf einem anderem, vorzugswürdigem Weg bewerkstelligen lässt (planwidrige Regelungslücke). bb) Verkürzte Anfechtungsklage mit Ex-nunc-Wirkung? Einen anderen Lösungsansatz, bei anfechtbaren Abberufungsbeschlüssen Rechtssicherheit zu schaffen, vertritt unter anderem Paefgen. Anstatt § 84 Abs. 3 S. 4 AktG analog anzuwenden, spricht er der Anfechtungsklage bei einem Abberufungsbeschluss, bei dem es am erforderlichen wichtigen Grund fehlt, die Ex-tunc206 So etwa Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 28; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, § 38 Rn. 45 sowie Anh. § 47 Rn. 178. Für Ex-nunc-Wirkung etwa: Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 157; Fischer, BB 2013, 2819, 2826.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

185

Wirkung ab und lediglich Ex-nunc-Wirkung zu.207 Eine nähere Begründung findet sich jedoch nicht. Im Ergebnis schafft dieser Ansatz dieselbe Rechtssicherheit wie die analoge Anwendung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG. Wurde der Abberufungsbeschluss förmlich festgestellt, könnte er nicht mehr rückwirkend entfallen. Die Abberufung wäre – ähnlich wie bei § 84 Abs. 3 S. 4 AktG – für den Überbrückungszeitraum wirksam. Der noch feststellungsbedürftige Beschluss würde mitsamt Abberufung hingegen erst ex nunc mit rechtskräftigem Abschluss des Beschlussfeststellungsverfahrens in Kraft treten. Andere Ergebnisse ließen sich in beiden Verfahren vor der Hauptsacheentscheidung aber durch einstweiligen Rechtsschutz erreichen. Rechtsdogmatisch ist diese Durchbrechung der grundsätzlichen Ex-tunc-Wirkung auf die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bzw. vom fehlerhaften Organ zu stützen. Zum einen kann auch die unrichtige Besetzung eines Organs aus Gründen der Rechtsunsicherheit, insbesondere wenn es um die Unternehmensleitung geht, ab ihrem Vollzug nur noch für die Zukunft beendet werden.208 Dann muss umgekehrt auch die fehlerhafte Abberufung, die zu denselben Unsicherheiten und Risiken führt, ab ihrer Invollzugsetzung die entsprechende Wirkung nach sich ziehen, d. h. die vorläufig wirksame Abberufung. Zum anderen ergibt sich die Anwendbarkeit dieses Rechtsgedankens auf die fehlerhafte Abberufung auch daraus, dass nach wohl herrschender Auffassung sogar einzelne Struktur- und Organisationsänderungen, insbesondere (positive wie negative209) Kapitaländerungen, Bestandsschutz genießen.210 Folglich muss erst recht auch die bloße Abberufung ab ihrer Invollzugsetzung Bestandsschutz genießen.211 Insoweit findet dieser allgemeine Rechtsgedanke, der dem Rechtsgedanken auch des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG entspricht,212 auch auf die Abberufung Anwendung.213 cc) Stellungnahme Ob die bei anfechtbaren Abberufungsbeschlüssen bestehenden Rechtsunsicherheiten durch eine Analogie zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG oder aber durch die Beschränkung der Anfechtungsklage auf Ex-nunc-Wirkung zu beheben ist, hängt davon ab, welche Implikationen beide Lösungen mit sich bringen.

207

Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 197 und 209; wohl auch Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 58, 58a. 208 Vgl. Schürnbrand, NZG 2008, 609, 611. 209 Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 193 – 234 und 234 – 250. 210 Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S.; Schäfer, Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 289 – 399 und 422 – 455, Hommelhoff, ZHR 154 (1994), 11, insb. 25 – 32; Krieger, ZHR 154 (1994), 35. 211 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 267. 212 Schürnbrand, NZG 2008, 609, 610. 213 Vgl. Schäfer, Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 478.

186

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Die Beschränkung der Anfechtungsklage auf Ex-nunc-Wirkung führte allein dazu, dass anfechtbare, d. h. festgestellte Abberufungsbeschlüsse vorläufig wirksam sind und hinsichtlich des Zeitraums bis zur Hauptsache- bzw. Eilrechtsschutzentscheidung Bestandsschutz genießen. Die Eilrechtsschutzmöglichkeiten würden nicht beeinträchtigt. Bei festgestelltem Beschluss hätte der Gesellschafter Eilrechtsschutz zu suchen, der gegen die Abberufung vorgehen will. Bei nicht festgestelltem Beschluss träfe die Gegenseite diese Aufgabe. Eine Analogie zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG zöge indes mehrere Rechtsfolgen nach sich. (1) Sperrwirkung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG gegenüber Eilrechtsschutz Ob eine Analogie zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG einstweiligen Rechtsschutz neben sich zuließe, ist umstritten. Nach herrschender Auffassung im Aktienrecht und wohl auch im GmbH-Recht beinhalte § 84 Abs. 3 S. 4 AktG eine „rigorose“214 Interimsregelung, die einstweiligen Rechtsschutz verdränge, soweit es über das Fehlen eines wichtigen Grundes gestritten wird; Zweck seien Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und zum Schutz der Gesellschafter.215 Die Gegenauffassung, die interessanterweise im GmbH-Recht stärker ausgeprägt ist als im Aktienrecht, ist indes ebenfalls nicht von der Hand zu weisen und argumentiert (ebenfalls) mit der Schaffung von Rechtssicherheit.216 Es ist zwar freilich nur ein schwaches Argument, dass auch einstweiliger Rechtsschutz in Rechtskraft erwachsen könne und deshalb dem Wortlaut des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG genüge („rechtskräftig festgestellt“).217 Denn die einstweilige Verfügung entscheidet nicht über den Anspruch als solchen, sondern nur über die Zulässigkeit seiner Sicherung. Es tritt also gerade noch keine endgültige Befriedung ein. Den Befürwortern des einstweiligen Rechtsschutzes ist aber zuzugeben, dass einstweiliger Rechtsschutz letztlich weder der Rechtsklarheit noch dem Schutz der GmbH vor abberufenen Geschäftsführern schadet.218 In der Sache wäre 214

Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 69. Zum GmbH-Recht: OLG Hamm, 17. 9. 2001 – 8 U 126/01, GmbHR 2002, 327, 328; OLG Braunschweig, 18. 8. 1976 – 3 U 30/76, GmbHR 1977, 61, 61 f.; Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 79; Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 158; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 69; Schneider, ZGR 1983, 535, 546; Fleck, GmbHR 1970, 221, 226. Zum Aktienrecht vgl. nur: OLG Stuttgart, 15. 4. 1985 – 2 U 57/85, ZIP 1985, 539, 540 ff.; Grumann/Gillmann, DB 2003, 770, 772; Janzen, NZG 2003, 468, 471; Koch, in: Hüffer/Koch, § 84 Rn. 34; Reiserer/Peters, DB 2008, 167, 167; Spindler, in: MüKoAktG, § 84 Rn. 153; Wiesner, in: MüHB-GesR IV, § 20 Rn. 55 jeweils m. w. N. Einige Kommentarstimmen erwähnen den einstweiligen Rechtsschutz auch schon gar nicht. 216 Zum GmbH-Recht: OLG Celle, 1. 4. 1981 – 9 U 195/80, GmbHR 1981, 264, 264 f.; OLG Frankfurt, 15. 12. 1981 – 5 W 9/81, GmbHR 1982, 237, 237; vgl. auch OLG Stuttgart, 15. 4. 1985 – 2 U 57/85, GmbHR 1986, 26, 26; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 36; Vollmer, GmbHR 1984, 5, 10 f. Zum Aktienrecht: Vedder, in: Grigoleit, § 84 Rn. 38. 217 Vgl. Vollmer, GmbHR 1984, 5, 10. 218 Vgl. Vollmer, GmbHR 1984, 5, 10 f. 215

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

187

einstweiliger Rechtsschutz also schon zwecks Einzelfallgerechtigkeit vorzugswürdig. Der Gesetzgeber hat sich bei § 84 Abs. 3 S. 4 AktG allerdings bewusst zulasten der Einzelfallgerechtigkeit und zugunsten vorläufiger Wirksamkeit entschieden, um „Ruhe in die Geschäfte der Gesellschaft“ zu bringen und „Organfragen möglichst nicht vorläufig“ zu regeln.219 Diese gesetzgeberische Entscheidung ist bindend. Sie scheint zwar besser zur kapitalistisch organisierten AG zu passen, würde bei einer Analogie aber für die GmbH grundsätzlich ebenso gelten. Bei analoger Anwendung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG wäre einstweiliger Rechtsschutz damit bei der Abberufung des GmbH-Geschäftsführers – ohne weitere Rechtsfortbildung – ebenfalls ausgeschlossen. (2) Regelung nicht festgestellter Abberufungsbeschlüsse? Wendet man § 84 Abs. 3 S. 4 AktG entsprechend der herrschenden Meinung analog auf die Abberufung des Fremd-Geschäftsführers aus wichtigem Grund an, ginge die Wirksamkeitsfiktion zu weit. Ob nach hergebrachter Auffassung die Abberufung in diesen Fällen ebenfalls als vorläufig wirksam gilt, wird, soweit ersichtlich, nicht ausdrücklich erwähnt. Diesen Schluss legt allerdings die Aussage nahe, dass es auf die förmliche Feststellung nicht ankomme.220 Dass die Abberufung jedoch auch bei noch nicht festgestellten Beschlüssen als wirksam fingiert wird, lässt sich nicht rechtfertigen. Hier besteht keine Rechtsunsicherheit und somit auch keine Vergleichbarkeit. Die Abberufung ist zunächst unwirksam und wird erst mit Rechtskraft des positiven Beschlussfeststellungsurteils ex nunc wirksam. Will eine Partei die Abberufung früher geklärt haben, muss sie vor Beschlussfassung einen Versammlungsleiter einschalten oder danach einstweiligen Rechtsschutz bemühen. (3) Bedarf nach Interimsregelung? Die Analogie zu § 84 Abs. 3 S. 3 AktG wäre aber auch dann, wenn sie einstweiligen Rechtsschutz nicht ausschlösse und wenn sich ihr Anwendungsbereich auch nur auf festgestellte Beschlüsse erstreckte, zugunsten der Anfechtungsklage mit Ex-nunc-Wirkung abzulehnen. Denn bei § 84 Abs. 3 S. 4 AktG handelt sich „der Sache nach um eine vorweggenommene einstweilige Regelung ohne Einzelfallprüfung“.221 Sie überlagert die allgemeinen Regeln, indem sie einen wichtigen Grund unterstellt. Demgegenüber gewährt die Lösung, die nur die Anfechtungsklage „verkürzt“, eine höhere Einzelfallgerechtigkeit. Schalten die Gesellschafter einen Versammlungsleiter ein, hat dieser – jedenfalls bei der Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern – bereits im Rahmen des Stimmverbots eine Vorprüfung über den wichtigen Grund zu leisten. Weiter haben es die Gesellschafter in der Hand, die Abberufung durch förmliche oder konkludente Feststellung des Beschlussergebnisses sofort wirksam werden zu lassen oder bis zur gerichtlichen Klärung zu 219 220 221

So etwa OLG Hamm, 17. 9. 2001 – 8 U 126/01, GmbHR 2002, 327, 328. Lieder/Ringlage, GmbHR 2017, 1065, 1070. Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 151.

188

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

warten. Diese Lösung erscheint somit als gerechterer, flexibler Ausgangspunkt, ohne dabei an Rechtssicherheit einzubüßen. Demgegenüber bietet die pauschale, vorläufige Unterstellung eines wichtigen Grunds keine ersichtlichen Vorteile. dd) Zwischenergebnis Wird bei der Abberufung eines Fremd-Geschäftsführers über den wichtigen Grund gestritten, ist es entgegen der herrschenden Meinung vorzuziehen, nicht § 84 Abs. 3 S. 4 AktG analog anzuwenden, sondern die Anfechtungsklage auf Ex-nuncWirkung zu verkürzen. Die Analogie scheitert bei festgestellten Abberufungsbeschlüssen mangels planwidriger Regelungslücke. Bei nicht festgestellten Abberufungsbeschluss scheitert sie darüber hinaus jedenfalls an der fehlenden Vergleichbarkeit, da es zu keiner unzumutbaren Rechtsunsicherheit kommt. Einstweiliger Rechtsschutz steht in beiden Fällen offen. Die „vorläufige“ Wirksamkeit entfaltet für die Zeit bis zur Hauptsache- bzw. Eilrechtsschutzenscheidung Bestandskraft. Die vorläufige Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses hängt mithin von seiner förmlichen Feststellung ab. These 31: Wird ein Fremd-Geschäftsführer aus wichtigem Grund abberufen, findet entgegen der herrschenden Meinung § 84 Abs. 3 S. 4 AktG keine analoge Anwendung, sondern die Anfechtungsklage ist auf Ex-nunc-Wirkung zu reduzieren. Somit entfällt auch die von der Interimsregelung des § 84 Abs. 3 S. 4 GmbHG ausgehende Sperrwirkung gegenüber Eilrechtsschutz. Die vorläufige Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses hängt von seiner förmlichen Feststellung ab.

b) „Einfacher“ Gesellschafter-Geschäftsführer Fraglich ist weiter, wie die Abberufung aus wichtigem Grund bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer zu beurteilen ist, der eine Minderheitsbeteiligung an der GmbH hält und weder ein in der Satzung verankertes Sonderrecht zur Geschäftsführung besitzt noch in einer Zwei-Personen-GmbH tätig ist. Die Ausgangslage entspricht weitgehend der des Fremd-Geschäftsführers. Der an sich abstimmungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführer unterliegt, wenn er aus wichtigem Grund abberufen werden soll, zwar einem Stimmverbot (vgl. § 47 Abs. 4 GmbHG). Sollte es an dem erforderlichen wichtigen Grund tatsächlich fehlen, wäre der Abberufungsbeschluss also auch im Hinblick auf das – je nach Auffassung222 – rechtswidrige Stimmverbot anfechtbar.223 Dies wirkt sich aber faktisch nicht aus, da beide Anfechtungsgründe parallel nebeneinander vorliegen. Ein spürbarer Unterschied liegt also nur darin, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer, anders als der 222 Für die Rechtswidrigkeit des Stimmverbots kommt es jedoch darauf an, ob man der Ansicht folgt, dass für das Stimmverbot der wichtige Grund tatsächlich vorliegen muss, oder ob man mit der anderen Ansicht vertritt, dass die (schlüssige, substantiierte) Behauptung genüge. Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. b) bb) (2). 223 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 1. a) und b).

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

189

Fremd-Geschäftsführer, selbst Anfechtungsklage erheben kann. Weiter hat er als Teilhaber ein eigenes Interesse an den Geschicken des Unternehmens. aa) Anfechtung ex nunc statt Interimsregelung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG Auch beim einfachen Gesellschafter-Geschäftsführer will die ganz überwiegende Auffassung die Interimsregelung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG entsprechend anwenden.224 Die Analogie fußt auf derselben Begründung wie beim Fremd-Geschäftsführer. Doch auch hier ist die Analogie bei festgestellten Abberufungsbeschlüssen mangels Regelungslücke abzulehnen. Dieselben Argumente wie beim Fremd-Geschäftsführer225 sprechen beim einfachen Gesellschafter-Geschäftsführer sogar umso mehr dafür, Rechtssicherheit dadurch herzustellen, dass die Anfechtungsklage auf Ex-nunc-Wirkung verkürzt wird: Erstens bedarf der klagebefugte Gesellschafter-Geschäftsführer einer Eilrechtsschutzmöglichkeit umso mehr. Zweitens kommt nicht festgestellten Abberufungsbeschlüssen eine größere Bedeutung zu, da häufig über das Stimmverbot gestritten werden dürfte. Und drittens wird gerade beim Gesellschafter-Geschäftsführer die Einzelfallgerechtigkeit erhöht, weil der Versammlungsleiter bei der Entscheidung über das Stimmverbots eine Vorprüfung des wichtigen Grunds vornimmt. Bei nicht festgestellten Abberufungsbeschlüssen scheitert die Analogie – wie beim FremdGeschäftsführer226 – darüber hinaus jedenfalls an der fehlenden Vergleichbarkeit, weil es zu keiner Rechtsunsicherheit kommt. bb) Vorläufige Unwirksamkeit analog §§ 117, 127 HGB (Grunewald)? Indes weist Grunewald noch auf ein weiteres Problem bei der Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern hin. Sie hält die allgemeinen Regeln für „nicht sachgerecht“, weil auf diese Weise die „bloße Behauptung“ eines wichtigen Grunds genüge, um den Gesellschafter-Geschäftsführer durch einen festgestellten Beschluss zumindest vorläufig aus seinem Amt zu drängen.227 Grunewald plädiert deshalb dafür, Konflikte bei der Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern aus wichtigem Grund analog den §§ 117, 127 HGB zu lösen.228 Die Abberufung aus wichtigem Grund solle entsprechend dem oHG- und KG-Recht so lange unwirksam bleiben, bis das Gericht rechtskräftig rechtsgestaltend über den wichtigen Grund 224

Baukelmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 38 Rn. 26; Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff, § 38 Rn. 30; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 5 f.; Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 63 f.; Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 153 (soweit „keine personellen Verflechtungen“); diff. Terlau, in: MHLS, § 38 Rn. 70 (bei personalistischer Struktur: Feststellungsklage) jeweils m. w. N. 225 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3 a). 226 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3 a) cc) (2). 227 Grunewald, in: FS Zöllner, S. 177, 184 und 186. 228 Grunewald, in: FS Zöllner, S. 177, 184 – 186. Fischer, in: FS Walter Schmidt, S. 117, 121 ff.; so auch noch Mertens, in: Hachenburg, § 38 Rn. 69; Eder, GmbHR 1962, 22.

190

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

entschieden hat. In dringenden Fällen könne man aber im einstweiligen Rechtsschutz gegen den Geschäftsführer vorgehen, so Grunewald im konkreten Fall229 sowie die herrschende Meinung230 zum oHG- und KG-Recht. Diese Lösung konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Sie widerspricht nicht nur der Systematik des § 38 Abs. 2 GmbHG, wonach für die Abberufung grundsätzlich ein Gesellschafterbeschluss und die Kundgabe genügen.231 Auch ist ihre Prämisse, bereits die bloße Behauptung eines wichtigen Grundes löse ein Stimmverbot aus, höchst umstritten.232 Zuvörderst aber ist fragwürdig, ob die Analogievoraussetzungen vorliegen, insbesondere ob die Situation des GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers mit der des oHG-Gesellschafters/ Komplementärs vergleichbar ist. (1) Rechtssicherheit Grunewald begründet die Vergleichbarkeit mit dem oHG- und KG-Recht zunächst damit, dass dasselbe Bedürfnis bestehe, „klare Verhältnisse“ zu schaffen.233 Diese Begründung genügt allerdings nicht. Die vorübergehende Unwirksamkeit analog den §§ 117, 127 HGB beseitigte zwar die Rechtsunsicherheit, die nach den allgemeinen Regeln wegen der Rückwirkung der Anfechtungsklage besteht. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit bietet die Lösung jedoch keine Vorzüge gegenüber den anderen Wegen, die § 84 Abs. 3 S. 4 AktG analog anwenden oder die Anfechtungsklage auf Ex-nunc-Wirkung verkürzen. (2) Schutzbedürftigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters? Als zweites Argument für die Vergleichbarkeit mit oHG und KG führt Grunewald an, auch der GmbH-Gesellschaftergeschäftsführer sei davor zu schützen, dass er allein aufgrund der Behauptung, es liege ein wichtiger Grund vor, vorübergehend abberufen werden kann.234 Höchst umstritten ist aber schon die Prämisse, die bloße Behauptung könne zur Abberufung führen. Teilweise wird vertreten, die einfache235 bzw. schlüssige, sub-

229

Grunewald, in: FS Zöllner, S. 177, 184 – 186. Statt aller Jickeli, in: MüKoHGB, § 117 Rn. 69 m. w. N. 231 Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 211; Baukelmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 38 Rn. 24. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch andere Anforderungen an die Abberufung stellen. 232 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. b) bb) (2). 233 Vgl. Grunewald, in: FS Zöllner, S. 177, 184. 234 Grunewald, in: FS Zöllner, S. 177, 184 – 186. 235 OLG Naumburg, 23. 2. 1999 – 7 U (Hs) 25/98, NZG 2000, 44, 46; OLG Karlsruhe, 4. 5. 1999 – 8 U 153/97, NZG 2000, 264, 265; Grunewald, in: FS Zöllner, S. 177, 183; Heilmeier, in: BeckOK-GmbHG, § 38 Rn. 65; Jacoby, in: Bork/Schäfer, § 38 Rn. 15; Oetker, in: Henssler/ Strohn, § 38 Rn. 38; Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 188; Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 78; Terlau, in: MHLS, § 38 Rn. 61; ausdrücklich offengelassen von BGH, 4. 4. 2017 – II ZR 77/16, GmbHR 2017, 701, 702. 230

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

191

stantiierte Behauptung236 eines wichtigen Grundes reiche aus, um ein Stimmverbot des abzuberufenden Gesellschafter-Geschäftsführers auszulösen. Die „objektive Ansicht“ hingegen will ein Stimmverbot des abzuberufenden Gesellschafters nur annehmen, wenn der wichtige Grund tatsächlich vorliegt. Sie gibt dem Versammlungsleiter somit eine Nachforschungspflicht auf.237 In diesem höchst komplexen Streit finden sich für beide Seiten gute Argumente.238 Am Ende ausschlaggend dürfte aber der gebotene Schutz des infragestehenden Gesellschafter-Geschäftsführers sein. Will man verhindern, dass die Abberufung als Machtinstrument ausgenutzt wird, darf die bloße, womöglich unsubstantiierte Behauptung eines wichtigen Grundes nicht für das Stimmverbot genügen. Es erscheint vorzugswürdiger, dieser Gefahr bereits auf Stimmverbotsebene zu begegnen als die §§ 117, 127 HGB analog anzuwenden. Die These lässt zudem außer Acht, dass das Stimmverbot nicht zwangsläufig auch zur (vorläufigen) Abberufung führt, denn der Stimmrechtsausschluss bedingt nicht zwingend auch die Mehrheitsverhältnisse. Der Stimmrechtsausschluss käme beim überstimmten Minderheits-Gesellschafter nicht zum Tragen, wenn er ohnehin überstimmt würde. Die analoge Anwendung der §§ 117, 127 HGB widerspräche dem Willen der Gesellschaftermehrheit und passte nicht. Teilweise wird ferner behauptet, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei bereits ausreichend geschützt, weil die Gesellschafterversammlung einen neutralen Versammlungsleiter notfalls ad hoc bestellen und der abzuberufende GesellschafterGeschäftsführer dies per einstweiliger Verfügung durchsetzen könne.239 Als Schutzmechanismus ist der Versammlungsleiter jedoch wenig geeignet. Seine Bestellung bedarf einer Satzungsregelung oder eines Mehrheitsbeschlusses.240 Ohne 236

OLG Brandenburg, 17. 1. 1996 – 7 U 106/95, GmbHR 1996, 539, 542; Buck-Heeb, in: G/ B/S, § 38 Rn. 9; Diekmann/Marsch-Barner, in: MüHBGesR III, § 42 Rn. 62; Drescher, in: MüKoGmbHG, § 47 Rn. 164; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 17; Lücke/Simon, in: Saenger/Inhester, § 38 Rn. 50; K. Schmidt, in: Scholz, § 46 Rn. 76; K. Schmidt, GmbHR 2017, 670, 671 – 673. 237 Ensenbach, GmbHR 2016, 8, 14; Fischer, BB 2013, 2819, 2820; Werner, GmbHR 2015, 1185, 1187; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, 238; Wolff, in: MüHBGesR III, § 38 Rn. 47; Schindler, in: BeckOK-GmbHG, § 47 Rn. 118.2; Hillmann, in: Henssler/Strohn, § 47 Rn. 68; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 47 Rn. 45; Casper, in: Bork/Schäfer, § 47 Rn. 50 und 60; Teichmann, in: G/B/S, § 47 Rn. 42; Römermann, in: MHLS, § 47 Rn. 244; Wicke, GmbHG, § 38 Rn. 11; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 35 und § 47 Rn. 85 f.; Hüffer/ Schürnbrand, in: U/H/L, § 47 Rn. 188; Hüffer/Carsten, in: H/C/L, § 47 Rn. 188; Haase, BB 2017, 1807, 1807; Paefgen/Sirovina, WuB 2017, 491; Bayer, GmbHR 2017, 665, 669 f. 238 Mit guter Übersicht: Bayer, GmbHR 2017, 665, 669 f.; K. Schmidt, GmbHR 2017, 670, 671 – 673. 239 Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 211 und 232; vgl. auch OLG Zweibrücken, 30. 10. 1997 – 4 U 11/97, GmbHR 1998 Diekmann/Marsch-Barner, in: MüHBGesR III, 373, 373 f.; Winter, in: Tagungsband RWS-Forum 1999, S. 37, 59. 240 BGH, 4. 5. 2006 – II ZR 166/07, GmbHR 2009, 1325, 1326; Noack, GmbHR 2017, 792, 799 m. w. N. Allerdings ist beim nicht einvernehmlich bestellten „Mehrheits-Versammlungs-

192

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

diesen Anspruch kann der abzuberufende Gesellschafter-Geschäftsführer die Bestellung des Versammlungsleiters auch nicht per einstweiliger Verfügung durchsetzen. Auch ein neutraler Versammlungsleiter entfaltete zudem nur begrenzt Schutzwirkung. Selbst wenn man vertritt, dass der Versammlungsleiter nicht nur die Behauptung, sondern das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes zu prüfen hätte, hätte es, wenn der Versammlungsleiter den wichtigen Grund verneint, lediglich zur Folge, dass der abzuberufende Gesellschafter abstimmen darf. Seine Entscheidung über den wichtigen Grund mag gewisse Vorbildwirkung gegenüber den anderen abstimmenden Gesellschaftern haben. In rechtlicher Hinsicht schützt dies jedenfalls den Minderheits-Gesellschafter aber kaum vor seiner vorläufigen Abberufung. Zutreffend wendet die ganz herrschende Meinung gegen die Vergleichbarkeit aber vor allem ein, dass die §§ 117, 127 HGB die Rechtsstellung des geschäftsführenden Gesellschafters in oHG und KG deshalb besonders schützen, weil er häufig erhebliches Vermögen eingebracht hat und mit dem persönlichen Vermögen haftet (§ 128 S. 1 HGB ggfs. i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB),241 während dem GmbHGesellschafter grundsätzlich keine persönliche Haftung droht (§ 13 Abs. 2 GmbHG).242 Auch sonst sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der GesellschafterGeschäftsführer besonders schutzbedürftig sein soll. Anders als oHG-Gesellschafter oder KG-Komplementäre besitzt der GmbH-Gesellschafter grundsätzlich, d. h. außer bei einem statutarischen Sonderrecht, kein mitgliedschaftliches, unentziehbares Recht auf Geschäftsführung. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr bewusst für die Möglichkeit entschieden, sich leicht wieder vom (häufig: Fremd-)Geschäftsführer zu trennen.243 Auch die Tatsache, dass die Satzung die Abberufung auf wichtige Gründe beschränkt, schützt Geschäftsführer nur reflexhaft, was etwa am noch nichtmal anfechtungsbefugten Fremdgeschäftsführer zu sehen ist. Zuletzt spricht gegen die entsprechende Anwendung der §§ 117, 127 HGB auch die Art und Weise der Bestellung. Bei oHG bzw. KG werden die Gesellschafter bzw. Komplementäre unmittelbar kraft Gesetzes in die Organstellung als Geschäftsführer erhoben und können auch nur unter den engen gesetzlichen Voraussetzungen daraus entfernt werden. Beim GmbH-Geschäftsführer, der seine Organstellung grundsätzlich durch Beschlussfassung und Erklärung der Bestellung erlangt (vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG), muss die Abberufung ebenso durch den „actus contrarius“, also Beschlussfassung und Verkündung möglich sein.

leiter“ umstritten, ob er die Kompetenz erhält, Mehrheitsbeschlüsse festzustellen. Dazu ausführlich Noack, GmbHR 2017, 792, 796 f. 241 Zum Zweck der §§ 117, 127 HGB vgl. nur Jickeli, in: MüKoHGB, § 117 Rn. 1 m. w. N. 242 BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 180; das Urteil betraf zwar die paritätische Zwei-Personen-GmbH als Sonderfall, der BGH schloss die Übertragbarkeit der §§ 117, 127 HGB dabei jedoch grundsätzlich für den GmbH-Geschäftsführer aus. Ebenso Fleck, GmbHR 1970, 221, 221; Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 211; Baukelmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 38 Rn. 24 m. w. N. 243 Vgl. BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 180 f.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

193

cc) Zwischenergebnis Auch beim „einfachen“ Gesellschafter-Geschäftsführer ist den Rechtsunsicherheiten allein dadurch zu begegnen, dass die Anfechtungsklage auf Ex-nunc-Wirkung verkürzt wird. Demgegenüber finden § 84 Abs. 3 S. 4 AktG aus denselben Gründen wie beim Fremd-Geschäftsführer und die §§ 117, 127 HGB mangels Vergleichbarkeit keine analoge Anwendung. These 32: Auch beim „einfachen“ Gesellschafter-Geschäftsführer ist den Rechtsunsicherheiten allein dadurch zu begegnen, dass die Anfechtungsklage auf Ex-nunc-Wirkung verkürzt wird. Demgegenüber finden § 84 Abs. 3 S. 4 AktG aus denselben Gründen wie beim Fremd-Geschäftsführer und die §§ 117, 127 HGB mangels Vergleichbarkeit keine analoge Anwendung.

c) Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sonderrecht Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, den die Satzung mit einem Sonderrecht zur Geschäftsführung ausstattet, hängt die Wirksamkeit seiner Abberufung davon ab, dass er entweder der Abberufung zustimmt (vgl. § 35 BGB) oder ein wichtiger Grund i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG vorliegt.244 Eine Verletzung dieses Sonderrechts führt nach allgemeiner Auffassung ipso iure und ex tunc zunächst zur schwebenden Unwirksamkeit des Abberufungsbeschlusses und mit Verweigerung der Zustimmung zur endgültigen Unwirksamkeit. Die Unwirksamkeit stützt sich nicht auf § 241 AktG (analog), sondern auf die Dogmatik zu § 35 BGB.245 Teilweise wird vertreten, ob die Abberufung vor der Hauptsacheentscheidung wirksam ist, richte sich bei einem Sonderrecht auf Geschäftsführung nach der materiellen Rechtslage. Die Wirksamkeit hänge davon ab, ob ein wichtiger Grund tatsächlich vorliegt.246 Dies entspricht wegen der ipso iure wirkenden Nichtigkeit den allgemeinen Regeln.247 Die Anwendung der allgemeinen Regeln ist beim Sonderrecht jedoch problematisch. Denn wenn unsicher ist, ob ein wichtiger Grund vorliegt, bliebe jedenfalls beim festgestellten Abberufungsbeschluss bis zum rechtskräftigen Feststellungsurteil unklar, ob die Abberufung wirksam ist. Der Rechtsunsicherheit über eine Analogie zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG zu begegnen, vertritt, soweit ersichtlich, zu Recht niemand. Diese Interimsregelung sorgte zwar für Rechtssicherheit. Die vorübergehend wirksame Abberufung ließe sich allerdings nicht mit dem Vorzugscharakter des Sonderrechts vereinbaren.248 Im Ergebnis besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers mit Sonderrecht erst mit rechtskräftiger Gerichts244

Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 1. a). Statt aller Fleck, GmbHR 1970, 221, 223; Leuschner, in: MüKoBGB, § 35 Rn. 12. 246 Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 38 Rn. 153 und 156. 247 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 1. a). 248 Vgl. etwa Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 63; Fischer, in: FS Walter Schmidt, S. 117, 121 ff. 245

194

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

entscheidung über den wichtigen Grund wirksam wird. Umstritten ist aber, auf welche Rechtsgrundlage sich die vorübergehende Unwirksamkeit stützt. So wird sie entweder auf eine Analogie zu den §§ 117, 127 HGB249 oder auf die „in der Wirkung […] ähnlich[e]“250 Dogmatik des § 35 BGB251 gestützt. Richtig dürfte sein, dass bei nicht festgestellten Abberufungsbeschlüssen keine der beiden Rechtsfortbildungen gerechtfertigt wäre, da insoweit schon keine Rechtsunsicherheit eintritt. Hier gelangen bereits die allgemeinen Regeln zu dem Ergebnis, dass die Abberufung bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Hauptsacheentscheidung unwirksam ist. Bei festgestellten Abberufungsbeschlüssen hingegen kommt es zu einem Zusammenspiel von § 35 BGB und den §§ 117, 127 BGB. Denn freilich begründet sich die Sonderbehandlung des Mitgliedschaftsrechts in der Dogmatik des § 35 BGB. Als Blaupause für eine kraft Rechtsforbildung zu schaffende Interimsregelung eignen sich hingegen die insbesondere in ihrer Rechtsfolge klar konturrierten §§ 117, 127 HGB besser. Die Analogie zu den §§ 117, 127 HGB lässt sich zudem – anders als beim GesellschafterGeschäftsführer ohne Sonderrecht – damit begründen, dass das Geschäftsführungsrecht hier ebenso wie beim oHG-Gesellschafter oder Komplementär zum Mitgliedschaftsrecht erhoben wurde. Im Ergebnis ist die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers mit Sonderrecht damit in allen Fällen unwirksam, bis das Gericht rechtskräftig über das Vorliegen eines wichtigen Grundes entschieden hat. Beim noch nicht festgestellten Abberufungsbeschluss folgt dies aus den allgemeinen Regeln, beim festgestellten Beschluss gilt die Interimsregelung der §§ 117, 127 HGB entsprechend. Wenngleich die §§ 117, 127 HGB eine Interimsregelung über die vorläufige Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses treffen, besteht hier, anders als etwa bei der Interimsregelung in § 84 Abs. 3 S. 4 AktG – Einigkeit darüber, dass sie einstweiligen Rechtsschutz neben sich gestattet. Das verdient Zustimmung. Die §§ 117, 127 HGB zielen in erster Linie darauf ab, die subjektiven Rechte des mit seinem persönlichen Vermögen beteiligten Komplementärs zu schützen, was zuerst über die grundsätzliche vorläufige Unwirksamkeit und sodann über die Einzelfallentscheidung (und Verteidigungsmöglichkeit) im gerichtlichen Eilrechtsschutz zuteil wird. Die Interimsregelung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG schützt hingegen nicht primär den Vorstand. Sie hat den Zweck, klare, rechtssichere Verhältnisse über die Geschäftsleitung und klare Strukturen insbesondere hinsichtlich der Organbefugnisse zu si-

249 Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 66; Diekmann/Marsch-Barner, in: MüHBGesR III, § 42 Rn. 69; Fischer, in: FS Walter Schmidt, S. 117, 121 ff.; Fleck, GmbHR 1970, 221, 226; Mertens, in: Hachenburg, § 38 Rn. 69. 250 So Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 38 Rn. 63; ähnlich Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 32: „Das ist dann zwar nicht das Ergebnis eines gestaltenden Entziehungsurteils entsprechend §§ 117, 127 HGB, läuft aber in der Sache darauf hinaus“. 251 Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 216; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 38 Rn. 63; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 32; vgl. auch Terlau, in: MHLS, § 38 Rn. 69; Baukelmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 38 Rn. 24.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

195

chern. Einstweiliger Rechtsschutz weichte den Zweck wiederum auf.252 Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel, dass zwar beides Interimsregelungen ohne Einzelfallprüfungen sind, von der jedoch nur eine Sperrwirkung gegenüber Eilrechtsschutz entfaltet. Zusammenfassend ist die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit Sonderrecht vorläufig unwirksam. Bei nicht festgestellten Beschlüssen ergibt sich dies aus den allgemeinen Regeln. Bei festgestellten Beschlüssen folgt dies, wenn der wichtige Grund fehlt, aus § 35 BGB, andernfalls aus einer Analogie zu den §§ 117, 127 HGB. Für den einstweiligen Rechtsschutz spielt die dogmatische Unterscheidung keine Rolle, da die §§ 117, 127 HGB einstweiligen Rechtsschutz neben sich erlauben. These 33: Die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit Sonderrecht ist vorläufig unwirksam. Bei nicht festgestellten Beschlüssen ergibt sich dies aus den allgemeinen Regeln. Bei festgestellten Beschlüssen folgt dies, wenn der wichtige Grund fehlt, aus § 35 BGB, andernfalls aus einer Analogie zu den §§ 117, 127 HGB. Für den einstweiligen Rechtsschutz spielt die dogmatische Unterscheidung keine Rolle, da die §§ 117, 127 HGB einstweiligen Rechtsschutz neben sich erlauben.

d) Gesellschafter-Geschäftsführer in paritätischer Zwei-Personen-GmbH aa) Einschränkungen der Zwei-Personen-GmbH bei grundsätzlich freier Abberufung? Die Zwei-Personen-GmbH zweichnet sich in der Regel durch eine hohe persönliche Bindung aus. Sie basiert häufig auf persönlichen Beziehungen253 und der Gesellschafter-Geschäftsführer übt seine Tätigkeit hier nicht selten als „Lebensberuf“254 aus. Aus diesem Grund findet sich mitunter die Auffassung, der Mehrheitsgesellschafter solle vor allem den annähernd gleich hoch beteiligten Minderheitsgesellschafter nicht frei abberufen können.255 Auch wenn der Geschäftsführer grundsätzlich256 frei abberufbar ist (§ 38 Abs. 1 GmbHG), wird daher erwogen, besondere Anforderungen an die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers zu stellen. Limbach vertritt den verfahrensrechtlichen Ansatz, entsprechend den §§ 117, 127 HGB sei nicht nur ein wichtiger Grund erforderlich, sondern auch die Abberufung bis 252

Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. a). Grundlegend zur Abberufung nach § 38 Abs. 1 GmbHG etwa OLG Karlsruhe, 23. 12. 1965 – 10 U 313/65, GmbHR 1976, 214, 215: Hier hatten „enge persönliche Bindungen (eine Verlobung) bestanden, die überhaupt erst zur Errichtung der Gesellschaft geführt haben“. 254 Vgl. etwa Limbach, GmbHR 1968, 181, 182. 255 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 38 Rn. 20; a. A. Kreklau, GmbHR 2007, 365, 368 jeweils m. w. N. 256 Ihre Grenzen findet die freie Abberufbarkeit im Gesellschaftsvertrag, in der Treuebindung, in schuldrechtlichen Abreden, im Sonderrecht zur Geschäftsführung und im Mitbestimmungsrecht. 253

196

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

zur rechtskräftigen Gerichtsentscheidung unwirksam.257 Dieser Ansatz stößt zu Recht auf Ablehnung.258 Die Interimsregelung aus dem oHG- und KG-Recht ist vor allem wegen der Haftungsbeschränkung der GmbH nicht übertragbar.259 Auch sonst findet sich kein sachlicher Grund, der den Rückgriff auf die §§ 117, 127 HGB rechtfertigte. Anders als bei der Abberufung aus wichtigem Grund besteht die Gefahr eines „gegenseitigen Ausschaltens“260 nicht, denn der abzuberufende GesellschafterGeschäftsführer unterliegt nach herrschender Meinung261 grundsätzlich keinem Stimmverbot (vgl. § 47 Abs. 4 GmbHG). Insbesondere der Gesellschafter-Geschäftsführer mit mindestens hälftiger Beteiligung kann seine Abberufung durch bloße Stimmrechtsausübung verhindern. Hinsichtlich des Verfahrensrechts bleibt es daher bei den allgemeinen Regeln. Zu Recht wird der persönlichen Bindung daher meist auf materiell-rechtlicher Ebene Rechnung getragen – teilweise durch Berücksichtigung im Rahmen der Treuepflicht,262 teilweise durch Statuierung eines ungeschriebenen Willkürverbots.263 Richtig dürfte sein, dass eine engere persönliche Bindung nicht per se höhere Anforderungen an die Abberufung rechtfertigt. Insbesondere hat ein (knapper) Mehrheitsgesellschafter seinen Anteil i. H. v. 51 % in aller Regel erworben, um die Mehrheit zu halten und den Zweitgesellschafter notfalls zu überstimmen.264 Umgekehrt durfte der Minderheitsgesellschafter beim Erwerb eines Anteils i. H. v. 49 % (grundsätzlich) kein Vertrauen darin haben, Beschlüsse „des Mehrheitsgesellschafters“ verhindern zu können. Die höhere Bindung dürfte daher allenfalls bei der Abwägung im Rahmen der Treuepflicht ins Gewicht fallen.265 bb) Abberufung aus wichtigem Grund bei paritätischer Zwei-Personen-GmbH? Die Abberufung aus wichtigem Grund begegnet in der Zwei-Personen-GmbH über die besondere persönliche Bindung hinaus einem Strukturproblem. Soweit ein 257

Limbach, GmbHR 1968, 181, 181 f. BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 112/82, BGHZ 86, 177, 180; Lieder/Ringlage, GmbHR 2017, 1065, 1066; Baukelmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 38 Rn. 3 m. w. N. 259 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. b) bb). 260 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. d) bb). 261 So allg. M., vgl. nur BGH 4. 4. 2017 – II ZR 77/16, GmbHR 2017, 701, 701; BGH, 21. 4. 1969 – II ZR 200/67, GmbHR 1969, 54. Die Einwirkung in den Rechtskreis des abzuberufenden Gesellschafter-Geschäftsführers genügt nicht. Für ein Stimmverbot muss es vielmehr um die Bewertung eines Verhaltens des Gesellschafters gehen, sodass er zum „Richter in eigener Sache“ würde. 262 Baukelmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 38 Rn. 3; Kreklau, GmbHR 2007, 365, 368; Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 25; Terlau, in: MHLS, § 38 Rn. 6 m. w. N. 263 Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 16; Lücke/Simon, in: Saenger/Inhester, § 38 Rn. 31 m. w. N. 264 Kreklau, GmbHR 2007, 365, 368. 265 So etwa Lieder/Ringlage, GmbHR 2017, 1065, 1066 f.; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 38 Rn. 4; Terlau, in: MHLS, § 38 Rn. 6. 258

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

197

Gesellschafter behauptet, es liege ein wichtiger Grund für die Abberufung des anderen Gesellschafters als Geschüftsführer vor, und der Versammlungsleiter diesem Ergebnis bei seiner Nachprüfung folgt, ist der andere Gesellschafter – nach umtrittener Auffassung266 – von der Abstimmung über seine Abberufung ausgeschlossen (vgl. § 47 Abs. 4 GmbHG). Auf diese Weise können Gesellschafter bei Meinungsund Interessenverschiedenheiten den jeweils anderen Gesellschafter bequem vorübergehend als Geschäftsführer ausschalten.267 Wird nach jahrelangem Rechtsstreit die Abberufung aufgehoben, können sich die Gesellschafter erneut als Geschäftsführer außer Gefecht setzen.268 Damit schadeten sich die Gesellschafter nicht nur gegenseitig, sondern sie schränkten vor allem die Handlungsfähigkeit der GmbH ein. Ist die Zwei-Personen-GmbH dazu noch paritätisch, d. h. gehören den beiden Gesellschaftern also jeweils 50 % der GmbH, gestaltet sich die Lage noch problematischer, wenn sie sich nicht auf einen neuen Geschäftsführer einigen.269 (1) Keine vorläufige Wirksamkeit und keine Interimsregelung Die Lösung ist mithin in folgendem Spannungsfeld zu suchen: Um einerseits das Problem des „gegenseitigen Ausschaltens“ in den Griff zu bekommen, muss verhindert werden, dass die Abberufung ohne erforderlichen wichtigen Grund vorläufig wirksam wird. Unpassend ist damit die Analogie zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG,270 wonach die Abberufung bis auf Weiteres als wirksam gölte und nach hiesiger Auffassung271 auch keine Möglichkeit zu einstweiligem Rechtsschutz bestünde. Auch die Verkürzung der Anfechtungsklage auf Ex-nunc-Wirkung erscheint in diesem Fall noch unangemessen. Andererseits muss es dem Gesellschafter gleichwohl möglich sein, den Gesellschafter-Geschäftsführer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes sofort abzuberufen. Die Interimsregelung der §§ 117, 127 HGB ginge somit ebenfalls zu weit (und wäre obendrein mangels Vergleichbarkeit zum GmbH-Recht abzulehnen).272 (2) Anknüpfung an materielle Rechtslage Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 20. Dezember 1982 entschieden, dass die Wirksamkeit einer aus wichtigem Grund ausgesprochenen Abberufung alleine von der materiellen Rechtslage nach § 38 Abs. 2 GmbHG abhänge.273 Die

266 267 268 269 270 271 272 273

Zum Meinungsstand s. Kapitel 3 § 3 A. II. 3. b) bb) (2). BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 181 f. BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 181 f.; Fleck, GmbHR 1970, 221, 228. BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 181 f.; Fleck, GmbHR 1970, 221, 228. BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 181 f. Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. a) cc) (1). BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 181 f. BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 182 f.

198

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

herrschende Meinung ist ihm gefolgt.274 Lediglich einzelne Meinungen wollen die Wirksamkeit indes von der förmlichen Feststellung des Beschlusses275 oder von einer rechtsgestaltenden Entscheidung entsprechend §§ 117, 127 HGB276 abhängig machen. Im Ergebnis verdient die Entscheidung des Bundesgerichtshofs Zustimmung. Dadurch, dass die Wirksamkeit von der materiellen Rechtslage nach § 38 Abs. 2 GmbHG abhängt, wird weder der abzuberufende Gesellschafter-Geschäftsführer noch sein Gegenüber bevorzugt.277 Der ansonsten unerwünschte Schwebezustand wird im vorliegenden Fall nicht nur in Kauf genommen, sondern sogar begrüßt. Er baut Druck auf die Gesellschafter auf, damit sie die Wirksamkeitsfrage zügig im Eilrechtsschutzverfahren (vorläufig) klären lassen. Der Schwebezustand belässt nicht nur die Gesellschafter im Unklaren, sondern auch das Registergericht (vgl. § 39 GmbHG), sodass die Abberufung in aller Regel nicht eintragen und damit die Wirkung der positiven Publizität des Handelsregisters (§ 15 Abs. 1 HGB) aufrechterhalten würde.278 Soll die Wirksamkeit des Beschlussergebnisses aber (allein) davon abhängen, ob ein wichtiger Grund tatsächlich vorliegt, bleibt fraglich, inwiefern sich die förmliche Beschlussfeststellung hierauf auswirkt. Der Bundesgerichtshof unterschied in seinem Urteil nicht zwischen festgestelltem und nicht festgestelltem Abberufungsbeschluss.279 Dies kann aber zu Patt-Situation führen, namentlich wenn man keinen Versammlungsleiter bestellt hat – was in einer Zwei-Personen-GmbH keine Seltenheit sein dürfte – und man die Auffassung vertritt, dass der abzuberufende Gesellschafter-Geschäftsführer nur dann von der Abstimmung ausgeschlossen ist, wenn der wichtige Grund tatsächlich vorliegt. Erzielen aber die Gesellschafter keine Einigkeit, wird der Beschluss nicht festgestellt und damit nicht (vorläufig) wirksam. Indes ist dieses Ergebnis im Falle der paritätischen Zwei-Personen-GmbH nicht unangemessen. Vielmehr drängt es die Parteien – genauer: den Abberufenden –, den Streit per Eilrechtsschutz zu klären.

274 OLG München, 18. 8. 2011 – 31 Wx 300/11, GmbHR 2011, 1102, 1103 f.; SchleswigHolsteinisches OLG, 5. 7. 2007 – 5 U 186/06, OLGR Schleswig 2007, 734, 735 f.; OLG Köln, 26. 9. 1994 – 2 Wx 24/94, GmbHR 1995, 299, 299; Lieder/Ringlage, GmbHR 2017, 1065, 1070 f.; Winkler, GmbHR 2017, 334, 340; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 5 f.; Oppenländer, DStR 1996, 922, 924 f.; Kort, EWiR 1994, 885, 885 f.; Schneider, ZGR 1983, 535; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 31; K. Schmidt, in: Scholz, § 38 Rn. 67. 275 Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 212 – 215; wobei die Anfechtungsklage nach Paefgens Auffassung nur Ex-nunc-Wirkung besitze, vgl. Rn. 193. 276 Grunewald, in: FS Zöllner, S. 177, 183 – 185; Wolf, ZGR 1998, 92, 99 ff. Eine Analogie zu den §§ 117, 127 HGB scheitert indes mangels Vergleichbarkeit mit der oHG und KG, dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. b) bb). Zu den weiteren Gründen sogleich. 277 Vgl. Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 6. 278 BGH, 20. 12. 1982 – II ZR 110/82, BGHZ 86, 177, 182 f. 279 Dem BGH lag mutmaßlich ein festgestellter Beschluss vor.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

199

Im Ergebnis also bleibt es bei den allgemeinen, insbesondere durch das Beschlussmängelrecht hergebrachten Regeln. Im Falle des festgestellten, vorläufig wirksamen Abberufungsbeschlusses herrscht erhebliche Unsicherheit darüber, ob die Abberufung rückwirkend entfällt. Im Falle des noch nicht festgestellten Beschlusses ist die Abberufung zunächst unwirksam. Beide Fälle bauen auf die Parteien Druck auf, einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen. Dies entspricht den Interessen in der (insbesondere paritätischen) Zwei-Personen-GmbH am meisten. So lässt sich schnellstmöglich eine gerichtliche, einzelfallbezogene – wenn auch im nur summarischen Verfahren ermittelte – Regelung herbeiführen. These 34: Wird ein hälftig beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer einer Zwei-PersonenGmbH aus wichtigem Grund abberufen, richtet sich die vorläufige und endgültige Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses nach den allgemeinen Regeln. Im Falle des festgestellten, vorläufig wirksamen Abberufungsbeschlusses hängt die endgültige, rückwirkende Wirksamkeit de facto von der materiellen Rechtslage ab, also davon, ob ein wichtiger Grund i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG vorliegt. Noch nicht festgestellte Abberufungsbeschlüsse bleiben hingegen zunächst unwirksam.

e) Zwischenergebnis Auch nach der Abberufung des Geschäftsführers ist einstweiliger Rechtsschutz nicht per se ausgeschlossen. Bei der Abberufung des Fremd-Geschäftsführers und des „einfachen“ Gesellschafter-Geschäftsführers findet entgegen der herrschenden Meinung nicht § 84 Abs. 3 S. 4 AktG analog Anwendung, sondern die Anfechtungsklage ist auf Ex-nunc-Wirkung zu verkürzen. Dies bewirkt die gewünschte Rechtssicherheit und einstweiliger Rechtsschutz wird nicht gesperrt. Die vorläufige Wirksamkeit hängt davon ab, ob der Beschluss förmlich festgestellt wurde. Beim Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sonderrecht ist die Abberufung vorläufig unwirksam, was bei fehlendem wichtigem Grund aus § 35 BGB folgt, andernfalls aus den §§ 117, 127 HGB analog. Auch sie schließen Interimsregelung durch einstweiligen Rechtsschutz nicht aus. Und beim paritätisch beteiligten GesellschafterGeschäftsführer in der Zwei-Personen-GmbHG kommt es entsprechend den allgemeinen Regeln auf die förmliche Feststellung an. Bei einem festgestellten Beschluss hängt die (rückwirkende endgültige) Wirksamkeit de facto vom tatsächlichen Vorliegen des wichtigen Grundes ab. Der nicht festgestellte Beschluss bleibt zunächst unwirksam. Die rasche Klärung im Wege des Eilrechtsschutzes ist besonders erwünscht. 4. Zur Abberufung durch Aufsichtsrat oder Beirat Obwohl sich die Untersuchung auf die Abberufung durch die Gesellschafterversammlung konzentriert, ist kurz auf den Fall einzugehen, dass die Abberufungskompetenz ausnahmsweise beim Aufsichtsrat, dem Beirat oder einem sonstigen Organ obliegt.

200

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Ist eine GmbH nach MitbestG, MontanMitbestG oder MitbestErgG mitbestimmt, obliegt dem Aufsichtsrat die Bestellungs- und Abberufungskompetenz hinsichtlich des Geschäftsführers kraft Gesetzes. § 31 Abs. 1 MitbestG, § 12 MontanMitbestG und § 13 MitbestErgG verweisen auf die aktienrechtlichen Regelungen (§ 84 AktG), darunter auch die Wirksamkeitsfiktion hinsichtlich der Abberufung in § 84 Abs. 3 S. 4 AktG. Fraglich ist, was gilt, wenn der Aufsichtsrat einer ausschließlich280 nach DrittelbG mitbestimmten GmbH den Geschäftsführer abberuft. Hier erhält der obligatorische Aufsichtsrat nicht ipso iure Personalkompetenz und Weisungsbefugnis.281 Dieselbe Ausgangslage besteht beim fakultativen282 Aufsichtsrat. In beiden Fällen kann die Abberufungskompetenz nur kraft Satzung, mithin freiwillig, auf den Aufsichtsrat übertragen werden. Verbleibt die Abberufungskompetenz bei der Gesellschafterversammlung, gilt das oben Gesagte.283 Stattet die Satzung den Aufsichtsrat jedoch mit Abberufungskompetenz aus, ist § 84 Abs. 3 S. 4 AktG analog anzuwenden. Es bedarf zwar insofern keines besonderen Schutzes vor dem Geschäftsführer, da er weisungsgebunden ist zumindest gegenüber der Gesellschafterversammlung (vgl. § 37 GmbHG) oder ggfs.284 sogar dem Aufsichtsrat. Allerdings lässt sich der Zweck des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG in diesem Fall auf die GmbH übertragen, namentlich Rechtssicherheit bezüglich der Geschäftsführung zu schaffen. Zum einen findet auch auf den fakultativen und den DrittelbG-Aufsichtsrat das höchst umstrittene Aufsichtsratsbeschlussmängelrecht Anwendung, wonach inhaltlich fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse grundsätzlich nicht nur anfechtbar, sondern (ex tunc) nichtig sind.285 Es besteht somit dasselbe Bedürfnis nach Rechtssicherheit und damit nach der Interimsregelung des § 84 Abs. 3 S. 4 GmbHG wie beim obligatorischen Aufsichtsrat. Zum anderen dient die Wirksamkeitsfiktion ebenso dazu, die Personalhoheit des Aufsichtsrats durchzusetzen.286 Aus diesem Grund ist letztlich auf die Interimsregelung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG und nicht auf die der §§ 117, 127 HGB zurückzugreifen. 280 Dies ist der Fall, wenn die GmbH mehr als 500 Arbeitnehmer hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG), aber unter den Schwellen des MitbestG (mehr als 2.000 Arbeitnehmer, § 1 Abs. 1 MitbestG) und den Anforderungen des des MontanMitbestG (§ 1 MontanmitbestG) und des MitbestErgG (§ 1 MitbestErgG) bleibt. 281 § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG verweist für die GmbH nur auf bestimmte Rechts und Pflichten des aktienrechtlichen Aufsichtsrats, lässt dabei aber gerade § 84 AktG außen vor. Es bleibt demnach beim Grundsatz, wonach die Personalkompetenz bez. der Geschäftsführung der Gesellschafterversammlung obliegt (vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG); Spindler, in: MüKoGmbHG, § 52 Rn. 385 m. w. N. 282 Auch wenn ein fakultativer Aufsichtsrat besteht, obliegt die Personalhoheit bez. der Geschäftsführung grundsätzlich der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG), Spindler, in: MüKoGmbHG, § 52 Rn. 385; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 52 Rn. 122. 283 Kapitel 3 § 3 A. II. 3. d). 284 Schneider/Schneider, in: Scholz, § 37 Rn. 40 m. w. N. 285 Statt aller Spindler, in: MüKoGmbHG, § 52 Rn. 575 ff. m. w. N. 286 Vgl. Paefgen, in: H/C/L, § 38 Rn. 209.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

201

Findet § 84 Abs. 3 S. 4 AktG aber beim fakultativen Aufsichtsrat entsprechende Anwendung, fragt sich, was gilt, wenn ein sonstiges fakultatives Organ, etwa ein Beirat, eingerichtet und mit Personalhoheit bezüglich der Geschäftsführung ausgestattet wird. Infolge der Vielgestaltigkeit des Beirats richtig sein dürfte, die vorläufige Wirksamkeit von umstrittenen Beiratsbeschlüssen danach auszurichten, welches Beschlussmängelrecht konkret Anwendung findet. Welches Beschlussmängelrecht Anwendung findet, unterscheidet die herrschende Ansicht nach hier vertretener Auffassung zutreffend danach, wessen originäre Funktion der Beirat wahrnimmt:287 Bei unternehmensleitenden, d. h. geschäftsführenden Aufgaben können Gesellschafter die Beschlüsse eines Beirats nicht angreifen, sondern nur Schadensersatz verlangen. Nimmt der Beirat Aufsichtsratsaufgaben wahr, findet dessen Beschlussmängelrecht Anwendung, d. h. fehlerhafte Beschlüsse sind unmittelbar nichtig. Und soweit der Beirat Aufgaben der Gesellschafterversammlung ausübt, gelten die §§ 241 ff. AktG analog.288 Für die vorläufige Wirksamkeit ergibt sich daraus Folgendes: Die originäre Zuständigkeit der Abberufung des Geschäftsführers obliegt entweder der Gesellschafterversammlung oder (über § 31 MitbestG etc.) dem Aufsichtsrat. Sofern originär die Gesellschafterversammlung zuständig ist, gilt nach dem oben Gesagten289 das Beschlussmängelrecht analog den §§ 241 ff. AktG, d. h. die vorläufige Wirksamkeit richtet sich nach der Nichtigkeit bzw. der förmlichen Feststellung. In diesen Fällen ist in Entsprechung der obigen Untersuchung die Anfechtungsklage auf Ex-Nunc-Wirkung290 zu verkürzen. Obliegt die originäre Abberufungszuständigkeit demgegenüber etwa über § 31 Abs. 1 S. 1 MitbestG dem Aufsichtsrat, so gilt diese Kompetenzzuweisung zwingend.291 Abweichende Satzungsbestimmungen wären unwirksam.

B. Einstweiliger Rechtsschutz nach der Abberufung Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass einstweiliger Rechtsschutz auch nach der Abberufung des Geschäftsführers nicht per se ausgeschlossen ist. Unter den „gewöhnlichen“ Voraussetzungen kann somit eine zügige, möglichst einzelfallgerechte Entscheidung herbeigeführt werden, die gegenüber einer unbeweglichen, pauschalen Interimsregelung (vgl. § 84 Abs. 3 S. 4 AktG) den Vorzug verdient. 287

So die h. M., etwa Reuter, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 631; Spindler, in: MüKoGmbHG, § 52 Rn. 771 – 773; Giedinghagen, in: MHLS, § 52 Rn. 426; Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, § 52 Rn. 116; a. A. etwa Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 208; Werner, GmbHR 2015, 577, 579 f.; diff. Heermann, in: H/C/L, § 52 Rn. 344. 288 Vgl. nur BGH, 25. 2. 1965 – II ZR 287/63, BGHZ 243, 261; OLG Düsseldorf, 11. 3. 1982 – 6 U 174/81, GmbHR 1983, 124. 289 Dazu Kapitel 3 § 3 A. I. und II., insb. unter 3. 290 Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. a), insb. bb) und cc). 291 Vgl. nur Ulmer/Habersack, in: Habersack/Henssler, § 31 MitbestG.

202

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

Welche Partei den einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen hat, folgt aus dem Umstand, ob das Beschlussergebnis festgestellt wurde oder nicht. Es seien nur exemplarisch einige Möglichkeiten genannt: So können zum einen die (Mit-)Gesellschafter bzw. die GmbH die Berücksichtigung des Abberufungsbeschlusses sicherstellen. Hat der abberufene Geschäftsführer vor, weiter als Geschäftsührer zu agieren, und drohen der GmbH dadurch wesentliche Nachteile,292 kann ihm untersagt werden, die Geschäftsührertätigkeit fortzusetzen.293 Darüber hinaus kann ihm der Zutritt zu Geschäftsräumen, der Zugang zu Informationen und etwa da Abwerben von Mitarbeitern etc. untersagt werden.294 Der Verfügungsanspruch folgt gegenüber abberufenen GesellschafterGeschäftsührern aus deren gesellschafterlicher Treuepflicht. Fremdgeschäftsührer, die sich beschlusswidrig weiterhin als Geschäftsführer gerieren, dürften in aller Regel objektiv und subjektiv betriebsbezogen in das Recht der GmbH am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreifen und somit einem Unterlassungsanspruch analog §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB ausgesetzt sein.295 Demgegenüber kann auch der sich zu Unrecht abberufen fühlende GesellschafterGeschäftsführer gegen seine Abberufung wehren, indem er etwa die Handelsregistereintragung verhindern oder erforderlichenfalls rückgängig machen (vgl. § 16 Abs. 2 HGB) oder das das Eintragungsverfahren aussetzen (§ 381 FamFG) lässt.296 Auch im vorliegenden Teil sollen indes nicht die unterschiedlichen Eilrechtsschutzmöglichkeiten aufgezählt, sondern nur einzelne herausgegriffen werden. I. (Einstweilige?) Beschlusskassation Nicht möglich ist es nach ganz herrschender Meinung, einen Gesellschafterbeschluss per einstweiliger Verfügung für unwirksam zu erklären. Diese Wirkung wird, sofern überhaupt thematisiert, meist pauschal abgelehnt.297 Vorsichtiger formuliert es das OLG Saarbrücken, wonach die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit eines Beschlusses im Rahmen einer einstweiligen Verfügung nur „[g]rundsätzlich“ nicht

292 Das OLG Stuttgart, 26. 10. 2005 – 14 U 50/05, GmbHR 2006, 1258, 1261 fordert insoweit, dass „ganz erhebliche konkrete und unmittelbar bevorstehende Nachteile drohen“ und lässt „eine gewisse Verunsicherung der Geschäftspartner“ und „eine abstrakte Gefährdung der Kreditwürdigkeit“ hierfür nicht genügen. 293 Zuletzt OLG München, 9. 6. 2016 – 23 U 1389/16, BeckRS 2016, 10946 Punkt 1.3; OLG Naumburg, 21. 11. 2013 – 1 U 105/13, GmbHR 2014, 714, 717; OLG Stuttgart, 26. 10. 2005 – 14 U 50/05, GmbHR 2006, 1258, 1260 f. 294 Vgl. nur Schneider/Schneider, in: Scholz, § 38 Rn. 81. 295 OLG Jena, 8. 1. 2014 – 2 U 627/13, NZG 2014, 391, 391; vgl. auch Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 4. 296 Vgl. nur Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 3 m. w. N. 297 Vgl. nur K. Schmidt, in: Scholz, § 45 Rn. 183; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2.

§ 3 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem Abberufungsbeschluss

203

geltend gemacht werden könne, ohne dabei aber nähere Voraussetzungen zu nennen.298 Dem OLG Saarbrücken ist zuzustimmen. Begründet wird die ablehnende Haltung stets mit dem Hauptsachevorwegnahmeverbot, das die Nichtigerklärung in der Tat sowohl hinsichtlich des Erfüllungs- als auch des Präjudizverbots überschreitet, weil der kassierte Beschluss nicht mehr zum Leben erweckt werden könnte. Diese Begründung vermag aber, wie bereits gesehen, gerade kein ausnahmsloses Verbot zu erklären, sondern lässt unter engen Voraussetzungen Ausnahmen zu.299 Weiter spricht dafür, dass ein Gesellschafter umgekehrt auch ausnahmsweise im einstweiligen Rechtsschutz die Fassung eines bestimmten Beschluss herbeiführen kann. Kann aber dieses aus Sicht des Gericht irreversible Ergebnis ebenfalls nur durch eine erneute Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung geändert werden, muss es im Ausnahmefall auch möglich sein, den gefassten Beschluss notfalls im einstweiligen Rechtsschutz zu vernichten. Beide Eingriffe sind insoweit gleicher Art und Tiefe. Und das Argument der geschützten Willensbildung verfängt nach der Beschlussfassung ebensowenig wie vor300 der Beschlussfassung. Die ausnahmsweise Beschlusskassation muss zudem auch denklogisch möglich sein: Denkbar wäre etwa auch, dass die (Mit-)Gesellschafter per einstweiligem Rechtsschutz dazu gezwungen werden, einen aufhebenden Gesellschafterbeschluss zu fassen. Dass dies ein milderes Mittel darstellt, darf bezweifelt werden. Zugegebenermaßen dürfte die Beschlusskassation aber nur äußerst selten zum Einsatz kommen, da zahlreiche vorrangige minderinvasive Maßnahmen infragekommen. II. Vorläufige Feststellung Nicht von vornherein abgelehnt werden kann auch die feststellende einstweilige Verfügung. Die herrschende Auffassung schließt das Instrument der feststellenden Verfügung heute nicht mehr kategorisch aus, verneint es aber weiterhin zumindest „grundsätzlich“.301 Die Hauptargumente lauten, die Feststellungsentscheidung entfalte keine Bindungswirkung und sei nicht vollstreckbar.302 Reicht aber die bloße Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechts aus, so sei die einstweilige Regelung weder notwendig, um Gefahren abzuwehren, noch sei die einstweilige Regelung 298

OLG Saarbrücken, 9. 5. 2006 – 4 U 338/05, GmbHR 2006, 987, 988. Dazu Kapitel 2 § 3 A. III. und V., dort insbesondere unter 4. c). 300 Dazu Kapitel 3 § 2 B. II. 301 Eingehend Vogg, NJW 1993, 1357, insb. 1362 – 1365; Kohler, ZZP 184 (1990), 184, insb. 190 – 200; ebenso Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 18; Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 44. In Bezug auf Gesellschafterbeschlüsse: Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. 302 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 2. 299

204

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

dringlich. Es fehle also am Verfügungsgrund.303 Dieser Auffassung verdient in den meisten Fällen Zustimmung. Dennoch bleiben etwa Ausnahmefälle denkbar, in denen die Feststellung Rechtsunsicherheiten beseitigt.304 Zwar wird entgegnet, dass auch die bloß „vorläufige“ einstweilige Verfügung keine (endgültige) Rechtssicherheit schaffen könne.305 Dem mag mit Blick auf die Vorläufigkeit der Entscheidung, auf die möglichen Meinungsunterschiede und insbesondere auf das unsicherere summarische Verfahren auch zuzustimmen sein. Allerdings rechtfertigt auch dies keinen kategorisch Ausschluss. Vielmehr bedarf es auch hier einer Einzelfallbetrachtung bzw. Abwägung, die diese Risiken miteinbezieht. Sollte tatsächlich ein solcher Ausnahmefall einschlägig sein, ist bezüglich der Anforderungen an die feststellende Verfügung zu unterscheiden:306 Wendet sich ein Gesellschafter gegen den Abberufungsbeschluss, steht die negative Feststellungsverfügung unter den niedrigeren Voraussetzungen der Sicherungsverfügung offen. Die Feststellung bleibt inhaltlich hinter der im Hauptsacheverfahren anhängigen Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage zurück. Soll hingegen eine positive Feststellungsverfügung vorläufig die Wirksamkeit des Beschlusses feststellen, deckt sie sich inhaltlich mit der Beschlussfeststellungsklage und mit der allgemeinen Feststellungsklage. Insoweit gelten die höheren Anforderungen der Leistungsverfügung.

§ 4 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 3 1. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer kann aus der Treuepflicht ein Verfügungsanspruch erwachsen, der seinen Mitgesellschaftern die Stimmrechtsausübung beim Abberufungsbeschluss untersagt. Voraussetzung ist, dass es am behaupteten, erforderlichen wichtigen Grund fehlt und der Gesellschafter-Geschäftsführer durch die Abberufung in seinen Interessen beeinträchtigt würde. Die Treuepflicht – samt Eilrechtsschutz – beschränkt sich inhaltlich auf das Verbot, den GesellschafterGeschäftsführer aus dem konkret behaupteten, nicht vorliegenden Grund abzuberufen.

303

Statt aller Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 18 m. w. N. In Betracht kamen feststellende Verfügungen bisher hauptsächlich in arbeitsgerichtlichen Verfahren, z. B. LAG Berlin, 31. 08. 2001 – 10 Sa 1728/00, NZA 2001, 53, 55 f.: wenn bloße „Existenz“ der feststellenden Verfügung Rechtswahrnehmung gegenüber Dritten sichern kann; LAG BW, 6. 3. 2006 – 13 TaBV 4/06, MDR 2006, 1001: wenn Gegner „von vornherein erklärt hat, sich einer feststellenden Verfügung „beugen“ zu wollen“. 305 Vgl. LAG BW, 6. 3. 2006 – 13 TaBV 4/06, MDR 2006, 1001. 306 Zur Differenzierung zwischen Sicherungs- und Leistungscharakter bei feststellenden Verfügungen: Kohler, ZZP 184 (1990), 184, 197 – 200; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 18; Drescher, in: MüKoZPO, § 938 Rn. 44. 304

§ 4 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 3

205

2. Eine einstweilige Verfügung, die sich auf eine aus Vertrag, Gesellschaftsvertrag oder Treuepflicht resultierende Stimmbindung stützt, greift nicht in das Stimmrecht der Gesellschafter ein. Sie verstößt weder gegen die Stimmrechtsausübungsfreiheit noch gegen das Abspaltungsverbot. 3. Eine einstweilige Verfügung, die den Willensbildungsprozess der GmbH beeinflusst, verstößt weder im Falle einer Stimmbindungsvereinbarung noch bei der Treuepflicht als Verfügungsanspruch noch aufgrund des lockereren summarischen Verfahrens gegen das Prinzip der Verbandssouveränität. 4. Der Umstand als solcher, dass eine einstweilige Verfügung in den Willensbildungsprozess eingreift, schließt weder die einstweilige Verfügung aus, noch stellt er besondere Anforderungen an sie auf. 5. Soll eine einstweilige Verfügung die Beschlussfassung untersagen (und handelt es sich dabei nicht nur um eine Sicherungsverfügung, welche die Beschlussfassung nur vorübergehend, bis zum Erhalt bestimmter Informationen verzögern soll), so betrifft sie sowohl das Erfüllungsverbot als auch das Präjudizverbot, denn die unterbliebene Beschlussfassung lebt bei Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht automatisch wieder auf. Das Erfüllungs- und das Präjudizverbot lassen sich unter den bereits in Kapitel 2 genannten Voraussetzungen überwinden. Dies bedeutet jedoch, dass die herrschende Meinung die Voraussetzungen einer etwaigen einstweiligen Verfügung zu niedrig ansetzt. Es genügt nicht schon, dass entweder der Verfügungsanspruch eindeutig besteht oder der Verfügungskläger ein überragendes Schutzinteresse besitzt. 6. Das Erfordernis des geringstmöglichen Eingriffs gilt es sowohl im Rechtsschutzbedürfnis also auch bei der Treuepflicht und dem Verfügungsgrund zu beachten. Es trägt erheblich dazu bei, den Anwendungsbereich des vorbeugenden Eilrechtsschutzes bezüglich der Willensbildung der GmbH zu verengen. 7. Auch die Gefahren des summarischen Verfahrens führen nicht dazu, dass einstweiliger Rechtsschutz von vornherein ausgeschlossen werden müsste, soweit er auf den Willensbildungsprozess einwirkt. Liegen insbesondere die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Vorwegnahmeverbot vor und ist auch keine minderinvasive Maßnahme möglich, kommt es maßgeblich auf eine Interessenabwägung im Einzelfall an. 8. Dass die herrschende Meinung einen „eindeutigen Verfügungsanspruch“ voraussetzt, ist mithin als eigenständige, hinreichende Voraussetzung zu verwerfen, aber mit Blick auf die summarischen Risiken zumindest als grundsätzlich (kumulativ) notwendig zu betrachten. An der Voraussetzung der „überragenden Schutzwürdigkeit“ ist festzuhalten. Sie ist anhand des Erfüllungs- und des Präjudizverbots dahingehend zu präzisieren, dass sie eine schwerwiegende, nicht anders abwendbare und irreversible Rechtsverletzung des Verfügungsklägers verlangt, der auch kein wichtiges, überwiegendes Interesse entgegensteht.

206

Kap. 3: Streit um die Abberufung des Geschäftsführers

9. Die „allgemeinen Regeln“ bei der Frage der vorläufigen und endgültigen Beschlusswirksamkeit liegen im GmbH-Beschlussmängelrecht. Grundsätzlich entscheidend ist mithin die förmliche Feststellung des Beschlusses, nicht das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 GmbHG. Gegenstand der Anfechtung bzw. Nichtigkeit ist unmittelbar nur der Abberufungsbeschluss, dessen Nichtigkeit wiederum auf das Rechtsgeschäft Abberufung durchschlägt. 10. Soweit Gesellschafter streiten, ob der für die Abberufung erforderliche wichtige Grund vorliegt, passen die allgemeinen Regeln bei festgestellten, aber potentiell nichtigen oder anfechtbaren Abberufungsbeschlüssen nicht. Bei noch nicht festgestellten Beschlüssen ergeben sich hingegen keine Rechtsunsicherheiten. 11. Wird ein Fremd-Geschäftsführer aus wichtigem Grund abberufen, findet § 84 Abs. 3 S. 4 AktG entgegen der herrschenden Meinung keine analoge Anwendung, sondern die Anfechtungsklage ist auf Ex-nunc-Wirkung zu verkürzen. Somit entfällt auch die von der Interimsregelung des § 84 Abs. 3 S. 4 GmbHG ausgehende Sperrwirkung gegenüber Eilrechtsschutz. Die vorläufige Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses hängt von seiner förmlichen Feststellung ab. 12. Auch beim „einfachen“ Gesellschafter-Geschäftsführer ist den Rechtsunsicherheiten allein dadurch zu begegnen, dass die Anfechtungsklage auf Ex-nuncWirkung verkürzt wird. Demgegenüber finden § 84 Abs. 3 S. 4 AktG aus denselben Gründen wie beim Fremd-Geschäftsführer und die §§ 117, 127 HGB mangels Vergleichbarkeit keine analoge Anwendung. 13. Die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit einem Sonderrecht auf Geschäftsführung ist vorläufig unwirksam, was bei fehlendem wichtigem Grund aus § 35 BGB, andernfalls aus einer Analogie zu den §§ 117, 127 HGB folgt. Für den einstweiligen Rechtsschutz spielt die dogmatische Unterscheidung keine Rolle, da die §§ 117, 127 HGB zwar eine Interimsregelung darstellen, die aber nicht bezweckt, Eilrechtsschutz neben sich auszuschließen. 14. Wird ein mindestens hälftig beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer aus wichtigem Grund abberufen, hängt die vorläufige und endgültige Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses davon ab, ob ein wichtiger Grund i. S. d. § 38 Abs. 2 GmbHG vorliegt. Dabei handelt es sich entgegen der herrschenden Meinung jedoch nicht um die allgemeinen Regeln, sondern um eine Ausnahme vom GmbH-Beschlussmängelrecht.

Kapitel 4

Gesellschafterliste Seit das MoMiG 2008 die Gesellschafterliste erheblich aufgewertet1 hat, kommt einstweiligem Rechtsschutz dort besondere Bedeutung zu. Die formelle „Listenrechtslage“ ist von der materiellen Rechtslage entkoppelt.2 Wer in der zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste als Gesellschafter eingetragen ist (sog. „Listengesellschafter“), kann nun, ohne dass ihm der Geschäftsanteil gehört, alle Rechte und Pflichten des Gesellschafters ausüben (Legitimationswirkung, § 16 Abs. 1 GmbHG) und den Geschäftsanteil als Nichtberechtigter veräußern (§ 16 Abs. 3 GmbHG). Soweit eine falsche Person als Gesellschafter in die Liste eingetragen wurde oder eine Falscheintragung droht, hat der (wahre) Inhaber des betroffenen Geschäftsanteils also ein erhebliches Interesse an einstweiligem Rechtsschutz, um seine Mitgliedschaftsrechte zu schützen und den Verlust seines Geschäftsanteils zu verhindern.3 Umgekehrt entfaltet die Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 1 GmbHG auch negative Legitimationswirkung. D. h. ein nicht (mehr) in die Gesellschafterliste eingetragener Gesellschafter kann seine Mitgliedschaftsrechte nicht ausüben.4 Bei Streitigkeiten betreffend die Gesellschafterliste kommen einerseits viele punktuelle Eilmaßnahmen in Betracht, die z. B. einzelne Mitgliedschaftsrechte vorläufig regeln oder der Gesellschaft aufgeben, eine nicht eingetragene Person vorläufig als Gesellschafter zu behandeln.5 Andererseits sind Eilmaßnahmen denkbar, die speziell die Gesellschafterliste und deren Inhalt adressieren. Das folgende Kapitel konzentriert sich auf diese „neuen“, spezifisch die Gesellschafterliste betreffenden Eilrechtsbehelfe. Zu ihnen gehört zunächst die in § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG verankerte einstweilige Verfügung, um einen Widerspruch zur Gesellschafterliste zuzuordnen (§ 1). Zudem kommt die einstweilige Verfügung infrage, um die Einreichung einer neuen, korrigierten Gesellschafterliste zum Handelsre1

MoMiG, BGBl. 2008 I S. 2026, 2028; vgl. nur Bohrer, DStR 2010, 1892; Gottschalk, DZWIR 2009, 45; Hasselmann, NZG 2009, 409; resümierend Löbbe, in: Aktuelle gesellschaftsrechtliche Herausforderungen, S. 25, insb. 44 – 48; Damm, BWNotZ 2017, 2. 2 Ob jemand materiell Gesellschafter ist, hängt allein davon ab, ob er durch wirksame Abtretung, ggfs. nach Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage, den Geschäftsanteil erworben hat. Die Aufnahme in die Gesellschafterliste ist dazu weder erforderlich, noch heilt sie etwaige Mängel. Dazu Löbbe, in: H/C/L, § 16 Rn. 80 – 82. 3 Vgl. Fischer, GmbHR 2018, 1257, 1258 f. 4 BGH, 2. 7. 2019 – II ZR 406/17, GmbHR 2019, 988, 992. 5 Dazu Kapitel 4 § 2.

208

Kap. 4: Gesellschafterliste

gister zu erzwingen oder – umgekehrt – um die drohende Einreichung einer falschen Liste zu verhindern (§ 2). Es herrscht Streit über die Existenz und Voraussetzungen der drei noch jungen Rechtsbehelfe. Die Gesellschafterliste ist für die vorliegende Untersuchung interessant, weil bei ihr unter beiden Aspekten – der Legitimationswirkung und dem gutgläubigen Wegerwerb – die im Gesellschaftsrecht typische Verfestigungsgefahr besteht. Insbesondere erweist sich die „vorläufige“ Regelung des Listeninhalts bis zur Hauptsacheentscheidung als problematisch. Zum einen droht gleichermaßen die Gefahr der Verfestigung, falls ein Unberechtigter Mitgliedschaftsrechte ausübt oder falls ein Berechtigter an der Ausübung von Mitgliedschaftsrechten gehindert wird. Wird ein Gesellschafter beispielsweise infolge eines fehlerhaften Einziehungsbeschlusses aus der Gesellschafterliste entfernt, können die übrigen Gesellschafter während der Dauer des Rechtsstreits wirksame Beschlüsse fassen. Die gefassten Beschlüsse bleiben grundsätzlich wirksam, auch wenn ein Gericht den Einziehungsbeschluss später für unwirksam erklärt.6 Es kann zum Kontrollwechsel und veränderten Machtverhältnissen kommen, zu weitreichenden Geschäftsführungsentscheidungen und satzungs- und strukturändernden Beschlüssen, die der ausgebootete Gesellschafter später kaum mehr rückgängig machen kann.7 Zum anderen wird auch eine aufgrund einstweiliger Verfügung „vorläufig“ eingereichte Gesellschafterliste nicht automatisch mit der Hauptsacheentscheidung wieder aufgehoben. Die vorherige, korrekte Gesellschafterliste lebt nicht automatisch wieder auf. Nicht das Gericht, sondern allein der Geschäftsführer (bzw. Notar) könnte eine durch einstweilige Verfügung angeordnete, falsche Gesellschafterliste nach ergangener Hauptsacheentscheidung durch Einreichung einer neuen Gesellschafterliste (zurück-)korrigieren.

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste Weist die zum Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste eine falsche Person als Inhaber eines Geschäftsanteils aus, droht das Risiko, dass der Listengesellschafter als Nichtberechtigter den Geschäftsanteil nach § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG wirksam an einen gutgläubigen Dritten veräußert. Um diesen8 gutgläubigen Erwerb zu verhindern, kann der betroffene Gesellschafter der Gesellschafterliste einen Widerspruch zuordnen lassen. Dies setzt entweder die Bewilligung des Listenge6

Vgl. BGH, 27.2019 – II ZR406/17, GmbHR 2019, 988, 993. BGH, 27.2019 – II ZR406/17, GmbHR 2019, 988, 992 f. 8 Der Widerspruch verhindert nur den gutgläubigen Erwerb über die Gesellschafterliste als Rechtsscheinsträger (§ 16 Abs. 3 GmbHG), nicht aber etwa den gutgläubigen Erwerb vom Erbscheinsberechtigten (§ 2366 BGB), vgl. nur Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 272. 7

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

209

sellschafters oder aber eine einstweilige Verfügung auf Zuordnung eines Widerspruchs voraus.

A. Antragsberechtigung Umstritten ist, wer dazu „berechtigt“ ist, eine solche einstweilige Verfügung auf Zuordnung eines Widerspruchs zu beantragen. Dabei ist schon unklar, was hinter dem häufig so bezeichneten „Widerspruchsrecht“ steckt. Dem Gesetzeswortlaut lassen sich keine Vorgaben dahingehend entnehmen. Er formuliert offen, der Widerspruch setze die Bewilligung des Listengesellschafters oder eine einstweilige Verfügung voraus (§ 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG). Nach der Gesetzesbegründung wiederum wird eine etwaige einstweilige Verfügung „nur erlassen […], wenn der Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste glaubhaft gemacht wird“.9 Erwähnung findet weiter, dass dieser Anspruch jedenfalls dem „eintretenden Gesellschafter“ zustehe, dass er wie auch § 67 Abs. 2 AktG klagbar sei und sich gegen die Gesellschaft richte.10 In rechtsmethodischer Hinsicht geht es also um die Frage des Verfügungsanspruchs. Diese offene Formulierung hat jedoch zu der Diskussion geführt, wer außer dem „eintretenden Gesellschafter“ einen solchen „Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste“ besitzt und auf welcher Rechtsgrundlage er fußt. Fraglich ist, worin der Verfügungsanspruch liegt. Dabei ist vor allem die Vorfrage zu klären, gegen welchen Adressaten sich der Verfügungsanspruch – und damit auch die einstweilige Verfügung – richtet. Einigkeit besteht dahingehend, dass ein zu Unrecht nicht eingetragener Gesellschafter sowohl einen Anspruch gegenüber der Gesellschaft hat, gerichtet auf Einreichung einer korrigierten Gesellschafterliste, als auch einen Anspruch gegenüber dem Listengesellschafter.11 Die wohl allgemeine Auffassung richtet die einstweilige Verfügung auf Widerspruchszuordnung gegen denjenigen, gegen dessen Eintragung sich der Widerspruch wendet: den Listengesellschafter.12 Sie formuliert dies teilweise etwas zögerlich; echte Gegenstimmen 9

BT-Drs. 16/6140, S. 39. Für Passivlegitimation der Gsellschaft: BT-Drs. 16/6140, S. 38, die den „Rechtsanspruch auf Einreichung der Gesellschafterliste zum Handelsregister“ mit der „entsprechende[n] einklagbare[n] Verpflichtung der Gesellschaft […] bei § 67 Abs. 2 AktG“ gleichsetzt; OLG München, 29. 7. 2010 – 23 U 1997/10, GmbHR 2011, 429, 429; m. Anm. ; OLG Hamm, 16. 4. 2014 – 8 U 82/13, NZG 2014, 783, 784; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 40 Rn. 36; Lieder, GmbHR 2016, 189, 191; Paefgen, in: H/C/L, § 40 Rn. 104; Seibt, in: Scholz, § 40 Rn. 53; a. A. KG, 10. 12. 2015 – 23 U 99/15, GmbHR 2016, 416, 417: „persönlich obliegende Pflicht (§ 40 Abs. 3 GmbHG)“; Preuss, ZGR 2008, 676, 678 f.; Hasselmann, NZG 2009, 486, 489; vgl. auch Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 40 Rn. 88: gegen Gesellschaft und Geschäftsführer. 11 Etwa Lieder, GmbHR 2016, 189, 194 m. w. N. 12 KG, 13. 8. 2019 – 2 W 22/19, GmbHR 2019, 1068, 169; OLG Brandenburg, 6. 11. 2012 – 7 U 125/12, BeckRS 2012, 24313; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 16 Rn. 98; Seibt, in: Scholz, § 16 Rn. 93; Löbbe, in: H/C/L, § 16 Rn. 183; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2007, 10

210

Kap. 4: Gesellschafterliste

bestehen aber soweit ersichtlich nicht. Das überrascht auf den ersten Blick. Denn die allgemeine Meinung setzt zur Widerspruchsverfügung unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien13 voraus, dass „der Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste glaubhaft gemacht wird“. Eine korrigierte Liste einreichen kann der Listengesellschafter jedoch nicht. Dies wäre allenfalls möglich, wenn er zugleich Geschäftsführer oder als Mehrheits(listen)gesellschafter dem Geschäftsführer gegenüber weisungsbefugt wäre. Insoweit ist auch die Formulierung verkürzt, wenn man den Anspruch gegenüber dem Listengesellschafter als „Berichtigungsanspruch“ bezeichnet.14 Anspruchsgegner des „echten“ Korrektursanspruchs ist die Gesellschaft.15 Dieser Korrekturanspruch gegenüber der Gesellschaft kann eine Widerspruchsverfügung gegen den Listengesellschafter mangels Personenidentität jedoch nicht stützen. Eine einstweilige Verfügung kann schon aufgrund ihrer materiellen Akzessorietät nur gegenüber demjenigen ergehen, gegen den sich auch der glaubhaft gemachte Verfügungsanspruch richtet. So haben auch das Kammergericht und das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Blick auf den Antrag nach § 926 ZPO, eine einstweilige Verfügung mangels Klageerhebung aufzuheben, zutreffend entschieden, dass der Korrekturanspruch gegenüber der Gesellschaft nicht den Hauptsacheanspruch einer gegen den Listengesellschafter gerichteten Widerspruchsverfügung bildet.16 Trotzdem ist der herrschenden Meinung beizupflichten, dass die Widerspruchsverfügung gegen den Listengesellschafter zu richten ist. Dies folgt daraus, dass die Widerspruchsverfügung die Bewilligung des Listengesellschafters gemäß § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG „ersetzt“.17 Die GmbH als solche wäre demgegenüber auch in Kenntnis von der Unrichtigkeit der Liste schon nicht befugt, einen Widerspruch zugunsten eines Dritten einzutragen. Dadurch kommt es auch zum Gleichlauf mit der Widerspruchsverfügung i. S. d. § 899 BGB. Verfügungsanspruch der Widerspruchsverfügung kann somit nur ein Anspruch sein, der sich gegen den Listengesellschafter richtet. Über dessen Inhalt herrscht Uneinigkeit. Wie gezeigt, handelt es sich nicht um einen „Berichtigungsanspruch“, da der Listengesellschafter die Falscheintragung nicht korrigieren könnte.18 Der Hauptsacheanspruch gegen den Listengesellschafter richtet sich auch nicht „auf 735, 739; Höhne, WuB 2020, 79; Fischer, GmbHR 2018, 1257, 1260; Bernauer/Bernauer, GmbHR 2016, 621, 623; Lieder, GmbHR 2016, 271, 276. 13 BT-Drs. 16/6140, S. 39. 14 KG, 13. 8. 2019 – 2 W 22/19, GmbHR 2019, 1068, 169. 15 Nach zutreffender, mittlerweile in Rechtsprechung und Literatur herrschender Auffassung richtet sich der Korrekturanspruch gegen die GmbH und nicht unmittelbar gegen Geschäftsführer.Vgl. dazu ausführlich Lieder, GmbHR 2016, 189, 191 m. w. N. 16 KG, 13. 8. 2019 – 2 W 22/19, GmbHR 2019, 1068, 169; OLG Brandenburg, 6. 11. 2012 – 7 U 125/12, BeckRS 2012, 24313. 17 KG, 13. 8. 2019 – 2 W 22/19, GmbHR 2019, 1068, 169; Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2007, 735, 739. 18 So KG, 13. 8. 2019 – 2 W 22/19, GmbHR 2019, 1068, 169.

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

211

Duldung der Berichtigung der Gesellschafterliste“.19 Zum einen spielt es für die Korrektur der Gesellschafterliste durch die GmbH grundsätzlich keine Rolle, ob der Listengesellschafter dies nur „duldet“ oder sogar protestiert. Zum anderen wäre es widersprüchlich, wenn sich der Hauptsacheanspruch nur auf Duldung richtete, die Widerspruchsverfügung jedoch einer „Bewilligung“ gleichsteht (§ 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG), obwohl sie eine Minusmaßnahme darstellen soll und zudem durch die materielle Akzessorietät der einstweiligen Verfügung begrenzt ist. Inhalt des Hauptsacheanspruchs gegenüber dem Listengesellschafter kann also nur die Unterlassung sein, die mitgliedschaftlichen Rechte auszuüben. Anspruchsgrundlage ist, sofern nicht schon eine schuldrechtliche Bindung mit kautelarjuristischen Regelungen oder Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB besteht, der quasi-negatorische Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch analog § 823 Abs. 1, § 1004 BGB mit der Mitgliedschaft als geschütztem sonstigen Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB.20 Dieses Ergebnis bedarf auch nicht deshalb der Korrektur, weil der zu Unrecht nicht eingetragene Gesellschafter nach einer Widerspruchsverfügung unter Umständen gezwungen ist, zwei Klageverfahren21 einzuleiten: das eigentliche Verfahren (z. B. gegen den fehlerhaften Einziehungsbeschluss) und die Unterlassungsklage gegen den Listengesellschafter als „Hauptsacheverfahren“ i. S. d. § 926 ZPO. I. Anteilsinhaber und an Anteilen dinglich Berechtigte Nach einhelliger Auffassung besitzt ein „Widerspruchsrecht“ jedenfalls der tatsächliche bzw. angebliche Anteilsinhaber, wenn jemand anders zu Unrecht als Inhaber in die Liste eingetragen ist.22 Dazu zählt aber nicht nur der von der Gesetzesbegründung23 beschriebene „eintretende“, d. h. neue Gesellschafter, sondern darüber hinaus etwa auch derjenige, der einen zusätzlichen Geschäftsanteil erworben hat oder der seine Listeneintragung nur zu Unrecht verloren hat. Dies entspricht Sinn und Zweck der Widerspruchsvorschriften, die vor dem durch den gutgläubigen Erwerb eintretenden Rechtsverlust und mithin den materiellen Gesellschafter schützen sollen. Vor allem aber entspricht dies der vom Gesetzgeber beabsichtigten Anlehnung an die Vorbildvorschriften in den §§ 899, 894 BGB. Diese knüpfen die Widerspruchsberechtigung an die materielle Rechtsinhaberschaft, vgl. §§ 899 Abs. 1, 894 BGB. Rechtsgrundlage ist der quasi-negatorische Anspruch aus den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 analog i. V. m. der Mitgliedschaft als „sonstiges Recht“.24 19

So Handelsrechtsausschuss DAV, NZG 2007, 735, 739. Zu diesem Anspruch im Hauptsacheverfahren Lieder, GmbHR 2016, 189, 193 ff. 21 Zur Notwendigkeit mehrerer Verfahren: Höhne, WuB 2020, 79. 22 Vgl. nur Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 290; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 16 Rn. 37a; Noack, in: Baumbach/Hueck, § 40 Rn. 30. 23 Vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 38. 24 Lieder, GmbHR 2016, 189, 194. Zu unterscheiden ist dies indes von der Rechtsnatur des gegen die GmbH gerichteten Einreichungs- bzw. Korrekturanspruchs. Ein etwaiger Einreichungsanspruch wird meist als 20

212

Kap. 4: Gesellschafterliste

Aus der Anlehnung an die §§ 899, 894 BGB folgt aber auch, dass der Adressantenkreis erheblich über die materiellen Gesellschafter hinaus auszudehnen ist. Denn § 894 BGB benennt – anders als § 16 GmbHG – als Widerspruchsberechtigte ausdrücklich alle Inhaber eines Rechts an einem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung i. S. d. § 892 Abs. 1 BGB. Übertragen auf § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG hieße das, dass widerspruchsberechtigt nicht nur Anteilsinhaber sind, sondern auch die Inhaber eines dinglichen Rechts am Geschäftsanteil (Recht am Geschäftsanteil, Recht an einem solchen Recht). Eine Analogie zu § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG25 ist hierzu für ein Widerspruchsrecht nicht erforderlich, da diese Lesart weder den Gesetzeswortlaut noch die (in den Gesetzesmaterialien geäußerten) Vorstellungen des Gesetzesgebers überschreitet. Allerdings dürften kaum (dingliche) Rechte am Geschäftsanteil in Betracht kommen. Insbesondere ist ein dingliches Vorkaufsrecht allein bei Grundstücken denkbar (§ 1094 BGB). Und im Falle des satzungsmäßigen26 oder schuldrechtlichen Vorkaufsrechts fehlt es am quasi-negatorischen Unterlassungsanspruch analog §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i. V. m. einem sonstigen Recht und mithin an einem tauglichen Verfügungsanspruch. Eine einstweilige Verfügung auf Widerspruchszuordnung dürfte bei (dinglichen) Rechten am Geschäftsanteil dafür aus anderen Gründen in aller Regel nicht in Betracht kommen. Von der Frage des Widerspruchsrechts zu trennen ist die Frage, inwiefern bei den Inhabern etwaiger (dinglicher) Rechte ein Verfügungsgrund besteht. Denn der vermutete Verfügungsgrund (§ 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG) dürfte in aller Regel dadurch widerlegt27 werden, dass ihnen keine Schädigung droht. Nach zutreffender herrschender Meinung ist ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb mangels Rechtsscheinsträger nicht möglich.28 „gesetzliches Schuldverhältis“ unmittelbar aus der „Mitgliedschaft“ abgeleitet, vgl. nur Lieder, GmbHR 2016, 189, 191; Hasselmann, NZG 2009, 486, 489; zur Vorbildvorschrift § 67 Abs. 2 AktG etwa Bayer, in: MüKoAktG, § 67 Rn. 16; OLG Hamm, 15. 4. 2008 – 27 W 54/07, AG 2008, 671, 671. Indes dürfte ein Primäranspruch vor allem für die Fälle in Betracht kommen, in denen der Gesellschafter erstmalig in die Gesellschafterliste eingetragen werden soll. War er hingegen bereits darin eingetragen und wurde seine „Listenposition“ fälschlicherweise für jemand anderes gelöscht, geht es in erster Linie darum, seine materielle Rechtsposition (Mitgliedschaft) zu schützen. 25 So aber Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 7. 26 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 7. 27 Zur Widerlegbarkeit des vermuteten Verfügungsgrunds nach § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG unter Kapitel 4 § 1 B. I. 1. und II. 28 Ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb ist über § 16 Abs. 3 GmbHG nach ganz herrschender Auffassung nicht möglich, weil die Gesellschafterliste dahingehend de lege lata nicht als Rechtsscheinsträger taugt. Das Gesetz sieht keine Eintragungspflicht für beschränkte dingliche Rechte vor, sodass mithin auch kein Vertrauen auf die Lastenfreiheit entstehen kann. Ganz h. M., vgl. nur Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 16 Rn. 26; a. A. Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 316 jeweils m. w. N. Dies erfährt in rechtspolitischer Hinsicht viel Kritik, da weiterhin jeder Anteilserwerb eine aufwändige Due-Diligence-Prüfung erfordert, vgl. etwa Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 361; Eidenmüller, ZGR 2007, 168, 201. Dieses Er-

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

213

II. Geschäftsführer Ob auch Geschäftsführer – mit und ohne eigene Geschäftsanteile – antragsberechtigt sind, ist höchst umstritten. Die wohl herrschende Meinung bejaht dies mit der Begründung, den Geschäftsführer treffe die Korrekturpflicht aus § 40 Abs. 1 GmbHG und bei fehlerhafter Liste noch dazu die Haftung aus § 40 Abs. 3 GmbHG.29 Die „Pflichtenstellung“ allein genügt indes noch nicht, um ein Widerspruchsrecht zu begründen. Unklar und bisher kaum erörtert ist die Frage, worin in diesem Fall der Verfügungsanspruch („Widerspruchsrecht“) liegen soll. Dem Fremdgeschäftsführer steht ein quasi-negatorischer Anspruch auf Listenkorrektur mangels betroffenem Recht (§ 823 Abs. 1 BGB) oder einschlägigem Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB) nicht zu. In Betracht kommt allenfalls das der Korrekturpflicht des § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG immanente, zur Erfüllung dieser Pflicht notwendige Recht zur Listenkorrektur. Die herrschende Meinung geht zu Recht inzwischen von einer Korrekturzuständigkeit des Geschäftsführers aus, die sogar dann besteht, wenn die Liste vom Notar eingereicht wurde (vgl. § 40 Abs. 2 GmbHG).30 Allerdings handelt es sich beim „Recht zur Korrektur“ weder begrifflich noch inhaltlich nicht um einen „Anspruch auf Listenkorrektur“, wie ihn die Gesetzesbegründung fordert.31 Auch eine Brücke zu den §§ 899, 894 BGB hilft nicht weiter, da in den dortigen Fällen kein Pendant zum Geschäftsführer existiert. Ein Widerspruchsrecht könnte dem Geschäftsführer daher höchstens analog § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG einzuräumen sein. Ob die für eine Analogie vorausgesetzte planwidrige Regelungslücke besteht, ist schon deshalb fraglich, weil der Geschäftsführer, im Gegensatz zum Anteilsinhaber, die Möglichkeit hat, selbst eine korrigierte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen.32 Trotzdem gibt es auch bei bestehender Korrekturbefugnis gleichwohl ein Bedürfnis nach dem Widerspruch, weil er gegenüber der Listenkorretur das mildere Mittel darstellt. Denkbar sind etwa Konstellationen, in denen Unsicherheit über die Person des „wahren“ Gesellschafters besteht und bei denen es bis zur gerichtlichen Klärung zu weit ginge, eine der infrage stehenden Personen als Gesellschafter in die Liste einzutragen. So kann sich der Geschäftsführer der ihn durch die gebnis ist auch nach Einführung der Gesellschafterlistenverordnung bindend, da auch insoweit keine Eintragungspflicht für „Belastungen“ statuiert wurde, vgl. insb. §§ 1 und 2 GesLV. 29 D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 422; Bernauer/Bernauer, GmbHR 2016, 621, 622 f.; Kort, GmbHR 2009, 169, 175; Ebbing, in: MHLS, § 16 Rn. 228; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 16 Rn. 84; Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 290; a. A. etwa Verse, in: Henssler/Strohn, § 16 Rn. 85; Seibt, in: Scholz, § 16 Rn. 94; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 16 Rn. 37a jeweils m. w. N. 30 BGH, 7. 2. 2017 – II ZR 28/15, GmbHR 2017, 519; Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 40 Rn. 181 ff. m. w. N.; krit. etwa Noack, in: Baumbach/Hueck, § 40 Rn. 38. 31 Vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 38. 32 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 7.

214

Kap. 4: Gesellschafterliste

Korrekturpflicht des § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG und die Haftung nach § 40 Abs. 3 GmbHG treffenden Verantwortlichkeit nicht allein durch Listenänderung entziehen. Vielmehr dürfte im Prätendentenstreit oftmals Rechtsunsicherheit bestehen, wer der „wahre“ Inhaber ist, und diese erst gerichtlich zu klären sein. Den Geschäftsführer trifft nach herrschender Meinung eine Prüfpflicht und Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der Liste.33 Dieser Unsicherheit über die Richtigkeit der Liste und der drohenden Haftung kann der Geschäftsführer nur über ein eigenes Widerspruchsrecht entgehen. Man mag diese Lösung funktional etwa mit der Hinterlegung im Prätendentenstreit um eine beweglichen Sache vergleichen. Schwieriger zu beantworten ist, inwiefern die Situation des Fremd-Geschäftsführers vergleichbar ist mit der des von § 16 Abs. 3 GmbHG eigentlich geschützten materiellen Gesellschafters (bzw. Inhaber eines sonstigen Rechts). Der Fremdgeschäftsführer besitzt nicht die sich aus der Gesetzesbegründung und dem Vergleich mit den §§ 899, 894 BGB ergebende erforderliche eigene Beteiligung an der Gesellschaft und auch kein Recht an einem Geschäftsanteil. Im Falle des gutgläubigen Wegerwerbs droht ihm daher kein Rechtsverlust. Doch obwohl die Rolle des Geschäftsführers in den §§ 899, 894 BGB kein Pendant findet, ist seine Situation dennoch mit der des materiellen Gesellschafters vergleichbar. Durch den gutgläubigen Wegerwerb eines Geschäftsanteils droht ihm zumindest mittelbar derselbe wirtschaftliche Schaden. Jedenfalls vor dem Hintergrund, dass der Geschäftsführer die fehlerhafte Liste möglicherweise durch eine fehlerhafte Eintragung oder durch pflichtwidrig unterlassene Korrektur verursacht hat, wird der Gesellschafter, der seinen Anteil durch gutgläubigen Erwerb verloren hat, den Geschäftsführer möglicherweise über § 40 Abs. 3 GmbHG bzw. § 823 Abs. 1 BGB in Höhe des Anteilswerts und aller aus dem Rechtsverlust folgenden sonstigen Schäden in Regress nehmen. In wirtschaftlicher Hinsicht würde der Rechtsverlust damit an den Geschäftsführer weitergereicht. Die Situation der drohenden Geschäftsführerhaftung ist mithin (zumindest wirtschaftlich) vergleichbar mit dem des Gesellschafters, den der Widerspruch vor einem Rechtsverlust zu schützen sucht. Auch im Rahmen des Verfügungsgrunds begegnet dem (sowohl Fremd- als auch Gesellschafter-)Geschäftsführer die Frage, ob die Korrekturbefugnis als einfacheres Mittel Vorrang genießt. Hier gelten dieselben Argumente wie beim Analogieschluss beim Widerspruchsrecht. Der Widerspruch ist nicht nur das mildere, sondern bei Rechtsunsicherheiten über die Inhaberschaft sogar das einzige geeignete Mittel, um einen gutgläubigen Wegerwerb zu verhindern. Die Listenkorrektur kann auch insofern hinten anzustellen sein, als sie eine endgültige, nicht durch das Gericht wieder aufhebbare Wirkung mit sich bringt. Die Korrekturbefugnis lässt also auch den Verfügungsgrund nicht per se entfallen.

33 BT-Drs. 16/6140, 44 ausdrücklich: „Den Geschäftsführern obliegt daher eine Prüfpflicht.“; vgl. auch BGH, 7. 2. 2017 – II ZR 28/15, GmbHR 2017, 519, 521; Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 40 Rn. 181 m. w. N.

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

215

Im Ergebnis muss somit auch dem Fremdgeschäftsführer analog § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG ein originäres Widerspruchsrecht gewährt werden. Der Verfügungsanspruch folgt aus § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Liegen die (Analogie-)Voraussetzungen für ein „Widerspruchsrecht“ des Geschäftsführers vor, muss konsequenterweise auch die Vermutung des Verfügungsgrunds in § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG entsprechende Anwendung finden. III. Gesellschaft und Mitgesellschafter Strittig ist, ob auch Gesellschaft und Mitgesellschafter antragsberechtigt sind. Die herrschende Meinung verneint dies mit dem Argument, es fehle an einer dem Geschäftsführer vergleichbaren Pflichtenstellung.34 Dies verwundert nicht nur deshalb, weil die Begründung Gesellschaft und Mitgesellschafter nur mit dem Geschäftsführer vergleicht – der selbst einer Analogie bedarf35 –, nicht aber mit dem betroffenen Anteilsinhaber, wie eigentlich für eine Analogie naheliegend. Es überrascht auch, dass ihr Widerspruchsrecht meist mir nur knapper Begründung abgelehnt wird, denn rechtsdogmatisch lässt sich das Widerspruchsrecht nicht ohne Weiteres von der Hand weisen. Auch Gesellschaft und Mitgesellschaftern kann ausnahmsweise ein auf Listenkorrektur gerichteter Anspruch zustehen, namentlich aus den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 analog und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Gesellschaft) bzw. dem Mitgliedschaftsrecht (Mitgesellschafter). Etwaige Ansprüche wären allerdings wohl äußerst selten gegeben, denn eine Beeinträchtigung droht bei ihnen nicht bereits durch den gutgläubigen Erwerb an sich, sondern allenfalls dann, wenn der konkrete Erwerb wiederum negative Folgen mit sich brächte, etwa wegen eines in der Person des Erwerbers liegenden Grundes (z. B.: Schlechte Reputation des Erwerbers schadet Geschäft). Dennoch fragt sich, ob diese Ansprüche als Verfügungsanspruch für eine einstweilige Verfügung i. S. d. § 16 Abs. 3 S. 3 – 5 GmbHG taugen. Gesetzeswortlaut und -begründung sind diesbezüglich zwar offen („Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste“), insbesondere präzisieren sie die Rechtsgrundlage nicht. Aus der Anlehnung an die §§ 899, 894 BGB folgt aber, dass § 16 Abs. 3 GmbHG zunächst nur solche Personen schützen will, die selbst die vermeintlich fehlerhaften Anteile oder etwaige Rechte daran innehaben. Dies ist bei Gesellschaft und Mitgesellschafter grundsätzlich nicht der Fall. Infrage steht daher wiederum nur eine entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG. Doch anders als beim Geschäftsführer, dessen Regresshaftung aus § 40 Abs. 3 GmbHG spiegelbildlich zum Rechtsverlust des Anteilsinhabers eintritt,36 erleiden Gesellschaft und Mitgesellschafter im Einzelfall einen Schaden, der nicht aus dem Rechtsverlust resultiert, sondern lediglich 34 Lieder, GmbHR 2016, 271, 278; Harbarth, ZIP 2008, 57, 61; Verse, in: Henssler/Strohn, § 16 Rn. 85; a. A. Ebbing, in: MHLS, § 16 Rn. 228 jeweils m. w. N. 35 Kapitel 4 § 1 A. II. 36 Dazu Kapitel 4 § 1 A. II.

216

Kap. 4: Gesellschafterliste

aus den Begleitumständen. Es fehlt mithin an einer Interessenlage, die mit der des Anteilsinhabers vergleichbar ist. These 35: Widerspruchsberechtigt bezüglich eines GmbH-Geschäftsanteils sind dessen Inhaber und grundsätzlich auch die daran dinglich Berechtigten. Bei letzteren dürfte es für eine einstweilige Verfügung jedoch mangels lastenfreiem Erwerb regelmäßig an einem Verfügungsgrund fehlen. Geschäftsführer sind widerspruchsberechtigt, sofern sich nicht aufklären lässt, welcher Prätendent Inhaber des Anteils ist. Gesellschaft und Mitgesellschafter sind als solche nicht widerspruchsberechtigt.

B. Verfügungsgrund Um mittels Eilrechtsschutz einen Widerspruch zur Gesellschafterliste zuzuordnen, muss der Verfügungskläger den (nur) Verfügungsanspruch glaubhaft machen (vgl. § 294 ZPO). In Abweichung von den allgemeinen Regeln verzichtet § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG auf das Erfordernis, eine Gefährdung seines Rechts (Verfügungsgrund) glaubhaft zu machen. Ob diese Dringlichkeitsvermutung jedoch auch innerhalb der dreijährigen Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG gilt, ist umstritten. Nach § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG ist ein gutgläubiger Erwerb der Geschäftsanteile ausgeschlossen, wenn die Liste im Zeitpunkt des Erwerbs weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Die derzeit wohl noch herrschende Meinung will die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG – ungeachtet dessen, ob sie die Vermutung für widerleglich oder unwiderleglich hält – auch innerhalb dieser dreijährigen Karrenzzeit anwenden.37 Eine zunehmende Anzahl von Stimmen folgt indes dem OLG Nürnberg und versteht § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG dahingehend, dass der Verfügungskläger nur von der Glaubhaftmachung des Verfügungsgrunds, nicht aber vom Erfordernis seines Vorliegens befreit wird.38 Der folgende Teil der Arbeit sucht daher zu erörtern, wie sich die Sonderregelung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG mit ihrer Schutzfrist auf die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG auswirkt. Das Problem ist insofern neu, dass die Vorbildvorschriften in § 899 Abs. 2 S. 2 BGB und § 885 Abs. 1 S. 2 BGB keine entsprechende Karrenzphase besitzen. Der Einfluss dieser Regelung bestimmt, inwieweit dem Gesellschafter einstweiliger Rechtsschutz offensteht.

37 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 16 Rn. 97; Dittert, NZG 2015, 221, 222 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 16 Rn. 37; Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 282; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 6 f.; Lieder, GmbHR 2016, 271, 276 f.; Seibt, in: Scholz, § 16 Rn. 93; Verse, in: Henssler/Strohn, § 16 Rn. 84; Wettich, GWR 2014, 434, 434. 38 Vgl. OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1153 f.; Ebbing, in: MHLS, § 16 Rn. 228; Seebach, notar 2015, 17, 17; Werner, GmbHR 2014, 1155, 1155 f.; Wicke, GmbHG, § 16 Rn. 25; Wilhelmi, in: BeckOK-GmbHG, § 16 Rn. 109.

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

217

I. Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG 1. Widerlegbarkeit Der Inhalt der Dringlichkeitsvermutung in § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG, namentlich ob sie nur die Glaubhaftmachung erlässt oder auch das Vorliegen eines Verfügungsgrunds vermutet, hängt zunächst von der Vorfrage ab, ob die Dringlichkeitsvermutung widerlegbar ist. Im Falle einer unwiderlegbaren Vermutung wäre eine Unterscheidung hinfällig. Die einstweilige Verfügung auf Zuordnung eines Widerspruchs stünde in jedem Fall offen. Unter den Stimmen, die bei § 16 Abs. 3 S. 5 GmbH sowohl die Darlegung als auch die Glaubhaftmachung für entbehrlich halten, positionieren sich nur wenige ausdrücklich für39 oder gegen40 die Widerlegbarkeit der Dringlichkeitsvermutung, während der größte Teil diese Frage offenlässt.41 Die dem OLG Nürnberg folgende Ansicht42 hat dagegen denklogisch als Prämisse, dass die Dringlichkeitsvermutung widerlegbar ist. Bei beiden Seiten lässt sich jedoch nicht erkennen, aus welchem Grund sie von der (Un-)Widerlegbarkeit ausgehen. Für eine widerlegbare Vermutung spricht zunächst der Gesetzeswortlaut. Er formuliert die Vermutung zum einen nicht als zwingend („gilt“), sondern offen, in Form einer bloßen Beweiserleichterung („muss nicht glaubhaft gemacht werden“). Dass dem Gesetzgeber dieser sprachliche Unterschied bei der Rechtsetzung bewusst war, zeigt sich insbesondere im Vergleich mit der unwiderlegbaren Vermutung in der Nachbarregelung in § 16 Abs. 1 GmbHG. Zum anderen befreit der Wortlaut nicht vom Verfügungsgrund, sondern nur von dessen Glaubhaftmachung.43 In dieselbe Richtung deuten auch Sinn und Zweck der Regelung, denn der Grund der Vermutung, namentlich die abstrakte Gefahr eines gutgläubigen Wegerwerbs,44 ist nicht ständig vorhanden, sondern lässt sich im Einzelfall auch ohne einstweilige Verfügung ausschließen. Ebenso sprechen die allgemeinen Regeln für eine widerlegbare Vermutung. So sind gesetzliche Vermutungen grundsätzlich widerleglich, namentlich wenn nicht ihre Unwiderlegbarkeit gesetzlich angeordnet wird (vgl. § 292 Abs. 1

39

Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 55; Verse, in: Henssler/Strohn, § 16 Rn. 84. Seibt, in: Scholz, § 16 Rn. 93. 41 Das KG, 1. 4. 2010 – 2 W 36/10, ZIP 2010, 2047, 2050 lässt die Frage der Widerlegbarkeit der Dringlichkeitsvermutung in § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG ausdrücklich offen. Gleichwohl zieht es die Vorschrift vergleichend in den Zusammenhang mit den §§ 885, 899 BGB und prüft die dortigen Anforderungen an die Selbstwiderlegung, worin man ggfs. eine gewisse Tendenz erkennen mag. 42 Vgl. OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1153 f.; Ebbing, in: MHLS, § 16 Rn. 228; Seebach, notar 2015, 17, 17; Werner, GmbHR 2014, 1155, 1155 f.; Wicke, GmbHG, § 16 Rn. 25; Wilhelmi, in: BeckOK-GmbHG, § 16 Rn. 109. 43 Vgl. so das Wortlautargument zu den §§ 885, 899 ZPO: Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 59. 44 Dittert, NZG 2015, 221, 223. 40

218

Kap. 4: Gesellschafterliste

ZPO). Im vorliegenden Fall lassen sich weder Gesetzeswortlaut noch Gesetzesmaterialien Hinweise entnehmen, die auf die Unwiderlegbarkeit hindeuten. Untermauert wird dieses Ergebnis durch den Vergleich mit den Dringlichkeitsvermutung in § 885 Abs. 1 S. 2 BGB und in § 899 Abs. 2 S. 2 BGB, nach deren Vorbild der Gesetzgeber § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG normierte. Auch dort ist die Widerlegbarkeit zwar mitunter umstritten, aber mittlerweile überwiegend, zumeist unter Verweis auf den Gesetzeswortlaut anerkannt.45 Die Gegenauffassung begründet die Unwiderleglichkeit maßgeblich damit, dass das Gesetz die abstrakte Möglichkeit sehe, die Anspruchserfüllung könne infolge Vertragsuntreue oder Vermögenserfalls vereitelt werden, und dass die im Liegenschaftsverkehr in der Regel auf dem Spiel stehenden erheblichen Werte ausreichender Anlass für eine Sicherung gäben.46 Da Geschäftsanteile im Einzelfall noch viel wertvoller sein können, scheint diese Argumentation prinzipiell auch auf § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG übertragbar. Doch der Schluss vom drohenden großen Schaden auf die Unwiderlegbarkeit der Vermutung ist weder zwingend, noch überzeugt er. Wenn man mit der Gefahr argumentiert, ist nicht allein der drohende Schaden, sondern auch seine Eintrittswahrscheinlichkeit zu berücksichtigen. Auch findet dieser Schluss vom Schaden auf den Sicherungsbedarf weder bei den §§ 885, 899 BGB noch bei § 16 GmbHG eine Stütze in Gesetzeswortlaut oder Gesetzesbegründung. Vor allem aber wäre eine unwiderlegliche Vermutung bei § 16 GmbHG weniger erforderlich als bei den §§ 885, 899 BGB, weil der wahre Gesellschafter hier bereits durch die Karrenzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG einen hohen Schutz erfährt. In Erwägung ziehen könnte man noch, dass die Vermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG – in Abweichung von den §§ 885, 899 BGB – deshalb unwiderlegbar sein sollte, weil der Gesellschafter die einstweilige Verfügung ungeachtet dessen erwirken können soll, dass innerhalb der Dreijahresfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG keine Gefahr besteht. Doch für dieselbe Rechtsnatur der Vermutungen spricht zum einen, dass der Gesetzgeber ausdrücklich47 die §§ 885, 899 BGB als Vorbild für die GmbH-Regelung nennt. Zum anderen lassen sich die Schutzfrist in S. 2 und die Vermutung in S. 5 auch auf andere Art48 miteinander kombinieren. 45

So etwa OLG Celle, 5. 3. 2015 – 13 U 12/15, MDR 2015, 453, 453; OLG Düsseldorf, 5. 2. 2013 – I-21 U 123/12, NJW-RR 2013, 798, 798 f.; OLG Hamm, 4. 11. 2003 – 21 U 44/03, NJWRR 2004, 379, 379; OLG Düsseldorf, 10. 12. 1999 – 22 U 170/99, NJW-RR 2000, 825, 826; Bassenge, in: Palandt, § 885 Rn. 3; Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 59; Vollkommer, in: Zöller, § 940 Rn. 8 („Baurecht“); a. A. Assmann, Vormerkung, S. 344 f.; Gursky, in: Staudinger, § 885 Rn. 29 (vgl. auch Gursky, in: Staudinger, § 899 Rn. 60); Kohler, in: MüKoBGB, § 885 Rn. 7 (für Widerlegbarkeit jedoch Kohler, in: MüKoBGB, § 899 Rn. 9); Peters/Jacoby, in: Staudinger, § 648 Rn. 40 jeweils m. w. N. Zur Widerlegbarkeit des § 12 Abs. 2 UWG nur Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 940 Rn. 58 f. m. w. N. 46 Vgl. nur Gursky, in: Staudinger, § 885 Rn. 29. 47 BT-Drs. 16/6140, S. 39. 48 Dazu Kapitel 4 § 1 B. II., insb. unter 2. c).

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

219

Die Auffassung, die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG sei widerlegbar, muss sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, dass tatsächlich nur wenig Raum für eine Widerlegung der Vermutung bleibt.49 Dies gilt insbesondere, wenn man eine Widerlegung sogar dann ablehnte, wenn innerhalb der Dreijahresfrist die Unrichtigkeit dem Betroffenen eindeutig nicht zugerechnet werden kann, sodass jegliche Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs ausgeschlossen werden kann.50 Für die Rechtsnatur der Vermutung ist es allerdings nicht entscheidend, inwiefern die Vermutung später auch tatsächlich widerlegt werden kann. Einzubeziehen bleibt aber etwa, welche Rechtsnatur die Vermutung nach Ablauf der Dreijahresfrist oder im Falle einer zurechenbar unrichtigen Gesellschafterliste besitzt. Denn die Rechtsnatur der Vermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG ändert sich mit Ablauf der Dreijahresfrist nicht „plötzlich“. Insoweit ist weitgehend anerkannt, dass eine (Selbst-)Widerlegung nach Ablauf der Schutzfrist möglich ist.51 Abgesehen davon erscheint es in der Sache sinnvoll und zumutbar, dass die Dringlichkeitsvermutung innerhalb der ersten drei Jahre widerlegbar ist. Es sind etwa Fälle denkbar, in denen der Gesellschafter von der Fehlerhaftigkeit der Liste weiß und daher einstweiligen Rechtsschutz rechtzeitig beantragen kann. Im Ergebnis handelt es sich bei § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG mithin um eine in rechtlicher Hinsicht widerlegbare Vermutung. Dies hängt nicht von der Frage ab, ob eine Widerlegung innerhalb der dreijährigen Karenzphase tatsächlich möglich ist. These 36: Die Dringlichkeitsvermutung in § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG ist in rechtlicher Hinsicht widerlegbar. Dies hängt nicht von der Frage ab, ob eine Widerlegung innerhalb der Karenzphase tatsächlich möglich ist.

2. Inhalt § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG erlässt streng nach seinem Wortlaut nur die „Glaubhaftmachung“. Obschon andere Dringlichkeitsvermutungen ausdrücklich „Darlegung und Glaubhaftmachung“ erwähnen (vgl. § 12 Abs. 2 UWG), handelt es sich bei § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG gleichwohl um eine „echte“ Vermutung, die den Antragsteller sowohl von der Darlegung als auch von der Glaubhaftmachung befreit. Vermutet wird die Gefährdung des Antragsstellers, namentlich dass ein Rechtsverlust durch gutgläubigen Erwerb nach § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG droht und dass daraus die für den Verfügungsgrund erforderliche Dringlichkeit folgt. Beides ergibt sich aus dem Umkehrschluss zu den Gesetzesmotiven, wonach eine entsprechende einstweilige Verfügung „nur erlassen [werde], wenn der Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste [d. h. der Verfügungsanspruch] glaubhaft gemacht ist“.52 Untermauert wird dies zudem durch die Parallelität zu den §§ 885, 899 BGB. 49 50 51 52

Dittert, NZG 2015, 221, 223; Verse, in: Henssler/Strohn, § 16 Rn. 84. So Verse, in: Henssler/Strohn, § 16 Rn. 84 Dazu sogleich Kapitel 2 § 1 B. II. 2. Vgl. etwa OLG Düsseldorf, 19. 4. 2018 – I-6 W 2/18, GmbHR 2018, 967, 969 f. BT-Drs. 16/6140, S. 39.

220

Kap. 4: Gesellschafterliste

Über diesen Ausgangspunkt besteht, soweit ersichtlich, Einigkeit. Dem steht auch die Auffassung des OLG Nürnberg im Beschluss vom 19. August 2014 nicht entgegen, wonach es zwar die Glaubhaftmachung für entbehrlich hält, aber an der Darlegungsobliegenheit festhält. Das OLG Nürnberg erörterte nicht, welchen Umfang die Vermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG im „Auskungspunkt“ besitzt. Es ging vielmehr der Folgefrage nach, welchen Einfluss die Sonderregelung in § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG auf die Dringlichkeitsvermutung ausübt.53 These 37: Die Vermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG umfasst sowohl die Darlegung als auch die Glaubhaftmachung des Verfügungsgrunds.

II. Einfluss der Schutzfrist auf die Dringlichkeitsvermutung Zu klären ist weiter, wie sich die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG auf den Verfügungsgrund auswirkt. Hiernach ist der gutgläubige Erwerb ausgeschlossen, wenn die Gesellschafterliste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Diese Karrenzfrist trägt der gegenüber anderen Rechtsscheinsträgern wie Grundbuch oder Erbschein geringeren Verlässlichkeit und damit auch verfassungsrechtlichen Erwägungen Rechnung.54 Die Vorbildvorschriften der §§ 899, 885 BGB enthalten keine entsprechende Regelung. 1. Automatische „gesetzliche“ Widerlegung der Dringlickeitsvermutung? Zunächst ist fraglich, ob die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG die Dringlichkeitsvermutung von vornherein „gesetzlich“, d. h. „automatisch“ widerlegt. Diese Auffassung vertritt, soweit ersichtlich, niemand. Dennoch ist sie nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Soweit die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG einen gutgläubigen Wegerwerb verhindert, ist der von § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG vermutete Verfügungsgrund, also die Gefahr eines Rechtsverlusts, tatsächlich ausgeschlossen. Ohne Verfügungsgrund wäre aber auch die einstweilige Verfügung unter der Schutzwirkung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG kategorisch ausgeschlossen.55 Gegen die „gesetzliche“ Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung wird indes zutreffend ins Feld geführt, dass Zweifel daran bestehen, ob § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG 53

Vgl. OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1154. Seibt, in: Scholz, § 16 Rn. 99. 55 Zutr. OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1154. Da Widerlegung bedeutet, dass das Gegenteil – also das Fehlen der Dringlichkeit – dargelegt und bewiesen (bzw. glaubhaft gemacht) wird, bleibt auch kein Raum für einen anderweitigen Verfügungsgrund. 54

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

221

lückenlosen Schutz gewährt. Häufig kann nicht bewertet werden56 oder bleibt unerkannt, ob die fehlerhafte Liste dem Betroffenen zurechenbar ist, weshalb die Gefahr eines gutgläubigen Wegerwerbs auch in den ersten drei Jahren fortbestehe. Es drohe etwa auch die Gefahr, dass ein Vorbehaltserwerber beim aufschiebend bedingten Erwerb die Geschäftsanteile vorzeitig an einen gutgläubigen Dritten veräußere.57 Dass § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG die Dringlichkeitsvermutung nicht „von Gesetzes wegen“ widerlegt, folgt auch noch aus einem anderen Grund. Die Regeln der Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast entsprechen grundsätzlich denen der Darlegungs- und Beweislast im Hauptsacheverfahren.58 Den Sachverhalt, der Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund zugrunde liegt, hat grundsätzlich der Verfügungskläger glaubhaft zu machen – im konkreten Fall mit Unterstützung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG. Bei Einwendungen trifft die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast demgegenüber den Verfügungsbeklagten. Soweit es vorliegend darum geht, ob die Schutzvorschrift des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG den Verfügungsgrund widerlegt,59 stellt sie eine Einwendung dar. Noch dazu formuliert § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG als Voraussetzung für die Schutzfrist negativ, die Unrichtigkeit dürfe „nicht zuzurechnen“ sein. Das Gesetz geht also im Grundsatz davon aus, dass die Fehlerhaftigkeit der Liste dem Betroffenen zuzurechnen ist. Es läge also am Verfügungsbeklagten, darzulegen bzw. glaubhaftzumachen, dass die Fehlerhaftigkeit der Liste dem Betroffenen entgegen dem üblichen Fall60 nicht zugerechnet werden kann. Ohne etwaige Angaben darf das Gericht nicht ohne Weiteres auf die Nichtzurechenbarkeit der fehlerhaften Liste und damit auch nicht auf die Schutzfrist schließen. Als Ergebnis ist festzuhalten, es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG widerlegt. Dies folgt zum einen daraus, dass 56

Werner, GmbHR 2014, 1155, 1155; Seebach, notar 2015, 17, 17. Werner, GmbHR 2014, 1155, 1155; Seebach, notar 2015, 17, 17. 58 Drescher, in: MüKoZPO, Vorbemerkung zu § 916 Rn. 20. Diese Regeln werden vereinzelt sogar noch dadurch verstärkt, dass manche Stimmen fordern, Verfügungskläger müssten in „einseitigen“ Eilrechtsschutzverfahren auch das Nichtvorliegen von Einwendungen darlegen und glaubhaft machen, vgl. dazu Walker, in: Schuschke/Walker, Vor §§ 916 – 945b Rn. 66 m. w. N. 59 Wenn in anderem Zusammenhang dagegen über die materiell-rechtliche Inhaberschaft des Geschäftsanteils gestritten wird, dürfte die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG dagegen üblicherweise vom „wahren“ Gesellschafter vorgebracht werden, namentlich als Einwendung gegen seinen Rechtsverlust. 60 Die „übliche“ Verwendung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG liegt darin, den gutgläubigen Erwerb nach § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG zu verhindern. In diesen Fällen ist der Sachverhalt zur dreijährigen Sperrwirkung entsprechend den allgemeinen Regeln vom Verfügungskläger darzulegen und glaubhaft zu machen. Die h. M. formuliert verkürzt, die Darlegungs- und Beweislast bez. § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG sei dem Betroffenen aufzuerlegen, vgl. nur Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 270. Die Darlegungs- und Beweisläst wendet sich allerdings, wenn die Sperrwirkung als Einwendung gegen den Verfügungsgrund zugunsten des Verfügungsbeklagten dient. 57

222

Kap. 4: Gesellschafterliste

sich die Schutzwirkung nicht immer sicher beurteilen lässt. Damit die Schutzwirkung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG im Prozess berücksichtigt wird, bedarf es zum anderen der „manuellen“ Darlegung bzw. Glaubhaftmachung, dass die Unrichtigkeit der Gesellschafterliste dem Verfügungskläger nicht zuzurechnen ist. These 38: Die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG führt nicht zu einer „automatischen“ gesetzlichen Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG.

2. „Manuelle“ Widerlegung über § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG? Nach dem Gesagten drängt sich die Frage auf, ob die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG trotzdem unter Verweis auf die Dreijahresfrist aus § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG „manuell“ widerlegt werden kann. Etwa könnte der Verfügungsbeklagte die fehlende Zurechenbarkeit der unrichtigen Liste vortragen bzw. glaubhaftmachen. Bereits seit das MoMiG 2008 die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eingeführt hat, herrschte die Auffassung, auch innerhalb der Karrenzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG könne mittels einstweiliger Verfügung ein Widerspruch zugeordnet werden. Auch insoweit müsse kein Verfügungsgrund dargelegt oder glaubhaft gemacht werden. Der lückenlose Schutz des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG lasse den vermuteten Verfügungsgrund nicht entfallen.61 Große Auswirkungen hatte jedoch der Beschluss des OLG Nürnberg vom 19. August 2014, dessen Gegenauffassung zunehmend Unterstützung findet. Es erachtet nur die Glaubhaftmachung für entbehrlich, hält aber daran fest, dass ein Verfügungsgrund vorliegen muss. Innerhalb der Schutzfrist müsse der Verfügungskläger die Gefährdung deshalb darlegen.62 a) Rechtslage bei einfacher Gesetzesanwendung Die Widerlegung63 erfordert den Beweis den Gegenteils; im Eilrechtsschutz genügt dessen Darlegung und Glaubhaftmachung. Um die Dringlichkeitsvermutung zu widerlegen, kommt insbesondere die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG in Betracht. Wird dargelegt bzw. glaubhaft gemacht, dass die Unrichtigkeit der Liste dem Betroffenen „nicht zugerechnet“ werden kann, müsste das Gericht davon ausgehen, dass § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG die Gefahr des gutgläubigen Erwerbs für die ersten drei Jahre der Unrichtigkeit ausschließt. Bei strenger Gesetzesanwendung entfiele also der Verfügungsgrund für die Dauer der Schutzfrist. 61 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 16 Rn. 97; Dittert, NZG 2015, 221, 222 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 16 Rn. 37; Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 282; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 6 f.; Lieder, GmbHR 2016, 271, 276 f.; Seibt, in: Scholz, § 16 Rn. 93; Verse, in: Henssler/Strohn, § 16 Rn. 84; Wettich, GWR 2014, 434, 434. 62 Vgl. OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1153 f.; Ebbing, in: MHLS, § 16 Rn. 228; Seebach, notar 2015, 17, 17; Werner, GmbHR 2014, 1155, 1155 f.; Wicke, GmbHG, § 16 Rn. 25; Wilhelmi, in: BeckOK-GmbHG, § 16 Rn. 109. 63 Zur Widerlegbarkeit Kapitel 4 § 1 B. I. 1.

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

223

Dieses Ergebnis könnte der Verfügungskläger zwar theoretisch replizieren. Die Schutzwirkung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG verhindert jedoch alle Gefahren, die auch der Widerspruch ausschlösse,64 sodass als Replik allenfalls übrigbliebe, die glaubhaft gemachte „fehlende Zurechenbarkeit“ der fehlerhaften Liste zu erschüttern. Dies entspricht in Begründung und Ergebnis weitgehend der Auffassung des OLG Nürnberg. Dem Beschluss ist nur insofern zu widersprechen, dass die Replik nicht nur der Darlegung,65 sondern im Streitfall auch der Glaubhaftmachung bedarf. Es erschließt sich nicht, weshalb, wenn die Dringlichkeitsvermutung einmal widerlegt ist, die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG auch die Replik tragen soll. Ist die Vermutung entkräftet, gelten für Replik, Triplik etc. vielmehr wieder die allgemeinen Regeln zur Darlegung und Glaubhaftmachung. Die Auffassung des OLG Nürnberg hat für sich, dass sie aus einfacher,66 sauberer Gesetzesanwendung folgt. Abzulehnen ist daher auch der Vorwurf, es handle sich um eine – gar ungerechtfertigte – Einschränkung des Verfügungsgrunds.67 Vielmehr ist umgekehrt von dieser „natürlichen“ Rechtslage auszugehen und zu prüfen, ob die Dringlichkeitsvermutung entsprechend der herrschenden Meinung auch innerhalb der Karrenzfrist gilt. b) Kritik an der Interferenzwirkung der Schutzfrist Diese auf reiner Gesetzesanwendung basierende Lösung muss sich zunächst den praktischen Vorwurf gefallen lassen, es sei unklar, ab welchem Zeitpunkt ein Verfügungsgrund vorliegt.68 Eine Gefährdung drohe nicht erst mit Ablauf der Dreijahresfrist. Auch bei schnellstmöglicher Beantragung einer einstweiligen Verfügung entstünde ansonsten eine zeitliche Schutzlücke zwischen Schutzfrist und Widerspruchszuordnung. Und vor Ablauf der Schutzfrist steige das Bedürfnis nach einem Widerspruch zwar fließend, je näher das Ende der drei Jahre rückt. Unklar sei jedoch, ab welchem Zeitpunkt dies jedoch einen Verfügungsgrund begründe. Indes sind rechtliche und praktische Probleme bei der Grenzziehung an sich keine beachtlichen Argumente. Auch erwachsen aus ihnen vorliegend keine besonderen, unzumutbaren Nachteile.

64 Sowohl die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG als auch der Widerspruch i. S. d. § 16 Abs. 3 S. 3 GmbHG richten sich ausschließlich gegen die Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs i. S. d. § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG. 65 So OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1153 f. 66 A. A. Lieder, GmbHR 2016, 271, 276: teleologische Reduktion des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG, allerdings unter der Annahme, die Vermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG sei unwiderleglich. 67 So KG, 1. 4. 2010 – 2 W 36/10, ZIP 2010, 2047, 2051; vgl. auch Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 6. 68 Vgl. nur KG, 1. 4. 2010 – 2 W 36/10, ZIP 2010, 2047, 2051; Dittert, NZG 2015, 221, 223 („Rechtsunsicherheit und Beliebigkeit“).

224

Kap. 4: Gesellschafterliste

Mehr Beachtung verdient der zweite, hauptsächliche Kritikpunkt, der Gesetzgeber habe mit der gegenüber den §§ 885, 899 BGB zusätzlichen Karrenzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG nicht den einstweiligen Rechtsschutz verkürzen, sondern den Rechtsschutz insgesamt sogar erweitern wollen.69 Zur Begründung wird meist folgendes, aus der Gesetzesbegründung stammende Zitat angeführt: „Sofern ihm die Unrichtigkeit der Liste nicht zuzurechnen ist, hat er nach Eintritt der Unrichtigkeit drei Jahre Zeit, die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste zu veranlassen oder auf Korrektur der Liste hinzuwirken und auf diese Weise einen gutgläubigen Erwerb des ihm zustehenden Anteils auszuschließen.“70 Es bedarf daher der Prüfung, ob dieser gesetzgeberische Wille de lege lata zu berücksichtigen ist. c) Gesetzgeberischer Wille: Vorrangig Dringlichkeitsvermutung? Zu überprüfen ist aber, ob der vermeintlich offensichtliche gesetzgeberische Wille, wie überwiegend behaupet, sich wirklich darauf richtet, dass der Verfügungsgrund auch innerhalb der Schutzfrist vermutet werden soll. Ein Argument, den Verfügungsgrund zu vermuten, trotz der Widerlegung durch § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG, lautet, bereits der Gesetzeswortlaut stelle Schutzfrist und Widerspruch gleichberechtigt nebeneinander (vgl. „Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn […]“, § 16 Abs. 3 S. 3 GmbHG).71 Indes folgt aus der Konjunktion „ferner“ nur, dass die Ausschlusstatbestände des gutgläubigen Erwerbs gleichrangig nebeneinander stehen, nicht auch, dass deren Voraussetzungen jeweils unberührt bleiben. Um Gleichrangigkeit der Schutzinstrumente zu gewährleisten, ist nicht zwingend erforderlich, dass die Dringlichkeitsvermutung gilt. Es genügt letztlich auch die Möglichkeit, einen bewilligten Widerspruch zuzuordnen. Auch dass § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG Bewilligung und einstweilige Verfügung als gleichrangige, alternative Voraussetzungen für den Widerspruch nebeneinander nennt, hilft insoweit nicht weiter.72 Die Alternativität zeigt zwar, dass keine der Voraussetzungen einen generellen Vorrang genießt. Daraus folgt jedoch nicht, dass beide Voraussetzungen in praktischer Hinsicht gleichermaßen leicht oder schwer erfüllbar sein müssen. Hauptsächlich aber sollen die Gesetzesmaterialien73 bescheinigen, dass der Gesetzgeber keinen Ausschluss der einstweiligen Verfügung innerhalb der Dreijahresfrist gewollt habe.74 Die Gesetzesbegründung beantwortet diese Rechtfrage zwar nicht ausdrücklich, enthält aber zwei starke Indizien: 69 70 71 72 73 74

Vgl. nur Werner, GmbHR 2014, 1155, 1155. BT-Drs. 16/6140, S. 39. Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 6. Vgl. Dittert, NZG 2015, 221, 222. BT-Drs. 16/6140, S. 39 f. Werner, GmbHR 2014, 1155, 1155.

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

225

Es darf zum einen vermutet werden, dass es Erwähnung gefunden hätte, wenn die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG innerhalb der Dreijahresfrist nahezu hätte ausgeschlossen sein sollen. Ansonsten fiele ein großer Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung weg.75 Vor allem nimmt die Gestzesbegründung der Widerspruchsverfügung ausdrücklich auf § 899 Abs. 2 BGB vergleichend Bezug.76 Da ist aber weder von einer Einschränkung der Dringlichkeitsvermutung noch vom Verfügungsgrund die Rede. Ein so eingeschränkter Anwendungsbereich unterscheidet sich aber massiv von den §§ 885, 899 BGB. Zum anderen findet sich in der Gesetzesbegründung die auf den ersten Blick eindeutige77 Formulierung, die Schutzfrist verschaffe dem wahren Gesellschafter „drei Jahre Zeit, die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste zu veranlassen oder auf Korrektur der Liste hinzuwirken“.78 Trotzdem wird diese Aussage nicht durchweg als Beleg dafür angesehen, dass innerhalb der Karrenzzeit die Widerspruchsverfügung offensteht bzw. der Verfügungsgrund vermutet wird. Das Zitat stößt auf unterschiedliche Interpretationen. Nach teilweiser Auffassung sei diese Formulierung so zu verstehen, dass die Schutzfrist nur dazu diene, bei Gesellschaft, Geschäftsführer und Mitgesellschafter auf eine Bewilligung des Widerspruchs hinzuwirken, während die einstweilige Verfügung überhaupt erst im Konfliktfall nötig werde.79 Diese Lesart überzeugt jedoch nicht. Die Bewilligung genießt als (alternative) Voraussetzung des Widerspruchs keinen Vorrang vor der einstweiligen Verfügung, sondern steht gleichrangig neben ihr.80 Vor allem aber wird die Schutzfrist nicht nur mit der Bewilligung verknüpft. Die Gesetzesbegründung formuliert neutral, die Karrenzzeit solle es ermöglichen, „die Zuordnung eines Widerspruchs […] zu veranlassen“.81 Diese Formulierung lässt Raum für beide Handlungsalternativen: Bewilligung und einstweilige Verfügung. Die Schutzfrist kann auch nicht dahingehend verstanden werden, dass sie dem Gesellschafter bloß genügend Zeit verschaffen soll, um die gerichtliche Klärung im Hauptsacheverfahren herbeizuführen.82 Die Gesetzesbegründung führt insoweit präzise nicht nur die „Korrektur der Liste“ auf, worauf das Hauptverfahren abzielt, sondern daneben auch den „Widerspruch“. Insgesamt ergibt die Formulierung in der Gesetzesbegründung also nur Sinn, wenn der Gesetzgeber bei der Zweckbeschreibung für die 75

So KG, 1. 4. 2010 – 2 W 36/10, ZIP 2010, 2047, 2051; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 6. BT-Drs. 16/6140, S. 39: „Zur Verhinderung von Missbräuchen setzt die Zuordnung eines Widerspruchs in Anlehnung an § 899 Abs. 2 BGB voraus, dass […] eine entsprechende einstweilige Verfügung vorliegt, die nur erlassen wird, wenn der Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste glaubhaft gemacht wird.“. 77 Vgl. nur KG, 1. 4. 2010 – 2 W 36/10, ZIP 2010, 2047, 2051. 78 BT-Drs. 16/6140, S. 39. 79 OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1154; Werner, GmbHR 2014, 1155, 1156. 80 Dittert, NZG 2015, 221, 222. 81 BT-Drs. 16/6140, S. 39. 82 So aber OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1154. 76

226

Kap. 4: Gesellschafterliste

Schutzfrist davon ausging, dass der Verfügungsgrund für eine Widerspruchsverfügung auch während der Schutzfrist grundsätzlich vermutet wird. Der Anwendbarkeit der Dringlichkeitsvermutung wird jedoch entgegengehalten, wenn für den Widerspruch die Darlegung genüge, es sei eine fehlerhafte Gesellschafterliste eingereicht worden (Verfügungsanspruch), verlöre die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG ihre Bedeutung.83 Dies ist nicht der Fall. Zwar entfaltet ein zugeordneter, korrekter Widerspruch eine umfassende Schutzwirkung, die die des § 16 Abs. 2 GmbHG vollständig abdeckt und sogar darüber hinausgeht (weil er auch bei zurechenbar unrichtigen Gesellschafterlisten den gutgläubigen Erwerb ausschließt). Die Schutzfrist behält aber vor allem dort ihren eigenen Anwendungsbereich, wo der wahre Gesellschafter keine Kenntnis von der Einreichung einer fehlerhaften Gesellschafterliste hat und deshalb auch keine einstweilige Verfügung beantragen kann. Gesellschafter trifft insofern auch keine allgemeine Obliegenheit, die Gesellschafterliste auch ohne Anlass in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren. Zeitliche Schutzlücken bestehen zudem bis zum Erlass der einstweiligen Verfügung bzw. zur Zuordnung im Handelsregister. Zuletzt verdient es auch in der Sache Zustimmung, die Dringlichkeitsvermutung während und trotz Karrenzzeit anzuwenden. Zu Recht weisen mehrere Stimmen darauf hin, dass der Gesellschafter Zweifel über die Zurechenbarkeit der fehlerhaften Liste und mithin über den Eintritt der Schutzwirkung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG ausräumen können muss.84 Ein Bedürfnis nach der Dringlichkeitsvermutung besteht indes nicht nur in Zweifelsfällen. Um den Gesellschafter entsprechend dem Normzweck effektiv zu schützen, muss die Widerspruchsverfügung – schon wegen der Gefahr der Fehlinformation – darüber hinaus auch bei nur geringen oder sogar gar keinen Zweifeln offenstehen. Mithin lässt sich gesichert auf den gesetzgeberischen Willen schließen, dass die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG auch ungeachtet der Schutzfrist gelten sollte. Darüber hinaus begegnet eine etwaige Auslegung keinen durchgreifenden Bedenken, sondern ist vielmehr auch der Sache nach gerechtfertigt. d) Geltung der Dringlichkeitsvermutung innerhalb der Schutzfrist – Rechtsmethodischer Anknüpfungspunkt Soeben wurde Folgendes gezeigt: Folgte man streng dem Gesetzeswortlaut, so würde die Vermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG unter Verweis auf die Schutzfrist schnell widerlegt. Dies war entsprach allerdings nicht dem gesetzgeberischen Willen, zwei Schutzinstrumente nebeneinander zu schaffen.

83

OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1154. Prasse/Strotmann, BB 2010, 1747, 1748; Werner, GmbHR 2014, 1155, 1155; Liebscher/ Alles, ZIP 2015, 1, 6. 84

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

227

Es fragt sich daher nun, auf welchem rechtsmethodischen Weg die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG zur Anwendung zu gebracht – und damit die einstweilige Verfügung geöffnet – werden kann, obwohl die Karenzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG gilt und der Rechtsinhaber dadurch eigentlich geschützt wäre. Die herrschende Meinung thematisiert diese Frage nur selten. aa) Keine unwiderlegbare Vermutung Einen rechtsmethodischen Weg, auf dem die Dringlichkeitsvermutung auch innerhalb der Schutzfrist zur Geltung gelangt, nennt die herrschende Meinung nur, soweit sie § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG als unwiderlegbare Vermutung qualifiziert.85 Diese Prämisse ist jedoch aus bereits genannten Gründen86 abzulehnen. Die Vermutung in § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG ist widerlegbar. bb) Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens kraft Rechtsfortbildung? Die meisten Stimmen aus der herrschenden Meinung beschränken sich darauf, die Interferenzwirkung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG schlicht unter Hinweis auf den vermeintlich entgegenstehenden Gesetzgeberwillen abzulehnen. Es bleibt zu erörtern, ob dieser vermeintliche Wille87 eine Rechtsfortbilung rechtfertigt. Damit die Dringlichkeitsvermutung (und damit der Verfügungsgrund) nicht einfach unter Verweis auf die Karenzfrist abgelehnt werden kann, kommen zwei Wege in Betracht. Es kommt zum einen eine teleologische Reduktion des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG dahingehend in Betracht, dass die Schutzwirkung während eines zugeordneten Widerspruchs ausbliebe. Zum anderen wäre es denkbar, die Dringlichkeitsvermutung analog § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG auf Fälle zu erstrecken, in denen der Verfügungsgrund (ausschließlich) durch die Karrenzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG widerlegt wird. Hinsichtlich beider Rechtsfortbildungen wären zwar Regelungs- bzw. Schutzlücken denkbar. So besteht zum einen möglicherweise Unsicherheit darüber, ob die Schutzwirkung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG besteht, weil z. B. unklar ist, ob sich der Berechtigte die Fehlerhaftigkeit zurechnen lassen muss. Auch mag man an die zeitlich kurze Schutzlücke zwischen dem Ablauf der Dreijahresfrist und der rechtskräftigen Einstweiligen Verfügung auf Widerspruchszuordnung denken. Dabei handelt es sich jedoch um punktuelle, einzeln zu begründende Rechtsfortbildungen. Der Gesetzgeber wollte indes gerade eine einfache, unaufwändige Möglichkeit eröffnen, den Widerspruch zuzuordnen und etwaige Unsicherheiten auszuräumen. Hierfür wären die beiden Rechtsfortbildungen wohl ungeeignet.

85 86 87

So etwa Lieder, GmbHR 2016, 271, 277 f. Dazu Kapitel 4 § 1 B. I. 1. Dazu Kapitel 4 § 1 B. I. 1. Dazu Kapitel 4 § 1 B. II. 2. c) bb).

228

Kap. 4: Gesellschafterliste

cc) Konkurrenz als Anknüpfungspunkt: § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG als speziellere Regelung Die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG kann deshalb nicht von der Karenzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG „ausgehöhlt“ werden, weil sie (die Dringlichkeitsvermutung) hinsichtlich des Verfügungsgrunds als speziellere Regelung den Vorrang genießt. Zwar lässt sich nicht in Abrede stellen, dass § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG bei einfacher Subsumtion des materiellen Rechts88 den gutgläubigen Erwerb sperren würde. Die Gesetzesmaterialien begründen aber Zweifel, wie die Regelungen von S. 2 und 5 prozessual hinsichtlich des Verfügungsgrunds zueinander stehen. Hier überlagert vielmehr die Vermutung des S. 5 die Schutzfrist des S. 2. Dass die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG Vorrang vor S. 2 genießt, folgt zwar nicht schon aus dem Normaufbau. Auch wenn der Gesetzgeber die Dringlichkeitsvermutung räumlich hinter die Schutzfrist verortet hat, dürfte sie nicht deshalb schon spezieller sein. Denn sie gehört zu den Widerspruchsregeln (S. 3 und 4), die gleichgeordnet („ferner“) neben Schutzfrist (S. 2) und Bösgläubigkeit (S. 3) stehen, als dritte Ausnahme vom gutgläubigen Erwerb. Die Dringlichkeitsvermutung ist aber spezieller, soweit beide Schutzmechanismen denselben Anwendungsbereich besitzen und die Schutzfrist die Dringlichkeitsvermutung aushöhlte. Dies ist der Fall. Schutzfrist und Dringlichkeitsvermutung haben einen großen gemeinsamen Anwendungsbereich, namentlich soweit ein falscher Gesellschafter als Anteilsinhaber in die Gesellschafterliste eingetragen wurde und die Unrichtigkeit der Gesellschafterliste nicht dem wahren Gesellschafter zurechenbar ist. Sowohl Schutzfrist als auch Widerspruchsverfügung sollen den Gesellschafter vor einem gutgläubigen Wegerwerb schützen. Eine Aushöhlung der Dringlichkeitsvermutung droht aber insoweit, als die Schutzfrist – die eigentlich die einstweilige Verfügung unterstützen sollte – nunmehr die einstweilige Verfügung erheblich einschränkung bzw. sogar ausschließen würde. Wäre die Dringlichkeitsvermutung gegenüber der Schutzfrist nicht spezieller, verlöre sie (die Dringlichkeitsvermutung) ihren Schutzzweck. Die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG schließt die einstweilige Verfügung auf Widerspruchszuordnung mithin während der dreijährigen Karenzzeit nicht aus. Die Regelung der Dringlichkeitsvermutung in § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG ist insoweit spezieller. Um den gesetzgeberischen Willen durchzusetzen, eignen sich vorliegend weder eine teleologische Reduktion des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG noch eine Analogie zu § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG. Im Ergebnis wird der Verfügungsgrund also bei einer auf Widerspruchszuordnung gerichteten einstweiligen Verfügung (widerleglich) vermutet, ohne Rücksicht darauf, ob die dreijährige Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG gilt. These 39: Sowohl der gesetzgeberische Wille als auch sachliche Gründe machen es erforderlich, dass die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG, abweichend von 88

Dazu Kapitel 4 § 1 B. II. 2. a).

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

229

der einfachen Gesetzessubsumtion, auch während der Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG gilt. D. h. dass der Verfügungsgrund auch in dieser Zeit grundsätzlich vermutet wird. Mittels der Schutzfrist lässt sich die Dringlichkeitsvermutung also weder „gesetzlich“ noch „manuell“ widerlegen. These 40: In Rechtsmethodischer Hinsicht ist die Wertung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG im Rahmen des Verfügungsgrunds spezieller als die des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG.

3. Selbstwiderlegung innerhalb Schutzfrist? Soweit es um die Einflüsse der Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG auf die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG geht, lautet eine weitere höchst umstrittene Frage, ob der wahre Gesellschafter die Dringlichkeitsvermutung auch dadurch „selbstwiderlegen“ kann, dass er zu lange zuwartet, bis er die einstweilige Verfügung beantragt. Die „Selbstwiderlegung“ des Verfügungsgrunds bzw. der Dringlichkeitsvermutung wurde zwar für das Recht des unlauteren Wettbewerbs entwickelt (vgl. § 12 Abs. 2 UWG), ist heute aber als verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke auch im allgemeinen Zivilprozessrecht anerkannt.89 Hiernach fehlt der Verfügungsgrund, wenn der Verfügungskläger selbst die Annahme der Dringlichkeit durch sein eigenes prozessuales oder außerprozessuales Verhalten ausgeschlossen hat, etwa indem er mit der Antragstellung zu lange zugewartet oder das Verfahren nicht zügig genug betrieben hat.90 Das Gericht darf dann annehmen, dass eine Dringlichkeit tatsächlich nicht gegeben ist.91 Ab welcher Zeitdauer oder unter welchen Umständen eine Selbstwiderlegung eintritt, ist einzelfallbezogen zu bestimmen.92 a) Ausbleiben der Schutzfrist Auch bei der Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG ist die Möglichkeit einer Selbstwiderlegung zu Recht anerkannt.93 Diese Dringlichkeitsvermutung ist, wie bereits erörtert,94 widerlegbar. Da Antragstellung und Verfahren der Widerspruchsverfügung weder deutlich schwieriger noch leichter sind als bei den 89 Zuletzt OLG Dresden, 25. 1. 2018 – 4 U 1675/17, BeckRS 2018, 3662; OLG Hamm, 19. 6. 2017 – I-5 W 63/17, juris Rn. 12; Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 935 Rn. 24; Mayer, in: BeckOK-ZPO, § 935 Rn. 16; Drescher, in: MüKoZPO, § 935 Rn. 18 jeweils m. w. N. 90 Statt aller Mayer, in: BeckOK-ZPO, § 935 Rn. 16 – 20. 91 Vgl. OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1154. 92 Bei § 899 Abs. 2 S. 2 BGB hat etwa das OLG Nürnberg, 20. 02. 2015 – 3 U 2685/14, BeckRS 2015, 9768 Rn. 25 bereits eine Zeitdauer von 10 Monaten genügen lassen. Unzulässis ist beispielsweise aber auch das sog. „forum shopping“, vgl. Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 935 Rn. 24. 93 OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1154; wohl auch OLG Düsseldorf, 19. 4. 2018 – I-6 W 2/18, GmbHR 2018, 967, 969 f.; Prasse/Strotmann, BB 2010, 1747, 1748; Werner, GmbHR 2014, 1155, 1155; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 6. 94 Dazu Kapitel 4 § 1 B. I. 1.

230

Kap. 4: Gesellschafterliste

§§ 899, 885 BGB, noch sonstige Gründe erkennbar sind, die eine abweichende Behandlung gebieten, lassen sich die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen und Richtwerte der §§ 899, 885 BGB zumindest in den Fällen auf § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG übertragen, in denen die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG nicht besteht, weil die fehlerhafte Liste dem Gesellschafter zugerechnet werden kann. Ausgelöst werden dürfte die Selbstwiderlegung aber nur, wenn der Betroffene objektiv erkennen konnte, d. h. Anhaltspunkte dafür hatte, dass die Schutzwirkung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG nicht eingetreten ist. b) Während der Schutzfrist Fraglich ist, inwiefern eine Selbstwiderlegung eintreten kann, weil der Betroffene während (b)) und nach Ablauf der Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG (c)) zuwartet. Problematisch ist, wie ein Verhalten im „Windschatten“ des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG zu bewerten ist. Mitunter wird vertreten, es sei auch die während der Schutzfrist zugewartete Zeit zu berücksichtigen, wenn es um die Frage der Selbstwiderlegung geht.95 Ein längeres Zuwarten würde das Gericht vermuten lassen, dass Dringlichkeit tatsächlich nicht gegeben ist.96 Nach anderer Auffassung soll ein Zuwarten während der Schutzfrist gerade nicht auf eine Selbstwiderlegung schließen lassen.97 Die Schutzwirkung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG spreche vielmehr gegen eine Selbstwiderlegung durch Zuwarten bzw. schließe eine solche sogar weitgehend aus.98 Der Gesellschafter setze sich nicht mit eigenen Interessen in Widerspruch, wenn er die einstweilige Verfügung nicht vor Ablauf der Dreijahresfrist beantragt.99 Inwiefern ein Zuwarten während der Schutzfrist für eine Selbstwiderlegung zu berücksichtigen ist, muss richtigerweise zweigeteilt beantwortet werden. Namentlich ist anhand des Zeitpunkts zu unterscheiden, zu dem die Selbstwiderlegungswirkung eintreten soll. Maßgeblich ist, wann der Gesellschafter die einstweilige Verfügung beantragt. Dass eine durch Zuwarten ausgelöste Selbstwiderlegung noch während der Schutzfrist eintritt, ist abzulehnen. Denn wer sich im Schutz des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG bewegt, der den gutgläubigen Erwerb bereits ausschließt, er95

Das OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1154 begründet die Ablehnung des Verfügungsgrunds zwar ausdrücklich mit der „Nichtdarlegung einer Dringlichkeit“ und gelangt deshalb nicht mehr zur Selbstwiderlegung als solcher. Gleichzeitig bezeichnet es aber als zweifelhaft, „warum nunmehr – nach dem Ablauf von 20 Monaten – die Sache dringlich geworden sein sollte“. 96 Def. nach OLG Nürnberg, 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, 1153, 1154. 97 KG, 9. 3. 2020 – 2 U 80/19, ZIP 2020, 617, 169; OLG Düsseldorf, 19. 4. 2018 – I-6 W 2/ 18, GmbHR 2018, 967, 969 f.; KG, 1. 4. 2010 – 2 W 36/10, ZIP 2010, 2047, 2050 f.; Liebscher/ Alles, ZIP 2015, 1, 7; Lieder, GmbHR 2016, 271, 277 f.; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 16 Rn. 97. 98 Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 7. 99 KG, 1. 4. 2010 – 2 W 36/10, ZIP 2010, 2047, 2050 f.

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

231

führe durch eine Widerspruchszuordnung (noch) keinen Mehrwert. Er erhielte – salopp formuliert – bisweilen nur Gerichts- und Rechtsanwaltskosten. Vielmehr darf man nach vorliegend vertretener Auffassung grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Streit über eine Gesellschafterliste binnen drei Jahre außergerichtlich geklärt werden kann. Der betroffene Gesellschafter muss deshalb nicht damit rechnen, dass sein Verhalten als widersprüchlich gedeutet wird. Das Gericht darf bei verständiger Würdigung nicht aus dem Verhalten des Gesellschafters schließen, dass keine Dringlichkeit vorliege. In Anbetracht der Schutzwirkung darf es noch nicht einmal schlussfolgern, dass die Angelegenheit dem Gesellschafter persönlich wenig bedeute. Der Gesellschafter mag gute Gründe100 haben, warum er sich nur auf die Schutzwirkung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG beruft, ohne zusätzlich einen Widerspruch zur Gesellschafterliste zu erwirken. Aus diesen Gründen kann sogar im Fall das sogenannten „forum shoppings“ eine Selbstwiderlegung im Schutzbereich des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG nur schwer begründet werden.101 Vom Verhalten des Gesellschafters auf fehlende Dringlichkeit zu schließen, ist erst möglich, wenn er etwa Zweifel an der fehlenden Zurechenbarkeit der fehlerhaften Liste haben muss und damit bewusst das Risiko eines Rechtsverlusts in Kauf nimmt. c) Nach Ablauf der Schutzfrist Auch nach Ablauf der dreijährigen Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG spricht vieles dafür, die Voraussetzungen bzw. Richtwerte der §§ 885, 899 BGB nicht ohne Weiteres auf § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG übertragen zu können. Denn zwar darf das Zuwarten während der Dreijahresfrist nicht dazu führen, dass bereits während der Dreijahresfrist eine Selbstwiderlegung eintritt. Umgekehrt ginge es aber auch zu weit, nach Ablauf der Schutzfrist wieder „bei null“ zu beginnen. Nach Ablauf der Schutzfrist ginge als Voraussetzung für die Selbstwiderlegung zu weit, anschließend nochmal die gesamte Zeitspanne abzuwarten, bis die Dringlichkeitsvermutung als (selbst-)widerlegt betrachtet werden darf. Vielmehr gibt der Umstand, dass der Gesellschafter die Dreijahresfrist (bzw. große Teile davon) in Kenntnis der Unrichtigkeit der Liste hat verstreichen lassen, ohne sich rechtzeitig auf die Zeit nach Ablauf der Schutzfrist durch einen Widerspruch vorzubereiten, ebenfalls erheblichen Anlass, an der Dringlichkeit zu zweifeln. Denn zwar mag die Antragstellung während der Dreijahresfrist nicht dringlich gewesen sein. Allerdings tritt die Dringlichkeit mit Verstreichen der Dreijahresfrist nicht „überraschend“ ein. Lässt der Betroffene die Dreijahresfrist verstreichen, lässt er damit die Gefahr eines Rechts100

Der Gesellschafter mag nicht nur ökonomische Gründe haben, sondern etwa auch bewusst darauf abzielen, deeskalierend zu wirken, anstatt einen (ggfs. weiteren) Rechtsstreit anzufangen. 101 Zum „forum shopping“ vgl. Thümmel, in: Wiezcorek/Schütze, § 935 Rn. 24. Unter dem Schutz des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG mag man diesem Verhalten allenfalls mit dem Rechtsmissbrauchsgedanken begegnen können.

232

Kap. 4: Gesellschafterliste

verlusts sehenden Auges auf sich zukommen. Aus diesem Grund ist für die Selbstwiderlegung nach Ablauf der Dreijahresfrist bereits beachtlich (d. h. anzurechnen), wie lange der Gesellschafter bereits während der Dreijahresfrist bewusst zugewartet hat. Den Gesellschafter trifft die Obliegenheit, sich rechtzeitig vor Ende der Schutzfrist vorzubereiten. Im für ihn schlimmsten Fall tritt sofort mit Ablauf der Schutzfrist die Selbstwiderlegung ein. Zusammenfassend kann der Umstand, dass ein Gesellschafter während der Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG zuwartet, ohne auf einen Widerspruch hinzuwirken, zwar nicht vor, aber nach Ablauf der Schutzfrist dazu führen, dass er den Verfügungsgrund selbstwiderlegt. These 41: Die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG kann aber an der sog. „Selbstwiderlegung“ scheitern. Der Umstand, dass ein Gesellschafter während der Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG zuwartet, ohne auf einen Widerspruch hinzuwirken, kann zwar nicht vor, aber nach Ablauf der Schutzfrist dazu führen, dass er den Verfügungsgrund selbstwiderlegt.

III. (Kein) Verfügungsgrund nach Einziehungsbeschluss? Im Rahmen der Dringlichkeitsvermutung ist in neuerer Rechtsprechung und Literatur zudem umstritten, ob ein Gesellschafter auch dann per einstweiliger Verfügung einen Widerspruch zur Gesellschafterliste zuordnen lassen kann, wenn sein Geschäftsanteil rechtswidrig eingezogen wurde (§ 34 GmbHG). Eine einsweilige Verfügung i. S. d. § 16 Abs. 3 S. 3 – 5 GmbHG kommt nur in den Fällen in Betracht, in denen es dem materiellen Anteilsinhaber darum geht, einen gutgläubigen Wegerwerb seiner Geschäftsanteile zu verhindern. Mit Blick auf die Mitgliedschaftsrechte (vgl. § 16 Abs. 1 GmbHG) hülfe die Widerspruchszuordnung nicht.102 Es käme allein auf den Listeninhalt an. Eilrechtsschutz müsste dort den Einbeziehungsbeschluss103 verhindern, den Listeninhalt regeln104 oder zumindest aufgeben, den Anteilsinhaber weiterhin als Gesellschafter zu behandeln. Fraglich ist, ob die Widerspruchszuordnung entgegen der Vermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG „nicht“ infolge einer Gefährdung dringend erforderlich ist. Betrachtet wird zunächst die Situation, wenn der Geschäftsanteil infolge der (rechtswidrigen) Einziehung „nur“ untergegangen ist (1. ). Dieselbe Frage stellt sich, sobald der Geschäftsanteil sodann neugeschaffen wurde (2.).

102 103 104

Zutr. Fluck, GmbHR 2017, 67, 70. Zur Beeinflussung der Willensbildung Kapitel 3 § 2 . Dazu Kapitel 4 § 2 B. und 3.

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

233

1. Nach Untergang des Geschäftsanteils? Teilweise wird pauschal auf die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung auf Widerspruchszuordnung verwiesen, die als mildere Maßnahme Vorrang vor dem einstweiligen Verbot der Listenkorrektur oder der vorzeitigen Listenkorrekturpflicht genieße.105 Indes ist Fluck im Ergebnis darin zuzustimmen, dass in dieser Situation kein gutgläubiger Wegerwerb droht, denn der Geschäftsanteil existiert in diesem Moment nicht mehr bzw. noch nicht wieder.106 Fluck stützt die ablehnende Haltung maßgeblich darauf, dass ein Widerspruch bei einer Einziehung keinen ausreichenden Rechtsschutz gewährte, insbesondere mit Blick auf die Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 GmbHG (vgl. Statthaftigkeit), und dass der „Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 GmbHG […] nicht eröffnet“ sei.107 Diese Begründung schließt eine Widerspruchszuordnung indes noch nicht aus. „Ort der Entscheidung“ ist in diesen Fällen der Verfügungsgrund. Die Nichtexistenz des Geschäftsanteils führt dazu, dass der (vermutete) Verfügungsgrund entfällt. Mit Untergang des Geschäftsanteils entfällt die Gefahr des Rechtsverlusts. Weder wenn noch der (wahre) Gesellschafter in der Liste eingetragen ist, noch wenn die Liste infolge der Veränderung in den Personen der Gesellschafter (vgl. § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG) bereits korrigiert und ohne den untergegangenen Geschäftsanteil108 zum Handelsregister eingereicht wurde, droht ein gutgläubiger Erwerb i. S. d. § 16 Abs. 3 GmbHG. Es fehlt am erforderlichen Rechtsscheinsträger: die Eintragung einer falschen Person als Anteilsinhaberin. Sollte die Einziehung rechtmäßig (d. h. weder anfechtbar noch nichtig) sein, drohte sogar dann kein gutgläubiger Wegerwerb, wenn ein Unberechtigter als Listengesellschafter des (nicht existenten) Geschäftsanteils eingetragen sein sollte, denn der gutgläubige Erwerb durch Übertragung eines nichtexistenten109 Anteils (sog. gutgläubiger Zweiterwerb) ist nicht möglich. Sollte der Einziehungsbeschluss nichtig oder anfechtbar sein, fehlt es vorliegend trotzdem am Verfügungsgrund. Solange nicht jemand anders als Inhaber des betroffenen Geschäftsanteil eingetragen ist, besteht (noch) keine Gefahr des Erwerbs vom Nichtberechtigten i. S. d. § 16 Abs. 3 GmbHG). 105

KG, 10. 12. 2015 – 23 U 99/15, GmbHR 2016, 416, 417. Vgl. auch Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 8. 106 Fluck, GmbHR 2017, 67, 70; zust. LG Cottbus, 1. 2. 2018 – 11 O 73/17, BeckRS 2018, 7135 Rn. 40. 107 Fluck, GmbHR 2017, 67, 70. 108 Seit der Gesellschafterlistenverordnung darf ein infolge Einziehung untergegangener Geschäftsanteil, auch wenn weder weitere Kapitalmaßnahmen noch eine Revalorisierung stattgefunden haben, wohl nicht mehr ohne Weiteres aus der Gesellschafterliste gestrichen werden, vgl. § 3 Abs. 3 GesLV; dazu Szalai, GWR 2018, 250, 257. 109 Vgl. LG Cottbus, 1. 2. 2018 – 11 O 73/17, BeckRS 2018, 7135 Rn. 36 f.; Kort, GmbHR 2009, 169, 174; D. Mayer, DNotZ 2008, 403, 418; Löbbe, in: H/C/L, § 16 Rn. 127; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 16 Rn. 28.

234

Kap. 4: Gesellschafterliste

Der Bundesgerichtshof hat am 20. November 2018 zwar entschieden, dass die Gesellschafterliste auch bei einem nichtexistenten Geschäftsanteile Legitimationswirkung entfalten könne.110 Dies steht jedoch nicht im Widerspruch zum vorliegenden Ergebnis, dass man die Widerspruchszuordnung bei einem untergegangenen Geschäftsanteil nicht erzwingen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne, wer in der Gesellschafterliste eingetragen sei, auch dann die Gesellschafterrechte (und -pflichten) ausüben, wenn der Anteil wegen der Einziehung nicht mehr existiert. Diese Rechtsprechung verdient auch Zustimmung. Denn nur wenn der Gesellschafterliste konsequent Legitimationswirkung zugesprochen wird, kann sie ihren Zweck erfüllen: Transparenz und Rechtssicherheit insbesondere für die Gesellschafterbeschlüsse zu schaffen.111 Der Fall des gutgläubigen Erwerbs liegt jedoch anders. Auch der Bundesgerichtshof deutet die Auffassung an, dass ein (rechtmäßig) eingezogener Geschäftsanteil nicht die Legitimationswirkung der Liste nach § 16 Abs. 1 GmbHG ausschließt, sondern allenfalls den gugtläubigen Erwerb i. S. d. § 16 Abs. 3 GmbHG. Er begründet das damit, dass der Wortlaut des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG weiter sei (Legitimationswirkung gelte bei einer „Veränderung“ in den Personen der Gesellschafter) als der Wortlaut des § 16 Abs. 3 GmbHG (Erwerb bzw. „Erwerber“).112 Ob bereits der Wortlaut „Erwerber“ den Erwerb eines nichtexistenten Anteils ausschließt, ist fraglich. Überzeugender scheint das Argument, dass (allein) bei § 16 Abs. 3 GmbHG die Rechtsscheinsgrundsätze Anwendung finden. Die Gesellschafterliste als Rechtsscheinsträger vermittelt einen Rechtsschein nur hinsichtlich der Inhaberschaft an einem existierenden Geschäftsanteil. Sie schafft als Rechtsscheinsträger indes kein schutzwürdiges Vertrauen in die Existenz oder etwa die Lastenfreiheit des Anteils.113 Der gutgläubige Zweiterwerb eines nicht existenten Anteils ist damit grundsätzlich nicht möglich. Es droht in diesem Moment keine Gefahr des gutgläubigen Wegerwerbs. Sogar wenn man die vorliegend abgelehnte Ansicht verträte, dass bei einer isolierten Einziehung von Geschäftsanteilen die übrigen Geschäftsanteile infolge der Differenz zum Stammkapital analog § 738 Abs. 1 S. 1 BGB automatisch anwüchsen,114 bestünde nicht unmittelbar die Gefahr eines gutgläubigen Wegerwerbs. Der materielle Gesellschafter könnte zum einen nicht sämtlichen angewachsenen Geschäftsanteilen der Mitgesellschafter Widersprüche zuordnen. Zum anderen halten die Mitgesellschafter ihre zuvor schon gehaltenen Anteile berechtigterweise und dürfen diese auch veräußern. Lediglich die dazugewonnene Höhe ist rechtswidrig. 110

BGH, 20. 11. 2018 – II ZR 12/17, NJW 2019, 993. BGH, 20. 11. 2018 – II ZR 12/17, NJW 2019, 993, 996. 112 BGH, 20. 11. 2018 – II ZR 12/17, NJW 2019, 993, 996. 113 So die h. M., etwa BR-Drs. 354/07, S. 88; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 16 Rn. 72; Kort, GmbHR 2009, 169, 174; a. A. Omlor, WM 2009, 2105, 2110. 114 Str., so etwa Lutter, GmbHR 2010, 1177; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 34 Rn. 3; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 34 Rn. 82 f.; a. A., wie hier: BGH, 2. 12. 2014 – II ZR 322/ 13, BGHZ 203, 303, 308 ff.; Ulmer/Habersack, in: H/C/L, § 34 Rn. 65; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 34 Rn. 20 m. w. N. 111

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

235

Im Ergebnis wäre ein gutgläubiger Wegerwerb ausgeschlossen und die Vermutung des Verfügungsgrunds damit widerlegt. 2. Nach Neuschaffung des Geschäftsanteils (Revalorisierung)? Fraglich ist, ob ein Verfügungsgrund aber besteht, wenn der Geschäftsanteil nicht nur eingezogen, sondern auch – im Idealfall identisch – neugeschaffen wurde (sog. Revalorisierung). Das OLG Düsseldorf bejaht den Verfügungsgrund einer auf Widerspruchszuordnung gerichteten einstweiligen Verfügung knapp, indem es zum einen auf die Vermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG und zum anderen auf den Umstand verweist, dass bereits mit einem Investor Gespräche über den Kauf des Geschäftsanteils geführt wurden.115 Tiefergehende Erklärungen finden sich zum Verfügungsgrund nicht. Im konkreten, dem OLG Düsseldorf vorgelegten Fall verdient dieses Ergebnis Zustimmung. Denn dort war der Einziehungs- und Neuschaffungsbeschluss nichtig und eine andere Person bereits als der Gesellschafter in die Gesellschafterliste eingetragen. Bei einem nichtigen Einziehungsbeschluss bleibt der Geschäftsanteil bestehen und der materielle Gesellschafter Inhaber des Geschäftsanteils. Der Neuschaffungsbeschluss ist gegenstandslos. Sobald in der Annahme eines wirksamen Beschlusses die GmbH oder eine andere Person als Anteilsinhaber in die Gesellschafterliste eingetragen wird, besteht unmittelbar die (abstrakte) Gefahr eines gutgläubigen Wegerwerbs und damit ein Verfügungsgrund (vgl. § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG). Im Grundsatz besteht diese Gefahr jedoch bei heutigen116 Einziehungen- und Neuschaffungen nicht mehr. Denn etwaige Verfügungen betreffen nicht den Geschäftsanteil des wahren Gesellschafters, sondern sie betreffen einen anderen, (vermeintlich) neugeschaffenen Geschäftsanteil. Der untergegangene und der neugeschaffene Geschäftsanteil sind nicht identisch, auch wenn sie denselben wirtschaftlichen Wert und dieselbe Funktion (z. B. Sperrminorität) haben sollten. Der untergegangene und der neugeschaffene Geschäftsanteil dürfen zudem nach § 1 Abs. 2 und 3 der seit 1. Juli 2018 geltenden Gesellschafterlistenverordnung117 nicht mehr dieselbe laufende Nummer tragen. Insofern fehlt es also bereits an einem Rechtsscheinsträger, der den (ursprünglichen) Geschäftsanteil ausweist. Ein gut115

OLG Düsseldorf, 19. 4. 2018 – I-6 W 2/18, GmbHR 2018, 967, 969. Denkbar sind gleichwohl beispielsweise Fehleintragungen, bei denen fälschlicherweise kein neuer Geschäftsanteil benannt, sondern der Listengesellschafter auf den alten Geschäftsanteil eingetragen wird. Denkbar sind bei der Nichtigkeitsklage ferner „Altfälle“, soweit keine Heilung analog § 242 AktG eingetreten ist. Denn die Nichtigkeit kann im Gegensatz zur Anfechtung (vgl. Leitbildfunktion des § 246 Abs. 1 AktG) zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden. 117 Verordnung über die Ausgestaltung von Gesellschafterliste vom 20. Juni 2018, BGBl. 2018 I, S. 870. 116

236

Kap. 4: Gesellschafterliste

gläubiger Erwerb des konkreten Geschäftsanteils des (wahren) Gesellschafters ist nicht möglich. Der Erwerb des (vermeintlich) neugeschaffenen Geschäftsanteils geht ins Leere. Die Gefahr eines gutgläubigen Wegerwerbs besteht insoweit nicht. Fraglich ist, ob die Rechtslage anders zu bewerten ist, wenn Einziehungs- und Neuschaffungsbeschluss hingegen nur anfechtbar sind. Sind Einziehungs- und Neuschaffungsbeschluss lediglich anfechtbar, besteht für den „wahren“ Gesellschafter zunächst ebenfalls keine Gefahr eines gutgläubigen Wegerwerbs i. S. d. § 16 Abs. 3 GmbHG. Der Einziehungsbeschluss ist wirksam. Der betroffene Geschäftsanteil geht mit Zugang der Einziehungserklärung118 beim Gesellschafter unter. Wird ein neuer Anteil geschaffen, hält diesen (grundsätzlich) zuerst die Gesellschaft.119 Veräußert sie diesen neugeschaffenen Anteil, handelt es sich – ungeachtet der Rechtswidrigkeit – um einen Erwerb vom Berechtigten, nicht vom Nichtberechtigten i. S. d. § 16 Abs. 3 GmbHG. Die GmbH veräußert den Anteil als materielle Anteilsinhaberin, nicht als bloße Listengesellschafterin. Auch wenn der Geschäftsanteil unmittelbar bei einem Drittem als Erwerber neugeschaffen wird, handelt es sich um keinen Fall des gutgläubigen Erwerbs i. S. d. § 16 Abs. 3 GmbHG, denn auch hier agieren die Mitgesellschafter – wenngleich rechtswidrig – als Berechtigte. Keine Rolle spielt, ob für eine juristische Sekunde ein Durchgangserwerb bei der GmbH stattfindet. Der Widerspruch scheint nicht statthaft. Er vermag nicht, den Erwerb vom Berechtigten zu verhindern. Es besteht keine Gefahr, den Geschäftsanteil durch gutgläubigen Wegerwerb zu verlieren. Dieses Ergebnis übergeht indes, dass die Gefahr des gutgläubigen Wegerwerbs latent trotzdem bestehen könnte. Falls die Anfechtungsklage Erfolg hat, wird der Einziehungsbeschluss rückwirkend für unwirksam erklärt. Damit sind automatisch auch die Folgebeschlüsse und vermeintliche Anteilsabtretungen gegenstandslos. In diesem Falle verlöre der (wahre) Gesellschafter seinen Geschäftsanteil – rückblickend betrachtet – nicht durch Einziehung oder durch einen Erwerb vom Berechtigten. Es eröffnete prinzipiell die Möglichkeit eines Erwerbs vom Nichtberechtigten i. S. d. § 16 Abs. 3 GmbHG. Gleichwohl besteht auch in diesem Fall nicht mehr die Gefahr eines gutgläubigen Wegerwerbs i. S. v. § 16 Abs. 3 GmbHG. Denn etwaige Verfügungen betreffen – wie auch schon bei der Nichtigkeit – nicht den Geschäftsanteil des wahren Gesellschafters, sondern einen anderen, (vermeintlich) neugeschaffenen Geschäftsanteil. Der untergegangene und der neugeschaffene Geschäftsanteil sind nicht identisch. Sie dürfen nach § 1 Abs. 2 und 3 der neuen Gesellschafterlistenverordnung nicht mehr dieselbe Nummer tragen. Damit ist ein gutgläubiger Wegerwerb des konkreten 118

Die heute herrschende Meinung hat die sogenannte Bedingungstheorie, also die Wirksamkeit der Zwangseinziehung unter der aufschiebenden Bedingung der Abfindungszahlung aufgegeben; vgl. nur BGH 24. 1. 20120 – II ZR 109/11, GmbHR 2012, 387; Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 40 Rn. 279. 119 Vgl. nur Ulmer/Habersack, in: H/C/L, § 34 Rn. 70; Görner, in: Rowedder/SchmidtLeithoff, § 34 Rn. 28; Westermann, in: Scholz, § 34 Rn. 70.

§ 1 Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste

237

Geschäftsanteils des wahren Gesellschafters nicht möglich. Sollte die Anfechtungsklage Erfolg haben, entfällt der neugeschaffene Geschäftsanteil rückwirkend. Vor einem gutgläubigen Wegerwerb ist der wahre Gesellschafter also ausreichend geschützt. Der Listengesellschafter könnte jedoch sowohl bei einem nichtigem als auch einem angefochtenem Einziehungsbeschluss trotzdem wirksam die Mitgliedschaftsrechte ausüben (§ 16 Abs. 1 GmbHG). Sogar die unter seiner Mitwirkung gefassten Beschlüsse blieben wirksam, ohne Rücksicht darauf, ob die Einziehung infolge der Anfechtung rückwirkend für unwirksam erklärt wird120. Dahingehend hülfe die Zuordnung eines Widerspruchs jedoch nicht. Der Gesellschafter muss sich darauf verweisen lassen, mittels Anfechtungsklage gegen die Beschlüsse zur Wehr zu setzen und in eiligen Fällen eine einstweilige Verfügung zu beantragen, um die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte zu unterbinden (gegen den Listengesellschafter) oder die Listenänderung zu verhindern (gegen die GmbH). Bedenklich würde dieses Ergebnis nur, wenn die rechtswidrige Einziehung und Revalorisierung gezielt dazu genützt würde, § 16 Abs. 1 GmbHG zur Umgehung der Nichtigkeits- und Anfechtungsvoraussetzungen gegenüber dem wahren Gesellschafter zu umgehen. Wird dieser Weg jedoch bewusst ausgenutzt, um etwaige Hürden zu umgehen, dürfte es sich aber sowohl als kollusives Zusammenwirken der Mitgesellschafter (und ggfs. des Erwerbers) als auch als unzulässige Umgehung zwingender gesetzlicher Vorschriften um rechtsmissbräuchliches Verhalten (§ 242 BGB) handeln. Im Ergebnis lässt sich die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG also grundsätzlich auch dann widerlegen, wenn der Geschäftsanteil nicht nur eingezogen, sondern auch neugebildet wurde. Dies gilt sowohl bei nichtigen als auch lediglich anfechtbaren Einziehungs- und Neuschaffungsbeschlüssen. These 42: Nach wirksamer, anfechtbarer oder nichtiger Einziehung und ggfs. Neuschaffung des Geschäftsanteils kann der betroffene Gesellschafter grundsätzlich weder unmittelbar nach dem Untergang des Geschäftsanteils noch nach der Neuschaffung desselben mittels Eilrechtsschutz einen Widerspruch zuordnen lassen.

3. Ausschluss eines Gesellschafters Anderes gilt im Falle des Ausschlusses eines Gesellschafters. Hier besteht der identische ununterbrochen Geschäftsanteil fort. Er gehört zudem im Falle der Nichtigkeit ebenso wie bei der rückwirkenden Anfechtungsklage grundsätzlich weiter dem (wahren) Gesellschafter. Wird hier an seiner Stelle der vermeintliche neue Gesellschafter in die Gesellschafterliste aufgenommen, besteht die Gefahr eines gutgläubigen Wegerwerbs. Die Widerspruchsverfügung ist statthaft. Ihr Verfügungsgrund wird vermutet.

120

BGH, 2. 7. 2019 – II ZR 406/17, GmbHR 2019, 988, 992 f.

238

Kap. 4: Gesellschafterliste

§ 2 Listeninhalt Immer noch offen ist, inwiefern einstweiliger Rechtsschutz auf den Inhalt der Gesellschafterliste Einfluss nehmen kann. Droht eine neue, fehlerhafte Liste eingereicht zu werden (z. B. nach einem unwirksamen Ausschluss), steht infrage, ob ein Gesellschafter die für ihn nachteilige Listenänderung durch einstweilige Verfügung gegen die GmbH unterbinden kann. Und soweit die zum Handelsregister eingereichte Liste den materiellen Gesellschafter nicht ausweist, mag er ein Interesse daran haben, schnell (ggfs. wieder) in die Gesellschafterliste eingetragen zu werden. Obschon Rechtsprechung und Schriftum eine solche einstweilige Verfügungen für „nicht von vornherein ausgeschlossen“ hält,121 ist für die Listenkorrektur bislang kein122 und für die Unterbindung der Listenänderung, soweit ersichtlich, bislang ein Anwendungsfall123 bekannt. Die Rechtsprechung hat die vorgelegten Anträge bislang aus unterschiedlichen, nicht immer überzeugenden Gründen abgelehnt. Die Hauptbegründung lautete, dass die Zuordnung eines Widerspruchs und die einstweilige Verfügung, den „wahren“ Gesellschafter vorläufig (weiter) als Gesellschafter zu behandeln bzw. ihm punktuelle Gesellschafterrechte vorläufig zu übertragen, als mildere Maßnahmen Vorrang genössen.124 Rechtsprechung und Literatur versuchen gleichwohl, die Tür offen zu halten für unbekannte, „besonders gelagerte Fälle [an], die die Praxis hervorbringen mag“.125 Auch hier stellt sich deshalb noch die Frage, ob einstweiliger Rechtsschutz aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen kategorisch ausgeschlossen ist. Bevor auf die beiden Eilrechtsschutzinstrumente gegangen wird, ist „vor die Klammer gezogen“ zu erörtern, inwiefern es Eilrechtsschutzes bezüglich des Listeninhalts überhaupt bedarf (A. ). Daran mag es etwa fehlen, soweit die Legitimationswirkung der Liste begrenzt ist (I.) oder wenn der Geschäftsführer nicht zur Listenkorrektur berechtigt wäre (II.). Der Verfügungsanspruch ergibt sich, wenn er sich auf erstmalige Eintragung richtet, aus dem erworbenen Mitgliedschaftsrecht.126 Im Fall der Listenkorrektur 121

273. 122

Vgl. nur Fischer, GmbHR 2018, 1257, 1262 f.; Lieder, GmbHR 2016, 271, 271 ff., insb.

Dazu Kapitel 4 § 2. Vgl. BGH, 2. 7. 2019 – II ZR 406/17, GmbHR 2019, 988, 993. 124 KG, 24. 8. 2015 – 23 U 20/15, GmbHR 2016, 416, 416; KG, 10. 12. 2015 – 23 U 99/15, GmbHR 2016, 416, 417; Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 8; Lieder, GmbHR 2016, 271, 271 – 276; a. A. Fluck, GmbHR 2017, 67, 70; Dittert, NZG 2015, 221, 223. 125 Zit. nach Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 8; so etwa auch BGH, 17. 12. 2013 – II ZR 21/12, GmbHR 2014, 198, 202; KG, 24. 8. 2015 – 23 U 20/15, GmbHR 2016, 416, 416 (bez. Einreichungsverbot); KG, 10. 12. 2015 – 23 U 99/15, GmbHR 2016, 416, 417 (bez. Korrekturgebot); Lieder, GmbHR 2016, 271, 271 – 276; zurückhaltend auch Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 40 Rn. 74. 126 A. A. Fluck, GmbHR 2017, 67, 70 und Dittert, NZG 2015, 221, 223, die jedoch bereits eine andere Prämisse zugrundelegen, dazu unter Kapitel 4 § 2 B. II. 2. c). 123

§ 2 Listeninhalt

239

bzw. deren Untersagung bildet das Mitgliedschaftsrecht i. V. m. den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog die Rechtsgrundlage.127 Dies gilt auch für den Fall des (lediglich) anfechtbaren Einziehungsbeschlusses.128 Insoweit ist die Einziehung zunächst wirksam. Der ausgebootete Gesellschafter könnte demnach eigentlich keine Rechte aus der Mitgliedschaft und keine quasinegatorischen Ansprüche herleiten. Beides knüpft an der Inhaberschaft des Geschäftsanteils an. Währenddessen entsteht ein neuer Geschäftsanteil und der neue (Listen-)Gesellschafter übt die Mitgliedschaftsrechte seines eigenen Geschäftsanteils aus. Der ursprüngliche Gesellschafter kann im Rahmen des Verfügungsanspruchs gleichwohl seine Rechtsinhaberschaft geltend machen, wenn er hierzu vorträgt, dass er Anfechtungsklage erhoben hat und inwiefern die Einziehung rechtswidrig ist. Dann hat auch das Gericht des einstweiligen Rechtsschutzes – nach eigener vorgreiflichen Prüfung – ggfs. davon auszugehen, dass der Verfügungskläger infolge der Rückwirkung der Anfechtungsklage noch immer Inhaber des Geschäftsanteils ist. Am Ende wird also der (wahre) Gesellschafter in seinem (ursprünglichen) Mitgliedschaftsrecht beeinträchtigt.

A. Anwendungsbereich Zunächst ist abzustecken, in welchem Bereich eine einstweilige Verfügung auf Listenkorrektur bzw. auf Verhinderung der Listenänderung überhaupt in Betracht kommt. Es bedarf keiner einstweiligen Verfügung, soweit entweder die Legitimationswirkung ohnehin ausgeschlossen ist (I.) oder der Geschäftsführer nicht zur Listenkorrektur befugt ist (II. ). Sie wäre insoweit nicht zielführend. Es fehlte damit am Verfügungsgrund. I. Grenzen der Legitimationswirkung Soweit der Listeninhalt maßgeblich wegen der Legitimationswirkung der Gesellschafterliste (§ 16 Abs. 1 GmbHG) in Streit steht, ist einstweiliger Rechtsschutz129 nur dort erforderlich, wo die Legitimationswirkung nicht ohnehin schon an ihre Grenzen stößt. Die formelle Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 GmbHG gilt nicht ausnahmslos. Ausnahmen sind insbesondere bei der Einziehung von Geschäftsanteilen anerkannt.130 Wird beispielsweise der Geschäftsanteil rechtswidrig eingezogen und 127

Dazu Kapitel 4 § 1 A. BGH, 2. 7. 2019 – II ZR 406/17, GmbHR 2019, 988, 992 f. 129 Zur einstweiligen Verfügung, den Gesellschafter auch weiterhin als solchen zu behandeln: Kapitel 4 § 2 B. II. 2. c). 130 Zum Grundsatz, dass die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen gilt: BGH, 20. 11. 2018 – II ZR 12/17, NJW 2019, 993, 996. Zu 128

240

Kap. 4: Gesellschafterliste

der Gesellschafter aus der Gesellschafterliste entfernt, bleibt dem Gesellschafter die Anfechtungsbefugnis trotz negativer Legitimationswirkung der Gesellschafterliste erhalten. Anders ließe sich seiner verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzmöglichkeit keine Geltung verschaffen.131 Die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG findet seine Grenzen auch in Treu und Glauben. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn nach einer (fehlerhaften) Einziehung eine einstweilige Verfügung die Listenkorrektur untersagt hat und die Gesellschafterliste sodann trotzdem geändert wird. Die Gesellschaft kann sich dann z. B. bei der Beschlussfassung nicht auf die Legitimationswirkung berufen, weil der Listengesellschafter seine Rechtsposition durch unredliches Verhalten, namentlich gesetzes-, sitten- oder sogar (gesellschafts-) vertragswidriges Verhalten erlangt hat.132 In etwaigen Fällen kann sich die Gesellschaft noch nicht einmal dann auf die Legitimationswirkung berufen, wenn ein Notar die geänderte Gesellschafterliste in Unkenntnis vom Eintragungsverbot zum Handelsregister eingereicht hat.133 Als ungeschriebene Voraussetzung der Legitimationswirkung ist zu Recht anerkannt, dass die Listeneintragung dem (früheren) Anteilsinhaber zuzurechnen sein muss.134 Zu weit reicht jedoch die pauschale Formulierung, die Legitimationswirkung ende, wenn die Gesellschaft den Fehler der Liste selbst zu verantworten habe.135 Eine ungeschriebene Grenze darf die Legitimationswirkung vielmehr erst in krassen Ausnahmefällen finden. Dies ergibt sich zum einen aus dem § 16 Abs. 1 GmbHG zugrundeliegenden Rechtsgedanken des widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB).136 Nichts anderes folgt zum anderen aus der zur Begründung immer wieder vorgetragenen137 Parallelität zu § 67 Abs. 2 AktG, welcher selbst nur in besonderen Fällen von der Fiktionswirkung absieht. Eine zu starke Aushöhlung der Legitimationswirkung verbietet sich aber vor allem aufgrund des Vergleichs mit § 16 Abs. 3 GmbHG. Während der Eingetragene nach § 16 Abs. 1 GmbHG als Gesellschafter „gilt“ und insoweit auch keine Ausnahme normiert wird, beinhaltet § 16 Abs. 3 GmbHG „nur“ eine widerlegbare Vermutung, die sich namentlich durch Bösgläubigkeit des Erwerbers, durch einen zugeordneten Widerspruch und vor allem innerhalb der ersten drei Jahre dadurch widerlegen lässt, dass die Unrichtigkeit der Liste dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Insbesondere im Hinblick auf die den Ausnahmen: BGH, 2. 7. 2019 – II ZR 406/17, GmbHR 2019, 988, 993; OLG Brandenburg, 21. 8. 2019 – 7 U 169/18, GmbHR 2020, 98, 101 f. 131 BGH, 29. 1. 2019 – II ZR 234/18, BeckRS 2019, 2668. 132 BGH, 2. 7. 2019 – II ZR 406/17, GmbHR 2019, 988, 993. 133 BGH, 2. 7. 2019 – II ZR 406/17, GmbHR 2019, 988, 994 f. 134 So wohl allg. M.; statt aller Löbbe, in: H/C/L, § 16 Rn. 57; Seibt, in: Scholz, § 16 Rn. 24 jeweils m. w. N.; zum Zurechnungssystem des § 16 GmbH tiefergehend vgl. Reymann, BB 2008, 506, 507 f.; Lieder/Becker, GmbHR 2019, 441, 443 f. 135 So etwa Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 8; a. A. OLG Frankfurt, 4. 11. 2016 – 20 W 269/16, GmbHR 2017, 868, 870. 136 Vgl. Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 16 Rn. 23. 137 Vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 37; so etwa Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 16 Rn. 12.

§ 2 Listeninhalt

241

ausdrücklich formulierte Zurechenbarkeit kann mithin der Abstand zwischen § 16 Abs. 1 GmbHG und § 16 Abs. 3 GmbHG nicht eingeebnet werden. Zu Recht sind daher etwa nur die Fälle anerkannt, dass die der Eintragung zugrundeliegende Änderungsmitteilung durch einen Geschäftsunfähigen, einen beschränkt Geschäftsfähigen oder einen falsus procurator erfolgt, durch Gewalt oder Drohung erzwungen wurde oder auf einer Fälschung beruht.138 Dass allein die Unkenntnis des Anteilshabers von der Listenänderung die Zurechenbarkeit – und somit auch die Legitimationswirkung – noch nicht ausschließt, ergibt sich aus der Prämisse, dass die nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG erforderliche Mitteilung nicht vom bisherigen Anteilsinhaber herrühren muss, sondern auch durch den Erwerber oder – nach hier vertretener Auffassung – durch sonstige Personen139 erfolgen kann. Die Legitimationswirkung lässt sich mithin nicht jeder fehlerhaften Liste absprechen, bei denen der Geschäftsführer die Liste ändert, weil er auf anderem Wege Kenntnis von einer (vermeintlichen) Rechtsänderung erfahren hat. Es bedarf vielmehr grober formeller (z. B. Einreichung durch Unbefugten) oder materieller Mängel (z. B. vorsätzlich falsch).140 Umso schwerer wird es, die Zurechenbarkeit abzulehnen, wenn der Geschäftsführer den bisherigen Anteilsinhaber vor der Listenänderung anhört. Die Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 GmbHG ist mithin nur in engen, besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen. Insbesondere genügt es noch nicht, dass der betroffene Gesellschafter schlicht keine Kenntnis von der Fehleintragung hat. These 43: Die Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 GmbHG ist nur in engen, besonderen Ausnahmefällen mangels Zurechenbarkeit ausgeschlossen. Insbesondere genügt es nicht, dass der betroffene Gesellschafter schlicht keine Kenntnis von der Fehleintragung hat.

II. Korrekurbefugnis des Geschäftsführers Darüber hinaus kommt ein Verfügungsgrund bezüglich der Listenkorrektur bzw. der Untersagung der Listenänderung nur in Betracht, wenn der Geschäftsführer befugt ist, die Gesellschafterliste zu korrigieren. Nur dann wäre eine einstweilige Verfügung gegenüber der Gesellschaft zielführend. Diskutiert werden das formelle Konsensprinzip (1.), die Korrekturbefugnis notariell eingereichter Listen (2.) und die Widerspruchsbefugnis analog § 67 Abs. 5 AktG (3. ).

138 139 140

Vgl. nur Löbbe, in: H/C/L, § 16 Rn. 57. Z. B. Erben eines verstorbenen Gesellschafters, vgl. Lieder, GmbHR 2016, 271, 274. Vgl. Fallgruppen bei Lieder/Becker, GmbHR 2019, 441, 443 f.

242

Kap. 4: Gesellschafterliste

1. Formelles Konsensprinzip In diesem Zusammenhang wird die Frage aufgeworfen, ob die Änderung der Gesellschafterliste durch den Geschäftsführer voraussetzt, dass der als Inhaber Eingetragene der Änderung zugestimmt hat („formelles Konsensprinzip“).141 Zwar findet sich keine dem Voreintragungsprinzip des Grundbuchrechts (§ 39 GBO) entsprechende Vorschrift. Dafür existiert aber die Vorschrift des § 40 Abs. 1 S. 4 GmbHG (§ 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG a. F.), wonach die Listenkorrektur „auf Mitteilung und Nachweis [erfolgt]“.142 Nach herrschender Meinung regelt diese Vorschrift nicht nur eine Korrekturpflicht, sondern beschränkt gleichzeitig auch die Korrekturbefugnis dahingehend, dass der Geschäftsführer den Listeninhalt nicht ohne Mitteilung und Nachweis eigenmächtig vornehmen kann.143 Entscheidend sei der Verweis der Gesetzesmaterialien auf § 67 Abs. 3 AktG, der weitgehend wortidentisch ist und dahingehend interpretiert wird, dass der Vorstand nach allgemeiner Auffassung selbst bei sicherer Kenntnis keine eigenmächtige Änderungen im Aktienregister vornehmen darf.144 Mitteilungsbefugt ist – entsprechend dem Meinungsstand zu § 67 Abs. 3 GmbHG – nach überwiegender, aber umstrittener Auffassung nicht nur der Eingetragene (Veräußerer), sondern auch der Erwerber.145 Mitteilungsbefugt muss daneben, mit Blick auf eine unrichtige Gesellschafterliste auch der „wahre“, nicht eingetragene Gesellschafter sein. Andernfalls hätte er keine Handhabe, seinen Geschäftsanteil zurückzuholen. Die Richtigkeit der Gesellschafterliste wird insoweit dadurch ausreichend geschützt, dass die Korrektur nicht nur der Mitteilung, sondern auch des Nachweises des falschen Inhalts bedarf (vgl. § 40 Abs. 1 S. 4 GmbHG). Ob und wie weit § 40 Abs. 1 S. 4 GmbHG die Korrekturbefugnis sperrt, kann ansonsten dahinstehen. Da sowohl der „wahre“ als auch der eingetragene Gesellschafter mitteilungsbefugt sind, scheitert auch die einstweilige Verfügung an diesem Punkt nicht. 2. Korrektur einer vom Notar eingereichten Liste Dass der Geschäftsführer die Gesellschafterliste auch dann korrigieren darf, wenn sie von einem Notar eingereicht wurde (vgl. § 40 Abs. 2 GmbHG), ist zwar 141

Etwa OLG Hamm, 13. 2. 2012 – 8 U 118/11, BeckRS 2012, 06504; OLG Frankfurt, 19. 3. 2013 – 5 U 220/12, BeckRS 2013, 12870; Noack, in: FS Hüffer, 723, 730; Wiersch, GWR 2014, 117, 120; a. A. Lieder, GmbHR 2016, 189, 192; Paefgen, in: H/C/L, § 40 Rn. 83 f. 142 Lieder, GmbHR 2016, 271, 274. 143 Vgl. etwa Götze/Bressler, NZG 2009, 894, 895 Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 40 Rn. 181; Wiersch, GWR 2014, 117, 120; Argumentation der Geschäftsführerseite bei OLG München, 17. 7. 2015 – 14 W 1132/15, GmbHR 2015, 1214, 1214; a. A. wohl Lieder, GmbHR 2016, 271, 274 f. 144 Götze/Bressler, NZG 2009, 894, 895 m. w. N. 145 Vgl. BT-Drs. 16140, 44; so Paefgen, in: H/C/L, § 40 Rn. 83; Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 40 Rn. 154; Lücke/Simon, in: Saenger/Inhester, § 40 Rn. 14; a. A. etwa Noack, in: Baumbach/Hueck, § 40 Rn. 20 („formelles Konsensprinzip“); Kort, GmbHR 2009, 169, 170.

§ 2 Listeninhalt

243

rechtspolitisch umstritten,146 aber anerkannt, seit der Bundesgerichtshof hierüber am 17. Dezember 2013 entschieden hat.147 Bestätigt hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung nochmals am 7. Februar 2017.148 Dies überzeugt. Während der Gesetzeswortlaut die Korrekturbefugnis nicht ausdrücklich regelt, gehen die Gesetzesmaterialien von der Zuständigkeit des Geschäftsführers aus: Der Geschäftsführer bleibt zur „nachfolgenden Kontrolle und zur Korrektur einer aus anderen Gründen unrichtigen Liste“ verpflichtet.149 Vor allem aber wird das Argument der höheren Richtigkeitsgewähr dadurch widerlegt, dass der Gesetzgeber mit der ausnahmsweisen Einreichungszuständigkeit des Notars (§ 40 Abs. 2 GmbHG) rein ökonomische Zwecke verfolgt.150 3. Einschränkung analog § 67 Abs. 5 AktG? Ebenfalls zutreffend hat der Bundesgerichtshof ein Verfahren analog zu § 67 Abs. 5 AktG abgelehnt.151 Hiernach müsste der Geschäftsführer vor einer Listenänderung den betroffenen Gesellschafter nicht nur anhören, sondern bei rechtzeitigem Widerspruch auch die Löschung unterlassen. Eine Analogie scheitert mangels planwidriger Regelungslücke. Der Gesetzgeber bezog die Parallelregelung des § 67 Abs. 5 AktG zuerst ausdrücklich152 in seine Überlegungen mit ein, er hat dann aber von einer entsprechenden Regelung im GmbH-Recht unter Verweis auf die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für die Änderung der Liste abgesehen.153 Zudem verweisen die Gesetzesmaterialien gerade nur auf eine Anhörungspflicht, nicht aber auch auf eine Widerspruchsmöglichkeit oder sogar Sperrwirkung.154 Und schließlich stützen sie die Anhörungspflicht ausdrücklich auf die „allgemeinen

146

Etwa Wiersch, GWR 2014, 117, 120. BGH, 17. 12. 2013 – II ZR 21/12, GmbHR 2014, 198, 200 – 202; Lieder, GmbHR 2016, 271, 273 f. 148 BGH, 7. 2. 2017 – II ZR 28/15, GmbHR 2017, 519. 149 BT-Drs. 16/6140, S. 44; BGH, 17. 12. 2013 – II ZR 21/12, GmbHR 2014, 198, 201. 150 BGH, 17. 12. 2013 – II ZR 21/12, GmbHR 2014, 198, 201, vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 44: „Dadurch wird das Verfahren besonders einfach und unbürokratisch und die Änderung der Gesellschafterliste kann gelegentlichder Abtretungsbeurkundung gleich miterledigt werden“. 151 BGH, 17. 12. 2013 – II ZR 21/12, GmbHR 2014, 198, 201; zust. Lieder, GmbHR 2016, 271, 274. 152 BT-Drs. 16/6140, S. 44: „§ 40 enthält keine ausdrückliche Regelung für den Fall, dass ein Geschäftsführer eine Änderung der Liste vornehmen möchte, weil er der Ansicht ist, eine Eintragung sei zu Unrecht erfolgt. Bereits aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten der Geschäftsführer folgt, dass in diesem Fall – wie in § 67 Abs. 5 AktG für das Aktienregister ausdrücklich ausformuliert – den Betroffenen vor Veranlassung der Berichtigung die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben ist“. 153 Lieder, GmbHR 2016, 271, 274; Paefgen, in: H/C/L, § 40 Rn. 144; Liebscher/C. Goette, DStR 2010, 2038, 2042. 154 Vgl. BT-Drs. 16/6140, S. 44. 147

244

Kap. 4: Gesellschafterliste

Sorgfaltspflichten“.155 Zum einen lehnen sie damit § 67 Abs. 5 AktG (analog) als Rechtsgrundlage ab. Zum anderen folgt aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten keine entsprechende Sperrwirkung bei Widerspruch. 4. Zwischenergebnis Insgesamt also stehen weder das formelle Konsensprinzip noch eine etwaige Einreichungszuständigkeit des Notars noch eine Einschränkung analog § 67 Abs. 5 AktG entgegen, dass der Geschäftsführer im Wege einer einstweiligen Verfügung eine Listenkorrektur vornehmen kann. These 44: Es stehen weder das formelle Konsensprinzip, noch eine Einreichungszuständigkeit des Notars noch eine Einschränkung analog § 67 Abs. 5 AktG dem entgegen, dass der Geschäftsführer im Wege einer einstweiligen Verfügung eine Listenkorrektur herbeiführen kann.

B. „Vorläufige“ Listenkorrektur Soeben wurde abgesteckt, inwieweit es überhaupt nötig und möglich ist, eine Listenkorrektur herbeizuführen bzw. eine Listenänderung zu verhindern. Daran anschließend stellt sich die Frage, in welchen Fällen ein Verfügungsgrund besteht, der die einstweilige Verfügung auf (erstmalige) Listenkorrektur bzw. auf Untersagung der Listenänderung trägt. Dies wird folgend anhand der einstweiligen Verfügung auf „vorläufige“ Listenkorrektur erörtert (B.). Sodann wird auf eventuelle Unterschiede zur einstweiligen Verfügung auf Untersagung der Listenkorrektur eingegangen (C.). Die Hürde des Verfügungsgrunds erweist sich als äußerst hoch. Es kommt zur vorweggenommenen Hauptsacheerfüllung und weitreichenden endgültigen Wirkungen (etwa bei Ausübung von Mitgliedschaftsrechten und Anteilsveräußerung). Vor allem aber kann das Gericht, falls es im Hauptsacheverfahren zu einem anderen Ergebnis kommt, die „vorläufig“ angeordnete, eingereichte Liste nicht mehr selbstständig aufheben und die alte Liste wieder aufleben lassen. Als schwierig erweist sich der Verfügungsgrund zudem deshalb, weil zahlreiche mildere und deshalb vorrangige Eilmaßnahmen existieren. Vor allem aber wird der Verfügungsgrund nicht vermutet, da § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG auf die Listenänderung bzw. deren Untersagung weder direkte noch analoge Anwendung findet.156 Gesetzeswortlaut und -begründung sind dahingehend eindeutig,157 weil sie die Beweiserleichterung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG aus155 156

271. 157

BT-Drs. 16/6140, S. 44. So zur Listenkorrektur auch: Dittert, NZG 2015, 221, 223; Lieder, GmbHR 2016, 271, BT-Drs. 16/6140, S. 39.

§ 2 Listeninhalt

245

schließlich im Zusammenhang mit der Widerspruchszuordnung nennen. Für eine Analogie fehlt es neben der planwidrigen Regelungslücke außerdem an der erforderlichen vergleichbaren Situation. Der zugeordnete Widerspruch ist ein äußerst wirkungsvolles, in Bezug auf den gutgläubigen Erwerb umfassendes Schutzinstrument, das im Falle einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung jedoch völlig158 ungefährlich bleibt. Ein ungerechtfertigter Widerspruch hinderte den Erwerb vom Berechtigten nicht und – so oder so – ebensowenig die Wahrnehmung von Mitgliedschaftsrechten. Es erscheint daher in der Sache gerechtfertigt, den Widerspruch ohne Glaubhaftmachung des Verfügungsgrunds und ohne materielles Prüfungsrecht des Registergerichts zuzuordnen. Demgegenüber haben ungerechtfertigt angeordnete bzw. unterbundene Listenänderungen eine erhebliche Tragweite, die über die Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte (§ 16 Abs. 1 GmbHG) bis hin zum möglichen Rechtsverlust (§ 16 Abs. 3 GmbHG) reicht. Die Eilrechtsschutzinstrumente lassen sich deshalb nicht miteinander vergleichen. Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtslage beim Widerspruch nach § 899 BGB und bei der Vormerkung nach § 885 BGB. Dort gilt die Vermutung des Verfügungsgrunds ebenfalls allein für den Widerspruch bzw. die Vormerkung, nicht aber für sonstige Eilmaßnahmen; insbesondere nicht für vorgreiflichen Eilrechtsschutz. I. Vorwegnahme der Hauptsache Soll eine einstweilige Verfügung die Einreichung einer bestimmten Gesellschafterliste gebieten, handelt es sich um eine Leistungsverfügung. Sie berührt sowohl das Erfüllungs- als auch das Präjudizverbot. Sie erfüllt den Anspruch auf – sei es erstmalige oder sei es auf die erneut vorzunehmende – Eintragung des Gesellschafters zum konkreten Geschäftsanteil in der Liste. Vor allem aber überschreitet sie das Präjudizverbot, da das Gericht eine Maßnahme anordnet (Einreichung einer bestimmten Liste), bei der es nicht in der Lage ist, die im summarischen Verfahren getroffene Entscheidung selbstständig wieder aufzuheben und die alte Gesellschafterliste wieder „aufleben“ zu lassen. Sollte das Hauptsacheverfahren zu einem anderen Ergebnis gelangen als die einstweilige Verfügung, hat vielmehr der Geschäftsführer bzw. ein Notar eine neue Liste einzureichen. Auch ist die Einreichung nur für die Zukunft möglich. Eine Korrektur für die Vergangenheit ist ausgeschlossen. Die „vorläufige“ Listenkorrektur bzw. eine „vorläufige“ Gesellschafterliste existiert mithin als solche nicht. Es handelt sich vielmehr um eine gewöhnliche Gesellschafterliste, die erforderlichenfalls wiederum durch eine neue Gesellschafterliste ex nunc zu ersetzen ist.

158 Der zu Unrecht zugeordnete Widerspruch, weil der Listengesellschafter zugleich der wahre Anteilsinhaber ist, schadet der Veräußerung der Anteile nicht, weil es sich insoweit um einen Erwerb vom Berechtigten handelt. Vor allem aber wirkt sich ein Widerspruch nicht auf die mit der Mitgliedschaft verbunden Rechte aus.

246

Kap. 4: Gesellschafterliste

Dennoch schließen – wie bereits gesehen159 – weder Erfüllungs- noch Präjudizverbot gerade auch beim Eilrechtsschutzregime der §§ 935 ff. ZPO eine einstweilige Verfügung kategorisch aus. Sie lassen sich mithin auch im Falle der Listenkorrektur bzw. Untersagung der Listenänderung in Ausnahmefällen überwinden. Dies gilt umso mehr, als eine fehlerhafte Listeneinreichung – anders als etwa die ungerechtfertigt erzwungenen Informationen bei § 51a GmbHG – sich zumindest für die Zukunft wieder korrigieren lässt. Auch im vorliegenden Fall finden die bereits herausgearbeiteten Regeln160 Anwendung, wonach eine über die Randbereiche hinausgehende irreversible Rechtsverletzung drohen muss, die nicht anders abgewendet werden kann, und keine wichtigen, überwiegenden Gründe entgegenstehen dürfen. Dass während der Phase der fehlerhaften Liste möglicherweise der Listengesellschafter irreversible Maßnahmen vornimmt, ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Die Listenkorrektur bzw. die Untersagung der Listenänderung ist auch nicht deshalb als Eilmaßnahme kategorisch abzulehnen, weil es angesichts der Risiken des summarischen Verfahrens zu unzumutbaren Folgen käme. Dies gilt sogar dann, wenn die erforderliche Tatsachen- und Rechtsprüfung in der Kürze der Zeit ausnahmsweise nicht umfassend möglich ist. Im Gegenteil: Den Eingetragenen und den Nichteingetragenen treffen grundsätzlich dieselben Gefahren, wenn die Untersagung der Listenkorrektur unrechtfertigt angeordnet bzw. ungerechtfertigt verweigert wird. Entscheidend für die Risikoverteilung muss also eine Einzelfallbetrachtung sein. Auch wenn im Eilverfahren nur eine summarische oder gegebenenfalls sogar unvollständige Prüfung von Sach- und Rechtslage stattfindet, ist diese immer noch gerechter, als Eilrechtsschutz zu Lasten einer Partei kategorisch auszuschließen. Werden im Einzelfall die Interessen der Parteien unterschiedlich stark berührt, fängt die Interessenabwägung dies auf. These 45: Das Verbot der Hauptsachevorwegnahme schließt eine einstweilige Verfügung auf Listenkorrektur oder Untersagung der Listenänderung nicht per se aus. Es gelten die bereits erörterten Maßstäbe.

II. Geringstmöglicher Eingriff Wesentlich schwieriger zu beantworten ist die Frage, inwiefern die einstweilige Verfügung auf „vorläufige“ Listenkorrektur noch einen eigenen Anwendungsbereich hat, angesichts der Tatsache, dass neben ihr zahlreiche andere, mildere Eilrechtsbehelfe in Betracht kommen. Dass die einstweilige Verfügung auf Durchsetzung oder Verhinderung der Listenänderung bislang weitgehend auf Ablehnung stieß, wird bislang meist damit begründet, dass die Gefahren der fehlerhaften Liste durch minderinvasive Eilmaßnahmen aufgefangen werden konnten. Einerseits wurde, 159 160

Dazu Kapitel 2 § 3 A. IV. und V. Vgl. Kapitel 2 § 3 A. III.–V.

§ 2 Listeninhalt

247

soweit ersichtlich, bislang noch kein Fall genannt bzw. keine Begründung161 veröffentlicht, in dem die Listenkorrektur tatsächlich per einstweiligem Rechtsschutz erzwungen oder untersagt wurde. Andererseits ist diese Begründung vorausschauend, weil sie vorgreifliche Eilmaßnahmen nicht kategorisch ausschließt.162 1. Meinungsstand Die Gefahr des gutgläubigen Wegerwerbs eines Geschäftsanteils nach § 16 Abs. 3 GmbHG lässt sich vollständig und ohne verbleibendes Restrisiko ausschließen, indem man der Gesellschafterliste einen Widerspruch zuordnet. Die allgemeine Meinung163 verdient dahingehend Zustimmung. Daneben birgt die falsche Liste aufgrund ihrer Legitimationswirkung (§ 16 Abs. 1 GmbHG) die Gefahr, dass der Listengesellschafter die Mitgliedschaftsrechte anstelle des Anteilsinhabers ausübt. Dies kann sich nicht nur auf eigennützige, individuelle Interessen der Gesellschafter (z. B. Gewinn) auswirken, sondern auch auf die Unternehmensgeschicke insgesamt, z. B. wenn Entscheidungen über Personalien oder operative Fragen in eine ungewünschte Richtung getroffen werden, die sich nicht mehr bzw. kaum noch rückgängig machen lassen. Nach herrschender Auffassung lassen sich aber auch die von der Legitimationswirkung ausgehenden Gefahren auffangen.164 Teilweise wird auf einstweilige Verfügungen verwiesen, dem Listengesellschafter die Ausübung von Gesellschafterrechten vorläufig untersagen165 oder dem materiellen Gesellschafter gezielt einzelne oder mehrere bestimmte Rechte vorläufig übertragen (z. B. Stimmrecht in konkreten Frage bzw. für konkrete Gesellschafterversammlung).166 Häufig aber wird die einstweilige Verfügung vorgezogen, die es der GmbH aufgibt, den materiellen Gesellschafter vorläufig (weiter) als Gesellschafter zu behandeln.167 Ihm würden also im Verhältnis zur GmbH einstweilig – entgegen dem Listeninhalt und somit unter Durchbrechung des § 16 Abs. 1 161

Zwar hat das LG Mühlhausen, 23. 12. 2015 – HK O 88/15 (nv), der Verfügungsbeklagten per einstweiliger Verfügung aufgegeben, den Verfügungskläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über die Rechtmäßigkeit der Ausschließung in die Gesellschafterliste einzutragen (zit. in OLG Jena, 24. 8. 2016 – 2 U 168/16, NZA-RR 2017, 233, 233). Die Begründung ist jedoch nicht veröffentlicht. Rechtsmittel wurden nicht eingelegt. 162 Zit. nach Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 8; so etwa auch BGH, 17. 12. 2013 – II ZR 21/12, GmbHR 2014, 198, 202; KG, 24. 8. 2015 – 23 U 20/15, GmbHR 2016, 416, 416 (bez. Einreichungsverbot); KG, 10. 12. 2015 – 23 U 99/15, GmbHR 2016, 416, 417 (bez. Korrekturgebot); Lieder, GmbHR 2016, 271, 271 – 276; zurückhaltend auch Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 40 Rn. 74. 163 Vgl. BGH, 17. 12. 2013 – II ZR 21/12, GmbHR 2014, 198, 202; KG, 24. 8. 2015 – 23 U 20/15, GmbHR 2016, 416, 416; KG, 10. 12. 2015 – 23 U 99/15, GmbHR 2016, 416, 417. 164 A. A. Fluck, GmbHR 2017, 67, 70; Dittert, NZG 2015, 221, 223. 165 Lieder, GmbHR 2016, 271, 272 f. 166 So etwa Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 8. 167 Vgl. KG, 24. 8. 2015 – 23 U 20/15, GmbHR 2016, 416, 416; KG, 10. 12. 2015 – 23 U 99/ 15, GmbHR 2016, 416, 417; OLG Jena, 24. 8. 2016 – 2 U 168/16, NZG 2017, 136, 137.

248

Kap. 4: Gesellschafterliste

GmbHG – Mitgliedschaftsrechte und -pflichten übertragen. Teilweise wird aber auch bestritten, dass es sich bei diesen Maßnahmen um vorzugswürdige, mildere Maßnahmen handelt. Diese Behauptung verdient eine nähere Betrachtung. 2. Vorrangige Maßnahmen? Fraglich ist, inwieweit die zahlreichen (vermeintlich) milderen Maßnahmen noch Raum für einstweilige Verfügungen lassen, die eine Listenänderung herbeiführen oder verhindern sollen. Welche Eilmaßnahmen infrage kommen, variiert je nach Fallkonstellation. Im Folgenden wird das Verhältnis zu den wichtigsten milderen Eilmaßnahmen herausgegriffen, beginnend mit der mildesten Eilmaßnahme. a) Vorläufige Untersagung der Rechtsausübung Eine einstweilige Verfügung gegen den Listengesellschafter, die ihm vorübergehend die Ausübung bestimmter oder aller Mitgliedschaftsrechte verbietet, verdient als Sicherungsverfügung und somit als mildeste Eilrechtsschutzmaßnahme den Vorzug.168 Ist von vornherein klar, welche konkrete Rechtsausübung droht, genügt eine gezielte Unterlassungsverfügung. Lässt sich indes nicht prognostizieren, welche Rechte ausgeübt werden, kommt als „nächsthöhere“ Eilmaßnahme eine gesamtheitliche Unterlassungsverfügung in Betracht, die dem Listengesellschafter die Ausübung sämtlicher aus dem umstrittenen Geschäftsanteil resultierenden Mitgliedschaftsrechte untersagt. Obwohl es sich „bloß“ um eine Sicherungsverfügung handelt, drohen in beiden Fällen erhebliche Schäden, wenn sich die Verfügung als ungerechtfertigt herausstellt. Ein strenger Prüfungsmaßstab ist daher erforderlich. b) Unterlassungsverfügung plus Pflegschaft? Weiter wird vorgeschlagen, im Falle eines per Unterlassungsverfügung169 „eingefrorenen“ Anteils eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte gemäß § 1913 BGB anzuordnen, bis der Prätendentenstreit über die wahre Inhaberschaft geklärt ist.170 So könnte ein Pfleger als gesetzlicher Vertreter innerhalb eines begrenzten Wirkungskreises zwischenzeitlich die mit dem Geschäftsanteilen verbundenen Rechte ausüben. Eine Pflegschaft lässt sich nich ganz von der Hand weisen. Die sogenannte Pflegschaft für unbekannte Beteiligte i. S. d. § 1913 BGB findet Anwendung, wenn – wie in der vorliegenden Konstellation – infrage steht, wer der wahre Rechtsinhaber ist, um dessen Rechte gestritten wird. Fraglich ist aber, ob die Pflegschaft tatsächlich das mildere Mittel gegenüber der einstweiligen Verfügung darstellt, den „wahren“ 168 169 170

Vgl. etwa Lieder, GmbHR 2016, 271, 272 f. Dazu Kapitel 4 § 2 B. II. 2. a). Lieder, GmbHR 2016, 271, 273; Wagner, GmbHR 2016, 463, 468.

§ 2 Listeninhalt

249

Gesellschafter vorübergehend als Gesellschafter zu behandeln.171 Beim Pfleger mag es sich zwar um eine neutrale Person handeln. Die Rechtsausübung durch ihn zieht indes genauso endgültige Wirkungen nach sich. Es handelt sich insoweit nur noch nicht um einen „vorläufige Entscheidung“ darüber, wer der richtige Gesellschafter ist. Die Pflegschaft stößt zudem dort an ihre Grenzen, wo der Pfleger zwar die Interessen des Anteilsinhabers wahrnehmen soll, aber die Interessen der Prätendenten divergieren; dies dürfte aber regelmäßig der Fall sein. Insoweit bedarf es einer vorläufigen Regelung der „vorläufigen Inhaberschaft“. c) Einräumung von Rechten bzw. Weiterbehandlung als Gesellschafter Mitunter genügt es nicht, die Rechtsausübung durch den Listengesellschafters zu unterbinden. Es kann darüber hinaus erforderlich sein, dass der „wahre“ Gesellschafter bestimmte Rechte selbst ausübt; etwa bei einer richtungsweisenden Abstimmung. Vorgeschlagen wird beispielsweise, bestimmte einzelne Mitgliedschaftsrechte im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufig zu regeln.172 Diese Eilmaßnahme dürfte sich aber nur dann eignen, wenn es sich um ein konkretes, vorher bestimmbares Recht handelt. Sofern dies nicht der Fall ist, wäre es als umfassende Lösung erforderlich, der GmbH aufzugeben, den Verfügungskläger vorläufig als Gesellschafter zu behandeln.173 Beide Fälle stellen Leistungsverfügungen, da sie – zumindest partiell – die Hauptsache vorwegnehmen. Teilweise werden diese beiden Rechtsbehelfe für unzulässig gehalten. „Den Betroffenen weiter als Gesellschafter zu behandeln, ohne dass er in die im Handelsregister hinterlegte Gesellschafterliste eingetragen ist, stell[e] einen systematischen und dogmatischen [zu § 16 Abs. 1 GmbHG] Bruch dar“.174 Dieser vorgetragene „Bruch“ wird nicht näher erklärt. Es findet sich nur der Verweis auf Fundstellen, die den Grundsatz beschreiben, dass die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten von der Listeneintragung abhängt.175 Diesem Grundsatz ist als solchem zwar zuzustimmen. Zu einem system- und dogmatikwidrigen Bruch führt eine solche einstweilige Verfügung vorliegend aber nicht. Sie gebietet, den Betroffenen als Gesellschafter zu „behandeln“ und damit nur ein „So-tun-als-ob“. Der Betroffene wird damit zwar faktisch – nicht aber rechtlich und nicht im Verhältnis zu Dritten – als Rechtsinhaber behandelt. Diese rein formelle Unterscheidung zwischen rechtlicher und faktischer Inhaberschaft entspricht aber der – von der ganz herrschenden 171

Dazu Kapitel 4 § 2 B. II. 2. c). Vgl. Liebscher/Alles, ZIP 2015, 1, 8. 173 KG, 24. 8. 2015 – 23 U 20/15, GmbHR 2016, 416; vgl. auch KG 10. 12. 2015 – 23 U 99/ 15, GmbHR 2016, 416, 417; OLG Jena, 24. 8. 2016 – 2 U 168/16, NJW-RR 2017, 233, 233; Wertenbruch, in: MüKoGmbHG, Anhang § 47 Rn. 396 jeweils m. w. N. 174 Fluck, GmbHR 2017, 67, 70. 175 Dittert, NZG 2015, 221, 223 und Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 16 Rn. 10. 172

250

Kap. 4: Gesellschafterliste

Meinung für zulässig befundenen – Grenzziehung bei Stimmbindungsverträgen. Zudem unterläuft eine solche einstweilige Verfügung auch nicht Sinn und Zweck der Legitimationswirkung (§ 16 Abs. 1 GmbHG). Insbesondere entsteht dadurch keine Missbrauchsgefahr (z. B. Geldwäsche), weil diese Rechtslage durch gerichtliche Entscheidung angeordnet wird. Zudem wird keine gewillkürte, sondern nur die – nach summarischer Prüfung – richtige Rechtslage (wieder-)hergestellt. Und nicht zuletzt handelt es sich bei diesen Leistungsverfügungen schon aufgrund ihrer hohen Anforderungen um wenige Ausnahmefälle. Ebenso wird auch die Transparenzfunktion nicht unzumutbar beeinträchtigt. Denn anders als bei § 16 Abs. 3 GmbHG, der als Rechtsscheinstatbestand den Rechtsverkehr zu schützen beabsichtigt, schafft § 16 Abs. 1 GmbHG Rechtsklarheit nicht primär für die Öffentlichkeit, sondern für die Gesellschaft, die die Rechte und Pflichten in gespiegelter Form treffen. Die Gesellschaft hat aber auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stets Klarheit, da sie insoweit Verfügungsbeklagte ist. Mithin überlagert die durch einstweilige Anordnung geschaffene „vorläufige Rechtslage“ ausnahmsweise die „Listenlage“. Dass eine einstweilige Verfügung, die nur einzelne Rechte vorläufig regelt, ein milderes Mittel darstellt, dürfte außer Frage stehen. Doch die einstweilige Verüfung, die der GmbH aufgibt, den Verfügungskläger insgesamt (ggfs. weiter) als Gesellschafter zu behandeln, ist auch milder als die einstweilige Verfügung, die die „vorläufige“ Listenänderung anordnet. Beide Rechtsbehelfe berühren gleichermaßen das Erfüllungsverbot. Egal, ob jemand als Gesellschafter behandelt oder als solcher in die Gesellschafterliste eingetragen wird, wird beide Male nicht nur der Verfügungsanspruch vollständig erfüllt, sondern er erhält de facto auch sämtliche mit der Gesellschafterstellung verbundenen Befugnisse eingeräumt. Und in beiden Fällen bleibt das Veräußerungsrecht ausgeschlossen: Im ersten Fall wirkt die einstweilige Verfügung nur gegenüber der Gesellschaft, nicht gegenüber Dritten. Im zweiten Fall kann ein gutgläubiger Erwerb durch Widerspruch gehindert werden. Doch bezüglich des Präjudizverbots greift die einstweilige Verfügung auf Listenkorrektur tiefer ein als die einstweilige Behandlung als Gesellschafter. Zwar sind beide Male die vom falschen Gesellschafter ausgeübten Mitgliedschaftsrechte gleich einschneidend. Auch lassen sich beide Verfügungen nicht mehr für die Vergangenheit wieder aufheben. Allerdings kann das Gericht die einstweilige Verfügung auf vorläufige Behandlung als Gesellschafter im Rahmen der Hauptsacheentscheidung zumindest selbst wieder aufheben. Dies ist bei der „vorläufigen“ Listenkorrektur nicht möglich. Die einmal eingereichte Liste kann nur vom Geschäftsführer bzw. Notar wieder geändert werden. Mithin stellt die einstweilige Verfügung, die aufgibt, den Verfügungskläger (weiterhin) als Gesellschafter zu behandeln, das mildere Mittel dar gegenüber der einstweiligen Verfügung auf Listenkorrektur.

§ 2 Listeninhalt

251

3. Verbleibender Raum für „vorläufige Listenkorrektur“? Sieht man also in der einstweiligen Verfügung, jemanden vorläufig als Gesellschafter zu behandeln, das mildere Mittel, stellt sich die Frage, ob eine einstweilige Verfügung auf „vorläufige Listenkorrektur“ überhaupt noch möglich ist. Die vorläufige Behandlung als Gesellschafter vermag die von der Legitimationswirkung der Gesellschafterliste ausgehenden Gefahren auszuschließen. Im Hinblick auf diese Gefahren macht es keinen Unterschied, ob dem Betroffenen die Mitgliedschaftsrechte direkt oder über den Listeninhalt „eingeräumt“ werden. Und die Gefahr des gutgläubigen Wegerwerbs nach § 16 Abs. 3 GmbHG lässt sich restlos durch Widerspruchszuordnung begegnen. Dass es erforderlich wird, im Wege des Eilrechtsschutzes eine Listenkorrektur zu verhindern oder durchzusetzen, ist daher allenfalls in besonderen Konstellationen denkbar. Als ein Fall, in dem die genannten minderinvasiven Maßnahmen nicht mehr genügen, kommt in Betracht, dass die Fehleintragung noch weitere Gefahren (als die Legitimationswirkung oder den gutgläubigen Wegerwerb) birgt. Man mag insoweit aber allenfalls an die Transparenzfunktion denken. So mag man sich etwa vorstellen, dass ein bestimmter Listengesellschafter, sei es wegen seiner Reputation, seiner Expertise oder aus sonstigen Gründen, dem Geschäft der GmbH erheblichen Schaden zufügen könnte, etwa wenn er (potentielle) Geschäftspartner vor gemeinsamen Geschäften abschreckt. Indessen zeigt ein anderes Beispiel, dass die einstweilige Verfügung auf vorläufige Listenkorrektur nicht kategorisch ausgeschlossen ist, sondern sie nur einen sehr kleinen Anwendungsbereich besitzt. Ist nämlich der Gesellschafterliste ein Widerspruch zugeordnet, schließt dies zwar den gutgläubigen Erwerb nach § 16 Abs. 3 GmbHG aus. Nicht ausgeschlossen ist indes ein gutgläubiger Erwerb vom Scheinerben nach § 2366 BGB.176 Es handelt sich also um den Fall, dass ein Gesellschafter verstirbt und eine falsche Person in den Erbschein eingetragen wird. Auch eine einstweilige Verfügung dahingehend, dass der Verfügungskläger weiter als Gesellschafter behandelt wird, wäre nicht zweckdienlich, da diese eintweilige Verfügung sich gegen die GmbH richtete und damit gegenüber dem Dritten – den potentiellen Erwerbern – keine Wirkungen entfaltet. Für den Fall, dass man eine Veräußerungsabsicht ahnte, wäre zwar eine Unterlassungsverfügung gegen den Listengesellschafter (Scheinerbe) denkbar. Zum einen ist eine Veräußerungsabsicht aber nicht immer erkennbar. Auch fände die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG wohl keine Anwendung.177 Zum anderen schlösse eine solche 176

Heidinger, in: MüKoGmbHG, § 16 Rn. 272. Die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG gilt speziell für den Fall des Widerspruchs. Sie lässt sich nicht mit der Sicherungsverfügung in Gestalt eines Veräußerungsverbots vergleichen. Der Widerspruch hat die Besonderheit, dass er effektiv, aber ungefährlich ist. Veräußert ein Nichtberechtigter, verhindert der Widerspruch dies. Veräußert ein Berechtigter, steht der Widerspruch nicht im Weg. 177

252

Kap. 4: Gesellschafterliste

Unterlassungsverfügung die Veräußerung auch nicht mit letzter Sicherheit aus, sondern es drohte „nur“ ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 E. Und eine Unterlassungsverfügung gegen den Erwerber wäre nur möglich, wenn dieser dem Verfügungskläger bekannt ist. Das einzige vollwirksame Mittel wäre in diesem Fall mithin eine einstweilige Verfügung, die es gebietet, jedenfalls vorläufig den Verfügungskläger als Anteilsinhaber in die Gesellschafterliste einzutragen. Ein drittes Beispiel ist denkbar, wenn man der Auffassung des Bundesgerichtshofs folgt, dass der Listengesellschafter die Mitgliedschaftsrechte auch dann ausüben kann, wenn der Anteil (wegen Einziehung, § 34 GmbHG) noch nicht einmal mehr existiert.178 Man stelle sich z. B. eine Drei-Personen-GmbH vor, bei der Gesellschafter A 33 % der Geschäftsanteile, Gesellschafter B weitere 33 % und Gesellschafter C weitere 34 % hält. Wird der Geschäftsanteil von Gesellschafter A nun eingezogen, erlangt Gesellschafter C nunmehr vorübergehend – bis zur Neuschaffung und Übertragung – nach den Anteilen die Stimmmehrheit. Er kann dies jedoch nicht realisieren, solange nicht Gesellschafter A aus der Gesellschafterliste gelöscht wird (negative Legitimationswirkung). Vielmehr könnten Gesellschafter A und B ihn sogar überstimmen und Beschlüsse gegen seinen Willen durchsetzen. Auch insoweit mag zwar eine Untersagungsverfügung als milderes Mittel in Betracht kommen. Aber auch hier vermag sie diese Gefahr nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen. Die drei Beispiele dienen indes nicht dazu, sämtliche Fallkonstellationen aufzuzählen oder Anspruch auf Praxisrelevanz zu erheben. Sie erbringen aber den Beweis dafür, dass eine einstweilige Verfügung auf Listenkorrektur nicht per se ausgeschlossen ist, auch wenn ihr nur ein sehr kleiner Anwendungsbereich verbleibt.

C. Untersagung der Listenänderung Denkbar ist ferner eine einstweilige Verfügung auf Untersagung der Listenänderung. Dabei wird nachfolgend auf die Punkte eingegangen, die sich von der einstweiligen Verfügung auf (positive Anordnung der) Listenkorrektur unterscheiden. I. Rechtsnatur Soll eine einstweilige Verfügung die drohende Listenänderung verhindern, handelt es sich ebenfalls um eine Leistungs-179, nicht um eine Sicherungsverfügung.180 Dass sie sich auf Unterlassung richtet, deutet zwar zunächst auf Sicherungscharakter hin. Maßgebend muss bei der Einordnung als Sicherungs- oder Leistungsverfügung aber auch hier an den zu schützenden Verfügungsanspruch 178 179 180

BGH, 20. 11. 2018 – II ZR 12/17, NJW 2019, 993, 996. Vgl. Kapitel 2 § 2 B. IV. und § 3 A. V. 3. A. A. Lieder, GmbHR 2016, 271, 275.

§ 2 Listeninhalt

253

angeknüpft werden. So wird vorliegend der Anspruch auf Unterlassung der Listenkorrektur (§§ 1004, 823 Abs. 1 BGB analog i. V. m. Mitgliedschaftsrecht) bereits durchgesetzt. Er wäre auch Gegenstand eines (hypothetischen) Hauptsacheverfahrens, das vor der drohenden Listenänderung durchgeführt würde. Die vorliegende Verfügung überschreitet zudem das Erfüllungsverbot und berührt das Präjudizverbot dadurch, dass – wie bei Unterlassungsverfügungen üblich – die unterlassene Listeneinreichung (nur) für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung endgültige Wirkung entfaltet. Für die Dauer, in der die Listenkorrektur untersagt war, lässt sich die Listenkorrektur nicht rückwirkend nachholen. Ebenso sind die in dieser Zeit noch vom alten Gesellschafter ausgeübten Mitgliedschaftsrechte mitunter irreversibel ausgeübt (vgl. Stimmrecht). II. Vorrangige Maßnahmen? Zu klären ist aber auch hier vor allem das Verhältnis zu den oben genannten milderen Eilmaßnahmen. Fraglich ist insbesondere, ob einstweilige Verfügungen, die der GmbH aufgeben, jemanden vorläufig (weiter) als Gesellschafter zu behandeln, auch gegenüber solchen Eilmaßnahmen milder sind, die es vorläufig untersagen, die Gesellschafterliste zu ändern. Beide Rechtsbehelfe berühren das Erfüllungsverbot gleichermaßen: Beide Male wird der Verfügungsanspruch vollständig erfüllt. Beide Male bleiben dem Verfügungskläger auch de facto sämtliche mit der Gesellschafterstellung verbundenen Befugnisse vorläufig erhalten. Allerdings haben beide Rechtsbehelfe auch im Hinblick auf das Präjudizverbot dieselbe Wirkung. Beidesmal treten endgültige Wirkungen in erster Linie dadurch ein, dass die Mitgliedschaftsrechte zwar nur vorläufig „eingeräumt“ werden, deren Ausübung aber nicht mehr bzw. kaum mehr rückgängig gemacht werden kann. Bei beiden Eilmaßnahmen ist das Gericht zudem in der Lage, dass es, falls es bei der Hauptsacheentscheidung zu einem anderen Ergebnis kommt und sich die einstweilige Verfügung daher als ungerechtfertigt herausstellt, diese selbst und ohne weitere Hilfe (durch den Geschäftsführer) für die Zukunft wieder aufheben kann. Im Ergebnis stellt die einstweilige Verfügung, die der GmbH aufgibt, den Verfügungskläger vorläufig als den Anteilsinhaber zu behandeln, somit also kein milderes Mittel dar. Auch sonst sind keine Gründe ersichtlich, weshalb die vorläufige Behandlung als Gesellschafter Vorrang haben sollte. Vielmehr spricht in der vorliegenden Konstellation sogar mehr dafür, die vorläufige Untersagung der Listenänderung vorzuziehen. Sie wird dem in § 16 Abs. 1 GmbHG zugrundegelegten Transparenzinteresse besser gerecht. Es kommt insoweit nicht zu einem Auseinanderfallen der Person des Eingetragenen und der des vorläufigen Rechtsinhabers. Diese Betrachtung ergibt indes noch zwei weitere Erkenntnisse. Nach dem Gesagten stellt die vorläufige Untersagung der Listenkorrektur auch die mildere Maßnahme als die „vorläufige“ Listenkorrektur dar. Die zeigt zum einen, dass

254

Kap. 4: Gesellschafterliste

vorliegend auch die vorbeugende Untersagungsverfügung Vorrang vor der nachträglichen Korrektur genießt. Zum anderen erlaubt dies folgenden Schluss: Wenn sogar eine einstweilige Verfügung auf Listenkorrektur nicht kategorisch ausgeschlossen ist, dann muss erst recht auch die einstweilige Verfügung, die eine Listenkorrektur (nur) untersagt, möglich sein. Diese Erkenntnis wurde auch bereits vorab bestätigt. III. Untersagung nicht jeder Listenänderung Da der Verfügungsgrund die Gefahr einer Rechtsverletzung voraussetzt, ist die Verfügung zum einen in aller Regel darauf begrenzt, Veränderungen nur am Geschäftsanteil des Verfügungsklägers zu verhindern. Es sind kaum Fälle vorstellbar, in denen Veränderungen an fremden Anteilen zu einer Rechtsverletzung des Verfügungsklägers führen könnten. Zum anderen kann der Verfügungskläger – ähnlich wie bei der Stimmbindung bei der Beschlussfassung181 – die Listenänderung auch inhaltlich nich vollständig untersagen lassen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass, während etwa über die Rechtmäßigkeit eines Einziehungsbeschlusses gestritten wird, zwischenzeitlich ein zweiter, rechtmäßiger Einziehungsbeschluss ergeht, der seinerseits eine (andere) Listenänderung legitimiert. Einstweiliger Rechtsschutz ginge ansonsten zu weit (vgl. materielle Akzessorietät zum Verfügungsanspruch). Zusammenfassend ist eine einstweilige Verfügung, die die Listenänderung verhindern soll, auf solche Veränderungen begrenzt, die den Verfügungskläger betreffen und mit einem bestimmten Ereignis (z. B. bestimmter umstrittener Einziehungsbeschluss) zusammenhängen.

D. Risiko des falschen Wegs Aufgrund der zahlreichen, unterschiedlich gearteten Eilrechtsbehelfe, deren Anwendungsbereiche fließend ineinander übergehen, besteht das nicht ganz unbeachtliche Risiko, dass das Gericht einen anderen als den beantragten Eilrechtsbehelf für geeignet und – sollte er milder sein – für vorrangig hält und die beantragte einstweilige Verfügung wegen der Bindung an die Parteianträge (§ 308 ZPO) als unbegründet ablehnt. Das Kammergericht hat etwa, nachdem es einen Antrag auf Untersagung der Listenänderung abgelehnt hatte, es zu Recht für unzulässig erachtet, den Antrag ersatzweise dahingehend auszulegen, dass der Verfügungskläger vorläufig als Gesellschafter behandelt würde.182 Die angeordnete Maßnahme bewege sich nicht im Rahmen des Antrags (vgl. Dispositionsmaxime). Dem ist zuzustimmen, da es sich weder um eine Minus- noch um eine Aliud-Maßnahme zum Schutz des Verfügungsanspruchs auf Unterlassung der Listenänderung handelt. 181 182

Dazu Kapitel 3 § 2 B. I. KG, 24. 8. 2015 – 23 U 20/15, GmbHR 2016, 416, 416.

§ 3 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 4

255

Trotzdem begibt sich der Antragsteller damit nur wenig ins Risiko. Die Einräumung einzelner Rechte und die (Weiter-)Behandlung als Gesellschafter stehen dogmatisch in einem Stufenverhältnis, sodass bei Versagung der Behandlung als Gesellschafter dem Gericht zumindest im Sinne eines Teilobsiegens offensteht, nur einzelne Rechte zu übertragen.183 Im Verhältnis zur Listenkorrektur besteht indes kein Stufenverhältnis. Das Risiko des „falschen Weges“ kann der Verfügungskläger aber über einen unechten Hilfsantrag weitgehend auffangen, sodass bei erfolglosem Hauptantrag (Durchsetzung oder Verhinderung der Listenkorrektur) die Behandlung als Gesellschafter zu prüfen ist. These 46: Die schwierigste Hürde einer einstweiligen Verfügung auf vorläufige Listenkorrektur bzw. Untersagung der Listenänderung liegt im Vorrang milderer Maßnahmen. Die Gefahr gutgläubigen Wegerwerbs lässt sich weitgehend durch die Zuordnung eines Widerspruch ausschließen. Der Gefahr der Legitimationswirkung der Liste kann meist mit einer einstweiligen Verfügung begegnet werden, die der GmbH aufgibt, den Verfügungskläger vorläufig als Gesellschafter zu behandeln. These 47: Die einstweilige Verfügung, jemanden vorläufig (weiter) als Gesellschafter zu behandeln, ist milder als die einstweilige Verfügung auf Listenkorrektur. Letztere ist jedoch nicht kategorisch ausgeschlossen, sondern besitzt zumindest einen kleinen Anwendungsbereich. These 48: Die einstweilige Verfügung auf vorläufige Untersagung der Listenkorrektur ist jedoch – auch als Leistungsverfügung – milder als die einstweilige Verfügung, den Verfügungskläger weiter als Gesellschafter zu behandeln. These 49: Sie verdient auch Vorzug vor einer nachträglichen einstweiligen Verfügung auf Listenkorrektur.

§ 3 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 4 1. Widerspruchsberechtigt bezüglich eines GmbH-Geschäftsanteils sind dessen Inhaber und grundsätzlich auch die an ihm dinglich Berechtigten. Bei letzteren dürfte es für eine einstweilige Verfügung jedoch mangels lastenfreiem Erwerb regelmäßig an einem Verfügungsgrund fehlen. Geschäftsführer sind widerspruchsberechtigt, sofern sich nicht aufklären lässt, welcher Prätendent Inhaber des Anteils ist. Gesellschaft und Mitgesellschafter sind als solche nicht widerspruchsberechtigt.184

183

Vgl. etwa die einstweilige Anordnung, bei der nach einhelliger Auffassung zwar nicht die gesamte elterliche Sorge, aber zumindest einzelne Elemente, etwa das Aufenthaltsbestimmungsrecht, übertragen werden könne, vgl. Kapitel 2 § 3 A. IV. 2. 184 Dazu Kapitel 4 § 1 A.

256

Kap. 4: Gesellschafterliste

2. Soll eine einstweilige Verfügung der Gesellschafterliste einen Widerspruch zuordnen, umfasst die Vermutung des Verfügungsgrunds nach § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG sowohl die Darlegung als auch die Glaubhaftmachung.185 3. Die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG ist in rechtlicher Hinsicht widerlegbar. Dies hängt nicht von der Frage ab, ob eine Widerlegung innerhalb der Karenzphase tatsächlich möglich ist.186 4. Die Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG führt nicht zu einer „automatischen“ gesetzlichen Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG.187 5. Sowohl der gesetzgeberische Wille als auch sachliche Gründe machen es erforderlich, dass die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG, abweichend von der einfachen Gesetzessubsumtion, auch während der Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG gilt. D. h. dass der Verfügungsgrund auch in dieser Zeit grundsätzlich vermutet wird. Mittels der Schutzfrist lässt sich die Dringlichkeitsvermutung also auch nicht „manuell“ widerlegen. In Rechtsmethodischer Hinsicht ist die Wertung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG im Rahmen des Verfügungsgrunds spezieller als die des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG.188 6. Die Dringlichkeitsvermutung des § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG kann aber aufgrund einer sog. „Selbstwiderlegung“ scheitern. Der Umstand, dass ein Gesellschafter während der Schutzfrist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG zuwartet, ohne auf einen Widerspruch hinzuwirken, kann zwar nicht vor, aber nach Ablauf der Schutzfrist dazu führen, dass er den vermuteten Verfügungsgrund widerlegt.189 7. Nach wirksamer, anfechtbarer oder nichtiger Einziehung und ggfs. Neuschaffung des Geschäftsanteils kann der betroffene Gesellschafter grundsätzlich weder nach dem Untergang des Geschäftsanteils noch nach der Neuschaffung einen Widerspruch zuordnen lassen.190 8. Eine einstweilige Verfügung betreffend den Listeninhalt hilft nur, soweit die Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 GmbHG nicht ohnehin an ihre Grenzen stößt. Die Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 GmbHG ist nur in engen, besonderen Ausnahmefällen mangels Zurechenbarkeit ausgeschlossen. Insbesondere genügt es nicht, dass der betroffene Gesellschafter schlicht keine Kenntnis von der Fehleintragung hat.191

185 186 187 188 189 190 191

Dazu Kapitel 4 § 1 B. I. 2. Dazu Kapitel 4 § 1 B. I. 1. Dazu Kapitel 4 § 1 B. II. 1. Dazu Kapitel 4 § 1 B. II. 2. Dazu Kapitel 4 § 1 B. II. 3. Dazu Kapitel 4 § 1 B. III. Dazu Kapitel 4 § 2 A. I.

§ 3 Zusammenfassung und wesentliche Ergebnisse von Kapitel 4

257

9. Auch stehen weder das formelle Konsensprinzip noch eine Einreichungszuständigkeit des Notars noch eine Einschränkung analog § 67 Abs. 5 AktG dem entgegen, dass der Geschäftsführer im Wege einer einstweiligen Verfügung eine Listenkorrektur herbeiführen kann.192 10. Das Verbot der Hauptsachevorwegnahme schließt eine einstweilige Verfügung auf Listenkorrektur oder Untersagung der Listenänderung nicht per se aus. Es gelten die bereits erörterten Maßstäbe des Hauptsachevorwegnahmeverbots.193 11. Die schwierigste Hürde einer einstweiligen Verfügung auf vorläufige Listenkorrektur bzw. Untersagung der Listenänderung liegt im Vorrang milderer Maßnahmen. Die Gefahr gutgläubigen Wegerwerbs lässt sich weitgehend durch die Zuordnung eines Widerspruch ausschließen. Der Gefahr der Legitimationswirkung der Liste kann meist mit einer einstweiligen Verfügung begegnet werden, die der GmbH aufgibt, den Verfügungskläger vorläufig als Gesellschafter zu behandeln.194 12. Die einstweilige Verfügung, jemanden vorläufig (weiter) als Gesellschafter zu behandeln, ist milder als die einstweilige Verfügung auf Listenkorrektur. Letztere ist jedoch nicht kategorisch ausgeschlossen, sondern besitzt zumindest einen kleinen Anwendungsbereich.195 13. Die einstweilige Verfügung auf vorläufige Untersagung der Listenkorrektur ist jedoch – auch als Leistungsverfügung – milder als die einstweilige Verfügung, den Verfügungskläger weiter als Gesellschafter zu behandeln. Sie verdient auch Vorzug vor einer nachträglichen einstweiligen Verfügung auf Listenkorrektur.196

192 193 194 195 196

Dazu Kapitel 4 § 2 A. II. Dazu Kapitel 4 § 2 B. I. Dazu Kapitel 4 § 2 B. II. Dazu Kapitel 4 § 2 B. II. 2. Dazu Kapitel 4 § 2 C.

Kapitel 5

Schlussfolgerungen für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht Seit vielen Jahren herrscht im GmbH-Recht die Diskussion, wie einstweiliger Rechtsschutz und besonders die Leistungsverfügung zu behandeln ist. Denn er bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem „sperrigen“, „sensiblen“ GmbH-Recht einerseits, das zur Verfestigung der Lage und zu weitreichenden Folgen neigt, und dem Bedürfnis nach effektivem Rechtsschutz andererseits, welches ein „ungenaues“ summarisches Verfahren verlangt. Heute besteht zwar Konsens, dass einstweiliger Rechtsschutz auch im GmbH-Recht prinzipiell möglich ist. In mehreren, mitunter jungen Gebieten sind jedoch Diskussionen aufgekommen, die dieses Spannungsfeld in besonderer Weise widerspiegeln: das Informationserzwingungsverfahren (§ 51b GmbHG), die Abberufung des Geschäftsführers (§ 38 GmbHG) und die Gesellschafterliste (§ 16 GmbHG). Die Arbeit erhebt nicht den Anspruch, sämtliche Fälle abzuhandeln. Ziel war es, den einstweiligen Rechtsschutz in diesen Gebieten im Lichte des Spannungsverhältnisses zu untersuchen und, soweit vorhanden, die Lösungen der Rechtsprechung und Literatur zu beleuchten und einzuordnen. Die Arbeit leitete mit der kurzen Vorüberlegung ein, warum ein kategorischer Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes nicht sinnvoll, sondern sogar schädlich wäre.1 Der Prüfungsmaßstab hat sich zudem so weit wie möglich an der Schlüssigkeitsprüfung und nur in Ausnahmefällen an einer reinen Interessenabwägung zu orientieren.2 In Kapitel 2 wurde untersucht, wie einstweiliger Rechtsschutz im Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG zu behandeln ist. Dieses kaum beleuchtete Gebiet bildet den Schwerpunkt der Arbeit. Die Untersuchung hat ergeben, dass einstweiliger Rechtsschutz und Hauptsachevorwegnahme nicht per se ausgeschlossen sind, auch wenn das Hauptsacheverfahren beschleunigt ist.3 Das statthafte Eilrechtsschutzregime bildet die umstrittene einstweilige Anordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG.4 Ferner hat die Untersuchung gezeigt, dass der Gesellschafter sein Informationsrecht ausnahmsweise sogar im Eilrechtsschutz durchsetzen kann. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte der §§ 49 ff. FamFG, den Wertungen des § 51a 1 2 3 4

Dazu Kapitel 1 § 3 A. Dazu Kapitel 1 § 3 B. Dazu Kapitel 2 § 2 A. Dazu Kapitel 2 § 2 B.

Kap. 5: Schlussfolgerungen für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht

259

GmbHG und dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes.5 Die fehlende Haftungsfolge des § 945 ZPO steht dem nicht entgegen, weil sich eine hohe Richtigkeitsgewähr bewerkstelligen lässt und die Treuepflicht die Gesellschaft umfassend schützt.Bezüglich Sicherungmaßnahmen hat sich gezeigt, dass streng zu trennen ist, ob die Informationserteilung oder die -verwertung gesichert werden soll. Diese Frage entscheidet über den zu sichernden Anspruch. Damit bestimmt sie über das Eilrechtsschutzregime und begrenzt den Umfang der Eilmaßnahmen.6 In Kapitel 3 beleuchtet die Arbeit die Beschlussfassung und die Abberufung des Geschäftsführers. Sie untersucht zunächst, inwiefern Eilrechtsschutz bereits vor der Abberufung in den Willensbildungsprozess der GmbH eingreifen kann.7 Hierbei hat sich gezeigt, dass das eigentliche Problem nicht im Eingriff in die autonome Willensbildung, sondern vielmehr im Vorwegnahmeverbot, d. h. im Erfüllungs- und Präjudizverbot, liegt. Gemessen daran fiel auf, dass die herrschende Meinung hier vergleichsweise (zu) niedrige Anforderungen an die Leistungsverfügung stellt („eindeutiger Verfügungsanspruch“). Sodann widmet sich die Untersuchung dem Übergangszeitraum, in dem der Geschäftsführer zwar bereits abberufen wurde, aber noch keine Hauptsacheentscheidung (z. B. über die Anfechtungsklage) vorliegt.8 Da das Beschlussmängelrecht weitgehend auf Rechtsfortbildung beruht, rückt hier die Frage in den Mittelpunkt, welche Interimsregelungen gelten und inwiefern sie einstweiligen Rechtsschutz gestatten. Hier kam die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die weitreichenden Rechtsfortbildungen der herrschenden Meinung oftmals weder geboten noch gerechtfertigt sind. In Kapitel 4 hat die Arbeit die 2008 aufgewertete Gesellschafterliste beleuchtet. Obwohl § 16 Abs. 3 GmbHG sogar Regelungen enthält, finden sich bereits zum Widerspruch zur Gesellschafterliste zahlreiche kontrovers diskutierte Fragen.9 Die Untersuchung erörterte zunächst die „Widerspruchsberechtigten“. Sie hat ferner gezeigt, dass der vermutete Verfügungsgrund widerlegbar ist und sogar eine Selbstwiderlegung möglich ist. Sie hat zudem herausgearbeitet, dass sich die dreijährige Karenzzeit des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG grundsätzlich nicht auf die Widerspruchsverfügung auswirkt. Die Arbeit hat ferner die einstweilige Verfügung auf Listenkorrektur und auf Untersagung der Listenänderung betrachtet.10 Für die „vorläufige“ Listenkorrektur verbleibt aufgrund zahlreicher milderer Mittel kaum Raum. Demgegenüber hat sich die Untersagung der Listenänderung als gangbarer Weg herausgestellt. Daran anknüpfend soll das vorliegende, letzte Kapitel beschreiben, welche Schlussfolgerungen die Untersuchungen der einzelnen Gebiete für das GmbH-Recht 5

Dazu Kapitel 2 § 3. Dazu Kapitel 2 § 4. 7 Dazu Kapitel 3 § 2. 8 Dazu Kapitel 3 § 3. 9 Dazu Kapitel 4 § 1. 10 Dazu Kapitel 4 § 2 B. und C. 6

260

Kap. 5: Schlussfolgerungen für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht

im Allgemeinen erlauben. Gleichzeitig sind Unterschiede bei der Behandlung des Eilrechtsschutzes darzustellen.

§ 1 Wachsende Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes Obwohl einstweiliger Rechtsschutz im GmbH-Recht in Rechtsprechung und Literatur ein Randdasein fristet,11 hat seine Bedeutung in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Vor allem hat sich der Anwendungsbereich des einstweiligen Rechtsschutzes im GmbH-Recht allein in den letzten Jahren stark ausgedehnt. Das FGG-Reformgesetz hat 2009 ein einheitliches Eilrechtsschutzsystem in den §§ 49 ff. FamFG normiert. Dadurch hat es beim Informationserzwingungsverfahren gemäß den §§ 51a, 51b GmbHG die Tür zum lange vermissten einstweiligen Rechtsschutz aufgestoßen.12 Das MoMiG hat 2008 die Gesellschafterliste erheblich aufgewertet und damit überhaupt erst Bedarf für einstweiligen Rechtsschutz geschaffen. Die Gesellschafterliste diente traditionell dem Informationsinteresse von Gesellschafter, Gesellschaftsgläubigern und Öffentlichkeit. Nunmehr ist ihr Inhalt nach § 16 GmbH Grundlage für die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten und den Erwerb des Geschäftsanteils vom Nichtberechtigten.13 An anderer Stelle haben Rechtsprechung und Literatur den Anwendungsbereich des einstweiligen Rechtsschutzes vergrößert, indem sie dessen Voraussetzungen gesenkt haben. Beispielsweise soll nach heute herrschender Auffassung eine einstweilige Verfügung, die die Willensbildung beeinflusst, bereits begründet sein, wenn – entgegen den allgemeinen Voraussetzungen – allein der Verfügungsanspruch eindeutig vorliegt.14 Einstweiligem Rechtsschutz kommt im GmbH-Recht zudem eine Besonderheit zu, die sich auch in den drei untersuchten Gebieten sehr gut zeigt: Jedes Gebiet eröffnet nicht nur den „einen“ Eilrechtsschutzweg. Vielmehr stehe eine Vielzahl an Ansatzpunkten zur Verfügung, auf denen effektiver Rechtsschutz gesucht werden kann und muss. Den größten Bedeutungszuwachs erfährt einstweiliger Rechtsschutz im GmbHRecht aber dadurch, dass die drei Gebiete des Informationsanspruchs, des Gesellschafterbeschlusses und der Gesellschafterliste als Vorfrage in jeder anderen GmbHrechtlichen Streitigkeit essentiell sein können. Je nach Fallgestaltung bildet der Inhalt der Information, des Gesellschafterbeschlusses oder der Gesellschafterliste die Grundlage, von der jeweils die Ausübung weiterer Rechte und prozessualer oder 11

Inwiefern sich die seltene praktische Anwendung und die verhältnismäßig wenigen wissenschaftlichen Abhandlungen hier gegenseitig bedingen, ist unklar. Schürnbrand bezeichnete das in der Vorbesprechung als „Henne-Ei-Frage“. 12 Dazu Kapitel 2 § 1 und § 2. 13 Dazu Kapitel 4. 14 Vgl. Kapitel 3 § 2 A.

§ 2 Öffnung des einstweiligen Rechtsschutzes

261

außerprozessualer Maßnahmen abhängt. Damit kann einstweiliger Rechtsschutz weitreichende Folgen für das gesamte GmbH-Recht haben.

§ 2 Öffnung des einstweiligen Rechtsschutzes A. Kein prinzipieller Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes Die Arbeit ging primär der Frage nach, ob einstweiliger Rechtsschutz einschließlich Leistungsverfügungen im GmbH-Recht offensteht. Dass Eilrechtsschutz zumindest in Ausnahmefällen möglich sein muss, ist zwar heute für das GmbHRecht im Allgemeinen anerkannt. In den erörterten Teilbereichen herrscht über diese Frage jedoch noch Streit. Die Untersuchung aller drei Gebiete hat bestätigt, dass Eilrechtsschutz jedenfalls in Ausnahmefällen möglich ist. Die Arbeit hat sich mit den zentralen Einwendungen auseinandergesetzt. 1. Als Gegenargument wird allem voran „das“ Verbot der Hauptsachevorwegnahme vorgebracht. Wie die Arbeit gezeigt hat, stellen das Erfüllungs- und das Präjudizverbot tatsächlich eine hohe Hürde dar. Die Untersuchung der besonders eng formulierten einstweiligen Anordnung nach § 49 FamFG hat jedoch herausgestellt, dass weder das Erfüllungs- noch das Präjudizverbot es per se ausschließt, die Hauptsache vorwegzunehmen.15 Beide Verbote lassen sich unter bestimmten Voraussetzungen16 überwinden. Ausnahmen sind geboten aus verfassungsrechtlichen Gründen, aufgrund der dienenden Funktion des Prozessrechts. Auch würden Gläubiger andernfalls strukturell benachteiligt.17 2. Die Gefahr des summarischen Verfahrens, dass es ungerechtfertigte Eilmaßnahmen hervorbringt, verbietet einstweiligen Rechtsschutz und auch Leistungsverfügungen ebenfalls nicht pauschal.18 Das gilt sogar in Gebieten, in denen ein hoher Schaden oder eine Verfestigung des ungerechtfertigten Zustands droht. Ein Schaden kann im GmbH-Recht nicht nur dem Schuldner bei ungerechtfertigter Anordnung drohen, sondern auch dem Gläubiger, falls ihm Eilrechtsschutz ungerechtfertigt versagt wird. In den untersuchten Gebieten wurde dies dadurch bestätigt, dass der Gläubiger angewiesen ist auf eine Information, einen Gesellschafterbeschluss oder einen Eintrag in der Gesellschafterliste, um seine Mitgliedschaftsrechte auszuüben zu können. Der Gläubiger befindet sich dem Schulder gegenüber sogar im Nachteil, weil er nicht den Schutz des § 945 ZPO genießt. Um Waffengleichheit zu 15 Dazu Kapitel 2 § 3 A. IV. und V; vgl. Kapitel 3 § 2 B. III. (Beschluss) und Kapitel 4 § 2 B. I. (Liste). 16 Zu den Voraussetzungen sogleich unter Kapitel 5 § 2 B. 17 Dazu insbesondere Kapitel 2 § 3 A. V. und B. (Leistungsanordnung i. S. d. §§ 49 ff. FamFG). 18 Dazu Kapitel 2 § 3 C. (Fehlende Haftung nach § 945 ZPO bei § 51a GmbHG) und Kapitel 3 § 2 B. V. (Risiken fehlerhafter Willensbildung).

262

Kap. 5: Schlussfolgerungen für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht

erreichen, ist einzelfallbezogen zu ermitteln, welche Risiken drohen, und dies in der Interessenabwägung19 zu berücksichtigen. 3. Problematisch ist einstweiliger Rechtsschutz ferner, wenn er auf den Willensbildungsprozess der GmbH einwirkt. Bei näherer Betrachtung war jedoch festzustellen, dass der Willensbildungsprozess als solcher einstweiligen Rechtsschutz nicht ausschließt. Eilrechtsschutz greift nicht in das Stimmrecht des Gesellschafters ein. Er verletzt weder die Stimmrechtsausübungsfreiheit noch das Abspaltungsverbot.20 Eilrechtsschutz verletzt ebensowenig die Verbandssouveränität der GmbH.21 Hinter der Willensbildung steht vielmehr „nur“ das Problem des Präjudiz- und evtl. des Erfüllungsverbots: Beeinflusst Eilrechtsschutz die Willensbildung, zieht er irreversible Folgen nach sich und erfüllt mitunter den Verfügungsanspruch.22 4. Die Rechtsprechung lehnt Leistungsverfügungen häufig unter Verweis auf das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs ab. Besonders der Blick auf die Gesellschafterbeschlussfassung und die Gesellschafterliste hat veranschaulicht, dass diese Voraussetzung Leistungsverfügungen in der Praxis mitunter kaum erreichbar macht.23 Das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs schließt Leistungsverfügungen jedoch weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen per se aus.24 Es handelt sich um eine Vorrangregelung. Es schließt Eilmaßnahmen nur insoweit aus, als eine andere, mindestens gleich geeignete Maßnahme offensteht. 5. Sogar ein unpassendes oder zu eng formuliertes Prozessrecht „sperrt“ Eilrechtsschutz nicht per se. Anschaulich zeigt sich dies an § 49 Abs. 1 FamFG, der die einstweilige Anordnung auf „vorläufige Maßnahme[n]“ beschränkt.25 Um materiellem Recht Geltung zu verschaffen, ist eine Rechtsfortbildung geboten. Das Prozessrecht dient hier als Werkzeug ohne Selbstzweck. Umgekehrt kann das Prozessrecht die Rechtsposition grundsätzlich nicht erweitern, da das materielle Recht die Eilmaßnahmen begrenzt (materielle Akzessorietät).26 6. Einstweiliger Rechtsschutz ist nur kategorisch ausgeschlossen, wenn der Gesetzgeber eine (verfassungskonforme) bewusste Entscheidung gegen einstweiligen Rechtsschutz getroffen hat. Insoweit enthält das GmbH-Recht erhebliche Unterschiede, sodass jeder Teilbereich einer gesonderten Prüfung bedarf. Ausweislich der Untersuchung zu § 51b GmbHG kann eine bindende Entscheidung gegen einstweiligen Rechtsschutz nicht schon darin gesehen werden, dass Eilrechtsschutz oder 19 20 21 22 23 24 25 26

Zur Interessenabwägung sogleich unter Kapitel 5 § 2 B. Dazu Kapitel 3 § 2 B. II. 1. Dazu Kapitel 3 § 2 B. II. 2. Dazu Kapitel 3 § 2 B. III. Dazu Kapitel 3 § 2 B. IV. und Kapitel 4 § 2 B. II und C. II. Dazu insbesondere Kapitel 4 § 2 B. II. und C. II. Dazu Kapitel 2 § 3 A., insbesondere unter V. Dazu Kapitel 2 § 4 A.

§ 2 Öffnung des einstweiligen Rechtsschutzes

263

ein bestimmtes Eilrechtsschutzregime unpassend erscheint.27 Ebensowenig genügt der Umstand, dass der Gesetzgeber ein beschleunigtes Hauptsacheverfahren konzipiert hat.28 Eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gegen einstweiligen Rechtsschutz kommt nur in Betracht, wenn eine Interimsregelung existiert, die die Rechtslage bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren regeln soll. Das haben die Untersuchungen zur Abberufung des Geschäftsführers erkennen lassen.29 Die Interimsregelungen sind wiederum zu untergliedern. Soweit eine Interimsregelung die vorläufige Rechtslage zwingend, d. h. abschließend bestimmt (vgl. § 84 Abs. 3 S. 4 AktG im Aktienrecht30), bleibt kein Raum für einstweiligen Rechtsschutz. Davon zu unterscheiden sind nicht abschließende Interimsregelungen (vgl. §§ 117, 127 HGB bei oHG und KG31). Sie geben die bis auf Weiteres geltende Rechtslage im Grundsatz vor, erlauben aber, dass einstweiliger Rechtsschutz eine abweichende Regelung trifft. Sie vermeiden einen von Rechtsunsicherheit geprägten Schwebezustand.32 Gleichzeitig regeln sie, wen die Last trifft, Eilrechtsschutz zu bemühen (samt Darlegungs- und Beweislast). Die Unterscheidung zwischen abschließenden und nicht abschließenden Interimsregelungen geschieht durch Auslegung. Eine nicht abschließende Interimsregelung findet sich für die Gesellschafterliste in § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG. Die Untersuchung des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG hat ergeben, dass er nicht darauf abzielt, einstweiligen Rechtsschutz für drei Jahre auszuschließen, sondern nur ein zusätzliches Schutzinstrument neben ihm bieten will.33 Zusammengefasst ist einstweiliger Rechtsschutz auch in riskanten Bereichen des GmbH-Rechts nicht kategorisch ausgeschlossen. Dies gilt sowohl für Eilrechtsschutz im Allgemeinen als auch für die Leistungsverfügung im Speziellen. Denkbar ist sowohl die vorzeitige Anspruchserfüllung (Erfüllungsverbot) als auch eine endgültige Wirkung (Präjudizverbot). Ausnahmsweise kann eine gesetztliche Interimsregelung einstweiligen Rechtsschutz ausschließen.

B. Niedrigere Anforderungen an die Leistungsverfügung? Ebenso umstritten sind die Voraussetzungen, unter denen Eilrechtsschutz die Hauptsache vorwegnehmen darf. Zunächst überrascht es, dass Rechtsprechung und Literatur überwiegend schon begrifflich nicht oder nicht trennscharf zwischen dem Erfüllungs- und dem Präjudizverbot unterscheiden. Erfüllungs- und Präjudizverbot

27 28 29 30 31 32 33

Dazu Kapitel 2 § 2 A. I. und B. Dazu Kapitel 2 § 2 A. I. und II. Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 4. Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. a) aa). Dazu Kapitel 3 § 3 A. II. 3. b) bb). Zum Schwebezustand vgl. Kapitel 4 § 3 A. II. 3. Insbesondere unter d) bb). Dazu Kapitel 4 § 1 B. II. insbesondere unter 1. und 2.

264

Kap. 5: Schlussfolgerungen für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht

sollen vor unterschiedlichen Risiken schützen, sodass auch unterschiedliche Anforderungen an ihre Ausnahmen bestehen.34 Die Untersuchung des Erfüllungs- und des Präjudizverbots gelangte zu dem Ergebnis, dass sich beide Verbote, anders als häufig dargestellt, nicht nur in Fällen von existenzieller Bedeutung überwinden lassen.35 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss effektiver Rechtsschutz – und damit erforderlichenfalls auch die Hauptsachevorwegnahme – möglich sein bei jeder drohenden, über den Randbereich hinausgehenden Rechtsverletzung, die nicht anders abgewendet und nicht rückgängig gemacht werden kann und der keine wichtigen, überwiegenden Interessen entgegenstehen. Überträgt man diese Rechtsprechung auf das GmbH-Recht, dehnt sich der Anwendungsbereich der Leistungsverfügung zunächst erheblich aus. Fehlt eine Information oder Eintragung in der Gesellschafterliste oder ist ein Ausschließungsbeschluss ungerechtfertigt, läuft vor allem das von Art. 14 GG geschützte Mitgliedschaftsrecht schnell Gefahr, ausgehöhlt zu werden oder ganz verloren zu gehen. Gleichzeitig wurde herausgearbeitet, dass diese Rechtsprechung trotzdem nicht Tür und Tor für einen inflationären Gebrauch der Leistungsverfügung öffnet. Der Gesellschafter hat weiterhin hohe Hürden zu überwinden.36 Allen voran hat er das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs einzuhalten, das ebenfalls in der Formel des Bundesverfassungsgerichts Ausdruck gefunden hat („nicht anders abgewendet […] werden kann“). Darüber hinaus kann die GmbH bei der Interessenabwägung ihren ebenfalls nach Art. 14 GG geschützten Betrieb in die Waagschale werfen („keine wichtigen, überwiegenden Interessen entgegenstehen“). Auch bei nicht existenziellen, aber über den Randbereich hinausgehenden Rechtsverletzungen erfolgt der Ausschluss der Leistungsverfügung also nicht kategorisch, sondern hängt stets vom Einzelfall ab. Keine Zustimmung verdient die herrschende Auffassung, ein auf die Willensbildung einwirkender einstweiliger Rechtsschutz stehe bereits offen, wenn eine „eindeutige Rechtslage“, d. h. ein „Verfügungsanspruch“, eindeutig bestehe.37 Sollte hier ein Verfügungsanspruch „eindeutig“ vorliegen (– was auch immer „eindeutig“ bedeutet –), kann damit (nur) manchmal ein Verfügungsgrund einhergehen. Der aus einem Stimmbindungsvertrag resultierende Verfügungsanspruch begründet insbesondere bei Nicht-Gesellschaftern jedoch nicht „automatisch“ einen Verfügungsgrund. Es darf nicht von vornherein auf die Prüfung des Verfügungsgrunds verzichtet werden. Dies ließe außer Acht, inwiefern etwaige Eilmaßnahmen irreversible Wirkungen nach sich ziehen. Zudem kommt milderen Rechtsbehelfen Vorrang zu.

34 Dazu Kapitel 2 § 3 A. IV. und V. Vgl. auch Kapitel 4 § 2 B. und C. (Listenkorrektur und Untersagung). 35 Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 4. c). 36 Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 4. c). 37 Dazu Kapitel 3 § 2.

§ 3 Herstellung eines interessengerechten Eilrechtsschutzes

265

§ 3 Herstellung eines interessengerechten Eilrechtsschutzes Korrelierend mit den Fragen, ob und unter welchen Vorausssetzungen einstweiliger Rechtsschutz offensteht, hat die Arbeit die Frage erörtert, wie die Risiken des „sperrigen“ GmbH-Rechts abzufedern sind, dass eine Verfestigung oder irreparabler Schaden droht. Die untersuchten Gebiete haben gezeigt, dass sich insbesondere drei Stellschrauben eignen, um die Risiken des summarischen Verfahrens zu reduzieren: Unter mehreren Eilmaßnahmen ist die mindestinvasive, geeignete Eilmaßnahme auszuwählen (A.). Innerhalb des statthaften Eilrechtsbehelfs sollte eine möglichst strenge Schlüssigkeitsprüfung durchgeführt werden (B.). Und um vor trotzdem verbleibenden Risiken zu schützen, bedarf es einer ergänzenden, qualifizierten Interessenabwägung. Darin spielt eine Rolle, ob sich Folgen rückabwickeln oder durch Schadensersatzansprüche kompensieren lassen (C.).

A. Inhaltliche Begrenzung von Eilmaßnahmen Die Risiken des summarischen Verfahrens im eingangs beschriebenen Spannungsfeld einzudämmen, beginnt damit, die Eilmaßnahmen auf das erforderliche Mindestmaß zu begrenzen. Dies betrifft die Auswahl und den Inhalt der Eilmaßnahme. Das Verbot der Hauptsachevorwegnahme wird oftmals in einem Atemzug mit dem Zweck genannt, die Risiken des summarischen Verfahrens zu verringern. Indes haben die vorstehenden Untersuchungen gezeigt, dass das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs das wirkungvollste Instrument darstellt, um die Risiken des summarischen Verfahrens so gering wie möglich zu halten.38 Das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs schließt nicht lediglich vorgreifliche oder irreversible Maßnahmen aus. Es gilt vielmehr für alle Arten von Eilmaßnahmen. Es schließt alle Eilmaßnahmen aus, die über das mildeste geeignete Mittel hinausgehen. Es greift also bereits „tiefer“ ein. Dadurch verringert das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs die drohenden Risiken des summarischen Verfahrens am wirkungsvollsten. Im GmbH-Recht trägt das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in besonderem Maße dazu bei, vor den Risiken des summarischen Verfahrens zu schützen. Hier steht der Rechtsschutzsuchende regelmäßig vor einem breiten Spektrum an Eilrechtsschutzmöglichkeiten.39 Das hat sich gleichermaßen beim Informationserzwingungsverfahren, beim Willensbildungsprozess und bei der Gesellschafterliste gezeigt. Dieses breite Spektrum bürdet dem Rechtsschutzsuchenden zwar das Risiko auf, einen falschen Eilrechtsbehelf zu wählen und (kostenpflichtig) abgewiesen zu 38 39

Vgl. dazu Kapitel 4 § 2 B. I. und II. Dazu etwa Kapitel 4 § 2 B. I. und II., C. II. und D.; vgl. Kapitel 3 § 2 und § 3.

266

Kap. 5: Schlussfolgerungen für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht

werden. Die möglichen Eilmaßnahmen schließen sich gegenseitig aus und stehen meist nicht in einem Stufenverhältnis zueinander.40 Die Vielfalt an Eilrechtsschutzmöglichkeiten ist allerdings trotzdem vorteilhaft, weil es eine Nuancierung bei der Auswahl der Eilrechtsschutzmaßnahme ermöglicht.41 Erfüllungs- und Präjudizverbot begrenzen die Risiken des summarischen Verfahrens auf eine andere Weise. Sie besitzen eine andere Aufgabe. Sie kommen als eine Art „zweiter Filter“ in den Fällen zur Anwendung, in denen kein milderes geeignetes Mittel zur Verfügung steht. Das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs vergleicht lediglich mehrere Lösungswege miteinander, setzt einer Eilmaßnahme aber keine absolute Grenze nach oben. Das Erfüllungs- und vor allem das Präjudizverbot hat demgegenüber die Aufgabe, vor (vermeintlichen) Extremfällen zu schützen. Sie machen vermeintlich besonders einschneidende Eilmaßnahmen nur unter zusätzlichen, qualifizierten Voraussetzungen zugänglich.42 Nicht zuletzt werden die Rechtsfolgen des einstweiligen Rechtsschutzes dadurch begrenzt, dass Eilmaßnahmen materiell-akzessorisch zum Verfügungsanspruch sind.43 Sie dürfen nicht über das hinausgehen, was der Hauptsacheanspruch gewährt. Erlaubt sind lediglich „Minus“- und in begrenztem Maße auch „Aliud“-Maßnahmen. Die soeben genannten Prinzipien haben gemein, dass sie nicht im Ermessen des Gerichts oder der Parteien stehen. Sie sind als Rechtsfragen zwingend, d. h. „automatisch“ zu beachten. Die Schlüssigkeitsprüfung schützt also nicht nur dadurch vor den Risiken des summarischen Verfahrens, dass sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientiert. Sie trägt zu diesem Schutz auch in besonderem Maße bei, indem sie die materielle Akzessorietät, das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs und das Erfüllungs- und Präjudizverbot prüft.

B. Flexibler Prüfungsmaßstab Innerhalb des einschlägigen Eilrechtsbehelfs ist dem Spannungsfeld zwischen GmbH-Recht und effektivem Rechtsschutz über den Prüfungsmaßstab Rechnung zu tragen. Zum einen gilt grundsätzlich die Schlüssigkeitsprüfung und kein offener Prüfungsmaßstab.44 Zum anderen ist die Prüfungsintensität entsprechend anzupassen (gradualisierter bzw. abgestufter Prüfungsmaßstab).45

40 41 42 43 44 45

Dazu etwa Kapitel 4 § 2 D. Vgl. etwa Kapitel 4 § 2 D., Kapitel 3 § 2 und § 3 sowie Kapitel 4 § 2 B. II. und C. II. Dazu Kapitel 2 § 3 A. IV. und V. 4. c). Zu den Voraussetzungen Kapitel 2 § 4 A und Kapitel 5 § 2 B. Dazu Kapitel 1 § 3 B. I. Dazu Kapitel 1 § 3 B. II.

§ 3 Herstellung eines interessengerechten Eilrechtsschutzes

267

Die Prüfungsintensität hängt einerseits von den betroffenen Rechten und Interessen und den drohenden Folgen ab, sodass – im GmbH-Recht regelmäßig – eine abschließende Prüfung erforderlich sein kann. Grundsätzlich gelten die niedrigeren Anforderungen des summarischen Verfahrens, die bei der Tatsachenprüfung Abstriche vorsehen. Je einschneidender die Folgen sind, die dem Verfügungsbeklagten durch ungerechtfertigten Eilrechtsschutz oder dem Verfügungskläger durch die ungerechtfertigte Ablehnung des Eilrechtsschutzes drohen, desto genauer sind Sachund Rechtslage zu prüfen. Wenn Eilrechtsschutz zu einem Eingriff führt, der über den Randbereich hinausgeht und insbesondere das Erfüllungs- oder das Präjudizverbot überschreitet, sind Sach- und Rechtslage grundsätzlich abschließend zu prüfen.46 Andererseits hat die Prüfungsintensität die zur Verfügung stehenden Zeit zu berücksichtigen. Lassen sich Sachverhalts- oder Rechtsfragen nicht vollständig aufklären, weil nicht genügend Zeit zur Verfügung steht, wäre es nicht sachgerecht, einstweiligen Rechtsschutz per se abzulehnen.47 Vorzugswürdig erscheint es, die Eilrechtsschutzgewährung vom Einzelfall abhängig zu machen.48 Die Lösung hat sich auch weiterhin möglichst nah an der Hauptsache zu orientieren. Soweit die vorhandene Zeit nicht genügt, sollen Tatsachen- und Rechtsprüfung zunächst lediglich weniger streng verlaufen. Angezeigt ist dies aber nur bei „offenen“ Tatsachen, also solchen, die eine Partei für wahrscheinlich/möglich hält oder in Streit stehen und die sie in der Kürze der Zeit nicht ermitteln, für sich verifizieren oder gegenüber dem Gericht nachweisen kann.49 Problematisch sind ferner komplexe, zeitaufwändige Rechtsfragen. Nur wenn auch der gradualisierte, gelockerte Prüfungsmaßstab nicht zu einem Ergebnis führt oder unzumutbare Risiken birgt, ist es gerechtfertigt, die Schlüssigkeitsprüfung teilweise durch eine Interessenabwägung zu ersetzen.50 Dabei ist es nicht geboten oder zielführend, die gesamte Schlüssigkeitsprüfung durch eine Interessenabwägung auszutauschen. Von der Schlüssigkeitsprüfung darf vielmehr nur abgesehen werden, wenn es allein von der offenen Tatsachen- oder Rechtsfrage abhängt, ob einstweiliger Rechtsschutz angeordnet oder abgelehnt wird. Das Gericht hat die übrigen Voraussetzungen so weit wie möglich zu prüfen. Andernfalls würde die Interessenabwägung negierte Tatbestandsvoraussetzungen überlagern. Dadurch senkte sie die Richtigkeitsgewähr des einstweiligen Rechtsschutzes.

46 47 48 49 50

Dazu Kapitel 1 § 3 B. I., II. und Kapitel 2 § 3 C. I. Dazu Kapitel 1 § 3 A. und B. II. Dazu Kapitel 1 § 3 B. II. Dazu Kapitel 1 § 3 B. II. Dazu Kapitel 1 § 3 B. II. und Kapitel 2 § 3 C. 2.

268

Kap. 5: Schlussfolgerungen für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht

C. Interessenabwägung Die Auswahl der richtigen Eilmaßnahme und die Anwendung des richtigen Prüfungsmaßstabs genügt nicht, um im einleitend beschriebenen Spannungsfeld einen adäquaten Ausgleich zu finden. Nachdem Sach- und Rechtslage geprüft wurden, bedarf es ergänzend einer gesonderten Interessenabwägung. Es handelt sich um eine Kontrollfrage, um die Restrisiken des summarischen Verfahrens zu berücksichtigen. Erst die Interessenabwägung als eine wertungsbezogene, fließende Voraussetzung ermöglicht es, die Risiken des summarischen Verfahrens in all ihren Facetten in die Prüfung des Eilrechtsschutzes einzubeziehen.51 Sie hat insbesondere abzuwägen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein ungerechtfertigtes Urteil ergeht. In die Abwägung einzustellen ist ferner, welche Rechte und Interessen der Parteien betroffen sind und welcher Schaden den Parteien jeweils bei ungerechtfertigtem Unterliegen droht. Hinsichtlich des Schadens ist nicht nur zu prognostizieren, ob und in welcher Höhe ein Schaden entsteht, sondern es ist auch zu berücksichtigen, ob sich der Schaden rückgängig machen oder hilfsweise (rechtlich und praktisch) durch einen Schadensersatzanspruch (z. B. § 945 ZPO) kompensieren lässt. Insofern bedarf Eilrechtsschutz eine Einzelfallbetrachtung. Die einzelnen Gebiete des GmbHRechts unterscheiden sich insofern erheblich. Beispielsweise fällt bei der Informationsanordnung nach § 51a GmbHG ins Gewicht, dass eine Rückabwicklung oder Schadenskompensation – ungeachtet des fehlenden § 945 ZPO – nicht realistisch ist. Bei einer einstweiligen Verfügung, die eine Stimmbindung durchsetzen oder die Veräußerung eines Anteils verhindern soll, wäre demgegenüber zu prüfen, welche Folgen durch die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte drohen. Indes darf die gesonderte Interessenabwägung nur dazu dienen, das dem summarischen Verfahren verbleibende Restrisiko aufzufangen.52 Sie darf die Schlüssigkeitsprüfung nicht „verwässern“. In Fällen, in denen bei Gewährung von Eilrechtsschutz eine über den Randbereich hinausgehende Rechtsverletzung droht, gehorcht die Interessenabwägung besonderen Regeln. Dies betrifft also insbesondere die Fälle des Erfüllungs- und des Präjudizverbots, die im GmbH-Recht regelmäßig vorkommen. Es genügt allerdings nicht, dass die Interessen beider Parteien gegeneinander aufgewogen werden. Es handelt sich um eine qualifizierte Interessenabwägung. Liegen die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Leistungsverfügung vor, scheitert die Leistungsverfügung nur dann an der Interessenabwägung, wenn überwiegende, besonders wichtige Gründe entgegenstehen.53 Damit enthält sie zum einen ein relatives Element („überwiegende […] Gründe“). Im Grundsatz – d. h. auch bei ausgeglichener Interessenlage – bleibt der Eilrechtsschutz offen. Entgegen einer vorausgegangenen Sach- und Rechtsprüfung kann die qualifizierte Interessenab51 52 53

Dazu Kapitel 2 § 3 C. I. 2. Dazu Kapitel 2 § 3 C. I. 2. Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 4. c) und C. I. 2.

§ 4 Kritik und Ausblick

269

wägung den einstweiligen Rechtsschutz nur scheitern lassen, wenn die Interessen des Verfügungsbeklagten die des Verfügungsklägers (positiv) überwiegen. Zum anderen weist die qualifizierte Interessenabwägung ein absolutes Element auf („besonders wichtige Gründe“). Demnach scheitert Eilrechtsschutz nicht bereits dann, wenn die Interessen des Verfügungsbeklagten die des Verfügungsklägers überwiegen. Hinzukommen muss vielmehr, dass es sich bei den betroffenen Interessen zudem um besonders wichtige Gründe handelt. Sie müssen also eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Andernfalls würde eine Interessenabwägung die weitestmöglich an Sach- und Rechtslage orientierte Eilentscheidung verwässern und damit dem Schutz vor Risiken des summarischen Verfahren zuwiderlaufen. Die Interessenabwägung ist die Rückkopplung zu den konkreten, durch das summarische Verfahren drohenden Nachteilen. Während einstweiliger Rechtsschutz, insbesondere die Leistungsverfügung, nach den obigen Ausführungen prinzipiell einen weiten Anwendungsbereich hat, schränkt die Interessenabwägung den Anwendungsbereich tatsächlich nochmal erheblich ein.54 Zudem korrespondiert die qualifizierte Interessenabwägung mit den Risiken des summarischen Verfahrens. Je größer die nach der Schlüssigkeitsprüfung verbleibenden Risiken sind, umso mehr fallen sie in der Interessenabwägung ins Gewicht und desto eher kann die qualifizierte Interessenabwägung die Schlüssigkeitsprüfung überlagern.

§ 4 Kritik und Ausblick Hat man die soeben dargestellte mehrgliedrige und flexible Lösung mit Blick auf das eingangs erläuterte Spannungsfeld zu bewerten, so fällt zuerst ihre Komplexität ins Auge. Dennoch handelt es sich nach vorliegender Auffassung um die geeignetste Lösung. Ihr gelingt es am weitesten, beim Eilrechtsschutz im GmbH-Recht zwischen den Interessen beider Parteien zu vermitteln. Diese Lösung verdient gegenüber „einfachen“ Lösungen (z. B. kategorischer Ausschluss des einstweiligen Rechtsschutzes oder überschießende Rechtsfortbildung) den Vorzug, weil das komplexe bzw. flexible Prüfungssystem nur die notwendige Kehrseite bildet, um den aus dem Spannungsfeld von GmbH-Recht und Eilrechtsschutz resultierenden, ebenso komplexen Sachverhaltsvarianten gerecht zu werden. Es gewährleistet beiden Seiten den effektiven, erforderlichenfalls maximalen Rechtsschutz, ohne dabei die Nachteile der jeweils andere Seite aus den Augen zu verlieren. Vor diesem Hintergrund ist mit Rechtsfortbildungen bei Eilrechtsschutz im GmbH-Recht restriktiv umzugehen und zuerst nach „kleinen Lösungen“ zu suchen.55 Die Untersuchung hat gezeigt, dass die in der Praxis aufgekommenen Rechtsfortbildungen mitunter nicht oder nur eingeschränkt gerechtfertigt sind. Nicht selten 54 55

Dazu Kapitel 2 § 3 A. V. 4. und B. Vgl. dazu etwa Kapitel 2 § 2 B. V. 2. und Kapitel § 3 A II. 3. e).

270

Kap. 5: Schlussfolgerungen für den einstweiligen Rechtsschutz im GmbH-Recht

stellt bereits das Gesetz das für den effektiven Rechtsschutz erforderliche Rüstzeug bereit. Über die Einzelheiten des einstweiligen Rechtsschutzes, insbesondere die Voraussetzungen und die dogmatischen Hintergründe der Leistungsverfügung, wird bereits seit Einführung der CPO gestritten. Da sich der Gesetzgeber noch nicht zum Eingreifen veranlasst sah, dürfte auch in näherer Zukunft nicht davon auszugehen sein, dass er an den grundlegenden Regeln der §§ 935 ff. ZPO oder der §§ 49 ff. FamFG rüttelt. Sollte der Gesetzgeber doch aktiv werden, wäre es vorrangig wünschenswert, die Zulässigkeit von Leistungsverfügung und Leistungsanordnung und damit verbunden möglichst trennscharfe Voraussetzungen zu normieren. Einstweiligen Rechtsschutz jeweils in den konkreten Sachgebieten zu regeln, dürfte indes nur vereinzelt und nur bei vorsichtigem Vorgehen gewinnbringend sein. Neuregelungen zu einstweiligem Rechtsschutz begrenzen sich derweil meist auf spezielle, häufig auf Grundlage von EU-Richtlinien reformierte Rechtsgebiete (z. B. Geistes Eigentum), die für besondere rechtstatsächliche Probleme besondere Lösungen benötigen. Für Rückschlüsse auf einstweiligen Rechtsschutz in anderen Gebieten geben die Neuregelungen hingegen Rätsel auf. Auch wären spezielle Regelungen im Gesellschaftsrecht nur in wenigen, geeigneten Fällen hilfreich. So besteht bei der einstweiligen Verfügung auf Widerspruchszuordnung (§ 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG) gerade die Besonderheit, dass es sich einerseits um ein äußerst wirkungsvolles Instrument handelt, da der wahre Gesellschafter bei berechtigtem Widerspruch umfassend vor gutgläubigem Erwerb geschützt wird, und andererseits aus dem summarischen Verfahren kein Schaden zu resultieren droht, weil bei unberechtigtem Widerspruch der wahre Gesellschafter weiter als Berechtigter über seinen Anteil verfügen und als Listengesellschafter die damit verbundenen Rechte ausüben kann. Diese „eine“ vermittelnde Lösung, die maximale Schutzwirkkung bei minimaler Gefahr gewährt, lässt sich in den meisten Bereichen des GmbH-Rechts dagegen nicht finden. Und sogar bei der einstweiligen Verfügung auf Widerspruchszuordnung zeigt sich die „Nebenwirkung“, dass sie mit dem Schutzinstrument der Karenzzeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 GmbHG interferiert. Der größtmögliche Ausgleich zwischen den Gläubiger- und den Schuldnerinteressen lässt sich in dem eingangs beschriebenen Spannungsfeld zwischen GmbH-Recht und Eilrechtsschutz nach alledem über ein mehrgliedriges, bewegliches, wenn auch komplexes System erreichen.

Literaturverzeichnis Assmann, Dorothea, Die Vormerkung, Tübingen, 1998 (zit.: Assmann, Vormerkung). Back, Matthias, Verfahrensbeschleunigung durch Zuweisung von Leistungsklagen in den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit? Eine Kritik des Auskunftserzwingungsverfahrens nach geltendem Aktien- und GmbH-Recht, 2. Aufl., Hamburg, 1986 (zit.: Back, Verfahrensbeschleunigung). Bartl, Harald/Bartl, Angela/Beine, Klaus/Koch, Detlef/Schlarb, Eberhard/Schmitt, Michaela, GmbH-Recht, München, 8. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: BBBKSS). Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus J., Handelsgesetzbuch mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bank- und Börsenrecht, Transportrecht (ohne Seerecht), München, 39. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Baumbach/Hopt). Baumbach, Adolf/Hueck, Alfred, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, München, 22. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: Baumbach/Hueck). Baumbach, Adolf/Lauterbach, Wolfgang, Zivilprozessordnung mit FamFG, GVG und anderen Nebengesetzen, München, 79. Aufl. 2021 (zit.: Bearbeiter, in: Baumbach/Lauterbach). Baur, Fritz, Studien zum einstweiligen Rechtsschutz, Tübingen, 1967 (zit.: Baur, Studien). Bayer, Walter, Zum Stimmverbot des Betroffenen bei Beschlussfassungen „aus wichtigem Grund“, GmbHR 2017, S. 665 – 670. Berg, Cai, Der Direktanspruch des Veräußerers gegen den Geschäftsführer im Rahmen von M&A-Transaktionen, NZG 2008, S. 641 – 645. Bergbach, Holger, Anteilseigentum, Jena, 2010 (zit.: Bergbach, in: Anteilseigentum). Bernauer, Eva-Maria/Bernauer, Michael, Praktische Fragen zum Widerspruch gegen die Gesellschafterliste, GmbHR 2016, S. 621 – 627. Beyer, Thomas C. W., Vorbeugender Rechtsschutz gegen die Beschlußfassung der GmbHGesellschafterversammlung, GmbHR 2001, S. 467 – 471. von Bitter, Christian, Das Informationsrecht der GmbH-Gesellschafter in §§ 51a, 51b GmbHG, ZIP 1981, S. 825 – 832. Bohrer, Michael, Inhalt und Funktion der Gesellschafterliste – weitere Bemerkungen zum Vertrauensschutzkonzept des GmbH-Gesetzes, DStR 2010, S. 1892 – 1896. Bonner Kommentar zum Grundgesetz, hrsg. v. Wolfgang Kahl, Christian Waldhoff und Christian Walter, München, 188. Aktualisierung Dezember 2017 (zit.: Bearbeiter, in: BonnKommGG). Bork, Reinhard/Jacoby, Florian/Schwab, Dieter, FamFG, Kommentar zum Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Bielefeld, 3. Aufl. 2018 (zit.: Bearbeiter, in: Bork/Jacoby/Schwab).

272

Literaturverzeichnis

Bork, Reinhard/Schäfer, Carsten, GmbHG, Köln, 4. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: Bork/ Schäfer). Bornhorst, Ralf, Die einstweilige Verfügung zur Sicherung von Herausgabeansprüchen, WM 1998, S. 1668 – 1673. Bremer, Jürgen, Herausgabe von Informationen im Rahmen einer Due Diligence, GmbHR 2000, S. 176 – 180. Buchta, Jens, Einstweiliger Rechtsschutz gegen Fassung und Ausführung von Gesellschafterbeschlüssen, DB 2008, S. 913. Bumiller, Ursula/Harders, Dirk/Schwamb, Werner, FamFG, München, 12. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: Bumiller/Harders/Schwamb). Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 2. Aufl., Köln, 1969 (zit.: Bearbeiter, in: Refernentenentwurf). Carl, Hermann, Anmerkung zu OLG Stuttgart, 3. 12. 1934 – 4 U 722/34, JW 1935, S. 1585. Christl, Gerhard, Einstweilige Anordnungen nach dem FamFG – Risiken und Strategien, NJW 2012, S. 3334 – 3338. Cranshaw, Friedrich L., Unabhängigkeit des außerordentlichen Informationsrechts des Kommanditisten (§ 166 Abs. 3 HGB) von dem Recht gemäß § 166 Abs. 1 HGB – Anmerkung zu BGH 2. Zivilsenat, Beschluss vom 14. 06. 2016 – II ZB 10/15, jurisPR-HaGesR 11/2016 Anm. 3. Damm, Matthias, Die GmbH-Gesellschafterliste acht Jahre nach dem MoMiG, BWNotZ 2017, S. 2 – 14. Damm, Reinhard, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, ZHR 154 (1990), S. 413 – 442. Deckers, Stefan, Zur Verfahrensgestaltung im Fall kumulativer Rechtswegzuständigkeit, ZZP 110 (1997), S. 341 – 351. Dittert, Christian, Einstweiliger Rechtsschutz gegen falsche GmbH-Gesellschafterliste, NZG 2015, S. 221 – 224. Dreier, Horst, Grundgesetz, Tübingen, 3. Aufl. 2013 (zit.: Bearbeiter, in: Dreier). Dreier, Thomas/Schulze, Gernot, Urheberrechtsgesetz, Urheberrechtswahrnehmungsgesetz, Kunsturhebergesetz, Kommentar, München, 6. Aufl. 2018 (zit.: Bearbeiter, in: Dreier/ Schulze, UrhG). Ebenroth, Carsten Thomas/Boujong, Karlheinz/Joost, Detlev/Strohn, Lutz, Handelsgesetzbuch, München, Band I, §§ 1 – 342e, 4. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: EBJS). Eckebrecht, Marc/Große-Boymann, Tamara/Gutjahr, Jens/Paul, Voila/Schael, Wolfgang/ Swieykowski-Trzaska, Werra Katharina von/Weidemann, Ines, Verfahrenshandbuch Familiensachen, München, 2. Aufl. 2010 (zit.: Bearbeiter, in: Verfahrenshandbuch Familiensachen). Eder, Karl, Die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers, GmbHR 1962, S. 22 – 24. Eidenmüller, Horst, Die GmbH im Wettbewerb der Rechtsformen, ZGR 2007, S. 168 – 211. van Els, Hans, Der verbesserte vorläufige Rechtsschutz, ZKJ 2009, S. 339 – 343.

Literaturverzeichnis

273

van Els, Hans, Anmerkung zum Beschluss des OLG Jena v. 7. 1. 2009 – 1 WF 473/08, FamRZ 2010, S. 142. Emde, Raimond, Einstweiliger Rechtsschutz im Auskunftserzwingungsverfahren nach §§ 51a, 51b GmbHG, ZIP 2001, S. 820 – 824. Engelhardt, Clemens, Gesellschafterbeschluss zur Durchführung einer Due Diligence, GmbHR 2009, S. 237 – 243. Ensenbach, Kai, Das Stimmrecht des Gesellschafters bei seiner Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund, GmbHR 2016, S. 8 – 14. Ensthaler, Jürgen/Füller, Jens Thomas/Schmidt, Burkhard, Kommentar zum GmbH-Gesetz, Köln, 2. Aufl. 2010 (zit: Bearbeiter, in: E/B/S, GmbHG). Epping, Volker/Hillgruber, Christian, BeckOK Grundgesetz, München, 46. Edition, Stand: 15. 2. 2021 (zit.: Bearbeiter, in: BeckOK-GG). Fest, Timo, Einstweilige Anordnung in Unterhaltssachen – Beibringungsgrundsatz und verfahrensrechtliche Auskunftspflicht, NJW 2012, S. 428 – 432. Finger, Peter, Einstweilige Anordnungen nach §§ 49 ff. FamFG, MDR 2012, S. 1196 – 1203. Fischer, Robert, Die personalistische GmbH als rechtspolitisches Problem, in: Aktuelle Probleme aus dem Gesellschaftsrecht und anderen Rechtsgebieten, Festschrift für Walter Schmidt zum 70. Geburtstag am 18. Dezember 1959, hrsg. v. Benvenuto Samson, Berlin, 1959 (zit.: Bearbeiter, in: FS Walter Schmidt). Fischer, Sebastian, Der Rechtsstreit über die Abberufung des GmbH-Geschäftsführers, BB 2013, S. 2819 – 2827. Fischer, Sebastian, Die Gesellschafterliste der GmbH im einstweiligen Rechtsschutz, GmbHR 2018, S. 1257 – 1263. Fleck, Hans-Joachim, Zur Abberufung des GmbH-Geschäftsführers, GmbHR 1970, S. 221 – 229. Fleck, Hans-Joachim, Das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer in der Rechtsprechung des BGH, WM 1981, S. Sonderbeilage S. 3 – 23. Fleck, Hans-Joachim, Schuldrechtliche Verpflichtungen einer GmbH im Entscheidungsbereich der Gesellschafter, ZGR 1988, S. 104 – 139. Fleddermann, Gerhard, Der Referentenentwurf eines GmbHG, GmbHR 1969, S. 97 – 103. Fleischer, Holger, Bestellungsdauer und Widerruf der Bestellung von Vorstandsmitgliedern im in- und ausländischen Aktienrecht, AG 2006, S. 429 – 442. Fluck, Bernd, (Kein) Vorläufiger Rechtsschutz bei Einziehung aller Geschäftsanteile des Mehrheitsgesellschafters – Zugleich Anmerkungen zu den Entscheidungen des KG Berlin vom 24. 8. 2015 – 23 U 20/15 sowie vom 10. 12. 2015 – 23 U 99/15, GmbHR 2017, S. 67 – 73. Gansen, Georg, Zum Schutzgesetzcharakter des § 51a GmbHG (Auskunfts- und Einsichtsrecht des Gesellschafters), GmbHR 1987, S. 458 – 463. Gaul, Hans Friedhelm, Die Entwicklung des einstweiligen Rechtsschutzes in Familien- und insbesondere in Unterhaltssachen, FamRZ 2003, S. 1137 – 1153.

274

Literaturverzeichnis

Gehrlein, Markus/Born, Manfred/Simon, Stefan, GmbHG, Köln, 4. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: G/B/S). Geidel, Doreen Annette/Lange, Florian, Umfang und Durchsetzung des Informationsanspruchs des GmbH-Gesellschafters zur Durchführung einer Due Diligence, GmbHR 2015, S. 852 – 857. Gerkan, Hartwin von, Gesellschafterbeschlüsse, Ausübung des Stimmrechts und einstweiliger Rechtsschutz, ZGR 1985, S. 167 – 190. Geßler, Ernst, Die Reform des GmbH-Rechts, BB 1969, S. 589 – 595. Gießler, Hans/Soyka, Jürgen, Vorläufiger Rechtsschutz in Familiensachen, 6. Aufl., München, 2015 (zit.: Gießler/Soyka, Vorläufiger Rechtsschutz). Goette, Wulf, GmbH: Treuepflichtverstoß bei Abberufung eines Mitgesellschafters als Geschäftsführer, DStR 1994, S. 215 – 216. Göppert, Heinrich, Ist die Vorschrift der C.P.O. § 809 Abs. 2 auf einstweilige Verfügungen anwendbar?, GruchBeitr 38 (1894), S. 838 – 854. Gottschalk, Eckart, Neue Regelungen für die Gesellschafterliste und die Geschäftsanteile sowie der gutgläubige Erwerb von Geschäftsanteilen nach dem MoMiG – Folgen für die GmbHBeratung, DZWIR 2009, S. 45 – 52. Götze, Cornelius, Auskunftserteilung durch GmbH-Geschäftsführer im Rahmen der Due Diligence beim Beteiligungserwerb, ZGR 1999, S. 202 – 233. Götze, Cornelius/Bressler, Stefan, Praxisfragen der Gesellschafterliste und des gutgläubigen Erwerbs von Geschäftsanteilen nach dem MoMiG, NZG 2009, S. 894 – 899. Grumann, Marc-Olaf/Gillmann, Michael, Abberufung und Kündigung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft, DB 2003, S. 770 – 775. Grunewald, Barbara, Einsichts- und Auskunftsrecht des GmbH-Gesellschafters nach neuem Recht, ZHR 146 (1982), S. 211 – 237. Grunewald, Barbara, Die Abberufung von Gesellschaftergeschäftsführern in der GmbH, in: Festschrift für Wolfang Zöllner – Zum 70. Geburtstag, Band I, hrsg. v. Manfred Lieb, Ulrich Noack und Harm Peter Westermann, Köln, Berlin, Bonn, München, 1998 (zit.: Bearbeiter, in: FS Zöllner). Gustavus, Eckhart, Das Informationserzwingungsverfahren nach § 51b GmbHG in der Praxis, GmbHR 1989, S. 181 – 187. Haase, Karsten, Mehr Rechtsschutz und Rechtssicherheit für den betroffenen GesellschafterGeschäftsführer, BB 2017, S. 1807. Habersack, Mathias/Casper, Matthias/Löbbe, Marc, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) – Großkommentar, Tübingen, Band I. §§ 1 – 28, 3. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: H/C/L). Habersack, Mathias/Henssler, Martin, Mitbestimmungsrecht, München, 4. Aufl. 2018 (zit.: Bearbeiter, in Habersack/Henssler). Hahn, Carl, Die gesamten Materialien zur Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30. Januar 1877, Berlin, 1880 (zit.: Hahn, Materialien zur Civilprozeßordnung).

Literaturverzeichnis

275

Hahne, Meo-Micaela/Schlögel, Jürgen/Schlünder, Rolf, Beck’scher Online-Kommentar FamFG, München, 37. Edition, Stand: 1. 1. 2021 (zit.: Bearbeiter, in: BeckOK-FamFG). Handelsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins, Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), NZG 2007, S. 735 – 743. Harbarth, Stephan, Gutgläubiger Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen nach dem MoMiGRegE, ZIP 2008, S. 57 – 64. Hasselmann, Cord-Georg, Die Gesellschafterliste nach § 40 GmbHG: Erstellung und Einreichung durch Geschäftsführer und Notare, NZG 2009, S. 489 – 493. Hasselmann, Cord-Georg, Die Gesellschafterliste nach dem MoMiG – Überblick und Gesellschaftsgründung, NZG 2009, S. 409 – 415. Haußleiter, Martin, FamFG, Kommentar, München, 2. Aufl. 2017 (zit.: Bearbeiter, in: Haußleiter). Heidel, Thomas/Schall, Alexander, Handelsgesetzbuch, Handkommentar, Baden-Baden, 3. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Heidel/Schall). Heinze, Meinhard, Einstweiliger Rechtsschutz in aktienrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsverfahren, ZGR 1979, S. 293 – 333. Heinze, Meinhard, Die Leistungsverfügung, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, hrsg. v. Claus-Wilhelm Canaris, Andreas Heldrich, Klaus J. Hopt, Claus Roxin, Karsten Schmidt und Gunter Widmaier, Band III – Zivilprozeß, Insolvenz, Öffentliches Recht, München, 2000 (zit.: Bearbeiter, in: FS 50 Jahre BGH). Henssler, Martin/Strohn, Lutz, München, 5. Aufl. 2021 (zit.: Bearbeiter, in: Henssler/Strohn). Herfs, Achim, Einwirkung Dritter auf den Willensbildungsprozess der GmbH, Baden-Baden, 1994 (zit.: Herfs, Einwirkungen Dritter auf den Willensbildungsprozess der GmbH. Hoffmann, Helmut, Die Entwicklung des Internet-Rechts bis Mitte 2009, NJW 2009, S. 2649 – 2655. Höhne, Michael, Anmerkung zur Entscheidung des KG Berlin, Beschluss vom 13. 08. 2019 (2 W 22/19) – Zur Hauptsacheklage für eine auf Zuordnung eines Widerspruchs zu einer Gesellschafterliste gerichteten einstweiligen Verfügung, WuB 2020, S. 79 – 82. Hommelhoff, Peter, Zum vorläufigen Bestand fehlerhafter Strukturänderungen in Kapitalgesellschaften, ZHR 154 (1994), S. 11 – 34. Horndasch, K.-Peter/Viefhues, Wolfram, Kommentar zum Familienverfahrensrecht, Münster, 3. Aufl. 2014 (zit.: Bearbeiter, in: Horndasch/Viefhues). Hüffer, Uwe, Beschlußmängel im Aktienrecht und im Recht der GmbH, ZGR 2001, S. 833 – 874. Hüffer, Uwe/Koch, Jens, Aktiengesetz, München, 14. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Hüffer/ Koch). Ingerl, Reinhard/Rohnke, Christian, Markengesetz, München, 3. Aufl. 2010 (zit.: Bearbeiter, in: Ingerl/Rohnke, MarkenG). Jänig, Ronny/Leißring, Fabian, FamFG: Neues Verfahrensrecht für Streitigkeiten in AG und GmbH, ZIP 2010, S. 110 – 119.

276

Literaturverzeichnis

Janzen, Dietmar, Vorzeitige Beendigung von Vorstandsamt und –vertrag, NZG 2003, S. 468 – 475. Jarass, Hans/Pieroth, Bodo, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, München, 16. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Jarass/Pieroth). Jauernig, Othmar, Der zulässige Inhalt einstweiliger Verfügungen, ZZP 79 (1966), S. 321 – 347. Johannsen, Kurt/Henrich, Dieter, Familienrecht – Scheidung, Unterhalt, Verfahren, München, 7. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Johannsen/Henrich). Keidel, Theodor, hrsg. v. Helmut Engelhardt und Werner Sternal, FamFG – Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, München, 20. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Keidel). Kemper, Rainer/Schreiber, Klaus, Familienverfahrensrecht, Handkommentar, Baden-Baden, 3. Aufl. 2015 (zit.: Bearbeiter, in: Kemper/Schreiber). Kiethe, Kurt, Einstweilige Verfügung und Stimmrechtsausübung im Gesellschaftsrecht, DStR 1993, S. 609 – 612. Kleier, Ulrich, Sicherung von Herausgabeansprüchen, MDR 1984, S. 370 – 371. Kleinfeller, Georg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, Berlin, 1925 (zit.: Kleinfeller, Zivilprozeßrecht). Klingen, Sebastian/Sprado, Christopher, Das Recht auf Durchführung einer Due Diligence zum Zwecke des Verkaufs von GmbH-Geschäftsanteilen, KSzW 2016, S. 24 – 30. Kohler, Jürgen, Feststellende einstweilige Verfügungen?, ZZP 184 (1990), S. 184 – 208. Köhler, Wolfgang/Luthin, Horst/Koch, Elisabeth, Handbuch des Unterhaltsrechts, München, 13. Aufl. 2017 (zit.: Bearbeiter, in: K/L/K, Unterhaltsrecht). Koller, Ingo/Kindler, Peter/Roth, Wulf-Henning/Morck, Winfried, Handelsgesetzbuch, Kommentar, München, 9. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: KKRM). Körber, Torsten, Geschäftsleitung der Zielgesellschaft und due diligence bei Paketerwerb und Unternehmenskauf, NZG 2002, S. 263 – 272. Kornblum, Udo, Bundesweite Rechtstatsachen zum Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Stand: 1. 1. 2017), GmbHR 2017, S. 739 – 748. Kort, Michael, Keine förmliche Feststellung des Abstimmungsergebnisses, wenn notarielles Protokoll ohne Beschlußergebnis nur das Abstimmungsverhalten der Gesellschafter der GmbH beurkundet, EWiR 1994, S. 885 – 886. Kort, Michael, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen im Kapitalgesellschaftsrecht, München, 1998 (zit.: Bearbeiter, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen). Kort, Michael, Offene Fragen zu Gesellschafterliste, Gesellschafterstellung und gutgläubigem Anteilserwerb (§§ 40 und 16 GmbHG n. F.), GmbHR 2009, S. 169 – 176. Kreklau, Jan, Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers der GmbH – Problem auch für jeden Investor?, GmbHR 2007, S. 365 – 369. Krieger, Gerd, Fehlerhafte Satzungsänderungen: Fallgruppen und Bestandskraft, ZHR 154 (1994), S. 35 – 58.

Literaturverzeichnis

277

Krömker, Michael, Der Anspruch des Paketaktionärs auf Informationsoffenbarung zum Zwecke der Due Diligence, NZG 2003, S. 418 – 424. Leipold, Dieter, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes, München, 1971 (zit.: Leipold, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes). Liebscher, Thomas/Alles, Matthias, Einstweiliger Rechtsschutz im GmbH-Recht, ZIP 2015, S. 1 – 10. Liebscher, Thomas/Goette, Constantin, Korrektur einer von einem Notar eingereichten Gesellschafterliste, DStR 2010, S. 2038 – 2044. Lieder, Jan, Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Gesellschafterliste, GmbHR 2016, S. 271 – 279. Lieder, Jan, Rechtsschutz gegen die GmbHR 2016, S. 189 – 199.

Gesellschafterliste

im

Hauptsacheverfahren,

Lieder, Jan/Becker, Marcus, Gesellschafterliste und Zwangseinziehung – Zugleich Besprechung des BGH-Urteils v. 20. 11. 2018 – II ZR 12/17, GmbHR 2019, 335, GmbHR 2019, S. 441 – 449. Lieder, Jan/Ringlage, Philipp, Kein Sonderrecht der zweigliedrigen GmbH!, GmbHR 2017, S. 1065 – 1074. Liese, Jens, Die Offenlegung vertraulicher Berträge in Due Diligence-Verfahren, DB 2010, S. 1806 – 1811. Limbach, Jutta, Nochmals: Zur Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG, GmbHR 1968, S. 181 – 182. Littbarski, Sigurd, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, München, 1996 (zit.: Bearbeiter, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht). Löbbe, Marc, Die GmbH-Gesellschafterliste – Eine Bestandsaufnahme sieben Jahre nach dem MoMiG, in: Aktuelle gesellschaftsrechtliche Herausforderungen, Symposium des Instituts für Notarrecht an der Universität Würzburg, 2015, Bonn, 2016 (zit.: Bearbeiter, in: Aktuelle gesellschaftsrechtliche Herausforderungen). Löhnig, Martin/Heiß, Georg, Die Neuregelung des einstweiligen Rechtsschutzes nach dem FamFG – die einstweilige Anordnung nach §§ 49 ff. FamFG, FamRZ 2009, S. 1101 – 1184. Lutter, Marcus, Theorie der Mitgliedschaft – Prolegomena zu einem Allgemeinen Teil des Korporationsrechts, AcP 180 (1980), S. 84 – 159. Lutter, Marcus, Zum Informationsrecht des Gesellschafters nach neuem GmbH-Recht, ZGR 1982, S. 1 – 14. Lutter, Marcus, Due diligence des Erwerbers beim Kauf einer Beteiligung, ZIP 1997, S. 613 – 620. Lutter, Marcus, Fehler schaffen neue Fehler – Gegen die Divergenztheorie bei § 5 Abs. 3 und § 34 GmbHG, GmbHR 2010, S. 1177 – 1180. Lutter, Marcus/Hommelhoff, Peter, GmbH-Gesetz, Köln, 20. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Lutter/Hommelhoff). Lutz, Reinhard, Einstweiliger Rechtsschutz bei Gesellschafterstreit in der GmbH, BB 2000, S. 833 – 840.

278

Literaturverzeichnis

Maaßen, Stefan, Anmerkung zu OLG Frankfurt, 12. 11. 2009 – 11 W 41/09, MMR 2010, 62, MMR 2010, S. 63 – 64. Maaßen, Stefan, Anmerkung zu OLG Düsseldorf, 7. 3. 2013 – I-20 W 121/12, I-20 W 5/13, MMR 2013, 392, MMR 2013, S. 393 – 394. Mantz, Reto, Kein Anspruch auf Datenspeicherung für späteren Auskunftsanspruch, K&R 2013, S. 346 – 347. Maunz, Theodor/Dürig, Günter, Grundgesetz, München, 81. Lieferung 2017 (zit.: Bearbeiter, in: Maunz/Dürig). Mayer, Dieter, Der Erwerb einer GmbH nach den Änderungen durch das MoMiG, DNotZ 2008, S. 403 – 433. Merkel, Johannes, Über Arrest und einstweilige Verfügung nach dem geltenden Deutschen Prozeßrecht, Halle, 1880 (zit.: Merkel, Arrest und einstweilige Verfügung). Mertens, Hans-Joachim, § 51a Abs. 1 GmbHG und die kapitalistisch strukturierte GmbH, in: Festschrift für Winfried Werner zum 65. Geburtstag am 17. Oktober 1984, hrsg. v. Walther Hadding, Ulrich Immenga, Hans-Joachim Mertens, Klemens Pleyer,und Uwe H. Klemens, Berlin, New York, 1984 (zit.: Bearbeiter, in: FS Werner). Michalski, Lutz, Verbot der Stimmabgabe bei Stimmverboten und nicht nach § 16 Abs. 1 GmbHG legitimierten Nichtgesellschaftern mittels einstweiliger Verfügung, GmbHR 1991, S. 12 – 15. Michalski, Lutz/Heidinger, Andreas/Leible, Stefan/Schmidt, Jessica, Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz), München, 3. Aufl. 2017 (zit.: Bearbeiter, in: MHLS). Moos, Flemming/Gosche, Anna, Datenspeicherung auf Zuruf, CR 2010, S. 499 – 505. Müller, Klaus, Schranken des Informationsrechtes nach § 51a GmbHG, GmbHR 1987, S. 87 – 94. Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, hrsg. v. Hans-Joachim Priester, Dieter Mayer und Hartmut Wicke, GmbH, München, Band 3, 5. Aufl. 2018 (zit.: Bearbeiter, in: MüHBGesR III). Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, hrsg. v. Hoffmann-Becking, Michael, Aktiengesellschaft, München, Band 4, 5. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in.: MüHB-GesR IV). Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, hrsg. v. Manfred Born, Nima Ghassemi-Tabar und Burkhard Gehle, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (Corporate Litigation), München, Band 7, 5. Aufl. 2016 (zit.: Bearbeiter, in: MüHB-GesR VII). Münchener Kommentar zum Aktiengesetz (AktG), hrsg. v. Wulf Goette, Mathias Habersack und Susanne Kalss, München, Band III, 5. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: MüKoAktG). Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), hrsg. v. Franz Jürgen Säcker, Roland Rixecker, Hartmut Oetker und Bettina Limperg, München, 8. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: MüKoBGB). Münchener Kommentar zum FamFG, hrsg. v. Rauscher, Thomas, Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) mit In-

Literaturverzeichnis

279

ternationalem und Europäischem Zivilverfahrensrecht in Familiensachen (IZVR, EuZVR), München, 3. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: MüKoFamFG). Münchener Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), hrsg. v. Holger Fleischer und Wulf Goette, München, Band 1, §§ 1 – 34; 2, §§ 35 – 52, 3. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: MüKoGmbHG). Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch (HGB), hrsg. v. Karsten Schmidt, München, Band III, §§ 161 – 237, 4. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: MüKoHGB). Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen (MüKoZPO), hrsg. v. Wolfgang Krüger und Thomas Rauscher, München, Band II, §§ 355 – 945b, 6. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: MüKoZPO). Musielak, Hans-Joachim/Borth, Helmut/Grandel, Mathias, Familiengerichtliches Verfahren, München, 6. Aufl. 2018 (zit.: Bearbeiter, in: Musielak/Borth). Musielak, Hans-Joachim/Voit, Wolfgang, Zivilprozessordnung, München, 16. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: Musielak/Voit). Nietsch, Michael, Einstweiliger Rechtsschutz bei Beshclussfassung in der GmbH-Gesellschafterversammlung, GmbHR 2006, S. 393 – 399. Noack, Ulrich, Die Gesellschafterliste nach dem MoMiG, in: Festschrift für Uwe Hüffer zum 70. Geburtstag, hrsg. v. Peter Kindler, Jens Koch, Peter Ulmer, Martin Winter, Markus Gehrlein, Wulf Goette, Hartwig Henze und Uew Hüffer, München, 2010 (zit.: Bearbeiter, in: FS Hüffer). Noack, Ulrich, Der Versammlungsleiter im GmbH-Recht, GmbHR 2017, S. 792 – 800. Oetker, Hartmut, Handelsgesetzbuch, München, 5. Aufl. 2017 (zit.: Bearbeiter, in: Oetker). Omlor, Sebastian, Verkehrsschutz im Kapitalgesellschaftsrecht – das System des gutgläubigen Erwerbs von GmbH-Geschäftsanteilen, WM 2009, S. 2105 – 2112. Oppenländer, Frank, Von der Rechtsprechung entwickelte Sonderregeln für die ZweipersonenGmbH, DStR 1996, S. 922 – 929. Oppenländer, Frank, Grenzen der Auskunftserteilung durch Geschäftsführer und Gesellschafter beim Verkauf von GmbH-Geschäftsanteilen, GmbHR 2000, S. 535 – 541. Paefgen, Walter G./Sirovina, Stjepan, Gerichtliche Überprüfung von Gesellschafterbeschlüssen; Abberufung und Kündigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund; Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH § 38 GmbHG, WuB 2017, S. 491 – 493. Palandt, Otto, München, 80. Aufl. 2021 (zit.: Bearbeiter, in: Palandt). Prasse, Christian/Strotmann, Michael, Die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste im Handelsregister durch einstweilige Verfügung, BB 2010, S. 1747 – 1751. Preuss, Nicola, Gesellschafterliste, Legitimation gegenüber der Gesellschaft und gutgläubiger Erwerb von GmbH-Anteilen, ZGR 2008 676 – 701, Priester, Hans-Joachim, Drittbindung des Stimmrechts und Satzungsautonomie, in: Festschrift für Winfried Werner zum 65. Geburtstag am 17. Oktober 1984, hrsg. v. Walther Hadding, Ulrich Immenga, Hans-Joachim Mertens, Klemens Pleyer,und Uwe H. Klemens, Berlin, New York, 1984 (zit.: Bearbeiter, in: FS Werner).

280

Literaturverzeichnis

Prütting, Hanns/Gehrlein, Markus, ZPO, Köln, 11. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: Prütting/ Gehrlein). Prütting, Hanns/Helms, Tobias, FamFG – Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen, Köln, 5. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Prütting/Helms). Reiserer, Kerstin/Peters, Oliver, Die anwaltliche Vertretung von Geschäftsführern und Vorständen bei Abberufung und Kündigung, DB 2008, S. 167 – 173. Reuter, Dieter, Der Beirat der GmbH, in: FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, hrsg. v. Marcus Lutter, Peter Ulmer und Wolfgang Zöllner, Köln, 1992 (zit.: Bearbeiter, in: FS 100 Jahre GmbHG). Reymann, Christoph, Zurechnungssystem und Regelungsebenen der GmbH-Gesellschafterliste, BB 2008, S. 506 – 513. Ritter, Uwe, Vorläufige Anordnungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Bielefeld, 1991 (zit.: Ritter, Vorläufige Anordnungen). Röhricht, Volker/Graf von Westphalen, Friedrich/Haas, Ulrich, Handelsgesetzbuch, Köln, 5. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: RWH. Roth, Günter/Altmeppen, Holger, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Kommentar, München, 10. Aufl. 2021 (zit.: Bearbeiter, in: Roth/Altmeppen). Roth, Herbert, Die Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch das FamFG, JZ 2009, S. 585 – 596. Rowedder, Heinz/Schmidt-Leithoff, Christian, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Kommentar, München, 6. Aufl. 2017 (zit.: Bearbeiter, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff). Saenger, Ingo, Zivilprozessordnung, Baden-Baden, 8. Aufl. 2019 (zit.: Bearbeiter, in: Saenger). Saenger, Ingo/Inhester, Michael, Handkommentar, München, 4. Aufl. 2020 (zit: Bearbeiter, in: Saenger/Inhester). Schäfer, Carsten, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, Tübingen (zit.: Bearbeiter, Lehre vom fehlerhaften Verband). Scheuffele, Friedrich, Stellungnahmen zu Garantie-Erklärungen beim Unternehmenskauf, GmbHR 2010, S. 965 – 972. Schilken, Eberhard, Die Befriedigungsverfügung, Zulässigkeit und Stellung im System des einstweiligen Rechtsschutzes, Berlin, 1976 (zit.: Schilken, Befriedigungsverfügung). Schlosser, Peter F., Auf dem Wege zu neuen Dimensionen des Einstweiligen Rechtsschutzes, in: Festschrift für Walter Odersky zum 65. Geburtstag am 17. Juli 1996, hrsg. v. Einhard Böttcher, Götz Hueck und Burkhard Jähnke, Berlin, New York, 1996 (zit.: Bearbeiter, in: FS Odersky). Schmidt, Karsten, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbaenden, Ein Beitrag zur gesellschaftsrechtlichen Institutionenbildung, Heidelberg, 1984 (zit.: K. Schmidt, Informationsrechte).

Literaturverzeichnis

281

Schmidt, Karsten, Urteilsanmerkung zu BGH, Urt. v. 7. 12. 1987 – II ZR 86/87, ZIP 1988, 87, EWiR § 51a GmbHG 1/88. Schmidt, Karsten, Anmerkung zu OLG Hamburg, 28. 6. 1991 – 11 U 65/91, GmbHR 1991, S. 469 – 470. Schmidt, Karsten, Die Information des Gesellschafters, in: FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, hrsg. v. Marcus Lutter, Peter Ulmer und Wolfgang Zöllner, Köln, 1992 (zit.: Bearbeiter, in: FS 100 Jahre GmbHG). Schmidt, Karsten, Schadensersatzpflicht aufgrund ungerechtfertigter Vollstreckung von WEGBeschlüssen, JuS 1993, S. 515 – 516. Schmidt, Karsten, Reflexionen über das Beschlussmängelrecht, AG 2009, S. 248 – 259. Schmidt, Karsten, Stimmrechtsausschluss bei der Beschlussfassung über die Abberufung aus wichtigem Grund – Zum Urteil des BGH vom 4. 4. 2017 – II ZR 77/16, GmbHR 2017, S. 670 – 673. Schmidt, Karsten/Lutter, Marcus, Aktiengesetz, Köln, 4. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Schmidt/Lutter). Schmitt, Hermann, Einstweiliger Rechtsschutz gegen drohende Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH?, ZIP 1992, S. 1212 – 1216. Schneider, Birgit, Informationsrechte von GmbH-Gesellschaftern – Inhalt und Grenzen, GmbHR 2008, S. 638 – 643. Schneider, Uwe H., Die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer zweigliedrigen GmbH – Besprechung der Entscheidung BGHZ 86, 177, ZGR 1983, S. 535 – 550. Scholz, Franz, Kommentar zum GmbH-Gesetz in 3 Bänden, Köln, 12. Aufl. 2018 (zit.: Bearbeiter, in: Scholz). Schubel, Christian, Verbandssouveränität und Binnenorganisation der Handelsgesellschaften, Tübingen, 2003 (zit.: Schubel, Verbandssouveränität). Schulte-Bunert, Kai/Weinreich, Gerd, Kommentar des FamFG, Köln, 6. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Schulte-Bunert/Weinreich). Schürmann, Heinrich, Die einstweilige Anordnung nach dem FamFG, FamRB 2008, S. 375 – 382. Schürnbrand, Jan, Organschaft im Recht der privaten Verbände, Tübingen, 2007 (zit.: Bearbeiter, in: Organschaft). Schürnbrand, Jan, Zur fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern und fehlerhaften Abberufung von Vorstandsmitgliedern, NZG 2008, S. 609 – 612. Schuschke, Winfried, Einstweiliger Rechtsschutz im Auskunftserzwingungsverfahren nach §§ 51a, 51b GmbHG nach der Reform des Rechts der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, in: Festschrift für Günter Brambring zum 70. Geburtstag, hrsg. v. der Rheinischen Notarkammer, München, 2011 (zit.: Bearbeiter, in: FS Brambring). Schuschke, Winfried/Walker, Wolf-Dietrich, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz – nach dem achten und elften Buch der ZPO einschließlich der europarechtlichen Regelung, Kommentar, Köln, 7. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Schuschke/Walker).

282

Literaturverzeichnis

Schwab, Dieter, Handbuch des Scheidungsrechts, München, 7. Aufl. 2013 (zit.: Bearbeiter, in: Schwab, HB Scheidungsrecht). Seebach, Daniel, Anmerkung zu OLG Nürnberg v. 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, notar 2015, S. 17. Semler, Franz-Jörg, Einstweilige Verfügungen bei Gesellschafterauseinandersetzungen, BB 1979, S. 1533 – 1536. Soehring, Kay, Vollstreckung des Anspruchs auf Auskunft und Einsichtahme, WuB 1991, S. 1450. Sonnen, Theodor, Anmerkung zu RG, 29. 8. 1927 – 21 W 6994/27, JW 1927, S. 2473. Stangier, Michael/Bork, Reinhard, Das Informationserzwingungsverfahren nach dem neuen GmbH-Gesetz, GmbHR 1982, S. 169 – 174. Staub, Hermann, hrsg. v. Claus-Wilhelm Canaris, Mathias Habersack und Carsten Schäfer, Handelsgesetzbuch, Großkommentar, Berlin u. a., Band IV, §§ 161 – 236, 2015 (zit.: Bearbeiter, in: Staub). Staudinger, Julius von, mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Berlin, 2013 (zit.: Bearbeiter, in: Staudinger). Stein, Friedrich/Jonas, Martin, Kommentar zur Zilvilprozessordnung, Tübingen, Band IX, §§ 916 – 1068, 22. Aufl. 2002 (zit.: Bearbeiter, in: Stein/Jonas). Stotz, Gedanken über die heutige Gestaltung des Verkehrsunfallprozesses. Bedürfen wir besonderer Verkehrsgerichte?, RdK 1930, S. 474 – 483. Szalai, Stephan, Neuigkeiten zur GmbH. Die Gesellschafterlistenverordnung (GesLV) kommt! – Update Gesellschafterliste und Transparenzregister, GWR 2018, S. 250 – 258. Teplitzky, Otto, Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung auf Auskunfterteilung, in: Festschrift für Gerhart Kreft zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Hans Haarmeyer, Heribert Hirte, Hans-Peter Kirchhof und Friedrich Graf v. Westphalen, Recklinghausen, 2004 (zit.: Bearbeiter, in: FS Kreft). Thomas, Heinz/Putzo, Hans, Zivilprozessordnung, München, 42. Aufl. 2021 (zit.: Bearbeiter, in: Thomas/Putzo). Tietze, Jörg, Die Informationsrechte des GmbH-Gesellschafters, Köln, 1985 (zit.: Tietze, Informationsrechte). Ulmer, Peter, Begründung von Rechten für Dritte in der Satzung einer GmbH?, in: Festschrift für Winfried Werner zum 65. Geburtstag am 17. Oktober 1984, hrsg. v. Walther Hadding, Ulrich Immenga, Hans-Joachim Mertens, Klemens Pleyer,und Uwe H. Klemens, Berlin, New York, 1984 (zit.: Bearbeiter, in: FS Werner). Ulmer, Peter, Hachenburg, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Großkommentar, Berlin/New York, 8. Aufl. 1997 (zit.: Bearbeiter, in: Hachenburg). Ulmer, Peter/Habersack, Mathias/Löbbe, Marc, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) – Großkommentar, Tübingen, Band II, §§ 29 – 52, 2. Aufl. 2014 (zit.: Bearbeiter, in: U/H/L).

Literaturverzeichnis

283

Ulrich, Gustav-Adolf, Die Beweislast in Verfahren des Arrestes und der einstweiligen Verfügung, GRUR 1985, S. 201 – 211. Vogg, Stefan, Einstweiliger Rechtsschutz und vorläufige Vollstreckbarkeit, Gemeinsamkeiten und Wertungswidersprüche, Berlin, 1991 (zit.: Vogg, Einstweiliger Rechtsschutz). Vogg, Stefan, Einstweilige Feststellungsverfügung?, NJW 1993, S. 1357 – 1365. Vollmer, Lothar, Die Abberufung von Geschäftsführern der mitbestimmten GmbH, GmbHR 1984, S. 5 – 13. Vorwerk, Volkert/Wolf, Christian, Beck’scher Online-Kommentar zur ZPO, München, 40. Edition, Stand: 1. 3. 2021 (zit.: Bearbeiter, in: BeckOK-ZPO). Wagner, Benjamin, Einstweiliger Rechtsschutz gegen den Verlust der formellen Gesellschafterstellung nach der Zwangseinziehung von GmbH-Geschäftsanteilen, GmbHR 2016, S. 463 – 469. Walker, Wolf-Dietrich, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozeß und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, Tübingen, 1993 (zit.: Walker, Einstweiliger Rechtsschutz). Walter, Christian/Grünewald, Benedikt, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, München, 6. Edition, Stand: 1. 12. 2018 (zit.: Bearbeiter, in: BeckOK-BVerfGG). Weber, Christoph, Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht, Tübingen, 2000 (zit.: Bearbeiter, Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht). Weber, Susanne, Das Verhältnis zwischen der einstweiligen Anordnung im Familienverfahren nach den §§ 49 ff. FamFG und dem deckungsgleichen Hauptsacheverfahren, Frankfurt am Main, 2012 (zit.: Weber, Einstweilige Anordnung und Familienverfahren). Werner, Rüdiger, Haftungsrisiken bei Unternehmensakquisitionen, ZIP 2000, S. 989 – 996. Werner, Rüdiger, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschafterstreit in der GmbH, NZG 2006, S. 761 – 765. Werner, Rüdiger, GmbHR-Kommentar zu OLG Nürnberg v. 19. 8. 2014 – 12 W 1568/14, GmbHR 2014, S. 1155 – 1156. Werner, Rüdiger, Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem Grund, GmbHR 2015, S. 1185 – 1190. Werner, Rüdiger, Der fehlerhafte Beiratsbeschluss, GmbHR 2015, S. 577 – 582. Werner, Rüdiger, Vorläufiger Rechtsschutz zur Durchsetzung von gesellschafterlichen Informationsansprüchen gegen die GmbH, GmbHR 2016, S. 1252 – 1257. Wettich, Carsten, Verfügungsgrund für die Zuordnung eines Widerspruchs gegen die Gesellschafterliste im Wege der einstweiligen Verfügung, GWR 2014, S. 434. Wicke, Hartmut, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), 3. Aufl., München, 2016 (zit.: Wicke, GmbHG). Wieczorek, Bernhard/Schütze, Rolf A., Zivilprozessordnung und Nebengesetze, Großkommentar, Berlin/Boston, 5. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Wiezcorek/Schütze). Wiersch, Rechid René, Korrektur unrichtiger Gesellschafterlisten, GWR 2014, S. 117 – 121. Winkler, Sylko, Gesellschafterausschluss und Geschäftsführer-Abberufung in der Zweipersonen-GmbH, GmbHR 2017, S. 334 – 341.

284

Literaturverzeichnis

Winter, Martin, Gesellschafterkonflikte in der GmbH, in: Tagungsband RWS-Forum 1999, Gesellschaftsrecht, Köln, 1999 (zit.: Bearbeiter, in: Tagungsband RWS-Forum 1999). Wohlleben, Hermann Peter, Informationsrechte des Gesellschafters, Berlin, 1988 (zit.: Wohlleben, Informationsrechte). Wolf, Martin, Abberufung und Ausschluss in der Zweimann-GmbH, ZGR 1998, S. 92 – 115. Wolff, Mar, Einklagbarkeit und Erzwingbarkeit von Abstimmungsverpflichtungen, JW 1929, S. 2115 – 2117. Ziemons, Hildegard/Jaeger, Carsten, Beck’scher Online-Kommentar GmbHG, München, 47. Edition, Stand: 1. 11. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: BeckOK-GmbHG). Zimmermann, Walter, Zivilprozessordnung, 9. Aufl., Münster, 2011 (zit.: Zimmermann, ZPO). Zöller, Richard, Zivilprozessordnung, Köln, 33. Aufl. 2020 (zit.: Bearbeiter, in: Zöller). Zöllner, Wolfgang, Materielles Recht und Prozeßrecht, AcP 190 (1990), S. 471 – 495. Zur Wiesche, Jens Schulze, Anmerkung zu LG Hamburg, 11. 3. 2009 – 308 O 75/09, MMR 2009, 570, MMR 2009, S. 574 – 575. Zutt, Jürg, Einstweiliger Rechtsschutz bei Stimmbindungen, ZHR 155 (1991), S. 190 – 208.

Sachverzeichnis Abberufung – Durch Aufsichtsrat oder Beirat 199 – Fremd-Geschäftsführer 181 – Gesellschafter-Geschäftsführer in paritätischer Zwei-Personen-GmbH 195 – Gesellschafter-Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung 188 – Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sonderrecht 193 – Gesellschafterbeschluss 171 – Interimsregelung, siehe Interimsregelung – Rechnerischer Ansatz zur vorläufigen Wirksamkeit 180 – Vorläufig wirksame Abberufung analog § 84 Abs. 3 S. 4 AktG 189 – Vorläufige unwirksame Abberufung analog §§ 117, 127 HGB 189 – Vorläufige Wirksamkeit analog § 84 Abs. 3 S. 4 AktG 181, 186 – Wichtiger Grund gemäß § 38 Abs. 2 GmbHG 176 Aktivlegitimation 111 Anfechtungsklage 179 – Ex-nunc-Wirkung 184 Anordnungsanspruch 88 Anteilsveräußerung 100 Auskunftserzwingungsverfahren i. S. d. §§ 131, 132 AktG 45, 56 Auskunftsverfügung i. S. d. ZPO 58, 71 Ausschluss 19, 30

Einziehung des Geschäftsanteils

Beschleunigtes Hauptsacheverfahren Beschlusskassation 202 Beschlussmängel 171

Informationsanordnung – Analogie zu § 246 FamFG 74 – Teleologische Extension des § 49 FamFG 84 – Vorbereitung des Hauptverfahrens 95 – Vorbereitung des Stimmrechts 95 – Vorbereitung einer Anteilsveräußerung 100 – Vorbereitung einer Leistungsverfügung 90

30

Dringlichkeitsvermutung gemäß § 16 Abs. 3 S. 5 GmbHG 217 – Karenzfrist 220 – Selbstwiderlegung 229 – Widerlegbarkeit 217 Due Diligence 100

232

FGG-Reform 17, 27, 39 Fremd-Geschäftsführer 181 Gebot des geringstmöglichen Eingriffs 96, 162, 246, 248, 253 Geistiges Eigentum 69 Gesellschafter-Geschäftsführer in paritätischer Zwei-Personen-GmbH 195 Gesellschafter-Geschäftsführer mit Minderheitsbeteiligung 188 Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sonderrecht 193 Gesellschafterliste – Formelles Konsensprinzip 242 – Korrekturbefugnis des Geschäftsführers 241 – Legitimationswirkung 239 – Widerspruch analog § 67 Abs. 6 AktG 243 Haftung 118 – Deliktsrecht 119 – Kompensation/Bereicherungsrecht 122 – Treuepflicht 112, 120 f. – Verschuldensunabhängig 37, 43, 118, 121 – Vollziehungsschaden i. e. S. 123

286

Sachverzeichnis

– Vorbereitung von Sicherungs-, Regelungsverfügung und einstweiligem Arrest 92 Informationsrecht – Des Gesellschafters 26 – Konkurrierende Informationsrechte 39 – Unterhaltsrechtliche Auskunftspflichten 56 Informationsrecht – Des Kommanditisten 56 Informationsverweigerungsrecht 88 – Due Diligence 102 – Ohne Gesellschafterbeschluss 115 Interessenabwägung, gesondert 24, 98, 109, 268 Interimsregelung 189, 197 Justizgewähranspruch

33, 78

Legitimationswirkung der Gesellschafterliste, Grenzen 239 Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft/vom fehlerhaften Organ 185 Leistungsanordnung i. S. d. FamFG 74 Leistungsverfügung 41 Listenkorrektur 251 – Gebot des geringstmöglichen Eingriffs 248 – Untersagung der Listenänderung 252 – Verfügungsanspruch 239 – Vorläufige Listenkorrektur 244, 251 Materielle Akzessorietät MoMiG 17

128

Prognose 49, 112 Prüfungsmaßstab – Flexibler Prüfungsmaßstab 266 – Gradualisierte Prüfungsintensität 22 – Hauptsache-akzessorische Prüfung 20 – Offener Prüfungsmaßstab 20, 23 – Strenger Prüfungsmaßstab 109 Rechtliches Gehör siehe Verteidigungsmöglichkeit Rechtsschutzbedürfnis 52 Rechtsstaatsprinzip 21 Rechtzeitigkeit 21

Richtigkeitsgewähr 20, 108, 166 Risiken des summarischen Verfahrens – Allgemein 19 – Bei Gesellschafterbeschlüssen 143, 164 – Beim Informationsrecht 26, 108 – Stimmbindung 157 Sicherung – Der Informationserteilung 129 – Der Informationsverwertung 133 Sicherungscharakter 73 – Des Informationsrechts 46, 59 Spannungsfeld 15 Stimmbindung 145 – Stimmbindungsvereinbarung 156 – Treuepflicht, siehe Treuepflicht Summarisches Verfahren 15 Treuepflicht – Einwendung gegen Informationsrecht 103 – Informationsweitergabe 103 – Stimmbindung 145, 156 – Vertraulichkeit 120 Unterlassungsverfügung

47

Verfügungsanspruch – Abberufung 202 – Eindeutiger Verfügungsanspruch 167 – Inhalt der Gesellschafterliste 239 – Stimmbindung 145 – Widerspruch zur Gesellschafterliste 209 Versammlungsleiter 191 Verteidigungsmöglichkeit 112, 164 Verweisungsmechanik 44 Vorläufige Feststellung 203 Vorwegnahmeverbot – Dritte als Informationsempfänger 86 – Einstweilige Verfügung i. S. d. ZPO 58 – Erfüllungsverbot 61, 158, 245 – Kasuistik zu § 49 FamFG 65 – Leistungsanordnung i. S. d. FamFG 74 – Präjudizverbot 64, 74, 160, 245 – Teilinformation und Vorfragen 85 – Umgehung 85

Sachverzeichnis Widerspruch zur Gesellschafterliste 208 – Anteilsinhaber 211 – Antragsgegner 210 – Einziehung des Geschäftsanteils, siehe Einziehung des Geschäftsanteils – Geschäftsführer 213 – Gesellschaft 215 – Mitgesellschafter 215

– Rechte am Geschäftsanteil 212 – Verfügungsanspruch 210 – Widerspruchsberechtigung 209 Willensbildung 144 – Abspaltungsverbot 152 – Stimmbindung 145 – Stimmrechtsausübungsfreiheit 151 – Verbandssouveränität 154

287